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Full text of "Die solonische Verfassung in Aristoteles Verfassungsgeschichte Athens"

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Die solonische 
Verfassung in 

Aristoteles 

Verfassungs... 

Athens 



( 



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Die 



olonische Verfassung 

- 

in 

Aristoteles 

Verfassungsgeschichte Athens 

von 



Bruno Keil 

* • 




Berlin 1892 
R. Gaertners Verlagsbuchhandlung 

Hermann Heyfelder 
SW. Schönebergerstrafse 26 



13*2 7 



SPRECKELS 



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Georg Kaibel 

und 

Adolf Kiessling 

in Dankbarkeit 



11081 



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Die Altertumswissenschaft hat sich . bei der Be- 
trachtung und Beurteilung des neuen aristotelischen 
Buches über das Staatswesen der Athener im grofsen 
und ganzen sofort der sogenannten höheren Kritik zu- 
gewendet^ für das Einzelverständnis des Buches ist seit 
Kenyons erster Ausgabe wenig geschehen ; nur die besseren 
Ubersetzungen haben nach dieser Richtung hin ge- 
fördert. Und doch kann das Urteil in weiteren Fragen 
nur dann mit dem Anspruch auf innere Begründung auf- 
treten, wenn das erreichbar höchste Mafs des Einzel- 
Verständnisses alle für die höhere Kritik in Betracht 
kommenden Kriterien geliefert und geklärt hat. Aber 
die Wissenschaft schuldet eine eingehende Erklärung 
nicht allein ihrer Methode, sie schuldet sie auch dem 
Buche selbst. Wie jedes andere Litter aturdenJcmal will 
es zunächst aus sich selbst begriffen und erklärt werden. 
Die Einzelerklärung erfordert Zeit; ein einzelner wird 
sie in nahen Tagen nicht geben können , es müssen 
von verschiedenen Seiten Vorarbeiten dazu in Angriff 
genommen werden, welche das Material bereiten helfen. 
Zu ihnen wollen die folgenden Ausführungen gerechnet 
werden. Sie umfassen zunächst nur einen kleinen Ab- 
schnitt des Buches. Aber die Einzelerklärung kann 
nicht ohne steten Bückblick auf das Ganze bestehen; 



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- VI - 



namentlich der hier behandelte Abschnitt zwang durch 
seine dominierende Stellung in der aristotelischen Ver- 
fassungsgeschichte Athens, anhaltend den Blick auf das 
ganze Buch gerichtet zu halten. So bin ich wider 
Willen durch den Stoff von der Erklärung aus zu den 
Fragen der höheren Kritik gedrängt worden. Das Ge- 
fühl und Bewufstsein von der notwendigen Unzulänglich- 
keit meiner Beobachtungen ist mir dabei ein wenig lieber 
Weggenosse gewesen. 

Die Erklärung mufste sich mit Anzahl 
von Fragen abfinden, welche in alle Kapitel des hier 
behandelten Abschnittes eingreifen. Es wäre für mich 
bequemer und manch anderem vielleicht genehmer ge- 
wesen, hätte ich jedesmal bei der ersten Stelle, an welcher 
die betreffende Frage eingriff, sogleich die ganze Frage 
in Angriff genommen und zu Ende geführt Allein dann 
hätte ich keine Erklärung, sondern eine Beihe von 
Einzeluntersuchungen geliefert. Es gehört mir aber die 
Form der Erklärung mit zum Zwecke des Buches. So 
ist es mehrfach geschehen, dafs dieselbe Frage an ver- 
schiedenen Orten behandelt werden mufste; man tvird 
aber finden, dafs sie an den einzelnen Stellen stets bis zu 
einem Abschlufs mit bestimmtem Ergebnisse geführt ist, 
auf welchem an der späteren Stelle weiter gebaut wird. 
Es sind verschiedene Fäden zugleich aufgenommen, sie 
laufen durch die ganze Erklärung, um am Schlüsse ge- 
schürzt zu werden. 

Die Niederschrift der folgenden Darlegungen habe 
ich nicht mit der Absicht begonnen, ein selbständiges 
Buch zu liefern : einen oder zwei Aufsätze in einer wissen- 
schaftlichen Zeitschrift gedachte ich zu schreiben; allein 
das fertig Ausgearbeitete erzwang sich durch seinen Um- 
fang die Selbständigkeit. Dadurch mufste manches neue 



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- VII - 



Form erhalten: an die ältere Form mag doch wohl noch 
dieses oder jenes gemahnen. 

Die Arbeit ist in den letzten Tagen des April ab- 
geschlossen norden ; wie weit bei einer nachträglichen 
Überarbeitung und Erweiterung der seit dem Abschlufs 
des Manuskriptes erschienenen Liiteraiur Einflufs auf 
meine Darstellung gewährt werden konnte, ergeben die 
Anmerkungen und der Excurs zum achten Kapitel. Eine 
beschleunigte Drucklegung machte es unmöglich, die nach 
der Mitte des Juni erschienene Litteratur auch nur noch 
bei der Korrektur zu berücksichtigen. 

Zur Bequemlichkeit der Leser ist der Text des hier 
behandelten Abschnittes an erster Stelle abgedruckt. Ich 
habe ihn mit dem Faksimile kollationiert; für einzelne 
Stellen unterstützten mich freundliche Mitteilungen des 
Herrn Prof. Diels und Herrn Kenyon. Ich habe Grund, 
dem Herrn Verleger für sein Entgegenkommen in mehr 
als einer Hinsicht auch an dieser Stelle meinen Dank 
auszusprechen. 

Strafsburg i. E., 12. Juli 1892. 

B. K. 



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ARISTOTELES 

ÜOAITEIA A<?>HNAK2N 

Kapitel 5—13. 



Keil, Aristotoles. 



1 



L Londoner Papyrus. 
B Berliner Papyrus. 

B 2 Lesarten aus einer erneuten Prüfung von B; ich ver- 
danke sie der Güte des Herrn Prof. Dr. Diels. 

K 1 *A(h\valQ}v nohzefa. Aristotle on the Constitution of 
Athens edited by F. 6. Kenyon. London 1891. 

K 3 dasselbe, Third edition 1892. 

K-W Aristotelis noktrtta A^vaitov Herum ediderunt 

G. Kaibel et U. de Wilamowitz-Moellendorff. Berlin 
1891. 

H-L De republica Atheniensium. Aristotelis qui fertur Uber 
'A&rjvaiatv noltT£(a. Post Kenyonem ediderunt 

H. van Herwerden et J. van Leeuwen J. F. Leyden 
1891. 

[ ] ergänzte Worte. Wo nichts bemerkt ist, sind die Er- 
gänzungen von Kenyon. 
< > eingeschobene Worte. 
Die Zeilenzahlen am Rande nach K-W. 
Citate aus aristotelischen Schriften nur nach den Seitenzahlen 
der Akademieausgabe. 



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2. Columne L. 

v. Toiavz^g de zrg zdt-ewg ovarjg ev z% noXiztiq 
xai Ttuv tzoXX&v dovXevovzwv tdig oXiyoig, dvzeazr] zoig 
yvwQi^ioig 6 dij/iog. ia%VQag de vijg ozdoecag ovoyg xai 
noXvv xqovov dvzixa&rjuevtjv aXXrjXoig e r iXovzo xoivf t 
diaXXaxzrjv xai aQxovza ~6Xu)va xai [zr t v 7toXt]zsiav ene- 20 
ZQeiJjav aluo 7toiyoavzi zr^v eXeyeiav yg eoiiv ctQxq 
yivty[o]x(o, xai juot qpQevbg evdo&ev dXyea xelzai, 

nQeaßvzdzrjv eaoQwv yaiav 'Iaoviag. 
xat yag f eiceXavvev xai TCQog exazeQOvg vneq ixazegwv 
ftaxerat xai dia^wßrjzel xal iieza zavza xoivf t nagai- 25 
vel [xaza]naveivzijv iveozwoav qpiXovixiav. rp> d' 6 2oXojv 
tjj fiev [qw]aei xai zf d6£y z(äv 7igwza)v f zf t 6* olaiq 
xai * zoig ngdy^iaai ztov neowv , aig ex ze zwv aXXcjv p. 5. 
OfioXoyelzat, xai [entzog] ev zotade zoig noi^aaiv fxagzv- 
gel, nagaivwv zoig nXovoioig pi] nXeovexzelv ' 
v/nelg d' r^avxdaavzeg ivi qpgeoi xagzegbv fjtog, 

0% noXXäv dya&wv ig xogov \rj\Xaoaze, 5 

4, M ytvtoi . xto L. 84 xal yaQ Ineluvvtt xal K; x.y. no- 
lt[uxu>MTa\ K-W; x. y. ttTiaXldira J. B. Mayor, Richards. 
26 ytlovixtav, darüber vtxi L. 27 [yu]<Tf* *the fragment . . . 
containing the first letters of this word hasbeen lost in mounting' ; 
ergänzt von verschiedenen Seiten. 5, 6 [rjl]aattTe K s ; mehr- 
fach ergänzt nach Tyrt, 10, 11. 

1* 



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— 4 — [Kap. 5. 6 

p. 6 ev uezgioiöi t[oi(peo]9e fiiyav voov' oike yctQ ypeig 
Tieioonetf, ov& vfäv agria za[vr] i'oerai. 
Kai oXwg alei dyv aixiav rr t g ovaoewg ava7t%u zolg 
nXovoioig' öib Kai iv agxf, Tr$ eXeyeiag dedoixevai (prjoi 

io *irjv %e cp aiav vrp> te v7Z£orjq)aviav\ d>g diu tavta 

tijg ex$Qag iveatcoa^g. 

vi. Kvqiog de yevofjtevog twv 7iqayfia\xwi\v (6) 2oXwv 
%6v te drjiiov i t Xev&egwoe, Kai ev t(fi naqovti Kai eig tb 

15 fii ).'/.! >r. KwXvaag ö[ave]iLeiv ini tolg owfxaoi Kai y^ccDv 
dnoKonag €7toit]ae Kai twv iöiwv Kai twv drjfiooiwv, 
ag aeiaax^eiav KaXovotv t wg dnoaeiaa\ievwv tb ßdqog. 
iv olg Tceiqwvrai tiv[eg] diaßdXXeiv avtov ovveßt] yctQ 
T(fi 2oXwvi peXXovtt, noietv trjv ouoax&eiav nQoeinelv 

20 tioi twv [yvw]gifiwv , entiS' , wg piv Ol drjf^otixoi Xe- 
yovoi, 7taQaoTQazi]yr]&Tjvai öia twv (piXwv, wg ö' Ol 
[ßovX~]6fievoi ßXaoqjrjpeTv , Kai aitbv koivwvbiv. öavet- 
ad^evoi yccQ ovtoi ovvenqiavto noXk^v xuQ<*v, [peva d'] 
ov tzqXv trjg twv xqswv dnoKOTtr^ yevofievrjg inlottow 
o&ev qpaoi yeveottai tovg voteqov öoKOvvtag elvai na- 

26 XaionXovtovg. ov fir\v dXXa 7tid\avw]teqog 6 twv dt]- 
HOtiKWv Xoyog. ov ydq e[t]>c[6]g iv fiev tolg aXXoig ovtw 
fihoiov yeveo&at sccrl koivo[v, wo]t i£bv avt$ [t]ovg 

7 r«[i>r'] H-L.; Trafvr'] K.-W., welchen na und t« gleich 
möglich erscheint. 10 Das habe ich gelesen im Facsimile; q 
scheint mir vor iav ausgeschlossen; vgl. z. d. St. (f[ilaQyvg]iav 
K. K-W. H-L. 12 <6> ergänzen K-W. " Nach owpaoiv fugt 
L xttl vojuovg t&t)X€ ein; von K-W getilgt. 16 aaeioaxüia, 
mit Hinzufügung eines a über dem ersten a L\ korrigiert 
von K. anooioaptvoi L ; korrigiert von J. B. Mayor und K-W. 
20 <fc« L: inb K-W. «but the MS is clear> K 8 . " [ßovlftut- 
| vot von vielen ergänzt. 88 ytvo/utvrjs L y gebessert bei 
, \ K-W. H-L. 88 [<*«>( K 8 , t[ixo S ] K-W. « [£ a y K 8 ; vtoa 
sind in einem Loch der Hs. ausgefallen; von v und a nur 
Ansatzspuren. [r]ovg [vou]ovg K 8 , Tovg [v]6povs K-W 2 . tovs 
[tr£(?]ovs Blass nach p. 11, 8; vgl. unten (Register u. Ari- 
stides). Herr Kenyon hat die Stelle freundlichst noch einmal 
im Original für mich eingesehen, aber ohne Ergebnis. 



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Kap. 6. 7] 



- 5 - 



[v6iao]uq* vn07toir]ad^evov zvQaweivzi)g nöXeio^ ctuqioze- p. 6 
qoiq anexlp^eo&ai xai neoi nXeiovog [noi]yoao&cu zb 
[xa]Äov xai rtjv zrjg noXetag ovmaiav ij zi]v avzov nle- 
ovet-iav, ev ovzto de fiixgoig xai dv[a^io]ig xazagqvnai- 
veiv tavzov. ozi de zavzrjv eaxe zrjv ei-ovoiav, zd ze 5 
itgay^iaza vooovvza pagzi get ...zo xai ev zöig noi^aaiv 
avzog TtolXaxov fii^vrjzai xai 01 aXXoi ovvoftoXoyovoi 
rtdi\zeg]. zavzrjv fiiv ovv xq*1 vopiLeiv ipevdr] zrjv ai- 
ziav eivai. 

vn. üoXizeiav de xazeazrjae xai vofiovg e&qxev 
aXXovg f zöig de dgdxovzog &eouoig Inavaavzo XQioftevoi 10 
rtXyv zwv cpovixcHv. dvaygdxpavzeg de zovg vofiovg eig 
zovg xvgßeig eozrjoav ev zfj ozoq zf t ßaaiXely xai wuo- 
oav xQyosoü'** 1 ndvzeg. 01 d* iwea agxovzeg bpvvvzeg 
TtQog z$ XL&ty xazecpdzitov dva&i t oeiv dvdgidvza XQ V ~ 
oovv, edv ziva 7taga߀»oi ztuv vofiütv' o&ev ezi xai vvv 15 
ovzwg ofivvovai. xazenvgtaoev de zovg voftovg eig exazov 
[e]zrj xai dieza$~e zr t v noXizeiav zovde {zbv) zg6n:o[v). 

zi^ii\fAaza duTXev eig zezzaga zeXy, xaSdneg 

diyqrjzo xai ngozegov, eig 7tevzaxoowft[e]di^v[o]v [xai 

innea] Aal Levyizrjv xat &ijza. zag p eg dgxdg 20 

anevetf.iev jj < o/m ex Trevzaxoaiofiedifivtüv xai innewv*™ 
xai Cevytziüv, zovg iwea dgxovzag xai zovg zapiag xai 
zovg maXrfilag] xai zovg tvdexa xai zovg xwXaxgezag^ 
exdazotg dvdXoyov zqt fieye&et zov zifiv\piaz[6\g dnodi- 
dovg z\i]v dg]xr l v. zoig de zb d-rjztxbv zeXovoiv exxXrj- 25 

6, 8 nuktios über der Linie hinzugefugt L. ovrw L, der 
Rest der Vertikalhaste des t und die rechte Sehleife des cd ist 
zu erkennen; [oi>t]w K s . 4 Qvntttrttv über qv hinzugefügt xaxa L. 
* fjaQTVQo, darüber et L. von Wessely und Blass (K 8 ) gelesen; 
. . . to: ToCro Sandys, K-W*, « tdoaro Wessely (K 8 ). 17 <xov> 
von mehreren Seiten ergänzt. 18 Lücke vor nurjuaa nach 
K-W; 'velut <ro nüv nXri&os ix) T^ijuwreav'; vgl. z. d. St. 
80 So habe ich im Facs. gelesen; vgl. unten (Register u. d. 
St.); ^[^v oi>)v K 8 ; vl[v o]vv K-W; plv ovv H-L. ' a * rr,v war 
mit Compendium geschrieben, man sieht nur noch das x. 



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- 6 - 



[Kap. 7. 8 



p. 7 aiag xal öf/.aan t guov fieitdw/.e * fiovov. e'dei de xeXeiv 
TtevxaxooiOfJiedifivov fxev og av ex xrjg olxeiag noifj nev- 
xaxooia fiexga xd mväuqio ^]qu xal vygd, inndda de 
xovg xgiaxooia Ttoiovvxag, tag d' evioi cpaoi xovg itctco- 
s xgo<peiv dvva^evovc (orj/neiov de qtegovoi to xe ovoua 
xov xeXovg, wg av ano xov 7igdypiaxog xei^ievov, xal xd 
dva$r)iiaxa xwv agxaiwv dvdxeixai yag iv dxqoTioXei, 
elxwv JupiXov, e[(p 3 r; i7t]iyeyga7txai xdde' 
JiyiXov läv&euiwv xyvd* dve&fjxe &eoig, 
&rpixov dvxl xeXovg inndd* d^ieixpd^evog. 
10 xal Ttageoxrjxev *iit7tog f ex\iagxvgwv , wg ttjv \ixndda 
xovxo or}fta[i\vovoav)' ov fiijv aXX* evXoyioxegov xoig 
fttiQoig dir)grjo&ai xa&dneg toig nevxaxooiOfiedif.ivovg' 
tevyiaiov de xeXeiv xovg diaxoaia xd ovvdfucpcü tzoiovv- 
xag' xovg d* dXXovg &rjxixov, ovdeuiag fiexexovxag dg- 
i5 xys> dtb eneiddv egrjxat tov fAeXXovxa xXt)- 

govo&ai xiv dgxyv, noTov xeXog xeXel, otd' av elg eXnoi 
&rjxixov. 

viu. xdg d' agxdg inoitjOe xXi]gwxdg ex jtgoxgixwv, 
[o]vg ex\do]xr] ngoxgLveie xwv q>vXwv. ngovxgivev d' 
elg xovg ewea dgxovxag exdoxq dexa, xal {ix} xov- 
20 [xiov exX]rjgovv ' o&ev exi dia/sevei xaig qyvXaig xb dexa 
xXrjgovv exdoxrjv, elx ex xovxwv xvafxeve\iv\. arutiov 
d' oxi xXrjgioxdg enoirpev ex xwv xifjtijfidxwv o negl 
xwv xafAituv vonog, $ XQ^^oi [diaxeXo]voiv exi xai 

7,{^<uf av — xiffxtvov tilgen H-L. als Glossem; av ver- 
langt der Sinn. 7 dnp(lov tilgen K-W., vgl. z. d. St. 10 txpag- 
ivguiv L; ich finde kein Zeichen dafür, dafs iv getilgt worden 
seien (K-W); K 8 bemerkt nichts. Der Raum in L scheint jnir 
etwas zu grofs für die Buchstaben <pijte7i der Ergänzung. 
/l 11 fi(rgoig K.: furgioie L. 17 t«s <T K.: r* J ttQXW 

18 7tQOxg£vii€ Gertz: nQoxgtvti L. 19 ivvlaQxovrtts so L. <*x> 
tov[t(ov ixi]riQovv K-W 2 fragend, xal tov[tok] $[ntx\Xrigovv 
K 8 : l there is only room for one letter bctween tov and *, but 
something has been written above the line and it looks as 
if the scribe had written xovs and corrected in tovtois.' 

i 

/ 



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Kap. 8] 



- 7 - 



vvv ' yceXevei ydq nXr]QOvv tovg tapiag ex nevtaxoGio- p. 7 
fiedtftvü)[v. 2oX\u)v /ifiV ovv ovttog svofio&hrjoev iu/i 25 
tiov ewea agxovtwv. to yag aQxaiov rj evl4(>[eiqt Ttaytp 
ßov]Xr avaxalsaafiivT} xat xgt-vaoa xaif avt7\v tov eni- 
jtjdeiov eqj exdoty twv ctQ%6)v In [iv]ia[vr]bv [xa#i- 
atä]aa mteateXXev. qyvXai * d* roav xaSaneQ 7iQ0- p 8 
teqov xat qwXoßaaiXelg tevcaoe[g. h. de tijg] (pv[Xijg 
fx)dotT}g yoav vevefiytievai tqitrveq pev tgetg , vavxqa- 
giai de dcjdena xa#* txaatr-v. [rjv d* enl tuni\ vavy.ga- 
giwv ctQXij xa&eOTfjxvia vavxgagoi , terayfxevrj ngog %e 5 
tag eiocpogag xat tag dan[dvag] tag yivofiivag ' Öto xat 
ev toig voftoig toig 2oX(avog oig ovxeti x^wrrat rtoXXa- 
[xov] yeygantai l tovg vavxgagovg elangatteiv xat 1 ava- 
Xioxeiv fix tov vavxgagixov dgyvg[iov. ßovX]rjv d' 
i7toLr t ae tergaxoaiovgy exatbv fif exaatyg qyvXrjg, tty de 10 
tutv 'Aqeonayitüv eta&v e\ni to] vofioqjvXaxeiv, wo teg 
vrtTjQxev xat ngategov enioxonog ovaa t% noXvteiag' 
xat td te aXXa td nXelata xat td fieyiata tCov 7C0X1- 
t(ix)wv dutrjgei xat toig dfiagtdvovtag rjvdvvev xvgi[a] 
ovaa [tov £,r)](u[ovv] xat xoXdteiv, xat tag extiaeig 

28 [£r*]a[i/r]6v [<Ftard£«]aa K*. 8, 1 TiooaQt. L. * (x ö*h 
[rfjs <f>v\]Lqe L nach K 8 . 3 vavxgtugai L. [ijv o*' inl t«Sv] K-W. 
H-L. [ijv <J£ iwr] K s , welcher gegen die im Texte stehende Les- 
art bemerkt: <it is doubtful whether there is room for this 
Supplement'. Die Nachmessung ergiebt Raum für die 7 Buch- 
staben rpf J' fsrt r\ 4 vavxoatgoi L. • (VTotaoXiovofiOioroiO- 
aoltovos L, das erste oX über andere Buchstaben geschrieben. 

' nolXax[ov] vgl. p. 6, 6 h tois rtoUaxoö ft^ri)Tai. nokla- 

x\ov] K* nach Wessely, doch seien namentlich 0/ sehr un- 
sicher. irolX[uxi]g K-W. 9 Tfrp«xoo/o[ff] K 1 - B , aber r€- 
TQaxooi* L. 11 o[v]aa K*. »» nokt{ rt )x<uv K-W. H-L. K» mit 
und nach Anderen. M t[o0 iri\fit[ovv\ K 1 . K-W. [xal Cij]/it[oOv] 
K s nach Blass mit dem Bemerken gegen die erste Lesung: 
«but a mark of abbreviation seems visible in the MS.' Für 
x' ist aber der Raum zwischen ovaa und [^]|M*[oi/v] zu grofs, 
er reicht für mindestens 2 Buchstaben; der Bruch scheint 
durch das f von (ijfitovv zu gehen. 



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— 8 - 



[Kap. 8. 9 



p.-* avicpBQev eig nokiv ovk eftiygdq?ovaa xrp> 7tgog>aai[v xov 

16 ~\ea&ai, Kai xovg eni KaxaXvoei xov dr]fxov avv[t,y 

axauevovg exQivev, 2oXo)vog &ev[xog] vofiov eiaa[yy]e- 
X[tag] negi avxwv. bgwv de xr)v fiev tzoUv noXXaxig 
oxaoidZovoav , xwv de nohxcjv hiovg d[ia] x%v $q$v- 
ao n\Lct]v [dya7t]wvxag xb avxofÄcexov, v6(jlov e&T}X£ ngog 
avxovg idtov, og dv oxaoiatovorjg xijg 7t6X[e](og /u[iy 
zij&rjxai xd otekcf ptjdi fi6&' exegtov, axifxov elvai Kai 
xijg noXecog pr) pierexeiv. 

ix. xa fiev ovv [negi xd]g agyag x[ovx]ov ei%e 
xov xgoitov. doxel de xijg SoXwvog noXixeiag xgia xavx* 
«5 elvat xd drutoxiKumaxa * ngurzov fiev Kai neyiaxov xb fiy 
daveiteiv eni zoig Oü>fAaoiv y erteixa xb e^elvai x$ ßovXo- 
utvuj [xifji\u)[geT\v V7ceq xwv ddiKovfxevtov , xqLxov de, 
p. 9 ((py * fidXiaxd (paaiv ia%VKevai xb 7xX?j&og, r eig xb di- 
K[aoxtjgiov] eq>[eoig]' Kvgiog yag wv 6 drjpog xrjg 
iptjfpov Kvgiog yivexai xijg ixoXixeiag. exi de Kai dia 
xb fii) yey[qa]q>d\ai xo]vg vofiovg dnXbjg prjde oaywg, 
s dl% woneg b Tteoi xiov Klrjgwv Kai emxlrjQwv, dvd[y]xi] 
[ixoX]lag ct^q)iaßrjir]aeig yivea&ai Kai ixdvxa ßgaßeveiv 
xai xa Koiva Kai xa "dia xb diKao\x\y)g[iov\ oiovxai 
fiev olv xivsg enixqdeg daaqpetg avxbv ixoir)oai xovg 

18 «vclut elonnäntaVca" K-W. [ft> &vv]e oftai K 3 im Text 
nach Blass; H-L haben &uv€<t& gelesen; K 8 nur sa&- Ich 

lese n . oif ttat ae . . eo 9 , das q an zweiter Stelle ist 

nicht zu lesen, weil es im Bruche ausgefallen ist. 17 itoa[yy]e- 
l[(as] K 8 nach Wcssely. 19 [ayan]divTas K-W. Kontos; [ttcqio- 
0]tSvTas Bury (K 8 ) ansprechend, nach Thuk. IV. 71, 1 ap(po- 
rtoois ifioxei jjffi /äaaai to utttov ntQuöiiv. 80 Über 7iqos avtovg 
die Buchstaben nQoaav wiederholt in L. 28 tlyt Lesung von 
K». « <?>> H-L <r£ x«i> K-W. 9, 7 r6 ^ar^ov] *the 
MS. is rather doubtful 1 K 8 . t« tfixaarijQia lasen K-W und 
emendieren to dixaax^Qtov. ra dtxao\i\ri{)[ia] H-L. Das o in 
to kann als o und « gelesen werden ; aber der Raum zwischen 
tjg und olovrai ist für ia zu grofs, so dafs tov gestanden haben 
mufs, wonach sich die Lesung des Artikels reguliert. 



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Kap. 9-11J 



— 9 - 



vofdovg, onwg 7TBoi xrjg XQioe[iog 6 d]rj[nog fj x]vQtog. p. 9 
ov ftrp> er/.og, aXXa dia xb /u^ dvvao&ai xa&6Xov tzbqi- io 
Xaßelv xb ßeXxiaxov ov yag [d]ix[aiov] ix xojv vvv 
yivofiivwv aXX* ex xrjg äXXrjg nolixeiag &E(oqbiv xrv 
exeivov ßovXrjaiv. 

x. ev \jä£v ovv x\oig vofioig xavxa doxei &eivai dtj^o- 
xixd, ttqo de xijg vofAO&eoiag noiijoa[i] xrjv xutv ^[^]cw[y is 
ct7io]K07crp> *ai (jiexa xavxa xrp xb xwv u/zgiov xai oxa- 
xfuu>y xai xrp> xov vofiiopaxog av^iqoiv. in ixeivov yag 
eyevexo v.ai xa tu iou iabiCw xiov ®eidü)vei(üv, xai »; fxva 
7ZQ0XBQ0V [eXxo]vaa Ttag b\Xi\yov eßdo^xovxa dgay^dg 
avB7tXrjQiü&rj xaig exaxov. f T}v d* 6 ctQxalog xagcr/iijQ 4 " 9 o1 * 
didgayuov. e/iolrjoe Si xai ara'hta TVQog [xo] voutcfua 20 
x[^]€tg xai .... e^xovxa fnväg xb xaXavxov ctyovoag, 

xai imöiBVBurjd-rjoav [ai] pval x(Jj axatrjgi xaixoig dXXoig 
oxa&fioig. 

xi. Jtaxd^ag de xijv TXoXixtiav ovtcbq etgr/icu xqo~ 
7iov, eneiöri ugoaiOi'XBg ovrrp fteoi xcov vopaov ivwxXovv 
xa fuev eTzixifAwvteg xa de dvaxgivovxeg, ßovX6,uevog pips 25 



8 ontag y tr^g xgiattog\o tf]( t [fioe x]vgtog K 8 . ontog ri rijg 
xg(atto\g 6 i.h)u os >/ yv\ot<>;. 'aut r* delendum aut ontug 1) rijg 
xg. 6 <f. xvgtog* K-W s . 07i tog rijg xgiaetog o ö^fiog y xvgtog <post 
ontog videtur rt scriptum esse' H-L. Ich lese ontug 1; dieser 
Rest des Wortes nach ontog kann auf t«, 17 und n fuhren; ich 
fasse ihn als n = ntgl; vgl. zu der Stelle. Bei der Lesung j 
stört das Fehlen des stummen *. 10 Vor xtt»6lov stand schon 
einmal negUaßeiv; durchgestrichen L. 14 notrjoat xr\v ttov ;pp<cür 
Lesung von K 8 . 18 nag« \jiixg]6v K-W. [rgttg xat] H-L. naga- 
[nirjojiov K 8 <the n (= naga) seems clear, also the o ahove 
the line for the termination, which is preceded by what may 
be an t; but there is hardly room in the inten'al for the letters 
required'. Das t ist ein y\ den Rest eines o glaube ich nach 
n zu erkennen; was nag' o[jUy]or ergab. 20 tfitfgti/fiov: 61- 
dgaxfiov L und die Hgb.; vgl. z. d. St. 21 Über die Lücke 
vgl. z. d. St. 



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— 10 - 



[Kap. 11. 12 



p. 9 xavxa "Mvelv prp a7tex&<xv€0&at, 7iagiav aTzodr^iav 
86 tTzoirfictto "/.ar i^7rogia[v] dfia %ai deugiav eig A*iyv- 
nxov [eln]ü)v wg ov[x] ^[f]«* dh.a ixdiv ov ydg ol'eo&at, 
dUcuov eivai x[o]vg vdfiovg i^rjyeia&ai rcagiov, dl% 
p. 10 l'xaoxov xd * yeygafifieva noieiv. apa di /.ai ovveßaiv[ev] 
avttp xCtv xe yvwgifiwv ötatpogovg yeyevijo&ai nollovg 
öid rag xutv xQ*uv cmo*ona[g\ , /ai tag oxdoetg cturfo- 
xigag f.teza&io&ai öid xb nagd dog~av avxoig yeveo&ai 

5 xrp> xdg~tv. 6 piv ydg öfjftog $ero ndvx dvdöaoxa 

TiOLTjGUv avrov, oi de yvtoQifAoi [7i]dliv rj xr ( v avxtjv 

xd^iv duoÖLoaBiv ij a 7tagaXX[ .... o di a\uq?oxt- 

QOtg TjvavTiu>9r} y '/ai s^bv avz(p jue#' bnoxigwv rjßovXezo 
ovoxd[vxi~\ xvgatveiv eiXexo ngbg dficpoxegovg dnix&io- 
10 &ai oiuoag xrjv Traxgiöa %ai xd ße[Xxi]oxa voito&ezijoag. 
xii. xavxa ort xovxov ( xbv} xgditov elxev o% x 
aXXot, ovfiq)tovovoi Ttdvxeg '/.ai avxbg iv xfj notrjoei pit- 
Hvrpai Ttegi avx(Zv iv xolode (fr. 5 B) 1 

drifty fiiv ydg l'dw/a xooov yegag baaov i/tag('/ei), 
i5 xif.ir t g ovx dyeXtov ovx f.7togt^d(.ievog' 

d' elxov Svvaf.uv xai ■/gi j uaoir r { aav dyt;Xo[i] y 

** xivttv] xttvtiv L. 18 Zuerst richtig gelesen bei H-L. 
praef. p. X, von Blass und Wessely (K 8 ); tlnair von Wessely, 
Xfytuv ll-Lt. Blass; ich habe die Buchstaben im Texte gegeben, 
wie ich sie nach diesen erkenne. 10 1 noinv wie K-W.: noirjoai 
H-L. K 8 . 10, 4 xataarttow Tip ovaav ra^tv L nach K 8 : ich lese 
nur wie K-W. x . . . orttaiv und tijv I Cavra$iv wie K-W., das 
C könnte auch die untere Hälfte eines e sein; xaraotaoiv 
Emendation zu dem korrupten Texte. Stand vielleicht rijv 
rtav Tafrv ursprünglich? es hatte einen passenden Gegensatz 
in Tijfr avrrjv t«|iv. 6 eis L: y K-W a ; etwa ntcXtv noXi- 
t«i'«v) eis rrjv xt£.? afiixQov 7iaQttXl(it[(iv K 8 . H-L., der An- 
laut stilwidrig; ij fnxqiv naQttXXu&iv K-W., $ o[%£dov «]/!«(►- 
alltt[xrov? 9 ttntx&iO&t)vcti L. "<r6y>K. f?/«y K-W: ta- 
X*v L. 14 yiQtts L: xqutos Plut. Sol. 14. tnagxei Plut; und 
so auch i? Das erste Zeichen ist undeutlich, hat aber unten 
eine Spitze und nicht eine von links beginnende Schleife, 
wie sonst ein nicht legiertes «. 15 «nogcta/jevoe L, in. Plut. 
M o'i Plut.: offot L. 



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Kap. 12] 



11 - 



xcu zolg ifpQctoaprjV fiydiv a[u]xig l'xetv. p. 10 

l'ozrjv d' ufdfpißaXwv xqcczbqov aaxog apqjozeooioi, 
v[i]näv ö 1 olk Biao ovdezeoovg adUwg. 
ndXiv 6* ano<paiv6pevo$ 7ceqI zoi 7tXrj&ovg, wg a[vz]q/ 20 
Set xorja&at (Sol. fr. 6. 8, vgl. Theogn. 153)' 
drpog 6* wd* av üoioza avv ryenoveaaiv enoizo, 

Urpe Xiav av[e]&Big pr t ze ßia'Copevog. 
zUzet yaQ xoQog vßoiv, bzav noXvg oXßog l'7nfz\cu] 
av&Qüinoiaiv baoig iirj voog aoziog r t . 25 
xcrt ndXiv d 1 [ezig]io^i tzov Xeyei neoi zwv ötavei- 
fiao&cu zrjv yrjv ßovXo^ievwv 

*oV d' eqJ ctQTcayaiatv yX&ov, ehrtifö el]xov acfveav, p. 11 
%döo%ovv huxazog avzwv oXßov evoyaeiv ttoXvv, 
-Aal fie xwziXXovza Xeiwg zqüxvv exqjaveiv voov. 
Xccvva fxiv zov eqjQaoavzo, vvvdt fAOi xoXovfiBvot (fr. 34) 
A[o£6]i' bcpS[aXfji\ola OQwai navvBg wozb dr t iov' 5 
ov xqcwv . a ftiv yaQ elna avv fooiaiv r}wo[ct) t (fr. 35) 
[ixXXa ov itd]zt]v teod[o)v, ovöe uoi zvgawiöog 
avdavei ßia zi [QiQeiv, ovde f€u[iqa\g x^ovbg 
nazQidog naxoioiv eo&Xovg tont toi 01 av e'xBiv. 
[naXiv] de xcu neqi zf t g an[oy,]o7t^g t% zwv xqewv xat 10 
zwv öovXevovzwv fiiv tzqozeqov iXev&eoio&ivztov de ö[ia] 
zyv oeioax&eilav] (fr. 36)' 

iyw de zwv pev ovvex f ct&vrjXazov 

w ßtaCofitvoe L: nttCo/uivos Plut. compar. Sol. et Popl. 2. 
96 xoi tilgen K-W. ir(Q<o9t lasen K-W., andere ergänzen 
anderes. 11, 1 «velut oV J* i<p* ttQnaymoiv ilrrfd' ijli»* tlxov* 
K-W. 5 Ergänzt aus Plut. Sol. 16. • « piv yaQ alle mir be- 
kannten Hschr. des Aristides II. 536 D. 7 alltt] apn Aristid. 
Die Spuren in X scheinen nicht ganz zu Aristid. zu stimmen. 
icgöov] Iqöov Aristid., erst von jüngeren Händen die Korrektur 
fydor. 10 Lesung von Wessely (K 8 ); rijs <x7i[oQ(ag] Ttjg tiöv 
[v7io X Qt](ov K-W 2 . " <MS. is doubtful; the l might be read 
as a or y' K 8 . tl'vex' «lovijAorwy K-W*. ovvtxa Swriyayov 
Blass, Platt; andere anders. Ich verstehe Z. 18. 14 nicht. 
2? a , wo dem Räume nach afrvrjXaTov zu erwarten ist, 



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- 12 - 



[Kap. 12 



p. 11 örjfiov xt xoixiuv nglv xvx[ei]v inavaafiriv. 
15 ovfifia(pvQ[oi]i} xavx av iv dv/.t] xgovov (fr. 36) 
firjxriQ peyiorr] daifi6va)[v 'OXv^iiniwv 
ägtoxa, rij fieXaiva, xrjg eyca nvte 
ogovg ccveiXov noXXaxf, 7te7triy(yxa[g\ 
[nQoo]d-ev de öovXevovaa, vvv eXev&ega. 
so noXXovg ö' l4&yvag, Ttaxgid' eig &emtiT[ov], 
[aviqjyayov 7xgai>ivxag y aXXov fadUatg, 
aXXov dixalcag, xovg d' avayxairjg V7tb 
Xgeiovg <pvy6vxag, yXtoooav ovxex Idxxixrjv 
ievzag, (og av noXXaxfi itXav[iofiivovg\, 
26 xovg d* ev&dd' avxov öovXitjv deixia 

[e]xovxag, y&rj deonoxiov xgo^ev^tev[ovg\ 
[eX]ev&egovg e&ijxa. xavxa uev xgaxei 
fojuov, ßiav xe %ai Sixrjv ovvagfxooag, 

p. 12 * [fcjpeftt] xai StfjX&ov ibg wreoxourjv. 

&eouoig ö' ouoitog t$ xax$ xe xctya&(p, 
ev&eiav elg txaoxov agfiooag dixv t v, 
eygaxl'a. xevxgov <T aXXog wg eyw Xaßwv, 
5 [xax]oq>gaör'jg ze xai (pu /i m n avfe, 

ovx, av /xtxeaxe df^iov' ei yag y[&e]Xov (fr. 37) 



14 [i7rav\od t uav -B 2 . 80 &soxtiot . . L., ebenso im Aristid. 
EL 536 D der Laur. 60, 3 (Arethas-r), in geringeren Hschr. 
öfter korrigiert; Laur. 60, 7 und seine Klasse »toxrirov. 21 tx- 
<f/xwff auch Aristid. Laur. 60, 3. 25 Sövliip L. Flut. Sol. 15 : 
6ovlt(i\s Aristid. p. 537. 24 ijtfij LB: ^tfij Aristid. dtanonüv 
Aristid. Laur. 60, 3 und andere noch nicht nach dem Fehler 
ijÖT} interpolierte (dHrnoittg) Hschr. 27 xntatt vopov K. H-L. : xga- 
THtvofiov L., also entweder xgnriftv 6/jov oder xqcct&i vo/liov', 
ich fasse ßfttv — <rvvtto{i6o«{ als Apposition zu xgnret. vöuov. 
x$ . ttjouov B, xQttTr] 6fio0 Aristid. Laur. 60, 7: xonret 6f/ov 
Aristid. Laur. 60, 3 (jüngere Hschr. der gleichen Klasse öfter 
xQttTt) aus xgdrei korrigiert) Plut. Sol. 15. K-W, 12, 9 <f* 
Aristid.: rt L. 6/joftos L und eine oft interpolierte Hand- 
schriftenklasse des Aristid. 



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Kap. 12. 13] — 13 — 

a xoig ivavrio[iai]v rpdavev tote, p. 12 

av&tg d* a töiaiv ovregoi (pgaoaiaro, 

7toXXiav av möowv »jä* ixrjgw&t] noXig. 

Tutv &vs% aXxrjv navrod-ev rvoiovfievog 10 

wg iv TLvalv 7toXXa\aiv iorgdqnqv Xvxog. 

xal TZaXiv ovetdittov 7tgbg Tag vütegov av[tf]wv [lEpixpi- 

HOigiag dfMpoTigtov' 

dritup n&v ei XQ*] SiaqxxÖTjv oveidioai, 

a vvv k'xovaiv OVftor 6<p&aXf*oioiv av 15 

evdovteg elöov. 

baot Si nutovg xai ßiav dfieivoveg 
alvolev av %ai (fLXov noioiaxo' 
ei ydg tig aXXog, yrfii, ravrtjg tr^g tifiijg hvxev (fr. 36, 
20. 21), ^ ^ 20 

OVX av xaveox* ör t nov ovd % inavaaxo, 
ngiv dvzagd^ag nlag ej-iXjj ydXa. 
iyib de tovtwv woneg ev neraixpiy 5 ° o1 
ogog xareoTTjv. 
xin. Trp fiiv ovv anodyniav inoiyoctto öia zaviag 25 
altiag. 



7 S roh B. Aristid.: avioig L. 8 ayrig B*: rf' S roiaiv 
Aristid. p. 538, Si itj..aiv B 9 : dt avrotaiv L. ovitgoi K-W. 
Platt: ovregeu oder -goi (K 8 ) L. : arfqots Aristid. (pgaoaiaro 
in allen Arist.-Hschr. in dgäoat <f«i korrumpiert. 10 £lV«x' K- 
W.: o£y«x' L. Aristid. dXxqv L.: agxr)v Aristid., eine Hschr. 
mit yg. agx*}' nouvfitvot Platt K-W. H-L.: xvxtv/utvos Aristid. 
14 &uxtfadrjv K-W. Kontos: öiatfgudfjv L. 88 ngiv avtagafas 
woraus K 8 nach Adam nglv avragaSas : nglv rj ragä£as 
K-W*:tiqIv uv ragaZas Plut. Sol. 16. mag Plut.: nvag L. 



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Fünftes Kapitel. 

Mit dem fünften Kapitel beginnt äufserlich be- 
trachtet die Darstellung der solonischen Verfassung in 
der aristotelischen Schrift vom Staatswesen der Athener; 
allein genaueres Zusehen lehrt, dass die drei zunächst 
vorhergehenden Kapitel, weiche die sociale Lage des 
athenischen Staates und seine Verfassungsgeschichte 
vor Solon vorfuhren, eigentlich auch schon zu der Dar- 
stellung der solonischen Verfassung gehören. Zunächst 
bilden sie nach der Absicht des Schriftstellers für den 
Leser die Folie,' auf der sich die Schilderung der 
Thätigkeit Solons abhebt. Aristoteles hat selbst im 
zweiten Kapitel mit den Worten xott yag defdejjueVfot] 
tdig d[av£i]oaoiv €7ci TÖig aonictmv rioav ut/Qi SoXwvog ' 
ovtoq di 7CQuj%og tyevero tov d^piov TTQOOTarrjg einen 
Fingerzeig dafür gegeben, dafs von hier ab die Dar- 
stellung auf die solonische Verfassung hinstrebe, und 
nicht ohne Absicht des Schriftstellers weisen die Worte 
des dritten Kapitels eni de Zokcovog anaweg eig tb 
&eotio&£teiov avv^l&ov auf das Eintreten der natur- 
gemäßen Vereinigung der. höchsten Behörde gerade 
unter Solon hin. Die in Kapitel 2—4 geschilderten 
Zustände sind im ganzen für oligarchische Ver- 



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— 15 — 



fassungen charakteristisch, und dem Leser wird im 5. Kap. 
Beginn des 2. Kapitels ihre richtige Auffassung mit 
deutlichem Worte an die Hand gegeben: yao tot« 
y noXiteia xolg tc aXXotg 6XiyaQxi*y naoi xcei 
6rj y.ai edovXevov ol Ttdvtjieg toig 7tXovaioig\ der Schlufs 
knüpft an diesen Gedanken wieder an : ^aXtnurtatov .... 
7jv %oig noXXöig %wv xarcr ttjv noXixuctv to dovXeveiv. 
ov fity aXXa mi sni toig aXXoig idvox&Qctivov' ovdevog 
yag, etymv, hvyxavov fiezixovreg. Dieser oligarchi- 
schen Wirtschaft wird nun in der solonischen Ord- 
nung die noXvtüa entgegengesetzt. Um den Gegen- 
satz zwischen dem vorsolonischen Zustande und der 
solonischen Reformation des ganzen inneren Staats- 
lebens scharf zu markieren, wird der Inhalt jener 
Kapitel im Beginne des fünften rekapituliert; die Re- 
kapitulation erfolgt in umgekehrter Reihenfolge, um 
an das zunächst Vorhergehende anzuknüpfen 1 ), zu- 
gleich aber mit fast wörtlicher Wiederholung der in 
den früheren Kapiteln gebrauchten Ausdrücke, um 
eine gröfsere Straffheit der Bindung zwischen den auf 
die solonische Partie vorbereitenden Kapiteln und dieser 
selbst zu erzielen: 7ti%qoxaxov r\v xoig noXXoig . . . %b 
dovXeveiv 2 ) (Kap. 2) twv noXXwv dovXevovrwv %oig 

1 ) Ich gebe Citate ohne die Klammern der Ergänzungen, wo 
nichts darauf ankommt. Oben und in der folgenden Anmerkung 
habe ich die Herstellung von K-W. xal yug dtötutvoi faute de 
mieux angenommen. Dafs ich sie nicht für richtig halte, deute 
ich an in der Ree. von H-L., Berl. phil. Wochenschr. 1892, mit 
der Lesung xal yaQ . . 6a . die zu der Ergänzung von K-W. 
nicht stimmt; aber auch Blafs 1 xal yaQ ol davuafnol näaiv inl 
xri. will mich nicht ganz befriedigen (Litt. Centralbl. 1891, 1834). 

2 ) Ich halte nach wie vor die Schlufsworte von Kap. 4 
inl rfi roff tnöuacsir rjoav dtdavtt-Ofxivoiy xad-dn€Q ffyjjrat, xal 
ij /töou 6*i oKyatv r\v für ein Glossem. Dafür, dafs man die 
Kap. 2 geschilderten socialen Zustände auch während der dra- 



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- 10 - 

5. Kap. 710'Aköig. — \v ö* fj tag ig zrjg agyaiag TioXitdag %r$ 
tiqo jQdxovTOg toidöe (Kap. 3) <-« xoiawifc de i% 
za!;eiog ovoqg ev tf; Ttolweiq; und ebenso von der 
drakonischen Verfassung de io?t§ avrtj %6v6e tov 
iqotiov Eixe, wobei für die Genauigkeit der Über- 
einstimmung zu beachten ist, dafs das Wort rd^tg in 
Verbindung mit nokixeia in dem ganzen Buche aufser 
an diesen Stellen nur noch bei der theseischen Verfassung 
in dem rekapitulierenden 41. Kapitel gebraucht ist 1 ). 

kontisehen Periode weiter bestehend denke, ist eben dort mit 
den Worten xal yaQ öeötpfvoi toi? öavtlaaotv inl rotg omuk- 
otv fjaav (xiy,Qt ZoXtovog hinreichend gesorgt; sie wären 
schon deswegen überflüssig. Sie sind es zweitens wegen der 
gerade acht Worte darauf folgenden Rekapitulation xal t<ov 
tioXXüv tlovXevovrojv roig 6X(yot( noch einmal. Sie sind aber 
durch die Nähe der Wiederholung an der letzteren Stelle 
nicht blofs lästig, sondern auch unschön; unschön ist ihre 
Anklecksung an die Darstellung der drakonischen Verfassung 
in hohem Mafse. Vor allem aber trifft der Ausdruck dieses 
Satze« nicht den Kern der Sache. Ein Zustand soll geschildert 
werden. Der Zustand ist das JovXevetv; deshalb setzt Aristoteles 
dieses Wort in den Anfang von Kap. 2 und wieder an das Ende. 
Das <T«yf/fcM' ini roig oatpaoi ist der Grund für diesen Zu- 
stand ; so wird es im 2. Kapitel gefafst, und im 6. Kapitel sagt 
Aristoteles nicht ixtoXvae iSavt(&iv ini rotg otouttaiv, sondern 
im Gegensatz zu dem Zustand des öovXevetv ganz konsequent 
rii6v&£{Hoae, wofür als Grund xtoXvaag <jcive(&tv tnl roig otu/uaoiv 
hinzugefügt wird. Die Rekapitulation Kap. 5 SovXtvovttav t£v 
noXXäiv entspricht also genau der Auffassung im 2. und 6. Ka- 
pitel. Der Satz am Schiufs des 4. Kapitels giebt den Grund 
für einen Zustand an, wo der sociale Zustand selbst im An- 
schlufs an einen politischen Zustand gebracht werden mufste. 
Der Satz ist ein aus Kap. 2 entlehntes Glossem zu den Worten 
rtuv noXXüiv dovXtvovxtov, das eine Zeile zu hoch in den Text 
geraten ist 

*) Im übrigen heifst es von Solon selbst (p. 6, 9) noXirt(av 
xaTtoiqoe ; der innere Ausbau der Verfassung wird mit öUraj-e 
(p. 6, 16) und SittruSas (p. 9, 23) bezeichnet; mit Bedeutungs- 



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- 17 - 



Die Rekapitulation abgerechnet, zerfällt das fünfte 5. Kap. 
Kapitel in zwei leicht zu scheidende Teile; der erste penod,i 
erzählt die Wahl Solons und die Begründung dazu; 
der zweite bestimmt die politische Stellung Solons. 

Die Teile sind vollkommen symmetrisch gebaut: in 
beiden bildet ein Citat aus Solons Gedichten die Mitte ; 
je ein Satz fuhrt zu ihr hinauf, je eine Periode führt 
von ihr herab. Die letzteren sind an Umfang an- 
nähernd gleich, der erste Satz ist auch in sich völlig 
symmetrisch gebaut : lo%vQag ^> ovorjg (a), %ai ^ orÄAij- 
)mv (b) eXXowo ^ Solwva (c) xea ^ avTip (b), noir^ 
oavtt iXeyelav (a), also fünf Kola mit Changement der 
Korrespondenz (a b, c, b a). Dafs kunstvolle Periodik 
in unserem Buche sich findet, fällt ja jedem Leser auf; 
nur um auf ein paar Beispiele zu verweisen, nenne ich 
die Sätze p. 19, 4 ff. 26 ff.; 28, 18 ff.; einzelnes 
kommt noch später zur Besprechung. Rhetorischen 
Satzbau darf man natürlich in einem Buche, wie dem 
vorliegenden, nicht erwarten; es gehört nicht der 
rhetorischen Litteratur an. Der Satzbau entspricht 
im allgemeinen jedoch der Forderung des Aristoteles 
(Rhet. 1409 a 34) an die etQOfitvr) Xi^tg xateotQa^fÄtv^ 
iv TieQioöoig: Xiyu de neQioöov Xi%tv l'xovaav ccqx^v 

■ 

nuance p. 8, 10 vom Areopag fra{tv inl to vouoyvlaxuv. 
xftTttOrrjaat tt}v inl xüiv itr^(txoa(<av noltrtlav p. 82, 11 und i) 
6)iyttQX ln x«t£otij p. 36, 10, vom inneren Ausbau ditoatav 
p. 33, 13. Vom Lysander xaTaoirjotti tovc TQidxovra p. 38, 4 
und bei der Neuordnung der Hule durch Kleisthenes, der 
Einführung einer neuen Form, ttjv ßovlqv xitT^orrjafv p. 23, 3, 
wofür bei Solon tnoftjoe (p. 8, 9), weil nur eine geringe Um- 
gestaltung des drakon tischen Rates vorgenommen wurde, reerre tv 
rfjv noXtTfiav heifst es nie. In der nok. % A&t]V. ist also die Aus- 
drucksweise dieser Gedankensphfire geregelt nach der aristo- 
telischen Definition (Polit. 1274 b 38) n TroXirefa raiv r^r 
noXiv olxovvxiav fori r«fi? rig\ vgl. 1289a 15. 

Keil, Aristoteles. 2 



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— 18 — 

5. K»p. xai teXsvxrp avzrjv xa#* avtr^v xat i*tye9og evavvonzov. 

Periodik ^ € - a ^ ^ Toiavtt] xat evfxa&jg. Es werden wohl 
manchmal lästige Parenthesen eingeschoben , wie p. 2, 
27; 7, 6 ff.; 30, 4 f., allein die Deutlichkeit leidet 
nicht darunter. Dagegen ist der Satzbau ungleich- 
mäfsig ; trefflich periodisierte Stellen, wie die eben an- 
geführten, stehen neben solchen mit rein agglutinieren- 
der Satzfügung. Der Grund daftir ist der unfertige 
Zustand des Buches; der letzten Feilung, welche die 
noX. l4&i}v. eben nie erhalten hat, war die Durch- 
führung der Gleichmäfsigkeit des Satzbaues vorbehalten. 

Rhythmik Aristoteles behandelt die Periodik im Anschlufs an 
die Rhythmik. Steht diese in der 7tol. ld&7]v. ebenso 
mit seiner Theorie im Einklänge? Eine Untersuchung 
der Rhythmik der nok. Id&qv. kann m. E. sich nicht 
auf das ganze Buch erstrecken. Im zweiten Teile 
muf8ten die vielen technischen Ausdrücke die Ab- 
sicht, rhythmisch zu schreiben, oft unmöglich machen. 
Im ersten fallen für eine solche Untersuchung die 
Kapitel fort, welche Aktenmaterial reproduzieren. 
Das fast im Rohmaterial vorliegende 22. Kapitel kann 
auch kaum in Betracht kommen. Dagegen gehört 
zum Beobachtungsmaterial das Anfangskapitel des 
zweiten Teiles über die Ephebie, welches vielleicht 
das bestausgearbeitete des Buches ist und nur in den 
Partieen über Solon, die Peisistratiden und die Dema- 
gogen (Kap. 28) annähernd gleich gute Parallelen hat. 
Auch der Beginn des 45. Kapitels darf herangezogen wer- 
den. Es ist nicht meine Absicht, aus diesen Abschnitten 
eine vollständige Sammlung der Klauseln und Satz- 
oder Kolenanfange zu geben ; ich habe soviel Material 
gesammelt, wie mir zur Charakteristik nötig schien. 
Im einzelnen wird man rechten können, weshalb diese 
oder jene Stelle auch aus dem ersten Teile nicht heran- 



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19 - 



gezogen ist. Ich halte aber dafür, dafs bei einer Unter- s. ka P . 
suchung über ein künstlerisches Stilelement der Rhythmlk 
Untersuchende in einem Buche wie dem vorliegenden 
sich bei jeder Stelle fragen mufs, ob ihr Charakter 
derart ist, dafs man in ihr beabsichtigtes Hineintragen 
künstlerischer Elemente seitens des Schriftstellers vor- 
aussetzen darf. Über diese Vorfrage mufs man sich also 
zuerst entscheiden ; aber ihre Entscheidung hängt so sehr 
von subjektivem Urteil und Empfinden ab, dafs man 
in vielen Fällen immer wird rechten können und 
müssen. Vor allem aber ist, und zwar mehr als bei 
jeder anderen Untersuchung, hier im Auge zu be- 
halten, dass die nok. die letzte Feile nicht mehr 
erhalten hat. — Für die Quantitätsmessungen bemerke 
ich, dafs ich geschlossene kurze Silben vor der Pause 
als lang rechne, dagegen offene als kurze behandle. Die 
Pause, welche Hiate entschuldigt, längt durch ihre 
Mora auch die konsonantisch auslautende kurzvoka- 
lische Endung. Im übrigen werden bei den Zusammen- 
stellungen die Fälle, in denen nicht vokal- oder po- 
sitionslanger Schlufs vorliegt, durch Einklammerung 
der Zahlen des Citates angezeigt. 

1) Die Klauseln von Kola und Perioden. Klauseln 

16 = 7 (-h 9): wv aUfjloig 4, 19. 27; (5, 

17-18); 5, 21.22. (27); (9, 12); 10,2. (5); (15, 4. 
24); 16, 5; (19, 20); 28, 6; (46, 11: 47, 12). 

u 20 = 17 (+ 3): faetfHo&ai 10, 9; 4, 16; 

6, 8; 9, 3; 10, 7 (?); (13, 1); 15, 4. (8.) 16; 
28, 4. Das Metrum wiederholt 1, 16 Tcov-dov- 

Xeveiv) — 5, 10 (wg-iveaitoatjg) In w t> o — w 

steht der Päon im Kontrast zum Epitrit iyivero 
tj TtoXizeia 23, 27; päonisch ebenfalls ovvei- 
dozag ifi^wev 19, 26; (2, 21). Die Verbindung 

- v w j wie choriambisch mit schwerer 

2* 



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- 20 - 



5. Kap. Klausel, zijg otdoewg ovorjg 4, 18; 8, 18-9; 

Klauseln 15 . anapä8tisch -qwv 0^0- 

oavteg agi(nlvdr]v 1, 1, vgl. iveßißaoev eig tag 
vavg 25, 25. 

_ ^ — 25—15 (H- 10): tarlv agxr) 4, 21; (6, 4); 9, 
5; 10, 7. (12); 31, 10; 47, 7. Mit päonischem 
Motiv (^) w w w - w — yevopfoqg inlovrow 
5, 23; (6, 7). Das epitritische Metrum ganz 
deutlich in der Wiederholung (ßil)lovra xAij- 
QOvo\&ai %iv aQxiv 7, 15; (19, 12); andere 
Epitrite vorher (13, 23; 20, 2). Der Rhyth- 
mus setzt sich über den Periodenschlufs im 

Eingang des nächsten Kolons fort SZ> ^ | 

- w — ! - ^> E7ti[iEXeio&ai i&v &q>rß<ov. ht 

di tovtwv 46, 16. Bei vorhergehendem Tro- 
chäus wirkt der Schlufs trochäisch tcüv vofiwv 
bwlovv 9, 24; (1, 17-8; 4, 11; 9, 1); 31, 18- 
9; 19, 24-5, wo der Rhythmus durch das vor- 
hergehende rovg avaiziovg besonders hervor- 
tritt; noch mehr 6, 9 xai vonovg i'fhjxev ällovg. 

Rein logaödisch wirkt - ^ ^ - ^ (a&d- 

vat* *Aq>Qodita): -av irrhQeipav avrqj 4, 20; 
ebenso 5, 20; (xai avveß.) 10, 1; (26, 18-9). 

_ _ w _ 21 mm 16 (+ 5): e^ovaiav 6, 5; 1, 15; 3, 11; 
9, 29; 12, 26; 22, 26; 28, 27-8; das Vers- 
mafs wiederholt avrbv noirj \ oat, vovg vopovg 
9, 8. (23 -av . . . iQonov.) Der zweite Epitrit 
geht vorher - w — | — ^ - ol 7ttvijieg tolg 
nlovoioig 1, 8; 5, 8-9; (7, 16); derselbe zwei- 
mal vorher -ovoa navtag \ rotg dnoa^ovv\xag 
xvqi(OQ 3, 13, so dals die Schwere des Rhyth- 
mus sehr fühlbar ist. Erleichtert bei dieser 
Klausel erscheint er, indem er kretisches Ge- 
präge durch voraufgehenden Trochäus erhält 



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- 21 - 



[drjuog g xv]qioq 9, 8-9. -cx&äveofrai Ttaqwv 5. Kap. 
9, 26; 5, 2. Mit päonischem Rhythmus ^ KUu9elr 
^ ^ w — w - TcDy 7taQavofiovvTwv xqioiv (2, 
22 ; 9, 7). Logaödisch in der Verbindung - u u 
_ _ u _ 5, 19, also wie der Vers bei Hephä- 
stion Scr. metr. c. 9 (p. 80, 13 W.) \o%oti6voi 
ueigaxeg: -elv %iai %£>v yvcaQi^iDv, ebenso 
(8, 26) ; noch stärker das logaödische Element 
in - w w - w w — - ct(.tqxn£Qovg £ne(pvY.£i 
y.alojg 17, 20-1, vgl. den Eingang dr}fA(n ixah- 
tcaog eivat doxtuv 13, 25. 
^ ^ — 30 = 21 (+ 9). Diese Klausel giebt, je nachdem 
ihr eine Kürze oder Länge vorhergeht, der 
Diction päonisches oder logaödisches Gepräge, 
(o) u w — Tot 7tQog tavxovg 13, 9; (1, 12); 2, 
7; 15, 18-9 (19, 21-2; 31, 21); doppelter Päon: 
ötcaeloiaiv tti xai vvv 7, 23. (w) w ^ l ^ ^ 

- - 10, 10; 8, 3; (31, 13). Übrigens ist zu be- 
rücksichtigen, dafs Theophrast (s. u. S. 31) diese 
Klauseln als päonisch fafste, wie sein Beispiel 
<piXooocpovv\Tit}v zeigt (vgl. Jacoby, der orator. 
Numerus bei lsokr. und Demosth. Diss. Zürich 
1887. S. 39 f.) — Der logaödische Ausgang 
ist sehr häufig. Veranlasst durch Wieder- 
holung des Metrums 10, 8 -eio avoxav\xi tvgav- 
vetv. Weiteres firj nXiovexteiv 5, 3; 15, 22; 50, 
3; 55, 3 und (27, 18, vorhergeht ^ ^ ^ ^ ^ J). 
Rein pherekrateisch ist der Schlufs - - - ^ ^ 

- — (i)tvy%avov ^Etixo%iBg (1, 18; 10, 11; 
27, 26); 15, 13; 30, 16; 32, 2. 4; 42, 3. 
Der logaödische Charakter verstärkt -c^-w^ 

- (€ia)ayyeliag tc€qi avTwv 8, 17; 7, 21; 
9, 6; 9, 29-10, 1. Noch ein Daktylus davor: 
atofiaaiv . . . 2oku>vog (1, 14); vgl. 4, 20; so- 



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- 22 — 



5. K»p^. g ar em Hexameter, wenn auch von der Art, 

welche des Horaz non qnivis videt in\tnodula(a 
poemata iudex persifliert, ist herausgekommen : 
wg V7io Ttov avri\<naouinü>v xavta TiBnov^wg 
14, 1-2. 

w - u _ 17 = 11 (+6) Uav anlüg 14, 24; (1, 6; 31, 
16-7; 46, 8.). Der Jambische Rhythmus 
ungewöhnlich stark uJ3u-u-u-v - fyi- 
vero nXeiov rj (i)viavatog (2, 23). Ein richtiges 
peTQOv EvQiTcideiov, wie Hephaistion und andere 
es nennen, bildet die katalektische trochäische 
Tetrapodie: pällov r tvQawixug 14, 17; doch 
ist zu beobachten, dafs dem Schriftsteller der 
Rhythmus so stark klang, dafs er 16, 9 die- 
selben Worte umstellte: pällov TroAirtxwg 
TVQctvvixwg. — Wieder logaödischen Versaus- 
gang giebt (-w^-)-v^l^-w - {nana 
dioi)y.eiv xara tovg vopovg 17, 13, fast wie 
aus einem choriambisch-logaödi sehen System; 
(5, 25-6) ; 13, 13. Tritt ein Spondäus oder Tro- 
chäus davor, so ist der Glykoneus fertig: xou xoig 
7tQay(.iaoi tutv fitotav 5, 1. (-d-rjv 1 vno) 20; 4, 
26; 6, 3; diese Klausel ist nicht selten. Noch 
verstärkt ist das daktylische Element in - ^ ^ 
- w ^ - — trjg noXewg tEjaqayiiivyg 12, 26. 
Endlich auch in Verbindung mit den logaödisch 
wirkenden Choriamben Kgr}$ Ini jovzoig ixa- 
9rfge xr\v noliv (1, 4); nur um einen Choriamb 
länger ist Anakreons vv\tiXvxov eY\lvf4a xcrxTjg 
aoniöog agfionuUaiv (frg. 21, 6 B 4 ). Päo- 
nischer Rhythmus uu u u | ^ _ w _ yeyove xorra 
tovg vofiovg 46, 4. 

_ u w _ 22 = 18 (-f- 4): a/nyoTtQiov 12, 13; 5, 12 
(mit <6>, K-W.). 16; 6, 1 ; 10, 27; (17, 15-16); 



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- 23 - 



22, 6. 11 ; 25, 9 (28, 12). Das Versmafs wieder- s. Kap. 
holt tr t g TtSXewg \ ftrj iivti%eiv 8, 22, ebenso 8, 20, Klau8elr 
s. unten S. 37 f. Bei vorhergehenden drei 
Kürzen gewinnt der Rhythmus päonische Wir- 
kung: nQog MeyctQtag 7toX((A(p 13, 26, wozu man 
1, 3 i'tpvyev ustqyvyiav vergleiche; treten nur 
zwei Kürzen davor, ist der anapästische Rhyth- 
mus fertig anb zov \ xvnavov 50, 5; noch 
stärker | - ww- ccnoaei oaptviop \ 

To ßaQog (5, 17), vgl. 5, 15-6 ; (rag) danafag | tag 
yiyo^iivag 8, 5; falls richtig ergänzt [aya- 
7t\ajv\tag Kxv\%6fA.ctzov (8, 20). Infolge der ana- 
pästischen letzten drei Silben ist auch der 
Rhythmus in (-)---- ^ ^ - (dov)Xev6vzu)v 
toig oXiyoig 4, 17 anapästisch; ebenso wg Ov% 
7j£« dt% itwv 9, 28, falls richtig ergänzt ist; 
ix tcov | vvv yi\vo[ieva)v 9, 11. 
^ yj sj - 18 = 7 (-f- 11) avfrvoiitvt] 25, 19; 3, 16-7; 
10, 3; 21, 4; 33, 21 (16, 2; 24, 14; 28, 22; 
31, 15-6; 32, 6; 37, 12; 41, 6-7; 45, 27). Ganz 
stark, vielleicht am stärksten im ganzen Buche 
tritt der päonische Rhythmus 13, 12 in drei 
aufeinander folgenden Päonen auf, und das 
Hastige ist noch durch zwei dem ersten Päon 
voraufgehende Kürzen verstärkt dia\zb /.teyd- 
Irjv yeyovivai\netaßoXr}v. Häufungen von Kür- 
zen vor päonischem Ausgang öfter: roxe na~ 
. gaxaXwv 14, 16; (30, 13); (16, 2 

Xoyov in.). Wie (30, 13) ist (22, 20) gebaut, 
nur dafs hier der päonische Eindruck bis zur 
Häfslichkeit dadurch verstärkt wird, dafs die 
Jagd über die mit nicht naturlanger Klausel 
schliefsende Periode hinaus und in der nächsten 
Periode weitergeht (noX)Xu öieitXeoctv. l'ti de 

TTQOteiQOV TWV). 



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- 24 - 



5. Kap. Die Klauseln gehen also in den angeführten 
Klauseln Fallen auf eine lange Silbe aus, und zwar 112 
davon auf vokalisch lange Silben, 57 auf geschlossene 
kurzvokalische. Das Verhältnis ist wie 2:1. 

Bei der Behandlung der auf einen offenen kurzen 
Vokal ausgehenden Klauseln scheide ich diejenigen 
Fälle aus, wo der Sinn ergiebt, dafs der Schrift- 
steller das Deutlichkeitsprincip und kein ästhetisches 
Interesse verfolgt hat, d. h. in Fällen wie tovde xoiade 
u. s. w., z. B. 1, 20; 7, 7; 10, 13; 32, 17; 34, 1; 
35, 10; 38, 4; 42, IL Fort fallen natürlich die 
Fälle, welche den Dekreten von Kap. 29 ab an- 
gehören. Auch die Fälle setze ich nicht in Anrechnung, 
in welchen durch Anfügung des euphonischen v der 
volle Schlufs herbeigefürht wird; denn ich meine, dafs 
gegen die Autorität der Handschrift von diesem Mittel 
Gebrauch zu machen ist, wenn dadurch ein kurz- 
vokalischer ungedeckter Auslaut an Kolon- und Perio- 
denschlufs vermieden werden kann; also z. B. näaiv 1, 
7; 26, 22; elxsv 3, 19, b^vvovaiv 6, 15, el'xooiv 18, 2, 
dedwxev 19, 30, TtQayiAaoiv 25, 23, iattv 32, 1, ^etaöi- 
öoaoiv 39, 28, \7tnev01v 41, 16; vgl. ferner 25, 25; 
26, 23. 24; 31, 10; 39, 27; 43, 20; 47, 2. Endlich rechne 
ich nicht den durch Supplierung geschaffenen Fall 
eniti&ftievov tvqav[vidi\ 14, 10; imTi&ifAevov xvgav- 
[veiv] vermeidet den offenen kurzen Klauselschlufs. 

Ich habe nun die Fälle von vokalisch kurz- 
schliefsenden Klauseln nicht wie jene obigen 167 Fälle 
in einer nur für die Charakteristik genügenden Anzahl 
ausgelesen, sondern habe, sobald ich das Verhältnis über- 
schaute, den ersten Teil und die oben bezeichneten Ab- 
schnitte des zweiten ganz auf diese Art der Klauseln 
an den Schlüssen der Kola durchgesehen. Ich habe im 
Ganzen 47 Fälle offenen kurzvokalischen Ausganges 



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- 25 — 



konstatiert. Allein von ihnen kommen noch einige in 5. Kap. 
Fortfall, an welchen der Verfasser ein Wort zu dessen Klau9e,t 
besonderer Hervorhebung mit Hintenansetzung der 
ästhetischen Stilgesetze an den Schlufs stellt; dieser 
Fall ist wesensähnlich mit dem vorher bezeichneten bei 
tovös u. s. w. Er liegt vor bei &■'/«, 7, 19; 13, 4 und 
23, 25; ebenso bei den Zahlen 21, 19. 20; 24, 8; 38, 
22. 23 und bei aatv 23, 10. In der Aufzählung des 
athenischen Beamtenheeres steht nevr^ovca am Schlufs, 
parallel mit den anderen Zahlwörtern; dieser ganze 
Abschnitt kommt nicht in Betracht. So bleiben im 
Ganzen 37 Fälle. Von ihnen fallen innerhalb der 
Periode an K o 1 e n Schlüsse, also nicht an die markantere 
Stelle des Satz Schlusses SoXwva 4 , 20 , vyQa 7, 3, 
vüuioua 9, 20, on'Ka 15, 18, eleyero 17, 7, 7tQoor]yeto 
17, 20, &vyaztQct 18, 3, ovxa 19, 2, dieoyaXXovxo 
20, 15, eni&exa 27, 4, neguiXero 29, 15, /ahmet 29, 29 T 
rpnäzo 30, 6; iXoidoQtjoccxo 31, 9, TQiaxorxa 40, 14, 
. iav.EÖdUiova 40, 26, cupeiXero 50, 1, e&exo 50, 6. 
Ferner zwei Fälle, wo ich den Grund der Wortstellung 
noch zu erkennen glaube. 28, 21 die Worte 7XQ0Q ttjv 
7x6Xtv oxpe rtQOoel&ovia ' TtQog de xovtovq hätten nur 
zu oxpi 7t q o oel&ovza 7tg6g ttjv nokiv itqoq de %. 
umgestellt werden können ; man sieht, der Schriftsteller 
vermied die Traufe und ging in den Hegen. 36, 7 
Qagyrjliwvog enl dexa zur Vermeidung der Identität 
mit dem Ausgange des nächsten Kolons, in welchem 
OagyijXioivog am Satzschlufs hervorgehoben ist, weil 
es im Gegensatz zu —AtQoq>OQituvog (36, 10) steht. 

Es bleiben vor den stärkeren Pausen folgende 
17 Fälle [Die S. 24 aufgeführten vor schwächeren 
Pausen in Klammern] : 

^ [av!-r]]9eioa 2, 19. (£evyi)zf]v xai &rjxa 6, 20 

[15, 18; 20, 15; 30, 6]. 



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- 26 - 

5. Kap. u — w ueüio'iavTO 24, 29; xa&i<riavTO 3, 14, jucre- 
Kiausei« ne^iiparro 22, 17, nava&yvaia 47, 18 [28, 21; 

40, 14]. 

- ^ - ^ y«e ra Xoma 18, 3 ; TCQaorrjti 24, 20. 

- ^ w elorjyyoaTO 27, 2. 

^ - v> [OcrA)ax6y oW 19, 2. 4, 24 ; 9, 20]. 
w - ^ u iyiveto 27, 15; wgavvida 20, 4; 6rjfÄ0Tiy.wTaia 
8, 25 [17, 20; 29, 15; 81, 9; 40, 26; 50, l\ 

- ^ v ^ ÖtlpOTlMC 9, 14. 

u w w ^ [fiTT^era 2, 18 (?); *a Trar^a 23, 23; €>'- 
vero 44, 25; {tiva di)eöldoio 31, 13. [7, 3; 
17, 7; 18, 13; 27, 24; 29, 29; 36, 7; 50, 6]. 
Diese 37 Fälle verteilen sich so auf die acht 
Metra, dafs von einer Vorliebe für eine bestimmte 
Klausel nicht die Rede sein kann; die letzte ist am 
stärksten mit 11 Fällen vertreten. Mir hat nun eine 
Zählung der Periodenanfänge ergeben, dafs in dem 
ganzen ersten Teil des Buches mit Ausnahme der 
Dekrete und in den herangezogenen Partieen des 
zweiten Teiles rund — es sind einige mehr — 370 Pe- 
rioden oder einfachere selbständige Satzgebilde enthalten 
sind. Vorher stellten wir als das Verhältnis zwischen 
langvokalischer und kurzvokalisch-geschlossener Klausel 
fest 2:1. Auf ca. 370 Fälle gehen, da wir hier nur 
von den selbständigen Sätzen sprechen, 17 Fälle offenen 
kurzvokalischen Schlusses ab, es bleiben ca. 355. 
Das Verhältnis zwischen langvokalischer Klausel, 
kurzvokalischer geschlossener Klausel und kurzvoka- 
lischer offener gestaltet sich also rund wie c. 240 j 
120:15 = 16:8:1 oder in Prozenten 64 °/o, 32 °/o 
und 4 °/o. Was sich aus diesen Zahlen ergiebt, be- 
stätigt eine genauere Betrachtung der Schrift. Man be- 
merke, dafs von den in einer historischen Schrift 
notwendigerweise zahlreichen medialen Präterital- 



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- 27 - 

endungen auf -to nur sechs am Periodenschlufs stehen, 5. K»p. 
im gesamt nur 15 vor der Pause ihren Platz haben, Iüau8eh 
und das auf ca. 1200 Druckzeilen. Darin liegt doch 
eine Absicht ausgesprochen. Dies tritt noch klarer in 
einzelnen Fällen hervor. 19, 12 zrjv d* olrjv ilvft^vavzo 
nQähv ist so gestellt, um TtQctfyv iXvfitjvavzo zu ver- 
meiden, ebenso 12, 25 inoijoazo dia zavzag zag alziag; 
besonders lehrreich ist 15, 3 löi%ovzo &avfidtovi9g i wo 
der kurzvokalisch geschlossene Auslaut vorgezogen ist, 
um den nicht geschlossenen zu vermeiden, trotzdem doch 
$avfta£6vzeg EÖi%ovzo einen päonischen Rhythmus (s. u.) 
zum Schlüsse gebracht haben würde. In einem ähn- 
lichen Falle hat der Schriftsteller mit der Entfernung 
einer Form auf -to die Einführung päonischer 
Klausel wirklich verbunden: statt zrjv izokizüav 6 drj- 
twg ta%i(x}g dyeilezo 37, 11 heifst es ayeiXezo zrjv 
noXizuav 6 drjfjog öia zdxovg y wobei zu bemerken, 
dafs Aristoteles nach Bonitz Ind. Arist. p. 749 a sonst 
zaxtwg, nicht öia zd%ovg gebraucht; das letztere ist 
mehr rhetorisch, darum auch nicht in den rein philo- 
sophischen Schriften. Vgl. hierfür noch die Wortstellun- 
gen 18, 29-30 und 20, 13. Im übrigen beweist diese Beob- 
achtung, dafs das vermutete zov a^ttüfiazog 25, 26 auch 
aus rhythmischem Grunde besser ist als das nicht zu 
konstruierende zq> a^itoficezt. Ich sehe in dem Prozent- 
satz von 4 °/o gegenüber dem von 32 °/o und 6*4 °/o zu- 
gleich den Beweis für die Richtigkeit meiner Annahme, 
dafs geschlossene kurz vo kaiische Endsilben vor der 
Pause für das Gehör als lang zu rechnen seien; das 
Beispiel idt%ovzo &avfidtovz€g ist die Illustration dazu. 
Wenn die Beispiele, welche Aristoteles und Theophrast 
in ihren Lehrbüchern anführten, nicht dazu stimmen, 
indem sie vokalisch langen Ausgang bieten, so ist da- 
gegen zu halten, dafs man zu Musterbeispielen eben 



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- 28 - 

5. Kap. nur das absolut Regelrechte verwendet, und dafs die 
Kh>thmus Antike, wie übrigens selbst Theo phrasts Beispiel, ferner 
Dionysios' rhythmische Erörterungen und was der 
Verfasser jieql vtyovg in dieser Hinsicht anmerkt, deut- 
lich beweisen, den Rhythmus nicht mit dem Mafsstab 
des metrischen Lang-kurz ausrechnete; das beruht 
darauf, dafs man hörte und nicht las, dafs die Sprache 
mit dem, wofür sie da ist, gemessen wurde, mit dem 
Ohr und nicht mit dem Auge. Und das Ohr hört in 
der Pause, was das Auge den stummen Buchstaben 
nicht absehen kann. 
Perioden- 2) Der Eingang bestimmt den Rhythmus weniger 
eingunge a j g ^ Klausel ; die folgenden Beispiele sollen zunächst 
nur die verschiedenen Arten des Eingangsrhythmus 
charakterisieren. 

nqmov (asv xai 8, 25; 9, 11; 10, 12; 15, 8. 

23; 31, 17. 

u noirpavxi 4, 21. 16. 18; 5, 25; 7, 17; 9, 7. 

9; 10, 9; 15, 16. 

— u _ xcrt zrp 7ioXi(tsiav) 4, 20. 27 ; 5, 1 ; 6, 8 ; 9, 
10; 14, 18; 10, 3 Kai zag ozaoeig af4<poziQOvg 
HETaÜio(&aC) — ^--^w-^w - wie 31, 16 
zovzcov fiiv ovv aiuf oitQüJv &avazbv, logaödisch. 
Das Metrum wiederholt 13, 24, wo der ganze 
Satz logaödisch klingt, und mit fühlbarer Kata- 
lexe — — vy — - -U-UU-U-U-UU" — 

elxov d' huxozoi zag i7i(ovvf.uag anb zwv zonwv 
iv olg iyecjgyovv. Iambisch wirkt der Ein- 
gang 5, 27 iüot il-bv air$ [zoig v6(j]ovg. 
_ w _ _ &avnaoävTcov 28, 8; 5, 2; 10, 7-8. 12; 15, 
4. 14; 31, 13; 32, 2. 3; 46, 16. 18; 55, 2. 
Trochäische Dipodie ov yaQ ouo&ai dUaiov 
9, 28. 



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- 29 - 



- - u u ot> XQ^adfieivoi) 37, 24; 9, 4; 17, 5; 23, 26. 5. Kap. 

Dieser Eingang gehört zu den selteneren. 

- w ^ - ^OTtxw(iraTog) 13, 25; 6, 10; 9, 25; 27, 28; 

46, 9; 50, 3. — Bei folgender Kürze logaö- 
discher Klang - ^ ^ - | ^ 4, 25; 5, 10. Doppel- 
ter Choriamb toiv de noXi twv eviovg 8, 19; 
über die ganze Stelle unten (S. 37 f.). 

- v - sj ov yctQ eIaoq 5, 26; 9, 6; 10, 1-2. 6; 36, 3. 

Der trochäische Rhythmus stark fühlbar 9, 2 
KVQiog yag wv 6 dfinog', parallel steht 35, 10 
ev de T(p ncLQQYii v.(tiQU) x^v de ; 5, 12 xvgiog 
de yevopevog tojv TrQayftccnov ist ein regel- 
rechter trochäischer katalektischer Trimeter. 
ti-diaffi'hiod'reooi yag ( oi^bXLyoi 45, 15 ist nicht 
sicher. Der Eingang 12, 25 tjjv fxev ovv cmo- 
<h >!<■:■> bildet einen Glykoneus, ebenso 39, 21. 

- ^ w w eilezo TiQog 10, 9. 11; 12, 12; 15, 21; 27, 18; 

31, 11; 42, 3; doppelt wate avveßaivev fati{yn)- 
Qiü&ewtov) mit kontrastierendem Dispondeus 
40, 20. - v w u v 41, 7. — w w w w w , ebenso 
30, 10 47, 9. 

u iv olg 7ieiQutv(xcu) 5, 17; 6, 9; 10, 5; 22, 17; 

32, 1. 

^ - - ^ knei& wg piv 5, 19. 24; 6, 3-4; 9, 24 ; 12, 26; 

45, 27 ; 46, 4. 
w - oqwv de typ 8, 18; 11, 10; 19, 15. 22. Der 

jambische Rhythmus stark dov.el de zr t g 26- 

Xwvog 8, 24. 26 (tö ££.); 46, 8. 
„ „ - - dicrtctgag 9, 23 ; 5, 9Tl8; 7, 14-5; 14, 25; 45, 25. 
»-w idei de te{Ulv) 7, 1 ; 13, 8; 15, 20; 19, 2; 

46, 12. 

w w - w %ttke7zi!yia.%ov 1, 15 ; 6, 5 (rd %e tcq.) ; 16, 1 ; 28, 4. 
Natürlich ergiebt sich bei folgendem Iambus 
anapästischer Rhythmus : mtaTQav\ixca:iaag 



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W v-/ W W 

KJ W W ^ W 

<s> V_/ W W W 

ü V U O ü u u 



- 30 - 

5. Kap. 14, 1 ; 5, 22; 14, 7. - 6 de drjßog aq>ei\Xero rijg\ 

ßovlfjg 50, 5, wo vor der Pause schon der- 
selbe Rhythmus (s. oben S. 23). 
WV /v - ort de xavfyrp) 6, 4; 8, 20; 10, 1; 13, 1. 19; 
21, 21 ; 23, 22; 41, 28; 43, 10; 44, 8. Zweimal 
das Metrum Ire de xai \ dia *i furj 9, 3 und 
46,. 9, sogar dreimal ^uera de Tav\ra avveßr/ 
azaaidoai 1, 5. 

hü ftev l'(rr ; ) 12, 27; 3, 6; 25, 19-20. 
tri de 7iQaie{Q0v twv) 22, 20; 4, 6. 
anededovo f*iv(rj) 3, 20, 

o#ev m dia[Ae(vei) 7, 20; 23, 6. 
Die Betrachtung der Eingänge hat den Haupt- 
accent nicht sowohl auf die einzelnen Metra, als viel- 
mehr auf die ersten zwei Silben zu legen; sie geben 
dem Eingange das Gepräge des fallenden oder steigen- 
den Rhythmus. Mir hat eine Nachzählung der selb- 
ständigen Satzgebilde ergeben, dafs von den schon 
erwähnten 370 in Betracht kommenden Sätzen rund 
200 mit langer, 170 mit. kurzer Silbe anlauten, und 
von diesen rund 70 mit einer, 100 mit zwei kurzen 
Silben. Nun kann man ja bei einer historischen Dar- 
stellung wie der vorliegenden diejenigen Fälle milder 
beurteilen, welche durch den sprachlichen Ausdruck 
für die einfache Anreihung der Thatsachen aneinander 
gleichsam bedingt sind; dazu rechne ich eneixa, ezei, 
oti de, exi, [tera de ravra und bei Aristoteles* Dar- 
stellungsart dtb und b'tev; aber auch so bleiben noch 
ca. 120 kurzsilbige Eingänge, d. h. 60 auf 100 mit 
langem Einsatz. Doch wenn man die Häufigkeit des 
steigenden Rhythmus auf diese Weise auch begreiflich 
machen kann, wegzubringen sind jene 50 aus der 
Litte raturgattung des Buches verständlichen Eingänge 
{enetia u. s.w.) für den rhythmischen Eindruck nicht. 



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- 31 - 



Es bleibt bei den Zahlen 200 und 170; der lange Ein- 5. Kap. 
satz und der fallende Rhythmus verhalten sich also Rhyt mi 
zu dem kurzen Einsatz und steigenden Rhythmus wie 
54 : 46. 

Es ist ja bekannt, dafs Aristoteles (Rhet. 1409 a 3) 
den ersten Päon für den Eingang, den vierten für 
den Schlufs der Perioden empfiehlt mit der Bemerkung, 
dafs die Praxis der Beredsamkeit jene wenigstens 
theilwefse richtig verwende. Man sieht auf den ersten 
Blick, dafs der Rhythmus der Periodeneingänge und 
-Schlüsse in der noX. lAfrrp. dieser stilistischen Regel 
stracks zuwiderläuft. — Theophrasts Theorie, der auch 
am Eingang und Schluss den Päon verlangt, liegt bei 
Demetr. iz. § 41 (p. 24 Walz) vor; er stellte als 

Beispiel auf — \, w ^ - ^ ^ - w w v_, ^ ^ rwv fjev 

tceql ra urfievog a^ia tyiXoooffovvitüv. Man erkennt, 
dafs Demetrios recht hat, wenn er Theophrasts Theorie 
dahin erläutert, dafs nach ihr nicht direkt Päon, 
sondern nur langer Einsatz und lange Schlufssilbe 
des Kolons gefordert werde; ov yciQ ex Ttaiwvuv 
ay.QißcüQ aXXa 7iaitüviy.6v %i eart' jtctQCtXaßcoiuv toi tov 
naim'ct elg tovq Xoyovg, irtEidi] f.tr/,Tog zig ian v.ai 
aoq)a?Joz€Qog, to peyaXonQenfg fiiv «c Trjg fxcrtQccg Xafi- 
ßavtov, to Xoyinbv de ex twi' ßoayeiwv. Quinctilian 
(instit. IX. 4, 87 ff.) ziehe ich hier nicht gerne heran, 
da seine Darstellung, wie die darin enthaltene Polemik 
beweist, nicht auf blofser Wiedergabe älterer grie- 
chischer Techniker beruht, sondern eigenes Urteil, 
d. h. das eines Römers, in den Vordergrund drängt. 
Aber auch er sagt optime incipitur a longis, rede aliquando 
a brevibus (§ 92). Allein alle diese Regeln gelten für 
rhetorische Litteraturdenkmäler ; auf ein Buch wie die 
itoX. l4dr]v. können sie ohne weiteres nicht Anwendung 
finden. Gleichwohl stimmt der Gebrauch wenigstens 



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- 32 - 



5. Kap. in den Klauseln durchaus mit der von Theophrast 
Rhythm,k aufgestellten Forderung überein, sie sollten mit einer 
Länge schliefsen: die Klauseln gehen bis auf einen 
sehr geringen Prozentsatz auf langvokalische oder ge- 
schlossene kurzvokalische Silben aus; aber läfst man 
auch die letzteren aufser Rechnung, so genügen doch 
selbst strengster Anforderung immer noch die fast vollen 
zwei Drittel der Klauseln langvokalischer Endsilbe. 
Und das ist der Thatbestand in einem noch nicht ge- 
feilten Werke. Er beweist, dafs unser Buch in seiner 
Vollendung zur kunstmäfsigen Litteratur gehören sollte 
und gehört haben würde. Mit diesen vollen Ab- 
schlüssen und der zum Satzende, wie oben aufgezeigt, 
vielfach deutlich auftretenden Rhythmik genügt es 
schon in seinem unfertigen Zustande im grofsen und 
ganzen der Anforderung, welche Aristoteles im all- 
gemeinen, nicht blofs für rhetorische Stücke, aufstellt 
(Rhet 1409 a 19): del de %fj f.iax.Qa ano-Konieo^ai 
xcri öylrjv elvai Tf]v ieXevTrp> fii) dia xbv ygaq>ea fttjös 
öia vtjv 7taQayQaq>yv, aXla öia f>v&f*6v. 
nicht im Von den Klauseln und Periodenanfangen ist die 
atzinneru Untersuchung ausgegangen; denn an diesen Stellen der 
Rede zeigt sich der Rhythmus am deutlichsten, und 
für sie hat Aristoteles ausdrücklich das Hervortreten 
eines Rhythmus nicht blos anerkannt, sondern gefordert. 
Anders steht es mit dem Satzinnern. Aristo- 
teles sagt, die Rede solle weder tf.i^ie%Qog noch cxQQvd-- 
jtiog sein (Rhet. 1418 b 21); seine Ausführung dieses 
Satzes ist zwar nicht ganz klar, aber es hat den An- 
schein, als ob er Rhythmik im wesentlichen nur gegen 
das Satzende hin gelten lassen will. Es galt also eine 
Probe. Ergab sie, dafs das Satzinnere rhythmisch ge- 
gliedert war, so war damit zugleich eine Illustration 
der Worte der Rhetorik gegeben ; im entgegengesetzten 



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- 33 - 



Falle blieb die Mittelstrafse zwischen tintt.ioo: und r ». Kap. 
ctQQv&fÄog so klar oder unklar wie vordem, aber fii r 8 *y thmla 
den rhythmischen Charakter der nol. 'ASr^. war das 
Resultat von Wichtigkeit. Die Untersuchung der Klau- 
seln ist deshalb mit Absicht vielfach auch auf das 
Satzinnere ausgedehnt worden. Dabei stellte sich her- 
aus, dafs das Metrum der Worte zum Kolenschlufs 
hin sich mehrfach dem metrischen Gepräge der Klau- 
seln annähert. Das ist nur natürlich. Das musika- 
lische Prinzip kann nicht unvermittelt in den letzten 
vier bis fünf Silben zum Durchbruch kommen, ein 
allmählicher Ubergang ist nötig. Aus diesem That- 
bestande ergab sich also kein Beweis für das Vor- 
handensein einer das Satzinnere mehr oder minder be- 
herrschenden Rhythmik. Auch auf anderem Wege 
kommt man zu dem gleichen negativen Resultate. 

Das Tempo der Sprache unseres Buches ist im 
ganzen ein schnelles. Die Häufigkeit der Ein- 
gänge mit steigendem Rhythmus — fast die Hälfte 
aller gröfseren Perioden leiten sie ein — trägt viel 
dazu bei. Im Innern herrscht dieselbe Lebhaftigkeit, 
denn auch das Innere ist vielfach rhythmisch ge- 
gliedert. Es finden sich viele päonische Stellen: 

p. 1 0, 26 Z. B. — WWW - W \J WWW — | W — — W W W — '•) 

19, 13 — ~ W W W — WWW — W _ W W - — WWW - WWW - '•) 

19, 2 — w — — w w — www — www — w j 19, 17— w w — 
w — www — ww~i 19, 18 — www — ww — , alle diese 
Stellen auf einer Seite, auf welcher auch noch zahl- 
reiche Daktylen, p. 28, 23. - w w www-www-; 

p. 31, 19 w w www — w — — www — www— i 31 , 27 

www-ww-www -, die ganze 31. Seite wim- 
melt von Päonen und Daktylen, und sie gehört gerade 
zu den selbständigsten Ausführungen des Aristoteles 
in der tzqI. Idfhp. (über die Demagogen); vgl. 

Keil, Aristoteles. 3 



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- 34 - 



5. Kap. auch p. 13, 8 ff. Dafs zahlreiche daktylische oder, 
hythmua wenn man go w jjj^ anapästische Stellen, welche ebenfalls 
Lebhaftigkeit geben, namentlich zum Periodenschlufs 
hin sich finden, dafür sind oben bei den Klauseln 
genügend Belege gegeben. Ein besonders starkes Bei- 
spiel füge ich hier noch hinzu 

-cb-cb^^oü^w - o ö* J 'loayoqag ETrilei/io/uevog 
Tvj duvdf.i6i TtaXiv huKaleoanevog (zov) 22, 3. Doch 
wird das Tempo auch oft durch eine Reihe langer 
Silben gehemmt, p. 46, 5 rjywvrai ßelrlaTovg elvai, 
8 Längen ; anderes ist oben ebenfalls angeführt worden. 
Die Menge der schwer ausklingenden Klauseln wirkt 
nicht zum wenigsten retardierend; endlich mischt sich 
auch der ruhige Takt der Iamben und Trochäen ein, 
nicht sehr oft, aber doch mehrfach und fühlbar; ich 
führe noch an 46, 6 ol de dyuozai xctzr^yoQOvg aiqovv- 
tcu; und wie dem Schriftsteller ein Hexameter ent- 
schlüpft ist, so auch ein richtiger iambischer Trimeter 
laßwv öi zovg '/.OQivrjcpogovg xalovpivovg 14, 4, wobei 
für den Rhythmus des Buches der Anapaest im dritten 
Fufse nach Art der Komiker bezeichnend ist. Die 
Daktylen, welche selbst für die Rhetorik als ae/ava 
y.ai lextixifc agtioviag deofieva von Aristoteles ver- 
worfen werden, sind durch die Vermischung mit 
Pausen und schweren Satzschlüssen in ihrer Wirkung 
auf den Gesamtcharakter der Art gemildert, dafs ihr 
IxeyaXonQBfcig nicht empfunden wird. Retardierende 
Elemente sind eben überall in schnelles Tempo ge- 
mischt. Der Schlufs des Abschnittes über die De- 
magogen, der so viele Kürzen enthält, kann als be- 
sonders charakteristisch hierfür sowie für den Rhyth- 
mus des Buches überhaupt gelten : - ^^^-^-www 

— — — — — v_yv_/ — — ! üj"uuu-ü"ü-v/|yuu- 

u _ w ^ w Wir erhalten beim Lesen des 



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— 85 — 



Buches im ganzen den Eindruck einer lebhaften, vor- 5. Kap. 
schreitenden Rede. Aber diese Bezeichnung ist eine Rhythmi 
äufserliche. Die Untersuchung des Rhythmus sucht 
den Eindruck innerlich zu erklären ; sie thut es, indem 
sie nachweist, dafs dieser Eindruck zunächst auf dem 
musikalischen Gepräge der einzelnen Redeteile beruht; 
sie hat zur Bezeichnung dieses die feststehenden musi- 
kalischen Bezeichnungen der Metra. Aber die einzelnen 
Redeteile wirken nicht allein und nicht zumeist, ihre 
Komposition ist für das musikalische Gepräge des 
Ganzen entscheidend ; man hat also für die Bezeichnung 
des Charakters der Rede eine musikalische Benennung 
zu wählen, damit diese Benennung auch die Begrün- 
dung des Eindruckes enthält, welcher sich äufserlich 
einfach als ein lebhafter darstellt. Die Benennung 
würde naturgemäfs von dem Metrum zu entlehnen sein, 
welches besonders vorwiegt. Allein welches thut dies? 
Die zahlreichen Epitriten der Klauseln nicht, nicht 
Iamben und Trochäen, aber auch nicht die Päone und 
Daktylen; keines von allen. Von einem einzelnen 
Metrum kann man die Benennung nicht hernehmen. 
Wie soll man den Rhythmus bezeichnen? Bei der Be- 
trachtung der Klauseln habe ich das Urteil, das aus 
dem Ganzen sich ergiebt, schon am Einzelnen vor- 
bereitet: den Rhythmus nenne ich — ich wcifs keine 
andere Bezeichnung dafür — logaödisch. Mit diesem 
Resultate ist die Existenz eines beabsichtigten Rhythmus 
im Satzinnern unverträglich. Logaödische Reihen kann 
man fast in allen Schriftstellern von Lysias bis Chori- 
kios und noch weiter hinab nachweisen; sie sind das 
natürliche rhythmische Gepräge jeder Kunstsprache 1 ). 



1 ) Bei der Korrektur dieses Bogens konnte ich schon die 
Blafs'sche Ausgabe der noL 'A&ijv. benutzen. Einer Polemik 

3* 



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— 86 - 



s. Kap. Mich befriedigt das Resultat; es stimmt zu dem 

thythmna Qj iara j ttep emes Buches, welches ein litterarisches Kunst- 
werk und eine wissenschaftliche Arbeit sein soll. Der 
zum Periodenschlufs nach künstlerischem Stilgefühl ge- 
regelte Satzbau genügt dem Kunstwerke, die starke 
Einschränkung des pathetisch-rhetorischen langsilbigen 
Satzbeginnes, der bewegte Rhythmus im Innern steht 
im Einklang zu der Einfachheit wissenschaftlicher Dik- 
tion, aber auch mit der Lebhaftigkeit wissenschaftlicher 
Reflexion : lafjßdvei zag ßQaxetag ex %ov loytyiov, um die 
oben angeführten Worte des Demetrios umzukehren. 
Mich befriedigt das Resultat auch nach einer anderen 
Richtung hin ; es stimmt zu dem Eindruck, den andere 
besser ausgearbeitete aristotelische Werke in rhyth- 
mischer Hinsicht machen ; davon kann sich jeder leicht 
beim Lesen z. B. der Ethik oder der Rhetorik über- 
zeugen. 

Wenn man die Existenz eines bestimmten, beab- 
sichtigten Rhythmus einzelner Perioden in der nol, 
*4(hp. leugnen mufs, so kann man andererseits doch 



gegen seine Aufstellungen über den Rhythmus unseres Buches r 
jn der praef. p. XVI sqq., und gegen den Gebrauch, welchen er von 
diesem für die Textkritik macht, überheben mich meine vor- 
stehenden Ausführungen. Ich habe in ihnen mit Rücksicht auf 
Blafs einzelnes nachträglich anders und schärfer gefafst, um 
meinen gegensätzlichen Standpunkt deutlicher erkennen zu 
lassen. Die Unfertigkeit des aristotelischen Buches läfst eine 
Rhythmik in dem Umfange, wie Blafs sie annimmt, m.E. über- 
haupt gar nicht suchen. Die Spuren von Rhythmik, welche 
Blafs zu sehen glaubt, kann ich in vielen Fällen nicht an- 
erkennen; doch ist hier nicht der Raum, die Qualität der zum 
Beweise angeführten Einzelstellen zu prüfen. — Im übrigen 
ist die sonst so verdienstvolle Ausgabe die letzte litterarische 
Erscheinung, welche ich bei der Korrektur noch berücksichtigen 
konnte. 



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- 37 - 



nicht verkennen , dafs gewisse Strecken ein gleich- 5. Kap. 
artiges rhythmisches Gepräge haben. Dieses ist aber Rhythmu * 
nicht als etwas Gewolltes zu betrachten, es ist vielmehr 
4ie natürliche Wiederspiegelung der Stimmung, in 
welcher sich der Schriftsteller bei der Niederschrift 
jener Teile befand, oder in welche ihn sein Stoff ver- 
setzte. Man kann auch bei unseren Klassikern be- 
obachten, wie ein gewisser Tonfall seitenlang vor- 
herrscht, um später einem anderen Platz zu machen 
oder auch ohne Ersatz zu bleiben. Bei einem stil- 
gewandten Schriftsteller wird die musikalische Gliede- 
rung der Form, der Sprache, mit der logischen Gliede- 
rung des Inhaltes, des Gedankens, harmonieren. Hier- 
auf beruht das Wesen der Klausel, hierauf auch die 
häufige Erscheinung, dafs inhaltlich parallelstehende 
Sätze oder Satzglieder ähnlichen Umfang und ähn- 
lichen Tonfall haben. Das ist nichts Erkünsteltes, son- 
dern ergiebt sich dem Schriftsteller unmittelbar, mit 
innerer Notwendigkeit aus seinem Schönheitsgefühl. 
Man kann diese Erscheinung daher bei allen kunst- 
mäfsig schreibenden Prosaikern linden, selbst bei 
solchen, bei denen niemand daran denken wird, eine 
durch gekünstelten Rhythmus gegliederte Periodik zu 
suchen. Derartiger Periodenbau findet sich denn auch 
in der nol. 'A&rjv. Ich wähle zwei Beispiele aus der 
hier besprochenen Solonpartie. 
p. 8, 18 ff. 

a) gqlüv de Tfjv (iiv nokiv rcol- w - w - - v — ^ - ^ ^ - - er 

Xay.ig axaoiaCovaav 
zujv de nohxiov iviovg dia ii t v wo-^w <j, 

t)qfrv(.tictv ayamorrag ravro- - ^ w 

Hazov 

vo\xov t#r ; *£ 7VQog avzovg 1 dtov, C^w-w^--^- 



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- 38 - 



s. K»p. b) og av azaaiatovarjg tr t g n6~ ^- ^ ^ w _ 

Bhythmu, ^ 

fir Ti&fpat zoj7ila ^di u£$ ^-C^w^- 

(t4qwv 

uti/uov elvai xtti rfg nohewg w - ^ ^ ^ - 

Diese Zeilen sind aus Kretikern und besonders 
Choriamben zusammengesetzt; von jenen zählt man 
fünf reine Metra, von diesen neun. Das Tempo ist 
auch in den nicht rein kretisch-choriambischen Par. 
tieen gewahrt; denn für jenes ist w w — = _^^_ 

(2. Kolon) und ^ - ^ = - w — u — (6. Kolon) ; 

die Längen sind so verteilt, dafs zwischen den vielen 
Kürzen Ruhepunkte eintreten. Der Schlufs von a und 
b ist ganz gleich gebaut - ^ ^ — ^ ^ -, so dafs das 
rhythmische Leitmotiv klar zutage tritt. 

Das zweite Beispiel bildet der Satz, von welchem 
wir ausgingen: 

a) iaxvQ&g Si trjg axctamg ^- w ^ 

ovarig 

b) xcu TioViv xQOvov ctvci- -w-w^-w^-^ 

*a&r]nivo>v alXr t loig 

c) eilovzo xoLvfj ÖLallaAz^v — ^ - - ^ v^^-w 

xaijxQXOVTa 2oliova 

b) xal Tr t v nohrelav ini- - - ^ ^^-w-- 

zgeifjav avrtp 

a) Ttoiipavii %r t v sfayelav w-^o — 

Die Schlufsworte yg iatlv oqx^j gehören nicht mehr 
zur Periode , sie sind ein logisches Anhängsel. Läfst 
man sie also fort, so erkennt man, dafs das erste und 
fünfte Kolon völlig gleiche Messung haben und das 
letztere dem ersteren gegenüber die Katalexe durch 
Verkürzung um eine Silbe. Das 2. und 4. Kolon sehen 
so aus, wenn man die Abweichungen voneinander ein- 



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- 39 - 

klammert (-) - u - os - ^ ^ - u - - (- -). Das spätere Kolon 
wieder dem früheren gegenüber katalektisch. Der 
Hauptgedanke des Satzes steht in dem längsten von 
den vier korrespondierenden Kolen eingefafsten Kolon 
eXXovto /.oivfj diallaxzijv xal agxovta Solwva, der 
Name, auf den alles ankommt, ist an die significanteste 
Stelle des durch seinen Inhalt wie durch seine Mittel- 
stellung hervorgehobenen Kolons gesetzt. Der korre- 
spondierende Satz r t v (T 6 —6X(ov — tiXeovextuv hat 
ungeheuer schweren Rhythmus. Den Schlufs des 
ersten Teiles der Periode (rjv ö $ 6 ^ utoiov) bildet die 
logaödische Klausel - ^ w - w - 7tQayf.iaai nur (.davjv. 
Der Rhythmus bleibt im zweiten Teil (wg in ^ nfaove- 
-/.zelv) schwer; der Schlufs klingt aber wie beim ersten 
logaödisch aus : - ^ ^ — /.tij Tiheovexzeiv , und be- 
merkenswerterweise wieder katalektisch gegenüber 
dem früheren Schlüsse. 

Man wird in diesem Kapitel die Kunst des Schrift- 
stellers im Periodenbau anerkennen; auch scheint mir 
die Knappheit und Klarheit besonders rühmenswert, 
mit welcher er in wenigen Worten den Inhalt der an 
erster Stelle citierten Elegie skizziert 1 ). Um so befremd- 



l ) Die Worte dieser Elegie nosaßviarr^v (ooq(ov yalav 
*Iaov(tt( sind übrigens eine recht erhebliche Instanz gegen die 
Annahme, dafs die Athener erst im 5. Jahrh. infolge des Bundes- 
reiches die ionische Dodekapolis als anotxla Athens beansprucht 
hätten (Busolt, Griech. Gesch. I. 213 f.). So alt wie die pr\- 
iQonoXte kann keine anotxta sein; sie ist die TtQtaßvTUTr}. Die 
Kodrosinschrift (CIA. IV 2 p. 66 n. 53 a) mufste das schon 
lehren; denn die Stiftung des Kodros-Neleus-Basile-Heiligtums 
ist alt, und Neleus hat nur als Führer des Kolonisationszuges 
Platz in der athenischen Tradition erhalten. Der Schiedsspruch 
über Salamis, das den Athenern zuerkannt wird, weil die 
Pythia 'faovtav rr\v ZaXup.hu nQoarjyoQevae (Flut. Sol. 8), wird 
jetzt historisch. 



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— 40 - 



5. Kap. Hcher wirkt der Lakonismus der Worte rr]v noXixeiav 
B7ttTQBipav avttf) noirpavxi %rv ileyeiav; denn er ent- 
hält etwas Schiefes und Unklares. Nicht weil Solon 
so gedichtet hatte, sondern wegen seiner politischen 
Stellung, welche in dieser Elegie beredten Ausdruck 
gefunden und durch sie Beglaubigung gewonnen hatte, 
wurde er gewählt. Selbst eine Ausdrucksweise wie TTjV 
rtoXixiiav F.nixQetyav avt(^' d^cpozegoi yag eniaxBvov T<p 
lu/ i >vi Totg äXkoig 7taaiv avxov ttjv jueigiorr-za ivösi- 
£avTi xcrt ör t xat 7toirpctv%i jijviXeyeiav würde man sachlich 
ohne Befremden hinnehmen. Dafs hier der Text nicht 
in Ordnung sei , daran ist wegen der Responsion mit 
dem ersten Satze des zweiten Teiles des Kapitels nicht 
zu denken. Der Ausdruck ist schief, weil zu kurz. 
Und diese Kürze selbst ist innerhalb einer vollent- 
falteten Periodik wie an unserer Stelle eine Härte. 
Es bleibt nichts anderes übrig, als die befremdliche 
Thatsache zu registrieren, dafs inmitten eines sonst 
kunstvoll gebauten Abschnittes ein solcher Anstofs 
sich finden kann. 

»luTsoi ^ Cn 8tcts zur Vergleichung mit Aristoteles' Dar- 
14 Stellung heranzuziehenden Parallelbericht über die 
solonische Verfassung bietet Plutarchs Leben des Solon. 
Hauptquelle für Plutarch ist, wie allgemein anerkannt, 
des Hermippo8 Bericht über Solon in dessen Bioi ge- 
wesen 1 ). Mit dem Beginne der aristotelischen Dar- 
stellung beginnt die Parallele und zugleich auch die 
Differenz. Aristoteles berichtet kurz ei'Xowo xoivtj 
diaXXaw€7\v xat ixQyovxa SoXiova xai xr^v Ttokireiav 
^TttTQEil'av avrip; darauf folgt die Motivierung dieser 
Wahl aus der politischen Stellung des Mannes (bis 



') Die Resultate derQuellenuntersuchungen und die Litte- 
ratur darüber zusammenfassend Busolt, Grieth. Gesch. I. 369 f. 



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— 41 - 



p. 4, 26 K.-W.), welche selbst wieder aus seiner s. Kap. 

und Plut. 

socialen Stellung erklärt wird. Kap. 6 nimmt mit xvgtog soi. u. ie. 
Se yevofAevog tg> ftgayf.iduov unmittelbar das zr t v noh- 
zelav inergeipav avTiT» auf, und die nun folgende Dar- 
stellung von Solons Thätigkeit läfst keinen Zweifel 
darüber, dafs Aristoteles sich den Solon sowohl in 
Sachen der Seisachtheia wie der Verfassungsordnung 
als aus ein und demselben Auftrag, eben aus dem, 
für den er gewählt worden war, handelnd dachte. Bei 
Plutarch heifst es c. 14 fjQe&in de ctQ%wv /.teia 0ik6fi- 
ßgorov 6f.tov y.al oWÄAorxT^g xat vofÄO&ftrjg. Als solcher 
führt Solon die Seisachtheia durch ; aber er erntet da- 
mit zunächst nur Feindschaft; bald jedoch sieht man 
den Nutzen der Mafsregel ein, tadelt ihn nicht mehr 
y.al zov Zoltova tfjg rtoXiteiag diOQ&utv^v xai vopoiti- 
T7]v a7tadEi£av, ov rot fliv, ta d' ovxh Tioivxa ö' b(.iaXug 
i7iiTQeipavteg ctgxag exy.l^alag ör/.aott]Qia ßovlag xat 
zlfttjfia zoitwv rtaoTOv ntk. (c. 16). Obwohl also in diesen 
letzten Worten der Ausdruck sich mit Aristoteles be- 
rührt und die ganze Stelle eigentlich nur eine Para- 
phrase des knappen xrp 7coXizetav hitzQ^av avr$ ist f 
liegt doch der fundamentale Unterschied gegen Aristo- 
teles vor, dafs Solon bei Plutarch die Verfassungs- 
ordnung nicht auf Grund desselben Auftrages wie die 
Seisachtheia, sondern auf Grund eines zweiten, späteren 
Auftrages durchführt. Diese Differenz hat ihre Folge 
für einen späteren Teil der beiden Darstellungen. 
Bei Aristoteles, Kap. 11, erscheint unter den Gründen, 
welche den Solon zur Reise bewegen, auch die Un- 
zufriedenheit über die einschneidende Mafsregel der 
Seisachtheia; bei Plutarch Kap. 25 ist die Reise nur 
durch die Unzufriedenheit über die Verfassungsordnung 
veranlafst. Ich verfolge diesen Unterschied für jetzt nicht 



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s.Kap. weiter; seine Erklärung erfolgt von anderer Seite aus. 

Soi ^ ^ n zwe ' ter bietet sich noch in demselben 5. Kapitel. 

Aristoteles fuhrt in ihm zwei Elegieen des Solon 
an; die erste liefs in Solon den Mann, der über den 
politischen Parteiungen steht, erkennen; die zweite 
zeigte ihn als Gegner der Reichen 1 ): xai ofaog aui ttjv 
alxlav xfjg oxdoewg avarcxu xoig nlovaLoig' dib /.al iv 

ccQxfj xfig ileyelag dedomtvcti (pr^ai c xr f v xe q> oiav 

xr t v xe vnegrjtpaviav' wg dia xavxa x% zx&Q a S iveaxwai]g. 
Das Wort, welches in der Lücke gestanden hat, linde 
icli nicht; sicher war es ein Synonym von q>iloxQr:/*axia. 
Das verlangt die vorauszusetzende Übereinstimmung 
mit der Anführung desselben Verses in der sogleich 
heranzuziehenden Plutarchstelle und vor allem der Zu- 
sammenhang bei Aristoteles selbst. Denn der Vers 
konnte nur dann als Beleg dafür dienen, dafs Solon 
den Reichen die Hauptschuld beimafs, wenn beide 
Substantive sich auf die Reichen beziehen liefsen 2 ). 

V) Es ist wohl die Vermutung erlaubt, dafs aus dieser 
Elegie auch Solon Frg. 15 (PLG II* 46) stammt: noXkol yttp 
Ttkovrevoi xaxoi, noXlol cf< nirovrai, akV rjftets avrots ov 
$ittuwl>6fLtt&«, welches Plut. Sol. 3 als Beleg dafür angeführt 
wird, dafs Solon sich eher zu den ntvrjTee als zu den nkovoiot 
rechnete. Die Tendenz ist dieselbe und der Ton der gleiche: 
ovze yag ripits neioontfta. 

2 ) Blafs hat rrjv re a . . . . artav gelesen und darnach 
jriv « K[xQt]ix\aT(nv hergestellt. Ich halte an dem q< im Ein- 
gange fest; daher kann ich diese Herstellung, wenn ich auch 
die Möglichkeit, aber nicht die Notwendigkeit, ticcv statt oiav 
zu lesen, anerkenne, aus paläographischem Grunde nicht für 
richtig halten. Mindestens bedenklich ist üyor t um (uv auch aus 
metrischen Rücksichten. In den solonischen Versen, von denen 
hier c. 130 in Frage kommen, verlängert die sog. posilio de- 
bilis an unbe tont er Versstelle niemals den vorhergehenden 
kurzen Vokal; diese Position wird so schwach gehört, dafs sie 
nur unter dem Hochton des Verses die Verlängerung des 



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Das thut (pikoxQWcrria und vneQr^avia. Ich halte den 5. Kap. 
Sinn des fehlenden Wortes also mit dem ersteren für g^^y* 
sicher gegeben. Plut. c. 14 sagt: 0aviag 6 Aiaßiog 
ctvzov IozoqeI zbv SoXwva XQrfianevov a7iazrj Ttgbg 
afiqtozegovg (d. h. nXovoiovg und nivrpag) tni awzr\- 
Qiq zfjg rzoXetog V7zoo%ia&ai v^vcpa zolg piv anoQOig 
zr t v vefirjaiv, zolg de xq^atrAOig ßeßamoiv zaiv avp- 
ßoXatwv ctXX 1 avzog 6 SoXcov bwwv (pr^oi zb ttqwzov 
ailHxo&at zyg noXizeiag Aal dedoixtjug zwv ju*v z\v 



kurzen Vokals erwirkt. Bei den anderen hierher gehörigen 
Dichtern ist es ebenso oder ähnlich. Tyrtaios hat nur ergebe 
12, 21, Mimnermos nichts. Xenophanes hat ovy {ßgis 1, 17; 
ggf} 6k TtgaiToVi im Versanfang 1, 13; die Fälle mit tfu und yfx 
rechnen natürlich nicht. Bei dem theogonideischen Korpus ist 
die bunte Zusammensetzung zu berücksichtigen. Auszuscheiden 
ist die Position «fy*, und auch ßX (323); ferner längt »fi 
stets orü&fios 543. 945; 805; 1250, 6v9fi6 s 964; ebenso die 
epische Form Te9vr}6ros 1205. Der Eigenname JrjfAÖxXng 923 
fallt aus mehr als einem Grunde fort, /ue xQ*i 806 ist Konjektur 
Bergks. Durch pointierte Diktion ist die Langung des * in 
frrpijf« und frfpija« 953. 954 veranlafst. Es bleiben auf fast 
1400 Verse folgende 10 Fälle: älla %QTj 717, im Versanfang; 
utTüor 498. 475, wo die Überlieferung aber unsicher ist; na- 
loLotov 521. nfrgri 1361. /uaxQrjv 72; x - tuivu 681; rtxQtjuo- 
ouvrjv 156. o«7tqov 1362. arX^r« 1029. Ich halte uns also 
nicht für berechtigt, die Messung «xQ^artav au unbetonter 
Versstelle durch Konjektur einzuführen. Gerade für Solon 
hat die noX. 'A&rjv. die Probe gebracht. Er mifst fjirnov 13, 52; 
16, 2 an betonter Stelle; noX. A&t\v. c. 5 an unbetonter Stelle 
iv jutTQiotai. Es ist also an dieser Stelle ^tirgoiav (K-W.) 
nicht möglich, «yu^uatv an betonter Stelle Sol. 13, 41. Völlig 
unmöglich ist axQr\fiaita dem Sinne nach, wie oben im Texte 
gezeigt. Hätte dieser Begriff in dem Verse gestanden, wäre 
der letztere für Aristoteles' Beweisführung unbrauchbar ge- 
wesen. Stünde nicht t« bei Aristoteles, würde ich, da ich, wie 
gesagt, t auch für möglich halte, mit H-L. tjjv <piXoxqriuttx(«v 
für das Richtige halten. 



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5. Kap. g)tkoxQt]MCcriav, ziov de tr^v v7teQrj<paviap. Hier sind die 
beiden Worte nicht auf ein und dieselbe Partei bezogen, 
sondern cpiloxgr^aztav geht auf die Armen, v7teQi<- 
qxxvlav auf die Reichen. Aus Aristoteles kann der 
Schriftsteller, dem Plutarch folgte, Hermippos 1 ), hier 
nicht geschöpft haben, denn die Worte jenes lassen 
auf eine Deutung, wie die bei Plutarch vorliegende, 
gar nicht kommen. Hinzu tritt, dafs Hermippos die 
dem erhaltenen Pentameter vorangehenden Worte oder 
Verse kannte, wie aus avtog 6 2oXcov bwiuv qtijoi %6 
TtQwvov a\paa&ai tr^ 7toXite(ag '/.ai dedoiytwg yjie . folgt. 
Sie waren nicht aus Aristoteles zu entnehmen. Nimmt 
man hinzu, dafs Plut. Sol. 3 2 ) die zu der Partei der 
nivrpzg hinneigende politische Stellung mit anderen 
Versen belegt als Aristoteles, so mufs man schliefsen, 
dafs Aristoteles weder von Hermippos noch von Plutarch 
an dieser Stelle benutzt ist. Hermipp- Plutarch geben 
in einem Falle mehr (bei %r\v ze (pilaQyvQiav xtc.), geben 
in einem zweiten anderes (Plut. Sol. 3), und drittens 
interpretieren sie im ersten anders als Aristoteles. Für 
das Verhältnis von Hermippos zu Aristoteles folgt aus 
diesem Thatbestande nichts. 



Sechstes Kapitel. 

Das sechste Kapitel ist das erste in der Dar- 
stellung der solonischen Thätigkeit. Die ihrer Be- 



') Begemann, Quaestiones Soloneae. Spccim. I (Dias. Göttin- 
gen 1875) p. 15 f. 

2 ) S. 42 Anm. 1. 



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deutung (vgl. Kap. Ojf wie der Zeit nach (vgl, Kap. 10) e. Kap. 
erste That, die Befreiung des Volkes aus dem Ab-"^ 1 ^ 
hängigkeitsverhältnis gegenüber den Reichen, wird an 
erster Stelle behandelt. Die Befreiung ist das Ziel und 
das Ergebnis der Mafsregeln Solons, wie er selbst es 
rühmt (yf/) ngoo&ev (öi) dovlevovoa, vvv ikev&tQa und 
tovg . . . öovkhjV aeiyida i'xovrag . . . iXev&tQOtg k'&rjy.a. 
Aristoteles stellt im Einklänge damit das xov dqixov 
ylev&tQwae in den Eingang. Plut. Sol. 15 berichtet: 
xovco yciQ fnoirjoazo tzqwiov noXitevpia yQaxpag ta ^tv 
V7iaQXovxa ttuv '/qewv aveio&cti , rzQog de to Xoittov 
€7il Tolg owfiaoi fÄrjöiva daveiLeiv; dies ist die natur- 
gemäfse Reihenfolge der solonischen Mafsregeln: erst 
Tilgung der alten Schulden und dann zur Verhütung 
neuer, unabtragbarer Schulden das Verbot des auf den 
Leibborgens. Aristoteles löst die natürliche Reihenfolge 
auf und stellt das, was eigentlich die sociale Frage 
löste, jenes Verbot, voran; die Seisachtheia erscheint 
bei ihm als Annex oder notwendige Konsequenz des 
Verbotes, wie sie es ja auch nur ist. Der klar und 
planvoll disponierende Schriftsteller tritt schon hier 
hervor, mehr noch in den kurzen Worten über die Sei- 
sachtheia. — Nachdem Plutarch die Seisachtheia ebenso Aristot. 
wie Aristoteles bestimmt hat, fährt er mit den bekannten A n drotio U 
Worten (Kap. 15) fort: 'Einige Schriftsteller jedoch — 
und zu ihnen gehört Androtion — haben berichtet, 
dafs die ärmeren Klassen sich zufrieden gegeben hätten 
mit einer Erleichterung, welche nicht in der völligen 
Schiüdauf hebung , sondern in einer Ermäfsigung der 
Zinsen bestanden habe; Seisachtheia habe diese mil- 
dernde Mafsregel sowie die damit zugleich vorgenommene 
Vergröfserung der Mafse und Neuwertung des ge- 
münzten Geldes geheifsen.' Aristoteles bekämpft mit 
keinem Worte diese Auffassung, sagt nicht einmal, 



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6. Kap. dafs er sie kennt, und doch polemisiert er gegen sie. 
Unmittelbar nach den Worten xgetijv a7toy.o7iug snohjoe 
x<u zwv iöUüv y.al zuiv ö*?;/uoatW fügt er, damit ein 
anderer Gedanke überhaupt nicht erst aufkommt, die 
Worte an ag oetodx&eiav xaloioi 'und das nennt man 
Schuldenauf hebung\ Damit ferner die Mafs- und 
Münzreform gar nicht in einem Zusammenhange mit 
der Seisachtheia erscheine, wird sie von dieser durch 
die Darstellung der ganzen Verfassungsordnung ge- 
trennt und erst in einem Excurse, K. 10, behandelt; end- 
lich wird auch hier im Gegensatz zu Androtion, der 
die Münzreform als apa yevoftivrjv im Verhältnis zur 
Seisachtheia bezeichnet hatte, gesagt 7iqb de zfjg vopo- 
Öeoiag noiqoag ztjv tcov xqbwv anoy.<mip> xal fteza 
zavza vqv ze zibv (.uzqlov y.al ozad-(.uov xrt., d. h. es 
wird nicht blofs der innere Zusammenhang, sondern 
auch die äufsere zeitliche Koincidenz geleugnet. Das 
ist die Polemik, wie wir sie bei einem kunstgemäfs 
schreibenden Schriftsteller des 4. Jahrhunderts erwarten 
müssen. Denn ein solcher ist Aristoteles in dieser 
Schrift; gerade an unserer Stelle beweist er es. Die 
Holländer haben cog ä7tooeioa t uaviov zb ayßog gegeben ; 
schon Hesychs Ttagd zb wtooeiaaottat, za ß&Qi] twv 
öaveicüv hätte sie warnen können; warnen mufste sie 
aber das Sprachgefühl, welchem ßaQog prosaisch und 
a%frog poetisch ist. Der Stilist Aristoteles wählte das 
prosaische Wort auch um den Preis, dafs anooeiaa- 
i < >i zb ßugog nicht so klar die Etymologie erkennen 
liefse wie das poetische a7zooei<Jap6viov zo ax^og. 
<jueüe des Dem Berichte von der Seisachtheia ist bei Aristo- 
Anatot. te j eg uQ( j pi^rch Geschichte angehängt, dafs 

Solon aus der Seisachtheia gehässige Nachrede ent- 
standen sei. Die Verschiedenheiten in den beiden Er- 
zählungen sind sehr charakteristisch. Aristoteles be- 



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richtet, Solon habe, als er die Seisachtheia ins Werk e. Ka P . 
zu setzen sich eben anschicken wollte, einigen von den 
Adligen (%toi taiv [yva)]Qifi(ov) seine Absicht mitgeteilt; 
Plutarch dagegen sagt h.oivtLaaxo twv (filcov olg pid- 
Xiotcc mOTSviov y,ai XQu^evog hvyyave, zotg Ttegi Kovwva 
kgcI KleivLav /.ctVl7t7i6viy.ov i ort yrjv ^ev ov fiilXet xiveiv, 
XQewv di TtOUiv a7iOY.onag tyvwxev. Aristoteles berich- 
tet weiter von zwei Versionen, einer demokratischen, 
nach welcher die Parteigenossen Solons ohne dessen 
Vorwissen die Gelegenheit sich zu bereichern ergriffen 
hätten, und einer aristokratischen *), nach welcher Solon 
selbst diese Gelegenheit zu unlauterem Gewinn benutzt 
hätte. Bei Plutarch ist von einer zwiefachen Version 
nicht die Rede: jene (pilot borgen und kaufen mit 
dem Geborgten, durch ihr Vorgehen kommt Solon 
selbst in Verdacht. Es liegt also hier eine Vermischung 
der beiden bei Aristoteles gesondert auftretenden Ver- 
sionen vor; die Entstehung der aristokratischen Version 
wird durch die demokratische zu erklären versucht: 
weil die qiLlot Solons es gewesen waren, geriet er 
selbst in Verdacht. Aber wer waren denn jene Freunde, 
die auch Aristoteles in den Worten naQaaTQaTijyr^vai 
dta twv (pilwv bezeichnet? Plutarch nannte Kleinias, 
Hipponikos, Konon und ihre Kreise. Allein die Freunde 
des Solon können doch nur (neaoi gewesen sein : Klei- 
nias, Hipponikos, Konon gehören dagegen zu den 
adligsten attischen Namen des 5. und 4. Jahrhunderts, 
und ihnen gebührte vielmehr der Name yvajQif^oi, 
welchen Aristoteles denen erteilt, denen Solon zuerst 
von der Seisachtheia spricht. Hier ist also eine 



l ) Teilweise Charakterisierung der Quellen auch in der 
Harmodioserzähluug (p. 19, 22): ci? (tkv ol Jij^ortxo/ tpaatv — 
<if d' evtoi Kyovoiv. 



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6. Kap. Schwierigkeit. Aristoteles beantwortet die Frage nach 
den (filoi mit den Worten o$ev tpaai yevio&ai tovg 
votbqov doxovvrag elvai TtalaionXovzovg. Zu diesen 
vaiEQOv doyiovvteg gehören aber wieder ohne jeden 
Zweifel die Familien, in denen die Namen Hippias, 
Hipponikos, Konon traditionell waren. 80 enthielte denn 
diese Version eine Verleumdung jener adligen Familien. 
Nun ist diese Version nicht etwa die demokratische, 
sondern die aristokratische. Also wieder eine Schwierig- 
keit; aber sie hilft auch die erste lösen. Wenn die 
aristokratische Version die Familien des Hippias etc. 
diskreditierte, so ist sie böswillig und im Parteiinteresse 
erfunden von Aristokraten, welche gegen Mitglieder 
dieser Familien kämpften, indem sie die Quelle des 
Ansehens der Familien als unlauter darzustellen ver- 
suchten. Die aristokratische Quelle, welcher Aristoteles 
folgte, ist also eine Tendenzschrift aus den aristokra- 
tischen Kreisen, welche um das Ende des 5. Jahr- 
hunderts in politischer Opposition gegen die Familien- 
mitglieder jener Geschlechter standen. Man denkt zu- 
nächst an Alkibiades als den bekämpften, dann wären 
ja die Gegner und Erfinder der aristokratischen Ver- 
sion in den leitenden oligarchischen Kreisen leicht ge- 
funden. Der oligarchische Charakter dieser Version 
ergiebt sich ferner aus der ausdrücklichen Angabe des 
Aristoteles ol ßovlopevoi ßXaoyrjfielv : sie ging auch 
gegen den vermeintlichen Begründer der demokratischen 
Verfassung Athens. Mehr läfst sich m. E. nicht 
sagen. Denn so sicher die Tendenz der Version ist, 
so unsicher bleiben alle mehr individualisierenden Ver- 
mutungen. Nur einen charakteristischen Zug dieser 
parteiischen Darstellung der solonischen Verfassung 
können wir noch, glaube ich, wiedergewinnen. Dem 



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Hermippos ] ) lag, wie die Nennung des Konon, Hippo- 6. Kap. 
nikos, Kleinias beweist, welche bei Aristoteles fehlt, 
die oligarchische Version noch rein oder ziemlich rein 
vor; aus ihr mufs der Name XQiwxonidai für die Ahn- 
herrn der voteqov doKOvvreg 7talat67clov%Oi eivai 
stammen (zoig f.tev cpLXovg aixov %QE(x)Y.07zidag v.a- 
Xovrreg duTtleoav), denn er ist ein Schimpfname, recht 
maliziös mit der gentilicischen Endung -idcu gebildet 
wie Kgwctdai , Key.Q07iiöai u. s. w. Der Witz ist 
beifsend, dafs die EvTcargidcu, das Geschlecht des 
Hippias und Hipponikos, einst %QWA.07zida.i im Volks- 
munde geheifsen hätten, und pafst in eine politische 
Tendenzschrift des ausgehenden 5. Jahrhunderts. Noch 
mehr Satire würde in dem Namen liegen, wenn die 
Tendenzschrift sicher auf Alkibiades zu beziehen wäre, 
denn dann dürfte man auch an eine Anspielung auf 
^Egnoxonidcu denken; doch ist das zu unsicher. Dafs 
übrigens in den politischen Kämpfen des ausgehenden 
5. Jahrhunderts auf die solonische Zeit zurückgegriffen 
wurde, beweist des Aristoteles Zeugnis in der Rhe- 
torik (1375 b 31), wonach Kleophon die aotlyeia im 
Hause des Kritias mit Hinweis auf den solonischen 
Vers eItveiv (hol KQiriqc 7ivqq6tqi%i TrcaQog olaovuv 
(Frg. 16) als erblich zu erweisen suchte. 

Fassen wir zusammen, was die Analyse des 6. Ka- Aristot. 
pitels bisher ergeben hat. Aristoteles kennt und be- H erijppoa. 
kämpft den Androtion, des weiteren verarbeitet er eine 
oligarchische Darstellung der solonischen Verfassung 
neben einer demokratischen. Hermippos kennt eben- 
falls Androtion, und bekämpft ihn, wie es scheint, 
gleichfalls ; wenigstens liegt kein Grund vor, die Worte 
Plutarchs oi di Ttleloioi izdvriov Oftov (paal twv av/i- 



J ) Begemann a. a. O. p. 16 f. 

Keil, Aristoteles. 



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6. Kap. ßoXcciwv avaigeon yevto&ai t/jv oeioax&eiav nicht auch 
auf Hermippos zurückzufuhren. Hermippos kennt die 
oligarchische und die demokratische Version des Ver- 
haltens des Solon bei der Seisachtheia, denn er arbeitet, 
wie gezeigt, beide ineinander. Ist nun Hermippos 
abhängig von Aristoteles? nein. Sein Bericht über die 
Seisachtheia nach Androtion ist, wie sich zeigen wird, 
richtiger als der des Aristoteles, seine Angaben über 
jene beiden Versionen enthalten nicht weniger, sondern 
mehr als die des Aristoteles; in keinem von beiden 
Fällen kann er also aus Aristoteles geschöpft haben. 
Die Berichte beider Schriftsteller sind aber einander 
doch sehr ähnlich. Haben also beide etwa dieselbe 
Quelle oder dieselben Quellen benutzt? Dafs Aristoteles 
den Androtion selbst zur Hand hatte, folgt nicht blofs 
aus dieser Stelle der 110X. Id&rjv. und ist allgemein 
anerkannt ; dafs für Hermippos das Gleiche gilt, liegt kein 
Grund vor zu bezweifeln. Dafs aber Hermippos die 
aristokratiseh-oligarchische Tendenzschrift noch selbst 
einsah, ist so unwahrscheinlich, dafs man vielmehr ge- 
neigt sein wird, ihn sich als aus einer Atthis schöpfend 
zu denken, in welcher die beiden Versionen schon zu- 
sammengetragen waren. Der Verfasser dieser Atthis, 
der, weil er mehr gab als unsere noX. l4^r t v. y hier nicht 
aus Aristoteles geschöpft haben kann, mufs dann in 
ganz ähnlicher Weise wie Aristoteles gearbeitet haben. 
Mir erscheint diese Ähnlichkeit so grofs, dafs ich nicht 
umhin kann, wenigstens die Frage aufzuwerfen, ob 
nicht Aristoteles schon dieselbe Atthis wie Hermippos 
benutzte, d. h. selbst also aus zweiter Hand seine 
Nachrichten hat. 
»o*.V*frjp. Bei der Annahme, dafs Aristoteles hier nicht 
unfertig, gelbständig zwei Quellen verarbeitet, sondern einer 
einzigen folgt, erklärt sich mir auch ein stilistischer 



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- 51 - 



Mangel , den der betreffende Passus enthält. Man 6. Kap. 
lese die Worte &v oig TreiQwvrai Tiveg diaßa).?.eiv 
avrov avvtßij yag T(f) SoXtavt ueXkovn tzomIv ttjv asi- 
<ja%d-eiap ngounelv tioi tiov yvüjgifjiov, tnei& tag fiiv 
oi dquoTtxoi Xeyovai , 7iagaoigaTrjyt]&rjvai dia tiov 
yiXiov, tog d 01 ßovX6f.tevoi ßXaoq?i i f.iEiv, xttt avzbv y.oi- 
vioveiv : sind hierin die Worte nagaOTgazr^yt^fjmi und 
y.oivioreiv etwa verständlich? Doch nur, wenn man vor- 
her weifs, was bei Aristoteles nachhinkt öaveioa/.tevoi 
yag oirtoi vctL Ich erkläre mir diesen Mangel ebenso 
wie das Fehlen des Subjekts in Kapitel 20 (p. 22, 7) — 
infolgedessen der betreffende Satz so unverständlich 
wird, dafsK-W. jetzt das Fehlende ausHerodot in den 
Text eingefügt haben — , ebenso auch die lückenhafte und 
springende Darstellung vom Sturze des Areopag durch 
Themistokles und Ephialtes (Kap. 25) : Aristoteles kürzte 
seine Quelle; bei der Kürzerarbeit sind ihm solche 
Versehen untergelaufen, die er bei einer Endredaktion 
4es Buches zum Zwecke der Veröffentlichung beseitigt 
haben würde. Ein Stück, wie das 22. Kapitel über 
die Zeit zwischen Kleisthenes und Salamis, ist kaum 
über das Stadium einer ziemlich primitiven Material- 
sammlung hinausgediehen. So gering ist, was Aristo- 
teles hier erst an Arbeit auf das ihm in den Atthiden 
überlieferte Material verwendet hat, dafs in seinem 
Buche noch die trockene, unkünstlerische, registrierende 
Darstellungsweise dieser seiner Quellen greifbar vor 
Augen liegt. Nissen (Rh. Mus. 1892, 202, 1) hat in 
der verworrenen Chronologie der Peisistratidenzeit 
einen Beweis für die Schnelligkeit gesehen, mit der 
das Buch gearbeitet ist: Aristoteles habe die sich 
widersprechenden Daten der von ihm benutzten Atthis 
und des Herodot nicht miteinander ausgeglichen. Ich 
kann mir diese Auffassung im ganzen aneignen; nur 

4* 



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«. K*p. trifft für mich der darin liegende Vorwurf nicht ein 
fertige« Buch, sondern eine noch nicht zur Veröffent- 
lichung bestimmte Bearbeitung, und für sie wird er 
hinfällig. Eine letzte Feilung würde die Widersprüche 
zweifelsohne beseitigt haben. Eine die Unfertigkeit 
des Buches bezeugende Ungleichmäfsigkeit hat man 
auch in der Nennung des Archestratos als Genossen 
des Ephialtes beim Sturze des Areopags (p. 38, 27) 
zu sehen; in der eigentlichen Darstellung dieses 
Vorganges, Kap. 25, ist er nicht erwähnt. Un- 
vorbereitet durch die vorhergehende Darstellung ist 
auch die Nennung der Eetioneia p. 40, 17 sowie 
manche andere geringfügigere Bemerkung. Eine 
Endredaktion hätte diese Mängel nicht stehen lassen 
können. Man betrachte ferner in Kap. 59 die von 
K-W. athetierten Sätze xcrt InivXr^ovGi — tu 6r )t u6aiu 
und Tovg öi drtaoTug — l'/.uOTog, welche durch Kap. 63 
Uberflüssig werden, in diesem Zusammenhange, und 
man wird geneigt sein, sie für echt zu halten. Bei 
einer letzten Überarbeitung hätten die anstöfsigen 
Wiederholungen bemerkt und beseitigt werden müssen. 
Auch die Bemerkung über die Epicheirotonie der 
Strategen in Kap. 61 liest man nach dem 43. Kapitel 
nicht ohne Befremden. Die Worte in dem Abschnitte 
über die Vierzigmänner nQog ovg Tug ukkug Ölung luy- 
Xuvovoiv (p. 57, 10) sind an dieser Stelle irreführend^ 
ja falsch ; denn vorher sind nur die k'f.if47]voi dixui der 
Eisagogeis und Apodekten genannt, während die ganzen 
Privatprozesse, welche vor das Forum der Archonten 
gehören, erst folgen. Eine letzte Durcharbeitung würde 
mit einem nkeiotug oder oxedbv rcuoug statt aX'Kug 
oder wie sonst den Anstofs beseitigt haben. 

Bleibt jener stilistische Mangel, dessen Erklärung 
die vorstehenden Erörterungen veranlafste, auch an sich 



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bestehen, so übersieht man ihn doch gern, wenn man die i. Kap. 
folgende Widerlegung der oligarchischen Version liest und 
mit Hermippos vergleicht. Dieser operiert mit einer 
elenden Fabelei 1 ), Aristoteles widerlegt den Klatsch 
durch den Hinweis auf das ganze Thun und Wesen des 
Solon ; so hoch steht der Meister über dem Nachfahren. 
Die Widerlegung endigt mit p. 6, 4 TtazagguTtaiveiv 
eavzov, woran Kap. 7 mit den Worten zavzrjv ftev ovv xq*] 
vof^iteiv Wevörj zi)v alziav eivai sich unmittelbar an- 
schliefst. Die dazwischen stehenden Worte ozi de zav- 
zr^v taye zr { v eBovaiav — 7zdvzeg, würde ein Neuerer 
in eine Anmerkung, welche die Belege für das im 
Texte Behauptete enthält, setzen. Die Belege sind 
dieselben wie c. 5 p. 5, 1 : Ix ze zwv älXcov bfiohoyei- 
zai zct tc Tigay^taza vooovvza (vgl. p. 13, 9 dieze- 
Xovv voaovvzeg za 7cgög eavzovg) (.uxQzvQei . . . zo — 
xai oi aXkoi ovvopoloyovoi ndvzeg ; p. 5, 2 xcu aizbg h 
zo7göe zeig 7ioir^xaoi ^laqzvqü ^ xat h zoig 7toir r 
paoiv ctvzög Ttollayov f^i^vrjzai , nur dafs hier die 
Verse selbst nicht folgen. Es wird sich später zeigen, 
weshalb Aristoteles hier nicht citierte. 



Siebentes Kapitel. 

Das siebente, achte und neunte Kapitel enthalten 
xlie Darstellung der solonischen Verfassung. Die Dis- 
position — Einführung der Verfassung und Verteilung 
des Bürgerrechtes (7), Ämterordnung (8), Volksgerichte 

*) Plut. Sol. 15 a. E. ällä tovto ute tu&vs ilv&r] ro ey- 
xkrjua ToTg n(vit raXcivroig Toaavxa yag svgt&r] SavtCfav, xat 
t«öt« 7iq£tos utftjxe xaxtt tov vouov. "Evioi nevrexaiffexa 
Ifyovoiv xx L vgl. Diog. La. I. 45 und Begemann p. 17. 




Or THi 




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— 54 - 



7. Kap. (9) — ist klar und bedarf keiner Erörterung. Die Ein- 
gangsworte iiokvzuav xazioTijoe xcu vo/uovg ed-rf/.ev 
aXXovg werden bedeutsamer durch Heranziehung von 
Polit. 1273 b 32 ot [asv eyivovxo dt^tovQyoi v6f4(ov y 
oft de xat nofazeiag, olov xat uivxotQyog xat SoXwV 
ovzoi yag xat vofiovg xai noXizüag naziaz^aav. — 
Zu aXlovg bringt der Zusatz zolg öi Jqäy.ovzog $e- 
OfiOtg enavaavzo xßwacj'oi 7ili)v xiov <povixwv die wich- 
tige Erläuterung, dafs die drakonischen Gesetze annulliert 
wurden. Dabei ist der stilistische Ausdruck benierkens- 

»toloi wert * Colons Gesetze heifsen vc^oi, die älteren dra- 
konischen 9eonoi ; aber Aristoteles gebraucht so auch 
von den solonischen Gesetzen deofiioi, wo ihnen jüngere 
Gesetze gegenübergestellt werden. Kap. 35: zovg z* 
*E(pidXzov xcrt L4Q%e<JZQazov *) v6f.tovg tovg ttcqI züjv ^geo- 
nctyiziZv /.a&eiXov i§ L4qeiov ndyov xat twv 2?6liovog 
\teof.iu>v oaoi dia^iaßr^rfieig eixov. Das relative Alter 
bestimmt den Ausdruck; im übrigen ist dieser nicht fest: 
p. 3, 18 ^eofioi beim Drakon, bei demselben p. 4, 11 
ro'^ot; v6(xog nennt Aristoteles p. 17, 24 das zur 
Peisistratidenzeit geltende Gesetz über die Tyrannis, 
das Gesetz selbst beginnt ^taixia zdöe Idffapw/m* . Für 
die m. E. noch nicht abgeschlossene Kritik des Wort- 
lautes dieses Gesetzes dürfte vielleicht der Wortlaut 



Sollte dieser Archestratos, der dem Areopag die Gerichts- 
barkeit mit Ephialtes zusammen entreifst und dem Volke giebt, 
nicht derselbe sein wie der, welcher im chalkidischen Psephisma 
das Schlufsamendemeut gestellt hat? Es heifst in diesem, CIA. 
IV 1 p. 12 n. 27 a, 70 ff. l4Qx^9 aT °[i\ ra nh ÜU* 

xtt&dneo fälvrixlrje • rag ev&uv«s Xakxtihv[o]i xut\« <r</wr 
avrtuV (hat, tv Xalxidt xa9nniQ 'A&\rivr)Oiv l Ad^va(ots , nXr]v 
(fvyrjs xal 9aväx\ov x al «rt/i/nj. k€qI <T£ rovttav itpeotv 
tiva\ild&rjva£e ig ttjv fßtttictv rtSv & to u o&\tr tov xura xb 
xpWtOfttt rov ärjjLtov. Die Tendenz dieses Antrages stimmt zu 
der Politik des Bundesgenossen des Ephialtes. 



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- 55 - 



des Eisangeliegesetzes bei Hyper. Euxen. col. XXII. 7. k« p . 
XXIII (p. 36. 37 Bl. 2 ) heranzuziehen sein. 

Die Worte avaygdipavteg de zovg vopovg — bfxvvovav ^ u t ud g ^ 
haben bei Plut. Sol. 25 die Parallele. Den Schwur der 
Archonten wiederholt Aristoteles Kap. 55 a. E. selbst 
noch einmal. Ich stelle die drei Fassungen desselben 
nebeneinander : 



Aristot. c. 7 : 

c s» » » a 
01 0 evvea ag- 

Xovzeg ofxvvvreg 

7TQOQ Zip U9({) 

xcnecpatiLov dva- 
&yoeiv dvögidv- 
za xQvoov*, *<*v 
ziva nagaßwai 
Ttowofitov' o&ev 

XCU VVV OL'TWQ 

6/.tvvovoi. 



Plut. Sol. 25. 
(wfiwev) Vnaazog 
zdv &eopo&ezwv 
ev dyogij 7igbg zip 
Xifhp nazaqjazi- 
tcovy ei ti naga- 
ßairj Ttovd'eOfAWP, 
dvSgidvza %Q V ~ 
aovv iao/nezgrjzov 
dva9yoeiv evJel- 
(poig. 



Aristot. c. 55: 

ßaSitovoi ngbg 

zbv li&ov ixp y £ 

tu zoui Igt iv, 
•» > z > « 
eq> ov xcct 01 

Statzrjzai 6f.w- 

oaiteg dnoipai- 

vovzai tag Siai- 

zag xat 01 pag- 

zvgeg e^of.ii'vvzai 

zag fiagrvgiag. 

avaßdvzeg S' erci 

zovzov dfxvvovaiv 

Sinai tag agj-eiv 

xai /.aza zovg 

vOfiOVQ, xai Sioga 

ui) Xfy>eo&ai zijg 

agxqg Vvfrw, xäv 

zi Xdßcooi, ItvSgi- 

dvza ava&rjoeiv 

xgvaovv. 

Die Fassung im 7. Kapitel ist die kürzeste; die 
Worte ngbg zip M&q> sind so, wie sie dort ohne Er- 
klärung stehen, unverständlich. Man sage nicht, dals 
Aristoteles mit b$ev ezi *ai vlv nze. eben als auf etwas 
Bekanntes hinweist; er schliefst diese Entschuldigung 



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— 56 - 



j. Kap. selbst durch seine lange nähere Bestimmung jenes Steines 
?iut n< Li. m Kap. 55 aus. Auch Plutarch hat die Erklärung iv 
25. ayogq für nötig befunden. Dafs hier eine durch Kürzer- 
arbeit entstandene Undeutlichkeit vorliegt, schliefse ich 
in Konsequenz zu dem S. 51 über Kap. 25 Bemerkten : 
eine Kürzung hat hier, wie der Vergleich mit der Schwur- 
formel in Kap. 55 und bei Plutarch ergiebt, statt- 
gefunden. Aber diese Kürzung ist nicht an der zweiten 
aristotelischen Fassung der Worte erfolgt," sondern, wie 
der Wortlaut lehrt, an der Fassung bei Plutarch: 
xazeqxxviLov *cactq)(XT;iZu)v\ edv xiva nagaßwai xujv 
v6\Aiav ^ et tl 7cagaßait] zoiv d-eo/uiov. Nun ist es aus- 
geschlossen, dafs Plutarch hier allein aus Aristoteles 
schöpfte, weil er mehr hat. Was er mehr hat, ist gut : 
Plat. Phaedr. 235 d luOTteg oi hvia ägxovreg, vmoyyov- 
f.iai elxovcc laof.ieTQ7]TOv elg Jelyovg avadtjasiv; er 
könnte also nur eine andere gute , zu Aristoteles 
stimmende Quelle mit Aristoteles verquickt haben. 
Aber die vorhergehenden Worte wivbv f^iv olv oj^vvev 
oqaov r t ßovty zoig Solcovog voi.iovg iputBSwoatv, l'dtov 
S' txaorog twv foonofrercov zeigen, dafs Plutarch 
hier einer Quelle folgt, die mit Aristoteles in sach- 
lichem Widerspruch steht: lupooctv xeyoeottai navTeg, 
nicht blofs die B u 1 e ; weiter vindiciert der nicht zu 
häufige Gebrauch von ^eafio^erat statt agxovveg, das 
officielle e[*7tedüJO£iv (z. B. im Schwur des athenischen 
Rates und der Richter des chalkidischen Psephisma 
CIA. IV 1 p. 10 Z. 14 Tctvta dt. e^7C£Ö(üatü XaX- 
•/.tötvaiv), das alte Y.axaqjaxiZuv und zwv tteofutüv (für 
tüjv vofAiüv bei Aristoteles), der ganzen Stelle einen so 
einheitlichen Charakter, dafs man den Gedanken an 
eine Kompilation für ausgeschlossen erachten mufs. 
Wenn die Stelle keine Kompilation ist, andererseits 
aber von Aristoteles abweicht, so ist sie nicht aus dem 



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- 57 - 



letzteren abzuleiten. Dafs Plutarch hier mit fremdem i. Kap. 
Kalbe pflügt, bedarf keines Beweises. Die Schlufs- ^JJ"^, 
folgerungen gelten also für seine Quelle. Da nun die 25. 
Quelle Pliitarchs hier den Aristoteles nicht benutzt 
hat, ihr Wortlaut aber mit dem des letzteren so über- 
einstimmt, dafs eine Verwandtschaft bestehen mufs, so 
folgt, dafs Aristoteles hier von derselben Uberlieferung 
abhängig ist, aus welcher auch die Quelle Plutarchs 
schöpfte. Mit der Annahme, dafs Aristoteles hier einer 
schriftlichen Quelle, deren Wortlaut er kürzte, gefolgt 
ist, erklärt sich auch die nicht zu übersehende Differenz, 
welche in der Wiedergabe des Archontcneides zwischen 
Kap. 7 und 55 besteht. Bei der ersten Niederschrift des 
Buches hielt Aristoteles sich zunächst an seine jedes- 
malige Quelle ; wäre er über den ersten Entwurf hinaus- 
gekommen, würde vermutlich sowohl die an sich be- 
fremdliche Wiederholung des Schwures in dem kurzen 
Büchlein wie auch die Differenz zwischen den beiden 
Stellen verschwunden sein. Nach diesem Ergebnis wird 
man nicht anstehen, auch die weiteren zwei Angaben, 
welche bei Plutarch und Aristoteles sich decken xorrext- 
Qcooev de tovq v6(.tovg elg r/.azbv ezr t ^ Plut. 25 ioyvv öe 
tölg vofioig Ttäoiv elg ev.azbv eviavzoig tdume, und zoig 
de jQay.owog ^ea/nolg v.ze. ^ Plut. 17 zoig JgävLOvzog 
vofAovg avetle nXtp ziZv q>ovtv.(uv oijcanag auf dieselbe 
gemeinsame Uberlieferung zurückzuführen. 

Ich habe die Untersuchung ohne Rücksicht darauf 
geführt, dafs Plutarch (25) unmittelbar vor dem Satz 
über den Beamtenschwur für die Benennung der Ge- 
setzestafeln als y.vgßeig unsere Aristotelesstelle citiert: 
xeri Y.azeyQdyqoav eig gvXivovg aSovag ev nlaioioig 
TzeQtexovoi ozQecpofttvoig , wv tzt Y.aü 3 r^ag ev ügiza- 
veiqt leiipava fuxga dieowlezo' v.ai TTQOorflOQev&roav, 



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I 



- 58 - 



7. Kap. wg IdQiOTorihfi (pfjüi y xvQßeig 1 ). xtxt Kgazivog 6 MOf.u- 



xtiefiug- i) Die antike und moderne Litteratur über die xvttßai 

ä$ovts un< j Z£ 0V(S ] m t Busolt Griech. Gesch. I. 539, 1 zusammengestellt. 
Es ist festzuhalten, dafs die solonischen Gesetzestafeln in der 
älteren Litteratur des 5. und 4. Jahrh. allein xvgßfig heifsen : 
Kratin. Frg. 274 (I. 94 K.). Aristoph. Nub. 448. Av. 13.54. Lysias 
XXX 17. 18. 20. Plat. Politikos 298 d. Aristotel. nok. *A&r}v. 7 
und selbst noch beim Verfasser negi xoa t uov 400 b 28 vo/uog piv 
yag laoxhvrjs c &ei>s ovdeplav tniäf^ofAivog (hogftiootv rj ueru- 
9eaiv, XQt(rT(ov dt, olpai, xal ßißatoTegog rwr tv rtttg xi'o- 
ßeaiv «vnyey(>a t u/u£va)v, archaisierend, wie nach Lysias twv tv 
raig xvgßeoi ytyQttfjuivari'. Das Wort war in der Alexandriner- 
zeit Glosse; deshalb gebrauchen es Apoll. Khod. IV 2*0 und 
andere Spätere. Die alexandrinischcn Grammatiker haben schon 
nichts mehr damit anzufangen gewufst. Wie aus dem 
Kratinosfragment folgen soll, dafs die xvgßtig aus Holz waren, 
ist mir unverständlich. Apollodors Erklärung (FHG. I 432 frg. 
26, Suidas s. v.) dag ano rijg oraoftug ffrylag xttXetofrai, utto tii 
rys tk vtyog naparaastag, öi« rb xtxoQv<f(oo9ai, xvgßdg' uantg 
xai xvgßna(av Trjv tni rijg xfqalijg T(&tifjitvT)v beruht augen- 
scheinlich auf spitzfindiger Erklärung von Stellen wie Lys. 
XXX 17 t«? Svatag jus tx tw' xvgßttov xal rtüv OTijltov und 
Plat. Politikos 298 d ygüxpavTttg tv xvgßtal rtai xal aryltttg , wo 
xvgßeig auf die solonischen Gesetze, arrjkai auf andere Stein- 
urkunden geht. Kvgßetg ist der ältere volkstümliche Nam e, 
das officiclle, jüngere Wort ist (ifynv; deshalb ist dieses in 
dem Gesetze CIA. I 61 gebraucht. Wir wissen jetzt durch 
Kumanudis, wie die xvgßttg aussahen : '2fy. ap^atoA. 1885, 282; 
der vorsichtige Kirchhoff hat ihm beigestimmt (CIA. IV 2 
p. 125 n. 559). Die xvgßfig waren steinerne ag~ovtg. Die Worte 
verhalten sich ähnlich zu einander wie dta/uog und vöuog. Das 
Wort bedeutet etwas Drehbares. Hesych. xvgßidatov nnoaxig- 
Ttuv (vgl. x v Qß l( * nttt ' ^xigrür) und Kvnßavrsg' Kogvßnvrtg, wel- 
ches auch in dieser Form in dem bekannten Vertrag zwischen 
Hierapytna und seinen Kleruchen vorkommt (CIG. II 2555, 
14 = Cauer Delectu** 116); vgl. Schmidt zu Hesych. itno- 
Xoigt'tintv (I p. 238). Zu Grunde liegt hier die Vorstellung der 
wirbelnden Tanzdrehung. Kogvßavreg mit Metathesis und 
Vokalentfaltuug gebildet. Dieselbe Wurzel im lat. cur-vus? 



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- 59 - 



-Aog Sigrid nov (frg. 274 K.) . . . l'vioi dl cpaaiv idiiog tv 7. Kap. 
olg ieqcc ytai Svoiai 7ttQityoviai xLQßeig, ix^ovag de ^uum 
tovg aXXovg covofiaod^ai ; denn das ist klar, dafs Plutarch 25. 
hier eine Einlage macht : erstens aus persönlichem Wissen 
und zweitens, wie längst erkannt ist, aus Didymos; 
das Aristotelescitat stammt aus dem letzteren, nicht 
etwa von Plutarch selbst. 

Man hat aber auch noch die eben schon be- 
sprochenen Worte ia%vv dt zoig vtpoig — i'dioy.e und 

Kvpßtg gehört zu den alten attischen Worten, welche in der 
durch die Litteratur nivellierten Sprache des 5. Jahrh. ver- 
loren gingen. Als technischer Name und in Verbindung mit 
den solonischen Gesetzen hat das Wort sich länger gehalten 
als andere. Wie grofs der Unterschied zwischen der Sprache 
des 6. Jahrh. und der des fünften war, können wir nicht be- 
urteilen, allein, dafs er ein sehr grofser war, lehrt aufser 
Aischylos' Sprache, welche noch im 6. Jahrh. wurzelt, Lysias' 
10. Rede mit noäoxuxxt}, unClUtv, tignaxaCftv und was sonst an 
authentischen Resten solonischer Gesetze existiert, endlich jetzt 
urkundlich die Hekatompedosinschrift (CIA. IV 3 p. 138) mit 
leQovQyovvrte, CdxoQog, ov9os, invevtaftai, dessen Bedeutung nicht 
feststeht, und 9o)or, dem neuen Verb, zu welchem ein auf 
älterer Vorlage bearbeitetes Gesetz, CIA. I 57 die Parallele 
in dem dichterischen Umur {nißtlkkav neben tov tfifuoe rov 
li&t)va(ü)v nXij&vovroi liefert, während die spätere Sprache den 
Stamm nur in «#<poc festhielt. Hierher auch dc/ourirtn statt 
rorut\v(n CIA. I 1, änona$ I 286. 288, oi/tf* Üntt ovtii tnyuj 
IV 1, 27 a und tnimpaio, tnto(fMivtf (CIA. II 948 f., wozu 
Koehler), welche, wie viele derartige Wörter, die Zähigkeit 
religiöser Uberlieferung in jüngere und jüngste Zeit mit hin- 
ü bernahm. xuoßfig gehört mit diesen Wörtern in dieselbe Sprach- 
epoche; am Ende des 5. Jahrh. ist es in Athen schon obsolet. 
Auf Amorgos hat es sich länger im Gebrauche gehalten : 'E*f . 
ag/atoL 1862, 77 (= Recueil des inscr. jui id. gr. p. 116 n. 64) 
oQoq xtoQttov . . . xai rßp tmx ugßftav htxvQQiv vnuxuu(von>\ 
das bisher übersehene Adj. bedeutet hier «auf einer Urkunde 
verzeichnet 1 , so dafs xvQßtg auf Amorgos die spätere, weitere 
Bedeutung gehabt zu haben scheint. 



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- 60 - 



7. Kap. vor allem voivbv fiiv olv oj/.ivvev oqxov fj ßovkrj — £v 
PiuTsoi ^elcpolg für Didymos in Anspruch genommen und für 
25. Didymos Aristoteles als Quelle in Ansatz gebracht. Dafs 
Didymos' Bericht dem des Aristoteles folgen würde, 
versteht sich. Da aber , wie wir jetzt sehen können, 
diese dem Didymos vindizierten Worte in sachlichem 
Widerspruche (ßovXr^ : nawe$) zu Aristoteles stehen, 
und da überdies die Benutzung des letzteren durch den 
Grammatiker nur unter der Annahme denkbar ist, dafs 
Didymos die Worte des Aristoteles in einer Weise aus 
anderen Quellen erweitert hätte, welche jede Spur der 
Kompilation verwischte (s. o. S- 56), so kann keine Rede 
mehr davon sein, dafs Didymos dem Aristoteles hier 
folgte. Mufs man aber Aristoteles als Quelle für diese 
Stelle fallen lassen, so fällt damit das Band, welches sie 
an die sicher didymeischen Worte knüpfte. Da der 
Satz y.oivbv piev olv ä/twsp y.ie. zu Aristoteles' Worten 
genau in demselben Verhältnis steht, wie sonst sich 
sicher hermippeisches Gut zur nol. 'A&rp. verhält, so 
wird man auch hier Hermippos als Quelle Plutarchs 
ansetzen. Der erste Satz y lo%vv fiiv olv — Ifance steht 
bei Aristoteles mit dem Schwur zusammen; man wird 
also auch ihn dem Parallelberichte des Hermippos vin- 
dizieren. Übrigens scheinen Plutarchs Worte selbst 
anzudeuten, dafs der Schriftsteller mit Koivbv jufv olv 
zu einer neuen Quelle überging. Denn mit (xh olv 
wird gegen das Vorhergehende abgeschlossen und die 
Verbindung zum Folgenden ovvtdwv de hergestellt; das 
Folgende ist aber sicher nicht aus Didymos. 
p. 6, 18 Der Eingang der eigentlichen Darstellung der Ver- 
fassung ist verstümmelt. K-W. , welche die Lücke 
erkannten, beziehen die Hesychglosse ix, Tif.irifxavuiv 
hierher und bemerken c velut (ro nav 7ilf]&og c>c) xtju^- 
fiax(ov\ Ich möchte die Glosse, wenn sie wirklich, was 



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- 61 — 



mir nicht sicher scheint, auch mit ihrem Lemma auf 7. Kap. 
unser Buch geht, lieber auf p. 7, 22 ex %W ziftijudziov p 6 " 1S 
beziehen und erwarte mit Wahrung des überlieferten 
ziur^aza zunächst etwa {y.azd}zifir t fiaza. Es mm 
am nächsten, die Parallelstelle bei der Kleisthenischen 
Verfassung heranzuziehen p. 22, 28 nqCozov pev ovv 
{awevei/^e} ndvzag eig dexa qpvldg, aber sie pafst aus 
zwei Gründen nicht. Die folgenden Singularia 7cevza- 
Äoaiofiiöifivov bis &f(ca vertragen sich mit dem vor- 
geschlagenen nav TtXrftog, aber schlecht mit ndvzeg. Fer- 
ner ist das 7tQ&iov fiiv ovv für unsere Stelle nicht zu ge- 
brauchen, denn es folgt kein enetza wie p. 23, 3. Die 
Parallelstellen zu zovöe zbv zqonov und ähnliche sind 
heranzuziehen: p. 1, 19 rp ö' i zd§ig . . . zoidöe. zag 
fitv doyag-, 3, 19 ^ öi zeitig . . zovöe zbv zqonov eiye. 
dneöeöozo juev ^ nokizeia\ p. 33, 13 öiexa^av zovöe 
zbv zqonov ' zd /uev ygr^aza ; p. 45 , 24 l'yei . . . zovöe 
zbv zqonov. ftezeyovaiv fiev zr^g 7ioXizeiag\ in allen 
diesen Fällen entspricht dem fiev ein de; wo dieses 
fehlt, wie an der Stelle p. 40, 12 öiaq?Üetqai zovöe 
zov tqonov vofAOvg eiorpeyxav, fehlt auch das piev. An 
unserer Stelle steht das de im Anfang des 8. Kapitels : 
zag dqydg htoirpe. Aber ein (zb pev nav nlfftog 
v.aza) zi/nr^iaza genügt weder im Ausdrucke noch dem 
Gedanken nach. Es fehlt die Hauptsache in dem über- 
lieferten Texte, dafs nämlich die nolizeia nicht nur 
die bnla naqeyofievoi hatten. Es mufste erst gesagt 
worden sein, dafs Solon allen Athenern das Bürger- 
recht gab, und dann konnte konsequenterweise erst 
von der Art gesprochen werden, wie dieses Bürgerrecht 
nach den ziur^aza abgestuft war. Hierfür den even- 
tuellen aristotelischen Ausdruck zu finden, ermöglicht 
Kap. 29 zip öi* aXhrp noXizeiav enizgeipai naoav!A&i r 
vatotg zolg övvazwzdzoig xze. Vielleicht darf man also, 



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- 62 — 



7. Kap. falls nicht nocli mehr ausgefallen ist, vermuten : {jtäoiv 

abxuiv xcrra) xi^r^axa SieV^> eig xiixaqa teXtj. Der 
von mehreren geforderte Artikel vor tifjyfiata ist durch 
das folgende /.a&aneQ dif^to unnötig gemacht. 

Mit prägnantem *) sprachlichem Ausdrucke wird die 
Organisation des Bürgertums gegeben, wohei wir eine 



') p. 6, 20 uTtfrtifitVy 2A d 7i o <f*<fot'f bei den Klassen, 
denen für ihre Leistungen die betreffenden Rechte gebühren, 
25 nti(iSü)xsr bei den Theten, die beim Mangel einer Gcgen- 
p. 6, 20 leistung eigentlich kein Recht auf Recht haben. — In diesem 
Satze läfst der oben gegebene Text eine Lücke p. 6, 20: 

u fg. [Blafs hat fit .... ug gelesen und /ut[ytar]ag 

ergänzt, zugleich aber dieses Wort als unpassend getilgt mit 
der Bemerkung aut usyiarag (quod legi poase concedit K.) de- 
Icndum, aut in sequentibus complura delenda. Au und für sich 
wird man eine Ergänzung ablehnen müssen, welche sich so 
wenig mit dem überlieferten Texte verträgt, dafs ihr Urheber 
sie sogleich einklammei-n mufs. Ich kann aber auch nicht zu- 
geben, dafs der Buchstabe vor dem Schlufs-rt ein « ist, und 
halte am * fest] Nach dem p glaube ich in der Lücke ein t 
zu sehen, darauf zwei Vertikalhasten, die oben verbunden sind, 
also auf r*, n, yi, iy oder n führen. Das letztere erschien 
mir beim Lesen das wahrscheinlichste. Darnach hatte ich 
i/f/r . . (g. Das /u mufs als u' — uir gelesen werden, wie der 
Gegensatz mit Z. 24 lehrt. Indem mir der Gegensatz, in 
welchen dadurch die eigentlichen Ämter zu den ttixuarni und 
txy.lr\am<jT(t( treten, bedeutsam erschien, fiel mir die Stelle Polit. 
1275a ein: räiv 6* «^tüv «* piv etat Jiynriutvat xara xQ^ov, 
war' iviag piv oltog dlg tov avrov oix tfrartv «p/fw, r) tfta 
Ttvoir (üQiap(vmv xqovow o <f* acptorog, olov o 6tx(tarr)g xa\ 
ly.7.lr\<iut<sxT\<;\ vgl. b 14. Mit Rückblick hierauf suchte ich den 
Ausdruck für einen ^poio^ tiffttautrog in den Resten tn . . tg. 
Ich fand kein überliefertes Wort, aber fragen möchte ich, ob 
nicht in '[h]£g gestanden haben könnte. Sollte man das nicht 
ebensogut wie tnl tSitrfg und tni TQftrtg gesagt haben? Und 
wenn man dem die Komposition entgegenhält, so halte ich 
Trjrts (a^ng) dazu. 



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- 63 - 

Anzahl der damals in Athen existierenden Ämter Kap. 
kennen lernen. Dafs die genannten fünf Beamten- 
klassen, Archonten, Tamiai, Poleten, die Elfmänner 
und Kolakreten, die einzigen damals dort existierenden 
Beamten waren, sagt Aristoteles nicht, sondern hat nur 
Reinach 1 ) behauptet; das Richtige hätte ihn Aristo- 
teles' Polit. 1321b 1— 1322 a 30 incl. Ichren können. 
Von der damaligen Amtsbefugnis derselben hat Ari- 
stoteles vermutlich selbst nichts gewufst. Dafs sie 
existierten, ist nicht zu bezweifeln. Für die xa^iat xauiai 
haben wir jetzt das direkte Zeugnis aus der ersten 
Hälfte des 6. Jahrh. CIA. IV 3 p. 199 n. 373 288 (!). 
Wie viel ihrer waren, steht nicht fest; die Zehnzahl 
kann erst seit Kleisthenes bestehen, die Inschrift hat 
auch nicht Raum für soviel Namen. Übrigens, dafs 
Aristoteles sie einfach zapiai nennt, braucht nicht eine 
Folge laxen Ausdrucks zu sein; denn das Distinktiv 
zijg Id&rpaq wird erst nötig, seit die Centralisation der 
Schätze der übrigen Götter erfolgte. Damals mufs 
überhaupt eine Umwandlung des Amtes vor sich ge- 
gangen sein. Aus der Hekatompedosinschrift (CIA. 
IV 3 p. 138) folgt, dafs sie vor 480 nicht so sehr Kassen- 
beamte waren wie Verwaltungsbehörde, als welche sie 
die Polizeiaufsicht auf der Burg hatten, und in dieser 
Eigenschaft Polizeistrafen bis zu 3 Obolen verhängen 
konnten. Als sie wesentlich Kassenbearate der be- 
deutendsten Kasse des Landes wurden, mufsten sie für 
diese Mehrbelastung nach anderer Seite hin Erleichte- 
rung erfahren; man befreite sie, wenn auch nur teil- 
weise, von ihrer Polizeipflicht: aus CIA. IV 3 p. 140 
n. 26 a, welche Urkunde bald nach 447 fällt, erfahren wir, 
dafs ein Wachtlokal für eine Polizeiwache von 3 Toxo- 



') Revue des etud. Grecques 1891 p. 145, 2. 



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- 64 - 



7. Kap ten ') auf der Burg erbaut wurde ; den Abschlufs der 
Wandlung des Amtes indiziert das erste Jahr der Publi- 
kation der Übergabeurkunden, 434 3. 

Der Bericht über die Normierung der verschie- 
denen Schatzungsklassen bietet nichts Neues, teils hat 
Pollux VIII 130 dasselbe, wenn auch aus anderer 
Quelle und mit Fremdartigem fortlaufend durchsetzt 2 ), 

') Hermes 1891, 51 ff. 

Pollux und 2) x ur von e j n( . r s te n 0 fl ee historischen Teiles der noX. 

* oX ' A9r ' v, j4&r}P. läfst sich vielleicht annehmen, dafs Pollux sie benutzt hat: 
p. 7, 28 — 8,9 — Pollux VIII 108 vavxouof« — avalMfiara ; alle 
anderen Ähnlichkeiten, wie z. J3. Pollux a. a. O. JrjfxttQ/oi — vav- 
xquqüu ^> p. 28, 17 ff. können nicht als sicher gelten. Sämtliche 
sonstigen Tcstimonia aus Pollux gehören dem systematischen 
Teile an. Das hat zunächst seinen naturlichen Grund in der 
Materie. Aber ganz reicht sie zur Erklärung dieser Erscheinung 
nicht aus, denn es steht in dem ersten Teil doch manches, was 
Pollux auch sonst berührt. Woher seine Zurücksetzung? Pollux 
mufste für seine Art der Schriftstellerei natürlich die aus- 
giebigsten Quellen benutzen. Für die athenische Verfassung 
der vollendeten Demokratie gab es nichts Ausführlicheres als 
Aristoteles' Uueh ; daher benutzt er es hier. Es war ihm meist 
sogar zu ausführlich und mufste gekürzt werden. Die Anti- 
quaria in dem ersten Teile sind dagegen so kurz gehalten, 
dafs er sich nach vollständigeren Nachrichten umsah. So ist 
Poll. VIII 111, über die erste Verfassung, sicher nicht aus 
Aristoteles entnommen, denn der Eingang bis ßovxoXtiov 
widerspricht dem p. 2, 25 Berichteten. Der Satz xal ol fitii- 
Xoriif roO ytvovs yevvfjTttt xal ouoy aXuxreg' yivtt /ulv ov 7xqoo- 
i]xovi&s, fx <F£ rijff avvodnv ovtü) 7TgoaayoQ€v6ju€vot. widerspricht 
Aristoteles' Auffassung der 6poyaXccxTce in der Politik (1252 b 16) 
toixe x«t« tfüatv t) xiout] änoixfrt otxtag tfvat. oft* xaXo0a( rivcg 
o t uoyuXttxT «f, naiätig re xal natäuv naiöag, welche Apposition 
zu streichen gar kein Grund vorliegt ; vgl. auch Töpffer, Attische 
Genealog, p. 9 ff. Dazwischen steht der Satz ore ftivrot, — rgta- 
x«<f*ff. Das könnte man für aristotelisch halten, wenn man er- 
kannt hat, was in dem Lex. Patm. v. revvfjTat (Frg. 385 R 3 ., 
K-W. p. 88) aristotelisch ist. Der Unsinn dieses Artikels geht 



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- 65 - 

teils ist unsere Stelle von dem Lexikographen des fünften 7. Kap, 
Seguerianums fast wörtlich exccrpiert worden, was ich 

schon mit Itywv ovrwg an. Diese Worte können doch nach 
tog larogtl .... "AQiOTOT&ris nur bedeuten, dafs nach dem 
vorhergehenden Excerpte aus dem »Schriftsteller nun dessen 
eigene Worte zum Belege folgen. Aber der Unsinn des wört- 
lichen Citates pafst auf den knappen, präeisen und verständigen 
Bericht wie Ptolernaios Chennos zu Aristoteles, womit ich jedoch 
jenen gar nicht hier in F.age bringen will'; diesen aber, denn 
der erste Teil sieht genau so sehr nach Aristoteles aus, wie 
es der zweite nicht thut. Und seit wann citiert denn, was ein 
ordentlicher griechischer Lexikograph ist, so, dafs er erst einen 
Auszug aus dem Citat giebt und dann das Citat wörtlich folgen 
läfst, und noch dazu eines, das gar nicht pafst? Ich halte dafür, 
dafs der erste Teil des Artikels aristotelisch ist und nach 
stgtOTOTflris Worte fehlen, in welchen der Name des zweiten Autors 
stand, der sich freuen mag, dafs ihm sein Unsinn nun nicht 
mehr in Anrechnung gebracht werden kann. Für die Zu- 
weisung des ersten Teiles an Aristoteles spricht auch, dafs in 
ihm die Ifnwavvrti mit den Geschlechtern zusammen dargestellt 
werden, wie das p. 23, 22 geschieht r« <M yivr\ xal rag ifoa- 
rgtag xal rag hQtoavvctg tta<nr f/ftv ixaarovg xara ra nnrota. 
Mit dem mir als aristotelisch geltenden deckt sich der Satz des 
Poll. oi< — TQtaxttthg inhaltlich. Aber dieser Inhalt ist so wohl- 
feil, dafs er nicht aus Aristoteles zu stammen braucht ; auch sind 
die Worte « ixaXetro rgtaxadtg nicht aristotelisch. Die letzten 
Worte tq(« . . . dr\uioi Qyo( sind ebenfalls wohlfeile Weisheit. Als 
dritte Stelle bleibt nur noch Pollux VIII 130, die für Aristo- 
teles Kap. 7 verhängnisvoll sein soll. An der eben besprochenen 
Stelle hat Pollux einen anderen Autor herangezogen, da ihm 
Aristoteles nicht genug gab; muPebenso hier. Aus Aristoteles 
kann die Stelle gar nicht abgeleitet sein, weil in ihr über die 
Benennung der InnsTg gerade das berichtet wird, | was Aristo- 
teles bekämpft (fx uiv rov <Svvao9ai iQ(t(>etv tnnovg xexXrjo&at). 
Das|Plus gegenüber "Aristoteles, d. h. hier der Unsinn, 'den 
die Einschübe mit avaXioxov bringen, war das Empfehlende; 
denn dafs Pollux selbst den Atthidenbericht, auf den sich 
Aristoteles polemisch bezieht, und der in letzter Instanz ;bei 
Pollux zu Grunde liegt, mit einem anderen kompiliert habe, 
Keil. Aristoteles. 5 



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— 06 - 



i. k»p. allerdings nicht bemerkt finde. Zu p. 7, 2 : ßekk. An. 
298, 20; p. 7, 3: ib. 267, 13; p. 7, 13: ib. 260, 33 und 
261 , 15 , welche beide Stellen zusammengenommen 
Frankel vor der Bemerkung zu Boeckh Staatsh. II 
* 116 n. 805 hätten schützen müssen, dafs t€vyr ( oior die 
richtige, weil richtig von levyog abgeleitete Form sei. 
Wie vom Stamme Levyea- richtig L^vy^aiog abgeleitet 
werden kann, ist mir nicht verständlich. Natürlich ist 
das Adj. von Uvyivrjg abgeleitet und tsvyiaiog nicht 
anders als rtlovoiog, eviavotog u. s. w. gebildet, 
p. 7, 7: Die iititag veranlafst Aristoteles zu einer polemischen 
knthenuon Anmerkung, welche einen schweren Überlieferungsfehler 
enthält, vermutlich durch Ausfall von Worten entstanden, 
wie der Vergleich mit Poll. a. a. O. lehrt. Einen zwei- 
ten Fehler, entstanden durch Einschub, anzuerkennen, 
verhindert mich folgendes. Kaibels Sammlung hat ge- 
lehrt, dafs ein Distichon von Pentametern im 6. Jahrh. 
v. Chr., in welches das betreffende, von Aristoteles 
citierte Verspaar fallen müfste, eine epigrammatische 
Unmöglichkeit ist. Entweder mufs man also den ersten 
Vers ändern — dagegen spricht die übereinstimmende 
Überlieferung bei Pollux und Aristoteles — , oder aber 
man hat anzuerkennen, dafs Aristoteles, richtiger sein 
Gewährsmann, den er hier nach seinen eigenen Worten 
(tvioi cpaai — or^ulov de irticpigovoi) ausschreibt, aus 
dem Dedikationsepigramm nur die für den Beweis 
nötigen Verse ausschrieb; da die beweisenden Worte 
gerade in den Pentametern standen, setzte er diese 
beiden allein hin. Wie diese Annahme über eine 
Änderung des ersten Verses forthilft, so auch über die 



glaube ich nicht. Das hatte ihm gewifs schon Didymos be- 
sorgt. Die Übereinstimmung zwischen Pollux und Aristoteles 
beruht hier auf der Gleichartigkeit der Atthidentradition. 



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- 67 - 



Tilgung von Jiyilov nach elxtjv; deun wenn ein Hexa- 7. K»p. 
meter vorausging — natürlich folgte ein zweiter — p * 7 ' 7 
sind wir nicht mehr gezwungen zu verstehen Anthe- 
mion, der Sohn des Diphiios 1 , welche Interpretation die 
Tilgung nötig erscheinen läfst, sondern können über- 
setzen: 'Anthemion weihte dieses Bild des Diphiios 1 ; 
man denke sich, dafs Anthemion z. B. durch Antritt 
der Erbschaft des Diphiios in die höhere Schatzungs- 
klasse kam 1 ). Ich ziehe diese Interpretation deshalb 
einer Textesänderung, wie sie die Streichung von 
diyikov ist, vor, weil es mir der sicherere Weg er- 
scheint, von den an sich nicht zu beanstandenden 
Worten avaxeizai yaQ sv axgo7t6Xei eixwv 4t(piXov die 
kritisch unsicheren Verse — mag diese Unsicherheit 
nun auf Textesverderbnis oder auf der lückenhaften 
Citierweise des Autors beruhen — zu erklären, statt 
von der Stelle unsicheren Verständnisses aus eine andere 
klaren Wortverstandes zu präjudizieren. 

Im übrigen möchte ich darauf aufmerksam machen, 
dafs wir von dem in Kede stehenden Bilde inschrift- 
liche Nachricht haben. CIA. II 742 (Catalogi signo- 
rum ex aere factorum) aus dem Anfang der zweiten 
Hälfte des 4. Jahrh.: A. v. '12 avd&rjfia Idv^tfii- 
o)v[og .... 13 xwijv t%u xcu Ad[y%jyy vel Ao[<jpoV- 
Damit ist Rühls.av^'/utov (a. a. O. 682) gerichtet. Die 
Inschrift stimmt zu unserer Erklärung: Anthemion 
weiht ; dafs er seine eigene Statue weiht, ist nicht an- 
zunehmen; er weiht die des Diphiios. Also avd&rjfia 
Idv&efiUavog, eixior JiyLXov. 

Die Schhifsworte des 7. Kapitels öio xai vvv Itzu- 

l ) Litteratur über diesen Passus jetzt bei Rühl, Der Staat 
der Athener und kein Ende (Jahrb. f. kl. Phü. Suppl. XVIII) 
p. 681 f. Vgl. übrigens Böekh, Staatsh., I» 580 f. — Vgl. auch 
Pregcr, Inscr. Graec. metr. n. 74. 

5* 



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- 68 - 



7. Kap. dav fsqqrat zov ^eXkovza xlr^gova^ai ziv aQxfri ndiov 
p. 7, 13 ff - T£ '; 0 £ Tt fo% t ovö' av elg el'noi &rpi*6v zusammen- 
gehalten mit dem Passus über die za^tcti zrjg 'Atyrpctq 
Kapitel 47 K?^Qovzai ö*' eJg ex zr t g qpvlrg, ex ne\Tct*oaio- 
{ledi/uvcov xaza zov ZoXcovog vojaov {tzi yag 6 v6/.iog 
y.vQtog eoztv), agyei d' 6 ka%cov y.av rcavv nevrjg r t ent- 
halten eine Schwierigkeit für das Verständnis. Gehört 
der ndvv 7tivr$ denn nicht in das &r;zix6v? kann ein 
Pentakosiomedimne ein navv nev^g sein? 
Der soion. \yi e Aristoteles berichtet und wie er, danach zu 
Qeidconsusschhefsen, selbst es geglaubt hat, wären von Solon an 
den Grundbesitz allein die staatsbürgerlichen Rechte 
geknüpft worden ; denn die Klassen werden als nach 
dem Bodenerträgnis normiert dargestellt. Nun aber 
berichtet Aristoteles selbst Kap. 13 Bit e'öo^ev ccizoig 
dia zo azaaidtetv agyovrccg eXiod-ai dexa, newe {.tev 
ev7zatQid(dv, zgelg öe a[yg]oixtov, dvo de örjjniovgycüv ' xal 
ovzoi zov ( afira dauaoiav r ( g^av eviavxov (581 80). Da 
die Demiurgen, die nicht zu den grundbesitzenden 
Klassen gehören, schon 12 Jahre nach Solon nicht 
blols überhaupt Staatsrechte haben, sondern sogar das 
höchste Amt erreichen können, eine Änderung der 
Verfassung in dieser Richtung aber nicht blofs nicht 
berichtet, sondern bei der Kürze der Frist an sich 
auch unwahrscheinlich ist, so folgt, dafs die Klassen- 
einteilung von Solon nicht nach dem Ertrag des Bodens 
normiert worden ist, sondern dafs das ganze Vermögen 
oder richtiger der Nutzwert des Vermögens der Ein- 
teilung zu Grunde gelegt war. Das ging auch gar 
nicht anders. In einem Lande, welches Kolonialpolitik 
treibt, wie Athen es seit dem Ende des 7. Jahrh. that, 
kann der Kaufmannsstand nicht der Rechte des Staats- 
bürgers entbehren. Kolonialpolitik indiziert den Über- 
gang von der Bodenwirtschaft zur Geld Wirtschaft. Und 



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- CO 



wenn erst in späterer Zeit die Umwandlung des Census- 7. Kap. 
tarifcs aus Produkten- zu Geldsätzen erfolgt wäre, p " 7 ' 13 
sollte die Überlieferung wirklich keine Spur von dieser 
einschneidenden, demokratischen Mafsnahme bewahrt 
haben? — Waren die solonischen Sätze für die ver- Dio ath6n - 
schiedenen Klassen nun von vornherein nach dem Geld- j.^^ vo 
wert bestimmt, so versteht man den Namen TzevcaKOGiOfAB- Solon 
dipvoi nur, wenn dieser Name aus einer früheren Zeit 
der Bodenwirtschaft stammte. Wenn ferner die erste 
Klasse TtevtayLoaiofxiöifivoL hiefs, so war der Census 
für sie nicht, wie Aristoteles für Solon berichtet, nach 
den %r t Qa XOI vygcc, sondern allein nach den £i^a be- 
rechnet, denn die flüssigen Mafse wurden nach Metreten 
gemessen. Dieser Schlufs gewinnt dadurch an Sicher- 
heit, dafs er einen Zug liefert, der durchaus in das 
Bild der Latifundienwirtschaft der Oligarchie pafst; 
der Census für die höchst berechtigte Klasse war, wenn 
nur die Trockenfrucht in Rechnung kam, ein so hoher, 
dafs die höchsten Ämter in der That nur in wenigen Fami- 
lien umgehen konnten. Wie hier der Name für den Census 
dieser Klasse zeugte, so auch der der Hippeis und Zeu- 
giten; wir müssen aus diesen Benennungen schliefsen, 
dafs zu der Zeit, als sie zu den Namen der Schatzungs- 
klassen wurden, in der That für die zweite Klasse die 
Stellung des Ritterpferdes, für die dritte der Besitz 
eines Gespannes der Census war 1 ). Wenn der Ab- 

') Ich berühre mich hier mit Gomperz, Die Schrift vom 
Staatswesen der Athener und ihr neuester Beurteiler (Wien 1891) 
p. 42 ff. und Busolt, Philotogus 1891 (L), 393 ff., welcher Aufsatz 
mir erst nach Abschlufs meiner Arbeit bekannt wurde. Böckh, 
Staatsh. I 8 579 sah den Zwiespalt, aber versuchte eine har- 
monistische Lösung, statt die Konsequenzen aus der Discrepanz 
zwischen der Sache und dem Namen zu ziehen. Die Polemik 
des Aristoteles in der Anmerkung p. 7, 4 — 11 löst sich bei der 



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— 70 — 



7. Kap. stand zwischen der ersten Klasse und den beiden 
7 * 18 ff folgenden als ein sehr hoher erscheint , so stimmt das 
zu dem Charakter einer starren Oligarchie. Wann 
diesem Zustande ein Ende gemacht wurde, ist natürlich 
nicht zu sagen; aber vor Solon mufs es schon ge- 
schehen sein. Denn da Solon, wie wir vorher aus 
den Verhältnissen des Jahres 581/80 schliefsen mufsten, 
schon die Klassen nach dem Geld- und nicht nach dem 
Bodenertrage einteilte, so mufs zwischen dem ersten 
Stadium, während dessen Pentakosiomedimnen, Hippeis 
und Zeugiten noch ihren Namen mit Recht führten, 
und dem durch Solon herbeigeführten Zustande eine 
Epoche liegen, in welcher der Census nach dem Boden- 
ertrage für alle drei Klassen normiert war. Dabei 
bleibe die Frage offen, ob damals zugleich der Ertrag 
der jp]Qa nai vyQa in Anrechnung gebracht wurde, 
oder ob Solon diese Änderung vornahm, welche den 
demokratischen Charakter an der Stirn trägt. Aber 
wenn Solon diese Änderung auch nicht verdankt wird, 
was er für die Entwicklung der Demokratie durch die 
Umrechnung des Bodenertrages in Geld absichtlich, 
und was er mit der Einführung des timokratischen 
Principes unabsichtlich geleistet hat, ist doch von weit- 
tragendster Bedeutung gewesen, 
aionisohe mu f 8 hi er au f <ü e Münzreform kommen. Es 

reform ist von U. Köhler und Head hervorgehoben, dafs die 
Einführung des euböischen Fufses statt des äginäischen 
zunächst dem Kaufmanne Solon verdankt wird, der 
seiner Vaterstadt die Münze geben wollte, welche im 
Osten und Westen am weitesten kursierte und der 



geschichtlichen Betrachtung. Er wie sein Gegner haben recht, 
jeder für seine Epoche, nur, dafs beide es nicht für die solo- 
nische haben. 



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— 71 — 

Kolonialpolitik Athens förderlich sein mufste. Weiter 7. Kap. 
war diese Mafsregel, wie bekannt, ein Schlag nach p - 7 ' 13 * 
aufsen gegen Megara und den Peloponnes überhaupt; 
man sollte sich von ihm emancipieren. Damit wurde 
zugleich auch nach innen gewirkt, denn die Oligarchen 
hielten den Blick immer noch über den saronischen 
Golf hin gerichtet. Allein dies war vielleicht die ge- 
ringste Bedeutung der Einführung des neuen Fufses 
für die innere Politik ; wichtiger war, dafs sie zugleich 
auch den ärmeren Klassen zu gute kam, welche die 
Hochebene und Küste am östlichen Meere bebauten. 
Sie mufsten den Ertrag des ihnen verpachteten Landes 
. wesentlich nach den grofsen Emporien Euboias ab- 
führen, denn noch benahmen Megara und Aigina Athen 
die belebende Seeluft. Dort erhielten sie aber leichtes 
euböisches Geld, welches überhaupt bei der dominie- 
renden politischen und merkantilen Stellung von Chalkis 
auf der gegenüber liegenden Festlandsktiste und auch 
im Osten Attikas stark kursiert haben mui's. In Athen 
aber mufsten die armen Pächter nach dem schweren 
aginftischen Gelde zinsen. Nattirlich mufs eine Um- 
rechnung stattgefunden haben; doch bei jedem solchen 
Geldwechselgeschäft findet ein Verlust auf einer Seite 
statt, und wer den Verlust hier zu tragen hatte, kann 
nicht zweifelhaft sein. Von noch gröfserer Bedeutung 
als nach dieser Seite hin war die Einführung des 
euböischen Fufses für die Organisation des Bürgertums 
durch Solon. Indem er die Censu ssätze nach dem 
Bodenertrage in Geld umrechnete und bei der Um- 
rechnung das um ein starkes Viertel leichtere neue 
Geld in Ansatz brachte, wurden die C ensussätze sämt- 
lich um ein Viertel niedriger, als sie es nach der alten 
Währung geworden wären, d. h. eine bedeutende An- 
zahl von Bürgern kam nun noch in die Zeugitenklasse, 



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- 72 - 

7. k»p. welche nach der Rechnung alten Stiles zu den Theten 
p * 7 * 13 ff ' gehört haben würde; dasselbe Verhältnis trat bei den 
Grenzen zwischen den Zeugiten und Hippeis und 
Pentakosiomedimnen ein. Nur die Höchstbegüterten 
hatten keinen Vorteil. So war die Einführung des 
leichten Geldes in Anwendung auf die Normierung des 
Ceii8iis nach Geldeinkommen ein wichtiger Hebel zur 
Stärkung der Demokratie, und ich zweifele nicht, dafs 
diese Mafsregeln von Solon mit dem vollen Bewufst- 
sein ihrer Bedeutung getroffen worden sind. Die Be- 
deutung der solonischen Reform auf diesem Gebiete 
besteht nicht in der Schaffung eines neuen Steuer- 
klassensystems, sondern in der Benutzung des bestehen- 
den Klassen Steuersystems zur Abstufung der bürger- 
lichen Rechte; die Oligarchie hatte wohl die Steuer- 
klassen zum Zwecke der Besteuerung, aber der Ge- 
nufs der bürgerlichen Rechte war nicht durch sie, 
sondern durch das onhx ixctqiyßobai bedingt. Die de- 
mokratische Tendenz der solonischen Mafsregel wurde 
verstärkt durch die Umrechnung der früheren Census- 
beträge aus Viktualien in Geld und weiter dadurch, 
dafs die Umrechnung nicht in das alte schwere, sondern 
in das neue leichte erfolgte. 
Die solon. Die Einführung des timokratischen Princips in 
y^""^ dieser Weise mag damals etwas Befreiendes gehabt 
«paterer haben, aber es ist zum Fluch für die Entwicklung des 
Zeit athenischen Staates geworden, allerdings nicht durch 
Solons Schuld, denn er war kein Hellseher, so dafs er 
die Unvernunft der Politiker des 5. und 4. Jahr- 
hunderts hätte vorausschauen können. Es kam näm- 
lich so. Durch die ruhige Arbeit der Peisistratiden- 
herrschaft wuchs im 6. Jahrhundert das National- 
vermögen; infolge der Centralisattonskraft des atheni- 
schen Bundesstaates flofs im 5. Jahrhundert das Gold 
aus den gehorchenden Staaten nach der regierenden 



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- 73 



Stelle zusammen ; zu der führenden Stadt im Reiche 7. Kn P . 
der Künste und Wissensehaften strömten im 4. Jahr- 1 
hundert die Fremden von allen Gegenden der grie- 
chischen Welt und liefsen dort Reichtümer. Mit der 
Menge der Ware sinkt der Preis. Grofse Vermögen 
wurden erworben, das Geld verlor an Wert. Wie 
die Lebensmittelpreise vom Ende des 5. bis zum Ende 
des 4. Jahrhunderts stiegen, lehren die athenischen 
Rechnungsurkunden ; noch stärker ist der Unterschied 
zwischen den Preisen der aristotelischen Zeit und denen 
des 6. Jahrhunderts, soviel davon bekannt ist. Solon 
hatte denMedimnos Getreide auf eine Drachme normiert 
(Plut. Sol. 23); also gehörte man mit 5 Minen Ein- 
kommen zur begütertsten Klasse der Bürgerschaft. 
Um das Jahr 400 war, wie Böckh (Staatsh. I 8 144) 
nachgerechnet hat. ein Einkommen von 5 Minen ein 
geringes, und zur Zeit Alexanders des Grofsen konnte 
der Sprecher der Rede gegen Phainippos (§ 22) über 
ein Einkommen von 5 Minen und 40 Dr. sagen: aq? 
r t g tfjv ov fädtov iazi. Es hatte sich also der Geldwert 
innerhalb eines Zeitraumes von zwei und einem halben 
Jahrhundert so verringert, dafs man zu Solons Zeit zu 
den Wohlhabendsten mit einem jährlichen Einkommen 
von 5 Minen, mit 5 Minen jährlichen Einkommens zu 
Demosthen es' Tagen zu den Unbemitteltsten in dem- 
selben Staate gehörte. 

Böckh (a. a. O. I 8 548, 542 ff.) hatte schon aus 
den Schriftstellern erschlossen, dafs die alten Census- 
klassen bis ins 4. Jahrhundert herab in Geltung ge- 
blieben waren. Es traten dann die Urkunde über die 
Kolonisierung von Brea (CIA. I 31 ; c. ol. 80) und 
die Inschrift CIA. I 14 hinzu, in welchen die Zeu- 
giten, Theten und Pentakosiomedimnen genannt waren. 
Jetzt bezeugt Aristoteles das Bestehen der Klassen für 
das Jahr 457/6 (p. 28, 29) und für seine eigene Zeit 



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- 74 - 



7. K* P . (p. 7, 16. 24; 61, 14). Es braucht für das Athen des 
i, 7, 13 ff. ^ un( j ^ Jahrhunderts nicht bewiesen zu werden, dafs 
diese Institution damals ohne Zusammenhang mit der 
Besteuerung der Bürger weiter existierte; sie war da- 
mals allein das Regulativ fiir die verschiedenen Stufen 
des Staatsbürgerrechtes. Man darf nicht annehmen, 
dafs zu diesem Zwecke von dem Staate oder der 
Kommune (Demos) Listen über die Bürger geführt 
wurden; vielmehr mufste jeder, der ein Amt antreten 
wollte, bei der Prüfung nachweisen, dafs er ein Ein- 
kommen hatte, welches ihn zur Führung dieses Amtes 
qualificierte, daher in der Prüfung der Archonten auch 
auf den Vermögensnachweis die Aufforderung geht: 
xaXei toutcov toig fidgrtQag (p. 61, 16). Die Census- 
sätze für die einzelnen Klassen waren im 4. Jahr- 
hundert nach Ausweis des Gesetzes über die Erbtöchter 
aus dem Thetenstande in der Macartatea (§ 54), deren 
Urkunden Wachholz *) als echt erwiesen hat, die gleichen 
wie in solonischer Zeit ; denn die Zahlen von 500 Dr., 
800 Dr., 150 Dr., welche für die 1., 2., 3. Klasse als 
Aussteuer festgesetzt werden, stehen, wie man auch 
die kleine Abweichung für die Zeugiten beurteilen mag, 
in unverkennbarem Zusammenhange mit den Census- 
summen. 

Man erkennt, welches Mifsverhältnis sich daraus 
ergeben mufste, dafs das Geld im Werte sank, die 
alten Censussätze aber bestehen blieben. Die Preise 
der Lebensmittel und der Arbeit stiegen, es mufste 
mehr verdient werden; die Einkommen steigerten sich 
von Jahr zu Jahr, und von Jahr zu Jahr traten , da 
der Gens us nicht mit der Steigerung des Einkommens 
in die Höhe ging, mehr Leute aus den Theten in die 

') De litis instrumentis in Demosthenis quae fertur oratione 
in Macartatum. Dias. Kiel 1878. 



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- 75 - 

Zeugitenklasse über. Seit 457/6 eröffnete schon der i. Kap. 
Zeugitencensus den Zutritt zum höchsten Amte; den pT ' 1,1 
bedenklichsten Elementen stand jetzt der Weg dahin 
frei. Der Staat zahlte am Ende des 4. Jahrhunderts 
als Invalidität«- und Armenunterstützung taglich 
2 Obolen 1 ), d. h. im Jahre 1 M. 20 Dr.: also nur 

x ) Aus Harpokr. s. v. «Vi»r«ro/, wo es heifst, ß' oßoloig irjg 
Ixdarijs TijLtfQas rj oßoloVj tue tf tintv Aomroiikrig iv. *A. n. hat man 
Bedenken gegen die Echtheit unserer Schrift, vgl. p. 54, 28, er- 
hoben, das heifst doeh den Texteszustand dieses Lexikographen 
verkennen und Bekk. An. 345. 15 und Harpokration ignorieren. 
Zudem muffte die Epitome mit ol u(v yaoiv kxuar^g tjuiQag 
oßoXovs Jro, ol <Jl o'ulov schon allein darauf führen, dafs 
der ursprüngliche Harpokrationtcxt anders als der überlieferte 
lautete. Die Angabe Bekk. An. 345, 21 o>c *PiX6xoQos n(rit 
mufs verderbt sein, denn dann hätte die Unterstützung im 
Jahre 3 Minen betragen, also den Census der Ritterklasse er- 
reicht. Aber die von Boeckh (Staatsh. I 3 310 d) befürwortete 
Vermutung, dafs n^vre aus e' doaxuus xara firjrrt entstanden sei, 
ist auch unmöglich, da das die Unterstützung wieder auf 1 Obol 
täglich reduzieren würde. Dagegen trägt Harpokrafions «w,- 
<Püoxoq6c </ij<hv, ÖQ«xiutts xara jjfjm die Bedingungen der 
Richtigkeit in sich. Da bei der Finanzlage des Staates gespart 
werden mufste, so trat eine Reduktion ein, welche den ein- 
zelnen nicht eben hart traf, für den Staat aber bei der Menge 
der Unterstützungen sich als Erleichterung geltend machen 
mufste. 9 Draeh. monatlich gegen 2 Ob. täglich ergeben eine 
jährliche Ersparnis von 12 Dr. pro Kopf. Setzt man mit Boeckh 
(a. a. O. 311) die Zahl der Unterstützungen auf rund 500 an, 
so bedeutet das eine jährliche Ersparnis von einem Talente, 
und die merkte die Finanzverwaltung damals. Aber die An- 
gabe des Harpokr. mufs auf den ersten Blick doch befremden. 
Er sagt xara /jfjva. Der Verwaltungsperioden des athenischen 
Staates sind aber nicht Tage, Monate und .Jahre, sondern Tage, 
Prytanien und Jahre, und alle Zahlungen wurden, wie die 
Inschriften und die nol. A!>r\r. lehren, nach Prytanien geleistet. 
Doch die Schwierigkeit löst sich, wenn man sich besinnt, dafs 
es zu Philochoros' späterer Zeit 12 Prytanien gab, also die 
Prytanien den Monaten gleich waren. Sein Ausdruck ist nur 
ungenau. 



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7. Kap. 80 Dr. mehr, als der Staat an Armengeld gewährte, 
• 13 ff « brauchte ein legitimer Athener im Jahre zu verzehren 
zu haben, um zur Bekleidung der höchsten Staats- 
ämter berechtigt zu sein. Das ist in Wahrheit die 
Demokratie iv l ndvz%g ndvzcov fierixovoiv. In diesen 
Mifsverhältnissen liegt der Schlüssel zum Verständnis 
der völligen Verwilderung der athenischen Demokratie. 
So ist die solonische Verfassung ohne Wollen ihres 
Urhebers in der That das Fundament, auf dem die 
athenische Demokratie sich ausbaute, geworden; dafs 
sie es wurde, ist die Folge der historischen Entwicklung 
gewesen. Die Unvernunft oder, um mit Piaton zu reden, 
die Lakaiennatur (xoÄcrxe/a) der führenden Politiker 
des 5. und 4. Jahrhunderts, welche den veränderten 
Verhältnissen nicht Rechnung tragen wollten oder 
Rechnung zu tragen nicht wagten, trifft der feine Hohn 
in Aristoteles' Worten, welche man jetzt verstehen wird : 
xcrt clq%u 6 l<x%tov xav ndw 7tivr]Q f r Jetzt wird man 
auch zugeben, dafs Aristoteles mit an den athenischen 
Staat dachte, als er in der Politik schrieb (1308 a 35): 
ngbg öi tijv dia xa zifurjfjaza yivofiivrjv fAeraßolyv ig 
oliyagyjag xai noXiztiag, otccv av/ußaivi] tovzo fievov- 
tvjv ftev tiuv avTaiv Ti^rj^dTcov ev7zogiag de 
voiiiof.taTog yivoftivrjg, ovuq>£gei tov Ti^fLiaTog 
imoxonelv tov '/.aivov to nX^og izgbg to rcagel&ov, 
iv ooatg fiiv noXeai TifAwvrai %olt iviavzov, /.aza 
zovzov tov xqovov, ev de xaig fjeltoai öid zgiez^gidog 
rj nevzaerr.glöog, xaV r t nolXanXdoiov iq 7toXXoozi]f,i6giov 
tov ngozegov, iv öi Tiftrjoeig ■x.aztozr i oav Tijg noXi- 
Teiag, v6(jlov elvai xat tcc TifAr^ccTa emTeiveiv^ dvuvat t 
iäv piv VTtegßdXXr}, iniTeivovTag xorrä zr t v noXXanXcL- 
oiwoiv, iav d 3 fAÄctVr/?, dvuvzag xai iXdzzio noiovvrag 
tt]v viftqoiv. iv pev yag Talg bXiyagyiaig xat Talg 
noliTeiaig jUT} tzoiovvziov (.liv ovrwg i'vda piv oXiyag- 
Xiccv l'v^cc de övvaazetav yiveo9ai ovpßaivei, 



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- 77 - 



ixeivwg de ex (.tev n oXiTeiag dypov-gaTiav, im 7. Kap. 
d' bXtyagxlag Tcolixelav r\ dr^ov. Derselbe Gedanke p * 7 ' u 1 
steht in derselben Schrift schon an früherer Stelle 
(1306 b 9) 7ioXXav.ig . .xb Ta^f'v nguiTov viftrj^a 
ngbg xolg nagorzag xaigoig (woze /.tezexetr ev uev rrj 
ohyagxiy bXiyovg iv de zf t noXiceiq Tovg (.uoovg) eie- 
xqgiag yivo^iev^g dl elgyvijVTjdi* ä X X q v xiva 
evTv%ictv gv (.ißaivei (noXXoatbv yivea&ai 
dict to) u o X Xct7t Xctoiov yiveo&ai ti {iij uazog 
a£iag Tag avTag xz o e tg , löore Ttavztov tiez * - 
Xß^v, bze pev £x ngoayioy^g v.al y.ctxa ftix.gbv yt- 
vo(xevr t g zrjg n e z a ß o X /J g v.ai XavO-avoi a i t g y 
bri de /.ai Öäzzov. 



Achtes Kapitel. 

Den Inhalt des achten Kapitels fassen die Eingangs- 
worte des neunten in den Satz zusammen : za . . negi 
zag agxog zovzov zbv Tgbnov. Es zerfällt in 

zwei sehr verschieden lange Abschnitte. Den ersten 
bildet der erste Satz, welcher die allgemeine Norm für 
die Beamtenbestellung giebt : Tag 6* agxag i7Zolrjae xXy- 
gci/zag ix 7zgoKgtT(ov oig r/.aOTr] 7tgoxgiveie tiuv qjvXwr, 
Der zweite Abschnitt füllt das ganze übrige Kapitel; 
er enthält die Einzelbesprechung folgender Amter: 
a) der Archonten (bis p. 7, 28); b) der mit der Landes- 
einteilung in Verbindung stehenden Phylobasileis und 
Naukraren (bis p. 8,0); c) der beiden Körper- 
schaften, der Bule und des Areopag. Dieses Grund- 
schema ist erweitert oder ausgeführt ; in a) durch einen 
doppelten Beleg (Indizienbeweis) für die Angabe, dafs 
Solon für die Arehonten einen doppelten Wahlakt eiir 



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- 78 — 



8. Kap. führte, und durch die Anfügung einer Anmerkung über 
die Ämterbesetzung in dem ersten Stadium der athe- 
nischen Verfassungsgeschichte; in b) durch den Beleg 
für die Verwaltungsthätigkeit der Naukraren; in 
c) durch die Anführung eines Gesetzes, welches zugleich 
mit der gesetzlichen Befugnis des Areopags tovq inl 
vfj nunaXvaei tov irfftov üvviazaiAtvovg xoiveiv die Ver- 
fassung zu stützen bestimmt war. 

Der Wahlmodus war ein doppelter für die Archonten : 
7TQOXQiveiv und xhfäovv. Das will Aristoteles beweisen. 
Für den doppelten Wahlgang führt er die noch 
bestehende doppelte Losung an ; dafür, dafs überhaupt 
eine Erlösung der Amter aus den Schatzungsklassen 
in der solonischen Verfassung vorgesehen war, was, 
wie sich sogleich zeigen wird, in der Antike nicht all- 
gemein so dargestellt wurde, wird das noch in Kraft 
stehende Tamiaigesetz des Solon citiert. Damit hat 
Aristoteles gesagt, was er über die Wahl der Archonten 
nach Solons Satzungen sagen will: 2olwv ftiv olv ov- 
uog ivono&tirjOev neoi ituv ctqyövtiav. Es schliefst sich 
hieran nun der auf den ersten Blick befremdende Satz 
to yaQ ctQxaiov r) tv Ifoetq) ncc/y ßovlij avaKaleaa^ivrj 
Kai yiQivaaa xor#' ccvxrp tcv iniTrfieiov iq>' warnt] twv 
ao%un> In \iv\a\yx\ov [xa&iotä]oa anioreXlev. Dieser 
Satz ist gerichtet gegen diejenigen, welche die Erlösung 
aus Schatzungsklassen nicht für eine solonische Insti- 
tution hielten. Es gilt zu bestimmen, nach welcher Rich- 
tung hin die aristotelische Polemik gewendet war. 
nox. k^ijr. Isokrates stellt als Thema seines Areopagitikos *) 

und Isokr. ^ 7 

Areopag 

r ) F. Dümmler, Chronologische Beiträge zu einigen plato- 
nischen Dialogen aus den Beden des Isokrates (Basel 1890) fafst 
Isokrates' Antidosis, Friedensrede (Symmachikos) und Areopa- 
gitikos als eine Trilogie zusammen, deren drei Teile sämtlich 
durch die Gegnerschaft der platonischen Schule und der 



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- 79 - 



hin (§ 16): Evgl<nuo yaq taiirp fi6vi t v ixv yspo^terrjv 8. Kap. 
xert tü*v insXkoiviov mvdvvtw a7V0JQ07njv %ai tt»v naQOv- 



scharfen, von Piaton an Isokrates' Wesen, Lehre nnd politischer 
Stellung geübten Kritik hervorgerufen seien; ebenso sucht er 
die kyprische Trilogie genetisch zu erklären. Ich bedauere, 
eben weil ich viel von ihm gelernt habe, es lebhaft, ihm hierin 
nicht folgen zu können. Die Antidosis ist für mich die Konse- 
quenz des Areopagitikos und Symmachikos. In ihnen hatte 
er an der demokratischen Verfassung eine Kritik geübt, die 
sich durchaus in den Geleisen der von der Akademie geübten 
hielt. Die Folge war, dafs man jetzt den Lobredner der De- 
mokratie — obgleich er sich im Areopagitikos ausdrücklich gegen 
ähnliche Unterstellungen verwahrt hatte (§ 57 f.) und nicht um- 
sonst sowohl zu den Namen des Solon und Kleisthenes jene Zu- 
sätze gemacht (s. den Text) hatte, wie er eben dieselben noch ein- 
mal als JrjuortxuTaTot (§ 59) gelobt haben wollte — für einen 
Überläufer m das feindliche Lager ansah. Er weist daher aus 
seinen Reden nach, dafs er stets eine loyale Gesinnung gegen die 
Demokratie in seinen Schriften bekundet habe , und zweitens 
zieht er durch die polemisch gehaltene Darlegung seiner An- 
sicht über Philosophie und philosophischen Unterricht eine 
Scheidewand zwischen der Akademie und sich. Die demokra- 
tisch gesinnten Väter brauchten also keine Sorge zu tragen, 
ihm ihre Söhne zur Erziehung zu geben. Diesen rein persön- 
lichen Charakter trägt m. E. nur die Antidosis. Areopagitikos 
und Symmachikos sind für mich zunächst rein politische Flug- 
schriften. Dafür, dafs Isokrates in ihnen eine Palinodie des 
Panegyrikos anstimmt, sehe ich den Grund in der Lehre, die 
ihm die Geschichte seiner Vaterstadt in den letzten zwanzig 
Jahren gegeben hatte. Er wurde dadurch in die Bahnen der 
akademischen Kritik getrieben und lernte jetzt beim Piaton. 
Anleihen bei diesem sind daher jetzt natürlich und machen die 
gleichzeitig geübte Polemik nicht zu einer illoyalen. Auf die 
Bestreitung der Auffassung, dafs diese Schriften zunächst po- 
litische Zweckpublikationen sein sollten und durch die politische 
Misere hervorgerufen waren, mufs ich mit Aristoteles' Worten 
antworten Mxtuov . . . ix Tifr Ullis nohte(as &*<o(>€iv ti)v ix€(- 
vov ßovkijmr. Isokrates hat Zeit seines Lebens als Politiker 
wirken wollen; das bezeugt er selbst des öfteren, und seine 



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- 80 — 



9. Kap. Tiov xcrxcur a.naXXayr\v, r\v e&eXfocojAev evMvrjv %ry dr^o- 
%gaiiav avaXaßeiv y rv SoXfxiV fiiv 6 dr^oiixiorccTog yevo- 



Lehre, deren Endzweck die Praxis ist, bestätigt seine Worte. 
Wenn sich Schriften von ihm als politische Fluglittcratur 
geben, so liegt kein Grund vor, den deutlichen Augenschein 
für Maske zu halten. Die Polemik gegen Piaton ist für mich 
ein Accedens, aber nicht das Regens in ihnen. Einer isokra- 
tischen Rede, weil sie eine isokratische Rede war, im 4. Jahrh. 
politischen Wert und Wirksamkeit in Athen oder aufser Athen 
abzusprechen, verhindert mich die Bedeutung des Mannes, 
welche für jene Zeit von keinem Schriftsteller mehr anerkannt 
wird als von Piaton. Die Heftigkeit und teilweise Illoyalität 
seiner Kritik findet ihre Erklärung in der bedeutenden Stellung 
des Gegners. Die athenische Verfassung von damals zu be- 
kämpfen hatte Piaton aufgegeben, dem bedeutendsten litterari- 
schen Vertreter der demokratischen Rhetorik und ihrer ober- 
flächlichen Bildung, dem Lobredner des athenischen Staates, 
gilt der Kampf ebensosehr wie dem Quasi-Philosophen Isokrates. 
Feig aber war es, dafs Isokrates in der Antidosis den Rückzug 
wieder antrat; allein den Mut der Überzeugung habe ich ihm 
nie zugetraut (Hermes 23, 373). Ich leugne auch nicht, dafs 
Isokrates mit dem politischen Zwecke des Areopagitikos einen 
persönlichen zu verbinden gesucht hat. Der Passus über die 
Verwilderung der Jugend unter der bestehenden Demokratie 
im Gegensatze zu der Erziehung, welche der Areopag in der 
alten Verfassung den Bürgern angedeihen liefs, führt zu dem 
Schlüsse: man soll dem Manne die Söhne zur Erziehung geben, 
welcher diese gute alte Zeit befürwortet; denn bei ihm werden 
die Jungen ja nach den Grundsätzen dieser Zeit erzogen werden. 
Das Gefühl der Verwaisung klingt gewifs aus den Worten § 55 
anr])Mt$tv (die alte Verfassung) . . . rot»? notaßiTttiovg reih' 
tt&v,uudv Jftig Tiucug rttig 7ioXtTixtti<; xttt talg Ticcpa rwv viu)t£qu>v 
&tQuni(aig. Aber kann man den Panegyrikos wegen seines 
Einganges und Schlusses auch allein als eine Schrift für seine 
Rhetorik halten? Er spricht darin, wenn auch nicht so viel, 
so doch viel deutlicher pro domo als an irgend einem Punkte 
des Areopagitikos. Wie er im Panegyrikos neben dem poli- 
tischen Hauptzwecke seinem persönlichen Nebenzwecke nach- 
ging, so, denke ich, auch im Areopagitikos. 



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- 81 - 



/luvoq ivofio^iztjaev , Kleia^evt^g ö* o Tovg Tvgdvvovg 8. Kap. 
ixßaXwv mal iov öffiov '/.aTayaywv nctkiv e£ dgxrjg tceci- p ' 7 ' 26 1 
oitjoev. Isokrates identifiziert also die solonische und 
kleisthenische Verfassung und denkt sich diese bis 
nach den Perserkriegen in Kraft bestehend. Das Bild 
dieser Verfassung malt er von § 20 ab aus. Dafs er 
hier die solonische Verfassung zumeist im Auge hat, 
folgt nicht blofs aus der mitgeteilten Prothesis, sondern 
auch aus seiner Darstellung selbst. Er suchte sich zu 
dieser die Farben zunächst aus den historischen Be- 
richten über die Zeit vor Solon und aus Solons Ge- 
dichten selbst mehrfach so zusammen, dafs er die vor 
Solon bestehenden und von diesem bekämpften Schäden 
des athenischen Staates in die entgegengesetzten Vor- 
züge umkehrte und diese der von ihm geschilderten, 
nach Solons Gesetzen geleiteten Epoche zuschrieb. 
Dazu nahm er auch noch Züge aus der Tradition über 
die auf Solon zunächst folgende Zeit. Eine derartige 
Technik ist roh, so roh, dafs man manchmal eine 
Parodie zu lesen glaubt; aber sie ist nicht zu bezweifeln. 
Man lese (§ 31): o'i xe y dg tt ev t ot ego l t wv n oki - 
t wv t o a ovt ov an sl%ov t ov (p O-o v elv t olg JtXeiw 
xBATTj/Aivoig, watf bfxoiwg hajdovto twv ol'/.wv twv 
(Aeydliov waneg twv oyertgwv aiTwv . . . o% ig ydg olaiag 
k"xovT£gov% onwg V7cegewgwv xovg -Aaxaö eiote- 
gov ngdxx ovxag, cclti vjio).at.ißdvovieg aiaxvvr t v 
avxoig elvat xrp twv nolixwv mcoqiav e7Ti i f.tvvov 
Talg ivdeiaig, xöig (.dv yewgyiag ini nexgiatg 
fit od-woeo i Ttagadiöovxeg^ xovg de kclx if.i7T.ogiav 
8Y.7cifi7tovTeg y xolg ö' elg Tag allag igyaaiag 
dcpogptjv Ttagexo VTeg ' ov ydg eöedieoav, fxr, dvoiv 
&aTeoov 7zd9oiev, rj ndvTwv OTegr^elev j) 7tolld 
ngdynctTCt o%6vieg utgog tl /.outüaivxo twv 7cgoed-ev- 
twv. In der ersten Hälfte dieser Ausführungen kehrt 

Keil, Aristoteles 6 



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- 82 — 



8. K»p. er also die vorsolonischen Zustände ins Gregenteil um, 
• 7 ' 26 ff ' im Schlufs ebenso die Seisachtheia ; so vgl. xar' kfino- 
giav zu Sol. frg. 4, 23 zojv de TievixQuiv iy.vovvzai noXXoi 
yalav ig dXXodanrjv TtQaÜevzeg und aus den Iamben 
noXXovg 6*' l4&r t vag . . . dvrjyayov 7TQa&evzag. Die 
Worte dg rag dXXag egyaaiag nee. klingen direkt an 
das an, was Aristoteles (p. 16, 11) von Peisistratos be- 
richtet: zölg ajtoQOig TTQoeddvei^e XQ^paza 7TQog 
rag igyaolag y coaze diazQeqpeo&ai yewgyovvzag. 
Hierzu stelle man sogleich noch rfiiov eugeov zovg da- 
vei^ofiivovg r t zovg dnodidovzag' d^qpozega ydq al- 
zolg ovveß aivev .... apa ydg zovg ze ixoXizag 
wqpeXovv (sind sie nicht selbst auch noXizai?) xai zd 
oepezeg' avzüv evegyd v.a&Lozaoav. yieqpdXaiov de 
zov xaXcüg aXXqXoig SfiiXelv al (xev ydg (a) xrtj- 
oetg doqpaXeig ncrav olüTteg xaid zb dixaiov vnrigxov, al 
(b) XQy a£l S xotvai ndüi zolg deo f.ievo ig 
ziov noXiztov (§ 35). Wenn die zweite Hälfte dieses 
Satzes nicht einfach die folgenden Worte des aristote- 
lischen Berichtes über Peisistratos paraphrasisch auf 
den Demos übertragen zeigt, dann weifs ich nicht, wie 
das Verhältnifs zwischen den beiden Darstellungen zu 
fassen ist: eßovXovzo yaQ (a) zert ziov yvwgifiwv (b) xai 
zeuv dr)f.iozixwv noXXoi' zovg pev ydg zalg 6 piXiaig, 
zovg de zalg eig zd idia ßorj&eiaig 7tgoor { yero y 
xai ngbg d^q?ozegovg iTteqpvxei xolwg (p. 17, 18). 
Und dasselbe Verhältnis besteht zwischen der ersten 
Hälfte jenes Satzes und dem Berichte bei Aristoteles 
über Peisistratos (p. 18, 13 ff.): zovzo d' iitoiei dvoiv 
ydgiv iva(.iyz 3 iv z(p dazei dtazglßwaiv dXXa die- 
a 7i a Qf.i ev o t xazd %wqav } xai onoig ev7Zogovvzeg zcüv 
(.teiQUOv ("v) Isokr. zovg TtoXizag wqpeXovv) fivz eizi- 
■ÜvfAüioi [irjze oxoXdtioo i e*7tifAe?.eiod-ai zwv 
xoivwv' apa de ovveßaivev avzaj xal zag Tcoooodovg 



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- 83 - 



y8vio9m (ttitovQ £ geQyatofitsvrjg t^g %tüQCtg l ). 8. Kap. 
Die Worte, welche hierin der Parallele aus jenem p ' 7 ' 26 i 
Isokratessatze noch entbehren, linden sie § 25: ovrw 
d* aneixovzo ocpöÖQCc twv t% nolewg, toove %aleni!neQOv 
rp> h sxeivoig zoXg XQOvoig evQeiv tovg ßovlopevovg 
agX eiv ? v ^ v toi'S prfiw 6eof.Uvovg. In der Darstellung 
des Isokrates ist man oft im Unklaren, wen der Schrift- 
steller sich eigentlich als Wohlthäter oder als 7to?Jtrjg 
denkt, denn er redet von den ganzen Generationen, 
von dem ganzen Volke, zu dem doch sowohl die Wohl- 
thäter wie die Unterstützten gehören. Die Unklarheit 

*) Was P. Meyer, Des Aristoteles Politik und die 'Aörjv. noX. 
(Bonn 1891) S. 49 hier als Parallelsten en aus der Politik anführt 
(1313 b 23, vgl. 1305 a 19), ist höehst problematischer Natur 
Die wirklichen Parallelen sind 1318 b 11, <ft« . . to jjt] noXXrjv 
oi-otav fxnv uo/oXog, cSoTf firj noXXdxtg ixxXrjoidCetv' tft« o7 ro 
fytlV Tavayxaia npog Toig tpyoig i$iaTp(ßovoi xal Ttov dXXorpfiov 
ovx (niOvjnovatVy dXX* fjöiov avroTg to tpyd£(0&at rot noXirtve- 
o9ai xal oQxetv, onov dv pi) p XtjfjfiaTa ueyaXa dnb tcov dnywv 
(vgl. Isoer. VII 25 ot'd'* . . . taxonovv . . . (t ti Xfjujja napa- 
XtXotnaatv ol nttottQOV dp/ovrig) und 1319 a 28 äid to nepl rr\v 
dyopdv xal to uotv xvXfeo&at (vgl. den Text oben) nuv ro 
toioviov y(vog tog einiiv QaSiiog ?xxXr)Oia£ei' ol dt ytiopyoüvTtg 
6td rö tf teon d q & ai xard ttv ytopav our* anavTwaiv ov&* 
'poftog öforrat rrjg avvodov roiavrijg. Übrigens gehört 1305 a 7 
Inl dt tö>v do^aitov, Sie ytvono 6 avrog 6 rjfnty toy 6g xal 
or QdTriyog, tlg t vpavvlöa //fr 6 ßaXXov p. 24, 14 o yoo 
Iltto(ai0aiog drjfittycjyog xal otqut t]yog inv r vpavvog 
x (ct i oi 17, welches Meyer auch angeführt hat, mit zu den 
charakteristischsten Partien für das Verhältnis unseres Buches 
zur Politik. — Wichtig wäre die Anführung von 1304 b 8 xt- 
vovot tfi Tag noXirtiag otI filv dta ßfag, ort oV «7iari;c, <f*a 
ß(ag (xXv j? tv&vg t£ dp/jg rjvaTtpov dvayxd£ovTeg. xal yäg 
q dnaTT] üiTTti gewesen, da sie die Richtigkeit der von ßlafs 
zuerst gegebenen Herstellung p. 15, 12 hStxctrtp ndkv hei 
tö\t() ngtoTOV avaxT\aaoftai ßlq tt\v «o/qr beweist ; zweimal 
geschah es cr7r«r/j. 

6* 



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— 84 - 



8. Kap. erklärt sich daraus , dafs der Sophist ftir seine Dar- 
h 7, 26 ff. 8te u un g e i ner demokratischen Verwaltung die Züge 
von der Tyrannis des Peisistratos nach einer ihm vor- 
liegenden Quelle entnahm ; auf diesen pafst alles. Bei 
einem so tollen Mi fsb rauch, wie ihn Isokrates hier mit 
der Überlieferung treibt, mufste natürlich Schiefheit 
und Unklarheit im einzelnen wie im ganzen eintreten; 
und die Übertreibungen, von denen seine Darstellung 
wimmelt, machen die Sache nur noch schlimmer. Doch 
weiter (§ 33): ewgwv ydg zovg neqi züv oviißoXcdiüv 
TLQtvowag oi) zatg imeiyMaig XQ (0 ^ V0V S aUa volg vo- 
fiioig Tteid-o^iivovg: vgl. Sol. frg. 4, 14 ovds <f>v- 
Xdaoovzai oeiivd Stfjie&Xct Ji%r t g und in den Iamben 
^lOfiovg d' 6(.ioitog — eyQCtipa (p. 12, 2); von Peisi- 
stratos heifst es: Tcqor^qeizo ndvza diortelv x,aza zovg 
%>6(J.ovg, ovöefAiav eavz([) 7c?.eovE^iav dtdovg, worauf die 
Geschichte von seinem Erscheinen vor dem Areopag 
folgt (p. 17, 12). So auch Areop. § 24 (.te{.ia&r<y.6zeg 
r t auv . . . jxr} tcüv ^iiv otxfitW dpeXelv, zolg d' dXXo- 
zqioig ijzißovXeveiv^ firfi* $% naiv dr/ (xoo i iov zd oept- 
zeg' avzwv diowelv .... ,uijd' axoißtozegov eldevai 
zag «x twv ccqxsuov noooodoüg tj . . . ovzio d' aneixorio 
ocfoöqu ztov r»]g noXewg xr*. , vgl. Sol. frg. 4, 11 
nlovtovGt ö y adinoig tQypaoi 7cei#6(.ievoi, ov& 
teQwv xzedvwv ovts %i d^fAoaiiov qeid6f.tevoL vXiuxov- 
giv hp* aQ7cayfj dXXo&ev dXXog. Und bei dieser Art von 
Arbeit kommt Isokrates sich noch fast wie der Dichter 
der EvvoiiLa selbst vor. Solons: zavza didd^ai $Vftog 
l4&r}vaiovg neXevei, wg xeexe* TzXeloza n6Xu dvavofiia 
naotxzi, evvouia d 3 evytooiia xai dgzia ndvz' dnoyaivst, 
xzk. würde man das Motto zum Areopagitikos nennen 
können, wenn es nicht zu schade dafür wäre. Isokrates 
stellt die ct>xoo></cr, weiche Solon durch die abschreckende 
Schilderung der övovotiia erstrebte, als durch Solon wirk- 



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- 85 - 



lieh herbeigeführt dar; Selon hatte der dvovofiia eine 8. Kap. 
kurze Schlufsschilderung der evvofiia entgegengesetzt, p ' 7> 26 * 
Isokrates schiebt durch fortwährende Antithesen das Bild 
der dvovofiia als Relief unter das der tvxooptia. Diese 
(§ 82 vrtb ftiv exeivr t g zrg evzal-iag ovziog htatdev- 
Srpav . . . nqbg dgez^v; 70 e^avzbv enidel^ai ßovXdftevog 
Öixaiag xai xoo^iiag erti&V[.tovrza noXizeiag) sieht er in 
der Zeit von Solon bis nach den Perserkriegen in Athen 
herrschend. In dem Bilde dieser von Solon inaugu- 
rierten und von Kleisthenes wieder aufgenommenen 
Verfassung heifst es nun (§ 21): dvölv laoz^zoiv vo(.u- 
Lo^evaiv elvaiy xai zijg fdiv zavzov anaoiv drtovefAOvarjg 
zrjg de to 7tooorjxov exdozotg } ovx rjyvoovv zrjv %Qr t oi- 
ptozegav (vgl. § 61), aXXa zi]v (niv zcov avzdov ett-tovoav 
zovg XQTqoiovg xai zoig novrjQolg etnedoxi^atov wg ov 
dixaiav ovoav, zrjv de xazd zi t v a£iav exaozov zipioaav 
xai xoXdtovoav rrgorjgovvzo, xai did zavzrjg or/.ovv zrjv 
nbkiv, ovx e| andvziov tag dgxccg xXqgovvzeg, 
dXXd zovg ßeXzlozovg xai zovg txaviozdzovg 
$(p' e'xaozov zwv l'gywv n goxg ivovzeg . . . 
67teiza xai dr^ozixwzegav hofAiLov elvai zavrrjv zr t v 
xazdotaoiv rj zrjv dia zov Xayxdveiv ytyvouevrp. iv [*ev 
yag zf t xXr^gwoei zrjv rix*]* ßgctßevoeiv . . , iv de tq 
ngoxgiveiv zovg iniEixeüzdzovg zov drjpiov i'oeo&ai xvgiov 
eXeottai xze. Isokrates also sagt, dafs d i e A t h e n e r der 
solonischen Verfassung gemafs die Amter nicht 
durch das Xayxdveiv bestellt hätten, sondern durch das 
frgoY.oivsiv zovg ßeXziozovg xai toig 'txaviozdzovg e<p 
h'xaozov ztjv k'gycov. Aristoteles sagt, dafs die Athener 
der solonischen Verfassung gemäfs die Ämter durch 
das xXr t govv Ix zwv iiur>fuui(ov bestellt hätten; denn «</,-, , * 
nur in der ganz alten Zeit sei e3 gewesen, wo die t { 
areopagitische Bule avaxaXeaafnevrj xai xgivaoa . ,7» ... /. 
iy exetozr) z(ov dgyßv ht enavzbv xaÖ-iorccoa drze- , 



- >. 

, i* |> c i » * ' 



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- 86 - 



. Kap. azeXXev. Es könnte hiernach den Anschein haben, als 
p. 7, 26 ff. QD A r i s t 0 t e i e8 die hier von Isokrates vertretene Ansicht 
bekämpfe, indem er den Berieht über eine Auswahl 
der Beamten nach Befähigung auf Grund der solo- 
ni sehen. Verfassung dahin richtig stellt, dafs eine 
solche Auswahl einmal durch den Areopag und zwei- 
tens in der ältesten Verfassungsperiode statt- 
gefunden habe. Allein noch sind wir nicht am Ziele. 
nox. 'Ad*}*. Aristoteles' Polemik enthält zwei Wörtchen, welche 
U pL!atn J * n Isokrates' Areopagitikos einen direkten Gegensatz 
lso ff. nicht haben : «x zifArj^dziov. Isokrates hatte nichts 
Bestimmtes über die Modalität des 7tQoyigivetv gesagt. 
Vielleicht gewinnen jene Worte auf folgendem Wege eine 
klarere Beziehung. Es ist eine für jeden Leser not- 
wendige Beobachtung, dafs Isokrates im Panathenaikos 
die ältere athenische Geschichte fast im Gegensatz zu 
seinen früheren Darstellungen behandelt (§ 123 ff.). 
Thescus ist in der Helena (§ 35 ff.) der Monarch, der 
auf Verlangen des Volkes die Herrschaft, die er nieder- 
legen wollte, bis ans Lebensende führt, zfi zwv noXizwv 
evvol<jc doQvepOQOvpevog, wie Peisistratos bei Aristoteles 
zfj fuev i§ovai(f zvqccvvcuv, zaig d* evegysoiaig dfjpaywywv; 
im Panathenaikos legt er die Herrschaft nieder, widmet 
sich dem Heile der ganzen Menschheit. Euripides' 
Herakliden sind hier fühlbar: § 170 von der Unter- 
stützung der Herakliden sagt er 6 df^og Hjtqnpt 
TiQEoßdav eig Qtjßag; das ist die sXev&iga jzofog' öf^og 
ö' avdaaei. Isokrates wehrt § 127. 172 ein Vorrücken 
der älteren Darstellung ausdrücklich ab. Der wichtigste 
Unterschied ist der, dafs er die staatlichen und sozialen 
Zustände, welche er im Areopagitikos der von Solon aus- 
gehenden Verfassungsepoche zugeschrieben hatte, jetzt 
der Zeit bis Solon vindiziert (§ 148): zavzt] . . %QWfiivog 
ovy. iXdzztü xiXLwv h&v, all* ifjfieivag, olntQ i'Xaße, 



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— 87 - 



piXQi t% ZoXwvog fiiv TjliKiag, üeioiaigccTov de dwa- 8. Kap. 
OTeiag. Klar ist der Ausdruck nicht ganz, aber die p ' 7 * 26 1 
solonische Epoche wird noch zu der jetzt von ihm 
flir gut erklärten Zeit gerechnet, welche genau mit 
denselben Farben gezeichnet wird wie im Areopagiti- 
kos die von Solon heraufgeführte Periode bis zu 
den Perserkriegen, was nebenbei bemerkt eine un- 
verächtliche Instanz für die Richtigkeit der oben ge- 
gebenen Auffassung ist, dafs Isokrates die im Areo- 
pagitikos geschilderten Verfassungszustände wirklich auf 
Solon bezogen wissen wollte, und somit der Satz zb yag 
agyratov xrf. bei Aristoteles zunächst richtig interpretiert 
war. Woher nun diese andere Auffassung? § 145 negi 
Toig avtovg xgovovg y.a&ioTaoav \ni tag ctQ%ag xolg 
7rgoxgt&tvrag vtzo twv (pv"k£rwv xcrt dr^orwv. Man 
sieht, eine Ketractation seiner Worte im Areopagitikos : 
nicht von Solon eingerichtet, sondern schon vor Solon 
bestehend und von ihm nur belassen ist die Institution 
des ngov-gheiv; nicht mehr unklar bleibt, wer das 7tgo- 
v.Qtveiv besorgt: vno twv (pvkerwv xo/ öi^iotwv heifst es 
ausdrücklich; unklar bleibt aber auch hier zunächst, ob 
die Wahl aus dem ganzen Volke erfolgte. Allein diese 
Unklarheit wird durch die etwas später folgenden Worte 
aufgehoben (§ 147): . . . ^ivfitTCOT av yevto&ai, drmo- 
'AQcrtiav aXrfteoTegav /nröi ßeßai(rrigav p^di un /.).<> v t(p 
nXr^u ovfjKfiqo vaav tfjg twv iuiv toio vtwv ngcty (xa- 
tbiwv (d. h. Amterbekleidung) aze Xeiav r<p ö-i t ut<> 
diöovor t g, zov öi tag aQX&S yictraoiijoai aal Xaßeiv oVxr^r 
7tctQa twv i^a/nagTovrwv Avgtov rzoiovorjg, ansg inag- 
%u xori twv Tvgawwv TÖig etdaifioveoTccToig. Also 
die Wahlen linden nicht aus dem nl^og oder drjfjog 
statt. Etwa aus den yvwgifioi, um mit Aristoteles zu 
reden? oder aus den Tififj^ava? Die Antwort giebt 
Isokrates wieder an einer anderen Stelle (§ 131): xöw- 



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- 88 - 



8. Kap. oxqoavxo . . örjfAOKQaxtav . . . ccQiotov.Qaxta (de) XQiofii- 
'* 7 ' 26 ff * * ' 7]v oi ftev TtoXlol xQrjOtiuüTarrjV olaav wonEQ xtjv 
oltto twv t if.irj ftdtiüv ev xaig itoXixeiaig agi&- 
[uovoiv, ob öV ccpafriav ayvoovvxeg, alla öia xc ^rjdev 
TTionoT avxolg ftelrjoai TlüV deovxiov. eyio de Q?rui rag 
(i£p Ideag xwv rtoXixeuZv rosig etvai fiovag, oXiyagyJav 
örjiioxocaiav ftovagylav, twv d' ev xavxaig oixovvrtuv 
oooi f.iev eliü&aoiv ifti rag dgyag xa&ioxdvai 
Kai Tag aXXag rrgduBig xovg LKavvjxdxovg xvjv ttoXi- 
x(av . . . . , xovxovg fiev ev anaaaig xaig 7CoXixelaig 
nahog or/.tfoetv. Wer aber, heilst es weiter, umgekehrt 
für die Ämterbesetzung sorgt, dem geht es schlecht, 
wie es uns jetzt eben schlecht geht (gegen Demo- 
ßthenes u. s. w.). Das thaten die Alten nicht, sie 
nahmen die ßeXxioxovg xori cpgovi^orxdxovg Kai agioxa 
ßeßuoKOtag (§ 143). Das war die Zeit, — so wird 
der Anschlufs nach oben gewonnen — wo sie 
azaoav siri xdg dgxag xovg nqoKqi&evxag vtxo xtov 
qpvXexwv nai dr t {.ioxvjv. Jetzt haben wir eine klare 
Vorstellung. Isokrates berichtet: in der Zeit bis auf 
Solon bestellte man die Ämter, indem man von den 
Phylen und Demen die geeignetsten und besten Männer 
dafür auswählen (TtgoKgLveiv) liefs; das Wählen oltzo 
xi\ir^kdxo)v wird dabei ausdrücklich zurückgewiesen. 
Die übrige Polemik, die ja an sich klar liegt, ist des 
öfteren behandelt worden ; sie ist für uns hier dadurch 
interessant, dafs sie sich gegen die Akademie richtet. 

Die Darstellung im Panathenaikos ist im Vergleich 
mit dem Areopagitikos ein Rückzug auf der ganzen 
Linie, nicht blofs im einzelnen, was die Ämterbesetzung 
betrifft. Denn Isokrates setzt jetzt, d. h. nach etwa 
15 Jahren, vor Solon, was er früher nach Solon an- 
gesetzt hatte. Gegenüber dem aristokratischen Zug, 
der den Charakter der Darstellung im Areopagitikos 



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- 89 - 



bestimmt, ist die Tendenz im Panathenaikos eine 8. Kap. 
demokratische a outrance : seit Theseus die Demokratie, p 7 ' 26 ff ' 
diese Demokratie kennt schon die Phylen- und Demen. 
einteilung, Peisistratos der tyrannische Wüterich. Die 
Opposition gegen die la^ayvitovreg der Akademie hat ihn 
zu dieser Utrierung getrieben. Er thut mehrfach über- 
legen, um zu verschleiern, dafs die Kritik dieser Schule 
auf seine historische Darstellung von Einflute gewesen 
ist ; sie hat die Ketractation im ganzen wie im einzelnen 
veranlafst. Man kann noch erkennen, wie sauer dem 
Isokrates der Rückzug geworden ist; auf drei Stellen 
verteilt er seine Angaben über die Amterbesetzung, 
um nicht auf einmal zuviel zurücknehmen zu müssen, 
und an der ersten Stelle maskiert er den Rückzug 
durch eine die Gegner meistern sollende Polemik über 
die verschiedenen Staatsformen. Aus den Kreisen der 
Akademie stammte die Kritik seines Areopagitikos; 
Aristoteles gehörte damals auch nach dem Urteile 
der Gegner Piatons noch zur Akademie, und ich 
zweifle nicht, dafs er mit seiner überlegenen historischen 
Kenntnis unter Hinweis auf widersprechende Indizien 
die historischen Angaben im Areopagitikos für falsch 
erklart hat. Doch ob Aristoteles der Kritiker war 
oder nicht, ein Hinweis wie der angedeutete hat statt- 
gefunden, denn Isokrates repliziert auf ihn in direktem 
Zusammenhange mit seiner historischen Darstellung 
(§ 149 f.): tax ovv dv Tiveg dronov eivai fje rprj- 
oetav .... oti toX(.u7) Xeyetv ojg axQißwg etdiog negl 
7tQCtyiJid%u)v, olg ov naQi t v TTQaxro^lvoig iyw d' oidtv 
TovTiov aloyov olpcu nouiv el fiiv yag poyog tni- 
otevov to ig t£ Xey of.it voi g Jtegi %wv naXanov 
xot tolg ygapfiaoi tolg et; inelvov tov xqo- 
vov naga dedo ptvoig rtfi!*, tixorwg av fnitttup- 
Hrjv. vvv Ös iroXXoi /.ai vovv i'yovreg zavtov iuoi (pareiev 



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- 90 — 



8. Kap. av 7tenov&6zeg . . . dXXa yag ovr* äfteXeiv /.aXiog t%u 
.7,2« -fßp xoiovtvjv t'Ttohqipetov, zvxov yag ftrßevbg dvzeinov- 
zog Xvpifivaivz* av %r\v dXy&eiav xze. Isokrates beruft 
sich gegenüber der akademischen Kritik auf die schrift- 
liche und mündliche Tradition. — Also auf die von Iso- 
krates im Jahre 339 so retractierte Darstellung : 'bis auf 
Solon und unter Solon wurden die Ämter besetzt durch 
ein ngoxgivetv, welches die (ftXtzai und ör^ozai aus den 
ixaviuzazot für die einzelnen Amter vornahmen 1 ant- 
wortet Aristoteles zwischen 329 — 325: zu dgxcuov f] ev 
tdgeiqj 7cdyq/ ßovXi) avayLaXeoanevrj xot xgivaoa xa#' 
avzi]v icp 1 fxaaxv; zwv agywv in 1 eviavzbv xa&iocäoa 
dntozeXXev. Auf die Berufung des Isokrates auf die 
Tradition antwortet er mit dem Indizien beweis : 
b&ev tri öia^tvu zaig (fiXalg xrl. und ar^itTiov ö* bzi 
•*.Xr i gu)zdg Inoir^aiv ex z if.tr] (.i dz wv xzh. 

So ist der Satz ib yag dgxatov uze. die Richtig- 
stellung eines gegnerischen Berichtes. Aristoteles fügt 
ihn seiner eigenen Darstellung hintenan; wir würden 
in diesem Falle eine Anmerkung daraus machen. Der 
polemische Charakter dieses Satzes erklärt nun auch 
die befremdliche Thatsache, dafs hier auf die drakon- 
ische Ämterbesetzung gar nicht Rücksicht genommen 
wird. Aristoteles sagt eben nur soviel, wie er zur Be- 
richtigung der gerade hier widersprechenden Auf- 
stellung des Isokrates ftir notwendig erachtete; auf 
einen Gegensatz zwischen Solons Institution und den 
früheren Modalitäten der Ämterbesetzung überhaupt 
kam es an dieser Stelle gar nicht an. 

Eine kleine Schwierigkeit bleibt noch, ehe die 
Interpretation weiter gehen kann, zu erörtern. Die 
Ähnlichkeit zwischen einzelnen Stellen in Isokrates' 
Areopagitikos und Aristoteles' Darstellung der Herr- 
schaft des Peisistratos ist so grofs, dafs ein Abhängig- 



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— 91 - 



keitsverhältnis auf Grund eines dritten Schriftstellers 8. Kap. 
sicher ist; denn direkt können sie nicht voneinander p " 7 ' 28 J 
abhängen. Man kann aber als gemeinsame Quelle doch 
nur eine Atthis l ) ansetzen. Nun beruft sich Isokrates 
für seine Darstellung im Panathenaikos auf die Tra- 
dition, mündliche und schriftliche; diese kann doch 
nur in einer Atthis enthalten gewesen sein. Aber die 
Darstellung in der jüngeren Rede ist grundverschieden 
von der in der älteren. Hat er also für jene eine 
andere Atthis als ftir diese benutzt? Denkbar wäre es 
ja, denn seines Schülers Androtion Atthis konnte in- 
zwischen erschienen sein; allein betrachtet man die 
beiden Darstellungen des Isokrates auf den Unterschied 
an thatsächlichen Angaben, so sieht man bald, dafs 
nur die Angaben über die Ämterbesetzung geändert 
sind, was überhaupt fast das einzige Thatsächliche in 
der ganzen Darstellung ist, alles andere ist mehr oder 
weniger ein allgemeines Herumgerede; und um dieses 
in ein demokratisches Licht zu setzen, dazu bedurfte es 
keiner neuen Quelle ; für die Verlegung seiner Darstellung 
in die ältere Zeit ebensowenig. Denn was er im Areopa- 
gitikos auftischt von einem unveränderten Zustande von 
Solon über Peisistratos und Kleisthenes bis zu Salamis, 
kann so in keiner Chronik gestanden haben ; er brauchte 
jetzt nur seine alte Quelle in anderer Weise verfälscht 
wieder zu geben. Damals hat er gelogen, indem er 
wissentlich die Geschichte fälschte, im grofsen durch 



') Ich bemerke ein für allemal, dafs ich «Atthis» nicht in 
dem von v. Wilamowitz gebrauchten Sinne der 'Stadtchronik 
Athens» verwende, sondern auch da, wo ich von «der Atthis» 
scheinbar allgemein spreche, immer eine bestimmte Atthis 
welches Autors auch immer meine, nämlich die dem betreffen- 
den Schriftsteller an der betreffenden Stelle gerade vorliegende 
Atthis. 



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- 92 - 



8. Kap. die Ignorierung der Tyrannis und der kleisthenischen 
p. 7, 26 ff. R e f orm> i m einzelnen bei dem Bericht Uber die Aniter- 
besetzung und mit der Übertragung der Züge der 
Tyrannis auf die Demokratie. Jetzt zwingt ihn die 
Kritik der Akademie, die Wahrheit zu sagen; nur halb 
thut er es und auch dabei noch sehr gewunden, und 
nun beruft er sich stolz auf seine Quellen, die er da- 
mals weislich verschwieg. Dafs er jetzt andere hatte 
als damals, ist trotz seiner Versicherung dem Panathenai- 
kos nicht zu entnehmen. Die Übereinstimmungen im 
Areopagitikos und der noX. *A&r\v. auf eine gemein- 
same dritte Quelle, die Atthis, zurückzuführen, hindert 
also nichts. Die Akademie oder Aristoteles war ihm 
ferner beim Areopagitikos schon auf seine Schliche ge- 
kommen; dafs er die Übertragung der Thätigkeit des 
Peisistratos auf die Demokratie vorgenommen hatte, 
war ihm vorgerückt worden. Beweis: im Panathe- 
naikos fehlen bei der Idealisierung der alten Verfassung 
alle die Stellen, welche eigentlich auf Peisistratos gehen ; 
nur um den Schein des Rechtens zu wahren, heifst es 
vom Peisistratos: dr^ayioyog yevo^tevog xai noXla rrjv 
ftoltv Ivurjvdpevog xoi zovg ßeltiatovg twv itoXixiav 
wg oltyagxixovg övrag i%ßa)M)v (Lykurgos und Me- 
gakles) Televriov zov ze dr^ov *at£\voe xcm tvqccwov 
avzov xartozrjoe, womit er sagt: ich habe die Über- 
tragung jener Züge nicht vorgenommen, denn solch 
ein Mensch war der Peisistratos — woher bei ihm die 
Züge, die ich an der alten Demokratie wieder fand? 
Er lügt wieder, nachdem er den Ansatz gemacht hatte, 
die Wahrheit zu sagen. Ein klägliches Bild, besonders 
kläglich im Gegensatz zu der wissenschaftlichen Ruhe, 
mit welcher Aristoteles in der 7toh 'ASy. die Antwort 
giebt. 

Polemik enthalten auch die nächstfolgenden Sätze ; 



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— 93 — 



ob sie gegen Isokrates direkt gerichtet ist, ist mir 8. Kap. 
zweifelhaft, jedenfalls gegen die Überlieferung, die er p * 81 1 ff ' 
vertritt. Nach dieser bestand zu Solons Zeit schon 
die Phylen- und Demeneinteilung (s. 0. S. 87). Aristo- 
teles setzt dem sein cpvlai ö* qoav zazzageg xa&ct7reQ 
7ZQozegov entgegen. Mit den 10 Phylen waren die 
Demen verbunden, mit den vieren nicht; er wehrt mit den 
Worten (pvXai zbzzaQeg die ganze andere Darstellung ab. 
Der Zusatz Y.ai>antQ jzqoziqov wird für das Folgende 
durch die Verbalformen rjoav veve/Atjuevat. und ?}v xa-* 
xheazrjxvla im Bewufstsein des Lesers lebendig gehalten, 
und besonders klar kommt es dem Leser zum Bewufst- 
sein, dafs hier von Institutionen die Rede ist, welche 
Solon nicht einsetzte, sondern reeipierte, wenn er nach 
dieser unpersönlichen Darstellungsweiso zu den persön- 
lich gehaltenen Worten ßovXrjv ö*' inotyoe kommt: 
hier setzt Solons Thätigkeit ein. Die Demarchen hatten 
die Kassenangelegenheiten unter sich ; hätten sie schon 
zu Solons Zeit bestanden, wie die bei Isokrates zu 
Grunde liegende Version annimmt, so müfsten sie in 
den Gesetzen Solons vorkommen. Allein — wieder ein 
Indizienbeweis — in den solonischen Gesetzen werden 
für die späteren Demarchen die Naukraren oft genannt. 
Die Überlieferung ist wieder gerichtet. 

Aristoteles setzt also die Institution der Naukraren Naukraren 
schon vor Solon. Dafs wir über die sonstige gewifs 
nicht geringe Stellung der Naukraren — sie waren 
Kassenbeamte — in dem Staatswesen im Unklaren 
bleiben, schadet nicht soviel, wie es nützt, dafs 
Aristoteles den Bericht des Herodot bestätigt, nach 
welchem die Naukraren schon um 640 v. Chr. bestehen. 
Bestand die Institution aber schon in der Mitte des 
7. Jahrhunderts, dann sehe ich nicht, wie man sich 



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— 94 - 



8. k»p- bei der Meyer'schen Etymologie *) des Wortes vav- 
P . 8, l ff. xQagog von va $g un( J dem Stamme xäp-, %Qä beruhigen 
kann, wie es jetzt allgemein zu geschehen scheint. Ich 
vermag wenigstens nicht einzusehen, wie ein Amt 
seinen Namen von der Sorge für die Flotte tragen 
soll in einem Staate, der zu der Zeit, wo dieses 
Amt eine bedeutende Stelle in der Verwaltung ein- 
nahm, gar keine Flotte hatte, noch auch eine haben 
konnte. Ja, man kann nicht einmal auf eine Kolonial- 
politik hinweisen, denn um 650 v. Chr. gab es eine 
solche für Athen noch nicht. Es scheint mir, dafs 
diese Ableitung aus demselben Grunde unmöglich ist 
wie z. B. der ernstliche Baunacksehe Versuch, ^d^vrj 
und ]Attiy.ti etymologisch zusammenzubringen; dieser 
Grund ist die Geschichte. Athene wird erst durch Athen 
Herrin von Attika, vorher herrschen andere Gott- 
heiten; der Name s4t&ig — *^ivti-M[ ist älter als die 
Herrschaft der Göttin über das Land, das seinen 
Namen von ihr tragen soll. Der Name vavxgagog 
soll von der Sorge für die Flotte, natürlich der des 
Staates, da es sich um den Namen eines Staats- 
beamten handelt, herkommen ; aber der Name ist älter 
als die Epoche, da der athenische Kaufmann seine 
Schiffe baute, und viel älter als der Zeitpunkt, da der 
Staat selbst zum Bau einer Flotte kam. Ich mufs mich 
mit diesem negativen Schlüsse vorläufig zufrieden geben. 
Denn die Möglichkeit, dafs Name und Amt aus einer 
anderen Zeit oder aus einem anderen Staate herüber- 
genoramen seien, kann nicht in Betracht kommen. So 
lange das Wort nur in Athen nachweisbar ist, mufs 
es als in Athen für die Funktionen des Amtes, dessen 
Wesen es bezeichnete, geprägt gelten; wer aber in 



') Curtius Stud. Vit 175 ff. 



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- 95 - 



Athen nach einer Periode suchen will, da ein solches 8. K»p. 
Seeamt eingesetzt worden wäre, der müfste sich die 
Frage gefallen lassen: ag' ijörj y.ai ta i'rv/Aa ovy. avev 
ye Grjaetug 1 ); 

Wenig sagt Aristoteles über die Neuordnung der Bule, p. 8, 9 
aber gerade soviel, wie genügt, um den Fortschritt gegen 
Drakon zu markieren. Nach dieses Verfassung wird 
die Bule, wie andere Ämter, aus der ganzen mit Staats- 
rechten bedachten Bürgerschaft zusammengesetzt ohne 
Rücksicht auf die Phyleneinteilung. Solon läfst das 
demokratische l'oov eintreten; jede Phyle stellt gleich- 
viel Buleuten; damit hängt die Veränderung der Zahl 
zusammen: ßovXr t v d* snot^ae T£iQcr/.ooiovg, htccröv ef; 
hnaavqg q>vlyg. Zugleich enthält die Darstellung dieses 
Kapitels im Zusammenhang mit dem dritten und vierten 
eine Ablehnung der herodoteischen Angabe, dafs zur 



*) In einer Anmerkung will ich wenigstens die Über- 
zeugung aussprechen, dafs mir die sprachliche Gegeninstanz 
gegen die Ableitung des Wortes von vttFos nicht soviel be- 
weist wie die historische Thatsache, dafs die Naukraren in der 
solonischen Verfassung Distriktsverwalter waren. Wie die 
Tttpttti aus Tempelbeamten in späterer Zeit zu Kassenbeamten 
wurden, so könnte es auch mit den vavxQttQoi ergangen sein; 
sie erscheinen wesentlich als solche. Im Heiligtum ruhte die 
Kasse am sichersten, und der gentilicische Charakter der alten 
Verfassung macht die Entwicklung der Naukraren aus Kult- 
beamten besonders erklärlich. Die Hauptheiligtümer der von 
den verschiedenen grofsen Geschlechtsgemeinschaften verehrten 
Gottheiten waren natürliche Mittelpunkte für gröfsere Distrikte. 
Für diese mufsten die Tempelbehörden besonders auch in 
finanzieller Hinsicht eine administrative Thätigkeit entwickeln. 
Der Staat hatte nur in feste Form zu fassen, was der Kult 
historisch hatte werden lassen, und das war leicht, da Staat 
und Kirche nicht auseinander fielen. — Die Bemerkungen von 
A. Schäfer, Jahrb. f. Jd. Phil 1*71 (CHI). 54 beweisen nichts für 
Athen. 



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- 96 - 



8. K»p. Zeit des Kylonischen Frevels die Prytanen der Nau- 
kraren die Hauptverwaltungsbehörde in Athen waren 
(V 71). Der Areopag war dies für Aristoteles in der 

Prytauen Zeit vor Drakon. Prytanen hängen für Aristoteles in 
Athen mit der Bule zusammen, daher treten sie in der 
Verfassung zuerst auf, welche die Bule zuerst bringt, 
in der drakonischen. Dafs sie eine bedeutende Stelle 
im Staate hatten, ergiebt der Zusammenhang des 4. Ka- 
pitels, aber bedeutender ist der Areopag. An der 
von Drakon bestimmten Stellung der Bule ändert Solon 
nichts; also bleibt die Stellung der Prytanen dieselbe 
wie unter Drakon, die des Areopags wird noch ge- 
steigert. Hätte Aristoteles unter Prytanen im 4. Kapitel 
andere als die der Bule verstanden, d. h. bei der 
Darstellung einer Zeit, wo die Bule schon existierte, 
wo also jeder bei Prytanen an die Bule denken mufs, 
so hätte er das gesagt. Die Naukraren blieben nach 
Solon, was sie vor ihm waren, wie er es ausdrücklich 
sagt, im wesentlichen Dktriktsverwalter. So ergiebt 
des Aristoteles Darstellung, dafs von Drakon ab die 
Prytanen nicht die der Naukraren, sondern die der 
Bule waren. In der Zeit vor Drakon sind für ihn die 
9 Archonten und der Rat auf dem Areopag, nament- 
lich der letztere, die leitenden Behörden, was die Ar- 
chonten betrifft ganz in Übereinstimmung mit Thuky- 
dides (I 123). Die Prytanen der Naukraren werden 
auch hier abgelehnt. — Im übrigen ist der Lakonismus 
in der Angabe über die solonische Ordnung der Bule 
für mich allein schon genügender Beweis für die Echt- 
heit des 4. Kapitels. Mag der Darstellung der dra- 
konischen Verfassung welche Parteischrift auch immer 
zu Grunde liegen, sie enthält viele sehr alte Züge. 
Dazu gehört die Zahl 401 für die Bule ; sie stellt sich 
zu den ungeraden Zahlen 9 der Archonten, 51 der 



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Epheten, 11 der t'vöexa, geht also in älteste Zeiten 8. Kap. 
hinauf. Ebenso ist der Satz 6lg ibv atzbv ftr} oq%elv 
hqo tov 7tdvxag dieX&elv *) ein Zeugnis für das Alter, 
denn er setzt einen kleinen Staat voraus. Ebenso be- 
weisen die Echtheit die hohen Strafsummen für Fehlen 
in der Volksversammlung : das ist eben drakontisch 2 ). 
Mit dem xXtjqovv und alg8ia&ai ist nicht viel zu machen, 
denn vor ikaTTOvg p. 3, 23 ist eine Lücke, deren Um- 
fang ungewife ist, und deren richtige Supplierung die 
Schwierigkeiten heben könnte. Warum hat man nicht 
auch an nctldag «x ya^ierr^g yvrjotovg Anstois genommen? 

Für den nun folgenden Bericht über die solonische P . 8, 10 ff. 
Organisation des Areopags bedient sich Aristoteles fast 
derselben Ausdrücke, welche er in den beiden früheren 
Abschnitten über diese Körperschaft gebraucht hatte. 

») Kenyon 8 bemerkt, dafs für [tfie]£fi#efr KW« nicht 
Kaum ist; vgl. Pol. 1300 a 26 äoj uv Jt^*jj Jt« navxmv rwr 
TtoXirüiv vom Verlosen der Amter; aber auch ?wc av ÖK&X&rj 
<Ft« nuvrbtv 1298 a 17 von dem Umgehen der Amter; hier 
sehwankt jedoch die Überlieferung zwischen tFt<{-, öi- und 

*) Die Ochsengeldstrafe aus Drakons Gesetzen bei Pollux 
(IX 61) hat man für einen Beweis der Unechtheit des 4. Kap. 
nur ansehen können, weil man nach dem Syllogismus sehlofs: 
Cäsar hatte eine Habichtsnase, alle grofsen Männer haben eine 
Habichtsnase, Lucius hat eine Stumpfhase, also ist Lucius kein 
grofser Mann. — Die Parallelstellen Pol. 1297 a 14 ff. 1298 b 17 
vgl. 1294 a 37, welche schon mehrfach in die Diskussion ge- 
zogen wurden, sind doch ziemlich irrelevant für die Echtheits- 
frage ; sie beweisen nur, dafs die drakontische Verfassung nach 
Aristoteles' Ansicht eine oligarchische war, was nol. Lj&rjv. 
p. 1, 7 ausdrücklich steht Bei dem ausgesprochenen Charakter 
dieser Verfassung, die nie anders hat beurteilt werden können, 
beweist aber die Gleichheit der Beurteilung wenig mehr als 
nichts. Im übrigen habe ich absichtlich oben die Stelle Pol. 
1274a 1 über die Bule, obgleich ich sie für echt halte, nicht 
herangezogen; die Worte des 8. Kap. beweisen ja an sich. 

Keil, Aristoteles. 7 



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- 98 — 



8. k»i». Kapp. 3. 

p - 8 « 10 ff >} di zto>> Uqio- 
nayizwv ßovXtj 
Typ i*iv zdj-iv 
elxe zov öiaz^geiv 
zovg vopovg, dup- 
"AEl di TO nXsi- 
oza xal zu pi- 
yioza zaiv iv zjj 
noXei, xai xold- 
Lovaa mal £17/11- 
ovoa jtdvzag zoig 
cc/.oouovvzag XI- 



rj di ßovXrj ^ If 
'Aotioi ndyov 
qwXa^ r t v t&v vc- 
{iiüv xai diezrjgei 
zag aQxdg t ontog 
xorra roi>g vopovg 



8. 

r^v de zalv 'Aqeo- 
7cayiziuv (sc. /?ov- 
Xrp) k'za&v i[yzi 
zb] vopocpvXa- 
xetv t tJ07reQ V7irjg- 
XBv xai 71QOZBQOV 
agxwoiv. iniaxonog ovoa 

zijgnoXizeiag, xai 
zd ze aXXa xai za 
[Jtyioza zCjv no 
Xiz(ixüvy dte- 
zriQU) xai zovg 
duagzdvovzag 
rjv&vvev xvQia 
ovoa [xai tr^i- 
[ovv] xai xoXaCuv 
xze. 

Die Ähnlichkeit aller drei Stellen ist bedacht, aber 
ebenso bedacht sind die Differenzen , deren Bedeut- 
samkeit man über der sonstigen Ähnlichkeit nur zu 
leicht übersieht. Die Interpretation geht wieder aus 



') Auf die Athetesen des 4. Kap. nehme ich keine Rück- 
sicht. Sie sachlich zu widerlegen, wäre in den meisten Punk- 
ten nicht schwer, die Methode in ihnen, namentlich in Reinachs 
Kritik, zu charakterisieren, unterlasse ich: difficäe est scUiram 
non scrtbere. Die im Text gegebenen Ausführungen zeigen, 
dafs die Angaben des 4. Kapitels sich nicht nur vertragen mit 
der Anschauung, die Aristoteles von der Entwicklung der Ver- 
fassung bis auf Solon hat, sondern dafs ohne sie sich Lücken 
in der aristotelischen Darstellung finden würden. — Neben- 
bei die Parallele: iyyvTjTas <f* rov avrov xiXovg öexopfrove 
(p. 3, 28 f.X im Buleuteneid ovdk Ji}o<o W^va/W oöfcva, os 
uv (yyvTjrcti tqvs xctfoorfi to avro rilos Tekoövrtts Demosth. 
XXIV 144. 



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- 00 - 



von dem Parallelbericht des Plutarch (c. 10): 2tOTq- « Kap. 
odpevog de tty iv Idgeiy ndytp ßovXqv ex twv „JJ" pJ u J 

hiavzbv ciqxovtiov %r t v öi avu) ßovXfjv inioxO' Sol. 19. 

jtov ndvuov Kai fpvhtm tiüv vofiiov ixd&toev . . . Ol 
ftiv ovv Ttketazoi tt}v 'Agüov ndyov ßovhqv, worteg 
ei'grjrai, loXwva ovatyoaoitai q>aoi ' xai ^agrvgelv av- 
rolg doMti ndXiota 10 ^rjöauov %6v JgdxovTa Xkyuv 
jur/d* ovoud^leiv Idgeonayixag , dXXd xoig frphmg det 
diaXiyeottat 7tegi tiov qpoviKtüv. Im Folgenden führt er 
dann selbst den 13. Axon des Solon für das frühere 
Bestehen des Areopags an. Es ist an sich klar und 
wird ausdrücklich durch das waneg eigijtai bestätigt 
dafs Plutarch mit 01 fniv ovv TtXeiovoi ein eigenes Rai- 
sonnement beginnt, und dafs nur die vorhergehenden 
Worte seiner Quelle entstammen. Diese Quelle behaup- 
tete nun gerade das Gegenteil von dem, was Aristoteles 
sagt, kann also nicht aus diesem geschöpft haben. 
Plutarch sucht selbst erst das, was bei Aristoteles schon 
stand, zu beweisen; hätte er die tzqX. 'Athjv. bei der 
Niederschrift dieses Kapitels zur Hand gehabt, würde er 
die Autorität des Aristoteles anzuführen nicht unterlassen 
haben. Dies ist nur ein Schlufs ex silentio, aber die 
Autorität des Aristoteles macht ihn in diesem Falle 
beweisend. So hat also Plutarch hier den Aristoteles 
nicht benutzt; nicht einmal indirekt kann das Kapitel 
aus Aristoteles geflossen sein 1 ). Nun decken sich 



*) Das konnte natürlich Begemann a. a. 0. p. 20 noch 
behaupten ; als Mittclquelle nimmt er Didymos an. Auch dies 
erledigt sich im folgenden. Dafs Plutarch das Amnestiegesetz 
aus Didymos hat, bezweifle ich nicht; aber gerade, dafs er 
dieses in einer selbständigen Beweisführung verarbeitet, beweist, 
dafs Didymos nicht für den ganzen Rest des Kapitels zu 
Grunde liegt. Die Selbständigkeit der Beweisführung ist durch 

7* 



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- 100 - 



8. K»p. aber die Ausdrücke eniamnov naviwv xai (pv'Aaxa 
' 8t 10 ff tiov vofiwv in einer solchen Weise mit Aristoteles' 
Worten, dafs hier ein Zusammenhang existieren mufs. 
Da Plutarch Aristoteles hier nicht zur Hand hatte, die 
Worte also schon aus seiner Quelle stammen müssen, 
und da andererseits auch diese hier dem Aristoteles 
nicht folgt, so bleibt nur die Annahme übrig, dafs 
Aristoteles und diese Quelle auf ein gleichartiges 
Quellenmaterial zurückgehen. Dieses Quellenmaterial 
enthielt aber, wie aus Plutarchs Bericht folgt, diejenige 
Überlieferung, welche von Aristoteles bestritten wird, 
nämlich dafs erst Solon den Areopag eingesetzt habe. 
>OC 37 ViI Isokrates im Areopagitikos sagt von der solonischen 
Verfassung: ovza) yag t\fjiujv oi ngoyovoi atjodoa neql 
%rp otofpQOOvvTjv eonovdatov, wate trjv e£ 'siqeiov rcct- 
yov ßovXr\v en eazrjaav en i fuelelo&ai tr t g ev- 
/.oa^iiag (§ 37) .... mal tovg axoo f.iovvzag 
ccvrjov eig ttp ßovkijv' ij de tovg fiiv ivov&izei, zotg d* 
yneilet, tovg <T wg ngoarj"/.ev exoXaLev (§ 46). 
Uber die Bedeutung von eniaxrßctv kann man streiten ; 
es kann darin liegen, dafs der Areopag damals erst ein- 
gesetzt wurde, es braucht dies aber nicht damit gesagt 
zu sein. Dafs dennoch jenes eneoxrpav die Bedeutung 
von 'sie setzten ein' hat, beweist der Vergleich der 
beiden Darstellungen der älteren athenischen Geschichte 
im Areopagitikos und Panathenaikos. Dort, wo er die 
Zeit von Solon ab behandelt, ist der Areopag die Seele 
des Staates, hier, wo er die frühere Zeit bis Solon 
schildert, fehlt jede Erwähnung dieser Körperschaft. 
Isokrates denkt sich also den Areopag erst durch 
Solon eingesetzt, d. h. am Schlüsse der Epoche, welche 



das non liquet des Schlusses (ravrn fxtv oiv xai «trog tnioxona) 
sicher indiziert. 



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- 101 - 



er im Panathenaikos schildert ; es ist ganz folgerichtig, dafs 8. Kap. 
er von dem Wirken jener Körperschaft in der späteren p 8 ' 10 fl 
Darstellung nichts sagt. Seine Auffassung stimmt also 
mit der von Plutarch berichteten im Princip überein, 
und auch im Ausdruck finden sich Gleichheiten (axo- 
a^toivras;, ixokalev). Isokrates folgte aber einer Atthis ; 
eine solche liegt auch Plutarchs Bericht zu Grunde. War 
dies die Darstellung der Atthiden, dann ist Plutarchs 
Angabe, dafs die meisten Autoren Solon die Einsetzung 
des Areopags zuschrieben, besonders erklärlich. Und 
dafs die Atthis dem Solon diese wichtige Institution 
gegen die Wahrheit zuschrieb, liegt in der ganzen 
solonfreundlichen Färbung dieser demokratischen Über- 
lieferung begründet. Der Vergleich — um dies hier 
gleich zu sagen — mit den früher behandelten Stellen, 
an welchen dasselbe Verhältnis wie hier zwischen der 
Quelle Plutarchs und der nol. l4$r}v. vorlag, ergiebt, 
dafs, wenn an jenen Stellen Hermippos die Quelle 
Plutarchs war, dieser auch hier dessen Berichte zu 
Grunde liegt. 

Aristoteles bekämpft die Überlieferung der Atthis, Areo P »g 
deshalb setzt er an unserer Stelle ausdrücklich hinzu 
wOTiCQ vnr^QXEv %ai nQOteQOv, gerade wie er oben in 
der Polemik gegen die Hinaufrückung der Demen- 
verfassung in die Zeit vor Kleisthenes '/.a^artSQ ttqo- 
jcqov gesagt hatte, und wie er mit xa&antQ dii'.oiio 
xcti Ttgotegoy (p. 6, 18) ausdrücklich den Atthisbericht 
bestritt, welcher Solon die erstmalige Volksteilung nach 
vier tiXi] zuschrieb. Dieses woneg vnfjgxev xai ngoregov 
rechtfertigt zugleich die fast häfslich typische Ausdrucks- 
weise an den drei auf den Areopag bezüglichen Stellen 
einigerin afsen. Im übrigen liegt gerade in der drei- 
fachen Wiederholung derselben Termini ein gutes Stück 
Polemik; so schärft man seine Ansicht ein. Aber bei 



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- 102 - 



8. Xap. aller Gleichheit treten doch die Verschiedenheiten 
• 8 ' 10 ff " deutlich hervor. Sie kommen am klarsten zum Be- 
wufstsein, wenn man hintereinander erzählt, was Aristo- 
teles zerreifst. In ältester Zeit gab es drei Beamte, 
den Basileus, Polemarchos und Archon; sie walteten 
zuerst auf Lebenszeit, dann auf 10 Jahre, endlich nur 
ein Jahr. Zur Zeit, da sie auf ein Jahr bestellt 
wurden, hatte der Areopag die Bestellung, indem 
er nach eigenem Ermessen die Männer für die Ämter 
aussuchte (p. 7, 26). Dann kommt die Periode, wo 
die Beamten gewählt wurden; in sie fällt die Ein- 
setzung der Thesmotheten : sie wurden immer nur fiir 
ein Jahr gewählt (p. 2, 19 f.). Die Beamten hatten 
die Privatprozesse (vag dixag) zu endgültiger Entschei- 
dung abzuurteilen. Zu dieser Zeit hatte der Areopag 
nach der verfassungsmäfsigen Ordnung (r^v 
ftiv ra^iv el%e) nur die Stellung eines Aufsichtsrates 
für die gesetzliche Ordnung im Staatswesen ; in Wirk- 
lichkeit < rW/H de) leitete er fast alles und das Be- 
deutendste, was die Staatsverwaltung brachte, und dazu 
hatte er die Machtbefugnis, als einzige Instanz (xvquoq) 
Korrektions- und Pönalstrafen l ) über alle zu ver- 
hängen, welche sich gegen die bestehende Ordnung 2 ) 

• 

*) Die Definition von xolct&iv und itfiiaQttv bei Aristot. 
Rhet. 1369 b 12 {StatptoH 3k Tiucxna xa\ xolaaif fj /jkv yag xo- 
Xaote tov nua^ovrof Hvexa Am»», ^ 3h TifJtoQftt roO noioCvrog^ 
Xva «7io7iXt t>«>;h \ giebt für xoldCftv die Definition, welche wir 
auch hier gebrauchen. ClfnoOv wird ja meist von Geldstrafen 
gebraucht; dafs es auch einen weiteren Begriff hatte, versteht 
sich, und lehrt Pollux VIII 2 zudem ausdrücklich: ov %Qh «** 
uyvotiv ort Cvf iitxv °*> T h v XQW ai(t f*wov ixnlovv, «JU« xttt 
tt)v ttg to mZutt. Diese Bedeutung mufs es hier haben. Die 
gewöhnliche hat (tifuovv und tjnfaftttoois p. 50, 7. 8; eine Zeile 
vorher scharf: xqwuvi CtifiioOv. 

2 ) to ig axoauoenag: so auch vom Areopag Isokr. Areop. 46 
rovs axoafxodvTtts ävqytv tls ir} v ßov).r\v, und wie Aristot. p. 8, 13 



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vergingen. Die Archonten wurden damals gewählt, aus 8. Kap. 
dem Geburts- und Geldadel, und aus ihnen setzte der p ' 8 ' 10 f 
Areopag sieh zusammen. Drakon: die Archonten 
werden nach einem bestimmten Census gewählt; die 
Zahl der Beamten wächst; die Gesetze sind jetzt kodi- 
fiziert (p. 44, 23), nach ihnen haben die Beamten zu 
walten. Es ist natürlich, dafs der Rat, welcher (pvXa§ tuv 
vofnov war, jetzt die Aufsicht über die Beamten er- 

tovs ifafinoTavovTtts ^agt an Stelle des in der früheren Parallel- 
stelle sich findenden äxoafjoDvTtts, so verbindet Isokr. a. a. 0. 42 in 
einer Antithese: od tovro notuTov taxonow. ö*i u>v xoXuaovat 

TO Uff d x u a f.i o i vt a g . cli.i. cur 7 aoxcaxf vüoot at /jrj^kv «ürot'ff 

afrov Cf}fiias itafiaoTuveiv. Beim Areopag wird mit Recht 
von einem xoXu&tv rovs axoa/uovvrai gesprochen, weil er die 
noXiit(a wahren soll; diese ist aber ein xiafiog. So setzt 
Aristoteles Polit. 1307b 4 ff. xoopoe einfach für noXirtla ein: 
(tos av TTRVTtt xivr)atooi tov xoapov und Isokr. a. a. O. § 37 sagt 
rrjv iS *^Q((ov ndyov ßovXriv (nforijoav fniueleiaßat tijs tvxo- 
Ofifaq. Der xCafxog wird durch das xoXdCnv und Ztj/luoOv er- 
halten; vgl. Plat. Gorg. 508 a to oXov tovro (Das Weltall) . . 
x<> au ov xaXovoiv . . . ovx axoOfj(ar ov<H axoXaafav. Da xonuoq 
und für die staatliche Ordnung identisch sind, w ist, wo 

ttxoXaota, auch ata&tt : daher Piaton , Kriton53d, txti (Thessalien) 
nXitorri dttt^fa xal dxoXao/a verbindet; vgl. in der Inschrift 
CIA. II 809 b 10 ff. tr)v tf* ßovXiiv rovs nivtttxoalovs fniftf- 
X{lo9m tov anooroXov xoXa£ovam rovg ataxtovvtas ttav toitjodo- 
Xtov xatu tobe vofjovg. axoo/uttv und dtaxtttv unterscheiden 
sich von naoavopeiv. Nach Mommsen, Rom. Staatsrecht I* 
140 kann man so definieren: dxoautiv und draxrttv sind die 
etwas unbestimmten Bezeichnungen einer sittlich -politischen 
Kontravention ; naoarofitiv bezeichnet eine bestimmte, definierte, 
gesetzwidrige Handlung. Mommsen stellt a. a. O. Anm. 6 Cic. 
de leg. III 3, 6 nec oboedientem et ttoxium civem in Parallele 
zu Dionys. A. R. X 50 rovs dxoOfAovvttte % 7ragavofjovvrae tfg 
ri)v iavrüiv (Beamten) tfriotav. Das dxooptlv untersteht einer 
censorischen Co&rcition, das nttoavopciv einer magistratlichen 
oder richterlichen Judikation. Man erkennt, wie falsch die 
Hollander p. 2, 22 tijv töiv [(txoaj4ov]vttov xqioiv ergänzt haben. 




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— 104 - 



8. Kap. hielt, damit diese nach den Gesetzen walteten; eine 
'" 8 ' 10 * Konsequenz dieser Stellung des Areopags ist es , dafs 
gegen einen Beamten die Meldeklage bei der Aufsichts- 
behörde eingereicht werden konnte, unter Angabe des 
Gesetzes, gegen welches von dem Beamten ein Verstofs 
begangen sein sollte. Die erhöhte Stellung des Areo- 
pags gegenüber den Beamten ist also die Folge der 
Gesetzeskodification und der Vermehrung der Beamten. 
Auch der Bürger weifs jetzt, was Rechtens ist, nicht 
allein der Beamte ; gegen den Beamten, der seine jetzt 
gesetzlich festgestellten Befugnisse überschreitet, mufs 
es eine Instanz geben, die in der 'Wächterin des Ge- 
setzes' sich von selbst ergab. In Solons Verfassung 
wäre eine Beschränkung der Machtbefugnisse des Areo- 
pags natürlich gewesen, allein Solon wies ihm die 
Stellung im Staate wieder an, die er vor ihm hatte; 
das vouoqwXaxBtv behält die areopagitische Bule, 
okotios oloa i% nohteiag. Es wird in den Ausdrücken 
auf die Zeit vor Solon zurückgegriffen : sie leitete fast 
alles und das Bedeutendste, was die Staatsverwaltung 
brachte ; sie hatte die Machtbefugnis, Korrektions- und 
Pönalstrafen Uber die zu verhängen, welche sich gegen 
die Staatsordnung — denn diese untersteht der Auf- 
sicht der areopagi tischen Bule — vergingen. Ihre ab- 
solut unverantwortliche Stellung als richtende Behörde 
in ihrem Kreise geht besonders daraus hervor, dafs 
sie die eingetriebenen Strafgelder, ohne ihre Provenienz 
nachzuweisen, also in unkontrolierbarer Weise, an die 
Staatskasse abführte. So hatte der Areopag das ro^uo- 
fpvXcr/.eiv , (öaneQ 7iqotiqov\ die Sätze xert vd te aXXa 
— diettjQti und xori tovg auaQzdvovvag — [ei07iQatT\e- 
o&ai sind die Ausführung zu der vorhergehenden all- 
gemeinen Angabe. Aber der Areopag behielt unter 
Solon nicht nur seine alte Stellung, seine Kompetenz 



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- 105 - 



wurde sogar von Solon erweitert: ihm wurden s. Kap. 
entsprechend seiner Stellung als bzioxonog trjg noli - p " 8 " 10 f 
-ceiag die Meldeklagen über Versuche auf Umsturz 
der demokratischen itoKixda zur Aburteilung über- 
wiesen. So suchte Solon die Verfassung gegen 
oligarehisch-tyrannische Revolutionen zu schützen; um 
aber auch im Falle neuer politischer Konflikte die 
Zeit des Zwistes abzukürzen und somit das Übel 
wenigstens zu beschränken, gab er das bekannte 
Gesetz gegen den politischen Indifferentismus 1 ). Die 
fLttooi sind die Indifferenten im Staate, um mit 
Aristoteles zu reden; sie geben den Ausschlag in der 
azdaig 2 ). Man erkennt, dafs Aristoteles mit Bedacht 
diese beiden Gesetze an das Ende seiner Darstellung 
der solonischen Verfassung stellte: er will angeben, 
wodurch Solon seiner Verfassung die Zukunft zu sichern 
gedachte. 

• 

») P. 8, 18. Bei Plut. Sol. 20 kürzer aupov thai tov fr 
otttaet undirtoas uhh'Jos yevofttvov. Gell. II 12, breit und, 
wie die einleitenden Worte beweisen, nicht aus Aristoteles selbst : 
In legibus Soloni* Ulis antiquissimis, quae Athenis axibus ligneis 
incisae sunt quasque Iotas ab eo Athenienses, ut sempitemae ma- 
nerent, poenis et religionibus sanxerunt, legem esse Aristoteles re- 
fert 8criptam ad hanc senientiam : Si ob discordiam q. s. Ein- 
leitung sowohl wie Fassung des Gesetzes bei Gellius mit ihrem 
rhetorischen Charakter zeigen, dafs dieser hier aus einem 
Redner schöpft. Übrigens vgl. Herodot I 29 oQxioiat yao 
H f y «' Xotot xartf/ovro <JYxn erfa xQn ata9at vofjoiai, rovq nr aq * 
2:6 luv fHjTttt. 

2 ) Die utaoi sind an den extremen Interessen von reich 
und arm nicht beteiligt, Polit. 1295 b 1 ff., also zum Indiffe- 
rentismus geneigt; ebenda 36: die Städte wurden am besten 
verwaltet, Iv als «f<7 nolv ro pioov xal XQthrov pitUora /uiv 
auq-oiv, it fjLti, SttrtQOv ufoove' nooartdtytvov yao noitr 
$o7zt]V xal xtokva yivta&ai rag havtfat intoßolaq und 
1296 a 7 ff. 



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- 106 - 



8. Kap. Der Zusatz, dafs Solon dem Areopag die Eisangelien 

p 8 16 t" i_ »t • • 

p ' ' ' über Verfassungsumsturz zur Aburteilung überwies, ist 
bedeutsamer, als er in seiner Einfachheit aussieht. Die 
politischen Prozesse gehörten vor Solon vor ein 
anderes Forum, vor die Richter am Prytaneion. Das 
lehrt das solon ische Amnestiegesetz (Plut. Sol. 19), 
über das viel geschrieben ist. Ich lasse mich auf eine 
Polemik nicht ein, sondern will nur darstellen ; wo und 
was ich von andern dabei gelernt habe, wird, wer die 
Litteratur kennt, leicht sehen; es hatte für meinen 
Zweck keinen Sinn, die Unzahl von Citaten aus der 
modernen Litteratur zu geben 1 ). — Was man unter 

Epheten Epheten mindestens bis zum Jahre 409/8 sich zu denken 
hat, kann nicht fraglich sein. Der Stein CIA. I 61 und 
die in ihrem Ursprünge vorzügliche Glosse eines alten 
Lexikographen, welche in mehreren Brechungen bei 
Photios, Suidas und im Etym. Mag. vorliegt 2 ), lassen 
keinen Zweifel, dafs es ein Richterkollegium war von 
51 Mitgliedern, welche über 50 Jahre alt und unbe- 
scholtenen Lebenswandels sein mufsten. Auslsokrates 
(XVIII, 54) 8 ) lernen wir, dafs in einem Epheten prozefs, 



r ) Litteratur, moderne und antike, bei Philippi, Der Areo- 
pag und die Epheten, S. 217 ff. Busolt, Gr. Gesch., I 407 ff. 

2 ) Phot. ((ff-rai 2. Suid. t(f (rm 2. Et. Mag. 402, 1 : av- 
vti(q v' ert] ytyovoreg xal aQtOia ßfßnax^rttt inolritytv *x ov ~ 

T*f, o'i xal rag (fovixng Jixag (xqivov. fxaXeiro J' ftvtüv rv 
(fix«ffrij'()t« tqtrtov. Die Güte dieser Glosse besteht in dem 
negativen Vorzug, dafs der Unsinn über das Richten der 
Epheten an 5 Gerichtsstätten fehlt, und in dem positiven, d. h. 
der Angabe vbcq v «tij; über diese Altersangabe vgl. Krech, 
de Craieri tyrmia/uartov ovraytoyfj (Diss. Berol., Greifs wald 1888) 
p. 36 ann. 48, doch läfst sich das Material noch vermehren. 

3 ) (kayxuvovotv avjot tfovov titxriv fall riaklatiftp § 52).... 
(7rTttxoaf(ov filv tSixitZCvurn-, rerTtigtov <J£ xnl <Jrf*« /jttQTVQijaav- 
Ttov nntQ ovtosi ouötfifav \pf\(fOV (titilußtP* 



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— 107 - 



der nicht lange vor 399 gefallen sein wird, 700 Richter s. Kap. 
am Palladion urteilten ; mithin war hier die alte Zähl p 8 ' 16 f ' 
zwischen 409/8 und 399 aufgegeben ; die Mitglieder des 
Gerichtshofes am Pallad ion hiefsen weiter Epheten, aber 
die Richter wurden nach Analogie der heliastischen 
Richterabteilungen bestimmt. Aus demosthenischer Zeit 
ist ein bestätigendes Zeugnis erhalten 1 ). Aristoteles 
belehrt uns nun, dafs zu seiner Zeit am Palladion, 
Delphinion und beim Phreatos erloste Richter richteten. 
Der Name der Richter ist leider gerade nicht erhalten : 

P« 65, 13 

aber Harp. v. ini IlaXkadiq) 2 ) , wo unser Buch aus- 
drücklich genannt ist, ergiebt, dafs schon vom ersten 
Herausgeber die Lücke richtig mit ktptxai ausgefüllt 
ist. Diese Stelle darf nur unverwendbar finden, wer 
selbst die Worte eines Schriftstellers, wo er diesen mit 
Namen nennt, stets wörtlich citiert; wer das nicht thut 
und leugnet die Verwendbarkeit der Harpokration- 
stelle für die Textesrekonstruktion, verlangt von den 
alten Lexikographen, was er von sich selbst nicht ver- 
langt; im übrigen enthält ein bisher nicht herange- 
zogenes Aischinesscholion 8 ) ein wörtlich zu nennendes 
Citat, wenn auch ohne Berufung auf die noX. *A§r\v., 

l ) [Demerath.] in Neaer. 10. Diese Stellen zuerst bei 
Forchhammer, De Areopago, p. 85 (Kiliae 1828) und Schümann, 
Antiquitt. iur. puM.Att. p. 29, 5 gewürdigt; daraus die anderen. 

*) inl IIaXXaö*(t{) dnfioa&(vt\g Ip tö> x«r' AgtaroxQarovs 
(§ 71)' StxaotriQtov ioitv oVrti xaXovfuvov, tos xal 'AQtaroriXr^s 
iv A&r\va(tov noXtrtfq, (v y öixa(ov<nv axovaiov tporov xal 
ßovXevottog ol i<f'£rtu. 

•) Schol. Aeschin. II 87 inl naXXattftp' inl rourp (xqIvoyxo) /, p J, , 
ol axovaiot yovoi. ol ö*k fr touto) Tfp dixaarriQUp dixafavxtsi I' 
'xaXovvro (ifijM' tdtxatov dk oxorofov qovov xal ßovXt uotios, 
xttl oixirijv % jufrctxov ^ {A-or änoxTctravn; wozu Aristot. 
7t oX. A&tjv. p. 65, 4 rtov <f uxovoltov xal ßovXevoetos, av otx(xr\v 
uTtoxTitvrj Tis fi fiftotxov rj {/joi-, ol i[n\] JTa[XX]adfto. 



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— 108 - 



8. Kap. und die iq>£tai erscheinen auch hier. Es war an 
p. 8, )6 f. a jj en ^ re j Richtbeilen die Besetzung nach heliastischem 

Muster durchgeführt, aber von einer Verdrängung 
des Namens der Epheten durch den der Heliasten kann 
nicht die Rede sein. Diese Gerichtshöfe waren mit der 
Religion verbunden ; ihr Name konnte nicht ohne Asebie 
aufgehoben werden *). Durch Aristoteles sind wir jetzt 
auch ganz sicher, dafs die alten Formalitäten gewahrt 
waren: unter freiem Himmel, im Temenos also, drei 
Tage 8 ) hintereinander richtete man, und der Basileus 
nimmt den Beamtenkranz ab. Äufserlich ist an der 
Institution der Epheten in Namen und Formalitäten 
nichts geändert worden, aber man hat sie innerlich 
nach dem Muster der demokratischen Heliastengerichte 
umgeformt; wahrscheinlich doch um das Epochenjahr 
404*3. 

Gericht »m A m Prytaneion haben nie Epheten gerichtet. 
Aus dem solonischen Amnestiegesetz 3 ) ergiebt sich 
mit Sicherheit, dafs am Prytaneion in vorsolonischer 
Zeit Epheten nicht gerichtet haben. Wer richtete, 
erfahren wir nicht. Nun lernen wir aus der noX. 
l4&ip., dafs um das Jahr 330 dort die Phylobasileis 
richteten 4 ). Diese Beamten sind als zu dieser Zeit 

1 ) Der Name hängt an der Gerichtsstätte; dem Wesen 
nach waren die späteren Epheten gewöhnliche Richter. 

2 ) So nach J. Lipsius' mir sehr plausibler Supplierung 
(Berichte der k. sächs. Gesellsch. d. W. 1891, 52): dixdCovai[v 
rp*r]«f[o]t xal vnaM<uoi. K 8 giebt nach dem v ausdrücklich 
eine Lücke von 4 Buchstaben. 

8 ) iHlptnv oooi art/Lioi yoav, ngiv r\ Zitltovn up;at, im- 
xlfjiovi elvni 7zli)v ooot "AQtiov nayou 17 Caot (x rtuv itferdüv 
*j ix 7tQvrttvt(ov xtatcJixaoütrTts vnb Twv ßnatUtüv in\ q-ovtp 
ff o<fayatotv T t tn\ tvoawidt iytvyov, Sie 6 ötauoi tyaVij oSt 
Plut. Sol. 19. 

*) IJoX. 'A&tjv. p. 65, 20 ötxd&t tf* 6 ßnoiXevg x«l of tfvXo- 
ßaoiteie. Der Archon König präsidierte, diePhylenkönige bildeten 



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- 109 - 



existierend inschriftlich bezeugt 1 ); ihnen lag, wie s. Kap. 
die betreffende Inschrift lehrt und zu erwarten p - 8 ' 16 f - 
war, der Kult der Phyleneponyme ob. Sonst ist das 
Amt in der Zeit der Demokratie völlig aus der Ver- 
waltung des Staates verdrängt, eine Erinnerung an 
eine frühere Verfassungsperiode. Wenn nun dieses 
Amt um das Jahr 330 trotz seiner staatsrechtlichen 

•-* > w 

Nullität noch wchterliche Funktionen ausübt, so kann 
man diese Kompetenz nur historisch erklären; sie ist 
den Phylobasileis aus älterer Zeit geblieben. Die 
Demokratie überträgt successive alle Gerichtsbarkeit 
dem Demos. Die wichtigere Gerichtsbarkeit der Kpheten 
hat sie in ihrem Sinne umgestaltet oder in Beschlag 
genommen. Die Gerichtsbarkeit am Prytaneion hat 
sie sich auch angeeignet; aber hier führte sie nicht 
neue Kollegien ein, sondern nahm dem Gerichtshofe 
alle wichtigen Kompetenzen, so dafs nur das Schein- 
gericht übrig blieb. Dieses mochten die Phylobasileis 
unbeschadet der Souveränität des Demos weiterfuhren. 
Die Destruction der alten Gerichtsbehörden beginnt 
mit der Einführung der Volksgerichte ; sie ist etwa mit 
dem Jahre 404/3, wo die Ephetengerichte umgestaltet 
wurden, vollendet; jetzt beginnt der Abbau der Ge- 
richtsbarkeit der Ekklesie und Bule. In diese Ent- 
wicklung ist auch das Gericht am Prytaneion mit ver- 
wickelt. Wenn denn also die Scheingerichtsbarkeit der 
Phylobasileis am Prytaneion nur der traurige Rest 
früherer gröfserer Machtstellung ist, und wenn wir aus 

das Kollegium; #ix«(hv wie in dem ganzen Kapitel in weiterem 
Sinne. Pollux VIII 120 nQoeiOTyxeattv dk jovtov rov ötxaair\' 
q(ov <fvXoßaoiXite, ovg &ffi to ifineoöv ai/zr/or vntnoiu'nai ist 
konfus. 

J ) CIA. II 844 fx T(öv tfvloßaaUixtov (f[v]lo[ßa]atX[€0aiv]', 
vgl. H. Droysen, Hermes XIV 587. 



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- 110 - 



8. Kap. dem Amnestiegesetz Richter kennen lernen, welche eine 
p. s. 16 f. g rö f g e r e Gerichtsbarkeit am Pry taneion hatten , so 
sehe ich es als die natürlichste Annahme an, dafs 
diese Richter am Prytaneion die Phylobasileis waren; 
sie richteten, wie das ihrer Stellung im Staate be- 
sonders entspricht, über Fälle von Verfassungsumsturz. 
Solon hätte in Anlehnung an die bestehende Ver- 
teilung der Gerichtsbarkeit seine Eisangelie litl 
xaialvaet tov dfjpov dem Gerichte am Prytaneion 
übertragen müssen; er giebt sie dem Areopag. 
Nicht dem aus so wenigen Mitgliedern bestehenden 
Gerichtshofe, wo oligarchische Einflüsse sich leicht 
geltend machen konnten, wollte er den Schutz der 
Verfassung anvertrauen. Es ist dies eine mittelbare 
Beschränkung der Kompetenzen des Gerichtes am 
Prytaneion. Genommen hat er diesem die Fälle ini 
ivQavvidt, nicht, denn noch in der ersten Hälfte von 
ol. 93, 4 (405) ist ihre Gerichtsbarkeit durch das Pse- 

Andok. phisma des Patrokleides (Andok. I, 77 ff.) 1 ) bezeugt. 
Die Worte, welche darin dem solonischen Amnestie- 
gesetz entlehnt sind, haben sich viel gefallen lassen 
müssen: r] igldgeiov jtayov r) tojv iyeiwv rj ix. IIqv- 
zaveiov rj JeXyiviov idix-aad-t] r] vno riuv ßaotletov. 
Dafs das letzte rj falsch ist, ergiebt die genaue An- 
lehnung an die Wortstellung des älteren Gesetzes 
xazaör/.aa&6VT€g vno xwv ßaotXdxov' es ist zu tilgen, 
wie schon seit langer Zeit erkannt ist 2 ). Zu erklären 
bleibt JeXyiviov. Zur Zeit des Atimiegesetzes war 

1 ) 7tXr)v onooa iv oryltttg yfyoanrtti rcäv f*r) iv&adt fAii- 
vavrtov, r) t$ Itofi'ov ndyou rj tiuv iqfTtov fj ix Uovrccvetov fj 
sftl<f ivlov ttiixäa&r] rj vno ifäv ßaaikfav, rj inl <povfp ttq iou 
ifvyr) fj &ararog xttTCyvtoo&r), r) atfttytOatv fj rvgavvoig. 

2 ) Vgl. Sluiteri Lectt. Andoc. ed. Schiller (Leipzig 1834) 
p. 86 sqq. 



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- 111 — 



das Gericht am Delphinion noch wesensgleich mit den 8. Kap. 
anderen Ephetengerichten , darum fallt es mit unter p * 9 ' 16 ] 
Tidv iq>eTidv. Wenn es jetzt besonders genannt wird, so 
hat eine Veränderung stattgefunden, welche es von den 
Epheten am Palladion und beim Phreatos unterscheidet ; 
welche das war, kann nicht zweifelhaft sein. Die 
lysianische Rede über Eratosthenes' Tötung hat schon 
längst den Verdacht erregt, dafs sie nicht vor den alten 
Epheten, sondern vor heliastischen Richtern gesprochen 
sei 1 ). Ich sehe daher in jener Sonderung des Delphi- 
nion das erste Zeugnis für die Besetzung des Epheten- 
gerichtshofes nach heliastischem Muster. Wer über das 
vor JeXytviov fehlende ix nicht hinfortkommt, mufs 
schon vor twv iqiercov, wo die Präposition auch fehlt, 
stehen bleiben. Wenn der Antragsteller hier das demo- 
kratisch reformierte Gericht am Delphinion nicht mit 
unter den Namen der Epheten begreift, so beweist das 
nicht gegen meine vorher aufgestellte Ansicht, dafs die 
Epheten den alten Namen unter verändertem Wesen bei- 
behalten hätten. Der Antragsteller scheidet nach der Be- 
setzung der Gerichtshöfe ; da konnte er den Namen, dessen 
Weiterleben Demosthenes (Aristokr. 88) und Aristoteles 
bezeugen, nicht gebrauchen, denn unter fxpitai begriff 
man schon zwei verschiedene Arten von Gerichtshöfen. 
So sondert das Psephisma Areopagiten, 51 Epheten, 
Phylobasileis am Prytaneion, heliastische Richter am 
Delphinion. Im folgenden ist aufser in der verständ- 
lichen Zweiteilung r] Inl <f6r<<> zig iori (fvyij ij &d- 
vaxog AatByvioadr h welche dem einzigen eni (povy im 
Amnestiegesetz entsprechen, trotz des vorhergehenden 
Zusatzes von § JeXyiviov — oqxxyeioiv und xvqavvoig 
haben ihr Korrelat — nichts hinzugesetzt. Damit ist keine 

') Meier-Schömann-Lipsius, Att. Proc, S. 174 f. Blafs, 
AU. Bends., I a 572, 3. Philippi, Der Areopag etc., S. 318 ff. 



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- 112 - 



8. Kap. Responsion aufgegeben, denn auch das Amnestiegesetz 
' 8 ' 16 - f enthält keine , wenigstens nicht eine solche , wie man 
sie gefordert hat. Dort sind auch die Gerichtshöfe 
nach der Verschiedenheit der Besetzung aufgeführt, 
aber die Vergehen nicht nach den Gerichtshöfen, son- 
dern nach ihrer Qualität. qtovog und oyayaL ge- 
hören dem Kriminalprozefs, die xvQavvig dem Staats- 
prozels an; daher hcl r/>öVr t o ocpayaioiv rj etil 
tvQQvviöi, nicht ini (povtt) rj Ini orpay. ij Ini xvq. Die 
sachliche Einteilung entspricht hier der Abfolge der 
Gerichtshöfe; dafs man so <povog y oipayai, tvQctvviq 
ordnete, wo es ging, ist verständlich, aber es ist ein 
Zufall, dafs es möglich war; denn sonst zerreifst die 
athenische Gerichtsbarkeit die rechtlich gleichartige 
Materie doch nur zu oft. Wenn also Patrokleides 
f] Jeltpiviov anflickt, 80 erwuchs für ihn daraus keine 
Nötigung, auch im Folgenden zu ändern. Um zusammen- 
zufassen: die Phylobasileis hatten am Prytaneion poli- 
tische Gerichtsbarkeit vor Solon ; Solon läfst sie ihnen, 
soweit wie sie sie haben, aber er giebt dem Areopag, 
was ihnen nach alter Ordnung gebührt hätte, die Eis- 
angelie ini marakioei töv dfytov. Noch im Jahre 405 
sind sie im Besitze dieser Gerichtsbarkeit, während 
am Delphinion schon eine demokratische Umgestaltung 
vorgenommen ist. Unmittelbar darauf haben auch die 
Gerichtshöfe am Palladion (vor 399) und beim Phreatos 
sich zu quasi-ephetischen umwandeln lassen müssen. 
Vielleicht zu gleicher Zeit wird den Phylobasileis ihre 
Gerichtsbarkeit bis auf ein Scheingericht beschränkt. 
Im 4. Jahrhundert ist die Klage ini Tvgawidi in das 
Eisangel iegesetz aufgenommen , gehört also vor die 
Ekklesie und in zweiter Linie nach dem gewöhnlichen 
Geschäftsgange vor die Heliasten unter dem Präsidium 
der Thesmotheten. 



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— 113 — 

Die Mafsregel Solons gewinnt in diesem Zusammen- ß. Kap. 
hange Bedeutung. Solon wahrt nach Aristoteles, wie p ' 8,10 *"- 
gezeigt, nicht blofs die Rechte des Areopags, er er- 
weitert ihm auch bedeutsam die Kompetenz, indem er 
ihm einen Prozefs überträgt, der eigentlich einem älteren 
Forum hätte zufallen sollen, der aber mit der Stellung 
des Areopags als enioxonog zqg Ttoliteiag im Einklang 
steht. Die Angaben des Aristoteles über den Areopag 
bis zur solonischen Gesetzgebung sind also nicht iden- 
tisch, sondern geben eine den Verfassungsperioden ent- 
sprechende Entwicklung seiner Kompetenzen zu er- 
kennen. Wenn in den mit epischer Formelhaftigkeit 
wiederkehrenden Angaben Polemik lag, so liegt in der 
Andeutung einer Entwicklung der Gerechtsame dieser 
Körperschaft ein Beweis für die Richtigkeit der contro- 
versen Behauptung, dafs die areopagitische Bule vor 
Solon existierte. Denn nur an Bestehendem ist Ent- 
wicklung möglich. 

Allein wir können unseren Satz noch nicht ver- Beamten- 
lassen. Ich habe die Untersuchung absichtlich bisher Boai ^J 
über einen Punkt hinweg gleiten lassen, welcher der 
gegebenen Auffassung, dafs Solon die Kompetenzen des 
Areopags nach Aristoteles nicht blofs wahrt, sondern 
sogar vermehrt, zu widersprechen scheinen könnte. 
Drakon gab dem Areopag die ev&vva: liefs sie ihm 
Solon nach Aristoteles ? gab er sie nicht vielmehr dem 
Volke? Aristoteles erzählt, dafs es eine Periode der 
athenischen Verfassung gab, in welcher der Areopag 
die Ämter auf ein Jahr ccQiOTivdrjv aal nlovtivdrjv b e - 
8 teilte (Kap. 5) 1 ); das war die Periode, welche un- 



*) Das ttQiat(vdr\v xal 7tIovt{v#t}v schliefst natürlich das 
xqtvtiv . . . tov tniTTiÖHov i(p' kxäoTy rtov «^wv xri. c. 5 
nicht aus. 

Keil, Aristoteles. 8 



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— 114 - 



8. Kap. mittelbar auf die 10j ährige Amtsbefristung folgte. Nun 
>. 8, 10 ff. k ommt Epoche, wo der Areopag nicht mehr be- 
steilt, sondern wo die Amter durch Wahl aQiozivdijv 
xai 7zXovztvörjv besetzt wurden. Wer wählte? Wer 
hatte die Beamtenkontrolle? Es folgt die drakontische 
Verfassungsperiode : die Ämter werden nicht mehr 
durch eine Wahl aQiazivdrjv xal TrXovzivdyv besetzt, 
sondern durch eine Wahl oder Erlösung aus der no- 
fazeia, welche durch einen bestimmten Census ab- 
gegrenzt war (zo onla nccQexeo&ai) ; für höhere Ämter 
gehörte innerhalb der 7iolizela ein bestimmter Census 
zur Qualifikation. Wer wählt? Wer nimmt die evdwa 
ab? Die letztere Frage findet eine Antwort; der 
Areopag achtet darauf, dafs die Beamten xaza zovg 
vdfiovg walten, also wird man sich die bei den Hippar- 
chen genannten ev&vvat vor dieser Körperschaft denken. 
Solon vereinigt die beiden bei Drakon nebeneinander 
stehenden Principe der Ämterbesetzung, das oligar- 
chische Wählen und das demokratische Losen : zag ö' 
ccqxgS enoirioev xXrjQiazag ex nqoxqlziov. Wer wählt 
oder vielmehr nQOxgivei ? Die (pvXerai. Wer nimmt die 
ev&vva ab? Schweigen? Zunächst liegt es auf der 
Hand, dafs der Ämterbesetzung eine natürliche oder 
richtiger vielleicht eine logische Weiterentwicklung 
gegeben ist: xa&iozdvai agiazlvörjv xai 7zlovzivdrjr y 
aiQeiOxhxi aqioztvdrjv xai nXovzlvdrp , aigeio&ai und 
xXrjgovv ex zwv mcXa TraQexofiiivwr, ngoxgiveiv und xXy- 
govv ix zijg TtoXizeiag. Mit dieser Entwicklung steht 
im Einklang die aristotelische Theorie: zb de zivag h. 
xivwv {aigeaei} oXiyagxixov, xal zb zivag ex zivwv 
xXtfgy, f.ii) yei>6i.tevov d* bfAOtwg 1 ), xai zo zivag ev. zivwv 



*) Diese Worte sind beanstandet worden; sie erhalten 
aber durch das Kapitel über Drakon ihre Bestätigung; die 



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- 115 - 

afipolv to de tivag anavtwv %6 ts «x xivwv atQeoei 8. Kap. 

p. 8, 10 ff. 

rtvks der Oligarchie sind nicht gleichmäfsig vom Gesetz ge- 
stellt; es existiert noch eine timokratische Bestimmung für das 
Losen, welche nur Wohlhabenderen gewisse Amter eröflhet. 
Allerdings steht das nicht so handgreiflich im Texte des 
4. Kapitels. Es ist klar, dafs die Worte xXr}ooöo&ai M xal p. 3, 23 
rttvrrjv xal ras aXXac ttQxag tovs xtI. im Widerspruch mit dem 
ersten Teile des Kapitels stehen, wo nur vom alftefafrai die 
Rede ist. Weiter müssen die aXlai «/>/«<' doch zu den gerin- 
geren gehören, da die bedeutenden schon genannt sind. Sie 
können also nur mit den allat «Qxal . . • tlarrovs identisch 
sein. In diesem Falle fehlt also ein dem ijqovvto p. 3, 20 
entgegenstehendes ixlfoow im Texte. Wo es einzufügen ist, 
kann nicht zweifelhaft sein. Die einfache Wortkritik hat schon 
p. 8, 23 einen Wortausfall konstatieren müssen; er ist durch 
den Übergang von der ersten zur zweiten Kolumne verursacht. 
Ich vermute, dafs aufser dem vermifsten Artikel dabei noch 
zwei Worte verloren gingen, und möchte so schreiben : ijqovvto 
<f* Tovg fih tw(a Sqxoiv«s xal rove rapfae ovatav xfXTtj/jdvovs 
ovx flarrov r\ <f/x« fivtöv tktv&toar, ruf <f alias agx«S I (ixlj- 
(jovvj rag fihv) Harrove tx rtov onla näq^ofiivotv, tiTQar^yovs 
ö*k xal tnnaQxovs oialav anotfalvovrag ovx flarrov »j xri. So 
ist der Widerspruch mit p. 4, 3 f. gehoben. Mir ist mündlich 
gegen diese Supplierung eingewendet worden, sie bringe eine 
sachliche Unmöglichkeit hinein: die Strategen seien nie erlost 
worden. Ich glaube, der Gregengrund hält nicht Stich. Zunächst 
waren Strategen und llipparchen damals sicher untere Beamte, 
denn der Polemarch führt noch um das Jahr 490 das Heer, 
und 501/0 wurden zum erstenmale 10 Strategen aus jeder 
Phyle gewählt; hier beginnt erst die Entwicklung der Strategie; 
noch im 5. Jahrh. hat ja der Polemarch mehr Bedeutung als 
im 4. Jahrh. Wir haben also nicht das Recht, einen Wahl- 
modus, der einem Amte zur Zeit seiner höchsten Bedeutung 
zukommt, für dieses Amt zu fordern zu einer Zeit, wo es noch 
keine solche Bedeutung hatte. Und dafs die Strategie und die 
Hipparchie zu den niederen Ämtern in der drakonischen Ver- 
fassung des Aristoteles gehörten, ist nicht zu leugnen; die Ab- 
folge der Angaben des Aristoteles rubriziert sie unter die 
tlunovf. Aber man leugne immerhin: wer giebt uns das 

8* 



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— 116 — 

8. Kap. Ttdvtag agioioxQctTixov (Polit. 1300 b 1 ff.) J ) und eav ö* 
• 8. io ff. i v ' l{av atgetoi ivuov de xXrjQünoi, y.al xXrjQWTol 
ri anlag q £X 7tQO%Qit(x)v y rj noivfj atgeroi Kai xlrjQiOToi, 
ra fiiv TtoltTeiag ctQiGToytQctTiTiijg eovi tovtcov, za de 
TioXituag avtfjg (Polit. 1298 b 8 ff.). Diese Ent- 
wicklung der Modalitäten der Stellenbesetzung und 
ihre Übereinstimmung mit der Theorie läfst zweierlei 
erschliefsen : einmal, dafs das vierte Kapitel echt ist, 
da es ein notwendiges Glied in der Darstellung jener 
Entwicklung bildet, und zweitens, dafs Aristoteles die 
vorher anscheinend teilweise unbeantwortet gebliebenen 
Fragen nach dem Wahlmodus und der Rechenschafts- 
legung in Wirklichkeit beantwortet haben will; denn 
wer eine solche Entwicklung statuiert, kann über Fak- 
toren, welche die einzelnen Glieder der Entwickelung 
sehr wesentlich bestimmen, nicht in Unklarheit ge- 
wesen sein und seine Leser nicht haben im Unklaren 
lassen wollen. In der drakontischen Verfassung giebt 
es eine Bule und eine Ekklesie, und für jene giebt es 
Prytanen 2 )} es kommt schon das Losen zur Anwen- 



Recht, den Maßstab der historischen Notwendigkeit an einen 
Bericht zu legen, der in seinen Einzelheiten auf seine histo- 
rische Glaubwürdigkeit nicht mehr kontrollierbar ist? Aristo- 
teles hat den Hericht übernommen, weil er ihn für den rich- 
tigen hielt. Aicht der Name des Aristoteles jede Angabe in 
der nol. Hflijv.? weshalb ich das nicht denke, führe ich weiter 
unten aus. Wenn die Supplierung den Widerspruch mit der 
zweiten Hälfte des Kapitels beseitigt, die Satzfügung nicht 
blofs nicht stört, sondern noch schärfer gliedert, wenn sie 
einen aus dem Gesamtcharakter des ganzen Kapitels nicht zu 
beanstandenden Sinn bringt, wie können äufsere Gründe ein 
Veto einlegen? 

») Polit. 1300 a 37 ro dl «atpmV Myat rag filv xlfay rag 
<T alQfatt. 

2 ) Die Darstellung der drakontischen Verfassung, welche 



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- 117 



düng. Die Bule wird aus der ganzen noltzeia erlost; 8. Kap. 
die Antwort, wer wählt, kann also nicht zweifelhaft p ' 8 * 10 1 
sein. Die Männer, welche an der nolizeia Anteil 
haben, die onla naqEyionEvoi, wählen ihre Beamten. 
Hier ist die anscheinend fehlende Antwort in der 
ganzen Darstellung der Verfassung gegeben. Aber 
diese Verfassung gewährt nicht den Wählern der Be- 
amten auch die ev&vva, weil man dies erwarten mtifste, 
wird das Gegenteil ausdrücklich angegeben. Das 
Wählen ist eine Ausübung eines verfassungsmäfsigen 



Aristoteles giebt, enthält die wesentlichen Elemente der spä- 
teren demokratischen Staatsordnung. Wenn in ihr neben 
Ekklesie und Bule Prytanen ohne jeden weiteren Zusatz ge- 
nannt werden, so ist diese Behörde nach Art der späteren 
Prytanen zu erklären als Ausschufs der Bule (s. o.). Die Prytanen 
der Naukraren des Herodot mit diesen Prytanen zusammen- 
zubringen, hat man nicht blofs nicht die Pflicht, sondern nicht 
einmal das Recht. Sie sind, falls die Angabe des Herodot 
richtig ist (V 71 ol nQvräntf tw vavXfMQW % ol'ntQ tvefjov tot* 
ine*A&nraf)j eine vordrakontische Behörde ; die arist. Darstellung 
der drakontischen Verfassung zeigt aber einen solchen Abstand 
gegen die der vordrakontischen, dafs wir kein Recht haben, 
etwaige Institutionen dieser Verfassung auf die jüngere zu 
übertragen, selbst wenn diese Institutionen beim Aristoteles 
selbst berichte- 1 würden. Aber Aristoteles sagt nichts vom 
Naukrarenrat, nichts von ihren Prytanen; die Prytanen treten 
erst mit der Bule und der sonstigen halbdemokratisch aus- 
gestatteten Verfassung auf. — Ebensowenig wie die Prytanen 
der Naukraren mit den Prytanen der drakontischen Ver- 
fassung nach Aristoteles zusammenzuhalten sind, sind sie es 
auch mit dem Gerichtshof der Phylobasileis. Die Naukraren 
und ihre Prytanen könnten nur eine Verwaltungsbehörde unter 
elem Vorsitze eles Basileus gewesen sein, die Phylobasileis 
bildeten einen Gerichtshof unter dem Vorsitze des Basileus. 
Die Institutionen werden ihrer Thätigkeit und ihrer Zusammen- 
setzung nach verschiedene gewesen sein; sie hatten nur den 
Vorsitzenden und vielleicht das Sitzungslokal gemeinsam. 



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- 118 - 



8. Kap Rechtes; nur wer an der noXixeia einer Verfassung teil 
> 8, 10 ff. nat ^ k ann wählen. Wo von einem Wählen in einer 
Verfassung gesprochen wird, wählen also die ^tezixov- 
teg trjg noXiteiag. Wenn vom Wählen in der vor- 
drakontischen Periode die Rede ist, so wählen, wie 
auch ohne einen besonderen Zusatz verständlich ist, 
die Mitglieder der Geburts- und Geldaristokratie; sie 
wählen aus ihren Kreisen, denn nur diese haben die 
Ttolireia. Das wäre an sich schon sicher zu erschliefsen ; 
aber Aristoteles giebt es auch selbst ausdrücklich an: 
V *y**Q <*?££<7<S v&v ciqxovtcüv ctQioiivdqv vcai tiXov- 
tlvöi]v tjv. Er giebt nur die Kreise an, aus denen ge- 
wählt wurde ; da diese aber allein die tzoXiiucl in der 
Aristokratie hatten, so tiberläfst er dem denkenden 
Leser den notwendigen Schlüte auf die Wähler. Man 
kann eine sv&vva in solcher Verfassung gar nicht er- 
warten ; fragt jemand aber doch danach, so ist in den 
Worten über den Areopag die Antwort gegeben. 

Also Aristoteles lehrt: die Wahl der Beamten war 
ein Princip, welches schon die izoXixüa der ältesten 
Zeit kannte ; Drakon übernahm es und fügte das *Xr r 
qovv hinzu. Was hat Solon also Neues gegeben? 
Wählen kann jeder, der an der noXizeia Anteil hat. 
Mit der Ausdehnung der staatsbürgerlichen Rechte auf 
die onXa 7tag£x6f.t€voi ging das aktive Wahlrecht auf 
alle, die diesen Census hatten, über ; mit der Ausdehnung 
dieser Rechte auf alle Athener erhalten das aktive 
Wahlrecht eben alle Athener. Solon hat, indem er 
dem Volke die Wahl der Beamten gab, nichts anderes 
gethan, als was in der veränderten Verfassung lag. 
Das ist keine besondere Fürsorge für das Volk ge- 
wesen: es war die Konsequenz der neuen itoXixüct. 
So lehrt Aristoteles im Gegensatz zu der Tradition der 
Atthis, welche Aufhebens davon machte, dafs Solon 
dem Volke das aktive Wahlrecht gegeben habe. Und 



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- 119 - 



die ev&vva? Es galt als Grundsatz der demokratischen 8 '***' g 
Staatsauffassung, dafs wer wählt auch Rechenschaft P ' 
von dem Gewählten zu verlangen hat. In ältester Zeit 
wählte der Geld- und Geburtsadel: wenn die ev&vva 
abgenommen wurde, so geschah dies, nach Aristoteles, 
nicht von den damaligen Wählern, sondern vom Areo- 
pag. Unter der drakontischen Verfassung wählten 
die OTtXa nctQexoiievoi, aber die ev&vvct wurde vor dem 
Areopag abgelegt. Also es galt nicht immer in Athen 
jener Grundsatz ov to aigelo&ai, tovtov xat to evdv- 
vblv, Solon gab dem Volke die noliteia und damit 
das aktive Wahlrecht: gab er ihm auch die ev&vva? 
Antwort: tt\v de twv 'AqsoTtayixiav (ßovXrjv) tzaHv 
inl to vopocpvlaxelv , loantQ vnijQX €v TtgoreQOv 
E7ilo%07ioQ ovaa rijg noXiTÜag, xcrt ta te aXla za 
TcXeiOfcc %al tcc fxeyiara twv tcoXitikwv dierygei x<u zovg 
afÄCCQTccvovTag rjv&vvev nvgia ovaa tov Irjfiiovv yuxi 
y.oXd&iv. Das soll an (pvhx% rjv twv vöfiwv in der dra- 
kontischen Verfassung, soll an das dienst, de xa nleiota 
y.ai ra peyiOTa twv ev Trj itoXei xai toXaCovaa nett {Jy- 
f.uovo~a ndvrag Tovg ccKOOfiovvrag xvgiwg schon im Wort- 
laut erinnern. Und in Drakons Verfassung hatte der 
Areopag die Beamtencensur, in der ältesten Verfassung, 
falls die ev&vva bestand, auch. Was soll man anderes 
schliefsen, als dafs der Areopag die evdvva auch nach 
Solons Satzungen gehabt habe? Und nun fällt das p- 8, is 
Wort evdvveiv selbst. Das kann ja weitere Bedeutung . .... ^ in 
haben, aber in diesem Zusammenhange, der auf die 
ev&vva nach Drakon schon hinweist, wie kann man es ♦ v. I } 
anders fassen als auch im technischen Sinne der ev&vva ? 
Ich kann nicht anders, ich mufs schliefsen, dafs Aristo- 
teles dem Areopag und nicht dem Volke die ev&vva 
in der solonischen Verfassung vindicierte. Mit der- X^i 
selben Absichtlichkeit, mit der in der drakontischen 



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- 120 — 



8 



8. Kap. Verfassung die Beamtenkontrolle durch den Areopa 
p " 8 ' 13 berichtet wurde, wird hier das technische ev&tvetv ge- 
setzt; also gerade der Mann, welcher die Volks- 
gerichte einsetzte, gab ihnen die ev&vva nicht. Wieder 
steht Aristoteles im Gegensatz zur Atthis. Aber nicht 
nur zu dieser; was viel bedeutsamer und bedenklicher 
ist, er widerspricht sich selbst 1 ). 
Arütoi. j£ g 8 j n( j zwe j 0 ft. c itierte Steilen der Politik, die 

Polit. und , ' 

nox. 'a&ijv. der Darstellung in der nol. A&iqv. Gegenpart halten : 
etcbi JoAeuv ye eome %r\v avayxaioraTrjV anodiöovai T(p 
(5tJ/i^> dvvafAtv, zb Tag aQ%ag algeiofrai xat ei&vvetv 



') Zwischen den Berichten über den Sturz des Areopags 
in der Politik 1274 a 7 und noX. Aörjv. besteht kein Wider- 
spruch. In dieser ist Ephialtes derjenige, der ihn stürzt, 
Themistokles nur avraitiog, Kap. 25: cnQu^e öl tccOra ('E<ptttX- 
rtjg) avvttirt'ov ytvofitvov Oe/AiaroxXtoug. Kap. 27 (IT(gi.xlfjg) ttSv 
'AQtonaytTÜv tlvia ntqulktTo . . . (noii^as xcct t« Stxaar^Qia 
fAio&o<i6oa fhnixXtjg nQÜTog. Dem entspricht genau in der 
Politik: ttiv ylv ip *A(?e(qj ndyqi ßovkr\v 'E<fidkrt)g txökovae xa) 
lleQixXijg, 7« #t Sixttarrioia /uia&otf opa x«rtfjrr/<y« ITfQixk^g. The- 
mistokles hat als owafriog keinen Platz, wo nur die Männer 
der Initiative genannt werden. Im übrigen ist es m. E. nicht 
richtig, aus der bedenklichen Hereinziehung des Themistokles 
in diese Affaire die ganze Darstellung des Aristoteles zu ver- 
dächtigen. An sich ist es wahrscheinlich, dafs die Beschrän- 
kung der Kompetenzen des Areopags nicht durch einen Akt 
vollzogen wurde, sondern im Laufe eines längeren politischen 
Kampfes erfolgte. Wenn Perikles zu wirklicher Bedeutung 
erst zu der Zeit gelangte, welche Aristoteles andeutet — und 
ich sehe keinen Grund gegen die Richtigkeit dieser Chronologie, 
nur manchen dafür — , dann ist es sehr wahrscheinlich , dafs 
er nicht mit, sondern nach Ephialtes gegen den Areopag 
gekämpft hat. Ich glaube, dafs Aristoteles recht hat, wenn 
er Ephialtes' und Perikles' Thätigkeit in dieser Beziehung 
zeitlich sondert, und dafs die Reecpta, verleitet durch die Gleich- 
heit der Tendenz und der Erfolge beider Männer, hier fälsch- 
licherweise eine Coincidenz geschaffen hat. 



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— 121 — 

(1274 a 15) und zd f.tiv ydg uezexei*' avzovg (d. h. die 6. Kap. 
Menge) zwv dgxwv zcov fteytarwv ovx. daqpaleg . . . to p ' 8 ' 13 
de f.ir} pezadidovai pijdi (jezex €lv avzovg . . . dioneg xa* 
2ok(ov xcrt zwv dXXiov ziveg vofÄO&eziuv zazzovoiv eni ze 
tag CLQ%aiQeaiag v*ai rag ev&vvag zwv dgxovzcav, dgxeiv 
de "Actta fiovag otx iwaiv (1281 b 25 ff.). Nun könnte 
ich mir die Sache mit der ersten Stelle sehr leicht 
machen ; ich brauchte mich nur denen anzuschliefsen, 
welche das ganze Kapitel, dem sie angehört, athetieren. 
Allein dieses Kapitel enthält so viele handgreifliche 
Übereinstimmungen im einzelnen wie im ganzen Ge- 
dankeninhalt mit der nol. If&rjv., deckt sich an unserer 
Stelle so vollkommen mit dem zweiten Zeugnis aus 
der Politik, dafs ich mit dem Pater Hardouin zu riva- 
lisieren glauben würde, wollte ich an seiner Echtheit 
zweifeln. Ich könnte mir auch bei der zweiten Stelle 
helfen, nachdem ich die erste athetiert hätte, aber 
nicht durch Athetese, sondern durch Interpretation. 
Die Worte Polit. 1319 b 19 l'zt de xort zd zoiavza xara- 
oxevdo/uaza XQ^ot^ia ngbg zrjv dtj^o'^gaziav . . . olg Klei- 
o&evyg ze l4\hqvi]Oiv eyg^oazo . . xca reegi Kvgr^vrjv o\ 
zbv drjfiov Ka&iozdvzeg. (pvlai ze ydg l'zegai noirjziai 
nleiovg Kai qpgazgiai, Kai zd zuh> idiwv iegiov ovva- 
y.z&ov eig bliya %ai Koivd, xca ndvza ao(piazeov, ortiog 
dv ozl tidliaza dva/.iix&d>oi dllijloig ndvzeg (p. 23, 8 
dvctfiioyeo&cu zb nlij&og) hat man bisher so verstanden, 
dafs auch das von den Heiligtümern Gesagte auf Klei- 
sthenes zu beziehen sei; jetzt ersehen wir aus der 
nol. *4i>rjv. (23, 24 zag iegcoovvag el'aoev tyeiv eKaazovg 
xazd zd ndzQia), dafs die Beziehung zu weit war. 
Könnten nicht ebenso oben p. 1281 b 25 die dgxaigeatat 
nur auf Solon, die evfrvvai auf ztuv dllcov zivtg vof.io- 
9ezcov gehen? Die erste Stelle athetieren, die zweite 
durch eine gar nicht zu beanstandende Interpretation 



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— 122 — 



B. Kap. erledigen, und der Widerspruch mit der Ttol. Lf&rjv. 

P " ' ' existierte nicht mehr. Allein ich halte beide Stellen 
für aristotelisch , ich halte auch die nol. lA&rp. für 
aristotelisch und nehme einen Widerspruch zwischen der 
Politik und der Politeia hin. Er ist zu erklären, aber 
nicht er allein. Es existieren ja noch andere Diffe- 
renzen zwischen den beiden Werken des Aristoteles, 
so die Berechnung der Regierungszeit der Peisistra- 
tiden {nol. li^v. p. 18, 1 f., 21, 19 f. Polit. 1315 b 
30 ff.) und das vollständige Ignorieren des Kritias neben 
Charikles in der Politik (1305 b 25) gegenüber der 
Bedeutung, welche Kritias in der tzoX. 'A^v. ein- 
geräumt wird. 

Ab- Aristoteles hat an der Politik noch nach dem Sommer 

zeiTder **36 gearbeitet, denn die Ermordung Philipps wird er- 
Poiitik wähnt (Polit. 1311 b 2) 1 ). Susemihl hält für möglich, 
dafs die Schrift selbst im Jahre 333 noch nicht ab- 
geschlossen war 2 ) , denn die Worte 1272 b 20 vewotl 
(ze) nötefiog. gevinbg dtaßeßrjxev eig t^v vijoov (Kreta), og 
7ie7toirjxe qxxveQav ztjv ao&iveiav tüv k*JÜ vopwv könnten 
sowohl auf den Abzug des Phalaikos mit seinen Söld- 
nern nach Kreta im Jahre 346 wie auf den Feldzug 
des Agis mit einem Söldnerheere gegen Kreta im 
Jahre 333 gehen. Allein die letztere Beziehung ver- 
bietet sich durch den Ausdruck der aristotelischen 
Worte von selbst. Erstens war der Feldzug des Agis 
kein t;evty.bg nolepog, denn ein König führte ihn; 
zweitens besagt diaßeßqxev, dafs der Söldnerkrieg aus 
einem anderen Lande nach Kreta hinübergetragen 
wurde, drittens rechtfertigt, was wir über die Erfolge 
des Agis wissen, in keiner Weise den Inhalt des 

*) Oncken, Staatslehre des Aristoteles II 241. 
2 ) Susemihl, Aristoteles' Politik, griech. und deutsch (Leip- 
zig 1879) II 94 Anm. 375. 



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— 123 - 



aristotelischen Schlulswortes 1 ). Die Worte gehen allein 8. Kap. 
auf den Söldnerführer Phalaikos, der von Phokis nach p " 8 ' 18 
Kreta abzog und dort an den inneren Wirren teilnahm. 
Man hat bisher keinen terminus ante quem für die 
Politik gefunden; ich glaube aber, es giebt einen. 
Aristoteles sagt (1321 a 26) ttjv de fiexddooiv yiveoitai 
T(£ nhqd'et tov noltzevficetog rßot , Aa&anEQ eigrjrai 

TTQOTtQOV, ZÖig TO TlfATj^a 'A.TÜ)f.ttVOtg , 7j TMX&OL71EQ Gt)- 

ßaioig, anoaxot-iivoig xqovov tivcc %iov ßavctvciov tgyojv, 
n '/.a&aneQ iv lUaooa'/.ta xtf. So kann von Theben, 
namentlich neben dem noch bestehenden Massalia, ohne 
Restringierung nur gesprochen werden vor dem Sommer 
des Jahres 335 ; nach dieser Zeit mufs es heifsen &r r 
ßaioig TToxe, denn es gab kein Theben mehr; die In- 
stitution wird aber als eine noch bestehende dargestellt. 
Ich halte also dafür, dafs zwischen den Sommern von 
336 und 335 der Abschlufs der Politik oder vielmehr 
der verschiedenen Entwürfe und Überarbeitungen der 
Politik erfolgt ist; mich bestärkt darin die Beobach- 
tung, dafs vom Perserreich immer so gesprochen ist, 
dafs nirgends ein Zweifel an seinem Bestehen auf- 
steigen kann. Es fuhrt nichts über das Jahr 385 hin- 



*) Hauptbericht bei Curtius IV 1, 39: magnitudo belli . . . 
Graeciae quoque et Cretae arma commoverat. Agis Lacedaemonio- 
rum rex, octo tnüibus Graecorum, qui ex Cüicia pro fugt domos 
repetierant, contractis bellum Antipatro Macedoniae praefecto moli- 
ebatur. Creterues has aut iUas partes secuti nunc Spartanorum 
nunc Muctdonum praesidiis occupdbantur. Sed hviora inter 
illos fuere discrimina, unum certamen, ex quo cetera pende- 
bant, intuente fortuna. — Arrian. Anab. II 13, 6 hat nicht» 
und verwechselt Agis mit Agesilaos. — Schäfer, Demosthenes 
und seine Zeit* II 362, 1 und Droysen, Hellenismus 3 I 1, 389, 1, 
letzterer in ausgesprochenem Gegensatz gegen Niebuhr, Vor- 
lesungen II 474, halten die Beziehung der aristotelischen Worte 
auf Phalaikos auch für allein zulässig. 



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- 124 - 



8. Kap. aus. Umgekehrt führen fast alle sonstigen datierbaren 
p " 8> 13 Anspielungen in frühere Zeit, vor die Mitte der vier- 
ziger Jahre. Phalaikos' Zug ist oben besprochen. 
Hinzu kommt 1312b 10 ff.: (y&eigezai de Tvgavvtg 
Vva fxev xgonov . . .) eva d' ig avvijg, orav oi /uete- 
Xovteg ozaoidtioaiv , waneg t) xwv Ttegi riltova xai 
vvv r} tüjv negi Jiovvatov .... Jtovvaiov de Jtwv 
orgatevoag . . . evLtlvov exßaXwv diecp&dgr). Die Ver- 
treibung des jüngeren Dionysios fällt in die zweite 
Hälfte des Jahres 356; Dion stirbt im Anfang 353. 
Das vvv rückt die Zeit der Niederschrift dieses Teiles 
der Politik in die Nähe des letzten Datums. Am 
Schlüsse der Ethik spielt Aristoteles deutlich auf die 
Politik als auf ein demnächst von ihm zu erwartendes 
Werk an. Die Arbeitsart des Aristoteles läist mit 
Sicherheit annehmen, dafs er damals schon das Buch in 
Angriff genommen hatte. Nun enthält dieser Schlufs der 
Ethik zugleich eine Polemik gegen Isokrates' Antidosis 
(s. u. S. 146) von solcher Heftigkeit, dafs die isokrateische 
Schrift vor nicht allzu langer Zeit erst erschienen sein 
kann. Die Antidosis ist aber 353 herausgekommen; 
der Schlufs der Ethik, welcher den Beginn der Arbeit 
an der Politik bezeugt, ist also in derselben Zeit ge- 
schrieben wie jener Passus über Dionysios. Mithin 
arbeitet Aristoteles um 350 an diesem Buche; der ter- 
minus ante quem war 335. Fünfzehn Jahre sind eine 
so lange Arbeitszeit, dafs kein innerer Grund vorliegt, 
die Herausgabe noch weiter hinauszuschieben, wenn 
ein äufserer sie vor die Mitte des Jahres 335 verweist. 
Die Politik ist nicht in Athen vollendet, sondern in 
Kleinasien und Makedonien wesentlich wol auf Grund 
der Materialien, welche Aristoteles bis zum Jahre 347 
in Athen gesammelt hatte. Die itoX. Id&yv. ist zwischen 
H29 und 325, also in Athen geschrieben. Es ist nicht 



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— 125 — 



zu bezweifeln , dafs Aristoteles von den athenischen 8. Kap. 
litterarischen Erscheinungen auch während seiner Ab- p * 8t 18 
Wesenheit von Athen Kenntnis nahm ; dafs er aber so 
folgen konnte, wie wenn er in Athen gewesen wäre, 
ist unwahrscheinlich. Konnten die zwanzig Jahre, 
von 350 bis c. 330, nicht Darstellungen der solonischen 
Verfassung gebracht haben mit einem Material, welches 
ihm bei der Niederschrift der Politik nicht bekannt 
war? Doch wir brauchen diese Möglichkeit gar nicht. 
Zwischen c. 335 und c. 329 liegt schon Zeit genug für das 
Auftauchen neuen Materials ; und wenn es andere dem 
Aristoteles nicht geliefert hatten, konnte er es nicht 
selbst sich verschafft haben ? In dem Frühjahr nach dem 
zweiten Frieden desDemades, als das Meer wieder offen 
war, wird Aristoteles nach Athen, in das Quellgebiet 
für die 7coX.l4dr J v. i zurückgekehrt sein. Sollte der fer- 
tige Mann mit 50 Jahren nicht anders haben sehen und 
suchen können als der junge Akademiker im Anfang 
der dreifsiger? Ieh denke, der Zeitunterschied erklärt 
die Differenz. Seine wissenschaftlichen Ansichten zu 
ändern, sei es durch eine andere Auffassung älterer 
Kenntnisse, sei es durch Hinzugewinnen neuen Wissens, 
kann dem Aristoteles so wenig zum Vorwurf ange- 
rechnet werden, wie es heutzutage jemandem vorgerückt 
werden sollte. Leider ist einem heutigen Gelehrten in 
der neuesten Litteratur über die nol. ^ASiqv. die 
Tugend des Umlernens vom Gegner ironisiert worden ; 
wir aber wollen Menschen sein und am Aristoteles die 
Wahrheit des alten solonischen Spruches vom Altern 
und Zulernen nicht zum Gespötte machen. Der Chrono- 
logie der Peisistratiden hat Aristoteles in der noK. 
Idt&rjV. eine andere Bearbeitung der Atthis zu Grunde 
gelegt als der in der Politik gegebenen, sei es, weil 
diese Bearbeitung während der Niederschrift der Politik 



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— 126 — 



8. k»p. noch nicht existierte , sei es , weil der Forscher im 
p * *• 18 Jahre 327 eine andere Chronologie für richtiger hielt 
als im Jahre 347. Ebenso erklärt sich die Differenz 
in der Auffassung der Geschichte der Dreifsig und die 
Differenz betreffs der Zuteilung der w&vva in der 
solonischen Verfassung. Was er von der solonischen 
Verfassung wufste, und wie er über sie dachte, als 
er die Politik schrieb, kann nicht zum Mafsstab ge- 
nommen werden für spätere Schriften. Wie steht's doch 
mit dem Staat und den Gesetzen des Piaton? und sie 
liegen doch auch höchstens fünfzehn Jahre auseinander. 
Aber die erwähnten Unterschiede zwischen der nok. 
'A^v. und der Politik sind Einzelheiten ; die Gesamt- 
auffassung der solonischen Verfassung ist in beiden 
Werken genau dieselbe. Nur fügen sich die Angaben 
des jüngeren Werkes dem Gesamtbilde von Solons 
Thätigkeit als der eines iuüoq besser als die des älteren : 
die Änderung ist mit Absicht vorgenommen. Doch 
davon später im Zusammenhange mit anderen Beob- 
achtungen. Ich kehre zum Texte des Kapitels zurück, 
p. 8, 18 ff. Der letzte Satz ist hinsichtlich seiner inneren Zu- 
gehörigkeit zum Vorhergehenden schon erörtert (S. 105). 
Das in ihm enthaltene Gesetz gegen den politischen In- 
differentismus wird auch von Plutarch (c. 20) citiert 
mit einer Bemerkung, die äufserlich merkwürdig im Aus- 
druck an Aristoteles' voftov e'&rpu nqbg avrovg i'diov 
erinnert: rtuv <f alltav aitov vofiwv tdtog fih jua- 
liaxa -Kai naQado^og^ allein die Übereinstimmung be- 
weist nichts, da Ydiog bei Aristoteles peculiaris, bei 
Plutarch singularis bedeutet. Plutarch erwähnt das 
Gesetz im Zusammenhange mit anderen Gesetzen des 
Solon *), welche bei ihm fünf Kapitel füllen (20—25), 

*) Begemann a. a. 0. p. 20 macht darauf aufmerksam, 
dafs das in T6iog und nnga^o^og enthaltene Urteil auch bei 



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- 127 — 



Aristoteles erwähnt sonst kein solonisches Gesetz aus 8. Kap. 
den Axones. Das stimmt zu der von ihm in der p ' 8 ' 18 1 
Politik ausgesprochenen Grundanschauung, welche 
R. Schöll so glänzend als echt griechisch illustriert 
hat: noltreia jUfV yag toxi ra|ic talg noleaiv x\ 
fTiql tag aQxdg, tiva tqonov vevifi^vtai Kai ti tb kv~ 
qiov trjg noXiteiag Kai ti tb teXog fKaatoig x% xotwu- 
viag iaviv vopoi de Kexcogia pe * Ol tt5v ör]- 
Xovvttov T7)v 7t oXitelav, ovg Sei tovg aq- 

%ovtag ayyuv xol (pvXdtteiv tovg 7tagaßaivovtag avtovg l ). 
Darum fehlen die Nomoi des Solon in der noX. li&rjv. 
Eine einzige solche Übereinstimmung wiegt mehr als 
ein ganzer Haufe vermeintlicher Differenzen in den 
Citaten zwei- bis dreimal verwässerter Lexikographen- 
artikel. 

* 

- 

Excurs. 

Ein Teil der Darlegungen des vorstehenden Ka- 
pitels (S. 124 f.) steht im Widerspruche mit der von 
Nissen im Rhein. Mus. 1892, 161 ff. vorgetragenen 
Hypothese, dafs die aristotelischen TtoXiteiai als eine 
Vorarbeit zu einer Reichsgesetzgebung für die Alexander- 
monarchie und weiterhin als eine Sammlung von Hand- 
büchern für den praktischen Gebrauch der makedoni- 
schen Diplomaten zu betrachten seien. Eine Polemik 



anderen Gesetzen des Solon von Plutarch gefällt wird: tdiui 
auch Kap. 24, aronoi 20. 23, ydoioi 20. Ob diese Urteile 
schon auf Didvmos zurückgehen, wie Begemann will, ist mir 
aber fraglich. 

*) Es liegt hier der Ansatz zu einer Teilung nach Rechts- 
materien vor; das Staatsrecht ist geschieden. Weiter haben 
es die Griechen nicht gebracht; Inder und Germanen ja auch 
nicht oder noch nicht einmal soweit. 



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— 128 - 

Excur* meinen Ausführungen selbst einzufügen, war ich aus 
äufseren Gründen nicht mehr imstande; andererseits 
schien es mir bei der Autorität, welche dieser Hypo- 
these aus dem Namen ihres Urhebers erwächst, und 
bei der glänzenden Art, mit der sie vorgetragen ist, 
in Rücksicht auf meine eigene hier vorzutragende 
völlig abweichende Ansicht über das aristotelische Buch 
unerläfslich, zu begründen, weshalb ich mir die Nissen- 
schen Ausführungen weder im ganzen noch im ein- 
zelnen aneignen kann. Ich habe daher die Form eines 
Excurses wählen müssen. Nur Nissens Aufsatz habe 
ich begegnen zu müssen geglaubt; über Rühls Hypo- 
these (Der Staat der Athener und kein Ende, Jahrb. f. kl. 
Ph. XVIII 701 ff.), die TtoX. !4&rjv. gehöre dem Hera- 
kleides, wird man erst verhandeln können, wenn sie 
mit Gründen begründet sein wird. 
Pa.-Ari.tot. Nissen geht bei dem eigentlichen Beweise aus von 
ß a a!xliuc ^ em durch Lippert l ) jüngst publizierten arabisch erhalte- 
nen Briefe 7te(>i ßaat?<.eiag y welchen die Uberlieferung 
dem Aristoteles zuschreibt. Der Herausgeber hat das 
Schriftstück durch den Titel als unecht erklärt; Nissen 
hält es für echt. Beweist er die Echtheit? Ich finde 
nichts, womit er es thäte; denn dafs sich einige Pa- 
rallelstellen aus der Politik zu einer Schrift 7tegi ßa- 
aikeiag auftreiben lassen, ist durchaus natürlich. Solche 
Parallelstellen in geringer Anzahl beweisen nach keiner 
Seite hin — das ist eine alte Lehre der wissenschaft- 
lichen Forschung — , und herzlich wenig sind nur vor- 
gebracht. Die beweisendste hat schon Lippert an- 
geführt § 10 regnum autem in liberos homines prae- 
stantius est regno in servos — Polit. 1254 a 25 aei ßel- 



*) De epistula pseudaristotelica nepl ßnailt(ag commentatio. 
Diss. Hall. Sax. 1891. 



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- 129 — 

viiov y agxri y %(av ßelnovwv agxofievwv *) ; nur schade, Excurs 
dafs Lippert und auch Nissen das griechische Citat 
hier endigen lassen : hätten sie die vier nächsten Worte 
olov av&Qa.7tov rj &rjgiov hinzugezogen, würde 
ihnen nicht entgangen sein, dafs der nächste Satz des 
Briefes eine Paraphrase dieser aristotelischen Worte 
bildet: talis igitur tyrannus eiustnodi est, ut malit pe- 
cora pascere quam regere ho min es. Glaubt man, dafs 
Aristoteles sich selbst so paraphrasiere? und in welches 
Licht rückt damit jene fast wörtliche Entlehnung? — 
Das Eingangsmotiv, dafs für den Frieden Gesetze not- 
wendiger seien als für Kriegszeiten (§ 2. 3), wird aller- 
dings auch von Aristoteles Pol. 1333 a 30 ff. ausgeführt; 
man vergleiche aber selbst das Gerede in dem Briefe 
mit der philosophischen Darlegung der sicher echten 
Schrift. Im übrigen ist der Grundgedanke nicht blofs 
aristotelisch — das allein wäre doch nur wirklich be- 
weisend — , schon Thuk. III 39, 4 sagt xat xaxoTr^a- 
yiav iug unelv §(jiov amj)&ovviai § evdaifioviav 
diaOtytovxoLi 2 ). — 'Dafs der König Gesetzgeber sein 
müsse', lesen wir allerdings in der Politik 1286 a 8 ff., 
aber nicht in dem Sinne wie in der Briefstelle, zu der 
Nissen diesen Passus der Politik citiert. Die Stelle 
ist, wie der erste Blick lehrt, in Anlehnung an Piatons 

*) Vgl. auch 1333 b 27 tov yitQ Jfanorixüis «'^«ty r\ rtuv 
iXtvÜf'oMv ttQxh xaXX(tav xal fxäXXov /u£T* UQ€Trjg. 

s ) Mir fallt gerade eine Anwendung dieses Gedankens in der 
Praxis in die Hände. Cod. Gregor. XIV 4 De maleficis etMani- 
chaeis (p. 44Hänel) : Impp. Maximianus Dioeletianus et Maximinus 
Nobilissimi A. A. A. Juliano Proconsuli Africae. Otia rnaxima 
interdum homines in communionem (? in communi omnetn Hänel) 
condüionis naturae humanae modum excedere hortantur et quae- 
dam gener a inanissima ac turpissima doctrinae superstitionis 
inducere suadent, ut sui erroris arbitrio pertrahere et cüios videan- 
tur q. s. Undatiert, nach Hänel vermutlich aus dem J. 287. 

Keil, Aristoteles. 9 



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- 130 - 



Exeu« Politikos geschrieben — selbst die ägyptischen Ärzte 
stehen da — , also der Briefschreiber mufs nicht 
Aristoteles sein. Aber wie fafst doch Aristoteles an 
der herangezogenen Stelle den König als Gesetzgeber? 
Er will ihn für richtendes Entscheiden über die Sachen, 
welche das Gesetz nicht bestimmen kann, haben; also 
so allgemein ist das vo/uo#*V?;g nicht gefafst, wie es 
für eine Parallelisierung mit dem Briefe notwendig 
wäre. Doch Aristoteles fährt in seiner Deduktion fort : 
oaa dt fiii) dwazbv zbv vofxov viqLvuv fj okcog rj eVj ito- 
zegov t'va zbv aqiazov öei aQxeiv 1} navzag; die Ant- 
wort ist ja bekannt: xolvei äfteivov oyXog no).?.a r) sig 
bozioovv. Die aristotelische Stelle behandelt eben das 
oft traktierte Problem der äyoaqioi vofioi.. Nur wenn 
man die Worte ozi fxev zoLwv avdyxr} vofto&ezrjv avzbv 
elvai dijXov aus ihrem Zusammenhange reifst und die 
drei Wörtchen, welche zu demselben Satze gehören, 
xott xeio&ai vopovg, übersieht, kann man sie für den 
Brief vergleichen, der sagt, Alexander solle 'vacare 
contemplationi . . . imprimis ferendampi legum\ Es 
ist hier von einem ganz anderen vo^io^ezr^g die Rede. 
— 'Das entsprechende Urteil über Lykurg VII 13 
(14), 1 f. 1 kann ich nicht finden, verstehe überhaupt 
nicht, weshalb Nissen hier Lykurg betont; denn die 
Worte c nam haud ignoras quid sit assecutus Lycurgus 
institutione legum suae civitatis* begründen den Satz, 
dafs man durch gesetzgeberische Thätigkei t berühmt wird. 
Es trifft sich recht unglücklich für die Heranziehung 
dieser Aristotelesstelle zu dem Paragraphen des Briefes, 
welcher unmittelbar auf das Lob des Lykurgos folgt, dafs 
sie dem Anfange eines Abschnittes mit den folgenden 
Eingangsworten angehört: 01 da vvv aoioza 6oY.ovvzeg 
nolizeveo&ai zwv 'EXlyviov v.ai zwv rofio^sruiv ol zav- 
zag xazaozijoavzeg zag nokizuag ovze 7TQog zb ßilziozov 



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- 131 



telog (paivovxai ovvxd^avieg ta negl rag noh.%uag ovrs Excur* 
nqbg ndoag zag dgetag tovg vopovg xcri tt\v 7taiöeiav 
xtL, woran sich eine recht abfällige Kritik der Ten- 
denz der spartanischen Verfassung schliefst. Mit dieser 
Parallele ist es also nichts. § 5 ferner, der besagt, dafs 
das Königtum sich auf Liebe und Bewunderung der 
Unterthanen stützen müsse, wird durch Hinweis auf 
Pol. III 9 (14), 7; 10, 7 nicht als aristotelisch er- 
wiesen ; das könnte ebensogut aus der kyprischen Tri- 
logie des Isokrates stammen. — Lehrreich ist für die 
Beweisführung durch Parallelen, was zu § 4 bemerkt 
wird. Ich gehe von der dazu citierten Stelle Polit. 
VII 6 (7) aus. Aristoteles setzt 1327 b 23 ff. auseinander, 
dafs die Bewohner des nördlichen, aufsergriechischen j 
Europa — EvQtonri in dem besonders im 5. Jahrh. ge- 
bräuchlichen Sinne — wohl Energie, aber nicht ge- < 
nügende geistige Fähigkeiten besäfsen, um zu herr- C J,. 
sehen ; umgekehrt bei den Asiaten ; sie besäfsen diese, 
es fehle aber j ene. 'Das Volk des eigentlichen Griechen- 
land dagegen (to Si xwv 'EXXtjvwv yevog) hat, wie es ört- 
lich zwischen beiden angesessen ist, so an beider Eigen- 
schaften Anteil. Denn es besitzt Energie und geistige 
Fähigkeiten. Daher hat es sich bis auf den heutigen 
Tag seine Freiheit bewahrt, seine vorzüglichen Staats- 
verfassungen und die Fähigkeit, über alle zu herrschen, 
wenn es zur Bildung eines (Gesamt-)Staates gelangte. 1 
Nissen zu § 4: „nach Nöldeke ganz wörtlich: l so ist 
unentbehrlich ein zusammenfassender Leiter, der die 
Regierung (oder l die Sache') des Volkes, das wie 
diese (hf) ist, zusammenfafst, besonders in Hellas und 
dessen Staaten (noletg); denn sie sind (jetzt) alle zu 
einem Staate (nohg) verbunden'; vgl. Pol. VII 6 (7) 
to de zutv'Ellyvwv ytvog . . . uiäg xvyydvov rtoliveiag" 
Wer diese acht citierten griechischen Worte in ihrem Zu- 

9* 



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132 - 



Exeu™ sammenhange verstanden hat, mufs sich fragen, ob 
man in unglücklicherer Weise parallelisieren kann. Die 
Politik spricht von der einheitlichen Ordnung des 
Griechenvolkes als der Bedingung, unter welcher es 
herrschen könne, der Schreiber des Briefes will eine 
einheitliche Ordnung, damit es nicht im weichlichen 
Frieden unter der Herrschaft Alexanders verkomme. 
Welcher Gedanke aristotelisch ist, wird sich jeder 
selbst beantworten. — Aus § 3 wird ausgehoben : c der 
Fürst darf nicht Tyrann sein, sondern vermag nur 
durch gute Gesetze und Zucht seiner Herrschaft Dauer 
zu verleihen, vgl. Pol. V 8 (10).' Im Zusammenhange 
stellt sich die Sache so. Der Verfasser geht § 3 davon 
aus, dafs die Menschen nach Gesetzen nur leben, wenn 
sie ein legitimer' *) Herrscher, d. h. ein Herrscher, 
'der solcher nicht durch Bürgerzwist oder durch Ty- 
rannis wurde' , dazu hinführt. Der Verfasser fällt 
danach sofort in den Gedanken von § 2 zurück, dafs 
für den Frieden Gesetze weit notwendiger seien als 
für Kriegszeit. Zum Schlüsse heifst es: ohne Gesetze 
geben die Menschen sich vanis rebus hin, und das re- 
gnum zerfallt; also mufs es zunächst gute Gesetze und 
zweitens einen Herrscher geben, der die schlechten 
Elemente per timorem, die guten per pudorem zu guten 
Sitten führt (ad bonos mores adducat). Mit welchem 
Nutzen man hierzu jenes Kapitel aus der Politik 
vergleichen soll, ist nicht abzusehen. Ich komme so- 
gleich noch einmal darauf zurück. Es sind alle Par- 
allelstellen geprüft, die Nissen anführt, bis auf eine. Die 
Worte des Schlufsparagraphen 'sciasque in eas civitates 

*) is cuius principatus est legitimus, non discordia civilis vel 
iniusta tyrannis. Vgl. § 4 opus est principe legitime Wie un- 
klar die Vorstellungen des Verfassers sind, folgt aus § 5 legi- 
time occupat imperium, worüber u. S. 140. 



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- 133 — 



quas intraverit fragilitas et corruptio, hasce pervenisse Exeu™ 
prineipum et redorum pravitate, quippe qui arreptionem 
commodorum praetulerint curae reipublicae et ordinationi 
legum civitatum et curas converterint in accelerandis 
vohptatibus libidinibusque et civitatis regimen negle- 
xerint, cuius vestigia manent in terra per omne aevwm" 
sollen dem Gedanken, welcher in dem historischen Teil 
des Staates der Athener ausgesprochen wird, ent- 
sprechen. Die Sache sieht im Zusammenhange so aus. 
Die Worte des Schlusses greifen zurück auf § 4, in 
welchem das Thema gestellt wird. Neque venit civita- 
tum bona conditio nisi a bona conditione prineipum et 
redorum , sicut vidimus in urbibus Lacedaemone et 
Athenis. Begnabant enim in altera reges (tyranni) et 
instituebant leges, praetores (aQxovteg) in altera. Ita 
aedificatae hae urbes amplamque famam nactae sunt. 
Ex altera vero parte discordia quoque et nequitia et 
corruptio , quae in civitates ingruerunt, prineipum et 
redorum pravo regimine orta sunt, cum ei in vanis libi- 
dinibus curas consumpserint neglexerintque civitatis 
gubernationem, ex qua gloria paritur , quae manet in 
terra usque in aeternitatem. Ich denke, die Identität 
der in § 4 und § 13 gekennzeichneten prineipes und 
rectores ist klar; sie ruinieren den Staat. Den Gegen- 
satz hilden Athen und Sparta, welche durch die guten 
Leiter zu hohem Ruhme gelangt sind. Es ist nicht 
von Gesetzgebern die Rede, sondern von aoyovteq, 
also leitenden Staatsmännern; was gesagt ist, bezieht 
sich auf die athenische Geschichte überhaupt. Athen 
wird hier gerade von dem Grundgedanken des histo- 
rischen Teiles der noX. 14&tjv. ausgenommen. Und 
das soll Aristoteles geschrieben haben ; die Stelle beweist 
gerade das Gegenteil von dem, was sie beweisen sollte. 
Es ist merkwürdig, dafs Nissens Parallelen so un- 



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- 134 - 



Excurt glücklich gewählt sind, während es doch viel treffendere 
Aristöt S*^* Warum ist zu § 1 cum institutio legum sit 
n. -tuaix. salus populi (et perpetuitas incolumitatis et concordia 
Artetot subditorum) nicht citiert Rhet. 1360 a 19 elg 6*' ctocpd- 
Xeiav anavza ftev zavza dvayxalov övvaad-ac ^ecoQelv, 
ovx eldxiozov de negi vopio&eaiag inateiv' evyag 
zolg vofiot-g eaziv % owzrjQca zr t g noXetog? Ich 
denke, diese Parallele ist nicht schlechter als die einzig 
treffende, welche bisher angeführt ist. Warum fehlt 
zu den Worten § 4 Oportet vero Jiunc virum esse in- 
telligentem et probum, qui non solum strenuitate et 
iusHtia et virtutibus excellat, verum et tarn potentia 
et belli apparatu, ut coercere populum et ad 
leg es adducere possit der Hinweis auf die Stelle 
der Polit. 1286 b 27 ff., wo erörtert wird, nozeqov e'xeiv 
del zbv fueXkovza ßaoiXeveiv lo%vv ziva tcbqI cttzov, g 
dvvrjoezai ßidtead-ai zovg ( u?j ßovXopievovg Ttei&aQxeiv, 
t) 71 wg evdexezai zr t v ccqx*] v dioixelv; und der Schlufs 
lautet äva ytaiov vizctQ%ei,v avzqi dvva^iiv f t 
(pv lochet, zovg vofiovg? Eine Hauptstelle haben 
ferner Lippert und Nissen übersehen: Ethik VIII 
p. 1160 b 1 — 1161 b 10. Daraus folgende Coinci- 
denzen: r /uev yag Tiargog ngbg vielg xoivcovia ßaai- 
lelag i%u OXW 01 ( • • • 7tazQiY.ii ydg ctQX*} ßovle- 
zai y ßaaileia elvai)' iv TleQOaig ö' r t zov 
TtazQog z v q avv iy.ti (xqwvtcci yag cog dovloig 
zolg vieoi), xvQavwY.il de xai rj deüTtozov 
Ttgog dovXovg = cA0 Nihil enim a regimine {— ßaoi - 
leLa) remotius est quam tyrannis, quia tyrannus in con- 
ditione domini est, rex vero in conditione patris. Sic rex 
Persarum unumquemque appellabat servum et incipiebat 
a filiis. Auch in diesem Passus der Ethik der in der 
Politik sich ja ebenfalls findende Gedanke: 6 >uev yaQ 
zvQavvog zb kavza) ovfÄopeQOv (Mottet, 6 de ßaotlevg zb 



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— 135 - 



zwv aQXOfiiviov , . . y öi zvgavvlg . . . zb yao eavztfi Excutb 
aya&ov ditoxet, wozu : § 5 incidunt . . in magnum odium 
et contemptionem, quippe qui velint ut sibi solis vindi- 
cent commoda solique utantur bona vitae condüione q. s. 
§ 10 Pleriqtie . . qui ante hoc tempus regnabant, id 
tantum agebant, ut commodis principatus et imperii 
frucrentur. § 13 qui arreptionem commodorum q. s. 
(8. S. 183). § 11 ist ganz aus dem Gedankenkreise 
des zweiten Teiles der angeführten Ethikpartie (Kap. 11) 
geschrieben; er steht in dem Abschnitte, in welchem 
der Verfasser über die Liebe der Unterthanen handelt 
und Gerechtigkeit und Nachsicht (iustus et Clemens 
d.h. öixaiog xai £7ri£i'/.rjg) vom Fürsten verlangt: xa&' 
';/.6.oi)v öe zwv nokizeiwv (piXia (faireren, eq> boov 
"Kai tb dtxaiov. Vgl. ferner: Non vero decet prineipem 
viros claros et obscuros uno eodemque modo tractare, sed 
r edder e quod cuique conveniat mit den Worten, welche 
auf die ßaatXi'Kf] — naioixrj gehen: xat zb öixaiov örj 
ev zovzoig ov zavzo alXa zb xaz' cc&av. Der Gedanke 
der Ethik iv de zaig rzaoeytßdoeoiv, looneQ xal zb öi- 
Aaiov hei nixgov eaztv, ovzio y.ai rj (pilia iozi> xett 
rpioza ev zfj xeigiaziß • ev zvgavviöi yag olöiv r t (äiaqov 
(piXiag kehrt in konkreterer Fassung so wieder: rex 
enim si non iustus est, non rex est immo invisus (d. h. 
avev (filiag) iyrannus. Der Abschnitt des § 11 über 
die dementia ist eine nicht ganz klare Reminiscenz an 
die Ausführung in der Ethik V 1137 a 81, wo von der 
£7iieh.eia und dem emer/Jg im Verhältnis zu der dixaio- 
ovvrj und dem öUaiov gehandelt wird; schon die Zu- 
sammenstellung des dixaiov und tnieiKeg in dem Briefe 
ist aristotelisch (Eth. 1137b 10 ff.; vgl. Rhet. 1374 a 
26 zo yctQ imeiyteg öoxel öincaiov elvat, tozi de emei- 
xeg zo Tiaga zbv yeygait(.ievov vouov dixaiov). In diesem 
Sinne wird das horazische iacentem lenis in hostem } das 



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- 136 - 

Exours enteixeg, hier im Anschlufs an das dixaiov behandelt 
(contra si rebellionem repressisti .... violentiae loco 
misericordem, asperitatis loco dementem adversus eos te 
praebeas). 

Grflnde Ich stelle diese Parallelen, welche wohl etwas be- 

gegen die . 

Echtheit weisender als die bisher angebrachten wären, denen für 
ihre Beweisführung zur Verfügung, welche den Brief 
für echt halten: echt ist er darum doch nicht. Um 
mit einer Einzelheit anzufangen: § 11 Saas porro nobiles 
digniiatis iniuriam aegrius ferre quam opum et cor- 
porum iacturam; libenter enim et bona sua et corpora 
largiuntur, dummodo digniiatis et auctoritatis iniuria ne 
afßciantur. Aristoteles sagt Polit. 1312a 30 von den 
dia wiXoTiiuiav gegen die Tyrannis Vorgehenden: oi 
fx%v , iXa%iGToi ye tov ctQtd'fiOv eloiv oi öia Tctvrrjv tt}v 
alzlav oofAtovreg' VTtoy.eio&ai yaQ Sei to tov awd-rjvai 
[trjdiv q>QOVTi£etv } iav (iij ixiXXr^ ytaracx^oeiv ttjv 7tQäg~tv 
und etwas später, 1315 a 14, tTi de ndot]g fiiv vßgewg 
el'gyeo&ai, naget ndoag de dveiv, Trjg %e elg to o tifict 
[xoldoewg] aal zrjg elg Ttjv ylixiav. fxdXiova de zavzrjv 
Ttoirpiov tijv eildßetav negi Tovg <pilozi/biovg' zip fiev 
ydg eig tol XQypctTa ohytugiav oi (pilo%g^aTOL cpegovoi 
ßagecog , t^v ö*' [elg] dti uiav o V xe yiXoTifioi 
y.ai oi In iei%elg twv ccv&gwntjv. 

Doch was will solche Einzelheit? Man mutet 
dem Aristoteles den Gedanken zu: lustitia enim est 
laudata et magni aestimata non solum apud sapientes 
universos verum etiam apud stultos (§ 12). Man 
glaubt, dafs Aristoteles habe schreiben können, dafs die 
Staaten von Hellas l jetzt alle zu einem Staat ver- 
bunden seien, und das in dem Augenblicke, wo er 
über hundert hellenischer Politieen monographisch be- 
handelt. Aristoteles konnte die thörichte Auffassung 
der späteren Zeit gar nicht teilen, dafs Philipps und 



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- 137 - 



Alexanders Regierung einen Einschnitt in der inneren Excuw 
Entwicklung der hellenischen Politieen gemacht habe, 
denn er lebte in ihnen. Die Diadochen und Römer 
haben gethan, was athenische und hellenistische Rhetorik 
den Folgen von Chaironeia in späterer Zeit zuschrieb. — 
Aristoteles, dem die Menschheit immer in Hellenen und 
Barbaren zerfiel, soll ein einheitliches Recht verlangt 
haben für die Völker von der Donau und dem Kau- 
kasus bis zu den Nilkatarakten, vom Ambrakischen 
Golfe und den Syrten bis Alexandreia eschate und den 
Indusmündungen ? Aristoteles, der die agiarr] rcoliteia 
in der Politik geschildert hat, soll den Satz haben 
schreiben können : Sed sicut nullo modo fieri potesU ut 
tradant (patres) bona sua pueris, ita fieri minime po- 
lest, ut tradatur civitatis regimen populo, cum sint po- 
puli mores similes puerorum moribus, quorum utrumque 
genus desiderat custodes et rectores (§ 3)? 

Doch betrachten wir einmal den Brief als Ganzes. Disposition 
Was soll er? Der Verfasser geht von der ihm zu- Ps " 

Arist. 

gekommenen Nachricht aus, dafs Alexander nach den n . (i«aa. 
Kriegszügen anderen wichtigen Reichsangelegenheiten 
sich widmen wolle. Wenn er das wolle, solle er vor 
allem der Gesetzgebung seine Aufmerksamkeit zu- 
wenden; denn das bringe Ruhm, wie das Beispiel des 
Lykurgos beweise (§ 1). Gerade nach dem Kriege 
sei eine Gesetzgebung nötig, denn der Frieden berge 
Gefahren für die innere Wohlfahrt (§ 2). Aber Ge- 
setz sei Gesetz nur dadurch, dafs danach gelebt werde ; 
es werde danach gelebt, wenn ein Fürst, dessen prin- 
cipatus ein legitimus ist, die Völker wie Kinder dazu 
anhalte (§ 3). Dieser Fürst mufs Macht haben, die 
Widerstrebenden zum Gehorsam zu bringen, er selbst 
mufs aber ein Mann unsträflicher Gesinnung sein; 
denn wie der Fürst, so das Volk. Die Blüte Athens 



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— 138 — 



Excura und Spartas resultiere aus der Trefflichkeit der Leiter; 
schlechte Leiter haben dagegen ihre Staaten zu Grunde 
gerichtet (§ 4). Der Fürst soll sich die Bewunderung 
und die Liebe der Unterthanen durch seine Eigen- 
schaften erwerben. Der Verfasser führt nun zunächst 
aus, wie der Fürst sich benehmen müsse, damit er die 
Bewunderung gewinne: § 5-7. In § 8 erfolgt schein- 
bar ein Excurs, in welchem Alexander wegen seines 
energischen Vorgehens gegen die rebellischen Perser (?) 
belobt wird; innerer Friede sei notwendig, er werde 
aber nur erreicht durch längere Gewöhnung an Zucht 
und Ordnung, pulchra ävitatum conditione instituenda. 
Dadurch werde erreicht, worauf alles Staatswohl (salus 
et recta conditio civitatum) beruhe: die pulchritudo 
status et integritas vitae (= eita^ia %ai ctoyakeia ßiov). 
Man sieht , der erste Eindruck, welchen § 8 macht, 
täuscht. Wir haben keinen Excurs in ihm, sondern 
eine Ausführung, welche sich an § 1 anschliefst: die 
Gesetzgebung wird verlangt. Auch § 9 gehört in 
diesen Zusammenhang ; der Verfasser erklärt, Alexander 
habe nun genug erworben, jetzt solle er das Erworbene 
geniefsen und ordnen (comparatio — usurpatio : xtijoig 
— XQrjoig): liestat ergo tibi altera , usurpatio rerum 
earum quas consecutus es rectaque earum institutio. — 
Mit § 10 setzt der Teil ein, welcher die Eigenschaften 
vom Alexander verlangt, durch welche er sich die 
Liebe der Unterthanen erwerben könne: er solle ein 
König, kein Tyrann sein, über Freie und Gute, nicht 
über Sklaven herrschen wollen (§ 10); dazu müsse er 
gerecht und milde sein (§ 11) und auf falsche Rat- 
geber nicht hören, welche ihn seinem Volke entfrem- 
deten und bei ihren Beratungen nicht die Billigkeit, 
sondern den eigenen Vorteil im Auge hätten (qui mi- 
scent apud te negotia teque adversus populum incitant. 



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139 - 



Non enim aequitatem effenmt interhancremq.s.) Schlufs ejcutb 
§ 12: Darum erwirb dir Bewunderung (id quod homines 
admirantur) und Liebe (ne igitur abstinueris ab 
amore populi, ut tibi ipsti amor ei honor ab iis con- 
tingat)', denke daran, dafs, wie der Fürst ist, so das 
Volk. Strebe danach, dafs dein Name durch die 
Liebe des Volkes unsterblich und deine Regierung 
segensreich werde. 

So dispositionslos also, wie er auf den ersten Blick 
erscheint, ist der Brief nicht; es lassen "sich gröfsere 
unter sich zusammenhängende Teile nachweisen; in 
diesen Teilen selbst könnte ja manches geordneter sein, 
im ganzen bildet aber auch in ihnen der jedesmalige 
Grundgedanke das leitende Motiv. Der Inhalt der 
grosseren Teile lehrt nun, dafs dem Verfasser zwei 
Themata durcheinander gingen: *Gieb Gesetze, denn 
sie sind ftir den Staat notwendig' und 'Sei selbst ein 
guter Fürst'. Es ist wohl ein Ansatz dazu vorhanden, 
die beiden Gedanken in inneren Zusammenhang zu 
setzen, aber es ist bei dem Ansätze geblieben. Der 
Brief beginnt mit dem Satze : 'gieb Gesetze, damit du 
unsterblich wirst', und endigt mit der Aufforderung: 
'erwirb dir die Liebe deiner Unterthanen, damit du 
unsterblich wirst'. Die beiden Motive zu dem Ge- 
danken zu vereinigen : 'erwirb dir die Liebe der Unter- 
thanen durch eine weise Gesetzgebung und persönliche 
Trefflichkeit, damit du unsterblich wirst', war doch 
wahrlich nicht schwer; und ein Aristoteles wäre nicht 
imstande gewesen, eine derartige inhaltliche Einheit 
zu schaffen? Diese Unfähigkeit wetteifert nur mit der 
Exilitat des Hirnes, welchem es unmöglich war, über 
die trivialsten Gedanken — denn andere enthält der 
Brief nicht — hinauszukommen. — Weiter : Aristoteles 
soll dem Alexander des Jahres 324 in dieser Weise 



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- 140 - 



Excurs zu raten gewagt haben, 7t(og Sei ßaaiXeveiv ? Es heifst 
§ 5: hisce (Liebe und Bewunderung) legitime occupat 
et Imperium et eius dignitatem, ut regi se ab eo patiatur 
populus et libenter oboediat . . . spero autem tibi praesto 
esse hasce ambas virtutes q. s. Das dem Despoten in 
Babylon, der kraft seines Schwertes herrschte? soll 
man denn den Philosophen absolut für unzurechnungs- 
fähig halten? Gedacht mag Aristoteles sich manches bei 
dem haben, was er vom Hofe hörte, aber wie er sich zur 
Praxis stellte, beweist seine Kritik des Verhaltens des 
Kallisthenes. Und was soll Alexander dazu antreiben, 
die Gesetze zu geben und recht brav zu sein? Die 
Hoffnung auf Unsterblichkeit; in §§ 1. 4. 8. 10. 13 
ist sie das Stimulans; daneben tritt durch die Art der 
Betonung ein anderes, die diutumitas regni, welche die 
Gesetzgebung gewährleiste, zurück: §§ 2. 3. 7. 11, 
entsprechend dem Verhältnisse, in welchem die beiden 
Themata des Schriftstückes zu einander stehen. Das 
Hervortreten der aeternitas gloriae erinnert nun an die 
oft citierte Stelle aus Cic. ad Att. XIII 28 quae sunt ad 
Alexandrum hotninum eloquentium et doctorum suasiones 
(d. h. avfÄßovXevtiKoi) vides quibus in rebus versentur: ado- 
lescentem incensum cupiditate verissimae gloriae cupientem 
sibi aliquid consilii dari, quod ad lau dem sempiter- 
nam valeret f cohortantur. Unser Brief ist, wenn er 
auch nicht die Form der Rede hat, im Grunde solch 
eine suasio. Die Fiktion der Verhältnisse, unter denen 
er geschrieben ist, läfst natürlich den adolescens nicht 
zu; der Kriegsheld hat schon Ruhm: den schöneren, 
unsterblichen soll der Friedensfürst Alexander er- 
werben. 

Wir haben in dem Briefe ein Rhetorenstück vor 
uns, welches das seit Isokrates übliche Thema von den 
Eigenschaften des guten, für die Unterthanen vor- 



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— 141 



bildlichen Herrschers in der gleichfalls überkommenen Excurs 
Form des beratenden Briefes behandelt. Dies alte 
Thema ist zu variieren versucht durch Einführung eines 
neuen Motivs, der Aufforderung zur Gesetzgebung; aber 
mit Ungeschick. Im einzelnen sind Gedanken und 
Wendungen in Gestalt von Reminiscenzen, Anregungen 
und direkten Entlehnungen aus der aristotelischen 
Politik und Ethik geflossen. — Wann das Machwerk 
entstanden ist, weifs ich nicht; ich möchte aber darauf 
aufmerksam machen, dafs seine früheste Erwähnung, 
was Lippert nicht angemerkt hat, im Fihrist des Mu- 
hammed ibn Ishäq, um 1000 n. Chr., sich findet, und 
zwar in dem 'Berichte über Aristoteles' des von 
A. Müller 1 ) herausgegebenen Abschnittes über die 
griechischen Philosophen. Es werden hierin zwei Stellen 
aus dem erhaltenen Briefe citiert, welche dann auch 
Ibn Abi Oseibia (c. 1300) hat (Lippert p. 27). — Dieser 
'Bericht über Aristoteles 1 zerfallt in Vita und Schriften- 
katalog. Die Vita ist aus Ptolemaeus 'dem Fremden', d. i. 
Ptolemaios Chennos 2 ), geflossen. Zwar wird er gerade 
vor und nach den Citaten aus unserem Briefe genannt ; 
es wäre also denkbar, dafs auch die Citate selbst aus 
ihm entlehnt seien, womit wir den terminus ante quem 
hätten. Allein aufser den zwei Citaten, weichein unserem 
Texte enthalten sind, findet sich daselbst ein drittes, 
welches seiner Diktion nach nie griechisch gewesen 
sein kann (Müller a. a. O. p. 46 n. 20 ; Lippert p. 26). 
Wenn dieses Citat nicht aus Ptolemaios stammen kann, 

*) Die griechischen Philosophen in der ardbischen Über- 
lieferung (Halle 1873) S. 9 ff. 

*) Littig, Andronikos von Rhodos (München 1890) S. 19 
A. 4 nach Christs Vermutung, die von keinem von beiden mit 
inneren Gründen bewiesen ist, obwohl es sehr leicht und kurz 
hätte geschehen können. 



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- 142 - 



Excurs wird man über die zunächst zu vermutende Provenienz 
der beiden anderen wieder zweifelhaft. — Dafs der tiber- 
lieferte Brief selbst aus dem Griechischen (direkt oder 
indirekt über das Syrische) übersetzt ist, beweisen die 
aristotelischen Entlehnungen und Anlehnungen, und 
wird niemand bezweifeln, der einmal die übrigens 
recht schwierige und aussichts- wie zwecklose Rück- 
übersetzung versucht hat. 

Den Brief kann man also nicht zum Ausgangs- 
punkte und zum ersten Beweisgliede in der Begründung 
einer Hypothese über den Zweck einer echten aristo- 
telischen Schrift nehmen. Aber gesetzt auch, der Brief 
wäre echt, was bewiese er weiter, als dafs Aristoteles 
zu einer Reichsgesetzgebung riet? Ist denn das Wollen 
Alexanders identisch mit dem Rat des Aristoteles? 
Also selbst der echter Brief bewiese die thatsächlich 
intendierte Reichsgesetzgebung nicht. — Es folgen nun 
historische Erörterungen bei Nissen, welche darthuD, 
dafs ein Reichsgesetz in Rücksicht auf die Admini- 
stration und Rechtspflege des grofsen Reiches nützlich 
gewesen wäre. Wie nützlich den Athenern der Friedens- 
schluf8 nach der Arginusenschlacht gewesen wäre, mag 
man mit schönen Erörterungen darthun, dazu entschlossen 
haben sich die Athener darum doch damals nicht. Aber 
Nissen zieht nun (S. 183) den Schlufs der Ethik heran, um 
aus einem Passus desselben zu folgern — und so seine 
Hypothese durch das Zeugnis des Aristoteles selbst zu 
belegen — , dafs Aristoteles in ihm wie in jenem Briefe 
den Alexander beschwöre, ein Reichsgesetz zu geben, 
und zugleich erkläre, 'dafs die Politik die allgemeinen 
Principien für die Reichsgesetzgebung entwickelt, wäh- 
rend die Sammlung der Gesetze und Verfassungen für 
die Behandlung der einzelnen Fälle dienen sollen 1 . Da 
der Schlufs der Ethik von Nissen an einer späteren 



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- 143 - 



Stelle noch einmal herangezogen wird, verspare ich ein Excum 
Eingehen auf die Nissensche Interpretation der Worte 
der Ethik auf nachher (u. S. 146, vgl. o. S. 124). — Weiter : 
obwohl die ovvaywyij nwv v6[i(ov unter Theophrasts Namen 
geht, ist sie, wie von Usener schon bemerkt, auf Initiative 
und unter Mitwirkung des Aristoteles entstanden. Da 
Aristoteles also an der avvaytoyrj jwv vofdcov Anteil hat, 
so sind wir zu der Annahme 'genötigt 1 , dafs diese 
ovvaytoytj die Sammlung der 158 noXixum zur Vor- 
aussetzung habe. Wo ist auch nur eine Spur von 
einer solchen 'Nötigung* vorhanden ? — 'Ferner ist klar, 
dafs Aristoteles die Veröffentlichung der Politieen erlebt 
hat, aber vor der Herausgabe der Gesetze gestorben 
ist 5 ; die gemeinsame Arbeit trage den Namen des 
wirklichen Herausgebers. Ich kann in diesen letzten 
Sätzen nur eine Kette von Behauptungen ohne jeden 
Beweis sehen, wie ich bis zu diesem Punkte der Aus- 
führungen Nissens überhaupt keinen wirklichen Beweis 
für seine Hypothese gefunden habe. Aber mit Ver- 
mutungen und Behauptungen allein wird doch nicht 
argumentiert. 

Ein neues Argument haben wir in der Ver- 
mutung zu sehen, dafs Aristoteles das Material zu 
den noXtTÜai sich nicht habe selbst beschaffen können, 
namentlich nicht für die fast 100 zählenden 'Duodezstaa- 
ten', für die es schwerlich Aufzeichnungen gegeben habe. 
Das makedonische Archiv sei hier helfend eingetreten, 
und wo dieses im Stiche liefs, würden die makedoni- 
schen Agenten oder die Stadtregierungen selbst an- 
gehalten worden sein, die nötigen Angaben zu liefern. 
Kann die genialste Vermutung ohne die Stütze anderer 
sicherer, zuerst beweisender Argumente für sich allein 
beweisen ? Was rechtfertigt die Annahme, dafs Aristo- 
teles sich das Material nicht habe selbst beschaffen 



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144 - 



Excur» können ? Können wir auch nur annähernd bestimmen, 
welches Material für die TioXixüai damals die xTioeig, 
lOTOQtai, 7i£QtT]yrjoetg , TZGQinXöi , neQiodoi 1 ), die Ge- 
schichtswerke und die eigentliche politische Litteratur 
boten? Haben wir auch nur eine Vorstellung von der 
bei dieser Frage nicht belanglosen Masse der in Be- 
tracht kommenden Werke ? Und wer sagt uns, dafs in 
den anderen Politieen dasselbe Verhältnis zwischen dem 
historischen und systematischen Teil bestanden habe, 
wie es die noX. Id&rp. zeigt ? Der von Nissen belbst 
angeführte Thatbestand, dafs von den 118 von Rose 
den übrigen 7ioXiteicu zugewiesenen Fragmenten 99 
den historischen Teilen der Bücher angehört haben 
müssen, giebt doch, wenn er überhaupt etwas in dieser 
Richtung zu folgern erlaubt, zunächst den Schlufs an 
die Hand, dafs eben in diesen Politieen je der histo- 
rische Teil den systematischen überwog. Die von 
Nissen herangezogene Plutarchstelle 2 ), in welcher wtloeig 
y.ai nohxücti idQtOTorelovg genannt werden, wird man 
schwerlich geneigt sein, mit ihm dahin zu erklären, 
dafs Plutarch mit diesen beiden Worten die beiden 
Teile der 7toliTÜtu y den historischen und systemati- 



») Vgl. Rhet, 1360 a 33 . . JijXov Sri nobs plv xr\v vofio- 
#to(av at rijff yije ntQfodoi xtfoipoi- tvrsv&iv yuQ Xa߀iv taxiv 
tovs Tiüv t&v(uv vofiovsy nobs tfi rag noXittxag ovfxßovXag rag 
twv ntQi rag noag'tig ygatpovteav taroofag' anavxa dt xavra no- 
Xiuxijg äXX' ov $t}TOQixrjs iqyov toriv; gegen Isokr. vgl. u. S. 146. 

a ) Plut. Non posse suaviter vivi c. 10 orav $1 ur\3lv txovoa 
Xvnr\gbv % ßXttßtobv iorogta xttl dtrjyrioig inl ngaSeai, xaXaig xal 
fJtydXaig 7lQOOXdßrj Xoyov f/orra üvvapiv xal //(Qiv. «og TOV 
y 'Hqoöotov rot 'EXXijvixä xal <ra?) ritooixu top ScvotfäiVTOg, 

oaaa ö*k "Ofirjoog t&(amO€ &iaxeXa «/doiff, rj yijg mqiodovg Ev6o- 
fof, r\ xrioug xal noXirttag UgioroTfXrig, »* ßCovg dvdgäiv *Aqi- 
oroffyo» iyQatyWy ov ftovov [xiya xal noXv ib Ei>(pQaivov aXXä 
xal xa9aobv xal a^eTa^iXrjTov iartv. 



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— 145 — 



sehen, habe bezeichnen wollen. Plutarch führt doch Excur» 
hier nur ganze Buchtitel an. Wenn beide Worte auf 
die noKixüai gehen, was ich für nichts weniger als 
sicher halte, so folgte daraus, dafs in einigen Politieen 
der historische Teil so sehr überwog, dafs sie Plutarch 
mit den Namen y.iiuug bezeichnen konnte. Das würde 
zu dem Verhältnis von 118 : 99 stimmen. Aber für 
Nissens Hypothese müssen die zweiten Teile be- 
deutend gewesen sein. Da die aus den Fragmenten 
zu entnehmende Beobachtung diesem Erfordernis ent- 
gegensteht, behauptet Nissen, von diesen Politieen seien 
im Altertum nur die historischen Teile gelesen worden. 
Wie man sich das zu denken hat bei 157 noteräuu, d. h. 
157 povoßißloi, wird bei dieser Behauptung nicht gesagt. 
Näher lag m. E. der Gedanke, dafs die Verfassung 
von solchen 'Duodezstaaten' natürlicherweise später kein 
Interesse mehr fand, die sie darstellenden Teile also weni- 
ger excerpiert wurden, während jenes den historischen 
Teilen begreiflicherweise länger bewahrt blieb. — Und 
nun das Hauptargument über den Zweck der TtoXixücti \ Artotot. 
es steht an jener Stelle der Ethik (X 1181 a 13 — b 12; schiuss 
s. o. S. 142) : Xatog ovv xai %&v vofxoyv y.al twv 7coXltsiwv 
al ovvaywyai tölg fxev dwa^evoig xtewQrjoai xat yLQivai 
%L "AaXwg tj Tovvavriov 17 noia tzqioiq agfuovcei evxQt]<n* 
av iir t ' toig d' avev ^etag %a roiavza die^iovaiv xb fxiv 
/.olvuv xaAwg ot*x av vnaqxoi, ei furj aga avrofxcnnov, 
evovveittheQOi ö* eig zavxa tax' ov yivoivto. Nissen: 
'Also dient die Sammlung zum Gebrauch praktischer 
Staatsmänner, weiterhin zur Heranbildung solcher. 
Wie willkommen, wie notwendig mufste ein derartiges 
Handbuch für die von allen hellenischen Parteien be- 
stürmte Reichsregierung sein.' 'Also? 1 Ich begreife 
das 'Also 1 nicht, nicht wenn ich die Worte hier aufser 
Zusammenhang betrachte, nicht wenn ich sie in ihrem 

Keil, Aristoteles. 10 



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— 146 - 

Excuw Zusammenhange nachlese. Aristoteles sagt am Schlufs 
der Ethik : Die Ethik mufs ins Praktische umgesetzt wer- 
den. Die Menschen bestehen aber nicht blofs aus Geist, 
sondern auch aus Fleisch und Bein; diejenigen werden 
also die Menschen nie zur Tugend bringen, welche 
glauben, man solle sie auffordern, zov y,akov %^Q lv nach 
den Gesetzen der Moral zu leben, anderenfalls sie be- 
strafen oder Landes verweisen. Die Menschen müssen 
zur Tugend erzogen werden ; der Staat erzieht durch 
Gesetze, Gesetze giebt der TtoXiTinog. Wie wird man 
nun ein 7ioXiTt'Aog? Durch ifi7teioia. twv de ooq>t- 
oxCjv ot enayyeXKonevoL Xiav cpaivowai tioqqu) Ana 
rov dtdai-ai' oXwg yag ovde noTov %i eaziv r t niQi 
Tzoia l'oaaiv ov ytxQ av trjv avzrjv xfi (>r}TOQi'x.f l 
ovde %eLqo) etL&eoav, ovd* av ojovto Qqdtov 
elvai to votio&errjocu avvay ayovxi voig elioti- 
fiovvvag züv vofuov' exXegao&ai yaq eivai tobg 
aoiowvg, 0JO7teg ovde zrp exXoyr/v ovaav ovveaewg xat 
to y.Qlvai ooöcdg neyioxov y woneg Iv zolg xara fiovoi- 
Ayv. Nissen S. 183 : 'Scharfe Worte werden hier gegen 
die unwissenden Sophisten, d. h. gegen die 
Nebenbuhler um die königliche Gunst ge- 
schleudert, welche die Kunst der Gesetzgebung wie 
die Rhetorik zu lehren versprechen.' Ich war sehr 
erstaunt, diese Interpretation der Worte der Ethik zu 
lesen, wo schon vor mehr als 50 Jahren die Aristoteles- 
stelle von Spengel als Replik auf Isokrates' Antidosis 
81 ff. erkannt war (Gomment. ad Arist. art. rhet. p. 48) 
und oft in Sachen der litterarischen Fehden des 
4. Jahrhunderts citiert ist; mir sind gerade Blafs, 
AU. Bereds. II 61, 1 [ 2 65, 3], Dümmler, Rh. Mus. 
1887, 179 und Chronolog. Beiträge p. 15 zur Hand. 
Isokrates sagt a. a. O., es sei schwerer, Redner als 
Gesetzgeber zu sein (§ 83): xoig pev tovg vofiovg tl- 



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- 147 — 



&£vcu TTQoaioovuivoig 7tQovQyov yeyove %b nlfi&og raiv Excura 
Keifitvwv, ovöiv yoiQ ccvtovq Sei trpelv heQOvg, allci 
tovq 7Taqa xolg alloig evöoxtfdovvtag neiga- 
&qvai avvayayeiVy o $qdiwg ootig av ovv ßovXrj&eig 
noitjaeu. Man sieht, die unwissenden Sophisten, die 
Nebenbuhler in der königlichen Gunst, entpuppen sich 
als Isokrates, der 338 im August gestorben ist. Auch 
die Worte ov yag av zi)V avtr ( v tq ^r/coQiy.rj %EiQto sind 
gegen Isokrates* Antidosis gerichtet; denn sie treffen 
den Kern der §§ 254 f. und 256 ff. Die Beziehung von 
§§ 79 — 83 auf den platonischen Staat ist ja ohne wei- 
teres klar; da Aristoteles die IIoXitivlol schreiben wollte, 
ist es leicht begreiflich, warum er die Gelegenheit er- 
greift, die Bemerkung, welche man dann auch gegen 
ihn wenden konnte, abzufertigen. 'Wie wird man ein 
noXitixog? Durch e^7ieigia. Aber die Sophisten, wie 
Isokrates, glauben ja die votio&euwij durch das UyUv 
lehren zu können. Sie können das nicht. Sie wissen 
ja nicht einmal, was die votiodeiixrj ist, und halten 
■Gesetzgeben für leichte Auslesearbeit aus anerkannt 
guten Verfassungen. Aber zu diesem Auslesen gehört 
Urteil, welches auch wieder nur die huiuulu geben 
kann. Und selbst die Benutzung von ovvayioyai tojv 
vofitav %ai noXitudv erfordert Urteil; wer dies hat, 
für den mögen sie nützlich sein, wem es fehlt, der 
kann bei der Benutzung der Sammlungen ein richtiges 
Urteil nicht — oder höchstens durch Zufall — haben ; 
nur an Verständnis für diese Fragen könnte er viel- 
leicht gewinnen.' In diesem Abschnitte , in diesem 
Zusammenhange hat Nissen die Hauptbeweisstellen für 
seine Hypothesen zu finden gewufst, dafs die aristote- 
lischen TtoXixüai im Zusammenhange mit den Vorarbeiten 
zu einer Reichsgesetzgebung stünden und als 'eine 

10 * 



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excum Sammlung zum Gebrauch praktischer Staatsmänner, 
weiterhin zur Heranbildung solcher 1 dienten. 

Ich will nicht davon reden, dafs im Handumdrehen 
aus der Vorarbeit für die Politik und weiterhin für 
die Reichsgesetzgebung eine Sammlung mit selb- 
ständigem Zwecke wird; nur bemerken möchte ich, 
dafs die noXixiia If&rjvaicjv jedenfalls nur zum Ge- 
brauche unpraktischer Staatsmänner bestimmt gewesen 
sein kann. Wer konnte sich denn aus diesem Buche 
über athenische Verhältnisse, wie sie die Diplomatie 
zu behandeln hat, orientieren ? Gerade was ein Staats- 
mann der Alexanderzeit darin zunächst suchen mufste, 
fehlt: die äufseren politischen Beziehungen Athens, und 
zwar die des 4. Jahrhunderts. Nur die innere Ge- 
schichte ist behandelt und das 4. Jahrhundert gänz- 
lich ausgeschlossen. Und für welchen praktischen 
Staatsmann waren denn die wissenschaftlichen Aus- 
einandersetzungen des Verfassers mit Herodot, Thuky- 
dides, Androtion bestimmt? 
Datierung Endlich hat Nissen auch die Schrift anders, als 

der 

iiox. ks»;i. bisher geschehen, zu datieren versucht (S. 197 f.); 
er setzt sie in die Zeit vom Oktober 324 bis Juli 323. 
Er statuiert: die Athener haben nur probeweise im 
Jahre 325/4 sieben Penteren hergestellt (CIA. II 2, 
809 d 90), denn dafs die Herstellung nicht fortgesetzt 
wurde, weil das Kaliber keinen dauernden Beifall ge- 
funden habe, beweise Diod. XVIII 10. Die Stelle wird 
nicht ausgeschrieben ; es ist aber gut zu wissen, dafs 
Diodor hier nicht eine Angabe über den Bestand des 
athenischen Marinearsenals im Jahre 323/2 macht, 
sondern erzählt, dafs die Athener in den letzten See- 
krieg 40 Tetreren und 200 Trieren hinausschickten. 
Dürfte ein Historiker der Zukunft schliefsen: zum 
Armeebestand Preufsens gehörten nach amtlicher Quelle 



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- 149 - 



1 868 die Gardes du Corps ; in keiner Schlacht des deutsch- Exeu« 
französischen Feldzuges wird die Truppe erwähnt, also 
ist sie 1870 abgeschafft gewesen? — Es 'wird die 
Paralia und zwar als Tetrere erwähnt 826/5, 323 2; 
die Salaminia dagegen ist als Triere vor 325 4 zu 
Grunde gegangen und begegnet 822/1 wie ihr Schwester- 
schiff als Tetrere 1 . Zunächst liegt hier ein Versehen 
vor, wodurch die ganze Schlufsfolgerung hinfällig wird. 
Das Staatsschiff heifst nicht Paralia, sondern Paralos; 
so bei Thukydides, Aristophanes , Aristoteles, Philo- 
choros; zweitens ist das Schiff eine Triere. Also ist 
die Identifikation der Tetrere Paralia mit der Triere 
Paralos eine methodische Unmöglichkeit. Die Sala- 
minia heifst bei Aristoteles um das Jahr 325 Ammonias, 
Ammonias heifst sie um 805 bei Philochoros. Wie 
kann man nun diese Überlieferung folgendermafsen ver- 
werten ? Aristoteles und Philochoros geben allerdings den 
Manien der Ammonias statt den der Salaminia, auch war 
das Schiff sonst eine Triere, aber in den Seeurkunden 
kommt 322/1 eine Tetrere Salaminia vor: diese Tetrere 
Salaminia ist mit der sonst in diesem Zeitraum Ammo- 
nias genannten Triere identisch. Das ist eine blofse 
Behauptung. Und welche anderen Behauptungen sind 
für sie notwendig? Erstens der Name des Schiffes hat 
zwischen 325 und 305 wieder gewechselt, und zweitens 
das Schiff ist als Triere untergegangen und taucht als 
Tetrere wieder auf, zwei Behauptungen, die nicht blofs 
nicht bewiesen, sondern auch unwahrscheinlich sind. 
Die erste Identifikation, die der Paralos, ist unbeweis- 
bar, die zweite unbewiesen, die Diodorstelle nicht be- 
weisend. Thatsächlichen Halt hat Nissens Datierung 
nicht Denn in dem Syllogismus, welcher die Datie- 
rung schliefst, dafs nämlich die Salaminia erst nach 
dem Aufrücken des Amnion zum Vater Alexanders den 



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- 150 - 

Excurs Namen Ammonias hätte empfangen können, in Wirk- 
lichkeit diese Umtaufe wegen des Verhältnisses der 
Athener zu Alexander nicht vor der Zeit möglich war 
und nur während der Zeit Bestand hatte, wo die 
Athener dem Könige göttliche Ehren erwiesen, mithin 
die Salaminia nur zwischen dem Oktober 824 und Juli 
323 Ammonias geheifsen haben könne — in diesem 
Syllogismus, sage ich, enthielte der Untersatz eine 
treffende Beobachtung, wenn sie nicht durch den Ober- 
satz an Halt verlöre. Denn wo ist der Beweis für den 
Obersatz ? Auf die Geschichte des Namens der Salaminia- 
Ammonias, welche Nissen konstruiert, brauche ich hier- 
nach nicht mehr einzugehen. 



Neuntes Kapitel. 

Das neunte Kapitel ist eines der wichtigsten für 
die Charakteristik der tzoK. l4&r}v. Was sein eigent- 
liches Thema sein soll, ist klar: die Einführung der 
Volksgerichte. Man hätte demnach zunächst die An- 
gabe der einfachen Thatsache zu erwarten, dafs Solon 
die Volksgerichte und die Berufung an sie einsetzte. 
Allein Aristoteles fand diese Institution im Urteil der 
Athener mit der Ansicht verbunden vor, dafs sie die 
volkstümlichste Mafsregel Solons sei, weil im 4. Jahr- 
hundert die Souveränität des Volkes in der Recht- 
sprechung zum deutlichsten Ausdruck kam. Das hielt 
er für unrichtig, dagegen galt es zu kämpfen. Und 
so stark ist der polemische Trieb, dafs er den Schrift- 
steller die einfachen thatsächlichen Angaben gar nicht 
erst machen läfst; vielmehr, ehe er ihn überhaupt zu 



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— 151 — 

den das Thema des Kapitels enthaltenden Worten 9. Kap. 
kommen, ehe er das Streitobjekt ihn nennen läfst, 
zwingt er ihm schon Kampfesworte in die Feder und 
läfst ihn die eigene abweichende Ansicht in den Vorder- 
grund stellen: TtQWTOv fiev xcrt fiey igt ov to fifj 
daväLBiv Ini Tolg owfiaaiv, ein Urteil, welches im An- 
fang des 6, Kapitels begründet war. Einfach registriert 
wird to i&ivai zqj ßovXofihy tihwquv vrreg twv adi- 
xovfiirww, und nun erst die bekämpfte Ansicht xqixov 
öi (<£) iiaXiaxa (paoiv lo%v*£vtu to nX^og, ^ eig to 
dixaOTyQiov tyeoig, aber auch hier noch nicht ohne 
einen Zusatz, der der Polemik Ausdruck verleiht ; denn 
der Relativsatz weist mit der Bemerkung, dafs diese 
Institution nach allgemeiner Ansicht die demokratischste 
aller solonischen sei, ausdrücklich auf des Verfassers in 
den Anfang gestellte abweichende Auffassung hin. 
Nun würdigt er die Gründe der Gegner ohne jede 
Polemik, soweit sie Thatsachen betreffen ; aber die un- 
historische Auslegung der Thatsachen bekämpft er: 
ov yaQ dUaiov ix twv vvv yivo t utvtjv aXX* ex Ttjg äXXiyg 
noXtTiiag Sewoetv tt,v enüvov ßovXrjOiv, wozu ja die 
Parallele aus der Politik (1274 a 11) bekannt ist: cpai- 
verai de ov acctoc Ttjv SoXwvcg yevtoÖai tovto rtooctL- 
uioiv (die Überhandnähme des Demos), aXXa (.taXXov 
anb oviinTOtfAcnog . . inel SoXwv ye tbtxe Tr t v avay- 
xaioraTijv anoöiöovai t$ öijuo) övvafAiv xtc. (s. oben 
S. 120). 

Und woher gerade hier die Stärke des polemischen 
Triebes? Solon ist für Aristoteles, worauf ich weiter 
unten genauer eingehe, ein pitoog, seine Verfassung ist 
die eines fiioog, der stets die fjeooTrg wahrt, von Ex- 
tremen sich fernhält. Gab aber Solon dem Volke die 
Gerichtsbarkeit, welche die demokratische Tradition 
ihm zuschrieb, dann war er kein utoog. Die ganze 



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152 - 



9. Kap. solonische Verfassung hatte Aristoteles als die eines 
fdioog dargestellt. Bei der Seisachtheia giebt Solon 
dem kommunistischen Begehren des Volkes nicht durch 
Aufteilung des Landes nach, in der Verteilung der 
Staatsrechte enttäuscht er das herrschsüchtige Ver- 
langen der Adligen durch die timokratische Ordnung 
der Dinge. Er läfst dem Adel Vorrechte, aber giebt 
auch dem Volke Rechte. Die Ämterbesetzung gestaltet 
Solon nicht aristokratisch-oligarchisch durch das reine 
Wahlprincip, auch nicht demokratisch durch blofses 
Losen: die Mitte hält er, indem er eine Besetzungs- 
art festsetzt, welche Wahl und Los vereinigt. Mit 
dem ttqoxqLveiv und dem Losen war die Ämterbesetzung, 
wenn auch mit Mafsen, so doch immerhin nach demo- 
kratischem Principe ausgestaltet; aber die evüvva, 
welche nach Aristoteles der Areopag hatte, brachte in 
das Beamtentum das aristokratische Gegengewicht 
hinein. Die demokratische Wahl konnte die Beamten 
nicht zu allzu demokratischer Amtsführung bewegen, 
denn die ev&vva auf dem Areopag stand ihnen immer 
bevor. Aus diesem Zusammenhange erklärt sich die 
merkwürdige Angabe, dafs die ev&vva nach der Ord- 
nung Solons vor den Areopag gehört habe. Aber alles 
dieses sind doch im Grunde Einzelheiten, bei denen 
nur ein Mehr oder Weniger an demokratischer Ten- 
denz in den gegensätzlichen Darstellungen des Aristo- 
teles und der Atthis in Rechnung kommt. Hier, bei der 
Erteilung einer Gerichtsbarkeit, welche nach der Ansicht 
der Demokraten die extreme Demokratie hatte fördern 
sollen, handelt es sich um die Gesammtauffassung von 
Solons Gesetzgebung. Entweder gab Solon die Ge- 
richtsverfassung in dieser Absicht, dann war Aristo- 
teles* Auffassung von dem Manne und dem Werke des 
Mannes falsch, oder er gab sie nicht mit dieser Ab- 



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- 153 - 



sieht, und die demokratische Tradition ist gerichtet. »• Kap. 
Duft er aber diese Absicht nicht gehabt haben könne, 
ergiebt, so sagt Aristoteles, ein Blick auf die ganze 
Verfassung. Man sieht, auf die Darstellung der solo- 
nischen Verfassung, wie sie in den ersten Kapiteln 
gegeben ist, weist Aristoteles hier zum Beweise ein- 
fach hin. Er hat im einzelnen vorgebaut, damit, wo 
der Kampf ums Ganze geht, er nur auf das Einzelne 
zu verweisen braucht. Überlegen ist zwar die Ab- 
fertigung der gegnerischen Ansicht, aber dafs hier 
alles auf dem Spiele steht, verrät sich an der Stärke 
der Polemik im Eingang und auch im Ausgang. Man 
beachte, wie mild und vorsichtig seine ausgesprochene 
Polemik in fast stereotypem Ausdrucke da ist, wo es 
sich um Differenzen handelt, welche dem blofsen Ur- 
teile unterliegen und Ansichtssache sind; so sagt er 
(p. 5, 25) ov juijv aXXa Tti&avtütegog 6 tojv drj^ioxi'x.üv 
Xoyog und (p. 7, 11) ov fjrjv uXXa evXoyurtegov xrc. Um 
die Achtung vor der Meinung des Anderen, welche 
sich in dieser Mäfsigung ausdrückt, richtig zu würdigen, 
vergleiche man, welchen Ton er anschlägt, wo es sich 
nicht um Ansichten, sondern um beweisbare That- 
sachen handelt: p. 19, 18 6 Xeydfievog Xoyog . . . ovx 
aXrj&rig ionv ov yag tnsfxnov To(re) f*e&' 07tXwv 
und gar 18, 3 dib *ai yavtgwg Xygovoiv <ol) (pa- 
oxovTsg t.QtüuEvov elvai üeiaiatgatov SoXwvog, denn da 
brauchte man nur die Archontenliste nachzuschlagen. 
Auch an unserer Stelle handelt es sich um eine An- 
sichtssache, daher Aristoteles wieder ruhig ov jUtj? 
elxog sagt ; aber die polemische Erregtheit, welche das 
ganze Kapitel charakterisiert, tritt an der Begründung 
ov yag dixcuov zu Tage; das ist bei allem Ethos, 
welches darin liegt, hart gesprochen. Und indem 
Aristoteles die Einsetzung der Volksgerichte seitens 



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- 154 - 



9. K»p. Solons mit ausgesprochener demokratischer Tendenz 
leugnet, widerspricht er der allgemein geltenden Ansicht, 
dafs Solon mit den Gerichten der demokratischen Ord- 
nung die bedeutendste Stütze habe geben wollen. Am 
Schlüsse des 8. Kapitels hatte er die Mafsregeln an- 
geführt, durch welche Solon die neue Verfassung nach 
seiner — des Aristoteles — Meinung zu festigen suchte, 
die Eisangelie Eni Acnalvou tov öfaov an den Areopag 
und das Gesetz gegen den politischen Indifferentismus. 
Das ist sein positiver Nachweis; den negativen, dafs 
nämlich die Ansicht, nach welcher Solon mit der Volks- 
gerichtsbarkeit seine Verfassung hätte festigen wollen, 
falsch sei, erbringt er in diesem Kapitel, indem er 
überhaupt das Vorhandensein der Tendenz in dem 
Gesetzgeber leugnet, welche allein zu dem Versuch 
einer Stützung der Verfassung durch so demokratische 
Institutionen hätte führen können. So legt das 9. Ka- 
pitel negativ dasselbe dar wie* der Schlufs des achten 
positiv ; dieses bereitet jenes vor. Wie sich also die 
Kapitel 6 — 8 im ganzen zum 9. Kapitel verhalten, so 
verhält sich im besonderen der Schlufs des 8. Kapitels 
zu dem folgenden. Auf diese Weise wird zugleich der 
innere Zusammenhang festgehalten. Es ist eben alles 
Absicht, alles Beweis in diesem Abschnitte. Die ganze 
Darstellung der solonischen Verfassung ist ein grofses 
Nein, nicht gegenüber der Überlieferung der einzelnen 
Thatsachen der solonischen Verfassung, sondern gegen- 
über der allgemein geltenden demokratischen Auf- 
fassung des Mannes und seines Werkes. Aristoteles 
rühmt den Solon nicht weniger als die Demokraten, 
aber er sucht und sieht die Bedeutung seiner Gesetz- 
gebung in etwas Anderem als diese. Er erblickt in 
demselben Manne, in welchem jene den Archegetes der 
extrem demokratischen Anschauung des 4. und 5. Jahr- 



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- 155 - 



hunderte sahen, den Feind alles Extremen ; er macht 9. Kap. 
den Begründer und Helfer der extremen Demokratie 
zu ihrem Feinde. Durch die ganze Darstellung der 
solonischen Verfassung zieht sich dieser Gegensatz, und 
das neunte Kapitel steht im Brennpunkte des Streites. 
So ist es das wichtigste aller Kapitel, welche wir hier 
betrachten, ja es ist vielleicht eines der wichtigsten 
der ganzen no'ktxüa 'A&rjvaiwv überhaupt. 

Aristoteles führt die Gründe der Gegner für die und i Flut - 
wachsende Macht der Gerichte an; sie finden sich 
auch bei Plutarch (Kap. 18): o (sc. t6 dtxdfeiv) xcrr' 
ag%ag utv ovdiv, lOreQOv öi nafn^eye^eg i<pavt]' ta 
yaQ TcXelaxa twv dtayoQCov ivimmev eig tovg dtxa- 
atdg. Die Thatsaehe , dafs zu Solons Zeit die Ge- 
richtsbarkeit des Volkes noch keinen bedeutenden Ein- 
flufs im Staatsleben ausübte, ist auch hier anerkannt; 
aber das ganze Plutarchkapitel zeigt, dafs sein Ver- 
fasser oder dessen Quelle die spätere Entwicklung der 
Volksgerichte sich als von Solon beabsichtigt dachten ; es 
fehlt also gerade das wesentlich Aristotelische, der Satz, 
dafs diese Entwicklung infolge historischer Zufällig- 
keiten sich so, wie sie es gethan, gestaltet habe. Mit- 
hin kann Aristoteles hier nicht vorliegen. Das wird 
sich auch aus dem Folgenden ergeben. — Plutarch: 
xat yctQ oaa Talg apxaZg *Va£e xp/mv, bfxoiwg xctl 
7ieqi ixeivwv eig tb öiytaOTrjQiov icptoeig l'öwxe %oig 
ßov),ouh>oig; philosophischer bei Aristoteles : y.vQiog yaQ 
Iüv 6 drj/uog T^g xl'rjcpov xvQtog ytverat tijg noXi^eiag. 
Es folgt nun auch bei Plutarch der Topos über die be- 
absichtigte Unklarheit der solonischen Gesetze. Dafür 
der Beleg: 1 E7Ciar i f.taLverai d* avrbg avrijj ttjv a^icoatv 
ovTiog' Jtj fity f.uv yaQ tdcoxa toaov -/.gdrog oaoov inaQ- 
K£i xr£. "Eti liivroi xert uuü.ov oiopevog delv enaQ- 
*eiv tfj xQv 7tolX(Zv aa^eveia, rcavxi Xaßelv 6Ur t v 



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- 156 - 



9. Kap. vnsQ tov y.(c/<->g niTtovSbiog tdwxe. Aristoteles führt 
die Verse h]<i<i) fiev yctQ ytzk. ebenfalls an, aber nicht 
als Beleg für die Bevorzugung des Volkes durch Solon, 
sondern dafür, dafs Solon, wie er sagt, aficporeQOig 
rjvavtiw&ri xai . . . e\'Xero ngbg QftcpovtQovg ctTtex&e- 
<s#ai. Und niemand wird leugnen, dafs Aristoteles 
die Verse richtig verstanden und gebraucht hat, Mifs- 
brauch mit ihnen bei Plutarch getrieben ist. Allein 
wie konnte der Mifsbrauch möglich sein? Weil man 
den ersten Vers anders las, als wir ihn im Aristoteles 
jesen. Dieser giebt örjf.t({) [.ttv yag edcoxct tooov yegag 
oaaov in a q(%gi} , Plut. 0*17^ /uiv yctQ edio'Act xoaov 
y.gctTüQ ooaov inctQY.ei. Er will dabei, wie das sich 
daran anschliefsende in iia/./.oi oioj.tevog delv inctQ- 
xelv zfi twv 7ToXXuiv ao&eveicz zeigt, €7ragxe7 als 'helfen, 
schützen' verstanden wissen ; da er nun statt yegag das 
starke TtQarog liest, so ergiebt sich der Sinn für die 
erste Zeile: 'dem Volke habe ich eine solche Macht 
gegeben, dafs sie es schützt. 5 Wem nun die übrigen 
Verse gleichgiltig waren, der konnte die 3 Distichen in 
der That als Beleg in der Weise verwenden, wie es 
bei Plutarch geschehen ist. Das wichtigste Ergebnis 
dieser Beobachtung ist, dafs Hermippos, den man ja hier 
gerade einfach für Plutarch einsetzen darf 1 ), an dieser 
Stelle nicht die noh *A^v. benutzt haben kann; das 
beweist die verschiedene Verwendung des Epigrammes 
und vor allem der Umstand, dafs diese verschiedene 
Verwendung auf einem verschiedenen Texte beruht. 
Nun besteht aber zwischen Aristoteles und Hermippos 
an dieser Stelle zugleich eine mehr als zufallige Uber- 
einstimmung; andererseits können Aristoteles und Her- 
mippos die Solonverse nicht aus derselben Quelle 



>) Begemann a. a. 0. S. 20. 



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- 157 - 

haben. Aristoteles schöpfte aus den Gedichten selbst, 9. Kap. 
auch Hermippos wird sie selbst benutzt haben; aber 
auch in der ihnen beiden gemeinsamen Quelle, der 
Atthis, sind sie vorauszusetzen. Da Hermippos die 
Verse im Sinne einer demokratischen Auffassung ver- 
wendet, wird man annehmen, dafs er, wie das auch 
zu erwarten ist, die Quelle genauer ausschrieb, Aristo- 
teles diese Quelle berücksichtigte, zum Teil ihre 
Worte gebrauchte, aber sein eigenes Urteil sowohl den 
Thatsachen wie den Belegen gegenüber sich wahrte, 

Ich möchte noch, wie auch vorher, um den Gegen- T u " d 
satz zwischen den von Hermippos benutzten Quellen vn 39 ff. 
und Aristoteles zu illustrieren, Isokrates' Areopagitikos 
heranziehen. Es heifst darin: (§ 3&) zi\v dt} zoiavzrjv 
(sc. ßovXriv, Areopag) . . . moLclv B7toir t aav iTci^ieXel- 
o&ai zrjg evza&ag, rj (sc. ßovlrj) zovg fiiv olofAevovg 
ivzav&a ('da 1 ) ßelzLozovg ävöqag yiyveo&ai, 7taq olg 
('wo') 01 vofioi peza nleiozrjg dvLQißeiag KeifAevoi 
tvyxdvovaiv , dyvoelv ('desipere*) ivofditev . . . (§ 40) situ 
zd ye TcXiqdri y,ai zag ccxgißeiag züv vofxtov or^f/elov elvai 

zov xorxcSg olxeio&ai zqv nohv zavzrjv (§41) zovg öi 

'/.aXcüg nmaideviitvovg xai zotg anlwg xe ifievoig 
e&elyoeiv epniveiv. Diese Worte, welche auf die ver- 
meintliche solonische Verfassung gehen, werden jetzt 
klar in ihrer Tendenz verstanden. Die darin stehende 
Behauptung, dafs die axolßsia zwv vofitov, welche eben 
den solonischen Gesetzen fehlte, nicht nötig sei, ergiebt 
sich als eine Verteidigung des demokratischen Satzes 
eTvizrjöeg ciaaqsug avzbv Tzoirjoac zovg vopiovg, aller- 
dings eine Verteidigung des Enizr^eg in anderem Sinne 
als dem der Demokraten. Die Thatsache der aodqteta 
der solonischen Gesetze war allgemein anerkannt und 
fiel für den Philosophen unter das allgemeine 



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— 158 - 



9. Kap. Axiom *), dafs ein Gesetz überhaupt nicht für alles Bestim- 
p. 9, 7 f. mun g en treffen könne. Von allgemeinerem Gesichtspunkt 
aus erklärt also Aristoteles die Mängel der solonischen 
Gesetze: Solon war es unmöglich, alles genau durch 
Gesetze zu regeln, weil dies überhaupt unmöglich ist. 
Die Atthis kehrte jene Mängel zur Glorie des demo- 
kratischen Heros: die aodyeia war beabsichtigt von 
Solon, omog mQi trjg XQioeaj[g 6 öij/iog y xjvQtOQ*), 
wozu der Satz ytvgiog yaQ wv 6 dr^og trjg xlrfyov xi- 
giog yivetcu zijg noXitüctg den Syllogismus schliefst. 
Und Isokrates? Auch nach ihm lag die aodqxia in 
der Absicht des Gesetzgebers, und auch die auf Solon 
folgenden Generationen hiefsen diese aod(peia gut. 
Aber der Solon des Isokrates und die Geschlechter, 
welche nach der Darstellung des Redners gleichen 
Geistes mit dem alten Gesetzgeber waren, konnten bei 
der Zulassung und Belassung der aoaqteta unmöglich 
die Absicht gehabt haben, welche die demokratische 

*) Z. B. PlatoPolitikos 1294 a or* vofxog ovx äv nort J vvaito 
To rt itgiarov xal ro öixatorarov dxgißäis näoiv afxa negila- 
ßtov ro ßtiT iot ov InixttTTUv (vgl. 7iol. y Ad-t)v. p. 9, 9 Jta 
to lurj ö* vvao &ai xa&olov negtkaßeiv to ß(XTiaTov). al 
yag dvofxoiorrjTfs tüjv Ti av&g<ontm> xal t<2v ngd&tov xal t6 ^uij- 
ö*4noTs nT)ö*h wf tnos elntiv yavxtav ayttv tüv dv&gwntvtov 
oöökv itoaiv anlovv tv ovdtvl mgl dnarriav xal inl ndvra tov 
Xqovov änotf ttiveo9ai t^vtjv ouö* tivtivovv. Aristoteles selbst 
Poiit. 1282 b 4, wo von den Beamten die Rede ist: ntgl TovTtav 
tlvai xvgiovs ntgl oatov i£ ad*v vutovoiv ot vofxoi X£yeiv 
tixot ßtfi e ö*ia To nr; QuSiov tirai xa&olov 6iog(oai ntn) nav- 
tw vgl. 1287 b 17: die Beamten müssen das xgfvtiv haben, mgl 
wv 6 vofxog aövvaTti ätogl&iv .... tu ftfo £v(f//€ra* negt- 
Xtjtf^ijvat, rote vopoii, tu ö*k dduvara xri. vgl. 128G a 24, Ethik 
1137 b 27 ff., Rhet. 1374 a 28 ff. 

2 ) Das Paläographische zu der Lesung s. o. S. 9 z. d. St.; 
für den Ausdruck vgl. die in der vorhergehenden Anm. citiertc 
Stelle: negl töutwv ehai xvgtovs (Pol. 1282b 4). 



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- 159 — 



Auffassung der aodyeia unterschob; denn damit würde 9. Kap. 
sich der Zweck der ganzen Schrift nicht vertragen. p * 9 ' 7 1 
Sein Solon kann dem Volke nicht die Macht gegeben 
haben, welche zu der Verwilderung führte, die gerade 
im Areopagitikos bekämpft und der die solonische Ver- 
fassung als wieder zu erstrebendes Paradies vorgehalten 
wird. Er konnte aber auch die aristotelische, philo- 
sophische Auffassung nicht annehmen, weil er damit 
dem Urheber der gepriesenen Verfassung einen Mangel 
hätte anhängen müssen, den seine idealisierende Dar- 
stellung nicht vertrug, und welche in seine Beweis- 
fuhrung nicht pafste. So durfte die aodq>eia nicht ab- 
sichtslos sein, sie durfte aber auch nicht mit der Ab- 
sicht belassen sein, welche die demokratische Tradition 
annahm. Wie hilft er sich? Er greift zu dem so häu- 
figen Mittel sophistischer Beweisführung, zum utopisti- 
schen Ethos, und erklärt den Mangel der Schärfe der 
solonischen Gesetze mit dem Gemeinplatz, dafs nach 
der Auffassung der Altvorderen die in Stein ge- 
schriebenen Gesetze keinen Wert gehabt hätten; das 
Volk sollte nach dem Willen der Vorfahren zur aw- 
rpgoavvi] erzogen werden, so dafs die Gesetze in seinem 
Herzen geschrieben stünden : die Erziehung des Volkes 
abergaben sie — und hier liegt der Kern der Schrift 1 ) — 
dem Areopag in die Hände: otx fat tovxwv (den Ge- 



x ) Dümmler a. a. 0..(s. o. S. 78, Anm. 1) S. 16 hat gemeint, 
dies sei der richtigste Gedanke des Areopagitikos, und den 
habe Isokratcs auch noch aus Piatons Staat gestohlen (IV 425, 
namentlich b ovrt yao nov yiyvtrtti out* «r fitfvatr, Xoytp re 
xal y uuim um rouo9€Ti)fr£rTa', Gegensatz ist ix nauJcfttf). Ob 
der Gedanke der richtigste ist, darüber will ich hier nicht 
rechten; aber dafs er nicht aus Piatons Staat stammt, das 
verdient betont zu werden. Isokrates hat ihn schon im Pane- 
gyrikos (§ 78) in anderer Wendung tovs vopovg iaxonovv, onms 



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— 160 - 



9. K«p. setzen) vrjv STtiSoaiv ehai rfjg ccQeztjg aXV ix xtirv xa&' 

P> 9, 7 f. 

dxQtßteg xal xuXwg ?jbva»jr t ou% ovrto rovg neol TtÜv IdCtov 
avftßo Xaiwv tog roig negl rwv xo*' ixdarrjv rijv rifii- 
oav in tTTiäsipaTtüV' riniaravro yd(>, Sri rotg xaXoTg xd- 
ya&oTg twv dv&Q(an(av oöJkv titqO€t noXXtov ygaufid- 
rtov, ukV im' oXiyuv owdynärojv §qd(tog xal negl tüv täitov 
xal 7t(Ql toJv xmvdiv ouovoqoovoiv] ebenso kehrt er in der Parallel- 
darstellung des Panathenaikos (s. o. S. 86 ff.) zum Areopagi- 
tikos wieder, § 144. Vgl. Plato a. a. O. 425 c »/<W. . . t« ayo- 
Qaia $ v ußoXaitav rf ntoi xax* dyooav 'ixaoxot a n(>og d).).r r 

Xoi'g k~VfjßdXX0V0~lV XOVXtOV loljXriOOlAtv Tl VOfJO&iXtlV. 

all* ovx äZtov . . . artiodot xaXoig xdya&oTg imxdxxtiv; 
xd noXXä yctQ avidiv, Sau Jtt vo/uofterrioanOat, $€tS(iog nov (v- 
Qtiaovair. Die Übereinstimmung ist so grofs, dafs man, falls 
der Panegyrikos spät genug fiele, in der That auf Abhängig- 
keit des Isokrates schliefsen würde. So bleibt nichts übrig, 
als anzunehmen, dafs der Gedanke, wie ich ihn im Texte auch 
bezeichnet habe, ein philosophischer Topos war. Denn von 
isokratrs selbst stammt er sicher nicht. Woher dieser ihn 
aber hat, ist mir nicht klar. Isokrates pflügt auch im Ausdrucke 
mit fremdem Kalbe: die Gesetze i^ufQayfiaxu nov djuaQxrjfjdxon' 
zu nennen, ging über sein Können oder wenigstens gegen seine 
zimperliche Ausdrucksweise. Dasselbe Bild Lyk. Leokr. 124 : dnd- 
aag rag oJovg t(Zv dthxrjfjdxtov iv4(foa$av, was in Bezug auf das 
Psephisma des Demophantos gesagt ist. Der Ausdruck ist lange 
nicht so kühn wie der bei Isokrates. An direkte Nachahmung des 
Areopag. seitens des Lykurgos vermag ich nicht zu glauben; das 
Bild wird älterer Prägung sein. Der Ausdruck klingt fast an die 
Tragödie an; doch giebt es noch eine andere Möglichkeit. Bei 
Stob. Flor. 43, 95 (II 103 M.) steht ein Fragment aus der Schrift 
nfol ooioTTjTog des sonst nicht bekannten Diotogenes (Zeller, 
Phil. d. Gr., III 2», 100, Anm. No. 12), welches beginnt: tut 
<f£ vofxtag ovx iv olxypaöt xal &vq<6 uao iv ivijfiev Stt t 
dXX* iv xoTg y&itoi Ttüv noXixtvofxivtov. x(g fov doyjt noXi- 
xtlag andaag; viatv rootfd. Ebenda 43, 134 heifst es aus einer 
dem Arcliy tas falschlich beigelegten Schrift (Zeller a. a. O. S. 106) 
tisqI vofjtov xal tfixatoovvrig (II 139, 21 M.): xtv vofxov tov tv 
roig ädeoi (ich belasse den Dialekt, wie er bei Meineke steht, 
denn für die künstliche Doris fehlt mir das Regulativ) xal 
xoTg inuaötv^aat iwy noXixdv iy%Q(i)&o&ai ö*u und direkt im 
Wortlaut mit Diotogenes übereinstimmend (II 138, 19 ff.), so 



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- 161 - 



btamrp tr t v r)^iQav irtitrßEv^idxwv' tovq yag Ttolkoig 9. Kap. 



dafs auf einer Seite ein Plagiat vorliegt, Jet tov vo/jov . . . 
fur) (v olxtjuttoi xal &uoo)uaatv Ivrjfiev dXX* iv rotg «ff toi twv noXt- 
Tivoutvoiv. ovdk ytto Iv Attxttüatfxovi, Tfi tvvofitoraTq nla&tt, 
youuuüxojv a noXtg (hoixeircu, noXv 6k uaXXov roig TQonoig nur 
noXiTevofjtvtDv. Die Stelle erinnert stark an Isokrates' t« 
nXrj&r) . . . rtav vo/uaiv Tag oxoäg iftnifinXttveiv yQafipilrtav . . . 
roig iprjif fauaoiv dXXa rotg rj&totv xaXöig olxtto&ai xri., 8. d. Text. 
Dafs die Pythagoreer am Ende der christlichen Zeitrechnung 
den Areopagitikos nicht ausgeschrieben haben, wird man ohne 
weiteres zugeben. Nun ist dieser Gemeinplatz bei den Py- 
thagoreern Und bei Piaton mit der Jugenderziehung verknüpft; 
bei . Isokrates erscheint er zunächst nicht bei der Erziehung 
der Jugend, sondern der der ganzen Hurgerschaft zur ototpQo- 
avvri, unmittelbar darauf aber geht auch Isokrates auf die 
Jugenderziehung über, so dafs man deutlich sieht, er hat den 
Gedanken in demselben Zusammenhange vorgefunden, wie er 
bei Piaton und Diotogenes erscheint. Gerade so Aristoteles, 
wie sich das versteht, am Schlüsse der Ethik (X 1179 b 31): ix 
viov (f' ftytoyrjc op.V/Jj rv/tlv TtQog doerrjv /aXenov fjrj vnb toiov- 
Toig Tottif &Ta vofAOig . . . tfir) vopoig dei TiTa^at rqv T.jotfijv 
xa\ tu ImTtjJtu/uttTtt . . . xal ävJQtti&trrae J«t intTTjäeveiv aurd 
xrtl ?U(ttaöai . . . et J* ovv . . . tov toofievov aya&ov rgatfijvat 
xttXtog äti xttl t&MJftrjvni, ovrtog h tntxritievpttatv imuxfat 
Crjv xal ^r'y axovia (xr\0* ixovra 7i(x'tTT(iv ra ffavXtt, TaCra ä+ 
yCvoir* nv ßiov/utvotg xard rtvtt voOv xal roftv öp^ijv, l^ouffav 
ioyvv . . . tv luovt) tfi tj ^axtöaipovdav noXei juer' oXtytov o 
vofio&itrfs tni^iXeinv tfoxfi* nenot^ad-ai TQOtpijg js xal IniTij- 
öfvuttTtor. Im Folgenden führt Aristoteles noch aus, dafs die 
so erziehenden Gesetze yeyQau^ih'oi oder ttypatfot sein könnten ; 
darauf käme es nicht an (d. h. iv jj&eotv). Es ist erklärlich, 
aber auch bemerkenswert, dafs wie bei Pseudo-Archytas so 
hier die Gesetzgebung des Lykurgos als Beispiel angeführt 
wird. In dem S. 130 f. berührten Abschnitt der Politik heifst es 
im Zusammenhang mit der Verfassung des Lykurgos von dem 
Gesetzgeber t6i>(t() vouo9ijrjv i /nn o i eiv Set mOra raff tyv- 
Xttig Ttor ttv,9o(6n(ov (1^33 b 37). Namentlich an der Aristoteles- 
stelle erkennt man, dafs auch Xenophon, memor. IV 4, 15, in 
K eil, Aristoteles. 11 



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— 162 — 



9. Kap. ofxoiovg tolg rftsoiv anoßaiveiv, iv olg av Sxaorot nai- 
öev&woiv. inei ta yc 7iXtj&i] aal tag ay.gißeiag täiv 
vofoav oriiAÜov elvai toi xaycwg olxelo&ai ttjv tzqXiv 
tavtrjv . . . öelv di tovg OQ&wg Ttohtevofiivovg ov tag 
atoag eftnifATtlavai ygapnaudv, all* iv taig \pv%cug 
e'xeiv tb dUaiov ov yaQ toig xpi]<piofiaatv ak?M toig 
rfteaiv *alwg oheio&ai tag noUig, mal toig uev yta- 



diesen Zusammenhang gehören : AvxovQyov dl xov Aaxtdaiuo- 
nov . . . xaxafifud^ijxag, ort ovSh dv 6id(fQQ0V rdiv dXkotv 
7i6ktmv ttjv 2nttQTT\v tnotrioev, tl fiij xo nii&to&ai roig vouotg 
udfooxa ivttgy daax o auxrj. Was er Iveigyaoaxo, ist fv fö&oiv. 
Um den Kreis zu vollenden, mufs ich noch eine Stelle aus- 
schreiben. Plut. Lyk. 13: voftovg ytyqa^fih'ovg 6 Avxoüq- 
yog ovx (frqxtv, dlld uta rtiy. xalovutvoiv {>rjXQ(iiv taxlv avxt). 
xd jiiv yaQ xvQtmxaxa xal jutyujra ngvg tvdaipovtov noltwg 
xal do€rf)V iv roiff rj&eoiv tjttTO xal rate dytayaTg rcSv nohrtov 
iyxaTtOToixHutjuhi u piveiv dx(vt]xa xal ßtßaia, f/ovxa Ttjv 
nqoatQtaiv dtofxov ioxvQoxegov xijg dvdyxr\g % i]v tj ixaCätvotg 
tfinottT rotg v(otg vofio&trov ötd&totv dnfoyaCofi^vrj 7X(qI 
cxaoxov aurtov. xd <fk /uixnd xal XQtjuaxixu av fi ßokaia xal 
utxanfaxovxa rate /gefatg alkoxe dlkcjg ß&ttov t)v [iq xaxa- 
Xa u ßdviiv iyygdffoig dvd yxaig tnjJt dxtvffXotg H&eaiv, 
dlV i t lv inl xaiv xatgdiv npooftioeig Xa/ußdvovra xal d(f.ai- 
Qtatig, dg uv oi 7X(nai6tv(xivoi äoxtudatoat (vgl. Isokr. IV 78). 
xb ydg olov xal näv xijg vofAO&toiag tgyov tig Ttjv naiöefav 
dvrjxpe. Es ist mir aus dem Zusammenhange aller dieser Stellen 
sicher, dafs der von Isokrates benutzte Gedanke aus social- 
politischen Erörterungen — mündlichen wie schriftlichen — 
stammt, welche um das Jahr 400 oder früher die Philosophie 
oder Sophistik über die Erziehung zum Staatsbürger anstellte; 
in ihnen war die spartanische Verfassung typisches Beispiel. 
Es ist bezeichnend für den Rhetor Isokrates, wie er aus diesem 
antiathenischen Gedankenkreise das Motiv der Erziehung durch 
und für den Staat auf die athenischen Verhältnisse übertragt. 
Manche Merkwürdigkeit seiner Ausführungen, namentlich die 
Unklarheit, wie er sich die Erziehung denkt, wird hierdurch 
verständlich. 



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- 163 - 



xwg iB^Qafifiivovg xai roig äxQißcög iüjv vopcov avaye- «. Kap. 
yqa u u evovg ToXpijoBlv nagaßaiveiv, tovq Öi y.alajg 7CB- 
7tcudevfiivovg %ai toig aTtluig /.eifAtvoig i&eXyoeiv tuiu - 

veiv (§ 40 ff.)« ^ an sient > es ist das ein Versuch, sich 
mit der Thatsache der aoayeia der solonischen Ge- 
setze abzufinden. So machen der Philosoph und der 
Rhetor, jeder von seinem Standpunkte aus, Front 
gegen die demokratische Tradition der Atthiden. 



Zehntes Kapitel. 

Mit den Worten diazdt-ag di %r t v noXixuav ovtibq 
€LQrp;ai zgonov schliefst sich das 11. Kapitel unmittel- 
bar an p. 6, 16 Sutane %r t v noXixüav tovde (toV) 
iQOTtov an, so dafs man anzunehmen geneigt sein könnte, 
das zehnte Kapitel gehöre auch noch zur Darstellung 
der noUtua ; allein der Schein trügt. Zwei Aufgaben 
hat Solon nach Aristoteles, die Hebung des socialen 
Notstandes und die Einführung einer neuen Verfassung ; 
dafs und wie diese beiden Aufgaben gelöst wurden, 
ist in den vorhergehenden Kapiteln erzählt; was Solon 
sonst noch that, kann nur als naqiqyov berichtet werden. 
Dem entspricht der Inhalt des zehnten Kapitels. Er be- 
steht aus einer nachträglichen chronologischen Bemer- 
kung über die Abfolge der solonischen Mafsregeln mit der 
schon besprochenen (S. 45 f.) Pointe gegen des Androtion 
Auffassung der Seisachtheia als einer Zinsermäfsigung 
nebst Münzreform. Die hierbei nötige Erwähnung 
der solonischen Münz- und Mafsreform veranlafst den 
Schriftsteller, eine kurze erläuternde Bemerkung über 
diese Reform anhangsweise beizugeben (en* k%üvov yag 

11* 



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- 164 - 



io. Kap. syevezo). Die Form der nebensächlichen Behandlung 
der solonischen Münz- und Mafsordnung ist an sich 
eine Polemik gegen die Bedeutung, welche Androtion 
ihr in seiner Darstellung der solonischen Verfassung 
eingeräumt hatte. Aristoteles hält sie für keine poli- 
tische Mafsnahme, gesteht ihr keinen Zusammenhang 
mit der nolixda zu. Dafs sie keinen gehabt habe, 
will er durch die Angaben über sie selbst darlegen. 

und Piut. Tj m clies zu verstehen, müssen wir den Parallelbericht 
° ' 15 ' des Plutarch heranziehen, welcher , wie ausdrücklich 
von diesem bezeugt wird, aus Androtion geflossen ist. 

Aristot. Kap. 10. Plut. Sol. 15. 

Ttoirjoag . . . zrjv ze zwv . . zijv a\ia zovztp yevofxi- 

fJ.6ZQWV XCXt OTad-fAUtV Vt)V ZWV Z€ flEZQWV 871- 

/.ai z^v zov vofxiof.ia- avi-yoiv xert zov voll- 
zog av^tjOiv. E7t exet- O(.iazog ztfiyv. \Exa- 
vov yaQ eyivezo v.ai za zov yaQ eTtoirjae ö*oax- 
UezQa tiutto zwv Oeiöw- fiwv ztjv fxvuv TtQoze- 
veiiov, xai 7] fiva Tigozegov qov eßdopyKOvza %ai 
[e'k/.o)voa nag l[)u]yov zgicov ovoav, üoz* 
eßdo(.iff/~ovza dgay^ag ave- agi&n$ fxiv Yoov, Swdfiec 
Ttlrßto&ri zalg h*azov. rjv d* elazzov a7todiö6vz(ov y 
ö J 6 aQ%aiog xaQcrAzijQ öi- wqieXeTo&ai ftev zovg exzl- 
dgaxuov. iTtolrße de y.al vovzag fieydla, firfih öi 
oza&f.iä Tigbg z[b vjo/Jioiaa ßXaTtzeo&ai zovg y,OfxiCo- 
i[ß]£?£ y.al e£rj'*ovza (xväg fiivovg. 
zb zdXavzov ayovoag, y.al 
ETudtevenij&rjOav [er*] uval 
zip ozazrjgi y.al zolg aXXoig 
oza${.ioig. 

Die Verwandtschaft beider Berichte ist so in die 
Augen springend, dafs sie keiner weiteren Erörterung 
bedarf; die Differenzen erfordern sie um so mehr. Der 



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- 165 - 

wichtigste Unterschied ist der, dafs Androtion nur von 10. Kap. 
(xirga und vofAia^ia spricht, Aristoteles von oraler, 
fteTQCt und vo^io^ia, und dafs hierbei Androtion für 
die fiirga eine inav%rjOig berichtet, für das vo^io^ia 
eine rtjuij, Aristoteles dagegen für alle drei gleichmäfsig 
eine av^aig. Die weiteren Ausführungen beider 
Autoren stehen mit dieser generellen Angabe in Über- 
einstimmung. Androtion läfst die utioa beiseite, weil 
es ihm für seine Würdigung der Seisachtheia allein 
auf die Münze ankommt; wie er die Inavfyoig tüv 
IUTQOjv verstand, bleibt also dahingestellt. Sein Aus- 
druck 'Ttjujj' ist sehr korrekt. Solon führte eine andere 
'Wertung' ein, die in der Reduktion des Fufses be- 
stand, was wieder gut mit den Worten ctQi&fup jueV 
Yoov, dvvdfAei d' ilavcov ausgedrückt ist. Aristoteles 
läfst die avfyoig auch des Geldes eintreten und be- 
richtet konsequenterweise : 'die Mine, welche früher mit 
Aufserachtlassung einer kleinen Differenz 70 Drachmen 
wog, wurde durch die jetzt übliche Zahl (vaig) von 
100 Drachmen voll gemacht.' Aristoteles also denkt 
sich die Mine um ca. 30 °/o vergrößert. Natürlich kann 
seine Meinung nicht die gewesen sein, dafs einmal die 
Mine ca. 70 Drachmen gehabt habe; er glaubte viel- 
mehr, dafs 100 alte Drachmen ca. 70 Drachmen des 
neuen Kurses entsprachen. Er berichtet also just das 
Gegenteil vom Androtion. Ich nehme gleich seine An- p- o, 20 f. 
gaben über die Veränderung der Gewichte hinzu. 
inoirjoe de xca <ra) ara^^a rtQog t[6 v]6fxia ^ua, 
d.h. in demselben Verhältnis wie das Geld 1 ), 

*) Diese für das Verständnis der Zahlenangaben des Ari- 
stoteles wichtigsten Worte werden von den Erklärern der Stelle 
mit Stillschweigen übergangen. Da die Deutungen hierdurch 
irrig werden mufsten, halte ich mich einer Polemik für über- 
hoben. 



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— 166 - 

10. Kap. wurde das Gewicht umgestaltet; den Artikel <rcr) halte 
>. 9, 2off. ich wegen z. 16 für nötig. Geht man nun von der 

von Aristoteles selbst gegebenen Voraussetzung aus, 
dafs Geld und Gewicht in das gleiche Verhältnis zu 
einander gesetzt wurden, so bleiben die folgenden 
Worte (enottjoe) . . . T[^]cZg xeu egfaovxa fxvag xb xa- 
Xavxov ayovaag unverständlich; denn an sich sind sie 
kaum zu konstruieren; giebt man ihnen aber supplie- 
rend einen Sinn, so kann man nur eine av^rjoig des 
alten Talentes auf 63 Minen verstehen; d. h. das alte 
Talent stand zum neuen wie 60 : 63 ; beim Gelde aber 
war das Verhältnis wie c. 70 : 100: wo bleibt da die 
Übereinstimmung mit der Angabe inoirjoe de xai (xct ) 
otcc&hcc TCQog xb vofiia pa? Es liegt also hier eine 
Textesverderbnis vor. An den überlieferten Worten 
herumzukurieren ist aussichtslos; ich stelle die Dia- 
gnose auf Wortausfall. Axiom mufs die Gleichheit der 
Behandlung des Geld- und Gewichtsfufses sein. Das 
neue Talent hat 60 Minen ; also ergiebt sich die Glei- 
chung 100 : 70 = 60 : x = 42. Nun ist das Ver- 
hältnis 100 : 70 ein ungenaues (nag' b'kLyov), und ist, 
da Aristoteles' Angabe sich zu der des Androtion ein- 
fach umgekehrt verhält, zu vergröfsern. Man rechne: 
100 : 71 = 60 : x = 42, 6; 100 : 71, 5 = 60 : 
x = 43, 2. Ich vermute nun, dafs die Worte XQelg 
■Kai in Verbindung mit diesem letzten Verhältnis zu 
bringen und der Rest oder richtiger der Anfang der 
Zahl xgeig *ai (xeriaQa.yi.ovta ) sind. Dann erhält man 
die Gleichung 100 : x = 60 : 43; x == 71, 66. Die 
Differenz von 1, 66 ist unter dem naq oXlyov zu ver- 
stehen. Ich halte also eine Herstellung des Satzes wie 
enoirpe de xot <ra> oxa&fia nQog x[b] v6fAi<J(.ia, z[()]eTg 
xat (xexxaQaxovxa inav^aag elg zag) egyxovza fivag 



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- 167 — 

TO taXavTOv ayovaag sachlich für nicht unwahrschein- 10. Kap. 
lieh; für sicher halte ich, dafs hier eine Lücke im p ' 9, 20 
Texte ist 1 ), und dafs diese Lücke durch die Gleich- 
förmigkeit zweier nahe bei einander stehender Zahl- 
wörter herbeigeführt wurde. — Zu dem Gebrauche 
von xctQa*triQ in den Worten r t v 6 uQxaiog gorgaxT^g 
öidocr/unv vgl. Polit. 1257 a 35 nqbg Tag ctXkayag toi- 
ovtov %i owi&evxo nQog oq>ag avxovg didovai xai Aor/u- 
ßavuv, o Ttuv XQijcifiQtv avzb ov eixB %r\v xQttav evfAe- 
taxBLQiozov 7tQog t6 txpf ... to juiv rcQÜhov anXug oql- 
a9iv [jeyi&ei xcu orad-pqj, to de relevralov xat x a Q a ~ 
v.Tr}Qa enißakovriüv, IV aTZOÄvor] rrjg ueio^oewq aitovg* 
6 yag x<xQcr/.i7jQ itifh) tov 7toaov oy/Aelov. Ob man sagen 
kann o gaoaxnjp loxi didgaxpov, ist mir fraglich; Sprache 
und Gedanke verlangen r t v d 1 6 agxatog xccgay.ztjg öidgdx- 
pov. Auch gewinnt für mich die Stelle dann in ihrer 
polemischen Natur an Deutlichkeit; denn sie soll die 
von Pollux IX 60 überlieferte Tradition to nalatbv 
di tovt* r t v (sc. dtögax^ov) Iddyvaioig vo^ia^ia, xal 
inaXeiTO ßovg, oti ßov v el gey IvTETvnw^iv ov rich- 
tig stellen. Aristoteles führt, wie fast nirgends, auch 
hier nicht die bestrittene Ansicht an; er sagt nicht: 
'das Gepräge war nicht das Rind, sondern das des 
(noch üblichen) Didrachmon' ; er sagt einfach: 'das 
Gepräge war das des Didrachmon' ; mit diesem Lako- 
nismus war zugleich auch der Wert bestimmt. Man 



! ) Die Worte tq(ic xal sind von H-L. getilgt worden mit 
derselben Gewaltsamkeit, welche ihre Textkritik besonders 
hier durchgehends zeigt. Hultsch's Aufsatz, Jahrb. für Mass. 
Phil 1891 (CXLIII), 263 lasse ich ganz beiseite, weil er auf 
methodisch unsicherer Grundlage, einem sich selbst wider- 
sprechenden Texte, Hypothesen errichtet. — Vgl. noch Rid- 
geway, Class. Rev. V 108. 



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- 168 - 

\o. Kap. kann also Aristoteles an dieser Stelle nicht aus Pollux 
8upplieren. 

Wie soll man sich nun diese Gleichartigkeit und 
Verschiedenheit erklären? Soviel scheint mir aus dem 
ganzen Charakter des Abschnittes über Solon hervor- 
zugehen, dafs Aristoteles die bei Androtion gegebene 
Darstellung der Münz- und Gewichtsreform korrigieren 
will, so gut wie er ihre Zusammengehörigkeit mit der 
Seisachtheia abgelehnt hatte. Aristoteles bestritt oben 
diese Zusammenstellung ; er entreifst hier dem Gegner 
auch die Möglichkeit dazu, indem er der Reform den 
Charakter abspricht, der die Einreihung in die Sei- 
sachtheia überhaupt möglich machte. Nur unter der 
Annahme, dafs eine Reduktion des Fufses unter Solon 
stattfand, war die Münzreform als eine Erleichterung 
für die unteren Schichten zu betrachten und zu einem 
Teil der Seisachtheia zu machen. Aristoteles leugnet 
die Reduktion des Fufses; mehr noch, er behauptet, 
dafs eine Erhöhung desselben stattgefunden habe. 
Damit ist eine Verbindung von Münzreform und Seisach- 
theia, welche beide schon als zeitlich auseinanderfallend 
dargestellt wurden, auch aus einem inneren Grunde 
abgelehnt. Aristoteles hat seine Trennung der beiden 
Mafsregeln bewiesen. 
Autorität Ob er recht hat? Mit der Münzreform ist er sicher 
Aristot. im Unrecht; das beweist die Numismatik. Aber darf 
uns das Wunder nehmen? Aristoteles ist keine ab- 
solute Autorität in der Darstellung der älteren atheni- 
schen Geschichte; er hat sie auch nur aus schrift- 
lichen Quellen geschöpft, und seine Angaben sind genau 
soviel wert, wie seine Quellen es waren. Er ist nur 
Mittelsmann wie andere Historiker auch. Allerdings 
den Vorzug wird man ihm bereitwillig zugestehen, 
dafs er seine Quellen nicht wie andere blindlings nahm 



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— 169 - 

und blindlings ausschrieb, sondern mit verständigem 10. Kap. 
Urteil wählte und sichtend die Berichte weiter gab. 
Allein auch in diesem liegt eine Gefahr für den Philo- 
sophen als Historiker; es ist nicht ausgemacht, dafs 
sein Standpunkt beim Urteil über die Quellen und 
Thatsachen immer der richtige war. Doch davon 
später. Hier ein zweiter Punkt, welcher eine absolute 
Autorität des Aristoteles nicht gelten läfst. Aristoteles 
begründet die Realforschung auf dem Gebiete der 
älteren griechischen Geschichte im Gegensatze zu der 
die Thatsachen oft entstellenden oder vergewaltigenden 
sophistischen und rhetorischen Behandlung der historisch- 
antiquarischen Uberlieferung 1 ). Er weist der Methode 
den Weg, indem er zugleich Quellen für historisches 
Wissen kennen und aufsuchen lehrt, welche bis dahin 
nicht herangezogen waren. Er lehrt aus bestehenden 
Verhältnissen mit historischer Methode gewesene Ver- 
hältnisse erschliefsen , die Überlieferung nach ihrer 
inneren Wahrscheinlichkeit und nach äufseren Indizien 
prüfen, die Überlieferung ferner in ihren verschiedenen 
Brechungen heranziehen und die als die echteste er- 
scheinende auswählen. Er hat den Weg gezeigt und mit 
intuitivem Blicke das Ziel geschaut, aber erreichen 
konnte er das Ziel selbst nicht. Er mufste sich zuerst 
die Uberlieferung zusammensuchen; war Athen als 
Centrale des Buchhandels auch der geeignetste Ort 
dazu, und hatte er selbst auch eine Bibliothek, deren 
Gröfse die spätere Zeit noch rühmte: solche Schätze 
von Überlieferung, wie die alexandrinische und die 
pergamenische Bibliothek nach ihm vereinigt haben, 



! ) Thukydides, mit welchem Bauer den Aristoteles hin- 
sichtlich der Methode in eine sehr berechtigte Parallele ge- 
setzt hat, ist ohne Nachfolge geblieben. 



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- 170 — 

io. Kap. hatte er nicht zur Verfügung. Ein einzelner kann 
nicht alles sehen ; nach ihm . sahen viele Augen, die 
in reicherem Material suchen konnten. Reicheres 
Material wirkt aber zurück auf die Methode. Mit der 
Vermehrung jenes geht eine Verbesserung dieser not- 
wendig Hand in Hand. Aristophanes von Byzanz 
und Didymos arbeiteten methodischer, als Aristoteles 
es konnte. Der Fortschritt der Methode tritt im Alter- 
tum am deutlichsten in den exakten Wissenschaften 
hervor; ich denke an die Fortschritte, welche Astro- 
nomie und Erdkunde in Alexandreia gemacht haben, 
als königliche Munificenz neues Beobachtungsmaterial 
ermöglichte. Mir hat hierfür das von Philologen oft 
geschmähte Buch von Lewes die Augen geöffnet mit 
seiner Grundidee, dafs Aristoteles auf naturwissen- 
schaftlichem Gebiete methodische Forschung in moder- 
nem Sinn nicht geübt hat und wegen der Mangelhaftig- 
keit des Beobachtungsmaterials und der durch das 
Fehlen der Instrumente bedingten Mangelhaftigkeit 
der Beobachtungen selbst nicht hat üben können. Ich 
mache davon weiter unten auf seine Geschichts- 
schreibung Anwendung. Die spätere Zeit hat also 
auch auf antiquarischem Gebiete vieles besser wissen 
können und müssen; Aristoteles gehört noch in das 
4. Jahrhundert, er ist seiner Forschung nach noch 
kein Alexandriner. Der Zustand der antiquarischen 
Forschung von heute im Vergleich zu dem der Zeit, 
welche die Inschriften noch nicht heranziehen konnte 
oder heranzuziehen erst begann, bietet eine Parallele; 
besser, weil wir damit in der Antike selbst bleiben, 
ist vielleicht der Hinweis auf die Entwicklung der 
antiquarischen Forschung in Rom. Der Unterschied 
zwischen Attius und Varro — wobei ich den älteren 
nicht mit Aristoteles auf eine Stufe stellen will — und 



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- 171 - 



wieder der zwischen Varro und Sueton lehrt, wie die 10. Kap. 
Forschung durch erweitertes Material von Lächerlich- 
keiten zu wissenschaftlichen Ergebnissen sich durch- 
arbeitet. Aristoteles' Angaben sind keine Offenbarun- 
gen : da nicht, wo die spätere Wissenschaft des Alter- 
tums ihnen nicht entgegengetreten ist, und besonders 
da nicht, wo diese zu anderen Resultaten gelangt ist. 
Aristoteles ist der erste Forscher des griechischen 
Altertums gewesen, dem die Numismatik Interesse er- 
weckt hat, und er ist fast der einzige geblieben. Was 
er darüber sagt, verdient Beachtung; aber wenn das, 
was er sagt, vor unseren von den Münzen selbst ab- 
geleiteten Kenntnissen nicht Stich hält, so hat es nur 
historischen Wert. So steht es mit seinen Angaben 
über die solonische Münzreform. Aristoteles verliert 
darum so wenig an Autorität, wie Btfckh verliert, wenn 
eine neue Inschrift Aufstellungen der Staatshaushaltung 
als falsch erweist; denn wir verstehen, warum er nur 
so urteilen konnte und darum so urteilen mufste. 

Wir können also den Beweis, den Aristoteles aus 
der Erhöhung des Münzfufses gegen Androtion ent- 
nimmt, immerhin für falsch halten, es verbleibt doch 
der Beobachtung das zur Würdigung, was ihr vor, 
nicht neben dem antiquarischen Inhalte das Wichtigste 
sein muls, die Art der aristotelischen Beweisführung. 
Ich halte die Abfertigung des Gegners — natürlich 
unter der Voraussetzung der Richtigkeit der numis- 
matischen Angaben — für eine vollkommene. Die 
Polemik über die Auffassung der Seisachtheia ist einer 
der charakteristischsten und einer der glänzendsten 
Abschnitte des ganzen Buches: Ob die Atthiden eine 
feste Überlieferung über die Art der Münzreform hatten, 
steht nicht fest ; ob also Aristoteles oder Androtion in 
diesem Punkte der Recepta folgten, mufs dahingestellt 



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— 172 — 



10. Kap. bleiben ; aber wol steht aus Plutarch fest , was die 
Atthiden l ) über die Seisachtheia im ganzen, wozu die 
Münzreform nur als Teil gehörte, überlieferten: sie 
fafsten sie, wie Aristoteles sie darstellt; das ist also das 
-Charakteristische an der Polemik über die Seisachtheia, 
dafs Aristoteles hier die Atthidenüberlieferung gegen 
Androtion vertritt. Nicht überall, nicht aus Princip, 
ist er ein Gegner der Recepta; von Fall zu Fall fallt 
er das Urteil. 

Aristot. Doch neben den Folgerungen für das Buch des 

und Plut.- . . 

Hermipp. Aristoteles selbst bleiben noch die für sein Verhältnis 
zu Plutarch - Hermipp. Plutarch schreibt Hermippos 
aus. Hermippos hält des Androtion Auffassung von 
der Seisachtheia nicht für richtig, weil der consensus 
omnium dagegen sei; in der Ablehnung jener Auf- 
fassung stimmt er also mit Aristoteles überein; allein 
diese Übereinstimmung beweist nichts, da Aristoteles 
hier die Recepta vertritt. Dagegen giebt Hermippos 
des Androtion Bericht über die Münzreform, ohne einen 
Widerspruch zu erheben; hier hatte aber Aristoteles 
widersprochen, und davon ist in dem Bericht des 
Plutarch-Hermipp keine Spur. Ferner mufs Hermippos 
den Androtion — selbst oder über Istros — verwendet 
haben; denn aus Aristoteles war des Androtion An- 
sicht nicht zu entnehmen. In dem Punkte also, in 
welchem eine Kontrolle möglich ist, ergiebt sich, dafs 
Hermippos die uoX. l49rjv. nicht benutzt hat; was 
für Hermippos gilt, gilt in diesem Falle für Plutarch. 
Das Verhältnis zwischen Aristoteles und Hermippos 
gestaltet sich also folgendermafsen. Jenem wie diesem 
lag die Recepta und des Androtion abweichende Dar- 



») Das liegt in ot M nUTaroi (I 170, 1 Sint.); die Atthiden 
hatten naturgemäfs die meisten Abnehmer. 



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- 173 — 

Stellung vor. Jener bekämpft die letztere chronologisch 10. Kap. 
und besonders sachlich in der Kritik der Münzreform ; 
dieser bekämpft ebendieselbe mit Hinweis auf den 
consensus omnium, recipiert aber die Münzreform vom 
Gegner. Es ist klar, dafs hier Aristoteles und Her- 
mippos, jeder für sich, und der letztere ohne Rück- 
sicht auf den ersteren, geschrieben haben. 



Elftes Kapitel. 

Das elfte Kapitel bildet den Schlufs des Ab- 
schnittes über Solon : Solon krönt sein Werk, indem er 
um der Durchführung der neuen Ordnung willen ent- 
sagungsvoll sein Vaterland verläfst, welches er durch 
seine Mäfsigung aus den Parteikämpfen gerettet, und 
welchem er in seiner Mäfsigung die besten Gesetze 
gegeben hatte. 

Aristot. Kap. 11. Plut. Sol. 25 f. 

diaxd^ag de tt,v TtoXixüav hcel de twv vollwv eioe- 
ovneQ eiQtpai tQonov^ vex&evxwv tvioi t([j Solwvi 
l7teidr { n q oo lovt eg avrq> 7.a& htdovqv jcgoorje- 
neql twv vofxwv aav 7]^itqav 

evwyhovv Ta ftev erciTi- enaivovvTeg r xp eyovTeg 
Ii w vt e g 7} avfißov?.evovreg ef.tßccllei v 

Tolg yeyQctfi/utvoig o ti tv- 
XOiev tj äqiaiQEiv, 
Ta de dva/.QivovTeg n'keiaxoi d* t]oar o/ 

TTvv&avonevoi, xat d v a - 
•/.givovTeg Kai nsXevovreg 
avrov onwg Hkciotov e%ei 
Aal TiQog r { v /.eiTai didvoiav 



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— 174 — 



11. Kap. 

p. 9, 23-28 



ßovXo^evog urpe xavxa 
y.ivelv uyx* an^x^avt- 
o&ai Ttagwv 



anodiqtiiav InotrioaTO 
xai' e/nTtoQiai afia 

xai 9eioQiav eig AXyv- 
nxov [elnü>~\v dg oi[x rj§]ei 
dexa hwv 



t7zexdiöa(jxeiv y.ai oaqtr}- 
vitsiv, 

oqüjv oxi xavxa xai xb 
nqorteiv Ölxotzov xai xb 
ttt] nqaxxztv in itp&ovov , 
oXwg de xatg dnoQiaig 
V7texaxf{vai ß ovXoftevog 
xai diacpvyelv xb övad- 
qeoxov xal quXaixiov 
xiov noXixutv, 

TTQoaxrjua xqg TtXdv^g xr\v 
vavxlyQiav noiyod- 
fievog ij-enXevoe 
dexaexr) TcctQa xüjv Id&q- 
vauov an odrj ju iav alxr t - 
oauevog ... 26 tcqütov fiiv 
ovv slg ^.Xyvnxov d(pi- 
x«to xai öuxgnpev . . . 
XQOVov 64 xiva nai xoig 
7i€Qi Wevaxpiv . . . Xo- 
yitoxdxoig ovoi xutv iegeuv, 
ovvecpiXoooyrjoe (d h. 
xaxa deiogiav). 
Man wird auf den ersten Blick die Darstellung 
des Plutarch einfach als eine Paraphrase des Aristoteles 
anzusehen geneigt sein, und an sich könnte man da- 
gegen nichts einwenden ; es raüfste denn sein, dals man 
ftir Plutarch gleich Hermippos setzen wollte. Doch 
es ist, bevor man über den ersten Teil urteilt, auch 
p. io, 1-7 der zweite Teil des Kapitels mit Plutarch zu kon- 
frontieren. Aristoteles' Worte sind in ihm richtig 
nur mit einiger Aufmerksamkeit zu verstehen. Er 
unterscheidet zwei Gegnerschaften, eine von reichen 
Privatleuten und eine von seiten der politischen 
Parteien als solchen. Der Grund der Unzufrieden- 



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- 175 — 

heit ist beidemal als Glied dem ganzen Satze angefügt, u. Kap. 
der der Unzufriedenheit der Parteien aufserdem in p * 10,1-7 
einem selbständigen Satze weiter ausgeführt. Also 
gliedert sich dem Inhalte nach die Stelle so: 
äftct de xai avveßaivev avz$ 

z&v ze yvtoQLuwv SiaqioQOvg yeyevijo&ai noXXovg (a) 

did zag zdv %gtC)V artOKOndg, (b) 
xai zag ozdoeig dfiqjozegag jLteza&£o&ai (a 1 ) 

did to nagd di^av ccvrolg yevio&ai ttjv [veav] 

zd%iv (b l ) 

6 fiiv ydg ör^og <pezo 7tdvz* dvdöaava noiif- 

oeiv avzov, (c) 

ol de yviogipoi ndXiv rj zijv alzrjv zd£iv ano- 
dwoeiv f) o[xeo*ov d]nagdXXa[yizov] (c 1 ). 
Ich habe die Worte so nach Kolen ausgeschrieben, 
weil dadurch die Sinnteilung— woneben übrigens auch der 
gleichmäfsige Aufbau der Periode Beachtung verdient — 
klarer hervortritt. Denn sie ist einem Übersehen da- 
durch leichter ausgesetzt, dafs die erste Gruppe der 
Unzufriedenen, die reichen Privatleute, im wesentlichen 
mit der zweiten Partie der zweiten Hauptgruppe iden- 
tisch und infolge des vom Schriftsteller an beiden Stellen 
gleichmäfsig gebrauchten Wortes yvwgi/uoi etwas undeut- 
lich bezeichnet ist Deutlicher würde der Ausdruck ge- 
wesen sein, wenn an erster Stelle nXovoiwv statt yviogificav 
gesagt wäre. Diese Sinnteilung ist aber festzuhalten, und Piut. 
wenn man die Plutarchparallele vergleichen will ; sie lau- So1 ' 16 
tet (Kap. 16): i}geoe d' ovdezigoig, dXX 1 eXv7t7]Oe xai zovg 
nXovolovg dveXwv zd ovfxßoXaia (= Aristot. öid zag züv 
Xgediv dnoxondg) xai (.läXXov ezi zovg 7ievr t zag, ozi y% 
dvadao/nbv ovx, euoirjoev IXniaaaiv avzoig, ovdi izavzd- 
rtaoiVj lüOTzeg 6 Avv.ovgyog, opaXovg zovg ßtovg nal 
l'oovg *aziozr t oev. Um die letzten Worte ovde navzd- 
naoiv xtI. gleich abzuthun, so stehen sie im Gegen- 



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176 — 



n. Kap. Satz zu Aristoteles' Ansicht von der Tendenz der da- 
l * ' 1_ maligen Volkspartei ; sie drücken Unzufriedenheit über 
eine unerreichte politische Gleichstellung mit dem 
Adel aus. Aristoteles läfst die Volkspartei nur über das 
Scheitern ihrer kommunistischen Hoffnungen erbittert 
sein und befindet sich dabei im Einklänge mit Solons 
eigener Angabe, dafs das Volk an politischen Rechten 
mehr, als es sich hätte träumen lassen, erhalten habe: 
o vvv i'xovoiv ovitvt 6q>&alnoioiv av todoYieg eldov. 
Die Schlufsworte des plutarchischen Satzes können also 
nicht einmal die rhetorische Erweiterung eines aristo- 
telischen Gedankens sein. Sie gehören dem Sinne nach 
schon zu dem folgenden Satze, zu welchem sie über- 
leiten. Dieser Satz aber ist, wie Begemann durch 
Vergleich mit der Lycurgvita des Plutarch nach- 
gewiesen hat, aus Hermippos geflossen *). Wie wenig 
sie der Anschauung des Aristoteles entsprechen, be- 
weist Polit. 1296 b 20, wo Lykurgos in Parallele zu 
Solon gestellt wird als fieaog mit dem Zusätze ov yag 
r t v ßaotXtvQ 2 ). Hermippos macht ihn zu einem ße~ 
ßaorievxutg txr} TtolXa. Für Anleihe beim Aristoteles 
könnten nur die vorhergehenden Satzteile gelten. Aber 
die Sache hat ihre Schwierigkeiten. Hermippos oder 
Plutarch müfste das ganze erste aristotelische Glied 
(a b) mit einem Teile des zweiten (c) kompiliert haben ; 
er müfste die Nachricht von der Unzufriedenheit beider 
Parteien und die Gründe dafür, welche er an die 
Seisachtheia knüpft, kompiliert haben aus dem 
ganz anderen Zusammenhange bei Aristoteles, wo sie 
mittelbar an dieReiseSolons geknüpft sind. Und 

J ) A. a. O. p. 17. Das entscheidende Citat mit Hermippos' 
Namen Plut. Lyk. 5. 

2 ) Ich weifs, dafs die Worte oi> yag r^v ßaatleit von Con- 
greve athetiert worden sind« 



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— 177 - 



diese mir an sich höchst unwahrscheinlich dünkende II. Kap. 
Flickarbeit wird dadurch noch unwahrscheinlicher, dafs p 10, 1_ 
hier auch der oben (S. 41) berührte fundamentale Unter- 
schied zwischen der Darstellung des Aristoteles und des 
Plutarch mit hineinspielt, von denen dieser dem Solon 
für Seisachtheia und Gesetzgebung zwei zeitlich ge- 
sonderte Aufträge, jener ihm für beides nur einen 
Auftrag werden läfst. Dadurch wird für den Kompi- 
lator das Intervall bei der Umsetzung des aristotelischen 
Gutes, welche er behufs Verwendung desselben voll- 
zogen haben müfste, erheblich vergröfsert und die 
Wahrscheinlichkeit der Kompilation in gleichem Mafse 
verringert. Wenn endlich Aristoteles im 16. Kapitel 
des Plutarch ausgeschrieben wäre, so müfste auch das 
vorher mit Aristoteles konfrontierte 25. Kapitel des 
Plutarch nur eine Paraphrase des Aristoteles sein. 
Und ein Kompilator sollte sich zu den anderen Um- 
ständen, die er sich damit schon gemacht haben 
müfste, auch noch den aufgebürdet haben, dafs er von 
den beiden Hälften des elften Kapitels der nol. ld$rjv. y 
d. h. von den beiden getrennt erscheinenden Teilen 
der Motivierung von Solons Reise, die eine fast wörtlich 
als Motivierung zu demselben Zwecke, welchen dieser 
Abschnitt bei Aristoteles hat, herübernahm, die andere 
aus ihrem ursprünglichen Zusammenhange herausrifs und 
durch Excerpierung für den Bericht über die Aufnahme 
der Seisachtheia, also für einen ganz anderen Zweck und 
für einen viel früheren Teil seines Buches, erst zurecht 
stutzte? Das scheint mir ganz unannehmbar; Her- 
mippos hat die Worte des 16. Plutarch kapitels nicht 
aus Aristoteles. 

Doch ich habe um der Darlegung willen bisher 
eine Voraussetzung gemacht, welche ich in Wirklichkeit 
nicht zugestehe: gehört die ganze zweite Hälfte 

Keil. Aristoteles. 12 



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- 178 - 



n. Kap. des 11. Kapitels der TtoX. L4&rjv. wirklich zur Moti- 
>. io, l_ 7 -yj eru21 g ci er solonisehen Reise? Der Schlufssatz mufs 
Zweifel erregen, während die Anknüpfung mit a/ua de 
xat avveßaivev ävnp darauf führt. 
Antik« Ei nc Jer am meisten in die Augen springenden 
merkun- Eigentümlichkeiten der 7tol. U^rp. ist das stete Be- 
* en streben des Schriftstellers, den Gang der Erzählung 
als gleichmäfsig fortlaufend erscheinen zu lassen. 
Regelmäfsig rekapituliert er den Inhalt des letzten 
Abschnittes mit kurzen Worten, um daran die weitere 
Erzählung anzuknüpfen. Wieder und wieder kehrt 
das stereotype iuev ovv der Rekapitulation und das de der 
Weiterführung mit einer ermüdenden, unkünstlerischen 
Gleichförmigkeit. Dem Streben nach Deutlichkeit 
ordnet der scharf Denkende die Rücksicht auf die 
sonst doch oft befolgten ästhetischen Gesetze der Schön- 
heit des Stiles unter. So wird auch nach längeren 
Unterbrechungen die fortschreitende Erzählung 
wieder aufgenommen, und wenn hierbei der Aus- 
druck auch nicht von einer durch sich selbst sprechenden 
Stereotypie ist, so wird die Sache doch stets so klar ange- 
deutet, dafs man nicht im Zweifel darüber sein kann, 
wo eine Einlage beginnt, und wo sie endet. Mit 
p. 6, 8 xaixrp pev ovv %qt) vo^iiteiv xpevöf. ttjv ahiav 
elvai erweist Aristoteles die Zeilen 4 — 7, wie schon 
bemerkt (oben S. 53), als eine Anmerkung, welche 
die Erzählung unterbricht; sie dient der Begründung 
des vorhergehenden Gedankens. Anders ist die Form 
im 10. Kap., wo die erklärende Anmerkung mit yaQ 
an die generelle Angabe von der Münz- und Gewichts- 
reform geknüpft ist, und die Erzählung in Kap. 11 mit 
de fortgesetzt wird. Ebenfalls mit yag ist die Einlage 
p. 16, 23—17, 4 eingeführt, welche den Beleg für 
das p. 16, 17— 23 Gesagte enthält; die Einlage grenzt 



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- 179 — 

sich hier durch das Ende der Anekdote selbst ab, und 11. Kap. 
die Erzählung geht einfach mit de weiter. Recht lehr- p 10, 1-5 
reich ist der Passus über Kimons Freigebigkeit 
p. 29, 25-30,2. Kimon hatte besonders durch sein fürst- 
liches Vermögen Einflufs, seine Liturgieen waren glän- 
zend, und seinen engeren Landsleuten gab er zu leben ; 
folgt die Anmerkung egrjv yag . . . aitolaveiv. Die 
Anmerkung ist zu Ende; die Erzählung knüpft mit 
ugbq 6r] zavryv rr t v xogrtfiav wieder an das Vorher- 
gehende an. Die Form der Eingänge dieser Anmer- 
kungen ist natürlich durch den jedesmaligen Gedanken- 
zusammenhang bestimmt. Die Form einer Folgerung hat 
der Eingang 18, 3 dib xat fpavegwg xre., worauf die Er- 
zählung mit Rekapitulation (relevTiqoawog de Ileiai- 
otqcctov) fortgesetzt wird. Polemischer Natur ist die 
Einfügung der Bemerkung to yag agxaiov 7, 26, wie 
oben (S. 78. 90) bemerkt; der Fortgang der Darstellung 
wird mit pev ovv — 04 scharf markiert. Ebenfalls bei 
Polemik mit gleichem Eingang 19, 17 ov yag idvvavto 
7taQpxQW a kaßetv ovdiv t'^vog, welche Anmerkung sich 
bis 19, 22 erstreckt; den Faden der Erzählung nimmt 
YMTtjyogei de auf, welches zum Rückblick auf '/.axYflo- 
grpev de Z. 15 zwingt. Es ist mir eine geläufige An- 
schauung, aber ich weifs nicht, wem ich sie verdanke, 
dafs die griechischen und römischen Autoren deshalb 
so häufig gröfsere und kleinere Abschweifungen vom 
geraden Wege der Darstellung machen müssen, weil 
die Antike die unkünstlerische Anmerkung moderner 
wissenschaftlicher Darstellung nicht kennt. Auch die 
Renaissance und die ältere Barockzeit ist ohne An- 
merkungen ausgekommen ; erst dem jedes künstlerischen 
Empfindens baaren Zeitalter des greisenden Ludwig XIV. 
war es vorbehalten, diese Sicherheitsventile modernen 
stilistischen Unvermögens zu erfinden. Es hängt das 

12* 



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- 180 — 



n. Kap. allerdings mit der Entwicklung der Wissenschaft selbst 
. 10, i-7. zusammen> j)i e Wissenschaft verpflichtet heutzutage 
den Autor, ein reicheres Material heranzuziehen, als 
es der Antike und Renaissance zu Gebote stand, und 
genauer, als man es in jenen Zeiten forderte, zucitieren. 
In einer wissenschaftlichen Untersuchung wird man 
die Anmerkung heute nicht mehr gut entbehren können, 
für eine wissenschaftliche Darstellung ist die stil- 
gewaltige Antike, welche die Anmerkung nicht kennt, 
auch heute noch Muster. Da nun die Antike beim 
Fehlen des Institutes der Anmerkungen oft durch 
gröfsere Einschaltungen den gleichmäfsigen Fortgang 
der Gedankenentwicklung unterbrechen mufste, so 
konnten die Darstellungen leicht unschön und unklar 
werden. Man suchte und fand das Mittel, diese Män- 
gel zu vermeiden, in der Anwendung des für die an- 
tike Kunstschriftstellerei so charakteristischen Schatzes 
an halbstereotypen Übergangsformeln und Perioden- 
verbindungen. Es ist mir nicht zweifelhaft, dafs, wenn 
auch zunächst einfach das Streben nach klarer und leicht zu 
Uberschauender Darstellung jenen Formalismus schu f , 
doch die Entwicklung dieser stilistischen Stereo- 
typie auch durch die Zwangslage wesentlich gefördert 
wurde, in welcher man sich oftmals befand, wenn man 
mehr oder weniger Heterogenes dem geraden Gedanken- 
wege einflechten wollte. Doch ich kehre zu Aristoteles 
selbst zurück. Gerade an ihm bestätigt sich, was ich 
soeben Uber den Unterschied bei der Behandlung der 
Anmerkungen in Untersuchungen und Darstellungen 
sagte. In der Metaphysik, der Physik, der Psycho- 
logie, der Politik ist der Satzbau unzähligemal durch 
Einschübe von gröfseren und kleineren Partieen zer- 
rissen, vergewaltigt, für ästhetischen Genufs stellenweis 
völlig unbrauchbar gemacht. Hier führt Aristoteles 



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— 181 — 



grofse Abschnitte ein, um etwas nur kurz Angedeutetes 11. Kap. 
auszuführen, dort, um innere, der fortlaufenden Dar- p 10, 1-7 
Stellung selbst nicht einzuverleibende Motivierungen 
dem Leser für das richtige Verständnis zu geben, 
anderwärts wieder, um gegenteilige, mit der vor- 
getragenen Auffassung streitende Meinungen zu wider- 
legen oder zu berichtigen. Der Faden der Darstellung 
wird ja in der Regel festgehalten, aber nicht immer, 
und recht oft vermag der Leser ihn selbst bei öfterem 
Zusehen kaum zu erfassen. Den Gegensatz bietet die 
noX. l4#rjv. Die Zahl der Einschlibe nach Art der 
Anmerkungen ist eine mäfsige, und es ist deutlich das 
Streben des Schriftstellers zu erkennen, die Erzählung 
so ununterbrochen wie möglich fortzufuhren. Jene 
Schriften haben im ganzen einen Charakter, welcher 
sie den modernen wissenschaftlichen Untersuchungen 
nähert, die ttoX. lASrpr. ist eine wissenschaftliche Dar- 
stellung. In jenen ist die Komposition zum Teil in- 
folge der geringen stilistischen Verarbeitung der An- 
merkungen nur wenig künstlerisch; diese sollte die 
Kunstperiodik erhalten und hat dieselbe, wo der Schrift- 
steller die Worte schon gefeilt hat. In der Mitte 
stehen eine ganze Reihe von Schriften, vor allem das 
goldene Buch von der Rednerkunst, dem zu seinen 
anderen Vorzügen allen auch dieser sich gesellt, dafs 
es in wirklich bewundernswerter Weise das Wesen 
wissenschaftlicher Untersuchung mit der Form fast stil- 
vollendeter Darstellung verbindet. 

Eine Einlage nach Art unserer Anmerkungen ist '/<»*. 
das ganze 12. Kapitel der no\.ldbi\v.\ es enthält die °* 12, 
Belege für etwas in der zweiten Hälfte des vorher- 
gehenden Kapitels Gesagtes. Der Eingang lautet genau 
wie in der oben (S. 178) zuerst angeführten Stelle 
p. 6, 4: tavta ö' ort xovtov {ibv) %qonov elxev; 



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- 182 - 



n. Kap. das Ende ergeben die Worte im Eingang des 13. Ka- 
lo, 1-7. pjteis : T jj V p£ v 0 { v ct7uoör]f4iav 87coifjaaxo Sia xavxag xdg 
alxiag. Diese Worte beweisen zugleich, dafs der Schlufs 
des 11. Kapitels nach Aristoteles' Absicht zur Motivie- 
rung der Reise des Solon gehören sollte. Wie schon 
gesagt, führen auch die Eingangsworte apia öi xoi 
avveßaivev avxqi darauf. Aber belegt denn der Inhalt 
des 12. Kapitels die Motivierung der Abreise Solons, 
welche Aristoteles gegeben hatte? Keineswegs. Was 
belegt er also? Dazu mufs man die zweite Hälfte des 
11. Kapitels dem Inhalte nach mit der ersten ver- 
gleichen. Sie enthält zunächst, wie auch der Eingang 
anzeigt, jene Motivierung und zwar bis [d]nagdlX[aY.xov]. 
Die Probe ergiebt der Versuch, den Satz der ersten 
Hälfte einzuschieben; etwa so: öiaxd^avxi öi xtjv no- 
Xixeiav QV7teg el'grjxai xgÖTtov avvißaivev avxqi xcjv xe 
yvwglfuwv . . . ccTtaQalla'Atov' £7teiöi} öi xal ngooiovxeg 
aiifp negi xdv v6f.uov ivwxXovv . . . ßovXopevog (x^xe 
xavxa y.ivelv urp dnex^dvea^ai nagwv a7ioörj(diav 
inotrjoaxo tax* ipnogiav df.ia /.ai Öetogiav 1 ) eig A¥- 
yvnxov . . . xa yeygaufieva notelv. Man würde dann 
leicht die Worte ßovXopevog . . . urp' djTex&dveo&ai 
jzagwv aus dem Satze ovvißaivtv avxy — dnagdXXa- 
axov verstehen. Also die W'orte bis Q7tagdXXaxxov 
werden dem Zwecke einer Motivierung der Reise 
Solons gerecht. Aber nun lese man weiter : 6 öi d(.upo- 
xegoig rpavxiw&r} ... awaag xrp ixatgiöa y.ai vopo- 
Ssxrioag xd ßiXxioxa. Das gehört nicht mit zu den 
Motiven der Abreise, sondern ist ein Gesamturteil über 
die Thätigkeit des Solon. Dieses, nicht die Motive zu 
jener Reise belegt das 12. Kapitel. 

*) Vgl. Isokr. XVII 4 i&TUfiipev Sfta xai x«r' tfjinooUtv 
xttl xKTit OetoQ((tr; einiges hierzu gesammelt von Kontos, Bull, 
de corr. hellen. III 286 f. 



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183 - 



Äufserlich nur hat Aristoteles den Schlufssatz 11. Kap. 
des 11. Kapitels dem Vorhergehenden angeheftet; 
innerlich gehört er nicht dazu. Dieser Schlufssatz 
stammt nicht aus einer Atthis, sondern ist ganz des 
Aristoteles eigenes Gut; denn er enthält des Aristo- 
teles eigenstes Urteil über Solon. Die Atthis hatte 
diesen zum fast extremen Demokraten gemacht, Aristo- 
teles charakterisiert ihn hier als ptoog. Die Er- 
zählung dagegen, welche vorhergeht, ist aus einer litte- 
rarischen Quelle entnommen. Wenn man nun den 
Umstand im Auge behält , dafs hier Tradition und 
aristotelisches Raisonnement aneinander gesetzt sind, und 
dafs dieses Raisonnement äufserlich als Teil der Moti- 
vierung der Reise Solons erscheint und erscheinen soll, 
so erklären sich einige Eigentümlichkeiten der Diktion 
in unserem Kapitel. Man erkennt nämlich jetzt, dafs 
Aristoteles im ersten Teile des Kapitels bereits der 
Einfügung seines allgemein gehaltenen Endurteils vor- 
baut: er sagt nicht einfach ßovlopevog . . . jiijV 
cmix&avea&aiy sondern aneyßavEa'Jai naQ ajv y so dafs 
dem Leser auch am Ende des Kapitels der Schlufs 
überlassen bleibt: Solon zog es vor, die Gunst seiner Mit- 
bürger durch die Mittelstellung zu verscherzen ; da er 
aber unter ihrer Ungunst nicht leben (a7reyßdv£C&at 
7iäq(x,v) wollte, so reiste er ab. Aber diese Art des Vor- 
bauens ist ganz ungenügend ; so schreiben heifst Rätsel 
aufgeben. Wenn dem Leser der Zusammenhang des 
Schlufssatzes mit dem Hauptinhalte des ganzen Ka- 
pitels klar gemacht werden sollte, so wäre eine Dar- 
stellung am Platze gewesen wie etwa : eileto fiiv rtgog 
a/itcpoTtQOvg ajzex&toüm' apa de xat tb t'x^og öict(pu- 
yelv ßovXo/iievog ccTtodtjuelv ?J£/ot', owoag Ttjv naTQida 
Kai za ßelttoia vo^oi>evijaag. Aber Aristoteles hätte 
auch die Wiederholung eines a^codr^eXv am Schlüsse 




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— 184 — 



n. Kap. nicht nötig gehabt, hätte er den zweiten Teil, was er 
p. 10, i f. e jg ent ii cn j 8t) a i 8 Exegese zu dem a7iex&io&ai des 

ersten erscheinen lassen. Denn der ganze Satz wäre 
sofort als Interpretation dieses Wortes erschienen, so- 
bald die Anknüpfung nicht mit apa öi xai ovvifiaivsv 
avzy, sondern mit ovvißaivev yctQ avry gemacht 
worden wäre. So aber hat Aristoteles den zweiten 
Teil dem ersten logisch nicht subjungiert, sondern co- 
ordiniert, und dadurch ist die Unklarheit, d. h. die 
Beziehungslosigkeit des Gesamturteils auf die Reise- 
raotive, hineingekommen. Aristoteles hat den mangel- 
haften Zusammenhang wohl gefühlt und baut, um den 
Schlufs noch deutlicher in dem Lichte der Abreise er- 
scheinen zu lassen, ein zweites naqtLv vor: ol yag 
oiead-ai dixaiov elvai Tovg vofnovg i^rjyela&ai nagcjv. 
Hier ist naqidv eigentlich gänzlich überflüssig; denn 
der Gegensatz ist einfach igrjyeiofrai und ttouiv, und 
von einem efyyeio&ai, anwv kann füglich nicht die 
Rede sein. Der Ausdruck ist auch hier unglücklich; 
aber er ist nicht durch eine Athetese des nctQiav, wie 
ich sie mir leider habe zu Schulden kommen lassen, 
zu ändern. Aristoteles hat die Unverträglichkeit des 
allgemein gehaltenen Schlusses mit der Begründung 
der Reise Solons wohl gefühlt; wenn er trotzdem den 
Kapitelausgang nicht so gestaltet hat, dafs dieser sich 
ohne weiteres in den übrigen Inhalt des Kapitels fügte, 
so mufs dem eine bestimmte Absicht zu Grunde gelegen 
haben. Welche war diese? Er wollte für den Ab- 
schnitt über Solon einen Abschlufs gewinnen, in wel- 
chem er sein Gesamturteil allgemein, ohne Beziehung 
auf ein einzelnes Ereignis, dem Leser einprägen konnte. 
Indem er dies erstrebte, zugleich aber den Zusammen- 
hang mit dem Vorhergehenden nicht aufgeben wollte, 
setzte er sich in ein Dilemma, welches die erörterten 



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- 185 - 

Eigentümlichkeiten der Diktion an dieser Stelle zur iL Kap. 
Folge hatte. p ' 10 ' 1 fl 

Aristoteles hatte von vornherein beabsichtigt, ein 
Endurteil über Solon und seine Verfassung zu geben. 
Das folgt aus dem Schlüsse des 6. Kapitels. Es finden 
sich dort wörtliche Übereinstimmungen mit unserem 
Abschnitte und dem Eingange des 12. Kapitels: ov 
yag ely.bg tv piv xöig aXXotg ovxio fitxgiov yerio&ai xcri 
tloivoVj iüoc' i^bv avTifi xovg vofiovg V7ro7toir l ao(.ttvov 
xvqccvvsIv xrjg noXeiog, afLt^poxtQOig an&x&to&at 
xcrt [toi TtXeiovog noi^aaa^ai xb '/.aXbv xcri xrv zyg 
noXeiog a loxrjQiav . . . . ort de xatxrjv taye xrp fif- 
ovoiav, xd xe 7iQOLyf.iaxa voaoivxa uaoivQei .... xat iv xolg 
7T0i rjiaoiv aixog noXXayov fÄS^vTjxai xcri oi aXXoi 
ovvo (.loXoyovo t nctvxig. Hier widerlegt Aristo- 
teles aus der Gesamtthätigkeit und dem ganzen Cha- 
rakter des Solon den ihm bei der Seisachtheia an- 
gehefteten Klatsch; er führt hier aber für dieses Ge- 
samturteii keine Belege an-, hätte er es gethan, so 
würden es größtenteils dieselben haben sein müssen, 
wie die im 12. Kapitel zur Begründung des Schlusses 
des elften angeführten. Aristoteles giebt im G. Kapitel 
keine Belege, weil er sich nicht wiederholen will. 
Hierin liegt ausgesprochen, dafs das Endurteil im 
11. Kapitel von vornherein von Aristoteles beabsich- 
tigt war. 

Nach diesen Erörterungen wird das Verhältnis 
zwischen Hcrmippos und Aristoteles in unserem Kapitel 
noch deutlicher erkannt als vorher (S. 177). Das 1 1 . Ka- 
pitel setzt sich aus drei verschiedenen Bestandteilen 
zusammen : dem reinen Atthidenbericht über die Mo- 
tive zur Abreise Solons (erste Hälfte des Kapitels), 
dem Atthidenbericht über die Aufnahme der Seisach- 
theia seitens der Bürger vermischt mit aristotelischen 



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- 186 — 



11. Kap. Zusätzen (erste Hälfte des zweiten Teiles) und dem 
rein aristotelischen Endurteil über Solon und sein 
Werk (Schlufs). Dafs ein Kompilator dies erkannt 
und darum den Aristoteles gerade nur bis zum Schlüsse 
der eigentlichen Erzählung ton der Reise ausgebeutet, 
dann aber aus dem sich daran anschliefsenden, schon 
halb aristotelischen Teile einige Züge excerpiert, anders 
gruppiert und an anderer Stelle zu anderem Zwecke 
verwendet, endlich das rein aristotelische Gut ganz 
beiseite gelassen habe, ist für mich eine an Unmög- 
lichkeit grenzende Unwahrscheinlichkeit. Das müfste 
aber Hermippos gethan haben, wenn man annimmt, 
dafs sowohl das 25. wie 16. Kapitel des Plutarch von 
unserem Buche abhängig seien, wohl gemerkt jedoch, 
nicht gleichartig abhängig, sondern so, dafs das 
25. Kapitel die paraphrastische Erweiterung der 
ersten Hälfte, das 16. Kapitel die exeerptenmäfsigeZu- 
sammenziehung der zweiten Hälfte wäre. Hermipp- 
Plutarch ist eben auch hier nicht von Aristoteles ab- 
hängig ; vielmehr folgt aus diesem allen, dafs bei Her- 
mippos die Züge der Atthis treuer gewahrt sind, und 
dafs Aristoteles, wie er Gesetzgebung und Seisachtheia 
überhaupt zusammenfafste, so auch den Bericht über 
ihre Aufnahme. Aristoteles entnahm daraus Gedanken 
für sein Raisonnement, aber formte sie nach seiner 
Auffassung der Dinge und verwendete sie seinen 
Zwecken entsprechend. Es ist das natürliche Ver- 
hältnis, dafs Hermippos an der Quelle hängt, Aristoteles 
frei über sie schaltet. 
Hermippos An keiner der Parallelstellen bei Aristoteles 
nox. 'A9>iv. Plutarch — und der entscheidenden Stellen sind 
fast ein Dutzend gewesen — hat sich ein Anzeichen dafür 
ergeben, dafs Hermippos die nol. sitty. bei der Ab- 
fassung seiner Biographie des Solon verwendet habe. 
Die aufserhalb der Solonpartie sich findenden Parallelen 



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— 187 — 

unseres Buches zu Plutarchs Bericht enthalten, soweit 11. Kap. 
sie überhaupt eine Entscheidung zulassen, keine In- 
stanzen gegen dieses Resultat. 

TIol. l4&r}v. c. 17 (p. 18, 3) bestreitet Aristoteles, 
dafs Solon der eQaOTyg des Peisistratos war, dagegen 
wird dieser Klatsch Plut. Sol. 1, ohne eine Andeutung 
davon, dafs Aristoteles ihn durch die Chronologie 
widerlegt hatte, breit getreten. Die Übereinstimmung 
des Restes der aristotelischen Darstellung des kyloni- 
schen Frevels mit Plut. Sol. 12 beweist bei dem Fehlen 
signifikanter Angaben nichts. Dagegen fällt sehr die 
Angabe des Plutarch (c. 13) auf, dafs schon vor Solon 
die drei Parteien der Parater, Diakrier und Pediaier 
bestanden hätten, welche Aristoteles erst nach Solon 
nennt; durch diese Differenz verliert die Übereinstim- 
mung der noX. l*4&r t v. c. 13 mit Plut. Sol. 29 in den 
Angaben über diese drei Parteien und ihre Führer 
nach der solonischen Verfassung an Wert. An der 
Angabe des Plutarch (c. 17) über die drakontische 
Verfassung, von der er nur 'die mit Blut geschriebenen 
Gesetze' kennt, tritt besonders klar hervor, dafs der 
Quelle des Plutarch und natürlich ihm selbst auch bei 
der Abfassung der Solonvita die nol. 'AÜrp. nicht vor- 
lag. Denn auf die Ausrede lasse ich mich nicht mehr 
ein, dafs das 4. Kapitel eben jungen Ursprungs sei 
und zur Zeit des Hermippos noch nicht in der noh 
l4&r { v. gestanden habe; die vorhergehenden Unter- 
suchungen haben es als einen notwendigen organischen 
Bestandteil der aristotelischen Darstellung aufgewiesen. 
Nach keiner Seite hin beweist die Geschichte vom 
Peisistratos als Angeklagten vor dem Areopag, welche 
noL Id&rp. c. 16 (p. 17, 14) und Plut Sol. 31 gleich 
erzählt wird, denn sie gehört in die Rubrik der Anek- 
doten, in welchen typischer Ausdruck eine ebenso ge- 



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- 188 - 



n. Kap. wöhnliche Erscheinung ist, wie er bei Apophthegmen 
um der Erhaltung der Pointen willen geradezu als 
eine Forderung gilt; halb in die Anekdoten und halb 
in die Apophthegmen gehört die Geschichte von Solons 
Widerstand gegen die Bewilligung der y.oqvvr i (p6QOi 
(nol. ld$r t v. c. 14 = Plut. Sol. 30), so dafs hier selbst 
Identität des Ausdruckes nichts beweist. 

Ich halte also auf Grund der Betrachtung der einzelnen 
Stellen — und ihrer waren, wie gesagt, etwa ein Dutzend 
— dafür, dafs Hermippos bei der Abfassung seiner Bio- 
graphie des Solon die aristotelische Schrift vom Staate 
der Athener nicht als Quelle benutzt hat. Das ist 
sehr erklärlich. Der Bericht des Aristoteles ist ein 
viel zu knapper, viel zu wenig anekdotenhafter, ent- 
behrt gar zu sehr jeder Piquanterie, als dafs er für 
einen Schriftsteller von Hermippos' Schlage hätte brauch- 
bar sein können. Da gab's denn doch reichlichere 
und gewürztere Berichte über Solon. Zudem war die 
Tendenz der aristotelischen Darstellung des solonischen 
Werkes eine direkt antidemokratische und stand im 
Widerspruche zu der allgemein geltenden Auffassung ; 
dieser hat sich aber Hermippos in seiner Biographie 
des Solon angeschlossen. Dafs Hermippos auch Peri- 
patetiker heifst, beweist doch nicht, dafs er darum 
Aristoteles bei jeder denkbaren Gelegenheit habe heran- 
ziehen müssen. Wir müssen es wohl thun, aber dar- 
aus folgt nichts für Hermippos; denn Forschungsart 
und Schriftstellerei sind ja glücklicherweise nicht zu 
allen Zeiten dieselben gewesen, und des Aristoteles' 
Name hatte in jenen Tagen schwerlich schon die Au- 
torität, welche die spätere Philosophie ihren Arche- 
geten zu errühmen pflegte, mochten diese sie, wie 
Aristoteles, verdienen oder nicht verdienen, 
un^dto Aber zu Plutarchs Zeit war Aristoteles eine 
noi.. 'A»tiv. Autorität, mit deren Bericht man sich im Wider- 



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- 189 - 



Spruchsfalle auseinander setzen mufste; hätte Plu- n. Kap. 
tarch die noX. li&qv. bei der Niederschrift der 
Biographie Solons zur Hand gehabt, dann müfsten 
sieh Zeichen davon finden. Er citiert den Namen 
des Aristoteles im Solon dreimal : Kap. 1 1 bei 
der Ilv&tovixtiiv avayqatpr} , Kap. 25 zu den /.vQßeig, 
welches Citat aber, wie bemerkt (S. 59), aus Didymos 
stammt, endlich ganz am Schlüsse, Kap. 32, mit einer 
Bemerkung, welche zugleich beweist, dafs ich für Plu- 
tarch mit Recht das argumentum ex silentio angesichts 
der Autorität des Aristoteles in Anwendung gebracht 
habe: rj de öiaanoQa %cn;a'Actv&ivtog avtov %i]g tiq>Qag 
neQi rijv 2aXa^ivi(av vijaov tari f.iev öia tr^v ccroniav 
anL&avog navtanaGi v.ai (.iv^wö^g, ävayiyQantai ö' 
vtc6 ze aXXwv ccvöqcüv a £ toXoyiov %ai IdQiotott- 
lovg tov (piloooyov. Da auch diese Nachricht nicht 
aus der TtoX. Id&rjv. stammt, so läfst sich aus den di- 
rekten Citaten eine Benutzung dieses Buches in Plu- 
tarchs Solon nicht nachweisen; von einer Benutzung 
ohne namentliche Nennung findet sich keine Spur- 
Die Darstellung Plutarchs — und das ist vielleicht 
der beachtenswerteste Grund — feiert Solon als de- 
mokratischen Helden; es ist aber kein Zweifel, dafs 
nach Plutarchs eigener philosophischer Anschauung der 
Solon des Aristoteles vor dem der Demokratie den 
Vorzug verdient hätte. Wenn Plutarch den Solon nun 
doch mehr nach dem demokratischen Ideal schildert, so 
beweist das eben, dafs er die noX. l4&rjv. hier ebenso- 
wenig herangezogen hat, wie er sie in den Biogra- 
phieen des Aristeides, Themistokles und Perikles ! ) be- 
nutzt hat. 



l ) Für Themistokles und Perikles beweist das zur Genüge 
die Darstellung vom Sturze des Areopagf, für Aristeides die 



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— 190 — ' 

ii. Kap. Die Ähnlichkeit zwischen Aristoteles und Hcr- 
^ und* 168 m ipp°s beruht also auf gleichartigem Quellemnateriai 
Androtionund an einzelnen Stellen auf der Benutzung einer und 
derselben Quelle. Eine von diesen Stellen ist der 
Bericht über die Münzreform; die Ähnlichkeit des 
Ausdruckes in der Motivierung der Abreise Solons ist 
eine so grofse, dafs auch hier eine und dieselbe Quelle 
vorliegen mufs. In jenem Falle ist es Androtion ge- 
wesen, der beiden, Aristoteles und Hennippos, zur 
Hand war. Dafs Androtion auch sonst vom Aristoteles 
benutzt ist, hat man längst erkannt; besonders Kap. 22 
(p. 24, 11) liegt er klar vor, wo sogar im Ausdrucke 
Übereinstimmung herrscht Weitere Übereinstimmun- 

abweichende Charakteristik in der nol. y A(*r)v. und die Angabe 
p. 28, 29 ff., dafs 457/6 zuerst den Zeugiten das Archontat zugäng- 
lich wurde, was mit Plut. Aristid. 22 im Widerspruch steht, 
wo ein Psephisma des Aristeides erwähnt wird, welches allen 
Athenern das Recht zur Archontenwahl gab. Vgl. Suaemihl, 
Alex. Litterat. II 678 (Nachträge). — Ich freue mich, dafs ich 
in diesem Resultate mit Kühl, Der Staat der AOiener u. s. w. S. 693, 
annähernd zusammentreffe. Wright, Harvard Studies III (1892) 
25, 3 nimmt an, dafs Plutarch nicht aus der nol. 'A&qv. selbst, 
sondern aus einer Quelle geschöpft habe, in welcher die nol. 
l4&riv. in verkürzter Form enthalten war. Die auf diese Weise 
benutzte nol. jt&ijr, habe Plutarch durch fremdartige Zusätze 
erweitert. 

') ÖttOQOÖVTOS fjtflj TOÖ öflfXOV TOTf 7tQbtTOV fxQTJOttVTO 7<p 
TOfJib) TU) 7tSQ\ TOG OOT tuv/.t (la OV, Og frt&T) tft« TljV V7lO\p(«V ToZv 

$V Ttttg Jvva/uiotv 6 yag IliiolOTQaTog ör\fjay(oyig xal arpanj- 
ybg <Sv TVQccvvos xariarrj. xal ngtÜTog margaxia^r] rdüv ixetrov 
(tvyyevtuv "innagyog Xag/uov KollvTtvg = Harpocr. v. *fnnag~ 
%og . . . negl 6*1 tovtov ^AvfigoTttav tv rfj tfevrfoq . tf^aiv, ort 
ovyyivrjg f*iv r\v ütiaiaTgarov toG Tvgavvov xal ngtarog tttoOTQU- 
xfadt}, toG negl tov oargaxia/uor ropov tot€ ngmov Tt&tvrog 
(der falsche Ausdruck kommt auf Rechnung des Epitomators) 
diu Tt\v vnotytav Ttov 7i€Ql ITuofOTQaTov, ort ötjfjaywyog <ar xal 
argarriyog h vgävitjoev {FHG. I 371 fr. 5 M.). 



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- 191 



gen finden sich zwischen Androtion Fr. 10. 42. 43 und n. Kap. 
nohlitop. c. 29 (p. 32, 18 ff.), 15 (p. 15, 17), 28 
(p. 31, 4). Ich glaube, dafs Aristoteles noch viel mehr, 
als wir nachweisen können, der Atthis des Androtion 
verdankt. Androtion hat nach dem Jahre 346 seine 
Atthis herausgegeben; das ist längst ausgesprochen 1 ); 
aber es ist für meine folgende Darlegung gut, wenn 
ich die Gründe dafür, zumal sie sich noch etwas prä- 
ciser fassen lassen, als bisher geschehen, hier vorführe. 
Im 6. Buche war vermutlich Philomelos' Tod (Ende 354), 
im 7. Buche Onomarchos' letzter Zug nach Boiotien (An- 
fang 352) erwähnt; im 12. Buche ist von Amphipolis 
die Rede gewesen (Frg. 27); bringt man bei der auf 
das Jahr 352 folgenden Zeit denselben Zeitumfang für 
die nächsten Bücher in Anrechnung, so kommt man mit 
dem 12. Buche gerade in das Jahr 346, wo Amphi- 
polis an Philipp abgetreten wurde, also eine Erwähnung 
dieser Stadt besonders begreiflich ist. In dcisselbe 
Jahr, aber schon in die nächste Olympiade (108, 3), 
gehört die von Androtion erwähnte dta\ln ( q>iaig unter 
dem Archon Archias (Philochoros Fr. 133, FEG. 
I 406). In diesem Jahre war Androtion noch in 
Athen; denn zur Zeit der 8. Prytanie ol. 108, 2 (Ar- 
chon Themistokles) beantragt er noch den Volks- 
beschluis zu Ehren der Söhne Leukons (Dittenberger 
Syll 101). Nach Plutarch de exilio 14 (p. 605 c) hat 
Androtion seine Atthis aber in Megara geschrieben; 
also, da er noch 346 in Athen ist, nach diesem Jahre. 
So stimmt das aus der Zusammenstellung der Inschrift 
mit Plutarchs Angabe entnommene Ergebnis mit den 

') Schäfer, Demosthenes und seine Zeit I 3 390 vgl. II 29, 1. 
Blafs, Att. Bereds. II 20, 1 [«20,2]. Ich nehme natürlich die alte 
von Jonsius vollzogene Identifikation des Historikers und 
Rhetors Androtion an. 



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— 192 — 

n. Kap. beiden Zeugnissen der Fragmente überein : die Atthis 
des Androtion ist erst nach dem Jahre 346 vollendet 
und herausgegeben. Andererseits beweist die Be- 
kämpfung der androtioneischen Darstellung der Sei- 
sachtheia in der 7toX. l4&i]v., dafs das Buch vor dem 
Jahre 325 erschienen war. Das Buch war also ein 
neues, als Aristoteles seine nol. li^v. schrieb. Es 
mufste auch Autorität haben. Nicht blofs der Name 
des im öffentlichen Leben sehr bekannten Mannes gab 
sie ihm, sondern auch der Umstand, dafs Androtion 
aus der Schule des Isokrates, der grofsen Schule der 
Historiker des 4. Jahrhunderts, hervorgegangen war. 
Aber wir haben nicht nötig, die Bedeutung der Atthis 
des Androtion für seine Zeit zu vermuten : Philochoros 
bezeugt sie direkt durch die vielen Entlehnungen *), 
welche er gerade bei Androtion genommen hat; das 
Buch mufs viel neues Material, namentlich über die 
älteren Institutionen, gebracht haben, wie noch aus 
den Fragmenten zu entnehmen ist (Androt. Frg. 4, vgl. 
nol. *Atop. p. 8, 7; 3; 5; 10; 10; 51; 44a, FHG. IV 
645, vgl. v. Wilamowitz, deRhesi scholiis p. 13 ; Philochor. 
Frg. 59 ; 133) 2 ). Die Neuheit des Buches und seine aus 
der Persönlichkeit des Verfassers wie aus dem Inhalte 
resultierende Bedeutsamkeit machen es erklärlich, 
warum Aristoteles dagegen lebhaft polemisiert und 
doch auch aus dem neuen darin gebotenen Materiale 

») Müller, FHG. I praef. LXXXIV; vgl. Schäfer a. a. O. 
T 390; Busolt, Griech. Gesch. I 365. 366, 1, wo die Bemerkung 
'diese Übereinstimmung ist um so bemerkenswerter, als sonst 
die Atthidographen in vielen Punkten untereinander diffe- 
rierten. Vgl. Strabo IX 392' wohl etwas zu allgemein spricht; 
die hauptsächlichen Differenzen werden in den mythischen Par- 
tieen gelegen haben, wohin ja auch die Strabostelle gehört- 
Will man dies bestreiten, so erhöht man nur die Autorität des 
Androtion. [Wright, Americ. Joum. of Phtlöl. XII 311.] 



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- 193 - 

schöpfen mufs. Dieses Buch mit dem bedeutenden n. Kap. 
Inhalte kann nun frühestens am Ende der vierziger 
Jahre erschienen sein, d. h. zu einer Zeit, als Aristo- 
teles schon einen grofsen Teil der Politik ausgearbeitet 
hatte, in Kleinasien oder in Makedonien war und 
wesentlich mit den in Athen gesammelten Materialien 
arbeitete. Zwischen der Arbeit an der Politik und 
der 710X. 'A&r]v. liegt das Erscheinen der Atthis des 
Androtion. Sie ist eines von jenen Werken (s. 0. 
S. 124 ff.) und vielleicht das bedeutendste von ihnen, 
durch welche Aristoteles veranlafst wurde, Angaben 
der Politik in der noX. *j4$r\v. abzuändern, da sie Ma- 
terial brachte, welches ihm bei der Niederschrift des 
älteren Werkes noch nicht bekannt war. Und es scheint 
mir recht bemerkenswert, dafs gerade in zwei Fällen 
Aristoteles' Änderungen in Angaben bestehen, welche 
bestimmt sind, die Macht des Areopags gröfser erscheinen 
zu lassen, als sie in der Politik geschildert war. Andro- 
tion war Schüler des Mannes, der den Areopagitikos 
geschrieben hatte, und Isokrates bezeugt selbst in 
diesem Werke, dafs er seine Auffassung von der 
Machtstellung des Areopags in seinen Kreisen schon 
früher vorgetragen hatte (§ 56 rfir\ de tiveg ctKOvoavrig 
iiov ruvta ötet-toviog) : sollte der Schüler nicht etwas 
unter dem Einflüsse des Lehrers gestanden haben? 
Eine Darstellung, in welcher der Areopag hervortrat, 
mufste Aristoteles willkommen sein. Andererseits würde 
die Polemik des Aristoteles in Bezug auf das Alter 
des Areopags sich gut erklären, wenn Androtion ihn 
eine Institution Solons sein liefs; Androtion folgte 
dann auch hier seines Lehrers Auffassung. Doch dies 
ist nur ein mehr oder minder zweifelhaftes Corollar; 
das Hauptergebnis steht mir fest, dafs wir in Andro- 
tions Buch ein Werk haben, welches uns die Diffe- 

Keil, Aristoteles. 13 



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— 194 - 



n. Kap. renzen zwischen der Politik und der 7tol. 'Ad-rp>. be- 
greiflich machen kann. 

Doch die Untersuchung ist bereits in eine Darlegung 
hinüber geglitten, welche mit mehr Recht dem folgenden 
Schlulsabschnitte angehören würde. In ihm will ich zu- 
sammenfassen, zu welcher Auffassung ich von der Kom- 
positionsweise des Schriftstellers, der Komposition und 
dem Zwecke der Schrift vom Staatswesen der Athener 
gekommen bin, indem ich bei der Einzelinterpretation 
des Abschnittes über die solonische Verfassung stets 
das Ganze im Auge zu behalten versuchte. Dafs fast 
sämtliche hier berührte Fragen noch einer Beantwortung 
auf Grund der Interpretation des ganzen Buches harren, 
ist mir bei keiner aus dem Bewufstsein gekommen. 
Ich habe sie aber, obwohl ich nur von einer Einzel- 
partie ausgegangen bin, aufgenommen und, soweit es 
mit meinem Material, Wissen und Vermögen anging, 
zu lösen versucht, um zu zeigen, dafs man von der 
Interpretation aus zu andern Ergebnissen gedrängt 
wird, als die bisherige historische oder litterarhisto- 
rische Betrachtung des Buches geliefert hat. 



Schlüte. 

ÄuBsere Nach der Vollendung der Politik ging Aristoteles 
esc d ^ ie an die monographische Ausarbeitung des für die ein- 
nok. 'A»r}r. zelnen Staaten gesammelten Materials l ). 158 Mono- 
graphieen hat er entworfen und mehr oder weniger 

') Dieses sachliche und zeitliche Verhältnis ergiebt sich 
aus dem S. 120 ff. und 148 ff. Beigebrachten, da so die zuerst von 
Torr, Athenaeum 3302 S. 185 gegebene Datierung bestehen bleibt. 



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— 195 - 

ausgearbeitet. Zu ihnen gehört die noXiteia Id&yvauov. Schiuf» 
Während der Jahre 329 — 325 wurde sie in Athen 
niedergeschrieben. Sie war zur Veröffentlichung be- 
stimmt. Das wird durcli die stilistische Durcharbeitung 
einzelner Teile, durch die Rücksichtnahme auf kunst- 
gemäfsen Periodenschlufs, durch die Beobachtung des 
Hiatgesetzes l ), durch die Tendenz, den Plan und den 
Aufbau des ganzen Buches, worüber im Folgenden ge- 
sprochen wird, zur Evidenz gebracht Das Treffende der 
Darstellungs- und Ausdrucksweise, den leichten Flufs der 
Sprache und den reichen Inhalt hat ein älterer alexan- 
drinischer Gelehrter bekanntlich an den Werken des 
Aristoteles gerühmt ; ich glaube, es ist nicht zu günstig 
über die noX. 'AS-ry. geurtellt, wenn man jenes Urteil 
als durch sie bestätigt erachtet. Darf ein subjektives 
Empfinden hier Ausdruck erhalten, so möchte ich es 
aussprechen , dafs mir die Lektüre der noX. si&rjv. 
wiederholt den Charakter der hyperideischen Diktion 
in Erinnerung gerufen hat; ich habe den Eindruck, 
als ob das Buch die Sprache des Hypereides in einer 
» für geschichtliche Darstellung gemäfsigten, herab- 

gestimmten Form und Ausdrucksweise redete. Wenn 
nun die eben angeführten Erscheinungen auch er- 
kennen lassen, dafs das Buch nach der Absicht des 

>) Vgl. Headlam, Claas. Rev. 1891, 270 ff. und Blafs, praef. 
p. XV sq. Für eine noch nicht völlig durchgearbeitete Schrift 
enthält die nol. 's49tjv. ungemein^ wenig Hiate; man wird in 
ihrer Beseitigung sehr vorsichtig sein müssen. Um den Grad 
der Durcharbeitung auf die Hiate zu würdigen, mufs man De- 
mosthenes' Timocratea heranziehen, deren Betrachtung auf 
diesen Punkt hin übrigens besonders diejenigen anstellen 
sollten, welche etwa die jüngst vorgetragene Ansicht billigen, 
dafs die Meidung des Hiates kein Element gewollter kunst- 
mäfsiger Schriftstellern sei. Vor fast genau fünfzig Jahren 
ist das Buch «d« hiatu* erschienen. 

13* 



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- 196 - 



Schiurs Verfassers zu den Denkmälern der kunstmäfsigen Litte- 
ratur gehören sollte, so finden sich daneben Anstöfse 
verschiedenster Art, mit welchen ein Autor ein Werk 
höheren Stiles nicht in die Öffentlichkeit hinausschickt : 
das Buch entbehrt der letzten Feile (s. o. S. 50 ff.). 
Der Verfasser hat es selbst nicht mehr veröffentlicht; 
es ist, wie andere aristotelische Schriften, mit den 
übrigen Monographieen derselben Art von dem Peri- 
patos nach dem Tode des Aristoteles herausgegeben, 
so wie es im Manuskripte vorlag. 

Noch im ersten Jahrhundert nach seinem Er- 
scheinen hat es Einbufse an seinem Inhalte erlitten; 
denn die grofse von Kaibel-Wilamowitz aufgewiesene 
Lücke zwischen dem 60. und 61. Kapitel, in welcher 
nach Ausweis des 43. Kapitels die Abschnitte über die 
XEiQoroviqtoi — den zctfiiag OTgaziuntyiutv, die Behörde 
S7ti to &e(x)qivi6v und den emf.teXrjzrfg zwv hqtjviov — ge- 
standen haben, mufs vor der Zeit der grofsen alexan- 
drinischen Lexikographie, vor Aristophanes von Byzanz 
und der Entstehung der Aristophanesscholien, in den 
Text hineingekommen sein, weil wir kein einziges Citat 
aus dem Altertume, weder bei Lexikographen noch in 
den Scholien, aus jenen Abschnitten überliefert er- 
halten haben J ). Das Buch ist in den uns erhaltenen 
Partieen während der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts 
n. Chr. mehrfach benutzt worden, von Pollux, Harpo- 
kration und Aelius Aristides 2 ); nach dieser Zeit ist 

') Nachträglich ist mir der Gedanke gekommen, ob die 
Lücke bei ihrem hohen Alter nicht schon gar auf die erste 
Herausgabe selbst zurückgeht. Die betreffenden Blätter könnten 
unter dem Nachlasse des Aristoteles nicht gefunden worden 
sein. Dafs Aristoteles den jetzt fehlenden Abschnitt geschrie- 
ben hatte, beweist das xttl hinter yttQorovovai, <f< p. 68, 12. 

Aristides XL VI p. 360 Dd., welche Stelle jetzt auch 



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— 197 — 



bisher keine sichere Spur selbständiger Benutzung Schlüte 
seitens der Antike nachgewiesen worden. Seine Exi- 



Kenyon (3. Aufl.) anmerkt, schreibt unser Buch um 170 n. Chr. Ael. 
— denn in diese Zeit fällt die Schrift vtiIq rtSv rtTrugur — Ariatid. 
fast wörtlich aus (vgl. noX. A&jjv. p. 10, 7 ff.): ixtlvog (Solon).. na- ™* 
qov avTqj OTaoia£ovot)s rfjg noXetag onoTfQtov ßovloiro unonravTi "° ' A n 
Tvgavvtlv, ctntx&Rvtn&tu fxäXXov dfi(fOT^QOig tl'Xiro vtiIq tov 6i- 
xatov xal rtuv ftlv nXovattov 8oov xaXtüg t7/ev dtftTXev, r£ o*»}«^ 
o*' ovx edtoxcv oaov tßovktro, tort) J' iv pc9oQ((p ndvTtov dr- 
ÖQfiorttra xal (Uxaiorara, dtontQ Tivdg tug dXij&tog ix yttafiirgiag 
ntQiyQanTovg tpvlantov oQovg. Die Worte paraphrasieren zugleich 
den Eingang und den Schlufs von noX. A9ryv. c. 12: öquq) 
plv yctQ <oW« xoaov yigag oaaov inag^xti) und iyui 6h tovtwv 
iSantQ iv titTaty(A(<{> oQog xaT^mjv. Die Geometrie bei Aristides 
ist eine Spitze gegen Piaton, welche etwa ein dutzendmal in 
der Schrift wiederkehrt und auf Gorg. 508 a geht XtXijte oi 
ort ?/ loörqg 17 yaoueroixfj xal tv &co?g xal iv dvüQtonotg fiiya 
ditvarai' ab 3k nXtovtk~(av oft* <F<tV daxtiv' yfatfiCTQlag yaQ dut- 
Xetg. In der Schrift negl roO naQatf&iyuaTog (XLIX), welche 
einige, aber nur wenige Jahre älter als die für die Viermänner ist, 
hat Aristides nur Verse, welche auch in der noX. U&nv. stehen; 
sie sind also nicht aus Solon, sondern aus dieser geschöpft. 
Übrigens ist die Konstruktion der Aristidesstelle (nagov aino 
. . tvqowhv, tYX(To) nicht aus noX. A&rjv. c. 11, sondern aus 
der Parallelstelle c. 6 entnommen: tSort, i$6v avrtp Tovg vouovg 
vnonoiTioautvoY rvgavvtiv Tug noXeajg, dfutfOTigotg anex&(a&ai 
xal ntol nXefovog noirjoao&ai rö xaXov . . . t} Ttjv avrov nXio- 
ve$(ar; die letztere Stelle hat Aristides in derselben Schrift 
p. 161 noch einmal verarbeitet: ovöapoö (Perikles) . . tt/v nXso- 
ve£(av ävrl rtüv vöutav rjydnijotv, ovo*' ontog ju«/fwr Ttjg ra- 
$ttog tm«inQOvvoT)&T), nagov a vt ([i (näXXov navrog //aotarpctroi/* 
aXX' 17 v naQanXrjaiog xartyovTi ji]v dxQonoXw tnlrty oföeiv Tovg vo- 
povs (vgl. noX.A&tjv. p. 14, 5 xaria/e tt\v axQÖnoXiv; 
17, 12 iv TS yaQ rolq aXXotg nQotjQfho ndvra ätoixttv xaxa 
rovg vojdovg, ovöiptav iavrtp nXtove$iav tfttfoi/f) xal r^J 
ndvrag (v nouiv Ix (jtiaov. xa(xoi ti tov *AQx(Xaov xax(&ig . . . 
to ye i$ov lxt£v(p opoftog t vQavvtiv , ([h(q tßovXtT o, ov 
Taüra iJoffr, dXXn Toug vofxovg xal t6 üCxaiov nXt(ovog 
c $nt toD xenjovg irrot^aaro, ntug ov tovtoj ouyyaiQtiv elxdg i,v ; 



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- 198 - 



schiufg stenz im 3. Jahrhundert bezeugt ein altes Bibliotheks- 
verzeichnis (Bhein. Mus. 1866, 432) ! ). Aus den uns 



Hier ist die Anlehnung wieder fast wörtlich ; die Wiederholung, 
welche in dvrl rtov roptov (neben nltov*&«v) und rove vopove 
(neben nleiovoe oft« notrioanftttt) liegt, beweist, dafs p. 5, 27 rovs 
vüuoL i das Richtige ist. — Möglich ist, dafs Aristid. p. 317, 14 ff. 
Dd. öoxoöot yaQ aui rag OvfupOQaf iv&vpovfitvoi rttg inl xwv 
JIti a im Q ar i <$ tu v ytvofitvas invroTg ar^hi^t ßovlto&ai u ti- 
Cov tav Ttüv noXktuv (fQOVtiv, t£ Toov (ig divaptv «*r«* 

aus nol. *A9t)v. p. 24, 13 üs htUt) tft« rriv vnotylav räiv iv r<u{ 
Wttfxeatv 6 yao rfenjfaTQaros xrl. (vgl. 24, 29 ff Tis Soxoh] 
ueiCaiv tlvai) stammt. — Aristid. p. 250 f. Dd. (Flottengesetz 
des Themistokles) stammt aus Plut. Them. 4 (vgl. Haas, qui- 
bus fontibus Ael. Aristid. in or. pro IV viris q. 8. p. 39, diss. 
Gryph. 1884), ebenso p. 315 (Tod des Theseus und Übertragung 
seiner Gebeine nach Athen) aus Plut. Kimon 8, welcher selbst 
wieder hier sicher aus Ion schöpft. Dessen Glaubwürdigkeit 
ist in diesen Dichtergeschichten, zumal wenn sie in maiorem 
Sophoelis gloriam gehen, so elend, dafs sie gegen die Chronik- 
angabe bei Plut. Thes. 36 gar nicht in Betracht kommt. Die 
10 Strategen als Richter richten die ganze Fabelei, richteten 
aber nie über eine Tragödie. Das Archontat des Phaidon (476 5) 
ist das sichere Datum, an dem gar nicht mehr herumzunörgeln 
ist, seit wir aus der nol. yffrr)v. c. 23 wissen, dafs der Seebund 
schon 478/7 zu Stande gekommen ist. Die Komprouüfskritik, 
welche auch Bauer (Litter. und histor. Forschungen zu Aristot. 
nol. ul&T]v. S. 102) noch befolgt, indem er nach Holzapfel 
(Darst. d. griech. Gesch. S. 85) im Plut. Thes. 36 <t>a(6*tovos in 
AipHfitovo; rtQxovToe andern will, bereitet sich hier wie überall 
selbst Schwierigkeiten durch die Stellung der Fragen und 
durch die Lösung, die sie suchen mufs. 

l ) Die Hypoth. zu Isokr. VII., in welcher der Sturz des 
Areopags nach der nol. Id&tjV. berichtet wird, gehört in der 
jetzigen Fassung in das 5. Jahrh. n. Chr., aber das ganze Hy- 
pothesenkorpus ist nach älterem Material, und zwar solchem 
der Alexandrinerzeit, gearbeitet, wie die Citate beweisen. Ge- 
naueres führt hier zu weit. Ich halte es nicht für aus- 
geschlossen, dafs das Citat auf Hermippos zurückgeht, der 
auch Hypoth. V mit Namen als Quelle genannt wird. 



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- 199 - 

nicht erhaltenen Partieen fliefsen die Citate äufserst Schiufe 
spärlich; im ganzen sind ihrer vier erhalten. Davon 
gehört eines der lexikographischen Tradition an (n. 3 
K-W; 385 R 8 : Lex. Patmic. BuU. de corr. hellen. 
1877, 152 ; s. o. S. 64,2), Mit also für die Frage, wie lange 
der erste Teil des Buches gelesen wurde, fort. Ein anderes 
steht Plut. Thes. c.25 (n.2K-W; 384 R 8 ), d. h.in einem 
Kapitel, dessen sonstiger Inhalt sicher unaristotelisch 
ist; der auf die Worte oti di 7tQtjtoq aninXive tvqgq 
tbv ojfÄovi wg lAQtoxvteXrß (p^oi folgende Zusatz seai 
aq / / • io fiovagxeiv zeigt, dafs Plutarch hier die icoX. 
l4&r t v. ebensowenig wie in seinem Solon, Themistokles, 
Perikles und Aristeides eingesehen hat. Das dritte 
Citat (n. 4 K-W.) steht im Scholion zu Euripid. Hipp. 
11 (ed. Schwartz II p. 6), ist also für die Zeitfrage eben- 
falls unbrauchbar. Nur das bei Harpokration s. v. 
'Anolhjjv 7tazg(iJog stehende (n. 1 K-W., 381 R 8 ) könnte, 
da Harpokration die noX. 'ASr^. sonst benutzt hat, 
die Existenz des Einganges während des 2. Jahrh. 
n. Chr. beweisen. Ich mufs mich aber als Skeptiker 
bekennen. Sollte es wirklich ein Zufall sein, dafs 
den Schriftstellern des 2. Jahrh. n. Chr. fast jede 
Kenntnis der Abschnitte der nol. Ij&yr. über die 
Königszeit abgeht, und dafs in unserem schwerlich vor 
dem Anfange des 2. Jahrh. n. Chr. geschriebenen Pa- 
pyrus auch gerade der Abschnitt über die Königszeit 
fehlt? Man wird sagen, der abrupte Anfang beweise, 
dafs hier zufällige Verstümmelung vorliege. Gewifs. 
Aber diese Verstümmelung ist, wie der vor der ersten 
Kolumne freigelassene Raum beweist, schon aus der 
Vorlage herübergenommen ; sie reicht also in das 
1. Jahrh. n. Chr. hinein. Sollten im 2. Jahrh. n. Chr. 
vielleicht im wesentlichen nur noch Exemplare mit 
dem fehlenden Eingange zu haben gewesen sein? Wie 



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— 200 - 



Sohiufs das Fehlen der Citate über jene drei durch Cheiro- 
tonie gewählten Beamten sich aus einem frühzeitig ent- 
standenen Defekte der Überlieferung erklärte, so würde 
das Fehlen direkter Citate aus dem Eingange sich 
ebenfalls gut aus einem frühzeitig eingetretenen Ver- 
lust des Einganges des Buches begreifen. Dafs der 
Eingang im 2. Jahrh. vor Chr. noch erhalten war, 
bezeugen die Excerpte des Herakleides Lembos. — Von 
den kleineren Lücken sind p. 6, 18; 22, 28; 26, 29; 
28, 12; 40, 25; 49, 24; 65, 20. 21 augenscheinlich 
erheblicherer Art, die übrigen laufen auf Ausfall we- 
niger Worte hinaus. Glosseme sachlicher Art sind sehr 
gering an Zahl; dafs die von K-W. im 59. Kapitel da- 
für erklärten Stellen richtig beurteilt sind, habe ich oben 
(S. 52) in Frage stellen müssen. Das Buch ist uns 
von den erwähnten Schäden abgesehen — die üblichen 
Handschriftenfehler rechnen hier nicht — in der Form 
erhalten, welche es bei der Veröffentlichung aus dem 
Nachlasse des Aristoteles hatte. 

tjueUen Zu Grunde der aristotelischen Darstellung 

und der solonischen Verfassung die Atthidenüberlieferung 

Quellen- un( j zwar j n menr eren Brechungen. In dem Atthiden- 

Benutzung 

bericht macht er aus anderweitiger, ihm zugänglicher 
Litteratur, z. B. auch, wie die Erörterung des 6. 
Kapitels ergab, aus politischer Litteratur, Einlagen. 
In dem Abschnitte über Solon hat er Herodot völlig 
beiseitegelassen. Dafs er ihn sonst benutzte, sagt er selbst 
(p. 14, 27), und lehrt die Lektüre. Ebenso hat er Thuky- 
dides herangezogen und vielleicht auch Xenophon 1 ). Wo 

') Die Übereinstimmung zwischen Hell. II 3, 19 und nol. 
'AthfW, c. 36 p. 39, 23 ff. scheint mir eine so grofsc, dafs ich 
hier direkte Abhängigkeit des letzteren Buches für das wahr- 
scheinlichste halte. Ausgeschlossen wäre die Benutzung einer 
gemeinsamen Quelle allerdings nicht. Weshalb ich die Nach- 



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- 201 - 

Aristoteles einer Quelle ganz folgt, kürzt er, der Natur Schlaf» 
des vorliegenden Buches entsprechend, stark, hält sich 
aber doch nach Möglichkeit an den Wortlaut der Vor- 
lage; Beweis dafiir ist sein Verhältnis zu Hermippos 
und, da hier die Probe ganz sicher ist, vor allem der 
Abschnitt über die Peisistratiden und die Antagonie 
zwischen Isagoras und Kleisthenes, in welchem selbst 
die Diktion stellenweis noch herodoteische Färbung 
zeigt. Wo ihm aktenmäfsiges Material zur Verfügung 
steht, teilt er es mit; mehr als er giebt, hatte er 
schwerlich. Seine Darstellung beruht in erster Linie auf 
litterarischen Quellen; aus dem Metroon hat er nicht 
geschöpft, sonst müfsten sich davon Spuren linden. 
Jene Quellen boten natürlich wenig urkundliches Ma- 
terial. Die Schrift, der er in der Geschichte von 411 
bis 403 folgte, mufs eine aufsergewöhnlich kritische 
Leistung der Geschichtschreibung gewesen sein. Sie 
wird schwerlich weit vom Jahre 400 abliegen. Da die 
Kompromifsakte vom Jahre 403 (Kap. 39) darin ent- 
halten war, welche man doch derselben Quelle wie die 
übrigen Urkunden zuschreiben mufs, so ist der terminus 
post quem für diese Quelle gesichert. 

Mit der Masse der überlieferten Thatsachen operiert 
er frei. Er läfst einfach fort, was er nicht für richtig oder 
nicht für wichtig hält; oft liegt so Polemik in seinem 
Schweigen. Die Richtigkeit der litterarischen Uber- 
lieferung prüft er an Indicienbeweisen verschiedenster 
Art ; sie sind die Waffe im Kampfe gegen die unglaubwür- 
dige Tradition. Darum baut sich seine ganze Darstellung 
der ältesten Verfassungsperiode, mit Ausnahme eines 

rieht über die Zurückweisung des von Sparta nach der Schlacht 
bei den Arginusen angebotenen Friedens nicht mehr als Er- 
gänzung zu Xenophon fassen kann, ist S. 224 gesagt. [Über die 
sonstigen Quellen vgl. Macan, Journ. of. hell mtud. XII 35 ff.] 



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— 202 — 



Schiufe kurzen Abschnittes (p. 3, 2—9), auf Indicienbeweisen auf; 
darum die Häufigkeit der Indicienbeweise in der Solon- 
partie : er geht an gegen die demokratische Auffassung 
dieses Mannes in der Tradition. Scharf sticht dagegen 
der Bericht über die drakontische Verfassung ab, denn 
in ihm fehlt jeder Indicienbeweis. Daraus folgt aber 
nichts gegen seine Echtheit. Das Andenken an die 
Gesetze Drakons lebte in den Athenern des 4. Jahr- 
hunderts, aber ein Grausen überkam den freien Mann, 
wenn er ihrer gedachte : sie troffen ihm von Blut ; das 
hörte er von der Tribüne schreien. Hiergegen hätte 
Aristoteles etwas sagen müssen, gehörten die vopoi für 
ihn zur noktteia. Da sie es nicht thun, hat er keine 
Veranlassung zur Polemik. Das Andenken an die Ver- 
fassung Drakons lebte dagegen nicht im Athen des 
4. Jahrhunderts; auch die Atthiden hatten nichts über 
sie, wie unsere von den Atthiden gröfstenteils abhängige 
Überlieferung mit ihrem Schweigen über diese Ver- 
fassung unumstöfslich beweist. Gegen wen sollte Ari- 
stoteles polemisieren? gegen welche Tradition die 
Sprache der Indicien wecken? So stellte er einfach 
dar, froh vielleicht, in seiner Zeit von der drakon- 
ischen Verfassung überhaupt noch eine Nachricht ge- 
funden zu haben, welche ihn einfach darstellen liefs. — 
Die Polemik ist stets malsvoll; wo er sie nicht blofs an- 
deutet, sondern offen ausspricht, beruhigt er sich meist 
nicht bei der Negative, sondern weifs aus der Negative 
positive Züge für seine Darstellung zu gewinnen. Die 
ganze Schrift zeigt einen Schriftsteller, der nirgend 
gedankenlos die Tradition tradiert, sondern nur giebt, 
was durch sein Urteil hindurchgegangen ist. Dieses 
Urteil mischt er in die Darstellung der Thatsachen 
und in die Charakteristik von Persönlichkeiten mehr- 
fach kurz andeutend, oft mit fühlbarer Betonung und 



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- 203 - 



stets mit besonderer Absicht. Zwecklos ist wie in Schiuis 
dem ganzen Buche, so in cjem Abschnitte über Solon 
kein Satz. Alles ist in diesem Abschnitte nach einem 
Gesichtspunkte abgewogen, alles dient nach Aristoteles' 
Absicht dem einen Zwecke, seinen Solon zu zeichnen, 
der nicht der der Tradition war. Und woher hatte 
er sein Bild vom Solon? Aus den Gedichten dieses 
Mannes, aus der letzten Quelle, die es dafür geben 
konnte. Indem nun Aristoteles ein in sich geschlossenes 
Bild von Solon gewinnen will, geben ihm bei der Ar- 
beit, wenn der consensus omnium auch etwas gilt 
(p. 5, 1; 6, 7; 10, 12), diese Gedichte den eigentlichen 
Prüfstein für jede Überlieferung ab. Aristoteles läfst 
selbst erkennen, dafs er die Gedichte als letzte Kenntnis- 
quelle über Solon gefafst hat. Um dem Leser von 
vornherein eine auf die Gedichte sich stützende Ansicht 
von dem Charakter des Mannes zu geben und ihn 
für die folgende Darstellung empfänglich zu machen, 
stehen im ersten Kapitel der Solonpartie zwei Citate; 
dann folgt die ganze Darstellung von Solons Thätig- 
keit, ohne dafs ein Vers angeführt wird; am Schlüsse 
aber sind die Belege so wuchtig gehäuft und in so 
unmittelbaren Zusammenhang mit dem Endurteil über 
Solon gebracht, dafs man fühlt, wie der Schriftsteller 
sagen will : mein Solon ist der, der gewesen zu sein 
er selbst bezeugt *). 

Aristoteles will nicht blofs den Staatsmann Solon 
darstellen, er will gerade auch den Menschen richtig 
fassen und würdigen lehren. Darum fugt er bei der 
Usurpation des Peisistratos die Anekdote von Solons 



') Ganz deutlich sind die Gedichte als Quelle in der 
Polit. 1296 a 19 genannt: ZöXtav re yap ijv tovratv (d. h. rtüv 
fiiotttv) — drjkoi <J' Ix xr\s not Joe tos. 

» 



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— 204 — 



Schiui« Widerstand ein : sie soll den Mann auch unter schwie- 
rigen Verhältnissen als yorkämpfer für sein Werk 
zeigen 1 ); darum wird der Klatsch über das Liebes- 
verhältnis des Solon zu Peisistratos ausdrücklich und 
mit hartem Worte (s. o. S. 153) zurückgewiesen; diese 
Leidenschaft stimmt nicht zu dem Bilde des aristo- 
telischen malsvollen Solon. Es kommt Aristoteles eben 
nicht weniger auf den Menschen als auf den Staats- 
mann Solon an. Aber was soll das Individuum in 
einer Geschichte staatlicher Institutionen? 

Die aristo- Es ist des Aristoteles staatsphilosophisches Axiom, 
jTw&w dd"s der peoog der beste Bürger sei 2 ). Der Grund- 
satz, dafs die staatsbürgerliche ^eaotrjg das Erhaltende 
ist 8 ), dafs alles Extreme zerstört 4 ) und, um mit Aristo- 
teles' eigenen Worten zu reden, oti q xoivwvia t] no~ 
ItTixi} ccqioti] 7j dia twv (iiamv (Polit. 1295 b 35), 
dieser Grundsatz hat bei jedem in unserem Buche sich 

vorhanden findenden Urteile über einzelne Staatsmänner wie über 
in ganze Verfassungsperioden als Kriterium gedient. Solon 

Indlvlduen wird gelobt; denn nach dem Zeugnis seiner eigenen 
Gedichte konnte er fast als eine Verkörperung der 
staatsbürgerlichen ^eacnrig gelten. In unserem Buche 
schliefst Aristoteles das Gesamturteil über ihn mit den 
Worten votAO&ertfoctg xa ßikTiaia, und in der Politik 
(1296b 19) hatte er gesagt: tb zovg ßeXztazovg vofio- 
\terag elvai ztZv fjeaiov' —oXiov . . yag tovtwv (drj- 
Xoi d' j?x zijg noi^aecDg). Von diesem Standpunkte aus 
ist das lobende Urteil gefällt über Nikias und Thuky- 



. *) IIol. *A&rjv. p. 14, 13 auros ftiv lyij ßtßOT\&r\x(vtti Ttj 
,iuTon)i, vgl. p. 10, 9 atoaas rijv narqUa. 

2 ) Die Hauptstelle Politik 1295 a 34 — 1296 b 2, wozu die 
Erklärer die übrigen Stellen geben. 

3 ) Polit. 1296 b 38 ff„ vgl. 1308 b 30. 
«) Polit. 1309 b 18-35. 



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— 205 — 

dides, des Melesias Sohn (Kap. 28), im Gegensatz zu schiuis 
den extremen Demokraten ihrer Zeit, ebenso das Uber 
Peisistratos, weil er, obwohl Tyrann, doch nach den 
Satzungen Solons {/.ata tovg vopovg p. 17, 13) regierte, 
und auch das über Archinos, weil er, wenn auch mit 
ungesetzlichem Mittel (neiaag axgirov dno*xüvm 
p. 43, 23), eine gemäfsigte l ) Demokratie nach den Tagen 
der Dreifsig durchführte und die Bürgerschaft zur 
Achtung der bestehenden Ordnung zwang. Besondere 
Gnade hat aber Theramenes, neben welchem die Olig- 
archen Peisandros und Antiphon mit Lob genannt 
werden (p. 36, 13), vor seinen Augen gefunden. Ari- 
stoteles nimmt sich des Vielgeschmähten in auffälligster 
Weise an und sucht zu beweisen, dafs das allgemein 
geltende Urteil Uber diesen Mann infolge der ver- 
wickelten politischen Verhältnisse jener Zeit in die 
Irre gegangen sei. Der Grund für diese Apologie 
liegt auch hier in dem Umstände, dafs Aristoteles bei 
genauer Betrachtung in der politischen Thätigkeit -des 
Mannes die Charakteristika für einen piaog sehen zu 
müssen glaubte: öoaiI ftivxoL TtageQytjg cmoyaivo- 
uivoig 2 ) olx woneQ avxov öiaßdkXovoi ndoag zag no- 
Xixeiag xaxalveiv, ctklct ndoag ngodyuv Xmg prjdev 
naQavofiolev, wg dvvdpevog TtolixeveoSat, xaxd ndoag, 
bVe^ iaxlv ctya&ov nollxov tqyov^ naQavojnovaaig de ov 



*) Das liegt ausgedrückt in dem Auftreten des Archinos 
gegen Thrasybulos' Psephisma, fv iituütöov rijj noXtrt(«s 
Titiot rote ix I/tiocaf'üjg avyxaril&ovoiv, tov ivioi tfavegdis ^oav 
öovloi p. 43, 19 ff. 

2 ) Dieser Ausdruck beweist mir, dafs Aristoteles sein Ur- 
teil über Theramenes nicht durch eine für diesen Politiker 
parteiische Quelle hat bestimmen ■ lassen, sondern dafs er selbst 
sich sein IJrteil aus der Geschichte gebildet hat. 



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— 206 — 



schlafe avy%(üQiüv aXV ct7ie%t^av6(4.evog (Kap. 28 a. E.). Die Ge- 
schichte der Jahre 411 — 404 kehrt bei Aristoteles 
immer wieder auf Theramenes zurück. Zum Teil liegt 
der Grund dafür in der bedeutenden politischen Thätig- 
keit des Mannes selbst, aber ganz wird man hieraus 
doch nicht den Umstand erklären können, dafs die 
Ereignisse jener Jahre mit so besonderer Rücksicht auf 
Theramenes' Schicksal dargestellt werden; es ist, als 
ob die Darstellung zeigen sollte, wie der gute Bürger 
im Ringen mit den alles Recht und Gesetz vergewalti- 
genden Regierungen seiner Überzeugung zum Opfer 
fallt. 

in Vor- D\ e solonische Verfassung war eine noXvtüa, ihre 
Perioden ruinöse naqi'Aßaaig also die drjfAOxgavia. Mithin ver- 
fällt, was auf eine Entwicklung von der solonischen 
Verfassung hinweg und hin zu der extremen Demo- 
kratie des 4. Jahrhunderts geführt hat, dem verdammen- 
den Urteile des Schriftstellers ; dagegen verdiente, was 
diese Entwicklung aufhielt oder hinderte, seine An- 
erkennung. Die Verfassungsperiode, welche der solo- 
nischen am nächsten kommt, ist natürlich die, in 
welcher der Areopag die Prärogative der älteren Zeit 
annähernd wieder gewonnen hatte, die siebzehn Jahre 
nach der Schlacht bei Salamis. Damals hatte der 
Areopag die ini&ncc öV (Lv ^ i% iioltxäag (pvXaxtj y 
wie es (p. 27, 24) mit deutlicher Rückbeziehung auf 
die drakontische ((pvlag i]v %dv vdftwv p. 4, 10) und 
solonische (voiioipv'kctxüv — inioxonog oioa tfjg noU- 
reiag. p. 8, 10) Ordnung heifst. Daher das Urteil xort 
htoXitev&rflcw'A&rivaioi xaXwg xot xcrra xovtovg tovg 
/.aiQovg (p. 25, 27). Athen befand sich, wie in alten 
Tagen, so auch zu dieser Zeit in einer glücklichen Peri- 
ode des politischen Lebens. Denn gerade zudieser 



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- 207 - 

4 

Zeit 1 ) war es, wo die Athener das Kriegshandwerk Schluß 
übten, wo sie eine solche Politik trieben, dafs sie sich 
des besten Leumundes bei den anderen Griechen er- 
freuten, und wo sie so stark waren, dafs sie trotz des 
Widerstandes von Sparta (aytovtio* twv sfaxeöaipoviiüv 
p. 26, 4) die Herrschaft zur See gewannen. Es kommt 
Aristoteles, wie auch die prägnante Stellung der eben 
citierten Worte am Schlüsse der Periode beweist, 
bei der Erwähnung der Seehegemonie nicht auf diese 
selbst, sondern allein auf den Nachweis der Stärke 
des damaligen Athens an. Diese Stärke ist ein Lob 
für die in Rede stehende Periode, ihr Lob ist nicht 
die Herrschaft zur See, welche nur der Erfolg dieser 
Kraft, aber nach Aristoteles' Urteil ein wenig er- 
wünschter ist. Nicht der Areopag hat zur See hin- 
getrieben, der Demokrat Aristeides that es. Was Pei- 
sistratos, der selbst als Tyrann sich unter die Gerichts- 
barkeit des Areopags stellte, weislich zu verhindern 
gesucht hatte, dazu wurde von den Demokraten 
gegen die konservativen Tendenzen des Areopags jetzt 
aufgefordert: xcciaßdvrag «c zaiv aygwv oixeiv iv t$ 
äoTei (p. 26, 21.) Die ccqx^, welche sich nur zu bald aus 
der tjytuovLa entwickelte, erforderte die Arbeitskraft 
auch der grofsen Menge ; der Staat bedurfte der nolloi, 
des örjpog (p. 27, 1. 15); jetzt müssen sich also demo- 
kratische Tendenzen geltend machen. Eigentlich wäre 
dem Aristoteles damit ein Grund gegeben gewesen, 
diese Periode zu tadeln; allein der Anspruch auf die 
€cgyr t wurde nicht in ihrem Beginne, sondern in den 

späteren Jahren derselben, als der Bürgerschaft der 

j • 

*) Ich halte also sowohl xttl (p. 25, 27) vor xarit tovtovs 
tovs xaiqovs als auch xttrct rbv xqovov tovrov (p. 26, 1) für 
echt. 



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— 208 - 



Schiur« Kamm schon geschwollen war (&ctQQOior]g rfdr; trjg 716- 
lewg), erhoben. So besteht das im Anfang gegebene 
günstige Gesamturteil über die letzte areopagitische 
Ära zu recht, und nur der Schlufs dieser Periode ver- 
dient die Einschränkung, in welcher es von dieser no- 
litela heifst: vrtoqifQO/nevr] xaxa hikqov (p. 27, 17). — 
Unter den folgenden Verfassungen wird der an die 
Oligarchie der Vierhundert sich anschliefsende Zustand 
gelobt. Die noltxda hatten die onla nagexo/nsvoiy 
und das war in einer Kriegszeit vernünftig (p. 37, 
8 — 10). Aristoteles äufsert in der Politik: Sei dt %r t v 
7toXi%Eia.v elvai fniv fx %G»v za onXct ixortwv ftovoßv 
(1297 b 1) ; sein lobendes Urteil steht unter dem Ein- 
flüsse dieses allgemeinen Grundsatzes und im Einklänge 
mit ihm. Eine solche Verfassung ist ein Schritt ab von 
der alles ausgleichenden Demokratie, sie kann also ge- 
lobt werden. Uber die Oligarchie der Vierhundert selbst 
enthält sich Aristoteles jeglichen Urteils; er giebt nur 
die Aktenstücke und teilt die Thatsachen trocken mit, 
welche den Antritt der Bule der Vierhundert begleiteten, 
und welche ihren Sturz herbeiführten. Er kann die 
Männer nicht tadeln, denn im Grunde mufs er ihre 
antidemokratische Tendenz billigen; er kann sie aber 
auch nicht loben, weil sie verfassungswidrig die oVrAa 
tyovteg von der Regierung ausschlössen. — Noch eine 
Periode hat des Aristoteles Anerkennung gefunden, 
die unmittelbar auf die Restauration von 403 folgenden 
Jahre (Kap. 40) : doxovoiv xaklioxa ör t nai itoXiTi'Awtatct 
a7iavzü)v /,al idiq x<u vLoivrj xgrfiao&ai xaig Ttqoyeyevr^ 
fuevaig 0v^Kpogaig f denn es wurde nicht nur eine allgemeine 
Amnestie durchgeführt, sondern der Demos zahlte auch 
die Kriegsschulden der Besiegten, obwohl er durch 
die Verträge ausdrücklich davon entbunden war : iv . . 
zaig allaig noUaiv oiy olov smTTgoori^eaaiv twv 01- 



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- 209 — 



tleuoi' 61 dfjfnoi 'KQaTrjOavng, aXXa xal xr t v %iooav ava- Schlüte 
öaarov Ttoiovoiv (Kap. 40 a. E.). Die weise politische 
Mafsigung, die neooTqg, welche sich in diesen Mafs- 
regeln ausspricht, hat auch hier das Lob veranlafst. 

Dasselbe philosophische Axiom, welches diese D j e 
lobenden Urteile dem Schriftsteller eingab, hat auch ve^ir/t 
seinen Tadel bestimmt. Sein Urteil über Kleisthenes ^j^j" 
ist eisig. Er ging zur Volkspartei Uber, weil er im 
Kampfe mit Isagoras unterlegen war. Das Volk ver- 
traute ihm später, weil er selbst wie sein ganzes Ge- 
schlecht — daher hier Kedon (p. 22, 21), der zum 
Beleg für die Parteistellung des Geschlechtes in früherer 
Zeit genannt wird — gegen die Tyrannis gekämpft 
hatte: ■x.ortaoxovrog di tov öijpov xa nqoy^iaxa KXei- 
a&ivrjg r)ye/*wv yv zat tov dypov 7coooidxr i g (p. 22, 17) ; 
als ein riQoeoTijxiüg tov nXrftovg (p. 22, 26) mufste er 
eine Verfassung geben, von welcher es heifst : dr^ozi- 
xitntQa noXv zijg 26Xutvog syiveco y noXiceia *). Das 
avauioyeo&ai %b nXrj&og (p. 23, 8) wird hervorgehoben 
und das gesetzgeberische Verfahren des Kleisthenes als 
eines o%o%aLofÄtvog tov n Xy& ovg (p. 24, 2) gebrand- 
markt. Diesem harten Urteil verfällt auch die In- 
stitution des Ostrakismos, da ihre Erwähnung unmittel- 
bar an die zuletzt ausgehobenen Worte geknüpft ist 2 ) ; 
ebenso hat Aristoteles in der Politik den Ostrakismos 
verworfen : ßiXnov . . tov vofxo!/ BTTjv e£ ctQxrjg ovtio 
ovozijoai tt}v 7tokiTeiaVj äoze deio&ai TOictvrijs 
ictToeiag 8 ). — Die Verfassung von 508 — 480, welche 

') Anfang von Kap. 22; vgl. p. 44, 27 t) Kketa&fvovs, <frj- 

fiOTlXtÜT^Q« Z6X<ÜVO(. 

*) . . xtuvoi'S ef' aXXov; (sc. vo^tovt) deivttt tov Klita&ivt) 
aroxaCopevov tov 7rA»j»offf, tv otg ijtO-rj xctl 6 ntQ\ iov oargit- 

XlOUOV Vt/LIO(. 

3 ) Polit. 1284 b 17; vgl. 1302 b 18 .. . tnrt X ov (ttoitaatv 
Keil, Aristoteles. 14 



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- 210 - 



Schiurs sich ganz in Kleisthenes' Formen hält, kann natürlich 
des Aristoteles Wohlgefallen nicht erregt haben. Dies 
ist nicht ohne Folgen für ein weiteres Urteil über sie 
geblieben. Aristoteles erklärte die areopagitische Ära, 
welche auf Salamis folgte, für gut, und dementsprechend 
liefs er auch die äufseren Erfolge dieser Zeit be- 
deutende sein. Der Glanz, den Aristoteles ihr ver- 
leiht, ist dazu bestimmt, die vorhergehende kleisthe- 
nische, demokratische Periode und, um das hier gleich 
zu sagen, auch die folgende, ebenfalls demokratische 
Periode des Perikles in den Schatten zu stellen. Die 
kleisthenische Verfassungsepoche war im ganzen nicht 
gut, also sind die äufseren Erfolge dieser Demokratie 
auch nur geringe, wie es im Gegensatze zu denen der 
areopagitischen Ära heifst: r&ie (agv olv fuixQi xovxov 

av^avofttvrj (p. 25, 18). Die Schlaffheit der demokra- 
tischen Heerführer zeigte sich vor Salamis, wo sie den 
Kopf verloren ; der alte Areopag ward der Hort des 
Staates l ). 

Perikles Die Beurteilung des Perikles ist merkwürdig ge- 
wunden ausgefallen. Perikles gehört zu den imeintlg; 
deshalb kann er nicht ganz verurteilt werden. Aber 
absolutes Lob verdient er nicht; es kehrt bei ihm das 

oOTQttxKHv, oiov h ^kgyet xut l4&t,vf}atv' xa(roi ßdrtov i$ äg- 
%ijs ogav onus firj Iviaovxat loaovxov VTugfyones, $ (aaavres 
yevtad-ai tao&tu vortgov. 

l ) Vgl. Lyk. Leokr. 52 von der Zeit nach Chaironeia: ij jukv 
yitg lv *AQi(üi nayfp ßovkr\ (xal [At}tie(s iuot &ogvßqay Tctvrrjv yäg 
vnolafißävta (xiytair\v tot« ytvfodttt rtj nolei amrjgtav) iovq 
tftvyovTttq rijv naxglöa xal iyxataXetnovTae tot« to?s iroltfiiois 
Xaßodaa «ntxxuvf. Die Worte xal uydtU xri. zeigen deutlich, 
dafs der Areopag damals seine Befugnisse überschritten hatte; 
in der Zeit der Not liefs der Demos es sich gefallen, später 
mifsbilligte er es. 



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- 211 - 

Scheltwort gegen Kleisthenes wörtlich und mit fühl- Sohiufs 
barer Verschärfung wieder : dt]poTixu)T£Qav eti awißl} 
yevio&ai zrjv TioXixelav (p. 29, 14), und absichtliche 
Härte liegt augenscheinlich in dem Ausdrucke 7ZQog xb 
dtjfxaywyelv sX&gvtoq IleQixXeovQ . . . Ö7j^oriycioT€Qav 
hi *ze., nicht so sehr durch das Wort ör^aywyeiVy 
wie durch den Gegensatz, in welchen Perikles hier 
zu den früheren mafsvollen nqooxcaai zov drjuov 
gesetzt wird. So mufs denn das Urteil über die pe- 
rikleische Periode beim Vergleich mit der vorher- 
gehenden ein Tadel sein ; nur relativ erhält sie ein Lob, 
nämlich im Vergleich mit den folgenden extrem demo- 
kratischen Zeiten (c. 28): eiog juev ovv TleQixXfjg tiqo- 
uaxi[%u rov ör^tov ßeXriw za xcrro tty TtoXiteiav t]v, 
zeXevirjoavzog de TlBQixXiovg TtoXv %uqio. Die Be- 
gründung des örjfnozr/.uzeQav besteht aus drei Punkten: 
Perikles nahm dem Areopag einige Vorrechte, drängte 
besonders zur Seepolitik und gewährte zuerst den 
Richtersold. < Wie Aristoteles über die letztere Mafs- 
regel denkt, hat er in der Politik 1320a 17 ff. aus- 
gesprochen. Er meint, der Sold sei in volkreichen 
Staaten für die unbemittelten Klassen notwendig; nur 
verurteilt er die übliche unterschiedslose Zahlung und 
bringt sie in Kausainexua mit den bestehenden Finanz- 
schwierigkeiten der Staaten, in welchen der Richter- 
sold unterschiedslos gezahlt wird. Seine Worte gehen, 
wie er selbst sagt , auf die zeXevzaiai dijuoicQaztai : 
Perikles' Mafsregel wird daher in der tzoX. L49rp>. als 
ein Faktor für die Steigerung des demokratischen Cha- 
rakters der athenischen Verfassung aufgeführt. Auch 
>verden die Nebenumstände bei ihrer Einführung und 
die Folgen in schlechtes Licht gerückt. Perikles hat 
den Sold aus rein politischer Rancüne eingeführt, nicht 
etwa aus der Erkenntnis der Notwendigkeit einer sol- 

14* 



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- 212 - 



Schluß chen Mafsregel für einen volkreichen Staat, und hat 
ihn eingeführt auf den Rat eines Menschen, der später 
durch 08trakisraos verbannt wurde. Die F olge davon, 
dafs der Richter um Geld Recht sprach, war des wei- 
teren eine Zugänglichkeit der Richter für Bestechungs- 
versuche. Aristoteles giebt diesen Zusammenhang in der 
ihm eigenen Weise durch die einfache Anfügung des Auf- 
tretens der Richterbestechungen an den Bericht über die 
Einführung des Richtersoldes deutlich zu verstehen. Da- 
zwischen (p. 30, 7 ff.) steht nur ein kurzer Satz : aq> ' wv 
aiutovcai riveg % € h ov S yevdod-ai, xXrjQOv/Atviov intftelwg 
asi inaXXov tiuv xv%6viwv rj twv iniuxaiv av&Qtotuov. 
Aristoteles referiert hier; er scheint selbst dem Be- 
richteten nicht ganz zu glauben aber doch kann 

*) Warum er sich so reserviert verhält, vermag ich nicht 
abzusehen ; ich entsinne mich keiner Stelle der Politik, die hier 
erklärend einträte. Vielleicht fand er durch das xIhqoüo&m 
selbst die Möglichkeit einer absichtlichen Steigerung des nie- 
deren Elementes in den Gerichten ausgeschlossen. Kaibel- 
Kiefsling werden m. E. an dieser Stelle dem Wortsinne nicht 
ganz gerecht, wenn sie übersetzen : 'da die übrigen sich eifriger zur 
Losurne drängten als der behäbige Bürgersmann». Das tm- 
uelais xlriQoüo&at bezeichnet eine absichtliche Beugung des 
Rechtes beim Losen selbst; aber in einem stärkeren Zuströmen 
von Krethi und Plethi statt der besseren Elemente (imetxds) 
kann doch nichts Beabsichtigtes liegen. Von der Absicht des 
Gesetzgebers ist hier nicht die Rede, sondern allein von der 
thatsäch liehen Folge. Aristoteles führt hier die Ansicht älterer an ; 
vielleicht war ihre Auffassung aus der Art der Richtererlosung 
seiner Zeit nicht mehr erklärlich, wohl aber aus der einer früheren. 
Ich glaube, diese Stelle hat Bedeutung für die Zahl 6000 im 
5. Jahrh. und die Richterqualifikation im 4. Jahrh. Es läfst 
sich eine Möglichkeit denken, unter welcher bei einer Be- 
schränkung der jährlichen Richterzahl im 5. Jahrh. ein tni- 
ptltasxXrjoovo&cu stattfinden konnte. Andererseits ist es nichtaus- 
gemacht, dafs jene Beschränkung auch im 4. Jahrh. fortbestand, 
und damit fiel dann das Verständnis für das i7t$fAeX(ug xltjgov- 



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- 213 - 

er es, um sein Urteil über die perikleische Mafsregel Sohiur« 
zu begründen, nicht unterlassen anzuführen, dafs von 
anderen ähnlich wie von ihm selbst geurteilt sei. Es 
erinnert das etwas an das calumniare audader. 

Generellere Bedeutung für das Anwachsen der 
Demokratie als das eben besprochene Moment haben The * 
die beiden an erster Stelle genannten, die Einschrän- und 
kung der Kompetenzen des Areopags und die Seemacht- Ephiaites 
politik. Jene ist von Ephiaites unter Beihilfe des 
Themistokles begonnen worden. Wie die Einführung 
des Richtersoldes schon durch das Motiv, welches den 
Urheber dieser Mafsregel leitete, diskreditiert wurde, 
so wird auch der Beginn des Sturzes des Areopags 
mit unlauteren Motiven eines der demokratischen 
Führer in Verbindung gesetzt: Themistokles will der 
Anklage auf Landesverrat entgehen. Eine Neuerung, 
die auf solchem Wege herbeigeführt ist, kann nur 
schlechte Folgen haben: oweßaivev avteo&cci uälXov zijv 
TtoXizdav dia roig Ttgo^u^tiDg dijuayioyovvTag (p. 28, 17) ; 
denn diese können jetzt, wo der Areopag nicht mehr 
die imutkeia für den Staat hat, aufkommen. Viel- 
leicht ist auch nicht ohne Grund in unmittelbarem 
Anschlufs daran die Einführung des passiven Wahl- 
rechtes für die Zeugiten (p. 28, 29) erzählt. Auch 
hier also wird, wie bei dem Richtersold, in den Folgen 
der Neuerung die Kritik der Neuerung angedeutet. 
Schärfer noch kommt die Kritik zum Ausdruck in 
der an den Sturz des Areopags angeschlossenen Nach- 
richt über die bald darauf erfolgte Ermordung des 
Ephiaites. Sie hat in dieser knappen Verfassungs- 

o&at am Ende des 4. Jahrh. fort. Die Zahl von 6000 Richtern 
ist aus der früheren Zeit für gewisse Fälle beibehalten, ob- 
gleich sie nicht mehr sämtliche Richter repräsentierte. Doch 
führt das hier zu weit ab. 



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- 214 — 



Schiurs geschiente eigentlich keinen Raum; wenn der Schrift- 
steller ihr ihn doch gewährt, so hat er eine Absicht 
dabei; es ist die, zu zeigen, wie die üble That ihren 
rechten Lohn findet. Es scheint mir von diesem Ge- 
sichtspunkte aus so gut wie sicher, dafs auch der kläg- 
liche Ausgang des Themistokles hier berichtet ge- 
wesen sein mufs, und die Texteskritik tritt bestätigend 
hinzu. Kaibel-Wilamowitz haben ra. E. p. 28, 12 mit 

Recht in den Worten xai (6 /niv QefAiaxoxXrig > 

avfiQt&i] de xcrt 6 *E(ptdXTif]g eine Lücke konstatiert. 
Um die Kritik, welche Aristoteles hiermit an den de- 
mokratischen Helden übt, recht zu würdigen, beachte 
man, dafs er vom Ephialtes sagt: öotliüv aöwQodoArfiog 
elvai xcci dixcuog Ttoog zrjv noXitdav (p. 27, 20). Das Urteil 
der Athener, welches er durch doxtuv als solches kenn- 
zeichnet, wird durch die Geschehnisse und ihre Folgen 
widerlegt. Das Volk wufste eben nicht, was ihm 
a "Steide* frommte. Genau so heilst es vom Aristeides und The- 
mutokils mistokles: 6 fihna noXefjixa doxiov, 6 di ra 7ToXiTiy.cc 
öeivog el vai %cti Stxaioavvrj tw eavtbv diayioeiv 
(p. 2G, 6). Dafs diese Volksmeinung über Aristeides falsch 
war, wird gezeigt Denn die Folgen der Seemacht- 
politik des Aristeides werden sofort als verderblich ge- 
schildert: der grofse Staat gebraucht viele Menschen, 
sie werden dem Lande entzogen und suchen nun beim 
Staate ihr Brot. Das ist nicht 7toXiTtx.iüg nach Ari- 
stoteles (8. o. S. 83, 1). War es auch dix.ccioouvr>, dafs 
Aristeides die Athener dazu trieb, die Hegemonie zu er- 
streben ? Das l Toig av^iiidxoig ÖEanoxiynoitQiog xoijottcci'' 
(p. 26, 25) giebt die Antwort darauf. Das war die Folge des 
Rates des Aristeides, der selbst die Eide nicht Unterthanen, 
sondern Bundesgenossen Athens, so feierlich, wie es nur 
möglich war (toig fivÖQOvg f.v Tfp nekayei xcc&eioav p. 26, 
1 8 ; die 0omaitov dgd), beschworen hatte. Es liegt Methode 



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- 215 - 



in der Art, wie Aristoteles seine Kritik der deraokra- Scbiuis 
tischen Führer begründet. Die Kritik selbst aber ist 
wieder bestimmt von dem Grundsatze, dafs zu ver- 
urteilen ist, wer von der Herrschaft des Areopags und 
dadurch von der solonischen Verfassung abführte; 
denn diese Herrschaft des Areopags war ein teilweises 
Zurückgehen auf die solonische Verfassung gewesen. 
Aristeides fuhrt zur Seehegemonie, Themistokles und 
Ephialtes arbeiten an der Entthronung des Areopags, 
Perikles steigert jene, arbeitet an dieser weiter und 
fügt noch den Richtersold hinzu. Kein Wort des Ta- 
dels über den letzten dieser demokratischen Helden, 
ja an einer Stelle ein relatives Lob, und doch absolute 
Verurteilung durch Verurteilung des Gesamtzieles seiner 
Politik und der Mittel, mit welchen er es erstrebte. 

Doch Aristoteles steht nicht allein in dieser Be- Fhilo ~ 

sophische 

urteilung der Politiker und der Politik des 5. Jah r* Kritik der 
hunderts. Für den Areopag und gegen die Seehe- • s<?emac / lt - 
gemonie: Isokrates' Areopagitikos und Friedensrede. 
So geht der sophistische Redner und der philosophische 
Historiker zusammen ; sie einigen sich in einer gröfseren 
litterarischen Bewegung. Ihre "Bücher sind nur ein- 
zelne Erscheinungen in dem Kampfe, welchen die 
Theorie in der politisch-philosophischen Litteratur über 
das Wesen der Staatsgemeinschaften allzeit gegen die 
Praxis des Staates geführt hat, unter dessen Schutze 
sie gedieh, und an dessen Institutionen vor allem sie 
zu denken gelernt hat. Mit dem *orx hcaivfr der alten 
Schrift vom Staate der Athener, deren Interpretation 
Rudolf Schöll 1 ) verdankt wird, und vorher schon in 

») Die Anfänge einer politischen Litteratur bei den Griechen 
(München 1890). Allerdings für eine so rein akademische — 
modern gesprochen — Abhandlung, wie Schöll es thut, kann 
ich sie nicht halten. Den Hoden, auf dem diese noL *A9i\v. 



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- 216 — 



Schlaft den Erörterungen und Schriften, deren Niederschlag 
in der Tragödie Ferdinand Dtimmler jüngst mit Er- 
folg nachgegangen ist 1 ), beginnt die Opposition. Sie 
richtet sich von Anfang an auch gegen die destruierend 
wirkende Seemachtpolitik, welche gleichfalls Thuky- 
dides' abwägendes Denken beschäftigte. Piatons Kritik 
im Gorgias (519 a) *avev yiiQ awopQoavvrjg xai öixaioat- 
vr t g hf.avtüv xai veioQtwv xai teiyiov %ai q>0QU)v xai 

TOIOVTCOV (f'AvCtQltüV $liTte7tXfjxaOl T^V 71 öXlV* 

schliefst sich zeitlich unmittelbar an 2 ) ; mit der gleichen 
Kritik im Anfang des 4. Buches der Gesetze kommen 
wir in die Zeit der genannten isokrateischen Schriften 
herab. Aristoteles bezeugt in der Politik (1327 a 10), 
wie lebhaft die Frage erörtert worden ist: neqi de 
zijg Ttqog T/yV $dXaxxav xoivioviag, TtozsQOv uxpeXifiog 
zaig elvot-iov^evaig noXeotv ßXaßegd, noXXoi xvyyd- 
vovoiv af.tcpiaßt]zoivT€g\ sein eigenes Urteil fafst er in 
die Worte (Pol. 1327 a 40 — b 9) zusammen: negi dt 
Tr { g vavtixfjg dwapeiug, ort /lisv ßeXxioiov vndqyeiv 
{.Uxqi xivbg rtXy&ovg, ovx aörjXov . . . Tteqi de nXy&ovg 
rjdrj xai peyeltovg xijg dvvd/ueiog xavxrjg nqbg xbv ßiov 
anoaxenxiov xrjg noXeiog. ei ftiv yaq ijyepovixbv 
xai itoXix ixbv trpeiai ßiov, avayxatov xai xavxr>v 

erwachsen ist, hat Schöll gewifs richtig bezeichnet. Aber 
wenn ihr Verfasser auch zu den Kreisen gehörte, in welchen 
die theoretischen Erörterungen über Politik gepflogen wurden, 
so schliefst das doch namentlich im 5. Jahrh. nicht aus, dafs 
er zugleich mit der Praxis persönliche Fühlung hatte. Sein 
Nachweis, dafs von den anuoi nichts für eine Revolutions- 
partei zu hoffen sei, und sein Zorn gegen die Kryptooligarchen 
in der Demokratie sind für mich im Kähmen einer akade- . 
mischen Abhandlung unverständlich. 

*) Prolegomena zu Piatons Staat etc. (Basel 1891). Ich habe 
absichtlich «Erörterungen» vor «Schriften» gesetzt. 

2 ) Dümmler, Chronolog. Beiträge (s. o. S. 78 Anm. 1) p. 44 ff. 



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— 217 — 



zr)v dtvctfiiv v7totQ%Eiv 7tQog zag Ttgä^eig ovhhetqov. Schilift 
xrp Si 7toXvavd-Q(x>7tiav zip ytvopevrjv negi zbv 
vavzr/.6v o%Xov ovy. dvayxalov wtdgxetv zalg noXeoiv. 
ovöiv ydg aizovg ptgog elvai Sei zrjg 7t6- 
Xeiog. Und wie die Anwendung auf den athenischen 
Staat? Die Stellen (1274a 12) zijg vavagxiag ydg h 
zoig Mirfixotg 6 dr)i.iog al'ziog yevofievog &(pgovrtf.iaxio&ri 
xai drj/jaycoyovg tXaße cpavXovg dvzvioXizevoftiviüv zojv 
iniei'Atav und (1304 a 20) r) iv Idgeiq) ndym ßovXr) 
ivdo/.i ui'oaoa h> zoig Mijdinoig iöo^e ovvzovioxigav 
noirpai zr)v noXizeiav, xat ndXir 6 vavzixog b%Xog 
yev6fJ£vog al'ziog zrjg 7cegi 2aXa[Aiva vin^g xai dia zav- 
zr } g zrjg r^ymoviag did zty -/.azd üdXazzav Svvaftiv zr\v 
drjfAov.Qaziav toxvgozegav S7zoh t aev sind schon mehrfach 
für unser Buch herangezogen worden. Die Worte der 
ttoX. jifhp. (p. 29, 15) über Perikles: ^idXiaza ngov- 
zgeipev zrv noXiv irti zr)v vavxixr)v övrapiv, et; r$ 
ovvißrj l>aggr\oavxag zoig noXXovg airaoav zrv noXi- 
zeiav (.idXXov dyeiv eig avzoig sprechen deutlich die- 
selbe Sprache. 

Neben der Seemachtpolitik ist der Sturz des demo- 
Areopags ein Verderben des Staates geworden, und r y ü brJ a 
zwar deshalb, weil — wie schon hervorgehoben — 
ohne die Aufsicht des Areopags das Demagogentum 
Uberhaupt sich erst breit machen und zur Leitung 
des Staates gelangen konnte. Seemachtpolitik und De- 
magogentum arbeiten am Ruine des Staates; darum 
heifst es in dem zusammenfassenden 41. Kapitel von der 
durch den Sturz des Areopags inaugurierten Epoche: 
TtXeiaza ovveßf] zi)v noXir dia zoig drfjccycüyovg a t uag~ 
zdveiv (v.aiy did zr t v zrjg tiaXazzrß dgxr)v (p. 45, 4 f.) *). 
Mit dieser Kritik betinden wir uns indem Gedankenkreise 



*) Das xa\ auch von H-L. eingeschoben. 



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- 218 - 



Schiufs von Piatons 'Gorgias', von Antisthenes' 'Archelaos' *) 
und des zweiten Teiles der isokrateischen Friedensrede. 
Was Meister und Schüler und beider Gegner eint, ist 
wieder die hauptsächlich durch die Akademie vertretene 
politisch-philosophische Theorie des 4. Jahrhunderts, 
welche nicht in der 'Jetztzeit 1 , sondern im 5. Jahrhundert 
den Grund der politischen Misere suchte 2 ). Es finden 
sich aber Differenzen bei der grundsätzlich gleichen 
Anschauungsweise der drei Schriftsteller, und diese 
Differenzen sind sehr charakteristisch. Piaton verurteilt 
als xoAcmes in erster Linie Perikles, dann Kimon, 
Miltiades, Themistokles. Isokrates nennt (§ 75) Ari- 
steides, Themistokles und Miltiades mit Lob; Hyper- 

•) Dummler, Antisthenica (Bonn, diss. 1882) p. 7—11. 

8 ) Eine Ausnahme machen zwei Sokratiker, weil sie mit dem 
praktischen Leben mehr als die übrigen Fühlung hatten, Xenophon 
(sympos. 8, 39; memor. II 6, 13 für Themistokles und Perikles) 
und Aischines, des Lysanias Sohn, wie die Fragmente seiner 
Dialoge 'Miltiades* und «Alkibiades» beweisen: C.F.Hermann, 
disput. de AcscJi. Socr. rell. 10 ff. 21 ff. Hermann hat für den 
letzteren Dialog Ael. Aristides nicht genügend ausgenützt. 
Dieser lehrt uns eine Scene in ihm kennen, welche der vno- 
xQiois eines Piaton würdig ist: ilvayxti&i (Sokrates) xlaeiv 
&£vjtt (den Alkibiades) rqv xey rtlrjv inl ra yovara ä&v- 
firiaavra, o\g ovd* iyyvs ovitt t£ QtfjiaroxXti ii\v 7T(tnaOxtvijv 
(II 369 Dd.). Man kann nur die Scenerie im 'Protagoras' und 
'Symposion' oder die i'eizende Scene im <Lysis> vergleichen. Auch 
ein wörtliches für den Sokratiker charakteristisches Fragment 
hat Hermann übersehen, weil in den Ausgaben die Worte als 
aristideisch gedruckt sind, II 20 Ddf. Denn den Satz 'Eydj cT d 
/u*V tw* . . . 0 aiu (taut nahmen bei Aischines die Worte (Z. 9) 
7iokko\ yitQ xa\ tcov xttfiovrwv vyieig ylyrovrtu .... oniie avv- 
oloeiv tuelke 7Tovrjoat auf. Dafs sie aus Aischines stammen, 
beweist nicht blofs der Zusammenhang bei Aristides, sondern 
auch die beiden Hiate (niBvftftt uvtobi uya fni tu ovrjaov. 
Aischines vermeidet den Hiat nicht, wohl aber Aristides in 
dieser Schrift. 



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- 219 - 



bolos und Kleophon sind ihm die Repräsentanten der Schiuia 
schlimmen Demagogie. Aristoteles hat Miltiades plat ^ d org ' 
(p. 31, 1) und Kimon ausdrücklich aus der Reihe der /a>*. k»?». 
Demokraten ausgenommen; dafür treten bei ihm 
Ephialtes und, was bedeutungsvoll ist, Aristeides ein, 
um die Zahl der Viermänner zu vervollständigen. 
Aristoteles' abfälliges Urteil über den letzten, welches 
deutlich durch die Verurteilung der von ihm inaugu- 
rierten Seehegemonie zu erkennen gegeben ist, steht 
in striktem Gegensatz zu Piatons Urteil im 'Gorgias', 
wo Aristeides der einzige athenische Staatsmann ist, 
der gelobt wird (526 b). Ich kann nicht umhin, in diesem 
Gegensatze beabsichtigte Polemik gegen die im 'Gor- 
gias 1 vorgetragene Ansicht zu sehen. Aristoteles führt 
wie Piaton vier Männer des 5. Jahrhunderts auf, 
welche die Demokratie förderten ; zwei der bei Piaton 
genannten streicht er, den dort allein gelobten setzt 
er auf die schwarze Liste, und den am schlimmsten 
verklagten, Perikles, behandelt er immerhin glimpflich. 
Noch deutlicher tritt die Polemik in einem zweiten 
Punkte zu Tage. Es heifst von den vier Männern 
bei Piaton (Gorg. 517 b): aXXd ftoi öo/.oioi %Civ ye vvv 
öicty.oviy.LoiBQot yeyovivai Aal paXXov oloi %e iy.7C0QiL£tv 
rfj noXu luv hce&tf.iei', die Staatsmänner 'von heut 1 
(ot vvv) sind die unmittelbaren oder mittelbaren Nach- 
folger des Perikles, wie die scenische Zeit des l Gor- 
gitos' beweist. Und Aristoteles? Er sagt gerade, dafs 
die Männer der Demokratie bis Perikles besser waren ; 
erst nach ihm kamen die alles verderbenden Dema- 
gogen. Man wird zugeben, dafs die in den aristote- 
lischen Worten: oi jnaXiora ßovX6(jevoi 9gaovve(j&cu 
zai xaQiteo&ai zoig 7toXXoig, rrgig tcc 7cagavxiy.a ßXi- 
7tovreg (p. 31, 20) enthaltene Charakteristik vom Piaton 
für Perikles, Miltiades, Kimon und Themistokles ge- 



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— 220 - 

«ohiuis schrieben sein könnte, bei Aristoteles geht sie auf 
Kleophon, Kallikrates und ihres gleichen. In diesem 
Punkte stimmt Aristoteles also mit Isokrates überein, 
dessen iästerliches Gerede 1 wir nicht zu verzeihen 
brauchen, sondern in der Gesellschaft eines Piaton und 
Aristoteles verstehen 1 ). 



Isokrates ') Hier die weitere Übereinstimmung in der Kritik der 
™ ld demokratischen taoir^: Isoer. Areop. 21 Ji>oo> iaorriroiv vofiiCo- 
Anstot. u £ raiv t j ViU XT £ ^ ebenso Plat. Legg. VI 757 b (vergl. Resp. 

VIII 558 c) tft>of> yttQ taor^roiv ovattiv xri. und Aristoteles oft, 
Hauptstelle Polit. 1318 a 3 ff. Übrigens hat die Philosophie 
recht; im 5. Jahrh. wird das demokratische Taov häufiger be- 
tont als das oligarchische : Dümmler, Prölegom. S. 41. Die 
Lendemainstimmung, welche das ganze 4. Jahrh. beherrscht, 
machte weitere Kreise für die Moralpredigt der Philosophie 
empfänglich. Nur urteilt die Philosophie einseitig, indem sie 
den Politikern allein den Niedergang zur Last legt. Die 
Philosophie des 5. Jahrh. ist selbst ein wesentlicher zersetzen- 
der Faktor gewesen. Hinzu kommt die internationale Stellung 
Athens seit der zweiten Hälfte des 5. Jahrh.; ihre Folge war 
das Eindringen von Elementen, welche diejenigen nationalen 
Kräfte auflösten, auf denen die Machtentwicklung des alten 
Staates beruht hatte. Diese politische Stellung und die Philo- 
sophie haben die sittlichen Grundanschauungen des athenischen 
Staatslebens, den wahren Grund der Gröfse Athens, zerfressen. 
Begünstigt wurde der Auf lösungsprozefs durch die natürliche 
Ersetzung der alten leitenden Familien durch neue Familien 
im Laufe der Zeit. Damit wurde die Tradition, welche in den 
Familien forterbte, durchbrochen. Es kam frisches, aber un- 
gesundes Blut in das Staatsleben; die athenische Gesellschaft 
wurde eine andere. Die Philosophie schiebt der Kriegspolitik 
diesen natürlichen Prozefs zu, bei dem vielleicht auch schon 
der Beginn der physischen Sterilität des Griechenvolkes in 
Betracht kommt, welche aus den epidaurischen Heilurkunden 
und der Inschrift von Larissa grell hervortritt. Isokr. VIII 88 
t« y«Q yivr\ röiv avJQtüv rwv dvo/uaatornitov xal rovg oXxoug 
roit /utytarovs, 0Ü xal rag TVQavnxag axaüHs xa\ tov JTtoatxov 
7Tol(jjot' tittyvyov, €vQyoofj(v tnt rrjg ag/VS, »^f tTftftvjuoüftfv 



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- 221 - 



Und was bestimmte Aristoteles zu seiner von schiuf« 
Plato abweichenden Auffassung, wo er doch grund- ^p^' 1 '' 



(Seehegemonie), avaordrovf ytyimjuivove. = Hol. *A&riv. p. 28, 22 
Ttj( yciQ aiQttTt(tte yivofxivw lv roTg rore xqovois tx xaruXoyov 

alii ovvtßcuvtv Ttüv t£i6rrtov tiva üiaxih'ovg rj tqiO^i- 

X(ovq (inollvofrtti, roon tlmXiaxfa&ttt roi's tnitixe Tg xai rov 
örjfiov xai Jtov evnootov; vgl. auch Thuk. I 23, 2. Um noch 
ein paar Übereinstimmungen zwischen Aristoteles und Isokrates 
anzuführen, vgl. Isoer. VIII 54 f. txeTvot plv toi? avrovg ngoard- 
raq re rr,s noXtoig inoioürro xai OToartjyovs yoovvro, vou^ovriq 
rov tnl rov ßrjparoe ra ß(Xrtaru avjußovXtvoai Jvva/Afvov. rov 
avrbv rovrov aoiar* av ßouXfvoaa&at. xai xa&' avrbv yivöuevov, 
t]/u€ts <T£ rovvavrCov rovrtov notovut-r xrt., und mit persönlicher 
Spitze (gegen Demosthenes und seinen Kreis, Brand, de Isoer. 
Panathenaico p. 46) Panath. 143 rodf avroi<s rovrovs argarijyove 
yQoiivro xai noiaßuq xri. : Polit. 1305 a 10 (in etwas anderem Zu- 
sammenhange) tot« pkv ol drj/jaytoyol i\üav ?x rtov argarrjyovvrtov 
(ov yÜQ 7i<o Jeivol fjoav Uy(iv\ vvv tfi rrje QrjroQtxijg r)v$r}ju£vt)$ 
ol övvuptvoi Xtyuv öriuaywyovot [xtv, tfi dn€tg(ttv <f< ttuv noXe- 
fxixbiv oiix Inirtöfvrat, nXr\v tl rl nov ßga^v yfyovt roiovrov. 
Die Panath enai kosstelle , zu welcher die angeführten Worte 
gehören, ist schon oben S. 86 ff. im Verhältnis zur noX. li&r\v. 
besprochen. Ich bemerke hier, dafs sie in irgend einem Ver- 
hältnis auch zur Politik stehen mufs. Den Ausführungen des 
Isokrates § 131 ff. liegt der Gedanke Polit. 1317 a 40 ff. vno&eots 
. . rfje drjuoxQarixfjs noXtrtfas Uev&egta zu Grunde; der war 
ja allerdings gäng und gäbe in Athen, allein die Ausführung 
des Isokrates richtet sich weiterhin gegen eben die beiden 
Punkte, in welchen nach Aristoteles diese tlev&fgfa begriffen 
ist: O.ev&fgtas tf£ ?v plvrbtv uh>h aoxto&iu xai ag^etv (dagegen 
Panath. § 132 f. 139 ff.) und lv öi rb Cqv tos ßovktral r,g ^ § 131 
rrjv filv dxoXaaiav iltv!>tg(av tlvttt, rqv cT tfavoiav o rt flovXt- 
raCns noiiiv tvötiifjurttn . ich kenne die Beziehung, welche diesen 
Worten von Henkel, Stud. z. Gesch. d. griech. Lehre v. Staate S. 46, 
auf die Ethik gegeben worden ist ; dagegen mit Recht Onckeu, 
Staatslehre d. Arist. II 160 mit Anm. 2 und Brand a. a. 0. p. 31, 
obwohl ich ihnen sonst nicht folgen kann; vgl. übrigens Dümmler, 
Chron. Beitr. S. 15 f. Wegen dieser Beziehungen zu Aristoteles bin 
ich oben a. a. O. nicht auf die von Teichmüller, Litt. Fehden I 



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— 222 - 



Schiurs sätzlich mit ihm übereinstimmte? Die Worte tzquxov 
yctQ tote (d. h. risQixleovg teXevTyoavzog) TTQOOiaryv 



278 gegebene Parallele Panath. 145 Plat. Legg. 715 a ein- 
gegangen. — Es ist mir schon hin und wieder der Gedanke 
aufgestiegen, ob nicht eine Fassung der «Politik» schon vor 
339 herausgegeben wurde, so dafs sie Isokrates bei der Nieder- 
schrift seines letzten Werkes benutzen konnte. Unmöglich 
macht das die Erwähnung der Ermordung Philipps nicht; sie 
könnte in einer späteren Fassung hinzugesetzt sein, und sonst 
sprechen die Daten in der 'Politik' (s. o. S. 122 ff.) doch eher für 
eine solche, frühere Herausgabe. Nicht beeinflufst aber ist Iso- 
krates in seiner abfälligen Kritik der spartanischen Verfassung 
durch Polit. \SSS b 5 ff. Der Schliifs des Panathenaikos ist 
sein eigenstes Gut; er ist die Palinodie des Archidamos, wie 
von anderer Seite schon bemerkt , und gleichsam eine Fort- 
setzung der Antidosis, welche Areopagitikos und Symmachikos 
zurücknehmen sollte. Neben diesem Zwecke geht in beiden 
der Kampf gegen die Akademie einher; in jener weist Isokrates 
die antidemokratischen Tendenzen der Platoniker von sich, 
in dieser ihre Lakonomanie durch Lob von Athens Thaten und 
seiner guten alten Verfassung einerseits und andererseits durch 
Verkleinerung von Spartas Thaten und seiner Verfassungs- 
eiurichtungen. Der fast hundertjährige Greis, welcher das 
Lebensende nahen sieht, will in dem Ruhme des einzigen 
wahren Lobredners Athens sterben, dem Ruhme, den ihm sein 
bestes Werk, der Panegyrikos, gegeben hatte. Er weist alles 
von sieh, was einem tftltt&ijvaios nicht ansteht. Andererseits 
will er sich auch wieder vor böser Nachrede in Sparta sichern ; 
in dieser Absicht ist der Spartanerfreund eingeführt, welcher 
in dem Tadel des Isokrates die Lakedaimonier durch die Er- 
wähnung ihrer Thaten gelobt findet und ihre mifsgünstige 
Beurteilung auf des Verfassers (patriotische) Gesinnung zurück- 
führt (§ 251). Der Panathenaikos ist des Isokrates Testament 
an die hellenische Welt, für welche er zeitlebens geschrieben 
hatte: er will mit der öffentlichen Meinung der beiden Haupt- 
staaten versöhnt scheiden. Von dem Spartanerfreunde, dem 
Freunde der Feinde, läfst er sich versiehern, dafs er dies er- 
reichen werde, und ihm legt er sein non omnis moriar in den Mund 
(§ 260): tfoxfif yuQ poi £«v piv A>Ji//«ff#«t tfo£«r ov fttffr uiv 



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— 223 — 

ilaßev 6 &ij(to$ ov% evÖ6xi(.iovvra 7taQa tölg imeiyce- Sohlufa 
aiv iv de roig nQozegov xqovoig aü Sietilow 01 £m- 
emsig Srjfiaywyovvteg , diese Worte sowie das ganze 
Kapitel (28), aus dem sie stammen, geben die Antwort. 
Der Staatsmann ist vom Menschen nicht zu trennen; 
denn die ethischen Tugenden bedingen nach Aristoteles' 
wie Piatons Lehre die staatsbürgerlichen Tugenden 
nicht blofs, sie sind dieselben. Der inieixyg wird, 
auch wo er verwerfliche demokratische Tendenzen 
verfolgt, nie so schädlich wirken wie ein ovx evöoxi^uov 
naqa toig e7tieiyJat. Gemein ist der Politiker, weil 
der Mensch gemein ist. Die Demagogen dieses Schlages 
wissen nicht einmal äufsere Würde und äufseren An- 
stand zu wahren: Kleon brüllt und schimpft auf der 
Tribüne und tritt mit dem Abzeichen seines Gewerbes 
vor das Volk. Natürlich, diese Sorte von Menschen 
spekuliert auf die niedrigsten Gelüste: ein anderer 
halber Banause, Kleophon, verschafft den Kichtern 
zwei Obolen *), und Kallikrates wollte noch mehr geben. 

<t£tog i2 — yaltnbv yaQ — , nana nletoot, dl xal fiälkov 6/jo- 
loyovfAirrjv rfjg vvv v7raQyovaijg, TeXevrTjffag xiv ß(ov fxtti- 
£(iv a&avaol ag, ov rijg roig &eotg naoovorjg alla rijg roig 
iniyiyvoiutvoig ncol t&v ö*uvtyx6vi<ov ini rtvt rtuv xaXiZv loytov 
/uvrjfifiv f t u7ioiovaj)g, xal fitxnftog revl-ei tovtcjv' tnyvexag yao 
rag noXctg üfxtfor^Qag xaXaig xal nooarixorroig xrk. Diese Worte 
widern fast an in einer Schrift, in welcher sich die innere 
Haltlosigkeit des Mannes von Abschnitt zu Abschnitt in Halb- 
wahrheiten und unaufrichtigem Lavieren verrät. 

*) Die thwßtUa bietet der Interpretation Schwierigkeiten; 
vgl. Kcnyon 8 z. d. St. S. 98. Ich bin der alten Erklärung ge- 
folgt, welche uns vorliegt. Aristot. Frg. 461 R 8 ist von Kenyon 
auf Kap. 62 (p. 69, 26) bezogen worden; die Holländer thun 
es zweifelnd. Bei K-W. finde ich das Frg. nicht unter den 
<Testimonia\ Schol. Aristoph. Vesp. 684 rovg rgtig oßolovg- 
rbv yoQOp Uyth ittf* wr (?) tö(äojo rb initüßolov. rovro o*( 
aklore aXXtog fJYJoro, nur äripayioytov ra nl^^rj xoXaxtv- 



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- 224 - 



Schiuis Man sieht ja, wie sie wirken: als nach der Argin usen- 
sehlaeht Athen einen günstigen Frieden hätte schliefsen 
können, da tritt Kleophon betrunken und gepanzert 
auf und bramarbasiert. Die Athener folgten ihm, aber 
/uct* ov rtoltv xqovov tyvtoaav tfjV a^agtiav (p. 37, 25). 
Das Schreckensjahr 404 hatten sie ihm zu verdanken. 
Doch der Mensch hat seinen Lohn dahin, wie ihn alle 
seines Schlages verdienen. Kleophon und Kallikrates 
sind zum Tode verurteilt worden: etaj&ev yaQ /.av 
iZanazrj&f, zo Tilij&og taveQOv fxiaelv tovg n TtQoayct- 
yovrag notüv avtovg %dv ^ xalwg lyovzwv (p. 31, 17) l ). 
Der Mensch bedingt den Politiker: das Individuum 
also oder eine Anzahl gleicher Individuen haben, so- 
weit sie durch ihre Individualität dem Staatsleben 
förderliche oder schädliche Impulse geben, ihren Platz 
in einer Verfassungsgeschichte. Die Männer, welche 
die Auflösung des athenischen Staates verursachten, 
erhalten ihre Charakteristik, damit man versteht, wes- 
halb sie als Politiker so wirken mufsten, wie sie ge- 

üvitov, äs qijaiv uiQiaioTtXijs (v JTohjtitui', die Parallelstcllen 
bei Rose 8 a. a. O. Die Notiz geht auf Kap. 28, wie die her- 
vorgehobenen Worte beweisen; sie sind die Pharaphrase der 
Worte p. 31, 21 /«(>/&otf«t toig nuXXoTg; ebenso fafst töidorv 
üXXoit uÄXug den Inhalt von p. 31, 12—16 zusammen. Der 
Alexandriner hat also die dwßtlftt vom Richtersolde verstanden; 
auch bei Zenob. VI 29 liegt dieselbe Interpretation vor. Dafs 
sie mit Aristophanes im Widerspruch steht, hindert nicht, dafs 
auch Aristoteles mit der önußeXfa den Richtersold gemeint hat. 
Wenn die Angabe um des Aristophanes willen falsch sein 
müfste, so ist sie eben charakteristisch für Aristoteles' Quelle 
und seine Darstellungsweise. 

*) Vgl. dasselbe Urteil bei Piaton in Bezug auf die von 
ihm verurteilten Männer, Gorg. 519 c: 7iQoaittTr\g yan noXetog 

uv ag noTt dJfxtag nnöXotro vtt* avrrjg rijg noXftog rjg 
TjoonrttTt?. Allerdings verträgt sich dies Urteil nicht ganz mit 
dem Apolog. 31 e Gesagten. 



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— 225 - 



wirkt haben. Und nun kehre ich zu Solon zu- Schiufa 
rück. 

Solon wird auch als M e n s c h charakterisiert und ge- 
würdigt, damit man erkenne, dafs das Werk des Men- 
schen, in dem sich die bürgerliche Tugend der neoo- 
tr ig gleichsam verkörperte, ein gutes sein mufste. 
Aristoteles stellt den Menschen Solon, wie er ihn er- 
tafst hatte, vor Augen, um sein Endurteil über das 
Werk dieses Menschen als innerlich begründet zu er- 
weisen. Die Stelle der Politik, in welcher Solon als 
ptoog zu den besten Gesetzgebern gerechnet wird, ist 
schon (S. 204) angeführt; gleich darauf, wo von der 
reinen 7zoXi%sia die Rede ist, steht der in seiner Art 
einzige Lobspruch, der, wie längst vermutet 1 ), auf 
Solon geht: elg yctQ avrjg ovve7teio9rj fxovog xüv ngo- 
ibqov i<p y fjyefAOviq yevo^iivajv ravztjv a7todovvcu zrp> 
xaliv (1296 a 38). Dafs die Stelle richtig auf Solon 
bezogen ist, bezeugt das Endurteil über diesen Gesetz- 
geber in unserem Buche: keiner von beiden Parteien 
ergab er sich, zwischen ihnen stand er, 'und dadurch 
ist er der Retter seines Vaterlandes geworden und hat 
die beste Verfassung gegeben'. 

Die Antwort auf die Frage, was das Individuum 
in einer Geschichte von Institutionen solle, ist gegeben. 
Wir hätten auf kürzerem Wege dazu kommen können. 
Aber ich führte nicht die ebene Landstrafee, welche 
den Blick unbefriedigt läfst; der Weg über die Höhe 
sollte weiter schauen und mehr sehen lassen. Wir 
wissen jetzt, dafs des Philosophen Aristoteles Axiom 
von der ueaotr { g als höchster staatsbürgerlicher Tugend 
das Urteil des Historikers über Verfassungsperioden 
wie Staatsmänner geleitet hat; es ist klar geworden, 

J ) Von Schlosser-, vgl. Susemihl, Aristot. Polü. gr.-d. II 
286 Anm. 1308. 

Keil, Aristoteles. 15 



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- 22Ö - 



ScWufs dafs Aristoteles mit seiner Beurteilung der das athe- 
nische Staatsleben zersetzenden Faktoren, der Seemacht- 
politik und dem Demagogentum, in der Theorie der 
Uber Politik spekulierenden Philosophie seiner Zeit 
steht ; es ist aufgezeigt, wie Aristoteles seinen philo- 
sophischen Grundsatz von der Identität der ethi- 
schen und politischen Tugenden auf die Darstellung 
und Charakterisierung der Staatsmänner hat wirken 
lassen; mit einem Worte, wir haben gesehen, dafs 
Aristoteles als Philosoph den historischen Stoff er- 
fafst, durchdrungen und geformt hat. 
Aristoteles j} ag so u aUL . n von der Quellenkritik und Quellen- 
Historikerbenutzung seitens des Aristoteles gesagt sein; denn es 
ist nur natürlich, dafs die Durchführung der philo- 
sophischen Ideen an dem historischen Stoff Einflufs 
auf die Heranziehung und Verarbeitung desselben 
haben mufste. Wenn Aristoteles sich aus den Ge- 
dichten des Solon ein Bild von dem Wesen und Wirken 
des Mannes, das Idealbild eines ptoog, gemacht hatte, 
und wenn er dieses Bild, weil es ihm auf sicherster 
Grundlage, dem Zeugnis des Solon selbst, zu beruhen 
schien, notwendig für das allein richtige halten mufste, 
so war er berechtigt, die übrige Überlieferung danach 
zu beurteilen, ob und wie weit sie sich mit dem Ideal- 
bild des fnioog vertrug. Wenn sie irgendwo oder wann 
den Solon anders charakterisierte, so konnte sie in 
den betreffenden Fällen nicht richtig sein : die den De- 
mokraten Solon zeichnende Atthidenüberlieferung mufste 
oft bestritten werden. Wenn Aristoteles in der soloni- 
schen Verfassung die beste Verfassung für Athen erkannt 
hatte, so war es natürlich, dafs er sie an alle folgenden 
Verfassungsphasen als Mafsstab legte ; zeigte sich nun, 
dafs es von Solon bergab zur extremen Demokratie ging, 
so war der philosophische Gedanke gegeben, der die 



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- 227 - 



aristotelische Darstellung der Entwicklung der atheni- Schiufs 
sehen. Verfassung von Solon ab beherrscht. Nachrichten, 
welche dem zu widersprechen scheinen, können nicht 
richtig sein : in der Glanzzeit des Perikles konnte Athen 
nicht viel mehr als ein fauler Körper in glänzendem Ge- 
wände sein ; die Griechen haben für diesen Zustand den 
Ausdruck vnovlog, und Piaton gebraucht ihn gerade von 
Athen (Gorg.518e): o%i de oiöel noXig) y.al vnovlög 
Ion öl fauivovQ Tovg 7iafoxiovg, ovx aio&dvovrcu. Aristo- 
teles wird geradezu ungerecht in der Darstellung dieser 
Zeit. Er hat kein Wort für die äufsere Machtentfaltung 
des Staates, für die Blüte von Handel, Kunst und Wissen- 
schaft; das schweigt er tot, um nur die Züge zu bringen, 
w r elche zu seiner Theorie sich fügen. Es ist dies eine 
Quellenbenutzung, welche man verurteilen mufs, auch 
wenn man sie aus dem Sinne des Aristoteles verständ- 
lich finden mag. Ich bin überzeugt, dafs Aristoteles 
die Überlieferung kannte, nach welcher Perikles und 
Ephialtes gemeinsame Sache gegen den Areopag mach- 
ten ; er wählt aber eine andere Überlieferung, in welcher 
statt des Perikles, der sonst schon genug diskreditiert war, 
Themistokles als Genosse des Ephialtes genannt wurde. 
Aristoteles hatte diesem Demokraten eigentlich noch 
nichts angehängt, was zu einer Verurteilung berechtigt 
hätte; die Nachricht, nach welcher Themistokles am 
Sturz des Areopags und zwar aus selbstsüchtigen Ab- 
sichten mitwirkte, konnte er gerade gut zur Be- 
gründung seines allgemeinen Urteils über die Demo- 
kraten auch am Themistokles gebrauchen, und so 
folgt er dieser Nachricht. Es ist hier nicht mehr der 
Raum, auszuführen, in wie berechneter Weise Aristo- 
teles, was er an Atthidennachrichten aus der Zeit von 
508 bis 450 giebt, für den Beweis seiner Auffassung 
von der inneren Entwicklung des athenischen Staates 

15* 



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— 228 - 



Schiui« ausgewählt hat, ausgewählt aus einer im allgemeinen 
treuen Überlieferung. Was soll man nun bei diesem 
Thatbestande über den Historiker Aristoteles urteilen? 
Um gerecht zu sein, mufs man sich gegenwärtig halten, 
dafs der antike Historiker seine Quellen anders be- 
nutzt als der moderne, und Aristoteles ist ein antiker 
Historiker. Der moderne würdigt eine Quelle als 
ganzes und reguliert danach ihre Benutzung auch 
im einzelnen. Jener pflegte, wenn er verständig wie 
Aristoteles arbeitete, die einzelne Nachricht auf ihre 
Gewähr hin zu prüfen. Die innere Wahrscheinlichkeit 
der Nachricht, ihr Verhältnis zu äufseren Indizien oder 
anderweitiger Überlieferung gaben die Kriterien ab, 
besonders aber die Vorstellung, welche der Schrift- 
steller von dem Gegenstande seiner Darstellung hatte, 
und der Grundgedanke, welchen er bei seiner Schrift 
durchführen wollte. Diese Durchfuhrung eines Grund- 
gedankens bedarf einer Entschuldigung vom histo- 
rischen Standpunkte nicht; ihn mufs jeder wirkliche 
Historiker haben, denn er ist die Seele seiner Dar- 
stellung; anderenfalls ist der Schriftsteller nur ein 
Annalist. Rechten mufs man aber über das Mafs des 
Einflusses, den der Historiker seiner Tendenz auf die 
Darstellung und Mitteilung von Thatsachen einräumen 
darf; und hierin scheint mir Aristoteles entschieden 
zu weit gegangen zu sein. Die Objektivität, die der 
Historiker vor den subjektiven Elementen seiner Grund- 
anschauung immer wahren mufs, «um gerecht in seinen 
Urteilen zu bleiben, vermifst man bei ihm an mehr 
als einer Stelle. Man hat aber kein Recht über den 
Historiker Aristoteles nach der einen uns zufällig vor- 
liegenden Schrift den Stab zu brechen. Im übrigen 
ist es nur zu erklärlich, dafs der Historiker mit dem 
Philosophen Aristoteles den Vergleich nicht aushält. 



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- 229 — 



Gerade was dieses Stärke ist, war dazu angethan, die schiuis 
Schwäche jenes hervorzurufen. Dieser Umstand stellt 
sich zu den früher (S. 168 ff.) angedeuteten Gründen, 
aus welchen die Autorität der Angaben des Aristoteles 
da in Zweifel gezogen werden kann, wo er selbst 
historisch überliefertes Material verarbeitet. Des Ari- 
stoteles Urteil bindet uns nicht, besonders nicht seine 
Beurteilung der solonischen Verfassung und ihrer 
Stellung in der Verfassungsgeschichte Athens. Er 
steht unter dem Eindrucke der von Selbstschätzung 
getränkten solonischen Poesie; er folgt im ganzen der 
solonfreundlichen Atthidenüberlieferung, wenn er sie 
auch oft mäfsigend korrigiert, und beiden glaubte er 
gern, weil ihm den Glauben die Theorie erleichterte, 
nach welcher er selbst ethische und politische Dinge zu 
betrachten und zu beurteilen pflegte. Man kann die 
aristotelische Auffassung der solonischen Verfassung für 
falsch halten — und ich bekenne, es auch jetzt noch 
zu thun — , aber das hindert nicht, diese Auffassung 
und die Art und Weise, in welcher sie vorgetragen 
und begründet wird, zu würdigen. 

Wenn der Philosoph Aristoteles in so bedeutender öko £ omie 
Weise für und mit dem Historiker Aristoteles an der ÄO i. 
inneren Gestaltung des Stoffes arbeitete, so kann es 
nicht Wunder nehmen, wenn er in gewisser Beziehung 
auch an der äufseren Gestaltung Anteil hat. Ganz Der s y 8t °- 
deutlich liegt das in der Disposition des systematischen Teil 
Teiles der noX. 'u4.&r\v. vor Augen. Aristoteles erkennt 
bekanntlich drei jede Verfassung charakterisierende 
Faktoren an: die beratenden Körperschaften, die aus- 
fuhrenden Beamten und die Zuteilung wie Ausübung 
der Rechtspflege 1 ). So umfafst Kap. 43—49 die Bulc 



*) Polit. 1297 b 36 eari rgta fxoQta tuv nokiTi'uv na- 



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- 230 — 

Schiufs mit der Ekklesie, Kap. 50 — 62 die Beamten; mit 
Kap. 63 begann das dinaCov, welches für uns z. t 
verloren gegangen ist. Besonders scharf ist der Ab- 
schlufs des zweiten Abschnittes markiert durch das 
die allgemeinen Bestimmungen für die Beamten zu- 
sammenfassende 62. Kapitel. Auch der erste Abschnitt 
wird durch die Eingangsworte von Kap. 50 deutlich 
abgeschlossen allein der Verfasser hat aus Rücksicht 
auf ein leichteres Verständnis des Zusammenwirkens 
der staatlichen Organe schon einige Ämter im ersten 
Abschnitte behandelt, welche doch dem zweiten an- 
gehörten. Ob diese Inconsequenz stehen geblieben 
wäre, wenn Aristoteles das Buch vollendet hätte, ist 
mir zweifelhaft. In der Überlieferung 2 ) erkennt man 



otur . . . (ort #i twv rpttuv xovrtov £V plv r£ ro ßovlcvopevov 
tuqI rtov xoivtuv, öfvrtoov ro nfql tag dg/ttg . . . tq(tov 6h 
ro fitxatov. 

') tk ulv ovv inb rrjg ßovlijg Jtoixovuiv« tkvt* (ar(v. 

2 ) Die naturgemäfse Reihenfolge wäre Kap. 45. 49 (bis 
p. 54, 28), dann 46. 47. 48. 49 p. 55, 2—3. 50. So schlösse sieh 
iSuxiuuCfi p. 53, 22, txQivtv p. 54, 19, JoxtuaCti p. 54, 24 an xofvei 
p. 50, 11, JoxtjudCfi p. 50, 17 und ^rw'fft p. 51, 2 an. Mit 
Kap. 46 erfolgt der Übergang von der Thätigkeit der Bule, 
in welcher sie ohne Hilfe der Beamten wirkt, zu der, in wel- 
cher sie mit diesen zusammenarbeitet; daher Kap. 47 ovvdtoi- 
xtT dl xitl T«ig aXXatg KQ^atg r« nXtinru. Der Teil schlofs 
mit den in der vorhergehenden Anmerkung ;ausgesehri ebenen 
Worten. Die gleichen Worte im Eingang von Kap. 47 (p. 51, 5) 
und am Schlüsse von Kap. 49 (p. 55, 2) verraten noch deutlich 
die Stelle, an welcher abgeschnitten und eingeschoben wurde. 
Der Übergang ovvötoixti ist an der ersten, der ursprünglichen 
Stelle noch stehen geblieben. Die Schedenarbeit verrät auch 
die Notiz xttl ittfjittg tatlv avroTg xXrjQojTog sowohl durch ihre 
Zueammenhangfdosigkcit wie durch den Plural avrotg; von der 
ßovXtj ist in den durchgearbeiteten Partieen immer nur im 
Singular die Rede; sonst steht ausdrücklich ßovXevTui (p. 54, 16). 



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— 231 - 



noch das Schwanken des Verfassers, ob er die syste- Schiuis 
matische Disposition zu Gunsten des leichteren Ver- 
ständnisses seitens des Lesers durchbrechen sollte. 
Aber der Anteil des Philosophen an der äufeeren 
Gestaltung des Buches reicht noch weiter. 

Philosophische Betrachtung sucht den Ursprung der De ^* to " 
Erscheinungen, die philosophische Betrachtung der De- Teil: 
struktion des athenischen Staates also die Veranlassung, **® r 

Schiufs 

die aizia der Decadenz. Hat sie diese gefunden, so 
bietet ihr die davon ausgehende Entwicklung keine 
wesentlich neuen Punkte; denn diese ist nur die Kon- 
sequenz des erkannten, weiter wirkenden Urübels. Dieses 
Urübel hat Aristoteles im Einklänge mit anderen in 
der Seemachtpolitik und dem Demagogentum der 
zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts gefunden. Die 
Entwicklung der Dinge des 4. Jahrhunderts ist ihm 
also bedingt durch die Richtung, in die das athenische 
Staatsleben am Ende des vorhergehenden Jahrhunderts 
gelenkt worden ist; es geht nur je länger desto mehr 
bergab 1 ). Thatsachen brachte der Zeitraum von 400 

1 ) Kap. 41 p. 45, 9 titayeytvrjTcu fifyw T *)S v $ v nnoa- 
entXaußavovaa t<>5 nlrj&u rrjv tEovofttv. Den Beweis dafür, 
wenigstens für den Satz xccl ai Trjs ßovXfjg xQioets rhv J^uov 
nr)lv9rtaiv, erbringt der zweite Teil, Kap. 45 p. 49, 23 £; 50, 
18 ff. Kap. 49 p. 54, 20. Im übrigen ist die Angabe in dieser 
Allgemeinheit falsch. Falsch ist auch die allgemeine Angabe, 
p. 50, 6, dafs der Bule das tf«f* genommen sei; sie steht im 
Widerspruch sogar mit den Worten der nol. 'A&r\v. selbst: 
p. 52, 24 xal dtjOtu xvq(cc xuia toi? voijovq (an'v. Man sieht, 
hier hat Aristoteles zunächst seine historische Quelle ausge- 
schrieben und dann durch die — aus eigenem Wissen oder nach 
einer anderen Quelle gegebene — systematische Darstellung einen 
Widerspruch mit dem aus der ersteren Quelle Geschöpften in 
seinen Bericht über die Kompetenzen der Bule hineingebracht. 
Der zweite Teil zeigt nämlich m. £. Benutzung schriftlicher 
Quellen so gut wie der erste. Ich kann mir wenigstens folgendes 



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— 232 — 



Sohiufs bis 330 genug, welche die einzelnen Entwicklungs- 
phasen in dieser Epoche abgrenzten und dasselbe Recht, 
wenn nicht besseres, auf Erwähnung gehabt hätten 
wie die z. B. im 22. und 26. Kapitel erwähnten Ver- 

nur unter dieser Bedingung erklären. Die fyuijvoi 3(xm zählt 
Aristoteles auf und weist sie ausdrücklich den Eisagogeis zu 
(p. 56, 24 ff.); nur die Apodektcn leiten noch sehr begreiflicher- 
weise gegen die Zollpächter den beschleunigten Rechtsgang. 
Unter den f/z^ro* sind die tynoQixcti nicht mit aufgezählt; 
diese stehen bei den Thesmotheten (p. 67, 5), welche nach Ari- 
stoteles keine (fjuijvot führen. Also behauptet Aristoteles an 
zwei Stellen, dafs die fßinoQixni zu seiner Zeit nicht zu den 
fuu^ruf gehören. Das ist aber falsch, denn Hegesipp. n. *AXov. 
12 nennt sie im Jahre 342 ausdrücklich als solche (xarä fjijva). 
Nun könnte man sagen, dafs Aristoteles' Worte nicht in der 
Weise zu pressen seien, dafs die 3(xai, welche er bei den 
eu^vot fortläfst, auch nicht als solche anzusehen seien. Allein 
dann hätten wir — ganz abgesehen davon, dafs die beiden 
Aristotelesstellen sich gegenseitig stützen — ein so sonder- 
bares Zusammentreffen mit Aristoteles' Angabe und einem 
früheren Rechtszustande zu konstatieren, wie ich es dem Zu- 
fall nicht zuschreiben kann. Die hmoi>ixa( waren nämlich 
im Anfang des 4. Jahrb., wie aus Lys. XVII 5. 8 (aus dem 
J. 397: Blafs, AU. Bcreds. I 2 616) folgt, nicht tfxurirot, und 
sie gehörten vor die damals noch existierenden Nautodiken. 
Als diese Behörde aufgehoben wurde, überwies man diese Pro- 
zesse den Thesmotheten. Dafs damit ihre Verwandlung in 
fuuijro* zusammenhängt (Meier-Schömann-Lipsius A. P. S. 97), 
ist durch nichts zu beweisen, ja nach dem Charakter und dem 
Umfang der Thätigkeit der Thesmotheten unwahrscheinlich. 
Des Aristoteles Angabe stellt einen Zustand der Behandlung 
der iuTTOQixai vor dem Jahre 342 dar, wie er sich naturgemäfs 
aus dem Anfange des 4. Jahrhunderts, wo die IfinoQixai noch 
nicht (ujmivoi waren, entwickelte. Also war die von ihm an 
dieser Stelle benutzte Quelle vor 342 geschrieben. Dafs Aristo- 
teles sich auch für den 2. Teil aus Büchern Rat holte, wird 
im Princip ja wohl zugeben, wer das angeführte Beispiel auch 
nicht anerkennen sollte. Auch die o. S. 52 besprochenen Stellen 
des systematischen Teiles führen z. T. auf die vorstehende 
Annahme. 



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— 233 — 



fassungsänderungen. Aber das wissenschaftliche und Schiurs 
pathologische Interesse, welches dem Philosophen die 
Ursachen der Entstehung und Ausbildung der Krank- 
heit des athenischen Staatslebens erregen mufsten, er- 
lischt, wo, wie es mit dem Beginn des 4. Jahrhunderts 
geschah, die notwendigen Konsequenzen der Krankheit 
eintreten. Aristoteles schliefst daher den historischen 
Teil seines Buches mit dem Schlüsse des 5. Jahr- 
hunderts. So hat ihm die philosophische Betrachtung 
des Verlaufes der Dinge den Abschlufs des historischen 
Teiles der noX. l4#t)v. an die Hand gegeben. 

Die Entwicklung des athenischen Staatslebens von die Mitte 
Solon ab hat nach Aristoteles' Darstellung zunächst 
eine gewisse Stabilität. Die Tyrannis kann noch ge- 
lobt werden; Kleisthenes rüttelt zwar etwas an dem, 
Stande der Dinge, doch die Reaktion nach den Perser- 
kriegen führt wieder nach oben; Athen ist auch zu 
dieser Zeit gut geleitet. Allein schon hat eine Krank- 
heit den Staatskörper erfafst, die Seemachtpolitik; sie 
zerstört ihn zwar noch nicht, disponiert ihn aber für 
eine schlimmere, das Demagogentum. Diese kann sich 
nicht entwickeln, so lange die 'Gemeinen' noch von 
der Leitung des Staates fern bleiben. Mit Perikles' 
Tode erfafst die schlimmere Krankheit den schon in- 
ficierten Staatskörper; jetzt geht es mit ihm bergab. 
An diesen Schnittpunkt ist das Kapitel gesetzt, in 
welchem die leitenden athenischen Staatsmänner von 
Solon bis auf Theratnenes einer Kritik unterzogen 
werden (Kap. 28). Wie Aristoteles da, wo die Krank- 
heit den Körper so erfafst hat, dafs der Collapsus ein- 
tritt, mit der historischen Darstellung abbricht, so 
u n t e r bricht er sie da, wo die Krankheit, welche zum 
Ende führt, beginnt, um hier die Diagnose zu stellen : die 
erhaltende fieaot^g der iniEixeig herrscht nicht mehr im 



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— 234 — 



Schiufs Staatskörper, ein zerstörendes Extrem gewann in ihm 
die Oberhand, das Demagogentum. Und nun charakte- 
risiert er die Krankheitserreger selbst, die Demagogen, 
als Feinde der peooirjg. Der Philosoph hat an der 
Fixierung der Krise seinen Anteil, 
der grois der Verlust am Anfang der nol. !A&r)v. 

ist, kann nicht ausgemacht werden; denn wenn man 
auch wissen und vermuten kann, was darin gestanden 
hat oder gestanden haben mag, so bleibt doch der uns 
unbekannte Grad der Ausführlichkeit der Darstellung 
der incommensurable Faktor bei der Berechnung. 
Jedenfalls wenig ist im Anfange nicht verloren; aber 
trotz seines mutmafslich bedeutenderen Umfanges scheint 
der Eingang nichts über die Staatsverfassung zur 
Königszeit enthalten zu haben aufser den Angaben über 
die Einteilung nach Phylen, Phratrieen, Geschlecht rn 
und den theseischen Synoikismos. Das waren Angaben, 
welche bei der von Aristoteles gewählten Periodisierung 
der athenischen Verfassungsgeschichte nicht zu ver- 
meiden waren. Aber sonst enthält der auf uns ge- 
kommene Teil des Buches das, was Aristoteles über 
die Verfassung, d. h. die Beamten und ihre Kom- 
petenzen in der Königszeit als Thatsachen berichten 
wollte. Warum bringt er die Schilderung der socialen 
Zustände der älteren Zeit erst nach der Erzählung 
des kylonischen Attentates, wo sie doch in frühere 
Tage hineinreichen? Warum hatte er von der Ein- 
setzung des Polemarchen nicht in der Königsgeschichte 
gesprochen? Weshalb erzählt er die Einsetzung des 
Archonten nicht in dem Bericht über die Kodriden 
(p. 2, 7), von denen in der verlorenen Geschichte nach 
Ausweis des Herakleidesexcerptes (§ 8) sicher die Rede 
war? Was bewog ihn endlich, die Schilderung der 
socialen Lage sowie die des älteren Verfassungs- 



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- 235 - 



zustandes und der drakontischen Konstitution auf ein schiuf« 
paar Columnen vor der Darstellung der solonischen 
Verfassung zusammenzudrängen ? Die grofse Masse der 
Athener hat wohl zur Zeit des Aristoteles geglaubt, 
dals der Verfassungszustand, unter welchem sie lebten, 
im wesentlichen der von Solon gegebene sei. .Aristo- 
teles war als Philosoph gewöhnt, die Dinge als im 
Flusse befindlich zu betrachten. Er konnte die Ver- 
fassung Athens seiner Zeit nicht für etwas seit Solon 
annähernd Stabiles halten; sie war ihm, wie jedes 
andere, ein historisch Gewordenes. Der historische 
Teil seines Buches zeigt, wie aus der solonischen Ord- 
nung die Verfassung vom Ende des 4. Jahrhunderts 
sich entwickelte; er giebt nach des Aristoteles Absicht 
die genetische Erklärung für den systematischen *). Wer 
in diesem Sinne eine noXixüa L4ihp>ai(ov schrieb, 
konnte nur die Entwicklung der Verfassung darstellen, 
welche als die eigentlich athenische galt, der Demo- 
kratie. Diese knüpfte die Auffassung der Antike an 
Solon ; die TzarQiog noUxüa If&rjvaiwv war die solo- 
nische. Von ihr beginnt also in Wahrheit erst die 
Geschichte der eigentlichen noXixeia 'A^Tqvaibiv. Hier- 
mit war der Anfang der historischen Darstellung ge- 
geben. 

Aber auch die solonische Verfassung konnte 
für den Philosophen und philosophisch denkenden 
Historiker keine Offenbarung sein, auch sie war 
etwas historisch Gewordenes. Die grösstenteils my- 
thische Königsgeschichte liefs eine genetische Dar- 
stellung nicht zu. Wenn es galt, die Entstehung 



') Dafs aufser dieser inneren Zusammengehörigkeit der 
beiden Teile aueh eine mehr äufsere Ineinanderfflgung besteht, 
zeigt das im Anfang der vorhergehenden Anm. Beobachtete. 



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- 236 — 

Schlatt der ncciQLog noXixua der Athener zu erklären, so 
konnte es fast nur so geschehen, wie Aristoteles es 
gethan hat. Ich habe im Eingang gesagt, die Kapitel 
2—4 bildeten zunächst die Folie, auf der sich die 
Darstellung der solonischen Verfassung abhübe; jetzt 
mufs as heifsen, sie sollen die Zustände socialer und 
politischer Art vor Solon zusammenfassen, um zu er- 
kennen zu geben, aus welchen inneren Ursachen die 
Verfassung, deren Geschichte der eigentliche Gegen- 
stand des Buches ist, entsprang. Sie bezeichnen die 
Aufgaben, welche Solon gestellt waren, und die er ge- 
löst hat. Der Eingang des ersten Kapitels Uber Solon 
rekapituliert die vorhergehende Einzeldarstellung scharf ; 
der Schriftsteller spannt förmlich: wer ist der Heiland 
aus diesem Elend? l So war das Staatswesen geordnet, 
und dazu frohndete die grofse Menge den wenigen 
Reichen : das trieb das Volk zur Empörung gegen die 
Vornehmen. Der Kampf war hartnäckig, und lange 
kam es zu keiner Einigung; endlich fand man sich, 
und beide Parteien wählten zum Schiedsrichter und 
Archonten Solon und legten das Staatswesen in seine 
Hände. 1 Wird Solon nun den Staat vor dem Unter- 
gange im Bürgerzwist retten? und wie wird er eine 
Ordnung der Dinge finden, welche die Wiederkehr 
der früheren Zustände verhindert? Diese Fragen, die 
der Eingangssatz des Abschnittes über Solon stellt, 
beantwortet der Schlufssatz. 'Er ergab sich keiner 
von beiden Parteien, sondern widersetzte sich beiden. 
So verfeindete sich der Mann, der doch, gestützt auf 
welche Partei er wollte, Alleinherrscher hätte werden 
können, lieber mit beiden Parteien : dadurch ist er der 
Retter seines Vaterlandes geworden und hat die beste 
Verfassung gegeben.* 

So hat Aristoteles die solonische Verfassung in 



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- 237 - 



den Anfang der eigentlichen Geschichte der athenischen schiuis 
Verfassung gerückt, und was vorherging, erscheint wie 
eine vorbereitende Einleitung. Indem er ihr diese 
Stellung giebt, stellt sich ihm das ganze athenische 
Staatsleben in einer einzigen grofsen Entwicklung dar. 
Der Philosoph und Historiker ist befriedigt: mit 
einem Blicke, von einem Standpunkte aus über- 
schaut er die Geschichte von fast drei Jahrhunderten. 

War aber das Buch, welches der Gelehrte — in Prak- 
ihm einigen sich der Philosoph und Historiker — zweck-der 
schrieb, auch wieder nur für Gelehrte und für die *oi. 
Wissenschaft geschrieben, oder hat der Gelehrte Ari- 
stoteles einem anderen Aristoteles, der auf weitere 
Kreise wirken wollte, den Stoff ftir einen praktischen 
Zweck bereitet? Das Buch war zur Veröffentlichung 
bestimmt. Die Frage nach seiner Tendenz war natür- 
licherweise eine der ersten, die man aufwarf. Sie ist 
bekanntlich sehr verschieden beantwortet worden; Ma- 
kedonien und des Aristoteles' Verhältnis zu Alexander 
spielen fast durchgängig in den Lösungen eine Rolle. 
Ich kann nicht die geringste Spur davon in dem Buche 
finden, dafs Aristoteles, der Makedone und Lehrer Alexan- 
ders, sein Verfasser ist. Der Verfasser der nol. l4&r)v. 
steht ganz auf dem Standpunkte der aristotelischen 
Staatsphilosophie, und alle seine Urteile sind von ihr 
aus verständlich ; sie aber ist selbst wieder ein dem Gan- 
zen wesensgleicher Teil der seitdem Ende des 5. Jahrhun- 
derts in Athen gewordenen und das folgende Jahrhundert 
durchlebenden theoretischen Betrachtung des griechi- 
schen Staatslebens. Die Beurteilung, welche Aristoteles 
den Ursachen des Niederganges des athenischen Staates 
zuteil werden läfst, deckt sich mit der Kritik, welche Piaton 
im 'Gorgias' und in den 'Gesetzen' geübt hat, und mit 
dem, waslsokratesim 'Areopagitikos' und 'Symmachikos* 



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- 238 — 



Schiuis geschrieben hat, um das verseuchte, hinsiechende poli- 
tische Leben seines Vaterlandes zu retten. Wenn denn 
Aristoteles einen praktischen Zweck bei der Abfassung 
der nol. l4&r { v. verfolgt haben soll, so kann ich keinen 
anderen sehen als den, der Isokrates vorschwebte; 
denn mit der inneren Gleichartigkeit, mit der Gleich- 
artigkeit des Urteils -im ganzen wie im einzelnen ist 
die Gleichartigkeit der Tendenz gegeben. Wenn denn 
Aristoteles einen praktischen Zweck hatte, dann wollte 
er den Athenern seiner Zeit zeigen, dafs der Ent- 
wicklungsgang ihres Staatslebens der Weg zum Ende 
war, dafs ihr Staat schon über dem Abgrund schwebe, 
und wollte ihnen weisen, wo die Rettung lag: in der 
Rückkehr zu der Verfassung, welche sie selbst die 
Tcdigiog Ttokixüa hiefsen. Dann hat er ihnen zeigen 
wollen, wo der Ursprung des Übels lag, hat sie durch 
sein Urteil über die Seemachtpolitik und das Demagogen- 
tum zum Vergleich mahnen wollen mit der eigenen 
Zeit, welche Theorikengesetz, Flottenreform, Arsenal- 
bauten und die Miinner alle der Tribüne von Demo- 
sthenes herab bis auf Demades sah, auf dafs sie ein- 
sähen und lernten, dafs eine Rettung nimmer möglich 
sei, wenn sie nicht auf anderem Grunde die Macht 
des Staates bauen und anderen Leitern folgen wollten. 
Dann hat er ihnen zeigen wollen, dafs das social istische 
Ideal dieser extremen Demokratie das falsche sei, weil 
es den Begriff der bürgerlichen Gleichheit geftllscht 
habe: es ist nicht wahr, dafs der Staat der beste ist, 
in welchem absolute Gleichheit herrscht. Die wahre 
Gleichheit ist eine andere, und sie liegt nicht bei den 
Extremen : 'wenn denn der Staat aus gleichen und mög- 
lichst ähnlichen Elementen bestehen will, so findet er 
solche vor allem bei den piooC (Polit. 1295 b 25). Und 
Solon, der Schöpfer ihrer Verfassung, hatte es gesagt, 



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i 

- 239 — 

dafs es falsch sei Y.axöioiv ia&lovg lao^oigLav i'%eiv. Schiurs 
Kurz, dann riefe er ihnen zu : c ihr glaubt es und thut 
so, als ob ihr noch in der von Solon geschaffenen Ver- 
fassung lebt. Seht selbst, was eures Solon Verfassung 
war, was daraus bis zu dieser Zeit geworden und wo- 
durch es so geworden ist. Das einzige Heil, welches 
es noch giebt, liegt in der Verfassung, deren Zer- 
störung zu dem Elend von heute geführt hat 1 . Dann 
würde er eben sprechen wie Isokrates im l Areopagitikos\ 
Dafs er sich nicht ganz mit diesem deckt, sondern 
auch da, wo er mit schwarzen Farben malt, ein Wort 
der Anerkennung findet, wenn er von einer Institution 
zu sprechen hat, welche zu seinen philosophischen An- 
schauungen stimmt *), kann nicht verwundern. Er ist 
kein Rhetor, dem die Farbe nie grell genug ist, wenn 
sie darum auch unwahr wird ; er ist auch kein Athener. 
Man mag wohl annehmen, dafs dem Schüler des Piaton 
und dem Menschen, der die schönen Jahre des Lernens 
im Angesichte der Akropolis verbrachte, etwas mehr 
für Athen im Herzen schlug als anderen Fremdlingen auf 
attischem Boden : wie ein Athener den Schmerz um das 
unrettbare Vaterland fühlen, das konnte ein Fremdling 
doch nicht. Solche Töne des Unmutes, wie sie Isokrates 
entströmen, ein Zorn, wie der des jungen Piaton, eine 
schmerzliche Resignation, wie die des gealterten, stehen 
ihm nicht zu. Das Herz dieses Menschen ist nie so 



J ) Ich denke an die von Cauer so mifsbrauchte Stelle 
p. 4o, 14 xal tovto doxoöoip nouiv og&wg xri. : Polit. 1281 a 
39 ff. ; 1286 a 31 f. Es möchte in diesem Zusammenhange auch 
zu bemerken sein, dafs Aristoteles von der Haltlosigkeit der 
übrigen, namentlich der akademischen Philosophie frei ist, 
welche aus der abfalligen Kritik der athenischen Verfassung 
sofort in das entgegengesetzte Extrem, die Lakonomanie, ge- 
trieben ward. 



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i 

- 240 - 

Schiufs sehr beteiligt, dafs der Verstand des Philosophen nicht 
klar bliebe. Das würde dem Aristoteles gut anstehen, 
denn es ist wirklich sein eigenes Wesen. Wenn denn 
also Aristoteles einen praktischen Zweck bei der Ab- 
fassung der Schrift vom Staatswesen der Athener ge- 
habt hätte, so könnte er nur als q>tXai>yvaiog und nicht 
als (pilaU^avÖQog geschrieben haben, und der leiden- 
schaftslose Ton des Buches würde nicht gegen diesen 
Zweck sprechen. 

Aber was die Athener Piaton und Isokrates wagen 
durften, durfte das der Fremdling, dem sich die sonst 
so gastfreien Thore Athens nur wieder öffneten, als 
sein Beschützer sie erbrochen hatte, und wieder schlössen, 
als man den Mächtigen nicht mehr fürchtete? Und 
gesetzt, er hätte es gedurft: darf man es dem Fremd- 
linge zutrauen, dafs er zur Rettung des Gemeinwesens 
hat mithelfen wollen, dessen Verfassungsgeschichte 
ihm als Philosophen und Gelehrten wohl Interesse, 
Achtung, ja Bewunderung abgezwungen hatte, in dessen 
Mitte er aber das Drückende einer erzwungenen Gast- 
freundschaft empfinden mufste? Doch lassen wir diese 
äufseren Überlegungen : wie soll man sich denken, dafs 
dieses Buch mit seiner fortlaufenden Polemik gegen 
Thukydides, Herodot, Androtion und andere Atthido- 
graphen, gegen Piaton und Isokrates zu einem poli- 
tischen Zwecke gleich dem 'Areopagitikos' bestimmt 
gewesen wäre? Und wenn Aristoteles trotz alledem 
die Verfassungsgeschichte Athens zu solchem Zwecke 
geschrieben haben soll, wie steht dann die Darstellung 
der athenischen Verfassung in der Reihe der Dar- 
stellungen der übrigen griechischen Staatsverfassungen, 
als deren Glied, wenn auch gewifs als das vornehmste, 
wir sie doch zunächst betrachten müssen ? Hat die 7ro- 
liTBia 'A^vaiwv nicht doch nur der Gelehrte im 



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— 241 — 



Dienste der Wissenschaft geschrieben? Und wie kennen sohiuis 
wir Aristoteles, welcher ist der echte: Aristoteles der 
athenische Publicist oder Aristoteles der Mann der 
Wissenschaft? 

Es ist schade, dafs ich mit einer Frage schliefsen 
mnfste, welche eigentlich keine ist. Mir wär's lieber 
gewesen, es wäre eine wirkliche Frage, eine solche 
gewesen, an deren Beantwortung man auf je ver- 
zweifeln zu sollen glaubt; denn so käme, mag ich 
auch hier und da eine Lösung sehen zu können meinen, 
mein Standpunkt dem neuen Buche gegenüber zu 
richtigerem Ausdrucke. Ich glaube und hoffe, dafs es 
bei anderen ebenso bestellt ist: je genauer man das 
Buch kennen lernt, je mehr man Verständnis und Er- 
kennen ihm abzuringen sich müht, desto mehr Zweifel 
und Fragen steigen von allen Seiten auf. Das ist 
der Segen, den es gebracht hat. 



Keil, Aristoteles. 16 



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Register, 



Aischines, derSokratiker, neues 

Fragment 218, 2. 
Ammonias, Schiff, 14VI. 
Amterbesetzung in Athen nach 

Aristoteles 113 ff. 
Andokides I 22 ff. 110 f. 
Androtion: Atthis 191 f. und 
nol. U&r)v. 45 f. 49 f. IM ff. 
168. 121 f. 190 ff. 
Anmerkungen, antike, 128 ff. 
Anthemion 62. 
Arehestratos o4j L 
Areopag: bei Isokrates 100 f., 
in der nol. U*rp. 101 ff., 
Sturz des A. 120, L 
Aristeides, Staatsmann, 214» 219 
Aristides, Aelius, 
or.XLVp.20Dd. 218. 2 
XLVI p. 161 192 Anm. 
p. 317 198 Anm. 
p. 360 196 f. Anm. 
XLIX p. 5:36 ff. 192 Anm. 
Aristoteles 
[JolirtUt ^Aürivtttoiv: Quellen 
200 f. Oligarchische Quelle 
48. Schriftliche Quellen 
des 2- Teiles 23L lj vgl. 
Androtion, Atthidenüber- 



lieferung, Herodot, Iso- 
krates, Plutarch, Thuky- 
dides, Xenophon. — Quel- 
lenkritik und Quellenbe- 
nutzung des Ari8tot. 5_L 
186. 205j L 22L — For- 
schungsart und Autorität 
des A. 168 ff. 201 f. 228 f. 
— Philosophischer Stand- 
punkt des Verf. 204 ff. 215 
ff. 226j vgl. Solon. Ten- 
denz ^2 ff. 

Ökonomie des Stoffes 
229 ff. Der verlorene Ein- 
gang 234, seit wann ver- 
loren 196 f. — Der L im 
Verhältnis zum 2, Teil 
235. Der L und 2. Teil 
gefugt 231^ L Dispo- 
sition des 2. Teiles 229 f. 
Der 2. Teil ungeordnet - 
231, L — IIol. l49rjv. un- 
fertig 50 ff. 196. 230, 2. 
231, L — Zur Datierung 
148 ff. — Bis wann gelesen 
196 ff. 

Sprache l ffi* Ausdruck 
der Polemik 153. Stilisti- 



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- 243 - 



sehes 6L 153. 1SL Periodik 
12 f. — Hiate 195. L — 
Rhythmik 18 ff.: Klauseln 
19—28, mit laugen End- 
silben 19 ff., mit kurzen 
Endsilben 24 ff. Perioden- 
eingänge 28—32. Rhyth- 
mik nicht im Satzinucrn 
32 ff., überhaupt nicht ge- 
wollt 35. Paeone 33* He- 
xameter 22. Iambi scher 
Trimeter 34. 

Textgeschichtliches 19ß 
ff. 200. 



c. 2 p. 1, 13 


lö. L 


c. 3 p. 2, 22 


103 Anm. 


p. 3, 10 


102 


c* 4 echt 


<Ü> f. 98, L 




202. 


p. 3, 23 


115 Anm. 


p. 3, 28 


98, 1 


p. 4, 5 


97, 1 


p.4, 13 ff. 


15, 2 


c. 5 


23fi 


P . 4, ia ff. 


38 


p. 5. 10 


4 z.d.St.; 




42, 2 


«. ß p. 5, 12 


46 


p. 5, 22 


197f.Auin. 


c.2p.6J1-17 


55 ff. 


p. 6, 18 


ßQ f. 


p. 6, 2D 


62, 1 


p. L 2 


ßß f. 


p. L 14 


68-76 


c. 8 p. L 2fi ff. 


28 ff. 


p. 8, 18 ff 


32 f. 


c. fl p. 9, 2 


8 z. d. St. 


p. 9, 8 


8 z. d. St. 




15* 


c 10 p. 9, 18 


Ö z. d. St. 


p. 9, 20 


166 



p. 9, 20 


162 


p. 9, 21 


166 f. 


c. 11 p. 10, 4 


10 z. d. St. 


p. 10, 6 


10 z. d. St. 


c. 12 


181 ff 


p. IL 22 


12 z. d. St. 


c. 14 p. 14, 10 


24 


c. 15 p. 15, 13 


83, 1 


e. Iß 


82 f. 


c. 18 p. 19, LZ ff. 


179 


c. 20 p. 22, 2 


51 


p.22, 21 




c. 22 


5L 20a f. 


c. 23 


20fi f. 214 


p.25, 22 


206 f. 


p.26, 1 


2iüi f. 


c. 24 


20fi f. 


c. 25 


5L 213 f. 


c. 22 


211 ff. 


c. 28 


205f.223f. 




233 


c. 29—39 


201 


c,33p.3L 8ff. 


•Ab 


c. 40 


208 f. 


c. 41 p. 45, 5 


212 


c. 45 p. 50, ß 


231, 1 


c. 42 p. Iii a 


6^-76 


c. 52 p. 56, 24 


232 Anm. 


c. 53 p. 57, 10 


52 


c.55 p. 61. 25 ff. 


55 ff. 


c 52 p. 65, 13 


102 


c. 59 p. 67, 5 


232 Anm. 


p.67, 6 f. 


52 


p.67, 10 ff 


52 


c. 63 p. 68, 23 ff. 


52 


Frg. 385 R 3 


64, 2 


461 


223, 1 



Vgl. Aristides, Isokrates, 
Piaton, Pollux. 



Politika: Abfassungszeit 122 
ff. Herausgabe 222 A. Po- 
16* 



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- 244 — 



lit. und floi. '^&T,r. 16, L 


120 ff. 121- 




p. 1272 b 20 


HL 


p. 1296 a 38 


225 


p. 1300 b 3 


114. 1 


p. 1306 b 9 


22 


p. 1308 a 35 


16 


p. 1327 b 23 


131 


Eth. Nikorn. 




p. 1160 b 1 ft 


134 ff. 


p. 11*1 a m ff. 


145 ff. 



Athen Metropolis von Ionien 
39, L 

Atthidenüberlieferung und die 
TIoX. U&nv. 93. 154. 122. 185. 
200. 



Bekkieri) Anfecdota) 345, 21 
75, 1 

Qorpus) Knscriptionum) A(tti- 
earum) 

II 742 62 
IV 1 22 a 54, 1 

Delphinion, Gerichtshof, um- 
gestaltet HL 

Demagogentum im Urteile der 
Philosophie 212 ff. 

Didymos 59 f. 

Diotogenes, Pythagoreer, lfiü 
Anm. 

Drakontische Verfassung 9fi £ 
114, L 116. Überlieferung 
202. 

'Eqd/LieQlejliQxittioloytxii) 1862, 

22 59 Anm. 
Ephetengerichte lüfi ff.; ihr 

Name 108. 
Ephialtes 213 f. 



Euthyna in Athen nach Aristot. 
118 ff. 152. 

Harpokration v. aö vvaros 25, L 
Hermippos 44. 43 f. 60. 99. 

1ÜL 122 f. 122. 185 ff. 198, L 
Herodot V 21 96. 112 Anm. 
Hiat s. Aristoteles IIoL *Afh\v. 

Invaliden- und Armengeld in 

Athen 75, 1 
Ion von Chios 198 Anm. 
Isokrates und Aristoteles 89 ff.. 



und Piaton 7^ 1 



IV 28 


159 f. Anm. 


vn 


78, 1 




81 ff. 


u. xn 


88 f. 


u. IIoUA&. 


28 ff. 


Hypoth. 


198, L 


32 


1ÖÖ f. 


39 ff. 


152 ff. 


40 


160 Anm. 


VIII 


78, 1 


54 f. 


221 Anm. 




220, 1 


xn 


222 Anm. 


130 ff. 


8ß ff. 221 




Anm. 


XV 


78, 1 


81 ff. 


124. 146 f. 


2M ff. 


LH 



Kedon 209. 
Kimon 219. 
Kleisthenes 209 f. 

Lex(icon) Patm(icum, Bull, de 
corr. hell. I 152) v. ytvvrjTai 
64, 2. 

Lykurgos : Gesetzgebung 160 ff. 
Anm. Bei Hermippos und 
Aristoteles 126. 



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— 245 - 



Lykurgos g. Leokrates 1 24 . 
lfiD Anm. 

Miltiades 2111 

Naukraren 93 ff. 

Ostrakismos bei Aristoteles 209. 

Paraios — Paralia, Schiff, 142. 

Peisiptrati(l('n,Chrt>nologie t 51 f. 

Perikles 210 ff. 

Philochoros 75, L 132. 

Phylobasileis 108 ff. 

Piaton und die llol. % A&r\v. 
158» L 188 f. 218 f.; 'Gorgias 
und IIoX. Udyv. c. 28 212. 
Vgl. Isokrates. 

Plutarch und die llol. Idihiv.: 



Solon c. 1 


182 


3 


44 


1D 


39, 1 


12 


182 


lß 


182 


LI 


40 ff. 


IS 


45 ff. 164 ff. 


m 


4L 125 ff. 


18 


155 ff. 


ia 


99 f. 


m 


105, L 12ß 


25 


55 ff. 123 ff. 


29 


182 


80 


188 


81 


183 



Vgl. Hermippos. 
Theseus c. 25 199 

3fi im Anm. 
Kimon 8 198 Anm. 



Non posse suaviter vivi c. ID. 
114 f. 

Pollux und die floL *A»nv. 64. 2. 



VIII 111 64, 2 
180 64 

IX 60 LB2 
Positio debilis 42, L 

Pry taneion, Gerichtshof, 1Ü9 ff. 

Prytancn : in der drakontischen 
Verfassung 96. Pr. der Nau- 
kraren 9fL 112 Anm. 

Pseudo-Archytas (bei Stob.flor. 
43, 1341 16Ö Anm. 

Pseudo-Aristoteles nepl ß«ai- 
Xtfas 128 ff. unecht 136 ff. 
Alter 14L Thema 133. Dis- 
position 132 f. und Aristot. 
Eth. Nik. p. 1137 a 3L 1160 
b lff. 134 f. 

Rhythmik s. Aristoteles llol. 
\4th\v. 

Richterqualifikation 212, L 
Richtersold 211 f. 

Salaminia, Schiff, 149. 
Schatzungsklassen in Athen 
68 ff. 

Scholia in Aesch. II 82 107,3, 
Scholia in Aristoph. Vesp. 684 
223, L 

Seehegemonie im Urteile der 
Philosophie 215 f. 

Seisachtheia 45. 164 ff. 

Skyros, Datum der Einnahme, 
198 Anm. * 

Solon bei Aristoteles 203 ff., 
als fjtoos 151 ff. 204. 225. 
Seine Verfassung im Urteile 
des Aristoteles 229 «odytut 
seiner Gesetze 152 ff. Seine 
Schatzungsklassen 68 und 
Münzreform 2Ü ff. 164 ff. 
Fragmente 42^ L 192 Anm. ; 



— 246 — 



Frg. 15 und IJok. AShiv. p. 
5, 4 ff. 42, L 
Strategen in der drakonischen 
Verfassung 115 Anm. 

Themistokles 214. 

Theognis' Verwendung der 

posjtio debilis 43 Anm. 
Theramenes 20."). 
Thukydides I 12fi 96, 
Tyrtaios' Verwendung der po- 

sitio debilis 43 Anm. 

Die Vierhundert des Jahres 
411 208, 

Wortschatz des attischen Dia- 
lektes im fL Jhd. 52 Anm. 

Xenophanes' Verwendung der 
positio debilis 43 Anm. 

Xenophon und die IIoL A&rjr. 
200. L 

[Xenophon] noliu(a *A&ipa(m 
215, L 



\4&r)Vt]-ATTtx6s 94. 
((xoofLtetv, axoaufn 103 Anm. 
(h (cxi tu -cctu^iu 103 Anm. 
dtaraxrttv 16, L 
äitX&ttv, dttUl&ttv 97, L 
6(xat tfiurjvot und ((AnooixuC 
232 Anm. 

tu(f Qttyua, (utfQttlTflV bildlich 

160 Anm. 
In ' *r<f (?) 62, L 
fmxvQßtog -jQ Anm. 

Crj/uioOv 102, L 
&cafto(-r6uoi 

x«£<<rr«Vf« noliTffctv 12 Anm. 

XttT*t[MOQ((tV Xttl OttOQfttV 182, L 

xoA«C<*v 102, L 
xvQßHS-a$or($ 58, L 
y ((fflxvanxov 24. 
vttvxQctQog 94. 
6^uoj«>l«xrff 04, 2. 
Ticcoccroutir 10H Alim. 

Tarntet 63. 

T(C^f 16. 

XQ«uxom'<feci 49. 



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\ ii naltsverzeicnius. 






Seite 


Aristoteles' Jl o'/.izeia l4&t}vala)v Kap. 5 — 13. 




Text 


1 


Fünftes Kapitel 


14 


Rhythmik: Klauseln 19 Periodeneingänge 28 Satz- 


44 


inneres 32. Plut. SoL c 14 und 16 40. 


Sechstes Kapitel 


Plut. SoL c. 15(Androtion) 45. OKgarchische Quelle 46, 


53 


Hermippos 49. IToL *A9nv. unfertig 50. 


Siebentes Kapitel 


Plut. Sol. c. 25 55. r«u/«t 63. Pollux und die nok. 


77 


*A$np. 64, 2. Die solonischen Steuerklassen 68. 


A c h t e s Kapitel 



Isokrates' Areopagitikos 78 (und Friedensrede 78, 2). 
Isokratefl* Panathenaikos 1:>Q ff. Bft Xankraren W>. 
Prytanen 96. Plut. Sol. c. 19 99. Areopag bei Ari - 
stoteles 101. Epheten 1U6. Gericht am Prytaneion 
10*. Beamtgnwahj und Eutbyna 113. Aristot. Politik 
und, n oi. A&r}v. 120. Abfassungszeit der Politik 122. 

Excurs 122 

l'a.-Aristot. thqI ßaaun'aq: Echtheit unerwiesen 128 
und Aristoteles 134. Gründe gegen die Echtheit 136. 
Disposition 137. Arist. Ethik Schluss 145. Datierung 
der nok. *A9nv. 148. 

Neuntes Kapitel 150 

Geschworenengerichte 152. Plut. Sol. c 18 155. Die 
itrulqtut der solonischen Gesetze 157. 



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— 248 - 

Soite 

Zehntes Kapitel 163 

Seisachtheia und Mflnzreform; Plut. Sol. c. 15 (An- 
drotion) 164. Autorität des Aristoteles als wissen- 
schaftlichen Forsehers 168. Hermippos 172. 

Elftes Kapitel 173 

Plut. Sol. c. 25 und 16 173. Antike Anmerkungen 178. 
Hol. 'A&nv. c. 12 181. Hol. *A9i}v. und Hermippos 
IHK und Plutitrah Ift* und Androtion V.M. 

Schlufs 194 

Aufsere Geschichte der nol. A&tjv. 194 (Ael. Aristid. 
und die nol. 'Aihiv. 196, 2). Quellen und Quellen - 
benutzung 200. Die aristotelische /ueoorijs 204: Richter- 
sold 211 Seehegemonie 215 Demagogentum 217. 

Aristoteles als Historiker 226. Ökono m i e de r n ol, 

A&nv. 229. Tendenz der nol. 'A&yv. 237. 

1\ e ^ i s t vv 242 



S. 22 Z. 22 lies (-&r ( v«i tf*a). 24 Z. 15 l. herbeigeführt. 
28 Z. 23 l. »avarov. 33 Z. 22 f. gegliedert 7. durchsetzt. 39 
Z. 2 v. u. /. (Plut. SoL 10). 68 Z. 11 vor Solon l von Solon. 
75 Anm. Z. 5 Harpokration /. Hesych. 82 Z. 20 /. paraphrastisch. 
96 Z. 26 l (I 126). 102 Anm. Z. 7 l Pollux VIII 21. 116 Anm. 
Z. 3 7. kontrollierbar. 127 Z. 10 l. avrovg. 133 Z. 5 voluptaiibus 
libidinibus que l. voluptatibus temporalibus. Jenes ist der 
Text bei Lippert, dieses der bei Nissen S. 179, welchem ich 
zunächst nicht folgte, weil die Abweichung von Lippert nicht 
ausdrücklich begründet ist. Herr Prof. Nöldeke belehrt mich 
freundlichst, dafs der Nissensche Text der richtige ist; an 
meinen Ausführungen ändert das nichts. 136 Z. 14 f. L ov 
MV all' tlax«JTot ye. 158 Anm. Z. 1 l Politikos 294a. 230 
Z 12 7. Inkonsequenz. Während des Drucke« abgesprungene 
Accente und Interpunktionszeichen sind nicht aufgeführt. 



Pierer'sche Hofbuchdruckerei. Stephan Geibel & Co. in Altenburg. 



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CK. fEB 3 7 1973 



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