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Full text of "Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg"

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OnOHARRaSSOWITZ 
BUCHHANDLUNG 
:LEIPZIG: 


Ic 


Literatur- 


UND 


I  1 


I  ' 
I  ! 


Kunst-Anzeiger 

DER 

MITTEILUNGEN 

DES 

VEREINS  FÜR  GESCHICHTE  DER 


.  I 

•  I 

1 1 


STAÜT  NÜRNBERG. 


Anzeigen  finden  im  „Literatur-  und  Kunst- Anzeiger"  der  „Mit- 
teilungen des  Vereins  für  Geschichte  der  Stadt  Nürnberg  wirksamste 
Verl)reitung.  Preis  «Icr  Vollseile  ,if  30.  ,  der  liall)en  Seile  20. 
der  viertel  Seite  ,f(,  lo.  .  Aufiräge  nimmt  ii;c  Verlagsbuchhandlung 
Joh.  Leonh.  Schräg,  Nürnberg ,  Königsstrasse  1 5  e  n i g eg e n .  D  i es c  1  b e  I-  i  rm  a 
besorgt  auch  den  literarischen  Tanschverkehr  des  Vereins  für  Geschichte 
der  Stadt  Nürnberg  und  vennittelt  BeiscUttsse  auf  Buclihändlerweg. 


'  I 


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O.  C]irole>c*hc  Verla|(8bnchhandliinK  in  Berlin. 


ALBRECHT  DÜRER 

von  A  N  r  ( )  N  S  i»  r  i  N  (i  K  k . 

Mit  vielen  THfeUt  uud  lllustrationcti  im  Text.  —  gr.  8"  br.  ,4^  lo, gel».  ia.50. 

Der  gebildcic  kun>ifienn(Ilithc  l.aic  erhalt  in  diescni  BikIic  tiic  erste  iiher  den  SStreit 
der  MeinuDKcn  erliaf  <-iic  ,  fo->i  ,'cstaltctc  Hiographrc  «Ics  ;;ioss<'n  •iciilsclicii  Mcisicts,  der  das 
äussere  und  inDcr»-  \\  .-  .i-ii  im<>cre<  Volkes  zu  Anfall;.;  des  16.  |alirhundcrt5i,  io  einer  Zeit 
heiüsen  Ring-n.  u'!  h  i(t;iuii  ^  s\  ilci.  W  <!i  '< us  mit  nlk-ii  seine»  Tu{{en<lt.'n  und  l'"c(dern,  seinen 
hochnicKciidco  l':i.uii..^icii  und  seine»  kli.aiiii.hcn  Heda«;liliKkcit  so  grundlich  uic  kcio  ^weiter 
erschöpft  hat.  Zu  dem  lebendigen  \Nort,  zu  der  geiitvoIlcD  Analyse  des  Icunstlcnscheu 
Charakteni.  geseUl  »i«h  ein  überaiu  reicher  Apparat  von  Tafeln  und  TjsiiUu»trattonc». 

Zeichnungen  von  Albrecht  Dürer. 

In  Hacbbildungen  heravsgegebeii  von  Friedrich  Lippmann,  Direktor  des 

k    Kiipferslichkabinets  zu  Berlin 
Folioformat.    In  solidem  Einband,  Deckelpres^ung  nach  dem  Dürer'schen 
Holzscliniit :  Die  Tapete  mit  dem  tlötespielcnden  Satyr. 
Subskriptionspreis  k  Band  250  Mark. 

Inhalt  des  I.  Bandes:  Zeichnunger  im  k  KujMerstichkabinet  zu  Berlin; 
im  Beititz  der  Merren  William  Mitchell,  John  Malcolm  of  Poltalloch  u.  Frederik 
Locker  in  London.    Zasamnen  99  Zeichnungen  in  einem  Bande. 

Inhalt  des  II.  Bandes:  Zeichnungen  in  den  Suiinnluiigen  von  Bremen. 
Uraunschweig ,  Cobur:^',  Weimar,  Hamburg,  Gras,  London,  Prag,  Düsseldorf, 
Wien,  Berlin,  Budapest,  Bamberg,  Frankfurt  a.  M.,  München,  Dresden,  Darm- 
stadt.   Zusammen  108  Zeichnungen  in  einem  Bande. 

Der  III.  Band,  welcher  im  Krühjahr  1893  erscheint,  entblll  die  Zeichnungen 
des  British  Museums  zu  London  und  des  Lonvre  stt  Paris. 

Diese Nmebbildunücn,  wclchu  ituc  Orij^inale  mit  vollko^DeacrTreiJc wiedergeben, repräsentieren 
die  vollendeisten  Leistungen  der  verschiedenen  Zweige  moderner  grapfaischerRcproduktlonskunst. 


Verlag  von  Joh,  Leonh.  Schräg  in  Nürnberg. 


Das  Rathaus  in  Nürnberg 

von  Ernst  Mummenhoff»  Stodt-Archivar. 

Mit  91  Abbildungen  nach  alten  Originalen,  Mafsaufnahmen  etc., 
sowie  nach  A.  von  Bssenweins  Entwürfen 
von  Heinrich  Wallralf. 


Im 


Auftrag 


und  mit  Unterstützung  der  Stadt  Nürnberg 
herausgegeben  vom 
Verein  für  Geschichte  der  Stadt  Nürnberg. 

Preis  geb.   mit  Goldschnitt  J(  28.  — ,  brosch.  ,ä  25 

Professor  Dr.  R.  Sterbe  in  Dresckn  srhrtnbi  über  das  Work: 
.,Die  allgemeine  deutsche  Kunstgeschichte  wird  durch  diese  l'ublikution 
um  so  erfreulicher  bereichert,  da  dieser  Bau  ncl>cn  dem  Friedrichs- 

b;iu  des  Heidelberger  .Schlosses  und  dem  mit  dem  Nürnberger  gleich- 
zeilig  von  ICli.Hs  Holl  errichteten  Kathausc  zu  Augsburg  den  gewaltigsten 
deutschen  Hau  seiner  Zeil  bildet.'* 


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Verlag  von  BreltUopf  &  Härtel,  Lr©iP5igi_ 

Die  Koberger. 

Eine  Darstellung  des  hurhhändlerischen  Gescliäftsbctriobes  in  der  Zeit  des 
Überganges  vom  Mittelalter  zur  Neuzeit 

von  Oscar  Hase. 
Zwett*  neusearboltete  A^ufias*. 
4Ü  Bogen.     |fr.  S».     Mit  S  Xtifeln.   Preis  Ml«.  lO.- 
Der  Verfasser  versucht,  erstmalig  den  O  e s chüfta be t r i e b  des  ßuchbandets  und  liucl»- 
druckes  im  ersten  Jahrhunderte  nach  Erfindung  der  Blichdruckerkunst  pUnmauij:  dantustellen, 
iodem  er  Drtwk,  VerUg  und  Vertrieb  dieses  deutsches  WeUbiichhandcU  in  dem  Wirken  des 
fröuten  Bitchbändlers  und  ßocbdruckera  jener  Zeit,  Aothoai  Kobergers,  seiner  Familie  und 
seiner  GcHchaftsfrcundc ,  twch  zeitgenöwbchcn  Geschäfts-  und  Gelehrtenbricfen  cenieinver- 
sündlicb  schildert. 


Herdersche  Verlagshandlung,  Preiburg  im  Breisgau.   

Durch  alle  Ruchhamliungcn  zu  bezichen  : 

Kaufmann,  L.,  Albrecht  Dürer.  Zweite,  verbesserte  A  uf  läge.  Mit 
einer  Heliogravüre,  fünf  Lichtdrucken  und  neun  Holzschnitten,  gr.  8^ 
(XI\'  u  1S4  S.  Jl  6.   In  eleg.  Original-Einband,  Leinwand  mit  Decken* 

pressung  8 

,,Scli!icht,  wahr  und  lebendig  ,  «  ie  der  grosse  Meister  von  Nürnberg  seine  Gemälde  und 
Zeichnuii^ttn  hinzustellen  pflegte,  schildert  un»  L.  Kaufmatin  in  seinem  ,, Albrecht  Dürer"  da»  Ltbcti 
und  Wuken  dieüe.i  volkütumlicb$tcn  unter  allen  deutschen  Künstlern  aus  alter  Zeit.  Ebtn  seine 
Volkstümlichkeit  bibtet  für  Kaufmann  <ien  Ausgangspunkt;  ihr  entsprechend  liefert  er  ein  Hild ,  d.Ts 
Nich  nicht  an  den  Fachmann  allein  wendet,  für  den  M.  Th.iusing  eine  umfassende  und  erschöpfende 
.Monogra[ihie  des  Altmeister*  geschrieben  hat,  sondern  an  das  gcsammtc  deutsche  Volk,  soweit  es  iiir 
künatieriicbe  AnreguBgen  irgendwie  sugänglich  ist.  Ihm  bietet  er  iu  gedrängterer  Fassung  ein 
Lebensbild  voll  Krafk  und  Klarheit,  da^  durch  ein«  Reihe  TOn  Abbildungen  besonders  berühmter 
Werk«  des  Meisters  erganst  und  verschönt  wird."  (Über  Land  und  Meer.   1687.  Hr.  93.) 


«^  Verlag  von  J  J.  Weber  in  Leipzig. 

mobicä""'""" 

Nürnbergisohe  Novellen  aus  alter  Zeit 

nach  einer  Handschrift  des  16.  Jahrhunderts  von 
Professor  Dr.  Aug  Hagen. 

.Sechste  Auflage,  o.c 
Preis  6  Mark;  elegant  gebunden  7  Mark. 


Soeben  erschien  vollständig.* 

Hohenzollerische  Forschungen. 

Jahrbuch  ftir  die  Geschichte  des  deutschen  Kaiser-  und  preuss.  Königshauses, 
Herausgegeben  von  Dr.  iThrlStlam  Meyer,  kgl.  preuss.  Archivar  I.  KL  tu  Brolau. 
Inlialt  (Erster  Halbband):  Hardenberg  und  seine  Verwaliun;.'  -ler  Fiirfttentümer  Ansbach  u.  Bayi cuih< 

—  Das  Landbuch  der  Herrschaft  Plassenbiirg  vom  J.  13^3  —  (jucHcn  /ur  Geschichie  der  Stadt 
Rayrcuth:  I.  Das  Sfadtbuch  vom  1  '  t'j-»  iZa  i'sr  Il.ilhli.<ii<i ; :  1' Ort-itt/un,;  'ivs  l;.«yr«;ii:hrt  St  .<lt- 
huchc«  -~  Die  Herkunft  iler  ("■.i..l>ii  ;  ,11  ALiciil"  i —  Holn-iiZMllcrijtclic  liui,jcn  »tiid  i  itab^taUcti. 
I.  Am  H.>t.-  1  j  i':o'r  i.Ji  Waiiriii.s  I.      /■;r  Geschichte  < I ls  K.I  zwischen  Markgraf  Albrecht  AchiUcs 

und  Herzog  Lud«i^  von  U^ycru  im  J.  X460.  —  I.itciaiurbcriclit. 

Preis  des  vollständigen  J.«hrgangos  Mk.  15.— 
Dieser  er?»te   (.ihi ^ .. ti>:  i)ehandclt  vorwiegend  friiiiklnrh«»  ClfMCliietil«.    Ksircf«  Kinfri- 
tungeo  und  Anmerkungen  des  Herausgebers  sind  die  einzelncti  Abhandlungen  anwh  den  nicht  tacli- 
tnanniachen,  gebildeten  Leserkreisen  nigüngUch  gemacht. 

—9  Varlag  von  Hans  LOstsnQdar  In  Berlin  W  85.  ^ 


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Verlag  der  Kunstanstalt  (vorm.  6ust.  W.  Mi)  A.-6m  Wandsbak 

BILDNIS 

T>F.S 

HIERONIMUS  HOLZSCHUHER 

Bürgermeisters  m  Nürnberg  1509.   1526  gemalt  von  Albrecht  Dürbr. 
Das  Original  im  Kgl.  Museum  zu  Berlin  kostete  350,000  Mark. 

Der  berühmte  Dürerkenner,  Dr.  v.  Eye  äussert  sich  über  dieses 

Kunstblatt  wie  folgt: 

„Mit  einem  Erfolge,  der  den  Beweis  liefert,  dafs  in  der  Kunst- 
anstalt zu  Wandsbek  kunsttechnische  Schwierigkeiten  kein  Hindernis 
mehr  bieten  und  gcistitrc  Kräfte  wirken,  denen  keine  Höhe  der  Kunst 
unzugänglich,  hat  jene  das  Bildnis  des  Hieroniinus  Hoizschuher  in 
Originalgrösse  und  der  Ähnlichkeit  eines  Pacsimile  wiedergegeben/* 

Facsimile-Reproduktion  in  Originalgrösse  (5oVaX37'/2  cm)  und  inOrigina^ 

rahmen  mit  Cflasthür  100  Mark. 

12'/«  cm  breitem  schwarzen  Rahmen  mit  ( }oldvorlage  unter  Glas  90  Mk. 
Ohne  Rahmen  auf  Holzpanei  75  Mark. 

In  demselben  Verlage  ist  erschienen: 

ALBRECHT  DÜRER 

^  VON 

DR.  A.  VON  HYE. 

Was  Dürer  für  Deutschlands  Kunst  und  Kultur  bedeutete,  ist  in 
dieser  neuen  Monographie  Dr.  VON  EvE's  so  eingdiend  erörtert  und 

festgestellt .  dafs  dadurch  gleichzeitig:,'  eine  der  interessantesten  weit 
geschichtlichen  Epochen  —  die  der  Reformation  vorhergehende  Zeit  - 
als  ursachliche  Bedeutung  der  Bewegung  nachgewiesen  wird.  —  Geniale 
Geister  geben  ihrer  Zeit  das  Gepräge  und  so  der  genialsten  Einer  auf 
dem  Gebiete  der  Kunst,  der  fraglos  Dürer  gewesen.  Dürer  war  für 
Deutschland  was  jenseits  der  Alpen  seine  Zeitgenossen  Raflael  und 
Michelangelo  in  Italien  waren. 

Der  X'erfassci  hat  sich  zeitlebens  am  eingehendsten  und  liebe 
x'oilstcn  mit  I  nnrer  und  seiner  Zeit  besrliäftigt  tmd  sein  reirhes  \\'is?pn 
in  ditscni  jüngsten  W  erkc  nicdeigelegt ,  so  zwar ,  dai^^  daduri  h  vuit 
Geist  und  (jcmüt  spannende  Lektüre  geboten  wird,  die  jeden  belehrt 
und  ihm  ein  Urteil  n;ilic  legt,  ilas  nur  von  einer  Wissc  nsipirlle  ausgehen 
kann,  die  auf  (iruntl  tiefer  Forschung  und  ernster  Studien  lautere 
Wahrheit  darbietet. 

Geschmückt  ist  das  W  erk  mit  Dürer's  SelbstMliIni^,  der  Pinakothek 
München  s  entstammend     in  Heliogravüre,   und  dem  kustiichsten  aller 
Werke  Dürer  s,  dem  lÜldmssc  des  Hieronimus  Hokschuher  in  wunder 
bar  gelungener  pantoj^rap hirter  Farbenreproduktion,  —  Die  Einband  j) 
di  cke  ist  geziert  mit  I)ürer's  Motiven   und  Goldpressung,  welche  das  ) 
Selbstbildnis  Dürer  s  aus  der  dallerie  in  Madrid  einrahmen.  i 

Preis  des  Werkes  in  Leder  gebumien  ^4  25. — ,  in  Cailico  1 

gebunden  .//  20,    -  ß 


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Mitteilungen 

des 

Vereins  für  Geschichte  der  Stadt 

Nürnberg. 


NÜRNBERG. 

VERLAG  VON  JOH.  LEüNH.  SCHRÄG, 
iln  Kommission) 
1892. 


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Kunigl.  Uityer.  HofbuL-ltdruckcrci  (>.  i'.  J.  tiicltitg-DieU,  Nürnberg. 


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Inhalt. 


Abhandlungen  und  Quellenpublikationen: 

Zur  Genealogie  der  Grafen  von  Abenberg.  Von  Dr.  Wilhelm 

SoltaUf  Gymnasialob«lelirer  in  Zabem  i.  £   i 

Markgraf  Casimir  und  der  Bauernkrieg  iu  den  südlichen 

Grenzämtem  des  Fürstentums  unterhalb  des  Gebiry^s.  (Vom 
26.  April  bis  21.  iMai  1525.)  Von  Dr.  Carl  Jäger,  Reallehrer 
in  Nurnbcrj;'    .       .    I7 

Peter  \'isclu  r  . Studien.    Von  A.  \V.  Döbner.  Herausgegeben 

von  J)r   C.  Weizsäcker,  ( lalleriedircktur  in  Frankfurt  a.  M.  165 

Die  Seytried  Ttinzingsche  Kleiderstiüung.  Ein  Beitrag  zur 
(ieschtchte  des  Sttftungswesens  in  Nürnberg.  Von  G.  Frhr, 
V.  Krers,  Rechtsanwalt  in  Nürnberg   196 

Kleinere  Mitteilungen : 

Bernhard  Hartmann  y.   21t 

Das  Missale  des  I'ropsite<>  Dr  Anton  KkTs   .  .  2Ij 

JJes  Meisters  Veit  .Stöfs   Urkundenfälschung.    Von  Dr.  A. 

Frhr.  v.  Scheurl   .  .    218 

Otto  Freiherr  Stromer  von  Reichenbach  v   220 


Literatur ; 

Die  Herkunft  der  Burggrafen  von  Nürnberg,  der  Ahnherrn 
de«;  deutschen  Kaiserhauses  \'on  Christian  Mayer.  AnS' 
badi,  Druck  und  \'crlrig  von  (  .  Hiugel  &  Sohn.  1889  .   .  227 

Die  Koni>^c  \  on  Preulsi  11  sind  Hoheiuollern,  nicht  Abenberger. 
Widerlegung  der  Srhnfi  Christian  Meyers  über  die  Ahnherm 
des  deutschen  Kaiserhauses  von  Ludwig  Schmid,  X'erfasser 
der  Ȋltesten  Geschichte  des  erlauchten  Gesamthauses 
Hohenzollernc.    Berlin,  1892.   Verlag  von  J.  A.  Stargardt  227 

Altniimberg  in  seinen  Gottesdiensten.  Ein  Beitrag  zur  Ge- 
schichte der  Sitte  und  des  Kultus  von  Max  Herold,  Heraus- 
geber der  Siona.  Gütersloh,  Druck  und  Verlag  von  Bertels- 
mann. 1890.  ,  «j^.^  J  Ti'^^^  *  ' 


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IV  - 


Martin  Behaim.  Von  Siegmund  Günther.  Bayerische  Bi- 
bliothek, begründet  und  herausgegeben  von  Karl  von  Rein- 

hardstöttner  und  Karl  Trautmann.    13.  Band.  Bamberg, 
Buchnersche  Vcrlaj^shuchhandlung.    1890   233 

Un  po^te  AUeniand  au  W'I.  siöcle.  ^!tude  sur  la  vie  et  les 
Oeuvres  de  Hans  Sachs  jjar  Chr.  Schweitzer,  I'rofesseur 
agrege  de  1  uiii\ <T-itr.  dixirur  cn  iettres,     Paris  .   .  235 

Hans  Sachs  \  oti  I-.dinmul  (xiet/i-v  Ha\ »  l  is' hr  l'.ü)ii()ilu-k  be- 
grundei  und  iierauijj^egclit.n  von  Kail  von  Reinhardstotincr 
und  Karl  'Irautmann.  19.  Band.  Bamberg,  Buchnersche 
Verlagsbuchhandlung.    1890   237 

Hans  Sachs,  sein  Leben  und  seine  Dichtung  von  Emst  Karl 
Julius  Lutzeiberger.  Zweite  Auflage,  neu  bearbeitet  und 
vermehrt  von  Dr.  Carl  Frommann,  k.  Professor  am  neuen 
Gymnasium  zu  Nürnberg.  Mit  zwei  Bildnissen  des  Hans 
Sachs.    Nürnberg,  Verlag  von  Hermann  Ballhom.    1891  .  237 

Altnümberg.    Schilderungen  aus  der  älteren  reichsst.ädtis-  Iv  n 
/(•it  bis  ?.tim  lahre  1350     Von  Kmst  Mummenhoff.  /eich 
nmif^cii  \  «»n  Lorenz   iinci   \\  ilhrlm    Rittor     Bayerisrhi"  Hi- 
bhothek.    22.  Band.    Bamberg,  ßuchnersclie  X'crlajjshui  h- 
handlung.    1890   238 

Uic  Malerschule  von  Nürnberg  im  XIV  .  und  W.  J;Uirhundcrt 
in  ihrer  Entwicklung  bis  auf  Dürer,  dargestellt  von  Henry 
Thode.   Frankfurt  a.  M.,  Vertag  \  on  Heinrich  Keller.  1891  240 

Albrecht  Dürer.  Von  Anton  Springer.  Mit  Tafeln  und 
Illustrationen  im  Text.  Berlin,  G.  Groteschc  Verlagsbuch- 
handlung.  1892   251 


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•    •  • 

:   :  /: 

Zur  Genealogie  der  Grafen  von  Abenberg. 

Von  Dr.  Wühelm  Soltau, 
Gymnasialoberlehrer  in  Zabern  i.  E. 


Die  Ausführungen  von  L.  Schmid  »HohenzoUemc,  Band  III, 
Uber  das  Geschlecht  der  Abenberger  leiden  ebenso  an  einer 
gewissen  Einseitigkeit,  wie  diejenigen  der  Abenbergischen  For« 
scher  von  Haas,  Seefried  bis  auf  Chr.  Meyer  herab.  Diese 
legen  su  viel  Gewicht  auf  jede  beliebige  chronikalische  Notiz, 
während  Schmid  so  gut  wie  allein  die  Urkunden  sprechen  läfst 
und  wichtige  Chronikangabeii  vcrnachläfsigt.  Ktnc  Revision  der 
beiderseitigen  Untersuchungen  ist  daher  notwendig. 

Dazu  kommt  noch  ein  zweiter  Fehler,  der  mehrmals  von 
einigen  der  genannten  Forscher  begangen  ist. 

Die  Lebenszeit  nianrher  Mitglieder  dieses  Geschlechts  ist 
in  den  genealogischen  Systemen  über  Gebühr  in  die  Länge  ge- 
zogen. Es  widerspricht  z.  B.  aller  Wahrscheinlichkeit,  dafs  Vater 
und  Sohn  zusammen  in  einem  2^itraum  von  mehr  als  100  Jahren 
in  Urkunden  erwähnt  worden  sein  sollten^).  In  solchen  Fällen 
ist  eventuell  nach  einem  Mittelgliede  zwischen  zwei  urkundlich 
vorkommenden  Vertretern  eines  Geschlechts  zu  suchen  oder  eine 
kritische  Sichtung  der  Berichte  vorzunehmen. 

Nach  ijchmid's  Kesultaten  III,  37  ist  Rapoto  if  nach  ii72y  ein 
Sohn  des  107 1  «rkandlich  vorkommenden  Otlo  von  Abenberg. 

1 


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Die  Untersuchung  möge  beginnen  mit  einer  kursen  Über- 
sicht über  die  wichtigeren  Quellen. 

•••^    *.  Dlej  Iläu^tqucllcii  für  die  Genealogie  der  Abeiibergei  sind 
:  '•4iatMfllc&  <lie"»tlrkunden. 

r  -:      .•'•.'ARq  wjciiig'efen  Urkunden  sind  bei  Schmid,  Hohenzollem, 

*    *       •»  ****** 

•*-£aiId  Ili,"2tisämfli6ngestellt,  woselbst  auch  auf  die  wichtigeren 
Urkondensamnilungeni  so  auf  t.  Lang,  Regesta  und  Monumenta 
boica,  Oestreicher,  Kloster  Bans,  v.  Oefele,  Geschichte  der  Grafen 
von  Andechs,  Sprenger  Geschichte  der  Abtei  Bans,  u.  a.  m. 
hingewiesen  ist. 

Dazu  kommen  dann  die  verschiedensten  lleilsbronncr  Alter- 
tümer, Gemälde,  Toten-Kalender,  Grabinschriften,  gesammelt 
bei  Muck,  Beiträge  zur  Geschichte  Heiisbronns,  Muck,  Geschichte 
des  Kloster  Ueilsbronn,  Hocker,  Heilsbronner  Antiquitätenschatz 
mit  Supplementen«  Stillfried»  Kloster  Heilsbronn  u.  a.  m. 

Daneben  hätten  vereinzelte  Chronikangaben  nur  einen 
nebensächlichen  Wert,  wenn  die  Angaben  der  wichtigsten  Quelle 
dieser  Art,  die  vita  Conradi  und  die  von  dem  gleichen  Manne 
handelnden  annales  Admuntenses,  eliminiert  werden  dürften. 

Von  den  meisten  der  früheren  Forscher,  aber  auch  von 
Christian  Meyer  werden  ebenfalls  als  Quelle  für  die  Geschichte 
der  Abenberger  die  Biographie  des  firzbischofs  Konrad  von 
Salzburg  (Mon.  Germ.  XIII,  65}  und  die  auf  ihn  bezüglichen 
Angaben  der  annales  Admuntenses  (Mon.  Germ.  XI,  56)  heran- 
gezogen. 

Von  anderer  Seite  ist  dagegen  vielfältig  der  Wert  dieser 
Quelle  beanstandet,  indem  behauptet  wird,  Erabischof  Konrad 
sei  kein  Abenberger,  sondern  ein  Aben  s  b  erger  Graf.  Prülcu 
wir  darauf  hin  die  wichtigsten  Stellen  beider  Quellen.^) 

1.  Die  vita  Chuonradi  sagt  p.  63:  Chuonradus  itaque  ex 
illustri  prindpum  Bawarie  provinciae  stemmate  originem  duxit, 
utpote  f rater  virorum  clarissimonim,  id  est  comitum  Ottonis 
et  Wolfram i.    Quorum  alter  sine  liberis  mortuus  est,  alter 


M  Zu  vergleichen  ist  von  neueren  Erörterungen  hierüber:  Hirsch, 
Jahrbücher  des  deutschen  Reichs  unter  Heinrich  II.  I,  426  und  v.  MetUer,  Re- 
gesten  der  Enbischftle  von  Saltburg,  S.  413. 


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—    3  — 

comitem  Rapotonem  de  Abinperch,  advocatttm  Baben« 
bergen  sis  episcopatus,  ex  sorore  marchioxus  DIetpaldi  here- 

dem  reliquit. 

2.  Die  annales  Admuntenses  p.  577  berichten,  er  sei  pa- 
truus  duorum  comitum  de  Ambinberch,  Üttonis  et  Rapotonis, 
gewesen. 

3.  Vita  Chuonradi  p.  64 :  fratres  eins,  quos  supra  comme- 
moravimus,  ...  ab  hereditate  eum  excludere  temptabant. 
p.  66:  adeptiis  namque  episcopatum  in  conversione  beati  Pauli 
(25.  Jan.  1106)  Sabpurg  venit,  in  comitatu  suo  habens  secum 
duos  fratres  suos,  Ottonem  et  Wolframum,  nobUissimos  co- 
mites,  ac  ferme  mille  milites. 

Aus  (Hosen  Angaben  folgt  mit  genügender  Sicherlieit,  dafs 
Erzbischof  Konrad  ein  Graf  von  Abenberg  war.  Denn 

1.  Es  kommen  nacli  der  vita  Conrad!  (Mon.  Germ.  XLU, 
p.  66)  in  der  Familie  Konrads  dieselben  Namen  vor,  wie  bei 
den  Abenbergem,  Wolfram,  Otto,  Konrad.  Wolfram  und  Otto 
von  Abenberg  werden  urkundlich  1071  in  der  Stiftungsurkunde 
von  Banz  und  1009  genannt,  Wolfram  allein  11 08,  1116  u.  s.  w.^) 
Konrad  seniur  und  iuniur  sind  die  bekannten  VV  oiilthäter  von 
Hcilsbrunn  aus  Abenberger  Grafengeschlecht. 

2.  Die  Annales  Admuntenses  (Mon.  Germ.  XI  p.  577) 
nennen  Konrad  patruus  duorum  comitum  de  Ambinberch,  Otto- 
nis  et  Rapotonis.  Auch  der  seltenere  Name  Rapoto  ist  diesem 
Geschlechte  eigen,  während  derselbe  ebensowenig  wie  Wolfram  im 
Geschlechte  der  Abensberger  vorkommt,  wo  die  Namen  Otto, 
Heinrich,  Friedrich,  Wolfrad  übUch  sind«). 

3.  Der  Name  des  Grafengesrhlechtes  wird  in  der  vita  Con- 
rad! Abinberc,  Ambinberc  genannt,  nie  Abensberg ;  ein  sachkun- 
diger Berichterstatter  jener  Zeit  dürfte  eine  derartige  Vertauschung 
nicht  begangen  haben. 

4.  Das  entscheidendste  Zeugnis  für  die  Abenberger  Abkunft 
des  Erzbischofs  Konrad  bietet  die  vita,  indem  sie  den  Neffen 

des  Erzbisciiofs  Graf  Rapotu   de  Abinberch  als  a  ti  v  o  c  a  t  u  m 


*)  s.  Schttttd  HoheDiolItm  III,  3s. 

*)      Hdller,  Regesten  der  ErsbiscbOfe  yoii  SaUbrng  i  nnd  413  ff. 

1* 


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—    4  — 

Babenbcrgensis  episcopatus  hinstellt.  Nur  die  Aben- 
berger Grafen  waren  fiamberger  Vögte  und  Graf  Rapoto  ist  in 
zahlreichen  Urkunden  als  Bamberger  Vogt  überliefert.^) 

Nicht  damit  in  Widersprach  steht  die  Nachricht  der  vtta 

p.  63:  praeter  hanc  nobilissimam  genealogiam  aliam  humiliorem 
quidein,  ....  tarnen  claram  et  splendidiOsam  cugnationis  Seriem 
habuit,  quae  numcrositatc  siia  non  solum  Bawariam  et  Carinthiam, 
verum  etiam  orientalem  et  Reni  Franciam  occupavit,  ....  avum 
babuit  Babonem  nomine»  de  cuius  lumbis  exierunt  triginta  ülii 
et  octo  filiae,  oranes  ex  liberis  matrtbus  progeniti.  Und  ebenso 
wenig  könnte  hiegegen  geltend  gemacht  werden»  dafs  die  vita 
p.  Ö3  sagt:  Heinrictts  quoque  de  Lechesgemunde,  pater  iUius 
Heinrici,  qui  adhuc  superest,  ex  matertera  eins  nepos  extitit. 
Prefectus  quoque  Ratisponensis  Otto  senior  avaneu  Ii  eius 
ftlius  fuit. 

Beide  Stellen  sprcrhen  offenbar  nicht  wie  die  vorerwähn- 
ten von  den  männlichen  Ahnen.  Die  erste  deutet  bestimmt  auf 
eine  andere  .Abkunft  (aliam  genealogiamj  als  die  vorher  ge- 
meinte d.  h.  auf  die  Verwandtschaft  in  weiblicher 
Linie  hin.  Es  sollte  gesagt  werden,  dafs  seine  Mutter  eine 
Tochter  Babos  sei,  dafs  diese  selbst  zwar  von  väterlicher 
Seite  edler  Abkunft,  aber  doch  von  einer  weniger  angesehenen 
Mutter  herstamme. 

Die  zweite  Stelle  aber  führt  noch  bestimmter  den  Mutter- 
bruder (avunculus),  bez.  dessen  Solm  an,  sowie  den  Enkel  der 
Schwester  seiner  Mutter  (^nepus  ex  inatertera),  beweist  also 
nichts  für  die  Abkunft  des  väterlichen  Geschlechtes. 

Stellen  wir  danach  die  unanfechtbaren  Angaben  (Iber  das 
Abenbergische  Haus  zusammen.    Es  sind  folgende: 

1.  Nach  allgemeiner  Annahme  ist  der  bis  IIQQ  häufig  in 

Urkunden  erwalmte  »junge  Graf  von  Abenberg  Friedrich  II.« 
um  1200  ohne  Kinder  gestorben,  unter  Hmteriassung  mehrerer 
(8)  Schwestern^). 


*)  Scbmid,  Hohenaollern  III,  334  ff. 

-I  Chr.  Meyer,  Herkunft  der  Burggrafen  Ton  Nürnberg  28,  Scbmid  HI, 

37,  lie  Zah!  S  inent  <!<  r  Wartbur^^-Krieg  [her.  von  Simrock^  .S.  161  „Der 
achte  hoch  graevinne  smt  von  Abenberc,  de&  edlen  hochgeborniu  kint." 


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—    5  — 


2.  Sein  Vater  Friedrich  I,  (vernähte  1 167  ^)  starb  früh,  1 183, 
eines  ungltlcklichen  Todes derselbe  wird  mehrfach  (so  1178 
und  1182)  in  der  Umgebung  Kaiser  Friedrich  Barbarossas 
envähnt. 

3.  Friedrichs  älterer  Bruder  Konrad  kommt  1163  in  Ur- 
kunden mit  seinem  Vater  Rapoto  und  dem  Burggrafen  Kon- 
rad von  NttmbeTg,  1165  und  1 167  mit  seinem  Bruder  Friedrich  I. 
und  seinem  Vater  Rapoto  vor").  Da  er  nicht  weiter  erwähnt 
wird,  scheint  er  früh  gestorben  zu  sein.  Jedenfalls  aber  hat  er 
keine  männlichen  Erben  hinterlassen,  denn  sowohl  sein  jüngerer 
Bruder  Friedrich,  wie  sein  Neffe  Friedrich  II.  erscheinen  durch- 
aus im  Besitze  aller  wichtigeren  Güter  des  Hauses  Abenberg*). 
Wenn  dem  gegenüber  darauf  hingewiesen  worden  ist  (Seefried, 
Grafen  von  Abenberg  10),  dafs  in  der  alten  Gedächtnistafel 
von  Heilsbronn  ein  Conradus  iunior  erwähnt  wird,  so  ist  daraus 
doch  nur  2U  schliefsen,  dafs  ein  Konrad  der  jüngere  gleich- 
zeitig mit  einem  verwandten  älteren  Konrad  von  Abenberg 
gelebt  haben  müsse  und  es  ist  die  reinste  Willkür,  wenn  man 
etwa  Conradus  itmior  für  einen  Sohn  des  hier  genannten  aus- 
geben wollte.  Ein  solcher  Conrad  senior  ist  nicht  nur  urkund- 
lich erwähnt,  sondern  urkundlich  als  Gönner  Heilsbronns  nach- 
weisbar {s.  u.). 

4.  Der  Vater  von  Konrad  und  Friedrich  I.  ist  unbestritten 
der  Graf  Rapoto,  der  bis  1172  sehr  oft  in  Urkunden  vorkommt 
(Schmid  IH.  p.  240). 

Dieser  Rapoto  wird  1158  advocatus  ecclesie  Babenbergen- 
sis  und  comes  in  Rangowe  genannt.  Als  sein  Bruder  wird  vom 
Heilsbronner  Anniversar  der  Würzburger  Bischof  Reinhard  (1171 
bis  1184}  erwähnt^). 

n  s.  Schmid  III.  48. 

* )  Er  wird  im  Heilsbronner  Totenkalender  mit  dem  Zusatz  senior  von 
von  dtm  ,4ongea  Hdden  von  Abenberg**  antencbieden. 
s)  t,  Sehnid  III,  48. 
*i  i.  Schmid  III,  49» 

')  Allerdings  sind  die  Worte  fraier  Kabbotonis  erst  von 
späterer  Hand  tn  dem  Siteren  Nekrolni^  iXVII  Kai  TiHi  Domimi  Fe^n- 
hardi,  comitis  de  Abenberg,  epi!>copi  Herliipolensis,  fundatons  nosiri;  liinzu- 
gefttgt,  aber  au»  dem  14.  Jabrhaodert  stammend. 


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—    6  — 


Demnach  ergiebt  sich  zunächst  folgende  Liste: 
X 


Rapoto  (t  um  1172)  Reinhard,  Bischot  von  W'ürzburg 

(1171  —  1184) 


Konrad  (f  um  1167)  Fxiedricbl  (f  1183) 

Friedrich  11.  (f  1199—1200) 


5.  Andrerseits  werden  Wolfram  und  Otto  von  Abenberg 
in  der  Stiftungsurkunde  des  Klosters  Banz  1071  (und  109Q)  als 
Zeugen  erwähnt^).   Sie  müssen  1071  nicht  nur  im  mannbaren 

Alter  gestanden  haben,  sondern  allem  Anschein  nach  mindestens 

etwa  30  Jahre,  wahrscheinlich  noch  älter  gewesen  sein.  Sciiun 
diese  Altersverhältiiisse  machen  es  nahezu  undenkbar,  dafs  der 
zuerst  1122  und  dann  mehrfach  gt;nannte  Rapoto,  wie  dies 
Schmid  annimmt,  ein  Sohn  eines  dieser  beiden  Ahnherrn  ge- 
wesen sei. 

6.  Im  Jahre  11 08  hat  ein  Wolfram  von  Abenberg  als  ad- 

vocatus  Babenbergensis  ecclesie  »Hovinheim«  dem  heil.  Georg, 

den  Georgenbrüdern  und  Domherrn  in  Uamberg  geschenkt,  doch 
SU,  dafs  seine  ücmahlin  Gerhilde  und  ihr  Sühn  der  Bamht;rger 
Domlierr  Adal!)ert  bi'i  l.elizeiten  tlie  Nutzniefsung  haben  sollten. 
Es  ist  nur  eine  durchaus  unwahrscheinliche  Vermutung  Schmids, 
dafs  dieser  Domherr  Adalbert  später  seinen  geistlichen  Stand 
wieder  verlassen  habe  und  dann  identisch  sei  mit  einem  1132 
erwähnten  Grafen  Adalbert  von  Abenberg. 

Andrerseits  erscheint  in  der  vita  des  Erzbischofs  Conrad 
von  Salzburg^  (1106 — 1147)  auch  ein  Bruder  des  Krzbischofs 
Namens  Wollram,  der.  w.ihrend  ein  dritter  Bruder  Ottn  kinder- 
los gestorben,  der  Vater  Rapotos  geworden  sein  soll.  Zugleich 
nennt,  dies  bestätigend,  die  vita  den  Erzbischof  Konrad  einen 
>patruusc  Rapotos  und  Ottos. 


>)  Schmid  lU,  31. 


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7  — 


Somit  ist  also  festzuhalten: 


X 


Wolfram  II. 
ux.  (nach  der  vita  Conradi 
Schwester  Dietpold's  von 
Vohburg.*) 


Otto, 


Konrad, 
Eiib.  V.  Salzburg  1 106---I147. 


Wolfram  III.  fiio8) 
ux.  Gerhilde. 


Rapoto  (seit  1122). 


Otto. 


Adalbert,  Domherr  von 
Bamberg  (i  108). 


7.  Es  kann  danach  nicht  bestritten  werden,  dafs  die  sicher- 
sten genealogischen  Angaben  über  das  Haus  der  Abenberger 
drei  Vertreter  des  Namens  Wolfram  unterscheiden. 

Zunächst  ist  der  1071  in  der  Stiftungs-Urkunde  von  Bans 
mit  seinem  Bruder  Otto  erwähnte  Wolfram  zu  nennen,  der  nach 
obigen  Ausführungen  wohl  schon  um  1030  geboren  sein  mufs, 
und  zu  unterscheiden  von  dem  fast  40  Jahre  später  erwähnten 

Wolfram,  welcher  1  Iü8  mit  seiner  Gemahlin  Gerhilde  und  seinem 
Sohne,  dem  Bamberger  Domherrn,  HoQieim  dem  Baml)erf^er  Dom- 
stift vermacht.  Von  beiden  ist  der  Wolfram  zu  unterscheiden, 
weicher  mit  Hedwig  von  Banz  vermählt  war,  und  nach  der  vita 
Conradi  der  Vater  Rapotos,  der  Bruder  des  (Icinderlos  verstor- 
benen) Grafen  Otto,  sowie  des  Erzbischofs  von  Salzburg  (1106 
bis  1147)  gewesen  ist. 

Auch  hinsichtlich  der  Lebensdauer  ist  eine  solche  Zer- 
teilung  der  verschiedenen  Grafen  mit  Namen  Wolfram  notwendig. 

Der  um  1030  geborene  W  ulfram  kann  schwerlich  der  Ge- 
mahl der  noch  1127  urkundlich  (^Üstreicher,  Urkunden,  Nr.  78 
S.  2Q7)  vorkommenden  Hedwig  sein. 

Femer  darf  als  ausgemacht  gelten,  dafs  die  beiden  Wolfram, 
welche  gleichzeitig  lebten  (Urkunden  von  1108),  der  Gemahl 
der  Gerhilde  und  der  Gemahl  der  Hedwig  von  Banz,  welche 
keine  Brüder  gewesen  sein  können,  Vettern  gewesen  sind,  d.  h. 
aibu  Sühne  des  ältesten  Wolfram  oder  seines  Bruders  Otto  waren 

Es  ist,  soweit  ich  sehe,  mnerkaAht,  dafs  diese  keine  andere  als 
Hedwifi  von  fVAhhnriK.)  Bans  war,  vgl.  Schmid  III,  332  und  sogleich  näh* 
eres  über  dieselbe. 


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—    8  — 


4 


(Stiftungsurk linde  von  Banz  107  J).  Es  bestehen  in  diesem  Falle 
zwei  Möglichkeiten: 

~x  "  I 

 I  : 

Wolfram  i.  (107 1).  Otto  1071). 


Wolfram  II.  Otto.          Conrad       Wolfram  III.  (iio8). 

ux.  Hedwig  v.  Banz.  v.  Salzburg. 

Rapoto.  Otto.                  Adalbert,  Domherr  (1108). 

Oder:  I     X  j 


Wolfram  1  (1071).  Ouo  ;,io7i;. 

(   ;  

Wolfram  III.  (1108)      Wolfram  II,  Otto       Conrad  von 

Hedwig  V.  Banz.  Salzbui^^. 

I  I 

I  

Adalbert,  Domherr,  (i  108)  Rapoto.  Otto. 

Zur  Entscheidung,  welche  von  beiden  Eventualitäten  rich- 
tig ist,  wird  folgende  Erwägung  beitragen. 

Der  Vater  des  Domherrn  Aiialjcrt  heifst  in  der  l  i  kuadc 
von  1 108  advocatus  Baheiibergensis  ecclesie,  und  wahrsclieiulich 
ist  derselbe  Wolfram  1108  und  1116  gemeint,  indem  es  nicht 
wahrscheinlich  ist,  dafs  die  Bamberger  Vogtei  auf  zwei  Mitglieder 
der  Familie  verteilt  gewesen  war. 

In  diesem  Falle  ist  anzunehmen,  dafs  Wolfram  III,  der  älte- 
ren Linie  augehört  liat  und  dafs  somit  die  zweite  Liste  den  Vor- 
zug verdient.  Dfx  Ii  kommt  für  das  Weitere  ni'  ht  vii-l  darauf 
an,  welche  von  beiden  Eventualitäten  das  Richtige  bietet. 

8.  In  diese  beiden  Reihen  sind  nun  die  in  einer  Urkunde 
von  1132  erwähnten  fttnf  Geschwister  Adalbert  und  Konrad  nebst 
drei  Schwestern,  welche  ihr  Eigengut  bei  Heilsbronn  dem  Bischof 

Otto  von  Bamberg  verkauften,  einzufügen. 


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pafs  bei  dem  letztgenannten  Adalbert  nicht  der  Domherr 
Adalbert  von  Bamberg  (1108)  gemeint  sein  kann,  ward  oben 
betont  tind  sollte  ausgemacht  sein. 

Dagegen  würde  nichts  hindern,  Adalbert  und  Konrad  als 
Neffen  Rapotos,  als  Sühne  seines  Bruders  Otto,  anzusehen. 

1132  ist  (las  Jahr,  in  welchem  Rapoto  mit  Bischof  Otto 
von  Bamberg  das  Kloster  Heilsbronn  stiftete.  Wer  anders  als 
seine  nächsten  Verwandten  werden  ihre  Gtlter  in  der  Nähe  von 
Heüsbronn  gehabt  haben  und  wen  anders  als  sie  wird  Rapoto 
haben  bewegen  können»  gerade  ihr  Eigengut  damals,  als  er  das 
Kloster  reich  ausstattete')  (vgl.  haec  domus  Ottonem  colit  et 
comitem  Rapotonem,  praesul  fundavit  comes  hanc  opibus 
cumulavit),  demselben  zu  überlassen. 

In  diesem  Falle  würde  auch  klar  werden,  weshalb  Rapo- 
tos Sohn  in  der  Heilsbronner  Gedächtnistafel  Graf  Conrad 
;  der  jüngere genannt  wird.  Dieser  war  der  jüngere  neben 
seinem  Vetter  Conradus  senior,  welcher  mit  seinen  4  Geschwistern 
1132  sein  Gut  dem  Kloster  verkaufte^). 

Wie  übrigens  aber  auch  im  einzelnen  die  Verwandtschaft» 
Uchen  Verhältnisse  dieser  fUnf  gräflichen  Geschwister  zu  den  bis- 
her genannten  Abenberger  Grafen  zu  denken  sind:  Thatsache 
ist,  dafs  in  den  Jahren  1132-^1200  keine  Spur  darauf  hinleitet, 
dafs  einer  derselben  weiterhin  gelebt,  sich  verheiratet  und  Erben 
hinterlassen  habe.  Das  Gegenteil  ist  durchaus  walirscheinlich, 
da  sie  ihre  Erbgüter,  die  beim  Stammgut  ihrer  Familie  gelegen 
waren,  ohne  Rücksicht  auf  etwaige  Erben  veräufsert  haben  ^) 
und  später  auch  das  nahe  Castrum,  das  wohl  ebenfalls  ihnen 
gehört  hat,  zwar  dem  Kloster  eignete,  aber  mit  der  lästigen  Ver- 
pflichtung,  den  Erben  der  Abenberger  Grafen,  den  Burggrafen, 
vorübergehenden  Unterhalt  zu  gewähren^),  eine  Verpflichtnng, 


'>  Xgh  auch  die  Erorternngen  Seefirieds  „Grafen  von  Abenbei^"  aj. 

Selbst  wenn  Bischof  Otto  von  B  iiuberg  (1102  1  1 39)  ein  Aben- 
berger gewesen  wäre,  käme  er  doch  für  eine  weitere  genealogische  Ver- 
zweigung des  Geschlecbtea  nicht  mehr  in  Betracht.  Doch  beruht  diebc  Kon- 
leletar  nur  anf  MifsTerstSndnis  des  Heilsbronner  Totenkalenders. 

')  Auffallend  ist  Schmid's  Äuf^eniiiL^  (III,  34  und  13^),  di^fs  die  Ver- 
käufer sich  etwaige  Rechte  für  ihre  Erben  ausbedungen  haben  sollten.  Der 
Wortlant  der  Urkunde  (Muck,  Geschichte  von  HeiUbronn  I,  6)  schliefst  eine 
derartige  Annahme  aas. 

«)  Schmid  III,  133  berichtet  hierftber  NIheres. 


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10  — 


die  nur  erklärlich  ist,  falls  jene  Burg  einst  dem  Kloster  von 
Abenberger  Grafen  geschenkt  worden  war. 

Die  beiden  hier  nachgeiriesenen  Listen  der  Abenberger 
Grafen  begegnen  jedoch  bei  ihrer  Zusamnfensetzung  einigen 
schwer  wiegenden  Bedenken. 

Die  Ältere  führt  auf  einen  Grafen  Rapoto  von  Abenberg, 
welcher  ein  Neffe  des  Erzbischofs  Konrad  war  und  der  einen 
Bruder  Otto  luitte.  Der  Bruder  des  Rapoto  der  zweiten  Liste 
ist  Bischof  Reinhard  von  VVürzburg  (1171  — 1184),  welchen  der 
gleichzeitig  schreibende  Biograph  (um  1176)  als  dessen  Bru- 
der nicht  kennt.  Jener  Rapoto  ist  ein  Sohn  Wolframs  IL, 
dieser  wie  sein  Bruder  Reinhard  aller  Wahrscheinlichkeit  nach 
nicht  der  Sohn  eines  schon  vor  1122  verstorbenen  Grafen. 

Weitere  Bedenken  gegen  die  Identität  des  schon  1122 
genannten  Rapoto  (I.)  und  des  noch  1172  genannten  Rapoto  (IL) 
ergeben  sich  aus  den  Altersverhältnissen  ihrer  Vorgänger. 

Es  hat  gewifs  schon  an  sich  nur  eine  geringe  Wahrschein- 
lichkeit, dafs  es  ein  und  dieselbe  Persönlichkeit  ist,  welche  über 
50  Jahre  in  Urkunden  1122  1  176  genannt  wird').  Sodann 
wird  Erzbischof  Konrad  gewifs  nicht  vor  dem  30.  Jahre  zu  sei- 
ner verantwortungsvollen  Stelle  an  der  Spitze  des  Erzbistums 
Salzburg  (1106 — 1147)  gekommen  sein  und  auch  aus  andren 
Gründen  wird  seine  Geburt  schwerlich  nach  1070  -angesetzt  wer- 
den dürfen').  Dann  Cftllt  die  Geburt  seines  ältesten  Bruders 
(Wolfram  IL)  etwa  1065.  —  Ja,  wenn  man  annehmen  darf,  dafs 
schon  1071  bei  der  Stiftung  des  Klosters  Banz,  bei  welcher  die 
beiden  Brüder  Wolfram  l.  und  Otto  l.  als  Zeugen  fungierten, 
eine  eheliche  Verbindung  /.wisilien  einem  Abenberger  Grafen 
und  der  ßanzer  Erbtochter  ^)  geplant  gewesen  ist,  so  wird  seine 
Geburt  eher  etwas  früher  anzusetzen  sein. 

In  diesem  Falle  könnte  nun  der  bis  nach  1172  lebende 
Rapoto  gewifs  nicht  ein  Sohn  dieses  Wolfram  IL  gewesen  sein, 
zumal  dieser  sich  schon  früh  verheiratet  haben  mufs,  da  schon 

')  Vereinreite  Ausnahmen  kommen  vor-  so  IViedrich  II,,  BiirL^f^raf  von 
ZoUem  ^1243  — 12971,  i^och  wird  auch  er  anfänglich  mii  seinem  Vaier  zu- 
sammen genannt. 

^)  V.  Meiller,  Regesten  der  Brtbiachöfe  Ton  Salsbarg,  S.  43a* 

^)  s.  Scbmid  Iii,  233  and  4s. 


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II  — 


▼or  1071  seine  Schwiegereltern,  auf  männliche  Nachkommen 
nicht  mehr  rechnend,  über  einen  Teil  ihrer  Güter  disponierten'). 
Selbst  bei  einer  langen  Lebenszeit  mehrerer  Generationen 

nach  einander  pHegt  doch  die  durchschnittliche  Lebensdauer  einer 
jeden  Generation  höchstens  30  Jahre  zu  betragen)*,  nicht  mehr. 

Auch  danach  erscheint  die  Lebenszeit  Rapotos  zu  lang, 
wenn  anders  angenommen  werden  mufs,  dafs  sein  väterlicher 
Grofsvater  Otto  zur  Zeit  der  gelegentlichen  £rwähnung  bei  Stif- 
tung von  Kloster  Bans  nicht  mehr  ganz  jung  gewesen  sein  kann. 

Noch  entscheidender  spricht  folgendes  dafür.  In  einer 
Urkunde  vom  16.  Mai  1147  (Hocker  suppl.  II,  75)  bestätigt 
Papst  Eugen  III.  dem  Abt  Rapoto  von  Heilsbronn  die  Schen- 
kung mehrerer  Güter,  so  Welmanesteten,  Grabe,  Sahsbach,  Wilere, 
Eichbuche,  Seiegenstadt,  ikuche,  welche  cones  Rabodo  dem 
monasterio  Halesbrunensi  gemacht  hatte. 

Eben  dieselben  Güter  waren  laut  Urkunde  bei  Hocker, 
Antiquitätenschatz  von  Heilsbronn  suppl.  11,  71  von  dem  Vater 
des.  Grafen  Rapoto^  bereits  früher  an  eine  cellula,  welche 
dieser  in  der  Nähe  von  Abenberg  errichtet  hatte^),  vermacht, 
aber,  von  Rapoto  reklamiert,  durch  Richtersprucb  ihm  wieder 
zugesprochen  worden.  Wenn  jetzt  der  Papst  1147  dem  Kloster 
Hetlsbronn  diese  Schenkung  bestätigte,  trotzdem  erst  bei  der 
Einweihung  der  Klosterkirche*)  von  Heilsbronn  1150  Graf  Ra- 
poto auf  jene  Guter  definitiv  vcrziditete,  so  folgt  daraus,  (hifs 
der  Papst  an  die  frühere  Schenkung  gedacht  und  dieselbe  als 
rechtmäfsig  hingestellt  hat,  mithin,  dafs  jene  erste  Schenkung  an 
die  cellula  bei  Abenberg  schon  als  die  Grundlage  jener  späte- 
ren angesehen  wurde.  Das  war  nur  möglich  bei  wesentlicher 
Identität  der  beschenkten  Anstalt,  der  cellula  und  des  Klosters. 


*)  Sein  Schwiegervater,  Mark^^raf  Hermann,  starb  1078. 

")  Von  Heiriclu  IV.  Regierungiantritt  bU  «am  Sturx  Karls  X.  1589 

bis  1S30  sind  nur  ca.  240  Jahre,  und  8  Generationen  (Heinrich  IV.,  Lud- 
wig Xill.,  Ludwt}^  XIV.,  Dauphin,  Herzog  von  Bourhon,  Ludwip^  XV., 
Dauphin,  Ludwig  XV'I.  und  seine  Brüder;.  Etienso  bei  den  ca.  240  Jahren 
der  letzten  Hohenzollern  1640—1888  (der  grofse  Karfttm,  Friedricli  1., 
Friedrich  Wilhelm  t.,  Friedrich  IT  ,  Friedrich  Wilhelm  II.,  Friedrich  Wilhrlm  III.. 
Friedrich  Wilhelm  IV.,  Kaiser  Wilhelm.  Kaiser  Friedrich  (9  Generationen). 

•,Wie  dieser  biefs,  zeigt  die  folgende  Erörterung. 

*)  Schmid  III,  37  ond  141. 

V  Schmid  lU»  334. 


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—    12  — 


Da  das  Kloster  nun  aber  erst  1132  gegründet  ist,  als 
schon  der  Vater  des  seit  U22  urkundlich  vorkomnienden  Ra* 
poto  (I)  längere  Zeit  gestorben  war,  so  kann  jener  Vater,  der  die 

Schenkung  gemacht,  gegen  den  aber  ein  Rapoto  bis  1150  remon- 
striert hat,  kein  anderer  sein  als  jener  Rapoto.  der  seit  1122 
vorkommt,  d.  h.  Rapoto  I.  (1  122  — 1  132)  mufs  der  Vater  des 
später  vorkommenden  Rapoto  II.  (1132  — 1172)  gewesen  sein. 

Aufserdem  liegen  mehrere  Anzeichen  vor,  dafs  der  um 
1122  bis  1132  genannte  Graf  Rapoto  ins  Kloster  gegangen  ist. 

Vor  allem  wichtig  ist  das  Zeugnis  des  Totenkalenders 

des  St.  Michael-Klosters  in  Bamberg,  dem  Graf  Rapoto  zweifel- 
los wohl  bekannt  war  Sihmid  III,  47),  zum  22.  Mai:  Rapoto 
comes  monachus  Halesbrunnensis. 

Zu  demselben  Tage  berichtet  der  ältere  Nekrolog  von 
Heilsbronn^):  obiit  Rapoto,  comes,  wozu  von  späterer  Hand,  die 
auch  sonst  glaubwürdige  Nachrichten  bietet,  hinzagefUgt  worden 
ist:  de  Abenberg  fundator  noster. 

Rapoto  I.  ist  also  Hcilsbronner  Mönch  geworden.  Er  hat 
dessen  Stiftung  durch  reiche  Schenkungen,  welche  sein  Sohn 
Rapoto  II.  zum  Teil  hernach  bestritten  hat,  erst  ermöglicht. 

Nur  so  wird  der  Zusatz  des  Nekrologs  fundator  noster 
erklärlich,  Worte,  die  doch  gewifs  möglichst  unpassend  von  dem 
lange  mit  dem  Kloster  in  Streit  befindlichen  Rapoto  II.  gebraucht 

werden-    (vul.  Schmid,  Hohenzollern  III,  234). 

So  nur  die  Worte  der  Unterschrift  des  berühmten  Ge- 
mäldes: TTaec  domus  Ottonem  colit  et  comitem  Rapotonem. 
Presul  t'undavit,  comes  hanc  opibus  cumulavit.  Von  dem  län- 
gere Zeit  mit  dem  Kloster  streitenden  und  erst  20  Jahre  nach 
seiner  Gründung  nachgebenden  Rapoto  II.  durfte  dies  schwer- 
lich ein  Heilsbronner  Mönch  gesagt  haben.  Auch  ist  dieser, 
wenn  anders  der  Hauptförderer  jenes  Klosters  wirklich  ein 
monachus  Halesbrunnensis  wurde,  nicht  im  Heilsbronner  Toten- 
kaiender  erwälmt. 

*)  33'  Jahresbericht  d.  hisior.  Ver.  m  .Vlitielfranken  (1865)  Beilage  V. 

')  So  auch  ist  es  erklärlich,  wenn  Rapoto,  der  erste  Abt  Heils- 
broniif,  wihrend  des  15.  Jahrhandertt  in  den  Kreisen  des  Klosters  mit  dem 
Grafen  Rapoto  verwechselt  wurde. 


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—    13  — 


Somit  ist  allein  folgende  Genealogie  zuläfsig: 

X 


Wolfram  I.  (1071  — 1099).  Otto  I.  (1071— 1099). 

(advocatas  Babenb.) 


Wolfram  III  Wolfram  11.    Otto  11       Krzlv  Konrad  von 

aclvocatus  Babenb.  ,.1 1  ob;.  Hedwig  v.  Banz.  ^}^^J^l^i}^^jrJJ^7'- 


Adalbert,  Domherr  ( 1 108).   Rapoto  I.  Ouo  III. 

advücaluä  Babenb. 

(1122— 1 132)  ' 

Adalbert,_ Konrad sen.,  sTgchter. 

I  "  " 

Rapoto  11.    Reinhard,  Bischof  V.    Hedwig  (s,  Schmid 
C1132-— 1172)  VVür2burg(i  171-1 183;      III,45u.  237; 


Konrad  junior       Friedrich].  ^1183  Bertha  (1174), 

f  nach  1167.      (verheirathetseit  1167).  Aebtissin  v.  Kit^ngen. 


Friedrich  11.  f  1200.   8  Töchter. 

Wenn  so  Rapoto,  der  1132  ins  Kloster  Heilsbronn  ein- 
trat, dort  als  monachus  gestorben  ist,  der  in  Urkunden  seit  1132 
weiterhin  bis  1172  genannte  Graf  Rapoto  sein  Sohn  und  Erbe 
war,  so  fällt  auch  ein  helleres  Licht  auf  einige  andere  Probleme. 

V'or  allem  wird  so  die  Hauptschwierigkeit  aufi^ekUirt;  Wie 
kommt  der  Bischof^)  von  Bamberg  zu  so  ausgedehnten  Besitzun- 
gen um  Heilsbronn  und  im  Rangau,  iu  der  alten  Grafschaft  der 
Abenberger? 

Wenn  Rapoto  I.  jene  Güter  bergegeben  und  bei  seinem 
Eintritt  ins  Kloster  diese  an  den  Bischof  Otto  von  Bamberg 
zum  Behuf  der  Klostergründung  geschenkt  hätte*),  so  wäre  es 

V)  Vgl.  Stiftungsurkunde:  item  Halespranneo,  Witramdorf,  Erlehe, 
Obrendorf,  Velsen dorf,  Be^emanncsdorf. 

Eine  entsprechende  Hchenkung  rinden  wir  bei  v.  Lang.  Regesia 
boica  I,  147  in  einer  Urkunde  von  11 36,  Arnold  von  FreihakUch,  »sancto 
Michaeli  tradtt  pracdiutn  stiam  .  .  .  eo  pacto,  ut  inier  fratres  barbatos  recl- 
l>iatur«. 


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~    14  — 


klar,  wie  Bischof  Otto  von  Bamberg  in  die  Lage  gekommen 
sein  konnte»  diese  Orte  erst  zu  besitzen,  dann  an  Heiisbronn 
zu  verschenken. 

So  endlich  lösen  sich  auch  die  Schwierigkeiten  hinsichtlich  der 
Gräfin  Hedwig  von  Abenbcig,  der  Gemahlin  Hertholds  III.  von 
Henneberg  und  Andechs*).  Diese  war  offenbar  eine  Schwester 
Konrads  und  Friedrichs  von  Abenberg,  eine  Tochter  Rapotos  II., 
trotzdem  nach  der  Urkunde  vom  27.  März  1152  (Östereicher 
Urkunden  von  Banz,  XXXIII)  Hedwig  soror  predicti  comitis 
Rapotonis  heifst.  Diese  letztere  Hedwig  ist  nämlich  nach  Schmids 
richtigem  Nachweis  III,  264  ,,zttverläfsig*'  ebenfalls  eine  Toch- 
ter des  Grafen  Rapoto.  Das  Rätsel  löst  sich  einfach  so,  dafs 
diese  Hedwig  eine  Tochter  Rapotos  I.,  eine  Schwester  Rapo- 
tos II.  war. 

Somit  ist  die  Existenz  eines  doppelten  Rapoto  von  Aben- 
berg gesichert. 

Der  eine  war  Gründer  von  Heilsbronn  1 132,  der  manche 
seiner  eigenen  Güter  dem  Kloster  Heilsbronn  geschenkt  und  der 
seine  nächsten  Verwandten,  seine  Neffen  und  Nichten  zur  Ent- 
äufserung  ihres  Besitztums  zu  gleichen  Zwecken  vermocht  hat. 

Im  Jahre  1132  wurde  Rapoto  II.  Nachfolger  seines  Vaters 
in  der  Grafsclmft  Abenberg  und  scheint  mehr  in  weltlichem  Sinne 
für  die  Bewahrung  seiner  Hausmacht  gewirkt  zu  haben  ^. 

Nicht  unwichtig  scheint  mir  das  zu  sein,  was  sich  hiefür 
auch  aus  dem  berühmten  Heilsbronner  Stiftungsgemälde  er* 
giebt«). 

Dasselbe  ist  zwar  offenbar  jünj^^er  als  die  Stiftung  von 
Heilsbronn,  aber  es  erinnert,  wie  Stillfried  »Heilsbronnc  187  be- 
merkt, die  Anordnung  der  einzelnen  Teile  auffallend  an  die  älteren 
Handschriftenbilder  byzantinischen  und  romanischen  Stils"  und 
geht  augenscheinlich  auf  eine  zeitgenössische  Abbüdung  zurück. 

Ueber  diese  «.  Näheres  Schmid  III,  252,    v.  Oefele.  Grafea  von 

Andechs. 

Die  weibliche  Nachkommenschaft  ist  hier  tum  Teil  Übergangen. 

So  die  fragwürdige  „heilige  Stilla." 

Hocker,  Anti  {uitätenschatx,  su  S.  55:  Slillfried,  Kloster  HeiUbronUi 

187  und  Abbildung  51. 


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—    15  — 


Sehr  bezeichnend  ist  hier  die  Darstellung  des  gräflichen 
Gründers  Rapoto  I.  (1132).  Dieser  ist  nicht  nur  mit  langem 
weifsem  Bart-  und  Haupthaar  dargestellt  —  was  doch  dann,  wenn 

derselbe  Rapoto  erst  1176  gestorben  wäre,  möglichst  unpassend 

wäre  —  Sündern  ihm  fehlen  auch  die  den  übrigen  Grafen  ge- 
gebenen Attribute.  Kr  hat  weder  einen  Panzer,  noch  ein  Schwert, 
nicht  Beinschienen  oder  Kriegsschuhe,  wie  z.  B.  Graf  Konrad. 
Offenbar  sollte  bei  der  Darstellung  von  Rapoto  I.  möglichst 
deutlich  gemacht  werden,  dafs  er  im  Begriffe  stehe,  aller  welt- 
lichen Macht  zu  entsagen  und  alle  weltlichen  Attribute  abzulegen. 

Ja,  es  erscheint  von  diesem  Gesichtspunkt  aus  höchst  wahr* 

scheinlich,  dafs  der  hinter  dem  knieenden  Rapoto  I.  stehende 

Kriegsmann  mit  gezüi:ktem  Schwert,  der  seinem  Vater  wider- 
strebende Sohn,  kein  anderer  als  Rapoto  II.  sein  sollte. 

Fassen  wir  das  Gefundene  kurz  zusammen: 

Das  Haus  der  Grafen  von  Abenberg  ist,  soweit  die  doch 
gewifs  nicht  sparsam  überlieferten  Angaben  von  Urkunden  und 
zeitgenössischen  Chronikenangaben  lauten,  um  das  Jahr  1200 

mit  Friedrich  IL,  dem  jungen  Helden  von  Abenberg  und  Frens- 
dorf^) ausgestorben. 

Sein  Oheim  Konrad  ist  k6m  anderer  als  der  Conrad  iunior, 
der  um  1167  gestorben  ist  und  nebst  seiner  Gemahlin  Sophia 
offenbar  als  Wohlthäter  des  Klosters  Heilsbronn  gefeiert  wurde, 
mitbin  Teile  seines  Erbes  diesem  Kloster  vermacht,  Grafschaft 
und  Titel  von  Abenberg  aber  seinem  jüngeren  Bruder  Friedrich  I. 
hinterlassen  haben  wird. 

Alle  sonstigen  Mitglieder  des  Hauses  Abenl»erg  sind  ent- 
weder in  den  geistlichen  Stand  getreten,  oder  sind  als  kinder- 
los überliefert,  oder  haben  ihr  Erbe  an  die  Kirche  verkauft, 
ohne  männliche  Erben  hinterlassen  zu  haben. 

Daraus  folgt  aber  nebenbei  für  die  Herkunft  der  Burg- 
grafen von  Nürnberg  (1200 — 1417),  die  neuerdings  wieder  auf 
das  Abenberger  Grafengeschlecht  zurückgeführt  worden  sind, 
etwas  sehr  Wichtiges,  nämlich  soviel: 


')  Aach  Rapoto  II.  heibt  mehrfach  nach  der  Barg  Frensdorf;  vergK 
Scbmid  UI,  49,  279. 


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—    16  — 


Der  1192—1300  erwähnte  Graf  Friedrich  von  ZoUern, 
derselbe,  welcher  damals  zugleich  Burggraf  von  Nürnberg 
war,  kann  nicht  zur  männlichen  Nachkommenschaft  der 
Abenberger  gehört  haben.  Und  femer:  Kein  Abenber« 
ger  kann  vor  1192  Nürnberger  Bur«^graf  gewesen 
sein.  Denn  sowohl  der  1163  verstorbene  Konrad  von  Aben- 
berg, wie  Friedrich  I.  und  Friedrich  TT.  von  Abenberg  kommen 
mehrfach  in  Urkunden  neben  dem  Burggrafen  Konrad  von 
Nürnberg^)  vor. 

Befinden  sich  trotzdem  Stadt  und  Grafschaft  Abenberg  im 
1 3.  Jahrhundert  (nachweislich  seit  1246,  s.  Mon.  Zoller.  II,  48) 
in  der  Hand  der  Burggrafen  von  Nürnberg,  so  kann  dieses  nur 
durch  weibliche  Vererbung  ^)  oder  durch  Kauf  vermittelt  sein. 


')  Näheres  s.  bei  Schmid  III,  64  —  77. 

~)  S.  193  f.  F.s  ward  in  meinem  Aiifsat-  «Ist  un^^er  Kaiserhaus  a',;s 
Zoilernstamm  entsprungen/«  tZeilschnft  lür  Geschichte  des  Überrheins  1891) 
{gezeigt,  dafs  wahrscheinlich  eine  Scbwestv  von  Friedrich  II.  von  Abenberg 
mit  dem  Sohne  Friedrich  HI.  von  ZoUem  (1171—1200)  vemShU  war 
(vergl.  S.  207). 


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Markgraf  Casimir  und  der  Bauernkrieg  in 
den  südliehen  Grenzämtem  des  Fürstentums 

unterhalb  des  Gebirgs. 

(Vom  26.  April  bis  21.  Mai  1525.) 

Von  Dr.  Carl  JSger, 

Reallebrar  in  Nürnberg. 


Einleitung. 

Der  Zweck  der  voriiegenden  Al^luindlung  hat  es  notwendig 
gemacht,  im  Interesse  der  räumlichen  und  zeitlichen  Beschrän- 
kung manches  nicht  so  ausführlich  zu  behandeln,  oft  sogar  nur 
anzudeuten,  was  bei  einer  gröfseren  Arbeit  zu  übergehen,  sich 
als  lücken-  und  fehlerhaft  von  selbst  verboten  hätte. 

Dahin  rechnet  der  Verfasser  das  nur  kurze  Berühren  resp. 
als  Bekanntvoraussetzen  der  Verhandlungen  der  Neustädter  Tage, 
der  Unterhandlungen  mit  Rothenburg,  welch*  aUe,  hervorgegan- 
gen  aus  dem  Wunsche  der  wachsenden  Bewegung  durch  die 
Kooperation  der  staatlichen  Gewalten  einen  Damm  entgegen 
zu  stellen,  doch  aus  den  bekannten  Ursachen  zu  keinem  Resul- 
tate führten.  Dieselben  schienen  um  so  eher  nur  kurz  erwähnt 
werden  zu  müssen,  da  beide  eine  ausführliche  und  ziemlich  er- 
schöpfende aktenmäfsige  Darstellung  —  bei  Lorenz  Fries  und 
Thomas  Zweifel  —  bereits  gefunden  haben,  die  aufserdem  vor- 
handenen  Materialien  aber  nur  eine  geringe  Ausbeute  an  Neuem 
und  Wichtigem  geboten  hätten. 

Ebenso  schien  es  erlaubt,  das  Verhältnis  des  Markgrafen 
/u  dem  Schwäbischen  Bund  und  die  Korrespondenz  zwischen 
beiden  nur  an  den  wichtigsten  Stellen  hervorzuheben  und  den 
übrigen  Briefwechsel,  der  doch  nicht  viel  mehr  darzulegen  im 
Stande  wäre  als  das  längst  bekannte  Mifsverhältnis  zwischen 
den  Pflichten  und  Leistungen  der  Bundesgüeder,  nur  andeutend 
zu  streifen. 

8 


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—    18  — 

Andere  Gesichtspunkte  waren  bei  der  zeitlichen  Beschrän- 
kung der  Arbeit  gegeben.  Es  finden  sich  weder  die  Gründe, 
weiche  die  Erhebung  der  armen  Leute  in  den  fränkischen  Ge- 
bieten der  Brandenburger  hervorriefen  — ,  d.  h.  deren  Lage  vor 
de^Iben,  deren  Belastung  etc.  — ,  noch  die  nach  Dämpfung 
der  Empörung  erfolgenden  Untersuchungen!  Strafen  und  Ent- 
schädigungen näher  erwähnt,  da  dieser  Versuch  eben  nur  den 
Aulstand  selbst  und  zwar  nur  den  Katni)!' in  den  südlit^licn  ( 1 1  en/,- 
ämtern  des  Ansbachcr  Fürstentums,  der  den  ersten  .'vktvles  f^rofsen 
revolutionären  Dramas  bildet,  zum  Gegenstand  haben  sollte, 
die  erwähnten  Materien  aber,  ebenso  wie  die  Kreignisse  in  den 
übrigen  Ämtern,  besondere  Abschnitte  zu  bilden  bestimmt  er> 
schienen. 

Und  nun  noch  einige  Worte  Uber  die  benützten  Quellen 
und  HQfsmittel. 

Die  Arbeit  beruht  sclbstverständlicdi  hauptsachlich  auf  archi- 
valischer  Grundlage.  Die  bei  weitem  reichste  Ausbeute  für 
dieselbe  bot  natürlich  die  im  k,  Kreisarchiv  Bamberg  befindliche, 
aus  elf  Tomen  bestehende  Serie  der  Ansbacher  Bauernkriegs- 
akten —  citiert  unter  der  Bezeichnung:  A.  S.  T.  I — XI  — . 
Dieselbe  enthält  einen  reichen  Schatz  von  Briefschaften  — 
Originalen,  Concepten  und  Kopien  — ,  von  Berichten,  Instruk- 
tionen,  Ratschlägen,  von  Schaden-  und  Entschädigungs- Verzeich- 
nissen, von  Urgichten  und  Straflisten  etc.  etc.,  leider  weder 
chronologisch  noch  sachlich  systematisch  geordnet. 

Über  die  religiöse  Stellung  des  Markgraten  gaben  manchen 
Autschlufs  die  Brandenburger  Religionsakten  —  k.  Kreisarchiv 
Nürnberg,  citiert  unter  der  Bezeichnung  B.  R.  T.  I.  flf.  — ,  soweit 
dieselben  benutzt  werden  durften.  Manches  Interessante  fand 
sich  auch  in  dem  Aktenmaterial  der  ehemaligen  Reichsstadt 
Nürnberg;  besonders  in  den  sogen.  Briefbüchem  (Nr.  87—90), 
den  Ratsbüchem  und  den  weit  reichhaltigeren  Ratsprotokollen 
der  Jahre  1524 — 25  —  alle  3  erwähnten  Archivalienreihen  be- 
finden sich  im  Jvrci.saichiv  Nürnberg. 

Spezielle  Aufschlüsse  lokaler  Natur  gaben  1)  der  Anhauser 

Akt,  die  Scbadens-Spezihkation  des  Priors  Kainhart  enthaltend. 

I  oS 

—  k.  Kreisarchiv  Nürnberg,  bez.  und  citiert  S.  12 


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—    10  — 

2)  der  Auhauser  Akt,  welcher  aufser  verschiedeoen  Schaden- 
berechnungen des  Klosters  auch  die  Entschuldigungen  einer 
grofsen  Anzahl  beteiligter  Orte  enthält  —  Kreisarchiv  NOm- 
berg,  bej5.  and  citiert  S,  12'/6  N.  11.    Ein  auf  Crailsheim 

bezüglicher  Akt,  welcher  die  Instruktion  der  späteren  Unter- 
süchuugskomniission  daselbst,  aber  auch  die  Beschwcrdeartikel 
der  Gemeinde  und  Urgi(  litcn  Crailsheimer  Verdächtiger  enthält. 
—  Kreisarchiv  Kürn])erg,  bez.  u.  citiert  S.  V.L.  228.  Nr.  48. — 
Ergänzt  wird  er  durch  einen  andern  Crailsheimer  Akt  —  eben^ 
daselbst  S.  V.  L.  245.  Nr.  5  — ,  der  einige  Urfehden  gelange- 
ner  Bürger  und  Bauern  enthält. 

4)  Das  Hohenecker  Salbuch  —  Kreisarchiv  Nürnberg  bez. 

S.  10,  R.  2.  52.  — ,  welches  einen  Teil  der  Windsheimer  Chro- 
nik und  zwar  den,  der  den  Bauernkrieg  behandelt,  enthält,  ist 
fiir  diesen  Teil  der  Bewegung  von  geringer  Bedeutung. 

Es  würden  sich  noch  verschiedene  archivalische  Quellen 
anziehen  lassen,  welche  berücksichtigt  wurden,  wie  die  Faszikel 
der  Bayreuther  Serie,  der  Rothenburger  und  Bamberger  Bauem- 
kriegsakten,  verschiedene  Verzeichnisse  Auiständischer  und  Ur> 
fehden  etc. ,  da  dieselben  aber,  als  entweder  zeitlich  oder  räum- 
lieh  von  dem  Kern  der  AuiY;al)e  zu  weit  entfernt,  nicht  citiert 
wurden,  kann  deren  Aufführung  nach  Nummer  und  Lagerort 
füglich  unterbleiben. 

Bei  Druckwerken  hielt  es  der  Verfasser  für  besser,  nur 
diejenigen  hier  aufzuführen,  die  als  Quellenwerke  einschlägig  und 
zu  beachten  waren.    Es  sind  dies  in  erster  Reihe: 

Baumann,  Quellen  /.ur  Geschichte  des  Bauernkriegs  aus  Rothen- 
burg an  der    iauber,  —  citiert  als  Thomas  Zweifel  — , 

Baumann,  Quellen  zur  Ges(  hichte  des  Bauernkriegs  in  Ober- 
schwaben —  citiert  als  Baumann  I«),  beides  Editionen 
des  Stuttg.  Littr.  Vereins  —  Nr.  139  u.  Nr.  12Q  — »  dann 

Baumann,  Akten  zur  Geschichte  des  Deutschen  Bauernkriegs 
in  ( )bersch\\ nben  —  citiert  als  Baumann  II»)    — ,  femer 

Schafiler  und  Henner,  Geschichte  des  Bauernkriegs  in  Ostfraoken, 


a)  BaniDftnn  QueUcn. 


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20 


von  Magister  Lorenz  Fries,  —  citiert  als  Fries  — ,  Edition 
des  historischen  Vereins  von  Unterfranken  etc. 

In  zweiter  Reihe  stehen  die  ferneren  Editionen  desselben 
Vereins : 

Die  Stadt  Wttrzburg  im  Bauernkrieg  von  Martin  Cronthal,  Stadt- 

Schreiber  daselbst,  und 
Geschiclite  des  Kitzinger  Bauernkriegs  von  lüoronymus  Hnmtiier. 

Noch  erwähnt  mögen  hier  als  hauptsächlich  verglichen 
werden : 

W.  Zimmermanni  Geschichte  des  grofsen  Bauernkriegs,  —  citiert 
als  Zimmermann  I  und  II  —  Stuttgart  1856, 

Bensen,  Geschichte  des  Bauernkriegs  in  Ostfranken,  —  citiert 
als  Bensen, 

Jörg,  Deutschland  in  der  Revolutionsperiode  von  1522 — 26,  — 

citiert  als  Jörg  — , 
Öchsle,  Beitrage  zur  Geschichte  des  Bauernkriegs,  —  citiert  als 

Öchsle  — . 

Die  übrigen  zahlreichen  benützten  Druckschriften  ergeben 
sich  aus  den  Anmerkungen,  doch  ist  natürlich  archivalischen  Be- 
legen stets  der  Vorrang  gelassen. 


Wenn  wir  die  Kräfte  des  Widerstandes,  welchen  in  der 
grofsen  Bauernbewegung  von  1525  die  Fränkischen  Fürsten  und 

Herrschaften  den  die  Grenzen  ihn  r  Besitzungen  überflutenden, 
und  —  für  den  Augenbli«  k  unaufhaltsam  —  n;i(  h  der  Insur- 
gierung  ganz.  Frankens  strebenden  revolutionären  (  Ii  walten  ent- 
gegen zu  setzen  vermochten,  genauer  betrachten  und  nach  ihrer 
Einwirkung  auf  den  Gang  der  Ereignisse  würdigen,  so  ist  un- 
leugbar der  politische  und  kriegserfahrene  Fürst,  Markgraf  Ca» 
simir  von  Brandenburg,  derjenige,  der  durch  seine  diplomatische 
Feinheit  und  Überlegenheit  bei  den  Verhandlungen  mit  den 
Bauem^Heeren  sowohl,  als  durch  sein,  wenn  es  nötig  er- 
schien, mit  der  kühnen  Entschlossenheit  des  bewährten  Kriegs- 
fürsten gewagtes,  thatkräftiges  Eingreifen  mit  bewaffneter  Hand 
am  nieisten  dazu  beiträgt,  die  schwachen  Reste  staatlicher  Auto- 
rität zu  wahren,  die  volle  Ausbreitung  der  Bewegung  dagegen 
zu  beschränken  und  schliefslich  zu  hemmen. 


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—    21  — 

Während  von  den  Bistümern  nur  Würzbnrg  einen  für  den 

Verlauf  des  Kampfes  allerdings  sehr  wichtigen,  aber  doch  ntir 
rein  defensiven  Widerstand  —  durch  die  tapfere  Behauptung  des 
Frauenberges  —  leistet,  Ramberg  und  Eichstädt  aber  schon  dem 
ersten  Anprall  der  Empörung  erliegen  oder  nur  mit  fremder 
Hülfe  gerettet  werden,  während  die  freien  Städte  des  Reiches 
teils,  wie  Rothenburg,  der  Bewegung  zufallen,  teils,  wie  Nörd« 
lingen  und  Windsbeim,  durch  innere  Zwiste  wehrlos  gemacht 
sind;  SU  einer  Zeit,  während  welcher  es  dem  klugen, 
nachgiebig  erscheinenden  Regiment  der  patnzischen  Nürnberger 
Staatsmänner  nur  mit  Mühe  geh'ngt  eine  zweifelhafte  Neutralität 
zu  behaupten,  ist  Markgraf  Casimir  der  einzige  unter  allen 
Fränkischen  Ständen ,  der.  an  der  Spitze  seiner  kleinen,  mit 
Mühe  zusammengebrachten  Heerschaar,  den  grofsen  Heeren 
der  Aufständischen  Respekt  einflössend  und  sie  durch  ge- 
schickt geführte  Unterhandlungen  von  einander  isolierend, 
sich  nicht  scheut,  gegen  seine  nächsten  und  drohendsten  Feinde 
Gewalt  zu  gebrauchen. 

Die  heldenhafte  Verteidigung  der  Würzburger  Feste  allein 
würde  nicht  genügt  haben,  das  grofse  Fränkische  Voiksheer  — 
so  schlecht  und  vielköpfig  auch  dessen  Führung  war  —  am 
Fortschreiten  zu  hindern.  Ohne  des  Markgrafen  siegreiches  Vor- 
gehen  bei  Ostfaeim  gegen  die  Rieser,  ohne  seine  spätere,  gut- 
gewählte Beobachtungsstellung  bei  Markt-Erlbach,  welche  eine 
Teilung  der  Belagerungsarmee  vor  der  Bischofsburg  dem  ener- 
gischen Feinde  gegenüber  als  höchst  bedenklich  erscheinen  lassen 
mufste,  würde  ganz  Franken  wohl  schon  vor  Ankunft  der  Macht 
des  Schwäbischen  Bundes  verloren  gegangen  sein. 

Nur  der  von  ihm  drohenden  Gefahr  verdankte  es  wohl 

die  reiche  Noris,  wenn  die  Bauern  ihrer  so  sehr  angefochtenen 
XeutraataL  nicht  rascli  mit  den  W'atTen  ein  Ende  machten,  nur 
jener  verdanken  seine  —  (kirch  (iie  Verhandhingen  mit  dem 
Dinkelsbühler  und  Jagst- Flau fen  oder  der  Baniberger  Landschaft 
nur  sehr  problematisch  gesicherten  —  treu  i,a^l)1i(^bcncn  oder 
wieder  beruhigten  Amter  ihre  Ruhe  und  verhältnismäfsige  Sicher- 
heit, nur  aus  diesem  Grunde  liefs  sich  schliefslich  auch  das 
Fränkische  Heer  zur  Unterhandlung  mit  ihm  herbei. 


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—    22  — 


Wie  sein  Vater  Friedrich  ein  treuer  Anhänger  des  kaiserlichen 
beziehw.  Österreichischen  Hauses  hatte  er  von  Jugend  auf,  ob- 
gleich er  1507  Dompräbenden  genofs,  dessen  Fürsten  gedient 
und  seine  Sporen  als  Kriegsmann  sowohl  in  deren  Diensten  als 
in  eigenen  Fehden  erworben.  Noch  war  in  Franken  nicht  ver- 
gessen, wie  er  die  Nürnberger  in  der  Schlacht  vor  dem  Walde 
geschlagen,  kaum  noch  zum  Manne  erwachsen.  Im  Lands- 
huter  Erbfolgekrieg  in  der  grimmen  Böhmenschiacht  bei  Schön» 
berg  that  er  unter  Maximilians  Augen  den  ersten  AngriflT;  bei 
der  Belagerung  Kufsteins  war  er  zugegen.  Der  so  glorreich 
begonnene  und  so  resultatlos  verlaufende  Krieg  gegen  die  Vene- 
tianer  fand  ihn  ab  obersten  Feldhauptmann  in  Tyrol.  Für 
seine  überaus  thätige  Verteidigung  versprach  nicht  nur  der  Kaiser, 
ihm  binnen  3  Jahren  54000  Gulden  rheinisch  auszahlen  /u  lassen, 
sondern  auch  die  Grafschaft  selbst  bedankte  sich  unter  grtifsen 
Lobeserhebungen  auf  das  verbindlichste  bei  ihm^)  Auf  den 
Reichstagen  zu  Worms  und  Trier  führte  er  sich  näher  in  die 
reichsständischen  Verhandlungen  ein.  £s  ist  bekannt,  wie  und 
üach  welchen  Kämpfen  Markgraf  Casimir  und  sein  Bruder  Georg 
—  nach  dem  wegen  Geisteskrankheit  erfolgten  oder  vielmehr 
erzwungenen  Rücktritt  seines  Vaters  —  als  Regenten  an  die 
Spitze  der  beiden  Fränkischen  Fürstentümer  ob  und  unter  dem 
Gebirg  traten. 

Da  Markgraf  Georg  meistens  als  Freund  und  im  Dienst 
des  Königs  von  Un^-^nr?)  an  dessen  Huf  verweilte,  so  war  Mark- 
graf Casimir  der  eigentliche  Regent  und  Herr,  aber  auch  er 
mufste  wegen  der  schlechten  Finanzlage  des  Landes,  trotzdem 
er  seit  1518  mit  der  Nichte  Kaiser  Maximilians,  Susanna  von 
Bayern,  vermählt  war,  suchen  —  wie  es  auf  dem  Baiersdorfer 
Landtag  ausgemacht  worden  —  durch  seine  Dienste  bei  andern 
Fürsten  seine  pekuniäre  Lage  zu  verbessern. 

Bei  seinem  stets  bewiesenen  Eifer  für  die  Österreichische 
Partei  war  es  nur  natürlich,  dafs  sich  bei  der  Kaiserwahl  des 
Jahres  1510  das  Augenmerk  Karls  vnn  Spanien  suwühi  als  seines 
Bruders  Ferdinand  auf  ihn  richtete,  als  e>  L-alt,  die  besten  Unter- 
händler mit  den  Kurfürsten  auslindig  zu  machen. 

Mit  äufserstem  Lobe  erwähnen  sowohl  Karl  als  Ferdinand 
die  Verdienste,  die  er  sich  durch  Klugheit  und  Famüienbeziehungen 


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—   23  — 


tun  das  Zustandekommen  der  Wahl  des  Spanischen  Monarchen 
erworben  hätte.    Viertausend  Gulden  jährliche  Pension  waren 

ihm  —  dem  Markgrafen  —  schon  am  24.  Dezember  1518  von 
Karl  versprochen  worden,  von  dem  Taije  der  Wahl  an  zu  be- 
zahlen. Arn  29.  Juii  von  Barcelona  aus  sandte  ihm  der  Kaiser 
ein  von  Dank  überfliefsendes,  höchst  gnädiges  Schr  ilMn^). 
Auch  sonst  leistete  er  die  wesentlichsten  Dienste;  als  Landes- 
hauptmann von  Österreich  lobt  Erzherzog  Ferdinand  seinen  Eifer 
ßir  das  Erzhaus  und  seine  Kriegserfahrung  aufs  höchste^. 

Aufs  neue  bewies  er  seinen  staatsmännischen  Blick,  als 
er'un  Jahre  1522  als  Beisitzer  des  Reichsregiments  vorschlug, 
zur  Erhaltung  desselben  und  des  kaiserlichen  Kammergerichtes 
einen  »gemeinen  Zolk  auf  alle  fremden  Kaufmannsgüter,  sowie 
auf  die  ausgeführten  Deutschen  Oüter  zu  legen,  zweitens  zu  dem- 
selben Zwecke  dem  Papste  die  Annaten  und  Pensionen  vorzu- 
enthalten, Mittel,  welche  sowohl  Regiment  als  Kamnicrgericht 
von  dem  guten  Willen  der  Territorialherrschaften  unabhängig 
gemacht  hätten.  Als  nach  der  Niederwerfung  des  kühnen 
Sickingen  das  Regiment  gestürzt  wurde,  war  er  natürlich  auch 
in  Mitleidenschaft  gezogen  worden,  zumal,  da  er  besonders  unter 
dem  Mifstranen  der  Städte  und  dem  Hafs  der  Baierischen 
Politik,  deren  hauptsächlichster  Gegner  unter  den  Fränkischen 
Fürsten  er  als  eifriger  und  vertrauter  Anhänger  des  Habsburgi- 
schen  Hauses  war,  schwer  zu  leiden  hatte*). 

Bei  Ausbruch  der  grofsen  Volksbewegung  stand  Markgraf 
Casimir  in  seinem  vierundvierzigsten  Lebensjaiire.  Kein  glänzen- 
der Kampf-  und  Tumierheld  wie  sein  Grofsvater  und  Vater  war 
er  doch  ein  erprobter  Krieger,  ein  tüchtiger  Feldherr  und  Staats- 
mann. Trotz  des  schweren  und  schmerzhaften  Steinleidens,  das 
ihn  damals  quälte,  war  sein  Geist  und  seme  Willenskraft  stark 
und  ungebrochen.  Schon  krank,  schwachen  Leibes  zog  er  aus, 
die  Riesbauem  zu  schlagen^),  indem  er  seinem  System  getreu, 
um  sie  zu  isolieren,  mit  denjenigen  Haufen,  von  denen  sie  Hülfe 
hätten  erwarten  können,  erfolgreiche  UnterhandluiiL^i-n  anknüpfte. 
Wie  unernuidlich  er  in  letzteren  stets  war,  läl'st  si«  h  aus  den  /u 
seinem  grofsen  Kummer  resultatlos  verlaufenen  Verhandlungen 
mit  Rothenburg  und  Nürnberg,  aus  den  so  oft  beschickten  und 
doch  endlich  vergeblichen  Neustädter  Tagen  ganz  genau  erkennen. 


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—    24  — 


Attfs  beste  war  er  bedacht,  bei  den  Bauernheeren  vertraute  oder 
wenigstens  bekannte  Personen  —  2.  B.  in  Rothenburg  Stephan 
von  Menzingen,  im  Fränkischen  Heer  Florian  Geyer,  im  Ell- 
wanger Haufen  die  adeligen  Bauernräte  und  Chorherren  Wilhelm 

von  Hefsberg  und  Hans  von  Gültingen  —  zu  benützen.  \on 
ihnen  Nachrichten  einzuziehen,  bei  Verhandlungen  sich  ihrer  zu 
bedienen. 

Ebenso  unermüdlich  wie  in  seinen  politischen,  war  er  auch 
in  allen  sonstigen  Geschäften. 

Nichts  durfte  ohne  ihn  entschieden  werden,  selbst  bei 
Kleinigkeiten  wurde  seine  Entscheidung  angerufen.  Es  findet 
sich  unter  anderm  wohl,  dafs  er  genaue  Anweisung  erteilt'),  wie 
die  Sommerkleidung  seines  Hofgesindes  anzufertigen  sei;  dafs 
die  Räte  bei  ihm  anfragen,  ob  das  in  grofser  Anzahl  zu  Onolz-' 
blich  stehende  Rimlvieh  geschhu  liLct  und  eingcsalzcn  werden 
solle,  weil  es  sonst  zu  Grunde  gehen  mürste®):  er  entscheidet, 
welclie  Kost  dem  Abt  des  voriäufig  zu  Händen  genommenen 
Klosters  Ueilsbronn  gegeben  werden  soll  Sehr  oft  finden  sich 
auf  den  Akten  und  anderweitigen  Schriftstücken  eigenhändige 
Vermerke,  auch  Postscripta^^),  sehr  oft  entscheidet  er  ohne 
Jemand  weiter  um  Rat  zu  fragen  ^^).  Trotzdem  war  er  weisem 
Rat»  nicht  unzugänglich,  ja  oft  erinnerte  er  die  Räte,  wenn  sie 
ihm  —  besonders  wenn  er  weiter  entfernt  —  wichtige  Sachen 
zuschickten,  ohne  ihre  Ansicht  darüber  auszusprechen,  mit  grofsem 
Ernste  daran,  auch  ihr  Votum  beizufügen  ^-).  Überhaupt  tadelte 
er  Unterlassungen  und  Fehler  ziemlic  h  streng,  selbst  seine  Günst- 
linge waren  nicht  sicher  vor  herbem  Tadel  *^),  wenn  sie  etwas 
vernachläfsigten,  wie  denn  sein  Charakter  überhaupt  zur  Strenge, 
ja  Härte  neigte^*). 

Seine  und  seines  Landes  traurige  Finanzlage  nötigte  den 
Markgrafen  zu  äufserster  Sparsamkeit,  die  nicht  selten  an  Geiz 
zu  streifen  schien.  Er  schreibt  wohl  einmal  an  Markgraf  Georg, 
dafs  man  ihn  für  einen  kargen  Mann  halte,  ^^der  nicht  könne  essen 
und  Lunken  sehen  :.''')  An  den  Hochmeister  Aibrerht  schreibt 
er  einmal,  dalb  er,  um  nur  seinen  «fursUichen  Stand  und  Wesen« 
zu  erhalten,  von  Tag  zu  Tag  mit  grofsen  Beschwerden  Geld 
aufbringen  und  entleihen  müsse,  dafs  er  für  den  Württemberger 
Krieg  monatlich  ÖOO  Gulden  —  auch  wieder  durch  Anleihen  — 


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—    25  — 


habe  aufbringen  müssen,  und  dafs  er  den  Nttmbergem,  die  ihm 
.wegen  des  in  seinem  Lande  auf  kaiserlichen  Befehl  —  d.  h. 
eigentlich  des  Reichsregiments  —  angeordneten  Zoll  bereits 
in  seinem  Lande  Gewaltthätigkeiten  zugefügt,  fast  wehrlos  gegen* 
über  stehe Im  Herbst  1522,  drei  Jahre  später,  schreibt 
er  diesem  seinen  Bruder,  dafs  er  nicht  im  Stande  sei,  auch  nur 
500  Uuidcn,  die  man  von  ilim  verlangte,  zu  zahlen^'). 

Die  drückende  Schuldenlast  mit  ihrer  damaligen,  über« 
mäfsigen  Verxinsung,  die  Markgraf  Casimir  teils  von  seinem 

Vater  vorfand,  teils  in  Diensten  des  Kaiserhauses,  das,  so  frei- 
gebig es  auf  dem  Papier  mit  Versprecliungen  gewesen,  sich  sc» 
zäh  bei  dem  Versuch,  die  Forderung  zu  realisieren,  erwies,  noch 
vermehrt  hatte  die  schlechte  Verwaltung  und  primitive  Art 
der  Steuererhebung,  die  vielen  Exemtionen  des  Adels  und  der 
Geistlichen,  die  bedeutend  gewachsenen  Reichs-  und  Bundes- 
Anlagen,  die  Habsucht  seiner  Brüder  bei  der  Festsetzung  ihrer 
Deputate  waren  hinreichende  Gründe,  dafs  er  finanziell  nie  auf 
einen  grünen  Zweig  gelangen  konnte.^  Nur  erklärlich  ist  es  des- 
halb, dafs  in  diesen  Nöten  der  Fürst  mit  äufserster  Zähigkeit 
auf  seinen  Rechten  -  oder  was  er  dafür  hielt  -  bestand,  wenn 
sich  von  irgend  einer  Seite  neue  üeldipiellen  für  ihn  zu  eröffnen 
schienen,  sei  es,  dafs  er  als  »Herr  des  Krieges«  die  Ottinger 
Uuterthanen  schätzte  oder  als  Landesfürst  den  armen  Leuten 
seines  Adels  —  trotz  ihrer  Herren  Widerspruch  —  Brand- 
schatzungs-  und  Schaden-Gelder  auferlegte  ^'). 

Dafs  unter  sothanen  Umständen  che  Anlagen  des  Schwäbi- 
schen Bundes  nur  zögernd  und  trotz  aller  Mahnschreiben  in 
immer  langsamer  werdendem  Tempo  eingezahlt  wurden,  ja  zuletzt 
ganz  und  gar  ausblieben,  verstand  sich  beinahe  von  selber, 
machten  es  doch  die  andern  bedrohten  Stände,  besonders 
in  Schwaben,  auch  nicht  viel  anders,  so  dafs  Nürnberg,  auf 
dem  wie  auf  den  andern  Reichsstädten  hauptsächlich  die  Geld- 
macht des  Bundes  beruhte,  tmd  welches  deshalb  die  Lasten 
mit  am  scliwersten  empfand  sich  durch  seine  Gesandten  gar 
bitterlich  iiber  (his  Bevorzugen  der  Schwäbischen  und  die  Zurück- 
setzung der  l'ränkischen  Bundesstande  — -  aufser  bei  etwaigen 
Zahlungsforderungen  ^  beklagen  liefs^"). 


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—    26  — 


In  diesem  leidtgen,  ewigen  Geldmangel  in  der  Zeit  drohend- 
ster Gefahr  liegt  ohne  Zweifel  auch  der  eigentliche  Grund  fttr- 

das  Verfahren,  von  gefangenen  Aufrührern  grofse  Geldsummen 
unter  Tudesandrohun^  zu  erpressen,  bezw.  für  die  Verschoiiung  zu 
nelimcn^'),  ein  Verfahren,  das,  so  sehr  es  gegen  das  moderne 
Gefühl  verstöfst,  doch  einerseits  in  damaliger  Zeit  und  auch 
noch  später  zum  Kriegsgebrauch  gehörte,  andererseits  jedoch 
auch  mit  in  des  Markgrafen  unleugbarer,  sich  manchmal  bis  zur 
Grausamkeit  steigernden  Härte  begründet  ist.  * 

Diese  Neigung  zur  Grausamkeit  ist  jedoch  oft  so  Ober- 
trieben dargestellt  worden,  dafs  hinter  ihr  Jeder  andere  Charakter- 
zug zurücktritt,  und  Markgraf  Casimir  nur  als  blutiger  Henker 
gezeichnet  erscheint.  Dafs  das  blutige  Kitzinger  Gericht  mit 
seinen  Massenblendungen  stets  einen  bösen  Fleck  auf  seinem  Bild 
zurücklassen  wird,  ist  ebenso  gewifs,  als  dafs  der  Markgraf  son?t 
weder  den  Schwäbischen  Bund  noch  tlen  frommen  Bischof  Kon- 
rad von  Würzburg»  noch  die  verbündeten  siegreichen  Fürsten 
zu  Frankenhausen  oder  die  kaum  wieder  restituierten  Ehrbarkeiten 
von  Rothenburg  und  Mühlhausen  und  noch  viele  andere  an 
Härte  und  Grausamkeit  übertrifft.  Von  religiösem  Fanatismus 
irgend  einer  Art  war  bei  ihm,  dem  blofs  mit  den  Faktoren  der 
Politik  rechnenden  Staatsmanne,  natürlich  schon  gar  nicht  die 
Rede. 

Ohne  sich  den  \V;ilirheiten  der  neu  aufkuinmcnden  Mei- 
nungen geradezu  zu  vcrschliefsen,  nahm  er  doch  nur  zögernd 
und  auf  den  Antrieb  anderer  an  deren  Entwickeluiig  l  eil,  aber 
wenn  ihn  auch  seine  vorsichtige  Art  und  sein  konservativer  Sinn 
nur  langsam  dem  Druck  der  Bewegung  und  dem  Anliegen  seines 
eifrigen  Bruders  Georg  und  seiner  Landstände  den  Voistellungen 
seiner  von  dem  ränkevollen  obersten  Sekretarius  Georg  Vogler 
aufgeforderten  oder  doch  geleiteten  Städte'^  nachgeben  liefsen, 
so  erkannte  andererseits  sein  politischer  Scharfblick  doch  gar 
bald,  in  welchen  vorteilhaften  Stand  gegen  seine  Geistlichkeit 
—  besonders  die  Klöster  —  und  deren  Oberhirten,  die  Bischufe 
ihn  der  Anschlufs  an  die  reformatorischen  Ideen  versetzen  nmiste. 

Wenn  er  schon  nach  dem  Ansbacher  Landtag  von  1524**) 
befohlen  hatte,  das  Wort  Gottes  lauter  und  rein  zu  predigen, 
und  wenn  er  sich  während  des  Kampfes  mit  den  Bauern  diesen 


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—    27  — 


gegenüber  stets  darauf  berief,  dafs  es  der  reinen  Predigt  des 

Evangeliums  halben  in  seinen  Landen  gar  wenigen  Mangel  habe 
und  dafs  er  ein  christlicher  Fürst  sei,  so  dafs  manche  der- 
selben ein  gutes  Zutrauen  zu  ihm  bekamen,  so  eilte  es  ilini  doch 
bei  weitem  weniger,  die  seinen  Städten  verhafsten  alten  Ge- 
bräuche und  Ceremonien  abzuschaffen,  als  die  in  seiner  Finanz- 
not ihm  so  recht  zu  Pafs  kommenden  Klostergüter  —  vorläufig 
unter  dem  Vorwand  sie  vor  den  Bauern  zu  schützen  — ,  so  weit 
es  noch  der  Aufruhr  erlaubte,  zu  Händen  zu  nehmen  und  zu 
inventarisieren.  Das  Ausschreiben,  das  er,  nachdem  die  Waffen 
der  Herren  über  die  armen  Leute  den  Sieg  davon  getragen, 
ergehen  liefs,  :»wie  die  vergangen  emporung  und  aufnim  den 
merern  tail  durch  ungelert  und  ungeschickte  prediger  und 
predig  entstanden«,  nebst  einein  christlichen  Unterricht,  wie 
fortan  von  rechtem  wahren  christlichen  Glauben  und  rechter 
wahrer  christlicher  Freiheit  des  Geistes  gepredigt  werden  solle, 
worin  die  Lehre  von  dem  Glauben  mit  ganz  besonderer  Vorsicht 
gelehrt  und  festgestellt  wird,  ist  wohl  mehr  eine  landesfürstlich- 
polizeiliche  Anweisung  für  die  Prediger  mit  entsprechendem  Hin- 
weis  für  die  Gemeinden,  als  eine  evangelische  Erklärung  der 
betreffenden  Texte.**). 

Dafs  bei  der  genauen  Verbindung  des  Mark^^Tafen  mit  dem 
Kaiserhaus  —  Casimir  ist  noch  auf  dem  Speirer  Reichstag  Kommissär 
des  Kaisers  und  stirbt  im  nächsten  Jahre  als  dessen  Fcldhauyit- 
mann  nach  der  Eroberung  Ofens  —  dessen  gewaltiger  Kintlufs 
seinen  nur  schwachen  Drang  nach  evangelischer  Wahrheit  bei 
weitem  überwog,  dürfte  aus  seiner  Stellungnahme  zu  seinem 
Bruder  Georg  und  seinen  Bemühungen,  die  alten  Ceremonien 
zu  erhalten,  ebensowohl  hervorgehen,  als  aus  seiner  mehr  ab- 
wartenden, seinen  politischen  und  persönlichen  Verbindungen 
Rechnung  tragenden  Haitun i?.  aus  seinem  Verhalten  gegen  seine 
evangelischen  (  »eistlichen.  g<  n  den  Ansbacher  Pfarrer  Juhann 
Rurer  (oder  Rohrer);  sowie  bei  dem  Streite  des  altehinbis/en 
Pfarrers  und  Chorlierren  Johann  Dietrich  und  des  neugläubigen 
Predigers  Vogtherr  zu  Feuchtwangen  erhellen  dürfte*'*),  dafs 
Casimir  in  unserm  Sinne  weder  Katholik  noch  Protestant  genannt 
werden  könne,  am  wenigsten  wohl  aber  das  letztere. 


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I 


Die  Anfänge  der  Bewegung  im  Fürstentum 
unterhalb  des  Gebirgs  bis  zum  Ansbacher  I^andtag. 

a6.  April. 


Schon  bei  der  von  Forchheim  im  Mai  und  Juni  1524  sich 
den  RegaiLzi;rund  hinab  bis  nach  Herzogenaurach  und  über 
das  Nürnberger  (lebiet  ausbreitenden  Empörung  hatte  Markg^raf 
Casimir  sogleich  die  Notwendigkeit  erkannt,  mit  Bischof  Weigand 
von  Bamberg  und  den  Nürnberger  Herren  gemeinsam  den 
gefahrdrohenden  Feuerbrand  zu  ersticken,  und  dies  war,  beson- 
deis  im  Gebiete  der  Keichsstadt,  mit  seiner  Hülfe  fast  ohne 
Blutvergiefsen  darcb  den  überaus  entmutigenden  Eindruck  der 
gewaltigen  Rüstungen  erreicht  worden 

Wie  nun  im  Februar  die  Erhebungen  der  Bauernschaften 
in  Schwaben  immer  mehr  und  mehr  anschwollen,  und  in  Folge 
dessen  der  Schwäbische  Bund,  der  schon  am  1 1 .  das  erste 
Drittel  der  eilenden  Hülfe  (78  Mann  zu  Rois  mit  Spiersen>  bin- 
nen 14  Tagen  abzusenden  und  das  zweite  bereit  zu  halten 
befohlen  hatte,  immer  dringender  in  fast  täglichen  Schreiben 
bald  um  das  zweite  und  dritte  Drittel»  bald  auch  um  Geld,  um 
fremde  Knechte  annehmen  zu  können,  mahnte,  beeilte  sich 
der  Markgraf,  seine  Lehensträger,  Landsassen  und  Diener  auf- 
zubieten, von  denen  sich  verhältnismäfsig  nur  wenige  nicht 
einfanden  und  entschuldigten,  und  jseine  Klöster  und  Städte 
zur  Stellung  der  ihnen  -ebiihrenden  Hülfe  an  Mannschaft  und 
Geld  anzuhalten,  was  ihn  aber  durchaus  nicht  abhielt,  einige 
Unklarheiten  und  Vetsohcn  in  den  bün<lis<  hcn  Ausst  lireilten 
zu  benutzen,  um  die  Absendung  seines  Anteils  an  den  verschie- 
denen,  sich  fast  überstürzenden  Geldanlagen  zu  verzögern  und 
zu  unteriasseut  Zu  gleichem  Zwecke  mufste  ihm  später  die  von 


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—    29  — 


den  Bauern  drohende  Gefahr  dienen.  Er  woUte  seine  geringen 
Mittel  beisammen  und  in  der  Hand  behalten*^. 

Am  13.  März  erliefs  er  an  alle  Amtleute,  Kastner  und 

Vögte  seiner  Ämter,  sowie  an  die  Bürgermeister  und  Räte  der 
Städte  ein  Mandat,  fleifsig  Achtung  und  Erfahrung  in  ihren 
Bezirken  zu  thun  nach  leichtfertigen  Leuten,  die  sich  unterstün- 
den, Aufruhr  und  Empörung  zu  machen,  sie  in  den  Turm  zu 
legen  und  bis  auf  ferneren  Bescheid  wohl  zu  verwahren.  Wären 
sie  derselben  allein  für  sich  nicht  mächtig,  so  sollten  sie  es 
sogleich  melden»  dann  würde  er  persönlich  oder  auf  andere 
Weise  dil&selben  zu  strafen  wissen.  Kurze  Zeit  darnach  —  etwa  am 
20.  März  —  schärfte  er  dies  nochmals  ein,  indem  er  zugleich 
besonders  darauf  hinwies,  dafs  das  Vorgeben  der  Bauern,  sie 
handelten  nur  für  das  Evangelium,  falsch  sei,  da  in  seinen  Lan- 
den des\\ej,a^n  kein  Mangel  zu  finden,  er  viehnehr  als  ein 
christlicher  Fürst  stets  auf  lautere  Predigt  desselben  gehalten 
und  gedrungen  habe-^}. 

Aber  schon  sah  sich  der  Fürst  genötigt,  Gewalt  zu  ge- 
brauchen. 

Um  den  Hesselberg  und  besonders  zu  Weilthigen  im  Ober- 
amt Wassertrüdingen  hatten  sich  die  Bauern  auf  den  Sonntag 
OcuU  —  19.  März  —  zu  einem  »säusack,«  einer  Metzebuppe, 
verabredet.    Der  Markgraf,  der  unter  dem  harmlosen  Scheine 

gar  wohl  die  gefährliche  Absicht  erkannt  hatte,  beorderte  so- 
fort Wulf  von  Künsberg  mit  etliclien  Pferden  dahin,  indem  er 
zugleich  die  Ottinger  (irafen  einlud,  mit  ihm  gemeinsam  dagegen 
zu  handeln  und  dem  Amtmann  von  Hohen- und  Wasser-Trüdingen, 
Herrn  Kaspar  Schenk*),  Befehl  gab,  mit  Hülfe  seines  Amtes, 
der  von  Lentersheim,  der  Reisigen  und  der  benachbarten  Öt- 
tingischen  Amtleute  sie  anzugreifen.  Wäre  jedoch  die  Bauem- 
versammlung  ihm  zu  stark,  dann  sollte  er  es  melden.  Der 
Markgraf  wollte  für  diesen  Fall,  wie  er  den  Öttinger  Grafen 
vorschrieb,  selbst  mit  Heeresmacht  dahin  aufbrechen**).  Die 
Bauern  wurden  jedoch  zersprengt  und  so  in  Schrecken  gesetzt, 
dafs  Casimir  durch  seinen  Sekretär  Antoni  Graber  bei  dem 
Rothenburger  Rat  mit  Stolz  auf  den  Erfolg,  wenn  man  beim 

*)  SeiD  ganser  Titel  wSre  »Herr  Kaspar  Scheok  von  Schenkenstein 
Rittar,  Avtinaiiii  etc.« 


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—   30  — 


Beginn  der  Empörung  sofort  einschreite,  hinweisen  zu  dUrfen 
glaubte»"). 

Um  noch  mehr  Schrecken  zu  erregen,  hatte  er  durch  Herrn 
Kaspar  Schenk  zu  Wassertrildingen  und  Auhausen  auf  mehrere 
hundert  Pferde  Quartier  ansagen  lassen,'*^)  und  am  24.  März 
schrieb  er  an  die  Ämter,  dafs  in  Folge  des  Aufruhrs  in  der 
Rothenburger  Landwehr  der  schwäbische  Bund  sich  entschlossen 
habe  und  einen  stattlichen  reisigen  Zeug,  auch  etliche  tausend 
zu  Fufs  nebst  ziemlichem  Feldgeschütz  heraufverordnen  werde. 
Sie  sollten  sich  mit  Proviant  versehen,  sich  auch  selbst  in  Rü- 
stung setzen,  um  ihm  auf  Befehl  zuziehen  zu  können.  Ja  einein 
Teil  wurde  bereits  aufgetragen  auf  so  und  so  viele  Pferde  der 
imaginären  Buiuieshülfe  Quartier  und  Stallung  bereit  zu  halten,*^ 
eine  Mafsregcl,  die  kaum  gutes  Blut  gemacht  haben  dürfte.^) 
Schon  am  29.  März  regte  es  sich  wieder  um  den  Hesselberg. 

Die  von  Wittelshofen  waren  um  die  vierte  Stunde  des  Mor- 
gens durch  den  Bader  von  Gerolfingen,  den  >^  linden i);uirx  und 
»jung  Kunla«  daselbst  aufuemahnt  worden,  zu  ihnen  und  den 
anderen  Bauern  von  (jerolfingen,  Aufkirchen,  Rockingen,  Len- 
tersheim  und  ßeyerberg  zu  ziehen.  Wenn  sie  es  nicht  thäten,  so 
sollten  sie  sehen,  was  ihnen  daraus  erfolge. 

Schon  in  der  Nacht  um  12  Uhr  hatten  die  Wittelshofer 

ein  grofses  Feuer  auf  dem  Hesselberge  bemerkt,  aueh  die 
Tronunel  selilagen  huren,  doeli  liefsen  sie  sich  nicht  so  leicht 
fortreilsen,  wie  wohl  die  Bauernfuhrer  gedacht  hatten.  Sie  woll- 
ten es  erst  an  ihre  Herren,  Dechant  und  Capitel  zu  ünolz- 
bach,  gelangen  lassen,  gaben  sie  den  Gesandten  zur  Antwort. 
Natttrlich  wurde  es  dem  Markgrafen  mitgeteilt,  der  sofort  die 
nötigen  Mafsregeln  ergriff.  Die  geängsteten  Wittelshofer  wurden 
mit  dem  Versprechen  »Schirm  und  Schutzes«  nach  Hause  entlas- 
sen, und  Hr.  Kaspar  Schenk  erhielt  den  Auftrag,  die  erwähnten 
Aufmahner,  sowie  6  oder  8  andere,  die  auf  dem  Hesselberg 
gewesen,  .iniiehineti  und  nach  \\  asisertrudnigL-n  fuhren  zu  hissen. 
Dort  sollten  sie  mit  Ernst  verhört  werden,  warum  sie  sich  /ai- 
sanunen  geiuttct  und  des  Markgraten  Unterthanen  aufgemahnt 
hätten,  was  ihr  Ansclilag  und  Fürnehmen  gewesen,  auch  von 
wem  sie  in  solchem  »hilf,  bestand  oder  trost  haben,«  sie  müfsten 


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—    31  — 


es  bekennen»  »sie  sagten  es  mit  lieb  oder  mit  Uid.c  Ihre 
Bekenntnisse  seien  »klar  und  lauter«  schriftlich  zu  überschicken. 
Um  weiterem  Aufruhr  xuvonukommen,  erhielt  der  Amtmann 
den  Auftrag,  zu  Gerolfingen  und  im  ganzen  Amt  durch  die 
Amtsknechte  von  Stund  an  warnen  zu  lassen,  sich  nicht  zu  den 
Aufrührern  zu  gesellen,  sundern  sich  als  fromme  Leute  gehor- 
saiiiUch  zu  halten.  Der  Markgraf  versprach  dagegen,  sie  »gne- 
dig  hanthaben,  schützen  und  schirmen«;  zu  wollen.  Mit  Nach- 
druck wurde  auf  die  Wichtigkeit,  gute  Kundschaft  auf  die  Bauern 
im  B.ies  und  um  den  Hesselberg  zu  bestellen,  auch  verdächtige 
Anzeichen  gleich  nach  Ansbach  zu  melden,  in  der  Instruktion 
des  Amtmanns  hingewiesen.  Herr  Kaspar  Schenk,  der  schon 
von  Gerolfingem  und  andern  der  Sachen  berichtet  worden, 
und  dessen  Unterthanen  zu  seinem  grofsen  Zorne  sich  unter 
den  vordersten  Unzufriedenen  befanden,  schickte  eilends  den 
Vogt  liaas  Himmler  —  auch  Hymler  geschrieljcn  —  ins  Amt 
hinaus,  sich  zu  Lentcrshcim  und  Kliingen  der  Sachen  zu  erkun- 
digen. Derselbe  fand  die  Stimmung  im  ganzen  nicht  ungünstig, 
war  man  doch  sogar  nicht  abgeneigt,  die  Aufständischen,  die 
etwa  30  an  der  Zahl  auf  dem  Berge  lagerten,  mit  (iewalt  zu 
'vertreiben.  Zwei  Ehinger  Kundschafter  brachten  jedoch  bald 
die  Nachricht,  dafs  sie  eilends  abgezogen  und  wohl,  da  .sie 
gesehen,  dafs  ihre  Hoffnung  auf  Anschlufs  vereitelt,  zu  den 
Bauern  im  Ries  gestofsen  wären.  Stolz  versicherte  Herr  Kaspar 
in  seinem  Bericht  hierüber,  dafs  er  und  der  Vogt  sich  derma fsen 
gehalten,  tiais  er  nicht  zweifle,  >/dafs  sich  keiner  von  e.  1.  ga. 
zu  disem  mal  thon  werd  -.  Um  die  fj^ute  Stimmum;  und  Hal- 
tung zu  erhalten  untl  /.u  festigen,  riet  er  bei  der  Auflage  zur 
Bestreitung  der  Bundischen  Anlagen  ein  Einsehen  zu  thun. 
Andererseits  mufste,  um  auch  den  Schrecken  wirken  zu  lassen, 
des  Baders  Weib,  der  zu  Gerolfingen  sich  zu  den  Bauern  gesellt 
hatte,  mit  ihren  Kindern  Haus  und  Gut  verlassen  und  ihm  nach- 
ziehen, da*  ja  die  Rädelsführer,  zu  denen  ihr  Mann  auch  gehörte, 
zu  den  Rieser  Bauern  entkommen  waren,  darunter  besonders 
viele  Unterthanen  des  Amtmanns  selber,  der  sie,  schon  um 
seinen  Kifer  zu  beweisen,  gar  zu  gerne  gestraft  hatte 

Schon  seit  einigen  Tagen  bildeten  sich  nämlich   im  Ries 
—  bei  Ueiningen  sowie  auf  dem  Ipf  oder  Nipf  zwischen 


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32 


Bopfingen  und  Nördlingen  —  gröfsere  noch  vachsende  Ansamm- 
lungen von  Bauern*^}. 

Am  20.  März,  nachdem  der  bei  Bopfingen  gelagerte 
Haufe  in  der  Stärke  von  etwa  300  Mann  sich  mit  den  andetn 
gelagert  hatte,  war  die  Zahl  der  Aufständischen  etwa  2500,  vuu 
(liMK'ii  jedoch  mehr  als  die  Hälfte  nur  zum  Haufen  genötigt, 
ein  grofser  leil  nicht  mit  Wehr  und  anderem  gerüstet  war. 
Jörg  Haberkorn,  der  Öttingische  Hofmeister,  der  dies  dem  Mark- 
grafen berichtet,  fügt  bei,  er  getraue  sich,  denselben  mit  300 
Pferden  und  etlichen  Schlangenbttchsen  »alle  jre  recht  se  thon.< 
Er  und  sein  Herr  hätten  sie  besichtigt  und  hätten,  wenn  sie 
gewollt,  leicht  bei  150  Mann  erstechen  können.  Es  sei  lain 
erschrocküch  jemerlich  volkc  ohne  alle  Vorsicht.  Die  ipuben 
von  VVeiltingen  c,  schreibt  er  ferner,  liefsen  sich  hören,  dafs  sie 
täglich  auf  Verstärkung  warteten  und  die  Zerstörung  der  Klöster 
beabsichtigten.  Seine  Herren  wollten  ohne  die  Stände  nicht 
gegen  die  Bauern  handeln^*). 

Bald  aber  stärkte  sich  der  Haufe  bis  auf  800U,  ja  wenn 
man  Thomas  Zweifel,  dem  Rothenburger  Stadtschreiber,  glauben 
will,  auf  15000  Mann Die  Öttingischen  Bauern,  ja  viele  Bür- 
ger von  Otlingen  selbst,  auch  die  markgräflichen  Unterthanen' 
von  Weiltingen,  Aufkirchen  und  andern  Dörfern  der  Gegend 
liefen  trotz  allen  Abmahnens  ihnen  zu**). 

Hatte  Markgraf  Casimir  auch  schon  von  Anfang  an  alles 
aufgeboten,  um  das  Eindringen  der  aufrührerischen  Bewegung 
in  seinen  Grenzdistrikten  zurückzuvs  eisen,  so  sah  er  docli  sehr 
wohl  ein,  dafs  es  notwendig  sei,  dieser  Gefahr  au  die  Wurzel 
zu  kommen,  und  dafs  dies  nur  durch  offensives  Vorgehen  gegen 
den  grofsen  Haufen  im  Ries  zu  erreichen  sein  würde. 

Als  daher  die  Öttinger  Grafen  unterm  9.  April  ihm  einen 
»sondern  anschlag  wider  den  grofsen  häufen  bauren  im  Riese 
zu  erkennen  gaben,  »wie  zuvorderst  mit  der  bundischen  und 
etlicher  ander  anstofsenden  fllrsten  hilf  gegen  denselben  häufen 
bauren  vermittels  göttlicher  gnaden  statlich  furgenommen  werden 
süllci  mit  dci  lütte,  auch  seine  Hülfe  dazu  schicken  zu  wollen, 
willigte  er  gerne  ein  und  versuchte  die  Fränkischen  Rischöfe 
zu  bewegen,  sich  endlich  Uber  die  in  dieser  Aufruhr  zu  stei- 
lende Hülfe  zu  vereinen,  den  Tag  und  den  Ort  zu  bestimmen, 


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—    33  — 


an  welchem  jeder  mit  seiner  Anzahl  im  Felde  sein  sollte.  Würden 
die  Riesbauem  geschlagen,  so  könnte  man  das  Kricgsvolk 
auch  aiulorwiirts  gebrauchen.  Zu  {gleicher  Zeit  schlug  er  vor, 
die  Kurfarsten  und  Fürsten  von  Mainz,  Pfalz  und  Hessen  um 
Unterstützung^  anzugehen i. 

Am  12.  April  beschlossen  die  auf  dem  zweiten  Neustädter 
Tag  versammelten  Räte,  dafs  man  auch  beim  Schwäbischen 
Bund  um  Beistand  ansuchen  sollte.  Auch  sollten  schon  am  18. 
die  vier  Fränkischen  Fürsten  ihre  »statliche  verstendige  kriegs* 
räte«  wieder  zusammenschicken,  um  ttber  die  Art  und  Weise 
des  vorzunehmenden  Feldzuges  gegen  die  Rieser  oder  später  die 
Fränkischen  Bauern  einen  endgültigen  Beschlufs  »on  weiter 
hintersichbringcn«  zu  fassen  und  sieh  über  die  Verteilung 
der  Kriegslasten  und  die  Aufbringung  der  nötigen  Geldmittel 
zu  vereinigen*"). 

Es  war  diese  dem  bedächtigen  Gange  der  Neustädter 
Verhandlungen  sonst  so  fremde  Eile  nicht  mehr  notwendig. 
Schon  am  14.  April  konnte  der  Markgraf  dem  Würzburger 
Bischof  mitteilen,  dafs  nachdem  er  seinen  löheimen,  den  graven 
zu  Otingen  ain  statlichen  raisigenzeug  zugeschickt  und  inen  die 
stat  Otingen,  so  inen  abgefallen  was,  widerum  erobern  helfen, 
das  die  bauren  im  Ries  darob  ain  solchen  schrecken  entpfangen, 
das  sie  sich  alle  von  ainander  /ertrent,  den  mererntails  wider 
anhaims  gethan  und  ire  herren  um  gnad  gebeten  haben«.  Ks 
sei  also  unnötig,  gegen  die  Bauern  die  Bundeshilfe  anzurufen 
oder  schon  am  18.  April  wieder  zusammen  zu  schicken,  er  lasse 
es  daher  bei  dem  früheren  Beschlufs  bestehen,  dafs  die  Gesandten 
am  Sonntag  Quasimodogeniti  (23.  April)  in  Neustadt  eintreffen 
sollten*»). 

Waren  nun  auch  mit  der  Auflösung  des  Deininger  Hau- 
fens den  allenfallsigen  Aufstandsgelüsten  der  benachbarten  Bran> 

denburgischen  Unterthanen  Rückhalt  und  Boden  entzogen,  so 
erkannte  der  scharfsinniL,e ,  alles  erwägende  Fürst  doch  an 
der  aller  Orts  sich  zeiirenden  Unzufriedenheit,  den  immer  zahl- 
reicher einlaufenden  Meldungen  von  gefährlichen  Reden,  ja  von 
konspirierenden  Zusammenkünften  und  Rottierungen,  wie  unsicher 
die  Lage  geworden  sei.  Noch  mit  den  Riesbauern  beschäftigt, 
hatte  er (7.  April)  die  Nachricht  erhalten,  dafs  etliche  Nürnbergische, 

3 

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auch  anderer  Herrschaften  Bauern  in  Reichelsdorf  —  nicht  weit 
von  der  mächtigen  Reichsstadt  selbst  entfernt  —  beisammen 
gewesen  seien  und  sich  hätten  hören  lassen,  sie  wollten  mit  den 
markgräfischen  armen  Leuten  und  anderen,  die  sie  zu  sich  su 
bewegen  hofften,  zwischen  Fürth  und  Poppenreuth  ob  2000 
stark  zusammenkommen  und  dann  ihren  »herschaften  und  obrig- 
kaiLcii  ire  angcmaste  bcschwcrdcn  auch  anzaigcn  und  dieselben 
abpringen«,  diesmal  würde  man  nicht  wie  im  vorigen  Sommer 
—  Mai  und  Juni  1524  —  gegen  sie  einschreiten  und  liandeln 
können^^).  Markgraf  Casimir  legte  einen  reisigen  Zeug  nach 
Schwabach *^),  um  dem  Weitergreifen  der  Bauern  einen  Damm 
zu  setzen  und  wandte  sich  an  den  Nürnberger  Rat,  dafs  sie  bei 
den  Ihrigen  die  Aufruhr  und  Empörung  abstellen,  auch  dafttr 
sorgen  sollten,  dafs  sie  nicht  seine  Bauern  dazu  reizen  oder 
bewegen  würden.  Weiter  fragte  er  an,  wefs  er  sich  von  ihnen 
zu  versehen  habe,  wenn  er  dem  Bundesauftrag  geraäfs  mit  Emst 
gegen  die  Bauern  handeln  würde,  ob  sie  ihrem  Versprechen 
und  ihren  Bundesptlichten  nachzukommen  gedächten"**). 

Die  Nürnberger  Herren  antworteten,  dafs  sie  schon  vor 
Empfang  des  Schreibens  ihr  Augenmerk  hierauf  gerichtet,  auch 
zu  wiederholten  Malen  in  ihren  Hauptmannschaften  auf  dem 
Lande  deswegen  hätten  warnen  und  abmahnen  lassen,  sie  hätten 
es  auch  diesmal  wieder  gethan.  Aber,  gaben  sie  ferner  mit 
grofsem  Nachdruck  zu  bedenken,  es  liege  auf  der  Hand,  dafs 
solange  die  Beschwerungen  des  gemeinen  Mannes,  besonders 
der  ungeheure  Wildschaden  und  die  übermäfsigen  Bufsen  in 
genügen  Frevehi  nicht  abgestellt  oder  gemildert  würden,  die 
armen  Leute  daraus  stets  meinen  schein  irer  unleidigkeit  und 
aufrurn  und  dainiacht  iinsers  achtens  nit  ganz  on  grund  schö- 
pfen« könnten  und  würden.  Es  wäre  wohl  gut,  darin  ein 
Einsehen  zu  haben.  Doch  versprachen  sie,  ihrem  früheren 
Versprechen  gemäfs  sich  zu  halten,  wie  andere  Bundesver- 
wandte**). 

Dem  Markgrafen  scheint  dieses,  wenn  auch  sicher  den 
Kern  der  Frage  berührende,  doch  die  verlangte  UnterstüUung 
mehr  nebensächlich  behandelnde  Schreiben  kein  besonderes 
Vertrauen  auf  den  guten  Willen  der  wohlweisen  Herren  ein- 
geriöist  zu  haben*^). 


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Doch  ist  es  damals,  wohl  in  Folge  der  Abmahnungen 
der  Stadt^')  und  der  Mafsregeln  des  Markgrafen,  noch  nicht 
sur  wirklichen  Empörung  im  tKnobleinslandf  gekommen.  Es 

gelang  dem  Kadolzburger  Kastner  Peter  Jaeger,  die  bereits  dahin 
aufgoin  Lliiue  Bauernschaft  um  Rolsstall,  im  Lhichcr-  und  Rohrer- 
grund uiid  gegen  Heilsbronu  zu  wieder  zu  beruhigen,  indem  er 
ihnen  den  Schutz  und  Schirm  des  Markgrafen,  aber  auch  die 
Abstellung  des  Wildschadens  und  anderer  schon  länger  aner- 
kannten Beschwerden  in  Aussicht  stellte^®).  Am  17.  April 
meldete  Jaeger,  dafs  die  Bauern  im  »Knobleinsland«  und  im 
»Puchgruntc  auf  den  nächsten  Tag  zu  Poppenreuth  zusammen- 
zukommen  beschlossen  hätten,  von  jedem  Dorfe  zwei  Ver- 
treter. Was  jedoch  dort  besprochen  werden  solle,  wisse  er 
noch  nicht.  Von  den  Rofsstaller  Bauern  sei  keine  Empörung 
zu  fürchten,  wohl  aber  seien  die  um  Forchheim  und  Herzoj^en- 
aurach  unruhig  und  hätten  sich,  jedoch  vergebens,  in  den  Unter- 
thanen  der  Bamberger  Domprobstei,  besonders  um  Fürth,  Verbün- 
dete zu  werben  versucht  ^''^). 

Die  in  der  zweiten  Hälfte  des  Aprils  ausbrechenden  Auf- 
stände in  den  benachbarten  Bamberger  und  Rothenburger  Ge- 
bieten, im  Eichstädtischen  und  Pfalz-Neuburgischen,  im  Würz- 
burger Bistum  n.  s.  w.,  wenn  sie  auch  vorerst  keinen  gröfseren 
Zuzug  von  den  markgräflichen  Unterthanen  erhielten,  hatten 
doch  die  Folge,  die  Bauern  immer  unruhiger  und  unzuverlässiger, 
die  Lage  des  Fürstentums  immer  zweifelhafter  zu  machen. 
Waren  aber  so  die  Zustände  auf  dem  Ilachen  T;ande  nichts 
weniger  als  unbedenklich,  so  regten  sich  in  den  Städtchen  und 
Städten  des  untergebirgischen  Fürstentums  bald  ebenfalls  revo- 
lutionäre Bestrebungen  seitens  der  »gemeinde«:  Beschwerden  meist 
lokaler  Natur,  oft  weniger  gegen  die  Fürsten  als  gegen  den  Rat, 
die  Geistlichkeit  und  die  Beamten  gerichtet. 

Onolzbach  freilich,  die  Haupt-  und  Residenzstadt,  wo  das 
Hoflager  des  Markgrafen  mit  den  sich  allmählich,  wenn  auch 
nicht  im  gewünschten  ALifsc.  satninelnden  Streitkräften  einerseits 
schon  die  blofse  Aulserung  der  Unzufriedenheit  sehr  gefährhch, 
einen  Ubergang  zur  That  aber  unmöglich  machte,  und  wo 
andererseits  der  eigene  Vorteil  der  von  dem  Fürstenhause  grofsen 
Nutzen  ziehenden  Bürgerschaft  zu  dessen  Gunsten  stimmte,  blieb 

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ao  — 


vorläu0g  ruhig  und  gehorsam^.  Dagegen  war  es  schon  am 
31.  Märs  notwendig  geworden»  den  Hausvogt,  Christoph  von 
Fronhofen,  Stephan  von  Birkenfels  und  Burkhard  von  Wolmers- 
hausen  als  Untersuchungskommission  nach  Crailsheim  abzuordnen, 
wo  es  zu  Mifshelligkeiten  zwischen  Amtmann,  Vogt  und  Rat 
einerseits  und  der  Gemeinde  andererseits,  auch  zu  tleichtfer- 
tigen«  Reden  gekommen  war. 

Als  die  Räte  nach  Beruhigung  der  Stadt  —  die  gröfsten 
Schreier  waren  eingesteckt  worden  —  abritten,  erhielten  sie 
Befehl,  sich  nach  Feuciitwangen  zu  begeben  und  die  dortigen 
Vorkommnisse  zu  untersuchen*'). 

Die  Feuchtwanger  Gemeinde  hatte  gar  manche  Beschwer- 
den'gegen  den  Dechanten  und  die  Chorherren  des  dortigen 
Stiftes.  Die  Verhinderung  der  lauteren  Predigt  des  Evangeli-. 
ums  trotz  des  Landtagsabschiedes,  das  Ausführen  des  Ge- 
treides der  Geistlichen,  während  es  dem  gemeinen  Mann  mit 
Hinweis  auf  die  getahrhchen  Zeitlaufe  verboten  wurde,  hatten 
böses  Blut  erregt,  doch  machte  sich  die  Erbitterune  i^unächst 
nucli  im  Scherze  laift.  Kaspar  Utzmann,  Karl  Dohier  und  Jorg 
Histmaier  schrieen  in  der  Weinlaune  herumziehend:  »Welcher 
den  pfaffen  dienen  woU,  der  soll  of  den  platz  komen,  den  werd 
man  mustern  und  Itttzei  gelts  geben«.  Darauf  zogen  sie  wieder 
ins  Wirtshaus,  sich  dieses  Spafses  mit  andern  guten  Gesellen 
beim  Weine  erfreuend. 

Bald  aber  wurde  die  Sache  bedenklicher.  Am  30.  März 
wollten  einige  unter  dem  Thore  mit  Gewalt  den  Geistlichen 
einen  Wagen  mit  Getreide  nehmen,  andere  aber  liefsen  sich 
hören,  sie  wollten  keine  Reisigen  mehr  einlassen,  ja  seihst  dem 
Markgraten  wollten  sie  nur  fUr  seine  eigene  Person  mit  geringem 
Gefolge  das  Thor  öffnen. 

Das  klang  freilich  übel  genug,  doch  zeigte  es  sich,  dafs 
die  Sache  weniger  gefährlich  war,  als  zuerst  angenommen  wurde. 
Allerdings,  dafs  davon  gesprochen  worden,  den  Markgrafen  nur 
mit  einer  bestimmten  Anzahl  Reisigen  einlassen  zu  wollen,  konnte 
nicht  geleugnet  werden,  doch  bat  die  Gemeinde  aufs  höchste, 
ihr  dies  als  ?aus  grofsem  Unverstand  bescheen«  zu  vergeben 
und  versprach,  seine  f.  gn.  und  deren  Ritteiscii.ift  in  beliebiger 
Anzald  jederzeit  ein-    und   auszulassen,   und   als  :»die  armen 


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—    37  — 


underthon  frue  und  spot  mit  leib,  eer  und  gut  zu  dreien»  unter- 

theaiglichen  geneigt  und  getlielseiii  sein  zu  wollen. 

Da  die  Graviertesten  >reich  stattlich  gesellen;  waren, 
und  sich  alle  gar  hoch  erboten,  so  standen  die  Rate  davon  ab, 
sie  gefangen  Markgraf  Casimir  zuzuschicken,  doch  wurden  sie 
sowie  die  ^Vorredner  einer  gemein«,  Matthes  Fieischmann  und 
der  Bader  Michel  Gorderer,  2U  Pflichten  angenommen,  sich 
noch  »heut  dato  (3.  April)  bei  scheineter  sonen  für  f.  gn,  zu 
stellen«. 

Wegen  böser  Reden  wurde  das  »klein  Huterlein«  in  den 

Turm  gelegt  und  auf  zwei  andere,  »neu  Schmidt«  und  »das 
hauptmendleint  genannt,  die  nicht  daheim  waren,  sollte  der  Vogt 
fahnden  und  sie  gefangen  nach  Ansbach  schicken.  Der  Rat 
suchte  seine  Ergebenheit  und  l'reue  durch  die  Eile,  womit  er 
die  Verdächtigen,  sogar  noch  vor  dem  Vogt,  festnehmen  liefs, 
an  den  Tag  zu  legen**).  Am  3.  April  ritt  der  Hausvogt 
und  seine  Begleiter  nach  Wassertrüdingen,  um  auch  dort  Ruhe 
zu  stiften.^) 

Auch  im  Norden  des  Fürstentumes,  in  dem  seit  1442  an 
die  Markgrafen  von  Würzburg  verpfändeten,  wichtigen,  wein- 

und  gewerbreichen  Kitzingen  brach  am  andern  Ostertag  (17.  Apr.) 
um  den  Abend,  sda  es  dunkel  worden  was-,  die  Unzufrieden- 
heit in  hellen  Flammen  aus.  Mit  iMühe  stillte  dies  Mal  noch 
der  Amtmann,  Herr  Ludwig  von  Hutten,  durch  Bewilligimg  des 
Begehrens,  selbst  neue  Viertelmeister  und  einen  Ausschufs 
erwählen  zu  dürfen,  der,  dem  Rat  an  die  Seite  gesetzt,  die  Inter« 
essen  der  Gemeinde  vertreten  sollte,  die  erregten  Bürger^*). 

Und  wie  in  Kitzingen,  so  gährte  es  in  UfTenheim,  in 
Schwabach  und  Roth  nicht  minder,  wie  in  Wassertrttdingen  und 
Crailsheim.  Der  Aufstand  im  Eichstädtischen  und  Pfalz-Neu- 
burgischen  eri^riff  die  Ämter  Stauf  und  Landeck.  Bis  an  die 
Altniühl  war  alics  in  Bewegung.  Und  während  so  Casimir  im 
eigenen  T,ande  der  Boden  unter  den  Füfsen  zu  erzittern  begann, 
hatte  er  den  Schmerz  zu  erfahren,  dafs  die  von  ihm  weitrei- 
chenden Blickes  schon  in  den  ersten  Tagen  des  Aprils  einge- 
leiteten Neustädter  Verhandlungen,  durch  die  er  ein  gemein- 
sames Vorgehen  der  Fränkischen  Fürsten  gegen  irgendwelche 
Aufstandsversuche  ihrer  armen  Leute  zu  erzielen  gehofft  hatte, 


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so  gut  wie  resuUatlos  veTliefen.  Die  schleppend  Ungwierige 
Art  der  Unterhandlung»  bei  welcher  die  Ausführung  gefafster 
Beschlüsse  immer  wieder  verschoben  und  so  die  erst  beabsich« 

tigten  Mafsregeln  meistens  durch  die  Ereignisse  tiberholt  und 
unmöglich  gemacht  wurden,  die  kleinliche  Eifersucht  und  das 
kurzsichtige  Mifstrauen  der  Bisrhöfe  gegen  den  Markgrafen,  der 
sich  erboten  hatte,  den  Überbefehl  und  die  Leitung  der  Opera- 
tionen persönlich  zu  flbernehmcn,  endlich  tind  hauptsächlich  aber 
ihre  unzeitige  Knauserei  bei  den  verlangten  Hülfsleistungen 
machten  Casimirs  politisch  und  militärisch  wohl  angelegte  Pläne 
scheitern,  bis  zuletzt  als  einzige,  unzulängliche  Frucht  der  end- 
losen Beratungen  die  Gesandten  der  tagenden  Fürsten  beim 
Schwäbischen  Bund  einen  Zusatz  von  500  zu  Rofs  und  6000 
zu  Fufs,  nach  vorhergehender  verblümter  Abweisung,  auf  Bun- 
deskosten anzunehmen,  die  Erlaubnis  erlangten,  eine  Ver- 
günstigung, die  durch  die  Schwierigkeit,  Leute  ohne  die  nötigen 
Geldmittel  aufzubringen,  fast  imaginär  wurde.^^) 

Markgraf  Casimir,  wohl  diesen  zweifelhaften  Erfolg  schon 
voraussehend,  hatte  jedoch  bereits  sich  entschlossen,  das  einzige 
Mittel  zu  ergreifen,  welches,  richtig  angewendet,  wenigstens 
seinem  Lande  die  innere  Ruhe  zurückgeben  konnte,  nämlich 
mit  seinen  Ständen  gemeinsam  zu  beraten,  auf  einem  Landtag 
ihre  und  des  gemeinen  Mannes  Beschwerden,  deren  teilweise 
Berechtigung  schon  früher  anerkannt  war,  zu  vernehmen  und 
womöglich  durch  Gewährung  des  Verlangten,  auch  durch  Er- 
leichterung der  Lasten  dem  Aufstand  Vorwand  und  Nahrung 
zu  rauben. 

Wenn  es  gelang,  den  inneren  Frieden  derart  wiederher- 
zustellen und  zu  erhalten,  so  konnte  sich  der  Fürst  kühnlich  der 
Hofinung  hingeben,  an  der  Spitze  seines  getreuen  Adels,  der 
geworbenen  Reisigen  und  Knechte  und  seiner  durch  die  Bewü- 
hgung  zufriedengestellten  und  beruhigten,  von  ihm  ja  längst 
kriegerisch  geübten,  Landwehr  dem  allenfallsigen  Anprall 
fremder  Bauernscliaren  erfolg reicii  widerstehen  zu  können. 


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II. 

Vom  Ansbacher  Landtag  bis  zur  Plünderung 
Anhausens  und  dem  Ausstand  um  Crailsheim. 
(a6.  April  ^  6.  Mai) 


Auf  den  Donnerstag  nach  Quasimodogeniti  26.  April) 
liefs  Mark£!:raf  Casimir  einen  Landtag  nach  Ansbach  ausschreiben: 
j seiner  gnaden  ritterschaft  und  landsciuift  rathe  zu  gebrauchen, 
wie  solcher  entborung  halb  nit  allein  seiner  gnaden,  sunder 
auch  allen  seiner  gnaden  grafen,  henn,  ritterschaft  und  land« 
Schaft  nachteil  und  verrath  fürkommen  und  abgewendet  werden 
mochte. 

»Auf  solchem  lantag  haben  die  gesanten  von  mems  gn. 
hm.  burgerschaft  und  beurschaft  seinen  gn.  hm.  etliche  be» 
schwerden  austrucklich  angezeigt  und  dieselben  abzustellen  ge- 
beten, mit  meidung,  wiewol  ethche  der  stet  noch  weiter  und 
raerer  beschwerde  liaben,  so  wollen  sie  doch  sein  gnaden  dieser 
zeit  nit  damit  beladen,  aber  deshalb  weiter  gebeten,  so  diese 
attfror  gestilt  werde,  sie  alf^dann  in  solchem  femer  reden  zu 
hören  vnd  sich  dazu  genediglich  zu  erzeigen  c^^. 

Diese  sogleich  vorgebrachten  Beschwerdeaitikel  waren 
folgende:  9 Zum  ersten,  das  das  wildpret  aufserhalb  der  hölzer 
mög  geschossen  und  abgethan  werden,  und  fUr  den  Ion  die  haut 
folgen  ze  lassen.^  Zum  andern,  das  die  priester  und  gaist- 
lichen  allenthalben  in  seiner  gnaden  gepieten  mit  den  weltlichen 
alle  gemaine  pürden  tragen  und  darzu  [sich!  verpurgen  und  ver- 
pflichten sollen,  zum  drittel]  alle  hölzer  zu  offen  ,und  jedermann 
zu  seinea  gepeuen  holzes  ein  notturft  ze  geben  on  gelt  und 
zum  vierten  den  aufwechsel  am  gold  nach  ze  lassen"),  mit  dem 
erpieten,  das  si  in  ringerung  und  nachlassung  dieser  artikel  ir 
leib  und  leben  bei  irem  gnedigen  herren  lassen,  und  ob  sich 


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mehr  beswening  fanden,  dieselben  nach  Stillung  diser  aufrum 
anzaigen  wollen.«*^. 

Diese  allerdings  sehr  geroäfsigten  Forderungen  gewährte 
der  Markgraf  auf  der  Stelle  und  Uefs  deren  Bewilligung  Uberall 
verkünden. 

Auch  die  Rittcrscliaft  konnte  nicht  umhin,  auch  ihren 
Unterthancn  alles  nachzulassen,  was  der  Landesturst  den  Seinigen 
bewilligt  hatte.  »Nachdem  aber  etliche  seiner  gnaden,  auch 
seiner  gnaden  grafen,  herrn  und  ritterschaft  unterthon  ze  der 
bauRschaft  versamelten  häufen  geloffen  weren,  habe  meines  gn. 
herrn  ritterschaft  und  lantschaft  seinen  gnaden  untertheniglichen 
gerathen  und  gebeten,  zu  denselben  versammelten  häufen  mit- 
samt ine  [sc.  der  Landschaft]  ein  botschaft  xu  schicken,  und 
solchen  versamelten  häufen  anzeigen  lassen,  wie  gncdiglich 
sein  fürstlich  gnad  mit  seiner  lantscliaft  aller  irer  beschwerd 
halb  vergleicht  und  vertragen  bete,  mit  bepere  und  bete,  sich 
seiner  gnaden  und  derselben  ritterscliaft  unterthon  7\\  entsclilahen 
und  des  dieselben,  so  sie  darauf  unverzogenlich  wieder  anheim 
ziehen  und  sich  als  gehorsam  unterthon  halten,  derhalb  keines 
argen  gewarten  und  sicher  sein  selten,  welch  rede  im  mein  gn. 
herr  auch  also  hat  gefallen  lassen  und  denselben  noch  vier  zwen 
des  adels  und  zwen  von  seiner  gnaden  burger-  und  baurschaft 
zu  irer  Versammlung  (damals  im  leger  zu  Gerolshofen)  ver- 
ordnete^^) 

Aufserdem  scheint,  nach  der  Donauwörther  Chronik  des 
Johannes  Knebel mit  der  Kloster^^eistliclikeit  das  Al>koniiiien 
getrort'en  werden  zu  sein,  die  geistliche  Kleidung  abzulegen. 
Nach  ihr  wäre  der  Abt  von  Heilsbronn  der  erste  gewesen,  der 
es  verwilligt  und  dadurch  viele  Andere  dazu  bewegt  hätte,  darunter 
Probst  und  Convent  zu  Langenzenn,  wegen  deren  Casimir  nach 
gestilltem  Aufruhr  mit  Bischof  Konrad  von  Wttrzburg,  der  ihnen 
bei  Strafe  des  Bannes  und  von  200  Gulden  befohlen  hatte,  ihren 
Habit  wieder  anzulegen,  in  Streit  geriet Der  Abt  von  An- 
hausen an  der  Wörnitz^"*)  (I)  habe  es  durchaus  nicht  hewilHgen 
wollen,  der  PruLst  von  Solenhofen  aber  habe  sich  gar  darüber 
und  über  die  Abschaffung  der  alten  Ceremonien  zu  Tode  ge- 
grämt. Sicher  ist,  dafs  der  Markgraf  damnis  die  Kloster  zu 
Händen  nahm,  inventarisierte  und  mit  Verwaltern  besetzte,  — 


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—    41  — 

soweit  ihm  nftmlfch  die  Bauern  diese  Mühe  nicht  ersparten  — 

wobei  dann  den  Mönchen  ein  Ab/.uus-  oder  Unterhaltsgcld  ge- 
reicht wurde. Am  2.  Mai  catliols  der  Fürst  die  Landschaft •^''V 
Docli  sollten  alle  Bewilliirinigm  nirht  viel  helfen.  Ah  der 
Landtag  beschickt  wurde,  hatte  überall  noch  die  Ehrbarkeit  und 
die  Ordnungspartei  die  Oberhand  gehabt,  von  i  h  r  wurden  diese 
gemäfsigten  Beschwerdeartikel  aufgestellt,  sie  erklärte  sich  mit 
deren  Bewilligung  für  wenigstens  vorläufig  zufrieden  und  ver> 
sprach  ihre  Unterstützung  gegen  die  Empörung.  Den  Leitern 
der  Bewegung  wie  dem  gemeinen  Manne  dagegen  schien  das 
Gewährte  ungenügend.  Den  ersteren  galt  die  ganze  Ehrbarkeit 
und  das  i Landtagen«  nur  als  ein  Hemmschuh  der  freiheitlichen 
Bewegung. 

Markgraf  Casimir  hatte  gehotit,  auf  einem  zweiten  Land- 
tage —  er  wurde  auf  den  8.  Mai  ausgeschrieben  —  das  Werk 
der  inneren  Beruhigung  zu  verfolgen  und  zu  vollenden  und  ge- 
meinsam mit  seinen  Ständen  mit  den  fremden  Bauemscharen 
verhandeln  zu  können.  Als  aber  die  Landboten  heimkehrten, 
hatte  sich  die  ganze  Lage  in  den  meisten  Orten  teils  schon  ge- 
ändert, teils  gewann  die  Revolutionspartei  in  nächster  Zeit  die 
Überhand.  Man  wollte  nichts  mehr  vom  Beschicken  des  neuen 
Landtags  hören,  sondern  rief  —  wie  in  Uffenheim  ---  den  Rats- 
herren wohl  zu,  die  Gesandten  hätten  nichts  ausgerichtet  als 
Geld  verzenrt. 

Der  eben  ausbrechende  Aufstand  um  Crailsheim,  der  durch 
die  Nähe  des  Fränkischen  Heeres  bewirkte  Abfall  von  Kitztngen, 
von  Uffenheim,  der  Maindörfer,  die  Erhebung  im  Aischgrund 
wie  um  Wassertrüdingen  liefsen  die  kluge  Nachgiebigkeit  des 
Fürsten  nicht  mehr  zur  Geltung  kommen. 

Hatte  doch  bereits  während  des  Landtages  der  Aufstand 
im  Südüslen  de^  Fürstentums  im  Amt  Stauf  und  Landeck,  ge- 
nährt von  den  angrenzenden  Pfalz-Neubur^isehen,  Nurnberuischen 
und  Eichstädtischen  Landesteilen,  hellauf  geflammt  und  wurde 
erst  nach  des«:en  Schlufs  unterdrückt. 

Schon  seit  dem  18,  April*')  war  in  dieser  Gegend  die 
Erhebung  erfolgt.  Einen  Tag  später ^'')  war  in  dem  Pfalz-Neu- 
burger Amt  Lengenfeld  der  Ausbruch  vor  Augen,  bald  schlössen 
sich  der  bunten  Mannigfaltigkeit  der  Gebiete  entsprechend 


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Markgrftfische,  Oberpfälzische,  Ffalzgräfische,  Eichstädter,  Wolf- 
steiner, Nürnberger  und  anderer  Herrschaften,  im  Sulzgau  arme 
Leute  der  Empörung  an.*^  Die  Bauern  Pfalzgraf  Friedrichs  um 
Haideck,  Hilpoltstein,  ja  selbst  um  Amberg  und  auf  dem  Nord- 
gau,'^)  die  vier  Reichsdörfer,  die  zur  Reichspfliege  der  freien 
Stadt  Weissenburg  gehörten  —  Petersbuch,  Kaidorf,  Bieburg 
und  Wengen,  —  sowohl  wie  die  Eichstädtischen  Orte,  darunter 
Spalt,'*)  ja  Bürger  aus  des  Bischofs  Residenz  selber,^  die  mark- 
gräfischen  Unterthanen  im  Amt  Stauf  und  Landeck,  sie  alle 
nebst  vielen  anderen  brachten  in  kurzem  den  Haufen  auf  5000 
und  mehr.'*). 

Bereits  am  2  1 .  April  hatten  sie  dem  Bischof  Gabriel  von 
Fyb  sein  Schlols  Uber-Messing  eingenommen,'*)  den  Pfleger, 
Hans  von  Breitenstein  nebst  Familie  gelangen  und  bei  dem 
Schlofs  ihr  Lager  geschlagen.'®)  Am  22.  April  waren  die  mark- 
gräfischen  Bauern  zu  Eysölden  zu  dem  Haufen  gestofsen,  am 
23.  folgte  das  ganze  Amt  Landeck  und  Stauf.  Utz  von  Knör- 
ringen,  der  Staufer  Amtmann,  der  dies  noch  am  gleichen  Tag 
meldet,  ftirchtete  von  einer  Streifpartei  berannt  zu  werden,  doch 
glaubte  er  das  Schlofs  wenigstens  drei  Tage  halten  zu  können. 
Sein  Urteil  Über  die  Bauern  ist  ebenso  wenig  schmeichelhaft, 
wie  das  bekannte  des  Baierischen  TIauptmanns  Muckenthaler. 
Knorringen  nennt  sie  »ein  nackets,  eiends  volk*  mit  »unver- 
stendigen  hauptleuten«.") 

Bei  Strafe  des  Brandes  mahnte  nun  der  Haufe  weit  und 
breit  zum  Zuzug  auf;  so  den  Richter  des  dem  Nürnberger  Spital 
gehörigen  Schwimmbach  schon  am  21.^%  Schwabach  am  33. 
und  Roth  am  Sand  am  25.  April  etc.'*).  Markgraf  Casimir,  dem 
unter  anderm  die  Rother  dies  gemeldet,  liefs  sie  die  Antwort 
geben,  dals  sie  sich  tiber  einen  Mangel  an  christlicher  Predigi 
nicht  beklagen  könnten,  auch  gegen  ihren  gn.  hrn.  nichts  zu 
klagen  luitten  und  sich  deshalb  bei  ihm  als  redliche,  gehorsame 
Unterthanen  halten  wurden.  Zugleicli  versprach  er  ihnen,  sie 
im  Notfall  mit  Hülfe  nicht  zu  verlassen. ^*^) 

Sehr  rasch  war  das  Städtchen  Grading  zu  ihnen  gefallen. 
Beibigries  und  Berching  bedrohten  sie.  Durch  ihre  Einverständ- 
nisse vermeinten  sie  mit  Leichtigkeit  Eichstädt,  sowie  das  Ober- 
land zu  sich  zu  bringen,  mit  ihnen  vereint  wollten  sie  dann 


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Herrn  Gabriel  aaf  der  Willibaldsburg  belagern.  Denn  hauptsäch- 
lieh  diesem,  weniger  Pfalzgraf  Friedrich  oder  dem  Markgrafen 
scheint  nach  Aussage  ihres  zeitweiligen  Kanzlers,  des  Geistlichen 
Herrn  Endres,  anfangs  ilir  Groll  und  die  Eriiebung  gegolten  zu 
haben.®^) 

Als  Ursacher  der  Erhebung  kommen  vor:  Paulus  Schuch, 
der  Pfarrer  Nagel,  Simon  Plank,  der  im  eroberten  Messinger 
Schlofs  den  Kastner  der  Bauern  spielte,  Lienhart  Kater,  UUes 
Sohn,  alle  vier  zu  Eysölden  —  der  Pfarrer  und  Plank  waren 
Nürnberger  Hintersassen  — .  »Fürsten  Wflhalm  ist  ein  baupt- 
mann  gewest.«  Weiter  befanden  sich  unter  den  Vordersten 
Michel  Mendle  und  der  »Schotlwirt.c  Rnp  von  Thahnessing 
wurde  daselbst  gegen  seinen  Willen  zum  obersten  Hauptmann 
gewählt.  Er  überwarf  sich  aber  bald  mit  dem  Haufen  und 
mufste  entlaufen,  er  war  kaum  Leibs  und  (nits  sicher  vor  seinen 
Untergebenen.  Ule  Resch  und  dessen  Sohn  waren  die  ersten, 
welche  die  Markgräfischen  mit  »Nähme«:  und  ungestümer 
Drohung  beschädigten.  Der  Bierbrauer  zu  Thalmessing  schickte 
mehr  als  100  Eimer  Bier  auf  den  Berg  dem  Bauemheer  zur 
Labung  und  drohte  den  Bediensteten  des  Amtmanns  mit  Ge- 
waltthätigkeiten.  Ein  Geistlicher  Herr  Endres  —  vielleicht  von 
Mindorf  —  wurde  von  ihnen  ins  Schlofs  geführt,  >do  het  er 
inen  zwölf  artikel,  derer  sie  ein  verzeichnufs  gehobt,  abge- 
schrieben,« wohl  die  bekannten  zwölf  Artikel  behufs  Weiter- 
verbreitung.**) 

Der  Haufe  blieb  nicht  müfsig.  Er  trat  mit  den  sich  bil- 
denden Fränkischen  Haufen  in  Verkehr®^)  und  plünderte  lustig 
die  Sitze  der  geistlichen  und  weltlichen  Herren,  so  die  Klöster 
Plankstetten,^)  Rebdorf,"^),  das  Schlofs  Liebeneck,  ebenso 
Bruneck  und  Dannhausen.^  Pfalzgraf  Friedrich  versuchte  ver- 
gebens, mit  ihnen  zu  unterhandeln,  auch  Markgraf  Casimir  und 
Nürnberg  hatten  ihre  Vermittlungsgesandten  bei  ihnen.  Zu- 
gleich jedoch  säumte  der  Herzog  nicht,  von  Markgraf  Casimir 
und  seinen  Bairischen  Vettern  unterstützt,  die  nötigen  militäri- 
schen Vorkehrungen  in  aller  Eile  zu  treffen. 

Schon  am  19.  Aprü  war  nach  Ellingen,  zu  dessen  Sicherung  der 
Baierische  Hauptmann  Stephan  vonSchmiehen  gelegt  worden,^^ 
den  später  der  Amtmann  von  Schönberg  Caspar  von  Secken^ 


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dorf  mit  seinen  Reisigen  auf  des  Markgrafen  Befehl  verstärkte. 
Diesem  scheint  es  gelungen  zu  sein^  mit  den  Weifsenburgern 
den  Aufruhr  ihrer  Unterthanen  und  Schirmverwandten  zu  stillen.^*) 

So  war  wenigstens  hier  der  Bewegung  ein  Halt  geboten. 

Am  25.  April  schrieb  der  l'üil/.graf  ;in  Markgraf  Casimir 
und  an  Iler/oi;  Wilhelm  von  Baiern  um  schlcuniu;e  Hülfe,  am 
2  7.  versprach  ihm  ersterer  100  oder  mehr  Pferde  zu  senden.*®) 
Bereits  am  30.  finden  wir  seinen  Amtmann  von  Schwabach, 
Wolf  Christoph  von  Wiesentau,  mit  seinen  Reitern  bei  Friedrich. 
Er  meldet,  dafs  derselbe  nochmals  in  Person  mit  den  Aufrilhrem 
in  Güte  handeln  woUe,^  schlage  es  fehl,  so  werde  sich  der 
Herzog  morgen  nach  der  »Freienstattc  legen,  wo  Herr  Reinhart 
von  Neuneck  und  Caspar  von  Seckendorf  zu  ihm  stofsen  wür* 
den,  und  Dienstags  mit  Ernst  thätlich  gegen  die  Bauern  handeln, 
er  —  der  Amtmann  —  könne  deshalb  nicht  vor  Dienstag  oder 
Mittwoch  nach  Ansbach  kuiiimcn.  Der  Herzog  hal»e  kein 
Fulsvülk,  auch  kaum  über  100  Reisige,  doch  sei  ihm  die  Baie- 
rische  Hülfe  —  200  Pferde  und  300  Böhmische  Knechte  nebst 
einem  ziemlichen  Feldgeschütz  —  als  nach  Dietfurt  geschickt 
soeben  angezeigt  worden.  Wenn  diese  Truppen  nicht  länger 
gebraucht  würden,  so  würde  der  Pfalzgraf  dieselben  mitsammt 
Herrn  Reinhart  von  Neuneck  und  seinem  Zug  gerne  zu 
Markgraf  Casimir  beordern.  Herzog  Wilhelm  hatte  diese 
Böhmen  in  aller  Eile  von  Dachau  nach  Dietfurt  geworfen,  eben- 
so vuu  Landsberg  und  München  aus  Reisige  unter  Hans  Ratz, 
dem  Pfleger  von  Ding(jltnig.  Schon  am  1.  Mai  waren  die  Städt- 
chen Beilngries  und  Bcrchmg  von  den  ßaiern  besetzt. 

So  sali  nun  der  Pfalzgraf  eine  ganz  stattliche  Macht  zu 
seinem  Befehl,  aber  das  Heer  der  Bauern  wartete  den  Angriff 
der  vereinigten  fürstlichen  Scharen  nicht  ab,  es  zerstreute  sich, 
sei  es  aus  Furcht,  sei  es  in  Folge  von  mifsverstandenen  Ver^ 
trägen. 

Es  mufs  zuletzt  eine  grofse  Unordnung  «nd  grofse  Zwie- 
tracht im  bäurischen  Lager  gewesen  sein.  \  icllciclit  war  es  auch 
den  Umtrieben  der  Baicrischen  Hauptleutc  (gelungen,  ein/.clne  der 
iiauernführer  zum  Verrat  an  ihren  christlichen  Brüdern  zu  be- 
wegen. Es  liefse  sich  sonst  die  (iefangennahme  der  Hauptleute 
und  Fähnieinführer  auf  und  bei  dem  Obermessinger  Schlofs 


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kaum  anders  als  durch  —  von  Seite  Pfalzgraf  Friedrichs  — 
verräterisch  gebrochene  Unterhandlungen  erklären,  wie  dies  denn 
auch  die  Nttrnberger  Gemeinde  letzterem  unverhohlen  Schuld 

gab.^'')  Doch  ist  es  auch  denkbar,  dafs  ein  Teil  der  Aufstän- 
dischen infolge  des  Vertrags,  der  dem  Herzog  das  Sc  hlafs 
Hirs<-hberg^^  «.'ingeräunit  hatte,  sich  /.ertrennt  halie,  der  andere 
aber  —  wohl  aus  den  energischeren  und  gefährdeteren  Elemen- 
ten, darunter  eben  die  Anführer  und  Leiter,  bestehend  —  im 
Lager  beisammen  geblieben,  bei  der  Annäherung  des  fürstlichen 
Heeres  jedoch  in  der  Nacht  flüchtig  abgezogen  sei,  so  dafs  bei 
der  Einnahme  des  Schlosses  noch  einige  der  Führer  teils  darin 
betreten,  teils  auf  der  Flucht  ergriffen  werden  konnten.^')  Von 
diesen  liefs  der  Herzog  nach  ihrer  Überführung  sofort  vierzehn 
enthaupten. 

Auch  Greding  und  seine  Besat/.iin<;  ergab  sich  auf  eine 
»aljred,  so  Friedrieh  gegen  die  ungeiiorsanien  l)am:rn  gemachte, 
auch  hier  wurden  acht  gerichtet^';.  Das  Städtchen,  seiner  Mauern 
beraubt,  sollte  für  immer  ein  Dorf  bleiben. 

Viele  der  vornehmsten  Anführer  hatten  zu  Nürnberg  ein 
momentanes  Asyl  gefunden,  viele  Beteiligte  mochten  auch,  wie 
die  Nürnberger  Herren  befürchteten'^,  zu  den  andern  Bauern« 
häufen  geflohen  sein,  bemüht,  deren  Rache  auf  ihre  Überwinder 
zu  lenken. 

Herzog  Wilhelm  von  Baiern  hatte  gerne  die  Gelegcnlieit 
benützt,  die  von  seinen  Truppen  ijesetzten  Eiclistädtisrhen  Orte 
als  Kriet^skustencntschädigung  /u  annektieren  oder  wenigstens 
brav  Brandschatzungsgelder  eintreiben  zu  lassen.  Pfalzgrat 
Friedrich  trat  dem,  gemäfs  der  von  ihm  mit  dem  Bischof  und 
Markgraf  Casimir  getroflenen  Abrede,  dafs  jeder  seine  Bauern 
selbst  strafen  solle,  energisch  und  mit  Erfolg  entgegen.  Er 
selbst  hatte  aufser  einer  bedeutenden  Summe,  die  er  von 
Bischof  Gabriel  erhielt  (1000  fl.),  sich  für  seine  Kosten  an 
den  Wolfsteinischen  und  seinen  eigenen  Unterthanen  im  Sulzgau 
entschädigt.®®) 

Markgraf  Casimir,  dessen  Reisigen  nächst  der  Baicrischen 
Hülfe  es  Bischof  und  Pfalzgraf  zu  danken  hatten,  dafs  dem  Auf- 
stand hier  ein  so  schnelles  Ende  gemacht  wurde,  Ii attc  gehofft, 
dafs  ihm  die  Böhmen  und  Reinhart  von  Neuneck,  der  Pfleger 


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von  Lauingen,  mit  seinen  Reisigen  zugeschickt  würden,  aber 
die  ersteren  weigerten  sich  im  Anfang»  wohl  im  Hinblick  auf 
seine  mifsliche  finanzielle  Lage,  zu  ihm  zu  ziehen,  und  wur- 
den dann  wegen  der  am  Lech  drohenden  Bauern  nach  Schon- 
gau beordert.  Herr  Reinhart  aber  wurde  von  seinem  Herrn, 
Pfalzgraf  PhUipp,  angewiesen,  bis  Samstag  (6.  Mai)  in  Molin- 
heim  zu  sein,  und  der  Markgraf  mufste  sich  mit  leeren  Ent- 
schuldigungen und  Vertröstungen  abfinden  lassen.^^ 

Dies  war  tur  ihn  um  so  unangenehmer,  als  er  bis  jcuL 
nur  von  Wilhehn  vun  Baiern  etwa  30  Pferde,  vielleicht  die  unter 
Stephan  Schmieher  zu  Elhngen  liegenden,  hatte  erhalten 
können,  während  Eichstädt  und  Nürnberg  direkt  abschlägige 
Antwort  gegeben  hatten,  Markgraf  Wilhelms  von  Baden  ver- 
sprochene Hülfe  unterbleiben  mufste,  die  Bittgesuche  an  Philipp 
von  Hessen  bisher  fruchtlos  geblieben  waren,  und  die  Unter- 
handlungen mit  Rothenburg  wegen  gegenseitiger  Unter- 
stützung zu  keinem  Resultate  führten.  Zwar  hatte  der 
Schwäbische  Bund  ihm  und  den  übrigen  Fränkischen  Fürsten 
unter  dem  1.  Mai  erlaubt  auf  ßundeskosten  /.u  den  bereits 
gewährten  300  Pferden  noch  500  Mann  zu  Rufs  und  öüüU  zu 
Fufs  anzunehmen,  aber  siciieres,  verlässiges  Fufsvolk  war  zu 
werben  schwierig  und  kostspielig,  ohne  grofse  (leldmittel  fast 
unmöglich.  Der  Auszug  der  Landschaft,  der  die  Fufsknechte 
hätte  ersetzen  können,  kam  teils  gar  nicht,  teils  war  er  unzu- 
verläfsig,  aber  auch  Reisige  konnten  nur  nach  und  nach  und 
kaum  je  in  dieser  Stärke  aufgebracht  werden,  da  der  leidige 
Geldmangel  die  Annahme  fremder  Reiterei  ebenso  wenig  begün» 
stigte.  Herzog  Albrecht  von  Preufsen  hatte  zwar  am  27.  April 
seinem  Bruder  Hülfe  versprochen,  aber  seine  Edellcute  kuuntea 
trotz  aller  Eile  erst  sj>äter  kommen;  um  bei  dem  eben  ausge- 
bruclienen  Aufstand  um  Crailsheim  nützlich  sein  zu  können, 
kamen  sie  bereits  zu  spät.^^^) 

Man  wird  nicht  tchlt,'reifcn,  wenn  man  den  letzten  Impuls 
zur  Erhebung  in  dem  VurlfiKl  und  der  Nähe  des  grofsen  Ell- 
wangen-Dinkelsbuhler  Hautens  sieht,  der  naturlich  durch  Send- 
boten und  Mahnschreiben  den  günstigen  Grund  zu  bearbeiten 
nicht  unterliefs. 


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Waren  doch  schon  unter  dem  27.  April  Craüsheun  sowohl 
als  dessen  Amtsorten  Ingersheim,  Hohnhardt  und  Onolzheim 
Mahnbriefe  zugekommen,  deren  Datum,  der  !Q.  April,  zu  be- 
weisen scheint,  dafs  man  sie  zurücku:ehalten,  bis  die  Sicherheit 
i/«'\vonnen  war,  ihrer  Aufforderung  durch  die  Bildung  eines  neuen 
liautcns  in  der  dortigen  Gegend  den  nötigen  Nachdruck  geben 
zu  können» 

Erschrocken  wandte  sich  Vogt  und  Rat  an  den  Mark- 
grafen, der  ihnen  wie  gewöhnlich  riet,  unter  Hinweis  auf  die 
von  dem  Landesherren  gestattete  lautere  Predigt  des  Evange- 
liums und,  weil  sie  keine  Beschwerden  gegen  ihn  hätten,  den 

Zu^ug  zu  verweigern.  Im  äufsersten  Notfalle  werde  er  sie  mit 
ganzer  Macht  unterstützen  und  retten. 

Der  Rat,  der  erfahren,  dafs  etliche  >aus  den  amten  Onolz- 
heim, Ingersheim  und  von  Jagsheim«  vorhätten,  zu  den  Bauern 
zu  ziehen  und  der  fürchtete,  wie  Ellwangen  von  seiner  eigenen 
Landschaft  Überfallen  zu  werden,  wurde  auf  sein  kleinlautes 
HQlfegesuch  von  Casimir  durch  kluge  Erwähnung  der  treuen 
Verdienste  ihrer  Vorfahren,  sowie  durch  beruhigende  Hindeutung 
auf  die  Stärke  ihrer  Befestigungen,  vur  allem  aber  durcli  noch- 
malige Versicherung  rettender  Hülfe  wieder  so  ziemlieh  ermutigt. ^'^''i 
i>orh  war  ihm  diese  Besorgnis  nieht  eben  übel  zu  nehmen  :  er 
war  seiner  Gemeinde  nicht  ganz  sicher.  Wie  erwähnt,  hatte  es 
dort  schon  früher  Wetter  geleuchtet. 

In  der  Woche  Misericordias  domini  (29.  April)  erhub  sich 
die  Gemeinde  wirklich.  Sie  vermeinte  mancherlei  Beschwerden 
zu  haben  und  verlangte  deren  Abstellung.  Der  Kat  mufste  den 
Erregten  zulassen,  dieselben  in  Schriften  zu  bringen. 

Unter  den  vielen  aufgezählten  Artikeln  erscheinen  als  die 
wichtigsten:  Der  hereingefiüchtete  Adel  sowie  die  Geistlichkeit 
sollten  zu  den  bürgerlichen  Lasten  herangezogen,  hinfttro  aber 
kein  GeistUcher  mehr  zum  Mitbürger  angenommen  werden.  Die 
ilalfte  der  Viertelmeister  begehrte  die  Gemeinde  selbst  setzen 
zu  dürfen,  und  sollten  diese  bei  der  Stadtrerhniing,  bei  der  Ver- 
gebung von  Stadtdiensten,  z.  B.  der  Annahme  des  Stadthirten,  bei- 
gezogen werden  Das  übermäfsige  Handlohn  bei  Verkauf  von 
Waldrechten  sollte  auf  das  alte  Herkommen  reduziert  werden, 


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—    48  — 


der  Waidenbetrieb  nicht  eingeschränkt,  der  »vetterleinsrathc 
geändert  werden  u.  s.  w.*^) 

Kurzo  Zeit  darauf  —  die  Fordeningeti  der  Gemeinde 
waren  wohl  grofst-n  Teils  angenommen  worden,  —  kamen  der 
Hausvügt,  Christoph  von  Fronhofen,  und  Stephan  von  Birkenfels 
nach  Crailsheim.  Ks  scheint  ihnen  gelungen  zu  sein,  die  Gemeinde 
zu  beruhigen  und  die  Uauptschreier  unschädlich  zu  machen  und 
so  die  Stadt  fest  zu  erhalten.  ^°^) 

Bald  schon  nach  den  ersten  Aufmahnbriefen      hatte  sich 

die  Landschaft  erhoben. 

Das  zwischen  Crailsheim  und  dem  Hohenlohischen  Städt- 
chen Kirchberg  —  an  der  Jagst  gelegene  Aügustiner-Ere« 
mitenkloster  Anhausen  fiel  zuerst  der  Plünderungs-  und  Zer- 
siörungssucht  anheim.^^^ 

Der  »weltgewandte,  streitfertige  und  kluge«,  aber  bei  den 
Hauern  wej<en  seiner  Härte  verhafste  Prior  Johann  Reinhart  hatte 
zwar  in  kluger  Vuralinuni{  des  Kommenden  nucli  zu  rechter 
Zeit  die  wichtigsten  Urkunden  und  kostbarsten  Schätze  mit  Hülfe 
seines  Netfen  Wilhelm  Götz  in  Crailsheim  im  Kiosterhaus  und 
im  Gewölbe  der  Kirche,  seines  Ordens  Privilegien  aber  im 
KarmeUterkloster  zu  Rottenburg  am  Neckar  gebdrgen,  als  der 
wilde^  Sturm  heranbrauste.  Schwere  Verluste  jedoch  konnte  er 
nicht  abwenden. 

Am  ersten  Mai  in  der  Nacht  überfiel  ein  Haufe  Bauern 
aus  Rofsfeld,  —  welches  der  Pfaiicr  autltrachte  — ,  Maulaoh, 
Triensbach,  Unolzhcini,  aus  Ober-  und  Niderwinden  das  Kloster, 
wobei  es  vorläufig  hauptsächlich  dem  schmucken  Viehstand  und 
den  reichen  Cctr.  idcspeicliern  galt,  wohl  ohne  dabei  einen 
gelegentlichen  1  runk  Klosterweins  zu  vergessen.  Der  von  einigen 
angelegte  Brand  konnte  vom  Gesinde  noch  rechtzeitig  in  Er- 
mangelung von  Wasser  mit  Milch  und  Wein  gelöscht  werden.'^") 

Aber  am  nä(  listen  Tage  strömte  es  scharenweis  aus  bei- 
nahe allen  Ortschaften  des  Crailsheimer  Amtes  —  aucli  einige 
Burger  der  Amtsstadt  selber  waren  darunter  —  verstärkt  durch 
den  Zuzug  Hohenlohisclier  Hauern  um  Lendsiedel  und  Kirchberg 
nach  Anhausen.  Das  Kloster  wurde  völlig  ausgeplündert  und 
verwüstet,  auch  zum  grofsen  Teile  so  mit  dem  Brande  verderbt, 


—   49  — 


dafs  der  Prior  in  seinen  späteren  Aufzeichnungen  den  Schaden 
auf  tiber  8000  Gulden  berechnete.    (Vergl.  Beilage  IV.) 

Die  Bauern  Schüssen  das  fürstliche  Wüdpret  und  fischten 
dem  geistlichen  Herren  seine  Seen  und  Weiher  —  er  betrieb 
stets  eine  sehr  bedeutende  Fischzucht  —  und  liefsen  sich  ihre 
Beute  zum  kühlen  Klosterwein  gar  weidlich  schmecken. 

Sie  liefsen  sich  femer  alles  belieben,  was  nicht  niet-  und 
nagelfest,  bis  zum  Gras  der  Klosterwiesen,  das  sie  abmähten, 
und  den  »jungen  geschlachten«  Obstbäumen,  die  sie  ausgruben 

und  hinwegführten.  Dafs  natürlich  die  gewöhnlichen  Ver- 
wüstungen, die  Zerliuaimerungen  von  Altären  und  Heiligenbildern, 
die  Verderbung  der  gottesdienstlichen  und  andern  Bücher  etc. 
nicht  fehlte,  versteht  sich  von  selbst. 

Des  Klosters  Hintersassen  mufsten  den  Bauern  geloben. 
Höhnend,  klagt  Reinhart  später,  hätten  sie  zu  denen  von 
Volkershausen  gesagt:  »Sie  —  die  Bauern  —  sind  itzo  prior 
zu  Anhausen;  die  hof,  weier,  holz,  sei  alles  ir,  sie  müssen 
lehen  von  inen  empfangen.«  Wie  diese  durch  Heinz  Eberhart 
und  den  Mefsner  zu  P>lleru  lishausen,  so  wurde  sein  Müller  durch 
den  fKernnuiller«  /ai  Neidenfels  und  den  »vogt  zu  Gurlen- 
schwaben«:  —  Burleswagen  O.-A.  Crailsheim  — ,  sein  Pfarrer  zu 
Wallhausen  durch  dessen  eigene  Bauern  zu  Gelübde  gedrungen. 

Noch  in  derselben  Nacht  [2.  Mai]  wollten  sie  vor  Crails- 
heim ziehen  —  es  ging  das  Gerücht,  Casimir  wolle  einen  reisi- 
gen Zeug  hineinwerfen  — ,  kaum  wurde  es  noch  hintertrieben, 

der  Pfarrer  von  Rulsl'eki  wollte  es  später  bewirkt  haben.  Der 
Zustand  um  die  Stadt  war  ein  höchst  bedenklicher. 

»Und  ist  zu  besorgen,  das  sich  e.  f.  gn.  uf  derselben 
e.  f.  gn.  Unterdan  ganz  nit  vertrösten  [können]!,  schreibt  der 
Crailsheimer  Kastner  Conz  Preufs  am  3.  Mai  an  Casimir, 
»dann  jedermann  in  der  stat  und  ufm  land  wegig  sein  will, 

und  ein  mainung.    Die  bauem  der  amt  Ingershaim  vnd  Onolz- 

haim  samt.  e.  f.  gn.  schulthaisen,  den  si  genotliigt  haben,  und 
die  zu  Wessershausen,  Ußenbach,  Withau,  Oshald,  Mistlau,  1  ni. 
Jarhshaim,  Roisield,  Groningen  [sind]  alle  hin  weggezogen*.  Er 
rät,  doch  ja  eine  allenfallsige  Übereinkunft  mit  den  grofsen 
Dinkelsbühler  und  Fränkischen  Haufen  sofort  wissen  zu  lassen, 

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— .  50 


damit  Fried'  werde  und  »die  zu  Creulsheim  anhaimiach  bleiben 
wurden.  € 

Als  die  Antwort  »der  abschid«»  den  die  Dinkelsbühler 
Scharen  den  Gesandten  Markgraf  Casimirs  gegeben,  ankam, 
wurde  eine  :^Copej*«  sofort  in  die  Ämter  Ingersheim  und  Onolz* 

heim  gcscliickt,  datiut  sie  des  Markgrafen  »furnehmen  und  nach- 
lassung haben  zu  erkennen  und  desto  eher  daheim  bleibenc. 
Die  Bauern  nahmen  die  Schriit  an,  ohne  sich  dadurch  im  Weiter- 
ziehen stören  zu  lassen. 

Wie  Heinrich  Jörg  von  Ellrichshausen  zu  Schopfloch,  halb 
gezwungen  halb  freiwillig,  mit  seinen  Bauern  zu  dem  Dinkels- 
bttbler  Haufen,  unter  dessen  Räten  bekanntlich  die  Ellwanger 
Chorherren  Wilhelm  von]^  Hefsberg  und  Hans  von  Gttltlingen  sich 
befanden,  getreten  war,  so  wurden  hier  Caspar  von  Creulsbeun 
zu  Erckcnbrechtshausen«  und  »Wilhelm  Geyer  zu  Goldpachc 
mit  allen  ihren  Bauern  zum  Zuzug  genötigt. 

Der  grofse  Haufe  lagerte  am  2.  Mai  bei  Gerbertshofen. 
Er  hiefs  sich  den  »markgrafischen  häufen«  und  forderte  das 
Städtchen  Kirchberg  und  Lendsiedel  selbst  zu  Zuzug  auf,  der 
denn  auch  erfolgte  und  zwar  zu  einer  Schar,  die  zu  Roth  am 
See  mehr  als  600  stark  lag.  Unter  den  Vordersten  der  Erheb- 
ung finden  sich  auch  hier  wieder  Geistliche,  die  beiden  Pfarrer 
zu  Lendsiedel.  Es  herrschte  unter  den  markgräfischen  Bauern 
noch  keine  Entschiedenheit,  ob  sie  zum  Dinkelsbtthler  Haufen 
oder  zu  dem  Fränkischen  Heere  sich  wenden  sollten,  doch 
schreibt  Walthcr  Büchelberg,  der  Vogt  zu  Kirrhberg,  ani  6.  Mai, 
dafs  die  Bauern  vorhaben,  sieh  nach  Dinkelsbühl  lu  wenden. 
Lobenhausen  und  Homberg  wurden  verbrannt,  ebenso  Schlofs 
Sulz  von  den  Gackstädtern.^") 

Auch  Crailsheim  war  schon  am  2,  Mai  von  dem  mark- 
gräfischen Haufen,  der  damals  in  seiner  Nähe  beim  Hagenbof 
sein  Hauptquartier  hatte,  zum  eiligen  Zuzug  nach  Weipertshofen, 
zwischen  welchem  Ort  und  Gerbertshofen  er  lagern  wollte,  auf- 
gemahnt  worden.  Den  Versprechungen  des  Markgrafen,  seinem 
Hinweis  auf  den  eben  beendeten  Landtag  und  das  auf  ihn  Be- 
wilÜL^ie,  auf  die  Verhaiidhmgcn  mit  dem  Dinkelshühler  llauien 
und  dem  von  Franken  gelang  es  auch  diesmal,  die  Stadt  zu 
erhalten.  ^^^). 


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—    51  — 


Am  3.  Mai  schrieb  sie  an  Casimir»  wie  die  ganze  Bauer- 
schaft um  sie  her  ra  diesen  beiden  Haufen  ziehe.  Wohl  seien 

ihre  Bürger  auf  Caspar  Hicrsings,  des  inneren  Bürgermeisters, 
Versicherunr( ,  die  Bauernheere  hätten  dem  Markgrafen  eine 
friedliche  Antwort  zuteil  werden  lassen,  zu  Hause  geblieben ; 
dagegen  dabei  seien  sie  immer  noch  Überzugs  gewärtig,  auch 
•  ein  Versuch  bei  dem  Haufen  zum  Hagenhof,  einen  Stillstand  zu. 
erlangen,  sei  mifsglttckt.  Sie  bäten,  doch  ja  ihnen  die  erwähnte 
Antwort  der  Bauern  zu  ttberschicken,  um  sich  darauf  ihren  Be- 
drängern gegenüber  stützen  zu  können. 

Markgraf  Casimir,  der  schon  seit  mehreren  Tagen  seine 
Gesandtschaft  sowohl  bei  dem  Fränkischen  Heere,  als  dem 
Dinkelsbühler  Haufen  hatte  und  der  gute  Hoffnung  auf  den  Er- 
folg seiner  Verhandlungen,  besonders  bei  dem  letzteren  hegte, 
beruhigle  sie,  indem  er  darlegte,  dafs  einerseits  diese  Bedrohung 
wohl  nur  von  einzelnen  ohne  Wissen  der  Hauptleute  ausginge, 
andererseits  er  bis  auf  nächsten  Montag  (8.  Mai)  die  Mann- 
schaften seiner  treugebliebenen  Ämter  nach  Ansbach  beschrieben 
habe,  nach  deren  Eintreffen  er  wohl  im  Stande  wäre,  sie  vor 
Gewalt  zu  beschützen,^**) 

So  gelang  es  denn  dem  Rate,  die  Gemeinde  daheim  zu 
erhalten,  doch  bald  drohte  eine  neue  gröfsere  Gefahr.  Der 
Dinkelsbühler  Haufe,  durch  das,  vielleicht  von  den  C'railsheimer 
Eingeweihten  mit  Absicht  verbreitete  (ierücht,  die  Stadt  habe 
ihm  zuziehende  Bauernscharen  weggenommen  und  halte  sie  in 
harter  Gefangenschaft,  überhaupt  auf  Crailsheim  erbittert  ^'^), 
forderte  unterm  <5.  Mai  durch  »Hans  Ottenwelderc  mündlich 
die  Bürgerschaft  kategorisch  auf,  >inen  zu  zuziehen  und  inen  das 
heilig  evangelium  und  das  wort  gottes  helfen  zu  erhalten,  in 
mafsen  sie  hievor  auch  zugeschrieben.«**^)  Sie  verlangten  Ant« 
wort  bis  zur  Nacht,  da  sie  gehört  hätten,  dafs  die  von  Crails- 
heim nächsten  Montag  dem  Markgrafen  zuziehen  und  ihnen  feind 
werden  wollten. 

Der  Rat  bat  um  Frist,  er  müsse  es  erst  an  seinen  Herren 
gelangen  lassen,  und  sandte  umgehend  hierüber  Bericlu  nach 
Ansbach.  Die  Räte,  in  des  abwesenden  Markgrafen  Namen, 
wiesen  vielleicht  nicht  ohne  Grund  darauf  hin,  dafs  »Ottenwel- 
derf  wohl  mehr  auf  eigene  Faust  als  im  Auftrag  der  Bauern- 

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—    53  — 


fahret  versucht  habe,  sie  zu  dem  Haufen  zu  bringen,  betonten 
ferner  die  bereits  eingeleiteten  Unterhandlungen  und  dafs  ja, 
wie  sie  selbst  wüfsten,  ihr  »gn.  Herr  als  ein  frumer,  cristlicher 
fürst  das  heilig  evangelium  allenthalben  in  seiner  f.  gn.  landen 

nit  verhindert  und  also  nit  weniger  dann  jemand  anders,  das 
selbig  sovil  möglich  zu  l'urdern  und  zu  auffern,  genaigt  und  be- 
gierig« sei.  Wurden  sie,  was  die  Rate  nicht  glaubten,  trotzdem 
angegriffen,  würde  mau  sie  mit  Hülte  nicht  verlassen.*^**)  Es 
kam  in  der  That  zu  keinem  Angriff  der  Bauern  auf  Crailsheim; 
denn  schon  hatte  sich  Markgraf  Casimir  entschlossen,  wie  ver« 
langt,  anf  Grund  der  zwölf  Artikel  mit  dem  Dinkelsbfthler  Hau- 
fen zu  unterhandeln  und  das  Fränkische  Heer  auf  diese  Weise 
zu  isolieren,  ein  Vorhaben,  das  nur  durch  die  bewaffnete  Aktion 
gegen  die  Riesbauern  eine  Verzögerung  erlitt. 

Der  Dinkels  bühler  Haufe  war  hervorgegangen  aus 
der  Vereinigung  des  Ellwanger  Haufens  *'^)  mit  der  Bauernschaft 
um  Dinkelsbühl  und  mit  dortigen  Bürgern.  Schon  am  38.  April 
waren,  wie  der  daniaiige  Probst  Melchior  Röttinger  in  seiner 
Klageschrift  an  den  Schwäbischen  Bund  erzählt,  in  der  Frühe 
Scharen  zum  Ellwanger  Haufen  gehörig  in  das  Benediktiner* 
kloster  MÖnchsroth,  etwas  südlich  von  der  Reichstadt  Dinkels- 
bühl,  gefallen  und  hatten  es  beraubt.  Noch  an  demselben  Mor- 
gen beteiligten  sich  die  Dinkelsbtthler  Bauern,  auch  etliche  aus 
der  Stadt,  an  der  Plünderung.  Nachmittags  vollends  zog  eine 
grofse  Anzahl  wohl  bewehrt  mit  Trommeln  und  Pfeiflen  aus 
Dinkelsbulil  in  das  Kloster  und  vertrieben  die  bisherigen  In- 
Sassen  mit  Gewalt.  Die  Monstranz,  mit  dem  Heiliutunie,  zwei 
silberne  Kelche  und  andere  Kostbarkeiten  wurden  geraubt,  die 
Glocken  und  der  Knopf  des  Turmes  von  Dinkelsbühlern  hinweg 
geführt/'^  die  Altäre,  der  reiche  Bilderschmuck  in  der  Kirche, 
die  gemalten  Fenster  wurden  zertrümmert,  der  Taufstein  umge* 
worfen,  die  Vorräte  an  Hausrat,  Lebensmitteln,  Getreide  und 
Wein  gestohlen,  verschleppt,  teilweise  auch  gleich  verbraucht 
und  verzehrt.***)  Am  Abend,  als  die  Plünderer  zur  Sperrzeit 
nach  Dinkclsbnlil  Iiinein  wollten,  liefs  man  sie.  obglcicii  \iele 
Dinkelsbuhler  dabei  waren,  nirht  herein.  Der  Haufe  lagerte 
sich  vor  der  Stadt  auf  den  Wiesen. ^^'*)  Schon  am  29.  ApriP"*) 
in  der  Nacht  brach  der  Ellwanger  Haufe,  den  sie  berufen  hatten, 


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—    53  — 


unter  dem  obersten  Hauptmann  Bonifacius  Hofmann  von  Ell- 
wangen zu  ihnen  auf  und  lagerte  mit  ihnen  den  nächsten  Tag 
auf  dem  Brühl.  An  Proviant  fehlte  es  nicht  im  ßauernlnger; 
waren  doch  allein  42  Wägen  mit  Getreide  im  Kloster  genonnnen 
worden,  auch  mufste  der  Eliwanger  Amtmann  immer  Lebens- 
mittel nachschicken.  Am  nämlichen  Tage  wurde  Mönchsroth 
vollends  verwüstet  und  verbrannt.^'*) 

Markgraf  Casimir  hatte  durch  den  Abt  von  Auhausen 
Georg  Truchsefs  von  Wetzhausen  die  Warnungen  Georg  Haber- 
koms,  des  Öttingischen  Hofmeisters,  erhalten. 

Schon  fragte  der  Abt  besorgt  an,  ob  es  geraten  sei,  auf 
dem  Kloster  zu  .verbleil)en. '-^"^  Noch  galt  es  jedoch  nicht  ihm; 
aber  nicht  weit  von  Auhausen  zerstörten  die  Bauern  die  Schlösser 
zu  Dürrwangen  und  Wittelshofen,  das  Schwesterhaus  zu  Kem- 
mathen,  auch  das  Forstamtshaus  zu  Thannhausen.***)  Von  den 
umliegenden  Orten  strömten  ihnen  zahlreiche  markgräfliche 
Unterthanen  zu. 

Gemäfs  dem  Landtagsbeschlufs  und  beunruhigt  durch  den 
Aufstand  um  Crailsheim  hatte  der  Fürst  sofort  zwei  von  Adel, 
Thomas  Kuedorfer,  den  Amtmann  zu  Thann,  und  Eucharius  Zobel 
zu  Ramsdorf,  nebst  zwei  Verordneten  von  der  Landschaft  zur 
Unterliandlung  mit  dem  Ellwanger  Haufen  in  seinem  und  im  Namen 
seiner  Ritterschaft  und  Landschaft  abgeordnet.  Als  diese  am  l.  Mai 
in  der  Frühe  von  Feuchtwang  nach  Ellwangen  ritten,  erfuhren 
sie  den  nächtHchen  Marsch  der  Bauern  nach  Dinkelsbühl  und 
wandten  sich  sofort  mitsamt  Herrn  Hans  von  Schwabsberg  *^^) 
dorthin.  Sie  wurden  sofort  ins  Lager  geführt,  Ihnen  erstlich  von 
den  Verordneten  der  Bauern  alle  £hre  erzeigt,  aber  da  die  ober- 
sten Hauptleute  abwesend  waren,  so  mufsten  sie  von  10  Uhr  früh 
bis  zur  sechsten  Nachmittagsstunde  warten,  während  welcher  Zeit 
die  Gesandten  von  unendlichen«  Leuten  gar  manches  zu  er- 
dulden hatten.  Die  Hauptleute,  als  sie  kamen,  horten  ihr  An- 
bringen sehr  höflich  an  und  versprachen,  ihnen  bis  nächsten 
früh  10  Uhr  Antwort  zu  geben.  Den  Haufen,  dem  man  noch 
immer  zuzog,  schätzten  die  markgräfUchen  Abgesandten  auf 
4000  MannJ««) 

Wahrscheinlich  verzögerte  sich  die  Entscheidung  Uber 
ihre  Anträge  im  Bauernrat.    Denn  erst  am  4.  Mai  konnten  die 


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—  54 

Unterhändler  dem  Markgrafen  den  Bescheid  des  Haufens  zu- 
schicken.*'') 

Die  Hauptleute  teilten  dem  Fürsten  mit,  dafs  sie  in  ihrem 

»höUen  häufen«  alle  Unterthanen  des  Markgrafen  und  seiner 
Ritterschaft  etc.  zusammeiibcrufcn  und  ihnen  der  Gesandten 
VVerbun^f  und  Begehr  vorgehalten  hätten  und  diese  folgende 
Antwort  gegeben:  ^>In  sei  nit  wissen,  das  ainicherlai  artikel 
von  eur  fürstlich  gnaden  und  gemainer  landschaft  bewilligt  und 
gruntUch  versichert  und  zugesagt  seien,  und  deshalb  [haben  sie]  uns 
gebeten,  auch  aufs  höchst  als  christeniich  verpflicht  bruder  ersucht» 
inen  wie  andern  brudem  die  zwelf  artikel  gemainer  baurschaft 
helfen  bei  meniglich  zu  erhalten  und  volstrecken.«  Da  sie, 
die  Hauptleute  und  der  übrige  Haufe,  ihnen  nun  ihr  ernstliches 
Begehren  laut  ihrer  Eidespflicht  nicht  abschlagen  könnten,  so  , 
baten  sie  den  Markgrafen,  wie  andere  Fürsten,  Herren  und 
Städte  bereits  gcthan,  den  Seinigen  ebenfalls  die  zwölf  Ar- 
tikel nachlassen  zu  wollen.  ^^'^} 

Casimirs  Räten  zu  Ansbach  dünkte  es  klüger»  den  Ge- 
fahren, die  von  dem  Aufstand  der  Riesbauem  wie  von  dem 
Fränkischen  Heere  her  drohten,'^*)  nicht  noch  eine  neue  bei- 
zufügen. Sie  rieten  deshalb  dem  Fürsten,  der  damals  sich  be- 
reits auf  dem  Zug  gegen  die  seine  Grenzen  bedrohenden  Ottinger 
und  Rieser  Aufständischen  befand,  eine  Unterhandlung  auf  Grund 
der  zwölf  .Artikel  nicht  von  der  Haud  zu  weisen  und  sich  da- 
durch gegen  die  andern  Raiiernheere  freie  Hand  zu  sichern. ^*°) 
Da  diese  Ansit  lit  ganz  mit  den  Plänen  des  Markgraten  überein- 
stimmte, wie  er  in  ähnlicher  Weise  sich  mit  der  gegen  ihren 
Bischof  Weigand  von  Redwitz  aufgestandenen  Bamberger  Land- 
schaft Achtung  der  gegenseitigen  Neutralität  gelobt  und  so 
seme  eine  Flanke  gesichert  hatte,  ^'')  so  ist  nicht  zu  zweifeln, 
dafs  er  alsbald  dem  Vorschlag  der  Räte  beistimmte.*"}.  Es 
ging  demzufolge  ein  entsprechendes  Schreiben,  allerdings  vor- 
läufig noch  im  Namen  des  bisherigen  mark  gräflichen  Gesandten, 
welches  für  die  Anset/.ung  eines  1  ages  den  in  Rede  stehen- 
den  Verhandlungen  die  Anregung  geben  sollte,  an  den  Dinkels- 
bühler  Hauten  ab.  Keineswegs  zu  früh,  denn  dieser,  der  unter- 
dessen die  Reichsstadt  in  seinen  Bund  gezwungen  und  dahin 
gebracht  hatte,  ihm  drei  Büchsen  mit  Kraut  und  Lot,  hundert 


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—    55  — 

Spie{se,  zweihundert  Mann  nebst  einem  tapferen  Hauptmann, 
sowie  die  Übergabe  des  Deutschen  Hauses  nebst  Klosters  und 
die  Annahme  der  zwölf  Artikel  zu  gewähren,  stand  bereits  mit 

den  Riesbauern  in  näherer  Verbindung. ^^^) 

Am  Tage  des  Abschlusses  des  Vertrags  am  6.  Mai  stiefsen 
die  Aufrührerischen  aus  der  Umgegend  Crailsheims  /.u  ihm, 
wurde  die  Stadt  selbst  nochmals  zum  Anschlufs  aufgefordert. 
Am  8.  Mai  erhob  sich  das  Lager,  durch  das  Abkommen  mit 
Dinkebbttiil  im  Rücken  gedeckt  und  durch  den  markgräflichen 
Zusug  gestärkt,  um  su  den  christlichen  Brttdem  im  Ries  an 
ziehen  und  mit  ihnen  vereint  den  Markgrafen  heimzusuchen. 


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UI. 

Der  Aufstand  im  nördlichen  Ries  und  um  Wasser- 
trüdingen,  die  Plünderung  der  Benediktiner-Abtei 
Auhausen  an  der  Wömitz  und  die  Ostheimer  Schlacht. 

24.  April  —  9.  Mai.*) 

Auch  auf  die  erst  seit  kurzem  wieder  beruhigten  Bauern 
der  Öttinger  Graten  hatte  die  so  schnell  anwachsende  und  mit 
glücklichem  Krfolg  gekrönte  Erhebung  der  Ellwanger  Bauern 
wieder  aufstachelnd  gewirkt.  Schon  um  den  24.  April  finden 
wir  wieder  Spuren  von  RottierUDgen . '•^')  Bald  genug  kamen 
auch  direkte  schriftliche  Mahnungen  der  EUwanger  Schar,  mit 
»hamasch  und  werenc  auf  zu  sein.  Der  Haufe  Uefs  sich  hören, 
er  wolle  ins  Bies  fallen,  zuerst  aber  sich  vor  Baldem  und 
Wallerstein,  des  Öttinger  Hauses  wichtigste  Schlösser,  legen. *'^) 

Noch  scheinen  die  Grafen  nur  den  Ellwanger  Haufen 
gefürchtet,  von  der  Masse  ihrer  eigenen  Bauern  sich  jedoch 
nocli  kenier  Gefahr  vcrselu-ii  zu  haben. Sie  hatten  bei  dem 
ersten  Anschein,  dafs  sich  der  Brand  des  Aufruhrs  ihren  Be- 
sitzungen mitzuteilen  drohe,  sogleich  an  den  Schwäbischen 
Bund  und  an  Markgraf  Casimir  um  Hülfe  geschrieben,  suchten 
zur  Besetzung  ihrer  Stadt  Öttingen  in  Augsburg  Fufsknechte  zu 
erhalten,^'')  streiften  mit  40  Pferden  auf  Kundschaft  gegen  den 
Ellwanger  Haufen  und  mahnten  endlich  —  1.  Mai^'")  —  ihre 
Bauern  auf,  sei  es,  um  mit  ihnen  zu  handeln,  dafs  sie  sich 
ruhig  verhalten  sollten,  sei  es,  um  sich  ihrer  Treue  zu  versi- 
chern und  sie  im  Notfall  gegen  die  drohenden  Bauernhaufen 
verwenden  zu  können.  Wie  in  manch  anderen  Fällen  wurde 
auch  hier  das  Aufgebot  das  Signal  zum  Ausbruch  der  Erhebung. 

Dieses  Datum  benehs  sieh  auf  den  gaosen  dargestellten  Zeit- 
raum und  nicht  auf  die  Ostheimer  Schlacht  allein. 


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— .    57  — 

Die  Grafen,  die  nur  eine  bestimmte  Anzahl  aus  jeder  Gemeinde 
erfordert  hatten,  sahen  sich  bald  von  einem  gewaltigen  Haufen 

umgeben,  dessen  sie  nicht  mehr  mächtig  waren. '^^) 

Seltsamerweise  scheint  unter  den  Bauern  der  Gedanke 
aufgetaucht  zu  sem,  den  Grafen  die  Kloster  und  deren  Güter 
einzugeben,  wohl  mit  der  stillen  Voraussetzung,  sie  vorher 
gehörig  auszuräumen,  wenn  sie  sich  zu  ihnen  verbrüderten. 
Ja  wir  finden  sogar  gegen  die  Grafen  den  Verdacht  aus- 
gesprochen, als  ob  sie  den  Ihrigen  erlaubt  hätten,  einige 
derselben  zu  plttndem,  natarlich  mit  dem  Hintergedanken, 
dieselben  dann  für  sich  in  Besitz  zu  nehmen.'*^ 

Sicher  ist  es,  dafs  die  Aufrührerischen  suchten,  auf  alle 
mögliche  Weise,  selbst  mit  Droiiungcn  den  Ausschlufs  der  Gra- 
fen zu  erzwingen.  Es  mögen  dabei  wohl  auch  derbe,  höhnende 
Worte,  wie  die  Aufforderung,  dafs  sie  als  »Christliche  Brüder« 
zu  Fufs  mit  dem  Haufen  ziehen  sollten,  gefallen  sein.  Mit 
Mühe  gelang  es  Graf  Ludwig  dem  Älteren  unter  dem  Vorwand, 
sich  mit  seinen  Vettern  beraten  zu  woUen,  von  ihnen  zu  kom- 
men. Einzelne  der  gräflichen  Diener,  auch  viele  Ottinger  6ür> 
ger  wurden  gezwungen,  zu  ihnen  zu  geloben.^*^)  Das  Kloster 
und  Gotteshaus  Maihingen  Sankt  Brigitten-Ordens  plünderten 
und  verwüsteten  sie  und  verjagten  die  Mönche  und  Nonnen. 
Der  Äbtissin  von  Kirclilieim  nahmen  sie  mehr  als  40  Wägen 
Getreide.  Auch  das  Kloster  Zimmern  Citeler-,  d.  h.  Cister- 
ciens er-O rdens,  das  Benediktinerkloster  Deggingen  und  die 
Carthause  Christgarten  wurden  ausgeraubt  und  teilweise  zerstört.*'*^ 

Ottingen  selbst  hielt  sich  einige  Zeit,  obgleich  es  keine 
oder  nur  geringe  Besatzung  hatte,  und  die  Bauern  sagten,  sie 
wollten  tdas  stettlin  mit  eitel  kesen  umwerfenc.  Am  3.  Mai 
aber  mufste  es  sich  ergeben.  Die  Aufständischen  bekamen  in 
der  Stadt  den  Grafen  Ludwig  den  jüngeren  in  ihre  Gewalt 
und  zwangen  ihn,  zu  ihnen  zu  geloben.  Abends  plünderten  sie 
das  Deutsche  Haus  daselbst  rein  aus.^*^) 

Gehoben  durch  ihre  Erfolge  drohten  die  Rie«?er,  wenn  die 
von  Wassertrüdingen  die  Klöster  Auhausen  und  Heidenheim 
nicht  selbst  einnehmen  wurden,  so  würden  sie  kommen  und 
dieselben  ausbeuten.  Als  die  markgräfischen  armen  Leute  in 
den  Ämtern  Hohen-  und  Wassertrüdingen  nebst  den  dortigen 


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Unterthanen  anderer  Herrschaften  dies  vernahmen,  thaten  sie 
sich  zusammen  und  machten  den  Anschlag,  die  Klöster  selbst 
zu  plündern. 

Auch  die  Ueniciiiilc  zu  Wasscrtrüdiny;en  war  nicht  abge- 
neigt, den  Ricsbaiiern  zuvor/ukoinmcn,  docli  gelang  es  noch, 
sie  his  auf  des  Markgrafen  Bescheid  zu  beruhigen.  Atjer  Hr.  Kas- 
par Schenk,  der  Amtmann  von  Hohen-  und  Wassertrtidingen, 
gab  doch  schon  zu  bedenken»  dafs,  wenn  die  Bauern  die  Plünderung 
vornehmen  würden,  die  Gemeinde  dagegen  davon  ausgeschlossen 
sein,  und  die  Klosterhabe  in  fremde  Hand  kommen  sollte,  leicht 
ein  Aufstand  der  ärmeren  Bürger  zu  besorgen  sein  dürfte,  and 
schlug  vor,  ihnen  zu  vergönnen,  die  Klöster  dem  »Markgrafen 
und  ihnen  zu  gute  einnehmen  zu  dürfen;  d.  h.  wohl,  die  Klöster 
un  l  ilire  ik'sitzürigen  tür  den  Landesfürsten,  die  Vorräte,  das 
Vieii  und  die  andere  fahrende  Habe  für  seine  getreuen  Wasser- 
trüdinger  in  Beschlag*  zu  nehmen."*)  Markgraf  Casimir,  der 
in  Geldsachen  stets  sehr  genau,  dachte  jedoch  Über  die  Zweck- 
mäfsigkeit  dieser  Mafsregel  anders.  £r  zog  es  vor,  die  Klöster, 
die  er  schon  vorher  mit  Schutzwachen  besetzt  hatte,  in  seinem 
Namen  einnehmen  und  deren  Inhalt  inventarisieren  zu  lassen. 
Silber  und  Gold  oder  Kleinodien  befahl  er  nach  Ansbach  zu 
schicken,  auch  einen  tüchtigen  Verwalter,  der  keine  Beschädig 
gung  der  Klöster  dulde,  dahin  zu  verordnen.  Den  Mönchen, 
wenn  sich  dieselben  Arges  besorgten,  sei  zu  gestatten,  zu  flüch- 
ten, den  Kl  oster  hintersafsen  neue  Pflicht  und  Huldigung  auf- 
zuerlegen. 

Aber  die  rasch  fortschreitende  Empörung  machte  die 
Ausführung  dieses  Befehls  unmöglich. 

Am  Freitag,  den  5.  Mal,  schrieb  der  Abt  von  Anhausen 
dem  Markgrafen,  dafs  sich  die  Bauern  von  Ehingen,  Röckingen, 
den  beiden  Schwaningen,  Geilsheim,  Ostheim  und  Westheim  und 
andere  um  die  zehnte  Stunde  zusammen  gerottet  hätten  und 
von  Dorf  Dort  ziehend  Alles  aufmahnten,  <las  Dorf  Auhausen 
sowie  die  Wächter  im  Kloster  daselbst  unter  der  Drohung  des 
Brandes,  Dafs  unter  solchen  Umständen  die  Mahnung  des 
Abtes,  die  von  Auhausen  sollten  auf  nächsten  Montag  dem  Mark- 
grafen ihre  auferlegte  Anzahl  Wehrmänner  nach  Ansbach  schi^ 
cken,  wirkungslos  verhallte,  war  nur  natürlich.    Der  Dechant 


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von  Lentersheim,  der  Pfarrer  von  Röckingen,  Schwaningen, 
Dambach,  der  Geistliche  Hr.  Michel  von  Geilshehn  waren  bei  den 
Bauern  zu  Osthehn  und  Obennegersheitn."^  Noch  hielten  Was- 

sertiiulingcii  und  (iunzenhausen  feston  Stand.  Aber  das  erstere 
wurde  noch  am  nämlichen,  das  andere  den  nächsten  Tag  auf- 
gemahnt, und  es  war  zu  befürchten,  dafs  sie,  besonders  das 
erstere,  bei  der  zweifelhaften  Stimmung  der  Gemeinde,  sich 
nicht  lange  wttrden  halten  können.'*') 

Unleugbar  war  die  Lage  des  Markgrafen  damals  bedenk- 
lieh,  ja  gefiÜirUch  su  nennen.  Die  Fränkischen  Haufen, im 
Begriff  sich  vor  Würzburg  zu  vereinigen,  bildeten  eine  Macht, 
die  ihm  bei  weitem  an  Streitkräften  überlegen  war.  Im  Aisch' 
und  Zennergrund,  in  Kitzingen,  im  Uffenheimer,  im  Colmberger 
Amt,  in  allen  \\  ürzburgischem  Gebiet  benachbarten  oder  von 
ihm  umschlossenen  Brandenburgischer>  Bezirken  erfolgte,  durch 
die  Nähe  des  grofsen  Fränkischen  Bauernheeres  erregt  und 
gedeckt,  Abfall  auf  Abfall,  Erhebung  auf  Erhebung.  Und  dabei 
vermehrten  sich  des  Markgrafen  Widerstandsmittel  keineswegs. 
Die  Böhmen  und  die  Pfabs-Neuburger  Reiter  hatten  eine  andere 
Bestimmung  erhalten.  Von  den  Übrigen  Fränkischen  Ständen 
war  keine  Hülfe  zu  erlangen  gewesen.  Auch  mit  dem  Annehmen 
von  Reisigen  und  Fufsknechten  ging  es  langsam,  noch  am 
17.  Mai  schrieb  der  Truchsefs  Georg,  dal's  es  ihm  aus  Geld- 
mangel nicht  möglich  gewesen,  ein  Fähnlein  Knechte  für  Casi- 
mir aufzubringen.^*^  Der  Markgraf  betonte  wohl  später  dem 
Bunde  gegenüber,  dafs  er  in  der  Ostheimer  Schlacht  nur  seine 
eigenen  Truppen  gehabt  habe,  weil  der  erkannte  Bundeszusatz 
noch  nicht  zusammengebracht  werden  konnte.  Bald  zeigte  es 
sich  noch,  dafs  Markgraf  Cashnir  sich  auch  auf  die  militärisch 
ausgebüdeten  Wehrleute  seiner  Landschaft  nicht  werde  stützen 
können.  Immer  zahlreicher  liefen  die  Entschuldigungen  der  ver- 
schiedenen Orte  ein,  teils  waren  sie  schon  von  den  Bauern  auf- 
geniahnt,  teils  lluü^ten  sie  iii  Kurze  des  l'berzugs  gewarten  und 
brauchten  deshalb  ihre  T.eute  /u  Hause,  oft  baten  sie  sogar, 
ihnen  ^uch  die  zur  Hutideshülfe  L^estellten  Mannschaften  zurückzu» 
schicken  und  bracliten  so  statt  Stärkung  Schwächung,  statt  Unter- 
stützungen Entschuldigungen.  Und  dies  waren  die  gutgesinnten, 
treuen  Orte,  andere  blieben  einfach  aus,  wenn  nicht  eine 


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vorsichtig  vorbaueade  Ehrbarkeit  auf  eigne  Kechnung,  wie  in 
Kitzingen,  sich  mit  Hinweis  auf  den  Zwang  der  drohenden  6au> 
erohaufen  zu  rechtfertigen  suchte.**®) 

Wenn  nun  der  Haufe  um  Dinkelsbühl,  der  ja  schon  länger 
mit  dem  Uttinger  hellen  Haufen  in  Verbindung  stand,  rasch  vor- 
rückte und  im  Zusammenwirken  mit  den  Rieser-  und  markgrä- 
fischen  Aufständischen  —  die  Ämter  Günzenhausen  und  Wasser- 
trüdingen  aufrollend  —  den  Brand  über  die  Altmühl  in  die 
kaum  beruhigten  Gebiete  um  den  Messinger  Berg  trug,  welche 
Macht  wäre  vorhanden  und  im  Stande  gewesen,  diesem  gewal- 
tigen  Stofse  zu  widerstehen  ^*^*) 

Nur  ein  ktthner  und  rascher  Entschlufs  konnte  hier  noch 
Rettung  gewähren,  wenn  es  gelang  die  abgefallenen  Untertha- 
nen  und  ihre  Verbündeten  die  Ottinger-  und  Riesbauern  un- 
schädlich zu  machen,  ehe  sich  mit  ihnen  der  Dinkelsbühler 
Gewaltshaufe  vereinigen  vermochte.  Wer  wagte  zu  bestimmen, 
wie  lange  die  ansgesponnenen  Unterhandlungen  den  letzteren 
hinzuhalten  vermochten? 

Markgraf  Casimir  fafste  den  Entschlufs,  dieser  nächsten, 
drohendsten  Gefahr  die  Gewalt  entgegenzusetzen,  nicht  tollkühn 
wagend  —  das  lag  nicht  in  seiner  Natur,  —  sondern  unter 
genauer  Erwägung  der  einzelnen  Faktoren  fUr  den  Augenblick 
das  Kleinere,  die  Sicherheit  semer  Residenz-  und  Hauptstadt 
aufs  Spiel  setzend,  um  das  Ganze  zu  retten. 

Nur  eine  geringe  Mannschaft  konnte  er,  als  die  Notrufe 
der  bedrängten  Städte  und  Klöster  immer  lauter  und  häufiger 
erschollen,  die  Ciefahr  immer  drf>hender  wurde,  ins  Feld  stellen. 
Mufste  doch  das  durch  den  Abmarsch  der  meisten  Streitkräfte 
immerhin  gefährdete  Onolzbach  wenigstens  gegen  einen  Hand- 
streich ausgiebig  gesichert  werden.***) 

Markgraf  Casimir  suchte  daher  aufser  der  Besatzung  und 
der  Bürgerschaft  auch  alle  übrigen  Streitfähigen  für  die  Ver- 
teidigung der  Stadt  zu  sichern.  Am  5.  Mai  liefs  er  alle  tehe- 
halten  und  igebroten  dieiu-r«  durch  ihre  Herrn  auf  Haud- 
gelühde  \  erj'jflirhten,  so  lanue  sie  ihr  ^  pfleglich  anu  rM-n  <  in  der 
Stadt  haben  wurdrn,  ihm  treu  und  gewartig  zu  sein,  verdächtige 
Symptome  von  Verrat  oder  .\urruhrgelüsten  sofort  zur  Anzeige 
zu  bringen.    Nachdem  der  Markgraf,  wie  man  von  einem  so 

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versuchten  KriegsfUrsten  erwarten  konnte,  die  Besatzung  und 
allenfallsige  Verteidigung  des  Schlosses  und  der  Stadt  aufs 
sorgsamste  und  genaueste  angeordnet,  seine  BrQder  die  Mark* 

grafen  Johann  Albrccht,  den  Coadjutor  von  Magdeburg  und 
Halberstadt,  untl  Wilhelm  mit  vielem  Adel  darin  /-uruckgclassen, 
dem  Ritter  Veit  von  Lentersheim,  Amtmann  von  Neustadt  an 
der  Aisch,  einem  erprobten  und  angesehenen  Krieger,  den  Ober- 
befehl in  der  Stadt  selbst  Ubertragen  hatte, '^^)  zog  er  am 
Samstag,  den  6.  Mai,  mit  seiner  kleinen  Macht  von  Onolz- 
bach  aus,  willens,  Wassertrttdingen  zu  entsetzen.  Da  er  von 
Graf  Ludwig  dem  älteren  von  Ottingen,  der  auf  dem  Weg  zu 
ihm  stiefs,  fälschlich  berichtet  wurde,  dafs  dort  und  in  der  Nähe 
keine  Bauemscharen  lägen,  so  änderte  er  seine  Marschrichtung 
auf  Merkendüff,  nahm  den  Flecken  zu  neuer  Huldigung  und 
Verpflichtung  an,  versprach  den  Inwohnern,  ihr  gnä(li''<'r  Fürst 
zu  sein,  und  blieb  denselben  Tag  dort  liegen,  bemüht,  von  dem 
Stand  der  Dinge  ein  richtiges  Urteil  sich  zu  bilden.  ^^^) 

Ks  zeigte  sich  bald,  dafs  fast  die  ganzen  Ämter  Hohen- 
und  Wassertrüdingen  in  BevvcL^amg  waren.  Von  Ort  /.u  Urt  gin- 
gen oder  ritten  die  Aufmahnboten,'^^)  von  der  Amtsstadt  aus 
schickten  unzufriedene  Bürger  in  die  einzelnen  Dörfer  mit  der 
dringenden  Mahnung,  vor  deren  Thoren  zusammen  zu  kommen. 
Gemeinde  um  Gemeinde  fiel  teils  freiwillig,  teils  gezwungen  zu 
den  Bauern. i'^^)  Noch  an  demselben  Tag  erhielt  der  Markgraf 
die  Kunde,  dafs  jene  Nachricht  falsch  gewesen,  Wassertrttdin- 
gen schon  in  der  FrOhe  von  den  Aufständischen  besetzt 
worden  sei.'**) 

Schon  als  der  Hausvogt  Christoph  von  Fronhofen  und 
Stephan  von  Birkenfels  auf  ihrer  Untersuchungsreise  nach  Crails- 
heim und  Feuchtwangen  auf  dem  Hin-  und  Herweg  dort  ein- 
geritten waren,  hatte  sich  eine  Mifsstimmung  der  Gemeinde,  ja 

selbst  des  Rates  gegen  den  dortigen  Amtmann  bemerkbar  ge- 
macht, gegenseitiges  I  belwollen  und  Hafs  sicii  gezeigt.  Der 
Hausvogt  sprach  den  Bürgern  glimpflich  zu,  ermahnte  sie,  sich 
getreulich  zu  halten,  auch  die  Gemeinde  nicht  für  sich  selbst  be- 
raten zu  lassen,  sondern  alles  mit  Wissen  des  Amtmanns  zu 
handeln,  und  beruhigte  sie  so  ziemlich.    Kaum  waren  jedoch 


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die  Räte  weiter  geritten,  als  Herr  Caspar  Schenk,  ein  heftiger 
stolzer,  zu  Schmähungen  geneigter  Mann,  sich  in  den  gröbsten 
Beschimpfungen  gegen  die  Bürgerschaft  erging.  ^*^)    Dies  klagten 

die  Heleidigten  dem  Ilausvogt  nach  seiner  Zurückkunft.  Dieser 
suchte  sie  zu  besänftigen,  versicherte,  der  Amtmann  meine  es 
so  heftig  nicht,  doch  '^oüe  ihnen  nacli  Stillung  des  Aufruhrs  ein 
Tag  gegen  ihn  vergönnt  und  die  Sache  dann  untersucht  wer- 
den. Das  nahmen  sie  an,  doch  blieb  natürlich  böses  Blut  zurück. 

Mit  den  Bewilligungen  des  auch  von  ihnen  beschickten 
Ansbacher  Landtags,  schrieb  spater  der  Rat,  wären  sie  alle  »wol 
benugig  gewest  und  mitainandcr  ainig  worden,  genzlich  still  zc 
sitzen  und  ze  thon  als  from  leut«.  Sie  beschlossen,  kein  frem- 
des Gut  herein  flüchten  zu  lassen,  damit  die  Bauern  nicht  gegen 
sie  gereizt  würden.  Als  die  Aufmahnschreiben  der  Öttinger 
kamen, zeigten  sie  es  Herrn  Caspar  an  und  beschlossen  mit 
ihm,  den  Markgrafen  zu  benachrichtigen,  auch  besonders  seine 
Meinung  wegen  der  einzunehmenden  Klöster  zu  erholen. 

Aber  nun  zeigte  sich  ein  Zwiespalt  zwischen  Rat  und  Ge- 
meinde. Letztere,  lüstern  nach  den  reichen  Vorräten  und  Habselig- 
keiten Auhausens  und  Heidenheims,  hatte  sich  während  der  Verhand- 
lungen zwischen  Rat  und  Amtmann  auf  eigene  Hand  auch  versam- 
melt. Die  Herren  gingen  vom  Rathaus  hinab,  sie  zu  stillen,  bekamen 
aber  sehr  böse  Reden  zu  hören.  Einzelne  schrieen  sogar:  »Es 
thut  kein  gut,  man  werf  sie  dann  all'  zum  laden  liinausi 
Es  war  klar,  dafs  die  Gemeinde  sehr  übel  empfand,  dafs  ihr  die 
schon  für  sicher  gehaltene  Beute  entgehen  und  sie  obendrein 
mit  den  Bauern  in  Feindschaft  gebracht  werden  sollte.  Hatten 
doch  die  kommunisierenden  Ideen  der  letzteren  auch  bei  ihr 
günstigen  Boden  gefunden,  und  viele  der  ärmeren  Bürger  hätten 
gar  gerne  brüderlich  mit  den  reicheren  geteilt.  So  schrie  z.  B. 
Hans  Zymermann,  als  einmal  Wolf  Metzler,  der  äufsere  Bürger- 
meister, etliche  aufrührischer  Handlung  halber  rügte,  hervor- 
springend und  sein  Beil  erhebend,  ihm  zu:  »Nein,  ir  grofsen 
hansen,  ir  muest  mit  uns  tailn  und  nniest  einer  als  reich  sein 
als  der  ander  I«  und  fluchte  übel  dazu.***^)  Die  Mifsvergnügten 
in  der  Stadt  sahen  sich  denn  auch  bald  nach  bäurischer 
Hülfe  um. 


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Am  Donnerstag  nach  Walburgis  schickten  einige  der  Ver- 
wegensten,  Lienhart  Schreiner,  Lienlein  Schuster,  Wolf  Schwarz, 

Gilg  —  i.  e.  Aegidius  —  Vischer  in  der  Vorstadt  und  andere, 
die  bei  dem  Wirt  Balthasar  Schuster,  auch  einem  tlcr  Un/;u(rie- 
denen,  zu  Wein  gewesen  waren,  Boten  in  die  Landschaft,  um 
die  '  )rtschaften  ringsum  aufzumahnen,  Freitags  nach  Wasser- 
trudingen zu  kommen  und  gemeinsam  nach  Auhausen  zu  ziehen 
und  das  Kloster  zu  plündern.  »Hefner  Henslein«  eilte  nach 
Lentersheim,  der  »jung  Schlossere  nach  Röckingen  und  Ehingen, 
2u  Opfenried  gesellte  sich  zu  ihm  einer,  namens  »Mttlhensldnf . 
Sie  mahnten  die  Dörfer  auf  unter  dem  Vorwande,  Rat  und  Ge- 
meinde  hätten  sie  heraus  geschickt,  sie  sollten  kommen,  die 
Klöster  einzunehmen,  wenn  sie  es  nicht  thäten,  würden  andere 
kommen.*®^ 

Das  Unterfangen  der  Verschworenen  war  aber  nicht  un- 
bemerkt  geblieben.  War  schon  vorJier  im  Rate  die  Meinung 
aufgetreten,  die  Bewohner  der  offenen  Vorstadt  in  die  Stadt  zu 
nehmen,  wo  man  ihrer,  unter  denen  viele  Unzufriedene  sich  be- 
fanden, eher  mächtig,  die  >  treuen  unter  ihnen  aber  vor  den 
Bauern  sicherer  wären,  so  forderten  jetzt  einzelne  getreue  Bür- 
ger, darunter  Claus  Hofmann,  Lorenz  Kürschner  und  andere, 
Herrn  Caspar  auf,  sie  festnehmen  zu  lassen  und  sie  dem  Mark- 
grafen zuzuschicken.^^)  Der  Amtmann,  der  überhaupt  wenig 
Energie  entwickelte,  unterliefs  es,  doch  wurden  vertraute  Boten 
abgesandt,  die  Bauern  abzumahnen  und  ihnen  zu  verkünden, 
dafs  ihre  Erforderung  keineswegs  mit  Wissen  und  Willen  des 
Amtmanns  und  der  Stadt  geschehen  sei. 

Trotzdem  zogen  am  nächsten  Tage  die  Bauern  von  allen 
Seiten  auf  die  Stadt,  »uf  der  wisen  heufend«,  einher.  Lorenz 
Kürschner,  der  mit  seinen  Fellen  beschäftigt,  sie  von  der  Mauer 
aus  bemerkte,  rief  noch  zur  rechten  Zeit  den  Wächtern  zu,  die 
Thore  zu  schliefsen.  Amtmann  und  Rat  schickten  einige,  da- 
runter einen  später  als  Haupträdelsführer  bezeichneten  Bürger, 
Hans  Bener,  ^Schellenniendlein*  genannt,  zu  ihnen  hinaus, 
liefsen  sie  ihrer  Pflichten  erinnern  und  ihnen  erklären,  dafs  sie 
—  die  Bürger  —  sich  als  fromme  Leute  bei  ihrem  Fürsten  halten 
wollten.  Wenn  sie  abzögen,  versprach  man  ihnen  genugsam 
Wein,    Brot  und  Käse  auf  die  Wiese  zu  schicken.  Auch 


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Hermann  Hans  Ochsenbach,  der  Amtmann  zu  Wald,*)  wohl  von 
Markgraf  Casimir  zur  Untersuchung  der  Lage  nach  Wasser« 
trttdingen  beordert,  versuchte  vergebens  die  Bauern  zur  Auf- 
gabe ihres  Vorhabens,  die  Klöster  zu  plündern,  —  dem  Mark- 
grafen selbst  galt  nach  ihrer  Aussage  die  Erhebung  nicht — , 
zu  bewegen.  Tm  Abziige  schrieen  sie  dem  Lorenz  Kürschner, 
der  mit  üchsenbach  im  Ring  der  Aufständischen  gewesen  und 
auf  der  Mauer  wartete,  gar  höhnisch  zn:  T^Die  von  Truhendingen 
muesen  bald  bei  inen  seine.  Eilends  htt  der  Walder  Amtmann 
nach  Ansbach,  es  seinem  gnädigen  Herren  anzuzeigen.  Ver- 
gebens hatte  er  sich  gegen  Herrn  Caspar  Schenk  und  den  Rat 
erboten,  das  von  Abt  und  Wächtern  verlassene  Auhausen  wie- 
der zu  besetzen,  wenn  man  ihm  nur  Leute  zugäbe.  Vergebens 
war  das  Ancrl)ieten  getreuer  Bürger  mit  ihm  zu  ziehen,  es  war 
ihm  abgeschlagen  worden.  Amtmann  und  Rat,  welch  letzterer, 
wie  der  innere  Hürgermeister  Wilhelm  Wagner  den  Bauern  teil- 
weise nicht  abgeneigt  gewesen  zu  sein  scheint,  konnten  sich 
nicht  zu  diesem  Schritt,  der  leicht  zum  Kampfe  mit  den  Auf- 
rühren! führen  konnte,  entschliefsen. 

Noch  in  der  nämlichen  Nacht,  Freitag,  3.  Mai,  zwischen 
11  und  12  Uhr  kam  ein  Schreiben  der  Bauern,  von  einem 
Lentersheimer  gebracht,  in  die  Vorstadt.  Hans  Hechtlein,  Claus 
Hofmann  und  Hans  Lazarus  nahmen  es  in  Empfang.  Der  Letz- 
tere sattelte  ein  Pferd,  um  dem  Markgialen,  wenn  nutig,  den 
Inhalt  melden  zu  können,  aber  Herr  Caspar  Schenk  weigerte 
sich,  den  Brief  vor  morgens  anzunehmen,  so  dafs  sich  der  Zorn 
der  eifrigen  Bürger  in  spitzigen  Reden  Luft  machte. 

Am  nächsten  Tag,  6.  Mai,  in  der  Frühe  erschienen  die 
Bauern  wieder  vor  der  Stadt.  Oer  Amtmann,  sich  seiner  Un- 
beliebtheit bei  der  Gemeinde  bewufst,  vielleicht  auch  durch  die 
Sorge  um  seine  B'amilie,  die  er  nicht  geflüchtet,  ängstlich  ge- 
macht, liefs  sich  von  einigen  bewegen  —  er  behauptete  später 
zwingen  ■ — ,  zu  dem  Haufen  vor  das  Thor  sich  zu  gütlicher 
Unterhandlung  zu   begeben.    Lorenz  Kürschner   von  Wasser- 

*)  Er  hatte  betm  SchwSblschen  Band  den  erkannten  Znsatz  erwirkt 
und  befand  »ich  auf  der  Heimreiie.  Ob  er  bloft  sufiUlig  oder  auf  Befehl 
Catimin  die  Verhandlungen  mit  den  belagernden  Bavertischaren  In  die  Hand 
nahm,  Uefs  sich  nicht  feststellen,  doch  scheint  letieres  wohl  denkbar. 


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65  — 


trQdingen  begleitete  iho.  Besonderen  Mut  oder  anfsergewöhnliche 
Thatkraft  scheint  Herr  Caspar  gerade  nicht  entwickelt  zu  haben. 

Die  Bauern,  unter  deren  Vordersten  wieder  seine  eigenen 
Hintersassen  2u  linden  waren,  versicherten»  sie  begehrten  gegen 
niemand  als  die  Klöster  m  handeln.  Darauf  sagte  der  Amtmann, 
nach  Aussage  der  Wassertrüdinger,  wenn  sie  ihn  mit  seinem 
Leib  und  (iut  siclicrn  würden,  wüllte  er  es  in  Gottes  Namen 
zngeben  und  sie  einlassen.  Die  Bauern  verspraclien  es  ihm 
bereitwillig  und  kamen  so  in  die  Stadt.  Nach  Angabe  des  Amt- 
manns dagegen  hätten  ihn  die  VVassertrüdinger  schon  bei  den 
Bauern  allein  gekssen,  als  er  in  die  Stadt  zurückgekehrt,  hätten 
sie  ihm  hinterrücks  die  Brttcke  zum  Schlofs  abgeworfen  und  die 
Bauern  hereingelassen.  Wahrscheinlicher  aber  bewog  der  Wirt 
Balthasar  Schuster,  einer  der  Hauptanhänger  der  Bauern,  auf 
eigene  Faust  den  Thorwart,  zu  öffnen.  Die  Bauern  strömten 
gegen  die  Abrede  in  Menge  herein  und  besetzten  die  1  höre. 
Die  Sehlulsbrucke  wurde  auf  Befehl  des  obersten  Hauptmanns, 
des  Schmalzmüllcrs  von  Röckingen,  »Müithomanvc  genannt,  und 
des  Peter  von  Westheim,  des  Lienhart  Sauler  von  Crailsheim 
und  anderer  Ftthrer  mit  Wissen  des  Bürgermeisters  Wilhelm 
Wagner,  genannt  »Becka  Wilhalm«,  weggerissen  und  Herr  Caspar 
gezwungen,  zu  dem  Haufen  zu  geloben.  Balthasar  Schuster, 
der  sofort  nach  dem  Eindringen  der  Bauern  zu  einem  der  Haupt- 
männer erwählt  worden,  nahm  im  Ringe  derselben  dem  Amt* 
mann,  der  später  eine  gar  schaurige  Geschichte  von  dieser  Cere- 
monie  zu  erzählen  wufste,"*)  die  Pflicht  ab. 

Der  Schmal/.iiiuUer,  der  stets  als  oberster  Hauptmann  auf- 
tritt, und  >Balthle  wirtx  nahmen  die  Büchsen  vom  Rathaus  und 
auf  den  Türmen  in  Beschlag.  Die  Bürger  bewirteten  die  Ein- 
dringlinge mit  Fleisch  und  Wein.  Zuerst  wollten  die  Bauern  ihr 
Lager  für  die  Nacht  in  dem  Amtsgarten  schlagen,  dann  aber 
entschlossen  sie  sich  nach  Auhausen  zu  ziehen.  Dem  Wasser* 
trttdinger  Hauptmann  mufste  der  Rat  auf  sein  Verlangen  10 
Gulden  Zehrgeld  mitgeben.  Das  Schlofs  besetzten  die  Haupt- 
leute bei  dem  Abzüge  mit  50  Knechten  und  liefsen  auch  sonst 
eine  gute  Anzahl  ihrer  liruder  in  der  Stadt  zurück.'*'')  Der 
grofse  Haufe  zog  ins  Kloster,  um  dasselbe  in  Gemeinschaft  mit 
den  Öttiagern  und  Rieseru  zu  plündern  und  zu  verwüsten. 

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—    66  — 


Ohne  Zweifel  war  der  Abfall  WassertrUdingens,  das  bisher 
gewissermafsen  als  Vorposten  und  Vorwerk  gegen  den .  andrin* 
genden  Öttingischen  und  Dinkelsbflhler  Haufen  die  Wömitz  ge- 
deckt hatte,  ein  nicht  erwarteter,  harter  Schlag  für  Casimir,  aber 
auch  von  den  Rftten  zu  Ansbach,  die  dem  Markgrafen  seinen 
ik'fchlcn  gomafs  die  wichtigsten  Vorgänge  zu  unterbreiten  hatten, 
kamen  iniiner  inelir  sieli  häufende  Hi()l)sp()st<.'n.  Noch  am  Sams- 
tag teilten  sie  ihm  mit,  wie  sie  berichtet,  dafs  Markt  Bernjel, 
Burgbernheim,  Lenkersheim,  Ipsbeim  und  deren  ganze  Umgebung 
sich  erhoben  hätten  und  sich  nach  Krgersheim,  wohl  zu  dem 
»Fränkischen  häufen c  zu  wenden  beabsichtigten,  dafs  das  Ge- 
rücht gehe,  dafs  auch  Markt  Erlbach  umgefallen  sei.  Des  Hof- 
meisters Carl  von  Hefsbergs  Hausfrau  meldete,  dafs  dessen 
ganzes  Amt  Colmberg  mit  Ausnahme  von  Leutershausen  und 
Brunst  abtrünnig  geworden.  Caspar  Hiersing,  der  ältere  Bürger- 
meister, brachti!  Nachricht  von  der  neuerlichen,  durch  die 
falsche  Beschuldigung  einer  iTefangennahme  etlicher  hundert 
dem  Dinkelsbühler  Haufen  zuziehenden  Bauern  hervorgerufenen 
Bedrohung  Crailsheims. '^^^  Ein  Kundschafter,  namens  »der 
Herzog meldete  den  Anschlufs  Kitzingens  und  die  Erhebung 
der  Maindörfer.  Auch  in  dem  Eichstädtischen  Herrieden  waren 
die  Bürger  aufgestanden,  hatten  den  Graben  vor  dem  Schlofs 
abgegraben  und  sich  hören  lassen,  sie  wollten  den  Dinkelsbühler 
Haufen  einlassen. 

Mit  dem  Aufruhr  in  Herrieden  war  aber  auch  ein  wich- 
tiger Übergang  über  die  Altmühl  für  Markgraf  Casimir  ver- 
loren, und  die  Gefahr  lag  nahe,  dafs,  wenn  der  Haufen  vor 
Dinkelsbühl  in  raschem  Zuge  an  die  Altmühl  vordrang,  die 
Brücke  bei  Riedt  abwarf  und  sich  um  Umbau  und  Herrieden 
lagern  wurde,  auch  Günzenhausen  nicht  widerstehen  könnte  und 
der  Markgraf  mit  seinem  kleinen  Heere,  gezwungen  jenseits  der 
Altmühl  zu  bleiben,  wie  in  einem  Sack  gefangen  wäre.  Denn, 
so  stellten  die  Räte  vor,  von  Onolzbach  aus  könnte  ihm  bei  der 
schwachen  Besatzung  keine  Hülfe  gebracht  werden,  ja,  wenn 
der  Dinkelsbühler  Haufe  rechte  Kriegsleute  wären,  so  könnte 
durch  einen  kuhneu  Vurstois  selbst  die  l  lauptstadt  in  die  höchste 
Gefahr  geraten.'^'*) 


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—   67  — 

Markgraf  Casimir,  ein  geschickter  und  kriegsgettbter  Heer- 
führer, hatte  auch  gar  keine  Lust,  sich  dieser  Gefahr  auszusetzen. 
Am  7.  Mai,  dem  Sonntag  Jubilate,  rückte  er  in  Günzenhausen 

ein,  sich  den  dortigen  Altmühlübergang  sirhernd.  Den  tlchent- 
lichen  Bitten  Heidenheims,  das  schon  niehroniah'  von  den  Bauern, 
zuletzt  am  Samstag  den  ^.  Mai,  unter  Drohung  des  (Überzuges, 
zum  Anschiufs  gemahnt  wordea  war,  nacligebend,  schickte  er 
von  hier  aus  ein  Streifkorps  von  200  Pferden  und  400  Fufs- 
knechten  vor,  um  die  Stellung  der  Bauern  aufzuklären  und  im 
Notfall  Markt  und  Kloster'  zu  Hülfe  zu  kommen. 

Günzenhausen,  welches,  wie  auch  das  dortige  ganze  Amt, 
sich  als  treu  und  gut  gesinnt  erwies,  liefs  50  Mann  zu  dieser 
kleinen  Schar  stofsen.  Aber  auch  Wassertrüdingen  suchte  der 
Fürst  wieder  in  seine  Haixic  zu  bringen.  Er  sandte  den  Doktor 
Jori:  von  Streitberg  und  Hermann  Hans  Uchsenbach  dorthin, 
um  durch  Unterhandlung  zu  erwirken ,  dafs  ihm  die  Stadt 
geöffnet  würde.  Mit  dem  übrigen  Teil  seines  Heeres  deckte  er 
Günzenhausen.  Den  Räten  zu  Ansbach  befahl  er,  die  ein- 
treffenden Mannschaften  der  auf  Montag  einberufenen  Landschaft 
statt  auf  den  Kammerforst  (bei  Ansbach)  nach  Eyb  zu  verlegen 
und  für  ihre  Verpflegung  aufs  beste  Sorge  zu  tragen,  auch  über 
die  Bauern  im  Amt  Hoheneck  und  im  Zennergrund  gute  Kund- 
Schaft  zu  bestellen.  Käme  er  bis  Montag  zu  Abend  nicht  nach 
Ansbacli  zurück,  so  sollten  sie  mit  denjenigen  von  der  Land- 
schaft, die  sie  dazu  für  geeignet  hielten  unter  Beiziehung 
seiner  beiden  Brüder  beratschlagen,  wie  man  sich  in  diesen 
schweren  Läufen  verhalten  solle,  besonders  wie  die  Unterhand- 
lung mit  den  beiden  Haufen  bei  Dinkelsbühl  und  Heidingsfeld 
weiter  zu  führen  wäre.*'") 

Unterdessen  brachte  der  Zusammenstofs  der  nach  Heiden- 
heim vorgesandten  Streifschar  des  Markgrafen  —  200  Pferde, 
400  Fufsknechte  — ,  bei  deren  Entsendung  der  Markgraf  wohl 
eher  an  Ik'übachtung  und  Beunruhigung  der  Bauern  als  an  einen 
Entscheidungskampf  gedacht  hatte,  mit  den  Aufständischen  eine 
höchst  überraschende  Wendung. 

Am  Samstag,  dem  6.  Mai,  bereits  hatten  sich  die  mark- 
gräüschen  und  Öttingischen  Bauern»  weich  letztere  den  vielen 
Aufforderungen  der  andern  gerne  gefolgt  waren,  zur  Plünderung 

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-    68  — 


der  reichen  und  grofsen  Benediktinerabtei  Auhausen  vereint. 
Abt  Georg,  ein  Truchsefs  von  Wetzhausen,  hatte  sich  noch  tu 
rechter  Zeit  mit  seinem  Konvent  und  der  von  Markgraf  Casimir 
ins  Kloster  gelegten  Schutzwache  geflüchtet. '^^) 

Das  stattliche,  erst  neuerbaute  Konventshaus,  die  reich- 
geschmttckte  Kirche  wurden  auf  das  barbarischste  verwüstet »  die 
Bilder  der  Heiligen  wurden  verstümmelt  und  vernichtet,  die  köst- 
lichen Metall-  und  Steinarbeiten,  die  Grabdenkmäler,  die  Orgeln, 
die  herrlichen  gemalten  Fenster  in  Trümmer  zerschlagen,  die  reich- 
verzierten Bücher  für  den  Gottesdienst,  die  seltenen  Schätze 
der  überaus  köstlichen,  für  die  damalige  Zeit  höchst  ansehn- 
lichen, vielseitigen  und  reichhaltigen  Klosterlnirherei  "^')  wurden 
zerrissen,  zerhauen,  verbrannt  und  in  die  Brunnen  gewf)rfen,  die 
Thüren  im  ganzen  Kloster  ebenso  wie  die  Fenster  zerschlagen, 
ihrer  Schlösser  und  Besehläge  beraubt,  wie  denn  überhaupt  alles, 
was  an  Hausrat,  Waffen,  Kleidern,  Wertsachen,  an  Vorräten  von 
Getreide,  an  Wein  und  Bier,  an  Vieh,  bis  zu  den  Hühnern 
und  Tauben  hinab,  vorhanden,  teils  verderbt,  teils  geraubt, 
teils,  wie  die  Lebensmittel,  verschwelgt  wurde.  In  frevelhaftem 
Übermute  sollen  die  Aufständischen  selbst  nicht  das  heilige 
Sakrament,  die  Hostien,  geachtet,  vielmehr  »darein  gehauen  und 
dassclbig  einer  dem  andern  zugeworfen«  haben,  so  dal's  es  zu 
Verlust  gieng.^^^) 

Zuletzt  wollten  die  Ottingischen  Bauern,  besonders  die 
Hauptleute,  die  Brandfackel  in  die  ausgeraubte  Abtei  werfen, 
aber  die  markgräfischen  Hintersassen  und  ihre  Führer  widersetz- 
ten sich  diesem  Vorhaben  standhaft,  wohl  mit  Rücksicht  auf 
des  Markgrafen  ausgesprochene  Absicht,  die  Klöster  zu  säkula- 
risieren und  aus  Furcht  vor  seiner  Rache.  Ihre  Bemühungen 
trugen  den  Sieg  davon.  ^'■*) 

Am  Sonntag  Jubilate,  7.  Mai,  nach  Mittag  brach  der 
Haufe,  nachdem  das  Kloster  rein  ausgeleert,  mit  vielen  von  Beute 
schwer  beladenen  Wägen  über  8000  Mann  stark  auf,  um  seiner 
Drohung  gemäfs,  Heidenheim,  den  Markt  und  das  Kloster  da- 
selbst, anzugreifen  und  auszuplündern. 

Den  Üttingschen  Bauern  Hatterten  gar  mancherlei  Kähn- 
lein voran,   Ottingen  selbst,  Rudelstetten,   Wechingen,  Markt- 


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—    6Q  — 


Offingen,  Zebing,  Hainsfahrt,  Deiningen  etc.  hatten  sich  eigene 
Feldzeichen  machen  lassen. 

Als  öttinger  Hauptleute  werden  erwähnt:  Stoffel  Schneider 
und  Peck  von  Öttingen,  die  elf  von  Maihingen,  wohl  die  ersten 
Hauptleute.  Caspar  Hager  von  Holzkirchea  und  der  Mayr  von 
Markt-Offingen. Der  oberste  Hauptmann  der  markgräflichen 
Hintersassen  war  der  Schmalzmüller  von  Röckingen,  unter  ihm  be- 
fehligten Peter  Saaler  von  Westheim,  Lienhart  Sanier  von  Geils- 
heim  und  andere.  Das  Wassertrttdinger  Aufgebot  ftthrte  Balthasar 
Schuster,  ein  Wirt  von  dort.  Unter  den  Bauemrflten  finden  sich 
Jörg  Wflnbold  von  Westheim,  Hans  Reuchlein  von  Geilsheim, 
Hans  Pinsel  von  Hechlingen,  Lienhart  Wiedemann  von  Hüssingen 
und  andere.  Ah  Bauernredner  fungierte  Hans  vom  Thurm,  als 
Beutemeister  wurde  Hans  Mayr,  genannt  »Schnürlein«,  von 
Hechlingen  zu  Auhausen  gewählt.^^^  Quartiermeister  mufste  Hans 
Bener,  >das  schellenmendlein«  von  Wassertrttdingen,  werden; 
»wir  wollen  dir  dannocht  ein  amt  anhengenc,  hatten  die  Bauern 
auf  seine  Weigerung,  ihr  Weibel  su  werden,  gesagt.  ^'') 

Obschon  den  Bauern  nicht  unbekannt  war,  dafs  der  Mark- 
graf zu  Hülfe  heranzöge,  scheinen  sie  doch  seine  Truppen 
nicht  in  solcher  Nähe  vermutet  zu  haben;  denn  ihre  Marsch- 
()r<laung  war  nicht  die  Ijeste,*^**")  als  sie  ))lötzlich  auf  der  Htihe 
bei  Rechenberg  die  Reisigen  des  raarkgräfliche;i  Streifkorps  er- 
scheinen sahen. 

Als  Herr  Siegmund  von  Hefsberg,  der  Obermarschall, 
und  Herr  Ludwig  von  Hutten  die  Unordnung  der  Bauern  be- 
merkten, fielen  sie  mit  den  Reisigen  hinten  in  den  Zug  und 
würgten  und  stachen,  während  die  Hauptleute  der  Angegriffenen 
sich  vergebens  bemühten,  eine  Schlachtordnung  zu  bilden  und 
zwischen  Ostheim  und  Westheim  eine  Wagenburg  zu  schliefsen. 
Mit  so  ungeübten,  unbehülflichen  Massen  raufste  dieser  Versuch, 
während  eines  Angriffs  eine  so  schwierige  Bewegung  zu  machen, 
mifslingen :  das  Geschütz  und  die  Angst  vor  den  einbrechenden 
Reitern  trennten  die  Wagtmburg,  und  mit  Verlust  wichen  die 
Aufständischen  auf  das  Dorf  Ostheim  zurück,  dessen  Eingänge 
und  Strafsen  sie  mit  ihren  Wägen  verbarrikadierten.  Hier  ge- 
lang es  denn  auch  den  Führern  wieder  einige  Ordnung  herzu- 
stellen. Sie  führten  ihre  Haufen  auf  eine  grofse  benachbarte 


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—    70  — 


Wiese  heraus  und  versuchten  den  Reisigen  das  Geschütz  abzu- 
laufen  und  abzudringen.  Der  gewaltigen  Zahl  der  Bauern  war 
die  kleine  Schar  der  Reiter  nicht  gewachsen.  Sie  wich  auf  die 

Höhe  zurück,  auf  der  das  Geschütz  stand.  Unterdessen  jedoch 
kam  den  Markgrällichcn  ihr  Fufsvolk  zu  Hülfe.  Dessen  wohl 
unterlialti'ncm  Feuer  und  soiiu'ni  und  der  Reiterei  vereinij^ten 
Andrang  mufsten  die  Bauern  wieder  in  das  Dorf  wcic  lion.  Hier 
hinter  ihren  Wägen,  hinter  den  Zäunen,  welche  Ostheim,  wie 
damals  die  meisten  Dörfer»  verhackähnlich  umgaben,  durch 
Stellung  und  Zahl  im  Vorteil,  hielten  sie  sich  gegen  das  mark« 
gräfliche  Fufsvolk,  die  Reisigen  waren  bei  dieser  Art  von  Ge« 
fecht  von  keinem  unmittelbaren  Nutzen.  Auch  die  markgräf- 
lichen Fufsknechte,  denen  die  Munition  ausgegangen,  'mufsten 
nach  hartnäckigem  Kamj)fe  zurück,  und  die  Bauern  versuchten 
sogar  ihrerseits,  zum  Angriff  überzugehen.  Da?  I  tnior  der  (ie- 
schütze  jedoch  liefs  sie  eilends  ins  Dorf  zurückrtiehen.  Während 
nun  die  ganze  fürstliche  Macht  sich  wieder  auf  der  Höhe  bei 
dem  Geschütze  sammelte,  ging  Ostheim,  sei  es  durch  dessen 
Wirkung,  sei  es,  dafs  die  Fufsknechte  während  des  Dorfgefechtes 
den  Feuerbrand  hineingeschleudert  hatten,  in  Flammen  auf;  die 
Verteidiger  mufsten  es  verlassen,  ein  Teil  versuchte  sich  in  einem 
Wäldchen  nahebei  nochmals  zu  setzen,  ein  Teil  sich  durch  die 
Flucht  zu  retten,  ein  Teil  war  in  dem  brennenden  Dorfe  um- 
gekommen. Als  nun  die  Rcisi;4L-n  und  das  Kufsvolk  des  Mark- 
grafen die  (ir(hiungslose  Menge  von  neuem  angriffen  und  ein 
jämmerliches  Würgen  anhub,  schrieen  die  l?aiuin  um 
Gnade.  ^^^)  Von  Wassertrüdingen  befand  sich  eine  Gesandtschaft 
bei  dem  Haufen,  welche  auf  Anbringen  Doktor  Jörgs  von  Streit- 
berg und  Ochsenbachs  das  Verlangen  Markgraf  Casimirs,  ihm 
die  Stadt  wieder  zu  öffnen,  vertreten  sollte.  Sie  war  kaum  ein- 
getroffen, als  der  Kampf  begann.  Die  Gesandten,  es  waren 
Claus  Hofmann  und  Lorens  Ktlrschner,  von  denen  besonders 
ersterer  ein  treuer  Anhänger  seines  Fürsten,  konnten  keinen 
Bescheid  erhalten.  Sie  sollten  warten,  lucis  es,  bis  man  nach 
Heidenheim  kuaie.  (.leich  darauf  ire«;rhnh  der  Angriff.  Den 
Bauern  ihre  Ordnung  machen  zu  hehen,  weigerten  sie  sicl»,  bald 
waren  sie  sogar  an  Seite  der  Reisigen  im  Kampf  gegen  diesel- 
ben begriffen.    Als  aber  nun  die  Ordnung  der  Bauern  sich  löste, 


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—    71  — 


und  der  Kampf  in  ein  Gemetzel  auszuarten  begann»  baten  sie 
Herrn  Siegmund  von  Hefsberg,  das  jämmerliche  Würgen  der  um 

(jiiade  Flehenden  abzustellen  und  der  sicli  Unterwerfenden  zu 
versclionen.^^'*')  Wolf  von  Hefsherg  und  Michel  lirofs  von 
Trockau.  der  oberste  Hauptmann  des  l'ufsvolks,  denen  Lorenz 
Kürschner  von  Wassertrudingen  beigegeben  wurde,  unterhandel- 
ten mit  ihnen  Uber  ihre  Ergebung,  dafs  sie  in  des  Markgrafen 
Ungnade  und  Strafe  zu  sein  bekennen,  doch  des  Lebens  und 
ewiger  Gefängnis  gesichert  sein  sollten.  Fähnlein,  Harnisch  und 
Wehren,  sowie  die  gemachte  Beute  mufsten  sie  abliefern.  Es 
waren  mehr  als  3000,  die  sich  dergestalt  unterwarfen,  mark- 
grafische  und  Öttingische  Bauern  durcheinander.  Ein  grofser 
Teil  war,  wie  bei  der  geringen  Anzahl  der  markgriif  liehen  Streit- 
kräfte erklärlich,  glücklich  durch  die  Flucht  entronnen.  VAne 
Anzahl  von  diesen  hat  sich  wohl  zu  dem  Dinkeisbühier  Hauten 
geschlagen,  die  grofse  Masse  aber,  froh,  der  Gefahr  entronnen 
ZU  sein,  kehrte,  besonders  die  Untertbanen  des  Markgrafen  nach 
dessen  Verzeihung  verheifsenden  Abberufungsschreiben  vom 
11.  Mai,  reuig  zu  ihren  Sitzen  zurUck.  Der  Verlust  der  Bauern 
wird  verschieden  angegeben.  Wenn  man  die  auf  der  Flucht  Er- 
stochenen und  in  den  Flammen  Ostheims  Umgekommenen  be- 
rttcksichtigt,  dürfte  er  1000  wohl  überschreiten.  Der  Verlust 
der  MarkL^räfliclien  war  gering,  von  Adel  nur  ein  Kinziger,  ein 
Rabensteiner,  geblieben.  Grofs  dagegen  war  die  l'.eute,  die  sich 
auf  den  eroberten  Reiswägen,  die  später  in  Ansbach  verbeutet 
wurden,  befand,  an  Harnischen  und  Wehren,  sowie  an  geraubten 
Gutem,  die  von  den  sich  Unterwerfenden  abgeliefert  wurden. 

In  Wassertrüdingen  hatte  schon  bei  dem  Erscheinen  der 
markgrflflichen  Unterhändler  die  Ordnungspartei  neuen  Mut 
geschöpft,  den  Einlafs  der  Gesandtschaft  durchgesetzt  und,  da 
die  Anwesenheit  der  bäurischen  Besatzung  den  sofortigen  An- 
schlufs  verhinderte,  die  Absendung  einer  P.otschaft  an  den  Hau- 
fen, welche  die  Öffnung  der  Stadt  für  dm  Marki;rafcti  durchsetzen 
•sollte,  erzwungen.  Die  Gesandten  machten,  wie  gesagt,  die  Sciilacht 
auf  Seite  der  Markgräflichen  mit,  dann  eilten  sie  weiter  nach 
Günzenhausen,  zugleich  Kunde  von  der  Niederlage  der  Bauern 
und  der  reuigen  Rückkehr  Wassertrttdingens  zu  bringen.  Die 
Bauern  in  der  Besatzung  verliefen  sich;  die  am  meisten  Kom- 


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^    72  — 


promittierten  in  der  Bürgerschaft  blieben  teils  in  der  Schlacht, 
teils  retteten  sie  sich  durch  die  Flucht,  wie  t  Schellenmendleinc» 

Lienhart  Deutzel  und  andere. 

Der  Markgraf  blieb  montags  noch  zu  Günzenhausen  liegen, 
wohl  um  die  Beruhigung  der  Ämter  und  die  Unterwerfung  der 
sich  ergebenden  Aufständischen  zu  überwachen.  hau])tsächUch 
aber  auch,  um  einen  allenfallsigen  Angriff  des  Dinkelsbtthler 
Haufens  die  Spitze  bieten  zu  können. 

Noch  vor  der  Ostheimer  Schlacht  hatte  der  Markgraf,  wie 
erwähnt,  den  surttckgelassenen  Räten  befohlen  im  Namen  der 
früheren  Unterhändler,  Thomas  von  Knedorf  und  Eucharius 
Zobel,  an  den  Dinkelsbühler  Haufen  seine  Einwitligung  zu 
schreiben,  auf  Grund  der  zwölC  Artikel  an  zu  benennender  Mal- 
statt durch  seine  Verordneten  mit  ihnen  hanileln  /.u  lassen. 
Wollte  er  doch  um  jeden  Preis  freie  Hand  gegen  das  Fränki- 
sche Heer  sich  verschaffen.  Am  7.  Mai  teilten  ihm  die  Ans- 
bacher Räte  mit,  dafs  seinem  Befehl  entsprochen  werden  würde, 
auch  iiefsen  sie  ihn  wissen,  dafs  der  ganze  Aischgrund  aufwegig 
und  Neustadt  soeben  von  der  Bewegung  ergriffen  worden  sei.'^) 
Am  8.  Mai  schrieben  ihm  seine  Brttder,  die  auf  seinen  Befehl 
jetzt  zu  allen  Beratschlagungen  zugezogen  wurden,  und  die  Räte, 
dafs  nur  wenig  Leute  von  der  Landschaft  eingetroffen  seien, 
auch  wohl  nicht  mehr  kommen  würden.  Wenn  es  ihm  recht 
•  wäre,  würden  sie  seinen  früheren  Hefehien  i^emäfs  ihnen  vor- 
stellen, dafs  der  Markgraf  gesonnen  wäre,  mit  dem  Dinkels- 
bühler Haufen,  mit  dem  man  bereits  in  Unterhandlung  stehe, 
ein  Abkommen  zu  treffen.  Man  würde  sich  dann  mit  dem 
»Haufen  zu  Franken c  um  so  eher  verständigen  oder  auch  sich 
seiner  erwehren  können.  Für  den  Fall  aber,  dafs  die  Unter- 
handlung fehl  schlüge,  müfste  sich  Ritterschaft  und  Landschaft 
verpflichten,  den  Markgrafen  mit  Hilfe  und  Beistand  zu  stärken 
und  nicht  zu  verlassen,  auch  sollten  sie  angeberx,  wie  stark  sie 
in  solchem  Falle  zuziehen  wollten  und  könnten.  Der  Markgraf, 
schrieben  sie  weiter,  möge  auch  bestimmen,  was  mit  den  an-* 
kommenden  Wehrleuten  der  Landschaft  zu  geschehen  habe.  Um 
den  Eindruck,  als  ob  der  Kampf  bei  Ostheim  mit  den  Unter- 
handlungen bei  dem  Dinkelsbühler  Haufen  in  Widerspruch  stünde, 
zu  schwächen,  hielten  sie  es  für  gut,  im  eigenen  oder  im  Namen 


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—    73  — 


der  bisherigen  Gesandten,  demselben  eine  beruhigende  Erklärung 

/.u  geben  —  ein  Konzept  davon  legten  sie  bei  — ,  da  sonst  zu 
befürchten,  dafs  diese  Scharen  dvm^h  Höswillige,  die  den  Krnst 
und  die  Strafe  fürchteten,  zu  Hülfe  und  Rache  gerei/.t  würden. 
Sei  es  ja  nicht  einmal  siclier»  ob  sich  nicht  noch  andere  Leute 
zu  ihnen  schlagen  würden  —  gemeint  ist  Nürnberg  — ,  wie  er 
aus  Herzog  Friedrichs  Brief  wohl  ersehen  haben  werde.  AU 
dieses  dem  Entscheid  des  Fürsten  unterbreitend,  baten  sie  um 
gnädige  Antwort.'*^) 

Markgraf  Casimir  verschob  seine  Willensäufserung  bis  zu 
seiner  Rückkehr."^)  Am  Q.  Mai  zu  früher  Zeit  erhob  er  sich 
zu  (Tunzenhausen,  um  über  Eschenbach  nach  der  Hani)tstadt 
zurückzukehren.  Dort  hielt  er  mit  150  eroberten,  mit  allerlei 
>Plunderschatz«  reich  beladenen  Wägen  und  vielem  erbeuteten 
Vieh  unter  gror<^em,  wohl  nicht  ganz  uneigennützigen  Jubel  der 
Bürger  —  es  wurde  alles  auf  dem  Markt  verbeutet  und  kam  ihnen 
also  indirekt  zu  gut  —  seinen  Einzug. 


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IV 


Markgraf  Casimir  und  der  Dinkelsbühler  Haufe  nach 
der  Schhicht  bei  Ostheim  bis  zum  Crailsheimer  Tag. 

7.— 31.  MaL 


Der  Dinkelsbühler  Haufe  war  am  Tage  nach  der  Schlacht, 

8.  Mai,  aufgebrochen,  um  ins  Ries  zu  ziehen  und  dann,  mit 
den  Ottinj^^er  Aufständischen  vereint,  den  Aufrulir  weiter  in  die 
umliegenden  Gebiete  zu  tragen. 

Auf  dem  Mnrs(  hc  scheinen  diese  Scharen  die  Niederlage 
der  Riesbauern  erfahren  zu  haben  und  es  mochte  ihnen  nicht  ge- 
raten dünken,  nun  allein  mit  dem  siegreichen  Markgrafen  an- 
zubinden. Sie  schlugen  ihr  Lager  bei  Dannhausen  —  auch  Thann- 
hausen —  etwa  eine  Meile  südlich  von  Dinkelsbühl 

Am  9.  Mai  antworteten  sie  auf  die  ihnen  im  Namen  der 
früheren  Gesandten  Thoroan  Kuedorfer  und  Eucharius  Zobel 
zugeschriebene  Einwilligung  für  den  Markgrafen  mit  ihnen  auf 
Grund  der  /wulf  Artikel  /.u  \  crluiiidelii.  Aber  sei  es  nun, 
dafs  sie  den  Sinn  dieses  Anerbietens  nicht  richtig  auffafsten 
oder  dafs  sie  durch  den  Verhist,  den  ihre  Sache  durch  die 
Niederlage  bei  Ostheim  erlitten,  und,  durch  die  aus  derselben 
zu  ihnen  Entronnen  gereizt,  glaubten,  durch  schroffes  Auftreten 
dem  Fürsten  imponieren  zu  müssen,  genug,  sie  verlangten  jetzt, 
wettere  Verhandlungen  kurz  zurückweisend,  die  unbedingte  so- 
fortige Annahme  der  zwölf  Artikel.  Sie  wttrden,  schrieben  sie, 
es  gerne  hören,  »das  e.  f.  gn.  zu  uns  höllen  häufen  körn 
zu  fuefs,  wie  dan  uns  cristeliche  bruder  zugepürt.  Das  aber 
wir  mit  e.  f.  gn.  gnaden  und  gunsten  künden  taglaisten,  kiinen 
wir  nit  versten,  suiulerh<  h  auf  cur  f.  i^ii  lietbitten  der  /weif  artikel 
obvcrmelt,  [das  e.  f.  gn.]  ab  ain  huchverstcndi^er  fürst  aus 
cristenlichen  gemüet  und  bruderlicher  lieb  das  licilig  evangelj 


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—    75  — 


and  gotlich  wort  [woU]  hölfen  aufrichten,  reten  und  handhaben, 
auch  dasjenig  thun,  das  dan  etlich  vom  adel  auch  thon  habenc.*^ 
Das  letztere  heifst  wohl»  sie  würden  es  gerne  sehen,  wenn  Mark- 
graf  Casimir,  wie  bereits  einige  von  Adel  gethan,  die  zwölf 

Artikel  in  Bausch  und  Bogen  annehmen,  bezw.  die  auf  ihnen 
beruhenden  Erleichterungen  seinen  Unterthanen  gewähren  und 
sich  zu  dem  Haufen  vcrlirüdcrn  wurde. 

Die  Antwort  des  Fürsten  auf  dieses  so  überraschende  und 
beleidigende  Schreiben  war  eine  ruhige  und  würdige.  Er  be» 
dauerte,  dafs  sie  die  Unterhandlungen,  zu  denen  sie  sich  den 
Räten  gegenüber  doch  selbst  erboten  hätten,  nun  nicht  mehr 
zulassen  wollten,  er  sei  als  christlicher  Fttrst  immer  noch  geneigt, 
einen  Tag  zu  Nördlingen  oder  Dinkelsbühl  zu  beschicken,  im 
Falle  sie  sich  doch  noch  entschlössen,  das  ihnen  gethane  An- 
erbieten anzunehmen.  Sollten  sie  aber  auf  ihrem  abschlägigen 
Bescheid  beharren,  so  müsse  er  es  eben  auch  dabei  bestehen 
lassen.  Er  ersuchte  sie  noehmals  drinj^^end,  alle  seine  und  aus 
seiner  Landschaft  ilinen  freiwillig  oder  gezwungen  zugezogenen 
Unterthanen  binnen  acht  Tagen  nach  Hause  zu  weisen,  »dann 
dieselben  irs  hinweglaufens  kain  not  und  ir  irs  enthaltens  oder 
aufmanens  kain  ursach  habent.c  Nicht  allein  diese,  sondern 
alle  seine  Unterthanen  könnten  versichert  sein,  wie  er  sich  be- 
reits erboten  und  kraft  dieses  Briefes  noch  einmal  erbiete,  was 
von  anderen  Obrigkeiten  mit  der  Bauerschaft  beschlossen  oder 
gemacht  und  also  dem  heiligen  Evangelium  gemäfs  nachgelassen 
würde,  dafs  er  und  seine  Ritterschaft  dasselbe  auch  bewilligen 
und  annehmen,  den  Hinwepc^elaufenen  aber  ihr  Vergehen,  wenn 
sie  sieh  bis  zur  bestimmten  Zeit  wieder  nach  Hause  begeben 
und  ihn  und  die  Sein  igen  auf  dem  Zuge  mit  der  That  nicht 
angegriffen  oder  beschädigt  hätten,  vergeben  und  nicht  strafen 
wollten.  Er  wolle,  schrieb  der  Markgraf  weiter,  als  ein  christ- 
licher Fürst  bei  dem  Wort  Gottes,  an  dem  auch  den  Seinen 
noch  nie  etwas  gemangelt,  bestehen  und  bleiben.*") 

Am  !  i.  Mai  erging  ein  gleiches  Mandat  an  alle,  die  zu  der 
Versammlung  der  Baurschaft,  »erstlich  bei  Ellwangcn,  nachmaln 
bei  Dinkelspühel  und  jetzt  im  Ries<,  gelaufen,  im  Namen  der 
Markgrafen  Casimir  und  <jeorg,  als  der  ältesten  regierenden 
Uebrüder.!»*^) 


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—    76  — 

Um  diese  Zeit  scheint  im  grofsen  DinkeUbUhler  Haufen  der 
Verfall  begonnen  zu  haben.  Er  ging  damals  von  Dannhausen 
nach  Ellwangen  zurück.  Hier  kam  es  ztuu  offenen  Kampf  eines 
Teils  desselben,  zu  dem  namentlich  die  verwegensten  und  kom- 
promittiertesten der  markgräflichen  Aufstandisc  hcn  ^^chortcn,  mit 
der  Elhvanger  Bürgerschaft,  die  sich  gezwungen  sah.  mit  den 
Waffen  in  der  Hand  sich  der  PlünderunL^s-  und  /.ersturungsiicht 
dieser  >christlichen  Brüder«,  zu  widersetzen.****)  Der  Hauptteil 
zog  von  Ellwangen  nach  Lauchheim  an  der  Jagst  und  schickte 
vergeblich  einige  Fähnlein  zur  Berennung  von  Schlofs  Baldern 
ab.  Er  nannte  sich  jetzt  den  ihellen  Haufen  an  der  Jagstc 

Er  nahm  die  Verhandlungen  mit  dem  Markgrafen  wieder 
auf  und  ersuchte  ihn,  binnen  8  Tagen  zu  »Kreuelfsen«  einen 
Tag  auszusetzen  und  seinen  Gesandten  dazu  freies  Geleit  zuzu- 
schreiben (12.  Mai).  Der  Ton  dieses  Schreibens  ist,  sehr  ver- 
schieden von  der  übermütigen  und  kalten  Antwort  des  Dann- 
hauser  Haufens,  ein  friedfertiger  und  bescheidner,  fast  demütiger.  ^^^'^ 

Markgraf  Casimir  erhielt  das  Schreiben  des  Jagsthaufens 
erst  am  14.  Mai  in  seinem  Lager  zu  Markt  Erlbach,  wo  er 
gegen  das  Fränkische  Heer  vor  WUrzburg,  mit  dem  er  von 
neuem  in  Unterhandlungen  getreten  war»  eine  Art  Beobachtungs- 
Stellung  eingenommen  hatte.  Er  nahm  das  Anerbieten  gerne 
an,  setzte  den  verlangten  Tag  auf  den  Sonntag  Vocem  jucun« 
didatis,  21.  Mai,  fest  und  versicherte  die  Gesandten  seines 
sicheren  Geleits  zu  demselben,  indem  er  bat,  eine  Anzahl, 
6,  8,  10  oder  12,  von  »schiedlich  verstendig  personen.  die  es 
allenthalben  getreulich,  cristlich  und  gut  mainen  und  sehend  auf 
denselben  zu  verordnen,  »domit  dest  stattlicher  und  austregUcher 
gehandelt  werden  mög x.^^*) 

Am  17.  Mai  schrieb  er  hierüber  an  seine  Räte  zu  Onolz- 
bach  und  befahl  ihnen»  zu  dem  Tag  nach  Crailsheim  Jörg  Adel- 
mann von  Adelmannsfelden,  den  Amtsverweser  daselbst,  femer 
Hans  von  Neuenstadt  und  seinen  Gerichtsschreiber  Thoman  Ciaiber 
von  seinetwegen,  Hans  von  Redwitz  für  die  Ritterschaft  und 
Caspar  Hiersing,  den  älteren  Crailsheimei'  Bürgermeister,  für  ge- 
meine Landschaft  abzuordnen.  Eine  genaue  Instruktion  für  alle 
Fälle,  ob  nun  auf  Grund  der  zwölf  Artikel  verhandelt  werde 
oder  niciit,  fügte  er  bei.    Da  aber  Markgraf  Casimir  gehört 


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—    77  — 


hatte,  dafs  der  Haufe  bereits  sich  zertrennt  haben  solle,  so  be- 
fahl er,  dals  in  diesem  Falle,  die  Verordneten  den  Unterthanen, 
die  zu  Crailsheim  und  den  anderen  Ämtern  hinw  eggelaulen,  ver- 
künden sollten,  wie  der  Markgraf  wohl  wisse,  dafs  sie  nur  durch 
andere  zu  solcher  Aufruhr  und  Empörung  verführt  worden  seien. 
Sie  würden  wohl  jetzt  selbst  einsehen,  dafs  das  Vornehmen  der 
aufständischen  Bauern  weder  christlich,  erbar  noch  gut,  sondern 
gottloser  Frevel  und  Mutwille  sei.  Dann  sollten  sie.  die  Ab- 
gesandten, seinen  Unterthanen  gemäfs  des  Ausschrßibens  noch- 
mals Verzeihung  und  alles  das,  was  andere  Obrigkeiten  den 
Ihrigen  nachlassen  und  gewähren  würden,  ebenfalls  versprechen. 
Sie  würden  es  auf  gütlichem  Wege  sicher  erlangen,  während  so 
viele  andere  hei  dem  Versuche,  es  mit  (iewalt  /.u  erzwingen, 
wie  sie  wohl  sehen  konnten,  zum  grotsten  Teile  zu  Grunde 
gingen.  Würden  sie  sich  hinfort  als  fromme  und  gehorsame 
Unterthanen  bei  ihrem  Fürsten  halten,  so  wolle  auch  der  Mark- 
graf seinerseits  dies  gnädig  gegen  sie  erkennen  und  sie  mit 
gnädiger  und  getreuer  Handhabung,  Beschützung  tind  Beschir- 
mung nicht  verlassen,  sondern  Leib  und  Leben  und  alles  Ver- 
mögen getreulich  zu  ihnen  setzen.**') 

Mit  den  Bauern  um  Ellwangen  kam  es  in  der  That  zu 
keiner  weiteren  Unterhandlung.  Nach  dem  vergeblichen  Angriff 
auf  das  Ottingische  Selilols  Baldern  s(  iieinen  sich  die  Baucru 
grofsen  Teils  nach  Hause  hegeben  zu  haben.  Nur  ein  Kern  mit 
den  Uauptleuten  und  Raten  blieb  zu  Kilwangen  bei  einander. 
Als  es  sich  nun  wenige  Tage  darauf  darum  handelte,  dem  Gail- 
dorfer Haufen  Hülfe  zuzuschicken,  wurde  der  vierte  Mann  wie- 
der zu  den  Waffen  gemahnt. 

Am  Mittwoch,  den  17.  Mai,  war  schon  wieder  ein  ziem- 
licher Haufe  in  der  Stadt  bei  einander,  aber  noch  am  nämlichen 
Tage  machte  Herr  Reinhart  von  Neuneck  durch  dessen  Besieg- 
ung und  die  Wiedereinnahme  Ellwangens,  bewirkt  durch  die 
Streitkräfte  der  jungen  Pfalzgraten  und  des  Proljstes  selbst,  den) 
Aufstand  imd  dem  Ellwanger  Haufen  als  solchem  em  plötzliches 
Ende.^y«) 

Die  einzelnen  Bauemscharen,  die  sich  in  diesen  Gegenden 
immer  noch  sammelten,  wurden  von  Pfalzgräüschen,  Baierischen 
und  Bündischen  Truppen  unschädlich  gemacht.  Für  die  Lande 


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—   78  — 


des  Markgrafen  waren  sie  von  keiner  Bedeutung  mehr  und  kön* 
nen  deshalb  wohl  hier  übergangen  werden.'*') 

Am  20.  Mai  konnten  die  Räte  zu  Ansbacli  ihrem  Herren 
anzeigen,  dafs  der  Ellwanger  Haufe  zertrennt  sei,  ^^^)  doch  habe 
der  Bote,  der  die  Bewilligung  der  Tagsatzung  und  das  Geleit 
überbringen  soUte,  seinen  Auftrag  etlichen  früher  zu  demselben 
gehörigen  Hauptleuten  aus  dem  Craitsheimer  Amt,  die  auch  »die 
fordern  brief«  von  ihm  angenommen  hätten,  zugestellt,  und 
diese  hätten'  «igeschrieben,  den  Tag  zu  besuchen,  und  so  wür- 
den tlcun  auch  die  1  )c\ ( ilhiuichtigten  Vcrtri'ter  lics  Fürsten  und 
der  Landschaft  morgen  sich  zu  den  Crailsheimer  VerhandUingen 
einfinden.  Es  war  so  aus  dem  Tape  mit  den  Dinkelsbühlern 
bezw.  Ellwanger  Bauern  ein  solcher  mit  den  früher  bei  jenen 
befindlichen  markgräfischen  Unterthanen  aus  der  Crailsheimer 
Gegend  und  mit  den  dortigen  Bürgern  geworden;  denn  nur 
solche  kommen  in  der  That  bei  der  nun  stattfindenden  Be- 
sprechung  vor. 

Die  schon  erwälmten  Verordneten  des  Markgrafen,  seiner 
Ritterschaft  und  l.ancJschaft  verhandelten  hicbei  mit  Bürger- 
meister, Rat  und  der  ganzen  Gemeinde  zu  Crailsheim,  sowie 
mit  den  Verordneten  der  Bauerschaft  in  den  dortigen  Ämtern 
nach  der  ihnen  für  diesen  Fall  gewordenen  Anweisung.  Die 
Instruktion,  wie  mit  dem  Haufen  an  der  Jagst  zu  handeln,  welche 
auf  Grund  der  zwölf  Artikel  gestellt  war  und  deren  bereits 
gedacht  worden,  fiel  natürlich  fort.^'^ 

Die  Bürger  wie  die  Bauern  nahmen  nach  gehabtem  He- 
dacht des  Markgrafen  gnädiges  Erbieten  gerne  an  und  erklärten, 
sich  daran  genügen  lassen  zu  wollen,  doch  hatten  sie  noch  ver- 
schiedene Beschwerden  vorzutragen,  um  deren  Abstellung  sie 
baten. 

Die  Bürgerschaft  brachte  folgende  fünf  Klagepunkte  vor: 
Fürs  Erste  baten  sie  abzustellen,  dafs  sie  dem  Fürsten  an 

zwei  Orten  zugleich  mit  ihren  W'ätren  und  Kriejesleuten  dienen 
mufsten,  nämlich  beim  Schwäbiäclu  n  Hund  und  bei  dem  Heere 
Markgraf  Casimirs  selbst.  Sie  konnten  diese  doppelte  Auflage 
nicht  länger  erschwingen  und  bäten,  ihnen  wenigstens  einen 
Teil,  den  beim  Bund,  zu  erlassen. 


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—    70  — 


Die  Gesandten  ersuchten  sie  mit  Hinweis  auf  die  grofsen 
Kosten,  welche  der  Markgraf  selbst  zu  bestreiten  habe,  auch  noch 
weiter  ihr  Bestes  zu  thun,  doch  wollten  sie  diese  Beschwerde 

seinen  f.  Gn.  anzeigen. 

Zweitons  zeigten  die  von  Crailsheim  an,  dafs  ihnen  vom 
>Frenkis(  heil  pauern-haufen«  verschiedenliche  Drohungen  zuge- 
kommen wären. 

Die  Räte  erklärten,  dies  geschehe  wohl  von  etlichen  leicht- 
fertigen Leuten  auf  eigene  Faust,  der  »Frenkische  häufe«  habe 
auch  bisher  nicht  gegen  seine  f.  Gn.  Unterthanen  auf  solche 
Weise  gehandelt,  auch  stünde  ihr  Herr  in  gütlicher  Unterhand« 
lung  mit  ihm,  und  wäre  das  Beste  zu  hoffen. 

Drittens  beklagte  sich  die  Gemeinde,  dafs  ihnen  von  dem 
vorigen  und  jetzigen  Wildmeister  etliche  »hutwaid«  entzogen 
w  orden  sei,  nicht  der  Herrschaft,  sondern  dem  jeweiligen  Wild- 
meister zu  Nutzen.  Da  nun  bei  der  anhaltenden  Dürre  ihr 
Vieh,  damals  ein  noch  sehr  wichtiger  Besitzteil,  an  Weide 
groben  Mangel  habe,  so  bitten  sie,  ihnen  das  Entzogene  wieder 
zuwenden  zu  wollen. 

Da  sich  ihre  Angaben  als  begründet  herausstellten,  wurde 
ihnen  bis  auf  f.  Gn.  Widerrufen  oder  weiteren  Bescheid  erlaubt, 
diese  Weiden  zu  betreiben. 

Viertens,  da  Markgraf  Casimir  einen  Juden  nach  Crails- 
heim gesetzt,  der  sich  allerlei  heimlicher  und  gefährlicher  Han- 
tierung unterstehe,  da  auch  »mancherlei  gebeffel  von  juden  teg- 
ücli  von  ime  zu-  und  abgehen,  was  bei  diesen  sorglichen  Läufen 
höchst  bedenklich  und  beschwerUch,  so  bitten  sie,  ihn  nach  Aus- 
gang seines  Jahres  wieder  wegzuschaffen. 

Der  Jude  verteidigte  sich  höchst  nachdrücklich  gegen  diese 
Vorwürfe,  so  dafs  die  Gemeinde  schweigen  mufste.  Doch  ver- 
sprachen die  Verordneten,  auch  diesen  Wunsch  an  den  Fürsten 
zu  bringen. 

Die  fünfte  Beschwerde  richtete  sich  gegen  den  Untervogt 
Balthasar  Ritter,  auch  den  Wildmeister  Ott  Eisen,  »welche  sie 

nier  düiui  in  ainem  stuck  bei  seinen  t.  f^n.  mit  ungrund  ut's 
höchst  versagt  heten,  welichs  dann  zu  dieser  aufrur  nit  <lie 
klainst  ursach  ü;ewest  werec.  Die  (Gemeinde  bat,  ihren  xMifs- 
gönnern  keinen  Glauben  zu  schenken  und,  um  Weiterungen  zu 


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—    80  — 

vermeiden,  für  diese  beiden  Beamten  andere  fromme  und  red- 
liche Personen  zu  verordnen.'^*') 

Die  Unterhändler  suchten  der  Bürgerschaft  auszureden, 
dafs  sie  von  diesen  Beiden  verleumdet  worden,  und  versichere 
ten,  der  Markgraf  hätte  sich  noch  niemals  durch  solche  Einflfiste- 
rungen  gegen  sie  bewegen  lassen,  noch  würde  dies  jemals 
geschehen.  Sie  baten,  diese  Sache  bis  iKu  h  Stillung  des  Aufruhrs 
ruhen  zu  lassen.    Die  Bürger  liefscn  es  sich  gefallen. 

Auch  die  Hauern  hatten,  wie  gesagt,  Casimirs  Erbieten 
angenommen.  Sie  versprachen,  sich  künftig  nicht  mehr  zu  den 
Bauernhaufen  bewegen  zu  lassen.  Wenn  sie  hinfort  »mit  oder 
ohne  ernste  aufgemiüint  würden,  wollten  sie  es  an  seine  f.  Gn. 
gelangen  lassen  und  darauf  vertrauen,  dafs  man  sie  mit  Hülfe 
und  Rettung  nicht  verlassen  würde.  Für  den  Fall,  dafs  eine 
solche  Macht  über  sie  komme,  der  sie  nicht  widerstehen  könn- 
ten, und  es  zu  spät  wäre,  ihnen  zu  Hülfe  zu  kommen,  wollten 
sie  entschuldigt  sein,  dicwcil  sie  zum  tail  m  iiui  Nor  den  wei- 
den gesessen  \vcren'<.  Damu  sie  desto  su  ncrcr  unbehelligt  zu 
Hause  bleiben  könnten,  baten  sie,  sie  nicht  gegen  die  aufstän- 
dischen Bauern  gebrauclien  zu  wollen. 

Die  Gesandten  versicherten,  wenn  sie  sich  ruhig  zu  Hause 
halten  und  sich  nicht  wieder  bewegen  lassen  würden,  werde 
ohne  Zweifel  der  Markgraf  darauf  denken,  sie  des  Zuges  gegen 
ihre  Brüder  zu  entbinden. 

Noch  weit  mehr  als  die  Crailsheimer  Bürger  litt  die  um* 
wohnende  Bauerschaft  an  der  nötigen  Weide  fSr  ihr  Vieh  Mangel. 

Es  sei  ihnen,  so  klagten  ihre  \'ertreter,  bisher  von  lag 
zu  Tag  gar  vieles  eutzogen  worden.  Mit  dem  Rolsfelder  W  eiher 
habe  mau  ihnen  eine  grofse  Weide  genommen  und  ihnen  dai'ur 
trotz  allen  Versprechungen  bisher  nocli  keinen  Ersatz  dafür 
gegeben.  Es  sei  ihnen  allerdings  vergönnt,  ihr  Vieii  in  die 
Wälder  zu  treiben,  aber  auch  dies  werde  ihnen  an  vielen  Orten 
gewehrt.  Auch  mache  man  in  den  Waldungen  soviel  »gereut«, 
welches  dann  der  Morgen  um  25  Pfennmg  '  jährlich  verliehen 
würde,  dafs  sie  dieser  neuen  Keutungen  halber  in  die  Wälder 
nicht  zu  kommen  vermöchten. 

Die  mark^^Tat  liehe  Botschaft  erklärte,  für  sich  selljst  darin 
keine  /Vndeiung  thun  zu  können,  doch   wurde  sie  es  au  üireu 


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—    81  — 


gnädigen  Herren  gelangen  lassen,  der  sich  hierin  gewifs  gnädig 
bezeigen  werde.  Da  jedoch  eine  so  grofse  Dürre  vor  Augen, 
und  deshalb  an  der  Weide  überall  bedenklicher  Mangel  herrschte, 
so  wurde  den  Bauern  gestattet,  dafs  sie  in  des  Markgrafen  Höl- 
zer treiben  dürften,  jedoch  der  jungen  Schläge  und  der  Reu- 
tungen  verschunen  sollten,  bis  auf  des  Markgrafen  ferneren 
Bescheid. 

Die  Beschwerden  über  Ausschreitungen  einzelner  Reisigen, 
von  Homberg  und  Loben  hausen  ausgeübt,  vermochten  die  Räte 
nicht  abzustellen,  da  die  Kläger  weder  die  Thäter  noch  den 
Ort  der  angeblichen  Frevelthaten  bezeichnen  konnten,  doch  ver* 
sicherten  sie,  dafs  dem  Fürsten  solch  Beginnen  aufs  höchste 
mifsfalle  und  er  die  Frevler,  wegen  deren  die  Bauernschaft  sich 
erkundigen  möge,  im  Entdeckungsfalle  gewifs  streng  bestrafen 
werde. 

Den  Reisigen  zu  Ellwangen,  die  eine  Brandschatzung  von 
der  Bauerschaft  dieser  Amter  verlangt  luitten,  diese  zu  geben, 
wurde  verboten.  Vielmehr  sollten  sie  sich  genau  erkundigen, 
wer  dieselbe  verlange,  und  das  Erfahrene  dem  Markgrafen  mel- 
den, dieser  werde  dann  schon  dafür  sorgen,  dafs  diese  Forde- 
rung abbestellt  werde. 

Emige  Dörfer  um  Crailsheim  brachten  noch  etliche  lokale 
Beschwerden  schriftlich  vor. 

Diese  Schriften  schlössen  die  Räte  ihrem  Bericht  über  die 
stattgehabte  Verhandlung  bei  und  machten  darauf  aufmerksam, 
dafs  CS  gut  wäre,  den  Amtmann,  Wolf  von  Reehberg,  oder  sonst 
einen  beliebten  Beanuen  als  StclU  t-rtroter  nach  Crailsheim  /ii 
senden,  da  an  diesem  ürcnzamtc  für  de»  Markgrafen  nicht 
Kleines  gelegen  sei.  Auch  Jörg  Adelmann  von  Adelmanns- 
felden, der  seitherige  Amtsverweser,  versprach,  f.  Gnaden  zu 
Gefallen  dann  bei  diesem  Verordneten  sein  Bestes  zu  thun.'^^} 

Die  Bürger  und  Bauern  aber,  wie  Markgraf  Casimir  nach- 
träglich befohlen  hatte,  nach  Vertragung  der  Sache  wieder  neu 
schwören  und  Erbhuldigungspflicht  thun  zu  lassen,  mufste  unter« 
bleiben,  weil  der  mit  diesem  Befehl  an  die  Kommission  abge- 
schickte Bote  nicht  nielir  ^su  rechter  Zeit  eingctrutfcn  war. 

Wenn  aueh  eiii/<  liie  Mitglieder  der  den  ('railsheinier  Tag 

besuchenden  Abordnung   keinen  sehr  günstigen  Eindruck  von 

t> 

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—    02  — 


der  dortigen  Stimmung  und  wenig  Vertrauen  zu  den  Beteuerungen 
der  Ergebenheit  und  Treue,  die  ihnen  so  freigebig  zu  Teil 
wurden,  bekommen  hatten,  besonders  wenn  es  sich  zutrüge,  dafs 
der  Markgraf  in  N^ot  käme,^  so  scheint  diese  Furcht  wohl 
Übertrieben  gewesen  zu  sein.  Finden  sich  doch  später  Crails- 
heimer Mannschaften  ebenso  als  wie  Feuchtwanger,  Gunzen- 
Häuser  und  Wassertrüdinger  in  dem  kleinen  Heere  vertreten, 
mit  dem  der  Markgraf  nach  Abbruch  der  Verl  i  i  11  uigen  mit 
dem  Fränkischen  Heere  gegen  die  Aischbauern  und  ihre  Helfer 
zum  Angriff'  Uberging. 

Wohl  mögen  noch  einzelne  UnverbesserHche  aus  diesen 
Ämtern  zu  den  Bauernhaufen  gelaufen,  wohl  noch  manch  frevle 
Reden  gefallen  sein,  im  ganzen  und  grofsen  war  der  Aufstand 
in  den  südlichen  Gebietsteilen  des  Fürstentums  gedämpft  und 
erloschen.  Nach  dem  Crailsheimer  Tage  kam  es  dort  zu  keiner 
allgemeinen  Erhebung  mehr.  Vorsichtig  die  Umstände  berück- 
sichtigend hielt  der  Fürst  die  Strafe,  die  überhaupt  hier  sehr 
gliiupriich  ausfiel,  zuriK  k.  Die  Amncstit',  welche  den  von  den 
Haufen  reuig  Zuriu  kkchn  iuloii  /Aigcs.igl  vvorden  war,  wurde  ge- 
wis'ienhaft  geJialten.  Wir  linden  wohl  später  solche  Bürger  und 
Bauern  im  Heere  des  Markgrafen.  .\ufs  sorgfältigste  vermied  er 
alles,  was  immer  nur  hätte  reizen  können,  (ialt  es  doch  die 
glücklich  erreichte  Sicherheit  vor  einem  Aufstand  im  Kücken 
des  kleinen  roarkgräflichen  Heeres,  wenn  es  mit  den  Fränki- 
schen Haufen  bei  Würzburg  bezw.  Heidingsfeld  und  den  Aisch- 
bauern zum  Kampfe  kommen  würde,  zu  erhalten  und  zu  be- 
festigen. 

Lud  dieser  kämpf  seinen  schon  lange  imaus!>leiblich  yrc- 
worden  zu  sein,  l-ii'leii  (hu  h  l'.iucrsehaft  um  Baiicisehari,  Ge- 
meinde um  Gemeinde,  Statlt  um  Stadt,  Kitzingen,  UHenheim 
und  Neustadt  voran,  zu  den  Bauern.  Wie  lange  dauerte  es,  dann 
wurden  die  scheinbar  mit  so  guten  Aussichten  eröffneten  Unter- 
handlungen mit  dem  grofsen  Fränkischen  Heere  wieder  abge« 
brochen.  Wie  bald  nahte  der  zweite  Teil  des  revolutionären 
Dramas  wilder,  blutiger  und  grausamer  als  der  erste. 

Und  doch  befand  sich  Markgraf  Casimir  nach  dem  CraUs> 
heimer  Tage  und  nach  der  Zertrennung  des  Dinkelsbühler 
Haufens  in  einer  relativ  viel  guustigeren  Lage,   als  es  der  i  ali 


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—    83  — 


gewesen  wäre,  wenn  die  Bauern,  unbekümmert  um  Unterhand* 
lungsvorschläge,  sich  die  Hand  gereicht  zum  gemeinsamen  An- 
griff auf  seine  Streitkraft. 

Was  wäre  aus  dem  Markgrafen,  ja  aus  ganz  Franken  ge- 
worden, wenn  die  Aulständischen  mit  ihren  gewaltigen  Haufen 
vun  beiden  Seiten  das  einzige  kleine  Heer,  das  hier  auf  fürst- 
licher Seite  im  Felde  war,  umklammerten  und  erdrückten?  Der 
Sieg  der  Bewegung  im  ganzen  Fürstentum,  der  Anschlufs  Nürn- 
bergs mit  seinen  aufserordentlichen  Httlfsmitteln  wäre  die  not- 
wendige  Folge,  den  vereinten  Streitkräften  ganz  Frankens  aber 
der  Truchsefs  mit  dem  Heere  des  Schwäbischen  Bundes  doch 
kaum  gewachsen  gewesen,  ganz  abgesehen  von  dem  gewaltigen 
moralischen  Eindruck,  den  ein  solcher  Sieg  der  Volkssache  über- 
all auf  die  bereits  besiegten  oder  beruhigten,  auf  die  noch 
ruhigen  uder  bereits  in  Waffen  stehenden  Bauernschaften  und 
nicht  zum  wenigsten  auf  den  Bund  und  dessen  Heer  selbst 
machen  mufste. 

Den  Zeitpunkt,  wo  diese  Vereinigung  möglich,  ja  geboten 
erschien,  kurzsichtig  versäumt  und  übersehen  zu  haben,  ist  der 
der  grofse,  verhängnisvolle,  sowohl  politische  als  militärische 
Fehler  der  Bauern,  dieselbe  hintertrieben  und  glücklich  verhin- 
dert  zu  haben,  das  bewufste  Verdienst  Markgraf  Casimirs.  Seine 
Ausdauer  in  den  schliefslich  stets  auf  diese  Isolierung  hinzielen' 
den  Verhandlungen,  seine  rasche  und  kühne  Entschlufsnahme 
im  Notfall  bilden  einen  scharfen  Gegensatz  m  der  nachläfsigen 
Unentschlossenheil  der  bäurischen  I)ij>lomatie  und  ihrer  später 
die  weit  überlegenen  Kräfte  der  streitbaren  Franken  in  jämmer- 
licher Verzettelung  zu  Grunde  richtenden  vielköpfigen  Kriegs- 
eitung. 


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Exkurs. 


Die  Ostheimer  Schlacht  üi  Bezug  auf  ihre  Datierung, 
das  gegenseitige  Kräfteverhältnis  in  derselben  und 
die  aus  derselben  hervorgegangenen  Resultate. 


Da  nach  dem  Vorgang  Bensens  und  Zimmermanns  noch 
manchmal  das  Datum  der  Plünderung  des  Klosters  Auhausen» 
sowie  der  Ostheimer  Schlacht  fälschlich  auf  den  9.  Mai  verlegt'), 
und  eine  Teilname  des  Dinkelsbtthler  Haufens  an  beiden  ange- 

nomnien  wird,  so  scheint  es  geboten,  die  richtigen  Verhältnisse 
um  so  nachdrücklicher  hervorzuheben. 

In  den  Verantwortungen  und  \\ fismii^cn  der  in  den  Auf- 
ruhr verwickelten  U  assertrüdin^er  Burger,  des  Bürgcnncistcrs 
Wilhelm  Wagner,  genannt  >;  Becka  Wilhalm..,  des  Lorenz  Kürscli- 
ner  und  des  Claus  Hoffmann  (A.  S.  T.  iL  358,  373,  379}  in 
dem  Berichte  des  dortigen  Vogtes  (A.  S.  T.  III.  332}  endlich 
in  dem  Fttrbrtngen  der  Stadt  gegen  den  Amtmann  ^A.  S.  T.  IV. 
475)  findet  sich  übereinstimmend  der  Sonntag  Jubilate,  7.  Mai, 
als  Schlachtta«;  bezeichnet,  ebenso  wie  als  Plünderungstage  des 
Klosters  sich  der  6.  und  7.  Mai,  Samstag  und  Sonntag,  aus 

diesen  Akten  und  aus  dem  Auhauser  Inventar  (S.  12^.  Nr.  IL) 
ergeben. 

Überall  findet  sich  hiebei  der  »Sonntag«  herausgehoben, 
und  es  ist  klar,  dafs  sich  gerade  dieser  Umstand  dem  Gedächt- 
nis leicht  einprägte. 

*<  Z.  6.  bei  Scbad,  Die  Reichsstadt  Dinkelsbtthl  im  Bauernlcriej;«. 
l'rogrftmm  der  kealschnle  daselbst  si8So>. 

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^    85  — 


Auch  bei  Nicolaus  Thoman  und  ihm  folgend  bei  Holzwart 
(Baumann-Quellen  1 !  5  und  660),  sowie  in  dem  Briefe  des  Ulmer 

Registrators  Jakob  Ramniiuger  an  die  \Vürttemberi;er  Regent- 
schaft Baumanii-Akten  272'!  findet  «;ich  stets  richtit^  sonnta^^ 
Jubiiatei:.  Gleicherweise  hiulcn  sich  aucli  in  den  übrigen  Ver- 
antwortungen der  Wassertrüdinger  Bürger,  in  den  Strafakten  des 
dortigen  Amtes,  sowie  in  dem  erwähnten  Auhauser  Akt,  wenn 
auch  das  Datum  als  solches  nicht  angegeben  ist,  doch  die  sicher- 
sten Beweise  hiefür,  ebenso  in  der  Korrespondenz  des  Mark- 
grafen.^) 

Zimmermann,  der  die  Schlacht  als  ein  unbedeutendes 
Gele  cht  erscheinen  lassen  möchte,  sagt,  es  Hege  im  Ansbacher 
Arcliiv  vom  ^.  l)is  zum  12.  Mai  fast  von  jedem  Tag  ein  Brief 
des  Markgrafen,  oft  mehrere,  aber  keiner,  der  einen  Sieg  oder 
eine  Schlacht  berichte.  Diese  Beliauptung  ist  jedoch  nur  schein- 
bar richtig.  £s  findet  sich  allerdings  kein  Brief  Markgraf 
Casimirs,  der  diese  Nachricht  enthält;  denn  er  hat  wahrschein- 
lich gar  keinen  deswegen  geschrieben,  sondern  den  Sieg  durch 
seine  vertrauten  Boten,  vielleicht  »Ulrich  trummeter«,  mündlich 
seinen  Brüdern  und  Räten  anzeigen  lassen.  Es  erhellt  dies  aus 
deren  Antwort  (A.  S.  T.  I.  213),  welche  auf  einen  früheren 
Brief  des  Markgraten  vom  7.  Mai  (A.  S.  T.  1.  187),  der  wohl 
vor  der  Schlacht  geschrieben,  diese  noch  nicht  erwähnt,  l'unkt 
für  Punkt  eingeht,  zugleich  aber  auch  ihre  Freude  über  den 
günstigen  Erfolg  der  markgräflicben  Waffen  ausdrückt,  während 
eines  zwischenliegenden  Schreibens  nicht  gedacht  wird. 

Es  findet  sich  ferner  die  Kopie  eines  Entschuldigungs- 
schreibens-) an  den  Dinkelsbühler  Haufen  wohl  von  gleichem 
Datum  wie  das  Schreiben  der  Räte,  8.  Mai.  (A.  S.  T.  I.  129.) 

Einen  besonderen  Jubel  über  die  glückliche  That  in  einem 
Briefe  an  den  Tag  zu  legen,  hätte,  wenn  der  Bote,  wie  dies 


*>  Ztt  gleichem  Resultate  ist  Mch  Bibliothekar  Dr.  L.  Mfliler  zu  StnU' 
barg  aof  Tenchiedenem,  jedoch  «ach  «rchivalbehem  Wege  ^ohmgt.  Seine 
Arbeit  bat  besondert  den  Baaemkrieg  im  Rieft  tarn  Gegenstände. 

*)  Eft  ist  nichi  ^d.m  sicher,  ob  diese  Entschuldigung  auch  wirklich 
abgegangen.  Ober  die  dafllr  nnd  dagegen  sprechenden  Gründe  vcrgl.  Bei- 
lage XVIll. 


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—    86  ~ 


schon  öfters  geschehen,  niedergeworfen  worden  wäre,  leicht 
schlimme  Folgen  haben  können.  Es  lag  ja  auch  dem  Markgrafen 
gar  nicht  daran»  den  Kampf  und  die  Niederlage  der  Bauern 

recht  auszuposaunen  und  sich  darüber  erfreut  zu  zeigen.  Das 
wäre  für  die  im  Gange  befindlichen  Unteriiandiungen  mit  dem 
Dinkelsbühler  Haufen  schwerlich  von  Vorteil  gewesen. 

Deswegen  legt  auch  das  Beschwichtigungsschreiben  den 
Hauptnachdnick  eben  darauf,  dafs  der  Fttrst  zum  Kampfe  ge« 
zwungen  worden  sei,  die  Schlacht  und  ihre  Resultate  treten 
mit  Absicht  in  den  Hintergrund. 

Später  dagegen,  nach  Wegfall  dieser  Rücksichten,  zeigt 
der  Markk^raf  seine  Zufriedenheit  mit  dem  Erfolge  deutlicher, 
so  in  seinem  Schreiben  an  seinen  Bruder  (ieorg  (A.  S.  T.  X.  911, 
In  den  sich  mehrere  Jahre  hinziehenden  Streitigkeiten  mit  den 
Öttinger  Grafen  wegen  der  von  deren  Unterthanen,  die  bei 
Ostheim  gefangen,  zu  leistenden  Strafgelder  und  den  des« 
fallsigen  Verhandlungen  vor  dem  Schwäbischen  Bund,  welche 
beinahe  den  ganzen  fünften  Tom  der  Ansbacher  Serie  füllen, 
findet  sich  überall  die  »Schlachte  bei  Ostheim  hervorgehoben 
.und  betont.^) 

Dafs  dieses  Treffen,  nach  den  Begriffen  der  damaligen 
Zeit  eine  Schlacht,  gewifs  nicht  unbedeutend  war.  geht  sowohl 
aus  der  Anzahl  der  kämpfenden  Bauern  als  aus  ihrem  Verlust 
hervor. 

Die  höchste  Ziffer  der  Aufständischen  findet  sich  bei 
Thomann  und  Holzwart,  Baumann  I.  116  und  690,  welche 
16000  Mann  angeben;*)  13000  Mann  geben  an  der  Fischer  von 
HerHingen,  Jörg  254,  und  Michel  Grofs  von  Trockau  (Anzeiger 

für  Kunde  der  Deutschen  Vorzeit  1855,  Nr.  4);  11000  Mann 
sagt  Cochläus ;    10000  Mann  finden  sich  im  Auhauser  Inventar 

(Kreisarchiv  Nürnberg  S.  12-^,  Nr.  11);  Uber  8000  Mann  schreibt 

Casimir  selbst  an  Markgraf  Georg  (A.  S.  T.  X.  91).  —  Im 
Rother  Stadtbuch  heifst  es :   s^So  hat  unser  gnediger  her  raarg- 


M  Es   kommt    lorl  (A.  S.  T.  v.  221-241  merkwürdiger  Weise  auch 
eine  falsche  Dutierun<^  vor:  Montaj;  nach  dem  Sonntaj;  Jubilate  [8.  Mail- 

2)  Ebensoviel  hai  der  UaUer  Chronist  Joh.  Herolt,  Pfarrer  tu  Reinsberg. 

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—    87  — 


graf  Casimir  auch  ein  beer,  den  häufen  bei  Wassertrüdingen, 
der  bei  achttausend  ungeverlicb  waren,  vierzehn  tag  nach  Ostern^) 
geschlagen  ctc.t. 

Auch  Thomas  Zweifel,  314,  und  Abt  Georg  Truchsefs 
(S.  12^-.  Nr.  11.  Fol.  1)  haben  diese  wahrscheinlichste  Zahl. 
Bensen,  389,  zählt  nur  6000  Bauern. 

Ihren  Verlust  gibt  Bensen  sicher  zu  hoch  auf  4000  Tote, 

Cochläus  auf  2500  an.*)  Am  entsprechendsten  scheint  er  bei 
Baumaasi,  11.  1:  7J,  in  dem  Scuicibcn  des  Registrators  Rainminger 
angeschlagen.  lOOÜ  Tote  ohne  die  zu  Ostheiin  Verbrannten. 
Zweifels  .\ngabe,  400,  ist  entschieden  zu  niedrig,  wenn  man  bei 
ihm  selbst  liest,  das  gleich  beim  ersten  Aagriß'  der  Reisigen 
▼iel  erstochen  wurden,  viel  mit  Ostheim  verbrannten,  viel 
beim  Fliehen  aus  dem  brennenden  Orte  umkamen  und  viel  in 
dem  Gehölze,  wo  sie  sich  nochmals  zur  Wehr  zu  setzen  such- 
ten, ihren  Tod  landen. 

Über  3000  ergaben  sich  (Grofs  von  Trockau  und  wohl 
ihm  teilweise  folgend  Bensen).  Nur  der  geringen  Anzahl  der 
markgräflichen  Streitkräfte  ist  es  zuzuschreiben,  dafs  das  Blut- 
bad nicht  gröfser  wurde  und  so  viele  entkamen. 

Markgraf  Casimir  selbst  gibt  200  zu  Pferd  und  400  zu 
Fufs  als  Stärke  des  Streifkorps  an,  wozu  noch  die  50  Mann 

von  Günzenhausen  kamen  (A.  S.  T.  I.  187),  auch  in  seinem 
späteren  Schreiben  an  Markgraf  Georg  (A,  S.  T.  X.  Ol)  spricht 
er  von  600  zu  Rofs  und  zu  Fufs.  Grofs  von  Trockau  hat  200 
Reisige  und  500  zu  Fuis;  Thoman  (Baumann  I.  216)  hat 
400  Pferde  und  500  Knechte.  Die  übertriebenen  Angaben 
Zweifels  und  nach  ihm  Bensens  und  Zimmermanns  sind  schon 
bei  der  Anmerkung  21,  zum  Ausmarsch  Casimirs,  gewürdigt 
worden,  ebensowenig  läfst  sich  ihre  Behauptung  von  der  An- 
wesenheit des  Markgrafen  in  der  Schlacht  rechtfertigen. 

Das  wftre  der  30.  April.   Wir  haben  hier  wieder  eine  Datunuver- 
scbtebuag  —  von  Sonntag  tu  Sonntag      von  8  Tagen. 

^)  Herolt  gibt  2000  Erschlagene  an,  ohne  die  in  den  Flammen  Um- 
gekommenen. Die  Stfchkrifte  Coiimirt  sdiligt  er  auf  «600  pferd  und  etliche 
xn  fah*'  an. 


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—    88  — 

Markgraf  Casimir  war  nicht  in  der  Schlacht,  sondern  zu 
Günzenhausen.   Es  ergiebt  sich  dies  sicher  aus  A.  S.   T.  I. 

187,  A.  S.  T.  X.  91,  aus  T.  V.  JJl  -24,  aus  den  Aussagen 
der  VVassertrüdinger  Gesandtschaft  und  aus  i  rockaus  Bericht. 

Da  nun,  wie  gesagt,  die  Schlacht  schon  am  7.  Mai  statt» 
fand,  der  Dinkelsbühler  Haufe  aber,  laut  Schreiben  Dinkelsbtthls 
an  Rothenburg  vom  6.  Mai  (Th.  Zweifel,  297)  erst  am  8.  Mai 
von  dort  aufbrach,  so  konnte  er  natürlich  auch  an  der  Schlacht 

gar  nicht  teilnehmen.  Und  in  der  That  spricht  auch  Thomas 
Zweifel  —  hierfür  Bensen  und  Ziniaicrmann  sonst  Hauptqueüe  — 
nur  von  dem  Haufen  im  Ries^),  und  erst  bei  Ziiiunermann  Tl. 
353,  findet  sich  diese  Verquickung  der  Dinkelsbüliler  Scharen 
mit  demselben. 

Der  Markgraf  richtete  am  8.  Mai,  wie  gesagt,  ein  Ent- 
schuldigungsschreiben an  die  Hauptleute  der  letzteren  wegen 
seiner  Handlung  gegen  die  Rieser,  Der  Haufe  lagerte  sich  uro 
diese  Zeit  bei  Thannhausen  —  Dannhausen  ™  und  trat  mit 

ihm  in  Unterhandlung.  (A.  S.  T.  I.  129.  .A.  S.  T.  I.  196. 
A.  S.  T.  I.  183  etc.) 

Wenn  Zimmermann  Teile  des  bei  Ostheim  geschlagenen 
Haufens  sich  vor  das  Öttingische  Schlofs  Baldem  legen  läfst, 
ohne  dafs  der  siegreiche  Markgraf  es  verhindern  kann,  so  be- 
ruht dies  auf  demselben  Irrtum.  Allerdings  wurde  Baldem  durch 
Scharen  des  Ellwangen-Dinkelsbühler  Hanfens  vergeblich  be- 
rannt,  aber  dieser  war  ja,  wie  gesagt,  gar  nicht  in  der  Schlacht 
gewesen,  zweitens  geschah  es  erst  am  12.  Mai  (A.  S.  T.  I. 
196  und  A.  S.   T.  I.  200,  Schreiben  Jörg  Habcrkorns),  als 

Der  Haufen  im  Ries  auch  der  »helle  hauten  zu  (Jiüngen«  genaimt 
(A.  S.  T.  I.  174.  Schreiben  des  Dinkelsbühler  Haufens  an  denselben  vom 
5.  Mai}  stand  allerdings  in  Verbindung  inil  ieUlerem.  bs  mögen  auch 
einzelne,  ja  vielleicht  kleinere  Scharen  desselben  sich  ihm  angeschlossen 
haben,  die  Flttctuation  «wischen  den  Haufen  ist  nicht  sn  leugnen,  als  Gan- 
ses aber  nahm  letcterer,  wie  erwihnt,  keinen  Anteil  an  der  Schlacht 

"■')  Diese  Irrtümer  erklären  sich  leicht,  wenn  man  bedenkt,  dab  Zinuner- 
ntann  nicht  die  Originalien  selbst,  sondern  nur  die  Aussttge  in  der  Prälat 
von  Schmidschen  Sammlung  benfltst  «n  haben  scheint*  So  erklären  sich 
Lesefehler,  wie  der  schlimme  bei  dem  Ahsug  der  Bauern  von  Schlofs  Bal- 
dem nach  Ellingen  —  statt  Ell  w  an  gen  IL  354  —  sehr  natürlich. 


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—  89 


Casimir  schon  lange  wieder  in  Ansbach  weilte  «nd  mit  dem 

Haufen  in  Unterhandlung  iiotrcten  war,   drittens  aber  liegt  Bai 
dorn  nicht  nur  zwei  Stunden  von  Ostheim,  sondern  wohl  vier 
Mal  soweit  entfernt.    Damit  fallen  auch  alle  daraus  gezoge- 
nen Folgerungen. 

Wenn  der  gleiche  Forscher  meint,  der  Markgraf  sei  durch 
eine  Übereinkunft,  sdafs  einer  des  andern  Gebiet  respectire  und 
keiner  gegen  den  andern  etwas  vornehme  mit  diesen  Dinkels- 
bühlern,  Ellwangern  und  Riesbauern«  ins  Reine  gekommen,  so 
waren  die  Letzteren,  wie  erwähnt,  geschlagen,  die  Verhand- 
lungen mit  den  andern  aber  sollten  auf  Grund  der  12  Artikel 
vor  sich  geben,  kamen  aber  nicht  zum  Abschlufs»  weil  der 
Haufe  bis  zu  dem  angesetzten  Tage  sich  getrennt  hatte.  (A.  S. 
T.  II.  171.) 

Die  Schlacht  bei  Ostheim  wurde  also  am  7.  Mai,  dem 
Sonntag  Jubilate,  des  Nachmittags^)  geliefert.  Sie  war  be« 
deutend  sowohl  durch  die  Anzahl  der  besiegten  Aufständi- 
schen und  deren  Verluste,  als  durch  die  von  Markgraf  Casimir 
durch  sie  erlangte  Beruhigung  und  Sicherung  seiner  Grenz- 
ämter, durch  die  aus  dem  Siege  folgende  Kräftigung  seiner 
Stellunu  i^egenüber  dem  Dinkelsbühler  Haufen  und  dem  Frän- 
kischen Heer.  Der  Markgraf  war  persönlich  nicht  in  der 
Schlacht,  ebensowenig  nahmen  die  Dinkelsbühler  Aufständischen 
an  ihr  'Teil,  wenigstens  nicht  als  Gesamtmasse,  wenngleich  schon 
einzelne  Bauern  -  oder  selbst  kleinere  Scharen  zu  dem  Öttinger 
Haufen  gestofsen  und  mit  ihm  zur  Plünderung  Auhausens  ge- 
zogen sein  mögen.  Denn  der  Gewalthaufe  brach  erst  am  Tag 
nach  der  Entscheidung,  am  8.  Mal,  aus  seinem  Lager  vor 
Dinkelsbühl  auf. 

')  Nach  dem  ;>chon  öfier  erwähnten  Schreiben  des  Registrators  l\;un- 
raingcr  fand  sie  zwisch»*!'  5  und  6  Uhr  statt  iBaumann  II.  272K  Ks  stiniml 
dies  ziemlich  mit  der  Aussatje  des  Hjins  Pinsel  von  Ilechlintjen  (A.  S. 
'r.  in.  2S5)  ühercin.  nach  welcher  um  9  oder  10  Uhr  die  Wahl  der  Maupt- 
leute,  VVeibel,  Profosscn  und  Rulc  angesetzt  worden  war.  Er  sei  von  eini- 
gen Bauern  als  tauglich  dazu  angegeben  worden,  sei  jedoch  kaum  5  .Stun- 
den ein  BatterDfftt  gewesen,  d«  dann  schon  die  Entscheidung  nnd  Nieder- 
lage des  Haafens  der  ganseo  S^che  ein  Ende  maehte. 


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—   00  — 


Der  vermeintliche  Rückzug  von  dem  Schlachtfelde  und  das 
Erscheinen  dieser  Streitkräfte  vor  Schlofs  Baldern  beruht  auf 
der  Verquickung  des  Dinkelsbtthler  mit  dem  Öttinger  Haufen 
und  diese  wieder  auf  der  falschen  bisherigen  Datierung  der 

Schlacht. 


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Beilagen. 


I. 

Aujmahnschreibeti  ati  C nttlshtim  ( /g.  April). 

^An  ain  ganz  gemaind,  <femaind  geniainlichen  (sicl)  zu 
Kreuelsa,^)  unsera  lieben  mitbnieder  in  Christo. 

Hauptleat,  räth,  ain  ganzer  heller  häufen,  jetzund  ligende 

zu  Elwangen. 

Unsern  freundlichen  gniCs  bevor.  Gunstigen,  lieben  mit- 

brieder  in  Christo  1 

Wir  ermanen  euch  in  craft  dis  l)rii:fs  von  stuudan  mit 
euern  harnasch  und  wer  zu  uns  /.u  zit^heu,  daz  hailig  evan- 
geli  helfen  ufrichten,  beschützen  und  schürmen. 
Wa  ir  daz  nit  thett,  würden  ir  uns  bewegen,  daz  wir 
lieber  von  euch  vermiten  wölten  sein;  darnach  wissen  euch 
zu  richten. 

Datum  Elwangen  uf  mitwochen  nach  Ostern*)  anno  im 

25[ten]. 

Nest  auch  soUent  ir  dise  geschrift  eurer  landschaft  ver- 
künden. 

Originalschreiben  in  den  Ansbacher  Bauemkriegsakten 
Tom  III.    Fol.  141. 

IL 

Au/maknsckreiiKH  des  „marggrmtischen"  Haufen  an  dasselbe  (2.  Mai). 

»Erwelte  haubtman  des  markgrävischen  haufens,  versam- 
melt bei  dem  Hagenhof  entpiten  euch  in  der  ganzen  gemain  zu 
Crailsheim  unsern  grufs  zuvor  in  Christo  Jesu.    Liben  bruder! 

Es  ist  unser  ernstlich  beger  an  euch,  das  ir  zu  uns  eilends 
unverzüglich  zu  uns  ihen  Wetpertshofen  zwischen  10  und 
eilfen  komen,  vertan  zu  dem  grossen  häufen  zu  zihen,  zu 
aufem  des  heiligen  evangeliums,  welches  ezlich  unser  bruder 

')  Kreaelsa  dialektisch  fUr  Crailsheim 

-)  Das  wäre  der  19.  April.  Es  liegt  aber  hÖcb?>t  wahrscheinlich  eine 
DaUtnaverschiebun^  um  8  Tage  Tor,  da  dies«  AnfinahnschretbeB  ja  erst 
am  17.  April  in  CraiUheiin  ttberreicht  wird. 


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—    92  — 


gewaltigürli  Ix^r.iiibt  sein  und  zu  erleichterung  etlicher 
beschwerd,  da  wir,  ir  und  sie  [mit]  beladen  sein,  wie  wir 
uns  genzlich  zu  euch  versehen.  Wo  nit.  wurden  wir  ernst- 
lich gcursarht,  wider  euch  zu  handeln,  daran  ir  kein  L(e- 
fallen  haben  wert,  und  darnach  euer  weder  an  leib  und  gut 
verschonen.  Darnaeh  wist  euch  zu  richten. 
Geben  zum  alten  hagen  anno  im  25.  der  mindern  zal, 
dinstag  nach  Walpurgis  [2.  Mai';, 

Den  erweiten  aus  der  gematn  und  der  ganzen  gemain  zu 
Crailsheim,  zwischen  Weipertzliofen  und  Gebertzhofen,  wo  wir 
eur  warten  im  grund«. 

Aufschrift:  »An  Mulhensle  und  den  andern  zu  ihm  aus 
der  gemein  und  der  ganzen  gemain  zu  Crailsheim.  Gebt  munt- 
lich anwort!-^ 

Onginal-Scii reiben  iu  den  Ansbacher  Bauernkriegsakten 
Tom  m.    Fol.  146, 

III. 

Crailsheima  ßesckivcrtieartikel. 

Verzaichnus  etlicher  artikel,  so  ein|  gemain  [zu  Crailsheim] 
beschwert  ist. 

Zum  ersten,  nachdem  etlich  vom  adel  in  diser  emporung 
sich  hieher  zu  gemainer  statt  Crailsheim  gethun,  villcicht 
des  furneniens  sie  liei  uns  zu  enthalten,  und  sn  sicli  die 
laift  enden,  wollten  ^ie  <>n  alien  beschwert!  mit  ircni  guet 
wider  hinausziehen,  doch  unbedacht  einer  armen  gemain, 
das  wir  sie  müssen  bewai  lica  und  teglieli  ie  länger  ie  mer 
der  huetcn.  Aul  sulichs  ist  einer  gemain  begcr,  das  sie 
ietzo  und  hinfurern  thun,  was  ein  ander  mitburger  thuet 
oder  iedesroals  sein  geburnus  darlegen. 

Zum  andern,  das  kainer  vom  adel  noch  andere  durch 
einen  erbern  rath  sollen  aufgenumen  werden  on  einer  ge- 
main wissen;  dann  es  soll  kainer  nichts  gefreit  sein,  dann 
wie  ein  ander  burger. 

Zum  dritten,  das  kain  priester,  so  bei  uns  in  der  gemain 
sitzt,  nirht«;  L'et'reit  sein  sf»ll,  dann  wie  ander  mitburger, 
und  hinfuro  thun  sollen  dasjenig.  das  ein  ander  mitburger 
thuet,  uikI  u  ue  es  aincni  zu  thun  nit  irelegen,  das  derselbig 
nichts  (iestminder  das  verorden  udci  icdesmais  sein  gebur- 
nus darlege,  doch  ausgenumen  der  pfarrer  und  seine  caplen, 
die  sollen  aller  beschwerd  gefreit  sein. 

Zum  vierten,  das  kain  gaistlicher  in  disen  iaiften  zu  kai- 
nem  mitburger  angenumen  werden  soll. 

Zum  fünften,  das  kain  burger  um  ein  bürgerliche  straf 
in  durn  gelegt  werden  soll,  wie  bisher  bescheen  ist 


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—   93  — 


Zum  sechsten,  das  die  statknecht  nit  mehr  gerechtigkait 
haben  im  wasser  und  aller  gemainrecht.  wie  ander  burger. 
Zum  sibenden  das  ein  erberer  rat  soll  vier  virtaiimaister 

setzen  und  nachmals  ein  gemain  die  andern  vier,  und  das 
ein  gemain  in  die  vier  virtail  eingetheilt  werden,  dumit 
em  iglicher  in  der  gemein  wissens  hah,  in  welches  viertail 
er  gedailt  sei  und  auf  wen  er  heschiden  sei. 

Item,  das  kuin  hirt  furhin  angenumen  werden  soll,  dann 
durch  einen  rat  und  durch  die  virtaiimaister,  so  ein  ge- 
main erwelen  mirdet. 

Item,  das  ein  gemain  mit  dem  statschreiber  beschwert  ist, 
das  er  die  mitburger,  die  sein  nottdorfttg  sein,  es  sei  vor 
dem  rechten,  das  ainer  kantschaft  füren  will,  mit  den  qui- 
tanzen,  auch  in  allem  seinem  schreiben  die  mitburger  uber- 
nimt,  änderst  dann  wie  vor  alter  herkamen,  wie  dann  et- 
hchen  wol  wissen  ist. 

item,  so  man  ein  gemaine  statreel.nnn^  thuet,  ist  der  ge- 
main lieb  (?)  und  begernt,  das  ein  erber  rath  die  vier  vir- 
taiimaister, so  ein  gemain  erwelen  werden,  darzu  nem, 
domit  sie  auch  wissens  haben,  wie  die  rechnung  gcscheen  ist. 

Item,  das  ein  erber  rath  daran  sei,  das  nichts,  so  einer 
gemain  zastendig,  in  das  spital  oder  den  edelleaten  ver- 
kauft werde,  so  vormals  in  die  steur  gehörig  gewest,  on 
einer  gemain  wissen  und  willen. 

Item,  das  ein  IgUcher  muller,  so  ir  schwaderich  auf  ein 
gemain  gepaut  haben,  und  was  sie  für  fisch  darauf  auch 
sunst  im  gemain  wnsser  fahen,  das  die  muUer  dieselbigen 
fisch  auf  den  markt  tragen  und  nit  hoher  gehen  oder  ver- 
kauft werden,  und  tl;is  kain  muller  mehr  haben  snll  on 
ainer  gemain  wissen  dann  vier  seu,  und  welcher  das  uber- 
fur,  st)  soll  die  straf  nach  der  gepur  zu  ainer  gemain  ge- 
stellt sein. 

Item,  das  auch  ein  erber  rat  furhin  nichts  mer  aus  der 
gemain  verwechseln  sollen  oder  verendern  on  ainer  gemain 
wissen. 

Item,  nachdem  etlich  flecken,  so  einer  gemain  zustendig, 
der  castner  innen  hat,  ist  der  castner  des  erbietens  gewest, 
das  einer  gemain  zuvergleichen.  Das  ist  bisher  nit  bescheen, 
ist  einer  gemain  will  und  erfordern,  das  der  castner  soliche 
flecken  einer  gemain  widerum  unbeschwerd  zusteUe. 

Ttem,  das  ist  einer  gemain  bpg»'rTi,  das  mit  den 
becken,  met/Jern,  muHcrn  ein  anders  einsehen  gescijeh, 
dann  wie  bisher  bescheen  ist,   desgleichen  mit  den  wirten. 

Item,  nachdem  der  amtman  sich  eines  reusenfachs  im  i;e- 
main  wasser  unterfangen,  ist  einer  gemain  bit  und  Legern, 
des  guetiich  abzusteen,  nachdem  es  einer  gemain  nit  zuer- 


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—    04  — 


leiden  sei,  und  wue  es  hinfuro  gestatt  wurd,  mocht  es  hin« 
furo  2U  einer  ewigen  gerechtigkait  angezogen  werden. 

Item,  nachdem  etÜch  hofstet  hie  sind,  daran  einer  gemain 
an  steur  und  wach  ein  abgang  geschieht,  auch  haben  etlicb 
mitburLjer  alhie  etlicli  Hecken  eini^ezcunt,  das  vormals  ein 
gemain  zu  offen  Zeiten  darauf  zu  treiben  macht  gehabt,  ist 
einer  gcin.un  bit  und  erfordern,  das  diejenif^u-n,  so  etwas 
eingezeunt,  \\ideri;ni  zu  offen  zeiten  offen  iasscnj.  domit 
der  trib  ungehindert  gescheh,  wie  vor  alter  herkumcn. 

Item,  nachdem  etlich  mitburger  gcrten  haben,  so  dem  pfar- 
rer  zu  Goldpach  guitpar  sind,  und  so  dieselbigen  verkauft 
werden  oder  zu  einem  fall  kumt,  so  sollen  diejenigen,  so 
solliche  gerten  kaufen  oder  besteen,  zu  handlon  geben>  als 
vtl  das  einer  jerlich  davon  zu  gult  gibt,  das  vor  alter  nit 
gewest;  dann  so  vor  alter  ein  gart  bestanden  oder  verkauft 
ist  worden,  ist  zu  besteen  gelt  nit  mer  geben  dan  ein  vir- 
tail  weins ;  ist  einer  'remain  bit  und  begem  solichs  abzu- 
schaffen, domit  diejenigen,  wie  vor  alter  herkamen,  pleiben 
mögen. 

Und  naclideni  ir  on/.weivel  guet  wissen  tragt,  das  tinter 
dem  gemainen  mau  ein  grofse  red  ist,  das  ir  im  rat  ein- 
ander so  hoch  und  nahend  gefreund  sind,  drum  wollet  fur- 
hin  in  demselbigen  ein  pilligs  einsehen  haben,  domit  ir  auch 
wir  solicher  red  entladen  pleiben. 

Dise  artikel  wollen  wir  in  der  gemain  euch  als  ratsfreun- 
den auf  euer  Verbesserung  angezaigt  haben. 

Und  ob  hernach  mer  artikel  funden  oder  zukunftiglich  er- 
wachsen mochten,  das  einer  gemain  beschwerlich  oder  nach- 
tailig  wer,  dieselbiii^en  wollen  wir  euch  auf  euer  Verbesse- 
rung anzuzaigcu  vorbehalten  haben  etc. 

Dieses  Verzeichnifs  findet  sich  bei  den  Akten  der  späte- 
ren Untersuchungskommifsion  unter  Hans  von  Neuenstadt  im 
kgl.  Kreisarchiv  Nürnberg  und  ist  bezeichnet:  S.  v.  L.  228. 
Nr.  48  (La.^er-NnmmerV  Fs  traut  die  Vermerke:  »A«  und 
»Der  gemaind  zu  Crailshemi  gesteUte  articul«. 

IV. 

Inventar  des  Schadens  des  Klosters  Anhausen. 

Bericht  des  Priors  Johann  Rainhart  über  die  Plünderung 

(i(!s  Klosters  Anhausen,  den  erlittenen  Schaden  und  die  haupt- 
sächlichst hctheiligteu  Urtschaftcn  und  Personen. 

Ivuuvulut  im  kgl.  Kreisarchiv  Nürnberg,  bez.  Anhausen 
S.  12.  • 

%  1. 


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—    95  — 


fitem  am  tag  Philipi  und  Jacobi  [1.  Mai]  ist  Anhausen 
angriflfen  worden  anno  [etc.  im]  25ten. 

Item  sie  haben  genomen  für  150  guldin  in  Icelch»  mefs- 
gewand,  alben,  epistelrock,  korkappen,  mefsbuecher,  14 
messin  leuchter»  zwue  truhen  mit  altartaechem;  das  eifsen 
gitter  vor  dem  hailigen  sacrament  zuschlagen,  herausge- 
brochen, das  sacrament  hingenomen  und  vil  hailthums  in 
claine  truhlin  uelegen. 

20  guldin  für  kalk,  ziegel  und  5  wegen  mit  brittern  in  der 

kircheu  gelegen. 
50  guldin  für  hild  tafeln,  cruciftx  alles  zerhauen  und  das 

Margenbild  ^)  uf  dem  choralter. 
100  guldin  für  der  Bemberger,     der  Krailshaimer  schilt  und 

stainin  bild  und  wepner,  dero  10  gewesen,  zerhauen, 

zerbrochen  und  für  die  kirchen  geworfen. 
250  fl.  für  die  gestuel  in  der  kirchen  und  puitpret,  beheiter 

mit  schiessen,  alles  von  aichem  holz  ergraben  uf  das 

allerhubschest. 

350  fl.  für  die  fenster  im  rhoer  und  drei  Capellen  mit  Ber- 
nischem ^)  gl.is  sampL  den  grofsen  eifsin  Stangen ;  etlich 

vergult  monstranzen. 
1600  guldin  für  die  kirchen  zu  bauen,  decken  und  zwue 
glocken. 

15  fl.  für  die  eifsin  thur  und  eifsin  truhen  in  der  custerei. 

Summa  2585  fl. 
40  guldin  für  siben  altarstein  zerbrochen,   das  hailthum 
daraus  geworfen,  die  altar  seind  all  von  grund  auf  mit 
gehauen  quatranten  gemacht. 
100  guldin  für  24  bet  mit  aller  irer  zugehorung,  bettladen, 

leilachen,  pfulbin,  kussin  und  decken. 
2MÖ  guldin  für  buecher. 

30  guldin  für  4  vischgoren,  hamen,  grofs  und  ciain,  mit 

allem  vischzeug. 

40  guldin  für  4  hebeisen,  4  grols  stcinz;ingc;n  /.u  grofsen 
stainen  ufzuziehen  an  den  zugrn;  eisiu  piclicl,  hauen, 
vil  grofs  und  ciain,  alles  zeug  zu  dem  stainbruc  h  und 
Schoren  uf  die  weier  32  und  6  beihel,  6  eifsin  keidel,^) 
grofs  eifsin  hemer. 

40  guldin  für  ein  zentner  schmer,  20  viertl  fiaisch,  erbers,^ 


')  Marienbild. 

3)  Di«  frfiheren  ScbuUvögte  dti.  Kloster:». 
*)  Bem^Verona,  Schmeller^Frominafiii  1.  278. 
«)  wohl  Kelle. 
*)  «rben  =  Erbten. 


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—    96  — 


linsen,  gersteD,  gestampft  efskeren,  schönmel,  hebrin 
mel,  ^(2  Zentner  liechter.  vier  kupferin  bronnenaimer, 
aller  schreinerzeug,  zwai  beschlagen  viertl,  1  mets  Kraiis- 

heimer  mafs. 

250  guldiu  hir  ilinkel,  kern,  gersten,  liabcrri;  der  nierer  tail 
ist  küiiien  -;ein  Walhausen,  Gachstat,  Winden,  Belgcn- 
tal  und  Groningen. 

150  guldin  tur  licrnisch  fenstcr  in  meiner  Stuben  und  kaniern 
und  noch  vier  Stuben,  siben  bebelter  in  der  grofsen 
Stuben  mit  schlössen  und  schlüsseln;  die  Stuben  mit 
eifsin  glachen,^)  60  trinkgleser,  120  krausen. 

Summa  900  fl. 

50  guldin  für  6  thur,  zwingerthur  mit  grofsen  dicken  dilen, 
mit  starken  grofsen  eisin  gla<  ht  n,  eifsin  hacken,  drei 
kellerthur,  fünf  stubenthur,  iiausthur  mit  guten  starken 
sc  blossen,  zwifach  rigel  und  25  kamerthur  mit  schlössen 

und  glachen. 

20  guldin  für  16  tisch  mit  sideln,  schrannen,  schlössen  und 

glachen. 

40  guldin  lur  zin  und  zine  dciici,  ptaaucii,  dniuis,  schusscl, 

deller,  zweien  kuchenbehelter,  messin  leuchter,  zw[u] 
kuchenthur  mit  schlössen,  kefslern  (r)^),  eisin  loffel,  durch» 
schlag,  faimlefel,  messin  backlöffel,  4  badzuber,  wasch« 
gelten,  6  vischgelten. 

20  guldin  für  die  bronnenkettin  und  eisin  eimer,  zugsail 
ufm  komhaus,  60  neu  stark  kuestrick,  20  streng  in  die 
kamern,  bindsailen  zu  weinwegen,  60  neu  hairechen, 
12  fletrel,  12  eisin  mistgabeln,  stainbern  und  worf- 
schaufeln. 

70  guldin  für  ka(  in  lufen  mit  stainin  gewelben  mit  grofsen 
eisin  Stangen  auch  im  backhaus;  dergleichen  ein  ufen 
gewelbt  mit  steinen  suulen  und  kreuzbogen,  als  von 
quadranten.*) 

32  fl.  für  ein  ganzen  schmidzeug  mit  anbissen,  blosbelg, 
Zangen,  hemer,  auch  ein  ganzen  weinablafszeug  mit 
schleuchen,  blosbalgen  mit  aller  zugehorung. 

Summa  232  fl. 

150  guldin  für  20  fueder  amat,  hai,  stroeschaib;*)  6  wegen 
mit  neuen  laittcrn,  vier  schuttkarren,  fünf  beschlagen 
wegen,  ain  karren;  200  clafter  holz,  2000  feigen,  200 

*l  GlachcD  —  Gelenke-Beschläge. 

')  krausen  =  geringere  Art  von  Trinkgeschirr,  bes.  f.  Gebinde  ttblicb. 
kefslern      es  sind  wohl  Keasel  gemeint. 

*)  als  von  quadrantcn    —  alles  von  Quadersteinen. 

stroe-schaib    ~   stroe-schäib   =   Bund  Stroh,    Schmcllei -Fiom- 
mftiin  II-  353. 


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—   97  — 


achsen,  3  pflüg,  6  seden,  3  scherr»^),  8  neuer  pflüg, 

weinlaitern,  hailaitern,  10  steiglaitern. 
30  guldin  für  mcl  im  backhaus  und  in  der  mulen,  4  mel- 

rasten,  den  backtrock. 

100  guldin  fnr  die  weicr  gefischt  und  al)grahcn. 
3000  uulditi  für  (]as  (  (mventhaiis,  backhaus,  kuchen.  Schmiden, 
scustall,  rofsstaii,  viehaus,  neu  haus,  thorhaus,  als  vcr- 
})  rennt. 

150  iL  acht  ich  für  den  abrauni  der  hofstettcn. 
250  fl.  fiir  12  schubochsen^  und  62  kue,  stier,  renphng, 
jerltng. 

5  guldin  für  honer,  pfaben  und  tauben. 
30  fi.  für  weinfesser  uf  40  fueder ;  fischfesser,  zwaien  aimem 

3  vischleger. 
40  H.  für  wein  austrunken  und  ausgössen. 

24  fl.  für  das  oer,  die  zimhol,^^  den  zaiger  und  vischwage. 
40  fl.  für  die  zimer  iif  den  2waien  galpbronnen,^)  so  ver- 
prent  und  eingeworten. 

Summa  38 19  fl. 

20  fl.  für  komet,  settel,  silen;  8  joch  mit  riemen  und  eisin 
ent  zu  den  deicliseln,  3  wagenkettin,  spriefskettin,  3  be- 
schlogen Nvög,^)  2  beschlagen  silscheitter. 

15  fl,  für  öl  lind  ein  L,Tossen  (ilhafen. 
260  guldin  haben  ich  und  mein    convent   verzert   und  'die] 
ehalten, ®>  an  zerung  mit  den  wcrkleuten  und  botenlonc 
der  arntleiit  darufgangcu. 

Summa  293  fl. 

Summa  totalis  fccit  8241  ü.  (siel) 

Item  der  schefer  zum  Waltmansberg  hat  das  holzschelin 
gefischt  zu  Leukershausen. 

Item  die  von  Gackstat  haben  vil  kom,  dinkel  haimgefuert, 
gebeut  an  ander  hausgeret. 

Item  Hainz  Eberhart  und  der  mefsncr  zu  EUerlchshausen 
haben  gesogt  zu  meinen  hindcrsessen  zu  Volkhartshausen, 
sie  scind  itzo  Prior  zu  Anhausen;  die  hof,  weier,  holz  sei 
alles  ir,  gesagt,  sie  müssen  leben  von  inen  empfahen,  und 
dorauf  haben  sie  ein  weiel  ufzogen  und  gefischt 


V)  6  seden,  3  scherr  venchrit'ben  für  3  seden,  6  scherr. 
',1  schubochsen  "  Zugochsen. 

*)  das  oer  =:  die  Uhr,   zimbol  =  die  dazu  gehörige  Schlagglocke. 
Schmeller-Fromtnann  I.  902 

*)  galpbronnen  Zu<;bruiuieo» 
•)  wog  =  Wagscheite. 
*;  ehalten  rz  Gesinde. 

7 


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—   Q8  — . 


Item  her  Benedict^)  hat  mir  gesagt,  wie  Jorgle  von  Mau- 
lach  ime  gesagt  hab  auf  dem  Brickbei^,  der  pfarrer  von 

Rofsfeldt  sei  ein  bofswicht,  er  wer  wirdig  an  dem  galgen 
ze  henken,  dan  er  sei  ein  ursach  und  anheber,  das  die 

bauren  gein  Anhausen  gezogen  sein. 

Item  der  Kernmüller  zu  Neidenfcls  ujkIJ  der  vol;L  zu 
(xuricnschwaben  haben  mein  muller  in  meiner  mullen  gc- 
fansfen.  gezwungen,  dafs  er  zu  den  bauern  ziehen  soll,  auch 
ime  verboten,  mir  kein  gult  von  der  mulen  m  geben,  kein 
Herren  zu  suechen,  dann  sie.  Auch  zu  Belgental  haben 
sie  mir  auch  sechs undersesscn  gezwungen  und  gesessen  [sie!]. 
Item  die  pauren  zu  Walhausen  haben  mein  pfarrer  zu 
gluben  [drunjgen  und  angenomen,  er  soll  keinen  herren 
Iiaben  und  gewertig  sein  dan  inen  und  soll  aus  dem  dorf 
nit  gen,  dan  mit  wissen  der  dorfmaister,  und  was  ime  an- 
lig,  soll  er  die  pauren  ansuechen  und  sonst  kein  herrschaft, 
dan  sie  sein  itzo  sein  herren  ,  und  ist  noch  ir  uh)bcr,  und 
das  pfarlehen  sei  der  ])auren  und  nit  des  pnOrs,  und  haben 
dem  pfarrer  sein  oclisi  u  genonuMi  und  gestotrhen  und  geessen. 

Itcin  die  pauren  von  \\  allhausen,  (ireiningen^^,  Belgental 
haben  alle  mein  weisen  mit  gcwalt  und  über  mein  verput 
abgefretzt.  So  sie  mir  die  nit  abgefretzt  hetten,  so  wollt 
ich  sie  gehait  haben,  und  hetten  mir  gern  16  fuder  hai 
getragen. 

Item  da  mich  die  paaren  bei  nacht  und  tag  angriffen,  ist 

nit  genug  gewesen.  Die  haben  mir  die  jungen  geschlachten 
opfelbaura,  birbaum,  nufsbaum  ausgraben,  dullstecken  aus- 
graben, haimbefurt,  alle  brandstutzen  und  scheurthor  hin- 
weg gefurt. 

Item  sie  haben  ein  marggrefischen  schilt  in  meinem  stublin 
funden,  zerhauen  und  zum  fenster  hinausnewurfcn. 

Anheuser  feind  der  baurschaft,  die  midi  bei  na»  ht  angrif- 
fen, der  dorfer  und  weiler,  wie  hernach  volgt  am  tag  Wal- 
burgis. 

Rofsfelt  hat  der  pfarrer  daselbst  ufbracht.  Maulach, 
Rudern,  Trienspach,  Onolzheim  und  zwei  Winden  bei  der 
[nacht]  angriffen  und  brent,  das  mein  gesind  [mit]  wein  und 
milch  gelefst  haben. 

')  »Caplan  ofm  l?rucV,herg«, 

')  Die  folgenden  wie  überhaupt  sämtliche  Urte,  welche  in  dieser 
Klaj^e  des  Priors  vorkommen,  i^ethören  cum  frQheren  mark  gräflichen  Ober  Amt 
CraUshdoi  und  sind  leicht  fe^i zustellen.  Besondere  Abweichun(,'en  der  Be> 
nennun>;  werden  in  den  Anmerkungen  erwähnt  wrrden,  z.  U.  Waltmansberg 
=:  Weiilmansbcrg;  Gurlenschwuben    -  Burleswagen. 

Greiningen  —  Gröningen;  Rudern  =  Riedem;  die  zwai  Winden 
=  Ober»  und  Ntederwinden. 


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—    90  — 


Ditz  sein  die  mich  beim  tag  angriffen»  auch  helfen  brennen 

und  die  weier  gefischt: 

Wallhausen,  Triftshausen,  Heni^stfelt,  Michelpach,  Gronin- 
gen, ein  glorken;  Helrnesliofen,  Misthui  bei  der  Jagst, 
Rodt*)  hat  ein  glocken  und  iiu-r;  Schaimbarh  hnt  weier 
gi'fis(  lit;  Ottenbach  auch  weier  gelischt  mit  etlichen  flecken 
hernach  voli:^ent: 

Volkhartshauscn,  Kllerichshausen,  Hörschhausen,  Capehi, 
VVestgcrtshausen,  Goltpach,  üefshalden  zum  tail,  Locr, 
Wegsefs,  Mistlan  zum  taU,  Waltroansberg,  der  schefer,  Wast- 
nau  haben  den  sehe  zu  Leukertshausen  abgraben. 

Leukertshaiisen,  Weitmansberg,  Neidenfels,  die  zwen  muU 
1er,  Belgental.  Gackstadt  hat  mich  mit  allem  am  grofsten 
angriffen  an  kom,  dinkel  und  hausrat. 

Gleichzeitiger  Vermerk:  Anheuser  Scheden  in  der  peurischen 

aufrur. 

Neuerer  Vermerk:  Wie  das  closter  im  pauc  in  krieg  1525 

geplündert  und  durch  wen  es  geschehen. 

Diese  Schadenspezifikation  ist  uns  in  mehreren  (drei) 
Exemplaren  erhrilten,  die  nntcrcinrtnder  nur  hei  einigen  Posten, 
deren  Wertangabe  aliL'rtiinL'><  Wcch'utend  versrlnedeu  ist,  und  in 
der  Aufeinanderfolge  von  einander  abweichen. 

Dem  gegebenen  Texte  ist  die  späteste  dieser  Aufstel- 
lungen  zn  Grunde  irolcL^t,  welche    sich   im    kgl.  Kreisarchiv 

Nürnberg  befindet  und  die  iiezeichnung  S.  12.  tragt. 

Die  beiden  anderen  Exemplare  finden  sich  in  Tom  VUX 
der  Ansbacher  Serie  der  Bauernkriegsakten  und  zwar  das  ältere 

fol.    585  ff. 
Es  be^Mnnt: 

Item  am  t;i^  J'hilii)i  und  Jarobi  [1.  Mail  haben  die  nach- 
gcschriben  tyrannischen  iKiurcn,  zum  tuii  \ cr/aiclicnt,  disen 
schaden  an  dem  closter  Anhausen  merdisch,  diebisch,  un- 
bewaret  bei  tag  und  nacht  begangen,  wie  von  jtem  zu  jtem 
begriffen  und  an  gelt  angeschlagen,  was  iglichs  wert  und 
erkauft  worden  mit  vil  mererm  schaden  unangeschriben  etc. 
anno  etc.  im  xxvten  gescheen. 

Die  nun  folgende  Auf/äldunu  differiert  bei  folgenden  Posten: 

Statt  350  fl.    für  die   Kirchenfenster  etf.   hat  sie  400,  da- 

gegen  fUr  den  Bau  der   Kirche   nur   800  statt  1600;  für 


')  Rodt  ■=  Rot  a.  See;  Scii;uinbach  —  ScliciiiV);ioh ;  ('upeln  —  Ma- 
rienkapell; WeslgerishauscD  ^  Wetschi^ershaiisen.  Üb  mit  dem  zweiten  ^b.stlau 
rielldcbt  Mistlaa  an  der  Laaben  gemeint  oder  ob  e»  wie  bei  anders  Orten 
aar  Wiederholnng? 

7* 


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—    100  — 


Bücher  statt  200  nur  100  fl.  Für  die  Fenster  etc.  in  des 
Priors  Stube  rechnet  sie  200  statt  150  fl. ;  für  d.is  Zinn- 
^'csrhirr  etc.  30  statt  40;  für  die  Oefen  '^O  <;t:itt  70;  t'ur 
das  Schmiedezeug  24  statt  32;  für  das  Mclil  im  Backliaus 
23  statt  30  fl.;  für  die  aus  den  ahjrelasscncn  Weihern 
gestulilcnen  Fische  nur  50  statt  100  fl.  Kinc  grofse  DilVc- 
rerenz  ergii)t  sich  bei  den  Baukosten  für  das  Conventhaus 
und  die  anderen  Oebäulichkeiten,  2000  fl.  gegen  3000  fl. 
der  spätesten  Aufstellung. 

Der  Scliluls  tler  Reeliuung  lautet: 

Sorna  somarum  pro  totale  farit  5638  guldin  und  <^0 
guldin  /erung  zu  Krailshaim.  so  sio  nieh  (?]  einbracht,  sider 
das  <  loster  verbrant  worden,  vvolit  ich  wol  erspart  haben 
mit  den  meinen. 
Der  Text  geht  nun  mit:  Item  der  schefer  zum  VValtmers- 
berg  ....  etc.  fast  gleichlautend  mit  den  anderen  Hand- 
Schriften  weiter. 

Das  Schlufsresultat  dieser  Berechnung  ist  jedoch  falsch, 

ebenso  wie  in  dem  vorne  gegebenen  Texte.  Es  mufs  statt 
5658  fl.  heifsen  5588  fl.  und  60  fl.  far  Zehrung.  also  als  Haupt- 
summe 5648  fl. 

Die  zweite  etwas  spätere  Aufstellung  findet  sich,  wie  i^e- 
sagt»  ebenfalK  in  Tom  YIIl  und  /war  fol.  38Q  fl".  Sie  beginnt: 
Verzaichnus  der  paaren  und  irer  hnndlunij  bei  tag  und 
nacht  an  Anluiu.sen  began-en  mit  braut,  rauberei,  etc.  am 
tag  i'liihpi  und  Jacobi  [1.  Maij  geschccn,  wie  nachvolgt. 
und  stimmt  mit  der  vorigen  bis  auf  den  Schluis  Uberein.  Die- 
ser lautet: 

Item  130  guldin  hab  ich  und  mein  conventherr,  her  zu 
Krailshaim,  verzert,  ane  was  noch  wurdet,  das  ich  mit  mei- 
ner haushaltung  wohl  erspart  wolt  haben,  ane  was  ich  da- 
runter  verritten. 

S(mima  [der  letzten  Posten]  299  fl.    Somma  sommarum 

pro  totale  facit:  5718  guldin. 

Item  40  guldin  für  die  orgel  im  chur. 
Das  gibt  also  als  Hauptsummc  5758  fl. 

V. 

Bericht  des  markgrtifischen  Gesandten  an  den  DinkelsbiüiUr  Haufen  (2,  Mai), 

Durcbleuchtiger,  hochgcporner  fürst,  gnediger  herl  E. 

f,  gn.  sind  unser  untertenig,  schuldig,  willig  dienst  in  aller 
unterthenigkait  mit  höchsten  vleis  ganz  gehorsamlich  zuvor. 
Gnediger  fürst  und  herl  Als  wir  montags  Walpurgis  von 
Feuchtwang  zu  morgens  frue  auf  die  vcrglcitung  ausgerieten 


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—    101    —  :  . 

sein,  in  meinung  zu  den  hau])tleutcn  und  häufen  zu  Klwan- 
gen  [/u  ziehen],  do  sind  etlich  glaubhaftig  person,  die  ain 
gruntlirhs  wissens  des  glaits,  so  uns  von  den  hauptleuten 
zugeschickt,  uiitciweg  zu  uns  komcn.  anzaipinp:  thon,  wie 
wir  vc»ri:eltlich  reiten;  dann  die  iKiu|>tleiit  und  der  häuf  zu 
P'.lw anucn  sei  bei  nechthcher  weil  autgcstanden  und  /u  dem 
iJinkclspuelem  hänfen  '^ezotren,  de«;  sie  gut  wissen«;  traL;cn. 
[Waren  wir]  also  gerieten,  das  wir  uit  weiter  dan  ain  nieil 
Wegs  gein  Elwangen  gehapt  und  auf  solche  gruntliche  Un- 
terricht haben  wir  uns  mitsamt  hem  Hans  ....  Absperg^) 
gewendt  und  ufs  nechst  zu  dem  lager  .  .  .*)  Dinkelspuel 
gerieten.  Als  wir  zu  inen  in  das  here  komen  sind,  haben 
wir  uns  ange/aict,  haben  sie  uns  von  stundan  durch  ir 
verordenten  in  das  leger  gefurt,  doselbst  uns  erstlicli  alle 
ere  erzaigt,  doneben  uns  zu  erkennen  geben,  wie  das  die 
obersten  hauptleut  nit  vorhanden  sind,  und  haben  wir  also 
von  zehen  hera  an  bis  auf  die  sechsten  stund  nach  mitten 
tag  ir  gewart.  Was  uns  aber  in  derseibigen  zeit  von  un- 
endlichen leuten  begegnet  ist,  wollen  wir  zu  seiner  zeit 
solchs  e.  f.  gn.  auch  anzaigen.  Und  alspald  die  hauptleut 
kommen  sind,  haben  sie  uns  gutwilliglich  verhört  und  e.  f. 
gn.  erbitten  als  von  ainem  cristlichen  fursten,  nachvolgens 
der  loblichen  ritterschaft  auch  steten  und  landschaften  sich 
hochbedankt  und  auf  unser  Werbung  dise  antwort  geben 
und  uns  widerum  auf  heut  dato  von  zehen  hören  für  sie 
beschieden,  das  wir  also  zugesagt  haben.  Dem  gedenken 
wir  folt;  ze  thon  und  thon  c.  f.  gn.  hiemit  zu  wissen,  das 
der  ganz  häuf  ob  vier  tausend  stark  ungeverlich  sind,  aber 
stets  zeugt  man  zu,  Soh  hs  haben  wir  e.  f.  gn.  zu  unter- 
thenigem  gefallen  nit  wollen  pergen  und  thon  uns  hiemit 
e.  f.  gn.  als  unserm  gn,  hm.  bevelen. 

Datum  Feucht  Wang  am  dinstag  nach  VValpurgis  [2.  Mai] 
anno  etc.  xxvten. 

e.  f.  gn.  unterthenig 

Thoma  Khuedorfer  und  Eucarius  Zobel  mitsamt  den  zweien 
gesandten.  [Den  von  der  Landschaft  Abgeordneten]. 

Adresse:  Dem  durchlauchtigen  hochgebomen  fursten  und  hem, 
hern  Casimim,  marggrave  zu  Brandenburg  etc.;  unserm 
gnedigen  hern, 

Vermerk:  Kuedorfer,  was  ine  unterwegen  zu  dem  häufen  paurn 
bei  Elwang  begegnet  sei. 

Dieses  Schreiben,  Original,  etwas  defekt,  findet  sich  Ans- 
bacher  Bauemkriegsakten  Tom  I,  fol.  143. 

'j  Oefekle  Stelle,  es  hti&t  wohl  »Hans  von  SchwalwpcTg.« 
*)  I»t  «twa  »bei«  oder  «vor«  su  ergänsen. 


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•       ••••     •  •  • 

»  ••••••  • 

VI. 

Brief  des  Gesandte  an  dm  oöigm  Hnu/m. 

Den  gestrengen,  cdeln,  vesten,  erbern  und  besondera 
haubtleuten  und  verordneten  rethen  des  versammelten  hau- 
Ten  der  zeit  bei  Dinkelspuhel,  unsern  lieben  freunden  und 
gueten  günnern. 

Unser  freuntlich  dinst  und  gueten  willen  zuvor.  Lieben 
freunt  und  gueten  gönner!  Nachdem  wir  bede  nt-hen  andern 
von  nnserm  gn  hcrn  marirgraf  Casimirn  etc.,  seiner  f.  gn. 
ritterschaft  und  landschaft  mit  Werbung  an  euch  verunlnet 
wuiden  sein  und  derhalb  eur  antwurt  zu  Feu<~iitwang  gewart, 
die  ir  uns  in  ainer  verschlossen  schrill  zugesandt,  die  wir 
auch  fuitcr  ungeolTent  genantem  unserm  gn.  hrn.  uberschickt 
und  derhalb  weiters  beschaids  m  Feuchtwang  gewart.  Die- 
weil  uns  aber  sein  f.  gn.  daselbsthin  geschriben,  das  euch 
sein  f.  gn.  uf  solch  eur  gegebene  antwurt  widerum  ain 
Schrift  gethon,  haben  wir  uns  daselbsten  erhebt  und  aller- 
erst uf  heut  dato  personlich  zu  mein  f.  gn.  kernen  und  sein 
f.  gn.  underricht,  das  ir  neben  eur  gegeben  schriftlich  ant- 
wurt  euch  vil  unterlhenigs  gnets  willens  t,^egon  sein  f.  gn. 
erboten  und  euc  h  sonderlich  vernemen  lassen  habt,  'das  ir 
sein  f.  gn.  seibs  und  etlich  [s.  f.  gn.  reth]  in  soliclien  Sa- 
chen zu  unverpuntlit  hcn  guthchen  unterhandlern  und  mitlern 
leiden  mochtet  und  das  wir  sein  f.  gn.  soliclis  anzeigen 
sollten.  Wiewol  ir  nun  ungezweivelt  aus  seiner  f.  gn.  wider- 
schrift  genuglich  vermerkt,  das  sein  f.  gn.  nit  anders  gemuts 
noch  willens  ist,  dann  sich  als  ain  cristlicher  loblicher  fürst 
gegen  aller  seiner  f.  gn.  unterthonen  und  euch  zehalten, 
so  hat  sich  sein  f.  gn.  uf  obgemelt  unser  anzeigen  gegen 
uns  vernemen  lassen,  damit  an  allen  christlichen  und  biU 
Ilgen  dingen  an  seinen  gn.  kein  mangel  gespurt  werde,  so 
sei  sein  f.  gn  nit  zugegen,  [<\c  -}  sonder  mog  leiden,  das  ir 
n.  person  aus  euch  uf  aini  n  nemliehen,  bestimblen  tag  gein 
N.  oder  N.  verordnet,  dcigleii  lien  woU  sein  f.  gn.  uf  cur 
versi(  herung  auch  etlich  aus  seinen  f.  gn.  rcten  dazu  be- 
schaiden,  eur  fiusleg  gemclter  Sachen  iiali)  weiter  zu  ver- 
nemen und  dagegen,  was  cristlich,  erbar  und  gut  ist,  euch 
auch  nit  zu  verhalten.  Und  was  dann  nachmals  durch  soliche 
seiner  gn.  verordnete  ret  und  eur  gesandte  an  sein  f.  gn. 
gelang,  darinnen  woU  sich  sein  f.  gn.  dermafsen  vernemen 
lassen,  daraus  meniglich  vermerken  mog,  das  sein  f.  gn.  zu 
allem  dem,  das  cristlich,  erbar,  loblich  und  billig  ist,  ge- 
willt und  genaigt  sei,  doch  das  mitler  zeit  seinen  gn.  auch 
derselben  unterth  on  und  verwanten,  das  ir  und  die  iren 
vou  euch  unbedraogt  und  unbeschedigt  bleiben,  wollten  wir 


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—    103  — 


euch  ttf  soliche  beschcene  Handlung  und  eur  gethone  fursleg 
un<?ernhalben  freuntlichcr  und  gueter  mainuntr  nit  verhalten, 
und  was  dorauf  cur  will  und  mainung,  des  gewartcn  wir 
eur  srhriitlichcn  antwurt  bei  disem  boten,  die  wir  furter 
an  genantt'ri  unscrn  gn.  hrn.  mit  besten  fugen  gelangen  lassen 
wollen,  und  was  wir  furderu,  heUea  und  raten  kouen,  das 
zu  cristlichem  und  gutem  friden  dinstlich  sein  mag,  darinnen 
wollen  wir  kainen  möglichen  fleis  spam. 
Datum  fehlt. 

Thoman  von  Kuedorf,  amtman  zu  Than  und  Eucharius 
Zobel  zu  Ramsdorf 
Dieses  Schreiben,  Konzept,  findet  sich  Ansbacher  Bauern- 
kriegsakten  Tom  II.  175. 

VII. 

BeJtM  Markgraf  Casimirs  an  Anroch,  »die  ehalten  und  kntcht*  in 

Pfiicht  nt  nehmen. 

Lieben  getreuen  I  Wiewol  uns  nit  zweivelt,  das  sich  alle 
unsere  burger  hie  zu  Onolzbach  als  frumm,  cristlich  und 
eerliebend  unterthonen  bei  uns  crzaigen  nnd  holten  werden, 
so  bedenken  wir  doch,  das  in  diesen  geschwinden  gefer- 
lichen  leufen  zimUch  und  billich  sei,  das  nit  allain  die  ver- 
pflichten purger,  sonder  rin»  Ii  ire  gebrotte  diener  und  eehol- 
ten  (die  gleicherweifs  für  burger  gerechnet  werden),  das 
best  und  getrcuest  in  unser  und  gmnainer  stat  obligend 
bei  uns  thun,  wie  wir  auch  hinwiederum  gegen  inen  ze  thun 
genaigt  sind. 

Und  demnach  bevelhen  wir  euch  allen  und  iglichen  be- 
sonder bei  den  pflichten,  damit  ein  iglicher  uns  und  gemai- 
ner  stat  verwant  ist,  das  ein  jeder  seine  knecht,  diener  und 
eholten  ime  zu  stundan  an  aids  stat  mit  handgebenden  treuen 
geloben  lassen  [soll],  das  er,  so  lang  er  sein  pfleglich  an- 
wesen  in  diser  stat  hoben  werd,  uns  getreu  und  gewertig 
sein,  unser  bestes  furdern,  schaden  und  nachtail  warncmen, 
auch  was  zu  aufrur  oder  unainikait  rairhen  möge,  dassclbig 
seins  bestens  Vermögens  furkoiuen  oder  so  er  es  für  sich 
selbs  allain  nit  furkonien  kont,  uns  oder  euch,  dem  vogt, 
burgermaister  und  rath  anzaigen  woil,  alles  getreulieli  und 
ungeverlich.  Verlassen  wir  uns  also  zu  gescheen  gcnzlich 
zu  euch  zesamt  dem,  das  es  auch  euch  und  ge mainer  stat 
als  wol  als  uns  zu  eren  und  guten  raicht,  gnediglich  gegen 
euch  zu  erkennen. 

Datum  Onolzbach  freitags  nach  Walpurgis  anno  etc.  xxv. 

[5.  Mai]. 

Adresse:  An  rastner,  vogt,  burgermaister,  rath  und  gemaind 
zu  Onolzbach. 


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—    104  — 


Vermerk:    Wie  den  von   Onol/hach  bevolhen  ist,  ire  ehalten 

und  kriecht  auch  in  pflicht  ze  nenien. 

Dieses  Schreiben,  Konzept,  findet  sich  in  den  Ansbacher 
Bauernkriegsakten  Tom  I.  t'ol.  374. 

VIII. 

^Orditutig  unc  dm  schloß  und  die  stat  lOnvlsbaih]  in  meines  gn.  hm. 
marggraven  Casimirs  abwesen  versehen  werden  soll.*  Alm'?] 

Krstlirh  sollen  und  wollen  bed  mein  L^nedit;  licrrn  marg- 
graf  b^hann  Albrecht  und  marggraf  Wilhelm  tai;  und  nacht 
im  s<  hlos  sein  und  alle  irer  gnaden  edclleiit  und  diencr 
auiscrhalb  der,  so  der  pferd  warten  müssen,  mit  iren  werben 
und  harnasch  bei  inen  hoben. 

Darzu  sollen  im  schlos  zu  nachten  liegen: 
Karl  von  Hefspurg,  hofmeister. 
hr.  Hans  Truchses,  ritter,  hotmeister, 
hr.  Apel  von  Seck'endorf],  ritter, 
Cristof  von  Wuhncishausen, 
Doctor  Cristof  Herwart, 
Doctor  Valentin  Kiefer, 
Cristof  von  Hausen, 
Hans  von  Rewitz, 
N.  von  Zeim 

mit  allen  iren  knechten,  die  sie  bei  sich  hoben,  auch  all 
melns  gn.  hm.  mgf.  Albrechts,  hertsogs  in  Preusen  edeU 
leuten  und  knechten,  sovil  der  hie  sind  und  der  pferd 
nit  warten  bederfen.    Und  aus  obgemelten  vom  adei  und 

doctorn  soll  alhvegen  ainer  vor  mitternacht  und  ainer  nach 
mitternarht  auf  der  mauern  neben  andern  wechtern  wachen, 
uf  welche  das  los  jedesmal  knint,  getreulich  und  ungeverlich. 

Item  dazu  soll  allen  schneidern,  silbercamerern,  keinem 
und  kueheu  angesagt  werden,  auch  alle  nachtz  iin  schlos 
zu  ligen  und  sich  nach  der  herrn  und  reth  beschaid  zc 
holten. 

Item  neben  den  allen  soll  von  anderm  hofgesind  oder 
knechten,  so  im  schlos  ligen,  alle  nacht  neben  den  andern 
ordenlichen  wechtern  noch  vier  wachen,  nemlich  zwen  vor 
mitternacht  und  zwen  danach,  auch  nach  dem  los,  wie 

obsteet. 

Item  da/.u  sollen  tags  und  nachts  zween  neben  dem 
schlosthurner  uf  demselben  thurn  sein,  der  lueli  alhvegen 
des  nachts  ainer  vor  mitternacht  und  danach  ainer  wachen 
soll. 


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—    105  — 


Item  der  Welts,  seuginaister,  sull  an  ain  igliche  zinnen 

auf  die  mauer  verordnen  ein  t^olnden  hackenpurhsen  und 
darzu  iifitturftig  kugeln,  buUer  und  zochen,  damit  man  so- 
licii  piu  hsi'ii  zur  noudurft  weiter  laden  und  zur  wehre  ge- 
brauchen nu)g,  es  sei  ta^  oder  nacht. 

Item  gemclter  zeugniaistcr  sull  tag  und  nacht  im  srhlos 
sein  oder  zum  wenigsten  des  tags  im  zeughaus  und  die 
nacht  gewifslicb  im  schlos  und  nit  weiter  geen,  damit  man 
ine  allw  t^g  zur  notturft  finden  und  gebrauchen  mog. 

Item  dazu  soll  man  auch  etlich  burger  oder  knecht  ver> 
ordnen,  die  mit  den  hacken  und  andern  buchsen  schiefsen 
können  und  sonderlich  des  nachts  im  schlos  Ugen:  auch 
ainem  iglichen  angezeigt  werden,  an  welichen  ort  er  uf  das 
gescbutz  zur  notturft  warten  soll,  es  sei  tags  oder  nachts. 

Ordnung  in  der  stot: 

her  Veit  von  Lentershaim,  ritter, 

Doctor  Offner,  canzler, 

doctor  Koel  [v.  Krel??], 

Albrecht  Galling, 

Bernhart  von  Luchaw, 

Fritz  Steiner 

sambt  Hans  von  Rockingen,  fufsknechthaul  tir  m,  sollen  mit- 
samt den  verordenten  kriegsknerlitcn  und  aiuit-rn  hofgesind, 
so  in  der  stot  ist,  tags  und  nachts  in  der  stot  sein. 

Und  wan  sich  tags  oder  nadits  ein  auflauf  bcirüit,  es  sei 
fenrs  oder  anders  ge«;rhrais  halben,  sollen  die  alle  mit  iren 
harnasch  und  werben  auf  hern  Veiten  von  Lentersheim,  rit- 
ters,  bcschaid  warten  und  sich  jedesmal  vor  dem  schlos 
versameln. 

Item  so  sollen  alle  burger  und  pfaftcn,  wann  sich  tags 
oder  nachts  reurs  oder  ander  sach  halben  ein  geschrai 
begibt,  auf  dem  platz  zusammenkumen  und  Albrechten 
Gallings  beschaids  gewarten. 

Und  damit  die  stat  tags  und  nachts  dest  pas  verwart 
werd,  so  sollen  auch  die  burger  uf  iren  kirchturn  zu  dem 
thurner  noch  zwen  man  verordnen,  die  tags  und  nachts 
wachen,  und  sonderlich  allwegen  ainer  vor  mitternacht  und 
ainer  dannach. 

Item  so  soll  sich  auch  her  Veit  von  Lentershaim,  ritter, 
mit  dem  vogt,  den  bürgern  (?)  und  [dem]  fursknechthaubt- 
man  unterreden  und  verainigen,  wie  die  sach  auf  den  an- 
dern thurnen,  raeuern  und  den  thoren  und  auf  den  plet/.en 
tags  und  nachts  zum  besten  geordnet  und  bestellt  werden 
sollen. 


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—    106  — 


Und  was  weiter  die  notturft  erfordert,  das  soll  her  Veit 
auch  verordnen,  auch  soHch  alles  einem  iglichen  und  zu- 
vorderst hcint  allem  hofgesiiid  angesagt  werden. 

Vermerk :  Ordnung,  wie  das  schlofs  und  die  statt  Onolzbach  be- 
wacht werden  solle.« 

Diese  Ordnung,  Konzept,  findet  sich  Ansbacher  Serie  der 
Bauernkriegsakten  Tom  I.  fol.  3  7  2.  Doch  ist  es  nicht  ganz 
sicher,  ob  sie  sich  auf  die  erste  oder  spätiM-c  Alnvesenheit  Mark- 
graf Casimirs  bezieht.  Für  die  letztere  Meimuig  scheint  der 
Umstand  zu  sprechen,  dafs  in  der  Ordnung  bereits  der  Edel- 
leute  Herzog  Albrechts  von  Preufsen  gedacht  wird,  der  erst  un- 
ter dem  27.  April,  A.  S.  T.  I.  114,  seine  Hülfe  verspricht. 
Andererseits  jedoch  läfst  Markgraf  Casimir  am  5.  Mai  alle  »ge« 
brotcn  dienert  und  Ehehalten  in  Ansbach  vereidigen,  und  ist 
es  immerhin  nicht  unmöglich,  dafs  damals  bereits  ein  Teil  der 
Hülfe  eingetroffen,  »sovil  der  hie  sind«,  und  die  Ordnung  vor 
der  ersten  Abwesenheit  entworfen  ist.    Vergleiche  Beilage  VIX. 


IX. 

)gmf  Casimir  seigt  seinen  RtiU/i  den  Afarsch  auf  Gunstenhausen  an, 

(6.  Mai.) 

Cäsimir,  von  gottes  gnaden  etc.  marggrave  su  Branden« 
bürg  etc. 

Unsem  gunstlichen  grus  zuvor.  Lieben  getreuen!  Wir 
haben  eur  schreiben  uns  bei  diesem  eurm  gesanten  zuge- 
schickt vernomen  und  nachdem  wir,  wie  ir  wifst,  willens 

gewest  sind,  gein  Wassertruhedingen  zu  ziehen  und  uns  aber 
graf  Ludwig  von  Oettingen  und  andere  underwegen  zukomen 

sind,  die  uns  so\  il  hiorirht  haben,  das  niemant  von  ainichen 
pauren  zu  ^\'asscrtruhendingen  oder  dortKclbstnm  liefen  oder 
sein;  demnacli  haben  wir  furgcnoincn,  hichcr  i^ciii  Mi'rkcn- 
dorf  zu  ziehen  und  als  wir  hieher  komen  sind,  haben  wir 
dcnsi-lben  flecken  iMirkendorf  aispald  in  unser  hand  zu  ver- 
ptlichtigung  und  zu  huldigen  angenomen  als  ander  unser 
underthan,  das  wir  als  der  landesfurst  ir  gnediger  berr  sein 
wöUen  etc. 

Wie  es  aber  sunst  allenthalben  weiter  ein  gestalt  hat, 
wissen  wir  euch  noch  zur  zeit  nicht  grfintlich  zu  schreiben. 

Darum  so  ir  uns  was  weiter  schreiben  oder  zuschicken 
wollt,  so  wollen  wir  mit  der  hilf  gots  heint  also  hie  ver- 
liarren,  tlas  wollten  wir  euch  uf  eur  schreiben  und  im  pesten 
unangezaigt  nit  lassen, 

Datum  Mirkendorf  am  samstag  nach  Misericordias  domini 
anno  ete.  25.    [6.  Mai]. 


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—    107  — 


Adresse :    Den  edeln  unsern  lieben  und  getreuen  hofmaistern, 

stathaltern  und  rethen  zu  Onolzbach. 
Es  trägt  das  Schreiben  folgenden  Vermerk: 

Mein  gn.  hr.  r>c!i reibt,  wie  es  sein  gn.  im  anzug  gangen, 
und  wes  sein  gn.  bericht  sei. 
Dasselbe,  Original,  findet  sich  in  der  Ansbacher  Serie  der 
Bauernkriegsakten  Tom  I.  fol.  179.     Zu  ihm  gehören  höchst 
wahrscheinlich  folgende  Zettel: 

Und  auf  Eucariussen  Zobels  Handlung  wollen  wir  euch; 
ob  got  will,  morgen  selbst  antwort  geben  und  uns  derhalben 
miteinander  underreden. 
Datum  ut  supra. 
findet  sich  A.  S.  T.  I.  172.  und: 

Auch  lassen  wir  euch  wissen,  das  uns  hernach  potschaft 
zukomen  ist,   das  die  von  VVassertruhendingen  angefallen 
ist  [1],  und  haben  die  pauem  heut  frue  eingelassen,  wollten 
wir  euch  auch  nit  verhalten. 
Datum  ut  supra. 
findet  sich  A.  S.  T.  I.  173. 

X. 

Sfkrdben  des  Markgmfm  an  die  RMe  von  GunsetiAausm  (7,  Mai), 

Casimir,  von  gots  gnaden  marggrave  zu  Braiulcnburi:  etc. 

Unsern  gunstlichen  grus  zuvor.  Lieben  getreuen  \  VVie- 
wol  wir  euch  heut  bei  unserm  trumetter  allerlai  zu  em- 
poten  haben,  nichz  destoweniger  geben  wir  euch  gnediger 
mainung  zu  erkennen,  das  die  von  Haidenhaim  heut  bei  uns 
sind  gewest  und  uns  angezaigt,  das  si  von  den  pauern  zum 
merern  mal  sind  gemant,  wo  si  als  gestern  samstags  [6.  Mai] 
nit  zu  ine  ziehen,  so  wollen  sie  zu  inen  komen  und  inen 
leib  und  guet  nemen  und  ufs  höchst  gebeten,  inen  zu  hilf 
etlich  raisig  und  fufsknecht  zu  schicken,  so  wollen  sie  thon 
als  from  leut  und  ir  leib  und  gut  darzn  setzen  und  bei  uns 
pleiben,  wo  wir  aber  das  nit  theten,  so  konnten  sie  sich 
in  kainen  weg  lenger  enthalten,  sunder  sie  müssen  von  stundan 
zu  inen  ziehen,  als  auch  darzu  andere  do  umliegende  dor- 
fer auch  thon  wurden,  also  das  die  pauern  wol  tausent  man 
sterker  wurden. 

Dadurch  sind  wir  bewegt,  unsern  weg  uf  heut  gein  Günzen- 
hausen genomen  und  bei  zwaihundert  pferden  und  vierhun- 
dert zu  fuefs  gegen  die  pauern  um  Haidenhalm,  oder  wo 
man  die  betreten  mag,  geschickt,  gegen  ine  zu  handeln,  was 
got  und  das  gluck  ireben  will;  so  pleiben  wir  henit  hie  zu 
Günzenhausen  in  der  stat,  den  pafs  zu  verwareu.   Es  haben 


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108  — 


auch  die  stat  Günzenhausen  fünfzig  man  mitgeschickt,  und 
die  von  Günzenhausen  halten  sicli  ganz  recht. 

Der  von  Wassertruhendingen  halben  haben  wir  heut  doc- 
tor  Jorgen  von  Streitberg  und  Ilerman  Hansen  Ochsenbach 
zu  ino  veronK  nt.  mit  ine  zu  li  i iidelii,  wie  wir  dann  solchs 
in  rath  funden  haben,  wie  wir  si  wider  zu  gehorsam  brin- 
gen imirhten. 

Und  diewei!  unser  hindscliait  uf  morgen  niontag  -'8.  Mai] 
gein  Onolzbach  komen  weiden,  if;t  unser  bevekh,  dieselbi- 
gen  gein  Eib  zuverordnen,  damit  sie  ein  pesser  leger  dann 
uf  dem  perg  zum  ivanimerforst  liaben ;  wollet  inen  auch 
genueglich  flaisch  und  brot  zuschicken,  damit  si  deshalben 
kainen  mangel  haben  und  darzu  bestellen,  das  man  inen 
um  Iren  pfening  von  Onolzbach  aus  oder  wo  euch  gut  be- 
dunk,  trank  und  lieferung  zuefUre. 

Und  nachdem  die  pauem  im  amt  Hoheneck,  auch  an  der 
Zenn  aufrurig  und  zusamen  ziehen  sollen,  ist  unser  bevelch, 
das  ir  sovil  möglich  eur  kuntschaft  über  si  bestellet  und 

ober  inen  lialtet,  was  ir  fumemen  sei,  wo  sie  hinziehen 
oder  ob  si  selbst  ein  häufen  machen  wöUen,  auch  wie  stark 

si  sein;  dann,  sopald  wir  liaimkomen  und  in  rath  finden, 
gegen  inen  furzunemen,  das  wir  dasselb  uf  furderlichst  thon 
mochten. 

Und  ob  wir  uf  morgen  montag  /n  nacht  nit  gein  Onolz- 
bach kommen  konnten,  so  wollet  niehtz  de>tweniger  mit 
der  landschaft,  welche  euch  für  gut  darzu  ansehen, 
ratschlagen,  wie  diesem  haudel  zu  begegnen  sei,  auch  was 
man  den  beden  liaufen  weiter  für  antwort  geben  soll,  und 
so  wir  anhaims  komen,  uns  euren  rath  und  gutbedunken 
eroffent,  weiter  unser  gemuet  darauf  zuvememen. 

Auch  ist  unser  bevelch,  das  ir  solch  unser  schreiben  un> 
sem  zweien  bruedem  auch  anzaigt  und  si  bede  allwegen 
[befragt],  wann  ir  uns  wider  schreiben  wollt,  [es]  in  irem 
namen  thut,  und  sonderlich,  wie  vor  angezaigt  ist,  wann  ir 
mit  der  landschaft  handeln  werdet,  das  ir  si  bede  gemelte 
unsere  brueder  zu  solcher  auch  geprauchen  wollet.  Das 
alles  wollten  wir  euch,  darnach  haben  ze  richten,  gnediger 
mainung  nit  verhalten, 

Datum  Günzenhausen  am  sonntag  Jubilate  [7.  Mai]  anno 
etc.  25. 

Adresse:   Unsern  Helsen,  getreuen  hofmaister,  stathalter  und 

reiben  zu  Onolzbach. 
Vermerk  (andere  Hand):    Mein  gn.  licr  marggraf  Casimir  etc. 
wegen  der  aulrurischen  paurn. 


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—    lOQ  — 


Das  Original  dieses  Schreibens  findet  sich  in  der  Ans- 
bacher Serie  der  Bauernkriegsakten  Tom  I.  fol.  187,  das  Kon- 
zept davon  ebenda  Tom  II.  254. 

Xa. 

Sekretion  der  Räte  an  Markgraf  Casimir  vom  gUicken  Datum. 

Gncdiger  iurst  und  hcrrl  Nachdem  cur  üirstlicli  gna<len 
heint  mit  irem  raisigen  zeug  stt  rofs  und  fufs  uf  Truhen- 
ding  gezogen  sind,  bedenken  wir  in  unterthenikait  als  die 
sorgveltigen,  wann  sich  die  versamlung  vor  Dinkelspühel 
untersteen  wolten,  eur  fürstlich  gnaden  ^  am  hemider- 
ziehen  zu  verhindern,  das  sie  dasRclbig  wohl  thun  [können]; 
dann  so  sie  eurn  f.  gn.  die  brücken  zu  Rieth  abwerfen  und 
sich  der  ende  um  Armbau*)  und  Herrieden  legem,  auch 
dadurch  eur  gnaden  stat  Günzenhausen  abfeilig  machen 
wurden,  konten  eur  fürstlich  gnaden  nit  über  die  Altmnl 
komen  und  weren  cur  furstUch  gnaden  jesset  der  Altniul 
wie  in  einem  sack;  dann  do  were  unscrtiialbcn  kain  ent- 
gegenziehe» oder  rettung.  Es  stund  alsdann  auch  wol  dar- 
auf, wann  der  häuf  vor  Dinkelspühel  recht  kriegsvolk  were, 
das  sie  sich  understeen  mochten,  den  nechsten  für  Onolz* 
bach  zu  rucken  in  willen  und  mainung,  do  alle  notturft  zu 
finden,  das  zaigen  wir  eurn  f.  gn.  allain  dämm  an,  das  sich 
eur  f.  gn.  in  dem  allem  zu  bedenken  wissen. 

Dapei  wollen  wir  auch  eurn  fürstlichen  gnaden  nit  ver- 
halten, das  eur  f.  gn.  knecht,  der  Herzog,  heut  zu  uns 
komen  ist  und  hat  uns  angezaigt,  diewcil  man  vom  bcrg  zu 
Wür/buru  in  die  stat  mit  ieur  und  anderm  schief«,  derhal- 
ben  die  slat  die  \ersamlunu  <ler  [»aurn  um  rettung  anf^e- 
sucht,  das  die  paurn  durcli  Kit/.ingen  wider  auf  Ochscnlurt 
gezogen  sein  und  duseibst  den  nechsten  für  unser  fraucn 
bcrg  zu  ziehen  [gedenken],  und  das  eur  gnaden  untcrthan 
zu  Kitzingen  den  vorzug  haben.  Item  das  auch  alle  eur 
gn.  dorfer  am  Main  wegig  sein,  und  er  aus  derselben  dor- 
fer ainem  mit  not  hab  entreiten  müssen,  daraus  nun  eur 
f.  gn.  ieichtlich  abnemen,  wefs  sich  eur  gnad  zu  den  ircn 
vertrösten  mögen,  wolten  wir  eurn  f.  gn.  in  unterthenikait 
nit  bergen  und  bevelhen  uns  damit  eurn  f.  gn.  als  unserm 
gnedii::en  herrn. 

Datum  am  sanistag  nach  Misericordias  domini  um  sibcu 
höre  vormittag  anno  etc.  25.  [6.  Mai]. 

Hofmaister  und  rethe  zu  Onokbach. 

*)  Ohrnbau,  dftmaU  Eichitädiiftch. 


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—    110  — 


Wohl  hiezu  gehöriger  Zettel: 

Gnediger  fürst  und  herr!  Ich  hofmaister  hab  gestern 
mein  weib  gein  Coimberg  geschickt,  etlich  geret  herein  ze 
füren,  als  ir  dann  die  paurn  im  ganzen  amt  Cohnberg  all 

weg  f^eloffen  und  den  negstcn  nf  Hagnau  zugezogen,  unsers 
Versehens,  furter  zum  liaufcn  gein  Franken  [/.u  ziehen  ,  und 
haben  dem  vogt  ain  hellcnbarten  an  lials  gi-set/.t  und  in 
genöt.  das  er  mit  in  hat  ziehen  muessen,  wollten  wir  eur 
f.  gn,  unaagczcigt  auch  nit  lassen. 
Datum  ut  supra. 

Adresse  des  Schreibens:  •  Unserni  gnedigen  fursten  und  herrn, 
marggrafen  Casimim  zu  Brandenburg. 

Darunter  »Cit<>-,  Citoc  und  der 

Vermerk  (andere  Hand):  Räthe  die  versamlttng  der  paum  vor 
Dinkelspüchel  betr. 
Dieses  Schreiben,  Original,  hildet  fol.  176  des  ersten  Toms 
der  Bauemknegsakten  Ansbacher  Serie,  der  Zettel  dagegen 
fol.  177. 

XT. 

„Schelknmenä/eim  anzeigen*'  was  die  Bauern  für  Fähnlem  gekaäi  kaben. 

Die  aus  der  stat  Oting  haben  ein  fentein  gehabt,  gron 
und  weifs  straim  versetzt  ;  dos  hat  Wolf  Nurmberger  von 
Olingen  getragen  und  ist  sein  muttet  banks  halben  graf 
Jochims  seligen  Schwester  gewest 

Item  ein  fenlein  roth  und  weifs  hat  Bartel  von  Rudel- 
stetten getrogen. 

Item  ein  fenlein  ist  komen  aus  dem  dorf  Wechingen, 
reisscn  sich  zwen  paum  um  ein  fladen ;  waifs  aber  Schellen* 
mendlein  nit,  wer  denselben  getrogen  hat. 

Item  die  von  Marktoffing,  Zcbing,  Aufkirch  haben  auch 
fenlein  da  gehabt,  hab  aber  der  fendrich  nit  kent,  so  sei 
im  die  farl)  und  das  gemel  an  den  feinlein  abgefaUen. 

Item  die  grafcu  von  ütingcn  haben  ein  paurn  gestraft 
um  l  fl.,  sitzt  zu  Hainsfart,  haist  der  jung  Wagenhans,  der 
hat  im  ein  aigens  fenlein  machen  lassen»  waist  aber  nit» 
was  es  für  ein  färb  het  gehabt. 

Und  sagt  Schellenmendlein  sehis  bedunkens,  so  haben 
die  von  Deining  das  fenlein  mit  dem  crucifix  gehabt,  und 
wann  es  mein  gn.  hr.  gern  haben  will,  so  vermaint  er,  [erj 
wolt  die  fenlich  all  erfarn,  desgleichen  die  fendrich. 
Bezeichnet :  SrheüemendleinF;  anzaigen,  sovil  im  Wissens,  was  die 
paurn  für  fenlein  gehabt  haben. 
Diese  Aussage  des  Wassertrudiitgers  Hans  Bener  [v.  i'cner) 
genannt  »Schellenmendlein  "  steht  Ansbacher  Serie  der  Bauern- 
kriegsakten Tom  Iii.  IUI.  jV. 

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—   III  — 

XIL 

Schadenspecißkatiün  des  Khsters  Auhausen. 

Der  s«  IkuI  und  mutwillig  frevel,  so  die  treulosen  banren 
zu  Ahausen  geübt  haben  sabatho  et  dominica  vocem  jocundita- 
tis*)  ^siclj  anno  [etc.]  25. 

Item  im  chor  zwei  kostliche  gestul  zersrhlaL;en  zu 
trumern;  ein  vergult  gittcr  vor  dem  sacramciit,  ein 
köstlich  gitter  vor  dem  heiligen  grab  zerisscn;  orgel, 
bilder,  crucifix,  alles  zerschlagen. 
350  fl.  mefsgewand,  ornat,  corporal,  verguld  kertzen,  vil 
messiger  leuchter,  altarducher,  furheng,  altarstein  und 
vil  ander  gotteszier  geraubt,  ob  350  fl.  gekost. 

Item  grofs  kostlich  tafeln  auf  den  altern,  nemlich  7. 
700  fl.    ob  700  fl.  gekost.    Mer  7  mettel  tafeln,  7  crucifix,  vil 
]MlrIer  nuf  pfosten  und  cateien^),  alles  zu  flecken  er- 
schlagen. 

Bei  7  schöner  kleiner  defelein  mit  heilthum  und 
köstlichem  gcniol  des  heiliggrab,  die  urstend.    Vil  kost- 

600  fl.  lieber  gemalter  duchlein,  den  predigstul,  des  alten  hern 
grabstein,  alles  erschlagen  und  geraubt,  des  alles  ob- 
geschriben  600  fl. 

500  fl.  Item  bei  40  grofse  fenster  mit  geschmelztem  glas 
im  chor,  kirchencapitel,  creuzgang,  iiberei,  sacristei, 
capein,  schlafliaus,  welche  mit  500  (1.  nicht  erzeugt  sein 
werden-,  dan  etliche  10,  etlich  15,  etlich  20  fl.  ge> 
standen  haben. 

200  fl.  Item  metle  fenster  üb  74  mit  geschmelzwerk  im  re- 
fent^),  in  der  neuen  und  alten  abtei,  6  stuhen  und 
Sülern,  haben  mitsammt  den  rann-n  ob  200  II.  gestanden. 

lOO  fl.  Itein  ob  83  claine  fenster  auf  dem  se.lilai'haus,  libe- 
rei,  gewelwen,  in  celen  und  kamern  und  in  allen  ge- 
machen wol  verglast;  sein  mit  100  fl.  nit  gemacht 
worden. 

300  fl.  Item  gesankbucher,  geschribne  pirmente'^)  und  ge- 
drückte mefsbücher,  gradual,  antiphonari,  zwen  neuer 
kostlicher  gcschribner  und  illuminirter  pirmentcr  psal- 
ter  und  vil  andere  pirmente  mettenbucher,  mochten 
mit  300  fl.  nit  also  geschriben  und  erzeugt  werden. 


')  Muls  natürhch  Jubilate  heifsen,  wie  andere  Abschriften  desselben 
Aktes  richtig  haben. 

')  catelen  =  ▼ielleicht  comimpteit  aus  „Capitalen";  hier  etwa  gleich 
mit  Consolen. 

*)  refent  -=  revenier  —  Remter,  Speises.ial  der  Mönche. 
*)  pirmente  •=  pergamentene. 


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—    112  — 


1500  fl.  Item  ein  kostliche  liberei  ob  1200  buchern  in  allen 
faculteten,  welche  den  dechant  seligen  von  Eistat  und 

und  mich  furwar  o!)  1500  fl.  gestanden  haben. 

D[ic]  teufelskindcr  haben  den  merer  teil  zerrissen, 

zerhauen,  verinx'iit  und  in  die  priinen  li^ewnrfen.  (iot 
erhartnsl  Judica  dominc  et  noh  tardare  in  saeculum 
alterum ! 

Item  etlich  und  hundert  alle  fast  neu  thuren  mit  vil 
guten  schlössen  und  paiidcn,  alles  erschlagen,  zerrissen, 
schlofs  und  band  geraubt  und  gestolen,  wie  man  sagt. 

150  fl.    So  sein  üb  lü  ganz,  thur  nit  mer  in  dem  Cluster  ^  ob 
150  fl,  gekost. 

Item  diser  obgeschribner  und  erzelt  sched  hat  den 
deufelskindern  wenig  nutz  geben,  es  sei  dan  mit  blei, 
eisen  und  schlössen,  sunder  es  aus  des  teufels  gespenst^) 
geübt  worden 

Was  hernach  volgt  hat  den 
dreulosen  buben  nutz  ertragen: 

150  fl.  Item  ob  30  gerichter  petstat  mit  petten,  deckpetten, 
leiiach,  pfulben,  küssen,  debichen  bei  10  und  ander 
vil  decken  ob  150  fl.  wert. 

200  fl.  (sie)  Item  im  convent  petgewand  und  kleider  auch  con* 
ventz  hausrat,  Schreiner-  und  pindzeuch,  prenzeuch  et 
alia  infinita,  ISO  fl.  wert. 

200  fl.  Item  ob  50  truhen  und  beheitern,  zwu  eisne  truhen 
in  der  sacristei  und  aptei,  3  grofs  beheiter,  alles  mit 
200  guldin  nit  erzeugt;  hat  der  ein  beheiter  ob  30 
guldin  kost. 

100  fl.  Item  32  grofse  puldret  in  der  liberei  mit  ketten  und 
schlössen,^  haben  bei  100  guldin  gestanden  und  die 
band,  ketten  und  schlofs  alles  geraubt  und  erschlagen. 

1000  fl.  Item  wein,  korn,  habern,  dinkel,  gersten,  mel  und 
ander  vorrat  als  fleisch,  visch,  sehmalz  und  salz  und 
ander  kuchenspeis  etc.,  vil  mer  dan  dausent  guldin 
wert. 

300  fl.  Ttcm  aller  hausrat,  gemalt  disch,  steine  disi  h,  köst- 
lich ot'en,  sidel,  kandel,  sehussel,  delor,  vil  kc  ssi  1,  vil 
pfannen,  venedisch  gleser,  gisfessci,  disclitucher,  hand- 
tucher, vil  leinwat,  zugseiler,  ein  gezelt,  ketten  von  den 
prunnen,  5  schlagend  hör,  kuchengeschirr  etc.  sine 
numero,  ob  300  guldin  wert. 

')  »aus  des  Icnfcl^  geb])ensl«  verj^!    Schmtfüer  Kroniniann  II.  671. 

')  '32  grofse  |juidret  in  der  liberei  mit  kelten  und  schlössen«  sind 
wohl  Lesepulle  zum  Auflegen  der  datan  befesligten  •libri  catcnali*. 

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—    U3  — 


200  fl.       Item  pferd,  kue  bei  70  stucken,  ob  60  seil»  wegen, 

pflüg,  glockenseil  und  Ander  seilwerk,  heu,  stro,  unge- 
troschen  treid,  hauen  und  schaufei  mer  200  fl.  wert. 

Truding,  Ehingen,  Lentersheini,  alten  Druding, 
Röcking,  Geilsheini,  Schodach,  Oberniegersheim, 
Westheim,  Ahausen,  Lening,  Lochenbach,  Uainsrurt, 
Husiog,  Urschhcim,  Danpac  h.  Lcllenfeld: 

Marggrävisch, 

Ottngen«  Untennegersheim,  Dorastat,  Ebing: 

Otingisch. 

Oschtheira  —  Rechenpergisch. 
Kronheim:  Kronhaiin[isch]. 
Schu:  Rechenbergisch.  ^) 
Bei  10  tausend  man  angeschlagen  etc.  [etwa  waren  dabei]. 

Dieses  Schriftstück  trägt  folgende  Adresse: 

Den  gestrengen,  hochgelerten,  erbern  und  vesten  meins 
gnedlgen  herren  stathalter  und  reten  zu  Onoltzpach»  meinen 
lieben  herren  und  freunden. 

und  folgenden  Vermerk  von  anderer  Hand: 

Abt  von  Ahausen  bit  um  Schriften  an  diejhenen,  so  das 
closter  geplündert  und  beschedigt  haben,  widerkening  und 
abtrag  ze  thon. 

und  war  wohl  die  Einlage  (oder  die  Kopie  derselben)  in  dem 
Bittschreiben  des  Abts  Georg. 

Ein  anderes  Verzeichnis  der  Schäden  etc.,  das  das  erstere 
ergänzt,  findet  sich  in  dem  nämlichen  Akt,  es  beginnt  auf  Seite  77: 
Der  schade  und  mutwillig  frevel,  so  flit^  treulosen  bauern 
zu  Auhausen  geübt  haben  sabatho  et  dominica  Jubilate 

anno  1525. 

Auf  die  Aufzählung  des  lebenden  Inventars  folgt  in  letzte- 
rem noch: 

Item  schade  und  mutwillig  frevel,  welche  üben  nit  an- 
gezeigt, so  die  treulosen  bauern  zu  Auhausen  geübt  haben. 

Item  den  stock  in  der  kirchen  aufbrochen  und  etlich 
geld  darin  gefunden. 

Item  kelch,  glocken  auf  dem  schlafhaus,  vierzehen  chor* 
mentel,  fünf  epistelröck,  ein  kostlichen  dalmatig  rock. 

Item  scheübcn,  eimer  und  ketten  von  prünen,  sechs  ge- 
treidmefs  zerschlagen  und  verprent,  auch  vil  pritter,  leden 
und  prennholz. 

')  Die  hier  angegebenen  Dörfer,  die  nur  eine  sehr  lückenhafte  /u- 
laimneintclltini;  der  BeteiHgunj;  enehen  1afti«en,  sind  mit  den  vollutXndigeren 
Veneichniisen  Beilage  Xlll.  und  Beilage  XIV.  su  vergleichen. 

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—    U4  — 


Item  ob  fünfzig  eimer  biers,  ob  '/s  centnor  wachs,  ob 
zwen  centner  ools;  vil  setel  and  zäun  im  marstall  und  pau- 
hof,  24  lidcrc  cimor. 

Drei  kupferc  padscheüein,  eisen  werk  und  egen,  vier  und 
zweinzig  koppen,  vii  hUner  und  tauben;  spies,  armbruster, 
helmparten,  vier  hackenpttchsen  und  etlich  handpuchsen 
und  vil  hämisch  zu  zweinzig  man. 

Item  zwen  hirschen  und  drei  stttck  wilds  auch  zwen 
krenich. 

Item  triumph  des  keisers,')  [hat]  ob  20  gülden  kost. 

Item  das  heilig  hochwirdig  sacrament  mit  einem  silberin 
gevcfs  ganz  uncliristlirh  enteret;   wie   mixn   sa^t  darein  ge- 
hauen und  dasscll»ig  einer  dem  andern  zugeworfen,  welches 
audi  nuch  verloren  ist.') 
Trägt  die  Bezeichnungen:  Die  handUmg  mit  Ahausen. 

Der  bauern  unchristHch  frevel  und  schaden,  so  sie  am 
gotshaus  zu  Auhausen  wider  got  und  ire  pflicht  under  des 
fursten  fenlein  mifshandelt  haben. 

XIII. 

Veranchnis  der  bei  dem  Anhauser  Schaden  beteiligten  Orte. 

llngeverhclic  verzaichnus  der  iluri'er,  aus  den  leut  bei 
der  sehlacht  zu  Ostheim  und  beim  schaden  zu  Anhausen 
gewesen  sein*). 

Item  die  nachgeschribne  dorfer  und  weiler  iigen  in  un- 
sers  gnedigen  herrn  des  marggraven  etc.  hohen  obrikatt, 
in  welchen  die  graven  von  Oetingcn  etlich  hintersees  haben; 
dieselben  gravischen  wollen  weder  an  prandschatzung  oder 
schadengelt  nichtz  geben. 

Winsfeld,  Samenhani,  Au  bei  Günzenhausen,  Korstetten, 
Gnotzham  —  hat  ein  halsgericht.  was  in  ettern*)  begriffen 
wirt,  aber  sonst  aufserhalb  des  ettern  gehört  die  hohe 
Oberkail  unserm  gnedigen  herrn  zu^)  —  Obermegersham, 


')  Nach  Durers  Tnnin<>h  des  Kat&ers  Maximilian,  1  lolzsichnitl. 

*)  Nacli  der  Aussage  des  L»ndvogtknechtes  Caspar  Gnmp  hSiten 
»I.inl.i  Schnsier,  putc!  graoe  Karls  [r.  OettingenJ«,  und  »vSchinidi  Jorg«» 
hfiilc  v  on  M  luern,  i!as  »sacramenlsgcvrf'^  oder  monstranz  zu  Ah-iu-cn  hin- 
v,'cg  gestolcn  uud  ein  teil  zu  Werd  [Donauworth]  um  4  tl.  verkauft  einem 
g(>Idsdtmi<U.«  —  Auhatuer  Vertetchnis  Oetttnger  strafbarer  Bauern  von 
Montag  nach  Oculi  1529,  auf  cini^elcgtem  Zettel     Kreisarchiv  Nflrnberg. 

*>  Diese  Überschrift  ist  im  (Original  Vermerk. 

*(  clter  —  eter  Orlsmarkung,  Zaun,  Unu.aunung.  Lexer  Taschen- 
wörterbuch 43. 

Diese  7\vi,  hen  Striche  j^csctzteii  Beisäi««  liet  <len  einselnrn  Orlen 
sind  die  Margioalbemerkungen  des  Originals. 


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—     115  — 


Eicliach,  alten  Trühending,  Oberschweininjj;,  zwei  Würmbach, 
Schobdach,  (rrilshain,  Osthun,  Westhani,  Aurnham,  Hech- 
ling,  iluesiiii^,  Ursaui,  rrcndel,  Appeiipcrg,  Wernfcld. 
Vortermegersham,  Heinsfurt  —  seind  gehörig  ins  amt  Hoh- 
entroheding,  aber  die  graven  vermeinen  solchs  nit  nachzu- 
geben, welches  der  grösten  irrang  eine  ist  zwischen  unsern 
gn.  hem  und  den  graven  — »  Lemingen,  Pürnham,  Himerstal, 
Uersing,  Frankenhoven. 

Auf  ktrchen  —  aldo  ist  stock  und  galgen  unsers  gn.  hern, 
and  [der]  vogt  zu  Heidenham  samt  sechs  setner  schoepfen 
zu  Heidenham  und  sechs  von  Äufkirchen  haben  aldo  von 

wegen  unsers  gn,  hern  das  peinlich  recht  zu  besit/^en,  aber 
aufserhalb  des  ettem  hat  unser  gn.  her  alle  hohe  obrikait 
und  straf  — . 

Ruffenhoven,  Amelbruch,  Beuerberg,  Ehingen,  Rjicking, 
Grub. 

Dise  flecken  liegen  aufserhalb  des  Ries. 

Item  dortV-r  und  weiler  aus  dem  Ries,  so  das  düster  Au- 
hausen gcplundnt  und  in  der  sclilacht  zu  üsthaim  gewest, 
auch  gcfengbch  daselbst  anucnonien. 

Item  in  naclivolgenden  dorfern  haben  die  graven  von 
Otting  die  hohen  obrikeit,  derogleicheo  uf.den  hoven  und 
mulen : 

Ötingen,  Muningen,  Haid,  Schwersee  —  etlich  dem  come- 
ter  zu  Otting  und  capitel  zu  Aistet,  auch  dem  gotshaus  Ahau- 
sen ,  Zwergstroes,  Meür?;gereuth,  VVeching,  Holzkirclieim, 
Fcsscnliam,  Rndclstctten,  Bihel,  Ostham  an  der  Wernitz, 
Hercldiiig,  S(  hratenhoven,  Hoping,  zwei  Sorham,  Dccking'en], 
Altham,  Appetzhoven  —  etlich  Hüreniianiisch  .  Lcinham, 
—  Hürenhamisch  gar  — ,  Mcr/.ing,  Balgi,  Kdcihin,  Moting, 
Zifswang,  Enking,  Grolselfing,  Deining,  zwei  Keimling,  Her- 
king, Holhin,  Allerham  —  etlich  des  probst[s]  zu  Solen- 
hoven — ,  Lepsing,  Pfefling  —  vil  dem  cometur  zu  Ottin- 
gen zugehörig  — ,  Magerspein  —  etlich  Httmhaimisch  — , 
Schafhausen,  Eringen,  Baiding,  Erlang,  Utzmeming,  Trochtel- 
fmir  —  denen  von  Hausen  und  Hackhaim  (?)  zum  'tail  zu- 
gehörig — ,  Oberdorf,  Aulhausen  —  der  karthausen  zu 
Cristg;ntten  zum  tail  zugehörig  — ,  Kirchheim.  Krauthatiscn, 
Jack  sin,  Meisterstai,  Muttenhaim,  PÜaunlüch,  Türgcuhaim, 
Muntzing. 

Ützlin^^  —  die  von  Nordlingen  haben  den  merern  teil, 
aber  die  graven  haben  die  hochgericht  — ,  Zipling,  zwei 
VVulting[enj,  Wcssing. 

8« 


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—    116  — . 


Cleifsling  —  ist  der  merer  teil  der  von  Nordling,  aber  das 

hochgcrirht  ist  der  trraven,  etlich  seind  gcwest  zu  Ostharn 
in  der  srhiacht  und  einen  man  aldo  verloren,  etlich  bei 
dem  häufen,  do  man  Wittclshoven  geplündert  und  verprent, 
auch  Kcnictten  geplündert  hat  — . 

Ensling,  Marktolhng,  Mineroffing,  lUiling,  Rauchstetten, 
Fremting,  Riielestetten,  Elersprun,  Sclioptloch,  Ter^hin, 
Segloch,  Hausen,  Hölting  —  liutiihannisch  — ,  llerelbing, 
Belshaini  —  dem  comettur  zu  Elbing,  auch  dem  closter 
Ahausen  zugehörig  — ,  Ehing,  zwei  Erelbach,  Dorastatt, 
Heberg,  Bentzenzimem,  Dürnzimmern,  Ntttting^  Bettendorf. 
Utzwing,  Meüng,  Wengenhausen,  Wallerstein»  Birkenhausen, 
Appenperg,  Pfaffenhoven. 

Volgen  hernach  die  höfe: 

Hundswinkel,  Lohen,  Schafhausen,  Breitenloch,  Eiters- 
berg, Hofaenstat,  Mairsprun,  Ramstat,  Gereuth,  Harthausen. 

Item  müle  an  der  Mauch  gelegen : 

Sulinger-,  Leber-,  Mittel-,  Hagclmüle. 

Item  mttle  an  der  Wernitz  gelegen: 

Dahe-,  Faule,  Ziegel«,  Wenemüle. 

Northausen,  Hartliausen,  Kercking,  Utzwing,  Zipling, 
Sechtachhausen,  Schneytten,  Röting,  Zewing  —  Hans  Peck 
zu  Zewing  ist  ein  haubtmann  gewest,  dem  hat  man  zu 
Wallerstein  die  äugen  ausgestochen,  —  Northausen  (r),  Dan- 
hausen. —  Jorg  von  Danhansen  ist  ein  haubtman  gewest, 
dem  hat  man  auch  zu  Wallerstein  die  äugen  ausgestochen.  — 

[Diese  Dörfer]  seind  all  zu  Kemetten  oder  Wittelshoven 
gewest. 

Summa  summarum,  so  seind  allenthalben  in  obange/.aig- 
ten  dorfern  die  von  adel  auch  prelaten  und  preletin  mit 
zinsparn  und  gultparn  unttcrseescn  eingemengt,  doch  die 
hoch  ohrikeit  den  graven  von  Otting  zugehörig,  uns  anders 
nit  bewist. 

Item  die  nm  Hopfingen  und  KrierhhiMm  (?)  seind  bei  dem 
Klwangischen  und  Dinkelsbulisrhen  hauten  gewest,  haben 
VVittelshoven  plündert  und  verprent,  auch  Kemetten  geplün- 
dert. 

Dieses  Verzeichnis  findet  sich  im  Auhauser  Akt,  Nürnberger 

Kreisarchiv,  bez.  S.  12--.  Nr.  11,  auf  fol.  99.  Vergl.  auch 
Beil.  XIV. 


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—    117  — 


XIV. 

Zweites,  späteres  Verzeichnis  der  Dörfer,  die  in  der  ,^umschiacht'  bei 

Ost  hei  tu  ^eufescft. 

Verjcaichnufs  der  dorfer,  so  in  der  paurnschlacht  zuOst- 
heim  gewesen  sind, 

Nota:  Erstlich  am  Oselbeig: 

Rockingen,  Ehingen,  Lentershaim,  Peurwerk,  Burgk,  Wis- 
sat,  Königshoven,  Kematten,  Wickelshoven,  Amelbruch, 
Durn,  Sinbrun,  UUeschwang,  Werfshofen,  Rufenhofen,  Äuf- 

kirchen,  VVeilting,  Veitswciler,  Frankenhofen,  Furnhaim, 
Wassertruhendingen,  Altentruheadingen,  Unter«  und  über- 

schwainingen,  Gerlfingen,  Ahausorj,  Lcming,  Grönheim, 
Wiirmbach,  Meg;ersheiTn,  Geilshcim,  Gnotzhcim,  Osthcira, 
\\  cstliciin,  Sameiilu'im,  Dittenheim,  VVinsfclt,  Hechlingen, 
Aurnheim,  Windischenhauscn,  Ursa. 

Nota:  Dise  obenangezeigten  dorfer  sind  alle  im  amt 
Hohen-  und  Wassertruhendingen  gelegen. 

Nota:  Die  vorgümciten  Jbleckcn  uf  dasmal  alle  asze- 
lassen,  ^) 

Die  hcrnachbenante  dorfer  im  Ries  gelegen: 

llirs]uun,  ( )ttjngen,  die  stat,  Muningen,  Werhing,  Holzkirch, 
Yessenheim,  Allerheim,  Rudolzstetten,  Ostheim  un  Ries  ge- 
logen, Heroltingen,  Schrattenbofon,  Grufsersarheim,  Klein- 
sarheim, Derkingen,  das  doste r,  Grofselfingen,  Althcim, 
Appenzhofen,  Lirhcim,  Deiningcn,  Lopsing,  Herkheim, 
Durrendmem,  Pfefling,  Hebperg,  Ehingen,  Hoholtrigen, 
Belsheim,  Hausen,  Schopfloch,  Schweisee,  Megersheim, 
Hainsfurt,  Zipling,  Marktoffing,  Memingen,  Utzmemingen, 
Krauthausen,  Hölheim,  Pfalheim,  Pflaumloch,  Kirchen, 
Ering  bei  Wallerstein,  Birkachhausen,  Maiing,  Muntzing, 
Seglingen,  Fremting,  Flochberg,  Danhausen,  Northausen, 
Meckhügel,  T.oeha,  Biiellingen.  Ensling,  Geislingen,  l^tzlin- 
gen,  Aufhausen,  Zebing.  Schneiten,  l'rumach,  Raustetten. 
Ellersprun,  Ruelestetten,  Bercka:  drei  wciler. 

Dieses  Verzeichnifs  steht  A.  S.  T.  V.  fol.  168.  Beilage 
XIII  und  XIV.  schienen  die  vollständigst  erhaltenen  Aufzeich- 
nungen der  beteiligten  Orte  m  sein;  beide  tragen  einen  ge- 
wissermafsen  offiziellen  Charakter.  Eben  deshalb  sind  sie  aber 
mit  Vorsieht  zu  benutzen,  da  sie  bcstinunt  gewesen,  besonderen 
Zwecken  zu  dienen:  nämlich  Beilage  Xlll.  für  Abt  ijeorg,  um 

')  Da  es  sich  bei  Feststellung  dieser  T.iste  um  die  An'.prUchc  :in 
Üllinger  Unterihanen  handelte,  so  i>ind  nalurlich  besonders  diese  lu  be- 
rflcksichtigen. 


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—    118  — 


mugliclist  viele  Orte  zum  Schaticncrsatz  aiihaiLcn  /ai  können, 
Beilage  XIV.  dagegen,  um  möglichst  viele  Öttingische  Unterthanen 
als  gegen  Markgraf  Casimir  straffällig  zur  BrandschatsungS'  bezw. 
Strafgelddarreichung  heranziehen  zu  können. 

XV. 

Schreiben  der  Markgrafi  n  Johann  Albrccht  umi  Wilhttm  an  ihren  Bruder 

Markgrafen  Casimir  (8.  Maij. 

An  meinen  gn.  hem  marggraf  Casimim  etc. 

Hochgeborner  fürst,  'freundlich  lieben  brueder,  als  e.  1. 
gestern  [7.  Mai]  im  hofmaistern  und  rethen  geschriben  und 
unter  andern  bevolhen  haben,  ob  e.  1.  als  heut  [8.  Mai] 
nit  wiederum  hieher  gein  Onolzbach  komen,  das  sie  nichts 
destweniger  mit  der  erforderten  landschaft,  welche  sie  für 
gut  ansehen,  ratschlagen,  wie  solichem  handel  zu  begegnen 
sei,  auch  was  beiden  häufen  weiter  für  antwort  gegeben 
werden  'soll],  und  das  sonderlich  wir,  e.  1.  gebrueder,  da- 
bei sein  sollen  etc.,  sind  wir  heut  mit  gemelten  e.  1.  rethen 
üb  den  Sachen  gesessen,  davon  zu  reden,  was  der  iand- 
schaft  furzehalten  und  mit  inen  zu  boratschlagen  sei. 

Und  ist  bei  uns  bedacht,  das  man  erstlich  etlich  von  der 
ritterschaft  und  von  der  Landschaft,  so  für  gut  angesehen 
werden,  als  ein  ausschus  erfordern  und  inen  zuvorderst  an- 
zaigen  mocht,  was  eur  lieb  von  den  zwaien  häufen  der 
pauernversamlung  für  antwurt  worden,  auch  darauf  wider- 
um  von  c.  l.  beden  häufen  und  jetzt  am  jüngsten  durch 
Thoma  von  Kuedorf  und  Kuckariusen  Zoliel  dem  häufen 
zu  Dinkelspuhel  allein  gutlicher  handlung  halben  geschriben 
sei,  mit  daneben  sonrlcrürhem  anzaigen,  was  c.  1.  kriegs- 
volk  jetzt  gegen  den  iiaufen  im  Ries,  so  e.  1.  und  ire  uiiter- 
thonen  angriffen  und  beschcdigt,  gehandelt  und  mit  der 
hilf  gots  ausgericht  hat,  (des  dann  wir  und  e.  l.  rethe  mit 
e.  1.  bruederlich  und  untertheniglich  erfreut  sind),  und  das 
wir  darauf  von  e.  1.  wegen  begeren,  das  sie,  die  landschaft 
oder  der  ausschus,  davon  reden  und  ratschlagen  wolten, 
wie  diesem  handel  femer  zu  begegen  were,  damit  unser 
aller  auch  land  und  leut  bestes  furgenomen  und  gehandelt 
werd. 

Onrauf  uns  onzweivel  die  landscbail  begegen  und  sagen 
wurdet,  das  wir  oder  e.  1.  rethe  von  <'.  !.  wegen  erstlich 
davon  reden  sollen,  SO  wollten  sie  furtcr  ir  gutbedunken 

auch  eröffnen. 

Uii(i  wK  wul  wir  uns  versehen,  das  i^ar  wenig  leut 
von  üci  lan tschalt  kunion  werden,  als  auch  noch 
uf  disc  stund  nimant  komen  ist,  so  will  doch  die  not- 

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—    110  — 


torft  erfordern,  in  solichem  vor  allen  dingen  e.  1.  gemuet 
und  mainttng  2tt  vememen,  warauf  e.  l.  halben  geratschlagt 
und  gehandelt  werden  soll. 

Dann  obwol  der  almechtig  jetzt  gegen  den  paum  im  Ries 
ein  gluck  und  sig  verliehen  hat,  derhalben  sich  auch  e.  L 
vorgehabt  gemuet  etwas  geändert  haben  möcht,  davon  wir 
doch  nit  wissen,  so  wais  doch  auch  niemant,  zu  was  ende 
solichs  gelangen  mocht,  dieweil  wir  verncn^en,  das  nit  allein 
im  land  zu  Franken,  sunder  auch  im  land  zu  Swaben  noch 
vil  häufen  in  versamUmg  seii\  sollen,  wie  wir  vernemen, 
das  e.  1.  von  Wolfen  von  Kechberg  der  Swaben  halben 
bericht  sind. 

Und  dieweil  aber  e.  1.  jeder  zeit  beinern,  so  e.  l.  etwa«; 
von  Iren  rcthcn  nachgeschrieben  wurdet,  e.  l.  Iren  rathe 
und  gutbedunken  daneben  anzuzaigen,  so  sehe  uns  und 
e.  1.  rethc,  doch  auf  c.  1.  gclallen  und  vcrpcsscrn,  iur  gut 
an,  wann  das  furhalten  erstlich  wie  obgemelt  von  e.  1. 
wegen  geschehe,  und  die  landschaft  begem  würde,  mvor- 
derst  von  e.  1.  wegen  von  den  Sachen  zu  reden,  das  dann 
erstlich  davon  geredt  und  gehandelt  werden  mocht,  die- 
weil man  sich  mit  dem  häufen  vor  Dinkelspuhel  gutlicher 
handlung  halben  in  schrift  begeben  het,  das  gut  were,  der- 
selben handlung  nachzuvolgen,  ob  mit  denselben  leidlich 
und  zimlirh  mitel  und  weg  mochten  funden  werden,  und 
so  dasselbig  geschee,  mecht  man  mit  dem  iiaufen  zu  Fran- 
ken auch  dest  ehe  uberainkomen  oder  sich  desselben  dest- 
bas  auHialten. 

Doch  das  auch  jetzt  entlich  davon  gehandelt  und  be- 
schlossen wurd,  ob  e.  1.  bei  gemoltcn  oder  andern  häufen 
der  paucrnvcrsainlung  kainen  leidlichen,  bestendigen  vertrag 
nach  gelegcnheit  der  Sachen  erlangen  konnten  oder  aber, 
das  e.  L  die  iren  oder  diejenen,  so  e.  l.  zugehörig  und  ver- 
want  sind,  von  den  aufrurischen  paum  mit  der  that  in 
ainich  weg  angriffen  oder  beschedigt  wurden,  das  dann  die 
ritterschaft  und  landschaft  mit  hilf  und  beistand  e  1.  nit 
verlassen,  sonder  nach  allem  irem  vermögen  getreulich  zu 
e.  1.  setzen  und  jetzt  anzaigen  [würden],  wie  stark  sie  uf 
weiter  erfordern  zu  c.  1.  ziehen.  Das  wollten  wir  samt  e,  1. 
gnediglich  gegen  inen  erkennen,  auch  zu  ^utein  nimmer  ver- 
gessen und  herwiderum  unser  leib,  leben  und  alles  vermugen 
gnediglich  und  getreulich  bei  inen  darstrecken  ;  uf  ein  so- 
hciie  mainung  ungeverlich,  nach  e.  1.  verpessern  und  ge- 
fallen. 

Wie  es  aber  e.  L  mit  dem  landvolk,  so  jetzt  auf  e.  1. 
erfordern  ankeme,  halten  will,  lenger  ligen  ze  lassen  und 


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—    120  — 


was  in  angezeigtem  bedenken  e.  1.  gefeit  oder  nit,  dasge- 
ruchc  uns  e.  1.  noch  heint  in  der  nacht  oder  morgen  zum 
aller  f niesten  lauter  zu  verstendigen,  damit  wir  uns  samt 
e.  1.  rethcn  in  berurter  Handlung  nach  e.  1.  willen  und  be- 
schaid  wissen  ze  halten,  für  ains. 

Zum  andern  siclit  auch  uns  und  e.  l.  rethe  nach  gelegen- 
heit  der  leuft  und  Sachen  für  gut  an,  sovern  es  e.  1.  auch 
gctallen  wollt,  das  e.  1,  dem  vcrsamclten  häufen  vor  Dinkels- 
puhel  e.  1.  kriegsfolks  handiung  halben  gegen  den  hänfen 
gesteret  bei  Ostheim  gehandelt  schreiben  oder  Tho- 
man  von  Kuedorf  und  Eükarius  Zobeln  auf  ir  jungst  schrilt, 
wie  e.  1.  wissen,  weiter  schreiben  lassen  mechten»  schreiben 
nach  laut  heiligender  copei,  damit  sie  nit  gedenken,  als  ob 
e.  1.  mit  solichem  bewilligter  gutlicher  handiung  ent^^egen 
gethon  oder  on  merklich  uisaclicn  solich  thctlirh  handiung 
zu  vergiefsung  christlirhs  bluets  furgenomen  hct,  dann  wir 
beweisen,  wo  e.  1.  dem  häufen  vor  Dunkelspuhc  1  ein  solichs 
nit  schreiben,  und  derselbig  häuf  durch  e.  1.  und  ander 
aufrurisch  unterthuncn,  so  jetzt  e.  1.  ernstlich  geniuet  und 
straf  sehen,  angesuecht  werden  sollten,  inen  wider  e.  1. 
rettung,  hilf  und  beistant  zu  thon,  in  mainung  dadurch  ein 
▼ertheiniger  (?)  oder  sonst  iren  willen  zu  erlangen,  das  sie 
nit  allain  dest  ehe  darzu  bewegt  werden,  sonder  auch  ander 
leut,  darauf  die  nun  die  maist  sorg  steet,  wie  e.  1.  aus  her- 
zog Friedrichs  zugeschickten  brief  numer  haben  vermerkt, 
zu  inen  ziehen  möchten,  doch  stellen  wir  es  alles  auch  zu 
e.  I.  weitern  bedenken  und  wolgo fallen,  der  wir  nl/eit  brueder- 
lieh  lieb  und  treu  zu  erzaigeu  genzlich  genaigt  sind. 

Datum  fehlt,  ist  aber,  wie  aus  dem  Texte  erhellt,  der 
achte  Mai. 

Joliann  Albrcrht,  coadjiitor  etc.,  und  Wilhchn  gcbrueder 
von  gottes  gnadcu  marggrafen  zu  Brandenburg  etc. 

Zedula. 

Wir  schicken  auch  e.  1.  hieniit,  wie  die  ebtissin  von 
I^irkenfelt  jetzt  c.  1.  und  irem  amtman  zu  Neuenstat  an  der 
1  is(  h  geschrieben  hat,  und  geben  e  1.  dabei  zu  wissen, 
als  e.  1.  gestern  antrezaigt  ist,  das  e.  I.  knecht  Hans  Her- 
zog und  der  Stauisclmeider  [ob  Eigenname  r]  heut  über 
der  paurn  Versandung  bei  Ergersheim  geschicket  werden 
Sölten,  das  dieselben  wider  komen  sind  und  angezaigt  haben, 
das  die  gepaurschaft  im  ganzen  Aisch-,  Ehe-,  Zenner  grund 
alle  hinweg  geloffen,  den  merem  theil  bei  Ergersheim  ver- 
samelt  worden,  aber  nechten  alle  dem  leger  auf  Ochsen^ 
furt  und  Wurzburg  zugezogen  sind,  als  man  sagt  in  einem 


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—    121  ~ 


häufen  bei  200  stark  und  soU  der  grofs  häuf  zu  Fran- 
ken nechten  von  Ochsenfurt  gein  Haidingsfelt  bei  Würz^ 
bürg  koroen  sein,  wollen  wir  e.  t.  auch  freundlicher  und 
bruederlicher  mainung  nit  verhalten. 

Datum  ut  supnu 
Dieses  sehr  wichtige  Srhreibcnkonzept  steht  im  ersten  Tom 
der  Ansbacher  Serie  der  Bauemkriegsakten  fol.  213  ff. 

XVI. 

Schreib  Markgraf  Casimirs  an  die  Räti,  besonders  der  erfordeHen  Land- 

sckafi  wegen,   (g.  Mai,) 

Casimir,  von  gots  genaden  marggrave  zu  Brandenburg  etc. 

Unsern  gunstlichen  grus  zuvor.  Edier  und  lieben  getreuen I 
Wir  haben  euer  schreiben,  uns  itzt  neben  und  mit  den  hoch- 
gebornen  fursten,  unsern  freundlichen,  lieben  brudern,  ge- 
thon,  darin  ir  alle  an/.eit^t,  was  bei  euch  der  erlorderten 
landschaft  halben  l)eda(  ht  und  u;ut  sei  etc.,  verrcrs  inhalts 
vernoraen  und  versehen  uns,  mit  gots  hilf  unvcrzugenlich 
bei  euch  zu  Onolzbach  zu  sein  und  alda  neben  und  mit 
eurm  rath  und  gutbedunken  gemainer  lantschaft  furzuhalten 
und  anzuzaigen,  was  unsern  halben  gut  und  nutz  ist.  Doch 
was  sich  nit  verziehen  lassen  und  unser  selbs  zukunft  er- 
harren will,  das  mögt  ir  der  ankommenden  lantschaft  mit. 
dem  besten  vleis,  wie  uns  nit  zweivelt.  also  furhalten  und 
inen  demnach  anzaigen,  also  unser  zukunft  aida  zu  gewar* 
ten,  für  ains. 

Zum  andern  wollen  wir  der  sclirift  halben,  an  die  puuern 
bei  1  >inkelsbuhel  zu  thon,  zu  unser  lieimkunft  auch  verrer 
mit  euch  darvon  reden  und  alsdann  schreiben  unil  lurnemen, 
was  allenthalben  dinstlich  und  furtrcglich  sein  mag,  und 
schicken  euch  demnach  bede  copeien  hiemit  wieder  hinüber. 

Und  nachdem  wir  uns  itzo  zum  fruesten  hie  zu  Günzen- 
hausen erheben  werden,  gein  Eschenbach  zu  ziehen,  darzu  auch 
sunst  mit  merklichen  gescheften  in  der  eil  beladen  sind, 
haben  wir  euch,  als  sich  wol  gepuret  und  not  thet,  nit  allent- 
halben volkummene  antwort  geben  mögen,  aber  wir  zwei- 
veln  nit,  ir  wifst  euch  in  dem  aiUm  bis  ZU  unser  heimkunft 
oder  notturft  nach  wol  zu  halten. 

Und  demnach  wollet  auch  den  unsern  von  der  Neuen- 
statt in  unserm  namen  schreiben  und  bevelhen.  die  cbtissin 
von  Birkenfclt  mit  dem  iren  bei  inen  anzuiiemca  und  ge- 
treulich ZU  schützen  und  zu  schirmen,  und  das  ir  der  eb- 
tissin  dieselben  antwort  von  unsern  wegen  auch  gebt  and 
schicken  euch  darauf  der  ebtissin  schreiben,  an  uns  zu 


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—     122  — 


aigen  banden  gethon,  hiemit  su,  euch  destbas  darnach  haben 
zu  richten. 

So  wollen  wir  zu  unser  ankunft  auch  vemer  mit  euch 
reden  und  ratslagen  der  schrift  halben,  so  ir  uns  gestern 
beim  Conzen  copeis  weis  hieher  geschickt  habt,  dem  pund 
zu  thon.  Dieselben  copei  find  ir  auch  hieneben  gepundcn. 

Datum  Günzenhausen  fru  dinstags  nach  Jubilate  [9.  Mai] 
anno  etc.  25. 

Adresse:  Den  edeln  und  unscm  rethen  und  lieben,  getreuen  hof- 
meister,  stathaltern  und  rethen  zu  Onolzbarh. 

Vermerk :  Markgraf  Casimir  der  erforderten  landschaft  und  an« 
ders  halben. 

Dieses  Schreiben  findet  sich  Ansbacher  Serie  der  Bauern- 
kriegsakten Tom  I.  foL  190, 

XVII. 

Schreiben  des  Thannhauser  Haufen  an  Markgraf  Casimir,   (g.  Mai.) 

Dem  durchleuchtigen,  hochgebom  fursten  und  herro,  herrn 
Casimir,  marggrafen  zu  Brandenburg,  unserm  gnedigsten 
fursten  in  Christo. 

Durciücuchtiger  hochgeborner  fürst,  gnediger  herr! 

E.  f.  gn.  hat  uns  armen  briider  in  Cristo  ain  srhrift  m- 
[:es:uit,  in  sulicher  schrift  wir  uns  orsclicn  liaben  und  ver- 
numen,  e.  f.  >;nad  gnaden  als  ein  cristcnlii  her  fürst  sich 
erboten,  in  den  zwelf  artikcln  güetlich  und  cristcnlich  ze 
handeln,  das  wir  gegen  e.  f.  gnad  gnaden  und  gunstcn 
änderst  nit  versehen,  dan  das  zimlich.  geburlich  und  cristen- 
lich  ist,  hat  sich  auch  e.  f.  gn.  emboten  [und]  mitsampt 
eur  f.  gn.  ritterschaft  und  räthen  ain  maistat  benempt,  nem- 
lieh  gen  Kttngshofen  auf  die  haid  oder  an  ander  maistat 
oder  gelegen  ort,  dohin  dann  e.  f.  gn.  gnaden  ritterschaft 
räthen  \om  adel  oder  ander  erscheinen,  des  wir  dann  aus 
cristenlicher  mainung  Lrt'rne  hören,  das-  e.  f.  gn.  zu  uns 
höln  häufen  körn  2U  fuefs,  wie  dan  uns  cristeliche  bruder 
zugepurt. 

Das  aber  wir  mit  e.  f.  gn.  gnaden  und  frunsten  künden 
taglaisten,  künncn  wir  nit  vcrstecn,  sonderlicii  auf  cur  f.  gn. 
lierbitten  der  zweit  arükcl  obvcrmelt  [und  hoUen  wir,  dafs» 
c.  f.  gn.  als  ain  horhverstendiger  fürst  aus  eristeiilielien 
gemüet  und  bruderlicher  lieb  das  heilig  evangeli  und  gott- 
lich wort  hölfen  aufrichten,  rethen  und  handhaben,  auch 
dasjenig  thun,  das  dan  etUch  vom  adel  auch  thon  haben. 


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—    123  — 


Das  wollen  wir  [uns  zu  e.  f.  gn.]  als  sa  ainem  crist- 
lichen  und  loblichen  fursten  getrösten;  dan  eur  f.  gn. 
fraintlichen  und  gueten  willen  zu  beweisen,,  sind  wir  genz- 
lieh  genaigt. 

Datum  Thanhausen  am  Q.  tag  Mai  im  1525.  iar. 
Hauptleut,  räth  und  ganzer  höUer  häufen,  ietzund  zu 
Thanhausen. 

Dieses  Schreiben,  Original,  findet  sich  Ansbacher  Bauern- 
kriegsakten  Tom  II,  foL  183. 

XVIII. 

^'c/tra'h'/i  t/t's  Matki^mjcn  (tu  üen  Dinkclshuhkr  Haufen.    (S.  Mai.) 

»Lieben  besondeml  Wir  geben  euch  zu  wissen,  nach* 
dem  sich  unser  und  ander  bäum  in  und  an  unser  stat  und 
amt  Wassertruhending  versamelt,  unser  stat  Wassertruhen- 
ding wegifr  ijemacht,  auch  unsern  amtman  daselbst  gefangen, 
dar/ti  auch  unser  closter  Ahausen  aus  unsern  banden  zu 
ircn  banden  genommen,  geplündert  und  zum  tail  zerissen 
haben,  in  willen  und  raainung,  furter  geweltiglich  unser 
closter  Haidenheim  auszuplündern,  zu  verderben  und  auszu- 
tilgen, darzu  sie  dann  den  ganzen  häufen  im  Ries  versam- 
melt, auch  gebeten  haben,  inen  darzu  zu  helfen,  als  dann 
gescheen  ist,  sie  inen  auch  alsbald  zugezogen  und  ferner 
gegen  uns  tind  ander  obrigkalt  geweltiglich  zu  handeln 
[unternommen],  wie  dann  unsere  unterthon  in  unserm  amt 
Hohentruhending  und  Haidenheim  durch  denselben  andern 
liaufen  im  Ries  zu  mer  maln  erfordert  und  f^emant  sind, 
inen  zuzuziehen  mit  betrt)hung,  wo  das  nit  jt^^chehe,  das 
sie  zu  inen  konien  und  inen  leib  und  gut  nenien  wollen, 
in  mafsen  uns  dieselben  unsere  unterthon  clagend  angezaigt 
und  um  rettung  und  hilf  gebeten. 

Nun  haben  wir  uns  gleichwol  mit  etlichen  den  unsern 
zu  rofs  und  fues  am  samstag  negstvergangen  [6.  Mai]  zu 
Onolzbach  erhebt,  gein  Wassertruhending  zu  ziehen  und 
unser  stat  daselbst  zu  retten.  Als  wir  aber  unterwegs  be- 
richt  worden,  das  desselben  tags  noch  niemand  von  auf- 
rurischer  paurschaft  zu  Wassertruhending  sei,  sind  wir  wider 
gewendt.  desselben  tags  gein  Mirkendorf  und  gestern  von 
dannen  in  unser  stat  Günzenhausen  gezogen,  do  uns  aber- 
mals durch  die  unsern  im  amt  Heidonheim  nlv^emelter  ver- 
samelten  häufen  drangsal  und  betrolmng  an<:ezeiL;t  und  um 
hilf  j?ebeten  [worden]  ist,  dardurch  wir  bewegt  sein,  zu 
rettung  gemeltcr  unser  unterthon  etlich  unsers  kriegsvolks 
zu  rofs  und  fues  von  uns  ze  schicken,  die  ungcverlich  ein 


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—    124  — 


halb  meil  von  Ostheim  auf  die  zwen  obberurten  hauten 

(so  uns  und  die  unsern  angezaigter  mafsen  mit  der  that 
angriffen  und  beschedigt)  gestofsen  sind  und  mit  inen  aus 
der  not  gctrofTen,  dieselben  mit  der  hilf  gottes  geschlagen, 
gefangen  und  dahin  getrungen,  das  sie  ire  fenlcin,  were, 
hämisch  und  was  sie  gehabt  von  inen  gi'l»cMi  haben,  des 
wir  und  die  unsern  lieber  uberig  lunl  vertragen  gcwest 
weren ;  dann  wir  je  nit  genaigt  sind,  oa  mcrklichs  verur- 
sachen christlichs  bluct  üu  vergierscn,  sonder  unser  land 
und  leut  als  ein  chnstlicher  fürst  mit  der  gnad  und  hilf 
gottes  zu  behatten,  zu  hanthaben,  zu  schützen  und  zu  schir- 
men, als  uns  dann  derhalben  gewalt  von  gott  als  einer 
christlichen  obrigkait  verliehen  ist. 

Das  wollten  wir  euch  allain  darum  anzuzaigen  nit  unter- 
lassen, ob  der  handel  änderst  an  euch  gelanget,  dieses  un> 
sers  warhaftigen  berichts  ain  wissen  ze  haben,  und  bcgcrn 
noch  wicvor  gutlich  bittend,  ir  wollet  auf  vorig  unser  aii- 
succhen  und  erbar,  cristlich  erbieten  unsere  und  unser  /u- 
geliorigen  unterthoncn,  so  zu  euch  kumen  sind  oder  noch 
kumen  möchten,  von  euch  weisen  und  kains  wegs  bei  euch 
gedulden,  auch  uns  und  die  unsern,  auch  derselben  unter- 
than  nit  beschedigen,  wie  wir  uns  zu  euch  versehen,  so 
wissen  wir  uns  vorigem  unserm  erbieten  nach  wol  gnedig» 
lieh  gegen  den  unsern  zu  halten  und  wir  wollen  solichs 
gegen  euch  in  gnaden  erkennen,  nochmals  eur  schriftlich 
antwurt  gewartend. 

Datum  fehlt,  ist  aber,  wie  aus  dem  Text  sich  ergiebt,  8.  Mai. 

An  haubtleut  und  rete  des  vursameltcn  häufen  vor  Dinkels- 
puchel. 

Auf  dem  Revers  Vermerk  (andere  Hand):  An  die  haubtleut 
und  ret  der  versanielten  häufen  vor  Dinkelspuchel  wegen 
der  versamelten  paurn  in  und  um  statt  und  amt  Wasser- 
truhendittgen. 

Dieses  Ivnnzept  mit   dem   Rupie    > Casimir  etc.<i:,  findet 
sicii  Bauernkriegsakteu  Ansbacher  Serie,  Tom  1.  ü)l.  12^). 

XIX. 

üchreiben  lüs  Alarkgrajen  an  ikn  Thannhiiuscr  1  laufen,    (lo.  Mai.) 

An  haubtleut,  rethe  und  ganzen  häufen,  jungst  bei  Than- 
hausen  im  leger  gewesen. 
Casimir  etc.  etc. 

Lieben  besondeml  Wir  haben  eur  schreiben,  uns  jetzt 
auf  die  schritt,  so  unser  amtman  zu  Thann,  reihe  und  lieb 


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^    125  — 


getreuen,  Thoman  von  Kuedorf  und  Eukariiis  Zobel  zu 
Ramsdorf,  eur  mit  inen  gepflegten  handlung  nach  gethon, 
alles  innhalts  vernomen  und  uns  einer  sollichen  antwurt  uf 
das,  wie  ir  selbst  mit  gedachten  unsem  rethen  gercdt  und 
euch  zu  gutlicher  handlung  erboten  habt,  auch  auf  dcrsol- 
bigen  unser  rethe  bei  uns  gebrauchten  vleifsigen  handlung 
und  unsers  erbarn,  christlichen  bewilligcns,  cnich  von  ge- 
dachten unsern  rethen  zugeschriben,  gar  nit  \  ersehen;  dann 
euch  je  durch  bemclte  unser  rethe  nichts  anders  zugeschrie- 
ben, dann  was  eurm  selbst  gethonem  erbieten  gemes  durch 
uns  bewilligt  ist.  Daraus  auch  meniglich  bei  uns  kain  an- 
ders spuren  und  erkennen  mag,  dann  das  wir  als  ein  Christ* 
lieber  fürst  zu  christlichem  frid  und  einigkeit  genaigt  sind. 

Und  so  euch  noch  angezaigt  gütlich  handlung  laut  vil- 
gemelter  unser  rethe  zuschreibens  gefiele,  soll  an  demselben 
bei  uns  auch  noch  kain  mangel  sein,  uf  einen  nemlichcn 
tag  zu  euch  gein  Nordlinp  oder  Dinkels])uhcl  [zu  senden], 
damit  meniglirli  bei  uns  kain  anders  dann  vorgemelt  fürst« 
lieh  und  ernstlich  [oder  cristlich^J  gemuet  spuren  und  er- 
kennen mag. 

Wann  ir  aber  über  das  alles  je  uf  eur  jetzt  gegeben  ant- 
wurt bcsteen  [bleibt],  das  ir  euch  mit  uns  in  kain  gutlich 
tagleistung,  sonderlich  auf  die  vorberurten  zwelf  artikel  ein- 
lassen wollt,  so  müssen  wir  es  dismals  auf  solichen  cum 
abschlag  auch  besteen  lassen,  Jedoch  begem  wir  abermals 
gutlich  bittend,  ir  wollet  alle  unsere  und  unser  zugehörigen 
Unterthon  und  verwante,  so  zu  euch  betrangt  oder  sonst 
gelofTen  sind,  in  acht  tagen  den  nechsten  nach  dato  ditz 
V)riefs  widerum  on  Verzug  von  euch  anhaims  zu  unser  ge- 
huisani  weisen.  Als  dann  dieselben  irs  hinweglaufens  kain 
not  und  ir  irs  eathaltens  oder  aufniauens  kain  ursach  ha- 
l)ent,  dann  nit  allain  ir  und  dieselben  unser  und  der  un- 
ser» hinwegyelutTen,  sonder  auch  alle  andere  unser  zuge- 
hörigen Unterthon  sollen  sich  des  genzlich  zu  uns  versehen, 
in  mafs  wir  uns  dann  vor  erboten  und  hiemit  in  kraft  ditz 
briefs  noch  erbieten,  was  von  andern  churfursten,  fursten, 
grafen,  herm  und  steten  mit  der  pauerschaft  beschlossen 
oder  gemacht  und  also  den  unterthan  dem  heiligen  evan- 
gelion  gemefs  narligelassen  wurdet,  das  wir  und  unser  ritter- 
schaft  dasseibig  auch  bewilligen,  anncmen  und  thon,  auch 
sollirh  der  unsern  und  unser  zugehörigen  unterthonen  hin- 
weglaufen, wo  sie  sich,  wie  obstet,  auf  unser  (  ristlirh,  erhnr 
und  ubertlussig  erbieten  in  bestimmter  zeit  wider  anhaims 
/u  unser  und  der  imsern  gehorsam  fugen  und  uns  (»der  die 
uu.sern  in  solichcm  zug  mit  der  Üiat  nit  angnfcn  oder  be- 
schedigt  hoben,  solich  ir  gethan  hinwecklaufen  in  argem 


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—    \26  — 


oder  unguten  nit  rindt'n  noch  rechen,  sonder  inen  solichs 
gncdiglirh  verzeihen  und  in  allweg  bei  dem  wort  Rüttes, 
daran  aucli  den  iinsi'rn  noch  nie  nichts  gemangelt  hat,  als 
ein  cristUchcr  fürst  hcsteen  wollen.  Und  wicwul  wir  uns 
der  bilUcheit  nach  keins  andern  versehen,  dann  das  ir  uns 
in  obgenieltem  unserm  erbarn,  cristUchen  und  ziinblichen 
ansuechen  wiUfarn  werdet,  begern  wir  doch  hiemit  eur  rich- 
tigen, schriftlichen,  verstendigeti  antwurt  bei  disen  boten. 

Datum  Onolzbach  am  mitwuchen  nach  Jubilate  [10.  Mai] 
anno  [etc.]  35. 

Dieses  Konzept  findet  sich  in  der  Ansbacher  Serie  der 
Bauernkriegsakten  in  Tom  L  fol.  196. 

XX. 

A/arAj^nij  Ois/m/r  Jordcrt  seine   Untcrthanen  von  dem  Haujcn 
Dinielsöukel,  Ehtfong  und  im  Ries"  ad,   (//.  Mai,) 

Casimir,  von  gots  gnaden  markgraf  zu  Brandenburg,  zu 

Stetin,  Pomern,  der  Cassuben  und  Wenden  herzog,  burg- 
graf  zu  Nürnberg  und  fürst  zu  Rügen,  enbiten  allen  und 
iglirhen  unsern  und  unser  zugehörigen  tint(*rthf»nen  tmd  ver- 
wn Ilten,  so  aus  trangsa!  oder  in  ander  weg  zu  der  ver- 
sainlihnig  der  jiaurschaft,  er.stlieh  hei  KUvang.  nachmaln  bei 
Dinkclspuhel  und  jetz  im  Ries  gclotfcn  oder  komen  sind, 
zu  wissen,  wo  sich  diselbigcn  unsere  oder  unser  zugehöri- 
gen und  verwanten  unterthonen  in  acht  tagen  den  negsten 
nach  dato  ditz  briefs  widerum  anhaims  in  unser  und  ander 
unser  zugehörigen  als  irer  herschaft  gehorsam  fuegen, 
auch  hinfuro  in  unser  und  unser  zugehörigen  gehorsam  ent- 
halten, wie  sich  fromen,  getreuen,  gehorsamen,  cristlichen 
unterthonen  zu  thon  gel)urt,  und  uns  oder  die  unsern  in 
siillit  hem  zug  mit  der  that  nicht  angriffen  oder  beschedigt 
liahen,  das  wir  und  unser  zugehoriLj:  rittersfhaft  dieselben 
unser  und  ire  nnterthon  widerum  gnctliglich  annemen.  ge- 
melt  ir  geübt  liinu  eglauten  in  argen  oder  unguten  nit  andcn 
noch  rechen,  sonder  sie  bei  gleich^en^j  recht  und  der  billikait 
gnediglich  handhaben,  schützen,  schirmen  und  inen  nichts 
dcsterweniger  aus  gnaden  alles  das  thon  und  nachlassen 
wollen,  das  ander  churfursten,  fursten,  grafen,  hern  und 
stete  mit  der  baurschaft  beschliefsen,  machen,  thon  oder 
iren  unterthonen  nachlassen  werden,  uns  auch  in  alweg  bei 
dem  wort  gots  (daran  dan  euch  den  unsern  nie  nichts  ge- 
mangelt hat)  als  ein  cristUchcr  fürst  halten  und  erzaigen. 
Und  darauf  so  bcgem  wir  an  alle  unsere  und  unserer  zu- 


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•    —    127  — 


gehörigen  untcrtlion  und  verwante  ernstlich,  das  sich  ein 
iY,'Hrlu»r  nnf  solich  unser  und  der  nnsern  gnediL^,  erbar  und 
cristlicii  erbieten  in  bestimpter  zeit  wideruin  anhaims  tnci^en 
und  also  anheinis  unscrs  weitern  besi  haids  gewarten  wulle, 
in  mafsen  wir  dann  obberurter  Versammlung  hiebei  auch 
ges».hrieben  haben.  Und  so  ir  euch  dann  in  solichem  als 
gehorsam  unterthone  haltet  und  crzaiget,  sollt  ir  an  obge- 
meltem  unser  und  unser  zugehörigen  euer  herschaft  erbieten 
(in  craft  dits  brtefs  gethon)  kein  zweifei  noch  mangel  haben. 
Wo  ir  aber  soUcb  unser  gnedig,  erbar  und  cristlich  erbieten 
nit  anemen  und  darauf  wiederum  anheims  ziehen  [werdet], 
sondern  euch  ungehorsam  lieh  haltet,  könnt  ir  selbst  beden- 
ken, worzu  ir  uns  \  erursachen  wurdet,  davor  wir  euch  himit 
gnediL^ürh  j^owarnt  haben  woln.  Und  des  alles  /w  mkunt 
ist  dieser  l)rief  mit  iinserm  und  ini^ers  üben  mitrcgirenden 
bruders  marggral'cn  Jorta^n  gemam  zurück  aufgednu  kten 
secret  verserretirt  und  L'eben  zu  Onol/.haeh  am  donerstag 
nach  dem  sonuig  Juljilalc  nach  Cristi  unsers  lieben  hern 
geburt  funfzehenhundert  und  \m  fun[f]undzwanzigsten  jare. 

Dieses  Abturdcrunu^srh reiben,  Kopie,  findet  sich  in  der 
Ansha(  her  Serie  der  I'.aucniktiegsakten  Tom  VIII,  fol.  521  und 
Tum  1.  fol.  341.  Letztere  Kopie  hat  als  Überschrift  nur  s>Casi- 
mir  etc  «  und  trägt  den  Vermerk: 

Copci,  wie  mein  gn,  her  seiner  ;;n.  leut  und  unterthon 
bei  dem  häufen  zu  Dinkelspuhel,  Klwang  und  im  Ries  ab- 
fordert. 

Vergleiche  hiezu  auch  das  Schreiben  des  Markgrafen  an 
den  Haufen  selbst.    A.  S.  T.  1.  196.    Beilage  XIX. 

XXI. 

Der  heJlc  Haufen  an  tür  ,Jax^",  hei  luiuchheim  Heidend,  schreib  Mark- 
graf Casimir  zu^  einen  Tag  su  Craiiskeim  stu  besenden.   (J2,  Mai.) 

Ktc.  Ktc.  E.  f.  gn.  beger,  ain  guetlichcn  tag  zu  suchen, 
haben  wir  vernonu  n,  liegen  e.  f.  gn.  hieruf  undcrtheniglich 
zu  wissen,  das  un.s  c.  f.  gn.  ain  tag  ut.s  üirderlirhset  in 
acht  tagen  zu  Kreuelsen  ansetzen  mag  und  uns  denselbigen 
mit  genugsamlich  freien  sichern  glait  bis  widcrum  an  unser 
gewarsam  zuschreiben,  wötien  wir  alsdan  unsers  hellen  häu- 
fen gelegenbait  nach  gcpttrlich,  christelich  und  underthen(g> 
lieh  antwurt  geben,  haben  wir  e.  f.  gn.  underthenigcr  mai« 
nung  nit  bergen  wöUen;  dan  deren  f.  gn.  cristelicher  ge- 
horsam! und  weilfart  zu  erzaigen,  weren  wir  willig. 


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—    138  • 


Datum  in  unsenn  hörleger  zu  Lauchen  am  zwelften  tag 

mai  im  25. 

Hauptleut  räth  und  gemainer  heller  häuf  an  der  Jax. 

Adresse:  Dem  durchleuchtigen,  hochgehoinen  fursten  und  herrn 
Casimiro,  markgrave  zu  Brandenburg  etc.,  unsemi  gnedigen 
fursten  und  herrn. 

Dieses  Schreihen  fnuiet  sich  Ansbacher  Serie  der  Bauern- 
kricgsakten  Tom  II.  toi.  1Ö4. 

XXil. 

Mark^aJ  Casitnir  setzt  den  vcr langten  Tag  auf  Sonntag  Vocem  Jucun- 

ditatis  Jcst.    (jj.  Mai.) 

Unsem  lieben,  besondem  haubtleuten,  rethen  und  gc- 
mainem  hellen  häufen,  jungst  im  leger  zu  Lauchen  beiein- 
ander versamelt  gewesen. 

Lieben  besondem !  Wir  hoben  cur  widerschrift  of  jungst 
unser  schreiben  gutlicher  handlung  halben  gethan,  welcher 
cur  Schrift  datum  steet  in  eurm  lager  zu  Lauchen  am  25.  Mai 
nechstverschinen,  alles  inholtz  zu  gutem  gefallen  vemomen, 
und  als  ir  uns  handsetzt,  in  acht  tagen  den  nechsten  einen 
tag  gein  Crailshaim  zu  bestimmen  und  eurn  verordenten 
unser  genugsam  [glait]  zu  schreiben,  ernennen  wir  euch  hie- 
mit  einen  tag,  nemlich  auf  sontag  vocem  jocunditatis  schirst 
zu  obent  in  unser  stat  Crailshaim  einzekumen,  dahin  wir 
dann  unser  statlich,  srliicdUcli  retli  verordnen  wollen,  mit 
eurn  gesanten  von  eurii  \vt'"fn  laut  unsers  vorigen  zuschrei- 
ben alles  das  zu  handeln,  das  /.u  ernstlichem')  frid  imd 
ainikait  dient,  und  scliickcn  deninaeh  eurn  verordenten  hic- 
mit  unsern  offen,  sichern  glaitzbricl,  wie  ir  vcnicmcn  wer- 
det, gutlich  bittend,  ir  wollet  eurs  tails  auch  ungeverlich  6, 
8,  10  oder  bis  12  schiedlich,  verstendig  personen,  die  es 
allenthalben  getreulich,  cristlich  und  gut  mainen  und  sehen, 
aus  euch  gein  Crailshaim  verordnen,  damit  dest  stattlicher 
und  austreglichcr  gehandelt  werden  mög.  Und  wiewol  wir 
solichen  tag  gern  ehe  angesetzt  hetten,  so  ist  uns  doch  eur 
widerschrift  erst  gestern  hieher  in  unser  hoerleger  zukamen 
und  uns  unbewulst,  wo  euch  dieser  unser  bot  wider  finden 
mog,  des  woMct  uns  also  entschuldigt  holten,  wollen  wir 
gnediglich  ue^en  eueli  erkennen. 

Datum  in  unsenn  lioerlcKer  zu  Markterlbach  am  montag 
nach  dem  sontag  CantaLe  anno  etc.  25.  (15.  Mai.) 

')  oder  »christlichem«? 


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Dieses  Konzept  findet  sich  Tom  III.  fol.  157  der  Ans- 
bacher Serie  Bauemkriegsakten  und  trägt  als  Kopf  die  Über- 
schrift fCasimir«  etc.  Das  Geleit  findet  sich  ebendaselbst 
Fol.  166. 

xxm. 

MarkgraJ  Casimir  an  die  Rate  ivt^cn  Ik  ichickung  tlcs  Craiishcimcr  Tages. 

(jy.  Mai.j 

Casimir,  von  gottes  namen  marggrave  zu  Brandenburg. 

Unsem  gunstUchen  grus  zuvor.  Lieben  getreuen!  Wir 
schirmen  euch  hierin  verschlossen,  wie  wir  jiini^'st  dem  ver- 
sanicltcn  häufen  an  der  Jagst  uf  ir  hcwilli^iinic  /u  tcntlirher 
iiandlung  einen  tage  gein  Creilsheim  ernannt,  aut  h  ire  jiot- 
sehaften  doselbsthin  verglait  hüben,  uf  sonntag  schirst  zu 
abcnt  daselbst  einzekomen. 

Und  wiewol  uns  angezeigt  ist,  das  solcher  häuf  gar  zer- 
trent  sein  soll,  so  tragen  wir  doch  desselben  kain  gunstlichs 
wissen  und  schicken  wir  euch  hiemit  ein  instniction,  wie  mit 
gemelts  häufen  gesanten  —  wo  die  also  gein  Creilsheim 
komen  —  des  orts  gehandelt  werden  soll,  der  andern  In- 
struction mit  den  paurn  zu  Franken  zu  handeln 
gemefs  gesteh,  wie  ir  zu  vememen  habt,  und  bevelhen 
euch,  ir  wollet  zu  solchem  tag  von  unsern,  unser  ritter- 
schaft  und  landschaft  wegen  die  hernarhbenanten  unsere 
rethe  verordnen,  ncmlich  Jorgen  Adolnian  zu  Creilsheim, 
Hansen  von  Neueiistadt  un<l  unsern  gcrichtsschreiber  'l'ho- 
njan  Claibcrn  von  unsern,  itcni  1  iansen  von  Rewiz  von  un- 
ser ritterschaft  und  Casparn  Hicsing  von  gemeiner  land- 
schaft wegen,  also  mit  gemelts  häufen  gesanten  die  hand- 
lung  uf  die  zwelf  getruckten  artikel,  die  ir  inen  neben  der 
Instruction  mitgeben  solt,  furzunemen  und  zu  thun. 

Wue  aber  der  benirt  häuf  gar  zertrent  were  und  niemand 
von  desselben  gemeinen  haufens  wegen  erschine,  so  sollen 
unser  verordente  rethe  unsern  uiiderthon,  so  zu  Creilsheim 
und  andern  unsern  amten  hinweggeloffen  sind,  dannocht 
ni<  hts  desterminder  sagen,  wie  wir  gehört  und  vernomen 
haben,  das  sie  zu  solcher  auirur,  emporung  und  ungehor- 
sam durch  ander  jemerlich  und  unhillieh  verfnrt  sein,  als 
sie  aucii  selbst  seilen,  das  der  autrurischcn  paurn  lurnemen 
und  thun  weder  christlich,  erbar  noch  gut  und  in  summa 
nichts  dann  ein  unbestendiger,  streflicher,  unchristlicher, 
gotloser  frevel  und  mutwil  ist,  das  wir  als  ein  christlicher 
fürst  mit  inen  gnedigs  mitleiden  tragen. 

Und  damit  sie  unsern  gnedigen  willen  spurten  und  er- 
kenten,  das  wir  mer  zu  gnaden  dann  zu  geburlicher  rach- 

9 

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—    130  — 


sal  gcnaigt  sind^  so  wollten  wir  alle  unsere  hinweggelofieae 
underthon,  wo  sie  sich  wideruni  anheims  zu  iren  gutem 
in  unser  gehorsam  begeben,  sich  auch  hinfuro  als  frum, 
f,'etreii.  eerh'ebend  iindorthonen  bei  und  gegen  uns  gehor- 
saiiilich  hielten,  wiederum  gnediglich  zu  gnaden  und  hulden 
annemen.  inen  au<:h  ihr  ubertreten  gnediglich  verzeihen, 
und  itu'n  dar/.ii  irer  angemasten  heschwcrden  halben  alles 
das  tiiun  und  nachlassen,  das  ander  chuitursten,  fursten, 
graven,  hem,  edelleut  und  stete  diser  landart  mit  gemei* 
ner  paurschaft  zu  thun  oder  nachzulassen  beschliefsen  und 
annemen  wurden,  also  das  sie  mit  fried  und  ruhe  alles  das 
erlangen  und  geniefsen  sollten  und  mochten»  das  ander  auf- 
rurig  mit  schwerer  und  verderblicher  wagnis  irer  und  irer 
weiber  und  kinder  seelen,  leib,  lel)ens,  eren  und  gnts  zu 
erlangen  unterstunden,  aber  doch  den  merern  theil  darob 
sttirben  iin<l  verdürben,  und  so  sie  sirli  dann  also,  wie  ob- 
uenicit,  ul  unser  gnedig,  erbar,  rliiistlich  und  uhertlussig 
erbieten  hinfuro  als  fromen,  gchursaiuen  underthunen  bei 
uns  hielten,  wolten  wir  es  auch  darzu  gnediglich  gegen 
inen  erkennen  und  sie  mit  gnediger  und  getreuer  hand- 
habung,  beschutzung  und  beschirmung  nit  verlassen,  son- 
der wiederum  unser  leib,  leben  und  alles  unser  vermögen 
getreulich  zu  inen  setzen,  uf  ein  solche  mainung,  wie  es  die 
rethe  wol  zu  reden  und  zu  handeln  wissen,  und  was  inen 
hierauf  in  ainen  oder  andern  wege  begegnet,  des  sollen 
sie  uns  zum  furderlichsten  lauter  und  gruntlicli  zuberichten. 
Verlassen  wir  tms  also  zu  gesclieen  genzlich  zu  «Mich. 

Datum  im  herleger  zu  Markterlbach  am  mitwuch  nach 

Cantate  etc.  25.  (17.  Mai.) 

Dieses  Schreiben,  Original,  steht  A.  ä.  T.  ilL  t'oL  167. 

XXIV. 

/ns/rucfüm,  wes  uf  des  h<iufen  an  der  Jagst  angenmnm  beiagttng 
wegen  meines  gn.  hem  tnx\f.  Casimir,  seiner        htterschaß  und  iand- 

schaß  gehandelt  werden  soll. 

Nemlich  su  genants  meins  gn.  hem  gesandten  gein  Creils- 
heim  körnen  und  von  gedachten  haubtleuten,  rethen  und 
verordenten  zu  verhör  irer  Werbung  beschiden  werden,  soU 
len  die  gesandten  denselben  haubtleuten,  rethen  und  ver- 
ordenten anfcnglich  meins  gn.  hern,  auch  seiner  gnaden 
ritterschaft  und  gehör  aiii>  Ti  landschaft  gunstigen  grus,  gne- 
digen  willen  und  freundlich  dinst  sagen  und  darauf  werben, 
wie  hernach  volgt. 


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131  — 


Erstlich  soll  herkomen  des  bestimbten  tags  erzelt  wer- 
den mit  roeldung,  das  sie  die  gesandten  demselben  nach 
von  wegen  eins  ( ristlichen,  guten  friden  verordent  sind,  mit 
dem  bevel»  ir  der  hauptleut  und  verordenten  furbalten  ze 

hören,  welcher  niafsen  ir  meinung  stee,  mit  meinem  gn. 
hern,  seiner  un.  ritters(  luiit  und  lantlsrhaft  (wegen)  uf  die 
/.weif  artikel  einen  rliristiichen  frid  und  vertrag  anzunemen, 
dagei^eii  wollen  sie  sich  \oii  ineins  j^n.  liern.  si-iner  gn. 
ritterscluUt  uiul  landschaft  wegen  dcraiarsen  \crncnicn  las- 
sen, das  an  seinen  gn.,  derselben  ritterschaft  und  landscliaft 
nichts  christlichs»  erbars  und  billigs  mangeln  soll. 
Hier  ündet  sich  folgende  Randbemerkung: 

Nota:  Vor  allen  dingen  davon  reden,  das  on  Verzug 
in  mittler  zeit  der  gutlichen  handlung  ein  stillstand  geschaft 
und  gehalten  werd  bei  einer  nemlichen  hohen  straf  und  pene. 

Der   Text  fährt  fort: 

Und  nachdern  sich  tlie  lieschclien  tagssat/.uiiLT  auf  die 
zwelf  artikel  erstreckt,  wurd  si«  h  tlamit  ;^es  hesclielic  durch 
ainen  oder  den  andern  theil)  den  anfnnir  /u  m.K  lu  n  ge- 
buren,  und  so  es  dann  zum  selben  kunibt,  und  des  luuifens 
verordentc  von  den  zwelf  artikeln  underschiediich  reden 
und  handeln  lassen  wollen,  solle  von  meins  gn.  hern  und 
der  seinen  wegen  von  einem  jeden  artikel  in  Sonderheit 
geredt  werden,  wie  hernach  volgt: 

Handlung  von  den  zwelf  artikeln. 

Pfarrer  Krstlich  der  pfarrer  halb,  das  ilie  durch  die  ge- 
meind  cim-s  jeden  pfarrvolks  sollten  erweit  werden, 
dieweil  dann  des  gemeinen  vulks  <  iiristlich  leben  nit 
wenig  an  geschickten  pfarrherm,  die  guter,  chr»t- 
licher  leer  und  wesens  sind,  gelegen,  und  aber  der 
gemein  man,  dieselben  zu  erkennen  und  zu  erwehlen, 
nit  allewegen  geschickt  ist,  und  damit  dann  die  obrig» 
kait  ir  erwelung  allein  [nit  habe],  auch  nit  untuglich 
pfarrer  aus  gunst  oder  vorteil,  wie  je  zu  Zeiten  bis 
anhere  geschehen,  dem  volk  und  ine  seilest  zu  ver- 
dumblicher  er^t'rnus  und  verfuerung  zuschicken,  so 
soll  darauf  geliaiulelt  werden,  tlas  ein  ]cdv  zeitliche 
Obrigkeit  mit  wi.s^cn  und  willen  des  ratiis  oder  ge- 
richts  desselben  Hecken,  darin  die  pfarrkirch  ist, 
und  der  gemeind  erwelen  und  wider  entsetzen  mögen, 
das  auch  durch  dieselben  pfarrer  das  wort  gottcs 
rain  und  lauter  gepredigt  werde,  wie  das  der  erst 
artikel  unter  den  zwclfen  sonst  vermag. 

9* 

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—     132  — 


Zehent.  Zum  andern  den  zehent  betreflfent,  wiewol  der  sel- 
big im  alten  testament  aufgesetzt  und  das  alt  gcsctz 
durch  das  neu  erfalk  ist,  so  erfindet  sich  doch  nit» 
das  darum  alles,  das  in  altem  gesetz  geboten  gewest, 
im  neuem  testament  zu  gebrauchen  verpoten  ist; 
wann  on  das  dorft  man  der  zehen  gebot  auch  n^t 
halten,  auch  keinen  ubeltlu  ter  —  die  got  im  alten  ge- 
setz nit  leben  zu  lassen  gebeut  —  teten,  noch  andere 
gerichtliche  ubung  gebrauchen.  So  erfind  sich  auch, 
das  —  Math,  am  23.,  Liicc  11  —  Christus  s]iricht: 
»Wec  euch  schriftgclerten  und  i^hariseer,  ir  heuchler,  ir 
verzehent  tlie  mintz  und  den  kumel  und  last  dahinten 
das  schweres!  im  gesetz,  nemlich  das  gericht,  die 
barmherzigkait  und  den  glauben  -,  ditz  soll  man  thon 
und  ihens  nit  nachlassen.« 

Aus  diesen  jetzt  gemelten  worten  Christi  erscheint 
gar  lauter,  das  Christus  den  zehenten  im  neuen  testa- 
ment nit  allein  nit  aufhebt  oder  verpeut,  sonder  neben 
andern  im  gesetz  begriffen  nit  unterwegen  oder  nach» 
zulassen  öffentlich  lernet  und  vermanet. 

Wollet  aber  dagegen  gesagt  werden,  dafs  der  ze- 
hent nach  lant  [remeits  andern  artikels  allain  zu  not- 
turftiger  unterlialtung  der  pfarrer  und  die  ubernias 
dem  gemeinen  armen  man  zu  gut  und  sonst  nieniant 
anders  gegeben  werden  sollt  es  hett  dann  jemands 
einen  zehent  von  einer  gemain  erkauft,  dem  sollt 
darum  vergleichung  und  erstattung  geschehen,  da- 
gegen ist  anzuzaigen,  das  gar  selten  iemand  erfun- 
den wurd,  der  einen  zehent  von  einer  gemain  erkauft 
het.  Aber  nachdem  der  genannt  geistlich  stand  vor 
vil  hundert  iaren  nit  allein  die  zehent  —  die  etwan 
im  alten  i^csetz  dem  geschlecht  Levi  als  dicner  des 
tem^H'ls  und  nitars  verordent  gewest  — ,  sonder  auch 
(larzu  mcchtiue  her/oiithum  und  lurstenthum,  land. 
leut,  stet,  srhlos  und  andere  zeitliche  nutzung  der- 
niafsen  erobert,  dagegen  etliche  zeitliche  obrigkeit 
und  die  iren  von  denselben  genanten  geistlichen 
Stenden  vor  vil  hundert  iaren  here  auch  etlichen 
zehent  durch  kauf,  Wechsel  oder  harte  verdienst  zu 
iren  notturftigen  Unterhaltungen  an  sich  bracht  haben. 
Ko.  13.  Derhalben  und  dieweil  nun  die  zeitliche  obrigkeit 
I  Timoth.  2  2u  nottnrft  der  zeitlichen  erbam  regiment  nit  weniger 
I  Pelri's.  weder  die  pfarrer  oder  Seelsorger  zu  verkundung  des 
evangeliums  und  raichung  der  sacrnrncnt  von  got  ver- 
ordent  sind,  auch  darum  das  schwert  furt  und  got 
damit  dienen,  durum  ine  dan  zoi  und  schufs  (wclichc 


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—    133  — 


alle'ir  zeitliche  nutzung  begreifen)  gegeben  und  dar- 
ztt  in  aller  menschlicher  Ordnung  gehorsam  irer  unter- 
thon  gelaist  werden  soll,  so  wer  offenlich  wider  gott- 
liche Ordnung  und  bruederliche  christliche  lieb,  ine 
dieselben  zehent  mit  gewalt  abzetringen,  als  sie  auch 
on  tlieselben  oder  stntliVher  vergleichung  mit  sovil 
anderer  zeitlicher  nutzung  von  der  genannten  geist- 
licher ^uter  ire  stende  zu  beschutzung  irer  land  und 
leut,  noch  (hirch  sollichen  unversehenlichen  abbriu  Ii 
Iren  gläubigem  brief,  sigel  und  pflicht  nicht  halten 
konnten. 

Es  haben  auch  die  ienen,  so  soiichen  zehent  geben» 
sich  des  als  für  ein  unbillige  4}eschwerd  nit  zu  be- 
clagen,  wann  onzweivel  kain  paur«  oder  hecker- 
geschlecht  seine  zehentbare  gueter  erstlich  änderst 
nit,  dann  mit  soiichen  geding,  auch  derhalb  sovil 
dester  leichter  oder  wolfailer  an  sich  bracht  hat. 

Aber  des  rlainen  zehent  halben  aufserhalb  des 
wein'5  <j:etraids  und  heus  mocht  nit  unzimlich  dem 
gemeine a  armen  man  zu  gut  ein  nachlassung  bc- 
schehen. 

Eigcnleut.  ^^^^  dritten  die  aigen  leut  betreffent  ist  auch  gar 
ein  alter  brauch  und  lang  vor  Christi  gcburt  noch 
gar  vil  beschwerlicher  weder  zu  tetziger  zeit  gewest, 
und  der  zeit  knecht  genannt  worden»  noch  danncst 
ist  solche  knecht-  und  aigenschaft  in  gottlicher  schrift 
nit  verworfen»  noch  vil  weniger  sich  der  mit  gewalt 
zu  entledigen  angczai^t,  sonder  spricht  der  apostel 
zun  Ephesem:  »Ir  knecht  seit  gehorsam  eurn  leib- 
herrn  mit  forcht  und  zittern  in  ainfeltigkeit  eurs  her- 
zens<  ete. 

Desgleichen  befilt  sant  Peter  in  der  andern  ejiistel 
am  ersten  capitel,  tlas  die  knecht  —  so  man  letzt  aigen 
leut  nennt  —  iren  herrn  und  nit  allain  den  gutigen, 
sonder  auch  den  imgeschlachten  mit  aller  forcht  ge- 
horsam sein  sollen. 

Demnach  geburt  den  knechten  oder  aigen  leut 
nit»  sich  solicher  zeitlicher  oder  leiblicher  aigenschaft 
—  dadurch  doch  die  seel  oder  gewissen  wider  got  nit 
verpunden  werden  mog  —  mit  gewalt  oder  der  that 
zu  entledigen,  aber  dagegen  geburt  dem  U  ibherrn, 
sich  gocxen  seinen  leibaigen  mannen  nit  haidnisrher, 
sonder  christlicher  werk  zu  gebrauchen  und  sonder- 
lich dieselben  —  wie  etwa  mifsbraucht  wurd  —  nn 
eelichen  heiraten  nit  zu  verhindern  noch  inen  wider 
got  zu  handeln  zu  gebieten.  Und  wes  dieselben  leib- 


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134  — 


herren  Iren  leibaigen  leutea  onbilligs  zeitlicher  be- 
schwerd  uf legen,  dardurch  ward  der  seel  und  gewis* 
sen  halben  nit  der  leibaigen  man  oder  knecht,  son- 
der derselb  leibherr  verletzt  und  gleicherwcis,  wie 

kainem  Christen,  in  was  Stands  der  ist.  liri  verd.ini- 
li(  lu  r  hc  scliwernus  der  scelen  gelmrt,  sciiu-  unter- 
tbon  odcv  leibaigen  leut  noch  andere  christenmcn- 
schcn  mit  unbilliciier  beschwernus  zu  beladen,  alsu 
ziemet  auch  kainem  unterthon  oder  leibaigen  mann, 
seiner  zeitlichen  obrigkeit  in  den  dingen,  die  leib 
und  gut  betreffen,  frevenlich  und  geweltiglich  zu 
widerstreben,  sonder  derhalben  gott  die  straf  lassen, 
der  sie  nit  empfliehen  werden,  darum  geschrieben 
steet:  »Die  gewaltigen  werden  gcweltige  pein  leiden.* 

Aber  meinem  gn.  hern  sei  nit  zuwider  oder  ent- 
gegen, solicher  leibaigen  Icut  halben  von  einer  christ- 
lichen ordnnni:  utui  inafs  dermafsen  reden  zu  lassen, 
damit  nit  \crmerkt  werde,  das  sein  giiad  ein  unchrist- 
licher Verfolger  oder  bctranger  seiner  leibaigen  leut 
sein  wuU,  und  weliche  soliche  leibaigenschaft  abkau- 
fen oder  aber  dafür  andere  ierliche  zins  oder  galt 
geben  wollten,  darinnen  wurden  sich  sein  gnad  gne- 
diger,  christlicher  und  billiger  weis  erzaigen,  wie  sich 
dann  mein  gn.  her  davor  gegen  seiner  gnaden  leib- 
aigen leuten  erboten  hetten  und  mocht  jetzt  von  der- 
selben leidlicher  niafs  reden  lassen. 
Wilprei  und  7-um  vierten  das  wildpret  und  visch  betrelfent  wurd 
visch.       des  wildprets  halben  christlicd  und  h  ein  solich 

einsehen  c:ehabt,  das  es  den  ariiu-ii  U'iiti-n  /u  scha- 
den und  narhteil  nit  geheut  uiul  dueh  dannest 
den  ()lirigkn!t<Mi,  so  dem  geniainen  nutz  getreulii  h 
vorstecn,  land  und  leut  schützen  und  schirmen,  zu- 
gelassen, das  dieselben  doch  on  des  armen  volks 
grofsen  schaden  behalten  mögen,  darinnen  dann  mein 
gn.  her  mafs  machen  zu  lassen  urbutig  ist,  als  dann 
sein  f.  gn.  on  das  hie  vor  seiner  gn.  unterthonen  er- 
laubt het,  das  wilprct  auf  iren  veldern  und  wismaten 
zu  schiefsen  und  damit  iren   seli;iden   zu  verkomen. 

AlicM-  der  visch  halben  geburt  sich  diese  unterschid 
zu  halten.  Wo  ein  gemeinde  von  iren  gemeinen  visrh- 
beelien  l)etrangt,  das  inen  die  billich  wider  frei  zu- 
gestellt werden,  wer  aber  visehbeeh  von  ainer  gt-- 
meind  oder  .nuiern  durch  erbar  kauf,  wei:hsel  oder 
vertrag  an  sieh  l)racht  und  das  widerwertig  nit  be- 
weislich angezaigt  werden  könnt,  sollen  inen  dSe  bil- 
lich nit  genomen,  sonder  wie  andere  crbHchc,  zeit- 


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—    135  — 


Holz  er 
beireffent. 


Dienst  und 
fron. 


Nene 
beschwening. 

Ubersetzte 


Frevel  und 
pues. 


Entptirembt 

wiseii 
aod  «cker. 


liehe,  zimbliche  nutzung  gelassen,  dergleichen  es  auch 

mit  der  burgerschaft  und  bauerschaft,  die  wol  als  vil 
vischwasser  als  die  herren  haben,  geliandelt  werden 
soll. 

Zum  funüi  u  die  holzer  belangend  ist  hillirli,  wo 
(lii  sclt)cn  aincr  gemain  genomen  oder  entzogen  und 
Süliclis  hfw  eist  werden  kone,  das  der  geniaind  solrhe 
holzer  frei  wieder  volgcu.  Weliche  obrigkait  aber  irc 
hülzer  erkauft  oder  durch  ander  erbar  vertrag  an 
sich  bracht  hat  und  das  widerwertig  nit  beweislich 
ist,  geburt  sich,  sie  davon  als  wenig  als  von  anderer 
zeitlicher  erblicher  nutzung  zu  drmgen. 

Und  wo  iederman  alle  hoher  frei  hett,  wurden 
sich  vil  Icut  untersteen,  dieselben  von  aigens  gemefs 
wegen  zu  verodigen,  das  es  dem  gemainen  man  als  wol 
als  der  ohri^keit  beschwcr'i'  'i  und  unleidlich.  Aber 
mein  gn.  her  were  wievor  orbutig,  seiner  gn.  iintcr- 
thon,  die  nit  für  sich  selbst  aigeti  bauholz  betten, 
notturftig  l)auli()l/.  doch  nach  ungeverli<  her  anwcisung 
seiner  uiuitieii  vorster  aus  gnaden  zu  ucben. 

Zum  seelisten  der  dienst  halben  wurd  billich  ein- 
sehen geliabt,  das  dieselben  nach  zimblicher  und 
leidlicher  mafs  beschehen,  damit  es  der  obrigkait 
und  den  unterthon  treglich  sei. 

Zum  sihendca  werden  neue  beschwerung  billich 
unterlassen  und,  wo  die  erfunden,  abgestellt. 

/uni  achten  wurd  billich  nit  gestritten,  weliche 
gueter  hoher  und  mer,  weder  sie  nach  irem  zimblichen 
wert  ertragen  können,  besetzt  oder  beschwert  sind, 
soliche  uberige  beschwerd  [soll]  auf  zimblich  maCs  nach 
erkanntnus  erbarer,  unparteiischer  leut  gestellt  wer- 
den, damit  ein  getreuer,  vleifsiger  arbaiter  sich  da- 
rauf erhalten  und  seiner  obrigkeit,  was  die  ertragen 
mögen,  zu  rechter,  geburlicher  zeit  reichen  kann. 

Zum  neunten  der  frevel  halben  werden  auch  billig 
on  neid  und  suechung  aigens  nutz  tnit  (  Ii  ristlichen  mit- 
leiden und  aliein  um  gemeins  friden  un<l  nutz,  willen 
gebraucht,  auch  derhalb  billit^  aller  nei<i  und  hafs 
vciiniten,  und  kan  aller  fue^lirlist  1  ies»  l»el»en,  so  die- 
selben nil  anders,  dann  nach  rechtlicher  erkanntnus 
gesuecht  und  genomen  werden. 

Zum  zchenten  ist  billich,  wo  beweislich  angezaigt 
werden  kann,  das  gemeinen  oder  sondern  personen 
von  den  Obrigkeiten  wisen  oder  ecker  empfrembt 
sind,  das  soUchs  laut  des  artikels  abgestellt  werde. 


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—    136  — 


TodsfAtt.      Zum  ailften  mag  der  todfelMialben,  wie  von  wegen 
ander  zeitlichen  lang  hergebrachten  nutzung  vorge« 

Hielt  ist,  an  disem  ort  auch  gesagt  werden,  das  die- 
selben obrigkaitcn  den  bcsitzern  dersen>en  guter  der- 
niafsen  christlich  verlassen  und  sie  die  mit  di?;em 
geding  treiwilliglicli  angenomen  und  hergebracht  ha- 
ben, wo  sich  aber  beweislich  erlund,  das  derhailjcn 
eine  unbilüchc  neurung  aufbracht  worden  were,  das 
wurd  billich  abgestellt,  wie  solicher  artikel  anzeigt. 

Vorbehaliuog     Zum  zwelften  beschhi^artikel  mit  vorbehaltner  en- 

minder-  und  (^^.^11^  nach  dem  woit  tjottes,  ist  nieins  irj\.  hern  ge- 
mernng  nach        ,       ,  ^    ,  .  •  j  7 

dem  wort    "^^et  und  niaiiuiiiL:  nit.  dem  wort  guttcs  zuwider  oder 

gottes.     entgegen  zu  haiidchi,  wo  das  nach  rechten  verstand 

göttlicher  schrtft  mit  grund  angczaigt  werden  kan, 

sonder  mag  sein  gnad  leiden,  das  demselben  nach 

alle  vorgeende  ailf  artikel  gemainiglich  oder  sonderlich 

auf  zimblich  christlich  weg  und  mafs  gestellt  werden. 

Wo  die  gegenthail  die  zwetf  artikel  nit  disputiern  wurden. 

Item  so  die  gegentail  die  ailf  vergcende  artikel  dismals 
nit  disjjutiern  und  erclern  lassen,  sonder  soliclis  uf  ander 
zeit  nach  laut  des  zwelften  und  letzten  artikels  durch  vcr- 
stendig  und  unparteisch  personcn  zu  erkleren  und  zu  ent« 
Sebalden  stellen  wollten,  das  mag  durch  die  gesandten  bei 
demselben  auch  gelassen  werden. 

Nota :  Ob  sie  aber  begern  wurden,  niitler  zeit  mit  eine- 
men  zins,  gult  und  zehent  zu  ruen,  soll  inen  dasselbig  aus 
vorgemelten  Ursachen  billicher  und  fueglicher  weis  abge- 
laint  werden. 


Was  weiter  zu  bedenken  und  zu  thon  ist,  so  es  zu  ainem 

vertrag  kome: 

Item  so  von  einem  vertrag  zwischen  meinem  {jn.  hern, 
seiner  gn.  ritterschaft  und  gehorsamen  landschalt  an  einem 
und  dem  versamelten  häufen,  so  jetzt  au  der  Jagst  ligt,  am 
andern  theil  gehandelt  wurde,  darinnen  sollen  die  nachvol- 
genden  ding  bedacht  werden. 

Item  von  weme  und  wie  solicher  vertrag  von  wegen  der 
versamelten  baurschaft  verstentUcher  weis  vcrschriben  und 
versichert  werden  soll. 

Item  das  die  unterthonen  sich  mit  Zinsen,  gttltcn  und  an« 
dern  nutzungen  und  gehorsam  der  Obrigkeit  halten  und  er* 
zeigen,  auch  sich  desselben  notturftiglich  verpflichten. 


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—    137  — 


Item  das  sie  von  deswegen,  das  sie  den  versamelten 
pauro  zugezogen,  versichert  werden. 

Item  so  sie  aber  furon  streflick  und  verwurklich  handeln, 
das  dieselbig  straf  biliicher.  rechtmässiger  weis  furgenomen 
und  gebraucht  werden  mög,  damit  christlicher  und  brueder- 
Ucher  frid  bei  den  unterthonen  erhalten  werd,  das  on  ge- 
burende  straf  nit  gesrliehcn  könnt,  darum  auch  solic  lie  straf 
der  hosen  zun  Romi-rn  am  zu  trost   der   lYotnen  und 

forcht  der  l)oshat"tigcn  zu  gebrauchen  lauter  zugelassen  ist. 

Item  WCS  mein  gn.  her  an  flecken  oder  guetern  als 
ein  weltlicher  fürst  erblich  eingcnomcu  hat  oder 
noch  einnemen  wurd,  dem  genanten  geistlichen 
stand  zugehörig,  dawider  soll  die  baurschaft  und  ire 
helfer  nichts  handeln,  sonder  sein  gnad  dabei  helfen  hant- 
haben, und  mit  denselben  flecken  gehalten  werden,  wie  mit 
andern  irer  gnaden  unterthonen,  als  obsteet. 

Item  so  andere  versamelte  häufen  diesen  vertrag  zuwider 
und  entgegen  wider  meinen  gn.  hern,  seiner  gn.  ritterschaft, 
landsehaft  und  die  iren  handeln  wurden,  sollen  diese  häu- 
fen, damit  also  der  vertraf.:  ^'■esrhirht.  dasselbi^^  abwenden 
oder  meinem  gn.  hern  seiner  gn.  ritterschaft  und  laiidschaft 
vor  demsen)en  schützen,   schirmen  und  hanthabcii  helfen. 

Item  so  die  veroidenten  von  wegen  der  baurschaft  ver- 
sichert sein  wollten,  das  raein  gnediger  herr,  seiner  gnaden 
ritterschaft  und  die  iren  wider  die  baurschaft  disem  vertrag 
verwant  thetlich  auch  nit  handeln  sollt,  im  selben  sollt  aus- 
geschlossen werden,  was  mein  gnediger  herr  nach  laut  bun- 
discher, verschriebner  ainigung  zu  thon  schuldig  und  ver- 
pfiicht  ist.  Doch  mögen  die  gesandten  bewilligen,  weliche 
meins  gn.  hern  verwante  und  unterthon  den  versamelten 
häufen  zu  Inlf  ziehen  oder  schicken  wollen,  das  sie  sein 
gnad  daran  nit  \eriiindern  noch  strafen  soll. 

Item  wurden  sie  nit  zulassen  wollen  oder  a!)er  beigeren, 
das  mein  gn.  her,  der  marggraf,  eigner  person  btM  inen  sein 
und  helfen,  auch  geschutz  oder  volk  zu  rofs  oder  luefs  zu- 
schicken sollt,  soll  inen  damit  abgelaint  werden,  das  sein 
gnad  solichs  kaiserlicher  mt.  und  pundischer  Verpflichtung 
halben  nit  thon  konn.  Wollten  aber  die  verordenten  von 
wegen  der  baurschaft  on  diser  stuck  ains  ie  kaincn  vertrag 
annemen,  soll  solichs  zuvor  an  meinen  gn.  hei:n  wider  ge- 
langen. 

Item  wes  sich  dann  andere  mer  stuck  zutrugen,   die  die 

gesandten  für  hesrhwerlirfi  aiiselien.  nit  ablainen  k<jnntcn 
und  doeli  noch  vermog  di^er  irer  instruc  tion  nit  entlieh  zu 
bewilligen  maeht  betten,  sollen  tiie  gesandten,  auch  auf 
liindcrsichbringen  alles  in  n.  tagen,  zu  oder  ab  zu  schreiben, 


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—    138  — 


annemen,  auch  mittler  zeit  zwischen  allen  häufen  ein  frid- 
licher  anstand  beredt  und  verschaft  werden. 

Item  bei  dem  allen  soll  auch  angezaigt  werden,  das  mein 
gn.  her  diser  zeit  nit  aller  seiner  gn.  graven,  herren  und 

andern  adel  hab  zusammenbringen  und  gemelts  Vertrags 
halben  ir  iedes  insonderheit  bewilligung  erlangen  können. 
Und  dieweil  dann  derselben  etliche  verprennt  und  besche- 
(ÜLit  sind,  konn  sich  sein  gnad  ir  nit  anders  mcrhtigen, 
dann  welirhc  in  alles  das,  so  sich  mein  gn.  her,  marggraf 
Casimir,  gegen  der  baiirschaft  zu  thon  verbilligt  und  ver- 
schreibt, jet/o  alUiie  ck  rgleichen  nit  auch  zu  thon  bewIHigt 
und  derlialben  den  gesandten  von  irentwegen  zu  bewilligen 
gewalt  und  macht  geben  haben  oder  dergleichen  noch  in- 
wendig vierzehn  tagen  nach  dato  des  gemachten  und  ge- 
numen  abschieds  zu  Crailsheim  schriftlich  oder  muntlich  nit 
bewilligen,  die  sollen  auch,  wes  mittler  zeit  solicher  bewil- 
ligung irenthalb  thetlich  gehandelt  [worden],  in  disen  ver- 
trag nit  gezogen,  sonder  derhalb  bede  theil  unverpunden  sein. 

Nota:  Und  wetiche  vom  adel  in  solichen  vertrag  nit  be- 
willigen, der  soll  sich  mein  gn.  her  der  marggraf  nit  anemen. 

Item  was  nach  vermög  diser  Instruction  entlieh  vergleicht 
und  vertragen  werden  kan  oder  aber  gar  oder  zum  tail 

auf  ein  hindersichbringen  angenomen  wiird,  soll  alles  nach 
bester  form  in  srhrift  gestellt  und  durch  die  gesandten  von 
wegen  meins  gn.  hcrn,  seiner  gn.  ritterschaft  und  gehorsamen 
landschaft,  desgleichen  durch  die  liaubtleut,  rethe  und  \er- 
ordenten  der  versamelten  paurschaft  verbetschirt  und  unter- 
schrieben werden.  ' 

Item  es  mag  auch  solicher  abschied  und  vertrag  nit  all- 
ein von  wegen  nn  ins  gn.  hern  marggraf  Casimirs,  sonder 
darzu  auch  im  namen  niaiggral  Georgen  als  der  eltesten 
regirenden  gebruedere  gestellt  werden. 

Nota:  Kit  che  /.ü  setzen  [nemlich  der  Anschlufs  Mark- 
graf Georgs],  dann  wann  sie  es  begeren. 

Nota:  Wes  meins  gn.  hern  marggraf  Friedrich,  tuni- 
brobsts,  halben  durch  sonderliche,  pcrson  oder  aus  inen 
selbst  furgeschlagen  werden  mog. 

Diese  Instruktion  findet  sich  Ansbacher  ßauernkriegsakteu 
Tom  Hl.  fol.  13Ö  tf. 


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Anmerkungen^ 


l)  Spiefs,  Hrandenburgischc  Münzbclnstij^amgen  I.  195.  Die  Grafschaft 
'l'yrnl  läfst  ihm  —  Mk^f  ("asimir  durch  Leonhard  von  Fels,') 
Hauptmann  an  der  Ktsch  und  Burg^Tafen  von  Tyrol,  verbindlichsten 
Dank  abstatten.  17.  Juni  1508. 

2;  Archiv  für  Kunde  Österreich.  Ccschichtsqucllen  I.  Heft  2,  97  resp. 
114.  >Num  cum  sint  electorum  aniuü  prcporandi  et  sulTragia  ai>se- 
cuianda,  id  autem  fieri  nequeat,  nisi  üitervenientibus  personis  et 
magnts  genere  et  quarum  lides  in  maiestatem  suam  atque  progeni- 
tores  nostros  spectata  est,  que  et  grate  ipsis  sint,  cum  quibus  con- 
tractandum  est  et  que  Imigo  rerum  usu  exercitato  persuadere  et 
allicm  possint  Nos  maiestati  sue  nominandas  duximus  du.is,  quibus 
magis  aptas  et  ad  hanc  rem,  (juam  speramus,  concutiorcs  vix  uUas  alias 
repetiri  posse  rredimus.  videlicct  revercndos  dominos  Wilhehmmi, 
episcopum  Argcntinenscm,  et  Chr\ stnphorum.  rpisrnpmn  Augusten 
sem,  nr  ilUistrem  principeni,  ct>nbauguineuin  unvfruui,  dominum 
Casymirum,  marchionem  Br an denbu  r g  c nsc in*  etc. 

Das  Versprechen  findet  sich  bei  Spiefs  I.  195  ff.  Andere 
Belobung^  und  Dankschreiben  Karls  \.  vom  28.  Januar,  dann  eigen- 
händig vom  2.  Mai,  vom  29.  Juli,  alle  drei  von  Barcelona.  Am 
28.  Mai  t$2i  verspricht  Karl  dem  Markgrafen  das  erste  bedeuten- 
dere Lehen  —  wenigstens  30000  Dukaten  an  Wert-  -  Vergl.  auch 
Lang,  Neuere  Geschichte  des  Fürstentums  Baireuth  L  170. 

3)  Spiefs  I.  207.  Ober  Casimirs  Stellung  zum  Kaiserhaus  vergl.  auch 
Mötler,  Fränkische  Studien  IX.  3T0,  ebenso  das  dorterwähnte  Archiv 
für  Ost.  (jeschtchtsqueUen  1.  2,  97,  114. 

4)  Jörg  II,  8!  f*tr 

5)  Bratultnburj4cr  Kcligiunsakten  Ttun  II  fol.  7.  Kr  erhcbl  sich 
»scliv^achen  Leibes  .  um  <lie  Riesbaucrii /.u  strafen.  A  S.    V.X.  221  tf. 

6)  Menzingen  vergl.  I  h. /wcifcl,  wegen  Florian  Cicyer  A.  S.  T.  II.  200, 
wegen  der  EUwanger  Bauemräte  Zimmermann  II.  354. 

7)  Mkgf.  Casimir  an  die  Räte  23.  Mai.  A.  S.  T.  I.  332. 

8)  A.  S.  T.  X  59. 

9)  Markgraf  Casimir  an  die  Räte  4.  Juni.   A.  S.  T.  I.  395. 

to)  So  z.  B.  auf  einem  Brief  an  die  Räte  vom  10.  Juni  ein  Vermerk 
über  den  Tod  Florian  Geyers.  A.  8.  T.  I.  401. 

*)  PeU  ^  VöU. 


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—    140  — 


11)  Diese  Akten  tragen  dann  den  Vermeik  »Dominus  per  se<.  A.  S.  T. 
VI  II.  535,  oder  »dominus  per  se  ita  comisit«  mit  der  Ortsangabe 
»in  der  langen  Stuben«.  A.  S.  T.  III.  291«  315  u.  a.  O. 

12)  So  z.  B.  von  Speter  aus  A.  S.  T.  X.  94,  404  etc.  Durch  dieses 
stete  Hin-  und  Herschicken  wurde  der  Geschäftsgang  natürlich 
ziemlich  schleppend. 

13)  So  taddt  der  Markgraf  z.  B.  seinen  Günstling  Carl  von  Hefsbei^ 
hart  wegen  der  mangelhaften  Anstalten  zu  Schlofs  Colmbei^,  wo 
letzterer  Amtmann  war.   A.  S.  T.  I.  236.    16.  Mai. 

14)  Doch  darf  man,  wie  bereits  X'^oi^'t,  Markgraf  Albrecht  Alcibiades, 
I.  17,  Anmerkunj^  i  bemerkt,  nicht  hierin  —  wie  Jörg  —  dem  Rit- 
ter von  Lang  folgen,  der  überhaupt  von  Casimir  nur  ein  Zerrbild 
gibt.  Mafsregeln,  die  entschieden  den  klugen  und  weitsehenden 
Regenten  erkennen  lassen,  die  Einführung  der  Hrandenburgischen 
Halsgerichtsordnung,  die  von  Casimir  entworfenen  Berg  und  Wald- 
«rdnungen,  die  mit  ihrer  Zeit  vorauseilender  Klugheit  versuchten 
Mafsvereinfachungen,  sie  alle  werden  mit  der  Lauge  billigen  Spottes 
übergössen  und  ins  Lächerliche  gezogen.  Andererseits  werden  ihm« 
um  ihn  als  blutdürstiges  Scheusal  erscheinen  zu  lassen,  aufser  den 
von  ihm  selbst  verhängten  Strafen  noch  fast  alle  Exekutionen  auf- 
gebürdet, die  der  Schwäbische  Bund  in  Franken  vollstrecken  liefs, 
gleichviel,  ob  der  Markt^raf  bei  diesen  —  clie  übrigens  fast  alle 
falsch  und  meistens  übertrieben  angegeben  sind  —  überhaupt  nur 
anuescnd  oder  davon  unterrichtet  war  Lang  1.  162  fT,,  10^  Dal's 
Markgraf  Casiinn'.  der  Träger  der  kaiserli»  hen  resp  H  abshuri^isi  hcn 
Politik  in  Franken,  den  Baierischen  Herzogen  und  ihrem  Kanzler 
Hm.  Leonhard  Eck  sehr  unbequem  und  verhafst  war,  ist  bei  dem 
damaligen  diametralen  Widerstreit  der  Habsburgischen  und  Wittels- 
bachischen Politik  in  die  Augen  fallend  und  nur  naturlich.  Von  die- 
sem Gesichtspunkte  aus  sind  auch  die  auf  ihn  bezüglichen  Äufse- 
rungen  Ecks,  wenn  man  noch  seine  —  Ecks  —  bekannte  Derbheit 
im  Ausdruck  berücksichtigt,  leicht  in  ihrem  wahren  Werte  zu 
erkennen. 

15  Lang  I.  213. 

16  Voigt,  Albrecht  Alcibiades  I.  5. 
17}  Ebendaselbst  13. 

18)  Vergl.  X'nik't  19  ff.,  Lang  141  ff.  Bei  dem  Antritt  der  Regierung 
hatte  Markgraf  Casimir  bereits  53600  (iulden  Schulden.  Wenn 
provsen,  Geschichte  der  Prculsischen  Politik,  Teil  11,  Abt.  2,  456, 
Anmkg.  456.  die  Spielschulden  des  Markgrafen  auf  allein  50000 
C.nhlen  angibt,  so  scheint  das  eine  Verwechslung  zu  sein,  wenn 
man  die  .Strenge  und  .Sparsamkeit  desselben  bedenkt  und  damit 
folgende  Angabc  -  bei  \'oigt,  l'reufs.  Gesch.  y,  743,  Anmkg.  1  — 
über  des  Hofmeisters  Albrecht  Spielschulden  vergleicht:  »Albert  fit 
beaucoup  de  d(5penses  ä  Nuremberg  et  l'on  remarque  comme 

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141  — 


un  grand  ex€^s,  qu'il  y  perdit  600  florins  d'or  au  jeu«  ce  qui 
prouve,  que  cette  pas»on  ruineuse  n'etait  alors  si  commune«  etc. 
Über  die  Zähigkeit  des  Kaiserhauses  in  der  Regulierung'  von  an 
dasselbe  gestellten  Geldfordeningen  vergl.  aufser  Lang  und  Voigt 

auch  Droysen,  Teil  II,  Abt.  2,  456. 

19)  Vergl.  hierüber  die  Akten  des  mit  Öttingen  wegen  der  zu  Osthdm 

gefangenen  Riesl)au<'rn  und  ihrer  Schätzung  geführten  Prozesses 
A.  S.  T.  V'.,  wegen  der  Brandschatzung  der  armen  Leute  des  Adels 
A.  S.  T.  VIII  und  IX. 

20)  Briefe  des  Nurnl^erger  Rates  an  seine  Gesandten  zum  Schwabisclien 
Hund,  an  Ch.  Kreis  und  (  I  \'olkamer  vom  3.  April,  an  Cl.  Volkamer 
vom  6,  Mai,  an  Ch.  Krcfs  vom  9  Mai  und  15.  Mai.  Nürnberger 
Brief  buch  89,  72  ff.,  tyo,  183,  205  u.  s.  w. 

21;  Hierüber  zu  vergleichen  A.  S.  T.  II.  408,  daim  wegen  des  gefan 
genen  Engclfrichlein  Schätzung  T.  11.  415,  auch  T.  III.  52,  eines 
anderen  gefangenen  Bauern  halber  T.  VIII.  t6,  »des  alten  gefange- 
nen  mendleins«  halb  T.  IX.  270,  auch  T.  X.  96  etc. 

22)  Konzept  einer  Anklage-Schrift  gegen  Jöi^  Vogler.  Brandenburger 

Religionsakten,  Tom  I.  29. 
,23)  V.  der  Ltth,  Brandenburgischen  Reformadonshistorie,  43  ff. 

24)  Brandenburger  R.  T.  II.  Fol.  8,  teilweise  abgedniclct  bei  von  der 
Lith  133  ff. 

35)  Rurer  weigerte  sich,  dem  Landtagsabschied  von  1526  mit  seinen  Be- 
schränkungen der  evangelischen  Lehre  nachzuleben,  und  da  er  —  wohl 
mit  Unrecht  sich  vor  Gcu akthäti},^keitcn,  ja  vor  der  Auslieferung 
an  \\'iir/.l)ur^  l)t'S(>r^Lii  /u  müssen  j^'laiihtc,  entwirli  er  heimlich, 
so  (lafs  die  Ansbachci  (iemeinde  des  Seelsorgers  sich  plötzlich 
beraubt  sah.    v.  der  Lith  185  ff. 

Georg  V'ogtherr,  der  evangelische  Prediger  zu  Feuchtwangen, 
hatte  am  Himmetfahrtsfeste  nachdrücklich  gegen  die  Anbetung  der 
Heiligen,  auch  gegen  Kreuz-  und  Wallfahrten  und  andere  Zeremo- 
nien gepredigt  und  war  deshalb  mit  dem  eigentlichen  Pfarrer,  dem 
eiürig  katholischen  Chorhenen  Johann  Dietrich,  der  ihm  am  Sonn- 
tag Exaudi  in  einer  sehr  heftigen  Predigt  widersprochen,  in  einen 
heftigen  Streit  geraten.  Zugleich  wendete  sich  Dietrich  klagend 
an  den  Markgrafen»  dafs  V'ogtherr,  der  verbunden  sei,  eine  Kaplan- 
steile  7.U  \er\vesen  und  dafür  bezahlt  werde,  sich  weii:en\  mit  dem 
Sakrament  auszureuten,  Mefs  zu  halten  etc.  iJaraut  befahl  Casi 
mir  dem  I'redi^'er  V'o^fthcrr,  wenn  er  Hie  Besoldung  einzielutu  wi»lle, 
auch  alle  Obliegenheiten  des  KaplananUes  unweigerlich  zu  voll 
strecken.  Vt)gthcrr  remonstrierte  dagegen  mit  Hinweis  auf  seine 
Predigerthätigkeit,  die  solche  äufserliche  Sachen  vollständig 
ersetze.  Markgraf  Casimir,  der  keinem  von  beiden  Unrecht  zu  thun 
wünschte,  beauftragte  den  Amtmann  Wolf  Oflher,  beide  zu  vertragen. 
Dies  scheint  aber  wohl  mehr  im  Scherze  geschehen  zu  sein,  und 


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Markgraf  Ca»mir  hat  gewifs  gewnfst,  dafs  dies  ein  Ding  der  Un- 
tn<^tichkeic  sein  würde.  Bei  der  Besprechung  berief  sich  der  Chor- 
herr auf  das  kaiserliche  Edikt  wider  Luthers  Lehre,  auf  die  päpst- 
lichen Bullen  etc.  und  warf  Vogtherr  vor,  dafs  er  deutsche 
Messe  lese,  das  Abendmahl  unter  zweierlei  (icstalt  ohne  vorher 
f^(  lunde  Beichte  gdx-  er  wolle  ihn  deshalb  nicht  länjjcr  bei  der 
Pfarre  —  d.  h  als  Kaplan  —  dulden.  Da  sich  die  (ie^ncr  nirht 
vertraj^en  w  ollu  n,  befahl  ihnen  Wolf  Offner,  ihre  Beschwerden  si  hrilt 
lieh  einzureichen,  diese  schickte  er  dann  .Mark^iat  Casimir  nach 
Speyer  und  dieser  scheint  sie  -  ruhig  hcjjen  gelassen  zu  haben. 
Doch  mufs  Vogtherr  mehr  Vertrauen  zu  ihm  gehabt  haben,  weil  er 
sich  noch  im  gleichen  Jahre  —  Dez.  1526  —  verheiratete,  als  sein 
entflohener  Amtsbruder  Rurer  —  Brandenburg.  R.  T.II.  Pr.  N.36, 
37,  38.  —  V.  d.  Lith  187  AT.  gehegt  zu  haben  scheint 
26)  Vergl-  Nürnberger  Ratsprotokolle  von  1524,  auch  Jörg  143.  Anmer- 
kung 17.  Wenn  Jörg  in  der  Unterdrückung  des  Aufstandes  nicht 
die  Folge  der  Mafsregeln  Markgraf  Casimirs,  des  Bamberger  I>is(  hofs 
und  der  Nürnberger  sieht,  sondern  sie  auf  eine  iden  Aufstandigen 
von  kompetenter  Seite  zugekommene  Weisung:  man  sei  andenviirts 
auf  einen  sofort,  zu  heu erkstelli^enden  Losbruch  norh  ni(  iu  .L^etafst, 
und  die  Mit\vibt.enden  zu  I'orrhheim  hallen  mit  ihrem  voreiligen 
und  übereifrigen  Losschlagen  eine  hcK.hgefahrlu  lic  Ungcschicklich 
keit  begangen«  zurückfuhrt,  so  ist  das  eben  nur  eine  Annahme,  für 
die  der  Beweis  schwer  zu  erbringen  sein  durfte. 

27;  A.  S.  T.  IL  f.  1-148  enthält  eine  Unzahl  darauf  bezügliche  Schrei- 
ben und  Rechnungen. 

28)  A.  S.  T.  IL  83.   A.  S.  T.  IL  251. 

29)  A.  S.  T.  1.  36.  Schreiben  des  Markgrafen  an  die  Öliinger  Grafen 
vom  17.  März,  A.  S.  T.  1.  38,  an  Herrn  Caspar  Schenk  cod.  dat. 
A.  S.  T.  I.  18.   Zusage  Graf  Ludwig  des  älteren  von  Ottingen. 

30)  Thomas  Zweifel  40.  Wenn  die  dortige  Datierung  richtig  wäre,  so 
hätten  wir  in  dem  zersprengten  »wursthof«  (v.  26.  28.  Febr.)  einen 
Vorläufer  der  gestörten  Einladung  zu  dem  >s.'iusack*  (v.  19.  März). 
Es  unterliegt  aber  wohl  keinem  Zweifel,  dafs  beides  dassdbe  Ereig- 
nis und  die  erstere  Datierung  ein  V^ersehen  ist, 

311  A.  S.  T.  1. 

32j  Nach  lifftuhemi  sollten  8üü,  nach  Creghnijen  300,  CraiisiuMm  500, 
Beniberg  und  Werdeck  550,  Coiinl)erv,'  und  1  cntersheim  300,  Holicn- 
eck,  Üergel  und  Hernlieim  400,  1  cueluuaag  vmd  NeustatU  je  el)en- 
soviel  I'fcrde  kommen,  desgleichen  nach  Lobenhau.sen.  In  die 
übrigen  Ämter  wurde  nur  ausgeschrieben,  in  Bereitschaft  zu  sitzen. 
A.  S.  T.  IL  253. 

33)  Dafs  ähnliche  Mafsregeln  nicht  immer  gut  ausschlugen,  vergl.  Fries  67. 

34)  Bericht  Herrn  Caspar  Schenks  vom  30.  März.  A.  S.  T.  IV.  122. 
Brief  des  Markgrafen  an  denselben  v.  29.  März.   A.  S.  T.  III.  289. 


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I 


35)  Bei  Zinunermann  I.  424  (f.  findet  sich  fiir  den  Deininger  Haufen 
37.  März.  Bei  Fries  8  heifst  es:  »so  ist  kuntschaft  hieher  komen, 
das  die  bauren  am  Ries  auch  ufsein  und  sich  uf  ainem  beT;^  ver- 
samlet,  den  die  marggravischen  bauren  sehr  zuIauOcn  sollen«  etc. 
unterm  21.  März.  Über  den  Verlauf  des  Aufstandes,  der  hier  nur 
soweit  berührt  wird,  als  er  sich  auf  markgrätische  Unterthanen  ver- 
breitet, vcrj;!.  femer  Bensen  386,  Jörg  123  H",  Ikiumann  1.  255  etc. 

36)  Brief  Jih  k  Haberkoms  an  den  Markgrafen  v.  29.  März.  A.  S.  T.  1. 46. 
371   Th.  Zwriffl  157. 

38;  Auch  au.s  dcui  Amte  Flughngen  traten  einzelne  in  Verkehr  mit  den 
Riesem,  so  ritt  Linhart  Freu  in  das  Lager  zu  Deiningen.  A.  S.T.  1 1 1.  259. 
Bericht  des  dortigen  Amtmanns.  Selbst  einige  Unterthanen  Nüm- 
bergs  müssen  sich  zu  ihnen  geschlagen  haben.  Schreiben  Nürnbergs 
an  die  Geheimen  des  Rats  zu  Nördlingen.  Nürnberger  Briefbuch 
89.  tl6. 

39)  Fries  46.   Schreiben  Casimirs  an  Bischof  Conrad  vom  9.  April. 

40)  Fries  72.    Abschied  der  Riite  vom  12.  April. 

Naher  auf  die  \  rrj,n  ])li(  hen  Neustädter  Tagsatzungen  wie  auf 
die  frui  htloscn  ünterhandlungt  n  mit  Rothenburg  einzn^fhrn,  schien 
sirli  nirht  zu  empfehlen,  da  tlieselljen  bei  Frirs  und  Zv\(  if(»l  in 
grufbcr  .AtisfiihrlichkeiL  dargestellt  sind,  neu  aber  nur  Unbedeutendes 
hinzuzufin4(  n  i^cwesen  wäre. 

41;  Schieiljcn  des  Markj^rafcn  an  llisi  liof  COnrad  14.  April.  Fries  93. 
Auch  gegen  den  Schwäbischen  Hund  rühmte  sich  Casimir  seines 
erfolgreidien  Ehaschreitens  gegen  die  Richer:  »die  grafen  westen 
sdbs»  als  sich  die  underthanen  emporung  vergangens  iars  erstlich 
im  Ries  begeben  hat,  wie  inen  mein  gn.  hr.  mgf.  Casimir  daze- 
mal  durch  etlich  der  sdnen  zu  rofs  und  fufs  ir  stat  Ottingen,  so 
tnen  auch  umfallen  wollen,  behalten  helfen  und  dadurch  dem  \  er 
samelten  häufen  zu  Deiningen  vor  Nördlingen  ain  solch  erschrecken 
gemacht,  das  sie  sich  dazemal  wider  von  ainander  gethan  und  int  n, 
den  graven  als  ircn  licrrcn  von  neuem  gehuldii^^t  hettrn'.  A.  S. 
T.  V.  160.  Mag  nun  (  .isiniir  hiebei  auch  den  Mund  etwas  voll 
nehmen,  und  bei  der  Zerstreuung  des  Deinini^er  Haufens  noch  ganz 
andere  Motive,  wie  der  infolge  der  Kontrercvolution  in  Nurtllingen 
im  Lager  eintretende  Mangel,  der  Abschlufs  eines  \  ertrages  v/immer 
mann  I.  424  ff.),  mitgespielt  haben,  so  wird  man  immerhin  zugeben 
müssen,  dafs  auf  das  nördliche  Ries  die  Haltung  und  das  Schicksal 
von  Otlingen  von  Etnflufs  gewesen  sein  dürfte. 

42)  Schreiben  des  Markgrafen  an  Nürnberg  v.  7.  A|)rU.   A.  S.  T.  X.  8. 

43)  Schreiben  des  Markgrafen  an  den  Schwabacher  Amtmann  v.  6.  April. 

nr*  ^« 

44)  Wolf  Christoph  von  Wiesentau,  der  Amtmann  zu  Schwabach,  hatte 
über  eine  diese  Fragen  behandelnde  Unterredung  mit  den  Nüm- 
berger  Ratsherren  Groland  und  Nikolaus  Haller  einen  die  Haltung 


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des  Rates  sehr  günsdg  bettrCeilenden  Bericht  erstattet.  (28.  Man.) 
A.  S.  T.  II.  159. 

45)  Dieses  höchst  merkwürdige  Schreiben  des  Rates  Vinn  10.  April  steht 
Nürnberger  Briefbuch  89.  114. 

Die  Kälte  der  Haltung  Nümbeigs  gegen  Casimir  erklärt  sich 
aus  dem  Mifstrauen  der  Stadt,  die  in  ihm  ihren  Erbfeind  erblickte. 

Sie  weigerte  sich  auch  infolge  dessen  ihm  40  Pferde,  die  sie  an  dem, 
dem  Markgr<if(  n  vom  Bund  zuerkannten,  Zusatz  getrofTen  hätten, 

zuzuschicken  und  zahlte  erst  später  eine  Summe  Geldes.  Brief  an 
Nürnberger  Bundesrat  Ch.  Krefs  vom  3.  April.  Aus  dem  Nürn- 
berger Brief  buch  89.  72-  74. 

46}  Schreiben  des  Markgrafen  an  die  Herzoge  Wilhelm  und  Ludwig 

von  Baiern.    A.  S.  T.  I.  76. 

47)  Schon  am  22  März  war  hesrhlossen  worden,  »in  alle  pfle^' «schreiben 
und  bc\  (  Ih  thon,  wo  si  gewar  werden,  d:is  sich  die  paurn  rotirn 
und  \  crsMinmlung  machen  wolten,  «;ollen  sit;  solches  fiirderlirh  herein 
zu  wissen  thun«.  RaLspruiukullc  1524.  Xlll.  Am  S.  Apiil  folgten 
die  weiteren  Beschlüsse :  »den  hauptleuten  von  Enterndorf  ir  getliane 
Zeitung  zu  bezalen  und  mit  inen  hinaus  [einen]  schicken,  der  den 
Nümbers^schen  bericht  thue  der  aufrurigen  paurschaft  ungeschickten 
Wesens  und  wie  si  ilzo  schaden  darob  empfangen  und  inen  gepieten, 
sich  irer  handlung  nicht  anhengig  zu  machen,  man  wöU  inen  sovil 
möglich  vor  sein«,  »und  dergleichen  soll  man  auch  drucken  lassen, 
[um]  zetteln  in  alle  hauptmanschaft  ze  schicken,  doch  zuvor  beim 
rath  hören  lassen«,  Ratsprotokolle  1524.  XIV.,  dann  am  11  April: 
»mit  vleifs  erfahren,  wrr  die  sein,  so  die  vcr^^m^'^en  nacht  zum  ("l  afts- 
hof  mit  aini  fenlein  lerman  umj^csla^en  und  die  Icut  zu  dt  ii  paurn 
ic  ziehen  aufgemahnt  haben  und,  wo  man  (iicscllx  n  betreten  nia^'', 
die  anzunemen  und  herein  zc  fum.  Darneben  m  alle  hauptm.m 
schaft[eni  befehlen,  wo  dergleichen  lerman  oder  aufpot  mcr  ge 
schehen,  dieselben  handzehaben,  woll  man  von  der  einem  ein 
monatsold  geben«.  RatsprotokoUe  1524,  XIV.  und  viele  ähnliche 
Beschlü^.  Es  legte  der  Rat  auch  reisige  Diener  in^die  Haupt- 
mannschaften auf  dem  Lande,  um  Aufwiegler  festnehmen  zu  lassen. 
Brief  an  Ch.  Krefs  etc.  vom  ii,  April.   Brief  buch  89.  107. 

48)  Aufmahner  waren  ein  Nürnbeiger  Bauer  von  Gutsberg,  >  Pewerlein« 

genannt,  und  ein  Hintersasse  des  Nürnbei;^»  r  Geschlechters  Muffel 
von  Weifsmannsdorf  »Hense  Stollein«.  Sk  ritten  in  die  Dtirfer  und 
mahnten  allenthalben  auf,  dafs  >sie  sich  zustund  an  erheben  und 
ufs  stä  rkst  iif  Kurt  tmd  Kn<»l>l(«insland  zu7irlieii  "^srillti  nl,  dan  welirhfr 
das  nit  ihet,  den  v  urdcn  (ite  pauem,  dt  1  tili<;h  vil  tausend  daseüist 
bei  häufen  liycnidc,  eic^t  hlatfcn  und  vci preimen« .  Auf  des  Kastners 
Erkundigung  stellte  sich  hei.ius,  dafs  zwar  der  l  ag  oder  <lic  l  nier 
rsdung  von  Reidielsdorf  und  Schweinau  staitgt^fundcn,  ein  Bauern- 
häufe  aber  gar  nicht  beisammen  sei.   Alles  übrige,  was  er  über  die 


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Unnihen  erfuhr,  beruhte  auf  Gerächten  und  Hörensagen.  Doch 
verhehlte  er  nicht,  dafs  wenn  die  Bauern  vor  Nürnberg  im  Knob- 
lauchsland wirklich  abfielen,   auch  für  seine  Amtsverwandten  zu 

fitrrhten  sei.  S(  hreiben  des  Kastners  Peter  Jaegcr  an  den  Amtmann 
von  Cadolzburg,  Siegmund  von  Hefsberg,  vom  12.  April.  A.  S. 
T.  X.  32. 

49;  Schreiben  des  Kastners  an  Markgraf  CasLoiir  vom  17.  April.   A.  S. 

T.  1.  93. 

50)  Doch  fehlte  es  auch  in  Ansbach  nicht  an  Unzufriedenen.  So  bezeich- 
net der  Würzburger  Kanzler,  Johann  Brieve,  den  Ansbacher  Zustand 
charakteristisch  mit  den  Worten :  »es  ist  zu  Onoldsbach  auch  nit 
glaslauter'.  Fries  179.  Die  Ücibllichkeit  mufsle  übrigens  später 
daselbst  auch  an  den  bürgerlichen  Lasten  teilnehmen:  »und  haben 
burger  müssen  werden,  thon  alle  beschwerde  mitmachen,  raisen  etc., 
wie  ain  anderer  burger«.  »Derhalben  wir  jetzunt  gunstig  burger 
haben  und  friedsam  gegen  uns«.  Schreiben  Joseph  Feyerabendts, 
Chorherm  zu  Anspach.   Oechsle  429. 

51)  Die  Crailsheimer  Gemeinde  kl^fte  darüber,  dafs  man  sie  fiilschlich 
beschuldige,  als  ob  sie  sich  »empören  und  ungehorsam  halten« 
wollte,  auch,  dafs  der  Amtmann  vor  Vogt,  Burgermeister  und  Rat 
sie  mit  hohen  Schmähworten  dessen  beschuldige.  In  ihrer  desfall- 
sigen  Eingabe  vom  i.  April  an  Markj^raf  Casimir  beteuert  sie  aufs 
wärmste  ihre  Treue  und  bittet,  sich  nicht  durch  solche  Verleumdungen 
gegen  sie  bewegen  zu  lassen.  A,  S.  T.  III  136.  Der  Fürst  gab 
eine  gnädige  Antwort,  es  seien  viel  leichtfertige  Leute  bemüht,  Auf- 
ruhr und  Empörung  zu  machen,  er  messe  aber  keineswegs  die  Schuld 
dem  Rate  oder  der  Gemeinde  bei.  Er  habe  nun  einige  seiner  Räte 
abgeordnet,  sich  dieser  Sachen  zu  erfahren  und  die  Schuldigen  zo 
bestrafen,  nicht  allein  ihm,  sondern  auch  der  («emeinde  zu  gut,  der 
er,  wenn  sie  —  wie  er  nicht  zweifle  —  getreulich  bei  ihm  sich  hal* 
ten  würde,  seinen  Schutz  und  Erkenntlichkeit  versprach.  »Antwort 
der  Gemeinde  Crailsheim  zu  geben«  vom  2.  April.  A.S.  T.  III.  137. 

52)  In  der  Entschuldigung,  die  »gros  und  klein  gemeinde  zu  Feucht- 

wang^<  an  den  Markgrafen  richtet,  sucht  sie  sich  zuerst  wegen  der 
freveln  Reden  wegen  nicht  zu  bewilligender  Öffnung  der  Stadt  für 
den  Markgrafen  und  die  Reisigen  zu  rechtfertigen.  Was  wegen  und 
während  des  Hinausführen'^  des  Getreides  vor^^ekommcn,  führen  sie 
auf  die  Unbilligkeit  in  der  ikhandhm«,'  der  (ieij>Uichcn  und  dagegen 
I         der    armen*  aus  der  Gemeinde  zuruek,  es  wäre  wohl  gut,  U.ils  man 
'         das  Cieireide  bei  den  jetzigen  Zeiten  zurückbehalte,  damit  die  Stadt 
I        im  Notfall  versorgt  sei.    Dann  beklagen  sie  sich,  dafs  Dechant  und 
Kapitel  trotz  Casimirs  und  des  Landtagsschlusses  Verordnung  keinen 
evangelischen  Prediger  gesetzt  habe ;  sie  hätten  beschlossen  —  wenn 
^      dies  nicht  geschehe  —  selbst  einen  solchen  zu  berufen.   Dafs  sie 
beratschlagt  hätten,  was  zu  thun,  wenn  die  Bauern  kämen  und  die 

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Pfaffen  strafen  wollten,  auch  dafs  die  Pfaffen  was  sie  aus  der  Stadt 
geflüchtet  wieder  herein  führen  oder  selbst  draufsen  bleiben  sollten, 
das  wäre  mit  Wissen  des  Vogtes,  H  ür^-^e  i  ni  e  i  sters  und 
Rates  vorsorglicher  Weise  ^'eschchen.  Sie  bitten  s(  hlicfs- 
lieh,  dies  alles  nicht  falsch  auf/Aifasscn  und  beteuern  ihre  Er^^eben- 
hcit.  A.  S.  T.  Iii.  240.  Der  Markgraf  verbot  ihnen  eigenmächtig 
gegen  den  Prediger  vorzugehen;  wenn  er  jedoch  das  Evangelium 
nicht  rein  und  lauter  verkünde,  sollten  sie  es  an  ihn  gdangen  lassen, 
er  würde  das  Nötige  verfugen.  Die  Bauern  über  die  Geisdichkeit 
in  die  Stadt  fallen  zu  lassen,  verbot  er  bei  Strafe  Leibs  und  Guts; 
sollten  sie  deswegen  angegriffen  und  bedrängt  werden,  würde  er  sie 
zu  schützen  wissen.  Den  Versuch,  ihm  sein  Hoheitsixcht  der  .Stadt 
Öffnung  zu  beschränken,  wies  er  energisch  zurück;  idlcnfallsige  Auf 
rührer  befahl  er  tjcrini^lich  anzunehmen,  um  Unrat  und  Schaden 
zuvor/ukuinnun.  .Schreiben  vom  4.  April.  A  S  T.  III.  247.  \'ergl. 
ferner  sein  Schreiben  an  den  Haus\ogt  vt>iu  ji.  März.  A.  JS.  T.  III. 
229.  Dessen  Bericht  vom  3.  April.  A.  S.  T.  III.  241.  Casp.ii 
Utzmans,  Karl  Dobers  und  Jörg  Histniaiers  Entschuldigung.  A.  S. 
T.  III.  252. 

53)  Seifried  Plomblein  —  auch  »Seuverle  Plümble«  genannt  — ,  Amts- 
verweser und  Vogt  zu  Feuchtwang,  an  den  Markgrafen.  Schreiben 
vom  6.  April.  A.  S.  T.  III.  253.  Casimir  an  Bürgermeister  und 
Rat  zu<  Feuchtwang  7.  April.  A.  S.  T.  Iii.  254. 

54)  A.  S.  T.  III.  241. 

5$)  Dieser  erste  Kitzinger  Aufstand  wird  hier  nur  kurz  gegeben,  weil 
Kitzingen,  zur  Wirkungssphäre  des  grofsen  Fränkischen  Heeres 
gehörend,  nur  mittelbar  hieher  zu  beziehen  ist.  Ausfuhrlicher  bei 
Hieron>'mus  Hammer:  Geschichte  des  Kitzinger  Rauemkriegs,  her- 
ausgegeben vom  historischen  Verein  für  ünterfranken  und  Aschaffen- 
bürg.    145  ff. 

56)  Fries  143,  169  ff. 

57^  A   S  T.  II.  224 

58)  Schon  am  2<).  Apiil  einem  .Sonntag,  wurde  es  zu  .Srhunbaeh  öffent 
lieh  vom  R.iihaus  iierab  vfrkiindet  Nürnberg  uoUic  .-»(»iort,  dafs 
die  licu  illigung  des  WildpieL>.t  hiebeab  Auch  auf  seine  1^  ntcrthanen, 
die  unter  markgrätiscliem  Wildschaden  schwer  litten,  ausgedehnt 
weide,  und  wies,  bis  es  sein  Bundesrat  bei  den  Ständen  desselben 
erlangt  habe,  einstweilen  seine  armen  Leute  an,  dem  Ansbacher  Ab- 
schied nachzuleben.  Brief  an  Cl.  Volkamcr  vom  4.  Mai.  Brief- 
buch 89.  166.  Es  scheint  aber  deswegen  mit  dem  Markgrafen  Streit 
bekommen  zu  haben,  so  dafs  das  Wild  vsieder  zu  schonen  befohlen 
werden  mufste.    Kamann,  Nürnberg  im  Baucrnkncg,  17. 

59  Der  Aufwechscl  am  (■(»Id  war  damals  höchst  bcch  utcml.  In  \iiin- 
bcrg,  wo  die  gleiche  Beschwerde  auftrat,  wurde  damals  1  dulden 
rhcin.  auf  8  d  12  ■«)  und  i  Cjulden  Stadtwährung  auf  9  4  2  an 


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Münze  —  als  Ermäfsigung  —  bei  Bezahlung  des  Krbzinses  etc. 
festgesetzt;  ebenso  sollte  \on  nun  an  das  >Ungeld*  zur  Hälfte  in 
Miinyre,  zur  Haltte  in  Gold  bezahlt  werden  dürfen.  Nürnberger 
Katsbuch  i  >.  1 6    i y . 

60)  Werbung  iler  niarkgräfischcn  ( icsandtschuft  an  Nürnberg  vom  23.  Mai. 
Nürnberger  Ratsbuch  13.  f.  14. 

61)  A.  S.  T.  II.  224. 

62)  Baumann,  Quellen  I.  267. 

63)  Von  der  Lith,  Reformationshistorie  142  C 

64)  Baumann  1.,  bei  Knebel  267.  Anhausen  an  der  Wörnitz  wäre 
natörlkh  Auhausen,  und  es  wäre  dann  der  Abt  Georg  Truchsefs 

von  Wetzhausen.  Wahrscheinlicher  ist  aber  der  eifrige  Vorkämpfer 
des  Katholizismus  Prior  Reinhart  von  Anhausen  —  Oberamt  Crails- 
heim —  gemeint. 
65^  .A.  S.  T.  11.  149.  151. 

66;  Zimmermann  II  351  iJals  ein  suluntler  Ausschufs  der  Landschaft 
beieinander  bleiben  solle,  findet  sich  nicht.  Vielleicht  ist  der  zweite 
nicht  zu  Stande  gekommene  Landlag,  der  auf  den  8.  Mai  aus 
geschrieben  wurde,  gemeint,  wo  der  Markgraf  den  Befehl  gibt,  mit 
der  Landschaft,  »welche  euch  für  gut  darzu  ansehen«,  zu  ratschlagen, 
wie  dem  Aufruhr  zu  steuern  wäre,  auch  was  man  beiden  Haufen 
für  eine  Antwort  geben  soll.  A.  S.  T.  II.  A.  S.  T.  I.  187. 

67)  Jörg  469  ff. 

68)  Ebendaselbst. 

69;  Amts\  erweser,  Kastner  etc.  etc.  von  Schwabach  an  Markgraf  Casi- 
mir.   Schreiben  vom  22,  April. 

70^  Jörg  469  ff. 

71;  Bensen  387. 

72)  Zimmemiann  11.  346.  347,  der  f  i^i  wörtlich  dem  historisch  di|)loma- 
li-schen  Magazin  für  (la->  X'.itei I and  etc.  1782,  2.  Hand,  i.  Stück  folgt; 
dort  ;mch  (\rr  Aufiii.ihn«  l)riei  an  Peter  liäuerlein,'  den  (Irnfsvater 
des  Spalier  herhaiUen  \\  nlf;^.  Af^iicola.  Nach  (iangauf.  Hauern 
krieg  im  tichsiadtiscliLu,  Jalugang  Will,  des  historischen  \  ereins 
in  Mittel  franken,  wäre  der  Anschlufs  zweifelhaft. 

73j  Die  L'nruhen  in  Kichsi.ull  begannen  schon  >in  der  fasten  vor  dem 
pidmtagc«.  Als  Seele  der  Bewegung  erscheint  der  TuchniaeluT  und 
Viertelmeister  Hans  Heule.  Hans  Zegelin  von  Limbach,  Hans  Spies 
von  Untermessing,  Martin  Stumberger  von  Forchheim  wirkten  für  die 
Bauern  in  der  Stadt  und  standen  mit  ihm  in  Verkehr.  Der  Bischof, 
Herr  Gabriel  von  Eyb,  zog  sich,  als  die  Bewegungspartei  die 
Oberhand  erhielt,  auf  die  feste  Willibaldsburg  zurück,  doch  scheint 
es  zu  keiner  eigentlichen  Belagerung  gekommen  zu  sein.  Gangauf 
S.  80  ff. 

74)  Bensen  387  und  nach  ihm  Zimmermann  II.  346.  Baumann,  Quellen 
f  18.  713.  784.   Gangauf  hat  8000. 

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75^  A.  S.  T.  1.  lor. 

76)  Nach  Knebel  -  Baunumns  Quellen  252  und  254  Yw^t  der  Haufe 
bx'i  Kupniarsberj^'  Kiippmansburg  oder  Kupmansberg  nordwestlich 
von  C.rcdiiij;,  siidwcstlit  h  von  Thalmessing  --  bei  Gangauf  auf  dem 
»Ruttmannsberg«.  Dagegen  tindet  sich  S.  86,  87  der  CJbermessingcr 
Berg  und  Obermessing  als  Lagcrort  der  Bauern.  Es  scheint  dies 
richtiger  zu  sein,  da  ja  die  Bauern  das  Schtofs  Obermessin^  ein- 
genommen hatten.  In  dem  Briefwechsel  Markgraf  Casimirs  mit 
dem  Amtmann  von  Stauf  findet  sich  stets  der  »Messinger  berge  als 
Standort  des  Haufens  —  A.  S.  T.  X.  40  und  43  —  ebenso  bei 
Th.  Zweifel  277,  auch  im  Schreiben  Nürnbergs  an  Bischof  Gabriel 
über  die  Verhandlungen  mit  dem  Haufen  steht  der  >  Messinger  pei^g«. 
Obermessingon  «reihst  haben  Thoman,  Holzwart  und  Cochläus  — 
Baumann  Quellen  iiS,  713,  784.  — 

Es  scheint  also  i>ei  Knebel  und  ( ianj^aul  eine  Verwechslung 
von  Thahne>^sin>^  mit  ()ber-  und  Unlermessing  vorzuliegen.  Zim- 
mermann II.  346  verlegt  gar  das  Schlofs  Landeck  auf  den  Ober 
messinger  Berg. 

77)  Mtirkgraf  Casimir  sandte  dem.  Aniimann  am  24.  April  Munition  und 
befahl  ihm,  wenn  er  von  den  Bauern  bedrängt  würde,  zwei  Feuer 
im  Schlosse  nebeneinander  aufstecken  zu  lassen:  das  würden  die 
Amtleute  von  »Stein«  und  »Haydeck«  —  an  die  er  deshalb  beilie- 
gende Briefe  übermitteln  solle  —  an  ihn,  den  Fürsten,  gelangen 
lassen,  und  er  ihn  entsetzen.  A.  S.  T.  X.  40^  41,  43. 

78)  A.  S.  T.  I.  101. 

79)  A.  S.  T.  L  435, 

80)  Brief  des  Markgrafen  an  Roth  mit  der  Vorschrift  einer  Antwort  an 
die  Bauern.  Rother  Stadtbuch,  38.  Jahresbericht  des  hist.  Vereins 
für  Mittelfranken. 

81)  Doch  daif  man  diese  Aussage  nur  mit  Vorsicht  auffassen:  später 

mufste  z.  B.  der  Staufer  Amtmann  die  Drohung  hören,  man  wolle 
k(  inen  Stein  auf  dem  andern  lassen,  und  zwar,  nachdem  der  Auf- 
ruhr bereits  niedergeschlagen  worden.    A.  S.  T.  III.  228. 

82)  Dieser  Geistliche  sagte  unter  andcrm  weiter  aus,  Mahnbriefe  hätte 
er  «in  einige  Florken  ^esc  hi lelx  a,  Anschlage  auf  das  Srlilols  SiAuf 
und  auf  »llyseln  —  sohlen  —  hätte  »Reit  Jörg«  und  ci  keine 
zusammengemacht,  da  ihm  der  ersterc  gar  nicht  getraut  habe.  Der 
Amtmann  zu  Eysölden  habe  das  Beste  ins  Schlofs  Stauf  geflüchtet, 
man  habe  darüber  geredet,  aber  keinen  Anschlag  gemacht,  Grcding, 
»Hirspergc  und  »Pcrchdngc  —  das  heifst  wohl  die  Bauern  um 
Perchting  —  und  »doselbst  den  giund  hinab«  hätten  einen  Plan 
auf  Eichstädt  gefafst.  A.  S,  T.  III.  19.  Einer,  den  er  nicht  kannte, 
sei  gekommen  und  habe  gesagt,  wenn  sie  vor  die  Stadt  kämen, 
würden  sie  eingelassen  v\ erden,  eod.  loc.  Doch  gelang  es  den 
Dauern  nicht,  Eichstädt  zu  sich  zu  ziehen.    Hans  Gundelthaler,  der 


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^    149  — 


alle  Westenmiiner,  überbrachte  ein  Aufmahnschreiben  der  Haupt- 
leute des  Haufens  zu  Greding  —  wo  sich  meistens  das  Hauptquar- 
-ticr  und  die  Kanzlei  befunden  zu  halien  scheint,  vergl.  den  Auf- 
mahnbrief an  Wolfgang  Ayricolas  (iiofsvatcr  —  vom  24.  April, 
aber  trotz  seiner  liigm  risclien  V'orspici^elunKcn,  als  ob  Nürnberg 
und  Weifscnhurg  (k-n  Bauern  Hilfe  zuschickten,  Ktlang  es  dem 
Rat,  iHc  ( li  nicindc  vom  Anschlufs  zuriicluuhaltcn,  uiu  so  leichter, 
da  selbst  Hans  Heule,  der  von  der  mangelhaften  Bewatlnung,  der 
schlechten  Zusammensetzung  und  Disziplin  des  Haufens  durch  seine 
Kundschafter  unterrichtet  war,  klüglich  vorzog,  den  GenuUiüglen  zu 
spielen,  besonders  seit  Bischof  Gabriel  mit  ihm  in  Beziehungen 
trat.  Gangauf  86.  IT.  Zum  ersten  Teil  der  Anmkg.  veigl.  A.  S.  T. 
III.  228. 

83)  Der  Pfarrer  Nagel  »hat  brief  aus  dem  Frenldschen  her  bracht,  den 
petu-en  zugefuit,  die  leut  geroant,  der  Erlacherin  das  ir  genommen«. 
A.  S.  T.  Hl.  228, 

84)  PlanksteCten  wurde  den  25.  April  vom  Untermessinger  Haufen  ge^ 
plündert.  Jahrg.  t6,  75  des  bist.  Vereins  von  Mittelfranken.  Baumann 
Quellen  713.   Zimmermann  II.  346. 

85)  Zimmermann  II.  346. 

86)  Diese  Eichstadtischen  Schlösser  hat  Gangauf  84. 

87)  Jörg  465. 

88)  Schreiben  des  Markgrafen  an  Caspar  von  Seckendorf,  Amtmann 
zu  Schernberg'-,  jetzt  zu  Kllinj^'-en,  vom  28.  April.  A.  S.  T  II.  171. 
Auch  später  gewährte  Casunir  dem  Landkomtur  durch  eine  Anzahl 
Fufsknechtc  Schutz     A.  S.  T.  X.  62. 

89)  Jörg  466.  Casimir  ersuchte  er  am  25.  April  zweimal  um  Hülfe.  A. 
S.  T.  I.   106,  108.    Antwort  des  Markjyrafcn  A.  Ü.  T.  1.  uz. 

90)  Ober  die  ersten  vergeblichen  VerhandhmgeQ  und  die  Antwort  der 
Bauern  vcrgl.  Jörg  466.  Nach  dem  Schreiben  Nürnbergs  an  Bischof 
Gabriel  vom  30.  April  —  Brief  buch  89,  1 54  —  dagegen  gaben  die- 
sdben  den  Gesandten  der  Stadt  zu  verstehen,  »das  si  von  unserm  gn. 
hm.  hertzog  Fridrich,  pfalzgraf,  marggraf  Cazimim  zu  Brandenburg 
und  denen  von  Wolfstein  deshalb  auch  angesucht  sind,  wolten  also 
den  vier  theilen  guthcher  handlung  gestatten  und  uns  in  dreien  ta- 
gen mittel  die  si  crli  iden  mochten,  auch  mafs  und  statt  anzeigen, 
defs  i^ewarlcn  wir  iiocli«  etc. 

91)  Wo!f  von  \\  ibcntau  an  Casimir,  der  ihn  hei m.L;cf ordert,  und  dessen 
Erlaubnis,  bis  Dünne rt>Uig  bei  Friedrich  zu  bleiben.  Schreiben  vom 
30.  April  und  I.  Mai.    A.  S.  T.  II.  405,  406. 

92)  Jörg  466  ff, 

93)  Zunmermann  II.  346. 

94)  Jörg  467,  nach  Gangauf  hätte  dagegen  Scblofs  Htrschberg  sich 
gehalten,  und  die  Bauern  bei  dem  Versuche,  es  zu  nehmen,  schwere 
Verluste  erlitten. 


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—    150  — 


95)  Thomas  Zweifel  277:  »sein  die  paum  all  zerstreut  und  [uf]  flüch- 
tigen Alfs  gesetzt,  jedoch  in  ainem  alten  zerprochen  schlofs 
den  hauptman  der  paum  seil)  vierd  geAinden,  die  sind  also  im 
feld  enthaupt  worden«.  Vergl.  dagegen  über  Obennessingen  Bau- 
mann Quellen  118,  Anmkjj.  3. 

96)  Jörg  467.  Jedoch  sind  in  den  14  Enthaupteten  wohl  auch  die  8 
zu  ("ifcding  inbegrifTcn     Vergl.  Zweifel  277. 

97)  Diese  acht  Gerichteten  fielen  wohl  nicht  unter  die  Kapitulations 
bedin^ungcn.  Th.  Zweifel  277:  •defs^'^leichen  etlich  von  den  häufen 
entlaufen  in  ain  stctUia,  genannt  Cii e(liiiL;en,  ))etrettcn  worden  und 
derselben  auch  ungeverlich  acht  enthauptet,  uiul  das  stettlin  sicii 
in  gnad  ergeben,  das  man  ufgenommcn,  jedoch  solichs  stctüin 
von  stund  an  abgebrochen  und  zu  ainer  gedechtnufs  ain  dorf 
beleihen  soll«. 

98)  Nürnberger  Brief  buch  89,  1 83.  Schreiben  an  Ch.  Krefs  vom  9.  M^. 

99)  Jörg  469  ff. 

too)  Schon  am  4.  Mai  bedauerte  Friedrich,  dafs  die  Böhmischen 
Knechte  nicht  ziehen  wollten  (A.  S.  T.  I.  134),  trotz  setner  Bemü- 
hungen blieben  sie  auf  ihrem  Entschlufs.  Schreiben  Friedrichs 
vom  $.  Mai,  des  Bairischen  Hauptmanns  Veit  Auerberger  zu  Diet- 
furt  vom  selben  Datum.  A.  S.  T.  l.  148,  149.  Reinhart  von 
Neuneck  und  Burkhard  von  Wolnv  i-shausen  beorderte  Pfalzgraf 
Philipp  am  5.  Mai  zurück.  A.  S.  T.  I.  152.  Reinharts  Meldung 
A.  S.  T.  1.  140  und  150.  Auch  Stephan  von  Schmichen  wurde 
zurückbeordert.  Schreiben  Auerher^eis  vom  5.  Mai.  .'V.  S.  T.  1.  151. 
Über  die  weitereu  HcweguiiL;eti  (Kr  Bairischen   Truppen  j<>ri;  470. 

101}  Wilhelm  uiul  l.utlwig  von  Baitni  uci-eni  sk  Ii  als  selbst  (hin  h 
3  Rauernhaufen  bedrängt  (he  scilangten  !<(  isi^t n  m  srhic  kcn. 
A.  S  T.  1.  72.  Markgraf  Cuhimir  lafst  sich  an  clcm  .XngeboL  der 
Hälfte  genügen.  A.  S.  T.  I.  74.  Eichstädt  schlägt  ab,  auf  Bun- 
desbefehl  30  Pferde  zu  schicken,  da  es  selbst  bedrängt  sei.  6.  April. 
A.  S.  T.  I.  208.  Ebenso  Nürnberg,  mifstrauisch  gegen  seinen  aJten 
Feind,  weigert  sich,  ihm  $0  Pferde  zugehen  zu  lassen.  Brief  an 
Krefs  vom  3.  April.  Briefbuch  89.  72  —  74.  Später  nach  Nieder- 
schlagung des  ObcrmessinL;'  r  nnti  Rieser  Aufstandes  Iii' ktc 
ersteres  h  rni  Fiihiilein  Knechte.  r2.  Mai.  A.  S.  T.  1.  208. 
Auch  die  Stadt  gab  eine  Summe  (icides.  Wilhehn  von  Baden  ver 
spricht  Miilfe.  A.  S.  T.  I.  74.  1  lilfegesuche  an  l'hiHpp  von  Hessen 
ergiuj^cii  <un  30.  April  und  12.  Mai.  Ersteres  wurde  von  den  Hau- 
ern aufgefangen.    Friefs  154.  A.  S.  T.  I.  204. 

Der  Bundesabschied  findet  sich  bei  Fries  179,  auch  A.  S.  T. 
1.  80  u.  s.  w.  Herzog  Albrecht  versprach  seine  Hülfe  von  Liegnitz 
aus  27.  April.   A.  S.  T.  I.  114. 

102)  Schreiben  Crailsheims  vom  27.  April  mit  Übersendung  der  Auf- 
mahnung des  Ellwanger  Haufens  vom  19.  April  [?]  A.  S.  T.  III. 


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—    151  — 


I  V)  und  A.  S.  T.  III.  141.  Casimirs  Antwort  vom  28.  April  A.  S. 
T  I   140.  Wrgl.  Beilage  1  und  11. 

103^  A.  S.  T.  X.  44.  47 

104)  V'crzai»  Imufs  etlicher  artikcl,  so  ain  gcmain  beschwert  ist«.  S.  V. 
L.  228.  N.  48.    VerKl   F^HlaK'e  III. 

Dies  Verzeichnis  wurde  nac  h  bccndij^aeni  Aufruhr  dem  Unter 
äuchuiigskommissär  Hans  von  NeucnijtHik  mitgegeben,  um  nach 
den  Ver&ssem  tu  inquirieren.  Es  wurde  1^  Marx  Moxell  geschrie- 
ben. Als  die  Thätigsten  bei  der  Redaktion  erscheinen:  »Mulhens* 
lin,  Stephan  Schuiger,  Mertein  Glaittrer,  Sixt  Mantel,  Hans  Rau- 
schart«  der  alt  Hofhans,  Hans  Kulman  und  sein  söhn,  der  neu 
Seiler,  der  alt  Schwertfeger,  Hans  Fischer  in  der  vorstadtc  Von 
»Linhart  Smit<  stammt  der  Artikel  wegen  des  Vetterleinrates;  er 
setxtc  ihn  mit  Wissen  des  alten  Bürgermeisters  Caspar  Hiersing  hinein. 

Miilhcnslein  und  der  f^ttenweldcr  warm  iil)crlKiiipt  die  wich- 
tij^sten  Anhänger  der  Bauern,  während  von  der  stadlischen  Be- 
wej<ungs])art{  i  noch  besonders  Mathes  Horn,  der  Wagner,  erwähnt 
wird.  Da  aber  die  Artikcl  mit  \'urvv  i!9scn  des  Rates  gestellt  waren, 
so  kam  er  und  die  neuen  Viertelmeisler,  besonders  Hans  Neulcin, 

—  von  dem  erwähnt  wird,  dafs  seit  dessen  Erwählung  kein  Tumult 
mehr  stattgefunden  —  noch  glimpflich  davon. 

Eine  Anzahl  waren  auch  bei  den  Bauern  gewesen,  von  denen 
als  die  Graviertesten  galten  Glafs  Mtchel  und  Hans  Horscb.  Auch 
andere  Crailsheimer  befanden  sich  bei  den  Aufriihrischen,  darunter 
iScherbschucster«,  Michel  Scherer,  der  jedoch  auf  des  Markgrafen 
Abmahnen  sofort  heimzog,  Lienh.ui  Mayr,  Clement*)  und  Hans 
Bauniann.  ein  Schlosser  >l,aiitei  unnutzes  gcsind.  das  nicht.'-  hat 
und  ^eben  kann«,  nennt  letztere  Wolf  von  Recbberg,  der  Amt- 
mann    A.  S.  T.  Hl   3! 8. 

Eine  andere  Liste  tler  zu  den  Bauern  ^alaufenen  Burger, 
nennt;  »J.ikob  Layster,  ^'cnannt  Sayler.  >ein  tlochtermann,  Mathes 
Zimmermann,  der  neu  duchscherer,  Scherben  dochtermann,  ein 
Schuster«  —  wohl  gleich  mit  >Schcrbschuester«  —  ßogner,  P'uchs 
Linhart,  Hans  Bayer,  Hans  Horsch,  Bhstian  Beltxner,  Glafs  Mi- 
chel, neu  Schlosser«  —  vielleicht  Hans  Baumann.  —  Bei  den  letz- 
ten ist  bemerkt:  »die  sein  noch  der  abforderung  uf  gnad  haim 
zogen  und  sein  jetzo  zu  thail  bei  meinem  gn.  hm.  im  seid«. 
A.  S.  T.  III.  209.  Hans  Horsch,  Hans  Baumann  und  Hans 
Hummel,  der  sonst  *Schcrbschuester«  hiefs,  scheint  es  gelungen 
zu  sein,  durch  den  Nachweis,  dafs  sie  auf  die  Abforderun',''  hcim- 
^e/o^i  n,  Sirariosi^kcit  und  tüc  Krlaubnis,  in  Crailsheim  zu  bleiben, 
zu  erhalten.    A.  S.  T.  III.  223. 

Die  Supplikation  des  Peter  Sirher,  der  zu  AnhaiT^cn  gewesen, 

—  die  übrigen  waren  wohl  meistens  zu  dem  Dinkelsbuhlcr  Hau- 

*)  wohl  iilcntilch  mit  Ctcnent  Ourncr,  r.  infra. 


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—    152  — 

fen  gelaufen  gewesen  —  und  des  Clement  Durner,  der  beinahe  ein 

^an^cs  \'iertcl  in  Crailsheim  aufgebracht  hatte,  in  das  Ka«;tcnhaus 
zu  fallen  und  die  Spiefse  dort  we^7unchmen,  erfuhren  \(>n  Antt- 
mann  und  Rat  eine  sehr  ungunstij^e  Begutachtung  und  wurden 
wohl  verworfen.    A.  S.  T.  III   223,  226.  227. 

105)  Bericht  des  K.isiners  Conz  Treufs.  A.  S.  T.  III.  212. 

106)  7 Hans  Todenniuller«  \on  Estlcsperg-  —  Ncstleinsbcrg^  -  soll 
allein  nach  Crailsheim  und  in  die  umliegenden  Flecken  sechs 
Mahnbriefe  ^ebraelil  haben. 

107)  Das  Kloster  .\nliausen,  Sankt  Pauls  ties  Ilremiten,  Augustiner  Or- 
dens, lie^t  zvvis(  hen  Crailsheim  und  dem  eheinalitf  Hohenlohischen 
Stadtchen  Kirchberg,  etwas  östlich  von  beiden  im  Wurttembergi- 
schen  O.-Amt  Crailsheim  und  wird  in  den  meisten  Berichten  in 
der  verschiedensten  Weise  mit  der  bedeutend  gröfseren  und  reiche- 
ren Benediktinerabtei  Auhausen  an  der  Wömitz,  etwas 
südlich  von  Wassertrüdingen ,  verquickt,  welche  bekanntlich  am 
6.  und  7.  Mai  von  den  Markgräfischen,  und  den  Riesbauem 
verheert  wurde.  Schon  Knebel-Baumann,  Quellen  256,  257,  der 
Anhausen  statt  Auhausen  von  den  letzterwähnten  Haufen  heimsu- 
chen läfst  u.  s.  w.,  veHeirt  es  267  an  die  Wömitz.  ebenso  Thoman 
in  seiner  Weifsenhorner  Chronik  —  Baumann,  Quellen  115. —  Jörg 
spricht  S.  235,  254  etc.  von  dem  »Stechen  bei  .Anhausen«, 
wenn  er  die  Schlacht  bei  Ostheini  meint.  Seltisi  Uaumann  pas- 
siert es  -  Th.  Zweifel  271  —  zu  erklären,  Anhausen,  welches 
die  Bauerschaft  um  Crailsheim  beraubt,  liege  an  der  Wömitz,  dage- 
gen mufs  sich  »Auhausen«,  wie  die  Erzählung  der  Ostheimer 
Schlacht  ebenda  S.  314  richtig  hat,  wieder  bequemen,  Anhausen 
—  aber  leider  wieder  an  der  Wömitz  tu  werden. 

Ober  anderweitige  Verwechslungen  vergleiche  Bossert:  Üas 
Kloster  Anhausen  O.-A.  Crailsheim,  Württemberg.  Vierteljahres- 
hefte etc.  Jahrg.  IV.  141  ff. 

Die  Hauptquclle  für  die  Zerstörung  des  Klosters,  die  beteilig- 
ten Personen  und  Ortschaften,  sowie  den  ani^'orichteten  Scliaden 
bilden  die  Atifz(  i(  Immigen  des  d.imalii^t  n  Klostervorstandes  *  Io- 
hann  Kamhart,  i)rior  zu  Anhausen,  provincial  sant  l'aulsordcn»  im 

kgl.  Kreisarchiv  Nürnberg,  bezeichnet  S.  12.       vgl.  Beilage  IV. 

2  I, 

108)  Wenn  Bossert,  S,  146,  den  er-slen  Kmiaii  auf  den  30.  April  fest 
gesetzt,  so  ist  dies  nicht  richtig. 

Conz  Preufs  —  auch  Brewfs  geschrieben  der  Cratlshetmer 
Kastner,  schreibt  unterm  3.  Mai  an  den  Markgrafen:  >E.  f.  gn.  gib 
ich  unterdenigzu  wissen,  das  etllch  der  aufnicrischen  bauem  uf  mon- 
tag  zu  nacht  vergangen  —  [i.  Mai]  —  gein  Anhausen  gezo- 
gen sind,  alles  \  ihe  genumme  und  das,  was  darinnen  gewesen,  zum 
tait  geplündert  und  uf  dinstag  darnach,  was  im  closter  übrig 


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—    153  - 


geblieben,  alles  genume  und  aii^;etragcn ;  darnach  ungeuorlich  um 
zwölf  hnren  dasselbi^'^  angezündet  und  verbrennt«.  A.  S  T.  Iii.  147. 

Das  ln\x'ntar  des  l'riors  sagt  'Item  am  tag  l'hilipi  und 
Jacob i  ist  Anhausen  angriifen  worden»,  also  am  1.  Mai. 

Nach  der  Aussage  des  auch  von  Bossert  —  nach  des  Pfarrers 
Johann  HcroU  Scli\va])isrli  Halle r  Chronik  —  erwähnten  Maurers 
Mirhrl  ("»aymann  derselbe  wurde  bereits  3.  und  4  Mai  darüber 
gütlic  h  und  |)einlic:h  verhört.  —  ergibt  sirli.  -das  die  dorfer  Jagsheim, 
Onobheiu),  Rudern  und  Ürienspach  am  nuuua^  —  I.Mai  —  nacht 
negst  verruckt  zu  Anhausen  gcwestu  und  dassclbig  zum  teil  geplün- 
dert, dorum  die  paum  obgemelt  am  dinstag  konien,  dasselbig  ver- 
brennt und  was  sie  noch  darinne  Ainden  genomen  und  gesagt,  es 
sei  besser,  das  sie  solchs  thun;  dan  das  ander  bäum  thun  solten«. 

Als  Augenzeuge  bekennt  er,  'Anhausen  sei  gestern  dinstag  um 
den  mittag  ausgebrannt  worden  von  den  baura  zu  Groningen, 
Lobenhausen,  Jagstat  und  Kirchperg;  wifs  aber  irer  namen  nit 
anzuzeigen,  aber  doch  von  Groningen  sind  gewesen  der  merer  teil, 
als  der  muDer,  Dieterle  StefTele,  Marx  Decker,  Caspar  Reinwart, 
Hetzel  Hans.  Hucttel  StefTe,  diese  sind  ime  von  Groningen  bekannt; 
von  Kirchi)erg  Hermann  Stelle  aus  dem  thal;  von  Jagstat  Kuel- 
man  wirt:  Lobenhaiisen  [der]  bader. 

Item  so  ist  Michel  (laxman  auch  im  Vlnster  gewesen,  do  man 
es  ver[)rant  hot,  aber  nit,  das  i  r  dazu  wollen  helfen  oder  rathen, 
wie  er  dan  auch  nit  geholfen  lu  t,  sonder  hob  solchs  nur  ueiln 
sehn,  was  sie  das  kloster  zeihen  wollen  und  also  vcidcibcn,  sei 
auch  in  poden  ganz  und  gar  verprand,  hab  weder  hilf  noch 
that  daran«. 

Als  Hauptmann  bezeichnet  auch  er  den  »kerenmüller,  der 
Fuchsin  vogt  zu  Nc) defds«.  »Hans  von  Rotenburg,  ein  meurer  zu  Sat- 
teldorf,  der  hob  das  doster  Anhausen  zum  ersten  angezündet« .  Diese 
letztere  Aussage  machte  er  bei  der  peinlichen  Frage  am  4.  Mai, 
als  er  »peinlich  besprecht  worden,  6  mal  1er  und  zwei  mal  mit 
dem  stein  aufgezogen«.  Seine  Beteiligung  kostete  ihm  —  nach 
Herolt  ~  ot)gleich  er  thäütche  Beihülfe  leugnete,  den  Kopf.  Seine 
Aussage  A.  S.  T.  III.  17. 

Der  Pfarrer  von  Kofsfeld  hatte  seine  ("Icmeinde  unter  dem 
Vorwand,  der  Prior  >.^onne  ihnen  .sein  \'ieh  und  die  andere  Habe 
lieber  als  1  reniden,  er  habe  es  ihm  selbst  gesagt,  aufgeinahnl,  ein 
>kuchentleii»cli*  zu  Anhausen  zu  holen;  er  hatte  auch  unersucht 
Mehl  und  Proviant  auf  den  Reiswagen  hergegeben  und  war  der 
Bauern  Säckdmeister  geworden.  Die  Zeugen  sagen  wohl,  die 
Bauern  seien  mehr  von  ihm  genötigt  worden  zu  ziehen,  als  er 
von  jenen.  Er  rühmte  sich  später  verhindert  zu  haben,  dafs  »man 
het  die  stat  Krailshaim  abgelaufen« ;  mit  wem  er  davon  gehandelt, 
erhellt  nicht. 


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—    154  — 


Auss,i<Tcn  des      i  t(>in  Utz,  Michel  Beck  und  Fritz  Feinawber 

zu  Kofsfcid.    A.  S.  T.  III.  2 [5. 

Er  kam   auf  Fürbitte  Markgraf  Johann  Albrechts  und  unter 
der  W-rwarniin^,   das       anf^'plhun   klar  und  lauter  zu  prcdi'^nMi. 
auch  si(  h  eines  ehrbaren,  christlichen  Wandels   zu  bctleifsigen 
wieder  zu  seiner  Pfründe.    A.  S.  T.  II  276. 

Aufser  >der  Fuchsin  vo^t  tu  Nt  ulcnlels,  Linhart  Kcrenmulier,  und 
Hurkhart  von  WOIincrshausens  \()>^t.  j,'enannt  Ciauber« ,  die  zu 
Satteldorf,  Kllcrichshauseu  untl  anderwärts  aufniahntcn  und  von 
denen  der  erste  auch  als  Hauptmann  vorkommt,  findet  sich  noch 
als  solcher  erwähnt  Hans  Einhart  zu  Ingersheim  ~  er  traute  sich 
später  bei  der  Abforderung  deshalb  nicht  heim  —  und  einer,  >ge- 
nannt  Mulhanle,  Ist  des  alten  Rodmüllors  son  gewest«  —  ein 
Dinkelsbühler  Hintersasse  —  als  Trager  von  Mahnbriefen  nach 
>Creulsheim,  amt  Ingersheim,  amt  Onolsheim,  gein  Jachsen,  Rofs- 
feld,  Diefenbach,  Maurl  u  ]i  u,  s.  w.  Ob  er  identisch  mit  dem 
tMulhenslin*,  der  in  Crailsheim  erwähnt  wird.'? 

Bericht  des  Kastners  Com  I'reufs  \.  S.  T.  III.  212. 
Utz  sclincll.  der  Heck  von  Hohnhard  —  er  wird  auch  als 
Glaser  bezeichnet  einer  der  I  laiiiiLrädelsfilhrer,  n.ihin  die  Früh- 
messe daselbst  ein  und  suchte  andere,  wie  den  Mulier  von  Stein- 
bach,  —  am  Wald  —  mit  Drohungen  gegen  ihr  Leben  und  Eigen- 
tum zum  Mithelfen  zu  zwingen,  »im  nemen  und  fumemen«  war  er 
»der  oberst<;  trotz  aller  seiner  Drohungen  gelobten  ihm  doch 
nicht  alle.   A.  S.  T.  IIL  215. 

109)  A.  S.  T.  in.  147. 

HO)  A.  S.  T.  III.  205. 

ili'^  Thomas  Zweifel  271,  291  — 296.  Zimmermann  II.  349  verwechselt 
Schlofs  Sulz  bei  Kirchberg  —  wie  auch  der  Haller  Chronist 
Herolt  hat  -  mit  dem  Kloster  Sulz.  --  H.  A.  Kolhenburg. 
2".'  Sunden  von  Feuchtwang  —  \v(  n  dessen  Schonung  Mark 
graf  Casimir  noch  am  16.  Mai  an  die  Bauern  schrieb.  A.  S.  T. 
1.  239. 

112^  »Krwelte  haubtmau  des  niarkgialischeu  haulens  versammelt  bei  dem 
Hagenhof«  an  -Mülhensle  und  den  andern,  zu  ihm  aus  der  gcmain 
erweh,  und  der  ganzen  gemain  zu  Crailsheim«.  A.  S.  T.  III.  146. 
Begleitschreiben  des  Amtsverwesers.  Jörg  Adelmann  von  Adel- 
mannsfelden, und  des  Rates  vom  2.  Mai.  A.  S.  T.  III.  145. 
Warnung  des  Kastners.  A.  S.  T.  III.  144.  Antwort  des  Mark- 
grafen vom  selben  Datum.   A.  S.  T.  Hl.  143.  Vet^l.  Beilage  II. 

1 13}  Bericht  des  Kastners  vom  3.  Mai.   A.  S.  T.  III.  147.  Schreiben 

des  Katcs  an  Casimir  vom  selben  Tag.  A.  S.  T.  X.  48.  Dessen 
Vertröstung  vom  4.  Mai.   A.  S.  T.  III.  206. 

114)  Heinrich  Jörg  \on  Ellrichshausen,  der  am  30.  April  aufgemahnt, 
am  I.  Mai  mit  seinen  Bauern  zum  Dinkelsbühler  Haufen  gestofsen 


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—    155  — 

war  und  am  2.  seinen  Schwager  Konrad  von  Ehenhdm  —  sei  es 

aus  Neigung  zur  Sache  der  armen  Leute  oder  aus  grofser  Angst 
lichkeit  —  dringend  aufforderte,  sich  auch  anzuschliefscn,  schrieb 
am  Freitag  nach  Walbitr^ns  an  Bürgermeister  und  Rat  m  Crriils- 
hl  im:  >Es  ist  uf  heut  freitag  für  di  gemainen  ret  im  hellen  häufen 
furkommcn,  vvi  ir  etlich  hundert  von  einem  häufen  solt  gefan^'^en 
haben,  di  dem  hellen  häufen  haben  wollen  zuzihen,  dai\auf  j  bcgcrt, 
in  etlich  fcnUch  zu  ordnen.  \Vu  dem  also  werc,  het  ir  zu  ge* 
denken*  was  der  hei  häuf  must  gegen  euch  fumemen«.  A.  S.  T. 
III.  117,  119.  Er  hatte  dieses  Wamungsscbreiben  eigendich  erst 
auf  Anregung  des  Hans  Horsch  von  Crailsheim  verfafst.  Vergl. 
sein  Zeugnis  fiir  letzteren.  A.  S.  T.  III.  221.  Ellrichshausen  ver- 
suchte sich  später  \'on  dem  Verdacht  der  Bauemfreundschaft  zu 
reinigen.  A.  S.  T.  III.  120. 
115)  >ntt<  invelder«  wie  >Mulhenslc« ,  an  den  die  Briefe  des  »niarg- 
gravischen  Haufens«  gerichtet,  L,'^chnrten  zu  den  mit  den  Ratiern  im 
Einverständnisse  befindlichen  BurK«  rn.  Nach  fhescr  Aufmahnung 
ist  er  wieder  »zu  den  bauern  gezogen  und  gcrcdt,  wir  sollen  ihun, 
was  wir  wollen,  er  wollt  wider  zu  den  bauern  zihen,  sein  kib  und 
gut  bei  inen  lassen«.  Bericht  des  Crailsheimer  Rates  an  den  dor- 
tigen Kastner.   28.  Juni.   A.  S.  T.  HI.  211. 

u6)  Amtsverweser  und  Rat  an  den  Markgrafen.  6.  Mai.  A.  S.  T.  III. 
143.  Antwort  derselben  an  die  Bauern.  A.  S.  T.  III.  155.  Hof 
meister  und  Räte  zu  Ansbach  an  Crailsheim.  6.  Mai.  A.  S.  T.  III. 
152.   Wie  Crailsheim  dem  Haufen  schreiben  soll.  A.  S.T.  III.  153. 

117)  Die  Ellwanger  Bauern  hatten  unversehens  die  Stadt  überrumpelt, 
den  StadtvQgt  und  den  Amtmann  auf  dem  Schlofs  zu  ihnen  zu 
geloben  gezwungen.  Um  die  Schlösser  des  Probstes  —  Ellwangen, 
Thannenburg  und  Rötlein  —  unzerbrochen  zu  erhalten,  mufste  er 
ihnen  ob  1200  Gulden  an  Proviant«  Wein,  Vieh  und  Speise  geben. 
Öchsle  144. 

118)  .Schad,  Dinkelsbiihl  im  Bauernkriege,  Abdruck  der  Ottinger  De- 
duktion 266.  Die  Beschuldigung  ist  wie  alle  Schadenersatzansprü- 
che mit  Vorsicht  aufzunehmen. 

119    ibidem  S.  8.    .Abdruck  aus  der  (Utinger  Deduktion  I.  109. 

120)  Thomas  Zweifel.  Schreiben  des  Hans  Eberhart  vom  2.  Mai.  S.  297. 

t2l)  Schreiben  Jörg  llaberkorns  an  Casimir.  A.  S.  T.  I.  103.  Erweist 

auf  die  Cefalu  c  im  i  \  ereinig ung  mit  den  Altmühlbaucm  und  dem 

Haufen  am  >l\upl)erberg<  hin. 

122)  Schad  12,  Öttinger  Deduction  260. 

123)  A.  S-  T.  I.  115. 

124)  Das  Öttingische  Dürrwangen  hätte  der  Rieser  Haufe  gerne  erhal» 
ten  gesehen.  Vergl.  das  Antwortschreiben  der  Dinkeisbühler  Ilaupt- 
leute  vom  $.  Mai.  A.  S.  T.  1.  174.   Die  zerstörten  Schlösser  etc. 


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—    156  — 


bei  Th.  Zweifel  306.   Schreiben  Dinkelsbühls  an  Rothenbuii^  vom 

7.  Mai,  darnach  liensen  295,  Zimmermann  II.  349  etc. 

125)  Brief  der  Gesandten  an  ckn  >Tarkj,a.ifcn  vom  2  Mai.  A.  S.  T.  I. 
14'^.  An  der  Stelle  des  Zunamens  des  Kiiti-rs  eine  defekte  Stelle; 
vielleicht  hcifst  es  nur  •  Aljs])cr>^ «.  (?)    Vgl.  Beilage  V. 

126)  A.  S.  T.  I.  143.  l  titcr  di  n  Baucrnrätrn  vnr  Dinkclsbühl  befanden 
sich  auch  die  der  lU  wt-^un}.;  anhan^MK' "  '  Chorherren  Wilhelm 
von  Hefsberg  und  Hans         <iüklingen.    Th.  Zweifel  299. 

127)  Gesandte  an  den  Mark^aafen  vom  4.  Mai.  A.  S.  T.  II.  172.  Unter 
dem  gleichen  Datum  teilte  ihnen  Hans  von  Srhwabsberj^  zum 
Wildenstein  mit,  dafs  viele  Bauern  zu  Markgraf  Casimir  ein  gutes 
Vertrauen  hätten,  auch  zu  Herrn  Hans  von  Schwarzenberg  und 
anderen  als  einem  christlichen  Fürsten  und  dessen  Räten.  A.  S. 
T.  II.  177.  Auch  bei  der  Unterredung  der  Gesandten  mit  den 
Bauemräten  tritt  der  Gedanke  auf,  den  Mariegrafen  tum  »unver- 
puntlichen,  gütlichen  Unterhändlern  und  nütlem«  über  die  zwölf 
Artikel  anzunehmen.   A.  S.  T.  II.  175.   Vgl.  Beilage  VI. 

128)  Original  vom  4.  Mai.  A.  S.  T.  II.  178,  abgedruckt  bei  Thomas 
Zweifel  288. 

129)  Die  kurze  trockene  Antwort  des  Fränkischen  Heeres  siehe  A.  S. 
T.  1.  133,  bei  Thomas  Zweifel  289. 

130)  Hofmeister  und  Räte  an  Casimir  vom  6.  Mai.  A.  S.  T.  II.  180. 

131)  A.  S.  T.  I.  89.  90.  Casimir  läfst  durch  Jörg  von  Strettberg  zwi- 
schen Bischof  und  Gemeinde  vermitteln.   A.  S.  T.  I.  96.   A.  S. 

T.  I.  207  zeigen  die  \'^erordnctcn  aus  der  Ritterschaft  und  von  den 
Städten  und  der  Landschaft  des  Stifts  Bamberg  samt  den  Haupt- 
leuten und  Befehlshal)cm  an,  dafs  ihnen  die  Empörung  der  mark- 
gräflichen Unterthanen  unlieb  sei  und  sir  dir  ihrigen  bei  Strafr  ab 
gemahnt  haben  A  S  T  !  339.  Knts><  Huldigung,  dafs  sii  .Srhiols 
Ermreuth  nicht  schonen  ktnincn,  da  es  .lul  liamberger  ( ii und  steht, 
(iegen  markgräflschcs  Eigentum  l^egcliren  sie  nicht  zu  handeln. 
27.  Mai  etc. 

1321  Aus  »Ulrich  trumeters  Instruction«,  A.  S.  T.  II.  256:  >ltem,  d.is 
man  das  schreiben  in  des  Kuedorfers  und  Zobels  namen  an  die 
haubtleut  und  ander  verordenten  des  häufen  bei  Dinkelspuhl  hin- 
weg fertigen  soll  laut  seiner  gn.  beschetd.«  Das  Konzept  dieses 
Schreibens  A.  S.  T.  11.  175. 

133)  Schreiben  an  den  Öttinger  Haufen  vom  5.  Mai.  A.  S.  T.  1.  174. 
Bei  Zweifel  enthält  der  Vertrag  die  Stellung  einer  eigenen  Schar 
nicht.  S.  307.  Es  sind  wohl  in  dem  Schreiben  die  bereits  frei- 
willig beigetretenen  Dinkelsbühler  gemeint,  denen  der  Vertrag 
Straflosigkeit  sicherte, 

134)  24.  April,  liensen  388.  Zimivi'  1  mmn  11.  349  bringt  ein  Schreiben 
der  Fuldaer  Bauern  >an  ihre  Bruder  bei  Nördlingen«  v.  25.  April  (?). 


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—    157  — 


135)  Schreiben  der  Bundesräte  an  Markgraf  Casimir»  den  Grafen  loo 
Pferde  zu  Hülfe  zu  schicken.  30.  April.  A.  S.  T.  1.  116. 

136)  Schreiben  des  öttingischen  Hofmeisters  Jörg  Haberkom  an  Casimir 
vom  30.  April.  A.  S.  T.  I.  103  erwähnt  keinen  Aufstand  ihrer 
eigenen  Bauern  oder  dessen  Befürchtung. 

137)  Ibidem. 

138)  I.  Mai  bei  Baumann,  Quellen  115.  Zimmermann  II.  349. 

139)  Baumann,  Quellen  255:  »denselben  meinten  die  grafen  widerstand 
zu  thon,  ee  und  sie  in  das  Ries  komen,  forderten  ire  baurcn  auf, 
je  aus  aim  dorf  10,  aus  dem  andern  15,  darnach  es  j^rols  war. 
Als  die  bauren  das  hertcn,  liefen  si  all  wider  zusamfn  und  als  st 
mit  iren  herren  gen  Ma\ing  kamen,  d<>  rtngcn  si  an  m  rothen 
nach  beurischer  art,  sclilugcn  die  schranken  zu,  forderten  die  grafen 
zu  ihnen  mit  ungeschickte  Worten«  etc.  etc. 

140)  Jörg  217. 

141)  Baumann,  Quellen  115,  255.  Jörg  217.  Zimmermann  II.  350. 

142)  Baumann,  Quellen  115,  256.   Bei  Zimmermann  II.  350  findet  sich 

noch  ein  Kloster  Roth. 

143)  Brief  Herrn  Caspar  Schenks,  Amtmanns  zu  Hohen-  und  Wasser- 
trüdingen,  an  Casimir  vom  4.  Mai.  A,  S  T.  II.  149  T^rirf  an 
Cl.  V'olkamer  vom  >^leichen  Tage,  Nürnberger  Briefbuch  89.  166; 
>Item  so  ist  ain  merklich  haiif  bei  Dunkelspiibel  aufge??tanden,  zu 
denen  auch  die  Öttingisciicn  und  andern  paurn  un  Kies  widerum 
iuii  gewalt  fallen  und  vor  Otting  liegen.  Schiefsen  hinein,  das  zu 
erobern,  steet  daselbst  eiger  dann  nie«.  Die  Gefangennahme  des 
Grafen:  Baumann,  Quellen  1 13,  256.  Bensen  388.  Jörg  217.  Zimmer- 
mann II.  350. 

144)  Schreiben  Herrn  Caspar  Schenks  an  Casimir  vom  4.  Mai.   A.  S. 

T.  II.  149. 

145)  Befehl  Casimirs  an  den  Obigen,  die  Klöster  einzunehmen.   A.  S. 

T.  II.  151. 

146)  Die  Darstellung  der  ersten  Rottierungen  nach  dem  Bericht  des 
Abts  Cicorg  von  Auhausen  an  den  Markgrafen.  5.  Mai.  A.  S. 
T.  I.  157. 

147)  Wassertrudingen  erhielt  noch  in  der  Nacht  vom  5.  auf  den  6.  Mai, 
Günzenhausen  am  6.  das  Aufmahnschreiben  von  Megershdm  datiert. 
A.  S.  T.  I.  138. 

148}  Fränkische  Haufen  nur  als  allgemeine  Bezeichnung  gegenüber  den 
Dinkelsbühlem  tmd  Riesem  gebraucht. 

149)  Baumann.  Akten  269. 

150)  Wassertrudin^en4.  Mai  A.S.  T.  I.  150.  Günzenhausen  A.S.  1'.  I.  137. 
Feuchtwangen  A.  S.  T.  I.  135.    Kitzingen  A,  S.  T.  I.  123.  167. 

151)  Jörg  Haberkom  fufchtet  dies  bereits  am  30.  April.  A.  S.  T.  I.  103, 
auch  später  begegnet  man  der  Besorgnis  vor  einer  Diversion 
V.  infra. 


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—    158  — 


iS2)  Auhausen  A.  S.  T.  I.  157.  Heidenheim  $.  Mai,  A.  S.  T.  III.  294« 
vom  6.  Mai,  ibidem  296. 

155)  »Ordnung,  wie  das  schlofs  und  die  stat  [Onolzbach  in]  meins  gn. 
hm.  mgfn.  Casinür  abursens  versehen  werden  sollt.  A.  S.  T.  I. 
372.   Vergl.  Beilage  Vil  und  VI  II. 

154)  Thoman  bei  Baumann,  Quellen  116:  »um  400  pfert  und  500  fufs- 

knecht'.  liericht  des  Michel  Grofs  von  Trockau,  obersten  mark- 
gräflichen Hauptmanns  über  das  Fufsvolk.  Anzeiger  für  Kunde  der 
Deutschen  Vorzeit  1855,  77:  »in  die  700  stark  zu  fufs  und  rofs« 
wohl  von  jeder  Waffengattung  an  700;  denn  nach  demselben  He 
rieht  schickt  der  Markgraf  '200  zu  n»fs  und  50)  zu  tufs,  Heidenheim 
zu  beschiilzen« ,  aus  und  hat  -das  aiuU  r  \()lk  Ix  i  »^irh  behalten*. 
Leider  hat  der  liericlit  in  der  Kcdakiion  der  \ luhanilt  lu  n  Abschrift 
aus  dem  17.  Jahrhundert  einigemiafsen  an  Originalität  und  Zuver- 
lässigkeit verloren.  Zweifel  314  hat  »uf  sechshundert  zu  rofs  stark 
und  mit  tausend  fufsknechten  on  das  landvolk«,  Bensen  und  nach 
ihm  Zimmermann  setzen  650  Reiter,  1000  Knechte  und  eine  grofse 
Anzahl  Landvolks.  Bei  allen  dreien  ist  das  Fufsvolk  sicher  zu 
stark  angegeben,  ganz  abgesehen  davon,  dafs  die  Mannschaften 
der  Ämter  —  die  bekanntlich  erst  auf  Montag,  den  8.  Mai,  einge- 
rufen  waren  —  *,'ar  ni<'ht  daln*!  sv'm  konnten  und  aiu  h  nicht  waren 
\'ergleiche  aurli  die  Streiikrafie  in  der  Ostheimer  Schlacht  bei  diesci 

155;  Schreiben  des  Markgrafen  an  die  Räte  vom  6.  Mai.   A.  Ü.  T.  1. 

179.    Siehe  Heilage  IX. 

156)  So  wurde  Günzenhausen  durch  den  »ainaugenden  (»rotschen«  von 
Obermögersheim  auft^cmahnl;  Heitlenheim  von  Michel  Stark  und 
Licnhart  HechelUn  \on  ( »stheim :  nach  Westheim  kam  Hans 
Flegelhut  von  ( »ciUhcim ;  narh  Ihi  Idingen  Kraft  Kmill,  diT  Hader 
\un  t.>blhcim,  nach  Ursheiiii  Mampeihaii  und  Hans  Weber  von 
Hüssingen.  Hohentrüdingen  forderten  Hans  Huberbeck  und 
Hans  Kaufsler  zum  Haufm:  der  Schmabmuller  von  Räckingen« 
»Mülthoman«  genannt,  ritt  in  die  Dörfer  um  den  Hesselberg,  der- 
selbe schickte  auch  den  Linhart  Krebs  zu  dem  Dinkelsbühler  Hau- 
fen. Martin  Trescher  von  »Küfstiibach«  —  wohl  Ku^enhof, 
B.-A.  Dinkelsbühl  —  untl  der  bereits  rtw  ahnte  Linhart  Krebs 
ritten  auch  zum  öttinger  Haufen,  natürlich  um  die  Bauern  nach 
Auhausen  zu  bringen:  besonders  ist  der  letztere  -gar  ser  in  der 
■•^rx-h  geinul  gewest  untl  nur  das  bc^t  siehantlelt' .  A.  S.  T.  Hl.  306, 
h' liicibtn  der  Rate  an  den  Anilmann  und  Vogt  zu  Wassertrüdingen. 
A.  S.  I".  III.  329.  Hericht  des  Kastners  Hcrnhart  Ruef.  A.  S. 
T.  HL  331.  Ein  weiterer  Hericht  des  letzteren.  A.  S.  T.  HL  335. 
Bericht  des  mit  der  Untersuchung  beauftragten  Kanzleischreibers 
und  Fiskals  Panthaleon  Ziegler.  Ein  oft  angewendeter  Kuns^riff 
der  Aufmahner  scheint  gewesen  zu  sein,  die  Ortschaften  durch  den 
»geschwomcn  Knecht«  —  eine  Art  Csemeindebüttel  — ,  als  wenn 


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—    15Q  — 


es  von  der  Herrschaft  ausginget  aufbieten  zu  lassen,  so  z.  B.  Len- 
tersheim.  A.  S.  T.  III.  558. 

157)  Veigleiche  die  Entschuldigungen  der  einzelnen  Orte  im  Auhauser 
Akt.   S.  12.  -|-  Nr.  II.   Kgl.  Kreisarchiv. 

158)  A.  S.  T.  I.  173- 

159)  Herr  Caspnr  Schenk  sagte  noch  weiter,  als  ihm  dir  Bürger  seine 
Schmahiinjjen  mit  den  Worten  zurückwiesen  :  ^Lieber  hcn  anitmann, 
was  zeicht  ir  uns,  wir  sein  arm  lent«.  >SiL  n( m  nit  arm,  mucssen 
aber  m)Ch  ermer  werden  und  wann  er  einen  anseh,  wollt  er  gern, 
das  ein  schwert  in  im  steck«.  Er  war  in  der  Ihat  böser  Reden 
halber  so  gefurchtet,  dafs  es  sich  findet,  dafs  sich  deswegen  nie- 
mand zu  ihm  getraut  habe.  A.  S.  T.  IV.  466.  Nach  seinen  An- 
gaben hätten  damals  Rat  und  Gemeinde  einen  Pakt  mit  einander 
gemacht  und  zusammengdobt  >und  bei  zwölf  articuln  ungefährlich 
beschlossen  ab/.csicüt  n.  die  dann  all  ^'uren  f.  gn.  zu  abbruch  und 
scbmelerung  oberkaiten  zinsen  und  gülten  raicheten,  auch  den 
raisigen  zeug  nit  einzulassen  und  die  Schlüssel  zu  den  thorn  nit  von 
inen  geben  wollen*  etc  Ks  waren  dies  wohl  Beschwerden  It^kaler 
Natur,  wie  wir  sie  aiu  h  in  I- ( lu  hiv\ angen.  Crailsheim  etc.  tindcn. 
Die  Schlüssel  wollica  allcrtling>  die  W'as:»^! ti udinger  einmal  dem 
Amtmann  verweigern,  gaben  sie  ihm  aber  später  doch  und,  als  er 
ne  nicht  annahm,  dem  Mausvogt.  Als  die  Bauern  vor  Wa»er- 
trüdingen  lagen,  verlangte  sie  der  innere  Büvgermeisler  Wilhelm 
Wagner  auf  Hans  Hechtleins  Rat,  damit  sie  nicht  die  Bauern  be- 
kämen. Es  wurde  dies  später  ein  Hauptanklagepunkt  gegen  ihn. 
Die  Streitigkeiten  des  Amtmanns  mit  den  Wassertrüdingcrn  dauer- 
ten  nach  dem  Aufstand  fort.  \'rrgleiche  sein  und  der  von  Wasser 
trüdingen  Vorbringen.  A.  S.  T.  IV.  475  und466,  sowie  den  darauf 
gege!)enen  Abschied.    A.  ü.  T.  IV.  487. 

160)  A.  S.  1 .  IV.  466. 

161)  Ibidem. 

162)  >Verzaichnus  der,  so  sich  vor  andern  zu  Wassertruhend ingen  in 
der  stat  in  der  aufrur  ubel  gehalten  haben«  von  Herrn  Caspar 

Schenk.    A.  S.  T.  III.  344. 

163)  Die  Namen  der  Wassertrüdinger  Bürger  sinr!  nicht  immer  ^<\U7. 
leicht  festzustellen,  da  dieselben  einntal  inii  N  or  iinrl  Frmiiliriiiia- 
men  be/ei(  hiu  t  \\  i  rileii,  i  in  ander  Mal  nni  Vornamen  und  deucrbc 
bczeiclnmng  vorkonum  ii.  z.  J».  liallhasar  Schuster,  der  Wirth,  als 
iBaltle  wirtc;  Wilhelm  Wagner,  der  innere  Burgermeister,  als 
»becka  Wilhalm« ;  Gilg  Schuler  kommt  vor  als  >(lilg  in  der  Vor- 
stadt«, als  >Gilg  Vischer«  und  als  der  »neu  fischer«.  Manchmal 
wird  auch  ein  Spitznamen  beigefügt:  »Hans  Bener,  genannt  Schellen- 
mendlein«,  des  Bürgenneisters  Wagner  Schwager.  Die  Aufmahner 
und  Boten  A.  S.  T.  III.  332  und  A.  S.  T.  IV.  502  etc. 


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_  160 


164)  Lorenz  Kürschners  und  Claus  Hofmanns  Verantwortung.  T.  II.  273 
und  279.  Besonders  letzterer  ist  ein  entschieden  gut  gesinnter, 
d&n  M  rkgrafcn  getreuer  Mann;  es  wird  ihm  deshalb  auch  sein 
Teil  an  der  Brandschatzung  erlassen. 

165)  Über  den  Mangel  an  Thatkraft  bei  den  markgräflichen  Beamten 
ärgerten  sich  selbst  Claus  Hofroann  und  Hans  Lazarus  so  sehr, 
dafs  sie  sagten,  wenn  niemand  von  ihres  gn.  hm.  wegen  etwas 
thun  wolle,  so  wollten  sie  sich  auch  nicht  verderben  lassen.   A.  S. 

T.  II.  279.  384.  Herr  Caspar  hatte  aber  gar  nicht  vor,  sich  oder 
irgend  jemand  verderben  zu  lassen  Wie  er  vor  das  Thor  zu  den 
Bauern  gehen  mufste,  sagte  er  zu  den  init^chenden  Bürgern;  »Seit 
keck,  heben  burger,  wir  wollen  uns  iiii  verderben  lassen;  dan  die 
baurn  sein  eitel  gut  nachbaurn,  und  wollen  lugen,  wie  mir  mit  in 
umkomen«.  Was  war  natürlicher,  als  dafs  einzelne  Bürger  diesen 
Stofsseufzer  des  Amtmanns,  allerdings  spottend,  wiederhcdten? 
Wolf  Hechties  Verantwortung.  A.  S.  T.  II.  365.  Als  ihm  die 
Bauern  ftir  sich,  seine  Familie  und  sein  Gut  gesichert,  hätte  er 
alles  gehen  lassen,  wie  es  wollte.  »Der  von  Wassertruhendingen 
furbringen  contra  den  amtmann«.  A.  S.  T.  IV.  466.  .So  konnten 
später  die  Bürger  mit  einem  gewissen  Rechte  sagen:  als  dicbauern 
vom  amtmann  eingelassen«.  A.  S.  T.  11.  358,  361.  A.  S.  T.  III. 
32  u  s.  w  .\u(  h  dir  vihrigen  l^eamten  thaten  ihre  Pflicht  schlecht. 
Bernhart  Kuef,  der  Kasim  r,  hefs  sich  aus  Angst  nirgends  finden, 
als  man  Rat  von  ilun  \vt)llte;  Hans  Himler  -  auch  Hyauulcr  — , 
der  V^ogt,  nahm  10  (.ulden  Monat^jUi  von  dem  Auhauser  Abt,  ihn 
und  das  Kloster  zu  schützen,  statt  zuhause  seines  Amtes  zu  warten. 
Der  innere  Bürgermeister  Wilhelm  Wagner  scheint  ein  schwacher, 
überängsüicher  Mann  gewesen  zu  sein,  der  es  wohl  nur  darum  mit 
den  Bauern  hielt,  um  seine  reiche  Habe  zu  retten  —  er  besafs  über 
1500  Gulden  — ,  und  sein  Schwager,  »das  Schellenmendlein«,  hat  so 
Unrecht  nicht,  wenn  er  darauf  hin  weifst,  dafs  jener  wohl  gewifs 
den  Aufruhr  nicht  gern  gesehen  habe,  >ursach,  die  paurn  wollten 
pruedcr  in  christum  sein ;  welcher  vil  het,  sollt  mit  dem  andern 
andern  tailen<,  >und  was  sein  lux  liste  sorg,  sie  wurden  n\ii  im 
tailen,  daraus  vermut  sich'  etc.  A.  S.  T.  III.  32.  Über  die  Be- 
amten vergl.  A.  S.  T.  Iii.  344. 

166)  »Haben  sie  ain  grofscn  weiten  ring  gemacht  gehabt  und  mich 
darein  gefuert,  mirh  angcsprorhrn,  7U  inen  7U  geloben,  das  ich 
mich  zu  thun  witi<  rsctzt  und  in«  ii  geantwort,  ich  sei  euren  1.  gn. 
gelobt  und  ge^chworn,  auch  dcrstlbigen  pflicht  nit  ledig;  darauf  ir 
etlich  im  nng  geschrien:  »Will  er  nit  geloben,  so  stecht  zu,  was 
macht  ir  lang  vil  wescns  mit  im«.  Darauf  hab  ich  geloben  mues-  ^ 
sen  und  Balthasar  Schuster  die  pflicht  von  mir  genomen«.  A.  S. 
T.  IV.  475.  »Verhöre  und  abschid  zwischen  dem  amtman  und  den  j 
von  Wassertrüdingen«  etc.  etc. 


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—    161  — 


167)  Als  Quellen  für  die  Vorgänge  in  der  Stadt  dienen  besonders  die 
Verantvvortunj^tn  der  Wassertriidinger  Biirgcr,  A.  S.  T.II.  358 — 92, 
die  Verzeichnisse  der  strafbaren  Personen  daselbst,  A.  S.  T.  II. 
297.  T.  IV.  502.  511.  T.III.  344  etc.,  die  Verhörsakten  zwis(  hcn 
Amtmann  und  Stadt,  A.  S.  T.  IV.  475,  466,  487,  sowie  Hans  Beners, 
»genannt  Schellenmendleins«,  Aassagen,  A.  S.  T.  III.  23.  28.  33  etc. 

168)  Mehrere  Schreiben  der  Räte  an  Casimir  vom  6.  Mal  A.  S.  T.  I. 
i39i  »63,  176. 

169)  Die  Befürchtung  einer  Diversion  der  Bauern,  Schreiben  der  Räte 
vom  6.  Mai.   A.  S.  T.  I.  176.  Vergl.  Beilage  Xa. 

170)  Schieiben  Markgraf  Casimirs  an  die  Räte.  A.  S.  T.  II.  254.  Von 
Günzenhausen  auch  Tom  I.  187.   Sidie  Beilage  X. 

171)  Hans  Gruebers  Verantwortung  A.  S.  T.  II.  388.  Später  wollte 
sich  der  Abt  nach  Nürnberg  fluchten,  der  Rat  schlug  aber  das 
Gesuch  unterm  II.  Mai  ab.  Ratsprotokoll  1525.  I.  >Dem  abt  von 
Auhausen  lainen,  sich  in  disen  leuften  mit  seiner  person  herein  zu 
thun«. 

172)  Sic  wurde  auf  1500  Gulden  geschätzt  und  enthielt  1200  Bände  »aus 
allen  facukctcn  -.  Mit  den  g^nttcsdicnsUichcn  liuchcrn  erreichte  sie 
soj^'ar  einen  W  ert  von  löoo  Gulden,  wahrend  Prior  Reinhart  von 
.'uiiiausen,  der  allerdings  ein  besserer  Haushalter  und  Landwirt  als 
Gelehrter  war,  für  Bücher  in  seinem  gewifs  nicht  zu  niedrig 
angeschlagenen  Schadenveneichnis  im  ganzen  nur  200  fl.  einsetzt. 
Allerdings  fonden  sich  bei  seinem  Tode  —  Dezbr.  1 532  —  bei  ihm 
noch  weniger  Werke  vor,  nämlich  nur  —  sein  Brevier  1  Bosseit  145. 

173)  Mauptquelle  für  die  Plünderung  des  Klosters,  sowie  die  beteiligten 

3 

Dörfer  ist  der  Auhauser  Akt.   S.      j  -  Nürnberger  Kreis- 

archiv. Die  Liste  der  Dörfer  vergliche  auch  A.  S.  T.  V.  168. 
Weiter  zu  beachten  Knebel  bei  Baumann,  Quellen  256,  257  und 
Jörg  254.  Aussage  des  Fischers  von  Herltingen.  Vergl.  Beilage 
XII.  XIII.  XIV. 

174)  Aussnj^e  Hans  Beners,  genannt  >Schellenmendlein  von«  Wasser- 
triidin^cn.  A,  S.  T.  III.  24.  Er  snfrt  aus,  der  Stadtmüller  habe 
ihm  angezeigt,  dafs  man  w  ilh  ns  sei,  das  Kloster  m  verhicmien, 
und  ihn  gebeten,  es  zu  verhindern ;  ilanu  seien  beide  gleich  zu  den 
Hauptleuten  geeilt,  da  seien  ihm  »Baltlc  wirt«  und  Peter  [Sauler 
Wirt]  von  Westheim  zwischen  Kloster  und  Wirtshaus  begegnet, 
zu  denen  habe  er  gesagt:  »Lieben  hauptleut,  der  statmuller  ent- 
gegen bericht  mich,  wie  man  «dllens  sei,  das  closter  zu  verprennen, 
das  woll  got  nit,  das  man  meins  gn.  hm.  closter  verprenn  oder 
zcrrcifs;  dann  uir  siiul  dorum  nit  da,  dann  wo  solichs  geschee, 
unser  kainer  dorft  im  land  pleiben«.  Da  seien  die  Hauptleute  mit 
ihnen  ins  Wirtshaus  ni  den  anderen  Öttingischen  Hauptleuten  und 
Bauern  gegangen  und  hätten  gesagt:  »Wir  Marggrafischen  wollen 


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—    162  — 


keiner  wege  gestatten,  das  doster  zu  verprennen«,  und  besonders  er  — 

Hans  Bener  —  habe  g^esaj^:  >Mit  nichtcn  soll  dieser  stainhauf 
zerissen  oder  verprennt  werden,  dann  mein  gn.  hm.,  die  marg^- 
grafen,  mochten  noch  ein  tursiensitz  doher  machen,  zu  dem  auf- 
heben, so  das  I  ;  ;er  hab«,  und  so  sei  das  V  orhaben  abg-estellt 
worden.  Alaikgrat  Casimir  rechnete  diese  Verwendung  den  Be- 
teiligten aas  seinen  Unterthanen  später  sehr  hoch  an. 

175)  'Schellenmendlcins  anzeigen,  sovil  im  wissens,  was  die  paurn  für 
fenlein  gehabt  haben«.  A.  S.  T.  Iii.  27.  .Sumtliclie  Aussagen  des- 
selben sind  im  Geleite,  also  freiwillig  gemacht.  Siehe  Beilage  XI. 

176)  »Schcllenmendieins«  Aussage.  A.  S.  T.  Iii.  24. 

177)  Der  Schmalzmüllcr  als  oberster  Hauptmann  bezeichnet  S.  12  3/5 
N.  II.  Er  heifst  dort  »Schmalztlioma' ,  sonst  auch  »Multhoma« 
oder  »Schmalzmullei' .  Über  ihn  und  die  andern  markgräfischen 
HauptleuLu  und  aimleinfuhrer  vergl.  A.  S.  T.  III.  306,  329,  332, 
335  etc.,  auch  »Schellenmendleins«  Aussagen  A.  S.  T.  Iii.  24  und 
die  der  Wassertrüdinger  vtde  supra. 

178)  A.  S.  T.  III,  24. 

179)  Wie  die  licciihnger  auf  dem  Weg  nach  Auhausen  waren,  kamen 
zu  ihnen  ein  Bote  des  \'ogts  und  andere  von  Heidcnlieini  mit  der 
Nachricht,  dafs  Markgraf  Casimir  zur  tiulfe  lieranzöge,  aber  trotz 
dieser  Nachrichten  und  Hans  l^rads  Erauhnung,  bei  Hohentrü- 
dingen  zu  bleiboi,  stiefsen  sie  doch  zum  Haufen,  der  natürlich  die 
Annäherung  des  Heeres  so  erfuhr.  Aussage  Hans  Pinseb  —  auch 
Buensels  geschrieben  —  von  Hechlingen.  A.  S.  T.  III.  385. 

t8o)  Baumann,  Akten  271:  »als  die  bauem  an  ainer  kettin  und  on 
sonder  ordung«  dahergezogen  und  die  Wägen  vor  ihnen  gefah- 
ren sind.  Nach  Jörg  254  hätten  sie  einen  verlornen  Haufen  von 
1000  Knechte  verordnet  gehabt.  Aussage  des  Fischers  zu  Herhingen. 

lÜl)  Über  die  Ostheimer  Schlacht  verbleit  he  den  schon  erwähnten  Be- 
richt dos  markgräthclien  obersten  Hau))tmamis  ul)er  das  l  ulsvolk 
Michel  Grofs  von  Trockau ;  dann  Bensen  389,  Zinunermann  II.  353, 
Th.  Zweifel  314,  Baumann,  Akten  271,  derselbe,  Quellen  116,  690, 
784  u.  s.  w.  Ober  die  Datierung  der  beiderseitigen  StreidcraAe 
und  Verluste,  sowie  über  die  Folgen  vcsg^eiche  den  Exkurs. 

182)  Der  von  Wassertrüdingen  Fürbringen  contra  den  Amtmann.  A.  S. 
T.  IV.  466.  Wdsung  Lorenz  Kürschners  und  Claus  Hofmanns 
von  dort.  A.  S.  T.  Ii.  373,  379. 

183)  ibidem. 

184)  Sclneibdi  der  Räte  an  den  Markgrafen.  A.  S.  T.  I.  180,  185. 
>VVas  Ulrich  trummetem  mitm  einem  gn.  hem  zu  reden  bevolhen« 

A.  S.  T.  II.  256. 

185)  Schreiben  der  Markgrafen  Johann  Albrccht  und  Wilhelm  und  der 
Räte  vom  8.  Mai.  A.  S.  T.  1.  213.  Beilage  XV. 


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—    163  — 


186)  Scfardben  Markgraf  Casimirs  an  die  R&te  vom  9.  Mai.  A.  S.  T. 
L  190.  Vergl.  Beilage  XVI. 

187)  Sdureiben  des  Ansbadier  Qioilierreii  Joseph  Feyerabend  bei 
Öchsle  429. 

188)  Schreiben  des  Haufois  bei  Dannhausen  —  auch  Thannhausen 
an  Casimir  vom  9.  Mai.  A.  S.  T.  IL  183.  Vergl.  Beilage  XVII. 

189)  Schreiben  Markgraf  Casimirs  vom  10.  Mai  an  die  Vorigen.  A. 
S.  T.  I.  196.  Vergl.  die  Beilagen  XVIII  und  XIX. 

190)  »Copei,  wie  mein  gn.  hr.  seiner  gn.  leut  und  unterthon  bei  dun 
häufen  zu  Dinkdq>uhel,  Elwang  und  im  Ries  abfordert«.  A.  S. 
T.  I.  34X.  Siehe  Beilage  XX. 

191)  Brief  des  Ellwanger  Amtmanns  Nicolaus  Birger  vom  20.  Mai  bei 
öchsle  414  <r. 

»Als  sie  von  Dinckel^ud  wider  alhere  zogen  bei  fünf- 
oder  sehshundert  marggrävisch  bauren  mit  ihnen,  die  waren  der 
mainung  und  anschlags,  das  schlofs  zu  plündern,  verprennen, 
auch  allen  pfaffen  und  ktrchen  das  ir  zunemen,  fiden  auch  in  des 
capitcls  und  der  chorheren  Heuser,  darin  sie  gar  wuest  haufshielten 
und  vil  zusam  claubten,  mit  inen  himwcfrh/ufuren,  /ersrhluj^^en  offen, 
venster,  stalen  kelch  und  mcfs^u  wandcr,  erhicwcn  die  bvu  her  in 
des  capitels  Hberei.  Da  die  burger  s(ili(  hs  j^ewahre,  thctt(  n  sie  sich 
mit  ireni  teniin  zusam,  schlugen  in  der  stat  um!),  w  clii  he  unter 
ir  fenhn  wollen,  selten  zu  inen  iretten,  bis  hindennach  der,  so  uf 
der  burgertail,  nit  vilweniger  dann  der  marggrävischen  waren, 
zwangen  die  burger  mit  irem  haufTen  die  marggrävischen,  das 
sie  von  stund  zum  thor  hinaufs  mufsten,  besuchten  sie  auch.  Und 
namen  inen,  was  sie  bei  inen  funden,  das  sie  also  genommen 
betten,  zogen  die  marggrävischenn  der  mainung  heraus,  das  schlofs 
zu  verbrennen.  Aber  die  burger  und  vil  meins  gnedigen  herren 
bauren  wollen  des  nit  gestatten.  Wo  sie  für  das  schlofs  zogen,  het 
ich  mit  den  jenen,  die  ich  in  der  hcsat^iinf^'  hete,  zu  inen  ge- 
schossen, und  wcrcn  die  l)ur^Lr  niii  irLin  fenlin  liindn  in  die 
marggranisrlicn  g-efallen,  doch  warde  sohchs  geuench,  das  die 
marggrävischen  schcnilich  Innwc^k  zogen.  Dabei  es  dann  ctlich 
tage  bestünde,  bis  gar  nach  alle  bauren  ab  und  heimkommen, 
allain  etlich,  die  mit  den  haupüeuten  handelten,  weliche  man  dem 
Gaibidorüschen  häufen  zuschicken  solle.  Ware  die  mainung,  man 
wolt  alwegen  aus  den  doHfem  und  flecken  den  vierdten  man  schi> 
dcen«  etc. 

192)  Will  man  eme  Teilung  überhaupt  nicht  annehmen,  so  wurde  man 
sdiliefsen  müssen,  dafs  der  ganze  Haufe  sich  zuerst  von  Thann- 
hausen nach  EUwangen,  dann  von  da  nach  Lauchheim  zur  Belage- 
nmg  Baldems,  nach  dem  12.  Mai  wieder  von  da  nach  Ellwangen 
zurück  sich  verfugte;  dafs  dann  erst  die  Mifshelligkeitcn  der  EU- 

II* 

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—    164  — 


wanger  Bürger  mit  den  markgräflichen  Bauern  \-orgefaUen,  darauf 
erst  die  Hauern  nach  Hause  j^'cj^'.mgen  und  schon  am  17.  Mai 
wieder  7;usammenf»^cknmnK'n  waren.  Es  würde  sich  dann  auch  der 
verhältnisniafsig  so  friedfertige  Ton  di-s  ScIirtihL-ns  der  Laut  licimer 
Versaniinlung  nicht  so  einfach  —  nämlich,  dafi.  nach  Trennung  \  <m 
den  niarlvgräfischcn  Verzweifelten,  die  gemäfsigtcrc  i  arlei  das 
Übergewicht  erhalten  und  deren  Einflufs  bei  der  Abfassung  des 
Schreibens  sich  geltend  gemacht  habe  —  erklären  lassen. 

193)  Schreiben  des  »hellen  häufen  an  der  Jax«  an  den  Markgrafen. 
t2.  Mai.  A.  S.  T.  II.  184.   Siehe  Bdkfge  XXI. 

194)  Antwort  des  Markgrafen  vom  15.  Mai.  A.  S.  T.  III.  157.  Der 
Geleitsbrief  für  die  Gesandten  der  Bauern  ist  A.  S.  T.  III.  166 
Vcrgl.  Beilage  XXI I. 

195)  Schreiben  Casimirs  an  die  Räte  zu  Ansbach  vom  17.  Mai.  A.  S. 
T.  III.  167.    Vergl.  Beilage  XX III. 

196)  Vergl.  das  Schreiben  des  Amtmanns  Birger  von  Ellwangcn  bei 
Oechsle  414  flf. 

197)  Dafs  die  Riescr  sclir  bald  zerfielen,  und  keine  Ordnung  mehr 
taenschte,  sowie  Uber  die  letzten  Ereignisse  vergl.  Jörg  471. 

198)  Hofmeister  und  Räte  an  Casimir.  20.  Mai.  A.  S.  T.  III.  171.  Es 
war  diese  Nachricht  lUr  den  Markgrafen  um  so  angenehmer  und 
beruhigender,  wdl  ihm  kürdich  Nachrichten  zugekommen  waren 
dafs  dit  I5auern  um  Dtnkelsbühl  sich  verbunden  hätten,  kein  Schlofs 
auf  30  Meilen  ringsum  stehen  zu  lassen.  Casimir  an  Carl  von  Hefs- 
berg und  Veit  \on  Lentcrsheim  vom  21.  Mai.    A.  S.  T.  1.  301. 

199)  Diese  Instruktion,  sehr  interessant,  weil  sie  auch  den  Verband 
lungen  mit  dem  Fränkischen  Heere  711  (irunde  lag,  steht  A.  S. 
T.  III.  158  ff.  und  ist  ^^egcbcn  in  iJeila^e  XXIV. 

200;  Der  Vogt  hatte  durch  sein  thörichtes  Benelimen  auch  den  Zorn 
der  Bauern  —  wie  schon  erwähnt  —  gegen  Crailshdm  «rregt 
Über  die  ihm  sonst  vorgeworfenen  Artikel  vergleiche  besonders  den 
Crailsheimer  Akt,  bez.  S.  V.  L.  228.  Nr.  48.  Kreisarchiv  Nürnberg. 

201)  >Relation  ufs  kurzst  unser  der  verordent  rete,  so  aus  bevelh  unseis 
gn.  hm.  marggraf  Casimirs  zu  Brandenburg  des  versamelten  häufen 
halben  an  der  Jagst  uf  angesalztem  tag  zu  Crailsheim  gewesen 
sind«.    A.  S.  T.  III.  180. 

202;  Thomas  Ciaiber  an  Casimir.   23.  Mai.   A.  S.  T.  III.  198. 


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Peter  Viseher-Studien. 


Von  A.  W  DÖbner. 


Einleitung. 

Der  Name  von  A.  W.  D  ö  b  n  e  r ,  weiland  herzoglich  Säch- 
sischem Oberbaurat  in  Meiningen,  ist  auf  dem  Gebiet  unserer 

vaterländischen  Kunstforschung  wohlbekannt.  Unter  den  Auto- 
ren vornehmlich,  welche  sich  mit  der  Thätigkcit  Peter  Vischers 
und  seiner  Söhne  befafst  haben,  wird  er  mit  Ehren  genannt: 
»die  Mulsestunden  eines  halben,  vielbeschäftigten  Lebens«  hat 
—  um  mit  seinen  eigenen  Worten  zu  reden  —  der  eifrige  For- 
scher und  Zeichner  diesem  Gegenstande  gewidmet. 

Der  Ertrag  seiner  Arbeit  ist  in  einer  Reihe  von  Aufsätzen, 
vorzugsweise  im  Deutschen  Kunstblatt  und  im  Anzeiger  tUr  Kunde 
der  deutschen  Vorzeit  niedergelegt.  Nach  der  Absicht  des  Ver- 
fassers sollte  aus  ihnen  mit  der  Zeit  ein  einheitlich  abgeschlos- 
senes Werk  hervorgehen.  Aber  es  war  ihm  nicht  vergönnt, 
diesen  Plan  völli-;  zur  Ausführung  zu  1) ringen  :  noch  che  er  mit 
dem  Druck  eines  fertig  ausgearbeiteten  Manuskriptes,  betitelt 
»Die  Erzgiefserfamihe  Vischer  zu  Nürnberg«,  beginnen  lassen 
konnte,  schied  er  (20.  Dez.  1871)  aus  dem  Leben.  Der  nahe- 
liegende Gedanke  der  Hinterbliebenen,  das  Werk  durch  nach- 
trägliche Herausgabe  zu  einem  litterarischen  Denkmal  fUr  den 
Verstorbenen  werden  zu  lassen,  wurde  durch  äufsere  Schwierig- 
keiten anfänglich  verzögert.  Späterhin  konnte  von  einer  Ver- 
öffentlichung des  ganzen  Manuskriptes  nicht  mehr  die  Rede  sein, 
nachdem  sein  Inhalt  durch  die  inzwischen  erfolgte  Bergau'sche 
Bearbeitung  desselben  Themas  in  Dohme's  »Kunst  und  Runstlerc^) 
und  durch  die  Neuaufstellung  des  Gesamtwerkes  der  Vischer- 

')  Baad  I,  s.  Abteilang.  37.  Li«f«rang.  R.  Bergau,  Peter  VUcber 
und  «eine  Söhne.   Leipsig  1S77. 


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—    166  — 


sehen  Giefehütte  durch  W.  Bode^)  entweder  flberholt  oder  doch 
zu  einem  Teile  entbehrlich  gemacht  worden  war. 

Immerhin  blieb  von  der  Arbeit  A.  W.  Döbners  nach  einer 

neuerlich  vorgenommenen  Sichtung  eine  Reihe  von  Notizen  und 
kritischen  Erörterungen  übrig,  wclclie  unser  Wissen  von  dem 
Treben  und  den  Werken  P.  Vischers,  bezw.  seiner  Sohne  um 
neue  Materialien  bereichern,  und  diese  sind  es,  welche,  einem 
von  Geheimrat  Dr.  \V.  Bode  freundlichst  erteilten  Rate  ent- 
sprechend, durch  den  Sohn  des  Autors,  Herrn  Archiv  rat 
Dr.  R.  D  d  b  n  e  r  in  Berlin,  zur  Verftigung  gestellt,  im  Nach- 
stehenden veröffentlicht  werden. 

Die  Prüfung  des  vollständigen  Manuskriptes,  sowie  die  für 
den  Druck  notwendigen  Vorarbeiten  hat  der  Unterzeichnete 
übernommen.  Dafs  eine  derartige  Aufgabe  immer  gewissen 
Schwierigkeiten  begegnen  wird,  liegt  in  der  Natur  der  Sache. 
Es  gilt  dies  im  vorliegenden  Falle  namentlich  mit  Bezug  auf  die 
Aussonderung  des  für  den  Druck  Geeigneten,  insoweit  es  sich 
dabei  nicht  um  bestimmte  urkundliche  Nachru  hten,  sondern  um 
Ergebnisse  kritischer  Forschungen  handelt»  welche  unter  Umstän- 
den nur  Gründe  der  Wahrscheinlichkeit  für  sich  haben  und  nicht 
absolute  Geltung  a  priori  beanspruchen  können.  Die  Autorität, 
welche  der  persönlichen  Überzeugung  A.  W.  Döbners  auf  dem 
hier  in  Rede  stehenden  Gebiet  überhaupt  zukommt,  wird  die 
•         getroffene  Auswahl  in  jedem  einzelnen  Falle  rechtfertigen. 

In  der  Wiedergabe  des  Dohnerschen  Textes  sind  Ände- 
rungen und  Stre!rhun<jen  auf  das  thanlichst  geringste  Mafs  be- 
schränkt worden,  in  dem  ausdrücklichen  Bestreben,  an  dieser 
Stelle  nur  die  subjektive  Eigenart  und  Anschauung  des  Autors 
zu  Worte  kommen  zu  lassen. 

Frankfurt  am  Main. 

Dr.  H.  Weizsäcker. 


S.  des»en  Ueschichte  der  deutichen  Plastik.    Uerho  1887.  S. 

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I. 

über  das  Gulinnaterial  der  Vischerschen  Denk- 
mäler. 

Lepsius  fuhrt  im  Eingang  zu  seiner  Abhandlung  ttber  das 
Sebaldusgrab ^)  an:  »es  hätten  sich  die  mit  der  Erzgiefserei  be- 

sciialtigten  Nürnberger  Meister  Rothschmiede,  auch  Messing- 
schmiede genannt,  obgleich  diejenige  Metallmischung,  die  jetzt 
unter  dem  Namen  Messing  verstanden  werde,  damals 
noch  nicht  bekannt,  vielmehr  das  von  ihnen  verwendete 
Metall  die  wahre  Bronze,  orichalcum,  wie  sie  die  alten  Denk- 
male aufwiesen,  noch  allgemein  im  Gebrauch  gewesen.! 
Dem  gegenüber  mufs  folgendes  bemerkt  werden: 

1.  In  allen  Urkunden,  in  welchen  des  in  der  Vischerschen 
Hfltte  verwendeten  Metalls  gedacht  wird,  ist  stets  nur  von  Mes- 
sing die  Rede.  Der  Messingbrenner  Konrad  Rösner  lieferte  Mes- 
sing /:uiu  Sebaldusgiabe,  die  Erben  Peter  Vischcrs  verkauften 
das  Fuggergitter  als  Zeugmessing  an  den  Rat  zu  Nürnberg 
u.  s.  w. 

2.  Bei  Gelegenheit  einer  Reparatur  an  der  Bronzestatue 
Ottos  IV.,  Grafen  von  Henneberg  (f  1502),  des  mutmafslich 
ältesten  Rundgufswerks  aus  Peter  Vischers  Werkstätte,  wurde 
auf  Veranlassung  des  Verfassers  ein  Metallstttckchen  aus  dem 
Inneren  des  hohl  gegossenen  Kopfes  herausgenommen  und  durch 
den  Apotheker  Herrn  Schmeifser  zu  Meiningen  einer  Analyse 
unterworfen.   Diese  ergab  in  100  Teilen: 

74  Gewichtstcüc  Kupfer 
24  „  Zink 

1  „  Blei 

1  Zinn, 
erwies  mithin  dasselbe  entschieden  als  Messing  und  keineswegs 
als  ächte  Bronze,  die  anstatt  des  Zinkgehaltes  etc.  ebensoviel 
Zinn  hätte  enthalten  mttssen. 


*)  Die  Nttrahergischen  Kflnstler  etc.  Heft  IV.  Nflraberg  1831.  S.  27. 


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—  168 


Es  beruht  demnach  Wildeis  Angabe^)  vom  Jahre  1822, 
auf  welche  sich  Lepsius  bei  obiger  Notiz  über  die  von  den 

» 

Nürnberger  Krzgiefsern  gebrauchte  Metallmischung  beruft  und 
wonach  das  jetzt  sog.  Messing  nach  Eduard  Ebners  Angabe  erst 
ums  Jahr  1554  in  Nürnbenj:  in  Gi'l)rau(  h  gekommen  sein  soll, 
ohne  Zweifel  auf  einem  Irrtum«  um  so  mehr,  als  auch  eine 
zweite  Analyse  eines  aus  der  erwähnten  Statue  entnommenen 
BronzestUckchens,  die  ich  der  Gute  des  Herrn  Professors  Rei- 
chardt  zu  Jena  verdanke,  obschon  von  der  vorerwähnten  nicht 
unwesentlich  abweichend,  die  Messingkomposition  entschieden 
nachweist. 

Die  chemische  Untersuchung  des  Herrn  Prof.  Reichardt 

ergab  in  100  Teilen  der  Bronze: 


Eisen 

.    .  0,978 

Mangan 

.    .  0,151 

Nickel  , 

.    ,  0,334 

Zink  , 

.    .  16,609 

Cadmium 

.    .  0,318 

Blei  . 

.    .  1,141 

Kupfer 

.    •  80,06Q 

99,600 

Zinn  und  Silber  waren  nicht  vertreten.  Das  spezifische 
Gewicht  der  Bronze  betrug  8,47. 

Herr  Professor  Dr.  Reichardt  fügt  seiner  gefälligen  Mit- 
teilung noch  hinzu:  >Im  ganzen  genommen  schliefst  sich  diese 
Bronze  der  Mischung  der  kupferreichen  Bronzen  an,  wie  man 
sie,  namentlich  in  neuerer  Zeit,  zu  Bronzegufs  verwendet.  Die 
geringen  Beimischungen  von  Eisen»  Mangan,  Nickel,  Cadmium, 
rühren  jedenfalls  von  Verunreinigung  des  Metalls  her,  dagegen 
scheint  Blei,  dessen  Menge  über  1  Pro/vCnt  beträgt,  absichtlich 
beigemischt  zu  sein.c 


*)  Nflmberger  Taschenbuch  II.  S.  215. 


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— .    169  — 


n. 

Die  metalleaen  Grabplatten  in  der  Kurfürstlichen 
Begräbniskapelle  des  Domes  zu  Meilsen. 

Obwohl  Bode  (a.a.  O.  S.  141,  143,  1 56)  und  Bergau  hinsichtlich  derZuschrei 
bung  der  Mehrsatil  dieser  Denkmäler  an  die  Gufshütte  der  Vischer  im 
wesenüichen  mit  Döbner  übereinstimmen,  erschien  es  doch  nicht  unange- 
bracht, den  hierfolgenden  ausführlichen  Abschnitt  seines  Werkes  als  Ganzes 
wiedemigeben.  Die  Argumente,  welche  Döbner  seiner  stilkridschen 
Analyse  zu  Grunde  legt,  geben  den  bestehenden  Vermutungen  bczügUch 
der  Autorschaft  neue  Stützpunkte.  Von  Interesse  sind  aufserdem  die 
Beobachtung^cn  des  Verfassers  über  das  bei  Herstellung  der  genannten 
Epitaphien  zur  Anwendung  gelangte  technische  Verfahren. 

In  der  Begräbniskapelle  des  Domes  zu  Meifsen,  welche 
vom  Kurfürsten  Friedrich  dem  Streitbaren  für  diesen  Zweck  ge- 
stiftet und  in  den  Jahren  1423  bis  1425  erbaut  wurde,  befin- 
den sich  rings  um  den  mit  der  Reliefgestalt  des  Stifters  auf 
dem  Deckel  und  mit  Figuren  und  Wappen  an  den  Seiten  reich* 
geschmückten  Messingsarkophag  Friedrichs  des  Streitbaren 
9  Messingplatten  mit  den  Bildnissen  der  Verstorbenen  in  den 
Fufsboden  eingelassen. 

Auf  den  hohen  Kunstwert  mehrerer  dieser  Platten  ist  man 
erst  in  neuerer  Zeit  aufmerksam  gewunlcii,  und  es  hat  dazu  zu- 
nächst Ernst  Förster  in  seinen  tretTlichen  Denkmalen,  ganz  vor- 
züglich aber  der  Vorstand  des  Altertumsvereins  zu  Freiberg 
Heinrich  Gcrlach  durch  seine  Abdrücke  und  photographischen 
Darstellungen  beigetragen.  Die  vorhandenen  Messinggrabplatten 
decken  die  Grabstätten  folgender  Personen: 

1.  Zu  Häupten  des  Stifters  ruht  dessen  zweiter  Sohn  Sigis- 
mund, geb.  28.  Februar  1417,  Bischof  zu  Wttrzburg  von  1440 
bis  1443,  t  34.  Dezember  1457. 

2.  Zu  Füfsen  des  Stifters  Kurfürst  Friedrich  der  Sanft- 
mütige, geb.  22.  August  1412,  f  7.  September  1464. 

3.  Rechts  vom  Sarkophag  des  Stifters  Kurfürst  Ernst, 
Stifter  der  ?>ncstinischen  Linie  von  Sachsen,  geb.  25.  Februar 
1441,  t        August  1486. 

4.  Links  Herzog  Albrecht  der  Beherzte,  Stifter  der  Alberti- 
nischen  Linie,  des  jetzigen  Königshauses  von  Sachsen,  geb. 
27.  Juli  1443,  t  12.  September  1500. 


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—    170  — 


5.  Herzogin  Sidonfe,  des  letzteren  Gemahlin,  Tochter  des 

Königs  (ieorg  Podiebrad  von  Böhmen,  geb.  1449,  verlobt  den 
11.  Nov.  1459,  vermahlt  im  Mai  1464,  f  1.  Februar  1510. 

6.  Herzogin  Amalie  von  Bayern,  Gemahlin  Ludwigs  des 
Reichen,  Tochter  des  Kurfürsten  Friedrichs  des  Sanftmutigen, 
geb.  13.  April  1435,  f  18.  November  1502. 

7.  Herzog  Friedrich,  dritter  Sohn  Albrechts  des  Beherzten, 

Hochmeister  des  deutschen  Ordens,  geb.  25.  Oktober  1474, 
f  14.  Dezember  1510. 

8.  Herzog  Johann,  ältester  Sohn  Georgs  des  Bärtigen,  geb. 
24.  August  1498,  f  IL  Januar  1537. 

9.  Herzog  Friedrich,  zweiter  Sohn  Georgs  des  Bärtigen, 
geb.  15.  März  1504,  f  2ö»  Febr.  1539. 

Aufser  diesen  9  Grabplatten  befinden  sich  noch  in  der 
an  die  Hauptkapelle  anstofsenden  kleinen  Kapelle: 

10.  Herzog  Georg  der  Bärtige,  Albrechts  des  Beherzten 

Sohn,  geb.  27.  August  1471,  f  17.  April  1539. 

11.  Herzogin  Barbara,  Gemahlin  des  letj^teren,  Tochter 
Königs  Casimir  IV.  von  Polen,  f  15.  Februar  1534. 

Von  ganz  vorzüglicher  Schönheit  und  dem  höchsten  Kunst- 
wert sind  die  beiden  Platten  Nr.  5  und  6,  und  wenn  ich  es 

wage,  beide  dem  berühmten  Erzgiefscr  Peter  Vischer  als  unbe- 
streitbares Eigentum  zu  vindizieren,  so  gescliieht  dies  aus  folgen- 
den Gründen: 

Erzbischof  Emst  von  Magdeburg,  der  Neffe  der  Herzogin 
Amalie  sowohl,  als  der  Herzogin  Sidonie  von  Sachsen,  hatte 
sich  sein  Denkmal  in  den  Jahren  bis  1495  von  Peter  Vischer 
fertigen  lassen  und  lebte  bis  zum  Jahre  1513«  Nach  dessen 
trefflich  gelungener  Ausführung  hatte  er  gewifs  allen  Grund,  den 
Meister  seines  Denkmals  auch  für  die  Beschaffung  der  Denk- 
nutlcr  seiner  T  anten  Amalie  und  Sidonie  zu  cin))fehlen,  da  er 
beide  überlebte  und  mit  allen  Angehörigen  seiner  Familie  in 
den  freundlichsten  lieziehungen  stand.  Wirkte  doch  sein  Beispiel 
selbst  über  sein  Lebensende  hinaus  bc/ü<i!irh  der  Denkmäler 
seiner  beiden  Brüder,  der  Kurfürsten  Friedrich  des  Weisen  und 
Johann  des  Beständigen,  die  beide  ihre  Denkmäler  aus  der 


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—    171  — 


Vischerhütte  zu  Nttmberg  erhielten,  obschon  zur  Zeit  der  Fer- 
tigung des  ersteren  der  Meister  Peter  der  ältere  nicht  mehr  in 

voller  Manneskraft,  bei  dem  letzteren  sogar  schon  heimgegangen 
war,  während  er  beim  Tode  der  beiden  Herzoginnen  in  seiner 
höchsten  Blute  stand. 

Wie  sollte  man  dazu  kommen,  unter  solchen  Verhältnissen 
den  Schöpfer  ihrer  Denkmäler  an  einem  andern  Orte  zu  suchen, 
und  wo  hätte  man  emen  würdigeren  oder  nur  ebenbürtigen 

Meister  gefunden? 

Die  Art  der  Ausführung,  die  sich  scheinbar  als  Gravierung 
darstellt,  war  dem  Meister  Peter  nicht  fremd.  Wir  finden  sie  be- 
reits auf  der  Fahne  des  Grafen  Otto  IV.  von  Henneberg  in 
der  Kirche  zu  Römhild  aus  den  1480er  Jahren*),  auf  welcher 
das  Hennebergische  Wappen  mit  reichem  Laubwerk  durch  ver* 
tiefte  Linien  dargestellt  ist.  Wir  finden  sie  in  dem  Denkmal 
des  liischofs  Friedrieh  von  Krakau  in  der  Domkirchc  daselbst, 
dessen  Abstammung;  aus  der  Hütte  Peter  Vischers  aus  dem 
Jahre  1510  wohl  nicht  zu  bezweifeln  ist.  Wir  finden  sie  end- 
lich in  den  Damastmustern  auf  fast  allen  Gewändern  und  Da- 
maststoffen seiner  Denkmäler  und  aus  dem  von  Gerlach  in  des- 
sen Schriftchen  über  die  Grabplatten  in  den  Domen  zu  Meifsen 
und  Freiberg  *)  ausdrücklich  hervorgehobenen  Unterschied  der 
ersteren  von  den  letzteren,  wonach  die  vertieften  Linien  der 
Meifsener  Platten  »nicht  scharfkantig  in  der  Plattenober- 
fläche, sondern  in  dieselbe  abgerundet  übergehend  er- 
scheinen«, geht  hervor,  dafs  die  Meifsener  (iral)platten  nicht 
etwa  eigentliche  Gravierungen  der Zeiclinunix  in  das  harte  Metall 
darstellen,  dafs  vielmehr  die  Zeichnung  in  das  weiche  Modell 
graviert,  darüber  eine  Mutterform  gemacht  und  über  diese  der 
Gufs  ausgeführt  wurde.  Die  Platten,  wie  wir  sie  dermalen  sehen, 
sind  daher  nicht  dem  Kupferstich  ähnlich  durch  Gravierung  auf 
das  Metall  entstanden,  sondern  es  sind  die  graviert  erscheinen- 
den Lünen  durch  Gufs  erzielt,  mithin  ganz  auf  dieselbe  Weise 


Otto  IV  ,  Ciraf  v  n  ! fcnneberf^,  f  1502. 

')  H.  Gerlach,  die  mitlelallerlichen  (p-avieiien  melsini^enei)  Grab- 
plftttcn,  liMbeiondcre  in  den  Dom«&  tu  Meifsen  und  Freiberi?.  Freiberg 
1866.   S.  8. 


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—    172  — 


dargestellt  worden,  wie  die  Damasttnttster  auf  den  Vischer- 
Denkmälera  tu  Bamberg,')  zu  Breslau,*)  zu  Magdeburg.^  zu  Köm- 
hild*)  etc.    Es  würde  daher  ein  grofser  Irrtum  sein,  wenn  man 

daraus,  dafs  das  Gravieren  in  Metall  von  der  Vischerschen  Werk- 
stättc  nicht  erweislich  L;eiiht  worden  sei,  die  Vischersche  Autor- 
schaft in  Abrede  stellen  wollte,  da  Visc  her  für  die  gleichartige 
Darstellung  sich  der  weit  bequemeren  Methode  der  Gravierung 
in  das  weiche  Modell  bediente  und  diese  fast  an  allen  seinen 
Werken  zur  Anwendung  brachte. 

In  späterer  Zeit  (1536)  wiederholt  sich  die  gleiche  Me- 
thode an  dem  in  der  Stiftskirche  zu  Aschafienburg  befindlichen 
Katafalk  in  voller  Gleichmäfsigkeit,  und  dieser  stammt  aus  der 
Hütte  des  Johannes  Vischer  zu  Nürnberg. 

Femer  ist  die  Art  der  Überdachung  der  Figur  mit  goti- 
schem Laubwerk,  wie  bei  der  Herzogin  Amalie,  völlig  ent- 
sprechend den  Denkmälern  Georgs  II.  und  Heinrichs  III.  im 
Dome  zu  Bamberg.  Auch  wiederholen  sich  an  dem  Denk- 
mal der  Herzogin  Sidonie  in  den  Zwickeln  oberhalb  des  Bogens, 
der  die  Figur  überspannt,  die  Kinderfiguren,  die  bekanntlich  ein 
charakteristisches  Merkmal  der  Peter  «Vischerwerke  sind.  Zu 
beachten  Ist  aufserdem,  wie  beide  Figuren,  die  Herzogin  Amalie 
wie  die  Herzogin  Sidonie,  vor  einem  hinter  ihnen  aufgespannten 
damascierten  Teppich  stehen,  über  welchem  man  bei  Sidoniens 
Grabplatte  in  das  Innere  eines  Gemaches  blickt,  wie  man,  bei 
völlig  gleicher  Anordnung  hinsichtlich  des  Teppichs,  bei  dem 
Denkmal  des  Bischofs  Johann  von  Breslau  in  das  innere  einer 
Kirche  blickt. 

Was  aber  die  Entstehung  aus  Peter  Vischers  Hand  auf 
das  untrüglichste  nachweist,  ist  der  Umstand,  dafs  sich  das 

'1  Gr.ibniäler  der  Bamberger  Bischöfe  Heinrich  III.,  i  150t,  (die  Grab- 
platte 1492 — 93  in  Nürnberg  angefertigt);  Veit  I.,  t  ^S^3i  Georg  U.,  f  1505 
(fttr  die  Grabplatte  1505  und  1506  dem  Peter  Vischer  Zahlungen  geleistet). 

^)  GrAbmal  det  Bischofs  Johaon  IV.  von  Br«sUii,  t  1 5<^t 
ebenda  (beteichnet  mit  dem  vollen  Namen  Peler  Vischer  and  der  Jahrtahl  1496). 

'1  Grabmal  des  Er/bischofs  Ernst  von  Mai;deburL^,  f  1503,  im  Dom 
ebenda  (  bezeichnet  mit  dem  vollen  Namen  Peter  Visebers  und  der  Jahres* 
zahl  1495). 

*)  Grabmal  des  Grafen  Hermann  VUL  von  Henneberg,  t  i535' 
seiner  Gemahlin  Blisabeth  von  Brandenburg,  f  1507,  in  der  Stiftskirche  sn 
Kömhild. 


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—    173  — 


überaus  reiche  Muster  in  dem  hinter  Amaliens  Figur  ausgespann- 
ten Teppich  in  völliger  Gleichmäfsigkeit  an  den  Gewän- 
dem  der  Gräfin  Elisabeth  von  Henneberg  in  der  Stiftskirche 

zu  Ruinliild  bis  ins  kleinste  Detail  wiederholt.  Kine  solche  Über- 
einstimmung wäre  bei  zwei  selbständig  schaffenden,  niclit  nach- 
ahmenden Künstlern  von  solcher  Bedeutunf^,  wie  sie  für  beide 
Denkmäler  anzunehmen  sindi  undenkbar,  wäre  es  nicht  ein 
und  dieselbe  Person,  die  man  als  Verfertiger  von  beiden  voraus- 
setzen mufs.  Dieselbe  Dessinfigur  findet  sich  gleichermafsen  an 
der  Planeta  des  Bischofs  Heinrich  ni.  im  Dome  zu  Bamberg, 
sowie  des  Bischofs  Veit  I.  daselbst. 

Wenn  hiernach  die  Autorschaft  Peter  Vischers  bezüglich 
des  Denkmals  der  Herzogin  Amalie  nachgewiesen  sein  dürfte,  so 
wird  man  auch  bei  dem  vollkommen  gleichartig  aufgefafsten  Denk- 
mal  der  Herzogin  Sidonie  an  keinen  andern  Künstler  und  um  so 
weniger  an  Albrecht  Dttrer,  der  Tradition  folgend,  denken  dür- 
fen, als  dessen  gleichzeitige  Arbeiten  stilistisch  zu  beiden  Denk- 
mälern in  keiner  oder  nur  oberflächlicher  Verwandtschaft  stehen. 

Die  Herzogin  Amalie  steht  auf  der  ihr  gewidmeten  Grab- 
platte zwischen  zwei  achteckigen  Postamentpfeilem  mit  goti- 
schen Laubkapitälen;  aus  deren  Deckplatten  steigen  gewundene, 
mit  einzelnen  Blättern  belaubte  Äste  auf,  die  sich  zu  Häupten 

der  Figur  zusammenschlingen  und  reichbelaubte  Zweige  mit 
Blumen  und  Bhittern  treiben,  in  welchen  rechts  das  Bayerische, 
links  das  Sächsisclic  \Vap])en  sich  eingefügt  findet.  Die  herr- 
lich gezeichnete  Figur  der  Herzogin,  tief  verhüllt  in  einer  Tracht, 
aus  welcher  nur  Augen  und  Nase  unbedeckt  hervorschauen,  und 
deren  trefflich  gezeichnete  Hände  mit  dem  Abzählen  des  Rosen- 
kranzes beschäftigt  sind,  zeigt  soviel  Anmut  und  natürlich  un- 
gezwungene Bewegung,  dafs  sie  sich  vor  früher  gefertigten  Grab- 
platten, wie  wir  sie  von  Vischers  Hand  im  Dome  zu  Bamberg 
finden,  rühmlichst  hervorthut  und  nur  in  der  gleich  ausdrucks- 
voll und  trefflich  modellierten  Figur  der  Gräfin  Elisabeth  von 
Henneberg  wiederfindet.  Ganz  besonders  zeigt  sich  an  den 
Figuren  der  beiden  Herzoginnen  Amalie  und  Sidonie  die  unver- 
gleichliche Geschicklichkeit  Peter  Vischers  des  älteren  in  Ver- 
wcndun^'  der  Hände,  die  er  stets  so  einfach  natürlich  zu  be- 


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—    174  — 


schäfügen  weifs,  dafs  auch  darin  ein  besonderer  Grund  für  seine 
Autorschaft  gefunden  werden  kann. 

Bei  der  Herzogin  Amalie  bedeckt  das  Obergewand  mit 
dem  Schleier  die  ganze  Figur  und  ist  von  oben  bis  unten  zu- 
geknöpft, bei  der  Herzogin  Sidonie  dagegen  schaut  das  reichver- 
zierte Unterkleid  unter  dem  Obergewand  zwischen  den  beiden 
Wappen,  die  zu  Füssen  der  Figur  rechts  und  h'nks  aufgestellt 
sind,  hervor.  Der  Faltenwurf  ist  mit  grofsem  Geschick  gezeich- 
net und  neigt,  zumal  an  der  linken  Contur  zu  Albrecht  Dürer- 
sehen  Falten  hin,  allein  wir  finden  dergleichen  GeGtIte  auch 
bei  Peter  Vischer,  insbesondere  an  dem  Gewand  des  Erzbischofs 
Emst  von  Magdeburg.  Es  steht  mithin  auch  von  dieser  Seite 
kein  Grund  der  Annahme  entgegen,  dafs  die  Grabplatten  der 
beiden  Herzoginnen  dem  grofsen  Meister  Peter  Vischer  ange- 
hören. Zu  Füfsen  der  Herzogin  Sidonie  l^efindet  sich  links  das 
Wappen  des  Königreichs  Böhmen,  da  sie  des  Königs  (ieorg 
Podicljrad  von  Böhmen  Tochter  war,  rechts  das  viergeteilte 
Sächsische  Wappen  ihres  Gemahls  Herzog  Albrechts  des  Be- 
herzten mit  dem  Rautenkranz,  dem  Thüringischen  und  Meifs- 
nischen  Löwen,  dann  dem  Adler  von  Pfalz-Thüringen.  In  dem 
Kreuz  der  Vierteilung  ist  ein  Schild  mit  dem  Reichsadler  und 
auf  diesem  ein  kleineres  Schild  mit  2  Löwen  angebracht.  Der 
Reichsadler  bezieht  sich  auf  Albrechts  Stellung  als  Reichsfeld- 
hauptniann  und  Reichsstatthalter  der  Niederlande,  die  ihm  Kai- 
ser Friedrich  III.  verliehen,  während  in  dem  kleinen  Wappen 
mit  den  beiden  Löwen  das  Wappen  des  Bürsten  von  i-'riesland 
zu  erkennen  ist,  womit  Herzog  Albrecht  beliehen  war.  Die  ein- 
zeilige Umschrift  um  die  Grabplatte  der  Herzogin  Amalie  lautet: 

NACH  .  CHRISTI  .  GEPVRT  .  MCCCCCH  .  lAR  .  AM  . 
ACHTEN  .  TAGE  .  NACH  .  MARTINI .  IST  .  GESTORBEN  . 
DIE .  DVRCHLEVCHTE .  HOCHGEBORNE .  FVRSTIN .  FRAW. 
AMELEIE  .  H  .  L .  VON  .  PEIRN  .  NACHGELASNE  ,  WITWE  . 
(iürORN  .  VON  .  SACHSEN  .  DER  .  GUT  .  GN. 

Diese  Ins(  hriit  ist  zu  beiden  Seiten  von  einer  gotischen 
Biatterborte  umrahmt  von  dcr?;elben  Zeichnung,  welche  bei  der 
Inschrift  am  Denkmal  des  Bischofs  Johannes  von  Breslau  wieder- 
kehrt und  schablonenmäfsig  auf  das  Modell  aufgedrückt  zu  sein 
scheint.    Besonders  bemerkenswert  in  der  Inschrift  ist  der  Buch- 


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—    175  — 


Stabe  n,  der,  wie  auch  nach  mittelalterlichem  Braudi  nicht  un- 
gewöhnlich, die  Stelle  von  C  vertritt.^) 

Die  zweizeilige  Umschrift  um  die  Grabplatte  der  Herzogin 
Sidoniet  die  noch  von  einem  zierlichen  Vierpafskäntchen  um- 
rahmt ist,  heifst:  »Anno  dm.  MCCCCCX  am  freitag  des  abent 
unser  fraven  Hechtmefs  ist  gestorbn  die  hochgebome  tugetlichi 
furstin  fraw  zdena  geborn  vo  behym,  herzogin  zu  Sachsen  land- 
gravin  in  diringen  und  niarggruvm  /u  rncifsen  wutvve  die  ge- 
west  ein  gcniachcl  des  hochberumten  fitsten  herm  Albrecht«; 
herzogen  zu  Sachsen  etc.  Godt  wolle  der  seien  genedig  und 
barmherzig  seyn  f  Amen. 

Merkwürdig  ist,  dafs  in  dieser  Inschrift  der  Buchstabe  r 
acht  Mal  wie  i  geschrieben  erscheint,  während  er  gleichzeitig 
mehrfach  wie  r  geschrieben  ist. 

Unter  den  Grabplatten  des  Domes  zu  Meifsen  findet  sich 
eine  weitere  Erzplatte,  den  Herzog  Friedrich,  dritten  Sohn  Al- 
breclits  des  I^chei/.ten,  Hochmeister  des  deutschen  Ordens,  in 
vertieften  Conturen  darstellend.^)  In  der  irrigen  Meinung,  dafs 
die  Zeichnung  auf  die  ursprünglich  glatt  gegossene  Platte  gra- 
viert worden  sei,  pflegt  raan  diese  Zeichnung  dem  Meister  Al- 
brecht Dürer  zuzuschreiben,  während  die  erwähnte,  an  dem 
Denkmal  des  Erzbischofs  Emst  zu  Magdeburg  in  der  Sächsi- 
schen Fürstenfaroilie  bereits  glanzvoll  bewährte  Bekanntschaft 
mit  Meister  Peter  Vischer  auch  hier  auf  dessen  Hütte  hinweist, 
dies  aber  um  so  mehr,  als  der  Hochmeister  Friedrich  zum  Coad- 
jutor  des  Kr^ji.thofs  Ernst  gewählt  und  zu  dessen  Nachfolger 
als  Krzbischof  vom  raj)St  bestimmt  und  bestätigt  war,  auch  die 
letzten  Jalire  seines  Lebens  behufs  seiner  Vorbereitung  zu  die- 
sem Amte  infolge  eines  Breve  des  Papstes  Julius  11^  in  Magde- 
burg und  dessen  Nähe  verweilte,  mit  seinem  Vetter,  dem  Erz- 
bischofEmst,  in  den  nächsten  Beziehungen  stand,  dessen  kunst- 
reiches Denkmal  sicher  kannte  und  schwerlich  einen  andern 
Meister  für  sein  eigenes  Denkmal  sich  zu  wünschen  veranlafst  war. 

Ich  verkenne  indefs  nicht  einige  Unterscheidungsmerkmale, 
die  mir  auf  die  Mitwirkung  eines  der  bolme  hinzuweisen  schei- 
nen, die  Ja  im  Jahre  1510,  in  welchem  Herzog  Friedrich  starb, 

*)  Vergl.  die  Grabtchrift  Herzog  AlbrcchU  S.  iSs. 
8.  170  Nr.  7 


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bereits  am  Sebaldusgrab  thätig  mitarbeiteten,  sehr  wohl  also 
auch  hierbei  thätig  gewesen  sein  kennen. 

Die  Anordnung  der  Grabplatte  ist  im  allgemeinen  die- 
selbe wie  bei  den  vorbeschriebenen  beiden  Platten.  Die  Figur 
steht  vor  einem  hinter  ihr  ausgespannten  daniascierteu  Teppich, 
der,  wie  bei  der  Herzogin  Amalie  und  dem  Bischof  Johann  von 
Breslau  au  Ringen  hängt,  die  über  eine  horizontale  Stange  über- 
geschoben sind.  Unter  ihren  Füfsen  ist  ein  Parquetboden  sicht- 
bar und  rechts  und  links  von  denselben  sind  Wappenschilder 
aufgestellt. 

Der  ritterliche  Hochmeister  ist  von  einem  gekräuselten 
Halbkreisbogen  überspannt,  dessen  Zacken,  wie  am  Sebaldus- 

grabe,  in  gotische  Lilien  ausgehen.  Über  dem  Scheitel  des 
Bogens  schweift  sich  dessen  Kante  in  eine  dreieckige  Spitze 
aufwärts.  In  den  über  demselben  sich  bildenden  Zwickeln  keh- 
ren die  den  Vischerdenkmälern  charakteristischen  Engel,  mit 
Laubornament  umgeben,  wieder.  Was  mir  aber  auf  eine  von 
Peter  Vischer  dem  älteren  abweichende  Manier  hinzudeuten 
scheint,  ist  einmal  die  Behandlung  der  Haare  an  Haupt  und 
Bart,  dann  die  nicht  ganz  ungezwungene  Haltung  des  rechten 
Annes  und  der  rechten  Hand,  die  im  Vergleich  zu  der  sonst  von 
Peter  Vischer  bewährten  Virtuosität  in  diesem  Punkte  einiges 
zu  wünschen  übrii,  laist.  Das  Haupthaar  ist  fast  perückenartig 
gehalten  und,  wie  der  Kinn-  und  Backenbart,  so  fein  gekräuselt, 
dafs  man  dabei  fast  an  die  Kunst  des  Friseurs  erinnert  wird. 
Der  Ausdruck  im  Gesicht  ist  von  der  Innigkeit,  die  sich  an  den 
beiden  Herzoginnen  in  den  wenigen  sichtbaren  Gesichtszügen 
in  unverkennbarer  Weise  kundgibt,  weit  entfernt,  es  spricht 
sich  darin  vielmehr  einige  Gleichgllltigkeit  aus.  Der  Kopf  ist 
blofs,  ein  Hehn  nicht  sichtbar.  Aus  allen  diesen  Gründen  ist 
insbesondere  an  einen  Albrecht  Dürer  nicht  zu  denken,  so  kor- 
rekt und  sicher  auch  die  Zeichnung  der  gan/.en  Phitte  ist. 
Auch  das  Laubornament  in  den  Zwickeln  ist  etwas  eigentüm- 
licher, von  der  Gotik  al) weichender,  in  die  Renaissance  hin- 
überneigender Art,  während  im  übrigen  gotischer  Typus  waltet. 
Die  Rüstung  ist  mit  Vischerscher  Einfachheit  behandelt,  das 
deutsche  Ordenskreuz  ist  auf  der  Brust  angebracht,  der  Ordens* 
mantel  hängt  in  schönem  Faltenwurf  über  den  Rücken,  die  linke 


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Hand  stützt  sich  auf  das  Schwert,  die  rechte  hält  den  Rosen* 
kränz,  beides  in  wohlerwogener  Beziehung  auf  die  weltliche  und 
geistliche  Eigenschaft  des  deutschen  Ritterordens,  ein  Dolch 
hängt  an  der  rechten  Seite.    Das  Wappen  zur  rechten  der 

Figur  ist  das  Sächsische,  dessen  Geviertteilung  durch  das  deut- 
sche Ordenskreuz  bezeichnet  ist.  Zur  linken  der  Figur  ist  das 
Wappen  mit  dem  doppelschwänzigen  Böhmisclien  Löwen  auf 
Friedrichs  Mutter  Zedena  bezüglich  angebracht. 

Die  Umschrift  um  Friedrichs  Grabplatte  lautet:  Nach 
Christi  Geburt  MCCCCC  und  x  jar  am  züi  tag  des  monats 
decembris  ist  zu  Rochlitz  mit  tode  verschieden  der  hochwirdig 
durchlauchtig  und  hochgebom  f&rst  und  herr  Friderich,  tewti- 
schr  Ordens  hochemaister  choadjutor  der  ertzpischöfl.  kirch  zu 
maydeburgk,  herzogk  zu  Sachsen,  lantgrave  in  thuringen,  marck- 
grave  zu  meifen,  des  sele  got  gnedig  und  barmherzig  sey,  des 
leichnamb  hie  begraben  leyt. 

Es  genügt  mir  nicht,  die  drei  vorstehend  beschriebenen, 
durch  Herrn  Gerlachs  treffliche  Photographieen^)  bekannt  ge- 
wordenen Grabplatten  des  Meifsener  Domes  der  VischerhlLtte 
zu  vindizieren.  Nachdem  ich  vielmehr,  durch  lebhaftes  Inter- 
esse für  die  Sache  geleitet,  nächst  den  vorgenannten,  auch  die 
übrigen  Grabplatten  des  Domes  an  Ort  und  Stelle  sorgsam  be- 
trachtet und  nach  Mafsgabe  der  durch  vielfaches  Sehen  Vischer- 
scher  Werke  gewonnenen  Anschauung  auf  ihr  Geburtszeugnis 
geprüft,  war  ich  nicht  wenig  überrascht,  daselbst  eine  wahre 
Fundgrube  Vischerscher  Monumente  zu  entdecken.  Nach  meinem 
Ermessen  befinden  sich  nämlich  aufser  den  genannten  3  Grab- 
platten noch  7  dergleichen,  und  zwar  drei  aufeinander  folgen- 
den Generationen  angehörig  im  Dome  zu  Meifsen,  von  denen 
zwei,  die  Grabplatten  der  Bischöfe  Sigmund  von  Wttrzburg  und 
Dietrich  von  Schönberg  von  Meifsen  dem  älteren  Hermann 
Vischer,  die  Grabplatte  des  Kurfürsten  Ernst  diesem  unter  Mit- 

')  Photographiecn  von  Original-AbdrUcken  mittelaUerlicher  gravierter 
messingener  Grabplauen.   Herausgegeben  von  H.  tierlach    Freiberg  i.  S.  1867s 

Vgl.  aufserdem  Creeny,  a  book  of  facsimites  of  monumental  brassen 
on  the  continent  of  Europe,  o.  O.  1884,  mit  Abbildungen  der  drei  oben 
genannten  (S.  5^t  53)*  ^owie  der  im  folgenden  aufgeführten  Grabplatten  vo, 
Kurfürst  Ernst  von  Sachsen  (S.  4s»,  Herzo;^  Albrecht  dem  Beherilcn  18.50). 
der  Herzogin  Barbara  (S.  55)  und  der  Herzöge  Johann  ;S.  55)  und  Fried- 
rieh von  Sachten  (S.  57}. 


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Wirkung  seines  Sohnes  Peter  des  älteren»  die  Grabplatte  des 
Hersogs  Albrecht  des  Beherzten  dem  letzteren  ausschliefsUch, 
dann  die  Grabplatten  der  Herzogin  Barbara  und  ihrer  beiden 
Söhne  Johann  und  Friedrich  dem  Johann  Vischer  mit  gröfster 
Wahncheinlichkeit  zugeschrieben  werden  müssen. 

Hermann  Vischer,  der  Vater,  war  in  Sachsen  nicht  unbe- 
kannt, er  hatte  schon  im  Jahre  1457  den  ehernen  Tautlccssel 
in  die  Stadtkirche  zu  Wittenberg  gcHefert  und  da  es  der  Werk- 
stätten, worin  Erzgufsarbeiten  gefertigt  wurden,  damals  kaum 
mehr  denn  jetzt  gegeben  haben  dürfte,  so  wird  man  wohl  auch 
zunächst  an  den  durch  die  erwähnte  Lieferung  bereits  bekannt 
gewordenen  Hennann  Vischer  in  Nürnberg  gedacht  haben,  als 
es  sich  um  ein  Monument  für  den  Erzbischof  Sigmund  handelte. 

Die  eherne  Grabplatte  des  Bischofs  Sigmund,  Nr.  1  in  der 
Grabkapelle  des  Domes  zu  Meifsen,  zu  Häupten  des  Denkmals 
Friedrichs  des  Streitbaren,  entspricht  in  der  Art  und  Weise  der 
Ausführung  völlig  den  Grabplatten  Georgs  I.  und  II.,  Heinrichs 
und  Veits  im  Dome  zu  Bamberg^)-,  Figur  und  Rahmen  mit  In- 
schrift bestehen  aus  Bronzeplatten,  die  in  eine  Sandsteinplatte 
eingelassen  und  aufgenietet  sind.  Die  das  Kopfstück  des  Rah- 
mens bildende  Ucberdachung  besteht  aus  3  Spitzbögen,  Uber  dem 
mittleren  zierliches  liiafswerk,  über  dem  rechten  das  Sächsische, 
aber  dem  linken  das  bischöflich  Wflrzburgische  Wappen,  und 
entspricht  in  ihrer  allgemeinen  Form  genau  der  Bekrönung  der 
Grabplatte  des  Bischofs  Georg  I.  zu  Bamberg.  Auf  den  Reken 
des  Rahmens  sind  die  Attribute  der  Evangelisten  angebracht, 
vom  Vierpafs  umrahmt,  in  conventioneller  Form.  Ebenso  zeigt 
die  Figur  die  unzweifelhafteste  Verwandtschaft  mit  den  Grab- 
platten zu  Bamberg,  einen  Kopf  voll  Leben  und  Ausdruck,  da- 
bei aber  ungeschickt  behandelte  Hände. 

')  über  die  Epitaphien  Georgs  Ii.,  Heinrich  III.  and  VeiU  L  vergl. 
oben  S.  172. 

Dm  Grabmal  Georgs  L  itt  nach  Dftbnen  Annahme  vor  dem  Todes- 
jahre des  Bischofs  (1475»  von  Hermann  Vischer  dem  älteren,  Pi  ter  Vischcrs 
des  alleren  \':<tcr,  gearbeitet  worden.  Die  Entstehung  des  Werkes  in  so 
früher  Zeit  anzunehmen  veraniaf&te  ihn  der  Umstand,  dafs  das  auf  dem 
Plattenrande  angebrachte  Todesdatnm  andere  Schriftittge  aufweist,  als  der 
übrige  Teil  der  firabschrift  und  somit  letztere  samt  der  Platte  vor  erfolgtem 
Ableben  des  Bischofs  angefertigt  zu  sein  scheinen.  Bode  lu.  a.  O.  S.  141) 
ttnd  Bergau  la.  a.  O.  S.  4)  neigen  ebenfalls  dazu,  die  Epitaphplatte  Georgs  X. 
dem  Hermann  Vischer  sususchreiben. 


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Die  Umschrift  lautet;  Anno  domini  mttCtJttH 
heiligen  Kristflg  zu  nacht  ist  der  hochwurdig  in  got  vater  und 
hochgcpom  furste  und  her  herre  Sigmund  bischove  su  wircpurg 
herzog  zu  Sachsen  lantgrave  in  doringen  und  margf^rave  zu 
miffeu  ic  (etc.)  verscheiden  der  hie  begrabe  leyt  dem  got 
gnedig  siy.^) 

Von  ganz  ähnlicher  Beschaffenheit  —  Bronzeügur  und 
Umrahmung  in  eine  Sandsteinplatte  eingelassen,  die  Ecken  mit 
den  Attributen  der  Evangelisten  im  Vierpafs  geziert  und  diese 
derselben  Schablone  entnommen,  welche  bei  der  Grabplatte 
Sigmunds  Anwendung  geHinden  —  ist  die  Grabplatte  Dietrichs  in. 
von  Schönberg,  Bischofs  von  Meifsen  (1463  —  1476),  im  Schiff 
des  Domes  daselbst*).  Schon  die  gleichartigen  Eckverzierungen 
weisen  auf  denselben  Künstler  hin,  welchem  die  GraliplaiLe  Sig- 
munds nnpchört,  ebenso  aber  aucli  die  mehrerwähnte  charakte- 
ristische Eigenschaft,  der  ausdrucksvolle  Kopf  und  die  unge- 
schickt behandelten  Hände,  die  sich  auch  tiier  wiederfinden. 
Die  Umschriftt  lautet: 

Anno  dm.  mctttlfjAli  »k .  Bona .  sexta .  fef  .  que .  fuit .  duo- 
dedma .  mefis .  April .  obiit .  revered.  In  zfto  pater  et  dös  Dmil 
Theodric**  a  Schonberg.  Eps.  hui^  eccl.  cu^  imä  requiescat.  in 
pace.  Arnn. 

Die  beiden  an  letzter  Stelle  aufgeführten  GrabplaLtcu  sind 
in  flachem  Relief,  genau  den  Grabplatten  der  obengenannten 
Bambergischen  Bischöfe  entsprechend  ausgeführt  und  müssen 
ihrer  ganzen  künstlerischen,  wie  technischen  Beschaffenheit  nach, 
derselben  Quelle,  und  2war  dem  noch  in  engen  Grenzen  sich 
bewegenden  Hermann  Yischer  dem  älteren  sugeschrieben  wer- 
den. Ebendahin,  jedoch  auf  die  thätige  Teilnahme  eines  sich 
freier  bewegenden  und  begabteren  Künstlers  hinweisend,  glaube 
ich  die  zwar  nur  skizzenhaft  ausgeführte  Grabplatte,  die  das 
Bild  des  Kurfürsten  Ernst  von  Sachsen  mit  ^VaI)pen  inageben 
in  vertieften  Conturen  darstellt,  rechnen  zu  müssen.  Kurfürst 
Ernst  starb  am  26.  Aug.  1486.  Die  Zeichnung  der  Figur  im 
Kurhabit  ist  mit  sicherer  Hand,  Ornamente  und  Wappen  sind 

')  Aaffallen  mals  Id  dieser  Inschrift  die  vielleicht  nar  durch  ein  Vo^ 
sehen  herbeigeführte  oniiditige  Angabe  des  Todesjahiet  147a  «aftatt  der 
der  richtigen  Zahl  1457. 

*)  Vgl.  F.  A.  Eberl,  Der  Dom  sv  Meiftca.   Meiisen  1835.  S.  119. 

la» 


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in  trefflichster  Weise,  wie  sie  mit  gleicher  Virtuosität  in  allen 
Arbeiten  Peter  Vischers  wiederkehren,  ausgeführt,  der  Damast 

des  Gewandes  deutet  entschieden  auf  anderweit  bekannte  Vischer- 
sche  Muster,  der  Löwe,  auf  welchem  der  Kurfürst  steht,  unver- 
kennl)ar  auf  die  Bestie  der  völlig  gleichzeitig  (um  1487)  gefer- 
tigten Statue  des  Grafen  Otto  iV.  von  Henneberg  in  der  Kirche 
zu  Römhild  hin.^)  Die  aus  gotischem  Laubwerk  gewundene,  die 
Inschrift  ringsum  zweiseitig  umrahmende  Borte  ist  genau  die- 
selbe, welche  die  InschriiI  auf  der  Grabplatte  der  Herzogin 
Amalie  von  Bayern  umzieht,  deren  Ursprung  aus  der  Vischer- 
hfVtte  aus  den  oben  angeführten  Gründen  wohl  nicht  zu  be- 
zweifeln ist. 

Die  Grabplatte  des  Kurlursten  Ernst  i.^t  aus  16  Teilen 
zusammengesetzt.  Es  beweist  diese  Zusammensetzung  aus  so 
vielen  Teilen,  die  den  Gufs  erleichtert,  die  Gravierung  aber 
unleugbar  erschwert,  dafs  die  Zeichnung  auf  dem  Wege  des 
Gusses  erzeugt  wurde.  Dieser  verspricht  dem  in  der  Kunst 
des  Erzgusses  noch  weniger  routinierten  Meister  ein  sichereres 
Gelittgen  der  ebenen  Fläche,  wenn  das  Gufsstttck  geringe 
Dimensionen  hat,  während  die  vielfach  zusammengesetzte 
Platte  dem  Graveur  nicht  entfernt  einen  Vorteil,  vielmehr  nur 
Nachteil  und  Hindernisse  bieten  mufs.  Diese  Zusammensetzung 
aus  vielen  kleinen  Teilen  deutet  ferner  auf  einen  im  Erzgufs 
noch  ängstlichen,  für  das  Gelingen  besorgten  Kunstler,  der 
seine  Zeichnung  auf  das  Wachsmodell  mit  sicherer  Hand  und 
mit  grofsem  Geschick  im  Ornament  und  in  der  heraldischen 
Zttthat  gefertigt  hatte,  aber,  wie  es  scheint,  sich  zum  ersten  Mal 
in  der  Darstellung  einer  völlig  ebenen  schwachen  Platte  ohne 
Relief  versuchte,  hin;  darum  glaube  ich  nicht  ohne  Grund  an- 
nehmen zu  dürfen,  dafs  wir  es  hier  mit  einem  der  ersten  Ver- 
suche des  damals  noch  jungen  Peter  Vischer  im  Plattengufs 
zu  tliun  haben,  während  die  Uttustatue  zu  Römhild  sein  ältestes 
namhaftes  Werk  im  Rundgufs  darstellt. 

Die  Umschrift  auf  der  Grabplatte  des  Kurfürsten  Krnst 

lautet : 

Anno  .  Dm.  1486  die  .  26.  August .  ob  .  illustrissim  .  prin- 
ceps  *  ac .  dms .  dms .  Ernestus .  dux .  Saxonie .  sacri .  rom .  imperi . 

*)  S.  o.  S.  171. 


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ArcliHuarescals  .  et  .  pinccps  .  electo  .  lautgraphius  duringie  .  ac  . 
raarchio  .  misne  .  ciii.  äma  in  pace  .  quicscat. 

Weit  voliendcter  in  der  DarsteliuDg  und  weit  kühner  in  der 
Technik  ist  die  Grabplatte  des  am  12.  September  1500  gestor- 
benen Herzogs  Albrecht  des  Beheizten  von  Sachsen,  Bruders 
des  Vorigen,  welche  dem  Monumente  seines  Grofavaters  Fried- 
richs  des  Streitbaren  zur  Linken  in  den  Fufsboden  der  Grab- 
kapelle des  Domes  zu  Meifsen  eingesenkt  liegt.  Sie  stellt  den 
Herzog  in  voller  Rüstung  dar,  den  Orden  des  goldenen  Vliefses 
auf  der  Brust,  auf  einer  perspektivisch  gezeichneten  mit  Laub- 
werk und  dem  Regalieiiwappen  gezierten  Konsole  stehend,  hin- 
ter welcher  ein  perspektivisch  gezeichneter  Parquetboden  sich 
verjüngt,  das  Schwert  in  der  Linken,  eine  mehrfach  gewundene 
Fahne  mit  dem  Reichsadler,  auf  welchem  ein  Schild  mit  zwei 
Löwen  angebracht  ist,  in  der  Rechten. 

Die  Rttstung  ist  einfach,  wie  alle  Ritterrflstungen  Peter 
Vischers.  Über  dem  mit  aufgeschlagenem  Visir  dargestellten 
ausdrucksvollen  Kopf  des  Herzogs  sind  3  mit  Laubwerk  gezierte 
Wappenhelme  angebracht,  der  Sächsische  in  der  Mitte,  der 
Thüringische  zur  rechten ,  der  Meifsnische  zur  linken.  Der 
Reichsadler  auf  der  Fahne  deutet  wohl  auf  >Terzog  Albrechts 
Stellung  als  Reichsstatthalter  der  Niederlande  (erblicher  Guber- 
nator  im  Dienst  des  heiligen  Reichs,  wie  die  Umschrift  der 
Grabplatte  sagt),  die  beiden  Löwen  sind  dem  Wappen  der  Gräfin 
von  Friesland  entlehnt,  das  Herzog  Albrecht  sich  beilegte'). 
Die  flbrigen  auf  der  Grabplatte  rechts  und  links  der  Figur  an- 
gebrachten  Wappenschilder  sind  die  des  Hauses  Sachsen;  heraU 
disch  links  oben  dem  Fahnenschilde  gegenüber  das  Sachsen- 
schild mit  dem  Raiitenkranz,  dann  folgen  unter  diesem  Meifsen, 
Pfalz-Thüringen,  Pleifscn,  Altenburg,  Eisenberg,  letzteres  mit 
der  rautenförmigen  Teilung,  wie  sie  sich  auch  auf  dem  1495 
gefertigten  Vischerschen  Denkmal  des  Erzbischofs  Ernst  von 
Magdeburg  findet^),  und  rechts  unter  dem  Reichsadlerschilde 

')  S.  Gretsehd,  G«»cMchte  d.Slehsfoelien  Volkes  u.  Staates,  Bd.  I S.  3S5. 

')  Das  gewöhnliche  gräflich  Eihenbergisclie  Wappenschild  enthält  3 
blaue  Balken  in  weifsem  Feld.  Hier  besteht  es  aus  lauter  Rhomben  mit 
vertikal  stehenden  Spitzen,  der  darüber  stehende  Helm  ist  zerbrochen,  die 
Helmder  fehlt.  ZafSllig  aber  wiederholt  sich  dassdbe  "Wappen  nebst  an- 
deren Schildern  des  Sächsischen  Gesamt  Wappens  an  dem  Deckengewölbe  der 
»Emestinischen  Kapelle"  des  Magdeburger  Domes,  in  welcher  das  Grabmal  er- 


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Tliunngen,  Pfalz-Sachsen,  Landsberg,  Orlamünde,  Engern.  Das 
Innere  der  Platte  ist  rechts  und  links  durch  mit  Laiibgewinde 
gezierte  Säulen  begrenzt,  auf  deren  Kapitellen  ein  gedrückter 
Bogen  ruht,  hinter  welchem  man  in  seltsamer  Perspektive  Ge- 
wölberippen, Gesimse  auf  Säulchen  ruhend,  Quadern  und  vor 
dies«n,  in  der  Kopf  höhe  der  Figur  beginnend,  einen  aufgehängten 
damascierten,  unten  in  Fransen  endenden  Teppich  erblickt.  Die 
zweizeilige  Umschrift  der  Grabplatte  in  lateinischen  Majnskehi 
heilst: 

NACH  .  CRISTI .  GEPVRT  .  FVNFZEHEN  HUNDERT  . 
lAR .  AM  .  SONOBENT  .  NACH .  NATIVITATIS  .  MARIE .  VM. 

ZWOLFF  .  ZV  .  MITTAG  .  STARB  .  ZV  .  EMDEN  .  IN  .  FRIS- 
LANT  .  DER  .  DVRCHLEVCHTICx  .  HOCHGEBORN  .  F\  R.^T  . 
VND  .  HER  .  HER  .  ALBRECHT  .  HERCZOG  .  ZV  .  SACHSEN  . 
LANTGRAF  .  IN  .  DVRINGEN  .  VND  .  MARGGRAFF  .ZV. 
MEISSEN  .  ERBLICHER  .  IVBERNATOR  .  IN  .  FRIS- 
LANT  .  IN  DINST  .  DES  .  HEILIGEN  .  REICHS  .  DEN  . 
GOT  .  GENAD  .  VND  .  WOL  .  IM  .  SEIN  .  GVT  .  WERCK . 
EWIKLICH  *  BELOHNEN. 

Der  Buchstabe  C  ist  in  dieser  Inschrift  allenthalben  in 
der  für  jene  Zeit  selteneren  Form,  wie  C  geschrieben,  genau  so 
wie  in  der  Umschrift  der  Grabplatte  der  Herzogin  Amalie  von 
Bayern,  ein  weiterer  Hinweis  aufser  den  bereits  angeftlbrten 
auf  den  mutmafslichen  Autor. 

richtet  wurde,  und  ist  dort  mit  einem  Mohrenkopf  mit  fliegen  1  er  Kopfbinde  als 
Hehiizier  versehen  Nun  sagt  (Hönn),  »Des  Chur-  und  Fürstlichen  Hauses  Sachsen 
Wappen-  und  üeschlechts-UDtersuchung  etc.  (Leipzig  1704  S.  57)  folgendes:  >In 
dem  ▼om  PHtochencken  von  Ltndenhof,  weiland  fttntKch  Sicbmcheo  Rat 
und  Oberamtmann  zu  Ichtershausen  verfertigten  und  in  dem  Weimamchen 
Getamtarchiv  hinterlegten  Sächsischen  Wappenbuch  zeij:;el  sich  anstatt  des 
mit  obbesagten  Streifen  bedeckten  Schildes  ein  rautenförmigtes  oder  auch, 
wie  ta»  der  Figur  X  zu  sebeaden  Wappen  encheiot,  ein  mit  krencweift  ge> 
sogenen  und  in  der  Mitte  eines  jeden  rautigten  Vierecks  mit  kleinen  Hick» 
lein  versehenen  Strichen  ausgeziertes  Schild  und  stehet  auf  jenes  Ilelm  eines 
Mannes  Rumpf,  dessen  Haupt  mit  einer  Haube  bedecket,  nicht  wohl  aber, 
wie  Herr  Spener  meldet,  mit  einer  gedrehten  Krone,  dessen  Ende  nmher« 
fliegen,  umbunden  ist,  gleichwie  zwar  sonsten  insgemein  auf  diesem  Eisen- 
berßi«;chpn  Wappenshelm  eine  Mohrin  ohne  Arme  und  Füfse.  welche  ihren 
Kopf  mit  einer  blau  und  weiCsen  und  ai&o  denen  Hehndecken  gleichförmigen 
Binde  umwickelt  za  sehen  ist.**  Es  unterliegt  hiernach  wohl  keinem  Zweifel, 
(!ar^  das  mit  vertikal  stehenden  Raulen  versehene  Wappen«;chil(i  das  Wap- 
pen der  firafschaft  Eisenberg  bcdeulel  und  dafs  es  nicht  etwa  im  Hinblick 
darauf  daia  de«  Erzbischofs  Ernst  Mutter  eine  Prinzessin  aus  Bayerischem 
Hause  war,  auf  Bayern  betogen  werden  kann,  zumal  die  sog.  Bayerischen 
Wecken  immer  schief  liegen  und  niemals  vertikal  stehen« 


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Nach  einer  im  grofshenoglichen  Archiv  zu  Weimar  befind- 
lichen eigenhändigen  Quittuni^  des  Hans  Vischer  vom  7.  August 
1534  lieferte  dieser  das  für  den  Kurfürsten  Johann  den  Bestän- 
digen gefertigte  Denkmal  nach  Wittenberg  selbst  ab  und  stellte 
es  daselbst  auf;*)  er,  wie  sein  Vater,  war  daher  der  Familie  der 
Sächsischen  Herzoge  wohl  bekannt,  und  so  liegt  die  Vermutung 
nahe,  dafs  man  sich  der  bereits  bekannten  und  bewährten  Hatte 
auch  wiederum  xuwandte,  als  es  galt,  der  am  1 7.  Januar  dessel* 
ben  Jahres  1534  gestorbenen  Gemahlin  Georgs  des  Bärtigen, 
der  trefflichen  Barbara  von  Polen,  eine  Grabplatte  fertigen  zu 
lassen.  Es  wäre  sogar  nicht  unmöglich,  dafs  Hans  Vischer  die 
Reise  nach  Sachsen  defshalb  mit  unternommen  hätte,  um  sich 
wegen  der  Lieferung  einer  neuen  Platte  mit  Herzog  Georg  zu 
benehmen,  die  früher  gelieferten  Platten,  seit  deren  Fertigung 
eine  lange  Reihe  von  Jahren  verstrichen  war,  nach  ihren  Dimen- 
sionen etc.  zu  prüfen,  ttber  Porträt  und  KostOme  der  verstorbe- 
nen Herzogin  sich  zu  unterrichten  und  sich  so  in  die  Lage  zu 
versetzen,  eine  befriedigende  Arbeit  liefern  zu  können.  Diese 
Annahme  möchte  wenigstens  die  damals  beschwerUche  Reise  des 
Rotgiefsers  Hans  Vischer,  der  sich  defshalb  auf  mehrere  Wochen 
von  seiner  Werkstätte  in  Nürnberg  entfernen  mufste,  besser  mo- 
tivieren als  das  biofse  Aufstelleu  einer  fertigen  Grabplatte,  bei 
welchem  kaum  ein  Fehler  begangen  werden  konnte,  um  dessen 
Verhtttung  willen  Hans  Vischer  die  weite  Reise  von  Nttmberg 
nach  Sachsen  unternommen  hätte. 

Da  nun  die  gesamte  Ornamentik  an  der  Grabplatte  der 
Herzogin  Barbara  sowohl  als  an  denen  ihrer  Söhne  Johann,  der 
39  Jahre  alt  am  11.  Januar  1537,  und  Friedrich,  der  35  Jahre 
alt  am  26.  Februar  153Q  starb,  die  gröfste  Verwandtschaft  zeigt 
mit  der  Renaissance-Ornamentik  an  den  Denkmälern  zu  Aschaffen- 
burg, insbesondere  an  dem  sogenannten  Katafalk  der  hl.  Mar- 
gareta vom  Jahre  1536,  an  dessen  Deckplatte  sich  Hans  Vischers 
omamentaler  Stil  am  klarsten  entfaltete,  und  der  unzweifelhaft 
ein  Werk  dieses  Künstlers  ist*},  so  bin  ich  keinen  Augenblick 

S.  Schuchardt.  Veit  Siofii,  Peter  Viseber  nad  Heut  Vitcher  nn 
Deutschen  Kunstblatt  1855,  S.  129. 

'>  Ein  sicherer  Beweis  dafür,  dafs  Jobannes  Vischer  der  Meister  die- 
ses Katafalke»  ist,  sind  Uber  dem  üe«iins  der  Westseite  die  beiden  Engel, 

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zweifelhaft,  dafs  die  genannten  3  Grabplatten,  obwohl  keine 
derselben  eine  Bezeic^hnung  trägt,  dem  Hans  Vischer  zu  Nürn- 
berg zuzuschreiben  sind. 

Von  keiner  andern  Werkstätte  wird  man  gleich  gewichtige 
WahrscheinUchkeitsgrtlDde  bezüglich  der  Autorschaft  aufzubringen 
vennögen  ab  von  Hans  Vischers  Werkstätte  in  Nürnberg  und 
wird  daher  keinen  Fehlgriff  thun,  wenn  man  an  dieser  so  lange 
festhält,  als  nicht  bessere  Gründe  einer  andern  Werkstätte  zur 
Seite  gestellt  werden  können.  Es  dürfte  sich  aus  diesen  Auf- 
trägen für  das  Sächsische  Fürstenhaus  auch  der  langsame 
Betrieb  der  Arbeiten  an  dem  für  das  Rathaus  zu  Nürnljerg  zu 
vollendenden  Bron/eiritter  erklären,  aus  welchem  dem  Mei- 
ster Hans  Vischer  so  grofse  Verlegenheiten  erwuchsen.^) 

III. 

Zwei  Gedenktafeln  in  der  Stiftskirche  zu  EUwangen. 

Hafsler  machte^)  auf  zwei  in  der  Stiftskirche  zu  Ellwangcn 
befindliche  Bronzegüsse  aufmerksam  und  meinte,  wenn  man  sie 
Peter  Vischer  vindiziere,  so  würde  man  diesem  Meister  keine 
Unehre  anthun.  Eine  dieser  Tafeln  an  der  Westseite  des  süd- 
lichen Querschiffes,  1,314  m  Breite,  1,251  m  Höhe,  stellt  die 
Beweinung  Christi  dar,  der  vom  Kreuze  abgenommen  in  den 
Armen  seiner  vom  tiefsten  Schmerz  ergriffenen  Mutter  Maria 
gehalten  und  auf  deren  langes  faltenreiches  Gewand  niedergelegt 
ist.  Links  von  der  Gruppe  kniet  der  im  Jahre  1452  als  Abt 
gewählte  und  7  Jahre  lang  dem  Stifte  Ellwangen  als  Propst  vor- 
gesetzte Johannes  von  Hirnheim  in  betender  Stellung,  mit  den 
gefalteteten  Händen  den  Hirtenstab  umfassend,  vor  ihm  das  mit 
dem  Propsteiwappen,  der  goldenen  Inftil  im  silbernen  Felde, 

welche  sich  an  das  dort  angebrachte,  von  einem  Lorbeerkranz  umschlossene 
BraadeDborgitche  Wappen  anldmen.    Sie  sind  onit  den  jetst  ihrer  Flttgel 

beraubten  Engeln,  welche  an  dem  von  Hans  Vischer  gefertigten  und  mit 
seiner  Marke  bezeichneten  Grabmal  des  Bischofs  Sigmund  von  Lindenau 
ij*  1544)  i»>  Merseburger  Dom  in  der  Krönung  zu  den  Seiten  des  bischöf- 
lichen Wappens  gdagert  sind,  völlig  konform  und  nach  denselben 
Modell  gegossen. 

'}  Vgl.  Baader,  Beiträge  zur  Kunstgeschichte  Nürnbergs  1860,  S.  26. 

~)  Württemberg.  Jahrbücher  für  vaterländische  Geschichte  etc.  186a, 
Heft  l.  S.  99  f. 


—    185  — 


kombinierte  Hirnheimische  Wappen.  Ein  fliegendes  Band  mit 
der  Aufschrift:  O  mater  Christi,  fac  propitium,  quem  gemiisti, 
zieht  sich  von  seinen  Händen  aus  aufwärts  Rechts  kniet  von 
Hirnheiras  Nachfolger,  Albert  von  Rechberg,  in  gleicher  beten- 
der  SteUiing,  vor  ihm  das  Rechbergische  Wappen,  ebenfalls  mit 
dem  Probsteiwappen  kombiniert  \  das  vor  ihm  auffliegende  Band 
trägt  die  Aufschrift:  O  mater  dei,  miserere  mei.  Beide  Wappen 
werden  von  einem  zwischen  ihnen  stehenden  Engel  gehalten. 
Den  Hintergrund  bildet  ein  damastartig  verzierter  Teppich  und 
ein  gotischer  Laubrahmen  umgibt  oben  und  zu  beiden  Seiten 
die  Platte,  wie  wir  dies  an  sehr  vielen  Vischerwerken  des  15. 
Jahrhunderts  gleichmäfsig  vorfinden.  Der  Fufs  der  Platte  wird 
durch  eine  mit  lateinischen  Distichen  beschriebene  Tafel  gebil- 
det.   Die  Distichen  lauten  wie  folgt: 

Mille  annis  domini  centum  quater  octoque  ginta 

Lapsis  vigeno  in  lumine  jononiy 
Precelsus  pater  in  Christo  dominusque  Joannes 

Heros  de  Himhaim  maximus  astra  petit. 
Cum  mille  et  centum  quater  X  quoque  quinquies  ac  tres 

Post  annos  sanctum  hunc  rexerat  abba  locum. 
Deinde  Pio  septem  post  brumas  rite  secundo 

Pontifice  hoc  miserum  clave  regente  salum 
Huic,  habitum  mutans,  primus  devotus  honestus 

Collegio  antistes  prefuit  atque  bonus. 

Deniqne  priid entern  vix  uno  vere  peracto 

Praepusituram  aliuni  legit  habere  virum 
Scilicet  Albertum  de  Rechberg  usque  vcreadum 

Magnificum  prestans  hac  hene  donat  herus 
Qui  anno  milleno  quingentenoque  secundo 

Virginei  partus  scandit  ad  astra  poli 
Quorum  animae  petimus  felici  Semper  oratu 

Gaudentes  summa  pace  fnientur  ave. 

Ist  die  Relieftafcl,  in  ihrer  ganzen  Auffassung  gotisch  ge^ 
dacht  und  durchgeführt,  dem  Ende  des  15.  Jahrhunderts  ange- 
hörig, so  scheint  die  Schrifttafel,  wie  sich  aus  den  der  Renais- 
sance genäherten  Schlufsomamenten  der  Zeilen  schliefsen  läfst, 
einer  etwas  späteren  Zeit,  dem  Anfange  des  16.  Jahrhunderts, 
anzugehören.  Gewifs  liefs  der  Propst  Albert  von  Rechberg  die 
Relieftafel  sich  und  seinem  Vorgänger  zum  Gedächtnis  bei  sei- 


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—    186  — 


neu  Lebzeiten  fertigen,  während  die  Schrift  nach  dessen  Tode 
(1502)  von  Freundes  Hand  verfafst  und  gestiftet  wurde.  Letz- 
tere, 9,406  m  iiüch,  bestciit  aus  gotischer  Minuskelschrift  mit 
Initialen. 

Trug  schon  Hafsler  kein  Bedenken,  die  Broii/.cgüsse  zu 
EUwangen  der  VischerhUtte  zu  vindizieren,  tda  Erzgiefsereicn 
von  ähnlicher  Bedeutung  wie  die  Vischersche  in  Nürnberg  in 
keiner  andern  süddeutschen  Stadt  jener  Zeit  vorlianden  waren, 
bei  der  ttberdies  so  geringen  Entfernung  Ettwangens  von  Nttm- 
berg  aber  auch  vor  allem  an  diese  bertthmte  Werkstätte  gedacht 
werden  mufste,c  so  kann  auch  ich  demselben  nur  beipflichten. 
Der  tote  Christus  ist  von  ganz  vortrefflicher  Ausführung,  der 
Kopf  von  edelstem  Ausdruck  und  bei  seiner  unverkennbaren 
Ähnlichkeit  mit  dem  lebenden  Christus  auf  dem  berühmten  Re- 
lief Henning  Gödens  zu  Erfurt  und  Wittenberg*),  an  welches 
auch  die  fliegenden  Bänder  mit  Inschriften  erinnern,  gewifs  kei- 
nes andern  Meisters  Werk.  Die  von  Schmerz  gebeugte  Maria 
Ist  in  bejahrtem  Alter  dargestellt,  den  Leichnam  Christi  im 
Schofse  haltend,  das  Imke  Bein  knieend  sur  Erde  gesenkt,  mit 
dem  rechten  den  Gekreuzigten  stfitzend.  Von  eigentttmlicher 
Bildung  sind  die  Strahlcnglorien,  mit  einer  Perlenschnur 
umrandet.  Den  erhöhten  Rand  um  den  Heiligenscliein  finden 
wir  zwar  auch  an  einem  andern  Werke  Peter  Vischers,  an  den 
Nebenfiguren  um  den  Bischof  Johann  von  Breslau,*)  die  Perlen- 
schnur dagegen  ist  ganz  ungewöhnlich.  Die  Donatoren  Johan- 
nes  von  Himheim  und  Albert  von  Rechberg  mit  unverkennbar 
individualisierten  Portraitphysiognoroten  bilden  mit  den  Haupt* 
figuren  eine  vortrefflich  arrangierte  Gruppe,  wobei  die  fliegen- 
den Bänder  den  Raum  unterhalb  der  Kreuzarme  in  ausgezeich- 
neter V^'eise  ausfüllen. 

Auch  an  den  Wappen  erkennt  man  die  bcKaniite  Vischer- 
sche Virtuosität  wieder,  so  dafs  der  Schluls  auf  die  Autorschaft  Peter 
Vischers  des  älteren,  und  zwar  zur  Zeit  des  letzten  Jahrzehntes 
des  fünfzehnten  Jahrhunderts,  aufser  allem  Zweifel  liegen  möchte. 

')  Epitaph  des  Propstes  und  Professor!^  an  der  Universität  Wittenberg 
Henning  Goden  if  1531)  i»  der  Schiofskirche  zu  Wittenberg.  Wiederholung 

im  Dom  zu  Erfurt. 

•*)  S,  oben  S.  172. 

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—    187  — 


Was  diese  Vermutung  ganz  besonders  bestätigt,  ist  der 
Uiiistand,  dafs  die  Formen  des  hinter  der  dargestellten  Srene 
ausgebreiteten  leppichs  sich  an  der  Grabplatte  der  Herzogin 
Sidonie  von  Sachsen  im  Dome  zu  Meifsen,  deren  Entstehung 
in  der  Vischerschen  Werkstätte  nicht  wird  bestritten  werden 
können,  wiederholen. 

Die  zweite  Bronzeplatte  In  der  Stiftskirche  zu  Ellwangen 
stellt  die  beiden  Brüder  Hartolf  und  Erlolf  dar,  die  von  ihnen 
im  achten  Jahrhundert  gestiftete  Klosterkirche  zn  Ellwangen 
hoch  über  ihrem  Haupte  cmporhaltend,  beide  im  bischöflichen 
Gewand,  mit  der  Inful  bedeckt,  die  Figur  links  den  Hirtenstab 
in  der  Linken  haltend,  die  Figur  rechts  denselben  unter  dem 
Arme  festklemmend  und  mit  beiden  Händen  an  dem  Kirchen- 
modeli  beschäftigt,  wenngleich  die  Rechte  es  nur  berührt.  Zu- 
nächst ttber  dem  First  der  Kirche  wird  der  horizontale  Stab 
sichtbar,  an  welchem  der  hinter  den  beiden  Figuren  herabhän- 
gende Teppich  mit  Schnüren  befestigt  ist  und  über  diesem  Stabe 
stellt  sich  in  zwei  Rundbögen  gotisches  Mafswerk  dar.  Das 
vorderste  Glied  dieses  Mafswerks  bildet  ein  Rundstab,  der  sich 
in  den  obersten  Ecken  in  einer  Hohlkelüe  kreuzt,  während  diese 
Hohlkehle  von  dem  die  Insehrift  entiialtenden,  von  zwei  Strei- 
fen eingeschlossenen  Rand  umrahmt  ist.  In  seltsamer  Weise 
tritt  der  vorerwähnte  Rundstab  über  den  Teppich  heraus,  so 
dafs  der  Teppich  zwischen  diesem  Rundstab  und  dem  Mafs- 
'  werk  hängt  und  gleichsam  in  zwei  Hälften  geteilt  an  dem  Plätt- 
chen, welches  an  den  Rundstab  sich  anschliefst,  angeheftet  er- 
scheint. Der  Rundstab  durchschneidet  das  Kirchenmodell  und 
geht  durch  die  Platte  vertikal  hindurch.  An  seinem  Fufse  lehnt 
ein  Wappenschild,  in  vier  Felder  geteilt,  in  zweien  das  Propstei- 
wappen  von  Ellwanc^en.  in  den  zwei  andern  je  vier  Lilien  ent- 
haltend, die  durch  diagonal  sich  kreuzende  Balken  getrennt  sind, 
vielleicht  auf  Frankreich  bezüglich,  von  wo  die  beiden  Stifter 
einer  Sage  zufolge  herüber  gekommen  sein  sollen. 

Die  lateinische  Inschrift,  welche  die  Platte  umgibt,  ist  in 
gotischen  Minuskeln  geschrieben  und  heffst! 

Hnnn  .  büuuntcc.  intarnadunis  .  titt,  Ixnu  •  rcgnatlU?  ha- 
volo  .  maunu  .  ct.  piiunna  .  fvattibu«  .  cirnflntrtum  .  t\\, 
i)iic  .  mpnaftsrium  •  ^Itetanucn .  a .  bsAto  .  itarinlfn  .et«  smlfn 


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—    1B8  — 


tito» » in «  fnimtl0 .  l^mc  *  i|tti«rmstito«. 

Die  Komposition,  wonach  die  beiden  Kirchenstifter  als 
solche  sich  darstellen  sollen,  ist  ungemein  spre«  hend  und  die 
Ausführung  eines  grofsen  Meisters  würdig.  Die  Kopfe  der  bei- 
den Figuren  sind  in  hohem  Grade  ausdrucksvoll.  Die  Anbrin- 
gung des  Teppichs  als  Hintergrimd  für  die  Darstellung  ist  eben- 
so wie  die  fast  vdUige  Bedeckung  der  Fttfse  vollkommen  der 
Vischerschen  Gewohnheit  entsprechend*  Ich  kann  daher  der 
Ansicht  Hafslers  nur  aus  voller  Überzeugung  beistimmen,  wenn 
er  auch  diese  Platte  der  Vischerhütte  vindiziert,  der  sie  gewifs 
mit  vollem  Rechte  zugeschrieben  werden  mufs. 

Die  Zeit,  in  welcher  sie  gefertigt  wurde,  mufs  in  die  letz-  • 
ten  Jahre  des  15.  Jahrhunderts  fallen,  etwa  um  1496,  in  wel- 
chem Jahre  das  Denkmal  des  Bischofs  Johann  von  Breslau  ge- 
fertigt wurde,  welchem  sie  im  Charakter  sehr  nahe  steht. 

Das  Kirchenmodell  scheint  mit  gröfster  Treue  die  Kirche, 
wie  sie  2ur  Zeit  der  Verfertigung  des  Denkmals  aussah,  darzu- 
stellen, so  dafs  selbst  der  noch  heute  vorhandene  bronzene 
Löwenkopf  an  der  südlichen  Eingangsthür  nicht  vergessen  ist. 

Die  obenerwidmie  Sage  läfst  einen  frankischen  Prin/:ca 
Hariolf  auf  der  Jagd  einen  KWh  verfolgen,  -welcher  ihn  in 
weite  Ferne  in  einen  endlosen,  tiefen  Wald  bis  in  den  Virn- 
grund  verlockte,  wo  ihm  endlich  dessen  Erlegung  gelang.  Auf 
feindlichen  Boden  geraten  und  allein  in  dieser  Einsamkeit,  auch 
in  Sorge,  sich  aus  dem  Walde  nicht  wieder  herausfinden  zu 
können,  gelobte  er  die  Gründung  einer  Kirche  auf  der  Stelle, 
wo  er  das  Wild  erlegt  hatte.  Auf  dieser  Stelle  in  Schlaf  ver- 
fallen, soll  er  im  Traum  ein  Glöcklein  gehört  haben,  das  ihn 
in  seinem  Vorhaben  l)estärkte,  und  worauf  er  die  Seinigen  wie- 
der aufgefunden  ]ia])cn  soll.  Er  reiste  darauf  in  seine  Heimat 
zurück,  teilte  sein  Ciciübde  seinem  Bruder,  dem  Bischof  Krlolf, 
mit,  der  sein  Vorhaben  Inlhgte  und  das  Gotteshaus  in  Gemein- 
schaft mit  seinem  Bruder  Hariolf  ausführte. 

Die  Kirche  wurde  dem  heiligen  Vitus  geweiht  und  das 
damit  in  Verbindung  erbaute  Kloster  dem  Benediktinerorden 
untergeben  und  unter  Pippins  des  Kleinen  und  Karls  des  Grofsen 
Schutz  gestellt.    Erlolf  gab  sein  Bistum  Langres  auf  und  ver- 


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lebte  den  Rest  seines  Lebens  in  Gemeinschaft  mit  seinem  Bru- 
der in  EUwangen,  welcher  Ort  sich  um  die  Kirche  ansiedelte. 

Wappen  der  freiherrlichen  Familie  von  Bibra  im 
Schlosse  zu  Irmelshausen  bei  Römhüd. 

über  einem  Haupteingang  im  Hofe  des  Schlofses  zu  Irmels- 
hausen bei  Römhild,  einer  ehmals  gräflich  Hennebergischen 
Besitzung»  die  sich  aber  bereits  seit  dem  Jahre  1402  (nach  an- 
dern seit  1376)  im  Besitz  der  von  Bibra  befindet,  ist  ein  von 
Bronze  gegossenes  Wappen^)  in  Stein  eingelassen,  darunter  die 
Jahrzahl  1515,  das  nach  Mafsgabe  sowohl  seiner  trefflichen 
Zeichnung  und  Modellierung,  als  seines  vollendeten  Gusses  kei- 
ner andern  als  der  Vischerschen  Giefshütte  zu  Nürnberg  seinen 
Ursprung  verdanken  kann. 

Auf  dem  Schilde  und  auf  jedem  der  beiden  Flügel,  wel- 
che die  Heimzier  bilden,  ist  der  wappenmäfsige  Bieber  ange- 
bracht, heraldisch  so  trefflich  gezeichnet,  wie  man  ilm  kaum  auf 
irgend  einem  noch  so  kunstvoll  gravierten  Stempel  finden  wird. 

Der  Wappenmantel  besteht  aus  gotischem  Laubwerk,  zierlich 

und  schwungvoll  beleiht,  dabei  den  Bedingungen  des  Reliefgusses 
so  angcpafst,  dais  da^  Wappen  nur  als  die  Arbeit  eines  ausge- 
zeichneten und  kunstertalireuen  Meisters  gelten  kann,  nach  mei- 
ner Kenntnis  Vischerscher  Arbeiten  aber  unbedingt  diesem  Mei- 
ster zugeschrieben  werden  mufs.  Es  ist  kein  Grund  zu  einem 
Zweifel  vorhanden,  dafs  die  unter  dem  Wappen  stehende  in 
Stern  gehauene  Jahrzahl  1515  mit  dem  Anbringen  des  Wap- 
pens gleichzeitig  ist,  wälirend  dessen  Gufs  wohl  um  einige  Jahre 
früher  fällt;  und  da  das  benachbarte  Römhild  zwei  Vischersche 
Denkmäler^),  das  gröfsere  vernuitlich  im  ersten  Jahrzehnt  des 
16.  Jahrhunderts,  erhielt,  so  liegt  es  wohl  nahe,  dafs  die  guts- 
herrliche Familie,  wenn  sie  ihr  Familienwappen  in  Erzgufs  aus- 
geführt sehen  wollte,  sich  an  keinen  andern  wendete,  als  an 


V)  Vgl.  W.  F'reiherr  von  Bibra,   Reiträge  rur  Familiengeschichte  der 
ReicbsfreiheiTD  von  Bibra     Bd.  I.    MUnchen  i88o  S.  103  nnd  Anm. 

-)  S.  oben  S.  171,  172. 


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—    190  — 


den  Meister,  dessen  Htttte  ihr  aus  den  in  die  nächste  Nach- 
barschaft  gelieferten  Werken  bekannt  sein  mifTste. 

Stil  und  Behandlung  dos  Wappens  entsprechen  vollkom- 
men der  Arbeit  an  dem  Denkmal  des  Grafen  Hermann  von 
Ilenneberg  zu  Römhild;  eine  näher  h'cgende  (iiefshütte  als  die 
Nürnberger  dürfte  auch  nicht  namhaft  zu  machen  sein.  Die 
Umstände  sind  mithin  sämtlich  derart,  dafs  sie  die  Vischersche 
Autorschaft  bestätigen,  und  dafs  P.  Vischer,  der^  von  seiner 
Hände  Arbeit  lebte  und  5  Söhne,  auch  wohl  noch  andere  Ge^ 
hülfen,  beschäftigte,  dergleichen  kleinere  Arbeiten  Übernahm  und 
ausführtet  wie  sie  sich  ihm  darboten,  ist  selbstverständlich,  mrd 
aber  auch  durch  anderweite  Wappengüsse  bestätigt. 

V. 

Epitaph  des  Deutschmeisters  Walther  von  Cronberg 
in  der  Marienidrclie  zu  Mergentheim. 

Nach  Mafsgabe  seiner  Architektur  und  seiner  gesamten 
Anordnung  ist  das  Monument  des  Deutschmeisters  Walther  von 
Cronberg  (1526  — 1543)  in  der  Marienkirche  zu  Mergentheim, 
dem  mit  dem  Monogramm  des  Hans  Vischel  bezeichneten  Epi- 
taph des  Bischofs  Sigismund  von  Lindenau  im  Dom  zu  Merse- 
burg') so  ähnlich,  dafs  dessen  Ursprung  aus  der  Giefshütte 
Hans  Vischers  zu  Nürnberg  gar  nicht  bezweifelt  werden  kann. 

Charakteristisch  ist  an  diesen  nach  Peter  Vischer  des 
älteren  Tode  gelieferten  Produkten  der  Hütte,  dafs  aus  ihnen 
das  Fabrikmäfsige  mehr  und  mehr  heraussieht.  Hier  wie  dort 
kniet  die  Hauptfigur  —  hier  mit  zum  Gebet  geschlossenen  Iiiin- 
den —  vor  einem  Kruzifix.  Hier  wie  dort  ist  es  eine  kapelien- 
artige  Nische,  worin  sich  die  Handlung  begibt,  hier  wie  dort 
ist  die  Umrahmung  der  Nische  von  ganz  ähnlichem  Arrange- 
ment Die  Figur  ist  in  Zeichnung  tmd  Modellierung  trefflich 
ausgeführt,  insbesondare  der  unbedeckte  bärtige  Kopf  von  edel- 
stem Ausdruck.  Der  Dargestellte  trägt  eine  Schaube  mit  bret« 
tem  Pelzkragen,  am  Boden  liegt  das  Barett,  die  gefalteten  Hände 
halten  den  Rosenkranz. 


)  S.  oben  S.  1^3.  Antii.  2. 

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—    iQi  — 


Die  Archivolte  wird  hier  nicht  wie  am  Merseburger  Mo- 
numente von  Pilastern,  sondern  von  sehr  schlanken  corinthi- 
sierenden  Rundsäulen  getragen;  die  neben  den  Säulen  sich  an- 
schliefscnden  Anten  sind  in  ihren  Füllungen  mit  Rcnaissance- 
ornamenten  geschmückt,  der  Hintergrund  der  Nische  mit  zier- 
lich gezeichnetem,  am  unteren  Rande  mit  Fransen  besetztem 
Damastteppich  bebangen,  dessen  Oberkante  —  freilich  in  un- 
motivierter Weise  —  mit  einer  horizontalen  Fuge  abschneidet^ 
die  Lttnette  der  Nische  ist  durch  zwei  Bögen  geteilt,  deren 
Schenkel  in  der  Mitte  auf  einem  ebenfalls  corinthisierenden  Ca- 
pitell  ruhen,  dessen  kurz  abgeschnittener  Schaft  in  keineswegs 
natürlich  motivierter  Auflösung:  auf  der  horizontalen  Fuge  endet, 
welche  die  Uberkante  des  Teppichs  begrenzt. 

In  der  Bogenabteilung  links  befindet  sich  eine  Burg,  viel- 
leicht Cronberg,  rechts  eine  Landschaft  mit  Baumgtuppen,  in 
der  Mitte  Uber  beiden  Bögen  Gott  Vater  in  Wolken  thronend 
mit  Strahlenglorte  und  segnender  Rechte,  hinter  welcher  ein 
Engel  in  seltsamer  Weise  den  Arm  vorstreckt. 

Wie  an  dorn  Monumente  zu  Merseburg,  so  sind  auch  hier 
am  Fufse  und  auf  dem  Kopfe  der  Anten  4  Wappen,  hier  sämt- 
lich von  Engeln  gehalten,  aufgestellt,  während  über  dem  Schei- 
tel der  Archivolte  das  Cronbergische  Wappen  mit  dem  Deutsch- 
ordenskreuz kombiniert,  wie  es  Walther  von  Cronberg  fllhrte^), 
mit  drei  Helmen  und  zugehöriger  Helmzier  angebracht  sind. 
Engel  mit  Flügeln  stützen  zu  beiden  Seiten  das  Wappen. 

(Jenau  wie  an  dem  Denkmal  zu  Merseburg,  so  steigen  zu 
beiden  Seiten  der  Archivolte,  postamentartig  sich  an  den  Bogen 
lehnend,  zwei  Dreiecke  mit  Gesimse  auf,  auf  deren  Fläche  die 
Jahrzahl  1539  angebracht  ist. 

Da  Walther  von  Cronberg  erst  am  4.  April  1543  starb, 
so  beweist  diese  Jahrzahl,  dafs  das  Denkmal  bei  seinen  Leb- 
zeiten gefertigt  wurde. 

Die  4  Wappen  sind  jedenfalls  den  Familienbeziehungen 
entsprechend:  von  ReifTenberg  (rechts  oben),  von  Hendschuchs- 
heim  (oben  links  i,  vunDürckheim  (unten  links)  und  von  Schon- 
berg  (unten  rechts). 

0  S.  Siebmacher  V,  S.  aS. 


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—  IW  — 


VI. 

über  den  Verbleib  des  Fug^erschen  Gitters. 

Von  dem  Messinggitter,  welches  Peter  Vischer  nicht  lange  vor  seinem 
1529  erfolgten  Tode  für  die  Grabkapelle  der  Fugger  in  Augsburg  nn- 
gefertiiit  hat  und  welches  späterhin  in  den  Rositz  der  Stadt  Nürnberg 
kam,  um  1806  nach  dem  Übergang  der  Reichsstadt  an  die  Krone 
Bayern  abgehrocht-n  und  versteigert  zu  werden,  berichtet  Heller  in  sei- 
nen Zusätzen  zu  Neudörferi»  liio^r.i|)hien dafs  es  nach  dvm  Verkauf 
in  den  Schmelzofen  gewandert  sei.  Im  i'eter  Vischerheft  der  »Nurn- 
bei^schen  KünsÜeri^  findet  sich  dagegen  die  Angabe,  nur  eine  Thär  des 
Gitters  sei  auf  soldie  Weise  zu  Grunde  gegangen,  der  Rest  befinde  sich 
in  Privatbesitz  unweit  Lyon;  König  Ludwig  1.  habe  einen,  allerdings 
vergeblichen,  Versuch  gemacht,  ihn  käuflich  zu  erwerben.*) 

Um  dieser  Sache  auf  den  Grund  zu  kommen,  worüber 
wohl  alleiji  der  damals  noch  lebende,  allen  künstlerischen  und 
wlssenscliAftlichen  Bestrebungen  stets  förderliche  König  Lud- 
wig L  von  Bayern  bestimmte  Auskunft  geben  konnte,  suchte 
und  fand  ich  Gelegenheit,  durch  Vermittlung  Sr.  Majestät  des 
Königs  Otto  von  Griechenland  eine  authentische  Mitteilung  zu 
erhalten.  Herr  Hofrat  von  Hüther,  Hofsekretär  Sr.  Majestät 
des  Königs  Ludwig  I.,  schrieb  mir  unter  dem  31.  Mai  1867 
folgendes: 

>Se.  Majestät  der  König  Ludwig  I.  haben  von  dem  Briefe 
Kenntnis  erhalten,  in  welchem  Sie  wegen  des  berühmten  Bronze» 
gitters,  das  bis  zum  Jahre  1806  im  Rathaussaal  zu  Nürnberg 
aufgestellt  war,  Nachfrage  halten.  Ich  soll  Ihnen  nun  im  Auf- 
trage Sr.  Majestät  2ur  Geschichte  dieses  Gitters  mitteilen,  dafs 
AUerhöchstdieselben  noch  als  Kronprinz  zur  Zeit  der  Restaura- 
tion in  Frankreich  vielfach  nachforschen  liefsen.  Eine  Spur 
führte  endlich  nach  Lyon,  leider  war  aber  das  schöne  Gitter 
bereits  zersclilagen  und  in  deu  Ofen  gewandert.  Erst  darauf, 
und  als  einen  kleinen  Krsatz  dafür,  licfs  dann  Se.  Majestät  das 
Gitter  um  den  schönen  Brunnen  in  Nürnberg  erneuern.  Das 
Gitter  existirt  demnach  nicht  mehr.c 

^)  J.  Heller,  Betträge  lur  Kuiutgescbicbte  L   Bamberg  1835.  S.  37. 

2)  a.  a.  O.  S.  47. 

^}  Bezüglich  des  Verkaufs  vergl.  auch  Lübkes  Yeröfienüichung  tu  der 
Augsburger  Allgem.  Zeitung  1873  Nr.  341,  Beilage. 


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—    193  — 


VII. 

Paul  Vischer  als  Stücki^ei^r  von  Herzog  Albrecht 
von  Preufsen  i.  J.  1538  nach  Königsberg  berufen. 

Von  Paul  Vischer»  dem  vierten  Sohne  Peter  Vischers  des 
älteren,  besitzen  wir  aufser  den  durch  Lochner  veröffentlichten 
Dokumenten  eine  urkundliche  Notiz  im  kgl.  Stadtarchive  su  Königs- 
berg, wonach  derselbe  von  Herzog  Albrecht  von  Prenfsen  als 
Bttchsengiefser  oder  Stttckglefser  eventuell  verwendet  werden  sollte. 
Die  Urkunde  lautet  wie  folgt : 

>An  PawU   Viefclier,    Peter  Viefchers    des  Rotgieffers 
Sonne  zu  Nürnberg,  den  8.  Marrii  1528. 

Lieber  Besonder.  Wir  liaben  dein  fchreiben,  wie  du 
bericht,  das  wir  etzlich  gefchütz  zu  gieflen  laTfen  bedacht, 
darztt  wir  eines  Meiiters  bedorffen  würden,  und  dieweiU  du 
dann  genaigkt  wereft,  diefe  lande  und  mancherlei  zu  be- 
fehen  und  auch  die  arbeitt  deines  vatters  auff  das  mall 
mäflick  were  etc.  mit  weiteren  feinem  ynhalt  hören  lefen. 
•  Und  geben  dir  darauff  zu  vomemen,  das  nit  ane,  wir  etz- 
lich gei'chützc  zu  gicfi'cn  lalTen  bedacht,  und  nachdem  wir 
deinen  vatter  mit  feiner  arbeit  kunftrcirh  boren  rhumen, 
Wüllen  wir  uns  vorfehen,  du  habft  von  dcmleibcn  deinem 
vatter  auch  etwas  gefehen  und  begriffen,  kennen  wir  wol 
leiden,  das  du  dich  alher  zu  uns  vorfu^efti  So  wollen 
wir  deine  arbeitt  anfehen  und  alsdanne  mit  dir  reden  und 
handeln  lafien,  welchs  wir  dir  auff  dein  fchreiben  in  ant- 
wurtt  gnediger  meynung  nicht  haben  verhalten  wollen  und 
dir  genedigen  willen  zu  ertzaigen,  sein  wir  geneigt, 
^elicn  zu  Konigsiierk  uts.«^) 

Das  kgl.  Staatsarchiv  zu  Königsberg  enthält  eine  weitere 
interessante  urkundliche  Nachricht,  welche  damit  in  Zusammen- 
hang steht. 

Herzog  Albrecht  von  Preufsen  hatte  im  Jahre  1526  mit 
einem  Nürnberger  Bürger  Bastian  Startz  korrespondiert,  der  ihm 
von  Nürnberg  einen  Stttckglefser  verschaffen  sollte.  Dieser 
schrieb  ihm  von  da  unterm  30.  Mai  1528: 

■}  Staatsarchiv  Königsberg,  0»tpr.   Foltani  Nr.  26,  S.  ii^. 

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—    1Q4  — 


»*  .  .  Verner  To  hat  Jorg  Clingenbeckg  mit  einem,  der 
fleh  fttr  eia  pttxrengiefser  aufgibt,  gehandelt;  hat  Clingenbeckg 
und  ich  nachmals  nicht  mögen  zu  Nürnberg  in  Erfarung  komen, 

das  er  sein  Tag  grob  gefchütz  gegossen  het,  allein  Todeiigrcber 
und  l)ildwerckg,  derhalhen  E.  F.  G.  zu  inilt  sein  bericht  wor- 
den etc.  Und  solcher  puxfenmeifler  mit  Namen  Petter  irifcher 
heiftx  etc.*) 

Möglich,  dals  das  Geschäft  im  Jahre  1528  flau  ging,  und 
dafs  die  Inhaber  aus  diesem  Grunde  sich  einem  ganz  neuen, 
wenn  auch  verwandten  Erwerbszweig  zu  widmen  beschlossen. 

Ob  Paul  Vischer  die  Reise  nach  Königsberg  wirklich  unter- 
nommen und  Stückgiefserei  daselbst  getrieben  habe,  ist  unbe- 
kannt. *) 

VIII 

Generalquittung  des  Hans  Vischer  über  empfangene 
Bezahlung  für  das  Doppelgrabmal  der  Kurfürsten 
Johann  Cicero  und  Joachim  I.  von  Brandenburg. 

1530.    Nov.  3. 

Das  urspriin^^Iirh  in  der  Klostcrkirclic  zu  Lchnin  befindliche,  jetzt  im 
Dom  m  Berlin  aulgci.iellte  Doiipelgrabiual  der  Kurfürsten  Johann  Cicero 
(t  1499)  and  Joachim  I.  1335)  ist  vor  1524  durch  Peter  Vischer  den 
älteren  begonnen  und  nach  seinem  Tode  durch  Hans  Vi&cher,  den  älte- 
sten der  damals  noch  am  Leben  befindlichen  Söhne,  und  Brben  der 
Gufswerkstatte,  im  Jahre  1530  vollendet  worden.  Die  Höhe  des  Preises 
ergibt  die  nachstehende,  durch  Herrn  Archivrat  Dr.  R.  Dobner 
mitgeteilte,  im  kgl.  ^ch.  Staatsarchiv  zu  Berlin')  befindliche  Quit- 
tung, welche  Hans  Vischer  noch  im  Jahre  der  VoUendun::  tlrs  Werkes 
ausgestellt  hat.  Sic  ist  aus  Augsburg  datiert.  DerCirund,  weshalb  sich 
der  Meister,  vermutlich  doch  wohl  während  des  Reichstags,  dort  auf- 
hielt, ist  nicht  näher  bekannt. 

lieh  Hanns  Vischer  vann  Nvrmberg  bekenne  öfTellich  mitt 
diser  meiner  hantt  schrief!t,  das  ich  vonn  meinem  genedichen 

*J  Staatsarchiv  Königsberg.    Herzogliches  Briefarchiv  L  19.  106. 

Ob  Peter  Vischer  der  allere  oder  sein  gleichnamiijer  Sohn,  welch 
letzterer  1528  starb,  hier  gemeiot  sei,  ist  mit  Bestimmtheit  nicht  festzustellen, 
da  der  Todestag  Peter  Vischers  des  jün^ereo  nicht  bekannt  ist. 

Buld  nach  dem  Tode  des  Vaters  scheint  er  nach  Maina  gegangen 
Txt  sein,  wo  t  1530  als  Bürger  ansässig  ist.    Im  selben  Jahre  wird  er  als 
verstorben  erwiihnt.  (Vergl.  Lochner  in  seiner  Ausgabe  des  Neudörfer  S.  31.  34.; 
*;  Geh.  StaaUarcbiv  Berlin  R.  61,  b.  ao^  lit.  V. 


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—    195  — 


heren  dem  caidinall  vnd  ercz  bischoff  von  Mems  vnd  Magde- 
bvrg  etc.  vnd  marggiaffe  Jocham  zv  Branebvrg,  bede  cvrfvisten. 
838  fl.  3  ortt  zv  bezallen  der  grebnvs,  die  ich  ireiti  cvrfvrstl. 

genaden  gemachtt  hab,  cndrichtt  viul  bezalltt  bin,  vnd  sag  dar 
ueber  vor  mich  vnd  meine  mitterben  bede  cvrfvrstliche  genaden 
vnd  der  selbichen  nachkomen  vnd  erben  qvitt  ledich  vnd  loss 
in  crafft  dis  prieffs  one^)  gefere  vnd  geben  zv  Avgspvrg  ann 
donncrstag  noch  aller  heilly  tag  ano  etc.  30.« 

Über  die  Modalitäten  der  Zahlung,  welche  in  damaliger 
Zeit  bei  Oufswerken  nach  dem  Gewicht  berechnet  zu  werden 
pflegte,  berichtet  der  zugehörige,  offenbar  aus  der  kurfUrstlich 
Brandenburgischen  Kämmerei  herrührende  Zettel: 

>Itcm  ich  pya  dar  py  gewessen,  dass  dey  begrebbnuss  ge- 
wegen  ist,  wycht  XLI  sentner  LVIII  den  sentner  hat  der 
rotgeser  gerechent  for  XX  fl.,  macht  Vill<^  vnd  XXXI  fl.  III  ort 
Xin  5.  Dar  an  hat  rottgeser  entiangenn  synen  schryben  nach 
V<>  fl.  vnd  fon  myr  UX«'  fl.  dor  als  VIII«:  fl.»  so  blyfit  dem  rotp 
sm3rt  .  .  .  himach  schuldich  38  fl.  3  ort  139  mit  samt  der 
vnkostung. 

Vr.  Korff.  gn.  vntertenyger  amold  (?)  Wenk.« 


*)  Orlg.  ome. 


13* 


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Die  SeyMed  Pflnzingische  Kleiderstiftung. 


Ein  Beitrag  zur  Geschichte  des  Stiftungswesens  in  Nürnberg. 
Von  Georg  Prhm.      KrefSi  Rechtsanwalt  in  Nflrnberg. 


Am  8.  März  1617  verstarb  zu  Nürnberg  Herr  Scvfried 
Pfinzin;^^  von  Henfenfeid  auf  Heuchling  und  Weigelshof  mit 
Hinterlassung  eines  am  Tage  vorher  errichteten  Testaments, 
in  welchem  er  folgende  Bestimmung  getroffen  hatte  ^): 

Ferner  ist  mein  Will  und  Mainung«  das  alle  und  jede 
mir  angehörigen  Untertanen  und  Erbleut  m  Heuchling, 
Herpersdorf,  Wendelstein,  Heroldsberg,  Gttntersbühl  und 
aller  andern  Orten  uf  dem  Land  (jedoch  ausserhalb  Wei- 
gelshofen)  dem  erbaren  untl  vcsten  Sebastian  Scheurl,  des 
grörscrn  Rats  allhier,  meinem  freundlichen,  lieben  Vettern 
und  Schwestersohn,  nach  meinem  seligen  Absterben  gebür- 
lich  Aid  und  Pflicht  laisten  und  schuldig  sein  sollen,  ihme 
ihr  jährliche  Gült  und  Zins  zu  gewöhnlichen  Zilen  und 
Zeiten  zu  raichen,  dargegen  soll  er,  mein  Vetter  Sebastian 
Scheurl,  verbunden  sein,  über  solche  Gült  und  Einkom- 
men uf  dem  Land,  wie  auch  über  alle  Aigen,  Gatterschaft 
allhier  in  der  Stadt  jährlich  uf  St.  Walburgen  Tag  jedes- 
mals  mit  Zuziehung  des  Ehesten  aus  meinem  Geschlecht 
und  Namen,  welche  ich  ihme  hiemit  adjungiere  und  zu- 
ordne, erbare  und  ufrichtige  Rechnung  zw  thun  und  als- 
dann sie  bede  von  demselbigen  Einkommen  umb  Gottes 
Willen  zur  schuldigen  Danksagung  seiner  mir  erzaigten 
vielfältigen  Gut  und  Woltaten  und  mir  verliehenen  reichen 
und  milden  Segens  zuvorderst  ein  hundert  Arme  dürftige 
Manspersonen  von  50,  60,  70  und  mehren  Jahren  alt, 


*)  Vgl.  die  Akten  im  Gran<11acher  Archiv:  Seyfriedt Pfintnng  seligen 
Te»t«mentum  betrelTend  1617*  welcher  ge»torheii  den  8.  Martij. 


—    197  — 


danmter  aber  nicht  allein  hiesige  Burger,  sondern  anch 
Frenulc,  soferne  selbige  sich  ehrlich  und  wol  verhalten 
und  dessen  glaubhafte  Zeugnufs  haben  werden,  jährlich  zu 
ewigen  Tagen  uf  den  Tag  Maria  Magdalena  einen  jeden 
mit  einem  Hembt,  desgleichen  wüUenem  Klaid  und  Rock, 
inmafsen  bishero  bei  der  Mttnzerischen  Stiftung  beschehen, 
aufszustafifiren  und  zu  klaiden,  und  dann  nachmals  sollen 
sie  bede  einen  meines  Geschlechts,  der  dessen  bedörftig 
und  zum  studieren  tauglich  sein  wird,  jährlich  nach  Not- 
durft vom  angeregten  Einkommen  verlegen,  von  dem  Ueber- 
schufs  aber,  so  nach  Hindanrichtung  dieser  Legaten  sich 
jährlich  erfiiKlct,  soll  obgedachten  beden  Administratoren 
und  ainem  jeden  insonderheit  jährlich  für  seine  Mühewal- 
tung fünfzig  Gulden  in  Münz  erstattet  und  dann  das 
übrige  alles  jedesmals  mit  ihrer  bcder  einhelligen  Consens 
widerumb  an  sichere  Ort  lunb  järüche  Verzinsimg  ange- 
legt und  den  Armen  vorgetragen  werden.  Sonsten  soll  die 
Possession  der  darzu  gehörigen  Hermhäuser  in  ihre  Wal 
und  Vergleichung  gestellt  sein.  Soviel  aber  mein  Sitz 
und  Gut  zu  Weigelshofen  und  die  darzu  gehörigen  Zins 
und  Erblcut  belanget,  solches  alles  und  jedes  mit  allen 
seinen  Rechten  und  Gerechtigkeiten,  was  mir  daran  eigen- 
tümblichs  zugehöret  und  nicht  lehenbar  ist,  desgleichen 
mein  schöne,  grosse,  güldene  Ketten,  item  meinen  Reit> 
klepper  mit  seiner  Zugehörung  schaffe  ich  obgemeldtem 
meinem  lieben  Vettern  Sebastian  Scheurl  zu  guter  Ge- 
dächtnnrs.  Und  was  ich  dann  ttber  alles  hievom  Ver- 
schafftes sonsten  noch  weiter  hinter  mir  verlafs  und  mein 
ist,  es  sei,  was  und  woran  es  wölle,  wie  des  Namen 
haben  mag,  gar  nichts  ausgenommen  noch  inndaiigcsctzt, 
das  alles  und  jedes  schicke  und  schaffe  ich  hiemit  in 
Aigetuni  und  Geniefs  vielgedachten  meinem  lieben  Vettern 
Sebastian  Scheurl  und  will  ihm  also  dessen  alles  ttber 
obverschaffte  seine  Legate  insonderheit  auch  zu  meinem 
rechten,  wahren,  unzweifelichen  Erben  ernennt  und  eingesetzt 
haben,  mein  jederzeit  darbe!  im  besten  zu  gedenken. 
Herr  Seyfried  Pfinzing  war,  wiewohl  zweimal  verhehraret, 
kinderlos  verstorben.    Am  20.  Juli  1568  als  der  einzige  Sohn 


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—    198  — 


des  Karl  PAnzing  von  Henfenfeld,  Heuchling;  und  Weigelshof 
and  der  Eleonora  Geuder  von  Heroldsberg  geboren,  hatte  er 

in  seiner  Jugend  eine  sorgfältige  Erziehung  genossen,  an  meli- 
reren  Universitäten  die  Rechtswissenschaft  studiert  und  alsdann 
grofse  Reisen  nach  Italien,  Frankreich  und  England  unlernommen, 
war  aber  seiner  schwächlichen  Gesundheit  halber  nicht  in  den 
Staatsdienst  getreten.  Er  verehelichte  sich  zuerst  1591  am 
6.  Dezember  mit  Maria  Magdalena,  der  Tochter  des  Herrn 
Julius  Geuder  von  Heroldsbeig»  drittem  obristen  Hauptmann 
der  Reichsstadt  Nttmberg,  und  der  Frau  Maria,  geborenen  HaUer 
von  Hallerstein,  verlor  aber  diese  seine  erste  Frau  schon  am 
19.  Dezember  1593,  nachdem  sie  ihm  einen  Sohn  Julius  ge- 
boren hatte,  der  im  jugendlichen  Alter  von  i8  Jahren  in  Heuchling 
starb.  In  zweiter  Ehe  war  Seyfried  Pfinzing  mit  Maria  Maji^da- 
iena,  der  Tochter  des  Herrn  Hans  Jakob  Haller  von  Halier- 
stein  und  der  Frau  Helene,  geborenen  Muffel  von  Eschenau, 
vermählt;  aber  auch  diese  zweite  Frau,  die  er  am  26.  November 
1610  h^miührte  und  die  ihm  drei  in  jungen  Jahren  verstorbene 
Kinder  gebar,  verstarb  nach  nur  sechsjähriger  Ehe  am  14.  März 
1616.  Nach  Jahresfrist  folgte  ihr  der  Gatte  im  Alter  von  nicht 
vollen  49  Jahren  ins  Grab*). 

Das  am  Tage  vor  seinem  Ableben  errichtete  Testament, 
welches  der  Genannte  des  grofseren  Rats,  Herr  Jakob  Winkler, 
nach  den  Angaben  des  Todkranken  verabfafst  hatte,  trägt  die 
Spuren  seiner  übereilten  Errichtung  an  sich.  Seine  Ausrichtung 
begegnete  auch  den  gröfsten  Schwierigkeiten.  Der  Testaments- 
erbe, Sebastian  Scheurl,  fand,  dafs  das  vom  Erblasser  zur  Aus- 
richtung der  Kleiderstiftung  und  des  Stipendiums,  sowie  zur 
Honorierung  der  Administratoren  bestimmte  Einkommen  bei 
weitem  nicht  ausreiche,  um  den  Willen  des  Verstorbenen  zu 
vollziehen.  Kaum  50  bis  60  Männer  liätten  so  gekleidet  wer- 
den können,  wie  es  bei  der  Münzerischen  Stiftung  der  Fall 
war,  und  er  erbat  sich  deshalb  ein  Rechtsgutachten  von  der 

*)  Er  Hegt  in  der  Gruft  Nr.  958  auf  dem  St.  Johutinii>kirchhof  begraben. 
Vgl.  C  W.  Nopitsch«  Rede  war  Feier  des  xweihundertjähHgen  Gedlchtnfeses 
der  Seyfried  Pfinzingischen  Stiftung  gelegentlich  der  Verteilunc:  r\c%  stif 
tungsmüCtigen  Natural-  und  Geidalmosens  an  100  arme  Männer  vom 
S4.  Jali  tSao  auf  dem  grofsen  Saal  des  Ratbames  tu  Nflroberg  gehalten. 
Nttnbarg,  ia  der  J.  L.  S.  Lechaeritehen  Bttchhandlnng,  iSaa   S.  5  ff. 


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—    109  — 


Universität  Tübingen  über  eine  Reihe  von  Fragen,  die  er  der- 
selben vorlegte,  insbesondere  darüber,  ob  es  zulässig  sei,  den 
Bewerbern  statt  der  vollständigen  Kleidung  mit  Hut,  Strümpfen 
und  Schuhen,  welche  bei  der  Münzerischen  Stiftung  verabreicht 
wurden,  nur  die  im  Testamente  ausdrücklich  genannten  Kleidungs- 
stücke, Hemd,  Kleid  und  Rock,  zu  gewähren,  oder  ob  der  ein- 
gesetzte Erbe  verpflichtet  sei,  das  Stiftungsvermögen  aus  dem 
ihm  zugefallenen  Erbteil  insoweit  zu  ergänzen,  dafs  es  zur  voll- 
ständigen Ausrichtung  der  Stiftung  hinreiche,  wie  es,  wenn  der 
Erbe  von  Rechts-  und  ßilligkeitswesen  hiezu  nicht  verbunden 
sei,  anzupacken  wäre,  um  den  Willen  des  Erblassers  gleichwohl 
zum  Vollzug  zu  bringen,  ob  nicht  wcni^^stcns  die  Verteilung  des 
Stipendiums  und  des  Honorars  an  die  Administratoren  der  Un- 
zulänglichkeit der  Stiftung  halber  unterbleiben  dürfe,  oder  ob 
man  etwa  die  vom  Erblasser  der  Stiftung  gleichfalls  zugewiesenen 
goldenen  und  silbernen  Trinkgeschirre  mit  des  Stifters  Wappen 
zu  Geld  machen  und  den  Eiiös  verzinslich  anlegen  dürfe,  weil 
diese  Stücke  der  Stiftung  doch  zu  gar  nichts  nütze  seien,  oder 
ob  man  die  Zinsen  des  Stiftungsvermögens  eine  Zeit  lang  ad- 
massieren  dürfe,  bis  das  Ivapital  grofs  genug  geworden  wäre, 
um  den  Willen  des  Stifters  vollständig  vollziehen  zu  können. 
Die  Tübinger  Juristenfakultät  bejahte  in  ihrem  Gutachten  vom 
30.  August  1617  die  erste  Frage,  verneinte  dagegen  die  zweite-, 
aufserdem  fafste  sie  den  Willen  des  Testators  dahin  auf,  dafs 
zunächst  die  Kleiderstiftung,  nötigenfalls  unter  Reduktion  der 
Zahl  der  zu  Bekleidenden,  und  nachmals  erst  das  Stipendium 
für  einen  jungen  Pfinzing  und  das  Salarium  der  Administratoren 
auszurichten  sei;  die  Veräufserung  der  Trinkgeschirre  und  die 
Admassierung  der  Zinsen  erklärte  sie  für  unstatthaft. 

Ganz  anderer  Meinung  war  der  Älteste  des  Pfinzingischen 
Geschlechts,  Herr  Martin  Pfinzing  von  Henfenfeld,  des  engeren 
geheimen  Rats  und  Scholarch,  der  im  Testamente  dem  Testa- 
mentserben als  Stiftungsadministrator  beigegeben  war.  Er  vertrat 
ganz  entschieden  den  Standpunkt,  dafs  Scheurl  aus  der  Gesamt- 
verlassenschafty  insbesondere  aus  den  im  Testamente  gar  nicht 
ausdrücklich  erwähnten,  auf  der  Losungsstube  liegenden  Kapi- 
talien zu  23500  fl.  — ,  die  er  zu  dem  »Aigen  und  der  Gatterschaft 
in  der  Stadt«  rechnete,  so  viel  zu  den  Gütern  und  Eigenzinsen 


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200  — 


hinzuzuthun  habe,  dafs  der  Wille  des  1  estators  vollzogen  werden 
könne.  Er  hielt  den  Scheurl  auch  nicht  für  berechtigt,  etwas 
von  dem  Mobiiiare,  das  sich  in  den  Herrenhäusern  befand,  zu 
veräufsem,  war  erbost  darüber,  dafs  derselbe  Feldschlänglein 
und  anderes  Geschtttz,  auf  dem  sich  das  Pfinzingische  Wappen 
befand  und  das  von  dem  alten  Seitz  Pfinzing  herrtthrte,  an 
fremde  Leute  verkauft  hatte,  und  verlangte  Inventarisation,  ehe 
die  Kuh  ganz  und  gar  aus  dem  Stalle  sei.  Auch  er  verschaffte 
sich  Rechtsgutachten  und  zwar  von  den  beiden  Universitäten 
Marburg  und  Heidelberg.  Die  letztere  erstattete  am  24.  April 
1618  ein  Gutachten  von  kolossalem  Umfang,  während  die  erstere 
am  2.  Mai  1618  die  gesteilten  Fragen  kurz  und  bündig  beant- 
wortete. Beide  erklärten  den  Erben  für  verpflichtet,  die  Stif- 
tung in  vollem  Umfang,  soweit  es  die  Verlassenschaft  gestatte, 
auszurichten. 

Inzwischen  hatte  Herr  Sebastian  Scheurl  die  erste  Rechnung 
gelegt  und  mit  folgender  Zuschrift  an  Herrn  Martin  Pfinzing 
tlbersandt: 

Edler,  ernvester,  fürsirhtig  weiser,  grofsgünstiger  licrr! 
Euer  Herrlichkeit  sein  mein  willige  Dienst  und  Grucs 
bevor.  Deroselben  uberschicke  ich  hiemit  eme  Copiam  derer 
Rechnung,  so  ich  auf  künftik  1.  Mai,  wiis  Gott,  deren 
von  E.  Herrl.  vorgeschriebenen  Form  nach  zu  thuen  scbul- 
dik  bin,  benebens  ganz  dienstlich  bittend,  Euer  Herrl. 
wollen  diese  Copiam  bevorab,  weil  dero  Brueder  und  Vet- 
tern beisammen  seind,  ihnen  sämbtUch  fürlegen  und  sich 
mit  ihnen  underreden  (weil  ja  E.  Herrl.  ohne  derselben 
Wissen  nichts  Schlüfsliches  mit  mir  wegen  Beklaidung  der 
armen  Leut  traktiren  will),  wie  und  wasgestalt  die  Exe- 
cution  dieses  Legats  ad  pins  rausas  einmal  ins  Werk  ge- 
setzt, auch  auf  was  Weise,  weil  die  Einkommen,  so  darzu 
verordnet  worden,  nicht  reichen  wollen,  die  Defalcation  pro 
rata  geschehen  möge,  damit  ihnen  sämbtlichen  kund 
werde,  dafs  der  Mangel  nicht  an  mir  hafte,  wie  ich  dann 
(im  Fall  wider  Verhoffen  die  Stiftung  wegen  der  noch 
ttbrigen  kurzen  Zeit  nicht  könnte  oder  solte  diefs  Jahr 
ihren  Anfang  nehmen)  daran  kein  Schuld  haben  will,  wie 
etliche  übel  berichte  Leut  von  mir  argwolinen,  als  ob  ich 


—    201  — 


dasjenige,  so  mich  meines  lieben  Vettern  sei.  testament- 
liche Disposition  zu  verrechnen  verpflichtet,  nicht  herfürge- 
ben  wült;  welches  ich  aber  doch  mit  Gott  und  meinem 
guten  (iewisen  änderst  beweisen  kann,  dafs  man  mich  aber 
zu  einem  mehrern  und  also  von  dem  meinigen  etwas  hie- 
hero  zu  verrechnen  bemüfsigen  will,  geschieht  es  absque 
omni  fundamento  und  will  mich  hiennit  kttrziich  erclärt 
haben,  das  ich  mich  weiter  nichts  zu  verrechnen  verbun- 
den erkenne,  als  was  in  dieser  eingeschlossenen  Rechnungs 
Copia  verzeichnet  stehet.  So  £.  Herrl.  ich  kürzlich  habe 
anmelden  wollen,  dieselbe  dienstlich  bittend,  ihren  Brüdern 
und  Vettern  üü zulegen,  damit  ich  nicht  ferner  mit  der- 
gleichen Einwürfen  wider  Recht  und  Billigkeit  beschwert 
oder  in  anderer  Leut  böse  Gedanken  möge  gebracht  wer- 
den, E.  Herrl.  hiemit  Gott  zu  Gnaden,  deroselben  aber  mich 
zu  Gunsten  empfehlend.  Aus  Nürnberg  den  15.  Marz 
1618.  £.  £.  un<^  Herrl.  dienstgeilissener  Sebastian 
Schenrl. 

'  Indessen  der  edle,  ehrenveste,  fflrsichtige  und  weise  Herr 
Martin  Pfinztng  der  ältere  war  durchaus  nicht  von  nachgiebiger 

Gemütsart.  Seine  umgehende  Antwort  liefs  an  Deutlichkeit  nichts 

zu  wünschen  übrig: 

An  Sebastian  Scheu rl.  Edler  und  Vester!  Demselbigen 
sein  meine  willige  IJinst  und  Grues  hinwieder;  desselbigen 
Schreiben  und  Beilage  habe  ich  empfangen,  verlesen,  mit 
Verwunderung  verstanden,  dafs  er  vermeiiTet,  ich  werde 
flugs  aus  dem  Stegreif  diese  seine  Copiam  mit  Bruder 
Georgen  und  Martin  Seyfried  Pfinzing  conürmiren,  gutspre- 
chen und  mir  also  andere  darzu  gehörige  Sachen  abdringen 
lassen,  dann  ich  aus  seinem  eilenden  und  wolgestelten, 
zwar  nachdenklichem  Schreiben  soviel  verstehe,  dafs  er 
dar/.u  guten  Redaciit  und  Ratgeber  gehabt  haben  mufs,  als 
bin  ich  auch  nicht  zu  verdenken,  darauf  mich  auch  wol 
zu  besinnen,  weil  mein  Bruder,  Herr  Georg  Pfinzing,  nicht 
hie,  sondern  zu  Grafenthal  ist,  wann  ich  dann  aus  lieber- 
sehunge  der  überschickten  Copia  soviel  befinde,  dafs  das 
Zinsgeld  in  der  Stadt,  als  in  der  Losungstuben,  nicht 
darbei  verrechnet  wird,   auch  die  wagenden  Stuck  aus 


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202  — 


Heuchlingen,  die  Nutzung  von  den  Einkommen  der  Kern- 
häuser, Wiesen,  Weiem  und  was  darzu  gehörig,  welches  alles 
aus  dem   Salbuch  mufs  verificfret  werden,  so  schicke 

ich   ihme  dicsclbigc  wieder  mit  dem  Vermelden,   dafs  ich 
mit  solcher  nieht  zufrieden,  was  den  Schlufs  anlanget,  sein 
kann,   quoad    formam    aber  recht  befunden.     Weil  auch 
daraus  zu  spüren  ,    dafs  er  zu  völliger  Ausrichtung  seines 
lieben  Vettern  testamentlicher  Disposition  keinen  Lust  hat, 
so  ist  die  resolutio  bald  zu  finden  und  darf  nicht  viel 
mit  meinem  Bruder  und  Vettern  Unterredens,  nembUch, 
dafs  wir  die  Sachen  vor  meine  Hein  £.  E.  Rath  und  wo 
derselbige  uns  hinweisen  wird,  austragen  und  ihres  Ent- 
schieds  gewertik  sein;  würd  sich  wohl  ein  Weil  die  Zeit 
verlieren,  bis  die  Legata  zu  Werk  gesetzt  und  ohne  Defak  ation 
den  Armen    und  andern  Interessenten  treulich  ausgeteilet 
werden  mögen,    darane  ich  dann  nicht  schuldig,  sondern 
er  und  sein  beharrlich  Widersetzen,  dem  Testament  ein 
völliges  Genügen  zutuen,  alle  Legate  völlig  zu  vollziehen 
und  seines  lieben  Vettern  endlichen  Willen  nachzuekom- 
men,  welches  er  dann  wol  tuen  kann,  ohne  dasjenige, 
was  ihme  verschafift  und  zu  Erben  darttber  eingesetzt  wor- 
den ist ,  wie  er  dann  die  Fundamenta  wohl  wird  ansehen 
und  zu  verantworten  haben  ,   welche   ine  dazu  compelliren 
werden,  dafs    er   ein  völlig   und   kein  gestümpelt  Werk 
daraus  machen  roufs ,  welches  ich  demselbigen  hinwieder 
zu  freuntücher  Antwort  und  Nachrichtung  nicht  unverhalten 
lassen  sollen,  göttlichen  Gnaden  bevehlend.  Actum  Hen- 
fenfeld  den  16.  Martij  Ao.  1618.    E.  E.  und  W.  dienst- 
williger Marthi  Pfinzing  von  Henfenfeld  der  elter. 
Herr  Martin  Pfinzing  liefs  indessen  doch  lUnf  Monate 
lang  auf  die  Ausführung  seiner  Drohung,  die  Sache  an  den  Rat 
zu  bringen,  warten.     Im  August  1618  hef  die  -»Unumbgänglichc 
Clag    und    Beschwerung    vvider    Sebastian    Scheuerl ,  Seyfrid 
Pfmzings  seiigen  Testament  bctretlcnd«  ,   welche  der  Konsulent 
Dr.  Cliristoph  Held  verfafst  hatte,  und  welcher  Abschriften  der 
Gutachten  der  Juristenfakultäten  zu  Marburg  und  Heidelberg 
beigegeben  waren,  bei  dem  Rate  ein,  iind  dieser  verfügte  am 
1 1.  August,  dafs  sie  samt  den  consilüs  dem  Scheurl  »umb  seine 

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—  203 


Gegennotdurftf  zusustellen  sei.  Sebastian  Schearl  betonte  in 
seiner  umfangreichen  Verantwortung  vom  7.  Oktober  vor  allem, 
dafs  es  nicht  seine  Schuld  sei»  wenn  die  Stiftung  seines  lieben 
Vetters  Seyfried  Pfinzing  am  Maria  Magdalenatag  (22.  Juli) 
nicht  zum  ersten  Male  ausgerichtet  worden  sei,  er  habe  sich 
redlich  bemüht ,  eine  Verständigung  mit  den  Herren  Pfinzing 
herbeizuführen,  und  sei  auch  jetzt  noch  zu  Vergleichsverhand- 
lungen bereit.  Dagegen  be harrte  er  auf  seiner  Ansicht,  dafs 
nach  dem  Testament  nur  die  Renten  aus  den  Gütern  auf  dem 
Land  und  die  Eigen-  und  Gatterzinsen  in  der  Stadt  der  Stiftung 
sugewiesen  seien,  die  ganxe  übrige  Verlassenschaft  aber  ein> 
schliefslich  der  Losungsgelder  zu  23  500  fl.  ihm  gebühre,  und 
verwies  auf  seine  Rechnung,  wonach  das  Einkommen  aus  den 
der  Stiftung  zugewieseneu  Nachlalsbestandteilen  ca.  700  fl. 
betrage,  während  es  in  der  Beschwerdeschrift  nur  auf  ca.  374fl. 
jährlich  veranschlagt  war.  Die  Verantwortung  suchte  mit  grofser 
Gründlichkeit  Punkt  für  Punkt  die  Klage  und  die  Rechts- 
gtttachten  zu  widerlegen  und  schlofs  mit  der  Bitte,  £.  £.  Rat 
wolle  die  Herren  Pfinzing  zur  Annahme  des  proponierten  Ver- 
suchs gütlicher  Verhandlungen  anhalten. 

Der  Rat  beschlofs  am  Q.  Dezember  1618,  Herrn  Martin 
Pfinzing  darüber  vernehmen  zu  lassen,  ob  er  sich  nicht  den 
Weg  gütlicher  Unterhandlungen  wolle  belieben  lassen,  dergestalt, 
dafs  jeder  Teil  gewisse  Personen  als  beistände  benenne,  denen 
der  Rat  aus  seiner  xVIitte  und  aus  der  Zahl  der  Konsulenten 
etliche  beigeben  wolle,  entw  eder  um  den  Vergleich  zu  versuchen 
oder  um  die  Sai  ]ie  schiedsrichterlich  zu  entscheiden.  Darauf 
liefs  sich  Herr  Martin  Pfinzing  nicht  ein;  er  liefs  nichts  unver- 
sucht, die  Ausrichtung  der  Stiftung  in  dem  vollen  Umfang,  wie 
sie  der  Testator  im  Sinne  gehabt  hatte,  zu  erzwingen.  Zunftchst 
veranlafste  er  die  zeugschaftliche  Vernehmung  des  Verfassers 
des  Testaments,  des  obengenannten  Jakob  Winkler,  durch  den 
Notar  Johann  Jakob  Wcigel;  seine  Aussagen  änderten  aber  nur 
wenig  an  der  Sa<-hlntie.  Wink  1er  war  am  Freitag,  den  7.  März 
1617,  in  die  Wohnung  des  todkranken  Herrn  Seyfried  Pfinzing 
geholt  worden,  um  dessen  letzten  Willen  aufzunehmen;  er  traf 
dort  Herrn  Wolf  Harsdorfer  und  Herrn  Hans  Christoph 
Scheurl  mit  ihren  Hausfrauen,  femer  Herrn  M.  Christoph  Reich, 


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—    204  — 


die  Frau  Gabriel  Scheurlin  und  ihren  Sohn  Sebastian  und  bat 
dieselben,  sich  fttr  kurze  Zeit  zu  entfernen,  bis  die  letzte 
Willensmeinung  des  Kranken  aufj^enommen  sei.    Diese  habe  er 

getreulich  in  seine  Schreibtafel  notiert;  in  drei  Stunden  habe 
er  das  Testament  concipiert  und  ingrossiert ,  alsdann  aber  in 
Rticksicbt  auf  die  zunehmende  Scliwacldieit  des  Kranken  ohne 
Verzug  in  Gegenwart  der  Genannten  verlesen  wollen,  was  jedoch 
auf  Wunsch  des  einen  der  beiden  Genannten,  des  Herrn  Thomas 
Tucher,  durch  diesen  geschehen  sei,  der  es  deutlich  und  ver- 
ständlich  von  Wort  zu  Wort  verlesen  habe.  Die  Stiftung  sei 
allerdings  des  Pfinzing  Hauptanliegen  gewesen,  er  habe  es  sogar 
abgelehnt,  seiner  Schwester  Scheurl  im  Testamente  zu  gedenken, 
denn  sie  sei  zuvor  reich  genug,  habe  er  geäufsert;  auch  dazu 
habe  er  sich  nicht  verstanden,  das  Gut  Heuchling  samt  Zubehö- 
rung  seinem  VetterSebastian  Scheurl  und  dessen  Kindern  ?:i!;':uwen- 
den,  das  alles  müsse  bei  der  Stiftung  verbleiben.  Der  in  der 
Losungsstube  angelegten  Gelder  habe  er  mit  keiner  Silbe 
gedacht.  Die  100  Männer  habe  Phnzing  den  Mttnzerischen 
gleichgehalten  wissen  wollen.  Das  Notariatsinstrument  über 
diese  Zeugenvernehmung  brachte  Martin  Pfinzing  mit  einer  neuen 
umfassenden  Erklärung  an  den  Rat  und  liefs  zudem  am 
23.  September  16 IQ  Herrn  Sebastian  Scheurl  und  Herrn  Thema 
Tucher  als  Testanientsexckutoren  in  die  Vormundschaftsstubc 
auf  das  Rathaus  fordern,  um  sie  in  Gegenwart  der  Vormund- 
herren Georg  Volckamer  und  Lienhard  Grundherr  über  die  Ver- 
zögerung der  Testamentsausrif  htung  zur  Rede  zu  stellen.  Letz- 
tere Mafsnahme  hatte  freilich  gar  keinen  £rfolg.  Herr  Georg 
Volckamer  entschuldigte  sicl^mit  verwandtschaftlichen  Beziehungen, 
die  ihm  nicht  gestatteten,  in  der  Sache  einen  Bescheid  zu  geben, 
Herr  Lienhard  Grundherr  erklärte,  er  allein  könne  auch  nicht 
entscheiden.  »Wasch  mir  den  Pelz  und  mach  ihn  nicht  nafslc 
schrieb  eine  malitiöse  Feder  unter  die  Note  über  diese  Verhand- 
lung in  die  Pfinzingischen  Akten.  Krst  am  15.  April  1619  er- 
ging ein  weiterer  Ratsverlais  folgenden  Inlialts: 

»Uf  Herrn  Martin  Ffinzings  für  sich  und  seine  Brüder 
und  Vettern  ubergebene  Erclerungsschrifft,  daz  inen  hoch- 
bedenklich und  gegen  die  Posteritet  unverantwortlich  sein 
will,  sich  mit  Sebastian  Scheuerl  über  Seyfirid  Pfinzings 


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—    205  — 


sei.  Stiftung  in  gütliche  'Nfergleichun^  einzulassen,  mit  Bitt, 
ime    Scheurl    anzuweisen  ,    ermeltes    Penzings  Testament 
quoad  legata  ad  pias  causas,  stipendia  und  sousten  zu  exe- 
quiren,   damit  den  armen  Legatariis  nicht  Ursach  gegeben 
werde»   sich   wider  den    instituirten   Universalerben  und 
Executom,  wie  auch  gegen  dem  sambtlichen  Geschlecht  der 
Pfinzing    als  adjungirten  ewigen   Administratoren  dieser 
Stiftung   zu   beschweren,  ist  bevohlen,  weil  die  Hern 
Pfinzing  vielleicht  an  den  nominirten  Underhendtem  Beden- 
kens haben  möchten,  inen  anzuzeigen,  daz  sie  selbsten  zu 
baden  'Fallen  Leut  zu  Beiständen   oder  Compromissariis 
erbitten  mögen,   denen  wollen  meine  Herren  jemand  aus 
ihrem  Mittel  zuordnen   und  also  noch  ein  Versuchen  tun, 
ob  sie  zu  gutlicher  Handlung  zu  bewegen,  auf  den  widri- 
gen Fall  aber  des  Herrn  Pfinzing   Schrift  dem  Scheurl 
umb  seine  Antwort  zuzustellen  und  alsdann  die  Sach  bei 
sambtlicher  Consultation  der  Herrn  Hochgelehrten,  sovil 
deren  Frendschaft  halben  darbei  sitsen  können,  zu  bedenken 
zuzustellen ,  ob  ohne  gerichtliche  Weiüeuftigkeit  aus  der 
Sachen  zu  kommen. c 
Aber  aucn   dieser  Schritt  war  umsonst.    In  einer  in  der 
Ratssitzung  vom  20.  Mai   1619   verlesenen  ferneren  Erklärung 
beharrte  Herr  Martin  Ptiiizing   auf  seinem  Standpunkt  und  bat 
neuerdings,  den  Sebastian  Scheurl  mit  allem  Ernst  anzuhalten, 
dafs  er  dem  klaren  Buchstaben  des  Testaments  nachkomme  und 
in  allen  Punkten  die  Bekleidung  der  hundert  armen,  dürftigen 
Männer,  sowie  das  Stipendium  zur  Erhaltung  eines  jungen 
Pfinzing  während  seiner  Studienzeit  ausrichte;  und  da  hierauf 
nichts  erfolgte,  übergab  er  am  30.  Oktober  1619  dem  älteren 
Bürgermeister  Herrn  Endres  Imhof  eine  Vorstellung,  die  sofort 
in  der  Ratssitzung  beraten  wurde  und  zu  dem  Beschlufs  führte, 
Sebastian  Scheurl  zur  Gegenerklärung  aufzufordern  und  beiden 
Teilen  ernstlich  zuzusprechen,  sich  noch  vor  Ende  des  Jahres 
zu  verständigen,  wie  es  mit  der  Exequierung  der  Stiftung  gehalten 
werden  solle,  da  sonst  der  Rat  sich  ins  Mittel  legen  und  des 
Testators  Willen  selbst   vollziehen  werde.    Herr  Sebastian 
Scheurl  beteuerte  sofort  aufs  neue  seine  Bereitwilligkeit,  die 
Stiftung  nach  Mafsgabe  der  vorhandenen  Mittel  auszurichten. 


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—    306  — 


£s  fragt  sich  indessen ,  ob  die  Energischere  Sprache  des  Rats 
zum  Ziele  geführt  hätte,  wenn  nicht  Herr  Martin  Piinzing  am 

9.  Dezember  1619  das  Zeitliche  gesegnet  hätte. 

Seine  Brüder  Christoph  und  Georg  waren  für  die  Vor- 
stellungen der  Ratsdeputierten  zugängiicher,  und  so  kam  es  zu 
zwei  Unterredungen  auf  dem  Rathause  am  16.  und  30.  März, 
die  zu  einem  gütlichen  Ausgleich  führten.  Von  Ratswegen 
waren  dazu  verordnet  die  Ratsmitglieder  Christoph  FUrer  und 
Sigmund  Gabriel  Holzschuher  und  die  Konsulenten  Dr.  Georg 
Heher  und  Dr.  Hieronymus  Fetzer,  Von  den  Parteien  waren 
erschienen  Herr  Christoph  Pfinzing  mit  seinen  Vettern  Karl, 
Paul  und  Martin  Pfinzing  in  Begleitung  des  Herrn  Dr.  Johann 
Christopli  Ölhafen  und  ihres  Advokaten  Dr.  Georg  Richter, 
dann  Herr  Sebastian  Scheurl  mit  Herrn  Dr.  Jakob  Scheurl  als 
Rechtsbeistand  und  seinem  Advokaten  Dr.  Paul  Freher.  Über 
die  Verliandlungen  existiert  eine  vortrefiflirb  '  Relation  aus  der 
Feder  des  gewandten  Pfmzingschen  Anwalts  Dr.  Richter,  aus 
der  sich  der  ganze  Verlauf  der  umständlichen  und  schwierigen 
Vergleichsunterhandlungen  entnehmen  läfst.  Man  einigte  sich 
zunächst  darüber,  dafs  zur  Ausrichtung  der  Stiftung  eine  Jahres- 
rente von  1250  fl.  genügend  sei,  während  die  Herren  Pfinzing 
1400  tl.  verlangt  hatten,  Herr  Sebastian  Sclicurl  aber  nur 
1000  fl.  zugestehen  wollte.  Um  der  Stiftung  diese  Rente  zu 
sichern,  sollte  ihr  Sebastian  Scheurl  das  Gut  Heuchling  mit 
seinen  Zubehörungen  um  10000  fl.  abkaufen.  Nach  langem 
Hin-  und  Herreden  verstand  er  sich  dazu,  8000  fl.  dafür  zu 
geben,  was  die  Schiedsrichter  unter  der  Bedingung  guthiefsen, 
dafs  die  während  der  abgelaufenen  drei  Jahre  auf  2000  fl.  ange- 
wachsenen Renten  des  Stiftungsvermögens  zur  Hälfte  zur  sofor- 
tigen erstmaligen  Ausrichtung  der  Stiftung  an  hundert  arme 
Männer  am  Maria-Magdalenatag  1620  verwendet,  die  andere 
Hälfte  aber  zum  Kapitale  geschlagen  werde  und  Scheurl  noch 
weitere  450  fl.  ex  projiriis  zuschiefse,  wovon  150  fl.  auf  das 
Stipendium  und  300  fl.  auf  die  Nachzahlung  der  Administratoren- 
gehalte verwendet  werden  sollten.  Eine  zweite,  kürzere  Relation 
Uber  den  Vergleich  brachten  die  Deputierten  dem  Rat  in  Vor- 
lage, der  mdessen  am  U.April  1620  noch  einige  Ergänzungen 
anempfahl,  namentlich  sollte  in  die  Vergleichsurkunde  aufgenom- 


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—    207  — 


men  werden,  dars  die  armen  Leute  auch  gute  Strumpfe  und 
Schuhe  erhalten  sollten,    ferner  sollte  (Ür  den  Schulmeister, 

Organisten,  SchaUci ,  Mefsner,  Bettelrichter  etwas  ausgesetzt 
werden,  das  dieselben  zu  erhalten  hätten,  wenn  die  gekleideten 
armen  Leute  in  die  Kirche  geführt  würden.  Der  Vergleich 
sollte  allen  Penzing,  die  zur  Zeit  verheiratet  seien,  zur  Unter- 
schrift vorgelegt  und  alsdann  vom  Rat  konfirmiert  werden,  die 
Bekleidung  der  armen  Leute  sollte  im  Augustinerkloster  statte 
finden  und  die  Stiftung  von  allen  Kanzeln  in  der  Stadt  und 
auf  dem  Lande  verkündet  werden.  Diesen  Anordnungen  des 
Rats  wurde,  wie  es  scheint,  bis  auf  die  Aussetzung  einer  Gabe 
für  den  Schulmeister ,  Organjsten  u.  s.  f.  Rechnung  geLragcu. 
Am  7.  und  14.  Mai  1620  wurde  von  den  Kanzeln  herab  zur 
Bewerbung  um  die  Stiftung  aufgefordert;  die  Aufforderung  hatte 
folgenden  Wortlaut: 

Zu  wissen  sei  hiemit  menniklich,  nachdem  von  weiland 
dem  edlen  und  festen  Seyfried  Pfinzing  seligen  zu  einem 
järlichen  ewigen  Almosen  geordnet  und  verschafit  worden, 
hundert  alte,  arme,  dürftige  Mannspersonen,  sowol  Bürger 
und  Inwoner  alhier,  als  auch  eines  erbaren  Rats  und  dero 
Burger  Undertanen  uf  dem  Lande,  so  sich  jeder  Zeit 
wohl  und  ehrlich  gehalten,  auch  eines  gottesfürchtigen,  erbaren 
Lebens,  Wesens  vnd  Wandels  beflissen,  auf  nechstkummende 
Maria  Magdalenatag  mit  einer  Bekleidung  auszustaffieren, 
demnach  so  mögen  alle  und  jede,  so  solches  Almosens 
bedürftig  (darunter  jedoch  nicht  verstanden  oder  dieses 
Almosens  vehig  werden  sollen  diejenigen,  so  anderwärts  mit 
derMttnzerischen  Stiftungsbekleidung  järüch  begäbet  werden) 
entweder  uf  Mittwoch  den  14.  oder  nechsten  Mittwoch  her> 
nach  den  2t.  des  Monats  Junii  bei  denen  darzuverordneten 
Executoribus  im  Augustiner  Closter  alhier  anzaigen,  von  ihren 
Herrschaften  1' Urschriften,  insonderheit  aber  glnubwürdige 
besigelte  Urkunden,  daz  sie  sich  in  ihrem  Leben,  Wesen 
und  Wandel  wol  vnd  ehrlich,  auch  gottesförchtig  und  fromm 
verhalten  haben,  mitbringen  und  auflegen  und  darauf  solcher 
Almosen  halben  widerumb  Beschaids  gewertig  sein. 
So  trat  denn  die  wohlthätige  Stiftung  drei  Jahre  nach  dem 
Tode  des  Stifters  ins  Leben.    Kleine  Irrungen,  die  es  noch  ^ 


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—    208  — 


wegen  der  Unterschrift  der  Vergleichsurkunde  mit  Herrn  Georg 
Pfinzing  gab»  wurden  durch  den  energischen  Ratsverlafs  vom 
1.  Juni  1620  beseitigt.    Die  Aussöhnung  «wischen  den  Familien 

Pfinzing  und  Scheurl  wurde  später  durch  eine  Heirat  Itckräftigt, 
Herr  Sebastian  Srheurl  gal)  163  7  seine  Tochter  Eleonore  Herrn 
Karl  Pfinzing  von  Henfenfeld  und  Gründlach,  dem  Sohne  des 
beim  Vergleichsabschlufs  beteiligten  Karl  Pfinzing,  zum  Weibe. 
Die  Verwaltung  der  Stiftung  führte  nach  Scheurls  Ableben  immer 
der  älteste  Pfinzing  bis  zum  Aussterben  des  Geschlechts.  Der 
Reichsschultheifs  Johann  Sigmund  Pfinzing  von  Henfenfeld  und 
Gründlach,  der  letzte  seines  Stammes  und  Namens,  verordnete 
in  seinem  Testamente  vom  20.  Dezember  1763,  dafs  die  Admini* 
stration  der  Seyfried  Pfinzingischen  Stiftung  mit  dem  von  ihm 
gestifteten  Fideikommisse  nach  dem  Tode  seiner  Witwe  auf  deren 
Brüder  Johann  Sigmund  und  Joiiann  Georg  Haller  von  Haller- 
Stein  und  deren  männliche  Descendenz  übergehen  soUe.  Das 
geschah  denn  auch;  die  Pfinzingische  Kleiderstiftung  wurde  von 
den  genannten  Herrn  von  Haller  und  den  Söhnen  des  erst- 
erwähnten verwaltet,  bb  Nürnberg  bayerisch  wurde.  Durch 
Entschliefsungen  des  k.  b.  General*  Landes  «Kommissariats  in 
Ansbach  als  Stiftungskuratelstelle  vom  4.  Juni  und  9.  Juli  1807 
wurde  zwar  die  Austeilung  der  Stiftung  in  der  hergebrachten 
Weise  für  dieses  Jahr  noc  h  genehmigt,  es  wurde  aber  zugleich 
angeordnet,  dafs  das  für  das  nächste  Jahr  schon  bereit  liegende 
Tuch  zu  einem  noch  zu  bestimmenden  Zweck  liegen  zu 
bleiben  habe  und  für  1809  keine  weitere  Bestellung  bei  dem 
Tuchmacher  zu  machen  sei.  Mit  Entschliefsung  vom  17.  Sep- 
tember 1809  forderte  das  Generalkommissariat  des  Pegnitzkreises 
eine  Anzeige  darüber  ein,  ob  und  auf  welche  Art  die  durch  die 
Seyfried  Pfinzingische  Stiftung  auf  den  Maria  Magdalenatag  ver- 
ordnete Bekleidung  von  100  armen  Männern  im  Jahre  1808  und 
1809  vollzogen  worden  sei,  und  als  darauf  die  Stiftungsadinmi- 
stration  an  die  erwähnten  Entscliliefsungen  erinnerte ,  durch 
welche  die  Ausrichtung  der  Stiftung  bis  auf  Weiteres  eingestellt 
worden  war,  erfolgte  am  28.  September  1809  der  Befehl,  die 
Stiftung  nochmals  in  der  bisherigen  Weise  auszuteilen,  jedoch 
alle  diejenigen,  welche  nicht  auf  bayerisclien  Territorium  und 
^  nicht  fah  Bezirke  des  Pegnitzkreises  wohnten,  auszuscheiden  und 

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-    20Q  — 


vidimierte  Abschriften  der  Stiftungsbriefe  nebst  den  Akten  ttber 
die  näheren  Verhältnisse  und  eine  etatsmäfsige  Übersicht  ttber 

den  Rechnungsabschlufs  vorzulegen.  Die  Vorlage  der  Etatsüber- 
sicht verzögerte  sich  bis  /.um  1.  Dezember  1810;  aus  dorselben 
war  zu  entnehmen,  dals  die  Jahrcseinnahme  3812  fl.  32^U  kr.» 
die  Jahresausgabe  3085  fl.  5^/*  kr.  und  der  Lberschufs  727  fl. 
27  kr.  betrug.  Im  Jahre  1810  wurde  die  Stiftung  nicht  aus- 
geteilt. Inzwischen  war  infolge  des  organischen  Edilcts  vom 
16.  Oktober  1810  das  k.  Kommissariat  der  Stadt  Nttmberg  mit 
der  Beaufsichtigung  der  Stiftungen  in  Nttmberg  betraut  worden, 
und  mit  allerhöchster  Entschliefsung  vom  30.  März  1811  wurde, 
weil  sich  diese  Stiftung  ihrem  deutlich  ausgesprochenen  Zwecke 
nach  durchaus  zur  konsolidierten  Verwaltung  eigne  und  der  mit 
dem  Stifter  nicht  einmal  direkt  verwandten  von  Hallerischen 
Familie  keinerlei  Anspruch  auf  isolierte  Verwaltung  zustehe,  die 
Extradition  der  Stiftung  an  die  allgemeine  k.  Stiftungsadmini- 
stration  angeordnet  und  die  alljährliche  Austeilung  derselben  dem 
quiescierten  Stiftungsadministrator  Sörgel  als  Spezialkommissär 
ttbertragen.  Ein  am  30.  Juni  1812  von  dem  Kommunaladmini- 
strator  Samuel  Karl  Christoph  Freiherrn  von  Haller  an  das 
Stadtkommissariat  gerichtetes  Gesuch,  ihm  wenigstens  die  Aus- 
teilung der  Stiftung,  die  seine  Vorfahren  stets  als  ein  Familien- 
klcinud  betrachtet  hätten,  zu  Uberlassen,  wurde  schnöde  ab- 
gewiesen. 

Ais  dann  später  infolge  veränderter  Organisation  die  Ver- 
waltung der  Stiftung  an  den  Stadtmagistrat  Nürnberg  über- 
gegangen war,  gelang  es  den  Bemühungen  des  Magistratsrats 
Karl  Wilhelm  Nopitsch,  denselben  Herrn  von  Haller  trotz  seiner 
Verstimmung  ttber  die  Entziehung  der  Administration  zu  bewegen» 
ein  in  seinem  Besitz  befindliches,  von  Joachim  von  Sandrart  auf 
Kupfer  gemaltes  Porträt  des  Stifters  Seyfried  Pfinzing  der  Stadt 
Nürnberg  für  ihre  Kunstsammlungen  zu  schenken.  In  dem  von 
den  beiden  Bürgermeistern  Lorsch  und  Sörgel  unterzeiclineten 
Dankschreiben  des  Magistrats  vom  13.  Oktober  1820  erkennt 
derselbe  in  der  Schenkung  einen  Beweis  jener  ausgezeichneten, 
patriotischen  Gesinnung  und  Anhänglichkeit  an  die  Stadt,  wovon 
die  Freiherrl.  von  Halleiische  Familie  von  uralten  Zeiten  her 
unzählige  Beweise  gegeben  liabe.    Es  existiert  ttbrigens  auch  ein 

■4 

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—    210  — 


trefflicher  Kupferstich  von  }.  Sandrart»  der  das  Brustbild  des 
Seyfried  Pfinzing,  gehalten  von  zwei  Stiftungsmännem»  darstellt, 
darüber  das  Pfinzinglsche  Wappen  mit  den  Wappen  der  beiden 
Frauen  Geuder  und  Haller  zur  Seite,  und  mit  der  Unterschrift: 

Herr  Seyfried  Pfin/.ing  von  Henfenfcld  viT  Heuchling 
und  Weigelshoflf,  so  von  seiner  Verlasscnschaft  jährlich 
hundert  alte  Männer  zu  kleiden  gestiftet,  ist  gebohren 
den  20.  Juli  A^"   1568  und  gestorben  am  8.  Martii 

1617,  J.  Sandrart  sculpsit  A  °  1675. 
Zur  Feier  des  zweihundertjfthrigen  Gedächtnisses  der  Stiftung 
hielt  der  obengenannte  Rechtsrat  Nopitsch  gelegentlich  der  Ver- 
teilung derselben  am  24.  Juli  1820  eine  Rede,  die  im  Druck 
erschienen  ist.  Die  Stiftung  wird  auch  heutigen  Tages  vom 
Magistrate  alljährlich  ausgeteilt.  Ihr  Vermögen  ist  auf  mehr  als 
380  OÜÜ  Mark  angewachsen,  so  dafs  nur  ein  Teil  der  Zinsen 
desselben  zur  Erfüllung  des  eigentlichen  Stiftungszwet  kes  nötig 
ist,  während  der  Rest  derselben  zur  Armeuunterstutzung  über- 
haupt verwendet  wird. 


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> 


Kleinere  Mittellungen. 


Bernhard  Hartmann  f. 

Das  letzte  Heft  der  »Mitteilungenc  hat  an  der  Spitze  der 
Abhandlungen  und  Quellenpublikationen  eine  Arbeit  von  Bern- 
hard Hartmann  Uber  Konrad  Celtis  in  Nttmberg  gebracht.  Der 
vortreflUche  Verfasser  dieser  Studie  weilt  nicht  mehr  unter  den 
Lebenden.  Wiewohl  fast  zwei  Jahre  seit  seinem  Hinscheiden 
vergangen  sind»  können  wir  uns  nicht  versagen,  seiner  in  Dank- 
barkeit in  diesen  Blättern  zu  gedenken.  Er  war  ein  Überaus 
eifriges  und  tluLti^j;os  .Mitc;lic(l  unscros  Vereins,  einer  der  tüch- 
tigsten Mitarbeiter  an  unseren  Puljlikationen,  in  den  letzten 
Jahren  seines  Lebens  auch  Mitglied  unseres  Ausschusses  und 
als  solches  Mitglied  unserer  Redaktion «ikommission.  Wiewohl 
nicht  Nürnberger  von  Geburt,  war  er  doch  erfüllt  von  lebendigem 
Interesse  fllr  die  Geschichte  der  alten  Reichsstadt,  deren  Er- 
forschung und  Darstellung  er  stets  gerne  trotz  seines  anstren- 
genden Berufes  und  trotz  reger  und  ununterbrochener  wissen- 
schaftlicher Thätigkeit  auf  juristischem  Gebiete  einen  Teil  seiner 
Mufsestunden  zuwandte.  Dankbar  gedenken  wir  der  genufsreichen 
Stunden,  die  er  uns  durch  seine  Vorträge  bereitete.  Sie  legten 
nicht  nur  Zeugnis  ab  von  dem  scharfen  Verstände,  dem  uner- 
müdlichen Forscherfleifse  und  dem  vielseitigen  Wissen  Hartmanns, 
sie  waren  auch  Muster  eines  guten  Geschmacks  und  einer 
eleganten  Darstellungsweise.  Zuerst  trat  er  im  April  1880  mit 
einem  Vortrag  über  die  wirtschafUichen  und  politischen  Bezieh- 
tmgen  Nürnbergs  zur  Republik  Venedig  unter  uns  auf.  Im 
Oktober  1883  sprach  er  über  das  Nürnberger  Handwerk  im 
14.  und  15.  Jahrhundert.  Im  Februar  1885  folgte  die  treffliche 
Arbeit  über  Altdorf  in  seiner  akademischen  Vergangenheit, 
welche  im  VI.  Heft  unserer  Mitteilungen*  abgedruckt  ist  und 
eine  Zierde  dieser  Publikationen  bildet.  Kleine  Kulturbilder  von 
besonderem  Reiz  waren  die  im  November  1886  gehaltenen 


—    212  — 


Vorträge  Uber  einen  Justizmord  im  achtzehnten  Jahrhundert  und 
über  das  Lob  des  Nttmbergischen  Frauenzimmers.  Endlich  aber 
haben  seine  Vorträge  ttber  Konrad  Celtis  ün  Kreise  der  Nürn- 
berger Humanisten»  die  im  Jahre  1888  gehalten  wurden  und  im 
VIII.  Heft  der  Mitteilungen  veröffenth'cht  sind,  mit  Recht  die  Auf- 
merksamkeit geleiirtcr  Kreise  auf  sich  gezogen.  Sein  Hinsch nicn 
hat  eine  schwer  auszufüllende  Lücke  in  unsere  Reihen  gerissen. 

Bernhard  Hartmann  war  am  22.  Dezember  1839  zu  Würz- 
burg geboren  und  wandte  sich  nach  Vollendung  ;;ciner  Studien 
und  der  vorgeschriebenen  Vorbereitungspraxis  der  Advokatur  zu. 
Zuerst  als  Rechtskonzipient  bei  Advokat  Streit  in  Wttrzburg 
thätig,  siedelte  er  Ende  der  sechziger  Jahre  nach  Nürnberg  ttber, 
um  bei  seinem  Schwager  Frankenburger  als  Konzipient  einzutreten. 
Dort  nahm  er  bald  thäti^^en  Anteil  an  allen  öflfentUchen  Angelegen- 
heiten, that  sicli  dutvli  ^rundliches  Wissen  und  rednerische 
Begabung  hervor  und  trat  mit  an  die  Spitze  der  liewegung  fUr 
Freigabe  der  Advokatur.  Im  Oktober  1873  erfolgte  seine 
Ernennung  zum  kgl.  Advokaten  in  Nürnberg;  bald  darauf  ver- 
ehelichte er  sich  mit  einer  Tochter  des  Hofrats  Dr.  Rosenthal 
In  Wttrzburg.  Trotz  der  rasch  wachsenden  Praxis,  die  nicht 
geringe  Anforderungen  an  seine  Arbeitskraft  stellte,  blieb  er 
seiner  Neigung  zu  wissenschaftlichem  Studium  und  schrift- 
stellerischem Schaffen  treu.  Eine  Reihe  von  Kommentaren,  die 
er  verfafst  hat,  sind  in  der  Juristenwelt  hocligescii  n/t.  Im  Jahre 
1879  erschien  der  Kommentar  /um  bayerischen  Zvvangsenteig- 
nungsgesetz,  im  Jahre  1882  der  zur  Wechselordnung.  Die  grofste 
Anerkennung  und  Verbreitung  hat  sein  Kommentar  zum  Anfech- 
tungsgesetze gefunden,  von  dem  er  selbst  vier  Auflagen  erlebte. 
Weich  hohes  Ansehen  er  unter  seinen  Kollegen  im  ganzen  Reiche 
genofs,  zeigt  der  Umstand,  dafs  er  vom  deutschen  Anwaltsverem 
in  den  Ausschufs  fttr  Begutachtung  des  Entwurfs  eines  bttrger- 
'liehen  Gesetzbuches  gewählt  und  mit  der  Begutachtung  ver- 
schiedener Materien  des  Entwurfes  betraut  wurde.  Er  recht- 
fertigte aurli  liier  da.s  in  ihn  gesetzte  Vertrauen  und  verdiente 
sich  durc  Ii  seine  scharfsinnigen  Abhandlungen  den  Dank  des 
Anwaitsstaudes. 

Regen  Anteil  nahm  er  von  jeher  auch  am  politischen 
Leben;  er  gehörte  der  deutschfreisinnigen  Partei  an  und  war 

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—    213  — 

Mitglied  ihres  Landesausschusses  in  Bayern.  So  entfaltete  er 
eine  vielseitige,  rastlose  Thätigkeit,  bis  ihn  ein  schweres  Nieren- 
leiden auf  das  Siechbett  warf.  Am  5.  Februar  1891  erlag  er 
demselben  nach  eben  erst  vollendetem  51.  Lebensjahr. 

Die  Feder  ist  der  fleifsigen  Hand  entfallen,  der  Mund 
verstummt,  dem  wir  so  gerne  zugehört.  Der  Verein  hat  einen 
treuen  Freund,  einen  gewissenhaften  Forscher,  emen  allzeit 
dienstbereiten  Mitarbeiter  an  ihm  verloren.  £r  wird  ihm  ein 
dankbares  Andenken  bewahren.  — ss. 


Das  Missale  des  Propstes  Dr.  Anton  Krefs. 

Im  Besitze  der  Nürnberger  Patrizierfamihc  Krefs  von 
Kressenstein  befindet  sich  ein  Missale,  welches  ein  Glied  des 
genannten  Geschlechts,  der  bekannte  Propst  Dr.  Anton  Krefs, 
im  Jahre  1513  der  St.  Lorenzkirche,  der  er  vorstand,  geschenkt 
hat  und  welches  auf  Bitte  des  Geschlechts  infolge  einer  Anord- 
nung des  engeren  Rats  im  Jahre  1617  oder  um  diese  Zeit  an 
dasselbe  zurückgegeben  wurde.  Das  Mefsbuch  ist  ein  wahres 
Meisterwerk  der  damals  in  Nürnberg  in  so  hoher  Blttte  stehenden 
Kleinmalerei  und  deshalb  wohl  einer  näheren  Besprechung  wert. 

Es  besteht  aus  einem  starken  Folioband  von  38  cm  Höhe 
und  2fS  cm  Breite,  ist  in  roten  Sammt  gebunden  und  mit  ver- 
goldeten Kcken,  Bukein  und  Schliefsen  beschlnwcn.  Die  Vorder- 
seite des  Deckels  ist  überdies  verziert  mit  fünf  vergoldeten 
Medaillons  in  erhabener  Arbeit,  von  welchen  das  mittlere  das 
Lamm  Gottes,  die  vier  anderen  die  Embleme  der  vier  Evange- 
listen darstellen,  in  der  Mitte  der  Rückseite  ist  das  Kressische 
Wappenschild  und  auf  dem  Spruchband  darüber  die  Jahressahl 
1513  angebracht.  Der  Künstler,  von  dem  der  prachtvolle  Ein- 
band des  Buches  herrührt,  ist  nicht  bekannt.  Es  findet  sich  in 
dem  Testamente  des  Propstes  vom  28.  August  1513  nur  die 
Bestimmung:: 

»item  ich  will  auch,  das  mein  pergamenes  mefspuch,  das 
(ich)  hab  schreiben  lassen,  soll  bei  sant  Laurentzenkircben 
pleiben,  dazu  schick  ich  filnfzik  gülden,  das  man  es  damit 
beschlachen  lassen  soll.c 


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—    214  — 


Die  Testamentsvollstrecker,  zu  welchen  der  Propst  Herrn 
Hieronymus  Ebner  und  Herrn  Hans  Imhof,  seine  besonders 
guten  Freunde,  und  Herrn  Christoph  Krefs,  seinen  Bruder, 
bestimmt  hatte,  haben  die  letztwillige  Verfügung  gewissenhaft 
und  in  würdiger  Weise  vollzogen. 

Der  Inhalt  des  Buches  besteht  aus  47  nicht  foUierten  und 
193  folüerten  Pergamentblättern,  von  welchen  202  beschrieben 
sind.  Der  wunderbar  schön  und  gleichmäfsig  geschriebene  Text 
ist  wohl  von  demselben  Vikar  Friedrich  Rosendom  geschrieben, 
welcher  ein  anderes,  weniger  prachtvolles,  in  den  Jahren  1507 
bis  1510  entstandenes  und  noch  heute  in  der  Lorenzkirche 
befindliches  Mefsbuch  in  zwei  Teilen  im  Auftrag  des  Propstes 
Dr.  Anton  Krefs  geschrieben  hat.  Auch  unser  Missale  zerfällt 
in  zwei  Teile,  zwischen  denen  der  trelTliche  Künstler,  welcher 
es  mit  in  der  That  prachtvollen  Titelbildern  und  Initialen  aus- 
geschmückt hat,  seinen  Namen  eingezelclmet  hat.    Es  heifst  dort: 

Jacobus  Eisner,  civis  Nurenbergensis,  hunc  librum 

iiluminavit  anno  domini  1513. 

Zwei  Vollbilder  und  drei  Initialen  zieren  den  ersten  Teil, 
zwei  Voin)ilder,  fünf  Initialen  und  eine  Schlufsvignette  den  zweiten. 

Das  erste  Vollbild  auf  der  Innenseite  fh^s  ersten  Pergament- 
blatts stellt  die  Dreieinigkeit  dar  Gott  Vater,  Gott  Sohn  und 
Gott  heiliger  Geist  in  Gestalt  von  drei  einander  vollständig 
gleichenden  gekrönten  Herrschern  im  Purpurmantel,  die  Welt- 
kugel  in  der  Linken,  die  Rechte  zum  Schwur  erhoben,  sitzen 
unter  dem  Thronhimmel,  indessen  Engel  anbetend  vor  ihnen 
knieen  und  Engelköpfe  in  den  Wolken  schweben.  Ein  breiter 
Goldrand,  verziert  mit  gotischen  Blattornamenten,  umgibt  das 
Bild;  zwischen  die  Blattornaniente  sind  leicht  und  zierlich  ein- 
zelne Blumen  und  Vögel  eingestreut,  am  unteren  Rande  des 
Bildes  zieht  ein  Fuchs  in  einem  Schlitten  zwei  Häslein  über 
eine  grüne  Wiese.  Das  Bild  ist  von  merkwürdiger  Farbenpracht; 
spurlos  sind  die  fast  vierhundert  Jahre  an  ihm  vorübergegangen, 
seit  denen  es  existiert.  Ganz  wundervoll  ist  namentlich  das 
Gold  behandelt. 

Gegenüber  diesem  Bilde  auf  dem  zweiten  Blatte  hat  der 
Künstier  den  Stifter  des  Buches  abgebildet.  In  einer  Kapelle, 
deren  Fenster  den  Ausblick  auf  eine  reizend  gemalte  Landschaft 

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— '    215  — 


gestattet,  kniet  der  Propst  am  Altar,  angcthan  mit  dem  für  seinen 
Stand  charakteristischen  Zobelpelz  und  der  roten  Kappe,  das 
auf  einem  grünen  Kissen  ruhende  Mefsbuch  in  der  Hand. 
Hinter  ihm  steht  der  heilige  Laurentius  mit  dem  Koste.  Auch 
dieses  Bild  ist  mit  einem  breiten  Goldrand,  Yon  dem  sich  gotische 
Blattomamente  wirksam  abheben,  umrahmt.  Zur  linken  Seite 
ist  ein  Täfelchen  angebracht,  welches  in  goldenen  Lettern  auf 
blauem  Grund  den  Spruch  trägt:  Delicta  juventutis  mee  et  ig> 
norantias  meas  ne  memineris  Domine.  Am  unteren  Rande 
halten  zwei  (Greifen  einen  Lorbeerkranz,  der  das  Krefsische 
Wappen  umschliefst.  Auch  dieses  Bild  ist  von  einem  Farben- 
schmelz und  einer  Zartheit,  die  geradezu  überraschen. 

Das  nächste  Blatt  enthält  den  Titel,  der  folgendermafsen 
lautet:  Anno  salutis  Christiane  quingentesimo  dedmo  terdo  supra 
millesimum  Antonius  Krefs,  juris  utriusque  doctor,  ecdesie  sancti 
Laurentii  Nurenberge  prepositus,  hunc  librum  pro  decore  cultus 
diuini  et  ad  laudem  dei,  beatissime  virginis  BCarie  atque  beati 
Laurentii,  martyris,  prefate  ecclesie  contuUt. 

Drei  prächtige  Initialen  auf  pag.  YII  v,,  XIX  v.  und  XLll., 
ein  I),  ein  E  und  ein  B,  von  denen  das  erstere  die  Geburt 
darstellt,  bilden  den  weiteren  Schmuck  dieses  Teiles.  Auch  an 
ihnen  bewundern  wir  nicht  nur  den  sichern  Strich  des  Künstlers, 
die  Reinheit,  das  Ebenmafs  und  den  Schwung  der  Linien,  sondern 
auch  die  kunstvolle  Behandlung  der  Farben,  ihre  Frische  und 
ihren  Schmelz. 

Christus  am  Kreuze  mit  Maria  und  Johannes  stellt  das 
Titelbild  des  zweiten  Teiles  dar.  Engelgestalten  mit  den  Sym- 
bolen der  Leiden  Christi  umschweben  auf  breitem  Goldrande 
das  Bild.  Prächtig  ist  auch  hier  nicht  nur  die  Zeichnung, 
sondern  auch  die  Behandlung  der  Farben.  Nur  die  Fleischfarbe 
hat  bei  einzelnen  der  Figuren  gelitten,  unversehrt  sind  dagegen 
die  farbenprächtigen  Gewänder  geblieben,  zumal  das  blaue 
Gewand  der  Maria  und  das  rote  des  Johannes.  Überall  verrät 
sich  die  aufserordentliche  Geschicklichkeit  des  Künstlers  in  der 
Behandlung  des  Goldes.  Die  Landschaft,  welche  den  Hintergrund 
der  Kreuzigunj^sgruppe  bildet,  ist  steifer  als  diejenige  auf  dem 
zweiten  Bilde,  gleichwohl  aber  von  grofsem  Reize  und  merk- 
würdiget  Zartheit. 


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—  216 


Das  gegenüber  befindliche  Ülatt,  das  von  reizend  gemal- 
ten, einzeln  zerstreuten  Blumen  aller  Art  auf  Goldgrund  umrahmt 
ist,  enthält  als  Hintergrund  der  initiale  T  die  Scene.  wie  Abraham 
im  Begriffe  ist,  seinen  Sohn  Isaak  zu  opfern  und  der  Engel  das 
Schwert  erfafst.  Am  unteren  Rande  halten  zwei  KindergesuUen 
mit  Schmetterlingsflttgehi  und  Larvenschwänzen  das  Krefsische 
Wappen,  darüber  trägt  ein  Täfelchen  auf  blauem  Grund  in  gol- 
denen Lettern  die  Inschrift:  Antonius  Kres,  juris  utriusque  doctor» 
anno  salutls  1513. 

Von  den  Initialen,  welche  dieser  Teil  enthält,  S  auf 
pag.  C,  C  auf  pag,  CXV,  T  auf  pag.  CXXII,  C  auf  pag.  CXXIX 
und  G  auf  pag.  CXXXI,  sei  noch  besonders  das  erstgenannte  S 
hervorgehoben. 

Wenn  Johann  Neudörfer  in  seinen  Nachrichten  von  Künst- 
lern und  WerUeuten  Aber  den  Illuministen  Jakob  Eisner  be- 
richtet, dafs  zu  seiner  Zeit  keiner  hier  war,  der  das  gemalte 
Gold  so  rein  machet,  wie  er,  so  wird  man  ihm  nach  Betrach- 
tung des  Mefsbuches  diese  Versicherung  gerne  glauben.  Wir 
wissen  über  Jakob  Elsner  leider  sonst  nur  wenig.  Der  eben 
angeführte  Gewährsmann  erzählt  uns,  dafs  er  ein  bei  den  ehrbaren 
Bürgern  sehr  gern  gesehener  Mann  gewesen  sei,  der  auch  des 
Lautensch lagcns  kundig  und  deshalb  mit  den  grofsen  Künstlern 
im  Orgelspiel  Sebastian  Imhof,  Wilhelm  Haller  und  Lorenz 
Staiber  sehr  befreundet  gewesen  sei.  Sie  seien  mit  anderen 
guten  Gesellen  täglich  um  und  bei  ihm  gewesen  und  er  habe 
sie  conterfeit  und  ihnen  schöne  Bftcher  flluminiert  und  ihnen 
die  von  Kaisem  und  Königen  verliehenen  Wappen  und  Kleinodien 
in  ihre  Wappenbriefe  gemacht.  Elsner  starb  nach  Lochner  im 
Jahre  1546. 

In  dem  biographischen  Denkmal,  welches  Dr.  Christoph 
Scheurl  dem  Propst  Dr.  Anton  Krefs  gesetzt  hat,  wird  des 
Mefsbuches  Erwähnung  gethan.  Es  heifst  dort:  Domach  schenket 
er  sant  Lorenzen  ein  mefsbuch,  darinnen  sein  patrone  ihn,  ab- 
contrafeet,  mit  diesen  Worten:  »Herr  wollest  nit  eingedenk  sein 
der  sünd  meiner  jugentc  der  heiligen  unteilbaren  dreifaltigkeit 
antworten,  welches  buch  er  mit  sorgrältigen  vleis  und  kostlikeit 
im  wert  villeicht  hundert  gülden  zubereiten  liefs.c 

lier  Stüter  des  Buches  selbst  war  ein  trefflicher,  bei  seinen 

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—   217  — 


Zeitgenossen  hochangesefaener  Mann.  Wir  können  uns  von  ihm 
und  seinen  Lebensschicksalen  eine  genaue  Vorstellung  machen, 
weil  nicht  nur  Christoph  Scheurl  in  seiner  >vita  Reuerendi  Patris  Dni 
Anthonii  KrefTen,  J.  tJ.  D.  et  praepositi  Sancti  Lawentii  Nurem- 

bergensis*  austuiirlich  darüber  berichtet  hat,  sondern  aucli  man- 
cherlei den  Propst  betreffende  Briefe,  Aufzeichnungen,  Inventare 
und  Urkunden  auf  uns  gekommen  sind.  Es  verlohnte  sich, 
daraus  ein  vollständiges  Lebensbild  zusammenzustellen,  schon 
um  deswillen,  weil  wir  dadurch  auch  Uber  die  kirchliche  Ver- 
fassung und  das  hochwichtige  Institut  der  Propsteien  in  der 
alten  Reichsstadt  Ausführliches  und  Zuverlässiges  erfahren  wttrden. 
Es  ist  bekannt,  dafs  die  zwei  Pröpste  zu  Nürnberg  fast  bischöf- 
liche Ehren  genossen. 

Anton  Rrels  war  am  3.  Februar  1478  gebor*.n  als  Sohn 
eines  gleichnamigen  Vaters,  der  als  alter  Genannter  dem  Rate 
seiner  Vaterstadt  angehörte,  und  der  Frau  Katharina,  einer 
geborenen  Lölfelholzin.  £r  besuchte  die  Lateinschule  und  sein 
Fleifs  und  seine  Gelehrsamkeit  trugen  ihm  schon  damals  den 
Spitznamen  iPQlffleincein.  Später  bezog  er  mit  Hieronymus  Ebner, 
dem  nachmaligen  Losunger,  die  Universität  Ingolstadt,  wo  da- 
mals zwei  Nttmbeiger  Dr.  Sixt  Tücher,  der  spätere  Propst  und 
Vorgänger  Antons  bei  St.  Lorenz,  und  Dr.  Gabriel  Paumgärt- 
ner  dozierten.  Bald  aber  zog  es  den  strebsamen  Jüngling  nach 
Italien  an  die  berühmten  Hochschulen,  wo  die  humanistischen 
Studien  im  vollen  Flore  standen.  Wir  finden  ihn  1408  in  Pavia 
als  lieifsigen  Zuhörer  des  berühmten  Rechtslehrers  Jason  Maynus. 
Der  Ausbruch  der  Pest  und  die  Kämpfe  Herzog  Ludwigs  Moro 
von  Mailand  mit  Ludwig  XII.  von  Frankreich  vertrieben  ihn 
von  dort  und  er  bezog  die  Universität  Padua,  von  wo  er  jedoch 
später  wieder  nach  Pavia  zurückkehrte.  Zahlreiche  hochinteres- 
sante Briefe  aus  jener  Zeit,  von  denen  ich  einen  kleinen  Teil 
vor  Jahren  im  Anzeiger  für  Kunde  deutscher  Vorzeit  und  in 
den  Mitteilungen  des  Vereins  für  Geschichte  der  Stadt  Nürn- 
berg veröffentlicht  habe,  sind  vorhanden.  Auch  die  Kollegien- 
hefte, die  Anton  Krefs  damals  nachschrieb,  kann  ich  noch 
vorlegen.  Während  er  noch  in  Italien  dem  Studium  der  Rechte 
oblag,  wurde  er  in  seiner  Heimat  auf  Betreiben  seines  Freundes 
Hieronymus  Ebner  zwi  Propste  der  St.  Lorenzkirche  gewählt. 


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~    218  — 


Kaum  25jährig  entsrhlofs  sich  Antun  Krefs  nur  ungern  zur 
Annahme  des  zwar  hohen,  aber  verantwortungsvollen  Amtes.  Er 
machte  in  Siena  den  Doktor,  verschaffte  sich  in  Rom  die  kirch- 
lichen Weihen  und  Übernahm  am  11.  April  1504  die  Propstei. 
Nur  neun  Jahre  sollte  er  derselben  vorstehen.  Erst  35 '/s  Jahre 
altp  starb  er  am  7.  September  1513. 

Christoph  Scheurl  schildert  ihn  als  kleinen,  mageren  und 
unscheinbaren  Mann  mit  weifser  Haut,  frühzeitiger  Glatze  und 
blauen,  lebhaften  Augen.  Wir  dürfen  wohl  annehmen,  thifs 
das  Bild  von  ilim  im  Missale  auch  portraitähnlich  ist.  In  gleicher 
Weise  ist  er  auf  dem  Epitaphium  von  Peter  Vischers  kunstge- 
übter Hand  dargestellt,  das  in  der  Lorenzkirche  seinem  Ge- 
dächtnisse geweiht  ist.  Seinen  scharfen  Verstand  und  seine 
Gelehrsamkeit,  seine  Demut  und  Frömmigkeit,  seine  milde,  wohl- 
wollende Art,  seme  Sittenstrenge  und  seinen  unsträflichen  Wandel 
schildert  Christoph  Scheurl  in  wannen  Worten.  Uro  Kirche  und 
Schule  zu  St.  Lorenz  hat  er  sich  grofse  Verdienste  erworben, 
wie  ihm  das  insbesondere  auch  der  Rektor  bei  St.  Lorenz  Johannes 
Cocliläus  m  seinen  Schriften  bezeugt  hat.  Scheurl  riihmt  ihm 
auch  besonderes  Wohlgefallen  an  Kunst  und  Künstlern  nach, 
woraus  sich  denn  auch  erklärt,  dafs  er  das  MeCsbuch  so  künst- 
lerisch hat  ausstatten  lassen. 

Als  das  Buch  an  die  Familie  zurückgegeben  wurde,  dich- 
tete der  Diakon  bei  St.  Sebald  M.  Christoph  Reich  folgendes 
Distichon  ad  nobilifsimos  Dn.  Krefs: 

Quem  vobis  peperit  pietas  et  Kressia  virtus 
Servate  incolumes  perpctuiquc  iibrum. 

Frhr.  v.  Krefs. 


Des  Meisters  Veit  Stöfs  Urkundenfälschung. 

Über  die  bekannte  Thatsache,  dafs  der  grofse  Nürnberger 
Künstler  Veit  Stöfs  sich  durch  eine  Urkundenfälschung  die 
Strafe  der  Brandmarkung  zuzog,  enthält  Dr.  Christoph  Scheurls 
Scheurlbuch  im  69.  Titel  Folgendes,  was  zur  weiteren  Auf- 
klärung jenes  Vorfalls  dienlich  sein  durfte : 


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—    219  — 

Maister  Veit  Stöfs,  pildenhauer,  hat  bei  /acoben  Ponern, 
seinem  mitbur^^er,  1265  gülden  Ugen.  Dem  waren  Hanns 
Sterzetl,  Otli  Rueswurm  und  gesellschaffter  schuldig,  wel- 
cher sa(  licn  ubel  stund.  Das  west  er  in  geheim,  darumb 
er  Kosen  sein  geld  aufsaget  und  im,  als  er  nit  west  wo- 
hin mit,  vertreuhVh  riet,  das  Startsetln  und  Rueswurm  zu- 
zustellen. Dadurch  ward  er  seiner  schuld  besalt.  Nach 
dem  si  aber  entmnnen  und  sich  Stöfs  betrogen  befand, 
zurichtet  er  ainen  neuen  Schuldbrief,  contrafettet  Poners 
handschrift  so  naturlich  und  kunstlich,  dann  er  vast  ein 
sinnreich  man  was,  das  Poner  selbst  daran  zweifeln  must 
und  dcro  scluverlich  vernainen  könnt. 

Nun  lict  aber  Stois  diser  schweren  Sachen  halben 
Scheurln  ^)  auch  mit  bürgerlichem  rechten  furgefast  und 
15  zeugen  wider  in  gestellt,  warauf  kan  ich  nit  wissen, 
dann  das  si  all  seinem  furbringen  widerwertigs  und  etUch 
aus  seinem  mund  sagten,  er  het  einen  brief  von  ainem 
numj  zuvegen  bracht,  dem  must  er,  so  er  di  sach  ge» 
wunne,  ein  grofse  summa  gelts  [geben?],  darttber  er  doch 
die  zeugen  von  neuem  zu  hören  und  Scheurh)  seine  bucher 
in  gericht  zu  Inngcn,  aufzulegen  begcrt.  Weichs  Scheurl 
den  eitern  Herrn  iedem  in  sonders  mundlich  und  inge- 
main  schriftlich  und  so  vill  weiter  an/.aiget,  das  ainer 
unter  inen  ein  ttbelteter  sein  must,  des  er  sich  aber  rain 
wust.  Darumb  wolten  si  den  suchen  und  strafen,  dorften 
si  sein  nach  Ordnung  der  recht  nit  verschonen,  mit  ange- 
heffter  bit,  si  geruthen  dergestalt  zu  handien,  damit  di 
warhait  an  tag  bracht  und  das  (Ibel  gestraft  wurd,  oder 
zum  wenigsten  si  baid  mit  hohen  gelübden  zu  bestricken 
und  burgschaft  zu  ncraen ,  leib  und  gut  nit  zu  verrücken 
bis  zu  entlichem  austrag  des  handels. 

In  solchem  ward  Poner  von  Stosen  forderung  mit  gericht- 
licher erkanntnis  gelediget,  davon  er  appelliret  und  doch 
di  appellation  durch  ein  vertrag  falln  liefs  und  im  ain 
bekanntnus  gab,  das  er  sich  geirrt  het  und  er  im  nichts 
schuldig  wer.    Gieng  in  der  frauen  bruder  closter  zum 


*)  I>r.  Christoph  Scheurls  Vater. 


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—    220  — 


prior,  seinem   sun»  doctor  Eudresen  Stosen,  jetzo  pro- 
vintialn,  begeret  an  einem  rat  gelaitp    damit  er  sich 
selbst  noch  mer  verdechtig  machet.  Dann  als  im  das  ver- 
sagt,  und  er   unbenottet  wider  heraus  ging,   ward  er  am 
tag   Barbare    den    4.   Decembris   anno    1503    durch  di 
parken    und  stirn    gebrannt.     Dadurch    sich  die  rechtfer- 
tigung  gegen  Scheurln  selbst  entschid  und  urtailet. 
über  ein  Nachspiel,   das   diese  Sache   in  dem  Prozes55e 
hatte»  welchem  Christoph  Scheurl  I  wegen  Beleidigung  des  Rats 
unterzogen  wurde     schreibt  Dr.  Christoph  Scheurl  im  Scheurl- 
buch  p.  104  Folgendes: 

als  meine  herm  damit  nichts  ausrichten  konnten,  Stetten 
si  im  fragstuck ,  als  ob  er  Veiten  Stofsen  zu  seinem 
falsch  behulflich  gewesen  wer,  villeicht  aus  Ursachen,  das 
er  sein  und  Jacobn  Ponern  rcchtvertigung  auf  ir  beider- 
seits bitUch  ersuchen,  aber  unbewust  des  falschs,  gutlich 
▼ertragen,  so  doch  Stöfs  lauter  bekennt  und  beharrt, 
das  er  ainich  und  on  meniglichs  rat  und  zuthun  den 
falschen  brief  und  zum  zehenden  mal  mit  aigner  hand 
geschriben,  ee  er  di  schrift  Poners  handschrift  vergleicht 
hett.  Diser  peinlichen  frag  vermainet  mein  vater  zu  ent- 
pfliehen ,  darumb  das  er  ainem  rat  zugefügter  schmach 
und  nit  derhaibcn  gelangen  wer,  und  aljer  di  kaiserlichen 
recht  verordneten,  nimand  peinlichen  anzuziehen  umb 
Sachen,  darumb  er  nit  cinkommeu  were,  wurd  doch  glei- 
cher weis  unschuldig  befinden. 

Dr.  A«  Prhr.  v.  Scheurl. 


Otto  Freiherr  Stromer  von  Reichenbach  f. 

Am  Morgen  des  11.  September  1891  durchflog  die  Stadt 
Nürnberg  die  schmerzltche  Kunde ,  dafs  Freiherr  von  Stromer, 

ihr  erster  Burgermeister,  aus  dein  lieben  geschieden  sei.  Wie 
ein  Hlitz  aus  heiterem  Himmel  traf  diese  Nachricht  die  gesamte 
Bürgerschafti  ja  seine  nächsten  Freunde.    Ueno  nur  einzelne 


Vgl.  4iew  MitteUnageD  5.  Heft  (1884)  &  13  ff. 

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—    221  — 


hatten  geahnt,  dafs  die  seit  einiger  Zeit  bei  dem  Verstorbenen 
aufgetretenen  Erscheinungen  körperlichen  Unbehagens-  die  An- 
zeichen eines  ernsten ,  tückischen  Leidens  seien,  das  einmal 
rasch  zum  Ende  führen  konnte.  Nun  iiatte  ein  Herzschlag 
plötzlich  und  unerwartet  dem  unermüdlichen  Wirken  und  Schallen 
des  Mannes  ein  Ziel  gesetzt,  der  nahezu  ein  Vierteijahrhundert 
lang  an  der  Spitze  der  Verwaltung  seiner  Vaterstadt  gestanden 
war  und  dessen  Name  mit  der  Geschichte  ihrer  Entwicklung 
und  ihres  grofsartigen  Aufschwungs  in  diesem  Zeitraum  unauf- 
löslich verknüpft  ist.  Weder  ein  Kurgebrauch  in  Karlsbad  im 
vorausgegangenen  Monate,  noch  eine  Nachkur  in  dem  dem 
Verstorbenen  besonders  teueren  Familiensitze  zu  Grünsberg 
bei  Altdorf  hatten  das  Fortschreiten  der  Arterienverkalkung  zu 
hemmen  vermocht,  gegen  welches  ungeahnt  die  Lebenskraft 
und  Energie  v.  Stromers  seit  geraumer  Zeit  vergeblich  an> 
gekämpft  hatte.  So  sank  er,  eben  erst  sechzig  Jahre  alt  gewor- 
den, in  das  Grab,  viel  zu  frtthe  fttr  diejenigen  nicht  nur,  die 
ihm  im  Leben  nahe  gestanden  waren,  sondern  vor  allem  fttr 
seine  Vaterstadt,  um  welche  er  sich  grofse  und  unvergefsliche 
Verdienste  erworben  hat. 

Dieser  Verdienste  in  unserer  Zeitschrift  zu  gedenken,  ge- 
bietet, abgesehen  v  on  seiner  Bedeutung  für  die  neueste  Geschichte 
der  Stadt,  die  Dankbarkeit.  Denn  wie  er  mit  ^/nn/cv  Seele  an 
seiner  Vaterstadt  hing  und  allem,  was  ihr  zur  Ehre  und  zum 
Nutzen  gereichte,  seine  vollen  Sympathien  entgegenbrachte,  so 
war  er  auch  dem  Vereine  für  Geschichte  der  Stadt  Nürnberg 
ein  teilnehmender,  stets  wohlwollender  Gönner.  Mit  herzlicher 
Freude  begrOfste  er  seine  Gründung,  bereitwillig  ttbemahm  er 
trotz  der  Mühen  und  Lasten  semes  Amtes  die  Funktion  eines 
Attsschufsmttgliedes  und  Jahre  lang  nahm  er  regen  Anteil  an 
den  Veiliaiiülungen  des  Vereins.  Namentlich  auch  im  Rate  der 
Stadt  trat  er  mit  der  ihm  eigenen  Energie  und  Lebhaftigkeit 
für  unsere  Bestrebungen  ein.  Verbot  ihm  auch  die  Inanspruch- 
nahme seiner  ganzen  Kraft  für  den  Dienst  der  Stadt  die  per- 
sönliche Beteiligung  an  den  wbsenschaftlichen  Arbeiten  des 
Vereins,  so  verfolgte  er  sie  doch  mit  lebhaftem  Interesse,  jeder 
Zeit  anregend  und  ermunternd  und  die  wärmste  Vorliebe  fttr 
die  Geschichte  der  Stadt  bekundend.   Darum  dürfen  wir,  ob- 


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222  — 


Schoo  wir  heute  noch  nicht  imstande  sind,  das  reiche  Lebens- 
werk des  vortrefflichen  Mannes  erschöpfend  darsustellen,  nicht 
unterlassen,  in  diesen  Blättern  seiner  zu  gedenken  und  in  Um- 
rissen wenigstens  sein  Lebensbild  zu  zeichnen. 

Otto  von  Stromer  entstammte  einem  jener  ältesten  der 
vormals  ratsfähigen  Nürnbergischen  Geschlechter ,  von  welchen 
heute  nur  noch  acht  blühen.  Zahlreiche  Gheder  des  Geschlechts 
haben  ihre  Dienste  in  den  fünfhundert  Jahren,  während  welcher 
die  Stromer  im  Rate  safsen,  der  Reichsstadt  gewidmet;  mancher 
tüchtige  Bürgermeister  war  unter  ihnen.  Hier  sei  vor  anderen 
Ulman  L  Stromer  genannt,  gestorben  1407,  der  Verfasser  des 
fllr  die  Nürnberger  Geschichte  hochwichtigen  »Püchel  von  mei- 
nem gesiecht  vnd  von  abentewer«,  dem  wir  die  ersten  chroni- 
kalischen Aufzeichnungen  über  die  Geschichte  Nürnbergs  ver- 
danken und  der  den  Eintritt  Nürnbergs  in  den  Schwäbisclieu 
Bund  veriiiittelte.  Der  Verstorbene  hielt  namentlich  seinen 
Ahnen  Wolf  Jakob  Stromer  hoch,  den  im  Jahre  1614  verstor- 
benen Baumeister,  unter  dessen  Leitung  verschiedene,  der  Stadt 
zum  Schmuck  und  zur  Zierde  gereichende  öffentliche  Bauten 
errichtet  wurden.  Der  Senator  Karl  Christoph  Stromer  er- 
heiratete 1730  durch  seine  Gemahlin  Katharina  Eleonora,  ge- 
borene Reichsfreiin  Haller  von  Hallerstein,  die  Güter  Holen- 
stein und  Grünsberg.  In  dem  in  anmutiger  Gegend  an  der 
Schwarzach  nahe  dem  Stadtchen  Altdorf,  der  vormaligen  Nürn- 
bergischen Universität,  gelegenen  Grünsberg,  einst  dem  mäch- 
tigen Rittergeschiechte  derer  von  Rindsmaul  zugehörig ,  lebten 
die  Eltern  Otto  von  Stromers ,  der  k.  Hauptmann  a.  D, 
Friedrich  Freiherr  Stromer  v.  Reichenbach  und  seine  Gattin, 
Karoline,  geborene  MöUenthiel,  in  stiller  Zurückgezogenheit,  bis 
sie  um  der  Erziehung  ihrer  Kinder  willen  nach  Nürnberg  Über- 
siedelten; in  Grünsberg  war  auch  Otto  von  Stromer  am 
7.  August  1831  geboren  worden;  dort  hatte  er  eine  glückliche 
Jugendzeit  verlebt,  deren  Eindrücke  in  dem  gereiuen  Manne 
nachwirkten  und  die  Anhänglichkeit,  die  er  bis  an  sein  Lebens- 
ende dem  Landsitze  bewahrte,  sowie  seine  Vorliebe  für  das 
Landleben  und  die  Landwirtschaft  erklären.  Nachdem  er  das 
Gymnasium  in  Nürnberg  absolviert  und  sich  an  den  Universi- 
täten München   und  Berlin  dem  Studium  der  Jurisprudenz 


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223  — 


gewidmet  hatte,  trat  er  bei  dem  kgl.  Landgerichte  Altdorf  in 
die  Vorbereitungspraxis,  die  er  am  kgl.  Kreis-  und  Stadtgerichte 
Nürnberg  fortsetzte  und  vollendete.  Im  Jahre  1855  unterzog 
er  sich  dem  Staatsexamen,  fand  dann  als  Accessist  am  kgl.  Appel- 
lationsge richte  in  Bamberg  Verwendung  und  erhielt  die  erste 
Anstellung  am  25.  August  1862  als  Assessor  am  kgl.  Stadt' 
gerichtc  Nürnberg.  Seine  Tüchtigkeit  im  Richteramtc,  seine 
Leutsehgkeit  im  Verkehr  mit  dem  Publikum,  sein  Freimut  und 
seine  durch  und  durch  liberalen  Anschauungen  erwarben  ihm 
in  hohem  MaCse  die  Sympathien  seiner  Mitbürger.  Als  daher 
der  damalige  erste  Bürgermeister  der  Stadt,  Herr  von  Wächter, 
seinem  Ansuchen  gemäfs  zum  Regierungsdirektor  ernannt  wurde, 
ward  der  erst  sechsundreifsigjährige  Stadtgerichtsassessor  zu 
seinem  Nachfolger  auserkoren.  Am  19.  Juli  1867  wurde  er 
vom  Kollegium  der  GemeindebevoUmächtigten  zum  ersten 
Bürgermeister  erwählt,  am  l'J.  September  desselben  Jahres  in 
sein  verantwortungsvolles  Amt  eingesetzt.  Durch  viernndzwanzig 
Jahre  stand  er  an  der  Spitze  der  Stadtverwaltung,  und  wenn 
heute  unsere  Stadt  trotz  ihres  enormen  Wachstums  in  diesem 
Vierteljahrhundert  nach  jeder  Richtung  hin  in  Ansehung  ihrer 
Einrichtungen  und  ihrer  Verwaltung  vollkommen  auf  der  Höhe 
der  Zeit  steht,  ja  manche  ihrer  Schwesterstädte  überflügelt  hat 
und  zu  den  bestverwalteten  gezählt  wird,  so  ist  das  in  der 
Hauptsache  unstreitig  sein  Verdienst.  Der  neue  Bürgermeister 
von  Nürnberg  war  ein  Mann  der  That,  mit  durchdringendem 
Verstand,  durchaus  praktischer  Kichtiiiig  und  ungewöhnlicher 
Energie.  Rasch  fand  er  sich  in  die  neuübernommene,  wahrlich 
nicht  leichte  Aufgabe;  mit  rastlosem  Eifer  orientierte  er  sich  in 
allen  Zweigen  der  Stadtverwaltung  und  dieser  rastlose  £ifer 
erlahmte  nicht»  so  lange  er  an  ihrer  Spitze  stand.  Er  war  ein 
selbständiger  und  unabhängiger  Charakter,  der  seine  eigenen 
Wege  zu  gehen  gewohnt  war,  und  sich  am  liebsten  auf  die 
eigene  Beobachtung  und  das  selbstgebildete  Urteil  verliefs.  Er 
prüfte  aufs  gewissenhafteste  ;  was  er  aber  einmal  für  recht  und 
gut  erkannt  hatte,  an  dem  hielt  er  fest  mit  einer  oft  staunens- 
werten Zähigkeit.  Ein  durch  unermüdlichen  Fleifs  erworbenes 
reiches  Wissen,  verbunden  mit  einem  eminenten  Gedächtnisse, 
verlieh  ihm  eine  Sicherheit,  gegen  die  schwer  aufzukommen 


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—    224  — 


war.  Dabei  verstand  er  es  vor/.uglich,  seine  Anschauungen  zu 
vertreten;  er  war  ein  schlagfertiger  Redner,  sprach  mit  Nachdruck 
und  Wärme,  oft  frappierend  durch  originelle  Wendungen  und 
Ausdrücke»  immer  mit  grofser  Offenherzigkeit  und  Unerschrocken- 
heit,  und  seine  Reden  verfehlten  selten  ihre  Wirkung. 

Sein  regsamer,  lebhaiter  Geist  kümmerte  sich  um  alles, 
was  um  ihn  her  in  der  Welt  vorging.  Auch  das  Geringfügigste, 
das  er  als  nützlich  und  zweckmäfsig  erkannte,  erschien 
ihm  wichtig  genug,  um  ziiui  Vorteil  der  Stadt  verwertet  zu 
werden.  Zahllos  sind  die  Anregungen,  die  seiner  Initiative  ent- 
sprungen sind ,  und  so  oft  er  auch  auf  liet'tigen  Wider- 
stand stiefs,  in  der  Regel  ergab  sich  mit  der  Zeit,  dais 
er  mit  weitschauendem  Blick  das  Richtige  erkannt  hatte.  Es  ist 
unmöglich,  hier  dem  umfassenden  Wirken  des  ausgezeichneten 
Mannes  im  einzelnen  nachzugehen.  Geradezu  erstaunlich  ist  die 
Menge  der  Einrichtungen  und  Schöpfungen,  die  auf  seine  An- 
regung  hin  oder  unter  seiner  Leitung  entstanden  sind.  Durch- 
drungen von  der  Überzeugung,  dafs  Stillstand  Rückschritt  bedeute, 
drängte  er  unablässig  vorwärts.  Kr  hatte  volles  Verständnis  für 
die  unter  dem  Einflüsse  total  veränderter  Verkehrsverhältnisse, 
riesigen  Wachstums  der  Bevölkerung,  verfeinerter  Lebenshaltung 
und  hundert  anderer  Ursachen  stets  sich  ändernden  und  mehrenden 
Bedürfnisse  der  Gegenwart.  Von  seiner  Pietät  fUr  das  Alther- 
gebrachte und  von  den  Vätern  Ererbte  liefs  er  sich  nicht  ab- 
halten ,  den  Ansprüchen  der  Neuzeit  im  weitesten  Mafse 
Gerechtigkeit  widerfahren  zu  lassen  und  ihr  überall  Spielraum 
zu  verschaffen,  wo  sie  ihr  Recht  verlangte.  Häufig  ist  ihm  das 
verdacht  worden,  oft  mit  Unrecht.  Mag  auch  mancherlei  in 
dieser  Richtung  in  Nürnberg  gesündiL':t  worden  sein,  man  darf 
nie  vergessen,  dals  eine  in  der  Verjüngung  begriffene,  mächtig 
aufstrebende  Stadt  sich  nicht  blos  als  Reliquie  der  Vorzeit 
behandeln  und  als  Schaustück  für  Fremde  unter  den  Glaskasten 
stellen  lassen  kann,  sondern  Raum  und  Verkehrswege  haben 
mufs  zur  Entfaltung  der  Kräfte  der  lebenden  Generation.  Ein 
Freund  des  Einreifsens  und  Zerstörens  war  Stromer  um  deswillen 
noch  nicht;  er  suchte  zu  erhalten,  was  erhalten  werden  konnte, 
und  war  sich  wohl  bewufst,  dafs  eine  Stadt  mit  der  Vergangen- 
heit Nürnbergs  an  diese  übcraii  anzuknüpfen  suchen  müsse,  wenn 


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225 


sie  zu  neuem  Glanz  und  Ansehen  eniporbltthen  wolle.    Er  lernte 

einsehen,  dafs  in  der  Stadt  Dürers  die  Kunst  eine  Stätte  haben 
müsse,  wenn  sie  ihren  Traditiunen  treu  bleiben  wolle,  und  er 
that  durch  Aufbringung  besonderer  Fonds  für  Runstzwecke  und 
Anregung  künstlerischer  Schöpfungen  mehr  für  die  Pflege  der 
Kunst  in  Nürnberg,  als  irgend  ein  anderer  zu  seiner  Zeit. 

Es  ist  klar,  dafs  ein  Mann  von  so  selbständiger  Richtung 
und  solcher  Eigenart,  wie  Stromer,  oft  in  Kollision  geriet  mit 
den  Ansichten  anderer.  Er  hatte  schwere  Kämpfe  durchzu- 
kämpfen,  oft  wurden  seine  guten  Absichten  verkannt,  und  heftiger 
Tadel,  schonungslose  Kritik  blieben  ihm  nicht  erspart.  Auch 
seine  politische  Richtung  erschwerte  ihm  seine  Stellung;  nie 
ordnete  er  sich  einem  Parteiprogramm  unter,  sondern  ging  auch 
auf  politischem  Gebiete  stets  seine  eigenen  Wege.  Kr  war  ein 
glühender  Patriot,  ein  durch  und  durch  liberaler  Mann,  aber 
abhold  allem  Doktrinarismus.  Am  nächsten  stand  er  der  national- 
liberalen Partei,  deren  Verehrung  für  den  eisernen  Kanzler  er 
aus  innerster  Überzeugung  teilte,  und  die  ihm  sympathisch  war, 
weil  sie  das  praktisch  Erreichbare  anstrebte.  Aber  seine  von 
den  Ansichten  der  Mehrzahl  seiner  Mitbürger  abweichende 
politische  Auffassung  vermehrte  die  Zahl  seiner  Gegner  und  der 
Angriffe,  denen  er  ausgesetzt  war.  Er  wehrte  sich  tapfer  seiner 
Haut;  in  jüngeren  Jahren  half  ihm  auch  sein  köstlicher  Humor 
über  manche  Anfechtung  hinweg.  Später  aber  gingen  ihm  die 
unablässigen  Anfeindungen  doch  sehr  zu  Herzen.  Nach  sei- 
nem Tode  freilich  hat  man  unumwunden  anerkannt,  dafs  er 
stets  und  unter  allen  Umständen  so  gehandelt  habe,  wie  er  es 
im  Interesse  der  Stadt  und  der  Gesamtheit  am  besten  hielt  und 
dafs  diese  Rücksicht  die  einzige  gewesen  sei,  der  er  Zeit  seines 
Lebens  Eintluls  auf  seine  Handlungen  gestattet  habe.  Dem 
Lebenden  hat  man  diese  Gerechtigkeit  nicht  widerfaliren  lassen. 
Aber  das  Wort  ist  vollkommen  wahr:  Stromer  hat  niemals  eine 
andere  Rücksicht  gekannt,  als  die  auf  das  Wohl  und  Gedeihen 
der  Stadt,  deren  Oberhaupt  er  war;  die  Sorge  fUr  sie  beschäftigte 
Oin  nicht  etwa  nur  bei  Amt  und  in  den  Dienststunden,  bei  Tage 
und  bei  Nacht  gehörte  ihr  sein  ganzes  Sinnen  und  Trachten, 
seine  ganze  gewaltige  Arbeitskraft.  Er  war  ein  edler  Mensch 
von  seltener  Treue  und  Gewissenhaftigkeit.    Humanität  und 

■5 


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—  226 


Wohlwollen  gegen  jedermann  war  ein  Gnindzug  seines  Wesens. 
Wer  immer  ein  Anliegen  auf  dem  Herzen  hatte,  konnte  sicher 
sein,  freundliches  Gehör  bei  ihm  zu  finden.  Einen  guten  Rat, 
ein  ermunterndes  Wort,  einen  tröstlichen  Bescheid  hatte  er  fttr 

jeden,  der  seine  von  Hilfesuchenden  belagerte  Amtsstube  betrat. 
Tausende  wissen  davon  /.u  reden,  wie  er  im  Stillen  für  sie  sorgte 
und  manches  Unheil  abwandle,  ein  wahrer  Vater  der  Stadt. 

Nun  ruht  er  in  der  (.iruft  seiner  Väter  auf  dem  Johannis- 
kirchhofe inmitten  der  berühmten  Nürnberger,  der  letzte  Bürger- 
meister von  Nürnberg  aus  altpatrizischem  Geschlechte.  Seine 
Schöpfungen  aber  verkünden  den  Nachgeborenen  seinen  Ruhm. 

Prhr.  von  Krefs. 


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Literatur. 


Die  Herkunft  der  Burggrafen  von  Nürnberg,  der  Ahn- 
herren des  deutschen  Kaiserhauses  von  Christian  Meyer. 
Aasbach.  Druck  und  Verlag  von  C.  Brttgel  &  Sohn.  1869.  8*^. 
80  S« 

Die  Könige  von  Preufsen  sind  HohenzoUern,  nicht 
Abenberger.  Widerlegung  der  Schrift  Christian  Meye rs  über 
die  Ahnherren  des  deutschen  Kaiserhauses  von  Ludwig  Schmid, 
Verfasser  der  Ȋltesten  Geschichte  des  erlauchten  Gesamthauses 
HohenzoUern.«  Berlm  1892.  Verlag  von  J.  A.  Stargardt.  8^ 
113  S. 

Die  Behauptung  Meyers,  dafs  die  Burggrafen  von  NUm- 
berg  Nachkommen  nicht  der  Grafen  von  ZoUern,  sondern  der 
fränkischen  Grafen  von  Abenberg  seien,  ist  keineswegs  neu. 
Schon  1745  hatte  der  Erlanger  Professor  und  Hofrat  Goden- 
dam  oder  Gadendam  dem  markgräflichen  Hofe  in  Ansbach 
eine  Al'liaiKllung  übergeben,  worin  er  die  urkundlich  nachweis- 
baren Ahnen  der  Könige  von  Preufsen  auf  das  Urafengeschlecht 
der  Abenberger  zurücktührte.  Seine  Aufstellungen  wurden  in- 
defs  von  dem  damaligen  Professor  Christ  aurückgewiesen.  Auch 
der  Brandenburgische  wirkliche  Regierungsrat  oberhalb  des  Ge- 
birgs  und  vorderster  geheimer  Archivar  zu  Flassenburg  Philipp 
Ernst  Spiefs  leitete  die  Markgrafen  von  Brandenburg  von  den 
Abenbergem  ab.  Aber  erst  in  unserem  Jahrhunderte  spitste 
sich  die  Frage  der  Abstammung  der  Könige  von  Preufsen  zu 
einer  Art  literarischen  Fehde  zu  mit  dem  Schlachtruf:  »Hie 
Zollern!«  »Hie  Abenberg!«  Für  die  Abenberger  Abstammung 
traten  ein  der  Bambergische  Archivar  Österreicher,  der  be- 
kannte bayerische  Historiker  Ritter  Karl  Heinrich  von  Lang, 
der  eher  geneigt  war,  das  Preufsische  Königsbaus  auf  die  Aben- 
berger als  auf  die  ZoUem  zurückznflihren,  Dr,  C.  Höf  1er,  ehe- 
maliger Vorstand  des  historischen  Verems  zu  Bamberg,  der 

15* 


—    228  — 


den  gleichen  Standpunkt  einnahm,  der  bayerische  Landrichter 
H.  Haas,  der  1853  in  einer  besonderen  Schrift  die  Könige 
von  Preufsen   als'  Nachkommen  der  Abenberger  reklamierte, 

Eduard  !"cntsch,  der  in  der  Havaria  den  Haasischen  Aus- 
führungen beitrat,  mit  noch  grufscrer  Kntschiedenlieit  der  Ad- 
vokat J.  N.  Seefried  in  Gräsbach  in  einer  186Q  erschienenen 
Schrift,  dem  der  Geschichtsschreiber  des  Kloster  Heilsbronn, 
Pfarrer  Muck,  folgte,  u.a.  Bemerkt  sei  auch,  daCs  die  beiden 
berühmten  Preufsischen  Staats-  und  Rechtslehrer  Eichhorn  und 
V.  Lancizolle  sich  für  die  Abenberger  Abstammung  aussprachen. 

Auf  der  anderen  Seite  stehen  Graf  v.  Stülfried-Alcan- 
tara,  Märcker  und  Riedel,  dann  aber  der  Tübinger  Professor 
L.  Schmid  in  dem  dritten  IJande  seiner  ^Ältesten  Geschichte 
des  erlauchten  Gesamthauses  der  königlichen  und  türstlichen 
Hohenzüllern«  (Tiihjni^aMi  1888).  Mit  S»  hniids  sorgfältigen 
und  ersc  höpfenden  Untersuchungen  hätte  man  die  Frage  nach 
der  Herkunft  der  Burggrafen  von  Nürnberg  und  der  Könige 
von  Preufsen  füglich  als  abgethan  betrachten  können.  In  dem 
obenangeführten  Werkchen  des  Breslauer  Archivars  Christian 
Mefer  ist  trotzdem  dem  Tübinger  Historiker  ein  Gegner  ent- 
standen, der  mit  Gründen  allgemeiner  und  besonderer,  geschieht- 
lieber,  genealogischer  und  sphragistischer  Natur  den  alten  Straufs 
wieder  aufnimmt. 

Als  ersten  und  vornehmsten  Beleg  für  seine  Ableitung 
füJirt  er  an,  dai's  seit  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  sich  der  ge- 
samte alte  Hausbesitz  der  Grafen  v<<n  Abenberg  in  den  Händen 
der  Burggrafen  von  Nürnberg  befunden  habe  und  folgert  dann 
weiter,  dafs  diese  dem  Geschlechte  der  Abenberger,  das  nicht 
ausgestorben  sei,  angehört  haben  müssen. 

Femer  wird  die  Wappenfühnmg  der  Abenberger,  die  zwei 
übereinanderschreitende  Leoparden  im  Schilde  hatten,  auf  die 
Identität  des  Abenbergischen  mit  dem  Holien)ohis(  heu  Cjcschiechte 
zuru(  ki;efuhit.  Die  Unterscheidung  in  den  Farben  —  die  Aben- 
berger führten  7.we\  silberne  Leoparden  in  blauem,  mit  silberneu 
Rosen  bestreutem  Felde,  die  Hohenlohe  dagegen  zwei  schwarze 
Leoparden  in  silbernem  Felde  —  wird  dadurch  zu  erklären 
gesucht,  dafs  die  jüngere  Linie  eines  alten  Stammes  sich  oft 
lediglidi  durch  die  Veränderung  der  Schildesfarben  oder  Bei- 


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—  aap  — 


fügung  gewisser  Abzeichen  zu  unterscheiden  gesucht  habe.  So 
wären  demnach  die  Abenberger  stammverwandt  mit  den 
Hohenlohe,  aus  deren  Geschlecht  Maver  dann  die  ältesten 
Nürnberger  Burggrafen  nimmt.  Weiter  aber  sollen  die  Grafen 
von  Abenberg  als  Schirmvögte  der  Bamberger  Kirche  »entweder 
gleichzeitig  oder  —  was  wahrscheinlicher  ist  —  späterhin  ein 
zweites  Wappen,  nämlich  den  schwarzen  Löwen  im  goldenen 
Felde,  das  Wappen  des  Bistums  Bamberg,«  geführt  haben, 
»namentlich  als  Burggrafen  von  Nürnberg.« 

Aus  der  ganzen  Ausdelmung  des  Rangaues  oder  der 
Herrschaft  Abenberg  folgert  Meyer  dann,  -^dafs  die  Nürnberger 
Burggrafschaft  unmöglich  einem  anderen,  den  Abenbergern  noch 
dazu  völlig  fremden  (Geschlecht  zugestanden  haben«  könne.  Die 
Rangaugrafen  würden  nimmermehr  an  dieser  für  sie  in  militäri- 
scher, politischer  und  kommerzieller  Beziehung  gleich  wichtigen 
Stelle  die  Festsetzung  eines  fremden  Herrengeschlechts  geduldet 
haben.  Auch  die  Ortschaften  im  Rangau,  welche  die  Burggrafen 
des  12.  Jahrhunderts  mit  ihren  Angehörigen  an  das  Schotten- 
klostcr  vermachten,  und  die,  nach  Meyer,  als  alte  Eigengüter 
der  burggräflichen  Familie  angesehen  werden  dürfen,  weisen  ihm 
darauf  hin,  dafs  die  Nürnberi,^er  Burggrafen  zur  Familie  der 
Grafen  von  Abenberg  gehört  haben.  Dasselbe  gilt  ihm  von 
den  Lehensbesitzungen  der  Burggrafen  des  12.  Jahrhunderts. 

Das  ist  im  grofsen  Ganzen,  von  kleineren  Beweismomen- 
ten, die  wir  hier  nicht  anführen  können,  aber  im  Verlauf  der 
Besprechung  zum  Teil  kurz  berühren  werden,  die  Beweisführung 
Meyers.  Sie  hängt  mehr  oder  weniger  in  der  Luft,  stützt  sich 
fortwährend  auf  Hypothesen  und  was  schlimmer  ist,  auf  unbe- 
wiesene oder  gar  unrichtige  Voraussetzungen.  Sie  fällt  in  dem 
Auifenblirk  \  ollständig  über  den  Haufen,  da  das  Aussterben  der 
Abenberger  im  12.  Jahrhundert  b(! wiesen  wird. 

Es  war  zu  erwarten,  dafs  die  Meyersche  Schrift  auf  den 
lebhaftesten  Widerspruch  stofsen  würde,  Zunächst  wandte 
sich  Wilh.  Soltau  in  Bd.  VI,  Neue  Folge,  Heft  2  der  Zeit- 
schrift für  Geschichte  des  Oberrheins  gegen  die  von  Meyer 
wieder  aufgenommene  Aufstellung  und  kam  hauptsächlich  auf 
Grand  des  vonSchmtd  im  3.  Bande  seiner  Ȋltesten  Geschichte 
des  Gesamtliauscs  der  königlichen  und  fürstlichen  Hohenzollern«; 


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—    230  — 


(TQbingen  1888)  gebotenen  Rüstzeugs  su  demselben  Ergebnisse 

wie  dieser. 

Dann  alier  stellte  Schmid  seihst  in  einer  besonderen,  im  Ein- 
gang  genannten  Schrift  die  Abkunft  des  Preufsischen  Königshauses 
aus  dem  Zollernschen  Gräfe ngeschlechte  mit  durchschlagenden 
und  unwiderleglichen  Beweisgründen  fest.  Was  er  frülher  schon 
auf  das  klarste  dargelegt,  hier  fafst  er  es  gegen  den  neuerstan^ 
denen  Feind  bestimmter,  genauer  und  schärfer.  Er  widerlegt 
zunächst  die  Aufstellung,  dafs  nicht  allein  die  Nürnberger  Burg- 
grafen des  13.  Jahrhunderts  und  der  Folgezeit,  sondern  auch 
jene  des  12.  Jahrhunderts  zu  dem  Geschlecht  der  fränkischen 
Grafen  von  Abenberg  <j;ehört  hätten.  -Die  Burggrafen  des 
12.  Jahrhunderts  stammten  aus  dem  österreichischen  Geschlechte 
der  Grafen  von  Raabs.  Weiterhin  tritt  er  Meyers  Behauptung, 
die  Gemahlin  des  1192 — 1200  auftretenden  Burggrafen  Friedrichl., 
eines  nach  Meyer  gebomen  Abenbergers,  sei  eine  gräflich  ZoUem- 
sche  Erbtochter  gewesen,  und  von  ihr  habe  jener  den  Titel 
eines  Grafen  von  Zollem  angenommen  und  mit  der  Grafschaft 
weitervererbt,  mit  Erfolg  entgegen. 

Aus  den  Urkunden  und  Siegehimschriften  des  13.  Jahr 
Imihlc-rts  erbringt  er  dann  den  unumstoislichen  Beweis,  dafs  iie 
Burggrafen  seligst  sich  als  Zollern  betrachtet,  dafs  Burggraf 
Friedrich  II,  dadurch,  dafs  er  1265  den  gevierten  Zoüernschild 
übernommen,  seine  ZoUernsche  Abkunft  anerkannt,  dafs  auch 
die  Zeitgenossen  der  Nürnberger  Burggrafen  des  13.  und 
14.  Jahrhunderts  diese  als  Namensvettern  der  Grafen  von  Hohen- 
zollem  angesehen  haben.  Weiterhin  führt  er,  als  nicht  unwich- 
tiges Beweismoment  »die  bis  daher  nicht  gewürdigte  sogenannte 
Freisinger  Genealogie  des  12.  Jahrhunderts«  ins  Treffen. 

Auch  später  noch,  als  die  Burggrafen  von  Kaiser  Karl  IV". 
(1363)  in  den  Reichsfürsteiistand  erhoben  waren  und  die  Kur- 
würde von  Brandenburg  erlangt  liatten  (141 7\  erkannten  sie 
die  Stammesgeraeinschaft  mit  den  Zollern  stets  an  und  be- 
kräftigten diese  Überlieferung  auch  thatsächlich. 

Die  beiden  letzten  Abschnitte  des  Schmidschen  Buches, 
beschäftigen  sich  mit  dem  »Grafenhaus  Abenberg  im  letzten 
Viertel  des  12,  Jahrhunderts«  und  der  Burggräfin  Hildegard  von 
Nflrnberg«.    Hier  liefert  er  den  für  die  vorliegende  Frage  so 

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—    231  — 

überaus  wichtigen»  frtther  übrigens  schon  von  ihm  mit  höchster 
Wahrscheinlichkeit  erbrachten  Beweis,  dafs   die  Grafen  von 

Abenberg  um  1200  ausgesturben,  den  auch  Wilhelm  Soltau 
unter  Aufstellung  einer  genaueren  Genealogie  dieses  Geschlechts 
bis  hinauf  in  das  Ende  des  11.  Jahrhunderts  in  fler  Kingangs- 
abhandlung  dieses  Heftes  gleichfalls  erbringt.  Bezüglich  der 
Burggräfin  Hildegard,  die  Meyer  nicht  unterzubringen  weifs 
und  von  der  er  wieder  behauptet,  dafs  nur  sie  den  Aben- 
bergischen Hausbesitz  an  die  Burggrafen  von  Nürnberg  und 
swar  unter  Burggraf  Konrad  (1163—1190)  hätte  bringen  kön- 
nen, was  er  weiterhin  wieder  verwirft,  weist  S  c  h  m  i  d  nach,  dafs 
sie,  von  Geburt  eine  Abenbergerin,  sich  mit  dem  genannten 
Burggrafen  Konrad  vermählte.  Aus  dieser  Verbindung  aber 
erklärt  sich  der  Anfall  der  Grafschaft  Abenberg  an  den  ersten 
Burggrafen  von  Nürnberg  aus  ZoIlemschemGeblüte,  den  lochter. 
mann  Konrads,  des  letzten  Burggrafen  aus  dem  Geschlechte 
der  Grafen  von  Raabs,  und  Hildegards,  der  Tochter  und  £rbin 
des  Grafen  Rapoto  von  Abenberg.  Durch  Hildegards  Vermäh- 
lung wurde  dieser  Anfall  wahrscheinlich  nur  eingeleitet,  »bis 
nach  dem  Tode  des  letzten  männlichen  Sprossen  des  Geschlechts 
(1190-  1200)  mit  dessen  Stammburg  der  ganze  Nachlafs«  an 
Burggraf  Friedrich  von  Zollern  » beziehungsweise  dessen  Söhnet  fiel. 

Wenn  wir  zum  Schlufs  noch  bezüglich  des  lange  dauern- 
den und  nach  Unterbrechungen  stets  von  neuem  wieder  auf- 
genommenen Streites  wegen  der  Abenberger  oder  Zollernschen 
Abkunft  der  Burggrafen  von  Nürnberg  und  des  Preufsischen  Königs- 
hauses das  Fazit  ziehen,  so  müssen  wir  bekennen,  dafs  die 
Frage  nunmehr  endlich  und  endgihig  zu  Gunsten  der  Zollem 
entschieden  und  diese  in  ihre  alten  Rechte  als  Burggrafen  von 
Nürnberg  für  immer  wieder  eingesetzt  sind.  Gegenüber  dem 
systematischen  Vorgehen  Schmids  gibt  es  kciii  Katrinnen. 
Schritt  für  Schritt  wird  dem  Gegner  das  Feld  abgewonnen  und 
dann  der  verhängnisvolle  Kreis  geschlossen.  Es  mufs  als  das 
Verdienst  Schmids  anerkannt  und  festgehalten  werden,  dafs 
die  Frage,  welche  nun  schon  fast  l^/t  Jahrhunderte  die  Federn 
der  Historiker  in  Bewegung  setzt,  nunmehr  ihre  kaum  noch 
angreifbare  Lösung  gefunden  hat* 

Mff. 


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^    232  — 

Altnürnberg  in  seinen  Gottesdiensten.  Ein  Beitrag 
zur  Geschichte  der  Sitte  und  des  Kultus  von  Max  Herold, 
Herausgeber  der  ^Siona«.    Gütersloh,  Druck  und  Verlag  von 

C.  Bertelniann,  1890.    8".     VIll  und  333  S. 

Wieder  hat  ein  interessantes  Gebiet  des  Kulturlebens  im 
alten  Nürnberg  seinen  Bearbeiter  gefunden,  und  wenn  Kiner 
berufen  war,  die  Geschichte  des  kirchlichen  Lebens  der  Reichs- 
stadt in  seiner  reichen  Mannichfaltigkeit  darzustellen,  so  war  es 
gewifs  der  geistvolle  Herausgeber  der  >Siona«,  der  seit  bald 
zwanzig  Jahren  mit  unverdrossenem  Eifer  und  entschiedenem 
Erfolg  bemüht  ist,  durch  die  von  ihm  herausgegebene  Monats- 
schrift das  Verständnis  für  die  alten,  prächtigen,  gottesdienst- 
lichen Formen  und  Gebriiui  he  der  Vorfahren  neuzubeleben  und 
sie  seiner  Kirche  zurückzugewinnen.  Mit  der  wohltliuenden 
Sicheriieit,  die  nur  dem  Spezialisten  eigen  ist,  der  sich  auf  sei- 
nem Forschungsgebiete  vollkommen  auskennt  und  nicht  müh- 
seliger  Studien  bedarf,  um  das  Erforschte  zu  deuten  und  ver- 
ständlich zu  machen,  vereinigt  sich  in  dem  Verfasser  eine  nicht 
minder  wohlthuende  Objektivität  und  historische  Treue,  die  sich 
freihält  von  einseitiger  Bevorzugung  des  ihm  Sympathischen;  und 
zu  der  speziellen  Fachkenntnis  tritt  bei  ihm  eine  respektable 
Vertrautheit  mit  der  Geschichte  der  Stadt  im  allgenicinen  und 
eine  warme  Pietät  für  ihre  Vergangenheit  hinzu.  So  folgen  wir 
ihm  mit  wachsendem  Interesse  und  dankbarer  Aufmerksamkeit, 
wenn  er  uns  durch  Nürnbergs  heilige  Stätten  führt  und  die 
Einrichtung  der  Gottesdienste  in  ihrer  Mannichfaltigkeit  und 
Eigenart  in  den  verschiedenen  Jahrhunderten  im  Mittelalter,  wie 
in  der  Reformationszeit  und  herauf  bis  zum  Ausgang  des  vori- 
gen Jahrhunderts,  die  Ceremonien  in  Kirchen  und  Klöstern,  bei 
Prozessionen  und  Trauerbegängnissen,  Taufen,  Hochzeiten  und 
Leichen  schildert.  VVir  werden  nicht  müde,  ihm  zu  folgen, 
wenn  er  uns  die  Gottesdienstordnungen  des  siebzehnten  Jahr- 
hunderts bis  in  die  kleinsten  Kinzelheiten  zergliedert  und  erfah- 
ren mit  Staunen,  wie  wenig  sich  in  der  gut  protestantischen 
Stadt  Nürnberg  die  äufsere  Ordnung  des  Gottesdienstes  von 
derjenigen  zur  katholischen  Zeit  unterschied,  wie  gut  man  es 
verstand,  durch  Beibehaltung  oder  geringfügige  Abänderung  der 
alten  gottesdienstlichen  Gebräuche  und  Ceremonien,  Kirchen- 


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—    333  — 


gesänge  und  Kirchengewänder  Abwechslung  und  Reiz  In  die 
Gottesdienste  zu  bringen,  und  wie  erst  der  gemütlose  Rationa- 
lismus des  ausgehenden  18.  Jahrhunderts  mit  diesen  alther- 
gebrachten gottesdienstlichen  Einrichtungen  unbarmherzig  auf- 
räumte. Wir  lassen  uns  gerne  von  ilim  belehren  über  die  Be- 
deutung des  Kirchenjahrs  als  eines  kunstvoll  und  bewufst  geord- 
neten Ganzen  und  verfolgen  an  den  dargebotenen  Proben  mit 
Interesse,  wie  bei  den  Gottesdiensten  im  alten  Nürnberg  der 
spezielle  Tages-  und  Zeitcbarakter  bis  in  die  kleinsten  Einzel- 
heiten scharf  ausgeprägt  war.  Wie  Recht  hat  der  Verfasser, 
wenn  er  sagt,  dafs  sie  in  ihrer  Verwendung  den  Beweis  liefern, 
eines  wie  reichen  und  vielgestaltigen  Gebrauchs  das  göttliche 
Wort  fähig  ist,  das  man  nicht  allein  predigi'n,  sondern  auch 
lesen,  lehren,  beten,  mit  grofsem  P'.rfolg  singen,  ja  hauen, 
schnitzen  und  malen  kann.  An  Predigten  war  um  deswillen 
im  guten  Nürnberg  doch  kein  Mangel;  die  Summe  aller  Pre- 
digten, welche  in  einem  einzigen  Jahre  in  der  Reichstadt 
gehalten  wurden,  betrug  nicht  weniger  als  3756.  Kein  Wunder, 
dafs  die  Prediger  auf  die  merkwürdigsten  Themata  verfielen, 
wovon  ein  hübsches  Beispiel  angeführt  wird.  Weiter  fesselt  der 
Verfasser  unser  Interesse  durch  die  Schilderung  der  musikali- 
schen Andachten  in  der  Marienkirche,  verschiedener  musikalisch 
reich  ausgestatteter  Festgottesdienste  in  der  Egydicnkirche, 
durch  seine  Mitteilungen  und  Betrachtungen  über  die  Kirchen- 
chöre, wie  nicht  minder  durch  seine  Bemerkungen  über  offene 
Kirchenthüren,  seine  statistischen  Notizen  über  die  Kommuni- 
kanten zu  verschiedenen  Zeiten  und  endlich  durch  die  Schilde- 
rung  der  Einwirkung  des  Rationalismus  auf  das  gottesdienstliche 
Leben  im  Ausgang  des  achtzehnten  Jahrhunderts.  Der  Inhalt 
des  Buches  ist  zu  reichhaltig,  als  dafs  er  in  wenigen  Sätzen 
annähernd  vollständig  wiedergegeben  werden  könnte.  Es  wird 
jedem,  der  es  in  die  Hand  nimmt,  Ann-gung  und  Belehrung  in 
Hülle  und  Fülle  und  allen,  die  es  mit  dem  kirchlichen  Leben 
der  Gegenwart  Krnst  nehmen,  reichen  Stoff  zum  Nachdenken 
bieten.  —  ss. 

Martin Behaim.  Von  Siegmund  Günther.  Zeichnungen 
von  Otto  E.  Lau,    Bayerische  Bibliothek,  begründet  und  her- 


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—    234  — 


ausgegeben  von  Karl  von  Reinhardstöttner  &  Karl  Trautmann. 
13.  Band.    Bambec,  Bucbnerische  Verlagsbuchhandlung,  18Q0. 

S^   86  s. 

Von  berufenster  Seitt;  wird  hier  dem  Ijeriihraten  Seefahrer 
und  Kosmographen  aus  Nürnberg  ein  neues  biographisches  Denk- 
mal errichtet,  das  in  höchst  anmutender  Form  alles  enthält,  was 
wir  von  dem  bedeutenden  Manne  zur  Zeit  wissen  können.  Auf 
Grund  ausgedehnter  archivalischer  Forschungen  und  mit  souve- 
räner Beherrschung  der  gesamten  einschlägigen  Literatur  bespricht 
der  Verfasser  zunächst  Herkunft,  Geburtsjahr  und  Kindheit 
Martin  Behaims.  Sodann  wird  die  mit  dem  Jahre  1477  begin- 
nende Lehr-  und  Wanderzeit  des  erst  Aclit/clmjährigen  ein- 
gehend und  umsichtig  untersucht  und  /um  erstenmale  festgestellt, 
dafs  der  junge  Mann  von  1479  bis  14H4  in  Antwerpen  selb- 
ständig ein  Agentur-  und  Speditionsgeschäft  betrieb,  das  ihn 
wiederholt  auch  nach  Lissabon  führte.  Die  dort  sich  anbahnen- 
den Beziehungen  zur  nautischen  Junta  geben  Anlafs,  auf  die 
Stellung  Martin  Behaims  zu  den  exakten  Wissenschaften  und 
sein  Verhältnis  zu  dem  Hauptvertreter  derselben  in  dama- 
liger Zeit,  Rej^'iumontanus,  einzugehen.  Es  wird  gezeigt,  dafs 
Martin  liehaim  vermutlich  durch  Vermitthmg  des  Jakobstal)es  (?) 
und  der  verbesserten  Ephemeriden  Regioinuntans  der  Seefahrt 
der  Portugiesen  wichtige  Dienste  geleistet  liat  und  deshalb  noch 
im  Jahre  1484  berufen  wurde,  als  nautischer  Astronom  die  Ex- 
pedition Diogo  Caos  an  die  Westküste  Afrikas  (bis  zum  22.^ 
südl.  Br.)  zu  begleiten.  Nach  einer  Darlegung  der  geographi- 
schen Ergebnisse  dieser  Reise  werden  die  weiteren  Schicksale 
Martin  Behaims  in  Portugal  in  der  zweiten  Hälfte  der  achtziger 
Jahre  kurz  berührt,  um  dann  den  letzten  wichtigen  Abschnitt 
im  Leben  des  Helden,  seinen  Nürnberger  Aufenthalt  von  1490 
bis  1493,  und  den  während  desselben  hergestellten  Erdapfel 
wieder  einer  ausführlichen  Erörterung  zu  unterziehen.  Mit  der 
Wiedergabe  der  spärlichen  Nachrichten,  die  aus  der  Zeit  von 
der  Rückkehr  nach  Portugal  (1494)  bis  zu  dem  im  Jahre  1506 
erfolgten  Tode  erhalten  sind,  schliefst  das  treffliche  Werk,  das 
für  alle  künftige  Behaimforschung  Grund-  und  Eckstein  büden 
wird,  P, 


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—    235  ^ 


Un  poCte  Allemand  au  XVI.  Siftcle.    ßtude  sur  la  Vie 

et  les  Oeuvres  de  Hans  Sachs  par  Ch.  Schweitzer,  Profes- 
seur  Agrege  de  l'Universite,  Docteur  de  Lettres.  Paris,  Bcrger- 
Levrault  et  Cie.,  cditeiirs.    8".    XXT  et  47Q  p.  1889. 

Der  Vcrfr^^ser  hat  sich  die  Aufgabe  gestellt,  die  Kreise 
der  literarisch  gebildeten  Franzosen  mit  Hans  Sachs  bekannt 
za  machen,  womit  er,  falls  es  ihm  gelingen  sollte,  jedenfalls  eine 
Lücke  in  der  Literaturkenntnis  vieler  ausfüllen  wird.  Mit 
vollständiger  Beherrschung  seines  Stoffes,  dessen  gründlichem 
Studium  er  eine  Reihe  von  Jahren  gewidmet  hat  —  m.  s.  das 
eingangs  seines  Buches  mitgeteilte,  von  ihm  benützte  und  ver- 
arbeitete Quellen-  und  sonstiges  handschriftliche,  gcdrurkto, 
bibliographische,  biographische  und  geschichtliche  Material  cuis 
den  Bibliotheken  und  Archiven  in  Zwickau,  Berlin,  Dresden, 
Nürnberg,  Leipzig,  Göttingen  u.  s.  w.  —  verbindet  er  eine 
ebenso  elegante  Diktion  wie  blühende  Sprache  und,  ohne  pedan- 
tisch gelehrt  zu  thun,  die  Gabe  belehrender  und  unterhaltender 
Darstellung,  die  oftmals  geradezu  poetisch  genannt  zu  werden 
verdient,  so  z.  B.  bei  seiner  Schilderung  Altnürnbergs  und  seines 
eigentümlichen  mittelalterlichen  Lebens.  Es  sind  im  ganzen 
dreizehn  Kapitel,  auf  welche  der  Inhalt  des  Buches  verteilt  ist. 
Das  erste,  betitelt  Biographie,  bringt  eine  knapp  gehaltene,  aber 
völlig  ausreichende  Lebensbeschreibung  des  grulsen  Dichters, 
aus  welcher  hervorzuheben  sein  dürfte,  in  wie  selbständiger  und 
geschickter  Weise  der  Verfasser  bestreitet,  dafs  Hans  Sachs 
eine  genauere  Kenntnis  der  lateinischen  oder  gar  der  griechi- 
schen Sprache  sich  in  den  damaligen  Schulen  seiner  Vaterstadt 
erworben  haben  könne,  oder  dafs  er  während  seiner  Handwerks- 
burschenreisen weiter  als  nach  Bayern,  Franken  und  an  den 
Rhein  gekommen  und  an  Kaiser  Max'  1.  Hof  Jägerbursche  ge- 
wesen sei.  Aus  den  drei  folgenden,  den  gescliiehtlichen  Hinter- 
grund darstellenden  Kapiteln:  Nuremberg,  La  Keforme,  Politique 
et  Evenements  contemporains,  tritt  dann  das  Bild  de<  Meisters 
um  so  plastischer  und  individueller  heraus.  Das  2,  Kapitel  ins- 
besondere  wird  jeder  Nürnberger  mit  wahrem  Vergnügen  lesen. 
Kapitel  5  handelt  von  den  Werken  Hans  Sachs'  im  ganzen  und 
gibt  eine  prinzipielle  Charakteristik  derselben,  während  das  sechste 
den  Dichter  als  Moralisten  schildert  und  das  siebente  sich  zu 


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—    236  — 


einem  höchst  interessanten  Essay  über  den  Meistergesang  Uber« 
haupt  erweitert.    Hierauf  geht  der  Verfasser  in  den  Kap.  8 — 12 

in  die  eigentliche  Darstellung  des  dichterischen  Schaffens  von 
Hans  Sachs  ein  und  zeigt  in  wohlgclungoner  Ausführung  >le 
pocte  hünioristique,  £  »morale  de  la  pucsic  liumoristique,«  >le  fast- 
nachtspieU,  »drames  bibliques  et  profanes«  und  »genres  diverse 
sind  sie  überschrieben  —  eingehend«  wie  er  nicht  nur  an  dich' 
terischer  Fruchtbarkeit,  sondern  auch  an  po^ischer  Erfindungskraft, 
Tiefe  der  Empfindung,  Beherrschung  der  Sprache  und  des  Reims, 
Gedankenreichtum  und  sittlich-religiösem  Gehalt  und  ungesuch- 
ter  Popularität  alle  seine  Zeit-  und  Zunftgenossen  mächtig  über- 
ragt.  Er  hat  nicht  nur  zeitgeschichtlich,  sondern  i)leil>end  Wert- 
volles geschatlen,  er  hat  sogar  bahnbreclicnd  lur  die.  s]):itere 
Entwirkhing  der  dramatischen  Dichtkunst  gewirkt,  ein  monu- 
mentuni  aere  perennius  hat  er  sich  in  seinen  Schriften  gesetzt. 
Im  13.,  dem  zusammenfassenden  ächlufskapitel,  —  betitelt  »con- 
clusion«  —  wird  dem  Leser  zunächst  eine  sehr  sorgfältig  ausge- 
arbeitete bibliographische  Studie  Über  Hans  Sachs'  Werke 
und  dann  ein  resümierendes  Urteil  über  ihn  geboten.  Er  ist 
dem  Verfasser  nicht  nur  als  Mann  und  Christ,  als  Dichter  und 
Schriftsteller  überhaupt  eine  bedeutende  Erscheinung,  nein,  er 
gilt  ihm  als  eigentlicher  Repräsentant  seiner  Zeit  und.  in  seiner 
Bildung  und  Vo]kstiinil:(~hkeit  zwischen  dem  Gelehrten-  und 
Bürgerstand  seines  Jahrhunderts  stehend,  als  Dolmetsch  und  Ver- 
mittler für  beide,  weshalb,  nachdem  noch  sein  literarisches 
späteres  Schicksal,  lange  Zeit  unverdienter  Vergessenheit  anheim- 
fallen zu  müssen,  beklagt,  um  so  freudiger  die  —  durch  keinen 
Geringeren  als  Goethe  mitherbeigeßihrte  —  Rehabilitation  des 
grofsen  Dichters  in  unserm  Jahrhundert  begrüfst  wird. 

Der  Wert  des  an  und  ftlr  sich  schon  trefflichen  und  wert- 
vüUeu  liuches  wird  noch  erhöht  durch  eine  Zugabe,  welche  den 
Schwank  ^  Der  einfältig  niüller  mit  den  Spitzbuben«  im  Wort- 
laut, dann  eine  gleichfalls  wörtlich  wiedergegebene  Anzahl  von 
bisher  nicht  herausgegebenen  (Gedichten,  dann  ein  Facsimile  der 
Handschrift  des  Meisters  vom  Jahre  1550,  einen  Abdruck  eines 
Meisterliedes  »in  der  silber  weis  zu  praunau«,  gedichtet  und 
mit  Noten  versehen,  und  eine  fleifsige  Studie  über  seine  Sprache 
und  Metrik  enthält. 


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—    237  — . 


Sein  Bild  vom  Jahre  1545  begrttfst  den  Leser  als  erstes 
Blatt  des  Buches,  welches  in  grofs  8^  herausgegeben,  durch  Drucke 
Papier  und  einfach  vornehme  Ausstattung  auch  äufserlich  sich 
sehr  günstig  präsentiert. 

Wir  hegen  den  leibhaften  Wunsch,  dafs  der  Verfasser  seine 
eingangs  ersv.ihntc  Absiciit  in  Frankreich  erreichen,  dafs  aber 
sein  Werk  auch  in  Deutschland  die  wolilverdiente  Anerkennung 
ünden  und  fleifsig  gekauft  werden  möge.  Kd. 

Hans  Sachs  von  Eduard  Goetze.  Zeichnungen  von 
Peter  Halm.  19.  Band  der  bayerischen  Bibliothek,  begründet 
und  herausgegeben  von  Karl  v.  Reinhardstöttner  und  Karl 
Trautmann.     Bamberg.     Buchnersche  Verlagsbuchhandlung. 

1890.    8<>.    76  S. 

Hans  Sachs.  Sein  Leben  und  seine  Dichtung  von  Ernst 
Karl  Lützelberger,  weil.  Stadtbibliothekar.  2.  Auflage,  neu 
bearbeitet  und  vermehrt  von  Dr.  Karl  Fronunann,  k.  Profes- 
sor am  Neuen  (rymnasium  zu  Nürnberg.  Verlag  von  Hermann 
BaUhorn  1891.    8^.    238  S. 

Beide  Schriften  Über  den  berühmten  Sohn  der  ehemaligen 
freien  Reichsstadt  Nürnberg  haben  ihre  eigentümlichen  Vorzüge* 
Die  erstgenannte  flicht  in  die  klare  und  anschauliche  Darstellung 

der  Lebensschicksale  Hans  Sachs'  die  Schilderung  seines  dichte- 
rischen Schaffens  ein.  So  lernt  der  Leser  den  Menschen,  den 
Bürger,  den  Dichter  zumal  kennen.  Und  zwar  nach  diesen  drei 
Seiten  aus  dem  und  im  Zusammenhange  mit  seiner  Zeit  und 
seiner  Vaterstadt,  mit  welcher  er  ja  auf  das  innigste  verwachsen 
war,  in  seiner  persönlichen  und  dichterischen  Eigenart.  Auch 
sein  unverdientes  Geschick,  bald  nach  seinem  Tode  der  völligen 
Vergessenheit  anheimzufallen,  selbst  in  Nürnberg  —  noch  1828 
erwähnte  der  verdiente  Bürgermeister  Johannes  Scharrer  in  einer 
von  ihm  IML'S  vcrfafsten  offiziellen  Festschrilt  über  die  Blütezeit 
Nürnbergs  von  1480- — 1330  den  Namen  Hans  Sachs  gar  nicht  — 
wird  besprochen,  sowie  seine  Wiederauferstehung  unter  seinem 
Volk  und  seinen  Mitbürgern  und  das  ihm  infolge  davon  1874 
hier  errichtete  Denkmal.  Zu  besonderem  Schmucke  gereichen 
dem  Büchlein  die  16  beigegebenen  zum  Teil  nach  alten  Stichen 


—  238 


wiedergegebenen  Illustrationen,  darunter  das  dreimalige  Porträt 
des  Dichters  nach  Bros  am  er  (51.  Lebensjahr),  nach  Jenicheo 
(73.  Lebensjahr)  und  nach  Andreas  Herme ysen  (60»  Lebens» 
jähr)*.)  Zur  Information  des  Lesers  dienen  aufserdem  81  erläu- 
ternde am  Schlüsse  beigefügte  Anmerkungen.  Druck,  Papier  und 
sonstiL;c  Ausstattungen  sind  der  rühmlichst  bekannten  Firma 
Knurr  &  Hirth  in  München  würdig. 

Die  andere  Schrift  zerfällt  in  zwei  Hauptteile»  von  denen 
der  erste  eine  gedrängte  Darstellung  des  Lebensganges  und  des 
po^schen  Schaffens  des  Dichters  gibt.  Der  zweite  enthält  eine 
geschickt  und  geschmackvoll  zusammengestellte  Auswahl  aus 
dessen  Dichtungen  in  vier  Abteilungen,  überschrieben:  »Meister- 
gesänge und  Lieder«,  » Spruchgedichte <^ ,  »Schauspielec  und 
»Disputation  /wisrhen  einem  Chorherrn  und  Sohuhmacherc . 
Dazu  kommt  dann  noch  im  ersten  i  eile  das  sogen.  y-Valete«, 
die  Summa  all  seiner  Gedichte  von  1514  bis  ins  1567.  Jahr. 
Sämtliche  Proben  samt  letzterer  Dichtung  sind  in  der  Original- 
sprache und  Schreibung  H.  Sachsens  gegeben.  Wenn  schon 
hierin  ein  grofser  Vorzug  fllr  die  Einführung  in  das  Verständnis 
des  Dichters  liegt,  welches  überdies  durch  beigegebene  Wort- 
erklärung erleichtert  wird,  so  hat  Prof.  F rommann  sich  um  den 
Leser  auch  noch  ein  weiteres  Verdienst  dadurch  erworben,  dafs  er 
in  der  Vorrede  für  den  mit  der  alten  Sprache  wenijLr  »Vertrauten (i 
sehr  praktische  und  dankenswerte  »Winke*  und  Erklärungen  ihrer 
grammatikalischen  Kigentümlichkeiten  bietet.  P'.benso  dankens- 
wert ist  es  endlich,  dafs  am  Schlüsse  des  ersten  Teils  Goethes 
Lobgedicht:  »Hans  Sachsens  poetische  Sendung«,  welches  soviel 
zur  Wiederwürdigung  und  Ehrenrettung  des  grofsen  Nürnberger 
Dichters  und  Meistersängers  beitrug,  angefügt  ist.  Noch  sei 
bemerkt»  dafs  auch  dieses  Büchlein  die  schon  erwähnten  Por- 
träts Haus  Sachsens  io  seinem  51.  und  82.  Lebensjahre  enthält. 

Kd. 


Altnürnberg.  Schilderungen  aus  der  älteren  reichs- 
städtischen Zeit  bis  zum  Jahre  1350  von  Ernst  Mummen  ho  ff. 
Zeichnungen  von  Lorenz  und  Wilhelm  Ritter.  Bayerische 

*)  Soll  wohl  heiCien  Sa.  Lebeatjahr.   Anm.  d.  Redaktion. 

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239  — 


Bibliothek,  begründet  und  herausgegeben  von  Karl  vonRein- 
hardstöttner  und  Karl  Trautmann.  22.  Bd.  Bamberg, 
Buchnersche  Verlagshandlung,  1890.    8^.    106  S. 

Ausgestattet  mit  siebzehn  reizenden  Illustrationen  nach 
Naturaufnalimcn  der  trefflichen  Nürnberger  Künstler  Rittor, 
Vater  und  Sülm,  wird  uns  hier  aus  der  Feder  des  uiierinüdlich 
tleilsigen  Nürnberger  Stadtarchivars  ein  Bucli  liber  Nürnbergs 
früheste  Geschichte  geboten,  das  wir  der  weitesten  Verbreitung 
fttr  wert  erachten.  So  viel  auch  Jahr  aus  Jahr  ein  über  die 
vielbertthmte  Stadt  geschrieben  wird,  an  Bearbeitungen  gröfserer 
Abschnitte  ihrer  Geschichte,  die  mit  der  auf  sorgfältigem  Quellen- 
studium beruhenden  Zuverlässigkeit  den  Vorzug  anziehender 
Darstellung  vereinigen,  sind  wir  herzlich  arm.  Das  angezeigte 
Buch  entspricht  tliesen  Anforderungen  nach  bei(U;n  Richtungen 
liiu  in  hohem  Mafse.  Stadtarchivar  M  uinmen  hoff ,  der  seit 
Jahren  mit  den  Vorarbeiten  für  ein  ürkundenbuch  der  Stadt 
Nürnberg  beschäftigt  ist,  war  in  der  Lage,  das  gesamte  Urkunden- 
material  über  die  früheste  Geschichte  der  Reichsstadt  neu  zu 
prüfen  und  so  manchen  Irrtum  zu  beseitigen,  der  da  und  dort 
noch  festgehalten  worden  war.  Er  versteht  es  aber  auch  vor- 
trefflich,  die  Ergebnisse  seiner  Forschungen  zu  einer  fliefsenden, 
leicht  lesbaren  Darstellung  zu  verarbeiten.  Es  wäre  zwecklos, 
die  älteste  (Teschichte  der  Stadt  hier  in  kurzen  Zügen  wieder- 
zuerzählen. Wir  müssen  uns  darauf  iteschränken,  einzelnes 
hervorzuheben,  was  dem  Buche  zum  besonderen  V  orzug  gereicht. 
Dazu  rechnen  wir  die  lebendige  Schilderung  der  Gegend  und 
des  Bodens,  auf  dem  in  verhältnismäfsig  später  Zeit  die  Ansiede> 
lung  entstanden  ist,  die  urkundlich  erst  im  Jahre  1050  genannt 
wird,  samt  der  neuen  Erklärung  des  Namens  Nürnberg,  den 
Verfasser  auf  Nure,  Nurung,  gleich  Neuland  oder  Rodung,  zu- 
rückführt, femer  die  umfassende  Wiedergabe  des  Inhalts  der 
kaiserliclien  Privilegien  und  Freiheitsbriefe,  die  sich  unseres 
Wissens  in  gleicher  Vollständigkeit  und  Genauigkeit  in  keiner 
früheren  Darstellung  der  ältesten  Geschichte  der  Stadt  hndet, 
dann  die  Betrachtungen,  die  Verfasser  über  den  Sitz  der  Burg- 
giafen  auf  der  Burg  und  die  custodia  portae  anstellt,  seine 
Mitteilungen  über  das  Stadtregiment  der  ältesten  Zeit  und  die 
Stadtsiegel,  sowie  die  rasche  Entwicklung,  welche  das  Gemein- 


—    240  — 


wesen  unter  der  wohlwollenden  Regierung  Kaiser  Ludwigs  des 
Bayern  genommen  hat.  Ansiehend  ist  die  Geschichte  des 
Handels  und  der  Handelsbeziehungen  der  Stadt  in  dieser  frtthe- 
sten  Periode  geschildert,  ganz  besondere  Anerkennung  verdient 
aber  die  eingehende  Behandlung,  welche  der  Reichswald  und 
seine  grofse  Bedeutung  für  die  Stadt,  die  (beschichte  seiner 
allmähli«  lieii  Ei  vverbunu  diircli  dieselbe,  das  Zeidlerwesen  und  alle 
mit  diesL-ni  Reichsbiencngarten  im  Zu^^ammenhang  sti-hcuden 
Verhältnisse  in  dem  Buche  gefunden  hal  cn.  Zum  Schlüsse 
bietet  uns  der  Verfasser  eine  topographische  Beschreibung  der 
Reichsstadt,  wie  sie  sich  in  der  Mitte  des  14.  Jahrhunderts 
gestaltet  hatte,  die  an  Anschaulichkeit  und  historischer  Treue 
wohl  das  Beste  ist,  was  in  dieser  Beziehung  bisher  geschrieben 
wurde.  Wir  können  diese  kurze  Anzeige  nur  mit  dem  Wunsche 
schliefsen,  dafs  der  Verfasser  in  Erfüllung  des  Versprechens, 
das  er  aut  der  letzten  Seite  des  Buches  gcgel)en  hat,  der  Lese- 
welt recht  bald  zeigen  möge,  wie  die  Stadt  nach  Verlauf  von 
etwas  mehr  als  audeitlialb  Jahrhunderteu  den  Erwartungen  ent- 
sprochen hat,  die  man  nach  ihrer  bisher  geschilderten  Entwick- 
lung auf  sie  setzen  durfte.  — ss. 

Henry  Thode,  Die  Materschule  von  Nürnberg  im 
XIV.  und  XV.  Jahrhundert  in  ihrer  Entwickelung  bis  auf 
Dürer.    Frankfurt  a.  M.,  H.  Keller,  1891.    Gr.  8^    332  S. 

Immer  wird  es  zu  den  anziehendsten  Aufgaben  der  histo- 
rischen Forschung  gehören,  den  Spuren  einer  Entwicklung  nach- 
zugehen, weiche  dem  Erscheinen  einer  gewaltigen,  die  Zeiten 
beherrschenden  Persönlichkeit  vorausliegt;  denn  für  eine  ganze 
Reihe  von  Fragen,  zu  denen  eine  solche  Erscheinung  auffordert, 
finden  wir  eben  in  jener  die  Beantwortung.  Wir  lernen  es 
verstehen,  warum  gerade  dieser  Boden,  aul"  dem  wir  jene  Per- 
soiilirhkeit  antreften,  geeignet  war,  sie  hervorzubringen,  warum 
das  Ziel  ihres  Strebens  gerade  in  dieser  Riclitung  liegt,  warum 
gerade  diese  Merkmale  und  diese  Charakterzüge  besonders 
stark  ausgeprägt  sind,  und  lernen  zugleich  auch  das,  was  uns 
vorher  vielleicht  als  Mangel  erschien,  als  mit  dem  Organismus 
eng  verbundene  Eigenschaften  kennen,  die  sich  unter  diesen 


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—    241  — 

bestimmten  Lebensbedingungen  mit  Notwendigkeit  ergaben. 
Wenn  es  wahr  ist,   dafs  alles  Grofse  in  der  Welt  das  Werk 

^^cnialer,   mit  geheimnisvoller  Kraft  begabter  Menschen    ist,  so 
ist  doch  nicht  zu    leugnen,   dafs   ihr  Ers(  lieinen  kein  zufälliges 
und  willkürlii:hcs  ist,  sondern  vielmehr  stets  in  engstem  Zusam- 
menhange zu  den  äulseren  Verhältnissen  und  deren  Vorbedin- 
gungen steht.    So   legte  denn   auch   die  Gestalt  eines  Dürer, 
dessen  J^eben  und  Werke,  dank  der  emsigen  Tbätigkeit  einer 
Reihe  tüchtiger  Forscher,  bis  auf  die  feinsten  und  kleinsten 
Züge  in  voller  Entfaltung  vor  un$  ausgebreitet  liegen,  solche 
und  ahnliche  Fragen  nahe,  ohne  dafs  es  jedoch  bisher  gelungen 
wäre,  volles  Licht  in  das  Dunkel  zu   tragen,    in   das   die  Ge- 
schichte   der   \ urdurerischen  Malerei  in  Nürnberg    gehüllt  ist. 
Weder  gelang  es,  für  die  vielen  Malernamen,  welche  mit  Beginn 
des  14.  Jahrhunderts  in  Nürnberg  auftauchen,  die  Persönlich- 
keiten zu  finden  und  den  reichen  in  Kirchen  und  Sammlungen 
verstreuten  Bildervorrat  auf  diese  zu  verteilen,  noch  war  man 
imstande,  eine  objektive  Schilderung  jener  Persönlichkeit  zu 
geben,  um  die  man  die  meisten  Bilder  der  vordürerischen  Zeit 
Zeit  zu  giuiipieren  gewohnt  war,  nämlich  des  Wolgemut.  Wie 
viele  Hypothesen  umspinnen  diesen  Künstler,  wie  schwankend 
und  widerstreitend  sind  die   über  ihn   gefällten  Urtiilel  Nur 
einzelne   mit  fest   ausgeprägten   künstlerischen  Merkmalen  ver- 
sehene Malereien    aus   dem  Beginne    und    aus   der  Mitte  des 
15.  Jahrhunderts  ragten  aus  dem  Dunkel  heraus  und  weisen, 
leuchtenden  Sternen  gleich,  dem  Suchenden  einzelne  Stellen 
des  sonst  nur  schwach  oder  gar  nicht  beleuchteten  Weges,  der 
aus  den  Anfängen  der  Nürnberger  Malerei  zu  der  sonnigen 
Höhe  Dürers  führt.    So  bildete  eine  Reihe  der  dem  14.  Jahr- 
hundert angehörenden  Werke  schon  den  Gegenstand  eingehen- 
der Untersuchung,   su  finden  wir  in  den  Werken  eines  Hotho, 
Waagen,  Schnaase  u.  a.   ganz   vortretfliehe  Bemerkungen  ülier 
die  wichtigsten  Nürnberger  Malwerke  des  15.  Jahrhunderts  und 
feinsinnige  Charakterisierungen  des  ihnen  eigentümlichen  Kunst- 
Charakters,  aber  eine  wirkliche  Aufhellung  des  Weges  fand  nicht 
statt.   In  der  gründlichsten  und  umfassendsten  Weise  ist  neuer- 
dings der  Versuch  hierzu  in  dem  vorliegenden  Werke  gemacht 
worden,  und  mit  Freude  und  Befriedigung  nehmen  wir  bei  der 

16 


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—    242  — 


Lektüre  desselben  wahr,  wie  es  dem  Verfasser  ernst  ist  mit 
seiner  Arbeit,  wie  er  mit  Emsigkeit  und  Fleifs  alle  Thatsachen 
sammelt  und  ordnet»  alle  Ansichten  prüft,  alle  Mifsstände  in 
Betracht  zieht  und  jede  Möglichkeit  erwägt,  um  zur  Klarheit 
und  Wahrheit  hindurchzudringen,  mit  lebhaftem  Interesse  folgen 
wir  den  Schilderungen,  die  er  mit  sicherem  Blick  für  das  Cha- 
rakteristische und  Schone  eines  Kunstwerks  und  mit  empfäng- 
h'chem  und  weitem  Sinn  für  die  eigentliche  Aufgabe  der  Kunst 
in  anregender  riüssiger  Sprache  von  den  Werken  und  den  Mei- 
stern, für  die  er  uns  begeistern  will,  entwirft,  und  überzeugt 
von  der  logischen  Beweiskraft  einer  ganzen  Reihe  der  in  dem 
Buche  enthaltenen  Erörterungen  legen  wir  dieses  aus  der  Hand. 
Aber  abgesehen  von  einzelnen  Punkten,  die  für  uns  objektive 
Gültigkeit  gewonnen  haben  und  anderen,  die  zu  lebhaften  Wider- 
spruch auffordern,  sind  viele  Fragen  doch  noch  als  offene  an- 
zusehen. Dafs  die  l Jinge  sich  in  der  ,i;eschiUlertcn  Weise  ver- 
halten haben  können,  dafs  z.  15,  diese  lUlder  um  diese  be- 
stimmte Persunhclikeit  gruppiert  werden  können,  leugnen  wir 
nicht,  aber  dafs  zwingende  Gründe  vorhanden  wären,  diese 
Möglichkeit  zur  einzigen  zu  machen,  sehen  wir  nicht  ein,  ja  es 
beunruhigt  uns,  in  der  Form  der  Gewifsheit  Dinge  vorgetragen 
zu  finden,  die  nur  hypothetischen  Wert  haben,  da  die  Beweis* 
momente  fehlen.  Wir  unterschätzen  nicht  den  Wert  und  die 
Bedeutung  der  Hypothese,  wissen  wohl,  welche  Dienste  die 
Pliantasie  dem  Verstände  zu  leisten  vermag,  aber  die  Erhebung 
eines  hypothetischen  zu  eiuein  aj'odiktisehon  (Trteil  vermag  doch 
nur  dann  zu  befriedigen,  wenn  bestiinmte  Thatsachen  die  Reellitat 
der  erträumten  \S  ahrheit  erkennen  lassen.  Der  Stoti  ,  den  das 
Buch  behandelt,  erlaubt  bei  dem  Mangel  fast  jeden  sicheren 
Beweismomentes  nur  eine  hypothetische  Behandlungsweise,  ist 
also,  da  das  Endresultat  nur  ein  bedingtes  ist,  ein  ziemlich  tmdank- 
barer.  Das  ist  wohl  auch  der  Hauptgrand  dafür,  dafs  die- 
sem Kapitel  Nürnberger  Kunstgeschichte  bisher  noch  keine 
Spezialbel)andlung  zuteil  geworden  ist.  Soweit  es  möglich  war, 
ist  es  dem  Verfasser  bis  auf  einzelne  Punkte  gelungen,  das 
Thatsächliche  fest/u  st  eilen. 

Nachdem  er  in  kurzen  Zügen  tiie  in  Xüraberg,  l  orchheim, 
Heilsbronn  und  Bamberg  befindlichen  Malereien  des  14.  und 


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—    243  — 

» 

aus  dem  Beginn  des  15.  Jahrhunderts  gekennzeichnet  hat,  wo- 
bei noch  ilas  Kpitapli  des  1412  verstorbenen  Johnnn  von  Hohen- 
lohe in  der  Klostcrkirclie  zu  BerUn  liiitte  genannt  werden  kön- 
nen, wendet  er  sich  gleich  dem  ersten  der  grofsen  Malwerke 
des  15.  Jahrhunderts  su,  das  aber  mehrfach  den  Gegenstand 
des  lebhafbesten  Interesses  gebildet  hat,  dem  Imhofschen  Altar 
in  der  Skt.  Lorenzkirche  zu  Nürnberg»  charakterisiert  in  meister- 
hafter Weise  dessen  künstlerische  Eigenart  und  weifs  uns  mit 
beredten  Worten  für  den  Verfertiger  desselben  zu  begeistern, 
der  *ZM  jenen  grofsen  genialen  Künstlern  gehört,  welche,  von 
den  hergebrachten  Gewohnheiten  sich  befreiend,  in  ein  direktes 
und  unabhängiges  Verhältnis  zur  Natur  treten  —  zu  jenen  er- 
lauchten, zur  Herrschaft  berufenen  Geistern,  die,  so  verschieden 
geartet  sie  sein  mögen,  auf  so  verschiedenen  Gebieten  sie  sich 
bethätigen,  in  so  verschiedenen  Formen  sie  sich  äufsern  mögen, 
doch  in  dem  Einen  alle  verwandt  sind:  in  der  Begabung  mit 
einer  ungemeinen  Kraft  starker,  unmittelbarer  Anschauung  der 
Natur,  einer  Kraft,  deren  durchaus  notwendige  Bethätigung  dann 
das  eigene  Schaffen  ist.«  Unsere  volle  Zustimmung  geben  wir 
wie  dieser  C.  luuMklcrisierung  auch  den  Erörterungen,  welche  die 
innigen  Beziehungen  dieses  Meisters  zu  der  älteren  von  Italien 
beeinflufsten  Prager  Schule  darlegen,  dagegen  müssen  wir  die 
in  Bezug  auf  die  Datierung  des  Werkes  als  ein  zwischen  1418 
und  iA22  entstandenes  und  auf  die  Angabe,  dafs  der  mit  seinen 
Frauen  dargestellte  Donator  Kunz  oder  Konrad  Imhof  sei,  er- 
hobenen Zweifel  entschieden  zurückweisen,  da  sie  durchaus  unbe* 
rechtigt  sind.  Verfasser  traut  dem  Zeugnis  Hilperts  nicht,  dafs 
Kunz  Imhof  der  Stifter  sei,  und  stöfst  sich  daran,  dafs 
Biedermann  in  seinem  Geschlechtsregister  den  Konrad  Imhof 
nur  mit  zwei  Frauen  anführe,  bemerkt  aber,  dafs  diskutierte 
Gründe  die  Entstehung  des  Werkes  in  den  ersten  Jahrzehnten 
des  15.  Jahrhunderts  unzweifelhaft  machten.  Jene  aus  den  Do- 
natorenwappen gefolgerte  Datierung  ist  aber  gar  nicht  zweifelhaft, 
sondern  unzweifelhaft  richtig.  Der  älteste  Zeuge  dafür,  dafs 
der  Dargestellte  mit  dem  erwähnten  Kunz  Imhof  identisch  ist, 
ist  der  von  1491 — 157Q  lebende  Andreas  Imhof,  dessen  im 
Imhofschen  Familien-Archiv  bewahrtes  Geschlechterbuch  die 
Notiz  enthält:    »Ein  Altar   in   solcher  Capellen   (nämlich  der 

16* 


—    244  — 


Lorenzkirche) ,  so  Conradt  Im  HoflT,  der  die  4  Weiber  gehapt, 
machen  lassen,  aber  dazumal  nur  3  weiber  gehabte  Dreimal 
verheiratet  gewesen  aber  war  dieser  Mann  nur  in  der  Zeit  von 

1418  — 1422,  denn  1418  heiratete  er  zum  3.,  1422  zum  vierten 
Male.    Auch  hierfür  sind  urkundh'che  Belege  vorhanden,  sowohl 
im  erwähnten  l'aniihenarchiv,  als  auch  in  einiT  im  ('ierm;inischrn 
Museum  bewahrten,   um   1670  geschriebenen  handschrilthchen 
Genealogie  der  Familie  Tucher,  Imhof  und  Haller,  nach  der  die 
erste  Frau  eine  Töflerin  oder  Hörlin,  die  zweite,  welche  1413 
starb,  eine  Rothllaschin»  die  dritte,  mit  der  er  sich  1418  ver- 
mählte und  welche  1421  starb,  eine  Schatzin,  und  die  vierte, 
deren  Wappen  sich  nicht  auf  dem  Altarwerk  findet^  die  er  1432 
I  heiratete,  und  welche  1438  starb,  eine  Volckamerin  war.  Damit 
aber  ist  die  Richtigkeit  jener  Datierung  ein  für  allemal  festgestellt. 
Nicht  so   sicher  scheint  uns  dagegen  die  Richtigkeit  der  von 
Thode  aufgestellten  Behauptung,  der  Meister  des  Imhofschen 
Altares  sei  identisch  mit  dem  in  den  Urkunden  einige  Maie  ge- 
nannten Meister  Berthold,  der  unter  anderem  als  Restaurator 
der  Rathausmalereien  erwähnt  wird.    Unmöglich  ist*s  ja  nicht, 
doch  scheint  uns  die  Annahme  auf  so  schwachen  Stiitzen  zu  stehen, 
dafs  es  in  hohem  Grade  gewagt  ist,  diesen  Namen  ohne  weite- 
res  zu  adoptieren.  —  Ohne  Zweifel  war  der  Meister  des  Imhof- 
schen Altares    eine    bedeutende,  den    Gang   der    Malerei  in 
Nürnberg  wesentlich  bestimmende  Persönlichkeit,  und  es  ist  eine 
gan^e  Reihe  von  Werken  um  diese  herum  zu  gruppieren,  aber 
viel  zu  gering  sind  die  Vergleichs-  und  Anhaltspunkte,   um  zu 
unbestreitbaren  sicheren  Resultaten  gelangen  zu  können.  So 
erscheinen  uns  Werke  wie  der  ja  auch  vom  Verfasser  zu  ver- 
schiedenen Zeiten  verschieden  beurteilte  Deokarusaltar  zu  Skt. 
Lorenz  und  der  sogen.  Bamberger  Altar  im  Münchener  National- 
museum, die  Thode  neben  dem  Imhofschen  und   dem  diesen 
/.w:ir  nahestellenden  aber   unseres  Eraehtens  liandwerksmaisiLicr 
durchgeführten    Deichslerst  lu-n    Altare   in  Berlin    als  charakte- 
ristische  Arbeiten    Meister  Berthulds    anführt,    einer  jüngeren 
Künstlergeneration  anzugehören,  welche  weniger  auf  plastische 
Ruhe,  als  vielmehr  auf  malerische  Bewegtheit  zielt,  während  der 
prachtvolle  Altar  in  der  Sakristei  von  Skt.  Jakob,  der  demsel- 
ben Meister  zugeschrieben  wird,  uns  als  Werk  einer  weiteren 


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Entwicklung  erscheint,  welche  die  gröfsere  Lebendigkeit  des 
Deokarusaltars  mit  der  stillen  Grösse  des  Irohofschen  Altares 

zu  \ rrschiuelzen  sucht.  Dieser  Altar  ist  nicht,  wie  'I'hodo  an- 
niinint,  identisch  mit  dem  von  Murr  in  Skt.  Jobst  tresehenen, 
sondern  war  eine  Haüersche  Stittung  und  befand  sich  bis  Mitie 
dieses  Jahrhunderts  in  der  heil.  Kreuzkirche,  wo  ihn  Waagen  sah, 
der  ihn  »nach  den  schon  knittrigen  Ausgängen  des  Gefältes« 
gegen  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  ansetzt.  Auf  jeden  FaU  steht  die- 
ses Werk  dem  Meister  des  Tncheraltars  näher  als  dem  des  Imhofschen, 
wenn  er  auch  eher  die  Milde  dieses  als  die  Kraft  jenes  besitzt. 

Das  dem  Meister  des  Tucheraltares  gewidmete  Kapitel  ist 
einer  der  Glanzpunkte  des  Buches.  In  meisterhafter  Weise 
wird  aus  den  Eigentümlichkeiten  dieses  Werkes,  das  mehr  als 
eines  ahnen  lässt,  dals  die  Nürnberger  Malerei  zu  etwas  ganz 
besonderem  berufen  ist,  sowie  aus  diesem  verwandten  Werken, 
unter  denen  die  herrliche  Maria  als  Himmeiskönigin  in  der 
Klosterkirche  zu  Heilsbronn  hervorragt,  Art  und  Wesen  des 
Meisters  abgeleitet  und  mit  begeisternden  Worten  auf  die 
Schönheit  und  Erhabenheit  seiner  Kunst  hingewiesen,  so  dafs 
auch  der  der  mittelalterlichen  Kunst  ferne  Stehende  dafür  er- 
wärmt wird.  Ganz  unbegreiflich  erscheint  es  daher,  wenn  in 
dem  Drange,  auch  für  diese  Bildergruppe  einen  bestimmten 
Meister  zu  finden,  ein  aus  dem  Jahre  1440  stammendes,  mit 
dem  Namen  Pfenning  versehenes  Kreiuigungsbild  im  Belvedere 
zu  Wien  dieser  Gruppe  zugesellt  wird,  und  der  bisher  so  gut 
wie  unbekannte  Meister  Pfenning  zu  einem  der  bedeutsamsten 
Vorgänger  Dttrers  in  der  Nürnberger  Malerei  gestempelt  wird. 
Unzweifelhaft  triflt  eine  ganze  Reihe  der  zur  Begründung  dieser 
Annahme  angeführten  Ähnlichketten  zu,  aber  was  wollen  diese 
mehr  im  Charakter  der  Zeit  als  in  der  Eigentümlichkeit  einer 
Künstleri)ersoiilichkeit  l)egründeten  Aufserlichkeiten  sagen  gegen- 
über den  Mängeln,  welche  in  Re/u^  auf  geistigen  ('»ehalt  und 
Komposition  das  Pfenningsche  Bild  im  Vergleicli  mit  dem 
Tucheraltare  aufweist.  Wollte  man  annehmen,  l>eide  Werke 
stammten  von  einem  Meister,  so  müfste  notwendigerweise  das 
Wiener  Bild  dem  Tucheraltar  vorausgegangen  sein,  denn  dieser 
ist  das  Werk  eines  vollausgereiften,  zielbewufsten  Künstlers, 
während  das  Pfenning  sehe  Bild  durchaus  den  Stempel  des 


Jugendlichen  an  sich  trägt.  Da  dieses  aus  dem  Jahre  1440 
stammt,  so  würde  der  Tucheraltar  in  die  fünfziger  Jahre  fallen. 
Das  aber  ist  unmöglich;  seinem  Kunstcharakter  nach  kann  er 
kaum  über  das  Jahr  1440  hinausgehen.    Pfenning  gehört  der 

dem  Meister  des  Tucheraltars,  der  einen  energischen  Realismus 
vertritt,  nachfolgenden  Generation  an,  die  zu  Gunsten  eines  aus- 
gesprochenen Naturalismus  auf  Monumentalität  verzichtet,  aber 
noch  nicht  die  Kraft  hat,  sich  von  den  alten  Typen  loszulösen. 
Ob  er  ein  Nürnberger  Meister  war,  ist  fraglich;  seine  Typen 
machen  es  wahrscheinlich,  doch  ist  auffallend,  dafs  sein  Name 
nicht  in  den  Bürgerverzeichnissen  vorkommt.  —  Wenn  die  Jahres- 
zahl  1447  auf  dem  Breslauer  Altare  keine  Fälschung  ist,  was 
anzunehmen  wir  freilich  keinen  äufseren  Grund  haben,  so  ist 
uns  dieses  Werk  ein  Ratsei,  da  es  in  Kumposition,  sowie  Auf- 
fassung und  Behandlung  der  (iestalten  an  die  Kunst  zu  Ende 
der  fünfziger  und  der  siebziger  Jahre  erinnert.  Im  Jahre  1447 
erscheint  wenigstens  die  Nürnberger  Kunst  noch  nie  ht  auf  einer 
so  weit  vorgeschrittenen  Entwicklungsstufe.  Es  bedurfte  erst 
der  Berührung  mit  der  niederländischen  Kunst,  uiti  ihr  diese 
Klärung  zu  geben.  Dadurch  wurde  sie  dem  Naturalismus,  dem 
sie-  mehr  und  mehr  verfiel,  entrissen  und  jenem  gesunden  Rea- 
lismus entgegengeführt,  der  in  Dürer  seinen  herrlichsten  Beken- 
ner und  glänzendsten  Vertreter  fand.  Die  Bedeutung  Hans 
Pleydenwurffs  als  des  wichtigsten  Vermittlers  zwischen  der  Nürn- 
berger Kunst  und  den  Niederländern  erkannt  und  in  das  rechte 
Licht  gesteilt  zu  haben,  ist  Thodes  Verdienst.  Unterstützt  von 
unwiderleglichen  Thatsachen,  weifs  er  uns  davon  zu  überzeugen, 
dafs  eine  Reihe,  früher  fälschlich  dem  Wolgemut  zugewiesener, 
von  einzelnen  Forschem  freilich  aber  aus  der  Liste  seiner  Werke 
gestrichener  Arbeiten  diesem  Meister  angehören  und  er  hat  damit 
nicht  wenig  zur  Klärung  der  so  verwickelten  Wolgemutfrage  bei- 
getragen Ob  Pleydenwurff  wirklich  der  Begründer  dieser  neuen 
Richtung  war,  wie  Tliuiie  annimmt,  ist  mindestens  /.wcitclhaft. 
Aber  lu  dem  vor  PK-ydenwuriis  Wirken  ausgefulirten  Loffelholz- 
altare  zu  St.  Sebald  gewahren  wir  den  deutlichen  Einfiufs  der 
Niederländer,  aber  ohne  Zweifel  war  Pleydenwurflf  ein  entschie- 
dener und  mutigerer  Bekenner  jener  damals  die  ganze  deutsche 
Malerei  beherrschenden  niederländischen  Kunst  als  seine  Vor- 


—    247  — 


gänger.  Hans  Pleydenwurff  wird  unzweifelhaft  die  Ehrenstelle, 
welche  Thode  ihm  in  der  Kunstgeschichte  angewiesen  hat,  be* 

haupten,  dagegen  dürfte  die  Erhebung  seines  Sohnes  Wilhelm 
Pleydenwurff  auf  Kosten  Wolgemuts  überall  berechtigten  Zwei- 
feln begegnen,  wie  überhaupt  das  schroffe  Urteil  Thodes  über 
Wolgemut  in  jeder  Hinsicht  übertrieben  und  unbegründet  ist. 
Da  lesen  wir,  dafs  aus  Wolgemut  der  >Geist  der  Lüge,  nicht  der 
Geist  der  Wahrheitc  spräche,  da  wird  er  uns  vorgestellt  als  »gewand- 
ter Regisseur,  der  alles  nur  auf  den  Effekt  und  wirkungsvollen,  ober- 
flächlichen Schein  hin  angelegte,  da  wird  er  als  »Philister«,  »falscher 
Prophet«,  als  »ein  jeden  höheren  Aufschwungs  unfähiger  Mann« 
gekennzeichnet  etc.  Man  meint  Kent,  den  getreuen  Diener 
Lears  /a\  huren,  wie  er  seinen  Zorn  an  dem  gleisnerisehcn  Os- 
wald ausläfst  und  auf  die  Frage  Cornwalls :  »Wesliaib  nennst 
Du  ihn  Schuft,  was  that  er  Dir«  antwortet:  »Mir  mifsfallt  sem 
Gesicht.  1  Hier  freiUch  gefällt  uns  dieses  Argument  aufser- 
ordentlich,  aber  in  unserem  Falle  lassen  wir  es  nicht  gelten. 
»Kalt  und  hart  sind  diese  Züge,  und  grämlicher,  zu  gereizten 
Ausfällen  geneigter  Egoismus  spricht  aus  ihnen«.  Mit  diesen 
Worten  endet  Thode  die  Charakterisierung  des  ihm  unsym- 
pathischen Kopfes,  von  dem  Thausing  sagt:  »Die  hochgebaute 
Stirn  und  das  grofse  Auge  verraten  den  regen  Geist,  die  scharf 
gebogene  Nase  und  das  breit  vorspringende  Kinn  berichten  noch 
von  seiner  rastlosen  Thatkraft  niclit  ohne  lieiniischung  eines 
milden  Zuges  um  die  Lippen«.  Aus  der  Physiognomie  gezogene 
Schlüsse  sind  immer  gewagt.  Wir  geben  zu,  dafs  Thausing  in 
der  künstlerischen  Lobpreisung  Wolgemuts  viel  zu  weit  geht  und 
daher  auch  aus  diesem  Bildnis  zu  viel  zu  seinen  Gunsten  her- 
ausliest, auch  uns  scheint  es  berechtigt,  ihn  auf  ein  niederes  Niveau 
herabzurUcken,  aber  ihm  nun  gleich  jede  künstlerische  Selbständig- 
keit, ja  jedes  künstlerische  Gefühl  abzusprechen,  heifst  denn  doch  das 
Kind  mit  dem  Bade  ausschütten.  Wolgcnuit  war  kein  \  orwartsdrin- 
gendes  lienie,  aber  ein  tüchtiges,  das  Können  seiner  Zeit  beherr- 
schendes und  die  verschiedenen  künstlerischen  Strömungen  zusam- 
menfassendes Talent,  das  für  die  verschiedenen  Stimmungen  wohl 
den  rechten  Ausdruck  zu  finden  wufste.  Gerne  erkennen  wir  die 
künstlerische  Überlegenheit  und  .das  durchgebildetere  Schönheits- 
gefühl Hans  Pleydenwurffs  an,  aber  mit  dem  besten  Willen  vermögen 


—    248  — 


wir  nicht  den  ungeheuren  Abstand  zu  erkennen,  den  Thode 
zwischen  ihm  und  Wolgemut  konstatiert.    Auch  in  Wolgemuts 

Bildern  ist  Seele  und  (>ciimt,  wenn  auch  un  Chdtakter  etwas 
herber  und  rauher  ist.  Wie  zart  ist  doch  seine  Empfindung  für 
das  Landschaftliche,  dem  auf  allen  Bildern  Wolgemuts  eine  be- 
sondere Sorgfalt  zugewendet  ist,  und  wie  viel  Lebenswahrheit 
spricht  aus  seinen  Köpfen!  Freilich  ist  die  Liste  der  von  uns 
fttr  Wolgemuts  gehaltenen  Arbeiten  eine  andere»  als  die  von 
Thode  aufgestellte!  der  dttrre  und  trockene  Schul-  und  Werk- 
stattbilder, wie  der  Tod  der  Maria  und  anderer  den  Stempel 
der  Gesellenarbeit  tragende  Bilder  im  Germanischen  Museum 
als  Werke  des  Meisters  anführt,  dagegen  den  mit  wunderbarer 
Empfindung  gemalten  Auszug  der  Apostel  in  der  Pinakothek 
zu  München,  der  unseres  Erachtens  ebensogut  von  Wol'^emut 
heriihrt,  wie  den  Hofer  Altar,  mit  dem  er  manches  gemein  hat, 
und  den  bisher  als  Hauptwerk  des  Meisters  geltenden  Perings* 
dörffer  Altar  von  der  Liste  streicht  und  letzteren  dem  Wilhelm 
Pleydenwurff  zuweist,  Warum  der  Meister,  der  die  freundliche 
Geburt  Christi  und  den  ergreifenden  Tod  der  Maria  des  Hers- 
bmcker  Altars  tmd  die  prachtvollen  Flügel  des  Halierschen 
Altares  in  der  heil.  Kreuzkirche  zu  Nürnberg  gemalt  hat,  deren 
Schtjnheit  Thode  billig  anerkennt,  nicht  der  Schöpfer  des  Periugs- 
dortfer  Altares  sein  könne,  ist  uns  absolut  unerfindlich.  Aber 
obgleich  dieses  Werk  das  einzige  ist,  das  Neudörfer  bei  einer 
Besprechung  Wolgemuts  mit  den  Worten:  »sein  Gemäld  aber 
ist  die  Tafel  in  der  Augustinerkirche  gegen  die  Schustergasse, 
welches  der  Peringsdörffer  hat  machen  lassen«,  anführt,  so  soll 
doch  Wilhelm  Pleydenwurff  der  Schöpfer  dieses  und  anderer 
Werke  sein,  die  nach  Thodes  Ansicht  zu  gut  für  Wolgemut  sind. 
Und  das  alles,  weil  der  Vergleich  von  Wolgemuts  frühestem 
und  letztem  Werk,  dem  Zwickauer  Altar  und  der  Predella  des 
Schwabacher  Altars  deutlich  zu  erkennen  gälte,  dafs  wir  es  mit 
dem  Werke  eines  mittelmäfsig  begabten  Künstlers  zu  thun  hätten, 
der  sich  in  den  27  Jaliren,  die  zwischen  der  Entstehung  dieser 
beiden  Werke  liegen,  nicht  fortentwickelt,  sondern  vielmehr  ver- 
schlechtert habe.  Dafs  das  zweifellos  von  Wolgemut  ausgeführte 
Schwabacher  PredeUabild  schwächer  ist,  als  der  Zwickauer  Altar, 
ist  zuzugeben,  ebenso  die  Verwandtschaft  der  Typen,  aber  warum 

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—    249  — 


mufs  dann  die  Linie  zwischen  diesen  beiden  Werken  eine  gerade 
gewesen  sein,  warum  kann  sie  sich  nicht  in  auf-  und  abste^^en- 

der  Richtung  bewegt  haben:  Als  VVulgeinut  das  Schwabachcr 
Altarstück  malte,  war  er  ein  Greis  von  73  Jahren.  Der  Fall, 
dafs  Schöpfungen  des  Alters  sich  mit  denen  der  Jugendperiode 
berühren,  ist  doch  nicht  vereinzelt  und  kann  daher  auch  nicht 
auffallen.  Am  allerwenigsten  darf  man  daraus  einen  Schlufs  auf 
die  dazwischenliegenden  Perioden  ziehen.  Wollte  man  annehmen, 
Wolgemut  habe  sich  vom  Zwickauer  Altar  aus  in  abschüssiger 
Bahn  bewegt,  die  im  Schwabacher  Bild  ihren  Endpunkt  hat,  so 
milfsten  auch  Werke,  wie  der  berühmte  Hallersche  und  der 
liersbrucker  Altar  iliin  abgesprochen  werden,  Dafs  Wilhelm 
Pleydenwurff,  den  wir  ja  ans  der  Schedchchcn  Weltchronik  als 
tüchtiL,'en  Mitarbeiter  VVolgemuts  kennen,  bei  der  Ausfuhrung 
des  Peringsdörffer  Altares,  in  dem  wir  die  vielen  Schülerhände, 
die  man  darin  schon  zu  entdecken  geglaubt  hat,  nicht  finden 
können,  in  ausgedehntem  Mafse  thätig  gewesen,  ist  ja  mög- 
lich, die  Malerei  ist  fast  durchweg  eine  wärmere  und  zugleich 
duftigere,  als  wir  sie  sonst  bei  Wolgemut  gewohnt  sind,  aber 
der  Gesamtcharakter  des  Werkes  ist  doch  ein  derartiger,  dafs 
Zweifel  an  der  Urheberschaft  Wolgemuts  nicht  berechtigt  sind. 
Sehr  berechtigt  war  es  hintregen,  den  Hauptaltar  der  Kloster- 
kirche in  Hcilsbronn  dem  Uolt^emut  abzusprechen,  da  hier  ein 
ganz  anderer  Künstler  zu  uns  spricht.  Es  ist  das  Werk  eines 
zwar  schon  von  Dürer  beeinflufsten,  aber  mit  merkwürdiger 
Zähigkeit  an  den  Typen  der  älteren  Nürnberger  Malerei  fest- 
haltenden Meisters,  der  demnach  einer  archaistischen  Kunstweise 
huldigt,  die  Wolgemut  ganz  fem  lag.  Nach  Thode  war  er  ein 
Schüler  Wilhelm  Pleydenwurffs.  Zu  der  Erhebung  dieses  Malers 
aus  der  Stellung  eines  Wolgemutschen  Gehilfen  zu  einem  diesen 
weit  überragenden  Meisters  fehlt  unseres  Kraehtens  jeder  An- 
haltspunkt. Thode  geht  hierin  sehr  weit  und  führt  unter  anderm 
die  Mängel,  welclie  der  Titelholzschnitt  der  Schedeischen  Chronik 
im  Vergleich  mit  der  schöneren  Originalzeichnung  aufweist, 
darauf  zurück,  dafs  diese  von  Pleydenwurff  stamme,  dann  von 
Wolgemut  umgezeichnet,  dabei  verdorben  und  erst  nach  dieser 
Umzeichnung  geschnitten  sei.  Die  Keulenschläge,  die  Wolgemut 
bekommt,  sind  so  furchtbar,  dafs  man  unwiUkürlich  dazu  getrieben 


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^    250  — 


wird,  sich  su  seioein  Anwalt  aufzuwerfen,  wobei  man  sich  frei- 
lich hüten  miifs,  ihn  aus  übergrofsem  Mitleid  Über  Gebühr 

herauszustreichen.  »Seingrülster  Riihiuostitcl  bleibt«,  wie  Springer 
treffend  bemerkt,  -^dnfs  ihm  Albrechl  Dürer  seine  künstlerische 
Er/,ieiiung  verdankt.«  Aber  auch  diesen  mufs  er  nach  Thode 
dem  Pleydenwurff  abtreten.  Um  dies  zu  begründen,  wird  die 
bekannte  Inschrift  auf  der  im  Britischen  Museum  befindlichen 
Handseichnung  aus  Dürers  Jugendzeit:  »Das  ist  och  alt,  hat 
mir  albrecht  dttrer  gemacht,  £  er  zum  maier  kam»  in  des  wol* 
gemut'  hus  etcc  dahin  zu  deuten  versucht«  dafs  Dürer  nicht  zu 
Wolilgemut  selbst,  sondern  tu  einem  seiner  Maler  und  zwar 
zum  Wilhelm  PleydenvvnriT  in  die  Lehre  gekomnien  sei.  Wäre 
dem  in  Wahrheit  so  <^x'\vesen  und  hätte  Pleydenwurff  den  ihm 
zugeschriebenen  Einflufs  auf  Dürer  ausgeübt,  so  hätte  dieser 
dies  sicher  in  seinem  Tagebuch  vermerkt,  wo  aber  nur  steht, 
dafs  er  in  den  drei  Jahren,  die  er  bei  Michel  Wolgeraut  diente, 
gut  gelernt  habe,  aber  viel  von  seinen  Gesellen  leiden  mufste. 

Fordert  somit  manche  Behauptung  in  dem  Thodeschen 
Buche  unseren  Widerspruch  heraus  und  bedürfen  einzelne  An- 
gaben unzweifelhaft  der  Korrektur,  so  ist  doch  die  Arbeit  als 
eine  aufserordentlich  erfreuliche  zu  bezeichnen.  Gibt  sie  doch 
nicht  nur  dem  Nürnberger  Lokalforscher  die  mäclitigsten  An- 
repungt-n,  sondern  ist  sie  doch  auch  recht  da/ru  angethan,  weitere 
Kreise,  zunächst  für  die  Nürnberger,  dann  aber  überhaupt  für 
die  ganze  deutsche  Malerei  des  ausgehenden  Mittelalters,  also 
für  ein  wichtiges  Kapitel  deutscher  Kunstgeschichte  zu  interes- 
sieren und  zu  erwärmen.  Dazu  sind  derartige  Spezialunter- 
suchungen im  allgemeinen  wenig  angethan.  —  Sehr  wertvoll 
sind  die  Beigaben,  zunächst  die  zahlreichen  autotypisch  aus- 
geführten, also  das  Original  mit  allen  stilistischen  Eigentümlich- 
keiten wit:derL;rl)t'ii(lt'n  A IjbiKlnngen,  welrlic  eine  Narhi>rurung 
der  stilkritischcn  iK-incrkimgcn  ermöglichen,  und  dann  die  mit 
gröfstcr  Sorgfalt  zusammcDgestellten  Verzeichnisse  der  urkund- 
lich genannten  Nürnlterger  Maler  des  14.  und  1 5.  Jahrhunderts, 
der  im  Buche  behandelten  Gemälde,  und  zwar  einmal  nach  den 
Meistern  und  einmal  nach  dem  Orte  der  Aufbewahrung  geordnet, 
und  der  wertvolleren  und  untergegangenen  Bilder  der  Nürn- 
berger Malerschule   des    14.  und   15.  Jahrhunderts.  Diese 


—    251  — 


ermöglichen  eine  ungemein  schnelle  und  leichte  Orientierung 
und  gewähren  ein  überaus  anschauliches  und  klares  Bild  in  dem 
Reichtum  und  der  Mannigfaltigkeit  des  in  dem  verdienstvollen 
Buche  behandelten  Stoffgebietes.  P.  J.  R^e. 


Albrecht  Dürer  von  Anton  Springer,  Mit  Tafeln  und 
Illustrationen  im  Text.  Berlin,  G.  Grotesche  Verlagsbuchhand* 
lung  1892.  8«*.  184  Seiten. 

Ein  Dttrer-Aufsatz  Springers  aus  früheren  Jahren  schlofs 
mit  dem  Satze:  »Ein  gebildeter  Deutscher  sollte  wie  einen 
Goethe  so  auch  einen  Dürer  genau  kennnenc.  Die  Forderung  hatte 
fraglos  ihre  Berechtigung,  aber  der  >gebildete  Deutschet  konnte 
sich  bisher  sehr  wohl  mit  der  Bemerkung  entschuldigen,  dafs 
es  weitaus  schwiericrer  sei,  zu  einer  näheren  Bekanntschaft  mit 
1  )ürer  zu  ge!anij,en  als  zu  einer  intimen  Kenntnis  (loethes.  Ganz 
abgesehen  davon,  dafs  naturgemäfs  die  Werke  Dürers  weniger 
leicht  zugänglich  und  wohl  auch  weniger  leicht  geniefsbar  als 
literarische  Werke,  fehlte  es  dem  giöfsten  Künstler  Deutschlands 
an  einem  Interpreten,  der  den  Gebildeten  in  ein  wirkliches  Ver- 
ständnis seines  Lebens  und  seiner  Kunst  einführte.  Selbst  Thau- 
sings  verdienstvolle  Dürer'Btographie  hatte  das  nicht  geleistet, 
was  ihr  Verfasser  beabsichtigte.  Die  gelehrte  Welt  glaubte  mit 
ihrem  Beifall  kargen  zu  müssen,  und  die  etwas  schwerfällige 
Darstellun*,'  niachti'  das  Werk  fiir  ein  gröfseres  Publikum  wenig 
anziehend.  Jetzt  aber  hat  Anton  Springer  selbst  dafür  gesorgt, 
dafs  seiner  Forderung  keine  Entschuldigung  mehr  entgegen- 
gehalten werden  kann.  Kurz  vor  seinem  Tode  hat  er  eine 
Dürerbiographie  abgeschlossen,  deren  Plan  er  Jahrzehnte  lang 
mit  sich  herumgetragen,  und  die  alles  das  leistet,  was  man  von 
einem  Lebensbild  Dürers  fordern  darf. 

Springer  wollte  kein  populäres  Buch  schreiben,  aber  die 
schlichte  Eleganz  seines  Stiles,  der  warme  Tun  und  die  Leljen- 
digkeit  des  Vortrags,  die  plastisehe  Gestaltung  der  einzel- 
nen Lebensabschnitte  sichern  dem  Buch  in  den  weitesten 
Kreisen  ein  entgegenkommendes  Interesse.  Und  gleichwohl 
werden  auch  die  Fachgelehrten  mit  ihrem  Beifall  nicht  zurück- 
halten.    Springers  Albrecht  Dürer  ist  die  reife  Frucht  mühe- 


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—    252  — 


voller,  gründlicher  Studien,  aber  der  Ballast  gelehrter  Anmer- 
kungen und  weitlänfiger  Einzeluntersuchungen  ist  abgeworfen; 
nichts  stört  den  ruhigen,  klaren  Strom  der  Darstellung.  Der 
Verfasser  beabsichtigte  in  einem  kritischen  Anhang  m  wichtigen 

1  ra^cn  der  Dürerforschung  Stellung  zu  nehmen;  der  lud  ver- 
hinderte die  Ausführung.  So  mag  es  für  den  flüchtigen  Blick 
den  Anschein  gewinnen,  als  habe  Springer  sich  die  Arbeit 
etwas  leicht  gemacht,  als  reproduziere  er  nur,  was  die  Wissen- 
schaft vor  ihm  festgestellt.  Wie  wenig  das  aber  der  Fall,  wird 
jeder,  der  in  der  Dürer-Literatur  auch  nur  einigermafsen  zuhause 
ist,  sofort  bemerken.  Springer  fufst  uberall  auf  eigenen  Studien, 
und  gar  manche,  vielumstrittene  Frage  erhält  in  seiner  Darstel- 
lung eine  neue,  oft  durch  die  Schlichtheit  der  Lösung  imponie- 
rende Antwort.  I  beraus  wohlthuend  berührt  die  wissenschaft- 
liche Sachlichkeit,  mit  der  er  auch  an  Fragen  herantrat,  die  seit 
langem  zu  erbitterten  Wortkämpfen  Anlafs  gegeben  haben,  wie 
z.  B.  die  äteliung  Dürers  zur  Rcformatioo.  Hier  wie  an  so 
manchen  anderen  Stellen  des  Buches  zeigt  sich  Springer  von 
neuem  als  der  glänzende  Historiker,  dem  über  die  enge  Begren* 
zung  seines  Spezialgebietes  nicht  der  Blick  für  das  Kulturganze 
eines  Zeitalters  abhanden  kommt.  Geradezu  meisterhaft  ist  die  Ein- 
leitung, die  in  grofsen  Zügen  die  Bedingungen  der  Zeit  schildert, 
in  der  Dtirer  lebte  und  dann  Dürer  aus  dieser  Zeit  mit  innerer 
Foigcriciitigkcit  herauswachsen  läfst.  Springer;,  ganzes  Bemühen 
ist  überall  darauf  gerichtet,  den  Kuiistler  begreifen  zu  lehren, 
begreifen  selbst  da,  wo  dem  modernen  ^mne  fremdartige  selt- 
same Züge  erscheinen.  Und  dafs  ihm  das  gelingt,  dafs  er  die 
individuelle  Natur  Dttrers  in  ihrem  Reichtum  und  ihrer  Gröfse 
jedem  Leser  völlig  verständlich  macht,  das  ist  ein  Ruhroestitel, 
der  die  ungewöhnliche  Bedeutung  des  vorliegenden  Werkes 
genugsam  kennzeichnet. 

Dafs  die  Ausstattung  eine  mustergiltige  und  speziell  die 
zahlreichen    Reproduktionen    nach    Handzeichnungen,  Kupfer 
Stichen  und  Holzschnitten  den  hö<  hsten  Anforderungen  genügen, 
ist  bei  dem  Weltruf  der  Verlagsnrma  selbstverständlich. 

Dr.  Th.  Voibchr. 


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-    253  — 


Von  neueren,  auf  die  Geschichte  Nürnbergs  bezüglichen 
oder  mit  ihr  im  Zusammenhang  stehenden  literarischen  Erschei- 
nungen, deren  Besprechung  wir  uns  für  eines  der  nächsten 
Hefte  unserer  >  Mitteilungen vorbehalten,  fuhren  wir  noch  an: 

Albrecht  Dfirers  Aufenthalt  in  Basel  1492 — 1494,  Von  Daniel 
Burkhardt.    G.  Hirth,  18Q2. 

Albrecht  Dürers  Leben  und  künstlerische  Thätigkeit  in 
ihrer  Bedeutung  für  seine  Zeit  und  die  Gegenwart.  Von 
Dr.  A.  von  Eye.  Verlag  und  Druck  der  Kunstanstalt  (vor- 
mals Gustov  SeiU)  A.  G.  Wandsbeck,  18Q2. 

Albrecht  DCIrers  venetianiacher  Aufenthalt  1494 — 1495. 
Mit  7  Lichtdrucken.  Von  Dr.  Gabriel  Terey.    Strassburg,  J.  G. 

Ed.  Heitz,  1892. 
Das  alte  Nürnberger  Kriminal- Verfahren  bis  zur  Einführung 
der   Carolina.    Nach     Ratsurkunden    erläutert.  Inaugural- 
dissertation. Von  Hermann  Knapp.    Berlin,  1891.  Druck  von 
Leonh.  Simon. 

Das  Bayerland.  Illustrierte  Wochenschrift  für  bayerische  Ge- 
schichte und  Landeskunde.  Herausgegeben  von  G.  Leber. 
Druck  und  Verlag  von  R.  Oldenbouig  in  München.  3.  Jahr- 
gang, 1892. 

Der  Reichstag  von  Nükmberg  anno  1480.  Inauguraldisser- 
tation, verfafst  und  der  hohen  philosophischen  Fakultät  zu 
Heidelberg  zur  »langung  der  i  iuKtorwürde  vorgelegt  von  Karl 
KUäfner.  WUrzburg,  Kohl  &  Heckerische  Buchdruckerei.  1892. 

Drescher,  Carl.  Studien  zu  Hans  Sachs.  Marburg,  N.  G.  Elwert- 
sehe  Verlagsbuchhandlung.    1890.  L  1891.  Neue  Folge. 

Geschichte  Bayerns  von  Sigmund  Riezler.  l — III.  Band. 
Gotha,  Friedrich  Andreas  Perthes.  1878.  1880.  1889. 

Geschichte  der  Münzstätte  der  Reichsstadt  Nürnberg.  Von 
C.  1*.  Irebert.     Nürnberg,  L.  Schräg,  1891. 

Gregor  Heimbarg.  Von  Paul  joachimsohn.  Historische  Ab- 
handlungen aus  dem  Münchener  Seminar.  Herausgegeben 
von  Th.  Heigel  und  J.Grauert.  Heft  1.  Bamberg,  Büchner,  1891. 

HohensoUerische  Forschungen.  Jahrbuch  fdr  die  Geschichte 
des  deutschen  Kaiser-  und  preufsischen  Königshauses.  Heraus- 
gegeben von  Dr.  Chr.  Meyer,  k.  pr.  Staatsarchivar  I.  Cl. 


—    254  — 


Erster  Jahrgang,  erster  und  zweiter  Halbband.    Berlin,  Verlag 
von  Hans  LUstenöder,  1892. 
Schumann ,  Dr.  G.    Hans  Sachs.    Ein  deutscher  Handwerker 

und  Dichter.  Nach  seinen  Dichtungen  für  das  deutsche  Volk 
dargestellt.    Neuwied  und  Leipzig  ISQü. 

Stammbaum  der  Gesamtfamilie  Glafey  ^einscldieisiich  189U). 
Zusammengestellt  durch  Gottlob  Glafey.  Nürnberg,  1891, 

Zum  Gedächtnis  des  fürstlich  Oettingen-WaUersteinschen 
Domfinenrats  ond  Vorstandes  des  f&rstUchen  Archivs 
und  der  Kunst-  und  wissenschaftlichen  Sammlungen  in 
Maihingen  Herrn  Dr.  phU.  Wilhelm  Christian  Eberhard 
Friedrich  Preiherm  LÖfielhols  von  Kolberg,  gestorben 
den  15.  Mai  1891.    Als  Manuscript  für  Freunde  gedruckt. 


Wirersuchen  die  Herren  Verleger,  neue,  auf  die  Geschichte 
Nürnbergs  bezügliche  oder  mit  ihr  im  Zusammenhang  stehende 
literarische  Erscheinungen,  deren  Besprechung  in  dieser  Zeit> 
schrift  gewünscht  wird,  uns  rechtzeitig  zugehen  zu  lassen. 


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Literatur- 

UND 

Kunst-Anzeiger 

DER 

MITTEILUNGEN 

DES 

VEREINS  FÜR  GESCHICHTE  DER 
STADT  NÜRNBERG. 
X. 


'  0^  Anzeigeii  finden  im  Literatur-  und  Kunst -Ansdfer  der  Mit- 
teilungen des  Vereins  für  Geschichte  der  Stadt  Nürnberg  wirksamste 
Verbreitung.  Preis  der  Vollseite  Jl  30.—  ,  der  halben  Seite  20. — , 
der  viertel  Seite  Jt  10. — .    Aufträge  nimmt  die  Verlagsbuchhandlung 

I  Joh.  Leonh. Schräg, Nürnbcrg,K6nigsstrassc  15  entgegen.  Dieselbe  Firma 
besorgt  aiu  Ii  tlcn  litcrarisrhen  Tausi  In rrkehr  des  Vereins  fürGeschichtc 

I   der  Stadt  Nürnberg  und  vermittelt  ßeischlüsse  auf  Buchhändlerweg. 


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j  ♦  iLü  *  G  *  EI + *    *  III  * *  i^«  ♦  Cä  *  ^□i  *  o  ♦  a *  ^"  *  "=53 


— «  Q.  Hirth's  Kunstverlag  In  München. 


Albrecbt  DOrer's  Aufenthalt  in  Basel  1492— UM 

von  Dr.  Daniel  Burckhardt, 

C^ODMmtor  der  Oflcndidwn  Kuoilnininhiqg  in  ButL 

7  Bogm  hoch  4°,  mit  15  Text -Illustrationen  und  50  Lichtdrucktafehi. 

Ladenpreis  elegant  broch.  J6  20.-  . 

Auf  Grund  noch  völlig  unbekannter  kümtlensdier  Akt«o,  di«  hier  nun  «nten  Male 
gubUfieit  rind,  wird  der  Nachweis  geleistet,  da«  der  grcMM  NHrnbeii^  Mebter  DSier  vom 
Spädahr  1492  bä  FrOhJing  1494  in  Basel  w^te,  da«*  somit  die  adion  seit  lanüreni  zur  kunst- 
Kescllditlicnen  Thatsache  eniobenci  Hypothcae  von  einer  ersten  Reise  Diircrs  nach  Venedif;  unhalt- 
bar geworden  ist.  Die  Publikation  bringt  ausserdem  iMKh  ein  eigi-nli-indi^ci-s  Sthnfutiirk  'U- 
jungen  Dürer  /um  .\l>ilr»ck,  aus  welchem  die  Anwevnlurt  de«  KQnt>ilcr!>  ia  UjLsel  während  der 
gcnanntfii  Jahre  zur  l'lv  idcn/  hervorgj'ht ,  il.iv-  dir  Mutm.is-ung  von  Ruroohr,  dlM  AlbfOdlt 
Dürer  als  Zeichner  tür  iiaslerischc  Omsincn  thät^  gewesen  «ei,  sich  bewahrheitet. 

Die  köstlichen  FederxcichnuageB  (flimtKch  inOriginalgrüsse  reproduziert),  «raldie 
in  der  Sdiriit  rar  Publikation  gelang,  werdeDt  von  ihrem  hoben  kumtwinenschaftiidien  Wert 
abgewihen.  stets  als  hultntyechicfatiidies  Denkmal  m  betradilea  sein. 


Pdter  Flötner  Daeh  seinen  lanheidinHnsen  und  Hoiiseiinittett 

von  Dr.  phil.  J.  Reimers, 

t.  Z.  Direktor  des  Provinziaknuaeums  in  Hannover. 
16  Bog-en  hoch  4"  mit  93  Illustrationen.    Ladenpreis  brochiert  6  tü. 

Die  vorliegende  ArWit  fuhrt  uns  einen  Nürttber>;er  Künstler  der  ersten  Hälfte  des 
16.  Jahrhunderts  vor,  von  dem  bis  dahin  sehr  wcnif;  liekannt  geworden  war.  Die  eingehende 
Beqtrediung  dar  Werke  Fltftner's,  die  zahlreichen  Uluatiationen,  emrie  die  aosi&hrlicbe  Bnchreib« 
niig  der  einiebien  Werke  des  Menten,  dürften  ifieae  Sduift  in  einer  willkommenen  Gabe  machen 

r"ir  ^  r!  n,  v.  1      -  -'  -f-  r-r*  i1  ^  dfkfirativfn  Kunst  dii«  i6.  Jabrhund«Tts  l>--><    ^mI^jch  will. 


*] 


Im  Verlag  von  C.  Brügel  &  Sohn  in  Ansbach  ist  erschienen  und 
dturdi  jede  Buchhandlung  zu  liehen  r 

Erinnerungen 

an  dTe 

Hohenzollemhenrschafl  in  Franken. 

Von  Dr.  Julius  Meyer. 
Mit  20  Abbildungen.    Elegant  geb.    Preis  M  4.S0. 

Das  unserem  regierenden  Kaiser  gewidmete  und  ele$(ant  ausgestattete  Werk  eriählt  in 
lichtvoller  gewandter  Darstellung  das  Wirken  und  \\  a'.t.  ii  der  HohenzulU-m  in  ihrem  Stammlande 
Fniakeo  «nd  gibt  der  Zutaamengeharigkeit  cwiacben  Nord  und  SOd  dt*s  I>euttchen  Vaterlandes 
beredten  Auidiitck.  Paeoadeim  Wert  bieten  die  beigegebenen  Abbildungen. 


Verlag  m  Emst  Wasmnth,  Arohitektnr-Bnchhandliuig  j 

Malerische  Aneichten  aus  Nürnloerg 

Lorenz  Ritter.  ' 

25  Kadicrungen  mit  illustriertem  Text  von  Dr.  Robert  Dehme. 

In  Praclntbat:ici.  —  T=>reie  MVc.  33.—  .  ' 

^  ^  Vorrätig  in  allen  Buch-  und  Kunsthandlungen. 


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und  künstlerische  Thätigkeit 

in  ihrer  Bedeutung 

für  seine  Zeit  und  die  Gegenw£Lrt 

voo  Dr.  A.  von  Cy«. 

Gross  Quart  mit  einer  Heliogravüre  nach  dem  Dürer-Original  in 
der  Münchener  Pinakothek:  das  Porträt  Dürer  s  und  einer  Chromographie: 
das  Porträt  Hieronymus  Holzschüher  von  Dürer  nach  dem  Ohgixial  im 
Kgl.  Museum  in  Berlin. 

■«•lAii^icmi  CMMiliNr«  i«henet  i«  Mk.  -  Nftch  Art  if  u t be'MiMr  L«i«r|amar  ta 

Calleo  )tu  Mk.  —  in  L«der  ii  Mk. 

Wiu  die  groiSf  itali<-nbcbe  OrdxaU :  Leonardo  da  Vinci,  Rafaet  Saati  und  Michel 
AnKelo  den  Ländern  jenaeitB  der  Alpen,  das  wurde  und  bradite  neben  wenigen  Genooeo 
Albrecnt  DQrer  den  Bewohnern  des  Xordens.  tHlrer  gab  um  eine  Wiedergeburt,  aber  er  holte 
sie  nicht  TiIm  t  die  AIjk  u,  sinitlem  schöpfte  sie  aus  ilcr  tirfetcn  und  eigenstrn  X.iUir  •^•incs  Volkes  n  l 
trat  in  diis>T  l^f/ictmtiK  s<i  s«'1hRfänd!^  .iiif,  rt.Tss  aii<h  ein  länRcrcs  Vcrweili'ii  aui  klajsaisclu'ni  Ho»U ü 
ihn  in  Bwtu^  .ml  •^■inc  Kunst  M)  i^iit  SS  ii-  iiiilH-rUhrt  lifv-i. 

5yt-\n  I.clwn  und  »eine  künstlerische  i  hätigkeit  in  ihrer  Bedeutung  lür  die  damalige  Zeit  und 
die  Gegen vs .LI t  >chtldert  Dr.  A.  von  Eye  unter  Berücksichtigung  der  Rnultate  neuester  Forsch- 
ungen. —  Der  VeHaMcr,  ab  DQterken'ner  beriUimt  und  vieliacb  dtiert,  hat  sein  LieUiiuntfaema 
menterhaft  dnrchgefiihrt  und  der  IjMtrmtU  hier  daa  wertvolbte  Werk  3ber  den  berOhaiteitett  KBattler 
Deutichlandi  daifehoton. 

Wir  bringen  das  in  unserem  Verlage  erschienene 

BILDNIS 

des 

Hieronymus  Holzschüher 

Bürgermeisters  in  Nürnberg  1509, 

1526  gemalt  von 

^Ibrecht  i)ürer 

in  empfehlende  Erinnerung. 

—  Das  Ori^^nal  im  Kgl.  Muaenm  tu  Berlin  kostete  350,000  Maik.  — 
Die  nMdall«>Beprr»«!uVtii  II  fn  OrtfiaalgrrMNe  (&0<   :  ttT'    ( Ki  >  und  in  QrlglMilnilm«B 
mit  UlaKtliür  wie  Im  Berliner  Mutieam  luü  Mk. 
ta  1t  Cm.  hrciteH  fdufanm  Bahn««  nH  QeMreriai*  mter  «Um  fO  n. 
Ohne  Bahnen  aaf  Ueitpaneel  71  Vark. 

Über  die  FacsimUe-Reproduktion  urteilt  Dr.  von  Eye  fcdgendermassen: 

(»Der  mmriniilentlk'hen  Ausbildnng ,  welche  die  ChromofFaphte  in  den  lelaten  Jahren  und 

naineatli^  in  Gustav  W.  Reitr  Artistischer  Anütiilt  «u  Wandslx-ck  gewannen,  war  es  vorbehalten, 

den  Cm  iiuss  <1i  -i  Itciii  n  Kunst\s (  rkrs  ili  n  üu  '.-ti  n  Kreis«*n  zugänglich  zu  in.n  li<-ii.  Mit  citu  ni  Auf- 
wand)- Sun  Mitti  lii  ,  SM!  '-■i-  in  m lUstid»  ictii  IhLuke  nur  dem  Faihniamu  Ii  ■  :ith',i!li-ti  ,  nn'-  i-im  r 
KÜnstltTM  h.ift,  <lir  i;<-ti.>ii  \s  ii  Inn  HerntelKir c  riiit")»  Originale«  v<im  ersten  l  'i>ti-ik,'Tuiuli'  hi-  ;'nr  l«  t/'..'ii 
I^wr  die  KariHone  zu  ber»*<-hnen  wusste ,  mit  einem  Krfdlge  endlich,  der  den  iJev,!  ii,  d^ss  in 

der  genannten  WerkAtatt  kunsttivhnis»  he  Schwierigkeiten  kein  Hinaffois  mehr  bi-  n  ti  mul  geistige 
Kräfte  wirken,  denen  keine  Höbe  der  Kumt  unnuEänglich,  hat  jc>ne  nunmehr  da»  llildnis  des  lliero- 
nymut  Holnrlniher  In  Or^nalicrOise  und  der  Ahnn^eit  eines  Facsimile  wiederi^Kvben .  Durch  dies«* 
LetstuufT  ist  ohne  Zweifel  die  Chromographie,  der  man  bis  dabin  nur  den  Rang  rinea  Stkifkindee  ein» 
zurStmien  geneigt  s«hi«'n,  volbHlndiK  lei;itimi»Tt  und  in  die  Reihen  der  wirklich  hernürfien  venrtelÄl- 
ti^^riMli  n  Kiiriüte  eingetreten.    Welt  inr    wie  es  früh«-r  zum  1*11  Ai  r  T  ill  w.n,  tmr  .nif  iiiocha- 

tus.  hcm  W'i-ijf  tu  repriidtuieren.  h.it  111  tum-ier  Zeit,  und  vor/ugswem»  m  der  Kunstanitalt  zu  Wands- 

)n-(  k  .  ein  \'<'ri.ihri'n  sii  )i  in  rauv  gebildet,  »Iiis  sa-i\-«-  Mittel  nicht  .indeii  bnucht ,  als  der  Maler  den 

I"ms<-1    <!«T  K "T  ti  i-vitttla-r  Jen  firalwtichel  oder  du-  K  ulicnirulfl." 

Kunstanstalt  (vorm.  Gustav  W.  SeiU)  A.-G.,  Wandsbeck. 


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Verlag  von  Heinricb  Keller  in  Frankfur!  a.  M. 

vm  Eswvmem,  Dr.  Aug.,  Mittelalterliches  HauslMich.  Bilder- 
handschrift  des  15.  Jahrhunderts  mit  vollsiandigem  Text 

und  faksimilierten  Abbildmii^^cTi.    Klein  Folio  .    .    Mk.  36. — 
vm  Essenwein,  Dr.  Aug.,  Kunst-  und  Kulturgeschichtliche 
Denkmale  des  Germanischen  Nationalmuseums.  Eine 

Sammlung  von  Abbildungen  h«rvorragcnder  Werke  aus 
sämiÜc  hen  Gebieten  der  Kultur,  zusammeng^cstellt  und  allen 
Freunden  der  deutschen  Vorzeit  gewidmet.  120  Holz- 
schnittafeln  mit  2  Blatt  Text   Quart  cart.  .   .   Mk.  27.— 

von  Essenwein,  Dr.  Aug.,  Hans  Tirols  Holzschnitt,  darstellend 
die  Belehnung  König  Ferdinands  I.  mit  den  Österreichischen 
Erbiändern  durch  Kaiser  Karl  V.  auf  dem  Reichstage  zu 
Augsburg  am  5.  Sept.  1 530.  Nach  dem  Original  im  Besiti 
der  Stadtgenieindc  Nurnberj^.  18  Tafeln  mit  8  Seiten 
( )nginal  Tf.'xt  und  4  Seiten  ^"orr^  :lp    Imp'-rial  I"f>l!o  Mk.  45. — 

von  Essinwein ,  Dr.  Aug.  Die  farbige  AussiaUung  des 
sehneckigen  Schiffes  der  Pfarrkirche  zum  HI.  Gereon 
in  Köln  durch  Glas-  und  Wandmalereien.  36  Farben-  und 
Schwamirucktafeln.  2 1  Seiten  i  ext  in  grusstem  Folio- 
Foniiat.    80x64  cm  in  Mappe  Mk.  240.— 

von  Hejner  Alteneck,  Dr.J.  If.  Eisenwerke  oder  Ornamentik 
der  Schmiedekunst  des  Mittelalters  und  der  Renaissance. 
2  Bände.    168  Kupfertafeln  mit  i  ext  .    .    .    .   ä  Mk.  42.— 

von  Hefner  AUeneck,  Dr.  J.  H.,  Trachten,  Kunstwerice  und 
Gerätschaften  vom  frühen  Mittelalter  bis  Ende  des  18  Jahr* 
hunderts  nach  gleichzeitigen  Originalen.  Zweite  vermehrte 
und  verbesserte  Auflage.  720  Farbendrucktafeln  mit  Text, 
to  Bände  Kl.  Folio  in  Cartonmappe  ....  Mk.  1200. — 
10  Bände  in  Halbfranz  }j;tbunden  >     1300. — 

von  Hefnn-  AUcHiCk,  lh\  J.  H.,  Ornamente  der  Holzsculptur 
von  1450--1820  aus  dem  königl.  bayer.  Nationahnuseuin  zu 
München.  4oLichtdrucktafdnm.Text  Folioin  Mappe  Mk.  32.— 

vm  Hefner  Altencck,  Ih  /  H.,  Deutsche  Goldschmiedewerke 
des  16.  Jahrhunderts.  30  Tafeln  in  reichem  Gold  und 
Farbendruck  mit  Text    Kl.  Folio  in  Mappe  .    .    Mk.  75. — 

von  Hdner- AUeneck,  Dr  J.  H.,  Orlglnalseichnungen  deutscher 
Meister  des  16.  Jahrh.  zu  ausgeführten  Kunstwerken  fiir 
Könige  \-on  Frankreich  u.  Spanien  u.  andere  Fürsten.  18 
Lichtdruckliifcln  u. 3  Bogen  Icxt.  (.r.  Folio  in  Mappe  Mk.  25. — 

Riehi,  BetHkolä,  Professor  Dr.,  Deutsche  und  italienische  Kunst- 
Charaktere,  ('.r.  dktav.  254  Seit,  mit  i6.\hbild.  Mk.  7.60 

Thodc,  J/e/tn-,  Die  Malerschiile  von  Nürnberg  im  XIV.  und 
XV.  Jahihunderi   in   ihrei    Entwicklung  bis  auf  Dürer. 
Cir.  Oktav.   XVI,  332  Seiten  mit  32  Iltustrationen  Mk.  12.— 
In  Halbfranz  k<  Kunden   »  15-^ 

IVarnecke ,  /•'. ,  Heraldisches  Handbuch  für  Freunde  der 
Wappenkunst,  sowie  für  Künstler  und  Gewerbetreibende. 
6.  Auflage.  Gr.  Quart.  VI,  52  Seiten  u.  36  Tafeln  mit  3 [3 
Handzeichnungen  von  E.  Döpler  d.  J.  Elegant  cart.  Mk.  20. — 


Gebert,  C.  F.,  Geschichte  der  Münzstätte  der  Reichs- 
stadt Nürnberg.    Mit  einer  Abbildung  des  alten  Nürnberger 
^  Münzhauses,  2  Münzmeisterporträts  und  6  Munzabbildungen.  8  '.  ,  fi6.^ . 

Mummenhoif,  Das  Rathaus  in  Nürnberg.  Mit 
Abbüdungen  nach  alten  Originalen,  Mafsaufhahmen  etc.,  sowie  nach 
A.  V.  Essenweins  Entwürfen  von  H.  Wallraff.    Im  Auftrag  und 

mit  Unterstützung  der  .Stadt  Nürnberg,  herausgegeben  vom  Verein 
für  Geschichte  der  Stadt  Nürnberg.  Lex.  8".       25.-,  geb.      28.— . 

Nürnberg.  Festschrift,  dargeboten  den  Mitgliedern  und  Teilneh- 
mern der  65.  Versammlung  der  Gesellschaft  deutscher  Naturforscher 

und  Ärzte  vom  Stadtmagistrate  Nürnberg.  Herausgegeben  im 
Auftrag  desselben  von  Dr.  W.  Beckh,  Dr.  F.  Goldschmidt,  E.  Hecht. 
Mit  vielen  Abbildungen  und  l'lancn.    gr.  8".    J6  5. — ,  geb.  «Äö.-  . 

Quellenschrift^  und  Abhandlungen  zur  Staats-, 
Kultur-  und  Kunstgeschichte  der  Reichsstadt 

Nürnberg.  I.    Kamann,  Johann.   Die  Fehde  des  Götz  von 

Berlichingcn  mit  der  Reichsstadt  N'iiinl)erg  und  dem  Hochstift 
Hamberg  1512  1514.  Ein  iJeitrai;  /iir  ( leschichte  der  öfVcntlirhen 
Zustände  Frankens  nach  dem  ewigen  Landfrieden  und  zur  Charak- 
teristik des  Kitters  mit  der  eisernen  Hand.   8^  M 


MS 

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Wik.  Stiriirlt  Ii  Btriii  cncliei  Urzllcl 

fiie  Könige  von  iFGussea 
sind  Hohcnzollorn 

niel  it        )ei  il  )er{>>;er. 

Widfrlfgnn;.'  (hr  Sflirift  Chri.stian  MfvtTs 
ober  die  Aliohrrrrn  An  diDtsciieD  kiiiHerkauNrs 

von  Ludwig  Schmidt 

Vrrfiiwrr  der  ..Sitpstm  f?Mc!i!rMp  des  rrlatirhten 

<  ii-^.imlll.lH-..'-  ri    ,  -Ml  I    1  ." 

Preis  Mk.  2.50.  Alle  Buchhandlungen 
des  In-  n.  Anslandes  nehaen  Bestellunatn  an. 


Verlag  von  C.  Bertelsmann  in  GQtersloh. 

Alt-Nürnberg  in  seipen  Gottesdiensten. 

Ein  Beitrag  zur  Gesciiichtc  der  Sitte  und  des  Kultus. 
Von  M.  Herold,  Pfarrer  in  Schwabacli. 

Mit  einem  Bilde  der  St.  Sebalduskirche. 

In  feiner  Ausstattung  mit  roter  Linieneinfassung. 
4  Mark,  geb.  4  Mark  80  Pfennige. 


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Verlag  von  Max  Niemejer^  Halle  a.  S. 

Dürers  schriftlicher  Nachlass 

u(  tiruad  iier  Origiotl-Haadschrifieii  inid  teilweise  oeu  euUeckter  alter  Abschriftea 

Ti  c  r.msgegeben 

von  Prof.  Dr.  Lange  und  Dr.  F.  Fuhse. 
Mit  einer  Lichtdrucktafel  und  8  Textillustrationen  8"^.    Preis  Mk.  lo. — . 

Vorx*ätig  in  allen  Buchhandlungen. 


Herder  sd)e  Verlagshandlung  zu  Freiburg  im  Breisgau. 


i 


Durch  alle  Buchhandtungfen  zu  beriehen: 

Kaufmann,  L.,  AlbrecM  Dürer,  Zvvcrite  AuHage,  mit  i  Heliogravüre, 
5  Lichtdrucken  und  8  Hobschnitten.  gr.  S'*  (XIV  und  184  S.)  ^tf  6.^. 
geb.  in  Leinwand  mit  reicher  Dedcenpressung  JiB, — . 

Inbalt:  I.  RcichssUüt  NUrnbcrx.  —  H.  Die  lugcndxeit  Dürers.  --  III.  Dürers 
V\-rheinitung  und  erste  künstleruche  Thä%keil.  —  IV.  D«'  Kcist-  nai  h  Wnodig.  —  V.  Dürer 
auf  der  Htfhr  seiner  Kunst  als  Maler.  —  VI.  DQrrr  ab  Mdrtcr  im  Zt-iolincn  und  Kupfer- 
•tedien.  VII.  Die  diri  grossen  Holncfanitt-Folgen.  —  VIll.  Dürer  und  Kaiier  Maxioiifan 
der  Errte.  —  IX.  Die  Rebe  n.ich  drn  ^ederianden.  —  X.  Die  letiten  Leben^ilire  pfire».  — 
Xf .  nürt  r  und  dir  Rolormiition.  —  Xll.  Die  Nachwirkung  Dürrns  auf  dif  iqwtorc  Zeit. 


Vtriaa  wbw  J,  J.  WEBER  in  LEIPZIG, 

Hans  Sachs  und  seine  Zeit 

Ein  Lebens-  und  Kuiturbild  aus  der  Zeit  der  Reformation 


t 


Jugend  nnd  Wanderacbaft  des  Hans  Sach» 
KOrkkohr  dos 


RUDOLF  OE^N^E. 

Mit  166  in  den.  Test  gedruckten  Abbildungen.  Fai  -imilcs  nai  h  den  Handschriiten  und 

NotenbetIagi*n  von  Moisterlirdem. 

inbAlt: 

Erstes  Kapitel:  Die  Reirlntadt  Kihmbcff  im  fBiiixelinl|en  Jahrhondert. 
Zivdlc» 
Dritln 

Vi»Tt«"s 
Fünft»-« 

Ni-unte» 
/ehnle» 
Elftes 
ZfriÜfles 

Anhang : 


li.ins  Sachs  in  die  Hrimat  und  Heirat. 

:      y<itn    \h-'i:t.rn^r-^;ini^  /UI    Krli  ir  ;uation. 

|)<  i  \  ii!kMlich{»'r  tU  r  K«*tonnation. 
( "l.iulu  n^i.  stigkoit  im  Sturm. 
:    Hichtung  und  Ix'bcn. 

>  :   Ilausfrii-dc.  Fli-iat  aad  Gbuibenatmir. 
:    Die  Meistersinger. 

>  NOmbery  in  Kot. 

>  :   Die  Sihaunpit'lp  des  Haut  Saclw  und  die  thentmliiichen  Auänhnmgm. 

«     :    r^etrtt»  I^-brns/cit. 

I.  <  icsiirjf{w»-i'*fn  der  Mfist<Tli«sl«»r. 

II.  Dif  Schul« irdnuni;  dor  NümlHTK'T  M.  l^it  i«^!ni{or  vom  Jahn*  »S-JO« 

III.  Klajjspruiii  di'r  Siadt  Numborn, 

IV.  Gedirhl  von  der  Hinunctialirt  Markgraf  Albrecbts,  ($57. 
V.  Gedieht  auf  den  Tod  von  Hans  Sachsens  vKeben  abgesrbieden  Grmahel 

Kunigiind  ,  i  s'o. 
\'I.  Da.s    Valrtc    «xlt-r    Sumtn.i  aU'  meiner  dediiht  ,  >5W- 
\'II.  Kleine  Ivrisihe  (li-dichte.  aus  dw  Diehl«'rs  Handschnnett. 
\'III.  Aus  Hciiu-in  hatidxhnltlirhen  Generalregis^ter. 
.\nmerktitn;eti,  ICrjränzuu^ren  und  Nachweise  sü  den  Kaffttoln  1— la. 
N'anien-  und  S.ichr**){ist«T.     !  i'cr.tiiir. 

Ulf  rr«ii  1«  I.,  ii  f rif .-Uiieibl.  U I.  Iii  aicl  ieSürftfiagti  ti  J«  1. 1.26  ii  Mein* 


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Verlag  von  J.  J.  Weber  in  Leipzig. 


das  sind  NQrnberglsche  Novellen  aue  alter  Zelt. 

Zfacfai  einer  Handsc  hrift  des-  1*^.  TfilirHQndert« 

von  Professor  Dr.  Aug".  Hag-en, 

St^chste  Auflage. 


 i 

Verlag  von  £.  A.  Seemann  in  Leipzig. 


Oesohielnte  «einee  Lebexi»  uirxd  «einer  Kunst 

von  Moriz  Thaiuiiig. 

Mit  lUustratioaen.  —  Zweite  verbesserte  Auflage. 
3  Bände  en^l.  Kart  ^41  20.—,  in  Halbfranz  gebunden  Ji  24.—. 

Ihausint;>  I  )i'uiTlii< ijjr.ipliii-  >;i-lir'rt  /u  den  r(  lt>tfn  im>l  Im  iii  vi»lli-ii<irtv'.i  :i  At lii  iti  ii  .tut 
kmisti^cschicbUtcbcin  Grbirt.  Zeugnis  dallir  ist  ikr  L'nisUnil,  da»  da»  W  erk  in  i-incr  engliücbcn 
vmä  eiaer  ftaailMiclieo  Übenetnne  mdden. 


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4£ 


&  Deutsch-OskiTeiclis 


mit  Einbezug 

der 

aUgemeinen  Stiftungen 

rar 

Studierende,  Fräuleins, 
Witw»  u.  WttBen,  OfOzieTe, 
Sftiuitler  «« fl.w. 

I.  Teil  (121  Stiftungen)  M  2.  — 
11.   „    (292       „      )  Jk  b.- 


im  .Spessart  in  Sa^e  und  Ge- 
schichte, Mit  1  Titelbild.  2  Plä 
nun,  4  Bildern  u.  l  Karte.  Ji  4.- 

Edelmann,  Aug.,  Schützen- 
wesen und  Schützenfeste  der 
deutschen  Städte  vom  13.  bis 
1».  Jahrhundert  Mit  5  Abbil- 
düngen    •  •  •  •   .  «/W  3>— 

Mayer,  Dn  Manfr.,  Bayerns 
Handel  im  Mittelalter  und  in 
der  Neuzeit  Historische  Skizze. 


Kl 


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SIGM.  SOLDAN'sche 

Itf'Bltt-  iri  tlüMIli 

(inhicdV)er:  August  Zemschj 
NÜRNBERa 

Alleiniger  Verlag 

von 

„Ä.  Dürer  s  Kupferstichen." 
A.  Diirar's  Bsnälils  ind  Handzilchnungen. 

Originale  von  A.  I-)ürer.  -t^^  ■ 

 4 — .  

Verlag  von 

S#  P«4«nefeliitoff(|«R  von  Nffrnbern  Preto  I  #  Pf.  niiaiir(|es(vgeii. 


Vefiagsanstalt  für  Konst  uii<i  Hissenscliaft  vorm.  Fricdr.  Brnckmaun  in  München. 

Die  Rochus-Kapelle  zu  NQrnberg. 

Eine  kunstgeschichtliche  Studie  von  Hans  Stegraann. 
gr*  8*  5I  Sdten  mit  3  TextiUusiracionen  und  7  Kaasteitigcn  Tafeln  Mk»  s*'~* 

Kaiser  Max  bei  DQrer. 
Photographie  nach  dem  Otigioal  von  K.  Jaeger. 

Facsiinilcfotinat  auf  Carton  .  Mk.  30. —       |       Foliofonirn;  .ivJ  rartun  Mk.  j. — 

Impciialfuriiiat      ,,       ,,        ...  i». —  K;*bincH(>; m.  •  ,  ut  „       ....       „    t. — 

Kaiser  Otto  III.  in  der  Gruft  Karls  des  Crossen. 

(Wmndgemilde  in  Germanischen  Mu.seuin  in  Nürnberg) 
TOD  Wilh.  von  Kaulbach. 

Royalformal  Mk.  7.50  Kabinetiormat   ........    Mk.  i.^ 

Folielönnat    n  3< — 


Illustrierte  Geschichte  der  Stadt  Nürnberg' 

von  dem  ersten  urkaodlichen  Nachweis  ilires  ücsielieus  bis  auf  die  atucüic  i^eii 

von  JOH.  PAUL  PRIEM 

v.'ei.ai.d  Cuatcä  der  3t,aci':  .■;  ..c*hsk  zu  Kura-srg. 
Zweite  Aeflage.   -     Herausgegeben  von  Dr.  EmII  Relelie 

Anmlmt  an  der  Stadthiblindiek  und  am  Stadt.  Archiv  in  Nnrnbrix» 

lit  ii«iMllliftriUMW.—  UMmamn  sM.^>,  oonpleU Preis  M^.—t  gebiiii<ett.lf  12.- 
Vcf lag  der  Joh.  Phil.  Raw'scheo  Buchhandlttog  (j.  Braun)  in  Niiroberg. 


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Bildnis  Kleeber^^^s, 

gemalt  von  Albrecht  Dürer. 


Mitteilungen 

des 

Vereins  für  Geschichte  der  Stadt 

Nürnberg. 


NÜRNBERG. 

VERLAG  VON  JÜH.  LEUNH.  SCHRÄG. 
(In  Kommission.) 
1893. 


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Königi.  itajer.  HoJbuchilnirkiTi  i  Ku  I'.  ).  itifUng-Hicu,  Xiirnlu-rig, 


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Inhalt 


Abhandlungen  und  Quellenpublikationen: 

Hans  Kleberg,  der   =gute  Deutsche«,  sein  Leben  und  sein 

Charakter    Osrhildert  von  Dr.  Richard  Ehrenberg,  Altona  l 
Zur  Nürnberger  Kunsticrgeschichte.    Von  Dr.  E.  Wemicket 

Herlin    52 

Nürnberg  in  der  Milte  des  dreifsigj.ihrigen  Krieges.  \'on 

Dr.  Stefan  Donaubauer,  Nürnberg   69 

Beiträge  zum  Briefwechsel  des  älteren  Hieronymus  Baumgärtner 

und  seiner  Familie.    Von  Univ.-Prof.  Lic.  Dr.  Nikolaus 

Müller.  Berlin   241 


Kleinere  Mitteilungen: 

Die  Wietieraufrichtung  (k  r  I.,iti«l\vciit  im  Jahre  1499  und  den 
folgenden  Jahren  uiul  die  svciiere  Wc^rin  kiint,-^  der  Fraisrh- 
säulen  von  der  .Siadt  1.  j.  1504  —  Anlussu  zu  Irrungen 
zwischen  dem  Markgrafen  Friedrich  von  lirandenburif  und 
Pfalzgraf  Ruprecht  wegen  der  Landeshoheit  um  Nürnberg. 
Von  Emst  Mummenhoff   267 

Beiträge  zur  Geschichte  des  »freien  Handwerks«  der  Maler. 
Von  Emst  MummenhofT   271 

Der  Rat  der  Stadt  Nürnberg  als  Taufpate«  Von  Max  Kohn  278 


Literatur: 

Das  alte  Nürnberger  Kriminalverfahren  bis  zur  Einfuhrung 
der  Carolina.  Von  Dr.  Hermann  Knapp.  Berlin,  1891. 8^  160  S.  281 

.Mbrecht  Dürers  Leben  und  künstlerische  Thätigkeit  in  ihrer 
Bedeutung  für  seine  Zeit  und  die  Gegenwart.  VonA.  v.  Kye. 
Kunstanstalt  X  ornials  Gustav  W.  Seitz)  A.-G.  Wandsbeck. 
1892.    2".    136  .S   .  283 

Albrrrht  Dtirrrs  Aufenthalt  in  Basel  1492  —  1494  \'nn  Dr. 
Daniel  iJurkiiardt.  München  und  LtMpzij,'.  (1.  Hirilis  Kunst- 
verlag. 1S92.  4'.  49  Seiten,  15  Tf\t-lIlustrationf*n  und 
49  Tafeln  in  Lichtdruck   2i>5 


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IV  — 


Seite 

Albrecht  Durcrs  Venetianischer  Aufenthalt  1494 — 1495. 

Dr.  Gabriel  von  T<?rey.  Strafsburg,  D.  H.  Ed.  Heitz.  1892. 

4**.    30  Seiten,  7  Lichtdrucke   285 

Die  Fehde  des  Götz  von  iierlichingen  mit  der  Reichsstadt 
Nrämberg  und  d«m  Hoch^fte  Bamberg  151t — 1514,  Ein 
Beitrag  zur  Geschidite  der  öffentlichen  Zustände  Frankens 
nach  dem  ewigen  Landfrieden  und  zur  Charakteristik  des 
Ritters  mit  der  eisernen  Hand.  Von  Johann  Kamann. 
Nürnberg,  Verlag  von  Joh.  Leonhard  Schräg,  1893.  8*. 
VI  11  und  138  Seiten   289 


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Hans  Klebergf,  der  „gute  Deutsehe". 

Sein  Leben  und  sein  Charakter 
geschildert  von 
Dr.  Richard  Ehrenber^t  Altona. 

L 

ÜeutsclK'  und  KranzosoM  luibcn  an  Han^  Rieberg  aus 
Xuiiilicrg,  dem  inerkwürdigeii  Manne,  der  unter  König  Franz  I. 
von  l'"rnnkreieli  in  Lvon  eino  so  grutse  Rolle  gespielt  hat.  oftmals 
ihren  liistorischen  und  psychologischen  Scharrblick  versucht,  ohne 
dafs  es  geUmgen  wäre,  über  seinen  Lebensgang  und  über  seinen 
Charakter  ins  Klare  zu  kommen.^)  Die  umfangreiche  Literatur, 
welche  sich  mit  Hans  Kleberg  beschäftigt  hat,  ist  derart  durch- 
setzt mit  unrichtigen  und  zweifelhaften  Angaben,  sie  enthält 
selbst  so  unvereinbare  Widersprüche,  dals  eine  kritische,  durch 
zahlreiche  und  wesentliche  neue  Nachrichten  ergänzte  Behand- 
lung willkommen  sein  wird,  trotzdem  sie  immer  noch  kein  ab- 
schlielsendes  Urteil  ermöglicht. 

Schon  Klcbergs  Abstammuni^  ist  dunkel  und  ungewifs. 
Nach  seinem  am  9.  Oktober  1528  abgeschlossenen  Khevertrag 
mit  Felicitas  Pirkheimer*)  war  er  der  Sohn  von  Hans  Kleberger 

Die  bisherige  Ltterfttur  vergleiche  am  Schlüsse.   Meine  neuen  Er- 

niiiirlungen  ^nul  folgenden  Archiven  entnommen-  Dem  Nürnlier^^er  Stadl- 
urchive,  den  Freiherrlich  Tucherschcn  und  inihofächcn  Kamilienarchiven,  dem 
lierner  Siadtarchive,  dem  Ainjsburf;er  Stadtarchive.  Ich  statte  den  Verwal- 
tungen dieser  Archive  meinen  Dank  ab  Auch  der  Tochter  de.s  leider  jflngst 
entschlafenen  D!cht<-r>  l'.rn^t  l*asque  hin  ich  zu  Danke  verpliiclitet,  weil 
&ie  mir  die  auf  Klei>erg  bezüglichen  Notizen  und  sonstigen  Materialien,  wekhe 
Pasqtt6  bei  Abfassung  seines  Romans  benutxt  hatte»  freundlichst  siir  Verfügung 
stellte.  Dieser  Roman  enthält  natttrlich  viele  freie  Erfindungen,  aber  daneben 
vortrefTliche,  {^elrene  Schilfler«n;^en  ;ui  <  der  Zeil  Klebergs  und  eine  in  hohem 
(irade  intereüsanle  Cbarakteriülik  desselben,  aus  der  auch  der  Historiker 
lernen  kann.   Hoffentlich  erscheint  die  Ersählong  bald  in  Bttchform. 

-I  Der  Vertrag  behndet  sich  unter  Lochners  Urkunden-Abschriften 
auf  dem  Nürnberger  Stadtarchive  'II.  951,  ist  aber  von  mir  nur  nach  einrr 
Kopie  des  Herrn  Majors  von  Imhof  benutzt  worden.  Die  Angaben  Kraffis 
in  der  Wiener  Zeitung  vom  13.  Oktober  1843  sind  offenbar  dieser  Quelle 
entnommen  worden. 

I 


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^  2 


und  Agathe  Zeidlerin.  In  Ergänzung  dieser  doch  gewifsi  authen' 
tischen  Angabe  wird  nach  nürnberger  Ermittelungen  neuerer 
Zeit  berichtet,  Kleberg  sei  aus  einem  alten,  aber  nicht  patrizi- 
sehen  Geschlechte  hervorgegangen,  sein  Vater  sei  seit  15 12 
Genannter  des  Gröfseren  Rats  gewesen  und  1519  gestorben. 

Damit  scheint  es  nun  aber  gar  nicht  tibereinzustimmen, 
dafs  Willibald  rirkhciiner,  der  Schwiegervater  KIcbergs,  in 
seiner  spater  noch  ausfuhrlich  zu  erwähnenden  Anklageschrift 
gegen  Kleberg  sagt,  dieser  habe  ursprünglich  Scheuhenpflug 
geheifsen,  sei  geringen  schiechten  Herkommens  gewesen  und 
von  auswärts  nach  Nürnberg  gekommen.  Vielleicht  wird  sicli 
in  Nürnberg  selbst  mit  Sicherheit  feststellen  lassen,  wie  diese 
Angaben  mit  jenen  anderen  zu  vereinigen  sind.  Aus  der  Ferne 
kann  ich  nur  eine  Kombination  versuchen,  die  indefs  auf  That- 
Sachen  fufst. 

Dafs  Klebergs  Herkunft  eine  niedrige  war,  geht  aus  seinem 
ganzen  l.ebensL:  inge  und  Verhalten  mit  Sicherheit  hervor.  Wir 
werden  /.ahlreiche  Belege  dafür  kennen  lernen.  Moglii  herweise 
haftete  aber  auf  seiner  Familie  auch  ein  wirklicher  Makel.  Denn 
ein  Wechsler  Wilhelm  Scheuhenpflug  war  im  Jahre  1427  unter 
Hinterlassung  grofser  Schulden  mit  Weib  und  Kind  aus  der 
Stadt  entronnen.^)  Vielleicht  war  Hans  Kleberg  der  Ältere  ein 
Nachkomme  dieses  Mannes,  hatte  einen  neuen  Namen  ange< 
nommen,  um  die  böse  Erinnerung  an  den  alten  zu  verwischen 
und  hatte  sich  dann  mit  seiner  Familie  wieder  nach  Nürnberg 
begeben. 

Andererseits  ist  aber  auf  die  Thatsarhe  hin/\i\veisen,  dafs 
in  Bern,  wo  unser  Hans  Kleberg  1521  das  Bürgerrecht  erwarb, 
nicht  nur  ein  Haus  »der  Kleberg«  existierte,  sondern  auch  eine 
Familie  dieses  Namens,  die  im  Jahre  1556  mit  Valentin  Kleberg, 
Apotheker  und  Herrn  von  Blumenstein,  im  Mannestamme  aus- 
starb. Ob  dieses  berner  Geschlecht  mit  den  nürnberger  Kle- 
bergs zusammenhängt,  wird  sich  an  Ort  und  Stelle  vielleicht 
ermitteln  lassen. 

Nicht  ganz  zweifelsfrei  ist  auch  die  .\ngal)e,  K1el)ergs  Vater 
sei  15 19  gestorben.    Wenigstens  heifst  es  in  dem  Testamente 

Hegel,  Slädtechroiüken  I.  374. 


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—   3  — 


des  Sohnes,  dieser  habe  sich  mit  seinem  Brader  Wolfgang  wegen 
ihrer  Erbteile  am  15.  Juli  1516  verglichen;  indefs  kann  das  ja 

auch  schon  zu  Lebzeiten  des  Vaters  geschehen  sein. 

Mit  Sicherheit  läfst  sich  feststellen,  dafs  Klebertc  um  das 
Jahr  1486  geboren  wurde;  denn  nach  den  Umschriften  eines 
im  Jahre  1526  von  Albrecht  Dürer  gemalten  Bildes,  sowie  zweier 
im  gleichen  Jahre  geprägten  PorträtmedaiUen  Klebergs  war  die- 
ser damals  40  Jahre  alt. 

Femer  erfahren  wir  durch  Willibald  Pirkheimer,  dafs 
Kleberg  frühzeitig  im  Handelshause  derlmhofs  thätig  war.  Wie 
aus  Imhofschen  Pamilienpapieren  hervorgeht,  trieb  die  seit  dem 
Jahre  14Q0  bestehende  Handelsgesellschaft  der  Brüder  Peter, 
Hans,  Kunz,  Ludwig  und  Jeronimus  Iinliof  namentlich  nach  ItaUen 
Handel,  beschickte  indefs  auch  mit  ihren  Faktoren  die  aufblühen- 
den Messen  Lyons.  Dorthin  kam  Hans  Kleberg;  doch  wissen 
wir  über  die  erste  Zeit  seines  lyonneser  Aufenthalts  gar  nichts. 

Ebensowenig  liefs  sich  bisher  ermitteln,  wann  Kieberg  aus 
der  Imhofschen  Handlung  austrat.  Wir  wissen  nur,  dafs  er 
jedenfalls  schon  um  1525.  wahrscheinlich  noch  viel  früher,  ein 
bedeutendes  eigenes  Geschäft  betrieb,  dessen  Mittelpunkt  Lyon 
war.  Diese  geschäftlichen  Besiehungen  waren  es  auch,  welche 
ihn  an  das  französische  Interesse  fesselten.  Denn  obwohl  er 
sich  vielleicht  zunächst  der  Reformation  anschlofs  —  wenigstens 
studierte  sein  Bruder  Wolfirang  1527  in  Wittenberg,  al)cr  Hans 
Kieberg  selbst  bekannte  sich  in  seinem  Testamente  zum  katho« 
lischen  Glauben  — ,  so  hören  wir  doch  nirgends,  dafs  er  jemals 
eine  Äufserung  that,  welche  auf  eine  entschiedene  religiöse  Über- 
zeugung schliefsen  liefse»  und  Willibald  Pirkheimer  beschuldigte 
ihn  sogar  der  völligen  Glaubenslosigkeit.  Sicherlich  hat  ihn 
nicht  der  Protestantismus  ins  französische  Lager  getrieben.  Über- 
haupt hat  ja  das  Geldinteresse  bei  der  Parteigruppierung  im 
16.  Jahrhundert  eine  ungemein  bedeutende  Rolle  gespielt,  und 
zumal  das  politische  Verhalten  der  oberdeutschen  Städte  ist 
ohne  genaue  Kenntnis  dieses  wichtigen  Faktors  gar  nicht  zu 
verstehen. 

Wenn  Kieberg  im  Jahre  1521,  wie  schon  erwähnt,  Bürger 
der  Stadt  Bern  wurde»  so  war  das  in  damaliger  Zeit  bei  den 
oberdeutschen  Rauf  leuten,  die  nach  Lyon  Handel  trieben,  nichts 


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^    4  — 


Ungewöhnliches:  Sie  wollten  eben  in  dem  zwischen  Kaiser 
Karl  V.  und  König  Franz  I.  von  Frankreich  entbrennenden 
Kampfe  ihren  Geschäften  möglichst  unbehelligt  nachgehen,  was 
ihnen,  sofern  sie  das  Bürgerrecht  einer  eidgenössischen  Stadt 
erwarben,  am  leichtesten  möglich  war.  Klebe rj<  ging  aber  weiter: 
er  stellte  sich  jedenfalls  sehr  bald  ganz  auf  die  ^cite  Frankreichs 
Vateiiandsvcrrat  dürfen  wir  ihm  darum  nicht  vorwerfen;  denn 
die  Begriflfe  Nationalitat  und  Patriotismus  waren  zwar  in  Frank- 
reich —  der  Abfall  ßourbons  wurde  ja  tliatsachlich  als  Verrat 
gebrandmarkt — ,  dagegen  noch  keineswegs  in  Deutschland  zum 
allgemeinen  Bewufstsein  gekommen. 

Wenn  aber  von  französischen  Schriftstellern  wiederholt 
behauptet  worden  ist,  Kleberg  habe  im  französischen  Heere 
Kriegsdienste  genommen,  und  sogar  dem  Könige  in  der  Schlacht 
von  Pavia  das  Treben  gerettet,  so  sind  das  Fabeln.  Um  dies 
zu  beweisen,  genügt  es  freilich  noch  nicht,  die  friedfertigen 
Devisen  auiiufuhren,  welche  7.wei  im  Jahre  1526  zu  Nürnberg 
geprägte  Porträtmedaillen  Klebergs  tragen:  >Melior  est  s  pien- 
tia  quam  arma  bellica«  und  »Non  in  armis  et  equis,  scd  in 
virtute  dei  nostric.  Vielmehr  könnte  man  aus  diesen  Devisen 
eher  auf  eine  vorhergegangene  kriegerische  Lebensperiode  Kle- 
bergs  schliefsen,  zumal  auf  der  einen  Medaille  ein  Harnisch 
nebst  Schwert  und  Streitaxt  abgebildet  ist.  Beweiskräftiger  ist 
schon  die  Thatsache,  dafs  bisher  aus  zeitgenössischen  Quellen 
nicht  das  Geringste  zu  Tage  gekommen  ist,  was  auf  eine  un- 
mittelbare Teilnahme  KIcbergs  an  jenen  grülseii  Weltereig- 
nissen schliefsen  Hcfse.  Nunmehr  kann  ich  auf  Grund  einiger 
von  mir  aufgefundener  Akten  mit  Sicherlieit  feststellen,  dafs 
Klebcrg  in  den  Jahren  1524  und  1525  wenigstens  zeitweilig  mit 
seinem  Handel  beschäftigt  und  in  Lyon  anwesend  war;  er  kann 
also  in  dieser  Zeit  sich  schwerlich  aktiv  am  Kriege  beteiligt 
haben.  Wohl  aber  hat  er  der  französischen  Sache  auf  andere 
Weise  wirksam  gedient. 

Am  Freitage  nach  St.  Markustage,  dem  29.  April  1524 
schrieb  der  Berner  Rat  an  Hans  Kleberg  nach  Lyon'  ,  er  habe 
aus  dessen  Mitteilungen  ersehen  —  auch  der  Bcruer  Bürger 

^)  Bemer  Stadtarchiv:  Deatscbe  Miuivbttcher. 

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—   5  — 


Daniel  Gundelfinger,  Kaufherr  zu  Lyon,  hatte  dem  Rate  ähn- 
lich berichtet  — ,  was  ihm  wegen  der  zwei  Böhmen  begegnet, 
und  wie  der  Priester  Conrad  Holzhalm  ihn  angreife.  Der  Rat 
wünscht,  letzterer  mugc  den  iClcberg  in  Ruhe  lassen,  und  iiber- 
sendet  ihm  offene  Briefe  an  alle  Stände  des  Römischen  Reichs, 
sowie  an  einige  eidgenössische  Orte,  um  die  Festnahme  des 
Priesters  zu  veranlassen.  Im  gleichen  Sinne  schrieb  der  Rat 
auch  nach  Luzem,  wo  der  Priester  »seinen  Sinn  und  Wandel 
haben  soll«.  Aus  diesen  Briefen  ersehen  wir,  was  vorgefallen 
war:  Kleberg  wurde  nämlich  von  Holzhalm  beschuldigt,  zwei 
Böhmen,  die  Briefe  an  die  kaiserlichen  Befehlshaber  in  Italien 
bei  sich  hatten,  dem  Seneschal  in  Lyon  denunziert  zu  haben, 
so  dafs  sie  gefangen  genommen  wurden.  Kleberg  läugnete  die 
Richtigkeil  dieser  Beschuldigung.  'IVotzdem  liefs  Hol/.iiaUn  gegen 
ihn  allerlei  Drohungen  und  trutzige  Srlirifton  ausgehen,  erklärte 
ihn  für  einen  Verräter  und  Bösewicht,  ja  bedrohte  ihn  sogar 
an  Leib  und  Leben. 

Der  Bemer  Rat  erklärte  seinerseits,  die  Beschuldigung  sei 
unwahr.  Wenn  sie  aber  selbst  begründet  sei,  so  wolle  ihm  be« 
dünken,  Kleberg  habe  »zu  diesen  Läufen«  recht  gehandelt. 
Übrigens  hätte  der  Priester  still  geschwiegen  und  den  Kleberg 
sogar  für  einen  frommen  Biedermann  erklärt,  wenn  er  von  ihm 
eine  kleine  Geldsumme  erlangt  hätte.  Der  Rat  ersucht  alle,  die 
den  Brief  lesen  würden,  den  Holzhalm  l)ei  Betreffen  festzuni  li- 
men  und  nicht  eher  1( js/uhi^^eii  \>\>  er  seine  Beschuldigung 
widerrufen  haben  würde,  alles  auf  Kosten  Kiebergs. 

.Aus  dem  Jahre  1525  gelang  es  mir  ferner  im  Freiherr« 
lieh  Tucherschen  Archive  zu  Nürnberg  einige  von  Tucherschen 
Faktoren  in  Lyon  herrührende  Nachrichten  über  Kleberg  zu 
ermitteln.  So  schreibt  Lienhard  Rottengatter  aus  Lyon  am 
21.  August  1525,  also  grade  ein  halbes  Jahr  nach  der  Schlacht 
von  Pavia,  Kleberg  habe  ihm  gesagt,  es  seien  Zettungen  da 
wegen  der  zwischen  den  kriegführenden  Fürsten  geplanten  Hei- 
raten. Dagegen  bericlitet  Wolf  Tücher  aus  Lyon  am  30.  No- 
vember Ij2j,  Rlcberg  sei  jetzt  nicht  dort  anvve«=cnih 

Am  15.  August  1j26  schreibt  ein  Tucbcrscher  Faktor  aus 
Antwerpen,  Kleberg  sei  <lort  angekommen;  narh  seiner  .An- 
gabe habe  er  von  Strafsburg  durch  Lothringen  nach  Lyon  reisen 


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wollen,  aber  wegen  Seuchen  seinen  Reiseplan  geändert.  Der  Faktor 
fügt  hinzu  »darf  sein  oder  nit.<  Wir  treffen  hier  zum  ersten 
Male  auf  das  Mifstrauen.  das  Kleberg  bei  seinen  Landsleuten 
zu  Uberwinden  hatte,  und  das  ihn  durch  sein  ganzes  Leben  ver« 
folgte.  Wie  eng  seine  Interessen  schon  damals  mit  der  franzö- 
tischen  Sache  verknüpft  waren,  ersehen  wir  daraus,  da(s  der 
gerade  in  Paris  anwesende  Lorenz  Tucher  am  6.  Do/eniher  1526 
nach  Nürnl)erg  schreibt:  »Der  Könif:  nahet  pey  Paris,  Clepcrg 
soll  doselben  am  hoff  sein,  als  man  schetzti. 

IL 

Im  Jahre  1526  spätestens,  vermutlich  noch  früher  begin- 
nen die  Beziehungen  Klebergs  zu  Felicitas,  der  Tochter  Willi- 
bald Pirk  he  im  er  8.    Wir  kennen  diese  Beziehungen  nur  aus 

der  Erzählung  des  gegen  Kleberg  von  jeher  eingenommenen, 
später  gegen  ihn  mafslos  erbitterten  grofsen  Staatsmannes  und 
Humanisten,  dessen  ("h.irakterbild  i)ekanntlich  nicht  frei 
tiefen  Schatten  ist.  Seine  Mitteilungen  über  Rleberg  müssen 
wir  mit  Vorsicht  aufnehmen;  indefs  machen  sie,  solange  Pirk- 
heimer  von  der  Zeit  vor  der  Verheiratung  Klebergs  mit  Felici- 
tas spricht,  teilweise  den  Eindruck  der  Wahrheit,  zumal  wenn 
er  keinen  Grund  hat,  Kieberg  anzuklagen.^) 

Pirkheimer  erzählt  zunächst,  »Hans  Scheuhenpflug,  so  sich 
Kleperger  nennetc ,  sei  nach  Nürnberg  gekommen,  als  der  erste 
Ehemann  der  Felicitas,  Hans  Imhof  der  Jüngere,  an  der  Wasser- 
sucht darniederlag.  Da  habe  Kleberg  den  I'leifs  und  che  Mühe 
gesehen,  welche  Felicitas  init  ihrem  Manne  gehabt,  und  des- 
halb, sowie  weil  sie  nocii  jung  und  hübsch  gewesen  sei,  eine 
sondere  Zuneigung  zu  ihr  gewonnen,  doch  —  fügt  Pirkheimer 
hinzu  —  nicht  aus  rechter  Liebe,  sondern  mehr  damit  er  seine 
Begierde  mit  ihr  bttfsen  könne,  wie  sich  das  in  der  Folgezeit 
deutlich  gezeigt  habe. 

Am  2.  Juli  1526  starb  sodann  Hans  Imhof,  wodurch  Feli- 
citas Witwe  wurde.  Sofort  schrieb  Kieberg  an  ihren  Schwager 
Endrcs  Imhof,  er  sei  geneigt,  sie  zur  Ehe  zu  nehmen.  Endres 

NUrnberger  StadtM-cliiv,  Kontepte  von  Pirkheimers  Hand.  Dvaus 
ist  im  Anzeiger  ftlr  Ktt&de  der  dentBchen  Voneit  l86o,  433  (F.,  das  Weteot- 
Uehste  mitgelettt  worden. 


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gab  die  Werbung  an  Felicitas,  und  diese  an  ihren  Vater  weiter. 
Der  aber  schlug  sie  rundweg  ab,  und  zwar,  wie  er  selbst  berichtet, 
nicht  allein  weil  Scheuhenpflug  von  schlechtem  Herkommen  ge- 
wesen sei,  sondern  auch  weil  ein  böses  Geschrei  an  ihm  gehaftet 
habe:  denn  es  sei  offen  kundbar,  dafs  er  ohne  alle  Gottesfurcht 
i,ciebt,  nichts  von  Jesu  Christo  und  .scuier  werten  Mutter  ge- 
halten habe,  überhaupt  mehr  ein  Jude  als  ein  Christ  gewesen 
sei,  dazu  sein  Gut  mit  Wu(  her  gewonnen  habe  und  sonst  mit 
allen  Lastern  behattet  gewesen  sei,  so  dafs  er  biUigerweise  von 
jedem  redlichen  Manne  gemieden  werden  sollte.  —  Irgend  einen 
Beweis  für  diese  furchtbaren  Beschuldigungen  bringt  Pirkheimer 
nicht  bei,  und  das  allgemeine  Gerede  der  Nürnberger  ist  um 
so  weniger  ein  ausreichender  Beweis,  als  dieselben  von  jeher 
gegen  Kleberg  eingenommen  waren.  Hier  können  wir  also  zu- 
nächst lediglich  ein  >non  liquet«  aussprechen. 

Pirkheimer  erzahlt  weiter,  Kndres  Imhüt"  habe  den  Kleberg 
von  seiner  Werbung  abzubringen  versucht,  der  aber  habe  sol- 
ches nicht  verstehen  wollen,  sondern  sei  auf  seinem  Begehren 
verharrt,  worauf  die  Sache  abermals  an  ihn,  den  Pirkheimer, 
gelangt  sei.  £r  habe  nun  s  damit  er  nit  seyn  seibs  werec,  seine 
Freunde  und  Verwandte  zu  Rate  gezogen,  »aber  pey  denselben 
nit  finden  können,  dafs  dem  Scheuhenpflug  zu  willfaren  sey, 
aus  Ursachen  hiefor  zum  teyl  gemelt,  defshalb  ist  es  pey  forigen 
abschlahen  verplieben.c 

Kleberg  hielt  sich,  nach  Pirkheimers  Bericht,  um  diese  Zeit 
in  Augsburg  auf.  Er  soll  sich  einer  abschlagigen  Antwort  nicht 
versehen,  sondern  gemeint  haben,  rime  sult  seyns  gelts  halb 
nichts  versagt  werden.<  Als  nun  der  widrige  Bescheid  zu  ihm 
kam,  war  er  keineswegs  gewillt,  sich  dabei  zu  beruhigen,  son- 
dern ergriff  neue  Mittel,  um  seinen  Zweck  zu  erreichen. 

Zunächst  sandte  er,  wie  Pirkheimer  berichtet,  einen  Juden 
nach  Nürnberg  und  brachte  es  durch  den  Nürnberger  Caspar 
Nutzel,  dessen  Sohn  damals  bei  Kleberg  die  Handlung  lernte, 
zu  Wege,  dafs  dem  Juden  ein  Geleitsbrief  nach  Nürnberg  ge- 
wahrt wurde,  denn  ohne  einen  solclien  durfte  damals  kein  Jude 
dorthin  kommen.  Oer  Abgesandte  soll  sich  nun  für  einen  Arzt 
ausgegeben  und  mit  Brieten  von  Kleberg  Einlafs  in  das  Imhof- 
sche  Haus  gewonnen  haben.    Bei  Felicitas  habe  er  sich,  wie 


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ihr  Vater  erzählt,  als  Wahrsager  eingeführt  nr  auch  die  hend 
beschaut  und  ir  gesagt,  sy  weid  den  Scheuhenpflug  zu  der  ee 
nemen,  der  werd  sy  also  halten,  dafs  sy  pesser  leben  haben 
werd,  dann  ob  sy  die  keyserin  werec. 

Kurz  darauf  kam  Kleberg  selbst  nach  Nürnberg,  kehrte 
bei  den  Imhofs  ein  und  brachte  seine  Werbung  nunmehr  direkt 
bei  Felicitas  an.  Sie  aber  erklärte,  sie  könne  ohne  Zustimmung 
ihres  Vaters  und  ihrer  Freundschaft  in  nichts  willigen :  auch  sei 
sie  mit  vier  Kindern  beladen,  Kleberg  fände  wohl  Jungfrauen 
oder  kinderlose  Witwen  genug;  sie  könne  von  ihren  Kindern 
nicht  lassen,  ihm  aber  möchten  diese  beschwerh'ch  sein.  Kleherg 
antwortete  indefs,  ihre  Kinder  sollten  seine  Kinder  sein,  aurli 
habe  er  so  viel  Tugend  von  ihr  gesehen  und  vernommen,  wie 
sie  ihren  vorigen  Mann  gehalten;  er  sei  selbst  bei  Jahren  und 
»were  im  lieber  und  nutze  eyn  vernunftige  und  erfarne  wittib, 
dann  eyn  jungen  anzogen  junckfraut.  Er  versprach  der  Felici» 
tas  femer  so  viel, .  »wenn  er  ir«  —  raeint  Pirkheimer  —  »das 
halb  gehalten  hett,  wer  ir  gnug  gewest,  aber  das  end  hat  zu 
erkennen  geben,  dafs  all*  seyn  versprechen  eyn  gedieht  und  un* 
warheyt  gewest  ist«. 

Durch  solche  Versprecluingen  besvog  er  Felicitas  zu  einer 
halben  Zusage.  Ais  aber  der  Vater  sich  nach  wie  vor  ableh- 
nend verhielt,  ging  er  endlich  selbst  zu  ihm.  Pirkheimer  er- 
klärte offen,  er  habe  allerlei  Ursachen,  um  derentwillen  es  ihm 
beschwerlich  sei,  in  die  Ehe  zu  willigen.  Aufserdem  aber  gab  er 
einen  ganz  neuen  Grund  für  seine  Weigerung  an.  Er  erklärte 
nämlich,  er  würde  seine  Tochter  keinem  Manne  geben,  der 
sein  Anwesen  nicht  in  Nürnberg  habe;  Felicitas  habe  hier  auch 
zu  leben  und  solle  nicht  in  die  Frenule  ziehen. 

Nun  war  Kleberg  damals  schon  seit  einiger  Zeit  durch 
Caspar  Nutzel  mit  dem  Nürnberger  Rate  wegen  Erwerb  des 
Bürgerrechts  in  Verhandlung  getreten,  man  hatte  sich  aber  nicht 
einigen  können.  Jetzt  erklärte  er  dem  Pirkheimer,  er  werde 
schon  Mittel  und  Wege  finden,  um  die  Sache  zum  Abschlufs  zu 
liringen.  Er  wolle  sich  ganz  in  Nürnberg  niederlassen  und  nicht 
wieder  fortziehen,  tieshalb  grade  wolle  er  sich  verheiraten,  was 
er  soQSt  gcwUs  nicht  gethan  hätte. 


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—  9  — 


So  ging  die  Rede  hin  und  Jier.  Endlich  beschied  Pirk-  ^ 
heimer  den  hartnäckigen  Weibei:,  wenn  er  in  Nürnberg  bliebe 
und  das  Bürgerrecht  gewänne,  so  solle  ihm  verstattet  sein,  die 
Sache  weiter  zu  betreiben.  Das  nahm  Kleberg  zu  Dank  an  und 
brachte  nun  in  zwei  Tagen  die  Verhandlung  mit  dem  Rate  zum 
Abschlufs. 

Pirk'heinier  nnifsio  jetzt,  ubwuhi  mit  schwerem  Herzen, 
seine  Kinwilligung  geben,  veranlafste  seine  Tochter  aber  n<M  h- 
nials  dem  Rlebcrg  zu  sagen,  wenn  er  beabsichtige  wieder  i'uri- 
zuziehcn,  so  möge  er  sie  unbekümmert  lassen,  denn  sie  ge- 
dächte keineswegs,  die  Heimat  aufzugeben.  Kleberg  versprach 
ihr  wiederholt,  er  wolle  in  Nürnberg  bleiben  und  sie  nicht 
zwingen,  einen  anderen  Ort  aufzusuchen.  Pirkheimer  ruft  zu 
Zeugen  dieses  Versprechens  die  alte  Frau  Hans  Imhot  und  Kn* 
dres  Imhof  an. 

Klcberg  hatte  also  sein  Ziel  erreicht:  am  0.  Oktober  1328 
wurde  sein  Ehevertras^  mit  Felicitas  Pirkheimer  unterzeichnet, 
lievor  wir  aber  den  kurzen  Verlauf  und  das  traurige  Knde  dieser 
Veri)indung  erzählen,  müssen  wir  zunächst  noch  eine  Weile  bei 
dem  Bisherigen  stehen  bleiben. 

Aus  Pirkheimers  Bericht  geht  nicht  hervor,  wann  die  ge- 
schilderten Begebnisse  vor  sich  gingen.  Wir  können  indefs  fest- 
stellen, dafs  sich  Klebergs  Werbungen  über  zwei  Jahre,  nämlich 
von  1536  bis  1528  erstreckten. 

Wie  schon  erwähnt,  starb  Hans  Imhof,  der  erste  Mann 
der  rciieitas,  am  2.  Juli  1526.  Pirklu-inn  r  selbst  erzählt,  Kle- 
berg habe  gleich  nach  diesem  i  odestaile  seine  Werbung  auf- 
genommen, und  dafs  er  1526  in  Nürnberg  war,  wissen  wir  durch 
ein  Bild,  sowie  durch  zwei  Porträtniedaillen  von  Kleberg,  welche 
in  Nürnberg  hergestellt  wurden  und  die  Jahreszahl  1526  tragen. 
Diese  Kunstwerke  erheischen  unser  lebhaftes  Interesse,  weshalb 
wir  etwas  näher  auf  sie  eingehen  wollen.^) 

')  Vergleiche  insbesondere  den  Aiif=;;it,  \  n  Alhr.ji  Iii  KralTi  in  der 
Wiener  Zeiluni^  vom  13  Okiober  1842.  Kmige  eigiin/eutle  Milleilungcii 
entnahm  ich  dem  handschrihlichen  Nachlasse  Ern&i  Hasqtte's  Dab«!  befindet 
sich  auch  eine  I'h i^to.;rnphte  de.->  Klehergschen  Portr-nls  von  Albrecht  Dürer. 
Das  Sludiiinv  dieser  Kopie  sei  jedem,  der  sich  fiir  den  merk würcU-^on  Mann 
iniercssiert ,  aufs  dringendste  empfohlen.  In  der  Beschreibung;  des  Bildes 
bin  ich  hauptsächlich  Kr.ifTt  gefolgti  der  die  Angalten  »links«  und  »rechts* 
vom  Bilde,  nicht  vom  Beschauer  aus  rechnet.   Thausing  sagt  in 


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Das  ßildais  Klebergs  ist  von  keinem  Geringeren  gemalt 
als  von  Albrecht  Dürer.  Es  befindet  sich  in  der  k.  k.  Ge- 
roälde*Gallerie  £u  Wien,  wohin  es  die  Erben  von  Willibald 
Imhoff  einem  Sohne  der  Felicitas  Pirkheimer  aus  der  ersten 
£he,  schon  im  Jahre  1588  an  Kaiser  Rudolf  II.  gesandt 
haben.  Es  ist  eine  fleischfarbene  Büste  mit  der  Umschrift 
E  [ffigics  Juani  Ivlebergers  norici  an[no]  acta  tis'  suae  XXXX. 
Darauf  folgt  ein  Zeirhcn,  das  ^an;^  w'w  ein  Handlungszeirhcn 
aussieht.  In  der  Ecke  oben  links  befindet  sich  Dürers  Mono- 
gramm mit  der  Jahreszahl  1526.  In  der  rechten  Ecke  oben 
steht  das  astronomische  bezw.  Kalenderzeichen  des  Sternbildes 
>der  Löwecy  umgeben  von  6  Sternen.  Vielleicht  hängt  dieses 
Zeichen  mit  Klebergs  Horoskop  zusammen.  Unten  rechts 
im  Bilde  ist  das  Wappenschild  Klebergs  mit  dem  Wappen 
abgebildet:  ein  dreigiptliger  goldner  Berg  im  roten  Felde,  auf 
der  mittleren  Erhebung  drei  grüne  dreiblättrige  Kleepflanzen, 
unten  links  ein  Helm  mit  Helmzierde:  bärtiger  Mann,  in  jeder 
Hand  drei  Klee  pflanzen. 

Einen  wundt-rharen  Eindruck  ntaciit  auf  den,  der  andere 
Porträts  aus  dem  16.  Jahrhundert  kennt,  der  Kopf;  der  Ge» 
Samteindruck  ist  nämlich  ein  vollkommen  moderner.  Das 
Haar  ist  kraus  und  schwarz,  der  Backenbart  klein,  nur  wenig 
über  das  Ohrläppchen  hinausreichend,  das  übrige  Gesicht  bartlos, 
der  Mund  klein  und  festgeschlossen,  das  Kinn  energisch  vor- 
springend, die  Nase  lang  und  grade.  Wunderbar  ist  vor  allem 
der  durchdringende  Blick  der  i^^radeaus  gerichteten,  weitgcuirnc- 
ten  Augen,  die  in  der  Ferne  etwas  zu  sik  Iumi  srheinen:  der 
Bli<  k  eines  unahlalsig  spekulierenden  Cieschattsmannes  aus  dem 
letzten  Viertel  des   19.  Jahrhunderts.     Verschlossenheit  und 

seinem  Dürerwerke  Hd.  II.  2.  Aufl.  S.  271:  »Johann  Kleberger  ist  auf  an- 
tike Weise  als  Büste  gemalt  in  einer  runden  grauen  Einfassung  auf  grünem 
Marmorgrunde...  "Naturfarbe,  die  starke  Modellierung  det  Fleisches  und 

die  r>reiviertel?tellun>;  de>  K-;  ''"  ' -hen  mit  der  angestrebten  Medaillen- 
form in  unlösbarem  Wtder;>piuche.  Die  Anordnung  ist  mUbsam  vorbereitet, 
die  Aittfflbrimt,'  trocken.  Das  Ganie  wenig  ansprechend  und  jetst  flberdies 
noch  <lttrc1i  Ü  r  la  in  >:  arg  entstellt«  gleicht  einem  verunglückten  Versnche, 
erzwungen  «lurch  die  Wiii;  clic  des  Bestellers.«  .\uf  der  Photographie  ver- 
schwinden dici»c  atörendcn  Mangel  der  Technik  und  es  bleibt  nur  der  grofse 
Eindruck  des  wunderbaren  Kopfes  übrig.  Erfreulicherweise  hat  sieh  der 
Verein  für  Geschichte  der  Stadt  Nürni)crg  bereit  ericlart,  eine  Kopte  des 
fiildes  der  gegenwärtigen  Abhandlung  beixugeben. 


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höchste  Energie  sind  in  dem  Bilde  vor  allem  ausgeprägt.  Von 
Herzensgüte  ist  darin  keine  Spur  zu  bemerken.  Dagegen  lauert 
hinter  der  leicht  gefalteten  hohen  Stirn  und  den  grofsen,  dun- 
keln, trockenen  Augen  ein  Rätsel,  das  bei  längerem  Anschauen 
nur  immer  undurchdringlicher  wird.  Dieser  Mann  könnte  wohl 
auch  mit  furchtbarer  Schuld  beladen  gewesen  sein. 

Auf  den  beiden  Porträtmedaillen  ist  Klebergs  Physiognomie 
ganz  ähnlich  dargestellt  wie  auf  dem  Bilde.  Vielleicht  sollte 
dieses  als  Vorlage  für  den  Stempelschncider  dienen,  oder  Dürer 
hat  die  Medaillenstempel  selbst  hergestellt;  indefs  zeigen  die 
Medaillen  den  Kopf  im  reinen  Profil,  das  Bild  in  dreiviertel 
Vorderansicht.^) 


Die  eine  der  Medaillen  befand  sich  vor  50  Jahren  in  der 
Sammlung  des  Grafen  Franz  von  Eitz,  k.  k.  (Generalmajors  und 
Dienstkämmerers  des  Erzherzogs  Karl.  Sie  trägt  auf  dem  Avers 
aul'ser  dem  Kopfe  noch  die  Legende:  Joan[nesl  Kleberger 
Nurmb[ergensis]  an[no]  aet'atis]  s.[uae]  XL.  Dann  folgt  wieder 
das  vermutliche  Handlungszeichen  und  endlich  die  Jahreszahl 
MDXXVL  Der  Revers  zeigt  oben  die  Legende:  Melior  est 
sapientia  (juam  arma  bellica  VIIIL  (d.  Ii.  9.  Kap.  des  Predigers), 
ferner  nochmals  das  zuletzt  erwähnte  /eichen,  sowie  jenes  an- 
dere, welches  den  »Löwen  ,  der  Astronomen  bedeutet,  darunter 

')  Nachträglich  fand  ich  noch  im  königlichen  Museum  zu  Berlin  ein 
l)isher  unbrkanntes  kleines  Reliefbildnis  Klebergs,  das  als  Modell  für  eine 
Medaille  gedient  haben  wird.  Es  gibt  die  eigenartigen  Gesichtszüge  Kle- 
hergs  besonders  gut  wieder  und  wird  deshalb  nach  einem  mir  freundlichst 
von  Herrn  Professor  Dr.  von  Sali  et,  Direktor  des  kgl.  Münzkabinets  in 
Berlin,  Uberlassenen  Abgüsse  hier  reproduziert. 


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ein  Harnisch  mit  Schwert  und  Streitaxt,  Schild  und  Heim,  beide 
mit  dem  Wa)>pen  Klebergs. 

Die  zweite  Medaille  ist  aus  der  Imhofschen  Sammlung  in 
den  Besitz  der  Nürnberger  Stadtbibliothek  übergegangen.  Avers: 
Joanincs]  Kleberger  Nurmb f ergensisj  an[iu)^  aet^atisj  siuacj  XL 
siib  i)Ot[ontissiino:  nioiia  rcha]  Karolo  V.   an[nol  imp  orii^  s[ui] 

Revers  ;  i  iophac  mit  Klebcrgs  Wappen  und  der  Umschrift: 
Nun  in  armis  et  equis  scd  in  virtute  Dei  noslii. 

Im  Jahre  1526  hat  sich  Kleberg  also  jedenlalls  in  Nürn- 
berg aufgelialten  und  vielleicht  hat  er  Bild  und  Medaillen  lür 
die  Felicitas  anfertigen  lassen.  Aber  ein  Teil  dessen,  was  Firk- 
heimer  erzählt,  kann  erst  in  den  Jahren  1327  und  1528  ge- 
schehen sein.  In  beiden  Jahren  hielt  er  sich  zeitweilig  in  Nürn- 
berg bei  Endres  Imhof  auf,  wie  aus  dessen  Rechnungsbuche 
hervorgeht. 

Im  Jahre  1328  dauerte  Klebergs  Autciitiuik  in  Xumlirr^f 
vom  4.  August  bis  zum  26.  November.  Kr  zahlte  tKin  Kndrcs 
Imhof  an  Kostgeld  für  diese  Zeit  täglich  einen  (jukien,  zusam- 
men also  114  fl.,  ferner  für  einen  Handhogen  und  2  Köcher 
mit  Pfeilen  zu  machen  5  fl.  5  s,  Die  Hochzeit  fand  am  0.  Ok- 
tober 1528  statt,  und  Kleberg  zaiilte  an  £ndres  Imhof  einen 
Kostenbeitrag  von  10  fl.  für  das  Hochzeitsmahl,  wogegen  Imhof 
ihm  und  seiner  Frau  Goldsachen  im  Werte  von  70  fi.  schenkte. 

Auch  geschäftlich  trat  Kleberg  in  diesen  Jahren  mit  der 
Familie  Imhof  wieder  in  engere  Verbindung.  Endres  Imhof  be- 
gründete am  |j.  Okiober  1  527  mit  seincui  Vetter  (.iabriel  eine 
Handelsgesellst:hart,  der  Kleberg  das  ganze  Gesellsihaftskapital 
von  3436  rt.  17  s.  zu  5  "/«  jahrlicher  Zinsen  vorstreckte,  und  die 
hiermit  gleich  in  den  ersten  0  Monaten  12"  o,  in  den  folgenden 
2  Jahren  22>/t^Vo  gewann.  Im  Jahre  1526  lieh  Kleberg  ferner 
an  Endres  Imhof  600  fl.  und  verschaflfte  ihm  auch  sonst  viel 
iTclegenhett,  (ield  zu  verdienen.  Dadurch  hat  er  sich  wohl  die 
wirksame  Fürsprache  von  Endres  bei  seiner  Schwägerin  und 
deren  Vater  erworben. 

Sriii  nunVJlciid  i^t  es,  dafs  Pirklicimcr  .i:.ir  nichts  von  einer 
riiatsaclK-  i'iualint,  die  doch  fiir  Klebcrgs  \\  erl>ung  be<leutsam 
i:<'\viseii  s'in  11111!"'^.  und  die  von  anderer  Seite  heriiluet  wird: 
F  elicitas  soll  naiuiich  nach  dem  l  üde  iiires  ersten  Mannes  sicii  mit 

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—    13  — 

Hans  Derrer  verlobt,  dieser  aber  soll  steh  beim  Hochzeits* 
feste,  am  1,  Juli  1528,  oder  nach  einer  zweiten  Version  kurz 
vor  der  Hochzeit,  auf  der  Reise,  durch  einen  Sprung  aus  dem 
Fenster  so  verletzt-  haben,  dafs  er  Tags  darauf  starb.*)  Wir 

tluui  wühl  gul,  diese  Berichte  einstweilen  als  unbeglaiibigt  zu 
behandelfi. 

In  Bezug  auf  das  Verhalten  Klebergs  >;i  geiuibor  Feürit.is 
während  ihrer  kurzen  Khe  besitzen  wir  zunächst  eine  Nachricht, 
die  aus  dem  Imhofschen  Kreise  zu  stammen  scheint.  Dieselbe 
besagt,  Kieberg  sei  bald  nach  setner  Hochzeit  »mit  List«  von 
seiner  Frau  gezogen  und  habe  sie  sitzen  lassen.  Hinzugefügt 
wird,  Kleberg  solle  einen  wunderlichen  tollen  Sinn  gehabt  haben. 
»Das  gute  Wetbc,  heifst  es  weiter,  »härmte  sich  und  gab  baUl 
seinen  Geist  auf«. 

Abgesehen  von  dieser  ganz,  olicrilächlichen  Mitteilung  ist 
noch  ein  austuhrlicherer  Heri«  ht  uhcr  das  eheliclie  Verhältnis 
zwischen  Klcbcrg  und  seiner  Frau  auf  uns  gekommen.  Der- 
selbe rührt  aber  wiederum  von  dem  aufgebrachten  Schwieger- 
vater her  und  lautet  daher  für  Klcberg  belastend. 

Pirkheimer  klagt  den  Kleberg  in  einer  152Q  oder  1530 
abgefafsten  Eingabe  an  den  Nürnberger  Rat  an,  er  wolle  »ohne 
alle  redliche  Ursache«  Nürnberg  verlassen,  und  da  seine  Frau 
unter  Berufung  auf  Klebergs  früheres  Versprechen  sich  weigere 
ihm  zu  folgen,  so  beabsichtige  er,  sich  ganz  von  ihr  abzuson- 
dern und  zu  scheiden.  Pirkheimer  sagt,  jener  kunnc  keine  red- 
li<-he  Ursache  seines  Vorgehens  anführen.  Denn  dafs  man  ihm 
in  Frankreich  Geld  schuldig  wäre,  sei  xkein  neuer  Zufall« ;  viel- 
mehr sei  das  früher  auch  schon  der  Fall  gewesen.  Der  Felici- 
tas aber  könne  er  gewifs  keinen  Vorwurf  machen;  denn  sie 
habe  ihm  bisher  nur  zu  viel  Unterthänigkeit  und  Gehorsam  be- 
zeigt, was  indefs  wenig  bei  ihm  verfangen  habe.  Kleberg  habe 
überhaupt  keinen  vernünftigen  Grund  (Ür  sein  Verhalten.  Er 
sei  nicht  bei  rechter  Vernunft,  wie  auch  sein  tägliches  Handeln 
geau^cnd  erwiese;  er  sei  eines  Arztes  bedürftig,  mIci  ilui  an- 
ders als  aus  der  .*\pothcken  purgiret.'< 

Kleberg  hatte  den  Rat  ersucht,  ihn  seiner  Burgcrpllicht 

M  Vgl.  die  am  Scblusse  Qiiter  Nr.  7  und  9  BufgefUhrten  literarischen 
Er»eagnis»ei 


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—    14  — 


zn  entlassen.  Pirkheimer  bat  dies  nicht  zu  bewilligen;  denn 
sonst  werde  Kleberg  fortziehen,  seine  Frau  sitzen  und  sie  mit 
der  Zeit  gar  ohne  Unterhaltsmittel  lassen,  wenn  sie  ihm  nicht 

nachziehen  wolle.  Da  er  überdies  nirgends  (d.  h.  wohl  nir- 
gends in  Deutschland)  ein  Anwesen  luil)c,  auch  an  keinem  Orte 
lange  zu  bleiben  vermöge,  so  werde  Pirkheimer  ihn  nirgends 
belangen  können,  was  um  so  bedenklicher  sei,  als  Kleberg 
HOO  fl.  Heiratsgut  mit  seiner  Frau  erhalten  habe,  und  als  letz- 
tere ebenfalls  ihr  Bürgerrecht  verlieren  werde»  so  dafs  ihr  in 
Nürnberg  selbst  verboten  werden  könne,  eigenen  Rauch  (Haus- 
halt) zu  führen. 

Pirkheimer  ersuchte  deshälb  den  Rat,  den  «ungebührlichen 
Mutwillen c  Klebergs  nicht  zu  gestatten  und  sein  Gesuch  nicht 
zu  bewilligen,  ehe  der  Privatstreit  zwischen  den  Gatten  hier  in 
Nürnberg  ausgetragen,  und  Felicitas  ihres  Heiratsguts  sowie  des 
weiteren  Unterhalts  versichert  wortlen  sei.  Pirkheiniers  Bitte 
wurde  indeis  nicht  gewährt^  vielmehr  entliefs  der  Rat  Kleberg 
seiner  Bürgerpflicht  gegen  Zahlung  von  200  fl. 

Die  Quittung  über  diese  Zahlung  ist  vom  5.  Mai  1530 
datiert.  Am  29.  desselben  Monats  starb  Felicitas.  Und  jetzt 
scheint  Pirkheimer  gar  im  Ernste  die  Absicht  gehabt  zu  haben, 
seinen  Schwiegersohn  des  Giftmordes  anklagen  zu  wollen. 
Wenigstens  besitzen  wir  von  seiner  Hand  das  nicht  vollendete 
Konzei)t  AU  einer  Anklageschrift  unter  dem  Titel  « Ursach,  wu- 
rumb  /u  vermuten  ist,  dafs  Hans  Scheuhciiptlug.  so  Kleperger 
gchcyfsen  will  seyn,  seinem  weib  vergeben  hab«.  Aber 
in  dieser  Schrift  ist  nur  ein  Bericht  über  den  Anfang  der  Be- 
ziehungen Kiebergs  zu  Felicitas  enthalten;  sie  bricht  ungefähr 
da  ab,  wo  jene  Eingabe  Pirkheimers  an  den  Nürnberger  Rat 
zu  erzählen  beginnt.  Also  wird  Pirkheimer  selbst  wohl  nicht 
gewagt  haben,  mit  seiner  furchtbaren  Anklage  offen  hervorzutreten. 

Nun  ist  in  dem  Rechnungsbuche  des  Endres  Imhof  schon 
unter  dem  21.  Juli  1529  der  Posten  gebucht:  »Der  Klebergerin 
ein  stück  leiubat,  als  sie  aus  tlein  \\  iMpa«!  kam,  geschenkt, 
kostet  3  t1.  f)  s.  0  Felicitas   war   alsu  schon   10  Monate 

vor  ihrem  Tode  leidend,  was  ja  auch  übereinstimmt  mit  jener 
vorhin  erwähnten  anscheinend  aus  Imhofschen  Kreisen  stam* 
inenden  Nachricht, 

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-    15  — 


Wenn  danach  Klebeig  den  Tod  seiner  Frau  gewifs  nicht 
absichtlich  herbeigefllhrt  hat,  so  wäre  es  vielleicht  doch  mög- 
lich, dafs  ihr  Leiden  durch  sein  Verhalten  hervorgerufen  wäre, 
was  die  mehrerwähnte  anonyme  Nachricht  behauptet.  Indefs 

auch  dies  ist  sehr  unwahrscheinlich.  Wir  besitzen  nämlich  zwei 
Briefe,  welche  kurz  nach  dem  Tode  der  Frau  Klebergs  von 
gemeinsrhaftliclien  Freunden  Pirkhciincrs  und  Klehergs  geschrie- 
ben worden  sind.  Danach  erscheint  das  Veriialten  des  schwer 
beschuldigten  Gatten  in  wesentUch  anderem  Lichte. 

Der  erste  Brief  ist  geschrieben  am  Q.  Juni  1530  von 
Christof  Krefs  an  seinen  Schwager  Endres  Imhof  und  berich- 
tet von  vergeblichen  Bemühungen,  Kleberg  zu  anscheinend 
gröfseren  Geldzahlungen  (^vielleicht  zur  Rückzahlung  des  Heirats- 
gutes?) zu  bewegen.  Kleberg  erklärte,  er  habe  der  Felicitas 
im  letzten  Jahre  Geschenke  im  Werte  s  un  über  lüüO  il.  gemacht, 
habe  auch  ihre  Kinder  erster  Ehe  bei  sicli  gehalten,  wofür  ihm 
nie  gedankt  wt^rden  sei.  Ferner  sei  der  von  ihm  beigesteuerte 
Teil  au  Hausrat  besser,  als  die  andere  Partei  angebe.  Er  habe 
also  mehr  gethan  als  seine  Schuldigkeit  und  wisse  bestimmt, 
wenn  er  gleich  all'  sein  Gut  hergebe,  dafs  er  damit  keinen  Dank 
erlangen,  sondern  nur  zum  höchsten  geschmäht  werden  würde. 
Doch  wolle  er  den  hinterlassenen  Kindern  gern  das  Beste  und 
Getreueste  erzeigen. 

Noch  erheblich  günstiger  für  Kleberg  lautet  ein  Brief,  den 
Hans  Paumgärtner  am  l'^.Juiii  1530  aus  AiiL^slnir^  an  Willibald 
Pirklieimer  richtete.  Paumgärtner  war  durch  Krefs,  der  dem 
Pirkheimer  näher  stand,  aufgefordert  worden,  jene  Bemühungen 
bei  Kleberg  zu  unterstützen.  Er  schreibt,  es  wäre  ihm  herzlich 
leid,  wenn  Klcberg,  wie  Pirkheimer  behaupte,  seine  Frau  nicht 
also  gehalten  habe,  wie  sich  gebühre.  Dem  sei  nun  wie  ihm 
wolle,  jedenfalls  habe  er,  Paumgärtner,  bei  Kleberg  nie 
etwas  anderes  wie  grofse  Liebe  zu  seiner  Frau  ver- 
merkt. Derselbe  habe  auch  nach  seiner  Aussage  ihren  Kindern 
erster  Ehe  ihretwegen  viel  Gutes  gethan.  Paumgärtner  bittet 
demgemais  Pirkheimer,  seinen  Unwillen  gegen  Kleberg  fahren 
zu  lassen  und  ihm  sowie  Krefs  anzuvertrauen,  worin  den  hinter- 
bliebenen  Waisen  etwas  liutes  erwiesen  werden  könne;  das 
werde  Kleberg  gewiCs  nicht  unterlassen. 


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—    16  — 


Das  Streben  der  Vermittler,  den  Streit  zu  sclilichtcn,  hat 
die  Art  ihrer  Darstellung  augenscheinlich  mitbestimmt.  Auch 
konnten  sie  wohl  hauptsächlich  nur  den  Eindruck  wiedergeben, 
den  sie  jetzt,  nach  dem  Tode  der  Felicitas,  von  dem  Verhal* 
ten  Klebergs  erhielten.  Dennoch  lassen  ihre  Äufserungen  mit 
Sicherheit  erkennen,  dafs  Pirkheimers  Anklagen  mindestens  mafs» 
los  üljertriebon  waren.  Ob  sie  jeder  Begründung  entbehrten, 
wird  sicli  vicllt-icht  sp.lter,  wemi  wir  einen  ticl'crcn  Einblick  in 
Kle))ergs  Charakter  gewonnen  haben  werden,  mit  einiger  Wahr- 
scheinlichkeit ermitteln  lassen. 

III. 

Wir  müssen  jetzt  wieder  einige  Jahre  zurückgehen.  Die 
Ehe  Klebergs  mit  Felicitas  Pirkheimer  und  sein  längerer  Auf> 
enthalt  in  NUmberg  war  nur  eine  Episode  in  seinem  Leben. 
Seine  wichtigsten  Interessen  wurzelten  nach  wie  vor  in  Frank- 

rcicli,  seine  politische  Heimat  war  die  Schweiz. 

Als  die  Stadt  Genf  ihm  1527  ein  Hnu^  vcikaufto.  bezeich- 
nete sie  ihn  in  deni  ^städtischen  Reuistei  als  "  ma::;iius  «livcs 
Allemanus  comniürans  Lugduni«,  und  einige  Jahre  später  wird 
er  in  demselben  Register  »nol  ilis  J.  C'l.  burgensis  Bernae,  habi- 
tator  Lugduni«  genannt,  wie  denn  Kleberg  später  auch  selbst 
in  seinem  Testamente  den  Rat  von  Bern  als  seine  Obrigkeit 
aufgeführt  und  um  dieselbe  Zeit  andere  Dokumente  als  t Bürger 
zu  Bern  und  Lyon«  unterzeichnet  hat. 

Wie  Pirkheimer  in  seiner  Beschwerde  beim  Nürnberger 
Rate  eruahiU  ",  h  atte  lvlel)erg  in  l'rankreich  Schuldtorderungen 
au>sLelicn,  die  ihn  vernnbf'iterv  wieder  nach  Lyon  ;'u  reisen. 
Unter  diesen  Forderungen  S[)ieltcn  jedenfalls  schon  danuil?»  solciic 
nn  König  Franz  I.  von  Frankreich  eine  grufse  Rolle,  wie 
wir  das  aus  einem  sehr  merkwürdigen  Briefe  ersehen,  den  der 
Rat  von  Bern  am  6.  Juli  1527  an  den  König  richtete. 

Klebcrg  hatte  dem  Könige  (vermutlich  im  Jahre  1526) 
eine  Summe  Geldes  geliehen,  welche  binnen  fünf  Jahren  in  vier 
Terminen  zurückgezahlt  werden  sollte.  Der  erste  dieser  Ter- 
minc  fiel  in  das  Jahr  1527.  Als  aber  Kleberg  die  Rückzahlungs- 
rate ciakassieren  wollte,  zeigte  ihm  der  Vertreter  des  Königs 
in  Lyon  Maitre   Martiu  einen   Brief,   laut  welcliem  er  nichts 


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—    17  — 


zahlen  sollte.  Über  diesen  Wortbruch  machte  der  bemer  Rat 
dem  Könige  Vorstellungen  in  aufserordentlich  freier  Sprache.^) 
Er  meinte,  wenn  das  Verhalten  des  Königs  allgemein  bekannt 
werde,  so  mttfste  solches  ihm  nicht  allein  in  der  Schweiz,  son- 
dern auch  bei  den  Städten  des  Reiches  schaden,  was  den 
Rat  betrüben  würde.  Er  ermaiini  deshalb  den  König,  dem 
Kleberg  die  faUii^en  1 8, 1 87  Goldkronen  zu  bezahlen.  I)ersell)e 
sei  dem  König  ja  als  treuer  Diener  und  Anhänger  der 
französischen  Sache  wnl^lbekannt.^)  Der  Rat  versteigt  sich 
sogar  zu  der  Drohung,  Kleberg  werde  bei  Nichtzahlung  die 
Hilfe  mächtigerer  Personen  anrufen. 

Das  hier  in  Rede  stehende  Darlehen  war  eins  der  ersten 

gröfseren  Geldgeschäfte  dieser  Art,  welches  der  König  mit 
einem  deutschen  Kauliuanne  abschlufs.  Es  wurde  ohne  Zweifel 
s(  hlielslich  berichtigt,  und  Kleberg  hat  dem  Konig  später  noch 
weit  gröfsere  Summen  teils  selbst  geliehen,  teils  von  seinen 
Landsleuten  verschafft. 

Aus  dem  Jahre  1532  besitzen  wir  einen  Brief  Klebergs 
an  den  Rat  der  Stadt  Genf.  Dieser  Brief  läfst  uns  ihn  als 
einen  äufserst  weltklugen  und  liebenswürdigen,  vielleicht  auch 
—  wir  werden  das  noch  zu  untersuchen  haben  —  als  einen 

gutherzigen  Menschen  erkennen. 

Kleberg  besafs  i»  (»enf  an  der  Rhone  ein  Grundstück 
oberhalb  einer  Mühle,  die  dem  um  Genf  sehr  verdienten  und 
angesehenen  Besan^on  Hugues  gehörte.  Auf  jenem  Grundstücke 
hatte  Klebergs  Bruder  in  dessen  Auftrage  eine  Anlage  vorge- 
nommen, welche  der  Mühle  nachteilig  war.  Es  entstand  ein 
Streit,  in  dem  Klebergs  Bruder  von  den  Mtthlknechten  thätlich 
angegriffen  wurde.  Mit  Bezug  hierauf  schreibt  Kleberg,  er  habe 
seinen  Bruder  angewiesen,  jedermann  in  Genf,  Grofsen  wie 
Kleinen,  dienlich  und  angenehm  zu  sein^  denn  er  wolle  von 

')  »—  —  de  cjuoy  nous  merveiiiions  i^uc  si  peu  d'effccl  douncs  k  vuus 
promesses,  coiisid^rant  que  cella  nest  point  vottre  proufiit  ne  honnettr,  de 
revocqaer  ce  que  par  avant  ordonnes  par  bonne$  lettres  et  sceaux^. 

*'  qu'il  e^t  tous  jour-.  esic  bon  francoys  et  servileur  de  vnsire 
Magerte«.  Wenn  der  König  den  Kleherg  befriedigt,  *nous  fere&  plaisir  ei 
accompleres  von«  promecses  et  preteruerei  le  dict  Cleberger  de  remettre 
cette  jnite  qaerelle  a  aaltrei  pla»  fort  que  luy  n*est,  pottren  estre 
acquU^a. 

s 

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—  18 


allen  Genfern  geliebt  sein.')  Andererseits  beschwert  er 
sich  aber  die  Drohungen  und  Gewaltthätigkeiten  des  Mühlen- 
besiueis  und  seiner  Leute.  Aber  er  erklärt,  er  achte  und  liebe 
■  den  Besannen  trotzdem,  er  wolle  lieber,  dars  sein  am  Flufse 
belegener  Garten,  zu  dessen  Schutze  er  jene  Anlage  hatte  vor- 
iielinien  lassen,  ganz  fortgerissen  werde,  ehe  er  den  Besannen 
erzürnte.  Dieser  möge  also  nur  Ruhe  geben,  bis  Kleberg  selbst 
nach  Crenf  käme,  was  in  kurzem  der  Fall  sein  werde.  Kleberg 
bittet  schliefslich  den  Rat,  iiin  dem  Uesan<,un  herzlichst  und  er- 
gebenst  zu  empfehlen ;  »denn  —  so  endigt  der  Brief  —  i  c  h  w  i  1 1 
sein  Diener  undFreund  sein,  mag  er  wollen  oder  nicht. 

Dafs  Kleberg  auch  mit  geistigen  Gröfsen  seiner  Zeit  in 
Verbmdung  stand,  beweist  ein  Brief,  den  Erasmus  von  Rotter- 
dam am  20.  Oktober  1532  aus  Freiburg  i.  Br.  an  ihn  schrieb, 
und  in  dem  von  zwei  vorhergegangenen  Unterredungen  zu  Basel 
die  Rede  ist. 

Das  Mifstrancn  der  Nürnberger  gegen  KIcberg  hinderte 
nicht,  dafs  sie  seine  guten  Dienste  im  Notfalle  gerne  gebrauch- 
ten. So  geschah  es  z.  B.  Ende  des  Jahres  1535,  dafs  WoH 
Tucher  in  Lyon  seinen  Bruder  Sebald,  der  in  Savoyen  gefangen 
safs,  entledigen  wollte.  Er  wendete  sich  an  Kleberg,  und  die- 
ser gab  ihm  eine  Fttrschrift  an  Fockt  in  Bern,  der  ein  guter 
Freund  des  Herzogs  von  Savoyen  war. 

Im  Februar  des  Jahres  1535/36  erteilte  König  Franz  I. 
dem  >Jean  Cleberg,  dit  le  bon  AUemand.  banquter,  demeu- 
rant  ä  Lyon  i  das  t  ian/.osische  Staatsbürgerrecht. ^)  In  diesem 
amtlichen  .Aktenstücke  begegnet  uns  zum  ersten  Male  der  schone 
Beiname  Kleber^s,  weit  früher,  als  er  bisher  aus  anderen  Nach 

Die  Weisung  an  den  Bruder  lantet  nach  Ktebei^  Angabe  »defiiire 

Service  a  ung  chascun  de  la  ville  de  Genefve,  taut  petitz  comine  yrans,  et 
pareilleinent  de  un  part,  je  le  vouldroye  bien  faire  pour  estre  aym^  de  ious 
ceulx  de  Genefve«. 

2)  aCar  je  veulx  estre  son  servitear  et  amy  vettlle  U  ou  non*.  Schon 
vorher  hatte  rr  ijesjirnchen  »de  la  ;^rant  amour  que  je  luy  porte»  und  hatte 
erklärt  »j'est^mc  plus  I'onnc&letc  et  uug  tel  personnaige  que  je  ne  lais  pas 
mon  dommaige«.  Freilich  kann  dies  blofs  Weltklugheit  sein,  aber  ebenso» 
wohl  auch  edle  Gesinnung.  Wir  werden  spiter  noch  Anlafs  nehmen  hierauf 
surttckz  u  k  o  m  m  en . 

*)  Catalogue  des  Actes  de  Frangots  l.  Nr.  S329.  Leider  ist  der 
Anfang  dieser  Regesten  noch  nicht  erschienen  {  tonst  wttrde  man  vielleicht 
noch  mehr  Belege  fUr  die  Besiehungen  Klebergs  zur  fransösischen  Krone 
beibringen  können. 


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—    tQ  - 


richten  bekannt  gewesen  war.  Danach  ist  die  Behauptung  des 
Baron  Raverat'),  dafs  von  dem  ibon  Allemand«  zuerst  im 
Jahre  1573  diu  Rede  ist,  riclitigzustellen,  und  die  Schlufsfolge- 
rungen,  welche  der  Haron  Raverat  hieraus  /ieiu,  werden  hintällig. 

Kleber^'  hatte  den  Beinamen  »der  gute  Deutsche«  seiner 
grofsen  VVohlthätigkeit  zu  verdanken.  Insbesondere  gehörte  er 
zu  den  Uauptgründern  der  im  Jahre  1533  entstandenen  weit* 
bekannten  und  sehr  bedeutenden  Wohlthätigkettsanstalt  »L'aumdne 
g^niSralec,  auch  »La  Charit^ c  genannt,  der  er  im  ganzen  8045 
Livres  spendete»  eine  für  damalige  Zeit  ungemein  grofse  Summe. 
In  den  Registern  der  Anstalt  wird  er  als  erster  und  bedeutend- 
ster Geber  aufgeführt,  zwar  ohne  dafs  sein  Name  ausdrücklich 
genannt  wird  —  das  scheint  er  5>i<  Ii  verbeten  zu  haben  — ; 
aber  dafs  der  ^hoinme  de  bien,  niarchant  allemant' ,  der  als 
unermüdlicher  Förderer  der  Charite  auftritt,  unser  Kleberg  war, 
ist  gewifs,  und  konnte  auch  durch  einen  Verkleinerer  Klebergs 
aus  neuester  Zeit  nicht  geleugnet  werden').  Im  Jahre  1536 
wurde  der  Beiname  »le  bon  Allemand«  in  Lyon  augenschein- 
lich schon  ganz  allgemein  auf  Kleberg  angewendet,  und  dieser  ' 
war  also  gewifs  dort  eine  sehr  beliebte  Persönlichkeit.  Dagegen 
besitzen  wir  aus  ganz  derselben  Zeit  eine  nürnberger  Äufsenmg, 
welche  beweist,  dafs  er  von  .seinen  1 -aiuisleuten  noch  immer  eher 
gefurchtet  und  gemieden,  als  geliebt  wurde. 

Am  2.  März  1536  nämlich  schreibt  Lienhard  Rottengatter 
aus  Lyon  an  Lienhard  Tucher:  »Klebergers  halb  habe  ich 
hie  von  den  gesellen  vemomen,  er  sol  dem  Vincentz  Pirkhamer 
aUerlay  bevolhen  haben,  euch  zw  schreiben  oder  anzeigen,  als 
sam  ir  ein  ungunstig  hern  an  im  solt  haben,  davon  lang 
zw  schreiben  wer,  und  hab  deshalb  ein  schwer  hertz  gehabt  mit 
im  zw  reden,  besorget  würdt  mich  nit  wollen  hören,  sol  die 
ursach  sein,  als  er  am  jüngsten  zu  Nürnbersf  ist  ^ewest,  sol 
Anton  TiK  her  in  nit  empfangen  haben  und  in  auff  der 
gassen  geflohen.  Nit  dester  minder  pin  ich  gestern  tVu  im 
wcxel  (le  change,  die  lyonneser  Börse)  pey  im  gestanden  und 

'j  L'homme  ilc  la  röche.  Lyon  i8S6.  S.  5.  Übrigens  wird  Kleberg 
auch  in  seinem  eigenen  TesiAmente  und  in  anderen  Aklen&tilcken  mit  sei- 
nem Beinamen  aufgeführt. 

*}  Pr^is  htstoriqne  sur  Jew  Qeberger  S.  8  ff.   Raverat  I.  c.   S.  29. 

8* 

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—    20  — 


von  im  empfaDgen  worden»  hab  im  eur  grQfs  erpotten;  hat  er 
euch  und  mir  freuntUch  gedankt»  hab  kein  onwillen  mügen  spüren; 
wirt  bericht,  etlich  gesellen  haben  im  zusamen  ein  vererung  thonc. 
Am  deutlichsten  geht  hieraus  hervor,  dafs  Kleberg  sich 

bei  den  nürnberger  Ivaufleuteii  doch  in  gewaltigen  Respekt  zu 
setzen  gewufst  hatte;  aber  die  Reibereien  dauerten  fort.  Denn 
am  29.  Dezember  1j37  sc  hreibt  Anton  Turher  aus  Lyon  nach 
Nürnberg:  »Ich  will  euch  nit  verhalten,  nachdem  ich  herkCimen 
pin  und  an  christtag  pin  ich  mit  Wolff  Tucher  zu  fesper  gangen 
zu  den  cordeUiern  (cordeliers),  fand  ich  den  Cleberger»  aber  er 
wolt  mir  nit  zusprechen»  und  von  Sebald  Tucher  [hab  ich]  zu 
lenff  vemomen»  dafs  er  im  angezaigt  hab,  ich  sey  zu  Nürnberg 
nit  zu  im  komen  und  mit  im  gered  und  er  hab  mir  300  fl. 
Gold  wollen  schenken,  aber  deshalben  hab  ers' unterwegen 
gclosseii,  und  er  woU  gedenck,  die  (ieiider  sein  es  ursach 
gewest,  und  er  wo  11  inirs  wol  eingedenk,  sein,  wie  wol  als 
mir  Sebald  Tucher  sagt,  er  hab  ims  ausgeredt,  wie  wol  ich 
nit  darnach  frag  seiner  person  halben;  allein  ob  er  einem 
heimlich  durch  ander  leut  ein  bankett  mocht  schenken» 
das  traw  ich  im  wol  zu«. 

Ob  hier  die  dunkle  Anklage  gegen  Kleberg  wegen  Ver- 
giftung seiner  Frau  noch  spukte»  lasse  ich  dahingestellt.  Jeden- 
falls erkennen  wir»  dafs  man  ihm  in  Nürnberg  noch  Übelwollte, 
dafs  er  deshalb  sehr  empfindlich  war  und  die  Beleidigung  durch 
einen  Landsmann  nieht  so  leicht  vergafs,  wie  die  ilnu  von  jenem 
genfer  MühlenbesUzcr  zugefugten  Krankung^en. 

Am  19.  Februar  1535  heiratete  Kleberg  zum  zweiten  Male 
und  zwar  wiederum  eine  Witwe,  Pelonne  de  Bonzin»  die  von 
ihrem  ersten  Manne»  Jean  d^  la  borge,  bereits  einen  Sohn» 
Namens  Ettenne  hatte.  Im  Jaiire  1538  schenkte  sie  dem  Kleberg 
ebenfalls  einen  Sohn,  der  den  Namen  David  erhielt.  Dies  war 
der  einzige  Nachkomme  Klebergs,  von  dem  wir  bis  jetzt  Kunde 
haben.  Die  romantische  Legende,  welche  Pelonne  de  Bonzin 
mit  dem  alten  als  ■'Tour  de  la  belle  Alleinande«  bekannten 
Bauwerk  in  Lyon  in  Verbindung  bringt,  können  wir  als  völlig 
unbeglaubi^t  hier  übergehen. 

Aus  dem  Jahre  153b  be.>itzen  wir  nur  einige  dem  berner 
Archive  entstammenden  Nachrichten  Uber  Kieberg.    Am  5.  Mai 


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—    31  - 


1538  schrijb  ihm  nämlich  der  berner  Rat  in  aufserordentlich 
herzlichem  Tone,  ja  fast  devot»  es  müsse  jemand  ihn,  den  Rat, 
bei  Kleberg  verunglimpft  haben;  er  hoffe,  die  alte  Freundschaft 
wetde  dadurch  nicht  gestört  werden.  Und  am  3.  Juni  dessel- 
ben Jahres  bedankte  sich  der  Rat  des  höchsten  für  ein  ihm  \un 
Kieberg  gewährtes  Darlehen  von  3000  Kronen.  Endlich  er- 
folgten noch  in  den  Jahren  1530  und  1542  Anfragen  des  Rats 
bei  Kleberg  wegen  gewisser  Münzverbältnisse  ^  für  unseren  heu- 
tigen Zweck  sind  diese  Anfragen  ohne  Belang. 

IV. 

Wir  sind  jetzt  bei  Klebergs  letzten  Lebensjahren  angelangt, 
und  damit  erst  heginnen  die  Nachrichten  Über  ihn  reichlich  zu 
fliefsen ;  besonders  diejenigen,  welche  ich  neuerdings  aufgefunden 

habe,  werden  es  ermöglichen,  manches  Rätsel  in  Klebergs  Cha- 
rakter und  Lebensschicksalen  der  cadgiltigen  Lösung  näher  zu 
bringen. 

Zunächst  erfahren  wir  aus  einem  schon  früher  aufgefun- 
denen Briefe  des  französischen  Königs  an  Kleberg  Näheres  über 
dessen  Finanzgeschäfte.  Am  11.  Dezember  1543  schrieb  ihm 
der  König,  er  habe  gemäfs  seinem  Versprechen  den  Sieur  Saint« 
Martin  nach  Lyon  geschickt,  um  alle  Geldsummen  zurückzuzahlen, 
welche  Kleberg  teils  selbst  dem  König  geborgt,  teils  ihm  von 
den  anderen  Kaufleuten  der  deutschen  Nation  darlehens- 
weise verscliatiL  hatte.  Dies  war  eine  Seite  der  Thätigkeit 
Klebergs,  welche  sich  für  die  deutschen  Kaufleute  als  sehr  ver- 
hängnisvoll erweisen  sollte;  wir  kumnien  l)ald  hierauf  zurück. 

Schon  am  30.  September  1543  hatte  Franz  L  d  -n  Kleberg 
zum  Lohne  für  dessen  grofse  Dienste  zum  ivalet  de  chambre 
ordinaire  du  roi«  ernannt.  Augenscheinlich  war  dies  nur  ein 
Titel,  der  besondere  Pflichten  nicht  mit  sich  brachte.  Kleberg 
selbst  wendete  ihn  nicht  ohne  Stolz  gegenüber  seinen  Lands« 
leuten  an;  denn  eine  im  nürnberger  Kreisarchive  (Lit.  41  fol.  148) 
befindliche  Quittung  Klebergs  aus  dem  Jahre  1544  beginnt  fol- 
gendermalsen:  :&Ich,  Hans  (  iebcrg,  von  C'liainp,  Herr  zu  Castel- 
lard  und  Villamondt.  des  a  1  le  r  ch  rist  1  i  «•  Ii  s  te  n  Königs  zu 
Frankreich  ordentlicher  Cammerknecht,  Bürger  zu  Bern 
und  Lyon«,  Angesichts  der  hochmütigen  Behandlung,  der  unser 


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—    22  — 


Mann  Seitens  der  nürnberger  Geschlechter  ausgesetzt  war,  dür- 
fen wir  mit  ihm  wohl  wegen  der  eigentümlichen  Hervorkehrung 
des  »Kammerknechtesf  nicht  aUzustreng  ins  Gericht  gehen. 

Die  herrschaftlichen  Güter  Chitelard  und  ViUeneuve, 
welche  —  wunderbare  Ironie  des  Schicksals  —  dem  abtrünnigen 
Connctable  vun  Bourbon  konfisziert  w  urden  waren,  kaufte  Kleberg 
1543  oder  1544  den  mit  ilirer  Veraufscruug  beauftragten  kuiiig- 
lichen  Kommissaren  ab.  Am  20.  März  1545  erlaubte  der  König 
den  ^Jean  Clcberg,  dit  le  bon  Allcmandc  die  Ausübung  der 
(Gerichtsbarkeit  in  den  genannten  beiden  Herrschaften').  Das 
Gut  Champ  bei  Lyon  hatte  Kleberg,  wie  aus  seinem  Testamente 
hervorgeht,  von  einem  Fräulein  von  Balmont  gekauft;  später 
arrondierte  er  es  durch  weitere  Erwerbungen. 

Sicher  gehörte  Kleberg  jetzt  zum  französischen  Adel, 
wie  er  denn  wiederholt  als  »noble  homme«  aufgeführt  wird. 
Somit  war  er  den  nui  nber^er  Patriziern  ebenbürtig;  i^ewürdcn. 
Dagegen  sind  die  Angaben  über  den  ihm  vürgcl>lich  verliehenen 
deutschen  Adel  zuverläfsig  falsch,  weil  er  sonst  ganz  bestimmt 
diesen  Adel  auch  in  NHirnberg  geltend  gemacht  hätte. 

Im  Frühjahre  1544  kam  wieder  eine  Gelegenheit,  bei  der 
die  Nürnberger  Klebergs  Dienste  gut  gebrauchen  konnten.  Den 
deutschen  Kaufleuten  sollte  das  Geleit  aufgesagt  werden,  um  sie 
gefügig  für  neue  Anleihen  zu  machen.  Bei  dieser  Gelegenheit 
hielt  sich  —  wie  Lienhard  Rottengatter  den  Tuchers  berichtet  — 
Kleberg  gar  wohl  »und  thett  auch  gern,  wan  er  dcrfft,  das  erfindt 
sich  im  wercke  und  in  sein  schreiben.  Hett  ims  nit  /wge- 
traut.  Werden  im  vill  hrieff  hereingeschrieben.  Wan  es  euch 
für  gut  anseht,  wirdet  im  ein  cleins  briefflcin  von  der  rerom- 
mandassion  danksagung  zwschreiben,  würt  im  woU  gefallen» 
mocht  auch  zw  gutt  spriessen«.  Das  geschah,  worauf  ein  an- 
derer  Vertreter  der  Tucher,  Jakob  Reuter,  berichtete  »Herr 
Hans  Cleberger  sagt  wunder,  wie  es  im  so  wol  hab  gethan,  das 
ir  im  auch  geschriben  habt«.  Er  Hefs  den  Tuchern  sagen,  »was 
er  pisher  gethan  hat,  hab  er  gern  gethan,  er  woU  noch  thun, 
(las  soll  man  sich  zw  im  versehen.  Leib  und  gut  wo  11  er 
pey  den  Teutschen  lassen  und  pey  inen  pleiben*. 

<)  Acte»  de  Franvoi*  I-       IV.    Nr.  14381. 

Danach  ist  der  mebrcitierte  aPr^cishi»toriqae«  S.6/7  richtig  «Mtelleo. 


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—    23  — 


Der  Berichterstatter  hatte  alle  Ursache  hinzuzufügen:  »Gott 
lafs  ihn  also  beharren  U  Und  wir  haben  Grund  zu  vermuten, 
dafs  Kleberg  in  seinem  Innern  die  notgedrungene  Annäherung 
der  nürnberger  Geschlechter  nach  ihrem  wahren  Werte  beur- 
teilte, (lafs  dcmgemäfs  auch  seine  eigenen  Freundschaftsbeteue- 
rungeii  nicht  aufrichtig  gemeint  waren,  trotz  aller  Feindesliebe, 
die  er  bei  anderen  Gelegenheiten  bekundete.  Cierade  damals 
arbeitete  er  daran,  die  Nürnberger  immer  tiefer  in  die  Finanz- 
geschäfte der  französischen  Krone  zu  verstricken,  während  er 
wahrscheinlich  recht  genau  übersehen  konnte,  dafs  Frankreich 
für  die  ungeheuren  Kriegsanleihen  der  damaligen  Zeit  auf  die 
Dauer  nicht  aufzukommen  vermochte. 

Am  28.  Januar  1545  schreibt  Jakob  Reuter  aus  Lyon: 
»Die  ursach  ist  allein,  euch  besonders  zw  schreiben,  das  die 
vergangne  tag  der  her  Hans  ('lel)t;rger  zw  mir  im  wexel  [ge- 
komen  ist\  hielt  vieler  und  anderley  sach  | halber  Unterredung], 
doch  unter  ein  andern  ward  von  im  an  mich  verlangt  und  he- 
volen,  euch  zw  schreiben,  euch  zw  nutz  und  von  deswegen, 
das  er  euch  aüweg  für  gut  freund  geacht  hat  (i)  und 
noch  hat,  wo  er  euch  lieb  und  dienst  kinde  tun,  wer  er  alzeit 
geneigt,  und  [hat]  mir  in  der  gestalt  anzeigt,  die  vergangne  tag 
wer  zw  im  komen  derjenig,  der  bevel  hat  von  dem  koning  von 
Frankreich  ein  soma  gelts  ein  zeit  auffzwnemen,  auch  die  finan- 
tzen  jetz  würden  wider  angehen,  als  nemlicli  jetz  auff  zwkuntftig 
ostern  würdt  der  koning  von  Frankreich  ein  soma  gelts  bedorffen. 
Darumb  wer  derjenig  zw  im  komen.  der  den  bevelch  von  dem 
koning  hat,  heifst  Marthein  de  Froys*),  derselb  sitz  hie  mit  heiifs, 
und  zw  dem  obgemelten  her  Cleberger  begert,  er  soll  sich  zw 
seiner  gelegner  zeit  mit  seinen  freunden  bereden,  ob  sy  im 
geneigt  seien,  ein  gute  soma  gelts  auff  zwkunftige  ostermefs- 
zalong  furzwschtrecken.  Solchs  soll  wol  vergewist  und  ver- 
schriben  werden  zw  gelegner  zeit  wie  man  es  dan  wurdt  an- 
nemen  und  zw  danck  die  hauptsoma  sampt  das  interest  woll 
zalt  soll  werden,  alsdan  je  pilsher  noch  geschehen,  auch  noch 
kein  klag  vor  äugen  ist.  Also  aus  guter  maynung  und  gctrcw 
lest  euch  der  her  Cleberger  zw  wissen  thun  durch  mich,  ob  ir 

1}  Mattre  Mtrtin,  vgl«  oboi  S.  l6  nnd  ai  nnd  Acte»  de  Fran^oit  L 
t.  IV.   Nr.  I43$7- 


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—    24  — 


auch  villeicht  ewer  gelegenheit  nach  wer,  dafs  ir  auch  ein 
soma  gelts  her  in  die  ostermefs  zalong  wolt  provediern. 
so  woU  er  das  ewer  sampt  dem  seinen  und  ander 
guter  herren  gelt  als  mit  einander  underpringen,  und 
solchs  verschriben  werd  einem  wie  dem  andern,  als  dan  je  und 
je  geschechen  ist,  auch  zw  seiner  zeit  gute  zalong  »(eschechen 
soll.  Darein  erpcut  sich  der  her  Cleberger  ganz  hoch  gegen 
eiu  Ii,  auch  ser  freuntlich  eurb  zw  dienen,  wie  andern  guten  ge- 
sellen und  freundt.  Er  hab  schon  ein  40000  V  (ecus,  Gold- 
kronen) oder  mer  von  den  andern  guten  herren  und 
freundt,  und  er  auch  ein  gut  soma  well  legen  von  dem  seinen 
—  —  — ,  auch  jets  so  fridt  ist,  so  werdt  die  gefar  nit  mer 
als  grofs  sein,  wan  wie  er  sagt,  was  er  sich  noch  pisher 
understanden  hett,  das  hob  er  mit  guten  eeren  und  on 
alle  nachredt  hinauspracht  und  an  ein  endt  pracht,  darumb 

solt  ir  kein  scheuchen  haben,  auch  on  sorg  sein  .  Darauf 

hab  ich  im  seines  guten  willens  aiiff  das  allerhöchst  bedankt, 
auch  im  anzeigt,  ich  well  euch  es  na«  h  der  leng  schreiben.  — 
Nun  bedunkt  mich,  doch  auff  ewer  ]icsser  meinong,  es  wer  etwas 
damit  zw  waggen;  —  war,  [dafs^  do  ist  nichts  jetz  zw  verlieren,  dic- 
weil  doch  fridt  jetz  zwischen  K.  M.  und  koning  ist ;  war  entlich 
[ist,  dafs]  vill  andre  werden  darmit  sein,  nemlich  die  pesten 
hewsser,  alfs  peidt  Welss.er,  Ebner,  Herbert,  Weik- 
man,  Imhoff,  Ingoldt,  Prechter,  Sigelschein,  Weier^) 
sampt  anderen;  war  entlich,  da  wer  ein  nutz  zw  erholen, 
der  göttlich  und  pillich  wer  —  — .  Diejenigen,  die  in 
diessen  schweren  leufften  haben  dem  koning  geliehen,  die  sein 
all  wül  zalt  worden  sampt  irem  grolsen  nutz.« 

Der  geschäftseifrige  junge  Faktor  mochte  den  Ver- 
sicherungen Klebergs  glauben.  Aber  Lienhard  Tucher,  der 
damalige  Hauptleiter  der  grofsen  Tucherschen  Handlung,  war 
noch  ein  echter  Kaufmann  vom  alten  Schlage,  der  mit  den  neu- 
modischen Finanzgeschäften  so  wenig  wie  möglich  zu  thun  haben 
wollte.    Am  24.  Februar  antwortete  er  dem  Jakob  Reuter,  er 

')  Hier  sind  nehei^  n*^rnnerrrer  mich  nlmer,  autjsbur^^^er  nnrl  strafs- 
burger  Firmen  genannt,  doch  nur  solche,  welche  mehr  im  prolest  an  lisch- 
franxösitchen  Lager  standen  oder  doeli  —  wie  die  Weiser  —  zweifelhafte 
Freunde  des  Kaisers  waren.  Die  ]  r  haben  sich  niemals  an  de»  An- 
leihen der  französischen  Krone  beteiligt. 


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—    25  — 


habe  »das  freiintlich'  anpieten  und  gesinnen  von  unsenn  guten 
freunt  und  gttnner  (das  klingt  wie  Ironie)  hem  Hansen  Cleber- 
gers  nach  lengs  vernomen,  das  wir  von  im  auch  gants  danck- 
parltch  und  trewHch  mainent  angehört,  und  zweyffelt  uns  gar 

nit,  das  wir  disser  zeit  oii  sünderc  aor^  unter  des  vorgemel- 
ten  nomen  ganti:  bctiuemlich  und  sicher  ^uten  luiL/  kiinten  er- 
langen, SU  Westen  wir  uns  auch  umb  seiner  gunst  und  woltadt 
woll  mit  im  7a\  vergleichen.  Darauff  haben  wir  uns  und  mein 
Vetter  (Lorenz  Tucher)  mit  einander  unterredt  und  in  bewe- 
gung  allerley  ursach  uns  entlich  entschlossen,  mit  sol- 
chen heubtern  (d.  i.  Potentaten)  weder  für  uns  selbst  noch 
durch  mittel  anderer  personen  mit  solchen  handlungen 
nit  einzwlassen.  Das  wollst  im  also  von  unsem  wegen  mit 
pester  bescheidenheit  anzaigen,  aber  nichts  desto  weniger  nemen 
wir  sein  angepottene  gunst  und  genaigt  guten  willen  gantz  freunt- 
lich  und  hoch  danckparlirh  an*. 

Reuter  bestellte,  wie  er  am  21.  März  schreibt,  alles  der 
erhaltenen  Weisung  gemäfs  an  Kieberg,  worauf  dieser  erklärte, 
»er  hab  es  vorhin  sampt  wol  gewist,  nichts  dester  minder  hab 
er  es  euch  wollen  zw  wissen  thun,  vermeint,  ir  und  die  Im- 
hoff  seit  zw  ser  sorgsam,  aber  nichts  dester  minder  so  hab 
er  sampt  andern  teutschen  jetz  difs  zallong  dem  koning  zw 
leichen  ein  50000  V  sol  (^cus  de  sol,  Sonnenkronen)  funden, 
das  wurdt  jetz  difs  zallong  crieut,  wurdt  der  hcrr  Cleberger,  peidt 
Welfser  und  die  Herbert.  ;im  h  W  eiknuuin  sein  und  villci*  lit 
sonst  andre  raer.  So  werden  im  die  Vtalliener  auch  ein  lOOOOO  V 
leichen  —  «.  Reuter  \v;u  indefs  damals  auch  selbst  keines- 
wegs mehr  so  geneigt,  Klcbcrgs  Ratschlag  für  befolgenswert  zu 
halten;  denn  er  schreibt  weiterhin:  >Au(f  difs  mal  ist  dem 
koning  nit  seer  wol  zw  leichen,  wan  wie  gesagt  wurdt,  dafs  er 
ein  prestlos  mensch  ist,  soll  em  offen  schaden  haben,  das  frist 
imer  zw  umb  sich,  und  kein  remedium  nit  helflfen  will  noch  kan, 
also  dafs  heimlich  gesagt  wird,  er  werdt  über  6  in  8  inunctt 
nit  künden  leben,  also  uitheillen  in  die  doetores  und  balttiei. 
Darumb  wo  er  solt  abgehen,  so  darff  aisda  n  ein  anders 
regiement  werdi^n,  und  die  jetz  ctwan  wol  am  hoff  sein, 
dern  alsdan  das  widorspill  werden,  wan  solchs  verendert  sich 
tcglich,  wie  wol  sy  hie  teglich  purgschaft  verheifsen  und  presentiern 


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—    26  — 


wern,  ein  jeder  will  nun  ein  scheuchen  haben,  dafs  der 
koning  also  ein  kranck  und  schwach  mensch  ist,  und  im 
das  leben  abklndt  ist  wordene. 

So  schlimm  kann  es  mit  dem  König  gewifs  nicht  i^estan- 
den  haben;  denn  er  lebte  noeh  zwei  Jahre.  Indefs  muls  K-leberg 
die  Bedenken  der  Kaufleute  dem  Könisfe  selu)n  am  5.  März 
niilgeteilt  haben;  derselbe  antwortete  ihm  am  11.  März,  er  habe 
mit  Dank  bemerkt,  wieviel  Mühe  Kleberg  sich  wegen  der  An- 
leihe gebe,  und  da  die  Kaufleute  wollten,  dafs  der  Dauphin  sich 
mit  verpflichten  möchte,  so  solle  Kleberg  sie  benachrichtigen, 
dafs  König  und  Dauphin  hiermit  einverstanden  seien;  man  solle 
nur  das  Geld  bereit  halten.^) 

Aber  noch  ein  anderes  Bedenken  war  zu  beseitigen:  Gar 
zu  gerne  benutzten  säumige  Schuldner,  besonders  Fürsten,  das 
kirchliche  Zinsverbot,  um  sich  ihren  Verpflichtungen  zu  ent- 
ziehen, oder  die  Glaubiger  wurden  gar  wegen  Wucher  ver- 
klagt. Um  die  Raufleute  hierüber  zu  beruhigen,  erklärte  der 
König  feierlich,  dafs  die  »Geschenkec^  welche  er  dem  Johann 
Kleberger,  genannt  »der  gute  Deutsche c,  und  anderen  fremden 
Kaufleuten  auf  den  lyonneser  Messen  oder  anderwärts  zur  Be- 
lohnung der  ihm  für  seine  Kriege  gewährten  Darlehen  gemacht 
habe  oder  machen  werde,  als  wirkliche  Schuldverpflichtungen  und 
Zinszahlungen  anzusehen  seien,  ohne  dafs  die  Kaufleute  deshalb 
irgendwie  behelligt  werden  könnten. 

So  kam  denn  die  Anleihe  zu  Stande.  Zu  derselben  Zeit 
und  wahrscheinlich,  um  die  deutschen  Kaufleute  L^etugiger  zu 
machen,  als  sie  sich  von  dem  Geldgeschäfte  zurückziehen  woll- 
ten, wurde  ihnen  die  Auflegung  eines  neuen  hohen  Zolles  an- 
gedroht. Auch  hierbei  spielte  Kleberg  eine  grofse  Rolle.  Wie 
nämlich  der  Nürnberger  Christof  Ebner  dem  Tucherschen  Faktor 
erzählte,  und  wie  dieser  am  27.  April  1545  nach  Hause  schrieb,  er- 
klärte Kleberg  dem  Ebner  »hie  auf  dem  teutsch  platze^ 

^)  Arcbives  biäloriques  et  ätalistiques  du  d^partement  du  Khüne 
V.  398. 

^)  iDont«;  so  nannte  man  sehr  gern  die  Zinsen,  um  ihre  eigeinliche 
Natur  zu  verberf.^en.  Der  königliche  firlafs  ist  registriert  in  den  Acte«  de 
Fran^ois  1.  Nr.  14466. 

*)  Meines  Wissens  erhallen  wir  hiedurch  zum  ersten  Male  Kunde  von 
einem  besonderen  öRentlichen  VersamnlungspUtse  der  Deutschen  ia  Lyon. 

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frei  und  öffentlich,  wann  er  wollt,  mit  30  Worten  wollt  er  uns 
allen  verhelffen,  dafs  den  zoll  nit  zallen  derfTen.  Der  Brief- 
schreiber fügt  hinzu  »30  wort  sind  wenig,  aber  offtmal  hat  er 
^^esagt,  ja  mit  30  wortten,  nur  wollt  er  [siel  nit  prauchen. 
Darauff  Ebner  zw  wegen  prnrht.  das  all  von  dem  Reich,  als 
aus  Augspurg,  Ulm,  Stralsburg,  so  vill  uns  zwsamen 
haben  künden  finden  und  pei  einander  gewest,  von  dem 
£bner  abermals  dergleichen  mit  vill  andern  umbstendt  vemomen 
gehört,  darauff,  anff  sein  und  unfser  aller  rat  einig  worden, 
unfser  etlich  ausgeschossen,  als  nemlich  dapey  gewest  Michel 
Imhoff,  Augustin  Fümberger,  Hans  Welser  diener.  Jacob  Jeger, 
Kiffhaber  p.  Weickman,  Hans  Zangmaister,  Christoff  Ebner, 
Jorg  Ilobrecht  und  ich,  sindt  /.u  Clebcrger  gangen,  hat  Jcger 
die  redt  für  gemeine  von  dem  reich  oder  den  kauff- 
leutten  gethan^),  und  in  mit  hohem  titel  gejicten,  das  er 
uns  verhelften  wolle,  das  den  zuU  nit  zallen  derffen ;  hat  unfser 
fttrpitt  woU  gehört  und  vemomen,  sein  antwurtt  wer  grob 
zw  schreiben,  aber  sein  beschlus  war,  er  hab  eim  jeden  das 
vergangne  jar  in  generali  gedreut  (?),  in  mafsen  das  keiner 
wifs  (f),  und  wan  er  nit  gethan  het,  wer  es  ubel  zwgangen,  auffs 
heflftigest  wie  er  nur  furgiebt  oder  furgeben  hat  klinen;  aber 
da  sey  kein  erkenntnus  von  den  reichsstetten,  sey  gleich, 
Nürnberg,  Augsl)urg,  Ulm,  Strospuig  und  wer  die  sein  inügcn, 
das  Im  von  t-iner  oder  andern  danksagung  ges(liril)en 
wer.  tr  beger  weder  goldt  noch  silber,  allein  das  im  drei /.eill 
von  einem  erber  Ratt  geschrib.en  wer  worden,  damit  sein  sun 
nach  im  befundt,  das  in  von  Stetten  umb  sein  dienst 
dank  geschriben  wer  worden,  und  kindt  nit  gedencken,  ob 
die  diener  schuldt  seyen,  die  hinen  sindt  gewest,  das  nit  hinaus 
in  oberlandt  angezeigt  haben  oder  sie  draufsen  so  grob  unver- 
stendig  seyen.  Er  woll  hie  ein  frantzos  sein,  sollen  sy 
daufsen  teutsch  sein  —  mit  vill  aier  Worten.  Im  endt 
für  hin  woll  er  sich  unsser  in  generali  gar  nit  mer  an- 
nemen,  weder  clein  noch  grols,  das  soll  man  sich  zw  im  ver- 

')  J  c  o  b  Jt-'-^er  war  ein  besonderer  Freund  Klebergs;  bei  der  Aus- 
stellung seines  Testaments  war  er  als  Zeuge  zugegen;  auch  beim  franrösi' 
schell  Hofe  mufs  er  gut  angeschrieben  gewesen  sein,  da  er  wiederholt  die 
Interessen  der  deutschen  Kauflente  dort  vertrat. 


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sehen,  auch  ein  jeder  von  im  schreiben  müg.  Aber  2  oder  3 
seine  gut  frUnd  well  er  des  2olls  halb  verhelfen,  und  wer 
im  Hb  und  dienst  thät,  dem  well  ers  auch  thun,  er 
kindt  änderst  nit  vermeinen,  dan  man  sech  in  daufsen 
für  ein  nattdler  (?)  oder  rothschmidt  an«. 

Dieser  (ttr  die  Charakteristik  Klebergs  äufserst  bedeutsamen 
Ansprache  wcrtlen  wir  später  noch  etwas  näher  treten.  Zunächst 
sei  aber  mitgeteilt,  cials  Kleberg  sicli  doch  erweichen  liefs. 
Wahrscheinlich  war  «^ein  Zorn  überhaupt  nur  eine  -geschickte 
Maske,  wie  denn  sein  ganzes  damaliges  Verhalten  den  gebore- 
nen Diplomaten  erkennen  läfst  Kurz,  am  13.  Mai  1545  schrieb 
der  Augsburger  Rat  an  den  von  Nürnberg  wegen  der  ZoUsache 
(die  von  den  Eletchstädten  als  eine  sehr  gefahrliche  Beemträch- 
tigung  ihrer  Privilegien  behandelt  wurde),  man  wisse,  »wie  Hans 
Kleberg,  den  Teutschen  zu  gut,  in  dieser  sachen  viel  guts  ge- 
handlet und  dem  ansehen  nach,  darin  er  gegen  die  kttnig» 
liehe  würde  steen  soll,  noch  verhotTenlich  fruchtbars  ufs. 
richten  mocht.  Ob  ime  nun  unib  vergangne  muhe  zu  dancken 
und  umb  ferrere  handlung  zu  abbringung  berurts  zols  ze  schrei- 
ben ratsam  sein  wolle,  stellen  wir  zu  K.  W.  wolgcfallen  und 
bedencken;  dann  soviel  wir  berichts  empfangen,  mag  er  diese  ding 
nit  wenig  furdern  oder  hindern,  er  soll  sich  aber  gutwillig 
crbotten  haben«. 

Auf  diesen  Brief  antwortete  der  Nürnberger  Rat  am 
10.  Mai:  »Soviel  aber  E.  W.  gutbedunken  einer  danksagung 
halben  an  herrn  Hansen  Klcber^er  betrifft,  wollen  wir  inen  nit 
verhalten,  das  wir  albcreit  auff  ansuchen  etlicher  unse- 
rer kauffleut  ein  dan<-k  srh  rifft  an  bemelten  Kleberger 
vertigen  lassen  und  gepetten  haben,  liintur  auch  das  best  zuthun, 
raöcht  nit  nachteilig  sein,  das  E.  W.  solchs 'gleichergestalt  iheten«. 

In  der  That  wurde  der  Zoll  abgestellt.  Vermutlich  aber 
werden  die  deutschen  Kaufleute  dem  Könige  das  gewünschte 
Anlehen  vorher  haben  bewilligen  müssen.  Jedenfalls  hatte 
Klcberg  seine  persönliche  Genugthuung  erlangt:  er  hatte  es 
durchgesetzt,  dafs  die  stolzen  nürnberger  Geschlechter  sich  gründ- 
lich vor  ihm  demütigen  mufsten. 

Auch  aus  dem  Jahre  1546,  dem  letzten  Leiu-nsiahre  Kle- 
bergs, besitzen  wir  eine  ganze  Anzahl  ihn  betreuender  Nach* 


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richten.    Am  2i.  März  schreibt  Gabriel  Tucher  seinem  Vater 

Lienhard:  »So  hat  der  Hans  Clcberger  vorgestern  auch  ein 
prief,  als  er  furgibt,  vom  konig  empfangen,  darin  er  anzeygt  sol 
haben,  er  werdt  auf  kiinftig  ostermess  ein  gutte  suma  t^elts 
bederfen,  dem  milg  er  sanipt  seinen  mitverwandten  aachtrachten» 
und  wo  sich  mangel  am  underschreibca  hab,  so  soll  nians  Im 
anzeigen,  so  well  er  die  underschreibung  machen,  wies  der  herr 
Kleberger  haben  well,  also  das  sie  venneinen,  der  Moussier  le 
I)olvin(Dauphui)  wer  sich  auch  underschreibenc.  Ob  diese  Anleihe 
zu  Stande  kam,  liefs  sich  bisher  nicht  mit  Sicherheit  feststellen. 

In  demselben  Briefe  schreibt  Gabriel  Tucher:  >So  werdt 
ir  vorlengst  vernomcn  liaben,  wie  man  den  liciii  Klebergcr 
zu  einem  Kathern  hie  gemacht  hat,  solcher  hat  aber 
keiner  wellen  sein,  soll  auch  nie  in  Rat  hinkumen  sein.. 
Thatsächlich  war  Kleberg  schon  am  10.  Dezember  1545  zum 
Schöffen  oder  Ratsherrn  der  Stadt  Lyon  gewählt  worden,  wie 
sein  noch  im  dortigen  Stadtarchive  befindliches  Diplom  beweist. 
Er  suchte  die  für  einen  Ausländer  doppelt  hohe  Ehre  abzu- 
lehnen,  indem  er  sein  Alter,  die  Sorgfalt,  welche  die  Erziehung 
seines  jungen  Sohnes  erfordere  und  die  Geschäfte,  mit  dem  ihn 
der  König  betraut  habe,  zur  Geltung  brachte.  Man  nahm  seine 
Weigerung  zwar  nicht  an,  doch  hat  er  in  der  That  niemals  einer 
Sitzung  des  Magistrats  beigewohnt. 

Am  23.  April  1546  war  er  in  Genf.  Die  Stadt  wollte 
ihm  zu  Ehren  ein  Festmahl  geben;  aber  er  zog  sich  davon  zu- 
rflck,  worauf  die  Stadt  ihm  stattdessen  eine  Ehrengabe  sandte, 
wie  sie  sonst  nur  bei  den  vornehmsten  Personen  übh'ch  war. 
Auch  seine  letzten  Briefe  an  die  Stadt  Genf  zeugen  von  einer 
grofsen  Gesinnung,  die  bei  dem  sechzigjährigen  Manne  gewifs 
nicht  mehr  blofse  Weltklugheit  oder  Liebenswürdigkeit  gewesen 
sein  kann.  So  schrieb  er  am  15.  Mai  1j46,  ei  habe  sicii 
stets  bestrebt,  einem  Jeden  gegenüber  sich  so  zu  ver- 
halten, dafs  man  Anlafs  haben  möge,  ihn  zu  lieben.*) 
In  einem,  nur  zwei  bis  drei  Monate  vor  seinem  Tode  geschrie- 
benen Briefe  ersuchte  er  ferner  den  genfer  Rat,  einem  Men- 
schen, der  in  Klebergs  Garten  Bäume  abgeschnitten  hatte  und 

')  »Aussi  nie  ai-je  toujours  efforce  de  vivre  avec  uu  chucun  de  fa^un 
qii*OD  eftt  occMion  de  m'aimer«. 


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—    30  — 


verdächtig  war.  Ihm  auch  Fische  gestohlen  zu  haben,  die  Strafe 
zu  erlassen. 

V. 

Von  dem  Ausgange  dieses  reichen  und  merkwürdigen 
Lebens  besitzen  wir  einige  Berichte  aus  der  Feder  eines  wenig 

wohlwolleiulcii  Mannes,  des  in  Lyon  weilenden  Paulus  Tuciier. 
Die  Nürnberger  hatten  zwar  von  ihrem  ehemals  verachteten 
Mitbürger  Dienste  angenommen  und  ihm  dafür  widerwillig  ge- 
dankt. Aber  ihre  Empfindungen  gegen  den,  weichen  die  Fran-  . 
zQsen  den  »guten  Deutschent  •  nannten,  waren  darum  nicht 
freundlichere  geworden.  Die  Verachtung  war  wohl  verschwun- 
den* oder  hatte  sich  selbst  in  Respekt  verwandelt.  Aber  das 
Mifstrauen  war  geblieben;  es  hat  Kleberg  sogar  bis  über  seinen 
Tod  hinaus  verfolgt. 

Am  4.  September  1546  schreibt  Paulus  Tucher:  »So  ist 
der  Hans  Cleberger  vor  drei  wuchen  hie  kranck  worden  und 
soll  noch  kranrk  Hgcn,  mag  sein  (»der  nit,  aber  im  nit  jeder- 
man  glauben  gibt,  sonder  etiich  sagen  wollen,  er  sey  vor  b  tagen 
verschiden,  das  ich  auch  sorg  hett,  Gott  woU  im  und  uns  allen 
gnedig  sein,  wiewol  man  noch  kein  grundt  nit  davon  weys. 
Vermeinen  etiich,  wu  im  also  wer,  das  mans  also  verpergen 
wolt,  so  gescheg  es  von  wegen  der  zallung;  wan  ir  vtt  under 
sein  namen  dem  konig  gelt  gelihen  haben,  fürchten  vileicht,  der 
konig  mocht  ins  nit  halten.  Man  wil  niemantz  zu  im  hine'in 
lassen,  ei  nie  in  (allein)  C  hristo  ff  K  bner  und  |  ikob  Ji  u  r 
und  (' Ii  ri Stoff  i-  reihamer,  solche  sindt  seine  zeugen  uln  r 
sein  testamr?it,  solche  3  sagen  noch  all,  er  sey  noch  beim  leben«.. 

Dus  nürnberger  Kaufleute  in  Lyon  hatten  damals  noch 
andere  schwere  Sorgen,  von  denen  Paulus  Tücher  in  demselben 
Briefe  folgendermafsen  berichtet:  »Ist  ein  weil  ein  grofse  sag 
von  den  von  Nürnberg  hie  gewest,  wie  sie  sich  so  ubel  halten 
und  dem  keyser  munitzion  zuschicken,  ist  von  etlichen 
teutschtzen  das  maul  wol  davon  gepiert  <  r)  worden,  des  sich  vileicht 
nichts  bederft  het,  in  sonder  von  dem  Kleberger,  hat 
auch  gesagt,  er  wolt  alles  darumb  gelten,  das  er  nit 
von  Nürnberg  wer,  und  sonst  von  nmlorn  teutschen  auch, 
iuiben  auch  gesagt,  man  mug  jetzuncier  wol  spuren,  wer  jetz- 
unüer  2  jar  vergangen  die  anfenger  mit  dem  kaiser  sindt  ge- 


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—    31  — 


west,  wider  den  konig  su  ziehen c  etc.  Das  war  vermutlich 
alles  Gerede  und  Geklatsch,  auf  das  kaum  viel  Wert  gelegt 
werden  kann.  Dagegen  wissen  wir  aus  erster  Hand,  dafs  K.le- 
berg  bestimmt  war,  in  dem  damals  sich  zuspitzenden  Gegensatze 

zwischen  dem  Kaiser  und  den  deutschen  Protestanten  eine  er- 
hebliche Rolle  zu  spielen,  wns  indefs  sein  Tod  veroitehe.  Knde 
August  reiste  nämlich  Jakol)  Sturm  im  Auftrage  des  Schnial- 

kaldischen  Bundes  nac  h  Lyon,  um  dort  durch  Klebergs  Vcr- 
mittelung  für  den  Bund  eine  grofse  Anleihe  aufzunehmen»  ohne 
welche  es  ganz  unmöglich  war,  dem  Kaiser  wirksam  zu  wider- 
stehen. Sturm  kam  am  1.  September  in  Lyon  an,  fand  aber 
zu  seiner  Bestürzung  Kleberg  schwer  krank  vor  und  mufste 
deshalb  unverrichteter  Sache  wieder  abreisen.  Die  Strafsburger 
Kriegsräte  meldeten  das  denen  des  Bundes  mit  dem  Bemerken, 
dafs  *am  selben  Mann  viel  j^elegen«  sei,  und  schlugen  an 
seiner  Stelle  deorg  Weikniaa  aus  Ulm,  den  wir  bald  als 
einen  der  besten  Freunde  Klebergs  kennen  lernen  werden,  zur 
Betreibung  der  Anleihe  vor.  Die  weitere  Entwickelung  dieser 
Angelegenheit  gehört  nicht  hieher. 

Zwei  Tage  nach  jenem  Briefe  des  Paulus  Tücher,  nämlich  am 
6.  September  J  546  starb  Hans  Klcberg.  Sein  Tod  wurde  aber  erst 
8  Tage  später  bekannt.  Tucher  schrieb  am  14.  September:  »So  ist 
es  erst  auf  adi  offenbar  worden,  das  der  Hans  Cleberger  mit  todt 
verschiden  ist,  Gott  der  her  wol  im  gnedig  sein,  wie  wol  noch 
etlich  vermeinen,  er  sey  ein  acht  tag  darvor  verschiden.  Sol 
ein  07  000  V  reich  sein  gewest,  und  scini  juni;eii  sun  sol  er  ein 
60^)1)0  \  verlassen  haben,  und  nach  seinem  abgang  so  hat  ers 
den  5  steten  im  Teutschland  verschaft,  den  armen  leutten  im  spittel, 
hemlich  Augspurg,  Ulm,  StraCsporg,  Fem,  Zurch,  solche  5  stet 
solens  als  nach  seins  suns  abgang  erben.  Man  hat  sein 
schon  gar  vergessen,  hat  in  auch  mit  einer  latternen 
zu  grab  tragenc. 

Diese  einfache  Art  der  Bestattung  beruhte  —  was  Tucher 
unbekannt  war  —  auf  einer  testamentarischen  Anordnung,  wo- 
nach Kleberg  begraben  sein  wollte-  in  der  Kirche  des  Klosters 
Notre  Dame  de  Comfort,  an  (U  r  Stelle,  wo  bereits  mehrere 
Deutsche  begraben  lagen,  und  zwar  solle  die  Beerdigung  Nachts 
mit  einer  Laterne,  ohne  irgendweichen  Prunk  stattfinden.  Auch 


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—    33  ~ 


solle  nur  eine  gewöhnliche  Messe  gelesen  werden.')  Letztere  Be- 
stimmung beweist»  dafs  Kleberg  mindestens  in  seinem  Alter  sich 
wieder  zur  katholischen  Religion  rechnete,  was  er  in  seinem 
Testamente  auch  ausdrücklich  erklärte.  Aber  über  den  Glau- 
ben seines  Sohnes  entstanden,  wie  wir  sehen  werden,  später 
ganz  ähnliche  Zweifel,  wie  sie  Willibald  Pirkheüner  trüher  be- 
züglich des  Vaters  geäussert  iiatte. 

Wir  entnehmen  der  angeführten  Testamentsbestimmung 
zunächst  nur  die  Gewifsheit,  dafs  Paulus  Tucher  Unrecht  hatte, 
wenn  er  die  unscheinbare  Bestattung  Klebergs  in  einem  fUr  sein 
Andenken  nachteiligen  Sinne  deutete. 

Das  Testament,  dessen  Wortlaut  wir  besitzen,  ist  am 
35.  August  1546  am  Krankenbette  Klebergs  durch  den  Notar 
Pierre  Dorlin  verfafst  wurden.  Als  Zeugen  waren  zugegen  drei 
Deutsche,  welche  Paulus  Tucher  richtig  aufführt:  Jakob  Jeger, 
Christof  Ebner  und  Christoff  Freyhamer,  ferner  6  Franzosen: 
Mathieu  Athiaud,  Dr.  jur.  königl.  Rath  beim  Parlament  von 
Dombe,  Blaise  Volet,  ein  dem  Kleberg  befreundeter  Kaufmann 
aus  Lyon,  Nicolas  Dorlin,  gewifs  ein  Verwandter  des  obenge- 
nannten  Notars,  Jean  Gras  und  Jean  Barbier,  welche  beiden  letzt- 
genannten als  xClercsc  aus  Lyon  aufgeführt  werden. 

Kleberg  wird  genannt  »noble  homme  Jehan  Cleberger, 
surnomme  >le  bon  Alleniant  ,  seigneur  de  Champ  prcs  Lion, 
de  Villeneuve,  du  Chastellard  et  de  Chavanien  en  Dombes, 
bourgeois  de  Berne  et  de  Lion,  valet  de  chambre  ordinaire 
du  roi  nostre  sir«  demeurant  ä  Lion«. 

Klebert4  erklärt,  er  sei  keinem  Mensclicn  etwas  sehuUlig, 
aufser  seiner  geliebten  (iattin.  Deshalb  solle  man  auch  nieman- 
dem etwas  i^ahlen,   möge  sich  melden,    wer  da  wolle,  aufser 

')  «Veult  et  ordo&ne  estre  poric  en  &epulture  de  nuyt,  avec  une 
lanternt  et  «ans  aacune  pompe  fuueraille,  laquelle  il  prohibe 
et  d^fend  autant  qu*il  peult.  et  sans  y  esire  appellee  ancune  proeet» 

>;ir>n  ne  aultres  as<?cnibl^es,  exccplco  la  procession  du  diel  couvent  (!e  Nostre 
Dame  de  Coniort ;  mais  seulement  veuli  et  ordonne  que  le  jour  ou  ie  iende- 
main  de  »on  trespas  soit  dicte  et  c#1ebr^e  en  la  dicte  esfli»e  et  couvent 
de  Nostre  Dame  de  Confort  une  messe  haulte  a  diacre  et  soub-diacre,  a  la 
inaniirre  accoustumöe  de  Toffice  de  trespassc  s,  entant  par  iceUe  me^se  et 
uultreü  divins  Service»  i^u'ils  feront  pour  le  leutede  de  son  dme,  comme  pour 
le  droit  de  s^puUure,  qa*oii  devra  payer  en  sa  paroiwe,  veult  estre  pay&  et 
employ^  jtttqn'i  la  somme  de  dsa  etctt»  d'or  au  toleU«. 


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—    33  — 


denen,  die  einen  vom  Erblasser  ausgestellten  Schuldschein  vor- 
weisen oder  die  im  Hauptbuche  Klebergs  etwa  doch  als  Gläa- 
biger  anfgeßlhrt  sein  soUten. 

Seiner  Gattin  vermachte  Kleberg  in  GemäCsheit  des  Ehe- 
kontrakts vom  19.  Februar  1535:  1  1  OOÜ  Livres,  welche  er  ihr 
selbst  geschenkt  hatte,  damit  sie  diese  Summe  ihm  als  Heirats- 
gut in  die  Ehe  bringen  solle,  und  die  sie  ihm  dann  sofort  zur 
nutzbringenden  Verwendung  wieder  geliehen  hatte.  Aufserdem 
erhielt  Pelonne  alle  Juwelen,  Gold-  und  Silbersachen,  sowie  den 
Hausrat  und  die  Besitzung  Champ  bei  Lyon,  endlich  noch  eine 
Leibrente  von  400  Livres.  Diese  weiteren  Legate  erhielt  sie 
»pour  les  bons  et  agr^ables  Services  et  bons  traictemens  qu'elle 
luy  a  faitz,  et  afin  qu'elle  ayt  plus  grande  eure,  soUicitude, 
atYection  et  amytie  envers  David,  leur  fils«. 

Die  Armen  der  »grande  aumdne  generale«  von  Lyon  wur- 
den mit  4000  Livres  bedacht. 

Seinem  Bruder  Wolffgang  hatte  Kleberg  schon  früher  eine 
Leibrente  von  80  a.  bei  der  Sudt  Ulm  gekauft.  Jetzt  erhält 
er  nur  2150V  39  s.,  ferner  den  Siegelring  Klebergs  und  einige 
kleine  Silbersachen.  Will  er  mehr  haben,  erklärt  Kleberg,  so 
soll  er  gar  nichts  erhalten,  und  das  Geld  soll  den  Armen  von 
Bern  zufallen^;.  >I)cnn,«  fährt  der  Erblasser  fort  »alle  meine 
Güter  habe  ich  selbst  durch  die  Gnade  Gottes  erwor- 
ben und  nichts  davon  ererbt,  vielmehr  mich  wegen  der 
väterlichen  Erbschaft  schon,  laut  Vertrag  vom  15.  Juli  1516, 
mit  meinem  Bruder  auseinander  gesetzt,  weshalb  mein  Bruder 
nichts  von  mir  zu  fordern  hat«. 

Der  Stiefsohn  Etienne  de  Laforge  erhält  wegen  seines 
guten,  liebevollen  Verhaltens  gegen  den  jungen  David  Kleberg 


*)  Wir  sahtn  bereit*,  dafit  Wolffgang  Kleberg  ein  unruhiger,  streit- 
süchtiger  Mensch  gewesen  zusein  scheini.  Nach  seines  H-:1ers  Tode  schrieb 
ihm  der  Berner  Rat  nach  Strafsburg,  da  er  von  Hans  Kleberg  tum  >üfs- 
ricliter«  des  Testaments  eingesetzt  sei,  so  möge  er  baldmögllellst  Bach  Bern 
kommen;  wegen  des  »Unfalls*,  so  ihm  früher  in  Berner  Gebiete  widerfahren 
—  auch  hier  handelte  es  sich  wohl  wieder  nm  einen  Streit  mit  bedenk- 
Ucbem  Ausgange  -  solle  er  sichere«  Geleit  haben.  Wolffgang  antwortete, 
er  könne  wichtiger  Geschäfte  halber  nicht  kommen,  Übrigens  befand  sich 
der  Bemer  Rat  im  hrtaroe,  wenn  er  glaubte,  Wotfgang  sei  Testamenls» 
Vollstrecker. 

3 


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-  ^  — 


2000  ecus,  sowie  alle  Rüstungen  und  Waffen,  endlich  auch  die 
Bttcher  Klebergs. 

Seinem  Diener  Georg  Berger  aus  Offenbnrg  bei  Strafsburg 
hinterläfst  Klebexg  400  ecus,  die  aber  nicht  dem  Berger  selbst, 
sondern  seiner  Mutter  und  seinem  Kurator  ausgezahlt  werden 
sollen,  um  von  ihnen  zum  Besten  des  Berger  verwendet  zu  werden. 
Der  schon  genannte  Hlaise  \  ulci  L-rluilt  wegen  verschiedener 
von  ihm  geleisteter  Dienste  300  e*  us.  Die  Hausmagd  Anne 
wird  mit  50  ecus  bedacht,  eine  andere  Magd  Namens  Anto- 
inette,  mit  einem  Heiratsgut  von  25  ecus,  der  Lehrer  des  Sohnes 
Jehan  Chafel  erhält  20  ^cus,  damit  er  um  so  eifriger  sei,  den 
jungen  David  zu  unterweisen.  So  werden  noch  anderen  im 
Hause  beschäftigten  Personen  kleine  Legate  ausgesetzt.  Dem 
Sohne  von  Davids  Amme  wird  sogar  die  stattliche  Summe  von 
200  tfcus  zugesichert,  wegen  der  Freundschaft,  welche  er  für 
David  hatte-,  doch  sollte  der  Betrag  erst  ausgezahlt  werden, 
wenn  der  Legatar  21  Jahre  alt  sein  würde. 

Johann  Rieger  (oder  Richter),  ein  in  Lyon  w(jhnen(ier 
deutscher  Kautmann,  erhält  100  ecus  und  sein  Sohn,  suhald  er 
20  Jahr  sein  wird,  weitere  hundert.  Die  Witwe  und  die  Kinder  des 
verstorbenen  Orgelbauers  Gaspard  in  Lyon  sollen  20  öcus  er- 
halten,  Dr.  Athiaud  und  der  Notar  Dorlin  jeder  100  6cm  u.  s.  w. 
Endlich  werden  als  letzte  Legate  je  100  dcus  aufgeführt,  welche 
den  mehrgenaqnten  deutschen  Freunden  Jeger,  Ebner  und  Frey- 
hamer  ausgesetzt  werden. 

Die  Gesamtsumme  aller  Legate  betrug  allein  an  Geld- 
kapitahrn  in  runder  Summe  13000  erus.  Alles  Übrige  erhält 
als  UniversaK'rl)e  der  einzige  Sohn  Daxiil.  l'as  ganze  Vermögen 
wird  also  sicher  beim  Tode  Klebcrgs  groiser  gewesen  sein,  als 
Q7000  €cus,  wie  Paulus  Tücher  es  nach  der  allgemeinen  An- 
nahme schätzte.  Hans  Kleberg  gehörte  ohne  Frage  zu  den 
reichsten  Kaufleuten  seiner  Zeit;  wir  werden  an  anderem  Orte 
Gelegenheit  nehmen ^  die  Gröfse  und  Kaufkraft  dieser  Kapital- 
ansammlungcn  näher  zu  würdigen. 

Kleberg  traf  ferner  die  Bestimmungen,  dafs  sein  Vermögen 
vorzugsweise  im  Mannesstamme  vererbt  werden,  «ials  stets  tier 
älteste  Sohn  alleiniger  Krl)e  sein  und  die  anderen  Kiii<ier  ab- 
finden, endlich,  dafs  nichts  von  dem  Vermögen  vcräulsert  wer- 


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35  — 


den  solle,  ehe  der  Erbe  25  Jahr  alt  sein  wQrde.  Für  den  Fall 
aber  —  das  war  die  von  Tucher  erwähnte  Klausel  — ,  dafs 
David  Kleberg  oder  ein  späterer  Nachkomme  des  Erblassers 
kinderlos  stUrbe,  sollte  den  fttnf  Städten  Bern,  Zürich, 

Augsburg,  Ulm  und  Stralsburg  die  ganze  Erbmasse  —  jeder 
Stallt  ein  Fünftel  —  zufallen,  aufser  den  beiden  Herrschatten 
Cluitcllard  und  Villeneiive,  über  welche  jeder  Nachkomme  des 
Erblassers  nach  freiem  Ermessen  sollte  verfügen  können. 

Wegen  dieser  Klausel  entspann  sich  alsbald  eine  lebhafte 
Korrespondenz  zwischen  den  zu  eventuellen  Erben  eingesetzten 
Städten,  wo  man  vielfach  (Urchtete,  die  Witwe  Klebergs  möchte 
mit  dessen  Vermögen  so  verfahren,  dafs  die  substituierten  Erben 
leer  ausgehen  wftrden.  Wir  werden  sehen,  dafs  in  der  That 
etwas  Ähnliches  geschehen  zu  sein  schehat. 

Zu  Testamentsvollstreckern  bestellte  Klel)erg  seine  Frau, 
ferner  den  aus  Ulm  gebürtigen  Kaufmann  Georg  Wciknuian  m 
Lyon,  >son  grant  et  ancien  amy«,  endlich  seinen  Stiefsolin 
Etienne  de  Laforge.  Die  beiden  Letztgenannten  sollten  während 
ihrer  Verwaltung,  d.  h.  bis  zum  25.  Lebensjahre  Davids,  jährlich 
ein  Gehalt  beziehen,  das  für  Weikmann  auf  100,  für  Etienne 
de  Laforge  auf  300  Livres  festgesetzt  wird.  Die  Testaments- 
exekutoren  sollen  dem  Universalerben  nach  Beendigung  der 
Administrationszeit  gehörig  Rechnung  legen.  Femer  haben  sie 
daftir  zu  sorgen,  dafs  David  Kleberger  bis  zum  Alter  von  14 
Jahren  >en  bonnes  lettres  latines  et  l)ünnes  meurst  unLcrwiesen 
wertlen  un<l  alsdann  bis  zum  Alter  von  21  Jahren  die  Rechte 
studieren  soll  und  zwar  auf  einer  von  ihnen  auszuwählenden 
Universität;  nur  diejenigen  Spaniens  und  Italiens  schliefst 
der  Vater  aus. 

Die  Testamentsexekutoren  sollen  die  vorhandenen  Geld- 
kapitalien  und  Ausstände  so  weit  wie  irgend  möglich  in  Grund- 
besitz anlegen« 

Endlich  verbietet  Kleberg,  von  seinem  Vermögen  auf  Ge- 
richtsbefehl irgend  ein  Inventar  oder  eine  Beschreibung  anzu- 
fertigen; denn  ein  soKlus  Inventar  sei  schon  in  seinem  llaupt- 
buche  von  ihm  selbst  nioder^escliricben  worden;  nur  die  Testa- 
mentsexekutoren selbst  sollen  unter  Mitwirkung  des  Notars 
Dorlins  ein  Inventar  aufnehmen;  das  sollte  so  gelten,  aU  wenn 

3* 


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—  36 


es  auf  Gerichtsbefehl  angefertigt  worden  sei,  eine  Bestimmung, 
die  vielleicht  bezweckt  haben  wird,  das  Veimögen  den  Griffen 
des  Fiskus  zu  entziehen. 

Aus  jeder  Bestimmung  des  Testaments  leuchten  Ordnungs- 
sinn und  weise  Voraussicht  hervor,  und  neben  grofser  Liebe 
für  die  Frau,  sowie  besonders  für  den  einzigen  Sohn,  neben 
dankbarer  Freundschaft  für  nahestehende  \Linner,  neben  Wohl- 
thätigkeit  und  Fürsorge  für  die  treuen  Diener,  —  doch  auch 
ein  herbes  Gerechtigkeitsgefühl,  das  mafsvoll  die  Gaben  abwog 
und  zu  weitgehende  Ansprüche  im  voraus  abwies,  auch  dies  eine 
echt  deutsche  Eigenschaft.  Wenn  Kleberg  ferner  fänf  deutsche 
Städte  als  eventuelle  Gesamterben  substituierte,  so  kann  man 
hieraus  wohl  auf  einen  Rest  von  HeimatsgefUhl  schliefsen.  Viel- 
leicht aber  wollte  er  damit  nur  dem  nicht  mitbedachten  Nürnberg 
einen  letzten  Arger  anthun.  Jedenfalls  beweist  der  Ausschlufs 
Nürnbergs,  dafs  Kleberg  bis  an  die  Schwelle  des  Todes  die  ihm 
von  seinen  eiiemaligen  Mitbürgern  zugefügten  Kränkungen  nicht 
vergafs. 

VI. 

Die  Nürnberger  haben  ihrerseits  ebenso  hartnäckig  an 

  ♦ 

ihren  feindseligen  Empfindungen  gegen  Klebeig  festgehalten. 
Wir  ersehen  das  besonders  deutlich  aus  einem  Briefe,  den  Paulus 
Tucher  am  29.  November  1546,  also  fast  2  Monate  nach  Kle^ 
bergs  Tode  seinen  Verwandten  in  Nürnberg  schrieb.  Darin 

heifst  es  :  ^  S  o  ist  der  Hans  C  1  e  b  c  r  g  e  r  nach  seinem 
absehidt  hie  auch  von  stund  an  vergessen  worden 
Wie  ir  meldt,  das  er  wenig  gelt  und  er  anderen  gesel- 
len dem  könig  gelihen  hab  gehabt,  hat  es  nit  on  ur- 
sach  thun.  £r  hat  sein  gelt  vil  lieber  daussen  in 
steten  ligen  gehabt,  wie  wol  er  auch  3  gros  her- 
schaft hie  rein  kaufs  (schuldenfrei?)  hat  gehabt. 
Er  hat  ander  dem  könig  zu  leyhen  wohl  hinein 
kinden  fürn  und  sich  daraus  machen.  Hat  dennoch 
der  könig  vermaint,  das  gelt  gehör  im  villeicht 
a  1 1  s  zu;  ist  /  u  besorgen,  es  m  c  c  h  t  mit  der  z  e  y  t 
seinem  erben  h  i  e  r  u  m  b  e  t  w  a  n  vil  wider  g  c  n  o  m  e  n 
werden.« 


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—    37  — 

Diese  letzte  Äufsetung  eines  Zeitgenossen  Über  Hans  Kte- 
berg,  eine  Äufsening,  die  gewifs  die  Meinung  zahlreicher  ande« 
rer  Nürnberger  wiedergab,  bedarf  zunächst  einer  sorgfältigen 

Zergliedening.  Auf  die  erste  Angabe  Tuchers,  Kleberg  sei  gleich 
nach  seinem  Tode  vergessen  worden,  müssen  wir  nachher  zurück- 
kommen, nie  Mitteilung,  Kleberg  habe  selbst  dem  Könige 
nur  wenig  Geld  geliehen,  hat  sehr  viel  Wahrscheinüchkeit  für 
sich.  Thatsächlich  wird  auch  aus  lyonneser  Quelle  berichtet, 
Klebergs  Vermögen  habe  bei  seinem  Tode  gröfstenteils  aus 
haaren  Geldkapitalien  bestanden,  welche  nach  Vorschrift  des 
Testaments  in  Grundbesitz  angelegt  wurden.  Die  Witwe  kaufte 
nicht  weniger  als  14  Herrschaften,  von  denen  eine  allein  32000 
Livres  kostete.^)  Wir  dürfen  hieraus  schliefsen,  dafs  Kleberg 
bei  seinen  Bemühungen,  die  Nürnberger  an  den  französischen 
Anleihen  zu  beteiligen,  allerdings  darauf  ausging,  sie  »hineinzu- 
führen*,  und  die  Folgezeit  hat  bewiesen,  dafs  dies  ihm  nur  zu 
gut  gelungen  ist.  Auch  die  Tucher  und  die  Imhof,  welche 
Kleberg  als  izu  sehr  sorgsam«  bezei<  hnet  hatte,  Hefsen  sich 
später  verleiten,  an  den  Anleihen  Teil  zu  nehmen;  doch  sind  na* 
mentlich  die  Tucher  durch  den  Eintritt  der  furchtbaren  Finanz- 
krisis  nach  König  Heinrichs  des  Zweiten  Tode  bei  weitem  nicht 
derart  in  ihrem  Wohlstande  erschüttert  worden,  als  die  meisten 
anderen  grofsen  nürnberger  Familien. 

Wenn  endlich  Pnulus  i'ucher  die  Vermutung  aussprach, 
der  König  werde  das  hinterlassene  Vermögen  Klebergs  antasten, 
so  ist  dies  in  der  That  vielleicht  geschehen;  das  Vermögen  ist 
jedenfalls  irgendwie  bald  wieder  zerronnen.  Zunächst  entstanden 
allerlei  Streitigkeiten  zwischen  der  Witwe,  ihrem  Sohne  erster 
Ehe  und  dem  Bruder  Klebergs.  Dann  wurde  Lyon  Schauplatz 
religiöser  Wirren.  Die  reformierte  Partei  bemächtigte  sich  der 
Stadt  im  Jahre  1562,  worauf  zahlreiche  Katholiken  und  die 
meisten  Fremden  ilüchtetcn.  Manche  derselben  begaben  sich 
merkwürdigerweise  nach  (rcnf,  obwohl  dies  doch  ein  Haupt- 
mittelpunkt der  neuen  Lehre  war.  Unter  ihnen  befand  sich  auch 
der  damals  24jährige  David  Kleberg,  der  in  denf  von  sei- 
nem Vater  Grundbesitz  ererbt  hatte.    Er  wurde  aber  trotz  aller 

I)  Pr^cis  historique  S.  7. 


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—    38  — 


frttheren  Freundschaft  zwischen  der  Stadt  und  seinem  Vater  bald 
von  den  kirchlichen  Autoritäten  emsthaft  aufs  Korn  genommen. 

Das  genfer  Konsistorium  beschlofs,  in  anbetracht  des  Um- 
stands,  dafs  unter  den  Zugewanderten  sich  viele  Deutsche  be- 
fänden, »welche  nicht  von  unserer  Religion  zu  sein  scheinen, 
und  von  denen  zu  fürchten  ist,  dafs  sie  weder  Papisten 
noch  Evangelische  sind,  soii<lcrn  eher  Atheisten, 
besonders  Kleberg  und  ein  Verwandter  desselben,  die 
weder  Glauben  noch  Gesetz  und  überhaupt  keine 
Religion  zu  haben  scheinen«  — ,  so  solle  man  sie  wegen 
ihres  Glaubens  befragen  und  nach  Befinden  gegen  sie  vorgehen» 
besonders  gegen  diejenigen»  welche  von  der  Kirche  zu  Lyon 
ausgestofsen  seien.*) 

Am  2t.  November  1562  wurde  9 noble  David  de  Clebergue, 
natif  de  Lyonc  vor  das  Konsistorium  gefordert.  Er  sollte  näm- 
lich in  Gemeinschaft  mit  keinem  Geringeren  als  Calvin  bei  einem 
Zwillingspaare,  das  dem  Barun  des  Adrets  geboren  wurden  war, 
zu  Gevatter  stehen.  Das  Konsistorium  erklärte  ihm,  das  ginge 
nur  dann,  wenn  er  zuvor  ^die  christliche  Religionc  bekennen 
wolle.  Darauf  erklärte  er  feierlich,  dafs  er  fortan  der  »Idolatrie c 
nicht  mehr  anhängen,  sondern  die  wahre  Lehre  des  Evangeliums, 
wie  sie  in  Genf  gelehrt  werde,  befolgen,  darin  leben  und  ster* 
ben,  auch  sich  näher  in  ihr  unterrichten  lassen  und  am  heiligen 
Sakrament  der  Kirche  teil  nehmen  wolle.  Davids  Stiefbruder 
Etienne  de  Lalurge  wer  ebenfalls  in  Genf;  inan  verlangte  aber 
von  ihm  kein  (ilaubeasbekenntnis,  in  der  Erwartung,  dafs  er 
bald  in  seine  Heimat  zurückkehren  werde.  Bald  daraut  bemühte 
sich  Calvin  aufs  neue,  den  David  Kleberg,  der  noch  immer 
nicht  vom  Verdacht  der  Ungläubigkeit  gereinigt  war,  aus  der 
Stadt  zu  entfernen;  doch  gelang  es  ihm,  die  Erlaubnis  zur  vor- 
läufigen Verlängerung  seines  Aufenthalts  zu  erlangen. 

Um  dieselbe  Zeit  nun  geriet  David  Kleberg  in  pein- 
lichste Geldverlegenheit,  und  zwar  mufs  dieser  Verfall  des  grofsen 
Vermögens  ein  ungemein  rascher  gewesen  \  denn  schon  1 563 
mufste  David  eins  seiner  genfer  Grundstücke  einem  i.iaubiger 
verkaufen,  der  ihm  u.  a.  sogar  die  Mittel  zum  Lebensunterhalte 

\)  M^moires  de  la  Soci^t^  d'histoire  de  üen^ve  IX.  441. 


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—   39  — 


vorgestreckt  hatte.  Am  26.  August  1563  machte  Etieone  de 
Laforge  ein  Testament»  worin  er  David  Kleberg  zu  seinem  Uni- 
versalerben  einsetzte  und  seinen  swei  (natürlichen)  Kindern  nur 
Legate  vermachte.    Trotzdem  war  Kleberg  schon  1 565  genötigt, 

der  Siibhastierung  eines  weiteren  seines  genfer  Besitztums  zuzu- 
sehen, damit  ein  (rläubiger  befriedigt  werden  konnte.  Vergeb- 
lich bat  er  um  Aufschub  unter  Berufung  auf  die  W'ohlthaten, 
welche  die  Genfer  von  seinem  Vater  erhahen  hatten. 

Von  dem  weiteren  Verlaufe  wird  wenig  berichtet.  Wir 
hören  nur,  dafs  David  Kleberg  sich  verheiratete»  dafs  er  auch 
2  Söhne  und  1  Töchter  hatte,  dafs  aber  die  Familie  trotsdem 
bald  ausstarb,  und  dafs  die  Reste  des  Vermögens  ein  Jahrhun- 
dert später  der  »Aumöne  g^n^ralec  von  Lyon  zufielen.  Ist  das 
richtig,  5o  wären  die  fünf  Städte,  welche  Kleberg  als  Erben  sub- 
stituiert hatte,  um  ihr  Recht  betrogen  worden.  Indefs  können 
wir  hierauf  nicht  eingeh(Mi,  da  wir  ja  nur  das  Lehen  Hans  Kle- 
bergs schildern  und  seinen  Charakter  aufhellen  wollten.  Dieser 
letzteren  Aufgabe  müssen  wir  jetzt  noch  eine  Betrachtung  wid- 
men, ehe  wir  uns  schliefslich  der  lyonneser  Tradition  zuwenden, 
welche  den  »guten  Deutschen«  mit  dem  wunderbaren  Standbilde 
»der  Felsenmann«  in  Verbindung  gebracht  liat. 

VIL 

Klebergs  Charakter?  Dafs  wir  es  hier  nicht  mit  einer 
einlachen,  sondern  mit  einer  ungewohnürh  verwickelten  Natur 
zu  thun  haben,  leuchtet  ohne  weiteres  ein.  In  Klebergs  Ver- 
lialten  ist  so  viel  Rätselhaftes,  so  manches,  was  inbesondere  den 
Xurnbergern  des  16.  Jahrhunderts  unerklärlich  sein  mufste,  dafs 
Pirkheimers  Vermutung,  Kleberg  sei  gar  nicht  bei  rechter  Ver- 
nunft, und  die  anderweitige  Mitteilung,  er  habe  »einen  wunder- 
lichen, tollen  Sinne  gehabt,  auch  uns  begreiflich  erscheinen. 
Klebergs  Gehirn  war  ohne  Zweifel  sehr  gesund;  aber  Kopf  und 
Herz  müssen  bei  ihm  eine  weit  feinere,  empfindlichere  Struktur 
gehabt  haben,  wie  bei  seinen  Landsleuten,  bei  denen  es  zwar 
ungewuimlich  viele  si;irke,  ja  eiserne  Charaktere  gab,  auch 
sehr  begabte  und  gelehrte  .Männer,  die  indefs  meist  den  ge- 
meinsamen Zug  einer  grofsen  Schlichtheit  und  Durchsichtigkeit 
aufweisen.    Von  den  Deutschen,  welche  auf  der  Bühne  der 


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^    40  — 


Geschichte  damals  eine  RoUe  spielten,  macht  hiervon  wohl  nur 
Moritz  von  Sachsen  eine  Ausnahme,  dessen  Charakter  mehr  den 
Ywälschen«  Typus  trägt:  Klebergs  Natur  zeigt  eine  Mischung 
välscher  und  deutscher  Eigenschaften,  wie  sie  im  16.  Jahrhun« 
dert  schwerlich  oft  vorkam  und  deshalb  unser  lebhaftes  Interesse 
erregt. 

Vor  allem:  Wie  ist  die  Liebe,  welclie  man  in  Lyon  dem 
5^ guten  i>eutschen  <:  entgegenbrachte,  wie  die  herzliche  Hoeh- 
achtung,  deren  er  sich  auch  in  Genf  und  Bern  erfreute,  wie 
sind  diese  Empfindungen  /u  vereinigen  mit  der  Feindseligkeit, 
welche  er  sein  Leben  lang  in  dem  heimatlichen  Nürnberg  zu 
ertragen  hatte,  mit  dem  unaufhörlichen  Mifstrauen  seiner  Lands- 
leute, mit  den  furchtbaren  Anklagen,  die  der  eigene  Schwieger- 
vater, ein  als  Gelehrter  und  Staatsmann  weitberühmter  Ange- 
höriger einer  alten,  hochangesehenen  Familie,  gegen  Äm  schleu- 
derte? Vergegenwärtigen  wir  uns  zunächst  klebergs  ursprüng- 
liche Lige. 

Kr  war  von  ^geringer,  schlechter  Herkunft.^ 
Pirkheimer  sagt  es,  und  dafs  hierin  ein  wichtiger  Schlüssel  für 
die  Feindschaft  zwischen  Kleberg  und  den  nürnberger  Geschlech- 
tem liegt,  geht  hervor  aus  des  ersteren  Äufserung  gegenüber 
der  nürnberger  Deputation  des  Jahres  1S45,  iman  sollte  fast 
glauben,  die  Nürnberger  sähen  ihn  für  einen  Nadler  oder  Roth- 
schmidt anc.  Auf  die  Möglichkeit,  dafs  an  Klebergs  Herkunft 
ein  wirklicher  Makel  klebte,  wurde  bereits  hingedeutet.  Jeden- 
falls mufste  schon  die  Thatsache,  dafs  er  von  den  Mitgliedern 
der  grofsen  Familien,  mit  denen  er  im  Handel  und  Wandel 
täglich  verkehrte,  selbst  als  er  grolse  Reichtümer  erworben  hatte, 
noch  lange  Zeit  über  die  Achsel  angesehen  «rurde,  seine  Em- 
pfindlichkeit und  seinen  Stolz  fortwährend  verletzen.  Kleberg 
war  sehr  stolz,  vielleicht  auf  sein  Geld,  wie  der  übelwollende 
Pirkheimer  meinte  (»ihm  sollt*  seines  Gelds  halber  nichts  ver- 
sagt werden  c),  aber  sicher  auch  auf  die  grofsen  Gaben,  mit 
deren  Hülfe  er  selbst  nicht  nur  so  reich,  sondern  auch  so  an- 
gesehen in  fremden  Landen  geworden  war.  Die  Kmpündlii  hkeit 
gegenul)er  den  ihm  verächtlich  t)ehandcln(ien  Anton  Tücher,  die 
Alt,  wie  er  den  Nürnbergern  bei  den  verscliiedensten  Anlässen 
das  Gewicht  seines  Einflusses  und  seiner  sozialen  Stellung  in 


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—    41  — 


Frankreich  zu  kosten  gibt,  wie  er  sie  durch  geschickte  Rede 
veranlafst»  ihn  in  der  Zollangelegenheit  uro  Httlfe  zu  bitten 
und  wie  er  sie  dann  doch  heftig  abweist,  wie  er  wiederholt 

über  die  Undankbarkeit  der  Deutschen  sich  beschwert,  —  alles 

das  beweist,  dafs  gekränkter  Stul/,,  man  koiuiU-  fast  sagen:  ge- 
kränkte Eitelkeit  mächtige  Triel)fedem  seines  Verhaltens  Ljegcn- 
uber  den  Nürnbergern  waren.  Auch  das  Prunken  mit  dem 
Wappen»  noch  ehe  er  in  Frankreich  geadelt  war,  darf  hier  er- 
wähnt werden. 

Die  nürnberger  Geschlechter  verziehen  es  nicht,  dafs  ihnen 
der  verachtete  Plebejer  über  den  Kopf  wuchs;  dies  war  ohne 
Frage  ein  Hauptgrund  jener  Feindschaft.  Umsomehr  Wert  legte 
Kleberg  darauf,  als  Gleichberechtigter  in  ihren  Kreis  einzu- 
dringen. Ich  glaul)e  mich  nicht  zu  irren,  wenn  dieses  Motiv 
auch  hei  der  luirtnäckigen  Werbung  um  Felicitas  Firkheimer 
eine  groi'se  Rolle  spielte,  womit  irb  indes  keineswegs  sagen 
will,  dafs  es  das  einzige  Motiv  war.  Sicherlich  liebte  er  Feli- 
citaSf  was  von  Unparteiischen  bezeugt  wird ;  sicherlich  hoffte 
er,  der  mehr  als  40jährige,  in  der  erprobten  Frau  eine  gute, 
sorgsame  Gattin  zu  gewinnen,  heiratete  er  doch  zum  zweiten 
Male  ebenfalls  eine  Witwe,  und  sagt  doch  Firkheimer  selbst, 
Kleberg  habe  Felicitas  lieb  gewonnen,  als  er  sie  ihren  ersten 
Mann  so  treu  pflegen  sah.  Aber  dies  alles  schliefst  nirht  aus, 
dals  der  Wunsch,  eine  Patriziertochter  /,u  freien,  vielleicht 
das  Hauptmotiv  der  Heirat  war. 

Klebergs  Liebe  zu  Felicitas  hat  dann  augenscheinlich 
einen  harten  Stöfs  erlitten,  als  sie  sich  weigerte,  ihm  nach  Frank- 
reich zu  folgen.  Freilich  hatte  er  vor  der  Hochzeit  versprochen, 
dies  gar  nicht  zu  verlangen.  Aber  damals  mochte  er  sich  in 
seinem  leidenschaftlichen  Bestreben,  die  lange  vergeblich  nach- 
gesuchte  Verbindung  endlich  durchzusetzen,  wohl  einbilden,  er 
werde  seine  Frau  später  schon  überreden,  ihm  in  seine  zweite 
Heimat  zu  folgen,  wohin  ihn  die  Gefährdung  seiner  wichtigsten 
Vermögensinteressen  gebieterisch  rief.  In  dieser  Hoflnung 
täuschte  er  sich;  denn  Felicitas  war  anscheinend  eine  kalte,  be- 
rechnende Natur  und  dabei  stark  im  passiven  Widerstände.  Sie 
hatte  Kleberg  nicht  aus  Liebe  geheiratet,  sondern  wegen  der 
glänzenden  Zukunft,  welche  er  ihr  versprach.  Vielleicht  hat  sie 


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—    42  — 


ihm  gegenüber  gar  die  Patriziertocbter  herausgekehrt.  Bald 
wurde  sie  zudem  schwer  leidend»  wobei  es  ja  nicht  ganz  aus- 
geschlossen ist,  dafs  der  Zwist  mit  dem  ungeliebten  Gatten  ihr 
Leiden  hervorgerufen  hat.  Sicherlich  aber  war  auch  andrerseits 
ihre  Krankheit  nicht  uecignet,  den  rastlosen,  thätigen  Mann, 
der  an  das  reiche  gioisartigc  l-el)cii  in  Lyon  und  am  franzosi- 
seilen  Hofe,  an  viele  Reisen  unfl  kühne  kaufmannische  Ope- 
rationen gewöhnt  war,  in  den  kleineren,  festgefügten,  vielleicht 
sogar  etwas  spiefsbürgerlichen  Verhältnissen  der  deutschen  Reichs- 
stadt festzuhalten.  Auch  peinigte  man  ihn  gewifs  unaufhörlich 
mit  Geldforderungen.  Denn  Pirkheimers  heifses  Bemühen,  selbst 
nach  dem  Tode  seiner  Tochter  noch  möglichst  viel  aus  dem 
reichen  Eidam  herauszupressen,  läfst  mit  Sicherheit  vermuten, 
dafs  er  solche«  früher  noch  mehr  gethan  hatte,  was  mit  Klc- 
liergs  Angaben  übereinstimmt.  rberiuiupL  erscheint  der  grofsc 
CJelehrtc  auch  in  dieser  ganzen  Angelegenheit  als  ein  recht 
kleiner,  auf  (icldgew  inn  sehr  erpichter  Mensch.  Da  er  mit 
seinen  Forderungen  nicht  durchdrang,  ging  er  aus  Wut  gegen 
Kleberg  mit  vagen,  ungeheuerlichen  Anklagen  vor,  die  auf  ihn 
schliefslich  zurückfallen  mufsten.  Kleberg  aber  hat  den  Irrtum, 
den  er  beging,  als  er  Felicitas  heiratete,  schwer  zu  büfsen  ge- 
habt: Sein  guter  Name  wurde  Jahrzehnte  lang  in  der  Hehnat 
beschmutzt,  von  der  er  sich  nun  vollständig  lossagen  mufste. 

Aufser  der  ganz  haltlosen  Anklage,  die  Felicitas  vergiftet 
AU  haben,  aul'ser  dem  Vorwurfe,  gegen  sie  wortbrüchig  gewur- 
den zu  sein,  worüber  i(  h  mich  soeben  ausgesprochen  habe, 
lirachte  Pirkheimcr  nun  noch  zwei  greifbare  Anklagen  \or:  Er 
beschuldigte  Kleberg,  sein  Vermögen  mit  Wucher  gewonnen 
zu  haben  und  ein  Mensch  ohne  Glauben  und  Gottesfurcht 
zu  sein. 

Zweifellos  hat  Kleberg  Wucher  im  kanonischen  Sinne  ge- 
trieben und  hierdurch  sein  Vermögen  erworben.  Noch  immer 
haftete  ja  an  dem,  der  Geld  auf  Zinsen  auslieh,  ohne  dies  mit 

den  alten  Mittelclien  des  Rentenkaufs,  des  trockenen  Wechsels, 
der  Darlciuis/.ahlung  in  Waren  u.  s.  w.  zu  verschleiern,  ein  ge- 
wilscr  Makel.  l  nd  wenngleich  der  ganze  deutsche  Bürger- 
staiid  si  hon  seit  Jahrhunderten  tield  auf  Zinsen  auslieh,  so  galt 
doch  das  blofse  »Finanzen«  als  Lebensberuf,  besonders  wenn 


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—    43  — 


dabei  hohe  Zinsen  genommen  wurden,  noch  als  anrüchig, 
weniger  in  dem  vorgeschrittenen  Augsburg»  wo  die  ersten  Fa> 
miiien  seit  Anfang  des  Jahrhunderts  schon  mehr  und  mehr  den 
Warenhandel  aufgegeben  hatten,  als  in  dem  immer  noch  viel 

solideren  Nürnberg.  In  Lyun  dagcj;en  war  das  Geldvcrleihen 
schon  ein  ständiger  Erwerbszweig,  wobei  die  dort  in  grf)lscr 
Zahl  ansäfsigen  Florentiner  als  Vorbilder  und  Lehrmeister 
dienten,  sie,  welche  schon  seit  dem  13.  Jahrhundert  in  ganz 
Europa  grofsartige  Wuchergeschäfte  betrieben  hatten.  In  den 
auf  unsere  Periode  folgenden  Jahrzehnten  sind  aus  den  Nach» 
kommen  dieser  florenttner  >  Wucherer c  zwei  französische  Köni- 
ginnen und  so  manche  Ahnherren  vornehmster  französischer 
Adelsfamilien  hervorgegangen,  während  ihre  Landsleute  immer 
noch  die  Finanzen  Frankreichs  beherrschten.  Kleberg  aber 
war  meines  Wissens  der  erste  Nürnberger  und  neben  Jakob 
Fuguer  der  erste  Deutsche,  welcher  ein  grosser  Finan;skünstler 
moderner  Art  gewesen  ist. 

Wenn  Pirkheimer  nun  endlich  Kleberg  beschuldigte,  dafs 
er  ohne  alle  Gottesfurcht  gelebt,  nichts  von  Jesus  Christus 
und  der  Mutter  Maria  gehalten  habe,  Überhaupt  mehr  ein 
Jude  als  ein  Christ  gewesen  sei,  so  sehen  wir  in  den  letzten 
Worten  wohl  schon  die  gleich  darauffolgende  Wucheranklage 
durchschhnmem.  Was  aber  die  Beschuldigung  der  Glaubens^ 
losigkcit  anlangt,  so  war  man  damit  zw  jener  Zeit  rasch  bei  der 
Hand,  wenn  man  persönlirhen  Feinden  etwas  anhängen  wollte. 
Indefs  ist  es  ja  wahrscheinUch,  dafs  Kleberg,  wie  er  überhaupt  ein 
merkwürdig  modemer  Mensch  war,  auch  schon  farblos  in  leli- 
giöser  Hinsicht  gewesen  sein  kann.  Äufserlich  blieb  er  jeden- 
falls Katholik  und  ist  als  solcher  gestorben.  Kbenso  bekannte 
sein  Sohn,  gegen  den  sich  dieselbe  Anklage  der  Glaubenslosig- 
keit  richtete,  auf  Befragen  der  kirchlichen  Autoritäten,  dafs  er 
den  Glauben  —  nur  war  es  jetzt  nicht  der  katholische,  sondern 
derjenige  Calvins  —  für  den  allein  seligraachenden  halte,  was 
freilich  si-ine  Inquirentcn  noch  nicht  betriedigt  /u  haben  scheint. 
Aus  alledem  scheint  hervorzugehen,  dnfs  Kleberg  kein  gläu- 
biger Christ  im  strengen  Sinne  der  (ianiaiigen  Zeit  gewesen 
ist;  dagegen  ist  er.  wenigstens  in  der  letzten  Periode  seines 
Lebens,  nach  seinen  Worten  und  Handlungen  zu  urteilen,  ein 


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_    44  — 


edler  Mensch  gewesen.  Wir  haben  hinreichend  Beweise  seiner 
ethischen  Lebensauffassung  geliefert,  so  dafs  wir  hier  einer 
weiteren  Ausführung  überhoben  zu  sein  glauben. 

Kleberg  war  ein  edler  Mensch,  aber  doch  immer  nur  ein 
Mensch.  Deshalb  hat  er  die  von  ihm  selbst  wiederholt  mit  Wort  und 
That  anerkannte  Sittenlehre,  seinen  Feinden  zu  verzeihen,  den 
eigenen  Landsleuten  gegenüber,  die  ihn  tödlich  beleidigt  hatten, 
nicht  zu  befolgen  vermocht:  er  hat  die  Beleidigungen  der  Nürn- 
berger bis  an  sein  Lebensende  nicht  vergessen.  Dagegen  hat 
er  sich  in  Lyon  nicht  nur  als  musterhafter  Gatte  und  Vat  r  als 
treuer  Freund  setner  Freunde,  sondern  auch  als  Helfer  der 
.Armen,  als  ein  Menschenfreund  im  grofsartigsten  Mafsstabe 
erwiesen.    Sein  Beiname  »der  gute  Deutschet  ist  wohlverdient. 

Freilich  kann,  wir  wiederholen  es,  ein  Teil  der  edlen 
Handlungen,  die  von  ihm  berichtet  werden,  aus  blofser  Lebens- 
klugheit hervorgegangen  sein.  Denn  Kleberg  besafs  ein  fiii 
einen  Deut^«  Ikmi  seiner  Zeit  höchst  ungewöhnliches  Mafs  feinster 
Weltgewandtheit  und  gesciiicktester  Di])loniatie,  Hie  sich  selbst 
f^SLnz  augenscheinlich  bis  zur  Neigung  für  die  Intrigue  steigerte, 
wie  das  namentlich  bei  der  Werbung  um  Felicitas  und  bei  dem 
Verhalten  Klebergs  gegenttber  seinen  Landsleuten  deutlich  zu 
Tage  tritt.  Wenn  er  diese,  wie  sehr  wahrscheinlich  ist,  auf* 
hinterlistige  Art  in  die  Anleihen  der  französischen  Krone  zu 
verstricken,  sich  selbst  aber  zu  salvieren  suchte,  so  wollen  wir 
ein  solches  Verfahren  gewifs  nicht  entschuldigen.  Und  noch 
andere  Kontraste  barg  seine  eigentümliche  Natur. 

Gegenüber  seinen  Landsleuten  erwies  sich  Kleherp  ^^Is 
stolz  bis  zur  Eitelkeit.  Dagegen  lehnte  er  in  Lyon  und  Genf 
die  ihm  angetragenen  Ehrenbezeugungen  ab  Freilich  hatte  er 
dafür  gewifs  triftige  Grunde,  vielleicht  auch  solche  egoistischer 
Art.  Wäre  er  aber  so  unüberwindlich  eitel  gewesen,  wie  er 
manchmal  im  Verkehre  mit  den  Nttrnbergem  erschien,  dann 
hätte  er  gewifs  auch  in  Lyon  und  Genf  sich  in  seinen  letzten 
Lebensjahren  nicht  so  bescheiden  zurückzuziehen  vermocht.  Mög- 
licherweise hat  sich  indes  jene  Härte  seiner  Natur  mit  anderen 
unedlen  Kigenschattcn  im  .\ltcr  ahgeschlitTen.  Was  ihm  da- 
gegen blieb,  ist  ein  schon  früher  erwähntes  lierlies  Gerechtig- 
keitsgefühl wegen  Mein  und  Dein,  das  schon  in  dem  Ver- 

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—    45  — 


hältnisse  zur  Felicitas  hervortrat,  indes  niemals  in  Knauserei 
ausartete.  Auch  von  Verachtung  der  Menschen  hat  sich  Kle« 
berg  freizuhalten  gewufst,  trotzdem  er  diese  oft  genug  von 

ihrer  schlechtesten  Seite  kennen  gelernt  haben  wird. 

Was  endlich  Klebergs  Mangel  an  N  a  t  i  o  n  :i  Ige  fühl  be- 
trifft, so  ist  es  charakteristisch  für  die  in  Nürnberg  —  und 
nicht  nur  hier,  sondern  in  ganz  Deutschland  —  hinsichtlich 
dieses  Moments  herrschende  Auffassung,  dafs  der  Todfeind 
Klebergs  nicht  daran  dachte,  ihm  seine  lebhafte  Parteinahme 
für  Frankreich  zum  Vorwurf  anzurechnen.  Was  ihm  dann  in 
Nürnberg  widerfuhr,  hat  ihm  die  Heimat  vollends  entfremdet, 
so  dafs  er  den  Nürnbergern  ein  Jahr  vor  seinem  Tode  erklärte, 
er  wolle  ein  Franzose  sein.  Und  dennoch  hat  er  fünf 
deutsche  Städte  in  seinem  Testamente  zu  eventuellen  Universal- 
erben eingesetzt,  und  in  Lyon  hiefs  er    »der  gute  Deutsche.: 

So  ist  denn  fast  in  allen  Punkten  an  diesem  merkwürdi- 
gen Menschen  eine  Do|>pelnatur  zu  bemerken,  wobei  es 
charakteristisch  ist,  dafs  seine  guten  Eigenschaften  sämtlich 
dem  Auslande  sich  zukehren,  das  ihm  zweite  Heimat  geworden 
war,  während  von  dem  Geburtslande  aus  betrachtet,  der  Janus- 
köpf  Klebergs  fast  nur  feindselige,  verzerrte  Züge  aufweist. 
Gewifs  eine  Erscheinung,  welche  die  höchste  Aufmerksamkeit 
verdient,  weil  sie  einen  Typus  darstellt,  dem  seitdem  unzählige 
Sühne  der  deutschen  Erde  angehört  haben. 

VIII. 

Paulus  Tucher  berichtete  aus  Lyon  sowohl  gleich  nach 
dem  lüde  Klebergs,  wie  zwei  Monate  später,  man  habe  seiner 
sogleich  vergessen.  Tuchers  Zeugnis  ist  zwar  bei  seinem 
Übelwollen  gegenüber  Kleberg  nur  mit  grofser  Vorsicht  zu 
gebrauchen,  indes  andererseits,  wie  wir  gesehen  haben,,  auch 
keineswegs  ganz  unglaubwürdig.  Freilich  wissen  wir  nicht,  ob 
seine  Mitteilung,  man  habe  Kleberg  sogleich  vergessen,  sich 
nur  auf  die  Deutschen  oder  auch  auf  die  Fran/.osen  l)c/ieht^ 
doch  ist  Letzteres  das  Wahrst  heinli(  here.  Wie  ist  es  nun  aber 
damit  zu  vereinigen,  dafs  eine  1  radition  vom  iguten  Deutschen  in 
Lyon  bis  auf  den  heutigen  Tag  fortlebt,  dafs  man  ihm  dort 
bald  nach  seinem  Tode  eine  hölzerne  Statue  errichtet  haben 


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—    46  — 

soll,  dafs  diese  Statue,  die  schon  im  vorigen  Jahrhundert 
ausdrücklich  und  zwar  im  Anschlüsse  an  die  volkstümliche  Tra- 
dition als  diejenige  Klebergs  bezeichnet  wurde,  vor  50  Jahren 
durch  eine  solche  aus  Stein  ersetzt,  und  dabei  Kleberg  in  Wort 

und  SchniL  als  ein  Wohlthäter  Lyons  gefeiert  worden  ist: 
Neuerciings  hat  freilich  ein  lyonneser  Schriftsteller,  der  Raron 
Raverat,  stark  bezweifelt,  dafs  jene  Holzstatue  dem  Kieberg 
errichtet  worden  sei ;  doch  seine  Beweisführung  ist  nur  ein 
Versuch,  der  die  Frage  in  keiner  Weise  entscheidet.  Leider 
bin  ich  ebenfalls  nicht  im  Stande,  jenen  Widerspruch  zu  lösen; 
doch  wollen  wir  sehen,  ob  wir  der  Lösung  nicht  wenigstens 
etwas  näher  kommen  können. 

Zunächst  läfst  sich  feststellen,  dafs  Klebergs  Verdienst 
um  die  Begründung  der  »Aumöne  generale c  nicht  in  Vergessen- 
heit geriet.  Im  Jahre  153Q,  also  noch  bei  Lebzeiten  Klebergs 
Avurdc  eine  Schrift  gedruckt,  welche  sich  mit  jener  grofsen  An- 
stalt unter  dem  Titel;  »Police  de  1  aumosne  generale«  beschäftigte. 
Darin  wird  Kleberg  zwar  ohne  Nennung  seines  Namens,  aber 
so  deutlich,  dafs  er  nicht  zu  verkennen  ist,  als  erster  Geber 
aufgeführt.  Mit  ganz  ähnlichen  Worten,  wenngleich  wieder  ohne 
Namennennung,  bezeichnet  ihn  der  Historiker  Paradin  in  seinem 
grofsen  1573  erschienenen  Geschichtswerke  als  Hauptgrttnder 
der  9 Aumöne  gdndrale«.  Paradin  wohnte  in  Lyon  schon  bei 
Leijzeiten  Klebergs,  den  er  vermutlich  kannte.  Auch  scheint 
er  jener  Publikation  über  die  »Aumöne  generale <  nahegestan- 
den zu  haben.  Dagegen  trifft  dies  nicht  zu  auf  den  wesentlich 
späteren  lyonneser  Historiker  Rubys,  der  von  dem  »guten 
Deutschen c  in  ähnlichen  Ausdrücken  wie  Paradin  spricht,  ihn 
aber,  obwohl  mit  dem  falschen  Vornamen  D^nis,  ausdrück- 
lich nennt  und  Bern  als  seinen  Geburtsort  bezeichnet').  Rubys 
schöpfte  also  augenscheinlich  nicht  mehr  wie  Paradin  aus  erster 

M  Paradin,  Memoire  de  Phistotre  de  Lyon.  1573,  p.  287  nod 
da/u  die  table  s  v.  »he  bon  allemand«.  Vgl.  damit  die  Stelle  aus  der 
»l'olice  de  l'auinosne  i^cncr.ile«  von  1539  in  dem  Prccis  bistori<|ue  sur  J.  Cle- 
berger  p.  8.  Der  Zweifel  Kaveral's,  (1.  c.  p.  6),  ob  I'aradin  auch  wirk- 
lich Kleberg  meint,  wird  sehoa  darcb  die  Beieicknung  >Le  boa  allemandc 
in  der  »table«  Paraditis  widerlegt.  Vgl.  femer  Rabys,  Histoire  de  Lyon. 
1604. 


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—    47  — 


Hand,  konnte  aber  ohne  Frage  noch  gute  niUndliche  Über- 
lieferungen benutzen;  auch  reicht  seine  Utterariscbe  Thdtig- 
keit  bis  in  die  Zeit  Paradins  zurück.    Dafs  man  damals  Kle- 
'  bergs  Wohlthaten  noch  nicht  vergessen  hatte,  ist  jedenfalls 

gewifs. 

Seit  Rubys  wird  freilich  Kleberg  weder  mit  seinem  wirk- 
lichen noch  mit  seinem  Beinamen  in  der  Littcratur  weiter  ge- 
nannt, bis  im  Jahre  1757  der  Abbe  Jacques  Pernetti  ihm  in 
seinem  Buche  »Lyonnais  dignes  de  memoire c  einen  Platz  ein- 
räumt. £r  bezeichnet  als  seine  Quelle  ausdrücklich  die  Tra- 
dition, weshalb  Klebergs  Gestalt  denn  auch  von  Sagen  um- 
sponnen, der  Bericht  von  seinem  Leben  mit  Irrtümern  durch- 
setzt, die  Erinnerung  an  seine  Wohlthaten  undeutlich  und  ver- 
schwommen erscheint.  Wenn  wir  indes  bedenken,  dafs  seit 
Klebergs  Tode  über  200  Jahre  verflossen  waren,  als  Pernetti 
die  Tradition  aufzeichnete,  darf  man  sich  darüber  wundern, 
dafs  in  diesem  Berichte  immerhin  noch  so  viel  Wahrheit  ent- 
halten ist.    Pernetti  sagt: 

»Jean  Fleberg,  der  Stadtrat  im  Jahre  1546  wurde  und 
die  Schlösser  Villeneuve  und  Amblerien  erwarb,  als  sie  dem 
Connetable  Bourbon  konfisziert  worden  waren,  ist  noch  würdiger 
erwähnt  zu  werden  unter  dem  Beinamen  »gute  Deutsche«, 
welchen  er  und  seine  Frau  trugen.  Sie  waren  von  Geburt 
Schweizer  und  thaten  soviel  Gutes  in  dieser  Stadt,  wo  sie 
wohnten,  dafs  sie  jenen  Beinamen  erhielten..;  Nun  aber  fährt 
Pernetti  fort:  -l>ie  Tradition  behauptet,  dafs  die  Figur, 
wclclie  in  dem  Stadtteile  IJourgncuf  steht  und  unter 
dem  Namen  ^der  Felsenmannc  bekannt  ist,  vom  Volke 
als  Zeichen  seiner  Dankbarkeit  dem  guten  Deutschen 
errichtet  sei,  der  alle  Jahre  eine  bedeutende  Geldsumme  ver- 
wendete,  um  arme  Mädchen  auszusteuern.  Der  Geldbeutel,  den 
der  Felsenmann  in  der  Hand  hat,  deutet  in  der  That  seine 
Freigebigkeit  an.  Wenn  die  Figur  in  Stücke  zu  fallen 
droht,  läfst  die  Bevölkerung  des  Quartiers  eine  neue 
anfertigen,  die  sie  an  demselben  Plat/.e  errichtet, 
nachdem  sie  dureh  die  gan/.e  Stadt  sfefiihrt  worden 
ist.  Aümählich  iiat  sie  den  Nameu  des  Felsen  angenommen, 
auf  dem  sie  steht«. 


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—   48  — 


Man  hat  in  Lyon  neuerdings  viel  darüber  gestritten,  ob 
dieser  Bericht  Pernetti's  Glauben  verdient  oder  nicht.  Wir 
wollen  hier  zunächst  alles  Thatsächliche  anführen»  was  darauf 
Bezug  hat: 

Im  Jahre  1594  erschien  in  Lyon  ein  satyrisches  Buch  von 
Benoit  Dutroncy,  betitelt  »Formulaire  rdcrdatif  deBredin  leCociu. 

In  diesem  Buche  wird  die  Statue  y*der  Felsenmaiin  ziemlich 
deutlich  erwähiU,  oline  dafs  indefs  eine  sichere  Anspiehing  auf 
Kleberg  vorkommt,  und  ohne  dais  aus  dem  stark  an  Rabelais 
erinnernden  Wortschwalle  ersichtlich  ist,  wen  die  Statue  eigent» 
lieh  vorstellte,  die  unter  dem  Namen  »Fier-ä-Bras  le  Furieux, 
seigneur  de  la  Roche-sous-Tunes«  handelnd  eingefllhrt  wird. 
Immerhin  ist  dies  die  erste  nachweisbare  Erwähnung  des  »Felsep- 
mannesc»  der  auch  auf  keiner  der  früheren  Stadtpläne  Lyons 
sich  angegeben  findet.  Erst  als  Menestrier  in  seine  1696 
gedruckte  »Histoire  consulaire  de  Lyon«  einen  alten  Stadtplan 
vom  Jalire  1550  aufnalmi,  wurde  die  Statue  in  denselben  nach- 
trat^lich  einge/.eichnet.  Hieraus  geht  also  nur  hervor,  dals  sie 
höchst  wahrscheinhch  schon  1594  und  sicherlich  1696  vorhan- 
den war.  Im  Jahre  1716  wurde  sie  erneuert,  und  jetzt  hören 
wir,  dafs  sie  von  Holz  war  und  einen  abstofsenden  Eindruck 
machte.  Dann  folgt  der  schon  angeführte  Bericht  Fernettis  vom 
Jahre  1737,  tmd  seitdem  sind  wir  Uber  die  weiteren  Schicksale 
der  Statue  ziemlich  gut  unterrichtet. 

Im  Jahre  1820  wurde  die  Erneuerung  des  Standbildes  für 
unautschieblicli  erachtet,  und  zwar  nahm  sich  /unai'hst  die  Innung 
der  Lastträger  dieser  Auftjabe  an,  indem  sie  unter  ihren 
Mitgliedern  kleine  Beträge  sammelte.  Die  Verwaltung  der  lyon- 
neser  Hospitäler  setzte  zum  gleichen  Zwecke  eine  Geldsumme 
aus,  und  ein  Mitglied  des  Verwaltungsrats  veröffentlichte  sogar 
eine  kleine  Schrift,  worin  der  Wunsch  geflufsert  wurde,  die  Holz* 
Statue  durch  eine  solche  von  Bronze  oder  Marmor  ersetzt  zu 
sehen.  Doch  blieb  es  noch  bei  einem  ganz  roh  aus  Holz  ge- 
schnitzten  und  ebenso  roh  mit  grellen  Farben  bemalten  Stand' 
bilde,  das  zuerst  von  den  Lastträgem  durch  die  ganze  Stadt 
gezügi-n  und  dann  aul  ihrem  aiten  Felsenplatze  am  Ufer  der 
Sanne  auf!;eslellt  wurde.  Dreifsig  Jahre  S])äter  konnte  man  noch 
die  überbleibsei  dieser  leti^ten  HuUstatuc  bewundern.    Ais  man 


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—    49  ~ 

im  Jahre  1820  auch  das  alte  l'iedestal  ausbessern  wollte,  fand 
man  darin  eine  kleine  Bronzeinedaille  mit  dem  Brustbiide  eines 
Mannes  in  der  Tracht  des  16.  Jahrhunderts.  Die  (Gesichtszüge 
weisen  unverkennbare  Ähnlichkeit  mit  denjenigen  des  Königs 
Franz  I.  auf. 

Endlich  bildete  sich  um  das  Jahr  1842  in  Lyon  itnter  den 
Auspicien  der  Stadtverwaltung  ein  Comitee,  um  Hans  Kleberg 
ein  Steinmonument  tü  errichten.  Man  eröffnete  eine  Subskrip- 
tion und  sandte  einen  l'rcund  der  Sache,  den  Tribunalrat  Elisee 
Piegav,  nach  Nürnberg,  um  sicli  ein  authentisches  Bildnis  Kle- 
bergs zu  versrhatTen,  Pieiray  fand  in  Nürnl)erg  nur  die  oben 
beschriebenen  zwei  kleinen  Medaillen,  und  erst  als  er  zufällig 
in  Wien  die  k.  k.  Gem<äldegallerie  besuchte,  entdeckte  er  dort 
zu  seiner  Freude  das  Dürersche  Bildnis  Klebergs.  Danach 
wurde  dann  die  Statue  möglichst  getreu  durch  den  Bildhauer 
Bonnaire  hergestellt  und  am  16.  September  1849  feierlich  unter 
Beteiligung  der  Stadtverwaltung  enthüllt. 

Gleich  der  alten  Holzstatue  trägt  die  neue  Figur  in  der 
rechten  Hand  eine  (ieldbörse  Aber  jene  war  wie  ein  altrÖmi- 
scher  Ritter  kustuinicrt,  während  die  jetzige  Steinstatue  die  Tracht 
der  Zeit  Klebergs  aufweist.  Sie  führt  noch  jetzt  im  Volksmundc 
den  Namen  »l'homme  de  la  röche*  und  ist  ein  W  ahrzeichen 
der  Stadt  Lyon.  So  volkstümlich  ist  die  Statue  noch  jetzt,  dafs 
z.  B.  in  Paris  in  der  Nähe  des  Palais  Royal  ein  Patissier  als 
Schild  und  Zeichen  seines  Geschäfts  die  vergoldete,  lebensgrofse 
Statue  eines  römischen  Ritters»  der  in  der  einen  Hand  eine 
Lanze*  in  der  anderen  einen  Geldbeutel  trägt»  hat  anbringen 
lassen  mit  der  Umschrift  »A  Thomme  de  la  röche  de  Lyon.«') 

Aus  alledem  ucht  soviel  jedenfalls  hervor,  dals  man  Kle- 
berps \\  uhithaten  in  Lyon  nicht  gleich  nach  seinem  Tode  ver- 
gessen iiat,  dafs  vielmehr  »der  gute  1  »eiitsc  he  im  Gedac  htnisse 
der  Bevölkerung  fortlebte,  dafs  ferner  in  der  Mitte  des  18.  Jahr- 
hunderts die  Tradition  vorhanden  war,  die  unter  dem  Namen 
>rhomme  de  la  röche«  bekannte  Holzstatue,  die  erst  gegen 
Ende  des  16.  Jahrhunderts  erwähnt  wird,  solle  den  »guten 
Deutschen«  vorstellen,  dafs  diese  Tradition  seit  der  Aufzeich- 

'"1  Dieses  intcrc^^^antc  l  adenscbild  sab  Ernst  Pasque,  als  er  iro  Au»- 
älellungsijabre  1889  Paris  besuchte. 

4 


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—  50 


nung  Pcrnetti's  auch  in  der  l.itor.Uiir  ul»er\\ ioi;en<l  (ihiuhcn  fand 
urui  von  den  Bcliörrfen  cl)cnUiUs  als  wahrhe!t>m'iii.il>  i nucin  »m- 
nicii  wurde.  Bisher  ist  thatsüchlit  h  kein  irgendwie  UurchscliUgen- 
der  Beweis  für  das  Gegenteil  geh'efert  worden. 

Wenn  Pernetti  berichtet,  die  Statue  sei  vom  Volke  als 
Zeichen  seiner  Dankbarkeit  dem  guten  Deutschen  errichtet  wer* 
den»  so  wird  diese  Angabe  ebenso  wie  dasjenige,  was  Pernetti 
über  die  jedesmalige  Erneuerung  der  Statue  sagt,  durch  die 
Vorgänge  des  Jahres  1820  vollständig  bestätigt;  auch  zwanzig 
Jahre  später  ning  der  Plan  zur  Ki  iicuci  ung  der  Statue  wiederum 
aus  der  Mitu-  der  ärmeren  Br\ olkri iing  hervor.  Die  luinisi  hc 
K-riegstracht  der  alten  Statue  entbj»richl  U  iiier  durchaus  den 
Neigungen  der  Renaissance,  und  der  Fund  der  Medaille  im 
Sockel  des  alten  Standbildes  beweist  ebenfalls,  dafs  letzteres 
unter  der  Regierung  Franz  I.  oder  etwas  später  entstanden 
sein  mufs.  Unter  solchen  Umständen  haben  wir,  trotz  allem 
romanhaften  Beiwerke,  das  sich  im  Laufe  der  Zeit  an  jene 
Tradition  ansetzte,  nicht  das  Recht,  sie  als  unglaubwürdig  zu 
erklären.  Vielmehr  werden  wir,  bis  sie  bündiger  als  bisher 
widerlegt  wird,  daran  festhalten  müssen,  dal.s  ilas  Standbild 
•der  l'elsenmann  in  der  Thal  den)  >uuteii  Deutschen  ,  von 
der  dankbaren  lievulketung  Lvons  geset/.t  worden  ist,  und  zwar 
wie  es  scheint  von  tler  minder  bemittelten  Bevölkerung;  denn 
unter  den  reichen  Kanfleuten  Dyons  scheint  Kleberg,  wenn  wir 
Paulus  Tücher  (ilauben  schenken  dürfen,  in  der  That  gleich 
nach  seinem  Tode  vergessen  worden  zu  sein. 


Biähengti  Literatur  über  üans  Kleberg. 

1)  Les  Lyonnais  dignes  de  memoire.    1757.  II.  262. 

2)  »Henri  Flcberguc  ou  rhomme  de  la  röche.«    Melodramc  historique 

fn  trois  actcs.    L>(mi  i.Sio. 
3,  1.  honimc  de  la  ro<  lic^  in  den:   C  onlcs  du  solitaire  des  Alpes,  par 

Isidc^rc  ilc  Ro(  Iinnont.    Marseille  1^32. 
4    Biof^rapliic  iini\t'isi>llf.    Sup|»l.  [..W  ill.  1841/1 

5)  De  I..iic\ ssonnii  re,  Rccherchcb  hibluri4aes  sur  k  dcj)Hitcmcnt  de 
\  Ain.    \".  201. 


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—    31  - 

6;  I'recis  histnnf|m'  sui  [{  an  CIchcrLier,  surnomme  Ic.  bon  Allcmand  et 
vul>;aireniciu  afipelc  I  luurmic  de  la  röche,  j)iiblie  par  la  commis 
sion  du  inonunient  t|ui  doit  lui  ctre  erigc.    Lyon  1S41. 
7;  Wiener  Zeitung,  vom  13.  Oktober  1842. 
8>  Nouveaux  documents  sur  Jean  Kleberger.    Lyon  1843. 
<),  (Strickers)  Germania  II.  179  (1848}.   IIL  253  (1849). 
to)  Counier  de  Lyon,  16.  et  19.  September  1849,  Journals  des  Debats, 

20.  September  1849. 
lt>  Archives  historiques  et  statistiques  du  d^artement  du  Rhone.  \'.  298. 
12;  Galifle,  Materiaux  pour  riiistoire  de  (ienevc.    IL  Introd.  XXI L  ff. 
13)  Heyer  in  den:   Memoires  de  la  Societ^  d'histoire  de  G^n^ve  IX 
(1835)  421  ff. 

14'  .'Xn/rij^-^pr  für  Knnfle  (■leti(s(  lu-r  \'i)i2eit.    1860.  S.  433  ff. 

15''  I'.  Stumpf,  I  )enk\viii  (l!.i;c  l'.ayi  rii.     1865.    S.  95. 

16   Le  KartMi  Kaverat,  I.  iHuninc  de  la  ruclir.    I/.on  1S86. 

17;  Ernst  l'astjue,   Hans  Klcberg.    Der  Koinan  des   *iion  Allcmand« 

und  der  »Belle  Altemande«;  veröffentlicht  im  Feuilleton  der  Harn« 

burger  Nachrichten.  April-Mai  1891. 


4' 


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Zur  Nürnberger  Künsiiergeschiehte 

Von  Dr.  £.  Wemicke,  Berlin. 


Nachstellende  /usamiiieiistcllun-on  hcrulicn  in  der  Haupt 
Tiinssc  niif  Ausziii^en  aus  zweierlei  Kategni  icn  von  I  rkundenhüchcrn 
des  Nürnberger  Stadtarchivs  —  Cloiiservatorium  und  Libri  littera- 
runi  — ,  von  mir  unter  C.  bezw.  L.  citiert,  deren  Benutzung  mir  ira 
September  188Q  mit  dankenswertestem  Entgegenkommen  ge- 
nehmigt wurde.  Es  war  mir  namentlich  darum  zu  thun  gewesen, 
ergänzendes  Material  zu  dem  damals  gerade  seiner  Vollendung 
entgegenreifenden  Rosenberg'schen  Werke,  iDer  Goldschmiede 
Merkzeichen!^)  in  der  Voraussetzung  zu  sammeln,  dafs  der 
gen.  Herr  Verfasser  auf  Feststellung  persönlicher,  Familien-  und 
Vermögensverhaitnissc  der  von  ihm  mit  ^Merkzeichen«  belegten 
Meisicr  t^rrinm'ii  oder  gar  keinen  Wrrtli  wurde  gelegt  )ial>en. 
Es  ist  mir  denn  aucli  geglückt,  in  mindestens  12  Fällen  nach 
dieser  Richtung  hin  einiges  zu  ermittein  und  auCserdem  eine 
Reihe  von  Goldschmieden  und  Berufs  verwandten  ohne  nach' 
weis  bare  Arbeiten  aufzustellen.  Der  Notwendigkeit,  auch 
solche  Künstler  zu  verölFentHchen,  hat  Rosenberg  inzwischen 
im  1.  Hefte  seiner  Nachträge,  wo  er  von  Antwerpen  handelt*), 
Rechnung  getragen. 

Die  Reichhaltigkeit  des  mir  zu  Gebote  gestandenen  Ma- 
terials gestattete  nicht,  andere  A ntulin  iitren  kunstgeschichtliclicn 
Inhalts  aufser  Acht  zu  Iusncii,  uml  ^uniit  ervsx'iterte  sicii  mein 
Kollektancum  zu  einem  derartigen  Uinfangc,  dafs  ich  auch 
Über  andere  bildende  Kunstler  Nürnbergs  Mitteilungen  zu  ma- 
chen vermag,  ohne  ein  Recht  in  Anspruch  nehmen  zu  wollen, 
damit  in  allen  Stücken  Neues  gebracht  zu  haben.  Druckwerke, 
namentlich  Joh,  Neudörfers  Nachrichten  von  Künstlern  und 

'>  Frankfurt  a.  M.    Verlag   von  II.  Keila    1S90.    licspruchcD  vou 
mir  in  der  *Sch)esisclien  Z«Uung>  26.  7.  1890. 
')  Nicht  im  BuchbandeU 


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—    53  — 


Werlcleuten ,  ed.  Lochner,  imifsten  selbstverständUch  mehrfach 

ebenso  herangezojjen  werden  wie  sonstige  Litteratur. 

Wenn  ich  als  geborener  Schlesien  sclion  früher  bemüht 
gewesen  war,  Anschlüsse  der  dortseitigen  Runstgeschichte  zu. 
derjenigen  von  Nürnberg  zu  erreichen,  wie  es  gewisse  Artikel 
in  meinen  t  Beiträgen  zur  schlesischen  KUnstlergeschichte«  im 
»Anzeiger  für  Kunde  der  deutschen  Vorzeit«  einigermafsen  be- 
künden  werden,  so  kann  ich  im  vorliegenden  Falle  gleich  mit 
einem  Nachweise  darüber  beginnen,  wie  gegen  Ausgang  des 
Mittelalters  zwischen  Breslau  und  Nürnberg  ein  Austausch  der 
Meinungen  über  Angelegenheiten  der  (ioldschmiede  stattgefun- 
den hat,  was  aut"  gewisse  Vorgänge  schliclsen  läTst. 

S.  IV  Klose,  Darstellung  der  inneren  Verhältnisse  der 
Stadt  Breslau  von  14jH  bis  1526,  berichtet  nämlich  zum  Jahre 
1519  folgcndermafsen:  >  Unter  den  Goldschmieden  in  Breslau 
war  eine  Zwietraclu  entstanden  wegen  eines  Steines,  der  in 
Gold  gefafst  und  von  etlichen  ein  »Flofs«  genannt  wird,  damit 
man  Leute  nicht  bewahren,  noch  vor  einen  Stein  geachtet  wer* 
den  sollte^.  Weil  sich  nun  etliche  auf  die  Goldschmiede  in 
Nürnberg  berufen  und  gesagt,  dafs  man  solche  Arbeit  bei  ihnen 
und  anderswo  auch  pflegte  zu  machen,  und  solclie  Steine  in 
<jok\  zu  versetzen,  so  schickten  sie  ihn  tleni  Rate  zu  Nürnberg 
zu  mit  der  Bitte,  sie  möchten  ihre  Meister  solrlicn  Rini{  mit- 
samt dem  eingeleibten  Steine  wohl  besic  htipen  und  probieren 
lassen,  ob  er  billig  vor  einen  Stein  geai  htct  und  in  Gold  ver- 
setzt werden  soll  und  ein  gut  Mann  damit  den  andern  gewähren 
möge  und  sie  des  eigentlicli  verständigen,  damit  sich  ihre  Gold- 
schmiede darnach  zu  richten  hätten,  c 

An  anderweitigen  kunstgeschichtlichen  Beziehungen  späterer 
Zeit  mangelt  es  nicht.  So  enthält  das  im  ersten  Jahre  des 
grofsen  deutschen  Krieges  begonnene  Gesellenbuch  der  Breslauer 
( iulds«  iiiiiicde  vereinzelt  Namen  von  Haiidwerksgenossen  au  : 
Nürnberg  und  Augsburg,  welche  um  1620  bei  renommierten  Meiäterii 

')  Script,  rcr.  Silej»iac.  Iii.  137. 

Vielieicbt  ein  ftiif  TSvschong  gerichteter  Industriezweig,  wie  ihn 

beispielsweise  ein  Schwcidnilzer  ( ioldsclmue«!  Scbrii^'el  1539  »einen  Znnft- 
genossen  in  (^(Tcnem  Hrrefe  .mpries  1  •  Anzci;.:er«  1875  Sp.  148t. 

*)  Im  Uc&itz  der  iviatikenkusse  für  Lioldarbeiier,  Graveure  elc.  in 
Breslau. 


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54  — 


wie  Tobias  Voygt,  Georg  Sauermann'),  Fabian  Nitsch,  Hans 
Volignad,  Heinrich  Alberti,  Gottfried  Vogel  und  Kaspar  Droger, 
Künstlern,  denen  man  in  Rosenbergs  Werke  unter  »Breslau« 

zum  i'cii  begegnet,  in  Arbeit  gestanden  haben. 

Die  von  H.  Lutsch  im  amtlichen  Auftrage  herausgegebene 
Statistik  der  Kunstdenkmäler  Schlesiens  führt  hin  und  wieder 
Cultgeräte  und  Kleinodien  mit  dem  Nürnberger  Stempel,  auch 
in  Verbindung  mit  Monogrammen,  an,  ohne  bedauerlicherweise 
sich  auf  nähere  Angaben  einzulassen. 

Im  städtischen  Museum  zu  Bautzen  habe  ich  zwei  Arbeiten 
Nürnberger  Goldschmiede  angetroffen;  die  eine:  ein  Aufsatz  in 
Ananasform  mit  dem  Wappen  der  Stadt  und  einer  Darstellung 
des  Königs  Matthias.  Das  Urheberzeichen  —  Fisch  —  bezieht 
sich  wohl  auf  Meister  i'ranz  Fischer,  weicher  dem  Vernehmen 
nach  ein  ähnlich  gestaltetes  (iefäfs  für  die  Breslauer  Fleischer- 
innung )>grofser  Bänke«  gefertigt  hat;  die  andere:  ein  Ananas- 
pokal, bezeichnet  mit  den  verschlungenen  Buchstaben  HR,  darf 
als  Werk  des  Hans  Reiff  angesprochen  werden,  welcher  im 
Verzeichnis  der  »Goltschmit  Zeichen«  ')  zwischen  zwei  Meistern 
aus  den  Jahren  1609  bezw.  1611  mit  dieser  seiner  Marice  auf* 
geführt  wird. 

Was  die  allgemeinen  Verhältnisse  der  Nürnberger  Gold* 
schmiede  anlangt,  so  sei  noch  verwiesen  auf  die  allerdings  sehr 

späten  Auslassungen  über  sie  in  Hdschr.  Norica  214/15^').  wo 
von  ihren  drei  » Facultäten  < ,  der  Verfassuni;,  dem  Meisterstück, 
dem  Schauamt  etc.  gehandelt  wird.  Ihnen  einen  Wert  des 
Ahers  über  1650  hinaus  beizumessen,  liegt  eine  Veranlassung 
nicht  \  or,  und  kommen  dieselben  hierbei  nicht  weiter  in  Betracht. 

Ich  gestatte  mir,  den  eingangs  bezeichneten  Bemerkungen 
zufolge  mit  denjenigen  Meistern  den  Anfang  zu  machen,  welche 
ich  in  Herrn R Osenbergs  Nachweisungen  wiedergefunden  habe. 

üoldschmiede  mit  nachweisbaren  Arbeiten. 
Julius  Hueter,  Bürger  und  des  gröfseren  Rats,  veräufsert  seine 
Behausung  in  St.  Sebaiduspfarrei  in  der  Zisselgasse  zwischen 
dem  Bierbrauer  Christoph  Schiller  und  Peter  Lose  an  Chri- 

'i  Lin  nacli  Nürnberg  hinweisender  Name. 

Abschrift  im  Nttrnb.  Stadt-Archive. 
*)  Ebend. 

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—    55  — 


stoph  Jammitzor  (so  buchstäblich,  während  im  Rei^ister 
»Janiit/cr  steht  'j,  Bur<;«.Tn  und  Goldschmieden,  und  dessen 
Frau  Ciara  lur  1750  Gidn.  k  15  Batzen  oder  60  Krz.  1603 
April  4.  Die  Restzahlung  erfolgte  am  28.  März  1606 
(U  115  f.  40  a). 

Hans  Zeiher,  Goldschmied,  und  seine  Frau  Margareta  verkaufen 
ein  Haus  am  Potiersberge  an  den  Plattschlosser  Martin  Henicke 

1604.  EbendersL'lbc  kauü  im  nämlichen  Jahre  ein  Haus  in 
der  Lodergasse  (L.  116  f.  175  und  182  b).^) 

Hans  Winckler ,  Goldschmied,  und  seine  Krau  Katharina  verkaufen 
ihr  Haus  gegenüber  dem  Zeughause  am  Graben  an  den  Saiten* 
macher  Nik.  Degar  1604  (L.  116  f.  170a). 

Goldschmied  Franz  Doth  wohnte  1603  in  St.  Sebaldus'Pfarrei 

(L.  115  f.  J01a).3) 

l*etcr  Schützinger')  und  seine  Frau  Magdalena  werden  1605 
namhaft  gemacht  (L.  117  f.  64a). 

Joachim  Seitzmayer^)  und  seine  Frau  Anoa  kaufen  ein  Haus 
im  Fischergäfslein  beim  Kürschnerhause  am  28.  Februar  1606 
(L.  117  f.  140a). 

Tliomas  St  Oer  und  seine  Hausfrau  Elena  kaufen  im  Mai  1604  das 
Haus  beim  Ticrgartncrthor  »zum  geharnischten  Mann<:  von  dem 
Schlosser  Heinrich  Pfeiffer  um  625  Gldn.  (L.  115  f.  llQb). 

Endres  Rosa^)  und  seine  Frau  Elena  kaufen  ein  Haus  in  der 
Lorenzerpfarrei  1610.  Die  Quittung  über  den  vollendeten 
Erwerb  erfolgte  1613  (L.  122  f.  191a  und  238). 

Martin  Dimling')  und  seine  Frau  Margareta  kaufen  ein  Haus 
in  der  Judengasc^e  von  dem  Pferdehändler  Heiiuit  h  Niderei 
1603  (L.  116  f.  58  a). 

')  Bei  Chr.  »(lojnitrer'  in  der  Ziv^elgasse  nahm  1617  der  Bildhauer 
Leonh.  Kern  von  Forchlenberg.  als  er  nach  Nürnberg  berufen  worden  war, 
Wohnun^j.  Klemm,  WürUemberg.  Buumeiitter  etc  Sep.-Abdr.  der  Wllrtt. 
Vierteljahrhcfte  i88a.  S.  186.  Näheres  «ehe  bei  Mammenhoff,  da»  Kathau« 
iti  Nürnberg  S,  137  n  lU. 

^)  Ein  Baumeiäier  Kaspar  Zeiher  am  bchluä!>e  des  16.  Jahrhü.  bei 
Klemm  a.  a.  O.  S.  165. 

*)  Bei  kosenber;;  Nr.  137S  «Dotte«. 

*)  Bei  K.  Nr.  1281   iSchutzing«  1593- 

•|  Durch  diese  urkundlich  belegte  Namensform  erledigt  sich  Rohcu- 
beri^s  Vermutung  •Seitzmair  (SeiUmann')«  a.  a.  O.  S.  276. 

Bei  k.  Nr.  12S8  lautet  der  Vr.rn mu-    Adam*  statt  »Andreas«. 
Ebd.  Nr.  1292  »Dumling«,  Meister  iS9V. 


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—    56  — 


David  Stechmesser,  Mitglied  des  gröfseren  Rats,  und  Lorenz 
Ott,  beide  Goldschmiede,  verkaufen  als  Vormünder  der  drei 
unmüntligen  Söhne  des  verstorbenen  GuUlschmieds  Adam 
Vischel  die  Behausung  in  St.  Sebaldusptarrei  gegenüber 
dem  Rosenbade,  %an  einer  Seite  an  das  Haus  des  Gold* 
arbeiters  Georg  Praunacker  stofsend,  sonst  aber  an  zwei 
Seiten  eckfrei,«  an  den  Goldschmied  Franz  Fischer^)  als 
den  leiblichen  Bruder  ihrer  Pflegekinder  und  seine  Frau 
Magdalena  um  980  Gldn.  15  Batzen  am  21.  Januar  1603. 
Quittung  über  Zahlung  der  gesamten  Summe  erfolgte  am 
29.  Mai  160Q  iL.  116  t".  17  b  ft). 

Goldschmied  Michael  Haufsner^)  und  seine  Frau  Margareta 
kaufen  ein  Haus  in  der  oberen  Schmiedgasse  1 603  (L.  U  5  f.  32  a). 

Jeremias  Ritter,*)  Goldschmied,  und  Peter  Schleich,  Flachmaler, 
nebst  ihren  Frauen  Margareta  und  Maria  verkaufen  ihre  Erb- 
gerechtigkeit auf  ihrem  Grundstück  in  der  Lorenzer  Pfarrei 

unter  den  Hutern  an  den  Ringleindrelier  Georg  Stieber  1610(C, 
122  f.  221V  —  Unbekannt  ist  R..->cnl)cr^  üjlgendes  Mitglied  der 
Ritters«  hen  Familie  gel)lieben.  dessen  Thatigkeit  mogli«  licrw  eise 
durch  die  Bezeichnung  seiner  Stellung  näher  bestimmbar  wird: 
Hans  Ritter,  Bürger  von  Nürnberg  und  zur  Zeit  in  Wien  selshaft, 
Sr.  Majestät  in  Ungarn  Hofgoldschmied  und  MUnzeisen- 
Schneider,  bekennt  für  seine  Person  und  an  Stelle  seiner 
abwesenden  Frau  Anna,  dafs  er  ihre  eigene  Behausung  in 
der  Lorenzer  Pfarrei  »auf  dem  Steige  der  neuen  Gasse  zwischen 
dem  Hafner  Stephan  Mayer  und  dem  Nagler  Nikolaus  Pistner« 
veraulscrt  luil)c  an  den  Winctenmaoher  lians  \\  irsrhing  um 
325  Gldii.  guter  Münze  a  1j  Batzen  am  27.  Dezember  1610 
(L.  122  f.  235a). 

Ein  Christoph  Ritter,  Bildhauer  und  Goldarbeiter  in  Nürnberg, 
verfertigte  nach  Lipowskys  Bair,  Künstleriexikon  II,  43  audi 
aus  Wachs  kleine  Figuren,  die  er  mit  Beihilfe  seines  Schülers 
Georg  Schweigger  ins  Grofse  arbeitete,  und  die  alsdann  von 
\V.  G.  Herold  aus  Metall  und  auf  einem  der  gröfsten  Plätze 

')  R,  bestimmt  S,  280  di?  Zeil  meiner  Thäligkeit  auf  1600-c.  1660; 
1646  steht  er  unter  den  (joKKschmicden  in  lltUchr.  Norica  2l6. 
Bei  R.  Nr.  129S,  Meister  i6oi. 
*)  Ebd.  Nr.  1309;  163J  in  Norica  a  16. 


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—    57  — 


in  Nürnberg  sollten  aufgerichtet  werden.  —  Da  dieser  Meister 
Ritter  erst  10/6  im  Alter  von  66  Jalircn  starl),  so  ist  er  von 
dem  bei  Rosenberg  unter  Nr.  1224  aufgeführten,  vor  166U 
verstorbenen  Goldschmiede  Wolf  Chrst.  Ritter  zu  trennen. 
I>ie  zu  Breslau  im  16.  und  17.  Jahrhundert  auftretenden 
Maler  Philipp  und  Christoph  Ritter  gehören  der  Nürnberger 
Kttnstlerfamllie  dieses  Namens  jedenfalls  nicht  an. 

Goldschmiede  ohne  nachweisbare  Arbeiten. 

Feter  Kr  äfft,  Goldschmied  aus  Nürnberg,  in  Breslau  14S1 
erwähnt 

Hans  P lecher,  bekennt:  Als  Johannes  der  Fischer  zuBressat, 
sein  und  seiner  Geschwister  Vormund,  etlich  (reld  von  ihret- 
wegen hinter  Harhara  Ksclienloerin  zu  Niirnbeig  gelebt  hat, 
dafs  ihm  dieselbe  E.  23  Fl.  ausgerichtet  habe. 

1484.  sabb.  p.  Matthiae  (28.  2.).    (C.  14S4  f.  13b). 

Kunz  Schackan  bekennt  sich  zu  einer  Geldschuld  von  5 Fl.  gegen- 
über dem  Sebald  Bierkhairaer  (I), -die  er  ihm  wöchentlich  ab- 
bezahlen will. 

1484.    3.  an.  Job.  Bapt.  (22.  6.).    (C.  f.  35b). 

N'iclas  Dorer,-)  klagbar  gegen  die  Eckeshenueriu  14bJ  i^C. 
1484  f.  42  a). 

Derselbe  1515.  Vormund  der  Kinder  eines  Hans  Prechtel 
(C.  1514  f.  96a). 

')  Schultz,  'roprirrrapliie  Breslaus  im  14.  u.  15.  J.tlirhunderl  in  der 
Zeitschrift  f.  Gesch.  Schlesiens  X,  249,  wo  noch  mehr  Nürnberger  niiuihafl 
t^ciuacht  werden,  die  mit  Breslau  in  C^eschäftsverkehr  standen.  —  Ein  Martin 
Kr:üh  unter  den  üoKlschmieden  der  Norica  3l6  i.J.  1543.  (Ein  Goldschmied 
Hans  Kraft,  der  zn^k-iLh  SieinpcUciii^eider  war.  w  ird  mehrfach  in  den  J.iliren 
1514  bis  1533  erwähnt.  In  dem  noch  ungedruckten  Manual  bücblein  des 
Nürnberger  Ratsherrn  Christoph  Krefs  heir«t  es  tnm  Jahre  1514  •Item  Hans 
Krafften  hab  ich  j^'eben  an  montag  nach  ludica  von  meiner  ketten  za 
inachen  i'/*  '1-  ""d  für  gold,  so  er  tTiir  dartu  gelihen  hat,  i'/^  -  tut 
alles  3  tl.«  und  aus  dem  Jahre  1533  findet  sich  die  weitere  Notii  'Item  ich 
hab  Hans  Krafften  goltschmid  geschenkt,  darum  dafs  er  mir  2  eisen,  mein 
contrafat  pildnus  und  das  Wappen  in  di  stenpfen  geschnitten  hett,  nemlicb 
I  dupl  dnciiten  imd  4  i\.  an  gold."  Ai, f^er  lern  werden  in  den  Aufzeiclmungen 
des  Christoph  Krefs  aus  den  Jalireii  >53i  1535  Kylsling  der  Cioldschmi<k 
und  Lorens  Tnimk  der  Goldscbnaidt  genannt.    Anm.  der  Red.) 

•i  BetrcfTs  dieses  «l>orer«  und  noch  weiter  /u  erwähnender  'Diirer' 
habe  ich,  als  der  Special forschung  fernstehender,  alles  Weitere  anheiiii* 
zugeben 


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—    58  — . 


Xiclas  Dorer.  Sohn  eines  \  erstorbenen  gleichnamigen  Vatci.^. 
und  sein  Sc  hwager,  der  (ToMsehinietl  Martin  Wagner,  vverd^'n 
/.MiTi  7.  Sept.  IjIj  erwähnt.  Nach  dem  Folgenden  hiels  die 
Schwester  des  Dorer  Barbara  (C.  20  f.  162  a). 

Hermann  Laisner  bekennt  sich  gegen  Albrecht  Durcr  zn  einer 
Schuld  von  2  Sch.  Mark,  1  Ort  und  gegen  Hansen  Schmuttermayr 
von  5  Gldn.    Werden  die  Abzahlungen  bestimmt. 

1487.  vigil.  Egidü  (31.  8.).  (C.) 

Albrei  Iii,  iiuliischniied,  verlautbait,  (hifs  ilnn  Hans  Kolb  44  Gldn,, 
so  er  ihm  um  Waare,  die  er  zu  Dantzka  (Danzigr)  von  ihm 
erkauft,  schuldig  gewesen,  bezahlt  habe.  1516  November  22. 
(C.  1515  f.  131  a). 

Hieronymus  Buttensdorf  er  und  sein  Bruder  Wenzel.  1484 
(C.  1484  f.  56a). 

Conrad  Prem,  Goldschmied.     1487  (C.  272b). 

Hans  und  Kunz  Messerer,  Goldschmiede,  1514  Dezember 
(C.  20.  ab  29.  11.  1514). 

Gunther  Kuffner,  Goldschmied,  bekennt  für  sich  und  seine 

Krben,  dem  Goldschmiede  Hans  Huter  18  rh.  Gldn.  schuldig 
/.u  sein;  die  gelobt  er  ihm  in  Uestimmten  Fristen  und  mit 
Arbeit  /,u  bezahlen,  dergestalt,  dals  er  ihm  an  solcher  SciuiUl 
in  Ö  Wochen  ein  silbernes  :Matiellein  :  ')  von  8  Loten  und 
darnach  alle  Vierteljahre,  bis  die  18  Gldn.  bc/ahlt  werden, 
all  weg  eins  in  gedachter  Gröfse  machen  wolle.  1516  30.  Juli. 
(C.  1515.  fol.  94a). 

Brigitta,  Witwe  des  Goldschmieds  Ludwig  Krug,  heiratet  den 

Goldschmied  Nicasitis  Krisch  (Handschr.  Nachtrag  von 
I.ochner  in  seinem  I  lamicxc  in]  lar  nach  Signatur  <1.  d.  1j4'> 
2  7.  2.,  wclrltc  den  Kliekuiiti akt  enthaltj.  Vorstehende  Bri- 
gitta bekennt  unterm  26.  Sept.  1551,  wie  sie  zur  Besserung 
ihres  Hauswirtsi,  N.  l"risch,  und  in  Anbetracht  dessen,  dafs 
er  »die  silberne  i  afel,  so  er  dieser  Zeit  unter  Händen, 
desto  stattlicher  und  bälder  könne  fertigen  und  ausmachen 
au.s  ihrer  Erbgerechtigkeit  in  der  Bindergasse  (am  Theresien* 
platz)  SOCiuldcn  an  (ieorg Raiger  verkauft  habe  (L.  66  f.  92  b). 

')  Kleinertii»  1  tinkj^efub  an:)  edcleiu  Metall  unil  nitl  l'U^äen,  vgl.  Anz. 
f,  Kde.  d.  deuUch.  Vorzeit  1878,  Sp.  108,  Am».  9. 

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4 


_    59  — 

Wolf  Reichel  und  N.  Marderer,  beide  Goldschmiede;  ihrer 

Wohnungen  am  Obstmarkte  wird  1550  gedacht  (L.  66  f.  17  a). 

Jörg  Schultheifs,  Panzermacher,  und  riiomas  Schweitzer, 
Goldschmied,  werden  im  gleichen  Jahre  ebendort,  f.  31  b,  erwähnt. 

Über  Hausverkauf  seitens  eines  Goldschmieds  Jörg  Ernst  und 
seiner  Frau  Anna   handeln  Signaturen  L,  66  f.  12a  und 

56a,  1550/51. 

Jakob  Ho  ff  mann  wird  bereits  1551  L.  66  f.  104b.  erwähnt 
(Vgl.  Lochner  p.  127). 

Hans  Königsmüller,  Goldschmied,  und  Hans  Schmidt,  Plattner, 

Vormünder  der  drei  Kinder  des  Plattners  Hans  Mair,  ver- 
kaufen deren  Anwesen  an  den  S<  hncider  Martin  (ircshlciii 
und  den  (ioldschmied  Jobst  Müllner,  als  Vormunden  von  den 
acht  Kindern  des  f  »Silbcrausbcreitersc  Lorenz  Gleen.  1551 
(L.  66  f.  107). 

Hans  Mörlein  und  seine  Frau  Margareta;  Hauskauf  am  Markte 

bei  St.  Sebaldus.    1551  (L.  66  f.  128b). 

Caspar  Pauch  1552  (L.  de  anno  1550  f.  I28a).  Dorothea, 
Witwe  des  Goldschmieds  Wolf  Wagenmair;  Hypothek  auf 
ihr  Haus  beim  Sonnenbad,  dem  Judenhofe  gegenüber 
(ebd.  228b). 

Hans  (iesell  und  seine  Frau  Justina  verkaufen  ihre  Heliausung 
in  St.  Sebalds  Pfarrei  im  Nei^clcins'^arslein  i  dem  Huclidrucker 
Sebastian  Heulsier  um  lüüü  Gulden.    Iü03  (L.  115  f.  13  a). 

Johann  Matthias  Lorch,  Goldschmied  zu  Fürth »  trifft  seinen 
Erben  gegenüber  Bestimmungen  hinsichtlich  des  Gasthofs  >zum 
grünen  Storch«  daselbst.    1603  (L.  115  f.  20b). 

Hans  Stromaier,  Bürger  und  ( loldarheiter.  und  seine  Frau 
Maria,  kaufen  1603  ein  HauH  in  der  äufseren  Laufergasse 
(L.  115  f.  46a). 

Jakob  Murmann  verkauft  sein  Haus  beim  Kettenbrunnen  am 

Katharinengraben  1603.  Seine  Witwe  Sara  (luittiert  über 
völlige  Be/.ahlung  160H.  25.  4.    (L.  115  f.  100a). 

Die  HinterbUebenen  des  Sehneiders  Jakob  Weifskopf  verkaufen 
ihr  Haus  am  alten  Viehmarkt  an  den  Goldschmied  Melchior 


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—    60  — 


Ktttterell  und  seine  Frau  Katharina  um  2100  Gulden.  1604 
(L.  115  f.  109a). 

Oswald  Kysslcr  und  seine  Frau  Katliariiui  kaufen  ein  Haus  im 
kiainergafschen  den  4.  November  1608  122  f.  241a). 
in  Xorica  216  wird  zum  Jalire  16BQ  ein  Joliann  Eyfsler  an- 
gefülirt;  vermutlich  ist  derselbe  identisch  mit  dem  Goldschmiede 
Johann  Leonhard  E.,  den  Rosenberg  Nr.  1 3Q0  als  Geschworenen 
des  Jahres  17 23  kennt 

* 

Meister  der  Eleinknnst. 

Von  solchen  habe  ich  nachstehende  notiert: 

Sebastian  Mofskau,  Diamantschncider,    ISIj  [C.  1514  f.  9Qb). 

Hans  Peck,  Dianiantschneider,  und  seine  Krau  Barbara  ver- 
verkaufen sechs  Zinshäuser  am  Spitzenberg  1551  (L.66f.  137  a). 

Hans  Maier,  Geschmeidmacher.  ^)  und  seine  Frau  Barbara  kaufen 
ein  Haus  bei  St.  Jakob  von  dem  Steinmetzen  Lorenz  Schach, 

Die  Zahlungen  erfolgen  von  1603  bis  1605  (L.  115  f.  49a). 

Hans  Castenbein,  Siegeigruber,  kauft  em  Haus  1603  (L. 
115  f,  54a). 

Melchior  P rettet,  Juwelier  und  Bürger,  und  seine  Frau  Helena 
verkaufen  dem  Juwelier  Sebastian  Rothe  und  dessen  Frau 
Maria  ein  Haus  in  der  Lorenzer  Pfarrei  »auf  dem  neuen  Bauet. 

Abzahlungen  von  1603  bis  1610  (L.  115  f.  74  a). 

Hans  Supiiol,  Ciranalciisteinsclmeider,  und  seine  Frau  Katharina, 
erwähnt  1603  (L.  116  f.  71a),  verkauft  1604  statt  des  l*:iul 
Punackeri  als  \'ormund  des  Kindes  des  f  Steinmetzen  Hans 
Roseuhamer,  ein  Haus  in  der  Johannisgasse  (ebd.  f.  184  b). 

Hans  H  ert  wi  gs,  Etsenschneiders,  Hausverkauf  1603  (L.  1 1 6  f.  1 20a). 

Martin  Lochner,  Juwelier,^)  und  seine  Frau  Katharina  ver- 
kaufen ein  Haus  auf  dem  l'unersltcrgc  1604  (L.  116  f.  15ja]. 

Georg  PetzoUit,  Gold-  und  Silberschneider,  Hauskauf  1610 
(L.  122  f.  200). 

')  Nach  Beyschlag)  Beitr.  zur  nördlinf^ischen  Geschlechtskunde  S.  220 
sinU  (jeschmeidgierser  Mctullurliciler  in  .Messini;  besonilcrs ,  wie  sie  in  Nürn- 
berg unter  dem  Namen  (ie^chineiileni.iulii  i   rin  cii^t-nes  Hainlwerk  bildeten. 

Ob  Uie  Juwehere  Iriibercr Jahrhunderte  biois  1  laudier  gewesen  sind 
oder  nicht,  ist  eine  noch  offene  Fra^e.  i.ochner  a.a.O.  177  erwähnt  eine» 
Sebald  Koburger,  der  einen  Jowelenhandel  betrieb  (f  I54i)< 


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—  öl  — 


Hans  Sesar,  Bürger  und  Wappensteinscbneider,  verkauft  die 
Erbgerechtigkeit  auf  seiner  Behausung  in  der  neuen  Gasse 
gegenüber  dem  Sandbade  Mefeter  Peter  Carl,  dem  Zimmer- 

nKinnc.  '  ,  und  dessen  Frau  N'ctunica,  seinL-ni  lielion  Stiefsclnvalicr 
und  seiner  recliten  Schwieger,  am  21.  Januar  —  l^isula, 

Frau  des  tioldschmieds  David  Strauch,  und  ihre  unver- 
heiratete Schwester  Anna,  beide  Tochter  des  verstorl)cncn 
Flachsteinscbneiders  Heinrich  Sesar,  werden  gelegentlich  eines 
Hausverkaufs  namhaft  gemacht  den  13.  November  1606 
(L.  122  f.  224b},  Ursula,  Krau  des  Geschmeidleinniachers 
Jakob  Wiidt,  1610  angefahrt  (L.  132  f.  183a). 

Franz  Kili;,  Geschnieidcniachcr  und  ßurger,  verkauü  ein  Haus 
1606  .L.  122  f.  2l8b). 

Jörg  Ziegler,  Rohrgoldspinner,  16Q8  erwähnt  (L.  122  f.  263a). 

Maler. 

Von  ihnen  heifst  es  in  Norica  214:  „Ob  zwar  die  Maler,  sonder- 
lich die  was  vor  anderen  können,  ihre  Kunst  kein  Handwerk 

lassen  sein,  haben  sie  doch  ihre  /usammenkunft  und  setzen 
sich  darwider,  so  ein  neuer,  der  h  allhitr  niederlassen  und 
es  inil  ihnen  nicht  halten  und  arbeiten  will,  wie  sie  auch  des- 
wegen drei  Vurstcliier  haben  und  haben  schon  lange  Jahre 
ein  Meisterstück  (so  sie  zwar  nur  ein  Probstück  nennen)  ge< 
macht:  mancher  eine  Landschaft,  ein  anderer  eine  Historie, 
einer  etwas  im  Prospekt  .  .  .  und  solches  wird  hernach  auf 
das  Rathaus  verehret.  Ich  habe  auch  gesehen  bei  ...  . 
Wüttig^)  eine  schöne  Malerei,  mit  geschnittener  Wolle  klar 
alles  gemalt  und  ihren  Schattierungen,  als  ob  es  mit  einem 
Pinsel  gemacht  wäre,  auf  Leinwand  gemalt,  rauh,  glatt,  rein 

'  i  Der  bekannte  Erbauer  der  Flciithhrücke,  nach  Lipowsky  S.  38  fl. 
,  SU  lUUing  1541  j^ehoren,  161 7  <u  Heidelberg  in  karpßltUchen  Dicnsien 
gestorben,  vg\.  I.ochner  a.  a.  O.  214.    Näheres  über  ihn  gibt  MummenholT 
a.  a.  ü.  S.  90,  ii6,  167,  lüS,  179,  191,  340,  341,  343« 

•)  üeber  die  Maler,  ihre  Stellung  und  Verhältnisse  in  Nürnberg  s. 
Mummenhoff,  Handwerk  und  freie  Kunst  in  Nürnberg  in  der  Bayer  Gewerbe- 
zeitung 1S91  No.  9  u.  insbesondere  N'o  24 

Vielleicht  der  später  behandelte  Harth.  Wittig,  welcher  um  1650 
nach  Nürnberg  gekommen  sein  soll.  Alsdann  wttfde  auch  die  Zeit  su  be- 
fttimmen  sein,  in  welcher  obige  Eintragung  erfolgte. 


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—    62  — 


wie  ein  Teppich,  so  das  HauptJuhanmsBaptistä*)prä$entieret,  in  einer 
zinnernen  oder  silbernen  Schüssel  liegend,  welches  mitLust  zu  sehen. 

Die  Illuministen  gcliören  zu  den  Formschneidern,  Brief-  und 

Schachtclnialern,  mit  denen  sie  es  allzeit  gehalten,  und  zwar 
nicht  mehr  als  einer,  Hans  I  honuis  Fischer;  weil  er  al'cr  von 
dem  Handwerk  nichts  gelernt,  haben  sie  ihn  nicht  unter  sich 
genommen,  ob  er's  zwar  sehr  begehret." 

Von  den  über  Nürnberger  Hand  werk  ssachea  handelnden 
Handschriften  Norica  gibt  die  ältere  das  Malerwappcn:  in  weifs 
drei  rote,  die  jüngere:  in  blau  drei  weifse  Scliildchen,  beide  Male 
zwei  zu  eins  gestellt.  Die  Illuministen  bedienten  sich  folgenden 
Emblems:  in  weifs  drei  geschrägte  Pinsel  und  darunter  drei  Paletten. 

Erhart  S(  Ii  rcuiniel,  Maler  und  Bürger  zu  Nürnberg,  c-rkiatt, 
sein  Haus  /u  Ingolstadt  zwis*  iicn  jft/t  und  Jakobi  verkaufen 
und  es  mit  der  Kaut'summe  nach  Inhalt  des  mit  der  Anna 
Maurer  abgeschlossenen  Vertrags  halten  zu  wollen.  1484 
Donnerstag  nach  Marci  (29.  3).  Derselbe  bezeugt  zwei  Jahre 
später,  dafs  er  seinem  Weibe,  der  vorgenannten  A.  Maurer, 
100  Gulden  auf  einem  Hause  in  Ingolstadt  vermacht  habe 
(C.  1484  f.  24  und  I40b). 

Hans  Sieumund  von  Ket/.,-)  Maler,  bekennt,  dals  ihm  Meister 
'I  hninas  (iram  von  Kotherjburg  im  Auftragi*  der  t  irmciride  zu 
Gammesleld  ^)  15  (iulden  für  eine  Tafel  (Altargemälde),  so 
er  derselben  (Gemeinde  und  ihrem  (iotteshause  gemacht,  bar 
ausgezahlt  habe.  Sonnabend  nach  Gregorü  (13.  3.)  1484. 
Eine  andere  Signatur  d.  d.  1485,  Donnerstag  nach  Andrea 
(1.  12),  bezeichnet  den  Maler  als  »Herr  Hans  Siegmund 
von  Ketz<^).  1487  Freitag  nach  Franciska  (5.  0.)  ver- 
spricht er,  dem  Hans  Muerer,  als  Anwalt  des  Turban  Becke 
von  Lauf,  iif)  (.uklen  auf  den  .\nsi)ruch  einer  Tatcl;.  wegen 
in  zwei  Katen  bezahlen  zu  wollen  (C.  1484  f.  17,  132  und 
264a).  Er  .scheint  demnach  ein  vielfach  in  Anspruch  ge- 
nommener Kunstler  gewesen  zu  sein. 

Für  Beziehun^'cn  n:\chSchlc.sien  dürfte  sonst  die  Wahl  des  (iegen- 
Standeis        der  llcr/scliild  des  Ihc-I  .ucr  Bisluinswappen-       ontscboidend »eio. 

~)  Gr.  u.  Kl.  Külz,  rfumioiier  in  Schwaben  bei  (iünzburg. 

*f  a  Stdn.  von  Rothenburg  gelegen.  8ch)ofs  und  Dorf. 

*)  Atis&toller  der  betreiTenden  Urkunde  ist  Hans  Freydanki  Pfarrer  t« 
Auheim  an  der  Ai&ch  iC.  1484). 


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—    63  - 


Jorg  G  logge ndon  —  nach  Lochncr  S.  141  lUuminist  —  wird 
1484  erwähnt  (C.  t  38  b). 

Lionhard  Herdegen,  Pfarrer  zu  ( iraveiisteiiibuig,  Ijekcnnt,  dafs 
ihm  Fritz  Ntit/cl.  Taschner,  und  Niclas  von  Breslau,  Rild- 
srhnit/.er,  als  für  K luiiuuiiden,  ('(^n^ad  S«  hons  Witwe,  seine 
Schwester,  einen  silbernen  Becher,  14  bes(  lihueiie  LotTel,  10 
rheinische  Gulden  und  dazu  3  Gulden  der  Brüdcrs(  haft  tu 
Schwabach  gegeben  hätten.  1484,  Freitag  nach  Sebaldi,  ver> 
lautbartMarx  Schön,  Maler,  dafs  ibm  die  beiden  Vorgenannten, 
als  Vormund  der  Kunigunde,  20  Gulden,  seinem  Sohne  Marx 
6  Gulden,  seiner  Tochter  Apollonia  Rott  auch  6  Gulden 
gegeben  hätten  (C.  1484  f.  48a  und  49b).  Bei  der 
blofsen  Angabe  des  Vornamens  und  der  iicrkunfi  war 
es  nicht  möglich,  den  Niclas  v(jn  Breslau  mit  einem  der 
in  A.  Schultz,  (lescliii  hte  der  Breslauer  Malcrinnung,  Krwähnten 
in  Verbindung  zu  bringen.  Es  ist  tür  mich  aber  keinen 
\n«j;enblick  zweifelhaft,  dafs  derselbe  identisch  ist  mit  dem  bei 
Lochner  S.  171  behandelten  Maler  Nikolaus  Schnitzer,  der 
infolge  einer  besonderen  Fertigkeit  diesen  Zunamen  bekommen 
haben  mag.  —  Da  sein  Sohn  Siegmund  Stadtpfeifer  und  In- 
strumentenmacher war,  so  gehören  wohl  zu  den  Kpigonen 
der  Familie  die  1609  erwähnten  Trompetenmacher  Anton 
und  Jobst  Schnitzer  (L.  122  f.  .)5a). 

Michael  Tachauer  ^aus  Dachau),  Kartenroaler,  arbeitete  für 
einen  gewissen  Jorg  Rauh  1485  (C.  148Q  f.  75  a). 

Wolfgang  Kammer,  Maler,  und  seine  l'iai:  Helena,  Tochter 
des  Schneiders  Hans  Vogel,  erwähnt  1485  (C.  1409  f.  Hüb), 

In  Sachen  Veit  Stöfs'  contra  Krhard  Schon,  eine  Restschuld  von 
14^  Gulden  betrcflend,  befindet  sich  eine  Signatur  d.  d.  1515 
12.  November  in  C.  1515  auf  der  ersten  Seite.*)  — •  Des 

*)  Zum  Jahre  1514  w«rd  der  Maler  Hans  IMatner  in  den  Aufzeich- 
nungen des  Christoph  Krefs  erwähnt.  Er  hat  im  Auftrag  des  Propstes  D. 
Anton  Krefs  für  die  neue  Kapelle  zu  Kraftshot  eine  l  afe),  den  St.  Christoph 
vorstellend,  i^cmull,  wofür  ein  Honorar  von  25  1I.  bedungen  war.  Am  I'alni- 
sonnlag  1514  wurde  die  Tafel  aufgerichtet  und  Plattner  erhielt  den  Re;>t 
seines  Lohns  mit  ts  fl.,  dann  3  %  für  seine  Frau  und  60  Dir  seinen 
Knecht  Trinkgeld.  Auch  in  den  Jahren  1531 — 1535  wird  Platner  als  Maler 
genannt.   Anm.  d.  Ked. 


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—    64  — 


Wiliwaldt  (I)  Stöfs  und  seiner  Gattin  Barbara  wird  L.  66  f. 
iOOa  zum  Jahre  1551  gedacht. 

Bcrnhardtn,  Sohn  des  weiland  Bildschnitzers  Augustin  Schmidt 
und  dessen  ebenfalls  verstorbenen  Hausfrau  Barbara,  bekennt 
mit  seinem  Curator  Liohard  Motschidler  vor  den  SchöfTeUf 
dafs  Katharina,  P'rau  des  Caspar  Krefs,  und  Matthes  Neu- 
nuiltner  als  seine  Vurauiiuler  ihm  über  »ihr  Empfangenes  und 
Ausgegebenes«  Rechnung  gelegt  hätten,  1517  Januar  2. 
(C.  J515  f.  144a). 

Hans  Holtschneider  bezeugt,  dem  Stephan  Paumgartner  10 
Gulden  Hauszins  schuldig  zu  sein  11.  Mai  1517  (C.  1515 
f.  192  b). 

Brigitta,  Tochter  des  Malers  Hans  Seibold,  sagt  aus,  dufs  sie 
sich  mit  dem  BierbrauerirescUcn  Hans  Hetzer  iini  iiire  Junsffern- 
schaft  gebracht  und  ein  Kind  mit  ihm  gezeugt  habe,  wofür 
sie  im  ganzen  1 1  Gulden  erhalten.  1516  Mitwoch  nach  Neujahr 
(4.  1.).    (C.  20  f.  214a). 

Alexander  Rieser,  Bürger  und  Maler  in  N.,  f  vor  1582.') 

Johann  Lindtiicr,  desgl.,  1639.^) 

Bartholomäus  Wittig  von  Üels  in  S(  hlosicn  kam  ums  Jahr  lö50 
nach  Nürnberg,  wo  er  sich  als  Maler  habilitierte  und  seine 
Erzeugnisse  meistenteils  nach  Italien  verschickte.  Malte  auch 
einen  Teil  der  Rathausfa^ade  in  Nürnberg,  f  1684;  in  Breslau 
hatte  er  bei  seinem  Landsmann  Michael  Duquesne  seine  Lehr« 
zeit  1629  angetreten  und  war  1634  freigesprochen  worden.*) 

In  den  Rechnunt;en  über  den  Schlofsbau  zu  Aschaflrenl)urg 
ir)76  bis  1679  wird  zweimal  der  Maler  Johann  Paul  Auer 
(.\wer)  namliaft  gemacht,  von  dem  das  »ßaierische  Künstler- 
lexikon« d.  Js.  lölO  angibt,  dafs  derselbe  aus  Nürnberg 
stammte,  in  Kegensburg  bei  dem  älteren  G.  C.  Eimart  und 
in  Venedig  bei  Peter  Liberi  gelernt,  sich  besondere  Geschick- 
lichkeit in  Historien  und  Landschafl£n  in  des  Liberi  Manier 
erworben  habe  ;  gestorben  sei  er  51  jährig  zu  Nürnberg  1687. 

■)  A  Schultz,  Unters,  z.  Gesch.  d*  schU».  Mal«r  11500-1800;  Bres 
lau  1S82  s  127. 

eben<1.  S.  toi. 

Lipowsky  a.  a.  0.  II,  173  ff.  und  Schultz  a.  a.  U.  S.  174. 


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65  — 


Die  vorbeseichneten  Rechnungen  enthalten  Uber  seme  dort- 
seitige  Thätigkeit  folgendes:  1676  Oktober  16.  Joh.  P. 
Awem,  nettangenommenen  Malern,  welcher  in  » Förth  c  für 
Pinsel  und  Farben  ausgelegt  12  Gulden;  3Q.  Oktober  ejsd. 
in  fresco,  als  er  mit  seiner  Arbeit  fertig  worden,  900  Gulden.  — 
In  demselben  Jahre  wird  übrigens  unterm  letzten  Dezember 
eines  Hofmalers  Jost  Bickarth  gedacht,  /u  dessen  Familie 
gehörte  möglicherweise  ein  Mnler  Hermann  Pi<-kh:irt,  vvelclier 
am  20.  März  1727  eine  Tochter  in  der  Breslauer  Dompfarrei 
taufen  liefs  (f  1737).  Ob  ein  genealogischer  Zusammenhang 
mit  dem  kurfärstUch-mainzischen  Hofmaler  Franz  von  Pekert 
(um  1733)  besteht,  bliebe  zu  ermitteln.^) 

Franz  Xaver  Karl  Falko,  1724  zu  Breslau  geboren,  Sohn  des 

dortigen  lurstbischöflichen  Hofmalers  Anton  F.  (alias  Polcke) 
und  seiner  Mutter  Magdalena,  welche  zuerst  1714  in  den 
Taufregistern  der  Breslaiier  Domparochie  vorkommen,  besuchte 
die  Malerakadcmie,  ging  dann  nach  Italien  und  wurde  1752 
Hofmaler  in  Dresden.  Er  starb  1767,  wahrscheinlich  in  Prag. 
Über  ihn  und  seinen  gleichnamigen  Sohn,  welche  beide  mut- 
mafslich  auch  für  Nürnberg  gearbeitet  haben,  verbreitet  sich 
Lipowsky  II,  3  if.') 

Bankfinstler. 

Norica  215  bemerken:  ,,Das  Steinmetzen-Handwerk  ist  ein  ge* 
meines  Handwerk,  sehr  künstlich,  und  kommen  im  Sommer 
welsche  Maurer  aus  Italien,  so  sonderlich  in  Franken  ganze 
Bauten,  auch  wohl  Kirchen  annehmen  und  mit  gutem  Contento 
der  Bauherrn  verfertigen,  wie  sie  denn  eine  schöne  Kirche  zu 
Bamberg,  oberhalb  dem  Münchsberg,  zu  St.  Gertraudt  gen., 
gebauet,  so  sich  wohl  sehen  läfst." 

Hans  Fragler,  Nik,  Baumgarttner,  Hieronymus  Hubner,  Erhart 
Auer,  als  geschworene  Bauleute  und  Meister,  Hermann  Kirsner, 
als  geschworener  Werkmann,  geben  ein  Gutachten  ab  wegen 
eines  zu  nahe  ans  Nachbarhaus  gesetzten  Saustalles  1485 
Freitag  nach  Blasü  (4.  2.).   (C.  1464  f.  72b). 

')  aSchlesiens  Vorzeit«  iS88  S.  9  und  13. 

A*  Scbolu  a.  a.  O.  und  •Schlesiens  Vorteii>  a.  a.  O.  s.  v.  «Polcke«. 

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66  — 


Meister  Eucharius  Gafsner,  Stadtmeistcr ,  Meister  Hermann 
Kirsner,  Kuns  Praun  und  Jorg  Oesterlin  sagen  aus,  dafs 
Kunz  Oefner  die  6  Gulden,  welche  er  dem  Hans  Hetzeldorffer 
auf  den  Bau  und  die  Arbeit  schuldig  gewesen,  zu  geben  nicht 
verpflichtet,  dagegen  letzterer  der  Arbeit  oder  des  Baues, 
so  er  sollte  gethan  haben,  auch  ledig  sein  solle  und  Oefner 
Macht  haben,  seinen  Bau  beliebig  vollenden  zu  lassen,  1485 
Sonnabend  nach  Bartholomäi    27.  8).    (C.  f.  lila). 

Michael  Paunigarttner,  Endres  von  Watt,  Hans  von  Til  und 
Sebald  Schreyer,  Meister  Jakob  Grym,  Steinmetz,')  Meister 
Jakob,  Zimmermann,  als  geschworene  Bau>  und  Werkleute, 
geben  folgende  Erklärung  ab:  Als  Hans  Bidermann  vor  etlicher 
Zeit  dem  Ofner,  seinem  Nachbar,  habe  anbieten  lassen,  eine 
Giebelmauer  zwischen  ihren  beiden  Häusern  nach  der  Stadt 
Recht  m  errichten,  die  errichte  Ofner  mit  ihm  oder  vergönne 
ihm,  dieselbe  .:u  bauen,   1487  ((".  1484  f.  203b). 

Barbara,  Witwe  des  Steinmetzen  Hans  von  ü rings,  erwähnt 
1516  (C.  1515  f.  121b). 

Meister  Hans  Paum  von  Horb,  Steinmetz  und  Bttrger,  kauft 
1551  ein  Haus,  dessen  Preis  er  1554  völlig  bezahlt  hat 
(L.  66  f.  75a). 

Vielleicht  wäre  hier  ntx  b  nnterr.ubringen  der  1486  vorkommende 
Utz  Thoraan  Maurers  Sohn  von  Gmünd  (C,  1484  f.  IBöa). 
Klemm  kennt  Baiikünstler  des  Namens  Thoman,  welche  in  Ulm 
und  Schwäbi9ch-Hall  thätig  waren.*) 

Oiefoer. 

Hans  Frey,  Rotschmied,  bekennt,  dafs  er  dem  Pilligrin  (Perej^rin') 
von  Florenz  40  grofse,  2 1  mittlere  und  42  kleine  Leucliter, 
an  Wert  13  Gulden  6  Schillinge,  und  aufscrdem  10  rh, 
Gulden  schuldig  sei;  und  so  er  ihm  noch  10  Gulden  oder 
ihm  dafür  Messing  überantworte,  so  wolle  er  dem  Besteller 
für  solche  20  Gulden  nach  seinem  Gefallen  Leuchter  in  vor- 
bestimmtem Anschlag  und  dazu  die  obgedachten  Leuchter  in 


')  vgl.  Lochner  S.  324 
a.  a.  O.  ä.  161. 


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—    67  — 

8  Wochen  liefern.  1486  Mittwoch  nach  Johannis  ante 
portam  latinam  (10.  5).    (C.  1484  f.  156  a). 

Die  Bezeichnung  tRotschmied«,  die  vuistchende  Erklärung 
und  das,  waf5  Neudürfcr  über  die  Fertigkeit  des  Hans  Frey  in 
Herstellung  von  »allerlei  Hildern  aus  Kupfer«  anführt,  lassen 
uns  denselben  als  ausübenden  Künstler  und  nicht  als  blofsen 
Händler  mit  dergleichen  Kunsterzeugnissen  betrachten.  Dafs 
wir  es  in  vorliegendem  Falle  mit  Dttrers  Schwiegervater 
zu  thun  haben  y  dürfte  einem  Zweifel  wohl  nicht  mehr 
unterliegen. 

Heinz  Bolwiser,  Rolsehmied,  verpflichtet  sicli  1486  Dienstag 
nach  Sebaldi  (22.  8.1.  innerhalb  der  näc  listen  3  Wochen  aus 
67  Pfd.  »Zeugs«,  die  ihm  der  Jude  Morchonus  übergeben,  4 
Mörser,  4  Strempfel,  60  Pfd.  schwer,  zu  giefsen.  Als  Maclier- 
lohn  sind  pro  Pfd.  8  Pfennige  angesetzt  (C.  1484  f.  174b). 
Der  eingangs  Erwähnte  ist  jedenfalls  identisch  mit  dem  Kot- 
giefser  Heinrich  Bolb^-ser,  welchem  der  Magistrat  von  Görlitz 
unterm  7.  September  1502  eine  Bescheinigung  darüber  aus- 
stellte, dafs  er  der  Stadt  etliche  Jahre  als  Bttchsentneister 
ehrlich,  fromm  und  gehorsam  gedient  habe,  nunmehr  aber 
anderswo  Unterkommen  finden  wolle.  \)  —  Ein  1516  erwähnter 
Kunz  Bühviser  ist  mutmafslich  ein  naher  Verwandter  von  jenem 
Meister  Heinrich  gewesen  (C.  vom  November  1515  f.  62  a). 

1516  wird  des  einer  Apollonia  Komier  gehörigen  Hauses  in  der 
Lorenzer  Pfarrei  am  Katharinengraben  zwischen  Peter  Visoh  er 
und  Petronella  Nachtigall  gedacht  (C.  20  f.  214a). 

Meister  Haus  Behaim  und  Jakob  Kopfinger  werden  unterm  6. 
Februar  1517  als  Verweser  von  des  verstorbenen  Peter 
Glockengiefser  Geschäft  bezeichnet  (C.  1515  f.  159b). 

Würfel»  Nachrichten  zur  Erläuterung  der  Nürnberger  Stadt  und 
Adelsgeschichte  U,  715.  18.,  handelt  von  einem  Alchymisten 
Dr.  Erasmus  Schildkrot,  einem  geborenen  Engländer,  der,  aus 
Königsberg  in  Preufsen  nach  Nürnberg  gekommen,  dort  bei 

dem    Rot-    und    Bild^ielser    Matthäus   Landauer*)   in  der 

')  Görlitzer  Stadtarchiv,  libr.  missiv.  150a — 1506,  abgedr.  »ADseiger 
f.  Kunde  d.  deutschen  Vorzeil«  1877  Sp.  176. 

')  Über  ihn  Lochncr  ft.  O.  S.  16.  —  DuOtat  am  den  alphabe- 
tischen Register  ad  116  vermochte  ich  nicht  festsostellen. 


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—    68  — 


Beckschlagergasse  (Stifter  des  Brttderhauses  zu  Allerheiligen, 
f  1515)  gearbeitet  haben  soll. 

lastnuiieiiteiiiiiaolter. 

Würfel  a.  a.  Ü.  I.  S.  23Q  gibt  an: 
1460  circa  festum  omnium  sanctorum  (1.  Nov.)  fiebat  et  proba- 
batur  nobis  (sc.  monasterio  s.  Egidii)  unum  novum  Organum 
per  magistrum  Stephanum  de  Bratislavta,  qui  erat  egregius 
magister  in  ista  arte.  —  Ebenderselbe  Meister  errichtete  nach 
Beyschlag,  Beiträge  zur  Nördlingischen  Geschlechtskunde 
I,  49  —  dort  Stephan  Lastendorfer  von  Breslau  genannt  — 
1466  eine  neue  Orgel  für  die  Georgenkirche  in  Nuidliiii^t  n. 
Mit  diesem  Orgelbauer  ist  natürlich  niemand  amiores  i^cnu-int, 
als  Stephan  Kaschendorf ,  über  dessen  Thati:,kcit  lur  flie 
St.  Elisabethkirche  in  Breslau  in  den  Jahren  146*)  bis  1464 
die  Script,  rer.  Silesiacarum  III,  134  ff.  sich  verbreiten.  Dafs 
er  innerhalb  der  Jahre  1496  und  1499  auch  zu  Schweidnitz  in 
Schlesien  gearbeitet  haben  mag,  geht  aus  Urkunden  des 
Pfarrarchivs  der  sogen.  Jesuiterkirche  daselbst  hervor.^) 

^>  Zeitschrift  f.  Gesch.  Schlesiens  XII,  506  «Silesiaca  aus  Drackwerken«. 


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I 


Nürnberg  in  der  Mitte  des  dreifsigj  ährigen 

Krieges. 

Von  Dr.  Donaubauer,  Nürabeiigr. 


Vorwort. 

Die  Jahre  163J  und  1632  nehnn'n  in  der  Geschichte  der 
freien  Reichsstadt  Nürnberg  eine  ganz  hervorragende  Stelle  ein. 

Allbekannt  sind  die  kriegerischen  Ereignisse,  welche  sich 
im  Sommer  1632  bei  Nürnberg  abspielten.  Viel  Neues  kann 
darüber  wohl  kaum  gebracht  werden.  Ganz  anders  aber  ver- 
hält es  sich  mit  der  Zeit  von  der  Breitenfelder  Schlacht  bis 
sum  schwedischen  Lager  vor  Nürnberg.  Was  sich  hierüber 
selbst  in  den  Werken  der  Spezialhistoriker  Nürnbergs  findet, 
gibt  kein  Bild  von  der  Geschichte  der  freien  Reichsstadt  in  jener 
Zeit  und  kann  ein  solrh(.'s  nicht  geben,  da  das  sehr  reiche  archi- 
valis(  ho  Material  nicht  irenügend  verwertet,  noch  wcniucr 
aber  verarbeitet  ist.  Wohl  mufs  zugestanden  werdm,  der 
Nürnberger  Gelehrte  Gh.  G.  von  Murr  bringt  zur  Geschichte 
des  dreifsigjährigen  Krieges  manch  wertvollen  Beitrag  aus  den 
hiesigen  Arcliiven,  und  Freiherr  von  Soden  liefert  in  seinem 
Werke:  »Gustav  Adolf  und  sein  Heer  in  Süddeutschland»,  wo* 
rin  er  vorwiegend  Nürnbergs  Geschichte  behandelt,  geradezu 
eine  Fülle  von  archivalischem  Stoffe.  Allein  Murr  bringt  eben 
nur  Beiträge,  und  Freiherr  von  Soden  ^ilit  zwar  sehr  viel,  aber 
lange  nicht  genug.  Er  hat  nur  Material  zum  Baue  herbeiirchracht, 
den  Bau  selbst  aber  nit  ht  ausueführt,  Kritik-  und  /.usainmen- 
hanglos  reiht  er,  was  er  im  Nürnberger  Kreis-  und  Stadtarchiv  oder 
in  einzelnen  Werken  gefunden  bat,  in  einer  für  den  Leser  durch- 
aus ungeniefsbaren  Form  aneinander.  Bei  der  Menge  des  archi- 
valischen  Stoffes  aber,  den  er  liefert,  hat  er  doch  Aktenmatcrial 


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—    70  — 


unberücksichtigt  gelassenp  ohne  welches  ein  volles  Verständnis 
jener  2^it  nicht  wohl  möglich  ist.  Er  hat  die  Spezialakten  des 
30jährigen  Krieges  gar  nicht  und  die  Beratungen  der  Hoch- 
gelehrten nur  selten  hciiutz-t;  beide  aber  sind  für  die  Kenntnis 
und  für  die  Beurteilung  der  Politik  des  Rates  von  grofser  Wichtig- 
keit. Auch  dafs  er  das  im  Reichsarchiv  und  Geheimen  Staats- 
archiv in  München  auf  Nürnberg  bezügliche  Material  nicht  kennt, 
das  einen  bedeutsamen  Aufschlufs  über  die  Stellung  Nürnbergs 
zu  Bayern  gibt,  muCs  seine  Arbeit  als  eine  lückenhafte  erschei- 
nen lassen. 

Es  ist  mir  nicht  möglich,  den  Mängeln  desjenigen  Werkes  von 
Soden,  welches  für  mich  in  Betracht  kommt,  in  allen  Einzelnheiten 

nachzugehen;  denn  das  würde  viel  zu  weit  führen.  Doch  glaube 
ich,  mag  Nachfolgendes  zum  Beweise  meiner-  Behauptungen  ge- 
nügen. 

Zu  den  Angelegenheiten,  welche  den  Rat  der  freien  Reichs- 
stadt Nürnberg  in  jenen  Tagen  ganz  besonders  beschäftigten, 
gehört  die  Spezialallianz,  deren  Geschichte  ein  lehrreiches 
Kapitel  der  Nürnberger  Politik  ist.  Soden  aber  erwähnt  die- 
selbe nur  gelegentlich.  Seite  161  und  164  gibt  er  uns  zu 
wissen,  dafs  Nürnberg  Mitte  Januar  die  Spezialallianz  noch 
immer  nicht  abgeschlossen  hat,  Seite  182  gedenkt  er  der- 
selben bei  der  Beschreibung  des  Heilbronner  Tages  nur 
mit  folgenden  Worten:  Aufser  des  abzuschliefsenden  Bünd- 
nisses mit  dem  König  von  Schweden  wurde  au(  h  wegen 
der  Kupfermünze  u.  s.  w.  verhandelt.  Seite  229  und  260  spricht 
er  davon,  dafs  der  König  die  mit  Nürnberg  auszugleichenden 
Angelegenheiten  durch  den  Rat  Sattler  betreiben  liefs  —  es 
war  dies  am  31.  März  1632  —  und  führt  dann  auch  an,  was 
auszugleichen  war;  von  der  Spezialallianz  resp.  dem  Revers 
schreibt  er  nichts.  Seite  252  erzählt  er  nur:  Am  Schlüsse  des 
(fränkischen)  Kreistages  ttberg:ab  Chemnitz  den  Ständen  ein 
Memorial,  in  welrhem  er  sie  abermals  um  einen  Revers  bat, 
wie  ihn  die  N urnbeiger  ausge<^tellt.  Die  »versic  herungs  vnd 
revcrsnotuk,  welciie  »uniifsis  nominibus,  den  Nürnbergischen 
gleichlautend  war«,  bringt  er  aber  nicht. 

Aus  diesen  dürftigen  Notizen  wird  wohl  niemand  auf  die 
Bedeutung  der  Spezialallianz  schliefsen. 

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—    71  — 


Bei  der  Beschreibnog  des  Heilbronner  Tages  pag.  181 
bis  185  führt  er  die  Erinneruikgen  der  Nttmberger  Abgesandten 
auf,  die  vorwiegend  militärischer  Natur  waren,  sowie  die  Forde- 
rongen des  schwedischen  Gesandten,  betreffend  die  Einftthrung 

kupferner  Münzen,  neuer  Accisgeider,  die  Regelung  resp.  Kr- 
liöhung  der  Geleitstaxe  und  die  Verstärkung  der  Garnisonen  in 
den  Städten  und  erwähnt  hiebei  auch  die  Stellung  der  Städte 
zu  diesen  Forderungen.  Gerade  das  Wesentliche  aber  ubergeht 
er.  Er  berichtet  nichts  von  den  Verhandlungen  über  die 
Spezialallianz,  von  dem  Verlangen  der  Städte  nach  Frieden,  von 
deren  mannigfachen  Wünschen,  von  dem  Beschlüsse,  dafs  wegen 
des  Bündnisses  mit  Schweden  eine  Apologie  abzufassen  und 
Gustav  Adolf  ein  schriftliches  Gutachten  über  den  Frieden  und 
die  Beschwerden  der  Städte  zu  unterbreiten  sei. 

Süden  -  i^t  Ulis  nichts  über  die  Stellung  Nürnbergs  zu  Bamberg 
und  Hävern  ::u  Wniter  1631/32  und  erwähnt  nicht  einmal  die  Forch- 
heimer  Künterenz  am  30.  Dezember  1631;  auch  die  Irrungen  mit  den 
brandenburgischen  Häusern  sind  viel  zu  wenig  betont. 

Eine  sehr  wichtige  Angelegenheit,  weiche  dem  Kate 
viele  Sorgen  bereitete,  war  die  Eröffnung  neuer  Geldquellen. 
Es  wurden  eine  sogenannte  Kriegssteuer,  eine  Extraordinari- 
Interimssteuer,  ein  Pferde-,  Vieh-  und  Viktualienaufschlag  ein- 
geführt u.  a.  m.  Soden  schreibt  darüber  nur  folgendes:  Der 
Rat  begehrte  von  der  Bürgerschaft  eine  aufserordentliche  Kriegs- 
steuer, jedoch  nur  in  Guldengroschen  zu  65  kr.  Jeder  Kauf- 
mann mufste  von  seiner  Besoldung  einen  Guidengrosclien  und 
von  seinem  Vermögen  von  je  100  fl.  l  fl.  geben;  selbst  die 
Dienstboten  wurden  nicht  ausgenommen.  Da  wäre  es  denn 
doch  viel  besser,  nur  im  allgemeinen  von  Einführung  neuer 
Lasten  zu  sprechen,  als  aus  einer  Verordnung  nur  ein  Bruchstück 
herauszugreifen. 

Ausführlich  ist  die  Beschreibung  des  fränkischen  Kreis- 
tages, besonders  desjenigen  Teils,  der  von  den  Truchsessischen 
Forderungen  liandelt.  Die  Stellung  Nürnbergs  und  der  übrigen 
fränkischen  Kreisstande  ist  aber  auch  hier  nicht  i^enugend  klar 
gelegt.  Um  nur  eines  anzuführen,  Soden  sehrciht  betreffs  der 
Ernennung  des  Grafen  Kraft  von  Hohenlohe  zum  Generalkom- 
mandanten des  fränkischen  Kreises  pag.  253:    »Die  Stände 


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—    72  — 


beriefen  sich  auf  die  ReichskreiSYeifassuiig  und  die  Exekutiona- 
Ordnung,  ohne  jedoch  dem  König  die  militärischen  Anordnungen 
SU  verwehren!.  Warum  aber  die  Stände  auf  des  Königs  Be- 
gehren  nicht  mit  Ja  antworteten,  davon  sagt  er  nichts. 

Auch  die  Korrespondenz  zwischen  dem  Rate  einerseits, 
Tilly  und  dem  Kaiser  anderseits  ist  durchaus  ungenau,  wälirend 
die  Berichte  des  Ratsschreibers  Andreas  Baier  und  des  Bürgers 
Droschel  ganz  ausführhch  gebracht  werden.  Und  doch  sind 
gerade  diese  Schreiben  von  grofsem  Werte.  So  interessant  je- 
doch es  wäre,  Sodens  Art,  Geschichte  zu  schreiben,  auf  Grund 
der  oberwähnten  Korrespondenz  zu  beleuchten,  so  mufs  ich  mir 
dies  leider  versagen,  denn  der  Umfang  meiner  Arbeit  gestattet 
ein  solch  näheres  Eingehen  nicht.  Ich  beschränke  mich  daher, 
die  Seitenzahlen  anzugeben,  wo  Soden  der  diesbezüglichen 
Schreiben  gedenkt,  nämlich  pag.  89,  131—133.  135,  165,  198 
und  199. 

Was  Süll  ferner  folgender  Satz  auf  Seite  34  besagen:  Der 
Kaiser  ersuchte  nun  die  Stände,  sie  mochten  die  Kreishiife  der 
72  Monate  ungesäumt  je  eher,  je  lieber  bezahlen,  für  diesmal 
aber  nur  6  Monate  in  die  Kasse  liefern  1  Daraus  kann  man 
doch  nicht  klug  werden.  Des  Kaisers  Wille  war,  dafs  die  Stände 
den  auf  1  Jahr  festgesetzten  Termin  auf  6  Monate  abkttrzten  und 
in  jedem  Quartal  die  HäUte,  also  36  Römermonate,  ablieferten. 

Mehr  zur  Begründung  meiner  Behauptungen  anzuführen, 
ist  wohl  nicht  nötig;  doch  bietet  eine  Fortsetzung  der  Beweise 
keine  Schwierigkeiten.  Es  lag  mir  ja  nur  daran,  auch  meiner- 
seits festzustellen,  dafs  man  die  Werke  des  Freiherrn  von  Soden 
nur  mit  Vorsicht  benützen  kann,  und  dafs  auf  dem  Gebiete,  auf 
welchem  Soden  gearbeitet  hat,  sich  für  den  Geschichtsfreund 
noch  ein  reiches  Feld  der  Thätigkeit  bietet. 


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Einleitung. 


Es  war  am  Abend  des  6.  Juli  J630,  als  Gustav  Adolf  an  Gu.uva<IoU> 

Sicgemcug 

der  Spitze  von  13000  Mann  auf  der  Insel  Usedom  landete.  durch 
Seine  Hoffnung  jedoch,  die  Fürsten  nnd  Stttdte  des  evangeli-  D«Ä<*iaiMi. 

P(  lion  Deutschlands  würtlen  sich  ihm  freudig  anschlielsen,  war  Haitmi«  der 
eine  trügerische;  fast  alle  bewahrten,  nieist  aus  Furcht  vor  dem  «"vangcUsch«! 
Kaiser,  eine  abwartende  Stellung,  Aber  irnmer  weiter  drang 
der  nordische  König  vor,  und  binnen  mehr  denn  Jahresfrist 
hatten  sich  mit  ihm  die  zwei  mächtigsten  evangelischen  Fürsten 
des  Reiches,  die  Kurfürsten  von  Sachsen  und  Brandenburg,  ver- 
einigt. Ganz  Oberdeutschland  war  aber  noch  in  kaiserlicher 
»Devotionc. 

Auch  Nürnberg  hielt  äufserlich  an  der  Treue  gegen  den 
Kaiser  fest.  Im  Herzen  freilich  wünschte  die  weitaus  überwie- 
gende Mehrzahl  der  protestantischen  Bevölkerung  Nürnbergs 
den  schwedischen  Waffen  den  besten  Erfolg.  Wenn  in  der 
»Copia  eines  N.t  von  Nürnberg  ein  Evangelischer  lebhaft 
gegen  Schweden  und  den  Leipziger  Bund  sich  äufsert  und  für 
den  Kaiser  eintritt,  so  stellt  er  sich  in  Widerspruch  mit  seinen 
Mitbürgern,  und  es  ist  hier  wohl  anzunehmen,  dafs  em  Katholik 
unter  evangelischer  Maske  ficht.  ^) 

Auch  Nürnberg  war  von  den  Leiden  des  dreifsigjährigen  RdigiBM 
Krieges  nicht  verschont  geblieben,  es  war  in   seiner   relitfiösen  l»"* p"''*'*^**^' 
Überzeugung  schwer  verletzt  worden  und  empfand  schmerzlich,  NOrobei^, 
was  den  evangelischen  Brüdern  im  Reiche  Schlmimes  widerfah- 
ren und  noch  widerfuhr.    Fast  ein  volles  Jahrhundert  war  im 
Deutschen  Hause  und  den  dazu  gehörigen  Kirchen  zu  St.  Jakob 
und  St.  Elisabeth  der  katholische  Gottesdienst  nicht  gestattet 


l)  Kgl.  Hof-  und  Staatsbibliothek  in  Müncli«*n  Copia  eines  Schrei- 
bens N.  N.  von  Nürnberg  an  N.  N.  von  Leipzig  unterm  24.  Juli  a.  St.  oder 
3.  Aug.  a.  St.   Earop.  361/31. 


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—    74  — 


worden,  und  ein  Ordenspriester,  der  sich  im  Jahre  160t  einge- 
schlichen, hatte  auf  Befehl  des  Rates  die  Stadt  alsobald  wieder 

verlassen  müssen.  J)cr  Prozofs,  welcher  Nürnberg  beim  Reichs- 
Kammergerirht  erwuchs,  wurde  1625  von  diesem  hinweg  an 
den  Reiehshofrat  gcljrarht,  und  während  die  Streitsache  hier 
anhängig  war,  wurde  im  Deutschen  Hause  und  in  einer  neu 
hergericiiteten  Kapelle  Messe  gelesen,  auch  zogen  1628  heim- 
Höh  zwei  Kapuziner  aus  Würzburg  ein. 

Am  22,  Oktober  1630  abßr  erfolgte  ein  kaiserliches  Urteil, 
welches  die  Ausübung  der  katholischen  Religion  im  Deutseben 
Hause  und  in  den  beiden  Kirchen  zu  St.  Jakob  und  St.  Elisa- 
beth dem  Orden  zuerkannte.  Der  Rat  beruhigte  sich  jedoch 
mit  diesem  kaiserlichen  Bescheid  niciit,  sondern  that  sofort 
Schritte,  um  eine  Abänderung  desselben  zu  bewirken.  Allein 
die  Bittschrift  Nürnbergs  fand  am  kaiserlichen  Hofe  eine  sehr 
ungnädige  Aufnahme,  und  auch  der  Ratskonsulent  Dr.  Fetzer, 
der  in  dieser  Sache  nach  Wien  abgeordnet  wurde,  konnte 
nicht  das  Mindeste  erreichen.  Vielmehr  wurde  der  Stadt  NUm- 
berg  in  einem  neuen  kaiserlichen  Erlasse  vom  August  1631  auf- 
erlegt, innerhalb  14  Tage  von  Zeit  der  Einhändigung  des  Schrei- 
bens an  Bericht  zu  erstatten,  ob  man  nunmehr  gewillt  sei,  dem 
im  Oktober  1630  ergangenen  Urteil  sich  zu  fügen,  widrigenfalls 
scharfe  Kxekutiou  auf  dem  Fufsc  folgen  würde.  Nun  mufste 
der  Rat  sich  freilirli  zur  Nachgiebigkeit  bequemen.  F,r  ver- 
sprach, dafs  er  dem  Orden  den  katholischen  ( >ottcsdienst  im 
Deutschen  Hause  und  in  der  Kapelle  zu  St,  ülisabeth  gestatten 
wolle,  wofern  der  Eingang  in  dieselbe  gegen  die  Strafsen 
der  Stadt  zu  vermauert  und  in  den  Hof  des  Deutschen 
Hauses  gerichtet  würde,  tmd  dafs  er  fttr  St.  Jakob  einen 
besonderen  Platz  aufserhalb  der  Stadt  dem  Orden  Uber- 
lassen werde. 

Docli  aucli  diese  Nachgiebigkeit  hätte  dem  Rate  nichts 
genutzt,  wären  nicht  Ereignisse  eingetreten,  uie  dem  Kaiser  es 
geraten  erscheinen  Uelsen,  das  letzte,  entscheidende  Wort  auf 
eine  gelegenere  Zeit  zu  versparen. 

Diese  sogenannte  »Teutschherrische  Sachec  war  nicht  der 
einzige  religiöse  Streitpunkt,  der  zu  Gunsten  der  Katholiken 
seine  Erledigung  fand. 

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—    75  — 


Eine  Meile  von  Nürnberg  entfernt,  lag  ehedem  das  Frauen- 
kloster  Pillenreuth.  Schon  1537  waren  dort  die  Nonnen  aus- 
gezogen, also  lange  vor  dem  Augsburger  Religionsfrieden.  Durch 

kaiserliche  Verfügung  vom  August  1628  aber  wurde  dieses  ehe- 
malige KU)Ster  dem  Rischof  von  Eichstätt  restituiert,  der  auch 
in  der  Nürnbergischen  Pfarrei  I5echthal,  zwei  Wegstunden  von 
Eichstätt  gelegen,  einen  katholischen  Priester  einsetzte,  für  des- 
sen Unterhaltung  Nürnberg  noch  obendrein  aufkommen  mu&te. 

lu  Lonerstadt  waltete  seit  1528  ein  evangelischer  Priester 
seines  Amtes.  Im  Oktober  1629  fielen  jedoch  auf  Befehl  der 
beiden  Bischöfe  von  Bamberg  und  Würzburg  etliche  Beamte 
mit  einer  gröfseren  Anzahl  bewaffneter  Männer  in  die  Kirche 
ein  und  schafften  den  evangeh'schen  Priester  hinweg.  Nörnbergs 
Unterthanen  wurden  iii  den  ijisiumern  Bamberg  und  W  ür/.burg, 
in  der  Oberpfalz  und  in  Tfalz-Ncuburg  durch  allerlei  Gewalt- 
mittel zur  kathulisc  1k  n  Religion  gezwungen. 

Die  Erbitterung  aber,  welche  diese  Gegenreformation  er- 
zeugte, wurde  noch  gesteigert  durch  die  Drohungen  von  katho- 
lischer Seite. 

Der  »Teutschherrischec  Kanzler  erklärte  zu  Regensbui^ 
ungescheut,  Nürnberg  müfste  auch  die  Kirchen  zu  St.  Sebald 
und  St.  Lorenzen  herausgeben,  und  Pasquillenschreiber  fanden, 
die  Stadt  müfste  entweder  die  Reichskleinodien  und  Reliquien, 
welche  sie  vor  Zeiten  von  Kaiseru  und  Tapsten  uberkuauucn 
hatte,  ausliefern  oder  kathohsch  werden. 

Der  am  Wiener  Hofe  alhnachtigc  Jesuit  i^amormain  gab  eine 
ausführliche  Instruktion,  wie  die  Gegenreformation  in  Nürnberg 
durclizufübren  sei,  und  der  Reichshofratspräsident  äuCserte  beim 
KoMegialtagein  Regensburg,  der  Kaiser  werde  im  Regiment  der  evan- 
gelischen Städte  eine  Änderung  vornehmen  und  allenthalben  die 
Hälfte  des  Rates  mit  Katholiken  besdKzen.  Diese  Drohung  aber  war 
sehr  ernst  aufzufassen;  denn  der  Kaiser  sah  die  Städte  nur  als 
Patrimonialgüter  an.  Was  den  Städten  Schlimmes  bevorstand, 
das  bewies  der  Frankfurter  Konipositionstag,  auf  welchem  die 
kaiserlichen  Kommissäre  si(  h  fiemuhlcn,  (h"e  höheren  evangeli- 
schen Stände  von  den  Städten  dadurch  zu  trennen,  dafs  sie  den 
letzteren  keine  »jura  territorialia«  zugestehen  wollten.  Darauf  aber 
war  das  tjus  religionisc  gegründet,  und  auf  diese  Weise  wäre 


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76  — 


Kricipdiaiig' 


es  um  alle  Kirchen  und  Klöster  in  den  Reichsstädten  geschehen 
gewesen. 

Was  jedoch  noch  das  Allerschlimmste  fQr  die  Protestanten 
war,  alle  Religionssachen  wurden  an  den  kaiserlichen  Hof  ge- 
wiesen, wo  es  keinen  evangelischen  Richter  gab  und  wo  der 
Bescheid  immer  zu  Ungunsten  der  Evangelischen  ausfiel.  Aber 
auch  in  Angele,u;enheiten,  die  mit  der  Religion  nichts  /.u  thun 
hatten,  wie  Prozefs-  und  Testamentssachen,  wurden  die  Katho- 
liken auffallend  bevorzugt.^) 

Dazu  wurden  die  Kriegslasten  immer  höher,  und  die  Ver- 
armung der  Bevölkerung  nahm  stetig  zu. 
Die  in  dm  Vom  Jahre  1620—1631  hatte  Nürnberg  trotz  aller  Ver- 

jöio— i6ji  sprechungen  und  aufgerichteten  Recesse  seitens  der  kaiserlichen 
erUttaneii  und  Hgistischen  Truppenführer  mehr  als  100  Durchzüge  teils 
ganzer  Armeen,  teils  unterschiedlicher  Regimenter  und  Kompag- 
nien auszuhalten.  Und  was  dies  bedeutet,  ist  für  jeden  klar, 
der  da  wcifs,  wie  verwildert  die  Soldateska  bereits  in  der  ersten 
Hälfte  des  30jährigen  Krieges  war.  Wohl  suchte  Nürnberg 
durch  Geldzahlungen  sich  von  der  schweren  Bedrängnis  loszu- 
kaufen, doch  mit  wenig  Erfolg.  So  hatte  es  1623  100000  fl. 
an  den  Herzog  von  Friedland  gezahlt,  ohne  damit  etwas  zu  er- 
reichen, denn  die  Durchzüge  und  Erpressungen  hörten  auch  in 
diesem  Jahre  niclit  auf.  In  welche  Unkosten  die  Stadt  Nürn- 
berg gestürzt  wurde,  davon  können  wir  uns  einen  unbefahren 
Begritf  maclien,  wenn  wir  bedenken,  dnf«;  ein  einziger  Durciuug 
des  Markgrafen  Hans  Georg  im  Jahre  162  7  80000  fl.  verschlang, 
die  neunmonatliche  Kontribution,  welche  Nürnberg  nach  langen 
in  Wien  gepflogenen  Verhandlungen  entrichten  mufste,  vom 
Juni  1629  bis  Ende  Februar  1630  180000  fl.  betrug  und*  die 
Gesamtausgabe  für  die  Schönburgischen  Reiter  in  Fürth  während 
51  Wochen  sich  auf  55716*fl.  bezifferte.'} 

Ein  Ende  dieser  Drangsale  aber  war  nicht  abzusehen,  sie 
wurden  luiL  jedem  Jaiire  grölscr. 


2.  K^l.  Kreisarchiv  in  Nürnberg.  Tom.  XVF.  fol.  277 — 342.  Be- 
schwerden der  Stadt  Nürnberg  (Konzept).  Tom.  IX.  fol  319  bis  322,  Schrei- 
ben des  Rates  an  die  Deputierten  nach  Frankfurt.  —  Städtisches  Archiv 
in  Nürnberg.    Akten  dt%  deauchen  Orden»  2**  (129^135). 

3.  K^l.  KreUarcbiv  in  Nürnberg.   Tom.  XVI.  277-342. 


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—    77  — 

Im  Jahre  1631  wurde  Nürnberg  trotz  des  mit  dem  Obersten  ^ 

rinBcrischo 

von  Schönburg  getroffenen  Recesses  von  Schönburgischen  und  Ein. 
Cordubachischcn  Regimentern  hart  betroffen.  Und  als  es  dem  q««rt>«Moj. 
Leipziger  5^rhlnsse,  in  welchem  die  evangelisclien  Stände  Deutsch- 
lands dem  ivaiser  die  Kontriljution  verweigerten  und,  um  den 
Durcluug  der  kaiserlichen  und  ligistischei^  Truppen  zu  verhindern, 
Kriegsvolk  warben,  nicht  in  der  vom  Kaiser  anbefohlenen  Weise 
entsagte,  da  erschien  am  8.  August  lö31  Obrist  Altringer  mit 
7  Comet  Reiter  und  5  Kompagnien  FuCs,  denen  am  folgen* 
den  Tage  noch  26  Kompagnien  zu  Fufs  samt  2  Stäben  und  7 
Kompagnien  Reiter  samt  2  Stäben  folgten,  welche  bei  Fürth 
lagerten.  Obrist  Altringer  verlangte,  dafs  man  das  geworbene 
Kriegsvolk  abdanke  unii  /u  des  Kaisers  Diensten  vermöge  oder 
doch  schuoren  lasse,  dafs  es  nicht  mehr  gegen  diesen  diene, 
dem  Leipziger  Beschlüsse  schriftlich  entsage  und  die  Kontribution 
abtrage,  die  man  kraft  des  mit  dem  Herzog  von  Friedland  ge- 
troffenen Akkords  noch  schuldig  sei.  Der  Rat  setzte  ntm  einen 
Recefs  auf,  der  jedoch  bei  Altrtnger  keine  Gnade  fand.  Dann 
suchte  er  durch  Unterhandlungen  doch  etwas  für  sich  zu  erreichen. 
Allein  alles  vergebens.  Er  mufste  schliefslich  völlig  nachgeben 
und  dem  kaiserlichen  Kommissär  eine  schriftliche  Entsagung 
uberreichen,  in  welclier  alle  von  AlUinger  gestellten  Bedingungen 
erfüllt  waren,  worauf  dann  dieser  am  30.  August  die  Nürnberger 
Gegend  verliels.  Nürnberg  aber  hatte  grofse  Summen  Geldes 
nutzlos  aufgewendet-,  das  Proviantamt  allein  schätzte  den  Proviant, 
welcher  für  das  Altringerische  Kriegsvolk  geliefert  worden  war, 
auf  circa  42969  fl. 

Nun  will  ich  mich  hier  Über  die  Beschlüsse  der  evan- 
gelischen Stände  auf  dem  Leipziger  Konvente  in  keinen 
kritischen  Erörterungen  ergehen.  Es  ist  mir  auch,  was  die 
religiösen  und  politischen  Beschwerden  Nürnbergs  betrifft,  nicht 
möglich,  klar  zu  legen,  auf  welcher  Seite  man  sich  mit 
mehr  oder  weniger  Grund  auf  das  Recht  berufen  konnte, 
ob  auf  der  Seite  Nürnbergs  oder  der  Katholiken.  Aber 
soviel  ist  gewifs,  dafs  durch  die  immer  drückender  werden- 
den  Kriegslasten ,  vor  allem  aber ,  dafs  durch  die  im 
Reiche  durchgeführte  Gegenreformation  die  Erbitterung  der 
Protestanten  immermefar  stieg,   ja  dafs  sich  allgemein  der 


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—    78  — 


Glaube  verbreitete,  die  Katholiken  würden,  wenn  sie  völlig  die 
Macht  in  die  Hände  bekämen,  die  Evangelischen  ausrotten. 
Wohl  mag  das  Schreiben,  welches  angeblich  am  8.  April  1628 

aus  Prag  an  einen  katholischen  (ieistlichcn  in  HiUlcshoim  ab- 
geschickt worden  und  in  evanejclisrhc  1  lande  geraten  war, 
erdichtet  sein^  es  mag  somit  auch  eriuudcn  st-in.  dafs  Kayserliche 
Majestät  im  bemelten  Jahr  dem  Rom.  Papst  in  dessen  Abgeord- 
neten ein  Eyd  gethan,  ehe  ihr  Hnupt  nicht  ruhen  zu  lassen,  bifs  sie 
alle  ketzerische  Land  und  Königreich  m  Catholischen  Religion  ge- 
bracht hettec;  es  mag  eine  Fabel  sein,  dafs  der  Kaiser  vor  33  Jahren 
gesagt  hatte:  »wenn  der  Türck  für  seiner  Schlaff  Kammer  wer,  so 
wolt  er  von  im  ablassen  und  die  Lutherischen  verfolgen!  —  es 
wurde  geglaubt ,  weil  die  Thatsachen  dem  2U  entsprechen 
schienen.*) 


L  Kapitel. 

Von  der  Schlacht  bei  Brcitenfeld  bis  zum 
Würzburger  Vertrag. 

Noch  immer  trugen  die  Kaiserlichen  stolz  ihr  Haupt.  Der 
Papisten  Sachen  gehen  allezeit  vorwärts,  die  Inländischen,  die 
uns  helfen  sollen,  fallen  zum  Kaiser,  die  Ausländischen  bleiben 
aus;  »vnser  sach  steht  auflfSawfedem«,  mag  gleich  nichts  mehr 

schreiben.  Adieu,  Üott  mit  uns  Nürnberg  —  also  wird  aus 
Nürnberg  na<:h  Leipzig  in  der  bekannten  Copia  geschrieben. 

jubct  dn  Da.  verbreitete  sich  in  ganz  Deutschland  die  Kunde  von 

rv  in^MiiMh.  n  ^^jg^  glänzenden  Siege  Gustav  Adolfs  und  des  mit  ihm  verbUn« 
Uber  den  sic^  detcn  Kurflirstcn  von  Sachsen  über  Tilly  bei  Breitenfeld.  Der 
GustavAdu»  Jubel   dcs   evangelischou  Deutschlands   war  unbeschreiblich. 

bei 

Breiteiifcid.  Immer  und  immer  wieder  erschienen  Flugschriften,  welche  den 
herrlichen  Sieg  priesen,  die  Liga  aber  und  Tilly  verhöhnten. 

Katholiken.  ^'^"^  Reihe  solcher  losen  Drucke  hndet  sich  im  Germanischen 
Museum  in  Nürnberg. 

4.  Kgl.  Kreisarchiv  i:  Nürnberg.  Berichte  an  den  Ratskonsttlenten 
Dr.  Fetzer  in  Wim.  Tnm.  Vlll  425—4271  428  n  420,  416—418,  445-449, 
441 — 443.  StadtrechnuDg  des  Jahres  1631.  —  K^l.  liof-  und  Slaal»hiblioiliek 
in  Mflnehen.  Arlanibaens,  Arm«  Suecica:  Colloquiutn  politicum  Aber  die  frag; 
»Waramb  soll  ich  nicbl  Schwedisch  sejro?«    i£urop.  8.  4. 


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—    79  — 


Um  von  den  vielen  nur  einige  anzuführen,  da  führt  eine 
Flugschrift  den  Titel:  »Sächsisch  Confect  Sampt  dem  darauff 
gefolgten  fränckischen  FrüstUckc,  eine  andere  ist  betitelt:  »Der 
jauchzende  Bothe,  So  den  6.  Septembris,  Anno  1631  früh  aus 

dem  Tyllischen  Läger  vor  Leipzig  nacher  Franckfurt  am  Mayn 

abgangeiu,  eine  dritte:  :^Tyllisch  Kloster  Gelübde. c 

Da  heifst  es  in  dem  Drucke:  »Sächsischer  Trompeter, 
Welcher  ist  aufsgesand  worden,  den  Ligistlschen  General  TylU 
nachzufragen;,  in  der  25.  Strophe: 

»Ihr  bösen  Geister  in  der  Hellen, 

Habt  jhr  bey  euch  nicht  solchen  Gesella, 

Der  Arme  vnschuldige  Leut 

Gemachet  hat  zu  seiner  Beut, 

Sie  grawsambst  peinigt  vn  geschändt» 

Beraubt,  geplündert  vnd  abgebrändt^c 

Die  Antwort  auf  diese  Frage  lautet: 
»Ein  solcher  Vogel  ist  allhier, 
Der  mufs  büssen  im  ewigen  Fewr, 
Sein  Mord,  sein  Brand,  sein  Tyranney, 
An  Christi  Gliedern  verübt  ohne  schew. 
Erwartet  seiner  Gesellen  bahr, 
Götz»  Pappenheim,  vnd  Lefsina  schar.  € 

In  der  i  Wohlbestalten  Pritzsch  Schulec,  die  allerdings 
etwas  später  entstanden  sein  mag,  aber  ergeht  die  Aufforderung 
zum  Kampfe  gegen  Tilly  in  folgender  kräftigen  Weise: 

»Frisch  drauf,  frisch  drauf,  pritzsch  jmmer  zu, 

Sonst  kommet  Deutsc  hland  nicht  zur  Ruh, 

Pritzsch  jmmr  prit/sch,  vnd  verdien  an  denen, 

Die  Deutschland  auf  die  neige  bracht, 

Ein  ewiges  Lob  durch  deine  Macht, 

Die  Pritzsche  bringt  den  Feind  zuschanden.« 

Dagegen  war  die  Bestürzung  der  Katholiken  eine 
unL;oheuere.  Man  fürchtete,  Gustav  Adolf  wolle  seine  Hand 
nach  der  deutschen  Kaiserkrone  ausstrerken;  hiefs  es  doch  all- 
gemein, er  habe  vor  der  Schlacht  bei  Breitenfeld  Münzen  aus- 
geworfen mit  den  deutschen  Versen: 


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—    80  — 


»Zween  Kurfürsten  will  ich  wehren, 
Römischer  Kaiser  will  ich  weren, 
Bayern  mufs  mir  sterben, 
Den  römisc:hen  Kaiser  will  ich  verderben,  c^) 

NurobcfK»  Grofs  war  die  Freude  der  Nümbe^er  Bevölkerung  ttber 

Freude  Biier  ^jgg  Königs  Sieg.    Das  Bild  Gustav  Adolfs  wurde  zum  Zeichen 

den  Siojf 

CiustavAdüife.  der  Verehrung  von  vielen  Protestanten  am  Halse  getragen,  und 
der  Rat  liefs  es  unter  die  »Herren  Altern*  verteilen.*) 

Offen  trat  jedoch  der  Rat  mit  seinen  Sjrmpathien  fili  den 
Haltung    Schwedenkönig  nicht  hervor,  er  vermied  es  auch  nach  der 

des  KaU's. 

Schlacht  bei  Breitenfeld  ängstlich,  beim  Kaiser  irgendwie  Anstofs 
zu  erregen  und  in  den  Verdacht  zu  gelangen,  als  ob  er  für 
Schweden  Partei  ergreifen  würde.    So  gab  er  den  Abgeordneten 

zum  Frankfurter  Kümi>ositionstag,  die  vermeinten,  es  sei  nur 
einer  von  ihnen  in  Frankfurt  nötig,  am  26.  September  die  Ant- 
wort, sie  möchten  sich  norh  etwas  gedulden,  xlamit  von  den  kaysl. 
herren  commissarien  ewer  \  nzeitig  abraisen  nit  mifsdeutet,  vnnd 
wir  in  vngleichen  verdacht  gezogen  werden. <  Er  erteilte  dem 
Spiefsmacher  Krtttzer  die  Erlaubnis,  300  Piken  für  den  Obristen 
Pappenheim  nach  Frankfurt  zu  schicken.  Und  am  9.  Oktober  noch 
erging  das  Verbot,  eine  über  den  Sieg  des  Königs  von  Schweden 
in  Sachsen  gedruckte  Zeitung  in  Nürnberg  nachzudrucken.^ 

Doch  Nürnberg  konnte  in  dieser  abwartenden  Stellung  nicht 
verbleiben.  Es  wurde  gar  bald  vor  die  Entscheidung  gestellt, 
ob  es  zum  Kaiser  und  zur  Liga  oder  im  Verein  mit  den  ül)rigen 
evangelischen  Ständen  des  Reiches  zu  Gustav  Adolf  halten  wolle. 

pj,  Dass  die  Entscheidung  nicht  gegen  den  Schwedenkönig 

M.i«<>ni^fae  ausfallen  konnte,  ist  klar.  War  ja  von  katholischer  Seite  so  vieles 
JZ^,  ge«d.ebeD,  w»  «  den  pH>te8t«rti«:hea  GemUten.  Erbittenmg 
und  Hafs  hervorgerufen  hatte.    Und  eben  jetzt  wiederum,  da 

der  Rat  in  die  ersten  Verhandlungen  mit  Gustav  Adolf  einge- 

5.  GermanUches  Maseum  in  Nürnberg.  TTistorische  Blätter  516,  484, 
495)  490  5^^'  —  Siehe  auch  Julius  Üpei  und  Adolf  Cohn,  hi$turts»che 
Gedichte  und  PrOMdantdlungen.  G.  Droysen,  Gnstkr  Adolf,  II.  Band,  pag. 
408 — 411.  K4'  AllgcmcincM  Reichsarchiv  in  München.  Fase.  XXX. 
Fol.  71.  Bericht  des  KurbajrerUchen  Hofratea  Dr.  Johann  $l{ickhlin  an 
Maximilian  I. 

6.  Soden,  Gnetav  Adolf  nnd  sein  Heer  in  SttddeatschUnd»  l.Baad,p«g.  3. 

7.  Nürnberger  Kreis archtv.  Brief bttch  des  Jahre»  1631*  peg.  354» 
Ratserlisie  vom  4.  und  9.  Oktober. 


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—    81  — 

treten  war,  erschien  ein  kaiserlicher  »Pressreuter«  vor  Nürnberg, 
um  die  nach  der  Meinung  des  kaiserlichen  General kommissärs 
Wolf  Rudolf  von  Ossa  noch  nickständige  Kontribution  von 

30  000  fl.  herauszupressen.  Über  die  Bezahlung  dieser  Kontri- 
bution waren  lange  V'erhandluni^eii  mit  den  kaiserlichen  Kommis- 
sären gepflogen  worden,  doch  ohne  irgend  welchen  Erfolg. 
VVolt  Rudolf  von  Ossa  gab  von  seiner  Forderung  nichts  nach, 
obwohl  der  Rat  augen«?rheinlirh  im  Rechte  war.  Dieser  hatte 
nämlich  am  24.  Mai/3.  Juni  1630  mit  Wallenstein  einen  Akkord  ge* 
schlössen,  dafs  Nttmberg  gegen  Zahlung  einer  monatlichen 
Kontribution  von  20000  fl*  vom  letzten  Juni  1030  bis  1.  Juni 
1631  (a.  K.)  von  allen  Einquartierungen,  Muster-  und  Sammel- 
plätzen befreit  sein  solle,  aufser  es  erfordere  dies  unumgänglich 
der  kaiserliche  Kriegsdienst,  in  welchem  Falle  die  Kommissäre 
und  Obersten  einen  kaiscriichen  Spezialtjefehl  vorzeigen  nml'sten. 
Üssn  nher  bestand  darauf,  Nürnberg  müfste  die  monatHche 
Kontribution  v  on  20000  tl.  bis  zum  16,/26.  Juli  1631  bezahlen,  also 
noch  30000  fl.  bis  zum  16. /26.  Juli  entrichten,  von  welcliem  Tage 
an  dem  Kaiser  auf  dem  fränkischen  Kreistage  neue  Mittel  be- 
willigt worden  waren. 

Eben  war  Dr.  Heher  von  seiner  Reise  zu  Ossa  zurück- 
gekehrt, da  nahm  in  der  Nacht  vom  4.  auf  den  5.  Oktober 
Alessandro  Massont,  der  sich  einen  Quartiermeister  im  fränkischen 
Kreis  nannte,  mit  j  Cornet  Reiter  und  300  ^^anu  zu  Fuls  in 
den  Ortschaften  bei  Nürnberg  Quartier  und  forderte  am  Morgen 
des  5.  Oktobers  den  Rat  brieflich  auf,  die  schuldigen  31000fl. 
zu  begleichen.  Der  Rat  war  aber  keineswegs  gewillt,  diesem 
Ansinnen  nachzukommen;  er  stellte  vielmehr  durch  seine  Abge- 
sandten, den  Ratskonsulenten  Dr.  Heher  und  das  Ratsmitglied 
Albrecht  Haller,  an  Massoni  noch  am  gleichen  Tage  das  Ver- 
langen, er  möge  alsobald  abziehen,  da  man  bereits  an  den 
Kaiser  abgeordnet  habe,  der  Nürnberg  in  seinem  Rechte  sicher- 
lich schützen  würde.  Doch  Massoni  berief  sich  auf  Ossas  Befehl 
und  drohte  überdies,  die  Pässe  und  Zufuhren  zur  Stadt  zu 
sperren  und  die  Handelswaren  aufzuhalten,  falls  man  sich  weigere 
zu  zahlen,  was  man  schuldig  sei. 

Der  Rat  mufste  nun  wohl  oder  übel  nachgeben.  Die 
Verhandlungen  mit  Ossa  und  Massoni  führten  aller  Voraussicht  nach 

6 


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82  — 


nicht  zu  dem  gewünschten  Ziele,  sie  verlängerten  nur  die  Einquar- 
tierung und  stützten  die  Stadt  in  neue,  immer  wachsende  Unkosten; 
ein  günstiger  Entscheid  des  Wiener  Hofes  stand  aber  sehr  in  Frage, 
und  auch  im  besten  Falle  verging  darüber  geraume  Zeit*  So 
beschlofs  er  denn,  eine  gewisse  Geldsumme  bar  zu  erlegen  und 
des  Restes  halber  auf  geraume  Fristen  zu  handeln,  jedoch  mit  dem 
ausdrücklichen  Vorbehalte,  dafs  die  erlegte  Summe  an  den  dem 
Kaiser  im  ]nVi  bewilli!j;ten  72  Monaten  abgezogen  werden  solle. 
Während  so  der  Rat  auf  der  einen  Seite  mit  Massoni  zu  einem  be- 
friedigenden Abkommen  zu  gelangen  suchte,  that  er  anderseits  sein 
Möglichstes,  um  einen  günstigen  kaiserlichen  Bescheid  zu  erwirken. 

Schon  am  4.  Oktober,  gleich  als  der  Ratskonsulent 
Dr.  Heher  Bericht  erstattet  hatte,  erging  an  Nürnbergs  Vertreter 
in  Wien,  den  Ratskonsulenten  Dr.  Fetzer,  der  Auftrag,  er  möge 
mit  Hilfe  des  kaiserlichen  Kommissärs  Hans  Anton  Popp  einen 
kaiserlichen  Befehl  wider  Ossa  und  den  Oberkommissär  Johann 
Adolf  von  Wolfstirn,  sowie  ein  kaiserliches  Protektorium  wider 
derartige  Pressuren  zu  erlangen  sik  hen,  welcher  Auftrag  schon 
am  nächsten  Tage  wiederholt  wurde. 

Massoni  aber  kam  zum  Schrecken  des  Rates  mit  einer 
neuen  Forderung;  er  begehrte  nämlich,  dafs  Nürnberg  die 
Kontribution  von  32  000  Thalern,  die  es  zur  Unterhaltung  der 
Schönburgischen  Kompagnie  hatte  hergeben  müssen,  an  ihn  ent- 
richte. Darüber  war  aber  der  Rat  mit  Grund  sehr  aufgebracht 
und  erstattete  unverweitt  an  Dr.  Fetzer  Bericht.  Zugleich  bat 
er  auch  den  Kaiser  um  »specialordinanz« ,  dafs  das  Kriegsvolk 
weggeführt  und  Nürnberg  künftighin  mit  weiteren  Einquartierungen 
niclit  beschwert  werden  solle. 

Auch  den  Vermittlungsvorsrlihig  des  Rates  nahm  Massoni 
nicht  sofort  an,  sondern  erklärte,  er  müsse  sich  erst  Bescheid 
von  Wolfstirn  erholen.  Dieser  Bescheid  liefs  auch  nicht  zu 
lange  auf  sich  warten  und  war  nach  dem  Sinne  des  Rates;  denn 
es  war  der  Vorschlag  desselben  gut  geheifsen. 

Gezahlt  aber  hat  Nürnberg  nichts.    Massoni  zog  nämlich 

Anmerkuug.  Nürnberg  hatte  an  den  Obersten  AUringer  25000  fl. 
bezahlt  und  sich  verpllichtct,  dem  Heriog  von  Sachsen  Lauenburg  24000  fl. 
zu  entrichten  Summa  49000  fl.  Für  den  halben  März,  fUr  April  und  Mal 
betrug  die  rückständige  Kontribution  50000  Demnach  hatte  es  noch 
1000  i\.  2U  begleichen,  nach  ü^sas  Meinung  aber  31000  ll. 


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—    83  — 


schon  in  der  Nacht  vom  14.  auf  den  15.  Oktober  nach  Farrn« 
bach,  wohin  die  Reiter  am  vorhergehenden  Tage  aufgebrochen 
waren.  Er  fürchtete  wohl,  es  könnte  in  Erfüllung  gehen,  was 
der  Hauptmann  zu  Neustadt  an  der  Aisch,  Balthasar  Jakob  von 
Srhlammersdorf,  auf  Befehl  seines  Herrn,  des  Markgrafen  Christian 
von  Bayreuth,  ihm  anzeigte:  »Er  solle  deslogiren  oder  erwartten, 
dafs  einer  komme,  der  Ime  füfs  mache.« 

Diese  Massonische  Einquartierung  hatte  für  Nürnberg  nicht 
unbedeutende  Kosten  zur  Folge.  Die  Stadt  hatte  mehrere  Tage 
für  den  Unterhalt  der  Truppen  sorgen  müssen;  aufserdem  waren 
16  Pferde  samt  den  Proviantwägen,  die  Massoni  bei  seinem 
Abzüge  mitgenommen,  für  immer  verloren,  zu  geschweigen  des 
Schadens,  den  die  Soldateska  verursacht  hatte.  Und  dies  alles 
geschah  zu  einer  Zeit,  da  Nürnberg  in  wichtigen  Verhandlungen 
mit  Schweden  stand;  also  sehr  zur  Uii/eit.  Dies  mochte  auch 
der  Kaiser  einsehen.  Denn  am  18.  Oktober  erliels  er  an  den 
General  Ossa  den  Befehl,  er  mö<;e  der  Stadt  Nürnberg  keine 
weiteren  Bedrängnisse  mehr  zufügen.  Irgend  weichen  Einfluis 
hatte  das  Schreiben  j 't/t  freilich  nicht  mehr,*  denn  die  WOrfel 
waren  bereits  gefallen.^) 

Bald  nach  dem  glänzenden  Siege  bei  Breitenfeld  überstieg 
der  Schwedenkönig  Gustav  Adolf,  angelockt  von  dem  Reichtum 
der  Bistümer  am  Rhein  und  Main,  den  Thtlringer  Wald  und  forderte  v«n 
die  evangelischen  Stände  Frankens  auf,  'sich  ihm  anzuschliefsen. 

Schon  am  6.  Oktol)er,  einen  Tag  nach  der  Ankunft  Mas- 
sonis,  traf  der  erste  sthwedische  Abgesandte  ein,  Rittmeister 
Marx  von  Rehlingen,  und  machte  dem  Rate  folgende  Eröffnung: 
Gustav  Adolf  hofife,  Nürnberg  werde  »ehestes  mit  Ihr  Maytt  sich 
conjungiren,  vndt  dem  geroeinen  euangelischen  wesen  zu  guth 
also  einstellen,  dafs  ein  guth  exempel  daran  zu  nehmen  haben.« 
Dem  König  sei  es  nicht  möglich,  diesen  Krieg  allein  zu  führen, 
während  der  Feind  mit  Leichtigkeit  eine  neue  Armee  auf- 

')   Kgl.  Kreisarchiv  in  Nflraher^.   Ton.  XII,  154  01,  Achats  H«hen 

Rcl  itlrn  über  .seine  Verrichtuni^  1>ei  Os.s;i  in  Saarburg.  Tom.  XII,  524  526, 
Bericht  an  Dr.  Ketzer  in  Wien.  Tom.  VTII,  557  u.  558,  Bericht  an  Dr. 
Fetzer  in  Wien.  Tom.  VlU,  546,  Dr.  Felzers  Bericht.  Tom.  VIII,  522—524, 
525,  530  u.  531,  mehrere  Schreiben  an  Dr.  Felzer  in  Wien.  Briefbnch 
400  fi" ,  Schreiben  des  Rates  an  Kaiser  I  rrdinand  II.  Tom.  VIII,  561, 
Kaiserlicher  Befehl  an  Ossa.  —  Katserlasite  vom  5.,  6.,  7.,  9.,  lo.  u.  14. 
Oktober.  —  Soden,  Krieg»-  nnd  Sittengeschichte,  IU.T«il.  pag.  106  a.  107. 
Soden,  Gnstav  Adolf  nnd  sein  Heer  in  Sttddeutschland,  I.  Band,  pag.  16— 18. 

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Der 
schwctliM  he 
RittineisUT 


—    84  — 


bringen  könne.  Derselbe  werde  einen  Unterschied  machen  zwischen 
denen,  welche  unverzüglich  ihm  unter  die  Arme  greifen,  und 
denen,  welche  i durch  temporisieren  vndt  neutralisieren  die  so 
theure  Zeit  verliehren.«  Die  einen  werde  er  lals  freindt  vnd 
alliirtec,  die  Neutralisten  aber  »ftlr  abtrünnige  vndt  ärger  alfs 
den  feindt  sclbsteu  halten  vnd  tractiercti. « 

Der  Rat  war  nun  in  j^rofser  Verlegenheit.  Wohl  wünschte 
er  den  schwedischen  Waffen  den  Sieg-,  allein  die  Klugheit  gebot 
ihm,  sich  Gustav  Adolf  nicht  vorschnell  in  die  Arme  zu  werfen. 
Kaiserliche  und  ligistische  Truppen  waren  ja  nicht  weit  von 
Nürnberg  entfernt,  eine  Belagerung  hätte  die  Stadt,  auf  eigene 
Kraft  angewiesen,  wohl  schwerlich  ausgehalten;  dazu  kam,  dafs 
die  Stadt  erst  vor  kurzem  dem  Kaiser  in  einem  Reverse  unver- 
brüchliche Treue  gelobt  hatte.  Anderseits  aber  konnte  man 
Gustav  Adolf  nicht  aus  der  Hand  gehen.  Denn  man  war  Über- 
zeugt, dafs  er  seine  Drohungen  auch  ausführen  wurde;  dazu 
konnte  und  wollte  es  der  Rat  jedocli  unter  keinen  Umstanden 
kommen  lassen,  schon  deshalb,  weil  der  gemeine  Mann  durchaus 
schwedisch  gesinnt  war.  Wie  aber  war  das  richtige  Mittel  zu 
finden,  um  der  Gefahr  auf  der  einen,  wie  auf  der  anderen  Seite 
zu  entfliehen?  Vorerst  konnte  man  sich  ja  noch  helfen,  indem 
man  einer  bindenden  Erklärung  auswich  und  Marx  von  Rehlingen 
generaliter  und  wegen  der  grofsen  Gefahr  einer  schriftlichen 
Erklärung  mündlich  abfertigte.  Die  Antwort,  welche  er  erhielt, 
lautete  in  der  Hauptsache:  Man  habe  den  Sieg  des  Königs  mit 
Freuden  vernommen  und  Ititte  (intt,  er  mösre  demselben  auch 
t'ernerhin  Cdürk  vcrieiln-n.  Erst  unlängst  habe  Nürnberg  sich 
gegen  Sachsen  erklärt,  dafs  es  alles  timn  werde,  was  dem  evan- 
gelischen Wesen  förderlich  und  vor  Gott  und  der  Nachwelt 
verantwortlich  sei.  £s  würde  aber  noch  mehr  thun,  und  wenn 
andere  höhere  Stände  >mit  mehreren  specialiteten  sich  heraus 
lassen  solten,  wolte  ein  löblicher  magistrat  alhie  auch  nicht  die 
letzten  seyn,  vnd  zu  allem,  was  mügltch  vnd  verantwortlich,  sich 
erbotten  habenc.  Mit  mehrerem  jedoch  inoch  zur  zeit«  sich 
liLTaus/ulassi-n.  sei  Ijc:  der  dcfalir,  wclvhc  iiuui  \uni  Kaiser  und 
von  den  betKii  hliarten  katholisclicn  Ständen  zu  befürchten  habe, 
Majestät  mehr  iiindeilicli  als  zum  Nutzen.  Man  erbiete  sieh 
Übrigens,   »eine  vertraute  person  in  gelieim«  2um  König  abzu- 


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—   85  — 


ordnen  und  ihn  noch  mehr  zu  versichern ,  dafs  man  beim  evan- 
gelischen Wesen  verbleiben  wolle.*) 

Marx  von  Rehlingen,  der  wohl  nur  die  Aufgabe  hatte,  den  Verhand- 
lungen mit 

Rat  auf  die  schwedischen  Forderungen  vorzubereiten,  gab  sich  ,«,it.n 
damit  zufrieden  und  reiste  nach  Ulra  weiter.    Doch  kaum  hatte  schwcdiM->uM> 
er  die  Mauern  Nürnbergs  verlassen,  traf  ein  zweiter  schwedischer  Hotrat 
Abgesandter  ein,  Hofrat  Dr.Martin  Chemnitz,  der  die  » Werbungenc 

Cbcntttitt. 

des  ersten  mit  mehr  Nachdruck  wiederholte,  indem  er  auf  »kate- 
gorischec  Antwort  drang  und  drohte,  dafs  alsobald  schwedische 
Truppen  vor  die  Stadt  ittcken  würden,  falls  man  sich  nicht  sofort 

entschliefse,  dem  König  eine  diesem  genehme  Antwort  zu  er- 
teilen. Allein  zu  einer  entscheidenden  Antwort  liefs  sich  der 
Rat  auch  jetzt  noch  nicht  herbei,  vielmehr  verlangte  er  von 
Chemnitz  darüber  Auskunft,  wie  Nürnberg  im  Notfalle  gegen 
Bayern  geschützt  sei  und  sich  dem  Kaiser  gegenüber  entschul- 
digen  soUe,  und  gab  diesem  zu  verstehen,  dafs  es  diese  Ent- 
schuldigung um  so  leichter  zu  finden  hoffe,  wenn  Gustav  Adolf 
katholische  Stände  zuerst  zwinge,  auf  seine  Forderungen  einzu- 
gehen und  ^egen  Nürnberg  mit  »etwas  Gewaltc  vorgehe.  Im 
übrigen  verwies  man  denselben  auf  die  Konferenz  mit  Bayreuth 
und  den  Heüsbronner  Tag  und  vermachte  ihm,  um  ihn  etwas 
milder  zustimmen,  ein  ansehnliches  Geschenk.  Und  der  Hofrat 
Dr.  Martin  Chemnitz  bes<  hlols  denn  auch,  emstweilen  /u  warten, 
bis  in  Heilsbronn  die  Vertreter  Nürnbergs,  Bayreuths  und  Ans- 
bachs Stellung  zu  Schweden  genommen  hätten,  und  da  er  wohl 
merkte,  dafs  der  Rat  »etwas  Gewalt«  abwarten  wolle,  erklärte 
er:  »er  vermerckt  meiner  herren  behutsahmkeit,  wolle  mit  einem 
aignen  curier  den  Sachen  recht  zu  thun  wifsen,  nicht  zweifelndt, 
der  König  würde  ein  schreiben  an  ihn  herm  gesandten,  vnserer 
herm  halben,  abgehen  lafsen.t*®) 

Tn/.w  is(  hen  hatte  Hans  Jakob  Tetzel.  Mitglied  des  geheimen  llans  jakob 
Rates,  seine  Reise  nach  Bayreuth  angetreten.    Noch  am  Tage    ^^^^^^^^  ^^^.^ 
der  Abreise,  den  II.  Oktober,  kam  er  dort  an  und  suchte  als-  denibrami.n- 
bald  den  markgräflicheu  Rat  Dobenecker  in  dessen  Schreibstube 

"       ~  Dobenecker. 


*)  Kgl.  AIIp;emeines  Reichsarcbiv  in  Mttnch«i.   Schwedische  Kriegc- 
akteo,  Fase.  XXXVI.  318. 

Mttnchener  Allgemeioes  Relchsarchiv.   Schwediiche  Kriegtaktco, 
Faic  XXXVI  318.  —  Nflrnberger  Kreisarcbiv.   Ratserlafs  am  la  Oktober. 


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86  — 


auf.  Von  diesem  erfuhr  er  denn,  dafs  3  schwedische  Abgesandte, 
von  denen  zwei  bekanntlich  in  Nörnberg  bereits  eingetroffen 

seien,  der  dritte  aber  auf  dem  Wege  sich  durtlün  befinde,  seinen 
Heren,  den  Markgrafen  Christian,  zur  Krklärung  aufgefordert 
hätten,  ob  er  des  Königs  Freund  oder  Feind  wäre.  Custav 
Adolf  läge  sehr  viel  an  den  evangelischen  Ständen  des  Kreises. 
Denn  da  Tilly  bei  Frankfurt  ein  Heer  sammeln  wollte,  würde 
er,  falls  die  Evangelischen  im  Kreise  sich  selbst  schützten,  auf 
den  Feind  losgehen;  widrigenfalls  aber  müfste  er  den  Marsch 
nach  dem  evangelischen  Franken  richten.  Er  erhielt  ferner  im 
höchsten  Vertrauen  die  Mitteilung,  dafs  der  Markgraf,  wenn  er 
sich  auch  wohl  bewufst  sei,  welche  Gefahren  eine  bejahende 
Antwort  in  sich  berge,  doch  den  Kntsrhhirs  gefafst  habe,  sich 
zur  Zufnedenheit  Sr.  Majestät  zu  erklären,  da  es  eine  heilige 
Sache  gelte  und  der  König  erklärt  habe,  er  werde  sich  dem 
Willen  der  Stände  fügen,  wenn  sie  nur  annehmbare  Mittel 
erdenken. 

Schliefslich  schlug  der  Rat  Dobenecker  im  Namen  des 

Mui  kgrafen  vor,  dafs  Vertreter  cler  Mai  kgrafcnschalien  Bayreuth 
und  Ansbach  und  der  freien  Reichsstadt  Nürnberg  si(  h  zu  einer 
Beratung  zusammenfinden  sollten  und  zwar  am  besten  in  Ansbach, 
wohin  ja  die  NUrnbergischeu  Abgesandten  von  Lichtenau  aus 
leicht  gelangen  könnten.*^) 

Abradnubl-  Nach  dieser  Besprechung  nahm  Hans  Jakob  Tetzel  in 

Dobeneckers  Wohnung  die  Abendniahl/.eit  ein,  zu  der  sich  auch 
der  schwedische  Abgesandte  Bernolph  von  Crailsheim  einfand, 
der  unter  anderen;  folgendes  aufserte;  In  wenig  Tagen  werde  ein 
Warnuugs-  resp.  Absageschreiben  erfolgen,  und  wenn  dies  nichts 
fruchte,  Majestät  die  evangelischen  mit  Krieg  überziehen. 
Wünsche  man,  dafs  der  König  Krtegsvolk  in  den  Kreis  schicke, 
könne  dies  in  3  Tagen  geschehen,  aber  zum  Schaden  des 
Kreises  und  der  Evangelischen.  9Wolte  man,  dafs  Ihre  Mt  die 
stände  durch  schreiben  betrohen  vnd  absa;^cn  solte,  würden  Sie 


iE^UtnDnben- 
ecken  Haus. 


")  Nürnhcrtjer  Kreisarchiv.  Tom.  XII.  177  187.  Relation  Wafs  Ich 
Innen  vnlerscUricbencr  bey  Ilru.  Caspar  Dobenecker  tri.  i>ran(lenl>urgischen 
gehaimen  Seeretario  tu  Ba)rreuth  verrichtet.  Den  1  ./i  1 .  October  1631 .  Erlafs 
der  Herr«»  CUern  am  10.  Oktober  —  Gustav  Adolf ...  I.  Band,  pag.  23^28. 


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-    87  — 


es  auch,  vnd  in  summa  alles  thun,  was  den  ständen  reputirlich, 
vnd  am  gefelltgsten  sei.c  Dem  König  sei  wohl  bekannt,  dafs 
der  gemeine  Mann  allerorten  im  evangelischen  Franken,  so 

besonders  auch  in  Nürnberg,  schwedisch  gesinnt  sei,  dals  aber 
im  Rate  der  treien  Reichsstadt  Nürnberg  lose  Leute  d.  h.  Ver- 
räter seien. 

Am  nächsten  läge  reisten  Tetzel  und  Crailsheim  nach 
Nürnberg.  Crailsheim  blieb  daselbst,  um  mit  dem  Rate  wegen 
eines  Vorlehens  zu  verhandeln,  Tetzel  aber  begab  sich  mit  dem 
Ratskonsulenten  Dr.  Heinrich  Hfllfs  nicht  nach  Ansbach,  wie 
anfangs  geplant  war,  sondern  nach  Heilsbronn,  zur  Konferenz, 
die  am  15.  Oktober  stattfand  und  zu  der  sich  fttr  Ansbach  Graf 
Friedrich  von  Solms,  fttr  Bayreuth  Geheimer  Rat  Moritz  Kanne 
einfand. 

Hier  wurden  die  Gründe  für  und  gegen  das  Bündnis 
ganz  eingehend  erwogen. 

Wie  leicht,  so  sagte  man  sich,  kann  der  König  bei  seiner  ^^'^ 

H«Ib]ironner 

»gewöhnHchen  Keckheit«  ums  Leben  kommen,  wie  leicht  Frank-  KonfereD«. 
reich  sich  zu  Gunsten  Bayerns  und  der  Katholiken  einmischen, 
und  welches  Unheü  steht  den  Evangelischen  bei  einem  Stege 
der  Katholiken  bevor!  Die  Neutralität  aber  böte  die  gröfsten 
Vorteile.  Nürnberg  wttrde  an  Kredit  »vnd  indeme  fast  königliche 
deposfta  anvertrauet  würden,  wie  auch  der  italienischen  vnd 
anderer  (  uiniiiereien  halben,  sciir  zuneiiHien,  hiegegen  aber  über 
alle  mafsen  abnehmen.« 

Anderseits  aber  hiefs  es  j  Gott  versuchen  %  wenn  man  diese 
Gelegenheit  aufser  acht  liefs.  Gustav  Adolf,  des  war  man  sicher, 
wUrde  ehestens  die  Befehdung  verkttnden  >vnd  in  verbleibung 
gratification  auch  sonst  einen  ernst  demonstrirn«.  Ein  Wider- 
stand  gegen  ihn  war  aber  ausgeschlossen,  da  ja  die  Stände  auf 
kaiserlichen  Befehl  hatten  entwaffhen  mUssen  und  durch  die 
kaiserlichen  Kouimissare  /u  Grunde  gerichtet  worden  waren«, 
ganz  abgesehen  davon,  dals  der  schwedi.sclien  Macht  nichts 
widerstehen  konnte.  Und  schlieisHch  war  man  sich  einig,  dafs 
ja  jedermann  befugt  sei,  ipro  redimenda  vexa  sanguinem  quivis- 
modo  zu  redimim.f 

"I   Nürnberger  Kreisarehtv.   Tom.  Xll.  177—187. 


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—    88  — 

Man  beschloCs  daher,  dem  König  nicht  gans  aus  der  Hand 
7.U  gehen  und  ihm  »72  oder  92  monat  aequipoHentefp  ohne  be- 
namsung der  monat  pro  redimenda  vexa  absque  legibus  confoe- 
derationis  zu  bewiüigen.c    Diese  Geldhilfe  hoffte  man  beim 

Kaiser  damit  verantworten  zu  können,  dafs  man  sie  als  Brand- 
schatzung hinzustellen  gedachte,  zu  welcher  man  sirli  schon  des- 
halb habe  verstehen  müssen,  weil  sonst  ein  allgemeiner  Aufruhr 
zu  befürchten  stand. 

Verband-  Tctzel  und  Dr.  Hülfs  waren  aber  von  Heilsbronn  noch 

lunj^n  des 

Kitttneiate»  nicht  zurückgckebrt,  so  hatte  sich  der  Rat  mit  Gustav  Adolf  im 
V.  CraiUicim  geheimen  bereits  tiefer  eingelassen.    Der  Rittmeister  von  Crails- 

mit  XurnlxTH  .      ,  ,  .  a 

wc^u eines  heim   vv;ir  mit   Tetzel   nacli  Nurntu  rg  gereift,    nicit   um  wegen 

Voricheiw fär  eines  lUuulnisses  /wischen  Nurnber^j  und  dem  Koniix  ver- 
GtistavAdoll. 

handeln,  sondern  um  den  Rat  zu  vermögen,  dals  er  •] 't^i  Konig 
mit  einem  Vorlehen  von  200000  Thalcrn  beispringe.  Mit  dieser 
Forderung  aber  kam  Crailsheim  dem  Rate,  der  sich  in  Geld- 
angelegenheiten überhaupt  sträubte,  so  lange  und  so  gut  es  ging, 
natürlich  sehr  ungelegen.  Doch  es  half  nichts.  Crailsheim  blieb 
fest,  er  weigerte  sich  sogar,  bis  nach  dem  Heilsbronner  Tag  zu 
warten,  da  ja  sein  Anbringen  ein  »particularwerck«  sei.  Der 
Rat  erreichte  nur  soviel,  dafs  statt  der  verlangten  200  000  Thaler 
die  Summe  100  000  fl.  auf  seinen  Kredit  bei  der  Burgerschaft 
aufgebracht  und  statt  des  fehlciKU  n  Betrages  eine  Menge  Tuch, 
Leder  und  100  Ctr.  Pulver  geliefert  werden  mufsten. 

Verhandelt  wurde  die  Sache  nur  im  Rate  der  Herren 
Eltern  und  sollte  ganz  geheim  gehalten  werden.  Vertrauens- 
personen erhielten  den  Auftrag,  »in  höchster  gehcimbc  auf 
Kredit  des  Rates  sich  bei  der  Bürgerschaft  um  Geld  zu  bewerben; 
vertraute  Mittelspersonen  mufsten  wegen  des  Tuchs  oder  Leders 
Erkundigung  einziehen  »in  höchster  geheimb,  vnd  vnvermerckter 
dinge«,  wie  damit  aufzukommen  sei;  w<  l;  n  des  Pulvers  wollte 
man  uoi^en  den  Zeugmeister  iiml  jedermann  sich  also  ver- 
nelutien  lassen,   dafs   dasselbe   für  den  Kreisobersten  gehöre. 


Nflnberger  Kreisarchiy.  Tom.  XII.  204 — ato.   Relation  der  den 

5./ 15.  Octobr:  163t  zu  Ileihbrunn  mit  Herrn  Grafen  von  Solms  und  beim 
Morits  Kannen  gehaltenen  Cooferentz.   Dasa  die  Nebea<Kelation. 


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— .    89  — 


Trotz  dieser  Vorsichtsmarsregeln  jedoch  blieb  die  Sache  nicht 
geheim;  denn  der  Kaiser  erfuhr  alsbald  hievon.^*) 

Gustav  Adolf  war  unterdessen   immer  weiter  in  Franken  f^^usta^AdoUf 
vorgedrungen,    er   hatte  Königshufen   genommen,    Schwemturt  Vordrinjjm 
gezwungen,     eine    schwedische    Besatzung    nufznn'>bmen ,     am   »n  FranU-n 
15.  Oktober  Würzburg  erobert  und  3  Tage  später  das  Schlofs  Aufnahm© 
Marienburg  erstürmt.  daaeihrt. 

Dieses  rasche  Vordringen  des  Schwedenkönigs  wurde  in 
ganz  Franken  mit  Freuden  begrttfst.  Wohl  gingen  die  Herr- 
schenden aus  politischen  Erwägungen  nur  zögernd  daran,  sich 
mit  dem  Schwedenkönig  weiter  einzulassen,  das  evangelische 
Volk  in  seiner  groften  Masse  hätte  solche  Erwägungen  sicher- 
hch  nicht  gekannt,  iu  der  Konsultation  der  Hochgelehrten  vom 
30.  Sept./ 10.  Okt.  163  1  heifst  es,  es  sei  nicht  geraten,  den  grofsen  Rat 
wegen  eines  l'üiidnisses  mit  Seins  eden  schon  jetzt  /usammen- 
zuberufen,  denn  es  stehe  aufser  rage :  »das  die  maiora  der  ge- 
nannten,  paucissimis  exceptis,  simpliciter  vnd  mit  groser  ayl 
allerdings  vff  das  ja  verlauten  wird.c  Die  3  schwedischen  Ab- 
gesandten fanden  »allenthalben ,  insonderheit  zu  Nürnberg,  die 
Leute,  vom  höchsten  bis  zum  niedrigsten,  gegen  den  König 
vnd  das  gemeine  Evangelische  Wesen  trefflich  wol  afiectioniret.c 
Die  christlichen  Kirchen  aber  im  fränkischen  Kreis  be- 
grufsten  den  König  bei  seiner  Ankunft  in  demselben  in  fol- 
gender seliwungvollen  Weise: 

Held!  O  seyt  gegrüst,  Ihr  Grone  alier  Printzen, 

Defs  Lob  erschollen  ist  in  aller  Welt  Provinzen  I 

Gegrüsset  seyt  O  Heldl  kein  Mensch  aussprechen  kan. 

Was  Ewer  ankunfft  hier  für  frewde  richtet  an. 

Gleich  wie  ein  starcker  Hecht  das  arme  Täublein  jaget, 

Vnd  keine  ruhe  hat  bifs  er  es  abgenaget: 

S(  j  gten  Christi  Herd  defs  Papsts  beschome  Thier, 

Verfolgten  sie  ohne  mafs  vnd  plagtens  für  vnd  für. 

Ansehen  liefs  es,  als  weit  vns  allzusammen 

Einäschern  mit  macht  defs  newen  Fewersnammen^ 

Der  Pfaff  war  i'ewerzeug,  der  Jesuit  bliefs  an, 

**)  MUochener  Aligemeines  Kcichsarchiv.  Schwedische  Kriegsakten, 
F«se.  XXXVI,  318«  —  Nttrnberger  Kreisftrchiv.  Erliste  der  Herren  Eltern 
vom  14.  and  15.  Oktober. 


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—    00  — 


0ie  Rhäte  schürten  zu,  das  Volk  hatt  lust  daran. 
Gcgrüsset  seyt  O  Held!  O  Sonne  der  Regenten! 
Die  jemals  sind  gewest  in  aller  Welte  Enden, 

Der  Gottesforcht  Saphicr,  der  'l  iigond  Hyaciut, 
Der  Zeit  Topasier,  derglcicii  man  nirgend  find. 
Gegrüssct  ^eyt  O  fTeld!  den  Gott  vns  zu  thut  schicken, 
Dafs  er  sein  arme  Herd  soll  in  der  Not  erquicken.^^) 

In  Nürnberg  galt  es  nun,  Stellung  zu  den  Heilsbronner 
Beschlüssen  zu  nehmen  und  in  Erwägung  zu  ziehen,  ob  man 
allein  oder  mit  der  Kreisdelegation  an  den  König  abordnen 
wolle,  was  an  Ulm  und  die  Städte  Schweinfurt,  Rothenburg, 

Windsheim  und  VVeifsenburg  zu  schreiben  sei,  ob  man  die 
Angelegenheit  alsogleich  an  den  grofsen  Rat  bringen  solle 
oder  nicht. 

iu>s,i.]ü.sM  cieii         Sofort  traten  die  Ratskonsulenten  oder,  wie  es  damals 
dcrRücuidir  hiefs,  die  Hochgelehrten  zu  längeren  Beratungen  zusammen, 
der  \i>R(<.ni  mn         schwcbcnden  Fragen  aufs  gewissenhafteste  zu  prüfen. 
jILub  ivuci  Und  gingen  auch  in  Einzelnheiten  die  Meinungen  auseinander, 
undDr.Hdit-  {n  der  Hauptfrage  waren  alle  durchaus  einig,  alle  erklärten  sich 
mit  den  Heilsbronner  Beschlüssen   einverstanden;  der  Rat,  so 
erklärten  sie.    könne  schon  aus  dem  (i runde  nicht  anders  ent- 
sclieideii,  da  sonst  ein  Aufruhr  der  s<-h\vedisrh  -esiniUen  Hurger- 
schaft  drohe.    Alsobald  erging  denn  auch  an  den  Markgraien 
ein  Schreiben,  in  welchem  der  Rat  diesem  seine  volle  Zustim- 
mung zum  Heilsbronner  Beschlüsse  mitteilte  und  sich  verpflich- 
tete,  »so  balt  die  angetrohete  scharffe  Königl.  bevehdungs- 
schreiben  ankommen  würde«,  zur  Kreisdelegation  abzuordnen, 
und  in  dem  er  denselben  zugleich  bat,  eine  Instruktion  verfassen  zu 
lassen,  sowie  die  Zeit  und  den  Ort  zu  benennen,  wann  und  wo 
die  Abgesandten  zusammentreffen   sollten.     i)ie  Hochgelehrten 
wurden  beauftragt,   den    an    die  Genannten  c!.  i.    den  uinfsen 
Rat  aufgesetzten  Vortrag  zu  revidieren,   weil  man  furchtt  te.  es 
könnten  der  Befehdungsbrief  und  auf  diesen  die  landesverderb- 


'*j  Nürnberger  Kreisarcliiv.  Tom.  XII  202  und  203,  215  u.  216.  — 
M iitichcnrr  A!l;:;emcines  Reichsarchiv.  Fase.  XXXVl  31 S.  — -  l^gl-  Hof-  lind 
Staatsbibliothek  in  München.  Salve  Kegiuni,  Lurop.  361/9.4.  —  Chemnitz, 
kgl.  Schw«discheii  in  Teutschland  geführten  Kriegs  Erster  Teil  pag.  317.  — 
Soden,  Gastar  Adolf  und  sein  Heer  in  Sttddeutschland,  l.  Band,  pag.  39. 


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—   91  — 


liehe  Gewalt  nur  allzubald  einireffen,  und  Dr.  Richter  hatte  sofort 
die  Speciatinstruktion  für  die  Naraberger  Delegierten  abzufassen. 
Von  einer  schriftlichen  Mitteilung  an  die  4  fränkischen 

Städte  wurde  vorerst  abgesehen,  da  eine  solche  Nürnberg  nur 
arge  Ungelegenheiten  bereiten  könnte.  Und  da  die  Entschei- 
dung, welche  \iirnl)erg  in  ein  paar  Tagen  treffen  murste,  von 
unendlicher  Wichtigkeit  war,  ja  bei  derselben  es  sich  gewisser- 
mafsen  um  Sein  oder  Nichtsein  handelte,  so  erhielten  die 
Prediger  die  Weisung,  das  Volk  zu  gottseligem  Wandel  und 
zum  Gebet  zu  ermahnen,  es  wurden  Betstunden  anbefohlen  und 
alle  öffentlichen  Lustbarkeiten  verboten.'^ 

So  war  alles  aufs  genaueste  vorbereitet,  sodafs  auf  das  KonJcnm 
königliche  Drohschrciben  alsbald  die  entscheidende  Antwort  er-  «i^r ai>ki «.rd. 

neton  drs 

folgen   konnte,    als    am   22.  Oktober   der  Hofrat   Dr.  Martin    r.-u,.,,  t 
Chemnitz  sicli  beim  Kate  um  Audienz  anmeldete. 

Clmiinilz. 

Das  Verlangen,  welches  der  Hofrat  im  Namen  seines 
Königs  an  die  Delegierten  des -Rates,  Hans  Jakob  Tetzel  und 
Dr.  Heinrich  Hülfs,  stellte,  entsprach  nicht  dem,  was  man  in 
Heilsbronn  zu  bewilligen  sich  geeinigt  hatte.  Dort  wollte  man 
ja  Gustav  Adolf  nur  eine  gewisse  Summe  Geldes  gewähren, 
d.  h.  die  Kontribution  von  72  Monaten,  zu  welcher  man  sich 
im  Juli  1631  dem  Kaiser  gegenüber  verstanden  hatte,  nunmehr 
einfach  an  den  König  entrichten,  docli  »oline  benamsung  der  monat 
pro  redimenchi  vexa  abse(]ue  legilnis  confoederationis.«  Chemnitz 
aber  forderte,  Nürnberg  möge  soviel  Kriegsvoik  werben,  als  es  sich 
beim  Leipziger  S«  lilusse  herbeigelassen,  und  dieses  Kriegsvolk  dem 
König  und  den  evangelischen  Ständen  schwören  lassen;  er 
begehrte,  dafs  es  sofort  eine  Abordnung  an  Gustav  Adolf  er- 
gehen lasse,  mit  der  er  selber  reisen  wolle.  Auch  widerriet  er, 
das  königliche  Befehdungsschreiben  abzuwarten,  vor  dessen 
Eintreffen  der  Rat  keine  Entscheidung  im  Sinne  des  Anschlufses 
an  Gustav  Adolf  zu  treffen  beschlossen  hatte;  denn  ein  solches 
komme  jetzt  dem  Koni^  bedenklich  vor.  Er  wolle  daher  das- 
selbe in  ein  Memorial  bringen.    Wünsche  jedoch  der  Rat  eine 

Nürnben^er  Krei«iarchu-.  Toni.  XII  221  225,  Ratserlafs  am 
18.  Oktober.  Tom.  Xil  226—236,  Consuliaiio  habita  der  Hochgelehrten. 
Tom.  XII  253.  Schreiben  «n  den  Merkgrafen  Christian.  Tom  XII  341^245, 
R^taerlafs  am  20.  Oktober. 

» 

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—    Q2  — 


wirkliche  Fehdeankündigung,  so  werde  diese  erfolgen^  jedoch 
zu  seinem  Schaden. 

Diese  Eröffnungen  kamen  den  Nürnberger  Deputierten  ge- 
wifs  Uberraschend.  Sie  Kefsen  sich  aber  darüber  in  keine  wei- 
teren Erörterungen  ein,  sondern  baten  nur  wegen  des  Handels 
ihrer  Sladi  um  Xeutralität. 

Von  einer  solclicn  aber  wollte  Chemnitz  durchaus  nichts 
wissen,  und  er  wies  aul  die  schlimmen  Folgen  hin,  welche 
Nürnberg  zu  erwarten  hätte,  wenn  es  sich  auch  fernerhin  wei- 
gern würde»  des  Königs  Willen  zu  erfüllen. 

In  diesem  Falle,  führte  er  aus,  wird  der  König  die  Nürn- 
berger feindlicher  als  die  Katholiken  behandeln.  Er  wird  keine 
Messe»  keinen  Handel  gestatten,  es  hätten  denn  seine  Krieger 
vorher  alles  genau  durchsucht,  er  wird  des  Rates  Land  und 
Leute  verschenken  u.  di;!.  m.  Er  machte  ferner  aufmerksam 
auf  die  Macht  Ciustav  Adolfs,  der  unlängst  55  030  Mann  l)e- 
soldet  hätte,  und  die  trostlose  Lage  der  l  i^a  ;  er  wies  hin  auf 
die  Katholiken,  die  keine  Schwierigkeiten  mehr  machten,  und 
auf  den  Fürsten  von  Darmstadt,  der  jetzt  auch  dem  König 
kontribuiere.  SchUefslich  aber  hob  er  noch  Gustav  Adolfs 
Fürsorge  für  die  Städte  hervor,  deren  Bestes  dieser  im  Auge 
habe  und  von  denen  er  diejenigen,  welchen  er  gewogen  sei, 
mit  Garnisonen  verschonen  wolle. 

Damit  schloss  die  Konferenz,  über  welche  Dr.  Heinrich 
Hülfs  sofortigen  15ericht  erstattete,  der  mit  den  denkwürdigen 
Worten  schlofs:  »Der  allerliDchste  gebe  gnade,  dafs  alles  mit 
den  wenigsten  bcschwernufsen  al>L;ehe,  weiln  es  doch  am  endt 
ein  gezwungenes  werck,  welchem  auch  sogar  Chur  Saxen,  wie 
sehr  es  auch  daselbs  cunctirt,  nich  hatt  entgehen  können«. 

Nun  mufste  der  Rat  rasch  handeln.  Noch  an  dem- 
selben Tage  erliefs  er  eine  Reihe  wichtiger  Verord- 
nungen und  erhielten  die  Hochgelehrten  den  Auftrag,  sofort 
die  Instruktion  für  die  Abordnung  zum  König  zu  vollenden, 
ihre  Gutachten  über  den  Bericht  des  Ratskonsulenten 
Dr.  Heinrich  Hulu  abzugeben  und  den  Vortrag  an  die 
Genannten  einer  nochmaligen  Durchsicht  zu  unterziehen;  denn 
schon  am  nächsten  Taire  yvm  rathlaitenszcit i  sollten  die  In- 
struktion,   die  Gutachten  und  der  Vortrag  abgehört  werden. 

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—    93  — 


An  die  Genannten  sollte  die  Sache  aber  erst  gebracht  werden» 
wenn  die  Nürnberger  Abgeordneten  zum  Frankfurter  Kompo- 
sitionstag zurQckgelLehrt  wären  und  man  Näheres  Ober  die  Ver- 
richtungen der  beiden  brandenburgischen  Häuser  Bayreuth  und 

Ansbach    in    Wiir^iburg    bei    Gustav    Atlolf  in    Erlahrung  ge- 
bracht hätte. 

Doch  schon  am  folgenden  Tage,  den  23.  Oktober,  hef  ein 

■chrriben  des 

in  sehr  scharfem  Tone  gehaltenes  Schreiben  des  Hofrates  Dr.  Dr.  Martin 
Martin  Chemnitz  ein,  in  welchem  dieser  im  wesentlichen  wiederholte,  ^bemniu. 
was  er  bei  der  Konferenz  ausgeführt  hatte.    Er  wies  abermals 
auf  das  furchtbare  Strafgericht  des  Königs  hin,  wenn  Nürnberg 

vorzöge,  neutral  zu  bleiben,  versprach  der  Stadt  anderseits  jedoch 
auch  dessen  ktaitigcn  Schutz,  ja  dafs  derselbe  ihr  iiütigcufalls 
mit  Gefahr  des  eigenen  Lebens  beistehen  würde,  um  sie  bei 
ihren  Rechten  und  l'reiheiten  zu  erhalten.  Zum  Schlüsse  aber 
verlangte  er  eine  rasche  annehmbare  Antwort;  sonst  würden  dem 
Rate  vom  König  weit  schärfere  Schreiben  zugehen,  und  die 
hiezu  kommandierten  Truppen  ungesäumt  ausführen,  womit  die 
Stadt  bedroht  werde.  Was  aber  die  Feindschaft  des  Königs 
bedeuten  würde,  düvon  hatte  man  bereits  einen  Beweis  erhalten. 
Denn  zwischen  Marktbreit  und  Ochsenfurt  und  im  Spessart  waren 
Nürnberger  Kaufleute  von  schwedischenSoldatenausgeraulH  wurden 
und  hatten  einen  angeblichen  Schaden  von  ca.  4QÜ0ü0t1.  erh'ttcn.'®) 
Nun  hatte  der  Rat,  was  er  wollte.  Er  konnte  in  seiner 
Verantwortung  beim  Kaiser  sich  darauf  berufen,  dafs  er  nur  der 
Clewalt  nachgegeben  habe;  zugleich  aber  war  ihm  mich  der 
Schutz  des  Königs  gegen  feindliche  Bedrohung  nachdrücklich 
versprochen.  Dafs  der  Rat  jedoch  noch  am  22.  Oktober  der 
Ansicht  war,  er  könne  neutral  bleiben,  kann  als  ausge- 
schlossen gelten. 

Noch  selbigen  Tages,  den  23.  Oktober,  wurde  daher  den  Zi^nimcn- 
Genannten  angezeigt,   dais  sie  morgen  iruh  »von  zeit  des  rath-  'o^l^ntcn" 


Nürnberger  Kreisarchiv.  Tom.  Xli  266—272,  Eyifcrtige  ReJatio 
d«r  Conferentz  S»  den  (12.)  2a.  Oetobris  mit  d«m  hemi  Chemnicio  ge< 
halten  worden.  —  Sodeii,  Gustav  Adolf  und  sein  Heer  in  Sttddetttschland, 
pag  54  ff-,  60  u.  61. 

"j  Nürnberger  Kreisarchiv.  Tom.  XII  272-276  (auch  Tom.  XUI, 
»74  ff.,  Konsept"),  Schreiben  dei  Hofrates  Dr.  Martin  Chemnitz.  RatserUr« 
am  14.  u.  17.  Oktober.  —  Soden,  .  .  .  pag.  60  u.  6t. 


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—    94  — 


läutenss  bei  ihren  Pflichten  im  Rathaussaale  zu  erscheinen  hätten 
und  keiner  ohne  erhebliche  Ursache  ausbleiben  dürfte. 
Das  Droh-  Soweit  WRT  die  Sache  gediehen,  a!s  am  frühen  Morgen 

•chrcilx-n  tl«'s 

König»,  des  24.  Oktobers  das  oben  erwähnte  und  erwartete  I )rolischreibcn 
des  Könis:s  durch  einen  Trompeter  überbracht  wurde,  (lustav 
Adolf  liefs  eben,  wie  der  Gcschiclitschreiber  Bogislav  Philipp  von 
Chemnitz  sagt,  >weil  Er  wol  vermerckte,  dafs  sie  das  compelle 
intrare  gespielet  hatten,  vnd  zu  dem,  was  sie  innerlich  von 
Hertzen  selbst  begehrten,  gleichsamb  gezwungen  sein  wolten, 
einen  scharffen  Absag-Brieff  an  sie  ergehen«  und  erfüllte  damit 
den  Wunsch  des  Rates,  der,  weil  er  nicht  neutral  bleiben  konnte, 
den  Zwang  begehrte. 

Der  Freiheit  zu  liebe,  schreibt  der  Konii;,  besonders  zur 
AbschatVung  der  Bedrängnisse  der  An-  und  Glaubensverwandten, 
zur  Hersteilung  des  Religions-  und  Profanfriedens  und  zur  Ver- 
sicherung der  eigenen  Reiche  habe  er  den  Krieg  so  geführt, 
dafs  die  Last  desselben  baldigst  in  der  Feinde  Land  versetzt 
werde.  Um  aber  zum  Ziele  zu  kommen,  rechne  er  auf  die 
Hilfe  der  Evangelischen.  Nürnberg  habe  wohl  seine  Siege  mit 
Verwunderung  vernommen,  jedoch  gar  nichts  gereicht,  sondern 
nur  die  Macht  des  Feindes  verstärkt.  y,Es  obliege  aber  seinem  beruff 
vnd  konigl.  amptec,  ein  wachsames  Aui^e  zu  haben,  dafs  ?durch  der- 
gleichc  gerelirliche  proceduren,  die  gemeine  evnnwelische  wohlfart 
lenger  nicht  verkurtzet  werde,  die  zeit,  gelegenheit,  vnd  vnsere  von 
Gott  verliehene  mittel,  auch  an  sich  selbsten  kein  neutralisiren 
ertragen  können,  sondern  eine  aufrechte,  redliche,  christliche  vnd 
reale  dexteritet  erfordern« .  Er  habe  sich  daher  der  Stadt  genähert, 
um  deren  kategorische  Entschliefsung  zu  vernehmen  und  zu 
erfahren,  ob  er  sie  als  feindlich  oder  freundlich  betrachten  solle. 

Alsogleich  erliefs  der  Rat  eine  Vorantwort  an  den  König, 
in  welcher  er  demselben  mitteilte,  dafs  er  schon  vor  der  Ankunft 
des  Drohschreibens  beschlossen  hätte,  die  Sache  an  die  Genannten 
zu  bringen  und  an  Majestät  abzuordnen. 

Nürnl)er«,'er  Kreisarchiv.  Tom.  XII,  276,  Ralserlafs  am  23,  Ok- 
tober Till. 1,  280  282,  Dr* i!i-.c!irc'i'»en  des  Kohil:?-  Tom.  XU,  40  504, 
Gutachten  üer  Genannten.  Tom.  XIU,  263 — 265,  Drohichreibcn  .au  den 
MarkgrafcD  Chrisiian  1  Konzept).  —  Gustav  Adolf  ...  I.  Band,  pag.  63  a. 
64.  ~-  Chemnitz,  des  ächwedischen  in  Dentsehland  geführten  Krieget,  I.  Teil, 
pag.  217  u.  218.    Tom.  XU,  306,  Voraniworl  an  den  König. 

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—    95  — 


Die  Genannten  fanden  sich  zur  festgesetzten  Stunde  ein.  ^^"^  vort«g 
Nach  Verlesung  des  an  Dr.  Chemnitz  gerichteten  königlichen  Genannten. 
Beglaubigungsschreibens,  des  von  Chemnitz  überreichten  Memo- 
rials,  des  königlichen  Drohschreibens,  sowie  des  von  Dr.  Richter 
verfafsten  Vortrages  an  die  Genannten  wurden  die  Stimmen  und 
Gutachten  i^x'saminclt  und  aufgezeichnet. 

Bevor  jedoch  hier  vom  Resultate  der  Alisliinnuing  die 
Rede  ist,  erfordertes  die  Genauigkeit,  etwa'^  näher  auf  den  Vortrag 
an  die  Genannten  einzugehen.  Abgefafst  war  derselbe  bereits  am 
19. Oktober  von  Dr.  Richter,  das  erste  Konzept  erlitt  aber  manntg- 
fache  Veränderungen.  Auch  das  zweite  wurde  mehrfach  verbessert. 
Es  wird  wohl  nicht  tlberflttssig  sein»  wenn  auch  nur  ganz  im 
-allgemeinen,  das  Wesentliche  der  Veränderungen  hier  anzuführen. 

So  erscheint  im  II.  Konzept  auf  ausdrücklichen  Befehl  des 
Rates,  ob  und  wie  weit  Gustav  Adolf  als  ein  ausländischer  und 
weit  entsessener  Herr  künftig  und  auf  alle  Falle  die  liiesige 
Bürgerschaft  in  Ruhe  und  Sicherheit  erhalten  könne,  und  dafs 
man  von  jeher  solch  \  orhabcn  ausländischer  Fürsten  für  sehr 
mifslich  gehalten  habe.  Ausgelassen  ist  jedoch,  dafs  die  höheren 
Stände  mit  den  Städten  keine  Gleichheit  halten  wollen  oder  gar 
auf  deren  Unterdrückung  sehen;  dafs  dieselben  wohl  mehr  auf 
Vergröfserung  ihres  Gebietes  zum  Schaden  der  katholischen 
Stände  ausgehen,  als  auf  die  Erledigung  der  evangelischen 
Drangsale;  dafs  Frankreich  gar  leicht  den  Katholiken  zu  Hilfe 
eilen  könnte.  Das  erste,  weil  es  die  Genannten  nicht  zu  wissen 
brauchten,  das  zweite,  da  es  nur  eine  Vennutung,  und  das  dritte, 
weil  es  ein  Secretuni.     Dies  das  Wichtigste  der  Abänderungen. 

In  dem  Vortrage  selber,  wie  er  am  24.  Oktober  an  die 
Genannten  gehalten  wurde,  waren  ganz  eingehend  die  Gründe 
für  und  gegen  den  An^chlufs  an  Schweden  vorgeführt;  es  sollte 
dadurch  den  Genannten,  wenn  in  der  Folge  ihre  Abstimmung 
sich  als  unheilvoll  für  Nürnberg  erweisen  würde,  jeder  Anlafs 
genommen  sein,  den  Rat  zu  bezichtigen,  dafs  derselbe  über  die 
wahre  Lage  der  Dinge  sie  nicht  genügend  aufgeklärt  hätte. 
Die  Gründe  sind  allerdin^^s  meist  nicht  neu  und  können  es  nicht 
sein;  es  sind  in  der  Haupts  u  !ie  dieselben,  wie  die  in  Hoilsljronn 
angeführten.  Des  Zusammenhangs  wegen  halte  ich  es  jedoch 
für  angezeigt,  auch  Bekanntes  zu  wiederholen. 

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—    96  — 


In  der  Einleitung  spricht  der  Verfasser  von  den  Fort* 
schritten  des  Schwedenkönigs,  von  dessen  Absicht,  den  Krieg 
zur  Herstellung  des  so  lange  ersehnten  Friedens  fortzusetzen, 
von  den  »Werbungen!  der  3  schwedischen  Abgesandten,  die  im 
Namen  ihres  Königs  erklärt  hätten,  dieser  werde,  wenn  man  ihn 
mit  (leid  und  anderem  mUorstutze,  sich  als  Freund  bezeugen 
und  die  Stadt  s(  hut/cn,  andcri'alls  aber  die  Nürnberger  ärger 
als  die  Papisten  verlulgen',  dann  führt  er  das  bedrohliciie  Memorial 
des  Hofrates  Dr.  Martin  Chemnitz  und  das  Drohschreiben  des 
Königs  an  »mit  Ihrer  königl.  May.  aigner  band  vnterschrieben.« 

Hierauf  folgen  die  Grdnde  für  und  gegen  den  Anschlufs 
an  Schweden,  von  welchen  hier  in  Rücksicht  auf  den  Raum 
nur  die  wichtigsten  gebracht  werden. 

Erst  jüngst,  heifst  es  in  dem  Vortrage,  hätte  man  dem 
Leipziger  Schlüsse  entsagt  und  in  einem  Reverse  dem  Kaiser 
Treue  versprochen.  Lasse  man  sich  daher  jetzt  mit  Gustav 
Adolf  ein,  so  würde  der  Kai<ier  zum  hefti^ston  l>cleidigt  und 
di(^  Stadt  durch  die  Katholiken  aufs  aufserstc  bedroht;  Blockierung, 
Belagerung,  Sperrung  des  Handels  u.  a.  m.  stünden  ihr  In  Aus- 
sicht. Auch  sei  nicht  abzusehen,  wie  der  König  als  ein  weit 
entsessener  Potentat  die  Stadt  in  Sicherheit  erhalten  könne, 
stets  habe  man  dergleichen  Vorhaben  ausländischer  Herrscher 
fUr  sehr  mlfslich  gehalten,  und  zu  alledem  beruhe  die  Sache  nur 
auf  2  Augen.  Und  ginge  auch  der  Schwede  als  Sieger  hervor, 
so  bliebe  man  doch  nach  allen  Opfern  ohne  Schadenersatz,  und 
müfsten  unersthwiiifrürhe  Geldopfer  weiter  bcvvilligt  werden. 

Auf  der  anderen  St'ite  alier  crfilte  es  den  Glauben  und 
hiefse  es  Gott  versuchen,  wenn  man  nicht  gleich  anderen 
Ständen  Gustav  Adolf  die  Hand  bieten  wollte.  Bei  einem 
Widerstande  gegen  Schweden  wäre  auch  Nürnberg  aufs  äufserste 
gefährdet;  denn  der  Macht  Gustav  Adolfs  könnte  niemand 
mehr  widerstehen.  Hätten  sich  doch  auch  Sachsen  und  Branden- 
burg mit  ihm  verbündet,  bäten  selbst  mächtige  hohe  katho« 
lische  Stände  um  Neutralität,  und  hätten  andere  katholische 
Stände  sich  ■  accomodirt« .  Auf  die  Katholiken  aber  könnte 
man  sicherlich  keine  Iluünung  setzen.  Dieselben  wurden  der 
Stadt,  wenn  i»ie  hart  bedrängt  würde,  gewifs  nicht  beistehen; 
vun  ihnen  wäre   weder   Dunk   noch  Schonung   zu  erwarten^ 


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—    07  — 


bei  ihrem  Siege  wäre  es  um  die  Atigsburgische  Konfesston 
im  Reiche  geschehen.  Überdies  hätte  man  bei  dieser  Sache 
nicht  auf  Menschenaugen,  sondern  auf  Gottes  gnädige  Vorsehung 
zu  sehen.  Was  endlich  den  Verzicht  auf  den  Leipziger  Schlufs 
anbelangte,  so  wäre  derselbe  erzwungen,  und  hätte  jeder  das 
Recht,  im  äufsersten  Notfälle  Blut,  Leib  und  Leben  zu  retten. 

Ist  in  diesem  Vortrage  den  Genannten  auch  genau  dar- 
gelegt,  welch  schlimme  Folgen  ein  Zusammengehen  mit  Gustav  ^ 
Adolf  fUr  Nürnberg  haben  könnte,  die  Gründe  für  ein  solches  Gnauiten. 
sind  doch  die  bei  weitem  gewichtigeren.    Und  war  die  Abstim- 

k 

mung  schon  von  Anfang  an  keine  zweifelhafte,  durch  den  Vortrag 
wurden  die  Genannten  gewtfs  nicht  anderen  Sinnes. 

Sie  gaben  denn  auch  in  der  Zahl  von  290  auf  die 
2  Fragen:  1 .  >Ob  meine  Herren  sich,  dem  allgemeinen  evangelischen 
wesen  zum  besten,  mit  königlicher  Mayt.  in  Schweden,  vff  gewiese 
mafs,  gleich  anderen  evangelischen  Stenden  vereinigen  vnd  ver- 
gleichen sollen?  2.  Was  sie,  alfs  gehorsame  bürgere,  vfif  solchen 
fall  zu  beflirderung  dieses  schweren  vnd  hochwichtigen  werckhs 
thun  wollende  taufser  etzlichen  gar  wenige  die  Antwort,  »dafs 
man  in  dieser,  Gottes  ehr  vnd  die  gewissensfreiheit  concer- 
nirenden  sach,  sich  königlicher  Mayt.  in  Schweden  keineswegs 
entziehen,  sondern  vielmehr  deroselben,  anderen  evangelischen 
Stenden  gleich,  sich  begerter  conjunction  nach  aller  möglichkeit 
ah  die  band  gehen  solle.« 

Es  fehlte  übrigens  auch  nicht  an  Genannten,  die  der  Ab- 
stimmung am  24,  Oktober  ferne  blieben;  unter  denselben  mag  es 
wohl  manchen  gegeben  haben,  der  wegblieb,  um  nicht  Farbe 
bekennen  zu  müssen.  Die  Fehlenden  alle  wurden  in  die  Ratsstube 
erfordert,  um  da  über  die  2  Punkte  befragt  zu  werden.  Aber 
noch  am  30.  Oktober  hatten  einzelne  Genannte  nicht  ab- 
gestimmt. 

Durch  diese  Abstimmung  der  Genannten  war  der  Rat 
gebunden,  Gustav  Adolf  an  die  Hand  zu  gehen,  das  Wie  aber 
war  ihm  freigestellt.  Aus  der  weiter  unten  folgenden  Instruktion, 
wie  auch  aus  den  späteren  Verhandlungen  mit  dem  König 


"I   Nttmberger  KreisarcMv.   Tom.  XII.  936—341, 1.  Kooiept.  Tom. 
XII.  246—353,  lt.  KoosepL   Tom.  XII.  sSa— 388,  III.  Konzept. 

7 


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—    98  — 


Iiiittriiktioa 


werden  wir  erfahren,  dafs  er  sich  nicht  beeilte,  sich  tiefer  mit 
demselben  einzulassen. 

Die  Abordnung  an  den  König  jedoch  wurde  keine  Minute 
verzögert. 

Hans  Jakob  Tetzel  und  Dr.  Georg  Richter  wurden  sofort, 
nachdem  die  Genannten  ihre  Stimme  abgegeben  hatten,  beauf- 
tragt, nach  Würzburg  zu  reisen,  wo  sich  der  König  dieser  Zeit 
befand.  Ihre  Instruktion  war  bereits  vorlier  von  Dr.  Ri(  liter 
verfafst  und  n^ch  eingehenden  Keratungcn  mit  geringen  Ab- 
änderungen genehmigt  worden.  Die  Abordnung  geschah,  wie  es  in 
der  Instruktion  heifst,  ^'nach  dem  exempel  anderer  evangelischer 
vnd  katholischer  stände  dieses  creyfses,  au  Verhütung  grösem  vn« 
heylfs  vnd  abwendung  der  angedroheten  feindlichen  proceduren.  c 

Die  Instruktion  aber  der  beiden  Abgeordneten  lautete 

Ai>Ke<.ni    ihrem  wesentlichen  Inhalte  nach  also: 

net«n  Hau  y^^^  erste  Sollten  die  Abgeordneten  sich  bemühen,  dafs 

Jakob  Tetz»  !  ° 

und  Dr.  Nürnberg  bei  dem  gelassen  werde,  was  man  dem  ersten 
5^*"^  schwedischen  Abgesandten  zur  Antwort  gegeben.  Sie  sollten 
nur  im  allgemeinen  versichern,  man  werde  Gustav  Adolf,  soviel 
nur  immer  möglich  und  die  Pflicht  gegen  Kaiser  und  Reich 
zulasse,  unterstützen,  dafür  aber  den  König  bitten,  er  möge 
Stadt  und  Land  in  Schutz  nehmen,  bei  ihren  Rechten  erhalten, 
den  Handel  sicher  treiben  lassen  und  Fafszettel  wider  sein  und 
der  Interessenten  Volk  ausstellen. 

Dafs  damit  durchzudringen  wäre,  hegte  der  Rat  sicherlich 
bot  hst  geringe  Hoffnung.  Es  entsprach  aber  dieser  Teil  der 
Instruktion  der  Politik  desselben,  sich  nur  langsam,  gleichsam 
bchritt  lür  Schritt,  vorwärts  drängen  zu  lassen. 

Fürs  zweite,  wenn  hicmit  nichts  zu  erreichen  wäre,  sollten 
Tetzel  und  Dr.  Richter  allen  f  leifs  anwenden,  dafs  Nürnberg  Zeit 
gelassen  würde,  sich  mit  einer  oder  der  anderen  ausschreibenden 
Stadt  —  worunter  Uhn,  Frankfurt  und  Strafsburg  verstanden 
sind  —  zu  beraten.  Majestät  wäre  dies  nützlicher,  und  Nürnberg 
könnte  sich  eher  beim  Kaiser  verantworten. 


*•)  NQmber^er  KretsarchW.  Tom. XII.  294— 298,  Katierlafs.  Tom. 
XII.  522  und  523,  Ratserllsse  am  28  und  30.  Oktober.  Tow.  XU.  294  IT., 
Erlafs  (ter  lUrreu  Eltern  «iD  24.  Oktober.  Tom.  XII.  463—504,  Gutachten 
der  Genunuteo. 


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—    99  — 


Damit  war  Zeit  gewonnen  und  mit  dem  Zeitgewinne  mög- 
Hcherweise  eine  Klärung  der  Verhältnisse. 

Wenn  aber  auch  das  nicht  verfangen  sollte,  »auf  solchen 
eufsersten  falle  hatten  sie  die  Weisung,  den  Vertrag  zu  schliefsen, 
wie  folgt: 

t.  Die  Person  des  Kaisers  ist  auszunehmen,  und  die 
Reichsverfassung,  besonders  der  Religions-  und  Profanfriede,  hat 
als  Grundlage  m  dienen.  2.  Der  Vergleich  darf  die  Stadt  als 
einen  unmittelbaren  Reichs-  und  Kriegsstand  in  keiner  Weise 
in  ihren  Rechten  und  Freiheiten  beeinträchtigen.  3.  Er  darf  der 
Stadt  in  ihrem  Gehorsam  gegen  Kaiser  und  Reich,  wie  in  ihrem 
Verhältnis  zum  fränkischen  Kreis  nicht  nachteilig  sein.  4.  Da 
derselbe  zur  Erhaltung  und  Fortpflanzung  des  evangelischen 
Glaubensbekenntnisses  dient,  darf  der  Stadt  nicht  nachteilig  sein, 
was  sie*  Kaiser  und  Reich  kraft  rechtskundiger  Kapitularien 
schuldig  ist. 

Die  4  ersten  Punkte  betreffen  also  das  Verhältnis  Nürn- 
bergs zu  Kaiser  und  Reit  h,  sowie  zum  fränkischen  Kreis,  an 
welchem  dieser  Vertrag  keine  Änderung  herbeiführen  darf. 
Nun  folgt,  was  Nürnberg  von  Ciustav  Adolf  verlangt: 
5.  Nürnberg  will  alle  Vorteile  geniefsen,  welche  den 
Kurfürsten  und  anderen  Ständen  vorbehalten  worden  sind; 
6.  verlangt  Salvaguardien  und  Pässe,  deren  man  sich  auch  gegen 
andere  evangelische  Stände  bedienen  kann.  7.  Der  König  soll 
die  Reichstadt  und  deren  Bewohner,  ihr  Hab  und  Gut  aufs 
beste  verteidigen  und  nötigenfalls  mit  Succurs  zur  Stelle  sein; 
8.  keinen  Waffenstillstand  oder  Frieden  schliefsen,  ohne  dafs 
die  Stadt  ihrer  Privilegien  und  Rechte  versichert  werde,  wenn 
nötig  »in  sperie*:;  9.  allen  religiösen  und  politischen  Ijeschwerden 
abhelfen  und  die  Stadt  gegen  fernere  Bedrängnis  versichern; 
endlich  10.  es  bei  den  evangelischen  Ständen  dahin  richten, 
dafs  sie  die  Stadt  mit  Kontributionen,  Vorlehen  u.  s.  w. 
verschonen* 

Dafür  wirbt  Nürnberg  eine  erschwingliche  Anzahl  Kriegs* 
Volkes,  besoldet  dieses  ebenso  wie  das  schwedische  und  läfst  es 
dem  Magistrat  gebührlich  schwören.  Dieses  geworbene  Kriegs* 
volk  wird  nicht  allein  zum  Besten  des  Königs  und  der  evan- 
gelischen Sache    verwendet,   sundern   hat   aueii   demselben  die 

?• 

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—    100  — 


Stadt  als  Rückzugspunkt  frei  uod  offen  su  erhalten,  soweit  es 
ohne  Gefahr  sein  kann. 

Der  Vergleich  soll  auf  ein  Jahr  geschlossen  werden,  Ver- 
längerung, Verbesserung  und  Aufkündigung  beiden  Teilen  frei 
stehen.  Zur  Abschliefsung  des  Vergleiches  sollen  die  Abgesandten 
sich  des  Hofrates  Dr.  Chemnitz  bedienen  oder  irgend  eines 
anderen  küniglichen  Rates  uiul  im  Falle  nutzlicher  Folge  :  danck- 
barlicher  recompens  Vertrustung  thun*.  Bei  allem  aber,  was 
über  die  Instruktion  hinausginge,  sollten  sie  sich  erst  Rat  erholen. 

Wozu  der  Rat  der  freien  Reichsstadt  Nürnberg  sich  hier  ver- 
stehen will,  deckt  sich  allerdings  nicht  mehr  mit  dem  Heilsbronner 
Beschlüsse,  ist  aber  weniger,  als  Dr.  Chemnitz  am  22.  Oktober 
forderte.  Er  läfst  sich  nur  herbei,  eine  »erschwingliche  Anzahle 
Kriegsvolk  zu  werben,  das  nur  der  heimischen  Behörde,  nicht  auch, 
wie  Chemnitz  verlangte,  Gustav  Adolf  den  Eid  leisten  soll.") 
itf«cb werden  Dagegen    ist   der   Rat    niciit    zurückhaltend   mit  seinen 

der  freien 

Ko'rh.-tuii  Wünschen,  deren  Krfulhing  er  vom  Könige  hofft.  So  erwartet 
Nürnberg,  gj.  y^jj  jjjjj^  Abhilfe  aller  Beschwerden,  deren  es  nicht  wenige 
gibt.  Er  will  die  Versicherung  vor  der  angedrohten  Reformation 
der  Kirchen  und  Klöster  in  Stadt  und  Land,  Abschaffung  aller 
Neuerungen  seit  1620,  besonders  des  vom  deutschen  Orden 
eingeführten  Messelesens  und  der  gesuchten  Reformation  der 
St.  Elisabeths-  und  Jakobskirche.  Er  begehrt  Repressalien  für 
die  Handelsleute,  welche  eines  Teils  ihres  Vermögens  in  katho* 
lischen  Ländern  durch  Konfiszierung  verlustig  gehen  oder  ihre 
Reichs-  und  andere  Lehen  verlieren.  Andere  Wünsche  betreffen 
die  Sicherheit  de«;  Handels,  die  Belassunt?  der  vun  Kurl)a\ern 
beanspruchten  böhmischen  Ämter,  Abhilte  wegen  besorgenden 
Unheils  vom  Rothenberg  und  aus  der  Oberpfalz,  sowie  wegen 
Sperrung  der  Viktualien  aus  der  Oberpfalz.  Auch  bezüglich  der 
mannigfachen  Irrungen  mit  den  beiden  brandenburgischen  Häusern 
Bayreuth  und  Ansbach  erhofft  er  durch  den  König  Beilegung  auf 
gütlichem  Wege.**) 

"i  Nürnberi;er  Krcisurchiv,  Ton'  \I'  29S  11,06.  Kon?f[>l.  Das 
Original  findet  sich  nicht  vor.)  —  Soden,  tiuslav  Adolf  uuü  sein  Heer  in 
Suddeutschland,  I.  Band,  68— 70. 

'^j  Nürnberger  Kreisarchiv.  Tom.  XU.  289  — 291,  Beschwer  den  der 
freiere  Tvoichsn:\."t  Mimherjj;.  ü'jri-cri';  rhne  inar»:;ebuDg  vnnd  vff  VCrbefsC- 
ruug«  von  einem  Kutskonäuienten  zusaaimengei»telU. 


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—    101  — 


Kaum  waren  jedoch  Hans  Jakob  Tetzel  und  Dr.  Geoig 
Richter  nach  Wttrzburg  abgereist,  als  aus  Bayreuth  eine  In-  iJ^ti, 
struktion  eintraf,  die  fttr  alle  schickenden  Stftnde,  also  fttr  die 

Markgrafschaften  Ansbach  und  Bayreuth  und  die  freie  Reichsstadt 
Nürnberg,  gelten  sullte. 

Gänzlich  verarmt,  so  beginnt  dieselbe,  haben  wir  »fiehent- 
Uch  vnd  inniglich  nach  dem  frieden  geseufzet«,  doch  hegen  wir 
zu  Gott  dasi  Vertrauen,  dafs  er  Se.  Majestät  zum  Friedensstifter 
und  Vermittler  geschickt  habe.  Die  Stände,  heifst  es  dann 
weiter,  bezeugen,  »dafs  ihnen  niemals  in  den  sinn  gekommen 
noch  kommen  werde,  von  Kay.  ihrem  Oberhaupte  sich  abzu- 
sondern noch  derselben  an  ihrer  devotlon  etwas  zu  verringernc ; 
sie  bitten  Se.  Majestät,  dies  in  bestem  aufzunehmen  und  ihnen 
am  gebührlichen  Orte  verantworten  zu  helfen.  Sie  stellen  ferner 
die  Bitte,  Majestät  möge,  da  er  nur  die  Rettung  der  evangelischen 
Kirrhe  und  Herstellung  des  Friedens  wolle,  in  solch  »dapfern 
Eifert  verharren. 

Die  Stände  haben  nichts  übrig  als  das  Leben  und  können 
die  bewilligten  Reichs-  und  Kriegssteuern  »ohne  abbnich  des 
gehorsams  und  grofse  Gefahr  nicht  verweigemt  \  sie  leben  daher 
der  Zuversicht,  Majestät  werde  sie  mit  Kontribution  und  Kon* 
föderatton  verschonen.  Der  König  weifs  ja,  dafs  die  Stände 
ihm  »affectionirtc  sein  mttfsten,  und  dafs  er  von  denselben  nichts 
Schlimmes  zu  befahren  liätte.  Würde  er  auf  diese  ihre  Bitte 
eingehen,  so  wäre  ilmi  der  herzlichste  Dank  sicher,  auch  konnte 
er  ihrer  Devotion  gewils  sein. 

Wenn  aber  der  König  nicht  darauf  eingeht,  so  ersuchen 
die  schickenden  Stände,  den  Vergleich  so  zu  mildern,  dafs  er 
von  ihnen  aufs  beste  verantwortet  werden  kann,  und  sie  in  nicht 
noch  gröfseres  Unglück  kommen.  Fttr  die  Stände  ist  aber 
gerade  die  eigene  Werbung  von  Kriegsvolk  sehr  bedenklich,  da 
der  Kaiser  strenge  verboten  hat,  ausländischen  Potentaten 
Quartiere  und  Musterplätse  zu  geben.  Sie  werden  jedoch  dem 
König  Pafs  und  Repafs  verwilligen,  sowie  den  Rückzug  unter 
der  Bedingung,  dafs  dadurch  keine  Neuerungen  eingeführt  und 
ihnen  selbst  die  Orte,  die  sie  zu  ihrem  Unterhalte  brauchen, 
nicht  geninnmen  werden.  Dazu  werden  sie,  wenn  es  anders 
nicht  möglich  ist,  4 — 6  Monate  der  Keichsmatrikel  nach  aller- 


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—    102  — 


längstens  6  Monaten  entrichten,  welche  Bewilligung  aber  nicht, 
als  gegen  den  Kaiser  gerichtet,  aufgefafst  werden  und  zu  keines 
evangelischen  Standes  Nachteil  sein  darf.    Das  um  die  Geldhilfe 

fjeworbene  Kriegsvolk  wird,  wenn  der  König  weiter  zieht,  dem 
Kreis  zur  Verteidigung  gelassen,  die  (ieneralc  und  OiTiziere 
werden  von  den  kontribuierenden  Standen  vorgesclilagen  und 
sind  diesen  und  dem  Kreisobersten,  dem  Marki^^rafcn  Christian 
von  Brandenburg  -  Bayreuth ,  verpflichtet;  das  Oberkommando 
hat  der  König. 

Dagegen  erhoffen  die  Stände  vom  König,  dafs  er  sie  mit 
Duirchzttgen,  Einquartierungen  u.  s.  w.  verschone  und,  falls  dies 
nicht  möglich,  die  aufgewandten  Kosten  von  der  Kontribution 
abziehe,  dafs  er  sie  bei  ihren  Rechten  und  Freiheiten  schütze 
und  erhalte,  von  niemandem  bedrängen  lasse,  keinen  Frieden 
schliefse,  in  welchen  nicht  die  Stände  mit  inbegriffen  seien,  und 
Salvaguardien  erteile. 

Was  diese  Instruktion  nicht  enthielt  oder  zu  Heüsbronn 
niciit  beraten  worden  war,  hatten  die  Abgesandten  »ad  referen- 
dumc  zu  nehmen,  was  sie  verrichtet,  in  eine  Relation  zu  fassen 
und  diese,  sowie  den  aufgerichteten  Recefs  bei  ihrer  Rückkunft 
einzuantworten.  Dies  der  wesentliche  Inhalt  der  sehr  langen 
Instruktion. 

Was  man  nach  derselben  Gustav  Adolf  bewilligen  will,  ist 
wenig  genug,  an  Geld  noch  weniger,  als  man  zu  Heilsbronn 
übereingekommen  war;  hiezu  kommt  noch  die  an  diese  Geldhilfe 

geknüpfte  Bedingung  bezüglich  des  geworbenen  Kriegsvolkcs. 
Aus^esi^rochen  ist  hier  allerdings,  im  Gegensatze  zum  Heils- 
bronner  Beschlufs,  dafs  man  Gustav  Adolf  Pafs  und  Kepafs, 
sowie  den  bedingten  Rückzug  verwilligen  werde.  Doch  liätte 
man  gegebenenfalls  dies  dem  König  Überhaupt  nicht  verweigern 
können. 

Allein  gerade  deshalb  mochte  die  Instruktion  dem  Rate 
gefallen;  ohne  längeres  Besinnen  erklärte  er  sich  mit  derselben 
einverstanden  und  fertigte  sie  mit  gewöhnlicher  Siegelung  aus. 
Dann  sendete  er  unverzüglich  einen  Eilboten  an  Tetzel  und 

Dr.  Ricliter,  sie  niut  hten  warten,  bis  die  anderen  fränkischen 
Delegierten  einträfen,  die  Instniktifin  würde  ihnen  nächstens 
»copeylich«  zugeschickt.    Gleichzeitig  sendete  er  aucli  die  In- 


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—    103  — 


stittktioD  zu  gleichmärsiger  Siegelung  nach  Ansbach.  An  den 
Markgrafen  aber  schrieb  er,  dafs  er  der  Meinung  gewesen,  es  wäre 
von  Bayreuth  bereits  eine  Gesandtschaft  an  den  König  abgegangen, 
weshalb  er  denn  auch  sich  entschlossen  hätte,  selbständig  vor- 
zugehen; nunmehr  würden  jedoch  l'cUcl  und  Dr.  Ricliter  ver- 
ständiL  t.  so  lange  zu  warten,  bis  die  übrigen  fränkischen  Delegierten 
angekommen  wären.**) 

Die  -  Nürnberger  Abgeordneten  waren  aber  bereits  zur  ^ 
Audienz  gelangt,  als  der  Eilbote  ankam.   Schon  am  28.  Oktober  NibiiberBer 
um  1  Uhr  nachmittags  standen  sie  vor  dem  König,  > cujus  prae-  Ai>g<-san<iu-n 

bei  Gustüv 

sentia  äuget  famam«,  wie  es  im  Bericht  heifst,  im  Beiseln  vieler  Adolf, 
vornehmer  Offiziere.    Der  König  hörte  sie  stehend  und  ent-  Vcriand- 

blüfsten  Hauptes  an  und  versprach  in  der  Antwort  Nürnberg  miidcnRäun 
seinen  vollen  Schutz;  man  niüciiLo  sich  nur  vor  der  Ankunü  König», 
des  Feindes  nicht  furcliten  und  die  Stadt  beizeiten  verwahren. 

Von  dem  jedoch,  was  er  im  besonderen  von  Nürnberg 
erwartete,  sprach  Oustav  Adolf  nicht.  Doch  sollten  darüber 
Tetzel  und  Dr.  Richter  nicht  lange  im  unklaren  bleiben. 
Denn  kaum  waren  sie  in  ihre  Wohnung  zurückgekehrt,  so 
wurden  ihnen  von  den  zwei  schwedischen  Rflten,  Dr.  Martin 
Chemnitz  und  dem  Generalkommissär  Heufsner,  folgende  3 
Fragen  vorgelegt:  1.  ob  die  Stadt  mit  festen  Werken  ver« 
sehen  sei,  und  ob  wohl  der  König  jemand  von  seinen  Leuten 
schicken  müsse*,  2.  ob  es  wegen  der  (Jefahr  des  Tiilyschen 
.Anmarsches  auf  Nürnljerg  nütii;  sei,  dals  der  König  jemand 
sende,  der  mit  Rat  und  That  helfe-,  3.  ob  die  Stadt  selbst 
werben  oder  sich  dessen  vom  König  verselien  wolle.  Nun  aber 
enthielt  die  Instruktion  der  beiden  Nürnberger  Abgesandten 
darüber  keine  Bestimmung,  weshalb  sich  denn  auch  Tetzel  und 
Dr.  Richter  in  ihrer  ausweichenden  Antwort  darauf  beriefen; 
aufserdem  aber  wiesen  sie  noch  auf  einen  Städtetag  hin,  auf 
welchem  man  alle  Fragen  eingehend  beraten  und  alsdann  einen 
endgültigen  Beschlufs  fassen  würde.  Doch  die  schwedischen 
Räte  liefsen  nicht  nach,  auf  eine  bestimmte  Antwort  zu  dringen, 

'*)  Nürnberger  Kreisarchiv.  Tom.  XII,  .^3S—  1,40,  des  Markgrafen 
Schreiben  an  Nürnberg.  Tom.  Xll.  320-  341  und  iom.  Xll  341 — 356, 
die  Bayreuther  Instruktion  Tom.  XII,  366.  362  und  364,  Schreiben  de« 
Rates  an  Tetsel  and  Dr.  Richter,  an  den  Markgrafen  «nd  die  Regierung 
in  Ansbach. 


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—    104  — 


indem  sie  erwiderten:  Ein  Städtetag  sei  wohl  wegen  eines 
Bündnisses  am  Platze,  jetzt  aber  trete  die  Gefahr  an  Nttmberg 
heran,  und  müsse  man  sich  daher  beizeiten  entschUefsen,  was 
man  zu  than  gedenke  >vnd  müste  man  nur  fein  gerad  heraufs- 
gehen,  vnd  sich  mit  referiren  vff  andere  nit  lange  vfihalten,  dann 
Ihrer  königl.  Mt  nichts  mehr  zuwidere. 

Allein  Tetzel  und  Dr.  Richter  blieben  fest.  Sie  erklärten, 
man  wäre  ja  in  der  Frage  »Anrc  fest  entschlossen,  in  der  Frage 
»De  modo?f  aber  würde  man  die  Konferenz  abwarten.  Damit 
schlofs  die  Besprechung.'^) 

Ankunft  Da  jetzt  aber  auch  Moritz  Klum  für  Bayreuth  und  Oberst 

MonteKbans  f^j,  An^barh   eini^etroffen   waren,    bestand  ijetiründete 

und  dfs 

Ubcmrn  Hoffnung,  dafs  die  Bündnissa(  lie  und  was  damit  zusammenhing, 
doch  nocli  im  gesamten  Krcisnaaien  behandelt  und  geregelt 
werden  konnte. 


Bullich. 


stdiuDK  des  Inzwischen  waren  auch  die  bekannten  3  Forderungen 

Rateaxudmj  ^^^j^  Nürnberg  berichtet  worden.  Sie  kamen  dem  Rate,  wie 
dcrs.hwc.  man  sich  leiclit  denken  kann,  sehr  ungelegen;  denn  ein  volles 
dischen RUf.  pj^^^r^-iiL-n  auf  dieselben  bedeutete  ein  offenes  Zusammeni^ehen 
mit  liustav  Adoh"  und  war  der  zaudernden  und  vorsichtigen 
Politik  des  Rates  ganz  entgegen.  Schon  mit  Rücksicht  auf  den 
Kaiser  wollte  derselbe  ja  seine  Angelegenheiten  selbständig 
ordnen.  Es  mufste  daher  sein  ganz  besonderes  Bedenken  er- 
regen, dafs  Graf  Heinrich  Wilhelm  von  Solms,  der  als  früherer 
Vogt  von  Kadolzburg  noch  obendrein  den  HaCs  der  Nürnberger 
Bürgerschaft  auf  sich  geladen  hatte  und  somit  schon  persönlich 
unannehmbar  war,  mit  seinen  geworbenen  Truppen  Nürnberg  zu 
Hilfe  j^eschickt  werden  sollte.  Da  galt  es  denn  rasch  /u  handeln 
und  dureli  selhstiuidige  Regelung  der  Angelegenheiten  die  richtige 
Antwort  auf  die  3  Fragen  zu  erteilen. 

Ungesäumt  beschrieb  der  Rat  den  Obersten  Leublhng  und 
den  Oberstlieutenant  Pullmann,  schritt  unverzüglich  zur  Werbung 
bis  auf  2000  Mann  und  begann  mit  der  Versicherung  der  Stadt, 


**)   Kfirnbergcr  Krcisarchiv.   Tom.  XIU.  356—361,  s.  Berieht  ««■ 
Würzburg.    Tom.  XIII   365  fT.  —  Soden,  Gustftv  Adolf  und  leio  Heer  in 

öäddeutschland,  pag.  74  -76. 

Nürnbcriier  Kreisarchiv.    Tom.  XIII.  356-  361. 


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indem  er  Zwinger  und  Thore  verwahren,  Geschütze  aufHlhren 
und  die  Thttren,  welche  in  die  Stadtmauern  gingen,  vermauern 
liefs.    Im  übrigen  aber  sann  er  nach,  wie  er  den  Grafen  Solms 

am  besten  ablehnen  könnte.  Doch  brauchte  er  sich  nicht  lange 
zu  besinnen.^')  Denn  kurze  Zeit  nach  dem  eingelangten  Berichte 
Tetzeis  und  Dr.  Richters  lief  auch  ein  Schreiben  des  Königs  ein,  s.hrcib.n 
in  welchem  dieser  sich  erbot,  im  Falle  Nürnberg  belagert  werden 
sollte,  was  jedoch  nicht  zu  glauben,  die  Stadt  >in  höchster  eyl- 
fertigkeit  vnd  mit  aller  macht  zu  succuriren<  und  für  die  Wohlfart 
derselben  »dafs  eufserst  aufzusetzen c,  indem  er  zugleich  aber  auch 
meldete,  dafs  er  den  Grafen  Heinrich  Wilhelm  von  Sohns  ver- 
mocht hätte,  isich  in  eyl  aufzumachen  vnd  euch  als  ein  hoch- 
erfahrner  Soldat,  vnd  defsen  trew  vnd  eyfer  zu  -gemeiner  wohl- 
fart vnfs  genugsam  bekant,  vnsertwegen  mit  raht  vnd  that  zu 
afsistiren.«  Auf  dieses  Schreiben  folgte  alsbald  ein  zweites, 
in  welchem  der  König  den  Rat  ersuchte,  Solms  »die 
trumel  in  ewer  statt  offen  rühren,  vad  darbey  Soldaten  werben 
zu  lassenc.''^) 

In  Würzburg  waren  unterdessen  die  Verhandlungen  mit  Der 
Gustev  Adolf  zu  einem  gewissen  Abschlüsse  gelangt.    Am  2. 
November  1631  (23.  Oktober  alten  Kalenders)  kam  ein  Vergleich 

zustande,  der  von  dem  König,  den  Bayreuthischen  und  Nürn- 
bergischen Abgesandten  unterschrieben  wurde.  In  diesem  ver- 
sprach Gustav  Adolf,  er  werde  der  gedachten  Stände  Land  und 
Leute  »wider  vnsere  vnd  ihre  ligirte  feind  entweder  durch 
diversion  oder  durch  würcklichen  succurs  vnd  entsatz  mit  aller 
macht,  auch  auf  den  Fall  bedorffens  mit  emploijrung  vnserer 
aigenen  person  getreulich  tefendiren  vnd  schützen.«  Bayreuth 
und  Nürnberg  aber  verpflichteten  sich,  nach  Verlauf  von  14 
Tagen  24  Monate  einfachen  Römerzugs,  in  3  Monaten  hernach 
ebensoviel  und  4  Monate  nachher  abermals  24  Monate  nach 
Anlage  eines  jeden  Standes  der  Reichsmatrikel  nach  zu  entrichten; 
was  für  Nürnberg  die  Summe  von  106  560  fl.  bedeutete.  Doch 
wurde  bestimmt,  dals,  wenn  ein  Stand  sein  Kriegsvolk  selber 


NClniberger  Kreis»rchiv.   Tom.  Xll.  405  —  407.  Ratseriais  am 

30,  Oktober. 

Nürnberger  Kreisarchiv.    Tom.  XIU.  343  and  365,  Schreiben 

des  Königs. 


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werben  und  dem  Kreis  zu  dessen  Bestem  überlassen  würde,  die 
hielUr  aufgewandten  Unkosten  von  der  Quote  abgezogen  werden 
sollten.  Auch  gaben  die  Abgeordneten  die  Erklärung  ab,  bei 
ilircn  }Iei  rcn  daluii  zu  wirken,  dafs  in  Bälde  eine  Spc/.ialallianz 
mit  Gustav  Adolf  aufgerichtet  würde,  zu  welchem  /.we«  ke  der 
Kreisoberst  die  Fürsten  und  Stände  des  fränkischen  Kreises  zu- 
sammenbeschreiben sollte.  Wer  im  Laufe  von  2  Monaten  sich 
zu  dieser  SpezialalUanz  nicht  verstünde,  sollte  als  öffentlicher 
Feind  betrachtet  werden,  es  wäre  denn,  dafs  er  die  offenbare 
Unmöglichkeit  nachwiese.") 
Steihmg  Von  Ansbachischer  Seite  war  bei  der  Unterzeichnung  des 

Aittbüciit.  Vertrages  niemand  zugegen.  Doch  hatte  Graf  Friedrich  von 
Solms  dem  König  das  Wort  gegeben,  dafs  die  Ansbachische 
Vormundschaft  ebenfalls  unterzeichnen  würde.  Graf  Friedrich 
von  Solms  war  übrigens  schon  vorher  seine  eigenen  Wege  ge- 
gangen, im  guten  Glauben,  man  würde  in  Nürnberg  und 
Bayreuth  sich  genau  an  die  Heilsbronner  Beschlüsse  halten,  hatte 
er  für  Ansbach  mit  Gustav  Adolf  verhandelt  und  sich  zu  der  in 
Heilsbronn  bewilligten  Geldhilfe  verstanden.  Deshalb  weigerte 
er  sich  auch,  die  ihm  von  Nürnberg  aus  überschickte  Bayreuther 
Instruktion  zu  unterzeichnen.'^) 
ZufHedeniieit  So  war  denn  in  Würzbiurg  einstweilen  ein  Vergleich  zu* 

Stande  gekommen,  der  sich  im  wesentlichen  mit  den  Heilsbronner 

XiirnWr>;cr 

Dt-iegierun  Bcschlüssen  deckte.  Die  Nürnberger  Abgesandten  waren  froh, 
mit  den  Ab- ^^jg  es  ..ihnen  gelungen,  '»difsmal  beim  ersten  gradu  vnd  in 
m  waraburg.  gcneralibus  zu  verbleiben  vnd  vrt  dasjenige  zu  sehen,  was  vn- 
langsten  zu  Hailfsbrunn  für  gut  ist  befunden  worden«,  und  dafs 
es  nicht  dazu  gekommen  war,  wozu  sie  auf  den  äuisersten  Fall 
instruiert  gewesen,  »eine  clausulirte  alliance  oder  vergleichung 
zu  schliesen«,  somit  also  die  Möglichkeit  vorhanden  war,  die 
vom  König  mitgeteilte  Allianzformel,  welche  die  Gesandten  be- 
reits in  vielen  Punkten  zum  Besten  der  Stände  geändert  hatten, 
noch  weiter  zu  verbessern.'^) 

**)  Nürnberger  Kreisurchiv.    Spezialftkten  des  jojXhrigen  Krieges, 
Saal  I.,  I.adc  223,  Nr.  10. 

u.  ^'j  Nürnberger  Kreisarchiv.  Tom.  XIII.  393  ~  402,  IV.  Relation 
der  Nürnberger  Delegierten.  Tom.  Xli.  39li  Schreiben  des  Grafen  Friedrich 
vun  Sohns  unicrm  29.  Okiober.  —  Soden»  Guslav  Adolf  und  sein  Heer  in 
Suddeutschland,  pag.  78 -  ho. 


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Anders  freilich  dachte  der  König.    In  einem  Briefe,  den  unntfncden. 
er  am  5.  November  aus  Wttrzburg  an  den  Kurfürsten  Johann  '''"^ 

Königs  mit 

Georg  schrieb,  tritt  seine  Unzufriedenheit  klar  zu  tage.    Wir  ^en 
hätten  uns  versehen»  so  schreibt  er,  dafs  bei  dem  Werlte  von  «vangcUschen 
den  interessierten  evangelischen  Kreis  verwandten,  Fürsten  und  Franken*. 
Ständen  uns  dergestalt  beigestanden  würde,  >das  Wir  dem  feinde 
infcruenti  victoria  begegnen t  ;  .  .  .  >hal)en  aber  wieder  all  ver- 
hoffen  erfahren  müssen,   das  Wir  noch  dieser  Zeit  bey  einem 
vnd  dem  andern  sehr  schlechte  oder  fast  gar  keine  Handreichung 
gespürt,  sondern  theilfs  sich  mit  den  aufsgestandenen  langwirigen 
.  Pressuren  vnd  daher  erfolgter  Armuth,  theils  aber  mit  deme 
entschuldigen  wollen,  dafs  Sie  dem  Leipzigischen  Schlüfs  bey* 
pflichtig,  dahin  ihr  quotam  zu  entrichten  von  E.  Ld.  ernstlich 
angestrengt  vnd  also  mit  do^jpelter  ruhten  ganz  nit  gestrafft 
werden  konten.« 

Doch  begnügte  sich  der  König  für  jetzt  mit  den  72 
Monaten;  mit  den  Städten  Strafsi^urg,  Frankfurt,  Nürnberg  und 
Ulm  gedachte  er  aber  eine  besondere  Allianz  abzuschlielsen, 
da  sie  mehr  Geld  hätten  und  gröfsere  Sicherheit  böten,  als  die 
Fürsten  und  Grafen.  Überdies  konnte  Ja  die  Spezialallianz, 
welche  zwischen  den  Räten  des  Königs  und  den  Vertretern 
Nürnbergs  in  Würzburg  der  Gegenstand  eingehender  Beratungen 
gewesen  war,  nicht  zu  lange  hinausgeschoben  werden.") 

Da  nun  die  beiden  Konzepte  der  Spezialallianz,  das  Nürn-  ir,^  beiden 
bergerund  das  schwedische,  bei  allen  späteren  Verhandlungen  als  Kimzeptedcr 

S|>f/i.i!- 

Nürm  dienen,   so   ist  es  gewifs  schon  jetzt   angezeigt,   etwas  MUm. 
näher  darauf  ein/,uu;ehen. 

Als  Gründe  für  den  Abschlufs  der  Vergleichung  sind  darin 
angegeben:  Man  hat  von  katholischer  Seite  —  »die  päbstisch 
ligirte  feind  vnterm  fürwand  kayserlichen  namens  vnd  authoritet« 
—  die  Evangelischen  wider  die  kaiserliche  Kapitulation,  die 
Reichskonstitutionen,  den  Reltgions'  und  Profanfrieden  beschwert, 
trotz  aller  gegenteiligen  Zusagen  durch  Kontributionen  u.  s.  w. 
fast  ganz  zugrunde  gerichtet,  in  ihren  Rechten,  selbst  an  ihrem 
guten  Namen  verunglimpft»  und  uns  genötigt,  dem  Leipziger 
Schlufs  zu   entsagen  wider  die  RcicUskonstitutiunen,   >  alles  zum 

*  ')  Schrift  st  iic!.o  f  i  stav  Adolfs  riimeist  an  cvan^j.  Fttrsten  Deulsch- 
landit,  herausgeg.  von  G.  Droysen,  Stockholm  (1877).  &. 


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zwecke,  vns  der  freiheiten  in  religion:  vnd  profansachen  zu  be- 
rauben  vnd  vns  vnter  das  päbstische  joch  zu  bringen«,  und  uns 
kein  anderes  Mittel  mehr  übrig  gelassen,  »als  welches  gott  auch 
denn  vnvemttnfiligen  thieren  gemein  gemacht»  gewalt  mit  gewalt 
zu  steuern« .  Deshalb  hat  N.  sich  auch  mit  dem  König  von 
Schweden  verglichen  (weil  er  die  Neutralität  nicht  dulden  will) 
i  vnwidcrnifrlichcn  zur  crh.utuiig  des  so  teuer  erworbenen  vnd 
bilshero  conscrvirtcn  religion-  vnd  prophanfriedens«.  Docli  soll 
der  Kaiser  ausgenommen  werden  jederzeit  vnd  in  alle  weg  in 
crafft  der  heylsamen  Reichs  Constitutionen,  als  der  gesambten  chur- 
fUrsten  vnd  stände  vorgesetztes  oberhaubtc ;  eine  Forderung,  die 
beim  König  freilich  nur  Zorn  erregte  und  nicht  durchzusetzen  war. 

Und  nun  zu  den  einzelnen  Punkten  des  Vergleiches!  Sie 
lauten  in  der  Hauptsache.  Die  Stadt  begibt  sich  in  des  Königs 
Defension  und  verspricht,  solange  dieser  Religionskrieg  —  Tom. 
Xin,  243  ff.  blofs  »Krieg«  —  währt,  ihm  »mit  leib  vnd  blutt 
nach  bestem  vermögen c  bei/Aispringen,  untergibt  und  anvertraut 
ihm  »die  völlige  vnverhinderte  Direction«  in  diesem  Kriege, 
gewährt  ilim  treien  Pafs  und  Repals,  auch  freie  Werbungen  im 
ganzen  Gebiete,  wird  die  Pässe,  besonders  die  Stadt  nach  er- 
heischender Kriegsnot  besetzen,  »in  summa  alles  gegen  haitung 
guter  ordre  vnd  disciplin  thun  vnd  lassen,  was  die  ratio  belli 
erfordert.«  Sie  gestattet  den  Einkauf  von  Gewehren,  Munition 
u.  s.  w.  im  Umfang  ihres  Gebietes  und  erbietet  sich,  solches 
auch  aus  dem  Zeughaus  zu  liefern,  natürlich  gegen  Wiederer* 
stattung  wenigstens  des  Wertes,  wie  sie  denn  überhaupt  gegen 
Bezahlung  die  notwendigen  Lebensmittel  und  den  nötigen  Kriegs- 
bedarf verabfolgen  wird. 

Dem  Feinde  wird  die  Stndt  Pafs  und  Rcpafs,  sowie  die 
Werbungen  verweigern,  su-  wird  »seine  trouppen,  wo  die  gleicii 
anzutretfen,  so  viel  möglich  trennen  vnd  schlagen.« 

Sie  wird  ohne  Wissen  und  Willen  des  Königs  sich  in 
keine  Freundschaft  oder«  Verbündnis«  einlassen,  »so  dieser 
zu  wieder«  —  Tom.  XIII,  243  ff.  fehlt:   »so  dieser  zuwieder« 

—  oder  vom  Vergleiche  abweichen  oder  auch  einen  Frieden 
eingehen,  sondern  mit  dem  König  >wider  ihre  vnsere  vnd  der 
evangelischen  warheit  feinde  treulich  für  einen   mann  stehen«. 

—  Tom.  XIII,  243  ff.  fehlt  »der  evangelischen  warheit  feinde«. 

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Sie  wird  mit  Beistand  des  Königs  auch  andere  Stände  zur  Ver- 
gleichung  vermögen  und  den,  der  sich  innerhalb  2  Monaten 
weigern  wird  beizutreten,  nicht  anders  denn  als  Feind  behandeln. 

Dieser  Vergleich  soll  der  Stadt  an  ihrer  »Reichs-  und 
Kreisimmedietetc»  an  ihren  Rechten  und  Freiheiten  als  einem 
unmittelbaren  Reichs-  und  Kreisstand  »vff  keine  weifs  noch  weg, 
zu  ewigen  zeiten  nicht  schädlich  noch  vctiar.glich  seyn.« 

Dagegen  nimmt  der  König  die  Stadt  in  seinen  .sj^erial 
Schutz,  schirm  vnd  prutection«  wider  alle  Feinde,  die  des  Königs 
und  der  Stadt,  erhält  sie  bei  ihren  Rechten  und  Freiheiten  und 
verspricht,  da  der  Feind  sie  bedrängen  sollte,  ihr  denselben 
entweder  »durch  eine  tiversion  vom  Halse  ziehen,  oder  da  er 
sich  dadurch  nicht  solte  wollen  abwenden  lassen,  nach  allem 
vermögen  vnd  mit  euserster  macht  auf  vnsere  costen  durch 
succurs  vnd  entsatz,  auch  mit  emploijrung  vnserer  aigenen  person, 
verfolgen  vnd  abtreiben,  sie  auch  auf  keinerley  weifs  vnd  weg 
deserirn  wullcn.«  Die  vuni  König  /.ur  Hilfe  entsandten  OtTi/iere 
und  Soldaten  sind  den  Ständen  untergeben  und  deren  Kommando 
unterworfen. 

Der  König  läfst  sich  das  Gedeihen  der  Stadt,  besonders 
deren  Handel  angelegen  sein,  verstattet  den  Nürnberger  Bürgern 
und  Handeisleuten,  deren  Güter  in  katholischen  Ländern  konfis- 
ziert worden,  Repressalien  in  seinen  und  der  Verbündeten  Ländern 
und  hilft  allen  religiösen  tmd  politischen  Beschwerden  der  Stadt 
ab.  Er  sorgt  für  gute  Disziplin  der  Soldaten  und  wird  die 
Stadt  >in  ihren  hoch:  frey:  vnd  gerechtigkeiten,  in  gaist-  vnd 
weltlic:hen  Sachen,  Privilegien,  aigenthumb,  recht,  gerechtsamen 
vnd  iierbringen  kein  praejudiz  oder  beschwerde  zufügen,  noch 
anderen  zu  tliun  nachhängen«.  Er  wird  es  bei  Sachsen  und 
anderen  Ständen  daliin  richten,  dals  sie  Nürnberg  mit  Gesuchen 
um  Vorlehen  verschonen.  Er  wird,  was  andere  Stände  bei 
Abschlufs  dieses  Bündnisses  sich  vorbehalten  haben,  auch  Nttm- 
berg  zugestehen  und  mit  seinen  und  der  Stände  Feinden  keinen 
Frieden  eingehen,  >es  seyn  dann  auch  Sie  N.  N.  allerdings 
befriedigt,  claglofs  gestellt  vnd  mit  darein  geschlossen  worden,  c 

Dies  alles  verspricht  Gustav  Adolf  »als  ein  christlicher 
kunig  vnd  beschi;t/,er  der  evangelischen  warheit.«  —  Tom.  XIII, 
243  ti.  lieilst  es:  »christlicher  getrewcr  Buudtsverwaudtcr*.  — 


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Das  ist  der  wesentliche  Inhalt  der  AUianz-  oder,  wie  die 
Nürnberger  sagten,  Vergleichungsformel.  Dafs  zwischen  den 
beiden  Nürnberger  Abgeordneten  und  den  schwedischen  Räten 
in  wesentlichen  Dingen  Meinungsverschiedenheit  bestand,  zeigen 
schon  die  paar  angeführten  Differenzpunkte.  Es  ist  nicht  gleich- 
gültig, ob  this  Bündnis  nur  so  lange  in  Kraft  bleibt,  als  der 
i-Religionskriog^  oder  der  )>Krieo:'  währt,  man  sich  ohne 
Wissen  und  Willen  Gustav  Adolls  in  gar  kein  Bündnis  oder  nur 
in  kein  Bündnis  einlassen  will,  so  diesem  zuwider.«  Es  ist 
gewifs  ein  grofser  Unterschied,  ob  der  Kaiser  bei  diesem  Bünd- 
nis ausgenommen  wird  oder  nicht,  von  Bedeutung,  dafs  im  Ver- 
gleiche Aufnahme  findet,  man  habe  diesen  nur  deshalb  einge- 
gangen, weil  Gustav  Adolf  von  Neutralität  nichts  habe  wissen 
wollen,  nicht  unwesentlich,  ob  man  eine  Allianz  mit  Gustav 
Adolf  schliefst  oder  einen  Vergleich  resp.  Versicherungshandel. 

Soweit  waren  die  Verhandlungen  mit  dimi  Srhwedeiikonig 
resp.  dessen  Raten  ^^cdiehen,  als  das  drohende  Kriegsunf.^ewitter 
über  Franken  hereinbrach.  Graf  Tilly  rückte  mit  den  Resten 
seines  geschlagenen  Heeres  heran,  um  die  Werbungen  fUr  Gustav 
Adolf  im  Frankenlande  zu  verhindern  und  die  ungehorsamen 
Stände  zu  züchtigen. 

Bevor  ich  jedoch  zur  Schilderung  des  Tillyschen  Einfalls 
ins  Nürnberger  Gebiet  übergehe,  halte  ich  es  für  geboten,  das 
Verhältnis  Nürnbergs  zum  Kaiser  und  zu  den  benachbarten 
katholischen  Fürsten  von  Zeit  der  Ankunft  der  schwedischen 
Abgesandten  bis  zum  Würzburger  Vertrage  etwas  näher  zu 
beleuchten. 

VoniiitiKo  in  Kaum  war  Marx  von  Rehlingen  in  Nürnberg  eingetroffen, 

bMmdt'n  ^^^^  auch  alsbald  in  Amberg  bekannt,  von  wo  die  wichtige 

a^-^M  ii      Kunde  nach  München  gebracht  wurde.    Berichte  über  Vorgänge 
J«  sciiir^«!     Nürnberg  gingen  der  Regierung  von  Amberg  von  verschiedenen 
in  A.nUfR  Seiten  zu,  so  durch  den  Richter  zu  Weifsenohe,  Wolf  Andreas 
Ku.tdli^  ^y^^Z*       kaiserlichen  Obersten  Voit  in  Erlenstegen,  vor  allem 
Max     aber  durch  den  Schultheifsen  Mathias  Rosenhamer  von  Neumarkt, 
*'itn!htc*^"  an  welchen  der  Kurfürst  Max  die  Weisung  hatte  ergehen  lassen, 

Da»  ~            ■  ■ 

luiiitorliclK>  Nürnberger  KreUarchiv.    Tom.  XIL  415    421,  Nr.  i,  mehr  im 

^f;l^ln-  Sinne  Niirnhert's  und  Tr.m.  XITT.  243— 240,  « Ev*-ntual-Concept  XU  WUrtsburg 

»chanbcn.  vfl^reaeUel.«    Tom,  Xlll.  393    40a,  IV,  K«lalioii, 


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—  111  — 


er  möge,  weil  er  in  der  Nähe  von  Nürnberg  sei,  »eine  gewiese 
verlrautte  personn  auf  sonderbare  spesa  erhandeln,  c  Auch  der 
Kaiser  erfuhr  gar  bald,  dafs  Nttrobeig  mit  Gustav  Adolf  in 
Verhandlungen  getreten  sei  und  sich  von  ihm,  dem  Reichsober- 
haupte,  immer  mehr  abwende.  Schon  am  20.  Oktober  schrieb  er 
daher  an  den  Rat  der  freien  Reichsstadt  Nürnberg,  es  sei  ihm 
mitgeteilt  worden,  dafs  der  Schwedenkönig  einen  Rittmeister  an 
Nürnberg  abgeschickl  }ial)C,  um  dieses  zur  Ergreifung  der  \\  atVen 
zu  vermögen,  und  dafs  jenem  von  etlichen  Nürnberger 
Bürgern  und  Handelsleuten  ein  starker  Wechsel  ausgestellt 
worden  sei. 

Er  erinnerte  den  Rat  an  seine  Pflichten  gegen  Kaiser  und 
Reich,  an  die  vielen  Versprechungen,  die  er  ihm  und  den  kaiser- 
lichen Kommissären  gegeben,  besonders  aber  daran,  dafs  er  bei 
Entsagung  des  Leipziger  Schlusses  ihochbeteuerlich  versprochen, 

den  im  reich  öffentlich  angeschlagenen  vnd  publicirtcn  kaiserl. 
Avocatoriis  et  monitoriis  in  allem  vollkommlich  zu  pariren.c 
Dann  wies  er  darauf  hin,  dafs  Gustav  Adolf  das  Reirh  cjhne 
rechtmäfsige  Ursaciie  angegrilien  habe  und  deswegen  auch  vom 
gesamten  kurfürstlichen  Kollegium  für  ein  Feind  desselben  er- 
klärt worden  sei,  und  forderte  den  Rat  auf,  >ihr  wollet  Ihme 
auif  sein  ansuchen  vnd  Werbungen  weder  glauben  geben,  noch 
weniger  seinen  vnrechtmefsigen  actionibus  vnd  feindlichen  atten- 
tatis  in  ainigerlei  weg  beypflichten,  insonderheit  aber  weder  ihme, 
noch  seinem  auff  des  heil,  reichs  boden  zu  defsen  eufsersten 
höchsten  gefahr,  tifsolution  vnd  verderben  eingeführten  kricgs- 
volckh  ainigc  hülflf,  es  sei  gleich  an  \olLkh,  ueUlt,  proviandt, 
munition  oder  rustungen,  nicht  laisten,  snndern  \miis  vnd  der 
gehursaniben,  vnns  alsistirender  getrewer  chur:  türsten  vnd  ständt 
armaden,  welche  zu  ewer  vnd  der  ewerigen  rettung  vnd  tefen- 
sion  diesem  feindt  verhofTentlich  baldt  vnter  äugen  ziehen  vnd 
demselben  mit  beystandt  des  allmechtigen  Gottes  aus  besagtem 
craifs  vnd  volgendts  von  des  reichs  bezirckh  mit  macht  wider 
ab:  vnd  zuruckh  treiben  wirdt,  in  vnterthenigsten  bestendigen 
trewen,  ewrem  vermögen  nach,  an  die  handt  stehen  vnd  euch 
hievon  keineswegs  abfilhren  oder  ein  andres  persuatiren  lafsen.« 
Zum  Schhisse  aber  verlangte  cler  Kaiser  des  Rates  >nochmahlige 
schrititiiche  crclerung  vnd  vnwaigcrliche  paritiou*  und  drohte 


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—    112  — 


mit  der  kaiserlichen  Ungnade  und  der  in  den  »kayserlichen 
mantatis  einverlatbten  straffen  vnd  poenent.^) 

^  Diese  Erinahnunt^  Ferdinands  II.   zur  Treue  brachte  und 

kaiMTÜrhi-ti 

Kommisiiärs  koniitc  den  Rat  von  dem  nunmehr   betretenen  Weeje  nicht  ab- 

Han*  Anuin  bringen,  ebensowenig  wie  das  Srlireibcn  des  kaiserliclien  Kommi- 
von  P<»|ifi 

i  rm.  Vin-  särs  Hans  Anton  von  Popp  aus  Wien  unterm  15.  Oktober,  in 
ungcn  zur  welchem  derselbe  ankündigte,  er  werde  am  25,  Oktober  in  Arn- 
berg eintreffen,  den  gewünschten  Kreisschlufs  bekannt  geben  und 
dasjenige,  was  der  Kaiser  angeordnet  habe,  zur  Stände  »suble- 
vamen  efifectutren,«  so  wenig  als  Popps  spätere  Mahnungen  und 
Bitten,  dem  Kaiser  den  Gehorsam  zu  bewahren,  sowie  dessen 
Versicherungen,  dafs  er  bevollmächtigt  sei,  sie  bei  den  kaiser- 
lichen Rechten  und  Gerechtigkeiten,  bei  dem  Religions-  und 
Profan  frieden  zu  erhalten.  Immerhin  mochten  aber  diese  steten 
Aurtorderuni^en  zur  Treue  die  zögernde  Haltung  des  Rates 
gegenüber  den  Wünschen  des  Schwedenkönigs  noch  mehr  be- 
kräftigen und  dazu  beitragen,  dafs  Nürnberg  sich  gleich  ängstlich 
als  bisher  hütete,  beim  Kaiser  und  den  Katholiken  Anstofs 
zu  erregen. 

Der  Rat  vermied,  wenn  es  irgendwie  anging,  den  Weg  der 

schriftlichen  Mitteilung ;  bei  ihm  fand  keine  evangelische  Stadt 
Frankens  den  i^ewünschten  Aufschlufs,  wie  sie  sich  Gustav  Ado'' 
gegenüber  \erhalten   solle,   keine  Hilfe  selbst  in  der  gröfst« 
Not.    Er  hielt  gute  Nachbarschaft  mit  den  angrenzenden  katho 
lischen  Staaten  und  suchte  insbesondere  mit  dem  Bischöfe  von 
Bamberg  auf  friedlichem  Fufse  zu  verbleiben. 

Diese  vorsichtige  Haltung  hielt  der  Rat  auch  gegenüber 
dem  kaiserlichen  Kommissär  Popp  fest.*^) 

^  Am  24.  Oktober  kam  Popp  in  Amberg  an,  und  um  Mitter- 

Kreisacbluai.  nacht  desselben  Tages  schrieb  er  nach  Nilrn!)erg  an  Hans  Jakob 
Tetzel,  er  habe  »alles  erlangt,  was  die  herren  desiderirt«  *,  an 
den  Rat  selbst  aber  sandte  er  Original  und  Kopie  des  Kreis- 


'*)  Münchcner  All^'emeines  Kcichsarchiv.  Tom.  CLXXI.  215,  CI.  396, 
CI.  32.  —  Nürnberger  Kreisarchiv.  Tom.  XIII.  331  —  333.  Copia  Schreibens 
der  Rom:  Key:  MU;  An  Bargermeister  vnd  Raht  der  Statt  Nürmberg  vom 
ao.  octobr.  1631. 

Nürnberger  Kreisarchiv.    Popps   Schreiben,   Tom.  XIII.  30$, 

338  UDd  339. 


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—    113  — 


Schlusses  mit  der  Bitte,  er  möge  das  erstere  an  den  Bischof  von 

Bamberg  nach  Forchhcini  schicken.  Zugleich  ciuKilintc  er  diesen, 
in  kaisTrlichiT  ■»Devotion«  zu  bleiljcn,  und  bat  um  sicheres 
Geleit  narh  Nürnberg,  um  da  seine  Kommission  ablegen  zu  künncn. 

Nun  war  der  Kreisschlufs,  wie  Popp  geweidet  hatte,  für 
die  Stände  allerdings  günstig.  Der  Kaiser,  dem  gerade  jetzt 
daran  gelegen  sein  mufste,  diese  bei  gutem  Willen  zu  erhalten, 
begnügte  sich  mit  den  von  den  protestierenden  Ständen  bewilligten 
72  Monaten  einfachen  Römerzugs,  stellte  aber  an  die  ausschrei- 
benden Fürsten,  den  Bischof  von  Bamberg  und  den  Markgrafen 
Christian  von  Bayreutli,  das  Ersuchen,  zu  sorgen,  dafs  die  er- 
betene  Kontribotionshilfe  der  72  Monate  je  eher,  je  bälder  in 
die  Kasse  geliefert  und  die  dazu  weit  ausgesetzte  Zeit  auf  6 
Monate  abgekürzt  werde,  das  Zahlungs/.iel  al)er  von  Quartal  zu 
Quartal  sei,  also  dals  in  jedem  Quartal  die  liälüe  einbezahlt 
und  36  Monate  sofort  in  die  Kasse  abgeführt  wUrden. 
(Die  Bewilligung  erfolgte  am  26.  Juli  1631.)  Dagegen  versprach 
der  Kaiser,  die  Stände  bei  ihren  Rechten  und  Privilegien  zu 
schützen  und  Sorge  zu  tragen,  dafs  dieselben  möglichst  verschont 
würden,  dafs  bei  Einquartierungen,  Durchzügen  und  Musterplätzen 
den  Reichskonstitutionen  gemäfs  verfahren  und  gute  militärische 
'4^ucht  gehalten  würde.  Doch  stellte  er  bei  den  Umtrieben  der 
vchweden,  wegen  deren  statt  40000  Mann  dreimal  soviel  er- 
forderlich wären,  weitere  Forderungen  in  Aussicht  und  sprach 
die  Zuversicht  aus,  dafs  die  Stande  auf  ferneres  Anhalten  »Vnns 
hinfürters  weiter  an  die  handt  zu  gehen  genaigt  sein  werden  . 

Allein  die  protestierenden  Stände  Frankens  waren  jetzt 
nicht  mehr  geneigt,  die  bewilligten  72  Monate  zu  zahlen,  w^eshalb 
der  vom  kaiserlichen  Kommissär  so  sehr  gewünschte  Kreistag 
durchaus  nicht  in  ihrem  Interesse  lag.  Popp  wurde  daher  unter 
allerlei  Vorwänden  hingehalten. 

Nürnberg  war  in  dieser  Sache  insofern  in  einer  günstigen 
Lage,  als  ja  der  Kreistag  vom  Bischof  von  Bamberg  und  vom 
Markgrafen  ("liristian  ausgeschrieben  werden  nuifste,  <las  Nicht- 
zustandekoinmcn  desselben  ihm  also  nicht  direkt  zur  Last  gelegt 
werden  konnte.  Allein  Stellung  zur  Sache  mulste  es  dem  kaiser- 
lichen Kommissär  gegenüber  doch  nehmen;  denn  dieser  bat 
immer  dringender  um  Geleite  nach  Nürnberg,  um  hier  seine  Kom- 

8 

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114  — 

hiission  ablegen  zu  können.  Und  der  Rat  luihiu  diese,  wie  er  in 
ähnlich  gelagerten  Fällen  immer  es  machte,  indem  er  eine  aus- 
weichende Antwort  gab,  ^^an  habe,  so  schrieb  er,  weil  die 
Lage  immer  gefährlicher  werde,  an  den  Bischof  von  Bamberg 
abgeordnet  und  werde  nicht  versäumen,  nach  der  Rückkehr  der 
Abgeordneten  Näheres  zu  berichten.  Seine  wirkliche  Meinung 
aber  in  der  ganzen  Angelegenheit  war«  der  Markgraf  möchte 
einen  engeren  Kreiskonvent  der  evangelischen  Stände  Frankens 
ausschreiben,  da  es  nicht  geraten  sei,  dafs  ein  Stand  fllr  sich 
den  Kaiser  und  Popp  beantworte,  und  man  Ansbach  nnd  Bayreuth 
nicht  trauen  dürfe.**) 
Nürnbergs  Vorsicht  dcs  Ratcs  zeugt  auch,   wie  bereits  er- 

Vcrkchr  mit  ^vühnt,  dcssen  Verkehr  mit  den  evangelischen  Städten  Frankens. 

den 

ovatigtiischcn  bequemes  Mittel  desselben  war,  dafs  er  die  anfragenden 
Keichwtädten  Städte  an  den  Kreisobersten,  den  Markgrafen  Christian  von 
K.mseq««t«  Bayrcuth,  wies,  dessen  Sache  es  ja  vor  allem  wäre,  in  allen 
Ablehnung  Angelegenheiten,  die  den  Kreis  beträfen,  Rat  zu  erteilen. 

der 

Darlehens'  nicht  dazu  Verstand,  anderen  bedrängten 

v^i^'    Ständen  die  gewünschte  Auskunft  zu  geben,  so  gewährte  er  auch 
keine  Hüfe.   Die  Rothenburger  konnten,  als  Tilly  sie  bedrohte, 

trotz  aller  Bitten  weder  ein  Vorlehen  noch  Hilfstruppen  bekommen. 

Mag  nun  ein  solches  Verhalten  auf  den  ersten  Anschein 
nicht  zu  biliigen  sein,  es  ist  wohl  erklärlich,  wenn  man  die 
(iründe  erwägt,  welche  Nürnberg  liiebei  leiteten.  Schriftlich 
einen  Rat  zu  geben,  vermied  der  Rat  mit  Recht  aus  Besorgais, 
es  könnte  der  Brief  aufgefangen  werden,  in  welchem  Falle  man 
es  entweder  mit  dem  Kaiser  oder  dem  Schwedenkönig  verdarb. 
Ein  Darlehen  verweigerte  er  den  Erfurtern,  Rothenburgern,  dem 
Herzog  Wilhelm  von  Sachsen-Weimar  und,  wie  wir  in  der  Folge 
erfahren  werden,  allen  Bittenden  konsequent  aus  dem  Grunde, 
weil  die  Stadt  Nürnberg  selbst  immer  gröfsere  Ausgaben  machen 
mufste.    Hilfstruppen  aber  konnte  er  den  Rothenburgern  schon 

^)  Nürnberger  Kreisarchiv.  Topps  Schreiben,  Tom.  XIII.  288  und 
2Sq,  306  und  307.    Tom.  Xllf.  279  Copia  Schreibens  der  Köm:  Kay: 

Mit.  An  die  Anschreibende  i'ürälen  deU  fränckhiachen  Craii>ei>.  Wien  10. 
Stv-  1631,  die  bewilligte  73  Monath  CraifihUIfr  betr.  Tom.  XIII.  318,  Popp« 
Schreiben  aus  Amber;.;  im  den  Rat,  und  Tom.  XIII.  322,  I?rief  an  Tetzel.  Weitere 
Korrespondenz:  Tom.  XIII.  325,  338,  342,  344.  Tom.  Xlü.  337,  Gutachten 
der  Hochgelehrten.  Tom.  Xlll.  347,  KaUeriaOi  und  Gutachten  de«  Dr. 
Heinrich  Httlfa. 


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deshalb  nicht  schicken,  weil  er  sich  hiedurch  als  Feind  des 
Kaisers  erklärt  bätte.*^ 

Zur  Verantwortung  beim  Kaiser  sollte  auch  das  gute  Ein- 

vernehmen  mit  Bamberg  dienen.    Bereitwilligst  sandte  der  Rat  «» 

Philipp  HaiLsilutllct  und  Dr.  Ülliat'cn  zur  Konferenz  nach  Förch-  pje 
heim  al),  wohin  der  Hist  hof  Nürnberg  und  Bayreuth  eingeladen  ForcliHeim«r 
hatte,    um  mit  ihnen   über  die  allgemeine  Lage  und  die  zu  er-  am 
greifenden  Mafsregeln  zu  beraten,  sowie  ihre  Meinung  zu  hören,  Oktubcr. 
ob  er  die  Festung  Forchheim  dem  Schwedenkönig  überlassen 
solle  oder  nicht.    In  Wirklichkeit  freilich  war  der  Bischof  nicht  ' 
gesonnen,  Forchhelm  dem  Könige  einzuräumen.   Ihm  war  es 
nur  darum  zu  thun,  »damit  durch  derfselben  zuthunc  —  Nürn- 
bergs und  Bayreuths,  welch  letzteres  jedoch  keinen  Vertreter  zur 
Konferenz  schickte  —  »der  könig  diese  begerte  etnraumung  bei 
noch  vorstehendtem  weüttem  tractat  desto  eher  widenimben 
schwinden  vnd  fallen  lassen  mochte i  und  die  Sache  wenigstens 
Sü  lange  liinausgezogen  würde,  bis  der  vertrustete  Suk'r  rii>  von 
700  Mann  Kufsvolk,  und  300  Reitern  aus  der  OberpfaU  ankäme. 
Wenn  daher  die  Nürnberger  Abgesandten  meinten,  dem  Anscheine 
nach  würde  der  Bischof  Forchheim  den  Schweden  überlassen,  so 
täuschten  sie  sich.*^) 


II.  Kapitel. 

Vom  Würzburger  Vertrage 
bis  zum  Abzüge  des  TiUyschen  Kriegsvolkes  aus  dem 

Nürnberger  Gebiete. 

Auch  nach  dem  Wut /barger  Vertrage  suchte  Nürnberg  den  Kümix-rgs 
Frieden  mit  den  katholischen  Narbbarstaaten  aufrecht  zu  halten.  B«»*»«^» 

•lurh  n.'icll 

Der  Vertrag  verpflichtete  es  ja  noch  nicht  direkt  zum  Kampfe  ,i, 


tu-m 


gegen  die  Liga,  und  dann  stand  ja  auch  der  Bischof  von  Barn-  wuizburger 

Vertrage  mit 

berg,  der  nördliche  Grenznachbar  Nürnbergs,  in  Unterhandlungen 
mit  Gusta.v  Adolf.    Herrn  von  £rkh,  der  am  8.  November  dem 


tlon 
katholischen 

  N.trhb.xr- 

*')  Nürnberger  Krenarchiv.   Tom.  XII.  187,  Schreiben  aus  Schweinflirt   «aaten  in 

am  II.  Oktober,    Tom.  XII.  202,  Nürnbergs  Antwort.    Briefbuch  i'^'Si,  fol.    l"n<«Kn  zu 
418.    Aufserdcni  Tom.  Xlll.  311  n.  312,  326—328,  271,  329,  311-317, 
466,  469  u.  470. 

**)  Mttnchener  Allgemeines  Reichsarchiv.    Tom.  Cf.  fol.  214  a  406, 

Tom.  LXIV.  fol.  424.  —  Nürnberger  Kreisarchiv.  Tom.  XIII.  371  —  377, 
Bericht  des  Um.  Philipp  Harfsdörffer  und  Dr.  Tobias  Olhalen,  3.  November  1 631. 


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~    116  — 


Rate  gegenüber  erklärte,  seine  Soldateska  wollte  die  4  nach 
Herzogenaurach  gehörigen  geraubten  Pferde  nicht  zurückgeben, 
weil  der  Bischof  von  Bamberg  ein  ofTenbarer  Feind  sei,  wurde 
daher  bedeutet:  »Meine  herren  können  den  herrn  bischoff  fUr 
keinen  Feind  erkennen,  noch  weniger  seiner  f.  gn.  vnterthanen 
ex  hoc  capite  dafs  ihrige  vffhaltenc.  Wollten  die  Nürnberger 
die  Katholiken  für  keine  Feinde  erkennen,  sie  wurden  jetzt  als 
solche  \'om  Kaiser  und  dcu  mit  ihm  Verbündeten  angesehen; 
denn  dal's  sie  sich  mit  Gustav  Adolf  immer  tiefer  eingelassen 
hätten,  stand  fest,  darüber  erhielt  der  Kaiser  von  verschie- 
denen  Seiten  Mitteilungen.^) 

Die  betn  Am  26.  Oktober  hatte  Popp  dem  Kaiser  die  Gefahr  »durch 

Kaber  Ende  aigcncr  Staffeta  mehrers  remonstriert«  und  am  27.  Oktober  hatte 

Anfällt'  Kurfürsten  Maximilian  berichtet,  »dafs  die  stendte  von 

November  ihr  Maytt:  durch  neue  vorgenombne  Werbung  mitist  sich  de  nouo 

«•inliiufcnilen  ii-.ii  i  -  i-j* 

iiij,.^  abgewendet,   dem  Schweden  mehrers  anhengig  gemacht,   ja  die 
d.n Aiischiufs  nofahrli^^kciten   so  weith  erwachsen,   dafs,  wo  nicht  durch  eine 
evangduchen  ncwe  eüfierige  gegenwerbung^  einer  fliegendten  armada  dem  feindt 
suindr    begegnet,  derselbe  sich  baldt  defs  schwäbischen  craifs  gleichfahlfs 
iiMvA^.  alfs  des  fränckischen  impatroniren  möchten c.    Am  30.  Oktober 
aber  schrieb  Kurfürst  Max  an  den  Kaiser,  dafs  die  Protestanten 
in  Franken  sich  zur  bewilligten  Kontribution  umsoweniger  ver- 
stehen würden,  als  sie  »von  neuem  mit  gefehrlichen  vnnd  wider- 
werttigen  sachen  vmbgehen«.') 

s iirciWn  de«.  1  >ars  unter  diesen  Umstunden  das  Sehreiben  des  Rates  an 

Kau-»  an  den  ,i^.n  Kaiscr  unterm  8.  November,  in  welchem  man  die  veriangte 
schriftliclie  F.rkläruno:,  man  werde  dem  König  von  Schweden 
keinerlei  Betstand  leisten,  nicht  abgab,  also  den  Hauptpunkt 
ganz  umging,  und  in  dem  man  nur  ganz  inständig  um  Frieden 
bat,  als  Bestätigung  der  eben  angefahrten  Berichte  diente,  ist 
einleuchtend.  Dem  gegenüber  erzielten  der  Hinweis  auf  die 
grofsen  Opfer,  die  man  für  die  kaiserliche  Sache  gebracht,  und 
auf  den  Schaden  von  400000  fl.,  den  Nürnberger  Kaufleute  durch 
kaiserliches  und  schwedisches  Kriegsvolk  erst  kürzlich  erfahren 

Nttrnberger  Kreisarchiv.    Ratserluf«  am  8.  November. 

Kgl.  Geheimes  Staatsarchiv  in  München.  Fränkischf  Kreissachen, 
schwarzer  Kasten  140/1,  M,  228.  Kaiserliche  Korre:>pondenx,  schwarzer 
Kaitlen  ^,  fol.  272. 


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—  117 


hatten,  sowie  die  Berufung  auf  die  freundnachbarlichen  Bezieh- 
ungen zum  Bischof  von  Bamberg  sicherlich  nur  geringe  Wirkung. 
Ja,  gerade  diese  scheinbar  so  freundschaftlichen  Beziehungen 

zum  Bischof,  die  der  Rat  in  dem  Schreiben  an  den  Kaiser  so 
sehr  betonte,  wurden  am  Wiener  und  Münchener  Hofe  nach 
ihrem  wahren  Werte  taxiert.  Wir  können  dies  entnehmen  aus 
einem  Schreiben  des  Kurfürsten  Max  an  Kaiser  Ferdinand  unterm 
16.  November,  in  welchem  es  hei '  st,  der  Markgraf  liabe  die 
protestierenden  Stände  zu  einer  Konferenz  nach  Nürnberg  be- 
rufen, »ohne  Zweifel  zu  dem  endte,  wie  sye  sich  noch  mehrers,  alfs 
bifs  anhero  beschehen,  gegen  den  Schweden  accomodirn,  etwan  auch 
gemelten  bischofen  zu  Bamberg  darzue  disponieren  mögenc.*} 

Für  diesen  ihren  Abfall  sollten  die  evangelischen  Stände  Eiai»i\ 
daher  alsbald  bestraft  werden.  Anfangs  November  erschien  « Franken. 
Tilly  als  Rarher  mit  seinen  verwilderten  Scharen,  die  in  un- 
menschlicher Weise  hausten  und  überall  Entsetzen  verbreiteten. 
Da  er  nämlich  infulge  des  erbärmlichen  Zustandes  seiner  Truppen 
Gustav  Adolf  in  seinem  weiteren  Vordringen  am  Main  nicht 
hindern  konnte,  so  mufste  er  sich  darauf  beschränken,  dessen 
starke  Werbungen  und  Sammelplätze  in  Franken  zu  verhindern 
und  zu  trennen. 

Am  9.  November  hatte  Tilly  Rothenburg  in  seiner  Gewalt, 
am  11.  öffnete  ihm  Windsheim  die  Thore.  Von  da  zog  er  weiter 
ins  Ansbachische,  gegen  den  Willen  Pappenheims,  der  dafür  war, 
dafs  man  einen  i^posto  vnt  pafs  am  Maync  suche  oder  doch 
wenigstens  Nürnberg,  »fontem  mali«,  zum  Gehorsam  bringe  und 
dann  die  Winterquartiere  nehme,  an  welchen  Vorschlag  er  aller- 
dings das  Aber  knüpfte,  dafs  hiezu  die  »reformation  der  officier 
vnt  bagagtenc  unbedingt  geboten  sei,  welche  »Reformationc  aber 
ohne  »gelt  schwer,  gefährlich  vnt  schier  vnmöglich€. 

In  Nürnberg  war  man  sich  der  Gefahr  einer  Belagerung 
wohl  bewnfst.  Deshalb  hielt  der  Rat  mit  der  Aufnahme  der 
vor  der  verwilderten  Soldateska  nach  Nürnberg  sich  Flüchtenden 
möglichst  zurück.  —  Zu  den  Schutzsuchenden  gehörten  auch  die 
Markgrafiii  Sophie  von  Ansbach,  Gral  Tricdrich  von  Solms  und 

*)  Nürnberger  Kreisarchiv.  Dm  Schreiben  dei  Rfttet,  Tom.  XIUL 
470  ff.  (Kopie).  —  K::;!.  Geheimes  Staatsarchiv  in  Mttachen.  Kaiserliche 
Korrespondenz  1631,  schwarzer  Kasten  ^,  fol.  334. 


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—    118  — 


2  Grafen  von  Hohenlohe»  die  selbstverständlich  eingelassen 
wurden  — .  Deshalb  traf  er  auch  die  mfassendsten  Vorkehrungen, 
um  dem  anrückenden  Feinde  gerastet  gegenüber  treten  za  können.^) 
schuumab-  Beim  Ein-  und  Ausfiufs  der  Pegnitz  wurden  2  hohe  Boll- 

regehi  des  werke  aufgeworfen.    Auf  die  Basteien  ringsherum  wurden  die 

Rates  vor  tlor  ^»        i  t        rw  , 

dutch  Tilly  schweren  Geschütze  aus  dem  Zeugnauso  gestellt,  und  300  Buchscn- 
diohendcn   ineister  mufsten  auf  den  Basteien  und  Türmen  wachen.  Am 
BiticuinHiife  Stadtgraben  wurden   die  Vormauerlein  und  um  die  Gärten  die 
bei  Gustav  Mauern  abgebrochen,  damit  man  frei  hinausschiefsen  könne.  An 
die  BUrger  aber  erging  die  Aufforderung,  bei  den  Befestigungs- 
arbeiten entweder  freiwillig  Hand  anzulegen  oder  jemand  auf 
ihre  Kosten  hiezu  zu  verordnen.   Das  Haller-  und  Wöhrder- 
thUrlein  wurden  bis  auf  weiteres  zugesperrt  und  nur  das  Neue 
und  Thiergärtner  Thor  eines  ums  andere  wechselsweise  offen  ge- 
halten.   Und  da  viele  Katholiken  aus  Bamberg  und  anderen 
Orten  ihre  Zuflucht  in  der  Stadt  nehmen  wollten,    ward  die 
Aufnahme  Fremder  ohne  Erlaubnis  des  Rates  bei  einer  Strafe 
von  50  fl.  verboten. 

Das  Wichtigste  aber  war,  Gustav  Adolf  hatte  der  Stadt 
seinen  Schutz  versprochen,  im  Falle  dieselbe  belagert  würde.  Seine 
Hilfe  fttr  die  Stunde  der  Gefahr  zu  erlangen,  war  daher  eifriges 
Bestreben  des  Rates.  Schon  am  13.  November  ordnete  er 
Wilhelm  Strafsburg  an  den  König  ab,  »iedoch  allein  vnder  dem 
praetext  deren  den  hiesigen  kauflleuten  abgenommenen  gütherc. 
Strafsburgs  Instruktion  war  mündlich.  Doch  wissen  wir  in  der 
Hauptsache,  wie  sie  gelautet  hat,  aus  dem  Gutachten  des  Dr. 
Heinrich  llüirs,  aus  welchem  ich  hier  als  charakteristisch  nur 
anfuhr(M\  will,  dafs  Stralsburg  den  König  um  Verschonung 
Bambergs  bitten  mnfste,  damit  auch  Nürnberg  durch  die  Kaiser- 
lichen leidlich  behandelt  würde.  Neben  der  Instruktion  bekam 
der  Abgesandte  auch  noch  ein  Empfehlungsschreiben  des  Hof- 
rates Dr.  Martin  Chemnitz  mit  auf  die  Reise,  in  welchem  dem 
König  die  mifsliche  Lage  der  Stadt  geschildert  und  dessen  Hilfe 

^1  Geheimes  Staatsarchiv  in  München.  Katsediche  Korrespondenz, 
schwarzer  Kasten  f,  fol  33  ?  —  ^^ünchener  Allgemeines  Reichsarchiv.  Tom. 
CLII.  fol.  401,  Pappenheims  Schreiben  an  Maximilian  I.  unterm  1 1.  November 
aus  Windsheim.  Tom.  CLXVII.  fol.  311,  Brief  Tilly»  an  den  Kurfttnten 
Max  über  den  elenden  Zustand  seines  Heerc$*  —  Nürnberger  Kreisarciliv. 
KaUcrlüä^e  am  2.  und  12,  November. 


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—    110  — 


erbeten  war.  Die  Berichte  aber  hatte  Strafsburg  nicht  an  den 
Kaiser,  sondern  an  den  Kanslisten  Andreas  Baier  su  richten, 
mit  dem  er  sich  wegen  eines  Schlüssels  verglichen  hatte. 

Auch  die  Abordnung  von  Jobst  Christoph  Krefs,  der 
späterhin  seine  Vaterstadt  allein  oder  mit  anderen  ständig  beim 
König  vertrat,  wurde  bereits  jetzt  angeregt,  schliefslirh  aber  bis 
zum  Kreistag  verschoben.  In  wie  hühem  Ansehen  Krefs  in 
Nürnberg  stand,  das  können  wir  aus  einem  Gutachten  der  Rats- 
konsulenten Dr.  Hülfs  und  Dr.  Richter  entnehmen,  welches 
übrigens  auch  noch  in  einer  anderen  Hinsicht  beachtenswert  ist. 
Es  heifst  da:  t weil  h^.  Krefs  ein  verstendiger  wohl  qualiftcirter 
mann  vnd  den  passionibus  nicht  vntergebenc,  wird  er  die  Wohl- 
fart  der  Stadt  »vfs  eufserst  vmb  so  viel  mehr  beHlrdem,  weil 
ime  Selbsten  bewust,  dafs  man  su  abwendung  eufsersten  vnheilfs 
thun  müfse,  woran  man  vor  etlichen  wochen  so  wenig  gedacht, 
alfs  der  hfj.  bischoff  von  Wiirtzburg  hat  wissen  mögen,  dafs  ime 
sein  gantz  stifft  mit  hecresmacht  eingenommen  würde«. 

Das  war  vor  dem  14.  November.^) 

Die  Gefahr  wurde  jetzt  drohender  und  drängte  den  Rat,  Forderungen 
sich  ungesäumt  zu  entscheiden,  ob  er  im  Vertrauen  auf  Gustav 
Adolfs  Häfe  sich  durch  Tilly  belagern  lassen  oder  einen  Akkord  anv%escndrn 
mit  ihm  eingehen  wolle.   Ein  Hinausschieben  der  Entscheidung 
in  dieser  Frage  war  nicht  möglich  schon  infolge  der  Forderungen  xoBunUkre. 
der  anwesenden  schwedischen  Obersten,  Kommissäre  und  Offiziere,  ^^j^^^,^ 
welche  am'  13.  November  an  den  Rat  das  Ersuchen  gestellt  Di« t Fragen 
hatten,  er  möge  sich  »pure  resolviren«,   ob  er,  wenn  Tillv  die   '\l  ^'"^'f" 
Stadt  belagern  sollte,  beständig  bei  dem  König  verbleiben  wolle,  Wilhelm  von 
und  wenn  ja,  dies  demselben  zu  wissen  machen  und  um  dessen 
Beistand  bitten,  und  welche  aufserdem  vom  Rate  die  bestimmte 
Erklärung  forderten,  dafs  dieser  keinen  Akkord  mit  Tilly  eingehe, 
es  seien  denn  sie  mitin begriffen,  die  Aufstellung  eines  Kriegsrates 
und  endlich  Aufschlufs  darüber  begehrten,  wie  man  sie  zur  Hilfe 

Nürnberger  Kreisarchiv.    Tum.  XIU.  508—512,  Erlafs  der  Herren 
Eltern  aber  die  Abordnung  an  Giutftv  Adotf,  «owie  de«  Guteehten  der  Hoch» 

gelehrten.  Tom.  XIII.  517  u.  524,  Ratserlässe  am  12.  und  13.  November. 
Tom  XIII  500  <;o2,  Riitserlafs  atn  10.  November  und  Gutachten  der  Rats- 
kon&uleaten  Dr.  iiuils  und  iJr.  Richter.  Tom.  XUI.  50S,  Gutachten  des 
Dr.  Heinrich  Httlfs  «ber  die  Abordnung^  *n  Gactav  Adolf.  Erlliee  der  Herren 
Eltern  am  7.,  11.  und  14.  November  Ra'scrlafs  am  13  November,  l^IaTs 
der  Herreu  vom  Au&»cliufü  am  7.  November.   Leublfingische  Chronik»  pag.  390. 


Solm. 


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—    120  — 


gebrauchen  und  unterhalten  wolle.    Auch  dem  Grafen  Heinrich 

Wilhelm  von  Solms  roufste  auf  seine  2  Fragen,  ob  der  Rat  bei 
dem  in  VVürzburg  gofafstcn  Beschlüsse  beharren  wolle  und  wie 
ein  »consilium  bellicum«  zu  bilden  sei,  eine  rasche  Ant- 
wort werden.*) 

Beratungen  £s  traten  (leuu  auch  die  Hochgelehrten  sofort  zusammen 

der  Hoch- 

golohrtcn.  ob  und  verfafsten  ihre  Gutachten,  in  denen  die  Frage»  ob  man  Tilly 
NüniHri:   Widerstand  leisten  solle  oder  nicht,  ganz  eingehend  erörtert 
widenlaod  Würde.    Alle  aber  kamen  zu  dem  Schlüsse,  man  mQsse  im  Ver- 
leisten  soUe  fraueu  auf  Gustav  Adolfs  Hilfe  einen  Akkord  verweigern;  denn 
»das  man  sich  darbei  des  bewusten  herrns  succurs  zu  getrösten 
hat«,  sei  das  Beste.    Damit  waren  auch  die  Fragen  beantwortet, 
welche  die  schwedischen  Kommissäre  und  Offiziere  an  den  Rat 
geriolitet  hatten,   und  war  die  Hildung  eines    neuen  Krief^srates 
für  nut  wendig  erklärt,    /u- lei<  h  aber  ein})fahlen  die  Hochgelehrten 
auc  h,  w  enn  'I'iily  käme,  »die  gradus«  in  acht  zu  nehmen,  welche 
Dr.  Heinrit  h  Hülfs  fttr  diesen  Fall  bereits  aufgesetzt  hatte,  d.  h. 
alles  zur  Rechtfertigung  anzuführen,  was  hiezu  dienen  mochte,  und 
im  übrigen  die  Verhandlungen  möglichst  in  die  Länge  zu  ziehen.^) 
w-s  R..t.'s  derselben  Meinung  wie  die  Hochgelehrten  war  auch 

E^lschlufs  zu 

erDttKcheai  bescblofs  emstHchen  Widerstand,  erteilte  den 

Widentuide.  schwedischen   Offizieren  und   Kommissären    einen  günstigen 

nl^en     Beschcid  und  forderte  den  Obersten  Leublfing,  wie  die  Kriegs- 
Krirgamtet.  verordneten   auf,    in    Kruai^uni;   zu  ziehen,    wie   der  Kriegsrat 
anzustellen  sei,   ^darait  kayserliche  Mayt  am  wenigsten  dardurch 
oftendiret  werde«. 

Auch  dem  ürafen  Heinrich  Wilhelm  von  Solms,  den  man 
mit  seinem  geworbenen  Kriegsvolk  in  der  Stärke  von  2000  Mann 
nicht  entbehren  konnte,  wurde  auf  seine  2  Fragen  eine  befrie- 
digende Antwort,  und  es  wurde  an  ihn  auch  das  Ersuchen 
gestellt,  er  möge  seine  Truppen  mustern  lassen,  in  seinen 
jetzigen  Quartieren  bei  Fürth  aber  so  lange  behalten,  bis  man 
sie  an  andere  Orte  verschaffen  oder  sich  deren  bedienen  könne. 


'j  Nürnberger  Kreisarchiv.  Tom.  XIII.  530,  Forderunfjen  der  schwe- 
dischen Obersten  etc.  Tom.  XIII.  5  ^7  u.  548,  Consultatio  habila  über  die 
vom  Grafen  lieinrich  Wilhelm  von  Solms  proponiertca  2  Fragen. 

')  Nflmberger  KretsarchiT.  Tom.  XIII.  547  n«  548,  Consultatip  hablta 
über  die  vom  Grafen  Solms  proponierten  2  Frai^^cn.  Tom.  XIII.  $31'— 538, 
539  -544i  Tom.  XIV.,  6—8,  GulAchten  der  iiochgdehrteo. 


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—    121  — 


>  vlT  welchen  fall  es  meinen  Herrn  schweren  vnd  im  Gostenhoff 
einquartirt,  jedoch  von  meinen  Herren  allein  vorlehenswcis,  vff 
schwedische  rapitulation  vnd  abzug  der  72  monate  vnterhalten, 
mit  gebürlichcm  commifs  aber  vff  meiner  herren  costen  versehen 
werden  solle«.  Durch  diesen  Beschlufs  war  Graf  Heinrich 
Wilhelm  von  Solms  für  die  Verteidigung  Nürnbergs  geworben 
und  damit  geschehen,  was  von  Anfang  an  die  Ansicht  des  Rates 
war:  Solms  solle  nicht,  wie  er  sich  einbildete,  der  Stadt  Oberster 
werden  und  da  kommandieren,  sondern  derselben  »nur  mit  ein> 
rathen  an  die  hand  gehen  vnd,  da  man  seiner  hulff  bedürftig,«: 
sich  hiezu  gebrauchen  lassen.  Auch  in  den  neuen  Kriegsrat  k:ini 
(iraf  Sohns  daher  nicht;  ihm  sollte  nur  referiert  werden,  »wals 
je  zumahlen  vorgienge«.  In  denselben  traten  aufser  den  bis- 
herigen Kriegsverordneten  nur  noch  die  Obersten  Balthasar 
Jakob  von  SchlammersdoriT  und  Klaus  Konrad  von  Bullach. 
Das  Direktorium  hatte  der  Rat  dem  Grafen  Georg  Friedrich 
von  Hohenlohe  zugedacht;  doch  dieser  weigerte  sich,  »aufs 
gewiesen  und  erheblichen  vrsachen,«  es  zu  übernehmen,  gab 
aber  zugleich  viele  nützliche  Erinnerungen,  wie  dafs  man  des 
Solmsischen  Kriegsvolkes  sich  -^in  alleweg  bedienen  solte«,  und 
verspraclj,  auch  fernerhin  Nürnberg  mit  Rat  und  That  bei- 
zustehen. 

Am  17.  November  erschien  der  neue  Kriegsrat  in  der 
Kriegsstube  und  gelobte,  der  Stadt  Wohlfahrt  zu  beraten  und 
alles,  was  vorgehe,  geheim  zu  halten,  »vnnd  was  etwann  getzaiget 
vnnd  eröffnet  wurdt,  nimmermehr  zu  hiefsiger  statt  schaden, 
durch  sich  Selbsten  oder  jemandt  anders  zu  gebrauchenc.  Die 
beiden  Obersten  aber  erklärten,  sie  würden  täglich  auf  dem 
Rathause  sich  einfinden,  »benehmlichen  hiesiger  statt  defension* 
wefsen  vnnd  gantz  und  gar  nicht  deroselben  ijarticularia  zue 
consultirn,  vnder  welchen  dann  ein  vnterschiedt  gehalten  vnd 
hiefsiger  bereits  bestellter  kriegsrath  (der  alte  kriegsrath)  in 
seinem  efsc  verbleiben  solte«.^) 

•)  Nflrnbergcr  Kreisarchiv.  Edafs  der  Herren  Ehern  am  1 5.  November. 
Relation  der  Wiir/l  nr^rer  Abgesandten,  Tom.  XIII.  393  ff  Tom.  XHl. 
418 — 422,  Relation  jobüt  Christoph  Kressens  iHier  '^eiin-  \'errichtun^  bt"i  dem 
Grafen  Solms  in  Kadolzburg.  —  Soden,  Gustav  Adolf  ...  1.  Band,  pag. 
91  —  93.  —  Nttroberger  StAdtarehitr,  Protokoll  der  Kriegntub«  am  15.  No- 
vember 1631,  fol.  3  ff. 


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—    122  — 


noytUandi  KauRi  vsiT  der  neue  Kriegsrat  gebildet»  erschien  TiUy  in 
Nüi^bcrg    Nürnbergs  Nähe.   Am  18.  November  traf  ein  Schreiben  aus 

Schwabach  ein,  dafs  die  ganze  Tillysche  Armee  gegen  die  Stadt 
in.irscliicrc,  und  Tags  darauf  lief  durch  diese  die  Kunde,  das 
kaiserlirlie  Kriegsvolk  kämpfe  bereits  mit  den  Solmsischen 
Truppen  bei  Schweinau,  also  in  unmittelbarer  Nähe. 

Doch  Nürnberg  war  gut  gerüstet.  Denn  es  hatte  sich  schon 
seit  mehreren  Tagen  fUr  den  Fall  einer  Belagerung  vorgesehen. 
Die  Vorkehrungen  aber  zum  Schutze  der  Stadt  wurden  noch 

vermehrt,  als  Tilly  wirklich  heraakam.  Es  wurde  bei  liurgern, 
Inwohnern  und  Schut/-vcrwandtcn  Haussuchung  {^ehalten,  ob 
diese  mit  tauglichen  Maus-  und  ( )bcrpcwehren  versehen  seien, 
und  wurden  dieselben  ermahnt,  sich  mit  einem  Vorrat  von  Vik- 
tualien  gefafst  2U  halten  und  im  Falle  der  Not  auf  den  ver- 
ordneten Plätzen  zu  erscheinen.  Die  Posten  vom  Laufer-  bis 
zum  Vestnerthor  wurden  mit  Bürgern  besetat,  die  übrigen  mit 
geworbenen  Truppen.  Auf  der  Lorenzer  Seite  hatte  vom  Ein- 
bis  zum  Ausflufs  der  Pegnitz  Oberst  Leublfing  mit  dem  Obersten 
von  Schlammersdorf  das  Kommando,  auf  der  Sebalder  Seite 
Oberst  lUdlac  h  mit  dem  Oberstlieutenant  von  Giefsberg.  Das 
Solmsische  Kriegsvolk  wurde  auf  3 — 4  Tage,  bis  man  über 
den  Marsch  des  Feindes  sich  Gewifshcit  verschafit  hätte,  im 
Gostenhof  einquartiert. 

Auch  die  Befestigungsarbeiten  wurden  jetzt  mit  aller  Energie 
in  Angrifl  genommen,  und  abermals  erging  die  Verordnung,  sich 

zur  Mehlbereitung  der  Handmühlen  zu  bedienen,  wie  denn  auch 
•  die  Rorsinuhlen  bereits  eingerichtet  waren.  Den  Meti:gcrii  wurde 
strenge  tinbefohlen,  mit  dem  Fleische  sparsam  unizugehen,  und 
die  i^üsunger  mulsten  sich  schlüssig  machen,  ob  sie  nicht  das 
feile  Vieh  aufkaufen,  alsobald  schlachten  und  in  Salz  richten 
lassen  wollten.  Die  Bäcker  erhielten  die  strenge  Weisung,  fleifsig 
Brot  abzubacken  und  niemandem  überflüssiges  Brot  zu  verabreichen. 

Nunmehr  wartete  der  Rat  bezüglich  der  Abordnung  Jobst 
('hristoph  Kressens  auch  niclit  mehr  den  Kreistag  ab;  noch  am 
18.  Nin einher  reiste  dieser,  mit  mün(i!i<  her  Instruktion  abgefertigt, 
zu  Gustav  Adolf  ab.  Mit  1  illy  aber  gedachte  man,  »gradatim 
zu  procediren,«  um  Zeit  zu  gewinnen. 


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—    123  — 


Doch  mufsten  die  Verhandlungen  begonnen  werden.  Denn 
General  Ossa  hatte  aus  dem  Hauptquartier  bei  Ansbach  an  den 
Rat  da»  Verlangen  gestellt,  dieser  möge  etliche  Abgeordnete  au« 

seiner  Mitte  au  ihn  abschicken  und  100  000  Laib  Brot  ä  3  Pfd. 
für  die  kaiserliche  Armee  abbackcu.  Nun  kam  dem  Rate  ein 
Zeitgewinn  zu  gute,  den  er  nicht  hatte  voraussehen  können. 
Ossa  hatte  nämlich  einen  Pafszettel  Uberschickt,  der  nur  \<>n 
Generai  Altringer  unterschrieben  war  und  nicht  auf  Kepafs 
lautete.  Mit  Fug  und  Recht  konnte  daher  der  Rat  vorerst  einen 
richtig  ausgefertigten  Pafszettel  verlangen.*) 

Das  drohende  Ungewitter  zog  aber  für  diesmal  an  Nürnberg  '^'">^ 

Verlangen 

vorüber.   Tilly  marschierte  nach  Günzenhausen»  von  wo  er  einen  ■  «j^r 
ordentlichen  Pafszettel  schickte  und  den  Rat  aufforderte,  aus  R^»»»«!- 

sciner  Mitte  :in  ihn  ai)ZUürdnen.  Auch  Ossa  bestand  auf  der 
Zusendung         100  000  Laib  Brot. 

Aul'ser  der  Angst  vor  einer  Belaf^erung  beschäftigte  den 
Rat  in  diesen  Tagen  noch  eine  andere  Sache.***) 

Am  20.  November   fand  nämlich  auch  der  engere  evan- 

cvangeliMJie 

gelische  Kreiskonvent  in  Nttnibeig  statt.  Er  war  vom  Mark-  eiA' 
grafen  Christian  von  Bayreuth  einzig  und  allein  zur  Vollziehung  ^^t* 
dessen  einberufen  worden,  wozu  man  sich  in  Würzburg  verpflichtet 
hatte.  Wegen  der  Kriegswirren  war  derselbe  jedoch  recht 
schwach  besucht;  aufser  Nürnberg  war  nflmlich  auf  demselben 
nur  noch  ]5ayreuth  vertreten.  Der  Bischof  von  Bamberg  hatte 
die  Ik'schickung  des  Konvents  anfangs  zugesagt,  dann  aber 
wied.'f  abgeschrieben.  Als  Vertreter  ( lustav  Adolfs  waren  Graf 
Heinrich  W  ilhelm  von  Solms  und  der  Hofrat  Dr.  Martin  Chemnitz 
zugegen.  Dafs  unter  diesen  Umständen  der  Konvent  ohne 
eigentliches  Ergebnis  war,  braucht  nicht  erst  gesagt  zu  werden. 
Der  Abschlufs  der  Spezialallianz  wurde  verschoben;  die  bayreuth- 
ischen  Gesandten  gaben  allerdings  die  Erklärung  ab,  derMark- 

^  NflU-nbei^er  Kreitttrehiv.  Rmtterlksse  «m  17.,  tS.  und  19.  November. 
Tom.  XIV.  a — 4,  (iutachten  des  Dr.  Heinrich  IlQlfs  am  15.  November.  Tom, 
XIV.  39  41,  Cutachten  der  Hochf^'elehrten.  Ttmi.  XIV.  53  6t,  Consnltalio 
habita  am  18.  November,  l  om.  XiV.  81,  Obsas  Schreiben  aus  Ansbach.  — 
Nttrobcrger  Stadtarchiv.  Protokoll  der  Kriegsttube  am  19.  November, 
Schwarz-Amber^'cr  Xorika-Sammliing.  Geschichten,  diesi  liiin  i  ".  Jahrhundert 
ereignet  haben,  und  Nürnberger  Chronik  von  Volckamer  77,2". — 523.4°- 

"*)  Nürnberger  Kreisarchiv.  Tom.  XIV.  231,  Tillys  Schreiben  aus 
Gantenhatuen.  Tom.  XIV.  354,  Osmw  Schreiben  ans  Gaasenbaqseo.  Tom. 
XIV.  119,  Ratserlaf»  am  25.  November. 


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—    124  — 

graf  werde  ?ad  partemK  eine  Spezialallianz  schliefseD.  Für  ihn 
lag  ja  die  Sactie  anders.  Wurde  jedoch  in  der  Hauptsache  nichts 
erreicht,  im  einzelnen  brachte  der  Konvent  manches,  was  fiir 
Nttmberg  von  einem  gewissen  Werte  war.  So  mag  die  bestimmte 
Zusage  der  schwedischen  Abgesandten,  der  König  werde  die 
Stadt  »gewies  vnd  ohnfehlbarc  entsetzen,  und  deren  Mitteilung, 
Gustav  Adolf  glaube  nicht,  dafs  Tilly  eine  Belagenin-  vornehmen 
werde,  es  sei  denn  Verräterei  im  Spiele,  zu  einer  gewissen 
Beruhigung  gedient  luihen. 

Kam  der  engere  Krciskonvent  überhaupt  noch  zustande,  die 
Konferenz  der  Städte  Nürnberg,  Frankfurt,  Ulm  und  Strafsburg, 
an  weicher  dem  Rate  viel  gelegen  war,  konnte  gar  nicht  stattfinden. 
Dr.  Herpfer  reiste  wohl  am  8.  November  nach  Heidenheim  ab, 
kehrte  aber,  da  Heidenheim  und  Umgegend  vom  kaiserlichen 
Kriegsvolk  besetzt  war,  unverrichteter  Dinge  wieder  nach 
Hause  zurttck. 

Doch  so  wichtig  die  Frage  der  Spezialallianz  an  und  für 
sich  war.  jetzt  trat  sie  in  den  Hintergrund.  Denn  der  Rat  hatte 
nur  die  eine  Sorge,  die  eine  Pflicht,  wie  er  Nurnl)erg  vor  dem 
durch  kaiserliches  KrieL'^^\  Ik  drolienden  Unheil  am  besten  zu 
sichern  vermöchte;  ihn  beschäftigte  zunächst  die  Frage,  wie  und 
wen  er  an  Tilly  abordnen  solle.  Wohl  war  Tilly  ja  abgezogen, 
allein  seine  Wiederkunft  war  wahrscheinlich.  Die  Verhandlungen 
mit  ihm  konnten  daher  nicht  verzögert  werden.*^) 
Abordnung  Nun  gingen  aber  bezüglich  der  verlangten  Abordnung  die 

Meinungen  weit  auseinander.    Die  Kriegs räte  waren  der  Ansicht, 

ms  Iillyscfae  ^  *^ 

Haupt-    man  solle  dem  Tillyschen  Trompeter  ein  Schreiben  mitgeben 
quartier,    ^^^j  -j^^  übrigen  erklaren,   von  den  Ratsherrn  lasse  sich  keiner 
wegen  der  %  orkommenden  Feindseligkeiten  s^obrauchen. 

Die  Hochgeieiirten —  mit  Ausnahme  Dr.  i'uscheleins,  der  für 
die  Abordnung  einer  Katsperson  war,  —  und  mit  denselben  auch 
Dr.  Martin  Chemnitz  und  Graf  Heinrich  Wilhelm  von  Solms, 
sowie  die  in  Nürnberg  anwesenden  Delegierten  des  Kreises  gaben 
ihr  Gutachten  dahin  ab,  man  möge  einen  qualifizierten  Kriegs- 


"  Nürnberger  Kreisarchiv.  Tom.  XIV.  47  u.  48,  Ratserlafs  am 
20.  November,  Tom.  XIV.  73-77,  kclalion  Uber  die  Verhandlungen  des 
Kreiskonvents.  Tom.  XIV.  18,  Schreiben  an  den  Bisehof  von  Bamberg 
iKopie).  Tom  XIV.  15,  des  Bischofs  Schreiben.  Tom.  XIV.  49,  des  Bischofs 
Schreil'en.    Tom.  XIU.  461  -  465,  Dr  llerpfers  Keluiton. 


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125  — 


offizier  an  Tilly  schicken,  der  alles  »ad  referendumc  zu  nehmen 
hätte.    Ein  solcher  könnte  sich  mit  Unkenntnis  der  wahren 

Sachlage  entschuldigen^  auch  gewänne  man  dadurch  Zeit,  was 
unter  den  bcwantlten  Verhältnissen  schon  ein  wichtiger  Vorteil  wäre. 

Der  Rat  selber  ging  seinen  eigenen  Weg.  Kr  entschied 
sich  für  die  Abordnung  Dr.  1' etzers,  der  eben  erst  von  Wien 
zurückgekehrt  war,  wo  er  Nürnberg  am  kaiserlichen  Hofe 
vertreten  hatte;  ihm  sollte  jedoch  ein  kriegsverständiger  Offizier 
zugeordnet  werden.  Am  26.  November  erhielt  derselbe  den 
Auftrag,  sich  zu  Tilly  zu  begeben  und  alles  >ad  referendumc 
zu  nehmen.  Nur  sollte  er  noch  so  lange  warten,  bis  der 
brandenburgische  Rat  Agrikola  angekommen  wäre,  welcher  jede 
Stunde  eintreffen  konnte.  Agrikola  habe  nämlich  geschrieben, 
er  habe  vom  kaiserlichen  Kommissär  Popp  ein  Paket  Schreiben 
mitbekommen,  woran  den  Ständen  sehr  viel  gelegen  sei  und 
welches  denselben  zum  Nachteil  sei  hiuterlialteu  worden; 
enthielte  doch  dasselbe,  wie  er  in  Erfahrung  gebracht  habe, 
den  kaiserlichen  Befehl,  Tilly  solle  die  Feindseligkeiten  ein- 
stellen, wenn  die  Stände  mit  den  72  Monaten  zuhielten.  Wie 
leicht  also  konnte  der  Rat  aus  diesen  Schreiben  Wichtiges 
erfahren  l 

Kaum  aber  hatte  der  Rat  die  Abordnung  Dr.  Fetzers 
beschlossen,  wurde  er  auch  wieder  in  seinem  Entschlüsse  wankend. 

Doch  die  Hochgelehrten  traten  mit  aller  Entschiedenheit  dafttr 
ein,  dafs  man  die  Abordnung  vorsieh  gehen  lasse,  da  man  dieselbe 
in  einem  Schreiben  an  Ossa  beriMts  zugesagt  hätte,  und  ohne 
diese  die  Feindseligkeiten  nur  noch  ärger  würden.  So  wurde 
denn  noch  am  gleichen  Tage  Dr.  Fetzer  aufgefordert,  seine 
Reise  zu  Tilly  anzutreten  und  sich  das  Geschäft  »seiner  bekannten 
discretion  vnd  dexteritet  nachc  angelegen  sem  zu  lassen.  Das 
von  Dr.  Georg  Richter  an  Tilly  aufgesetzte  Schreiben,  für  den 
Fall,  dafs  die  Abordnung  unterbliebe,  diente  ihm  zur  Instruk- 
tion.'^)   Es  lautet  seinem  wesentlichen  Inhalte  nach: 

Nürnberger  Kreisarchiv.  Tom.  XIV.  119— 130,  RatseHafs  am 
25.  November,  d.TraufTolgende  Beratung  der  Hochgelehrten  und  Gutachten 
der  Kriegsräle.  Tom.  XIV.  134— 137.  Katscrlafs  am  26.  November.  Tom. 
XIV.  140—144,  RatseHafs  niid  Gutachten  der  Hochgelehrten  am  87.  No- 
vember. Erlafs  der  Herren  vom  Austchns»  am  zf,  November.  Tom.  XLV. 
79,  Schreiben  an  Ossa  am  21.  November. 


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—    126  — 

Instruktion  Die  AbordnuHg  habe  sich  verzogen,  weil  man  erst  äber 

ne't^T''^  Forchheim  geraubtea  Ntlrnberger  Kaufmannsgüter  £x- 

I3r.  Feder,  celleoz  hätte  Sicheres  mitteilen  wollen.    Bitter  müfste  man  be- 
klagen,  dafs  die  Feindseligkeiten  immer  gröfser  wttrden,  sodafs 

sie  gegen  öffentliche  Feinde  nicht  ärger  sein  könnten.  Lich- 
tenau sei  vom  kaiserlichen  Kriegsvolk  l)esetzt,  die  armen  Unter- 
thanen  seien  all  des  Ihrigen  beraubt.  Jemand,  der  hätte  ab- 
geordnet werden  sollen,  sei,  als  er  auf  die  Stadt  zugeritten,  aus- 
geplündert worden.  Einem  Handlungsdiener  gegenüber,  der  sich 
wegen  der  zu  Forchheim  geraubten  Kaufmannswaren  bei  ihm 
angemeldet,  hätte  der  Oberst  Graf  von  Pappenbeim  die  ärgsten 
Drohungen  wider  Nürnberg  ausgestofsen,  ihm  sogar  Magde- 
burgische  Behandlung  verheifsen  und  es  meineidig  und  rebel- 
lisch genannt.  Und  dies  alles  müsse  Nürnberg  Uber  sich  ergehen 
lassen,  obwohl  es  soviel  für  den  Kaiser  aufgewendet  habe,  was 
von  diesem  selbst  und  dessen  Kommissären  bezeugt  wor- 
den sei.  Es  sei  daher  auch  gewifs,  dafs  der  Kaiser  kein  Ge- 
fallen an  den  Kxcessen  wider  Nürnberg  trage.  Ciehe  doch  sein 
Wille  dahin,  dafs  die  Zusammenkunft  der  fränkischen  Kreis- 
stände befördert  werde  und  dieselben  weiter  nicht  beschwert, 
sondern  beim  Kreisschlufs  gelassen  werden.  Was  der  Rat  an 
den  Bischof  von  Bamberg  und  den  Kaiser  geschrieben,  das  sei 
aus  den  betreffenden  Beilagen  zn  ersehen.  Nürnberg  bitte  da- 
her, Excellenz  wolle  sich  mit  dem  begnügen,  womit  der  Kaiser 
sich  zufrieden  gegeben  habe,  und  den  Beschwerden  abhelfen.'*) 
Tui>TiMarsib  In/wischcn   war  Tilly  Nürnberg  wieder  näher  gekommen 

vorNttrnbenj.  und  hatte  sein  Hauptcjuartier  in  S(  liw.ihach  aufgeschlagen.  Von  da 
Anstait.-n  zur  rückte  cr  gcgcn  Nürnberg,  worüber  der  Rat  durch  einen  Brief 
Sicherung  Amtmanns  Veit  Stieber  in  Schwabach  noch  am  späten  Abend 

des  28.  Novembers  verständigt  wurde.  Am  Abend  des  29.  No- 
vembers, es  war  an  einem  Samstag,  zeigte  sich  auch  des  Feindes 
Zugordnung  bei  Lichtenhof  am  Saume  des  Waldes. 

Kaum  hatte  der  Rat  von  dem  Anrücken  des  Feindes  Nachricht 
erhalten,  berief  er  sofort  den  Kriegsrat  zusammen  und  lud  auch 
Graf  Georg  Friedrich  von  Hohenlohe  und  Graf  Heinrich  Wilhelm 
von  Solms  ein,  in  der  Kriegsstube  zu  erscheinen  und  als  erfah* 

"}  Nürnberger  Kreisarchiv.  Tom  XIV.  145— [49.  Inslruktion  Dr.  Fe« 
tcers.    Iltesu  auch  Tom.  XiV.  2  (f.,  Bedenken  des  Dr.  Heinrich  Htttfs, 


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^  i2l  — 

rene  Offiziere  nützlirlic  Ratschläge  zu  erteilen.  Auch  erliefs 
er  zur  Sicherung  der  Stadt  eine  Reihe  wichtiger  Verorthiiingen. 

An  alle  Bürger  erging  der  Befehl,  in  den  ihnen  angewie- 
senen Vierteln  sich  mit  ihren  mannbnren  Söhnen»  Knechten, 
Dienern  und  den  Fremden,  die  bei  ihnen  wohnten,  auf  den 
LAnnplätzen  einzufinden,  damit  man  sehen  könne,  wie  stark  man 
sei  und  wie  sich  jeder  ins  Gewehr  schicke.  Zur  Verschanzung 
des  Gostenhofs,  wie  auch  der  Stadt  selber  mufsten  2000  Mann  zur 
Arbeit  sich  einstellen,  und  am  1 .  Dezember  hatte  der  Waldarotmann 
Stromer  bereits  3000  Mann  beisammen,  die  sich  alle  zum  Schan- 
zen sehr  willig  erwiesen.  Die  Brücken  bei  Wohrd  wurden  ab- 
gebrochen, und  die  Sohnsisrhe  Soldateska  hatte  sich  in  die 
Laufgräben  unters  Geschütz  zu  begeben. 

Auch  an  Lebensmitteln  war  kein  Mangel.  Seit  Wochen 
hatte  der  Rat  Sorge  getragen  für  einen  grofsen  Vorrat  an  Mehl 
und  Brot.  Strenge  war  das  Vorschleichen  des  Brotes  verboten, 
eine  Reihe  neuer  Backöfen  war  eingerichtet,  und  selbst  der 
Mttnzmeister  hatte  seine  Münzstätte  ausräumen  mttssen.  Die 
Bauern,  welche  sich  in  die  Stadt  geflüchtet  hatten,  durften  nicht 
müfsig  herumstehen,  ihnen  war  befohlen,  an  den  Handmühlen 
zu  arbeiten;  ihre  Pferde  wurden  an  die  Rofsmühlen  gespannt. 
Das  Eierbrot  war  ganz,  abgeschafft,  auch  mit  Herstellung  des 
weifsen  Brotes  mufsten  die  Bäcker  zurückhalten.  Und  als  Tiily 
bei  Nürnberg  lagerte,  wurde  eine  Cieneralvisitation  des  (»etreides 
vorgenommen,  der  vorhandene  Vorrat  genau  aufgezeichnet  und 
den  Bäckern  strengstens  anbefohlen,  denjenigen  Bürgern,  welche 
selbst  Getreide  hätten,  Brot  nur  um  Getreide,  nicht  aber  um 
Geld  zu  verkaufen. 

Alle,  denen  man  mifstraute,  wurden  scharf  beobachtet; 
denn  Verrat  wurde  gar  sehr  befBrchtet.  Schon  als  Tilly  zum 
erstenmale  bei  Nürnberg  lagerte,  richtete  man  ein  besonderes 
Augenmerk  auf  die  Fremden  und  erliefs  an  die  W  irte  das  strenge 
Verbot,  ohne  spezielle  Erlaubnis  der  Behörde  keinen  Gast  langer 
als  drei  Tage  zu  beherbergen.  Und  ein  paar  Tage  darauf 
wurde  verordnet,  fremden  Boten  oder  wer  sonst  mit  Briefen 
ankomme,  solle  man  die  Briefe  unter  den  Thoren  nicht  abneh- 
men, sondern  ihnen  jemand  beigeben  und  sie  an  den  Bürger- 
meister weisen,  der  die  Briefe  schon  an  den  gehörigen  Ort 


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—    128  — 


liefern  würde.  Am  2Q.  November  aber  fafsten  die  Herren 
Eltern,  »dieweiln,  leiderl  zu  besorgen,  das  durch  verrätherey 
hiesiger  statt  sehr  werde  zugesetzt  werden«,  folgenden  hier  na- 
türlich nur  der  Haii|>tsa(  hc  iiacli  angeführten  Beschlufs: 

1.  Man  soll  unter  den  Thoren  fleifsig  acht  L;elten  auf  die 
reisenden  Personen,  sie  examinieren  und  ihnen  jedesmal  l'ro- 
visuner  oder  Soldaten  an  den  Ort  ihrer  Einkehr  mitgeben. 
2.  Savioli,  welcher  vor  der  Breitenfelder  Schlacht  Tiüys  Bucl)- 
halter  gewesen  war,  soll  zur  Rede  gestellt  werden,  was  er  bei 
diesem  zu  verrichten  gehabt.  3,  Dem  Hauskommentur  sollen 
etliche  Soldaten  ins  Deutsche  Haus  einquartiert  werden.  4.  Die 
Italiener  sind  in  Handgelübde  zu  nehmen,  dafs  sie  ohne  Wissen 
und  Willen  des  Rates  nicht  hin  wegreisen.  5.  Der  Postmeister 
hat  alle  Felleisen,  ehe  solche  fortgesendet  oder  ausgeleert  werden, 
in  die  Kriegsstube  zu  h'etern;  durt  sind  dieselben  durch  Cieor^ 
ImholT,  einen  Gerichtsscliolien  und  zwei  der  fremden  Spra<  licn 
kundige  Kaufleute  zu  eröffnen;  die  Briefe,  so  als  verdäciitig 
erscheinen,  sind  zurückzubehalten,  die  Übrigen  aber  fortzu- 
schicken. 

Was  aber  noch  schwerer  wog  als  alle  diese  Mafsregeln, 
Nürnberg  hatte  zu  seinem  Schutze  das  Solmsische  Volk,  bestehend 
aus  2000  Fufssoldaten  und  ein  paar  hundert  Reitern,  sowie 
3000  Mann  geworbenes  Kriegsvolk;  zu  seiner  Verteidigung 
stand  die  gesamte  männliche  Einwohnerschaft  über  18  Jahren 
unter  Waffen. 

<justavAdoi£i  Ni<  lit  unvorbereitet  und  unijerüstet  sollte  also  der  Feind 

bMommte  jj^,  Stadt  treffen.  Doch  dns  Wichtigste  war,  Gustav  Adolf  hatte 
Nürnberg  zu  der  Siacit  wiederholt  schriftlich  und  mündlich  in  nachdrücklich- 
«imu<n.  g^g^  Weise  seinen  Schutz  versprochen.  Eben  zu  dieser  Zeit 
war  auch  Jobst  Christoph  Krefs  zurückgekehrt  und  erzählte, 
was  er  in  Obernburg  beim  König  verrichtet  hatte  »vnd  mit 
was  hochbetheuerltchen  worten  Sie  meine  herren  wegen  defs 
vertrösten  succurs  nochmaln  vergewiesert«.    Auch  kamen  ver- 

Nflmbergcr  Kreisarehir.  Ratserlässe  am  14.,  16.,  22.«  34.  und 
25.  November,  sowie  i.  l'e-ember.  Erlafs  (Ur  H<rrren  Ehern  am  29.  No- 
vember. LeublüogiscUe  Chronik.  —  Nürnberger  Stadtarchiv.  Protokoll 
der  Kriegsstttbe  am  28.  November,  Chronik,  Geschichten,  die  sich  .  .  « 
77,  2"  pag.  9.  ~  Soden,  Gustav  Adolf  und  sein  Heer  .  .  .  L  Band,  pag. 
13s  und  136,  142. 

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schiedene  Schreiben  des  Königs,  welche  Krefs  mitgebracht  hatte, 
2ur  Verlesung,  in  denen  der  Stadt  Nürnberg  der  kräftigste  Bei- 
stand zugesichert  war,  falls  es  überhaupt  zur  Belagerung  kom- 
men sollte,  woran  jedoch  sehr  tu  zweifeln  sei. 

Im  Schreiben  vom  18.  November  aus  Würzburg  und  22. 
d.  Mts.  aus  Obernburg  sagte  der  König  wohl  seinen  Beistand 
bestimmt  zu,  meinte  aber,  dafs  eine  Belagerung  nur  zu  Titlys 
Ruin  ausschlagen  mlifste. 

Im  Schreiben  vom  23.  November  aus  Obernburg  äufsert 
der  König  seine  starken  Zweifel  an  einer  Belagerung  Nürnbergs 
durch  Tilly  in  folgender  kräftigen  Weise:  Wir  können  » bei  ge- 
staltsahme  dieser  Winterszeit  vnd  seines  eigenen  zustandes  vnfs 
so  gahr  nit  einbilden,  dafs  solcher  auf  ewre  Stadt,  selbige  zu 
attaquiren,  angesehen  sey,  dafs  Wir  vielmehr  glauben,  Tilly 
werde  .  . .  ewer  statt  vielmehr  zu  fliehen,  alfs  sich  derselben  zu 
nähern  suchen«.  Es  ist  jetzt  keine  Zeit,  Belagerungen  anzu- 
fangen, Ttllys  Armee  ist  in  voller  Verwirrung,  zum  Teil  neu 
zusammengerafft,  die  Soldaten  sind  nackend  und  blofs  und  aus 
Mangel  an  Geld  und  guten  Quartieren  zur  Meuterei  geneigt, 
liir  aber  seid  >in  summa  so  qualificirt,  dals  Tilly  bedenckens 
tragen  solte,  liineinzugehen,  wann  schon  die  plorten  otlen 
stundende. 

Mufsten  diese  Schreiben  einerseits  sehr  zur  Belebung  des 
Mutes  beitragen,  so  mochten  sie  auf  der  anderen  Seite  wieder 
die  Besorgnis  hervorrufen,  der  König  könnte  denn  doch  Nürn- 
berg für  zu  stark  halten.  Wie  dem  aber  auch  sein  mag,  der 
Rat  liefs  nichts  unversucht,  um  für  den  Fall  einer  Belagerung 
den  königlichen  Schutz  zu  erlangen.*') 

Alsbaid  erhielt  der  Ratsschreiber  Andreas  Baier  den  Auf-    R,itc  des 
trag,  Gustav  Adull  auizusuciien,  und  ain  I.Dezember  reiste  der    R»»«  n™ 

Hill«-  l)fi 

Bürger  ]  )ros(  hei,  welcher  bereits  vorher  in  geheimer  Sendung  GusuvAduif, 
beim  Kunii*  gewesen  war.  diesem  nach.  Dessco 

Vfrlinllien 

An    Wilhelm   Stralsburg  aber  hatte   der  Rat  schon  am  g«^,enaber 
28.  November  geschrieben:  >dafs  du  diese  bedrangnus  vnd 

kaia«rliclion 

höchste  Gefahr  deroselben  in  möglichster  eyl  gantz  beweglich  Kommuaar 
vortragest  vnd  zu  erkennen  gebest,  auch  bittest,  dafs  Sie,  dero 

"j  iSürnberger  Kreisarchiv.  Sjiczialakten  des  dreifsigjährigen  Krieges, 
Saal  I,  Lade  197,  Nr.  25.  Tom.  XIV.  153— 155.  Ratserlafs  an  29.  November. 

9 


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130  — 


Vertröstung  nach,  diircli  genügsamen  succurs  diesen  gewalt  ab- 
wenden vnd  vnfs  in  dieser  noth  vnd  gefahr  beystehen  vnd 
schützen,  auch  hierinn  ob  summum  morae  periculum  keine  zeit 
verlieren  woUec. 

Auch  an  den  Markgrafen  Christian  und  dessen  Kanzler 
Feilitzsch  wandte  sich  der  Rat  mit  der  Bitte,  sie  möchten  die 
grofse  (lekihr,  in  der  Nürnberg  schwebe,  y^so  tags,  so  nachts i 
tlcm  Kurfürsten  von  Sachsen  und  Gustav  Adolf  melden,  um  deren 
Hilfe  für  die  bedrängte  Stadt  bitten,  sowie  den  Kreistag  be- 
fördern, von  dem  man  doch  triiticr  scMi'^t  nichts  meiir  hatte  wissen 
wollen.  Jetzt  galt  eben  jedes  Mittel,  das  zu  Nürnbergs  Rettung 
aus  grofser  Gefahr  beitragen  konnte.  Man  betonte  deshalb 
auch  dem  kaiserlichen  Kommissär  Popp  gegenüber,  wie  sehr 
man  das  Zustandekommen  eines  Kreistags  wünsche,  blofs  um 
sich  den  Anschein  zu  geben,  als  wolle  man  den  gegen  den 
Kaiser  eingegangenen  Verpflichtungen  auch  fernerhin  gerecht 
werden.**) 

Und  nun  zu  den  Verhandlungen  des  Rates  mit  Tillv! 
Dr.  Jakob  Am  28.  Novcmbcr  war  Dr.  Fetzer  in  Tillys  TIaui>t(iiuirtior 

zu  Schwabach  und  wandte  alles  auf,  um  Nürnberg  zu  rechtfertigen. 
H»pr     Allein  Tilly  und  dessen  Kommissär  Rupp   blieben  bei  ihren 
sdiwäfaach.  schweren  Beschuldigungen  Nürnbergs,  und  es  war  augenscheinlich, 
1  itiy«     dafs  es  der  Stadt  übel  ergangen  wäre,  hätten  sie  die  Macht 
Fonfcrungea.  1,05^35^^^  dieselbe  zu  züchtigen.    >Ces  sont  des  faintises,c  so 
sagte  unter  anderem  Tilly  auf  Dr.  Fetzers  Entschuldigung,  >  l'an  1610 
vous  avez  envoy^z  d'argent  et  vos  gents  contre  TArchiduc 
Leopold,  pour  ruiner  la  maison  d'Austriche,  et  toutes  les  troubles 
sont  cstez  fomentez  par  les  villes  Iniperiales,   il  en  faul  laire  . 
Alle  Einwände  gegen  Tillvs  Forderungen  halfen  nichts.    Er  be- 
stand darauf,   dafs  Nürnberg  den  (Irafen  Solms  gefänglich  ein- 
nehme und  ihm  ausliefere,  ihm  alles  geworbene  Volk  überlasse, 
den  Proviant  für  die  kaiserliche  Armee  verscbaife  und  4  Rats- 


'•)  Nürnberger  Kreisarchiv.  Brief  buch  1631  fol.  513.  Schreiben  an 
Wilhelm  Strafsburg  am  a8.  November.  Erlafs  der  Herren  Ehern  um  3$. 
November  bezüglich  Droschels  Relation.  Tom.  .W.  f  1,  742  (Soden  .  .  . 
pftg.  14t — t43H  Rclaliun  des  Rat$scbreibcr$  Andreas  l^aicr.  Tom.  XV. 
238  AT.  (Soden,  pasr.  143-145),  Hans  Droscheis  Bericht.  Erlafs  der  Herren 
Eitern  am  1  Ii  -  embor.  Katsvcrl-isse  um  und  30  November.  Schreiben 
an  den  Markgrafen  uiul  dessen  Kaiuler  Feihlsch,  Tom.  XIV.  i'^"^  197  und 
288.    Brief  buch  1631  fol.  516,  Schreiben  an  den  kaiserlichen  Konimiääär  Popp« 


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Personen  »cum  liberac  an  ihn  abordne  und  —  verlangte  sofortige 
Antwort. 

Nun  konnten  diese  Forderungen  TÜlys  dem  Rate  keine 
Überraschung  bereiten.    Da  aber  von  ihm  eine  unverzügliche 

Erklärung  verlangt  war,  so  liefs  er  vorerst  durch  den  Tillyschen 
'i'runipcter  eine  Vorantwort  überbringen. 

Die  eigentliche  Antwort  auf  Tillys  Forderungen  durfte 
jedoch  keinen  Augenblick  verzögert  werden,  denn  Tilly  war 
jetzt  ganz  in  Nürnbergs  Nähe  gerückt.  An  eine  BewilligUing 
dessen,  was  der  kaiserliche  Heerführer  wollte,  war  nach  Lage 
der  Dinge  natürlich  nicht  zu  denken;  eine  solche  hätte  einen 
vollständigen  Bruch  mit  Schweden  bedeutet.  Deshalb  beschlofs 
der  Rat  auch»  die  Fordeningen  rundweg  abzulehnen;  nur  bezflg- 
lieh  der  Lieferung  des  Proviants  wollte  er  sich  zu  einem  Zu- 
geständnis herbeilassen.  Um  aber  ja  sicher  zu  gehen,  nahm  er 
nochmals  das  (iiitachten  des  Kriegsrates  und  der  beiden  Grafen 
Hohenlohe  und  Solms  ein,  welche  beide  erklärten,  dafs  der 
Feind  wegen  des  nahenden  Winters  eine  Belagerung  nicht  vor- 
nehmen könnte,  derselbe  »dörffte  zwar  sein  hail  versuchen  vnd  in 
der  furj  angehen,  dem  roüste  man  aber  mit  dapferkeit  begegnen«. 

So  wurde  denn  tapfere  Gegenwehr  besclüossen«  und  als 
sich  am  30.  November  Tillysche  Truppen  bei  Lichtenhof  blicken 
liefsen,  sparte  man  auf  TUrmen  und  Basteien  kein  Pulver.  An 
Tilly  aber  überbrachte  Dr.  Fetzer  in  dessen  Hauptquartier  zu 
Reichelsdorf  am  1.  Dezember  ein  Schreiben,  das  Dr.  Richter 
verfafst  hatte. 

In  diesem  Schreiben  sucht  der  Rat  nachzuweisen,  dafs  es 
für  ihn  unmöglich  sei,   Tillys  Forderungen  /u  bewilligen.") 

Es  stand  nicht,  heifst  es  in  demselben,  in  unserer  Macht,  Dr. Feutrim 
des  Grafen  Solms  Werbungen  auf  dem  Lande  zu  verhindern,  ^J^^JT* 
wenn  wir  nicht  anders  auf  wiederholte  und  ganz  äufserste  Be-  q«»«^'^  zu 
drohungen  des  Schwedenkönigs  hiesige  Stadt  und  Landschaft  ^^ti^J 
ganz  ruinieren  und  in  fremde  Hand  kommen  lassen  wollten.    Wir  ^ 

")  Nürnberger  Kreisarchiv.  Tüm.  XIV.  284,  iillys  isclireiben  aus 
Schwabach.  Tom.  XIV,  153—15$,  Ratserlafs  am  «9.  November.  Tora.  XV. 
249  ff.,  Schreiben  (!e<  Rates  an  Gustav  Adolf,  Mitte  Dczciuher.  Hiiefhucli 
1631,  fol.  514,  Vorantwort  an  Tiliy  am  29.  November,  l  om.  Xl  v.  109  — 1S5, 
Bedenken  der  Hochgelehrten  am  29.  November.  Tom.  XIV.  191  193,  Kats- 
edab  am  29.  November.  —  Nürnberger  Stadtarchiv.  Protokoll  der  Kriegs- 
stabe am  3a  November.   Soden,  .  .  .  pag.  136. 

9* 


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132 


mufsten  daher  »gleich  anderen  catholischen  vnd  evangelischen 
Stenden  aus  der  noth  eine  tugend  machen«.  Da  wir  das  Kriegs- 
volk haben  abdanken  müssen  und  uns  Güter  im  Werte  von 
400000  fl.  (Anmerkung  1)  ausgeplündert  worden  waren,  so  wäre 
ja  Stadt  und  Landschaft  auf  einmal  verderbt  gewesen.  Das  aber 
wäre  beim  Kaiser  nicht  zu  verantworten.  Denn  ihm  wird  die 
Erhaltung  der  Stadt  sicherlich  mehr  gefallen,  zumal  in  solcher 
Not  yo.der  dn«?  Recht  hat,  »sanguinem  suuiii  (luuvis  modo  zu 
redimirn«,  und  Kaiserliche  Majestät  jüngst  hat  vernehmen  lassen, 
dafs  wir  beim  schwedischen  Einbruch  in  den  Kreis  »dem  könig 
in  Schweden  nicht  schwören  vnd  dann  auch  keine  gamison  von 
ihm  einnehmen  soltenc.  (Siehe  Anmerkung  2.)  Wir  leben  daher 
der  Hoffnung,  Excellenz  wird  wie  der  Kaiser  uns  bei  dieser 
Erklärung  und  Entschuldigung  bleiben  lassen  »vnd  durch  be- 
harrung  vnmöglicher  ding  vnd  solcher  puncten,  deren  wir  zur 
reit  nicht  mächtig,  nicht  vrsach  geben,  dafs  vfT  dem  widrigen 
tali  der  könig  in  Schweden  erst  hiehero  gelocket  vnd  hiesige 
statt  vnd  landsrhalTt  in  vnverscluilte  hostiliteten  vnd  cuserste 
ruin  gesetzt,  oder  diesem  vnd  andern  benachbarten  craifsen 
vnd  derselben  vornehmen  Stenden  zu  unfelbarem  nachtaii  ander- 
weit occupirt  vnd  besetzt  werde«. 

Was  den  Grafen  Solms  betrifft,  so  hat  sich  derselbe  er- 
boten, wegzuziehen,  wenn  auch  das  Icaiserliche  Kriegsvolk  abziehe. 
Proviant  aus  der  Stadt  zu  liefern,  ist  unmöglich;  doch  soll  aus 
dem  I^ndgebiet  auf  den  Abzug  des  kaiserlichen  Kriegsvolkes 
solcher  beschafft  werden,  obwohl  des  Kaisers  Wille  ist,  dafs  die 
Stande  Uber  die  72  Monate  nicht  beschwert  werden  dürfen. 
Kine  AburdnuiiL:  mit  Vollmacht  ist  bei  den  Städten  nicht  Hor- 
koinnicn,  überdies  nimmt  auch  die  (jclahr  auf  dem  Lande 
stundlich  zu,  »raisende  personen,  vngcacht  sie  £.  Gr.  £xc. 

Anmerkung  i.  Das  Frankfurter GeleiUchifT  wurde  zwitehen Markt- 
breit  und  Ochsenfnrt  von  schwedischem  Kriegsvolke  angehalten  nnd  aus- 
geraubt. (Ratsverlufb  am  24.  Oktober.)  Auch  im  Spessart  wurden  Nürnberger 
Kaufleute  von  schwedischem  Kriegsvolke  ausgeraubt.  yTom.  XII.,  31 3,Ratserlafs.) 

Anmerkung  2.    Oberst  Löbel  gab  Or.  FeUer,  als  derselbe  in  Wien 

Abscliietl  nahm,  im  Xamen  des  Kaisers  die  Erniahnun«j  mit  auf  den  ^Veg,  er 
nT  .L;  '  'Uihin  wirken,  daf^  Nürnberg  in  kaiserlicher  Devotion  bidbe  »vnd  sich  zu 
cmiictiimiiig  einiger  schw  •«^i-chen  «Tuarnison  oder  iaistung  eines  aydts  dem* 
»elbi^en  künig  nicbi  wollen  bewegen  lafsen«. 

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—    133  — 


pafssedul  bey  sich  haben,  werden  vff  den  strafsen  geschwind 
niedergemacht,  also  dafs  auch  kein  both  mehr  sich  hinaus 
wagen  willc. 

Wir  bitten  also  iim  Beschleunigung  de«  Abzugs,  um  Spezial- 
sal\ aguardien  für  diu  Amter  unJ  Rückgabe  Lichtenaus,  sowie 
Restitution  der  zu  Forchheini  i^eraubten  Kaufmannsgüter  im 
Werte  von  iOOOOOfl.  und  hegen  auch  die  sichere  HotTnung, 
Excellen/.  i  werden  an  solchen  exorbitantien,  welche  den  otfent- 
lichen  hostiliteten  nicht  vngleich  seind,  kein  gefallen  tragen« 
sondern  dieselben  vielmehr  alles  ernsts  absuschaßen  vnd  zu 
verhüten,  auch  der  soldatesca  abfllhning  neben  obbedeuter 
restitution  gnädig  gemaint  sein«.  Einen  Erfolg  hatte  natürlich 
das  Schreiben  des  Rates  nicht.  In  seiner  Antwort  beschuldigte  Tilly 
den  Rat  des  Meineids  und  anderer  schweren  Dinge.*®) 

Euere  Entschuldigung,  sagt  Tilly,  dafs  ihr  des  Grafen  Tiii>-s 
Solms  Ankunft  und  Werbungen  auf  dem  Lande  nicht  habt  ver-  r^^J^'^ 
hindern  können  wegen  der  Drohungen  des  Schwedenkonigs 
»lauift  der  vernunfft,  expeiien/.  vnd  besserer  Wissenschaft  gantz 
suewieder«.  Es  wurde  ja  nichts  Feindliches  wider  euere  Stadt 
vorgenommen,  sondern  die  Solmsischen  Truppen  haben  »iren 
vrsprung  durch  die  mitel,  so  ir  ihme  eingeraumbt,  bey  euch  vnd 
in  der  Stadt  Nürnberg  genohmen  vnd  alda  geworben  worden, 
wie  dan  dieselben  sich  noch  vf  gegenwertige  seit  vnd  stundt 
darin  aufgehalten  vnd  protegijrt  werden«.  Auch  euere  Berufung 
auf  die  Katholiken  ist  nicht  stichhaltig.  Diese  haben  sich,  soviel 
sie  gekonnt,  gesetzt  vnd  gewehrt,  haben  zum  Teil  Land  und 
Leute  verlassen  müssen.  Ihr  aber  habt  >Hjhnnötiger  wcii"se  vnd 
ohne  wiederstandt,  vnd  zwar  wieder  keine  dergleichen  khriegs- 
macht,  besondern  nur  etzliche  wenige  trouppen,  wieder  aidt  vnd 
pflichten,  ja  wieder  Gott  vnd  alle  biUigkeit,  vnd  aswar  vf  eintzigen 
respect  vnnd  leedige  commination  aufsländischer  potentaten  euch 
eingelassen«;  ihr  habt,  was  gar  wohl  hätte  vereitelt  werden  können, 
vorgenommen  und  verhandelt,  »ja  dardurch  dem  feindt  auch  gar 
zue  aufspring;  vnnd  vergadderung  seines  volkhs  in  eueren  gebiet 
gelockhet  vnd  ihme  räum  verstattet,  allso  dafs  durch  dergleichen 
commination  vnd  aigen willige  verliandtlung  dem  schuldigen  respect 


Nttrnberget  KreisMchiv.   Biiefbuch  1631,  fol.  518  ff. 


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—    134  — 


Antwort 

des  Rates 
auf  Ttllyf 
■chweve 
Beadmldif 
uiifen. 


vnd  gehorsamb  gegen  Irer  khay{.  may^.  vnd  deroselben  khaifser* 
liehen  autboricet  vnd  hochheit»  auch  sonsten  durchgehendt  dafs 
privatum  dem  publice  wiederrechtUch  zu  praeferijm  vnd  vorzu- 
ziehen intendijrt  vnnd  gesuecht  worden<.  Ihr  habt  GeneraU 
wachtmeister  Freih.  von  Altringer  einen  schriftlichen  Revers  ein- 
i;oaiit\vc)rtct,  und  der  kaiserliche  Reichshofrat  und  Kommissär 
Hans  Anton  von  Popp  hat  im  Namen  des  Kaisers  euch  die 
Versicherung  gegeben,  *dafs  ir  nehml)lii  h  vf  allen  fahl  ir  vom 
feindt  angefochten  werden  selten»  euch  auf  iedes  euer  anmelden 
vnd  erfordern  zeitliche  vnd  genuegsambe  assistenz  wiederfahren 
solle  f.  Alles  Unheil,  das  dem  Reich  erwachsen  mag,  fällt  daher 
euch  zur  Verantwortung.  Was  euer  Anerbieten  bezüglich  des 
Proviants  betrifft,  so  ist  dasselbe  wertlos;  denn  es  sind  f  habschafft 
vnnd  mobiUienc  in  die  Stadt  gebracht  worden.  Was  aber  endlich 
euere  Entschuldigung  wegen  der  verlangten  Abordnung  anbelangt, 
so  habt  ihr  euch  tnit  entblödet«,  solche  an  Gustav  Adolf  zu 
schicken;  es  hätte  euch  also  nicht  »gegen  Irer  kay£.  may£.  be- 
denckhlich  fallen  sollen,  zumahlen  ihr  ^^ar  nit  von  einem  aufs- 
lendischen  potentatcn,  besondern  aintzig  vnd  allein  von  Ihrer 
khai^.  may^.  alfs  dem  höchsten  haubt  dcpendieret  vnd  ihret 
wegen  aller  euer  habender  Privilegien,  immuniteten  vnd  freyheiten, 
mit  welchen  von  deroselben  ihr  alleinig  vnd  kheinem  aufslendischen 
potentaten  begabt  vnd  begnadiget  seindt,  zue  gemessen  vnd 
zu  erfreuen  €. 

Es  wird  daher  die  Erwartung  ausgesprochen,  Nürnberg 
möge  sich  des  schuldigen  Gehorsams  gegen  den  Kaiser  erinnern 
und  die  »actiones  ;  su  einrichten,  dafs  sie  diese  künftig  beim 
Kaiser  verantworten  könne. 

Man  kann  nicht  behaupten,  dafs  dieses  Schriftstück  an 
Derbheit  es  hätte  fehlen  lassen;  der  Rat  war  daher  auch  nicht 
wenig  erbittert  und  beschlofs,  unverzüglich  darauf  zu  antworten 
und  die  allzustarken  Bezichtigungen  zurückzuweisen.*') 

In  dem  neuen  Schreiben,  verfafst  von  Dr.  Richter,  wird 
nochmals  darauf  hingewiesen,  dafs  es  nicht  in  Nürnbergs  Macht 
gestanden  habe,  die  Werbungen  des  Grafen  Solms  zu  verhindern, 
weil  man  das  Kricgsvolk  habe  abschaffen  müssen,  die  schwedische 

")  Nürnberger  Kreisarchiv.  Tom.  XIV.  204  —  206,  Ratserlafs  am 
I.  liezember.    Tom.  XIV.  aoS  — 211,  Tillys  Schreiben  aus  Keichel$dorf. 


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—    135  — 


Kriegsmacht  zu  stark  sei  und  Nürnberg  an  den  Orten,  wo  die 
Werbung  vor  sich  gegangen,  »die  freyfsUche  obrigkeitt  nicht 
zustehe.  Eine  Beförderüng  habe  von  Seiten  Nürnbergs  nicht 
stattgefunden,  wie  denn  fremde  Werbungen  noch  heutigen  Tages 
in  NQmberg  nicht  gestattet  würden.  Die  Drohungen  seien  keine 
leeren  gewesen,  Nürnberger  Burger  h;itten  in  der  That  durch 
schwedisches  Kriegsvolk  einen  Schaden  von  400  0üütl.  erlitten. 

Alle  Unpartciisclien,  heifst  es  dann  weiter,  mögen  richten, 
ob  es  besser  gewesen  wäre,  wenn  wir  trotz  der  unmöglichen 
Gegenwehr  »aufruhr  vnter  der  burgerschaft  verursacht  vnd  zu 
gentzlichem  ruin  anlafs  gegebene,  den  Feind  hieher  gelockt  und 
den  benachbarten  Ständen  grofses  Unheil  zugezogen  hätten,  als 
dafs  wir  nach  dem  Beispiel  anderer  katholischen  und  evangelischen 
Stände  nicht  nur  das  i  privatum«,  sondern  vor  allem  das  » publicum c 
in  acht  genommen  und,  >was  zur  Wohlfahrt  mehr  dienlich,  vnfs 
angelegen  seyn  lassen«. 

Niemals  ist  von  Kaisern  oder  Kurtursten,  »bei  denen  die 
tijuticatio  aigenth'ch  bestellet-^,  Nürnberg  als  eid-  und  pfiicht- 
brUchig  bezeiciinet  worden,  Nürnberg,  das  auch  jetzt  wieder 
durch  Jahre  hindurch  das  Aufserste  für  den  kaiserlichen  Kriegs- 
dienst aufgewendet  hat.  Was  die  Lieferung  von  Proviant  betrifft, 
ist  nicht  einzusehen,  warum  derselbe  gerade  aus  der  Stadt 
kommen  soll,  und  was  die  Abordnung  anbelangt,  so  hat  sich  der 
Kaiser  öfters  mit  Dr.  Fetzer  begnügt,  und  ist  an  den  Schweden- 
könig  eine  irathspottschaft  mit  plenipotentz«  niemals  abgegangen. 

Zum  Schlufs  aber  wird  abermals  die  Bitte  ausgesprochen, 
Tilly  möge  auf  seinen  I'(~)riierungen  nicht  weiter  l>esteiien,  zumal 
der  kaiserliche  Kommissär  Popp  zum  K reisk(<n\ etite  erwartet 
wurde,  und  mit  seinem  Kriegsvolke  abzieiicn,  widrigenfalls  man 
vor  Gutt,  Kaiser  und  allen  Ständen  des  Reiches  entschuldigt 
sein  wolle,  wenn  andere  Ungelcgenheit  Nürnberg  und  anderen 
diesem  benachbarten  Ständen  daraus  erwachsen  sollte.  Daran 
reiht  sich  noch  die  gleiche  Bitte  wie  zu  Ende  des  vorigen 
Schreibens. 

Nun  waren  in  der  That  Tillys  Anklagen  zu  starke. 

Ob  der  Rat  die  Werbungen  des  Grafen  Solms,  welcher 

vor  Monaten  mit  seiner  Familie  in  die  Stadt  gezogen  war, 
unterstützt  hatte,  wie  Tilly  behauptet,  ist  sehr  zweifelhaft;  gewifs 


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136 


aber  wissen  wir»  dafs  er  den  Grafen  nicht  herbeiwünschte. 
Seine  Hilfeleistung  freilich  nahm  man  und  mufste  man  schon  in 
RQcksicht  auf  Gustav  Adolf,  der  denselben  ja  der  Stadt  zu 

Htlfe  geschickt  hatte,  in  der  Zeit  der  Gefahr  in  Anspruch  neh- 
men. Wir  wissen  auch,  dafs  der  Rat,  wenigstens  noch  eine 
Zeit  lang,  neutral  bleiben  wollte.  Da  er  das  iiiciit  konnte,  er- 
bat er  vom  König  >  etwas  Gewalt«,  und  dieser  kam  dem  Wun- 
sche bereitwillig  entgegen. 

Geschickt  ist  ferner  der  Hinweis,  dafs  durch  Tillys  fort- 
gesetzte Feindseligketten  gegen  Nürnberg  den  benachbarten 
katholischen  Ständen  schweres  Unheil  erwachsen  könnte.  Gerade 
dem  Bischof  von  Bamberg  und  nicht  minder  auch  dem  Kur* 
fttrsten  Maximilian  von  Bayern  mufste  viel  daran  liegen,  dafs 
Gustav  Adolf  fern  bliebe.  Nicht  umsonst  wandte  sich 
daher  auch  der  Rat  an  den  Bischof,  er  möge  bei  Tilly  für 
Nürnbers;  ein  gutes  Wort  einlegen,  und  wohl  nicht  mit  Unrecht 
meint  Dr.  Tüschelein,  der  Bischof  von  Bamberg  habe  in  Rcirhels- 
dorf  »mitiora  consilia«  eingegeben.  Wenn  übrigens  bestritten 
wird,  dafs  man  eine  »rathspottschafft  mit  plenipotentz«  an  den 
Schwedenkönig  abgeordnet  habe,  so  ist  dies  Wortklauberei. 
Tetzel  und  Dr.  Richter  sollten  an  den  Rat  nur  berichten,  wenn 
Dinge  zur  Sprache  kämen,  worttber  sie  nicht  instruiert  wären. 
Auf  Grund  ihrer  Instruktion  schlössen  sie  jedoch  den  bekannten 
Würzburger  Vertrag  ab,  und  sie  waren  auch  bevollmächtigt,  im 
alleräufsersten  Falle  die  Spezialallianz  ein^iugehen. 

Wie  dem  aber  auch  sein  mag,  der  Rat  rechtfertigte  sich 
eben,  so  gut  er  konnte,  und  war  sicherlich  über/engt,   dafs  es 
beim   blofsen   Wortgeplänkel  nicht   bleü)en  würde,  wenn  Tilly 
die  Macht  besäfse,  Nürnberg  zu  strafen.^") 
DrrTiUysche  Was  die  Bedingungen  waren,  welche  Nürnberg  hätte  ein* 

Akkord,  g^j^^n  mo^sen,  wenn  es,  durch  die  Annäherung  der  kaiserlichen 
Truppen  erschreckt,  sich  in  einen  Akkord  eingelassen  hätte, 
darüber  gibt  eine  Urkunde  des  Allgemeinen  MUnchener  Reichs- 
archivs Aufschlufs. 


Nürnberger  Kreisarchiv.  Tom.  XIV.  2x2—214,  Dr.  i  üschcicins 
Gutachten.  Tom.  XIV.  219  fT.  (Briefbvch  1631.  fol  530  Q,  Antwort  des 
Rates  auf  l'illys  Schreiben  aas  Reichelsdorf.  Tom.  XIV.  216,  Dr.  Tttsche» 
leins  üulächtea. 


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—    137  — 


Ich  lasse  sie  hier  im  Auszuge  folgen. 

1 .  Die  Stadt  hat  das  schwedische,  wie  überhaupt  das  dem 
Kaiser  feindliche  Kriegsvolk  ;in  Tilly  auszuliefern  >vnd  darmit 
Ihre  Exe:  den  khaifscrlichen  lierrn  generalen  vnd  grauen  von 
Tilly  weiters  gewähren  vnd  verordnen  zue  lassen«.  2.  Sie  hat 
vom  Kriegsvolk,  das  es  :»zu  behueff  ihrer  statt  geworbene,  den 
Überschufs,  so  die  Zahl  der  ihm  ehedem  vergünstigten 
Garnison  Oberschreitet,alsbald  abzudanken;  sie  mufs  eine  kaiserliche 
Garnison  in  die  Burg  einnehmen  und  nnterhalten,  bis  dem  Reiche 
wieder  der  Friede  gebracht  ist;  sie  darf  mit  des  Reiches  Fein- 
den  in  keinerlei  Weise  in  Verbindung  treten.  3.  Die  Stadt  hat 
unverzüglich  den  Rest  der  Kontribution  zu  20000  fl.  den  Monat 
vuai  1.  luni  ah  bis  jetzt  zu  zalilen,  was  mit  Einschlufs  des 
Monats  November  die  hübsche  Summe  von  120000  fl.  betrug. 
4.  Sie  nnifs  zur  IJnterhaltuni^  des  kaiserlichen  Heeres  200000  fl. 
herleihen  und  alsbald  in  die  kaiserliche  Kasse  abliefern,  welche 
Summe  jedoch  von  der  künftigen  Kontribution  abgezogen  werden 
soll;  desgleichen  mufs  sie,  ebenfalls  auf  Abzug,  20000  Ellen 
wollenes  Tuch,  10000  Ellen  leinenes  Tuch  und  10000  Paar 
Schuhe  für  die  kaiserliche  Armee  sofort  abgeben.  5,  Sie  hat 
aufserdem  100  gute  Wägen  samt  Pferden  und  allem  Zubehör, 
500  Ztr.  Pulver,  1000  Ztr.  Lunten  und  500  Ztr.  Blei  zu  liefern.") 

Dies  sind  gewifs  keine  geringen  Anforderungen  an  Niirn-  Tiu>^Al«uj;. 
berg.  Doch  was  wäre  der  Stadt  erst  widerfahren,  wenn  Tilly 
sie  im  Sturm  erobert  hritte!  Allein  um  eine  Belagerung  vor- 
zunehmen, fühlte  sich  Tilly  zu  schwach.  Nachdem  er  vier  Tage 
mit  seiner  14000  Mann  starken  Armee  vor  Nürnberg  gelegen 
war,  zog  er  am  3.  Dezember  in  zwei  getrennten  Heerhaufen 
ab,  wovon  der  eine  über  Roth  nach  Schwaben,  der  andere 
in  der  Folge  durch  die  Oberpfalz  nach  Böhmen  marschierte, 
jetzt  aber  mit  verheerender  Gewalt  über  die  Nürnberger  Ämter 
sich  ergofs.'^ 


*')  Münchener  Allgemeines  Keichsarchiv.  Tom.  CLXVil,  fol.  466  ff., 
Nttrnbcr^tche  accordspiincteB,  wie  «ie  ftQ  die  sUtt  von  vaiu  begcret  worden. 
Etzliche  puncteB«  Signatum  Schwabftch  vnder  ohhochgedaelites  Herrn  1  /c« 
neraln  vnd  ()rat»ens  von  Tilly  Exre.  aigcnen  handtzeichen  vnd  daaebeos 
ftxrgcikteltem  insigcl  am  29.  Nouembris  ao.  1631. 

**)  Ntttnberger  Kreisarcbiv*  Ratterlafs  «m  3.  Deiember.  —  Soden, 
GnsUr  Adolf  ...  I.  Teil.  pag.  139. 


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138  — 


Der  K-impf  Vom  äufsereii  Feinde  war  die  Stadt  Nürnberg  befreit; 

s^^umatni  S^f^^^  inneren  Feinde  aber,  die  sogenannten  Verdächtigen, 
Vonttditigvn.  tobte  der  Kampf  weiter.    Es  ist  bereits  hingewiesen  worden, 

in  welcher  Weise  der  Rat  einem  Verrate  zu  begegnen  suchte; 

wegen  der  Wichtigkeit  dieser  Sache  halte  ich  es  ftir  angezeigt, 

nochmals  darauf  zurttckzukommen  und  mich  des  weiteren  darüber 

zü  verbreiten. 

Da  der  Rat  fiirc  hti'tc,  es  könnten  dun  !i  Vcirräterei  die 
Retten  oder  Seile  abgeschnitten  werden,  liefahl  er,  in  die  närli- 
sten  Häuser  bei  den  Brunnen  Seile  und  Kimer  2U  tUuu,  damit, 
wenn  eine  Feuersbrunst  ausbräche,  man  anderweit  versehen 
wäre.  Dann  wurde  ein  Proklama  erlassen:  »dafs  wer  eine 
schädliche  vnd  verdechtige  persohn  in  hiesiger  statt  vermuthen 
wird,  solche  in  der  kriegsstuben  bej  Vermeidung  gleicher  straff 
in  geheim  anzeigen,  vnd  derselbe  vnuermelt  verbleiben  solte, 
welches  auch  einem  E.  E.  rath  zu  femerm  nachdenckhen  vnd 
ordinirung  zue  referiren^.  Am  1.  Dezeniber  wurde  Savioli  auf 
den  Turm  gesperrt.  Die  Wirte  durften  von  nun  an  die  Italiener 
nicht  mehr  beherbergen;  die,  welciie  sich  bisher  in  Wirtshausern 
aufgehalten  hatten,  mufsten  sich  zu  denjenigen  von  ihren  Lands- 
leuten  begeben,  welche  ein  eigenes  Haus  besafscn;  alle  Wel- 
schen aber  wurden  in  Handgelübde  genommen,  dafs  sie  in  der 
Stadt  und  ihren  Häusern  verbleiben  und  keine  Güter  hinweg- 
schicken würden. 

Auch  gegen  drei  angesehene  Bürger  der  Stadt  ging  der 
Rat  vor;  es  waren  dies  Martin  Karl  Haller,  der  als  Genannter 
entschieden  gegen  den  Anschlufs  an  Schweden  gestimmt  hatte, 
der  <  )tKMst  Voit  und  Sebastian  Welser.  Sic  wurdt  u  ials  ge- 
fehrliche  painotcn  v  nd  schadliciie  icuth*  auf  verscliird.  ne  Türme 
gesperrt,  und  es  wurde  den  Turmhiitern  strenge  betohleu,  ohne 
des  Rates  P'.rlaubnis  »nicht  einigen  menschen  zu  ihnen  zu  lassen«. 
Martin  Karl  Haller  hatte  sich  verdächtig  gemacht  durch  seine 
Reden  und  insbesondere  dadurch,  dafs  er  einem  gewissen  Husan, 
der  sich  für  einen  kaiserlichen  Kommissär  ausgab,  sich  aber 
nicht  legitimieren  konnte  und  sehr  wahrscheinlich  ein  Spion  war, 
Unterschlupf  in  seiner  Wohnung  gewährt  hatte.  Voit  hatte  schon 
mehrere  Jahre  her  dem  Rate  wegen  seiner  bösen,  giftigen  Reden, 
wegen  seiner   Korrcspuiulenz   mit  Nürnberg  übelgesinnten  Pcr- 


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—    130  — 


sonen  und  seiner  gehässigen  Berichte  viel  in  schaffen  gemacht. 
Sebastian  Welser  aber  fiel  vor  allem  sein  Verkehr  mit  Voit  und 
dafs  er  mit  diesem  alle  Schanzen  umritten  hatte,  asur  I>ast. 

Aufser  diesen  dreien  galten  noch  als  besonders  verdächtig 

Ambrosi,  Gallina  und  der  Postmeister  Ehinger;  von  lefatterem 
wird  später  noch  die  Rede  si!in.  Als  den  Herd  der  Verschwö-  ' 
rung  aber  betrachtete  der  Rat  das  Deutsche  Haus.  Am  26.  No- 
vember er^MHg  an  den  Hauskommentur  der  Befelil,  jeden  Tag 
ein  Verzeichnis  der  Fremden  einsuliefern,  die  bei  ihm  ab-  und 
zureisten,  und  drei  Tage  später  ward  ihm  die  Mitteilung,  man 
werde  ihm  etliche  Soldaten  zn  seinem  Schutze  —  in  Wirklich- 
keit war  es  zu  seiner  Beaufsichtigung  —  im  deutschen  Hofe 
einquartieren.  Am  13.  Dezember  wurde  denn  auch  das  Deut- 
sche Haus  mit  einer  Wache  belegt. 

Nun  ist  gewifs  die  Frage  am  Platze:  war  dieses  Vorgehen 
gegen  die  sogenannten  Verdachtigen,  besonders  die  Italiener, 
nicht  zu  weitgehend?  Verräterei  konnte  der  Rat  ja  auch  in 
keinem  einzigen  Falle  nachweisen :  er  mufste  allen  als  verdächtig 
Eingezogenen  wieder  die  Freiheit  schenken.  Den  Obersten 
Voit  allerdings  hätte  er  gar  zu  gerne  in  Haft  behalten;  doch 
auch  ihn  mufste  er  auf  direkten  Befehl  des  Kaisers  da- 
raus  entlassen.  Allein  die  Vorsicht  des  Rates  erklärt  sich, 
wenn  wir  erwägen,  dafs  Gustav  Adolf  diesen  oft  vor  Verrätern, 
worunter  er  vor  allem  die  Italiener  verstand,  gewarnt  hatte; 
wenn  wir  ferner  bedenken,  dafs  der  Rat  nur  zu  gut  wufste,  wie 
alles,  was  in  Nürnberg  vorging,  seit  geraumer  Zeit  an  kurbaye- 
rische IJeanite  berichtet  wurde. 

Zur«  Beweise,  auf  welche  Art  man  bayerischerseits  gerade  Kur- 
in jener  Zeit  sich  Kenntnis  von  den  Vorgängen  in  Nürnberg  zu  J^^"*^***" 

Spion  ügB  in 

verschaffen  suchte,  diene,  was  folgt:  NDmberR. 

Am  20.  November  schrieb  der  KurfUrst  Max  I.  an  den  Ober- 
sten Lindlo  und  die  Regierung  von  Amberg,  es  möge  die  Korre- 
spondenz zwischen  dem  Kriegsverordneten  Siegmund  Gabriel 


NUrn1)erfjer  Kretsarchiv.  Rateerlässe  am  24.,  25  ,  26.  und  27.  No- 
vember und  am  4.  und  13.  i^ezcmbcr.  Erlässe  der  Herren  EUlern  am  29.  No- 
vember und  I.  Desember.  Hiezu  attch  Tom.  XIV.  47  und  Tom.  XVI.  377 
ff  ,  Gravamina  der  Stadt  Nürnberj^.  —  Nürnberger  Sta  liarchiv.  Voickamer« 
sehe  Chronik  523,  4^    Protokoll  der  Kriegssiube  am  24.  November. 


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—    140  — 


Holzschuher  und  einem  seiner  Unterthanen  wie  bisher  durch 
den  Schultheifsen  von  Neumarkt  mit  guter  »dexteritett  befördert 
werden.  Und  der  SchuUheifs  berichtete  an  die  Regierung  in 
Amberg:  Holzschuher  kann  im  Trunk  nicht  viel  verschweigen. 

Ich  habe  daher  seinen  WatTenkneciit  Hans  Pogner  von  WofTeii- 
bach,  wie  seinen  Skribenten  so  weit  gebraclu,  clafs  sy  sich 
mit  hohen  bedeuern  erbotten  vnd  mit  handtgegebener  trewe 
angelobt,  sowohl  mindt:  als  schriftlig,  doch  alles  vnd  yedes- 
mahls  mit  meinem  vorwissen,  den  offterwehnten  Holtzschuher 
zu  lockhen  vnd,  wafs  er  oder  die  seinigen  sich  vernehmben 
lassen,  getreulich  zu  auisiren«. 

Der  Waffenknecht  scheint  aber  aus  Siegmund  Gabriel  Holz- 
schuher nicht  viel  herausgelockt  zu  haben;  denn  seine  Berichte 
zeichnen  sich  wohl  durch  Weitschweifigkeit  aus,  sind  jedoch 
meist  ohne  jegliche  Bedeutung.  Über  die  Thätigkeit  des  Skri- 
l)enten  konnte  ich  im  Münrhener  Reic.hsarchiv  überhaupt  keine 
Anhaltspunkti'  finden.  Es  sei  hier  nur  erwalmt,  was  l'ogner 
am  29.  November  berichtete:  In  Nürnberg,  schreibt  er,  >sey 
grofses  trauern  vnd  wainen,  vnd  förchten  sy  serc.  Gustav  Adolf 
schreibe  alleweil,  er  wolle  ihnen  Hilfe  schicken,  es  komme  aber 
keine  an. 

Viel  wichtiger  als  dieser  Bericht  des  WafTenknechtes,  dem 
ein  gewisser  Wert  jedoch  nicht  abgesprochen  werden  soll,  ist 
der  Extrakt  eines  Schreibens  aus  Nürnberg  an  den  kurbayeri* 

sehen  Sekretär  Schäfer  unterm  27.  November.  Es  hi-if^t  da: 
»Die  Stadt  ist  bei  dein  LautTerthor  vnnd  bei  dem  Spitlerthor, 
gejjen  dem  Frauenthor  am  schwcehisten,  khain  besser  mitl, 
dann  bei  der  nacht  die  /.wo  vorstedt,  als  Wöhr  vnd  GostenhoflT, 
welche  gleichwol  mit  volkh  besetzt,  yberfallen;  im  Gostenhoff 
iigt  die  Solmische  reutterey  vnnd  fuefsvolkh,  beneben  solchen 
wachten  alle  nacht  ain  oder  2  fänndlein  starkh  volkh,  hat  aber 
khain  thor,  Wörth  hat  thor,  jedoch  schlecht  vnd  khainen  graben, 
sonndern  nur  schrankhen«.  »Der  pöffel  ist  aller  schwedisch, 
vnnd  niemandt  mer  khaiserisch,  also  dafs  mit  dem  pöfel  nichts 
zu  handeln«.'*) 

")  Münchencr  AU^'cmeines  Reich«;j»rchiv.  Tom.  CIAXII.  Fol.  4, 
Tom.  CLXXXL  l-ol.  17,  Tom.  CLXli.  l  ol.  19  und  Tom.  CLXXIL  Fol.  161. 


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Doch  kam  es,  wie  bereits  erwähnt,  zu  keiner  Belagerung  Unter- 
Nümbergs,  und  man  möchte  nach  dem,  was  Gustav  Adolf  an  J^^^ 
den  Rat  geschrieben  hatte,  Überhaupt  annehmen,  Tilly  habe  «ine 
Nürnberg  blofs  schrecken  wollen.    Allein  ein  Schreiben  des  ^y^J^ 
KurfilTSten  Max  beweist  uns,  dafs  der  kaiserliche  Heerführer  es  für  beabricbtiKt 
möglich  hielt,  Nürnberg  in  seine  Gewalt  zu  bringen.  Max  T.  spricht 
in  diesem  seinen   Zweitel   aus,   dals  ::clie  inipresa  geu,en  Nürn- 
berg«  gelingen    wenle,   da  es    ^sehr  sj)ath   im  Jalir*  und  der 
schlecht  gekleidete  Soldat  bei  dieser  Kälte  nicht  »in  campagna 
zu  halten  sei  ohne  endtliche  consumption«,  zu  geschweigen  der 
Schwierigkeiten,  die  eintreten  würden,  wenn  Gustav  Adolf  der 
Stadt  zu  Hilfe  eilte.    Weü  aber  die  Sache  nun  einmal  ange- 
fangen sei  und  man  das  Nürnberger  Gebiet  »zum  wüntterquartier 
gebrauchen  muefs«,  stellt  er  das  Ganze  Tilly  anheim  »vnnd  ein 
solches  vmb  souii  mehr,  wann  auch  ja  diese  impresa  in  efiectu 
vnd  zu  dem  principaliter  fllrgezihtten  zweck  nit  reussiren  solte, 
so  werden  doch  durch  solchen  zug  verstandnermassen  die  noth- 
wendige  wünterquartier  occupirt«. 

Die  treibende  Kraft  bei  diesem  Anschlage  auf  Niirnl)erg 
war  wohl  Pappenheim,  An  Max  I.  schrieb  er,  er  getraue  sich, 
die  j^Impresac  mindestens  in  9  Tagen  >zue  endt  zu  richtenc, 
freilich  —  müfste  »das  werck  also  mit  artilleri  vnd  arbeit  vber- 
setzt  seine,  dafs  an  einem  Tage  geschieht,  was  sonst  nicht  in 
einer  Woche.  Und  aus  Schwabach  berichtete  er  am  35.  No- 
vember  von  grofsartigen  Werbungen  in  Franken  und  dafs  er 
ein  Mittel  erdacht  habe,  wie  Nürnberg,  söhne  schwerdtstreich, 
auch  ohne  lange  bloquierung  E.  curfürstl.  Dhlt.  mit  wenig  volckh 
in  die  hendt  zue  lieffern.  Mit  2000  pferten  vnt  5000  mann  zu 
fuefs  getraut  ich  mirs  zue  thuen«.^*'') 

So  leicht  jedoch,   wie   Graf  Pappenheim   sich  die   Sache  Bcwcwdaiür, 
dachte,  war  sie  lange  nicht.    TiUy  handelte  klug,  als  er  von  ^'j^^^ 
Nürnberg  wegzog;  denn  hätte   er  die  Stadt  wirklich  belagert,  Krh-rrnn^ 
so  war  dieser  schwedischer  Hilfe  sicher,    Generalfeldmarschall  ^j^^*^^^ 
Horn  nämlich  zeigte  Jobst  Christoph  Krefs  zwei  Handbrieflein 
des  Königs  vor,  in  denen  ihm  befohlen  war,  alle  seine  Truppen 


Münchener  Allgemeines  Reichsarchir.    Tom.  CLXVII.  Fol.  4^5. 
Kurfürst  Max  I.  an  Tilly.    Tom.  CLII.  Fol.   402,  rapj>enheim   an   M:«x  f 
Ton).  CLII.  Fol.  407,  Pappenheim  an  Max  1.  SchwabacU,  den  23.  November. 


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—    iA2  — 

■ 

nach  Nürnberg  marschieren  zu  lassen,  bis  dieser  selber  komme« 
Und  dem  Nürnberger  Bürger  Droschel  gegenüber  äufserte  der 
König,  er  wolle  Nürnberg  nicht  im  Stiche  lassen,  sollte  es 
ihm  auch  Blut  und  Leben  kosten.  An  den  Herzog  Wilhelm 
von  Sachsen^Weimar  schrieb  er  aber  aus  Höchst  am  6.  Dezember, 
er  habe  Nachricht,  dals  der  Feind  Nürnberg  belagere.  Die 
Stadt  sei  aber  dem  Feinde  nit  ht  zu  gönnen,  jdahero  Wir  auch 
gi'n/.lirhen  resolvirt,  sie  vnnerlengert  zu  entsetzen  ..  Der  Herzog 
möge  daher  die  Stadt  Krturt  besetzen  und  mit  dem  Reste  des 
FuCsvolkes  und  der  Reiter  den  Marsch  nach  Schweinfurt  neh- 
men, »so  dafs  sie  wo  möglich  in  12  tagen,  alldieweil  £.  Ld. 
sich  mit.  stücken  nit  beschweren  dorfen,  alda  sein  vnd  sich  mit 
Vnfs  conjungiren  mögen«.") 
Sehünmu»  TUly  war  wohl  von  Nürnberg  weggezogen,  allein  die  Lage 

Lage  Nürn-       Stadt  War  auch  jetzt  noch  eine  sehr  mifsliche.    Sie  war  rings 

borgs  auch 

nach  dem  vom  fcindHchen  Kriegsvolke  umschlossen,  selbst  gegen  Schwaben 
hin  durch  die  zu  Weifsenburg,  Ruth  und  Lichtenau  liegenden 
kaiserlichen  Truppen;  aus  dem  Landgebiet,  wo  die  Tillyschen 
Scliaren  in  barbarischer  Weise  hausten,  waren  keine  Lebens- 
mittel zu  bekommen.  Eine  Hungersnot  stand  bevor,  wenn  die 
kaiserlichen  Truppen,  wie  es  anfänglich  geplant  war,  ihre  Win- 
terquartiere in  den  Nürnberger  Äibtem  bezogen.*^ 
Die  Ge-  Auch  mit  dem  Grafen  Tilly,  der  mit  der  Hälfte  seines 

fangennahcnc  ^^^j^^  j^^th  nach  Schwabcu  nahm,  hatte  der 

des  jungen  " 

Füitten  von  Rat  noch  mauch  unerquickliche  Angelegenheit  zu  verhandeln.  Be> 

^e^n*     sondere  Verlegenheit  bereitete  ihm  die  Gefangennahme  des  jungen 

Wuchtmci-   Fürsten  von  Anhalt  und  dessen  Wachtmeisters  Dien,  suwie  des 
,  ^       Hieronymus  Altheinier  von  Trient,  welche  Geschichte  zu  uner- 

und  des  •' 

Hieronymus  quicklichen  Verhandlungen  schon  Anlafs  gab,  als  Tilly  noch  bei 
von  Titent  N^™herg  lag.  Der  Hergang  ist  kurz  folgender:  Am  30.  November 
war  der  junge  Fürst  von  Anhalt  mit  seinem  Wachtmeister  auf 
die  Stadt  zugeritten,  aber  von  Solmsischen  Reitern,  die  sich  für 


Wegzuge 
nUys. 


^)  Nürnberger  Kreisarchiv.   Tom.  XV.  338 — S41,  DroscheU  Bericht 

über  seine  Verrichtung  bei  Gustav  Adolf.  Tom.  XV.  253  -263,  Hr  Jobst 
eil.  Krefsens  Relation.  —  Soden,  Gusav  Adolf  ...  I.  Teil  pag.  144  und 
154  fr.  •-  Droysen,  Schriflütucke  von  Gustav  Adolf  zumeist  an  evangelische 
Fürsten  Deutschlands.    Stockholm  1877.  8. 

Nürnberger  Sladlarchiv.    Protokoll  der  Kricgwtube  am  la  and 
11.  Dexember. 


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—    143  - 

schwedische  ausgaben,  gefangen  genommen  und  beraubt  worden. 
Er  hatte  den  Ritt  unbesorgt  unternommen,  da  sein  Wachtmeister 
auf  die  Frage,  ob  man  sicher  in  die  Stadt  reiten  könne,  von 
Dr.  Fetzer  zur  Antwort  erhalten  hatte,  er  könnte  dies  ohne 

Furcht  thun,  da  Nürnberg  weder  des  Kaisers  nochTillys  Feind 
wäre.  Die  heidt  n  Gefangenen  fanden  natürlich  allen  Schutz 
bei  l  illv,  der  ihre  sofortige  Freilassung  begehrte  und  jetzt  mit 
nocii  L^rofsi'rer  Feindseligkeit  gegen  Nürnberg  verfuhr, 

Der  Rat  hätte  nun  rne  alsobald  Tiliy  widerfahrt.  Aber 
der  Fürst  und  dessen  Wachtmeister  waren  die  Gefangenen  des 
Grafen  Solms,  ohne  dessen  Willen  sie  nicht  freigegeben  werden 
konnten;  der  Rat  hatte  dieselben  nur  auf  den  Wunsch  des 
Grafen  im  offenen  Gasthaus  interniert.  Es  blieb  ihm  daher 
nichts  übrig,  als  Solms  im  guten  zur  Freigabe  des  Fürsten,  der 
noch  obendrein  einen  schwedischen  Pafszettel  bei  sich  hatte, 
und  des  Wachtmeisters  zu  vcriiiuuen.  Und  der  Graf  liefs  sicii 
denn  auch  durch  den  Grafen  Holienlohe  und  den  Hofrat  Dr. 
Martin  Chemnitz  hiezu  bestimmen  zur  grufsen  Beruhigung  des 
Rates,  welcher  nunmehr  sofort  an  Tilly  berichtete,  die  Ge- 
fangen nr\  hm  e  sei  nicht  auf  Befehl  und  mit  Gutheifsen  des  Magi* 
strats  erfolgt,  er  habe  jedoch  bei  Solms  die  Sache  dahin  gerichtet, 
dafs  der  junge  Fürst  von  Anhalt,  wie  dessen  Wachtmeister  sofort 
die  Freiheit  erhielten. 

Anders  lag  die  Sache  bei  Altheimer,  der  seit  21.  November 
auf  Verlangen  der  Adeligen,  die  er  gebrandschatzt  hatte,  ge- 
fang<  n  -ch^ilten  wurde.  Der  Rat  crljot  sich,  auch  dessen  Frei- 
lassung, soviel  in  si  inrr  Macht  stünde,  zu  befördern;  aber  diese 
könnte  erst  erfolgen,  wenn  Altheimer,  was  er  geraubt,  zurück- 
erstattet hätte.    Er  lag  nocli  lange  in  Haft.^^) 

I)o(  h  wns  wog  diese  leidige  Sache  gegenüber  der  schweren  n,  t  ii  -r- 
Sorge,  die  dem  Rate  das  furchtbare  Elend  der  Nürnberger 

'''^1  Nürnberger  Kreisarchiv.     Tom.  XIV    232,  TiMys  Schreibfn  aus  AmXmn, 
Reichebdorf  am  2.  Dezember.    Tom.  XiV.  229  und  231,  Rutacriaib  und 
Dr.  Richters  Gutachten  am  3  Detember.  Tom  XIV.  235  und  236,  240  bis 
243,  RauerlSss«  am  4  Dezember.    Tom  XIV.  244  und  245,  Schreiben  an 
Tilly   den  4.  I>e7ember.    Tom.  293  und  294,   Tillys    Schreiben  aus 

Rolb,  den  6.  Dezember.  Brief  buch  1631,  fol.  553  ff..  Schreiben  des  Rates 
an  Tilly  am  9.  Detember  (Tom.  XIV.  310—314).  Tom.  XIV.  314,  Rat«- 
erlafs  um  9.  Dezember.  Brten>uch  1631,  fol.  525  ff.,  Schreiben  an  Tilljr 
den  3.  Dciember.    Katserlaf»  am  21.  November. 


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144 


Landbevölkerung  bereitetep  gegenüber  den  schweren  Verlusten, 
welche  viele  Ratsmitglieder  erlitten,  die  aus  dem  Landgebiete, 
das  nun  von  der  Soldateska  völlig  ausgezogen  wurde,  ihre  Ein» 
künfte  bezogen  l  Und,  was  besonders  schlimm  war,  der  Rat 
konnte  beim  redlichsten  Willen  seinen  Unterthanen  auf  dem 
Lande  nicht  helfen.  Er  hatte  nur  die  Weisung  an  die  Pfleger 
ergchen  lasst-n,  wenn  den  Stadtehen  etwas  Feindhehcs  zugemutet 
werden  sollte,  so  lange  um  tiintion  >;  /.u  bitten,  bis  sie  die 
Sache  an  den  Rat  hätten  gelangen  lassen,  und,  wenn  das  nicht 
helfen  sollte,  >vmb  linde  vnd  geringe  quartier  zu  bitten  vnd  des 
eufsersten  gewalts  nicht  zu  erwartten,  sonderlich  wan  stuck  vor- 
handen«. Wenn  aber  die  Huldigung  begehrt  werden  sollte, 
hätten  die  Pfleger  auf  die  dem  Rate  schuldige  Pflicht  und  Treue 
sich  zu  berufen  und,  wenn  es  anders  nicht  sein  könnte,  sich 
als  gezwungene  Leute  in  die  Sache  zu  schicken,  so  gut  es  mög- 
lich, und  zu  erklären,  dafs  sie  hiesigem  Magistrat  als  der  vor- 
gesetzten Obrigkeit  an  seinen  Rechten  dadurch  nichts  vergeben, 
sundern  vielmehr  sallo  /ui^rlabsene  notturfft  vorbehalten  haben« . 

So  waren  denn  die  Hewohner  auf  dem  Laniie  srhut/.h.is 
allen  (Jrausamkeitcn  der  Tillyschen  Soldateska  preisgegeben, 
die  plünderte,  sengte  und  mordete,  Frauen  und  Jungfrauen 
schändete  und  aufs  härteste  mit  den  Pflegern  und  Beamten  ver- 
fuhr. Oberst  Holke  aber,  Graf  Sulz  und  mit  ihnen  andere 
Offiziere  wehrten  diesem  wilden  Treiben  in  keiner  Weise;  ihre 
Sorge  war,  möglichst  viel  Geld  aus  der  verarmten  Bevölkerung 
herauszupressen.  Es  würde  zu  weit  führen,  wenn  ich  auf  die 
langen  kläglichen  Berichte,  die  aus  den  Amtern  (jräfenberg, 
Lauf,  Hersbruck,  Altdoit,  Englthal,  \  elden  und  Hiljxiltstein 
eintrafen,  hier  eingehen  würde;  aucii  würde  ich  für  den,  der 
die  Geschichte  des  dreifsigjährigen  Krieges  nur  einigermafsen 
kennt,  nichts  Neues  bringen.  Deshalb  beschränke  ich  mich  auf 
die  Anfuhrung  dessen,  was  der  Rat  in  dem  unten  folgenden 
Schreiben  an  den  Kaiser  und  in  der  Instruktion  des  Jobst  Chri- 
stoph Krefs  über  die  Zuchtlosigkeit  der  kaiserlichen  Truppen 
sagt.  So  heifst  es  in  der  Instruktion :  Die  Tillysche  Armee  hat 
sich  rings  um  die  Stadt  s logiert«,  den  Handelsleuten  Waren  im 
Werte  von  etlichen  tOOO  fl.  abgenommen,  alle  Dörfer  und 
Flecken  ausgeplüadeii,  die  Weiber  geschändet,  Bürger  und  Land- 


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—    145  — 


leute  ermordet,  viele  Dörfer  und  Herrenhäuser  in  Brand  gesteckt 
(Anmerkung  1.)  »auch  mit  raitlung,  anhenckung  pulvers,  so 
sie  angezündet^  ja  auch  mit  liechtem  vnter  den  achseln  ge> 
brant,  ärger  dann  barbarisch  mit  den  pflegern  vnd  beampten 
verfahrene.  Und  an  den  Kaiser  schreibt  der  Rat»  dafs  der 
I  tiiid  sich  der  Städtlcin  und  anderer  Orter  bemächtigt,  dieselben 
teils  gcljrandschatzt,  teils  aus^epliindert  hat,  »auch  vnfsern 
ptlegern  zu  l)esa>;teni  Hilpoltstein,  naelulem  sie  vorher  auf  das 
greulichst  gemartert,  endlich  gantz  jämmerlich  vmbgebraelit 
(Anmerkung  2.)  vnnd  ermordet  hat.  Auf  dem  feldt  seind  die 
weibspersohnen  vnd  kinder  vnter  der  arbeit  feindtlich  angefallen, 
geschändet  vnd,  nach  vblem  tractiren,  gar  vmbgebracht  worden, 
mit  etlichen  vnterthanen  hat  man  gantz  barbarisch  verfahren,  des 
plUndems  vnnd  raubens  haben  auch  die  siechheufser  vnd  die 
darin  kranckh  liegenden  persohnen  nicht  entvbrigt  bleiben  mögen c. 

Doch  wäre  es  ungerecht,  Tilly  alle  Ausschreitungen  seiner 
Soldaten  zur  Last  zu  legen.  Wir  diirfen  ihm  glauben,  was  er 
an  Nürnberg  schreibt:  er  trage  durchaus  kein  Gefallen  an  den 
Insolcntien  seiner  SoUlaten  und  würde  die  Verbrecher  exem- 
plarisch bestrafen,  wenn  dieselben  aufkämen.  Auch  ist  gewifs 
nicht  ganz  ohne  Berec  htii^unf,',  wenn  er  meint,  die  Unterthanen 
hätten  ihr  Unglück  vielfach  selbst  verschuldet,  da  sie  den  Kriegern 
nicht  mit  einem  Stück  Brot  an  die  Hand  gegangen  wären.'*) 

Dieser  verwilderten  Gäste  los  zu  werden,  war  daher  das  schnibea 
eifrige  Bemühen  des  Rates.    Zunächst  wandte  er  sich  an  den  ^ 

Anmerkung  i.  Das  Tillysche  Kriegsvolk  hat  bis  zum  lo.  Dezember 
»vff  (lein  waldt  Sclcildij^  zu  Neunhof,  Gründlach,  Bucb,  Behringersdorf  u.  s.  w. 
22  Häuser,  20  Stiidel,  2  Kästen,  I  Lochhaus  und  i  Tanzboden  abgebrannt, 
im  i^anzen  also  46  /.inuiier  ohne  die  Backofen  und  Schweinslälle ;  »vflT  dem 
waidt  Laurentzi«  zu  Schweinau,  Feucht,  Wetiendorf  u.  s.  w.  70  Zimmer;  zu 
Ober-Aspach  22  Zimmer. 

Anmerkung  2.  Nach  der  Mitteilung  des  Pflegers  zu  Betzenstein 
hätte  der  Pfleger  von  Hilpoltstein  seitt  Schickial  lelbit  verschuldet,  da  er 
5  Schtttse  unter  das  Tilljptche  Kriegsvolk  abgegeben  hatte. 

*•)  Nürnberger  Kreisarchiv.  Tom.  XIV.  2So~-ass,  aS>— 254*397— 303, 

Berichte  aus  Lauf,  En^elthal  und  Hersbruck.  Katserlafs  am  8.  Dezember. 
Briefbuch  1631,  fol.  566  und  fol.  573  ff.  {2  Schreiben  an  den  Grafen  Sulz). 
Tom  XIV.  258  ff.,  Schreiben  des  Rates  an  den  Kaiser.  Erlafs  der  Herren 
Eltern  am  9.  Desember.  Spezialakten  des  30jShrigen  Krieges,  D  3031  und 
S  I,  L  197,  Nr.  22.  ~  Nürnberger  Stadtarchiv.  Protokoll  der  Kriegsstubc 
am  II.  Dezember.  —  Soden,  Gustav  Adolf  ...  I.  Teil,  pag.  146—150. 

IG 


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~    146  — 


Kaiser,  weniger,  weil  er  die  Erüillung  seiner  Bitte,  Kais.  Majestät 
möge  den  Befehl  zum  Abzug  des  Tillyschen  Kriegsvolkes  geben, 
erhoffte,  sondern  um  TiUy  mit  seinen  Klagen  zuvorzu> 
kommen. 

Er  berichtet  am  Anfange  über  die  Besetzung  Lichtenaus 
und  die  dabei  verabten  Feindseligkeiten,  ttber  Ossas  Verlangen 
nach  Ratsabordnung  und  Lieferung  von  100000  dreipfOndigen 
Laib  Brot,  Tillys  Begehren,  der  Rat  möge  aus  seiner  Mitte  eine 
Abordnung  nach  Günzenhausen  ergehen  lassen,  die  bald  nach 
Schwabach  bestimmt  wurde,  und  dessen  feindliches  Vorgehen 
dicht  vor  der  Stadt  und  den  Vorstädten,  jdarwidcr  wir, 
aus  eufserst  gedrungener  noth,  vns  vnvmbgänglich  von  den 
hohen  wehren  defendiren  mUfsen«.  Dann  fährt  er  weiter:  Tilly 
hat  Forderungen  gestellt,  die  der  Rat  unmöglich  erfüllen  konnte, 
nämlich  »des  bochwolgebornen  grafen  vnd  herm,  herm  Heinrich 
Wilhelm  von  Solms  etc.  frl.  brandenburgtschen  rhats  vnd  ampt- 
mans  zue  Cadolzburg  persohn,  welcher  vor  etlichen  monathen 
sambt  seiner  gemahlin  und  gantzen  haufswesen  wegen  der 
gefahr  auf  dem  landt  zu  vns  in  die  Stadt  sich  begeben,  gefäng- 
lich aiuuiieiimen  vnnd  aufszuliefern,  wie  auch  desselben  ge- 
worbenes volckh,  welches  vf  der  Tillischen  soldatesca  starckhen 
anzug  vnnd  feindliches  proccdiren  gleichfals  zu  vnfserer  statt 
sich  reterirt,  von  vns  aber  bis  dato  in  die  statt  nicht  eingelafsen 
worden,  abzuschaffen«  ;  er  hat  begehrt,  dafs  wir  4  Personen  aus 
dem  Rat  an  ihn  abordnen  und  Brot  aus  der  Stadt  ver- 
schaffen sollen. 

Wir  entschuldigten  uns  wegen  der  verlangten  Abordnung 
mit  der  Unsicherheit  der  Strafsen,  wiesen  nach,  dafs  wir  des 
Grafen  Solms  Ankunft  und  Werbungen  auf  dem  Lande  nicht 
verhindern  konnten,  dafs  wir  endlich  bei  der  starken  schwedischen 
Kriegsmacht,  zumal  auf  die  Drohungen  des  Schwedcnkonigs 
»bereit  die  thätHchkeit  würcklilich  erfolgt?,  nach  dem  Beispiele 
anderer  katholischen  und  evangelischen  Kurfürsten  und  Stände, 
um  hiesige  Stadt  zum  Besten  des  Reiches  vor  dem  Untergange 
zu  bewahren,  »dasjenige  erwählen  müfsen,  was  dieser  zeit  am 
sichersten  vnnd  besten  sein  möge«.  Hiegegen  erboten  wir  uns 
aber,  Brot  aus  den  Ämtern  fUr  die  Tillysche  Armee  herbei- 
zuschaffen. 


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—    147  — 


Allein  dies  alles  verfing  bei  Tilly  niclit.  £r  bestand  nicht 
nur  auf  der  Krrüllung  seiner  Forderungen,  sondern  gab  uns  eine 
igants  ehrnrilhrige  antwort«  zurück,  darin  wir,  »als  ob  wir  wider 
aidt  vnnd  pflicht,  wider  Gott,  E.  kayfsl.  mayt  vnnd  alle  biliich> 
keit  vDuerantwortlich  gehandelt  hätten,  vngescheucht  vnnd  sum 
heutigsten  bezttchtiget  worden«.  Er  verfuhr  immer  feindseliger 
gegen  die  Stadt,  es  wurden  die  Zufuhren  gesperrt,  zu  Forchheim 
Nürnberger  Kaufleuten  Waren  im  Werte  von  100000  fl.  von 
PappenhciniisrlRMi  Reitern  geraubt,  das  Kriegsvolk  sengte, 
mordete,  scluuuicte  Frauen  und  Jnnn^frauen,  kurz,  vcriibtc  Greuel 
aller  Art.  Und  dies  alles  widcriuhr  uns,  obwoiii  wir  berichteten, 
was  der  kaiserliche  Kommissär  Popp  wegen  des  Kreistages  und 
der  72  Monate  an  uns  hatte  gelangen  lassen,  und  dafs  es  des 
Kaisers  Befehl  sei,  es  sollten  die  Stände  Über  die  bewilligten 
72  Monate  weiter  nicht  beschwert  werden;  obwohl  wir  uns  er- 
boten, »da  es  zu  ermeltem  craifsconvent  kommen  würde,  gleiche 
bürden  neben  andern  ständten  zu  tragen«. 

Nun  ist  Tilly  zwar  von  der  Stadt  weggezogen,  aber  die 
Ämter  bleil)en  besetzt. 

Mit  diesem  gewaltsamen  Vor^elieii  ist  aber  sieherlich 
Kaiser  und  Reieh  nicht  gedient,  und  was  es  ferner  ^>bey  hohen 
potentaten  für  nachdenckhcn,  sonderlich  bei  dem  bereit  so  nahe 
vnnd  starckh  anwesenden  könig  in  Schweden,  caufsiren  möchte«, 
ob  nicht  dadurch  das  Reich  in  die  äufserste  Gefahr  gestürzt 
»vnnd  gleichsam  alles  in  die  asche  zu  legen  anlafs  gegeben  werde, 
das  haben  E.  kayfsl.  mayt.  nach  dero  höchst  erleuchtem  ver« 
standt  ohne  vnfsere  geringfügige  erinnerung  allergnedigst  zu 
ermefsen«. 

Doeh  wird  Kaiserh'elie  Majestät,  wie  wir  zuversichtlich 
hoflfen,  bedacht  sein,  thifs  die  Ämter  wieder  in  den  vorigen 
Stand  f^i'setzt,  die  geraubten  Kaufmannswaren  zurückgegeben 
werden  und  der  zugefügte  Schaden  erstattet  werde.  Wir  hotten 
dies  um  so  gewisser,  als  Nürnl>erg  bereits  die  grüfstcn  Opfer 
für  die  kaiserlichen  und  katholischen  Kriegszwecke  gebracht  hat, 
als  auch  die  höheren  und  mächtigen  katholischen  und  evange« 
lischen  Stände  auf  Neutralität  zielen  oder  sich  in  die  Sache 
schicken,  so  gut  sie  können,  und  »mit  contribution,  brandt- 
schatzung  oder  durch  andere  mittel  sich  vnnd  die  ihrigen  auf 


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—    148  — 


das  beste,  als  sie  mögen,  salviren  vmul  vor  gätU/li("her  ruia  zu 
erhalten  ic  suchen,  was  Majestät  gcwifs  besser  und  dem  Reich 
erspriefslicher,  »als  da  ohne  vntcrschiedt  die  gehorsamben 
ständte  alles  vber  vnnd  vber  solten  gehen  lafsen«.  Ks  wäre 
doch  sicherlich  ganz  unbillig,  >wan  wir,  an  vnserm  geringen  vnd 
wenigen  ortt,  defsen  solten  zu  entgelten  haben  oder  defswegen 
vngleich  vnnd  so  schwehrlich  beschuldiget  werden,  wan  wir,  gleich 
andern  vnnd  evangelischen  ständten,  zu  abwendung  grösem  vnheils 
dasienige  geschehen  lafsen,  was  wir  zu  verwehren  nit  vermögen  c. 

Besonders  schwer  und  bitter  aber  empfinden  wir  den  Vor- 
wurf, als  ob  wir  Eid  und  Pflicht  gebrochen  hätten.  Nie  ist 
solches  von  unseren  Vorlahren  gesagt  worden,  ralso  auch  wir, 
mit  Gottes  gnädigem  bestantlt,  von  vns  nimmermehr  wollen 
iafsen  gesagt  werden,  noch  dergleichen  schändtUcheu  nahmen 
vnfsem  nachkommen  hinterialsen«:. 

Zum  Schlüsse  wird  die  Hoffnung  und  Bitte  ausgesprochen, 
Majestät  werde  das  ernstliche  Mifsfallen  wider  dergleichen  em« 
pfindliche  Beschuldigungen  erweisen,  Nürnberg  bei  hergebrachten 
£hren,  Stand  und  Namen  schützen,  »vngleichen  berichten  c,  ehe 
die  Stadt  gehört  worden,  nicht  glauben,  noch  sich  »durch  vn- 
gleiches  fQrbringen  einiges  menschen,  wer  der  auch  sein  möchte, 
zu  kayfserlicher  vngnaden  wider  vns    sich    verlaiten  lafsen«. 

iJiese  Rechtfertigung  des  Rates  wegen  seines  Verhaltens 
gegenüber  Gustav  Atiolt'  ist  ähnlich  wie  die  bei  Tilly.  Hier 
wie  dort  findet  sich  der  Hinweis  auf  die  grofsen  Opfer, 
die  Nürnberg  für  die  kaiserliche  Sache  gebracht,  auf  die  Droh- 
ungen Gustav  Adolfs,  wegen  deren  man  gleich  anderen  evan- 
gelischen und  katholischen  Ständen  sich  mit  ihm  habe  abfinden 
mttssen,  um  Nürnberg  vor  dem  Untergange  zu  erretten;  hier  wie 
dort  beruft  sich  der  Rat  auf  den  Kreistag,  hebt  hervor,  dafs  er 
die  Werbungen  des  Grafen  Solms  nicht  habe  verhindern  können, 
dafs  durch  Tillys  feindseliges  Vorgehen  Gustav  Adolf  herbei- 
gelockt wurde.  Und  was  der  Rat  schreibt,  ist  den  Worten  nach 
wahr*,  aber  er  verschweigt  eben  die  Hauptsache.  Das  braucht 
hier  nicht  erst  lan^e  bewiesen  zu  werden.  Wir  kennen  ja  sein 
Verhältnis  zum  Grafen  Sohns;  wir  wissen,  was  es  mit  den  Droh- 
ungen für  eine  Bewandtnis  hatte;  es  braucht  nicht  ert^t  gesagt 
zu  werden,  dafs  die  katholischen  Stände  sich  denn  doch  anders 


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—     149  — 


zu  Gustav  Adolf  stellten  als  das  protestantische  Nürnberg,  das 
ja  dem  König  den  Sicij:  wüiisclite,  aber  nur  aus  (iruiidcii  der 
Klugheit  sich  nur  gezwungen  mit  ihm  immer  weiter  cinlicls^  dafs 
die  Versicherung,  man  werde,  wenn  es  zum  Kreistage  kommen 
würde,  gleiche  Bürden  wie  die  anderen  tragen,  eine  heuchlerische 
war,  da  man  ja  wohl  wufste,  dafs  es  nicht  dazu  kommen  wUrde. 
Wir  wissen  aber  auch,  dafs  der  Rat  nach  Lage  der  Verhältnisse 
nicht  anders  handeln  konnte,  als  er  gethan.*®) 

Die  Antwort  des  Kaisers  Uefs  nicht  lange  auf  sich  warten.  Antwort  in 
Sie  war  kurz  gehalten.  Der  Kaiser  erklärte  nur,  er  müsse  sich  stimmil^drt 
erst  informieren,  bevor  er  einen  Entschlufs  fassen  könne,  er-  WiencsrHuii» 


innertc  den  Rat  an  die  ihm  »geleistete  Tilicht,  forderte  denselben 
auf,  alles  abzustellen,  was  dieser  Pflicht  zuwider  gehandelt  wurden, 
seine  I  reue  im  Werke  sehen  und  sich  zu  einem  anderen  nicht 
verleiten  zu  lassen. 

IVie  die  Information  bei  Tiliy  ausfallen  würde,  das  läfst 
sich  aus  dem,  was  dieser  an  den  Rat  geschrieben  hatte,  leicht 
beurteilen.  Doch  war  der  Rat  von  Anfang  an  der  Überzeugung, 
dafs  ihm  alle  seine  Entschuldigungen  wohl  schwerlich  nutzen 
würden,  und  die  Oberzeugung  raufste  noch  befestigt  werden,  als 
Dr.  Fetzers  Agent  in  Wien,  Low,  berichtete,  dafs  Nürnberg  nach 
wie  vor  »die  Kinnehmung  dos  Graüm  Solms«  und  dafs  man  auf 
die  Tillyschen  Truppen  Feuer  gegeben  habe,  als  schweres  Ver- 
brechen angerechnet  würde.  Gleichwohl  wollte  er  die  Sache 
nicht  auf  sich  beruhen  lassen,  schon  mit  Rücksicht  darauf,  dafs 
das  Kriegsglück  wandelbar  sei  und  der  Sieger  leicht  der  Be- 
siegte werden  könnte,  und  gab  daher  den  Hochgelehrten  den 
Auftrag  zu  erwägen,  wie  »das  Schiefsen  mit  groben  Stückenc 
und  »die  Einnehroung  des  Grafen  Solms«  zn  entschuldigen  sei. 
Doch  die  Hochgelehrten  wufsten  auch  keinen  Rat;  denn  die 
beiden  Vorschläge  des  Dr.  Heinrich  Hülfs,  in  welcher  Weise 
das  »Schiefsen  mit  groben  Stückenc  cntscliuldigt  werden  kunnte, 
waren  doch  zu  eigenartig,  als  dafs  sie  die  Billigung  des  Rates 
hatten  finden  können.  Der  erste  Vorschlag  lautete:  Man  hat 
nicht  auf  die  kaiserlichen  Soldaten,  sondern  auf  die,  welche 
unter  die  Kanone  kommen  wollten,  geschossen  und  zwar  ab- 

*»j  Nimherger  Kreiiw«htv.  Briefbnch  1631,  fol.  542  ff.  (Tom.  XIV. 
258    367).   Aoch  Tom.  XIV.  ftis. 


NOrnbetK. 


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—    150  — 


sichtlich  zn  hoch  und  zu  niedrig;  wollten  ja  doch  etliche  Kom- 
pagnien zu  Solms  Übertreten,  welche  dadurch  abgehalten  wurden 
und  eo  ipso  merkten,  dars  man  ihrer  nicht  begehre.    Und  der 

zweite:  Man  hat  mit  den  K'foben  StUcken  spielen  lassen,  weil  es 
des  gemeinen  MariiKs  halber  zum  Generalausfall  und  zur  >tota- 
lischen  sedition*  hatte  kunimen  können. 

Während  aber  so  der  Rat  narhsann,  wie  er  am  erfolg- 
reichsten sicii  beim  Kaiser  verantworten  konnte,  hatte  er  Jobst 
Christoph  Krefs  bereits  an  den  König  abgeordnet,  um  durch 
diesen  seinen  hohen  Beschützer  aus  seiner  mifsiichen  Lage  befreit 
zu  werden.  Denn  nicht  beim  Kaiser,  sondern  bei  Gustav  Adolf 
suchte  er  jetzt  sein  Heil.*') 
Abanioang  Am  11.  Dczcmber,  2  Stunden  nach  Mitternacht,  hatte 

chrbtilS  seine  Reise  angetreten.    Am  12.  Dezember  war  er  bei 

Kiefi  an  Generalfcldmarschall  Horn  in  Würzburg  eingetroffen,  welchem 
oü^At^if  Lage  der  Stadt  Nürnberg  in  grellen  Farben  schilderte 

und  den  er  bat,  beim  König  seinen  Kiiitlufs  dahin  geltend  zu 
machen,  dafs  derselbe  eine  Diversion  etwa  gegen  Augsburg  oder 
Bayern  vornehme,  welche  Diversion  besser  sei,  als  wenn  er 
Kriegsvolk  nach  Nürnberg  verordne,  da  lüedurch  nur  »moles 
belli«  dorthin  verlegt  würde. 

Wie  der  Rat  Hilfe  bei  Gustav  Adolf  und  Horn  suchte,  so 
begehrten  auch  diese  manch  wichtige  Auskunft  über  den  Feind 
von  Nürnberg. 

Am   12.  Dezember  traf  ein  Schreiben  des  Generalfeld- 

marschalls  Horn  ein,  worin  dieser  mitteilte,  er  habe  vom  Kuiiig 
den  Befehl  erhalten,  wegen  der  Anselilaue  des  1  eiiules  mit  dem 
Rate  zu  korrespondieren.  Kino  f><^lche  Kurrespondenz  ul»er 
hielt  der  Rat  für  allzugefährlich*,  denn  ihm  lag  ja  daran,  dafs 
alle  Verhandlungen  mit  Gustav  Adolf  (rcheim  blieben.  Deshalb 
benachrichtigte  er  Horn  aisobald  brieflich,  Krefs  wäre  das  Nötige 
in  dieser  Beziehung  aufgetragen  worden;  im  übrigen  schilderte 
er  in  ganz  ausHihrlicher  Weise  den  Tilly sehen  Einfall  ins  Nürn- 
berger  Gebiet.    Schreiben  ähnlichen  Inhalts  ergingen  auch  an 

Xiinilier^cr  Krt.-is;irchiv.     Antwort    dc>    Kai-cf^,    Tom.  XIV.  423. 
Tom.  XIV.  414,   Katserlals  am  3.  Januar-    Tum.  427,   Katseriais  und 

Dr.  Richter»  Gutachten.  Tom.  XIV.  419,  Dr.  Fctzers  Schreiben  an  den 
Aijenien  Low  Tom.  XIV.  388,  der  A^-ent  Lö«r  «n  Dr.  Fetter.  Tom.  XII. 
437— 452«  Gutachten  des  Dr.  lieiiiricU  llülf«. 


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—    151  — 


Gustav  Adolf,  an  die  Kurfürsten  von  Sachsen  und  Brandenburg, 
an  den  Markgrafen  Christian  von  Bayreuth  und  die  freie  Reichs- 
stadt Ulm. 

Doch  früher,  als  man  glaubte,  wurde  das  Nürnberger 
Landi^ebiet  vuni  Feinde  befreit.  Am  20.  De/.ember  vciiiefscii 
die  kaiserlichen  Truppen  die  Amter,  um  durcli  die  Oberpfalz 
nach  Böhmen  zu  marschieren;  nur  Lichtenau  blieb  noch  bis 
Ende  März  1632  vom  Feinde  besetzt.  Nürnberg  konnte  jetzt 
wieder  freier  aufatmen.^^) 


III.  Kapitel. 

Vom  Abzüge  des  Tillyschen  Kriegsvolkes 
bis  zum  Heilbronner  Tag. 

Jobst  Christoph  Krefs  war  durch  eine  Nebeninstruktion  uaeniiiick- 
noch  eine  zweite  Aufgabe  gestellt,  nämlich  beim  König  den  Y«^^is 
Abzug  der  Solmsischen  Truppen  zu  erwirken,  die  der  Stadt  twiichetideiii 

Nürnberg  grofse  Dienste  geleistet  hatten,  als  Tilly  dieselbe  be-  ^'^if^^ 


drohte.    Graf  Heinrich  Wilhelm  von  Scjlms  war,  wie  wir  wissen,  Rcichwtidt 
Nürnberg  von  Gustav  Adolf  zur  Verteidigung  geschickt  worden  ^^IJ^^ 
gegen  den  Willen  des  Rates,  dem  der  Graf  aus  persönlichen  c.r.f.nn.nn- 
und  politischen  G  ründen  nicht  genehm  war.  Allein  zurückweisen  "^^^Jj^"' 
konnte  man  die  Hilfe  des  Grafen  nicht;  das  verbot  schon  die 
Rücksicht  auf  Gustav  Adolf,  wie  auch  das  eigene  Wohl,  da  ja 
die  Gefahr  einer  Belagerung  durch  Tilly  immer  drohender  wurde. 
Man  beschiofs  daher,  den  Grafen  und  seine  geworbenen  Truppen 
in  der  Zeit  der  Bedrängnis  zur  Hilfe  anzunehmen,  und  liefs  dies 
auch  demselben  wissen;  später  verstattete  man  auch  den  Solmsi- 
schen Soldaten  Quartiere  im  Nurnlierger  Landgebiete.  Dem  Cirafen 
Solms  selbst,  wie  dessen  Ciemahlin  und  Kindern  liatte  man  s<-h(in  vor- 
her Zuflucht  in  der  Stadt  gewährt.  Als  aber  Tilly  mit  seinen  verwilder- 
ten Scharen  Nürnberg  näher  kam,  da  machte  der  Rat  aus  der  Not 


Nürnber^jer  Kreisarchiv.  Erlafs  der  Herren  Eltern  am  12.  Dezember. 
Tom.  XV.  fol.  253  ff.,  Relulion  des  Ab-e>andten  Jobst  Christoph  Krof.. 
Brief  buch  1631,  Schreiben  an  Ulm,  die  Kurfürsten  von  Sachsen  und  Branden- 
burg, «n  Ga»t»v  Adolf  und  den  Marlcgrafen  von  Bayrettth.  (Siehe  auch  Tom. 
XIV.  fol.  271— 275.  fol.  338— 343,  fol  249^251)  -  Nttmberser Stadtarchiv. 
Protokoll  der  Kriegwtnbe  am  10.  und  11.  Dezember. 


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—    152  ~ 


eine  Tugend  und  bediciuc  sich  des  Grafen  und  seiner  geworbenen 
Truppen.  Doch  trug  er  Sorge,  dafs  dessen  Eintlufs  kein  zu 
grofser  würde:  Direktion  und  Kommando  blieben  beim  Kriegs- 
rate, dem  Grafen  wurden  die  wichtigen  Angelegenheiten  nur 
mitgeteilt,  selten  ging  man  ihn  um  Rat  an* 

Nun  möchte  man  meinen,  die  gemeinsame  Gefahr  hätte 
die  gereizte  Stimmung,  welche  zwischen  dem  Rate  und  dem 
Grafen  Solms  von  Anfang  an  bestand,  wenigstens  eine  Zeitlang 
verscheucht.  Allein  selbst  als  Tilly  bei  der  Stadt  lagerte, 
herrschte  kein  ti iciliichcb  Verhältnis.  Stets  beharrte  Oraf  Sohns 
auf  seinem  Schein,  dafs  er  vom  König  der  Stadt  zur  Hilfe 
gesandt  sei,  und  beschwerte  sich  wiederholt,  dafs  man  ihn  auf 
die  Schreiben  des  Königs,  die  seine  Person  beträfen.  einiger 
resolution  vnd  antwortt  niclit  ge würdiget c.  Der  Rat  aber  hütete 
sich  wohl,  die  gewünschte  Erklärung  zu  geben;  denn  er  wünschte 
nichts  sehnlicher,  als  dafs  Solms  mit  seinem  Volke,  wenn  er 
der  Stadt  keine  Dienste  mehr  leisten  könnte,  abziehe.  Er  ant- 
wortete daher  ausweichend,  indem  er  sich  damit  entschuldigte, 
dafs  er  vor  Abschlufs  der  Kapitulation,  wie  er  die  SpezialalHanz 
damals  benannte,  keine  definitive  Antwort  erteilen  könne.  Doch 
später  ging  auch  dies  nicht  mehr.  Denn  als  Tilly  fortgezogen 
war,  hielt  Graf  Solms  immer  dringender  um  raschen  Vtjllzug  der 
Allianz  an,  wozu  er  nicht  i^lofs  das  Recht,  sondern  sogar  die 
Pflicht  hatte;  denn  er  und  der  Hofrat  Dr.  Martin  Chemnitz 
hatten  vom  König  die  Mission  erhalten,  den  Abschlufs  der 
Spezialallianz  zwischen  Nürnberg  und  Gustav  Adolf  zu  befördern. 
Daerluelt  er  denn  endlich  am  15.  und  18.  Dezember  den  Bescheid, 
den  er  nicht  mifsverstehen  konnte:  Man  erkenne  des  Königs 
Fürsorge  für  die  Stadt  dankbar  an,  hätte  sich  auch,  als  Tilly 
dieselbe  bedrohte,  des  Grafen  tmit  Rat  und  That«  bedient  und 
werde  bei  seinem  Abzüge  sich  mit  »wiircklichem  danckx  be- 
zeugen. Nun  sah  Graf  Solms  ein,  dafs  seines  Bleibens  in 
Nürnberg  nicht  mehr  sei,  und  trug  nun  vollends  kein  Bedenken 
mehr,  dem  Rate  Unannehmlichkeiten  und  Verlegenheiten  aller 
Art  zu  bereiten. 

Besonders  unbequem  wurde  Solms  dem  Rate  durch  sein 
Vorgehen  gegen  das  Deutsche  Haus  und  dessen  Hauskommentur. 
Der  Hauskommentur  stand  ja  im  Schutze  der  Stadt,  und  die 


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-    153  — 


Rücksicht  auf  den  Kaiser  und  die  katholischen  Nachbarstaaten  er- 
heischten xur  Zeitnoch  Vorsicht  und  Vermeidungeines  offenen  Bru- 
ches. Dann  aber  hatte  der  Rat  den  Grafen  in  Verdacht,  dieser  wolle 
sich  das  Deutsche  Haus  vom  König  ausbitten.    Da  er  nun  selber 

in  Bälde  in  den  Besitz  desselben  zu  gelangen  hoffte,  so  mufsten 
ihn  schon  dcshall)  die  Forderungen  des  Grafen  Solms  sehr  un- 
angenehm berühren,  lier  das  eine  Mal  Quartier  im  Deutschen 
Hause  nehmen,  dann  seine  Pferde  im  Deutschen  Hofe  unter- 
bringen wollte,  dann  wieder  an  den  Kat  das  Verlangen  stellte, 
er  möge  den  Hauskommentur  zur  wöchentlichen  Zahlung  von 
300  Thalern  Service  zwingen»  weil  er  vom  König  ausdrücklich 
auf  den  Deutschen  Orden  beschieden  worden  sei.  Direkt  ab* 
schlägig  bescheiden  konnte  der  Rat  den  Grafen  mit  Rflcksicht 
auf  den  König  jedoch  auch  nicht.  Er  bediente  sich  daher  meist 
des  Grafen  Hohenlohe  und  des  Hofrates  Dr.  Martin  Chemnitz, 
damit  diese  vermittelten,  und  was  die  letzte  Forderung  l)etraf, 
gab  er  Solms  zur  AniAurt,  er  möge  sich  noch  etwas  gedulden, 
bis  er  sich  >  bej  begebender  gelegenheit  alles  ausstants  bey  dem 
teulschen  orden  erholen  könte«. 

Und  dann,  wie  sehr  erschwerte  die  Anwesenheit  des 
Grafen  Solms  und  seiner  Truppen  die  Verantwortung  beim 
Kaiser,  wie  sehr  verschlechterte  sie  die  Stellung  Nürnbergs  zu 
den  katholischen  Nachbarstaaten  t  Alle  Ausschreitungen  der 
sQgellosen  Solmsischen  Soldateska  in  katholischen  Gegenden, 
aller  Schaden,  den  sie  allda  stifteten,  gingen  auf  Rechnung 
Nürnbergs  und  hatten  nur  Repressalien  zur  Folge. 

Doch  nicht  blofs  eine  Plage  für  die  Bewohner  angrenzender 
Staaten  wurden  die  Solmsischen  Truppen,  sie  waren  es  in  noch 
höherem  Mafse  für  die  Nürnberger  selber.  Tag  für  Tag  liefen 
K-lagen  ein,  und  schon  am  20,  November  wurden  die  Herren 
Bürgermeister  ersucht,  man  möge  von  nun  an  den  Rat  mit  den 
Beschwerden  über  das  Solmsische  Kriegsvolk  verschonen  und 
dieselben  in  die  Kriegsstube  verweisen.  Die  Ausschreitungen 
nahmen  aber  immer  zu,  und  es  kam  so  weit,  dafs  die  Salzhändler 
kein  Salz  mehr  zur  Stadt  bringen  konnten  wegen  »stetes  raubens 
vnd  plündemsc  des  Solmstschen  Volkes.  Wie  grofse  Schuld 
jedoch  dem  Grafen  Solms  an  den  Excessen  seiner  Soldaten 
beizumessen  ist,   das  läfst  sich  schwer  beurteilen.    Er  selbst 


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—    154  — 


versprach  dem  Rate  Abhilfe,  soweif  dies  in  seiner  Macht  stündCi 
und  bei  dem  unerquicklichen  Verhältnis,  das  zwischen  ihm  und 
dem  Rate  herrschte,  war  auch  für  die  Bedürfnisse  der  Soldaten 
nicht  in  genügender  Weise  gesorgt,  wie  uns  Hofrat  Dr.  Martin 
Chemnitz  mitteilt,  der  am  30.  Dezember  äufserte,  dafs  das  Volk 
deshalb  ?»sehre  schwürig,  weiln  es  bifshero  an  gelt  vnd  anderer 
nottiirrtt  so  Jarnsen  mangel  gelitten  .^) 
Ab*ug  de«  Bei  (Iciii  immer  iinleidlirher  sich   gestaltenden  Verhältnis 

KricKsvolkcs  zwischen  Nürnberg  und  dem  Grafen  Solms  ist  es  daher  natürlich, 
dafs  des  Rates  eifriges  Bemühen  dahin  ging,  von  Gustav  Adolf 
den  Befehl  zum  Wegzuge  des  Solmsischen  Kriegsvolkes  zu  er- 
langen. Schon  am  27.  November,  also  zur  Zeit,  da  sich  das 
Tillysche  Hauptquartier  in  Schwabach  befand,  wurde  Dr.  Martin 
Chemnitz  ersucht,  in  diesem  Sinne  seinen  Einflufs  geltend  zu 
machen.  Krefs  aber  wurde  angewiesen,  alles,  was  in  seinen 
Kräften  stünde,  zu  thun,  dafs  der  König  in  den  Abzug  des 
Solnisischen  Volkes  willige;  denn  Graf  Solms  sei  zu  hit/ig  und 
unerfahren,  bei  der  Bürgerschaft  vcrhafst  und  bilde  sich  ein 
»Dominium  absolutum«  ein,  dessen  Truppen  aber  hielten  sich 
zum  Rauben  und  Stehlen  gleichsam  berechtigt  und  blockierten 
die  Stadt.  Der  König  berief  denn  auch  schliefslich  den  Grafen 
ab.  Bevor  es  jedoch  zum  Wegzuge  des  Solmsischen  Kriegsvolkes 
kam,  mufste  der  Rat  aus  Furcht  vor  einer  Meuterei  der  Übel 
verpflegten  Truppen  sich  dazu  bequemen,  ein  Vorlehen  von 
10000  Thalern  zu  bewilligen,  dessen  Auszahlung  jedoch  eist  an 
dem  Tage,  da  Solms  die  Nürnberger  Gegend  verliefse,  erfolgen 
sollte.  Am  8.  Januar  endlich  zog  Graf  Solms  mit  seinen  ge- 
w()rl>enen  Truppen  von  Nürnberg  fort.  Der  Stadt  war  das 
Sulmsische  Kriegsvolk  teuer  zu  stehen  gekommen;  die  Unter- 
haltungskosten  wie  der  durch  dasselbe  verursachte  Schaden 

Nürnberger  Kreisarchiv.  Erlafi  der  Herren  Eltern  mm  36.  und 
27.  November.  Erlafs  der  Herren  vom  Ausschüsse  am  27.  und  30  November, 
kalserl.^sse  am  15.  De/embcr  (Tom  \IV.  1,^,0  \u  ^511,  am  18.  Dezember 
(Tom.  XV.  247  u.  248},  am  20.  November  (i  om  XIV  44  u,  48  ,  am  24. 
and  36.  Dezember,  üufttftv  Adolfs  Schreiben  aus  Wttrtburg,  Tom.  XIV.  43. 
Tom  XIV  73—77,  Relation  über  den  engeren  Kreiskonvent  in  Nürnberg. 
Pom.  XV.  209  ff.,  Harfsdörffcrs  und  Dr  Ölhafens  Relalion.  Tom.  XIII. 
418  ff.jKrc&sens  Sendung  bei  Solms  in  Kadolzburg.  Tom.  XIII.  422,  Ratserlafs. 
Erlafs  der  Herren  Eltern  am  13  November.  Ratserlafs  am  14.  November. 
Nürnberger  St adtarchiv.  ProlokoU  der  Kriegs.4tube  am  i $.  November,  1 1.  tind 
17.  Dezember, 


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—    155  — 


wurden  auf  die  Summe  von  84  890  fl.  veranschlagt,  welche 
Summe  freilich  von  den  bewilligten  72  Monaten  abgesogen 
werden  sollte. 

Graf  Heinrich  Wilhelm  von  Solms  war  nun  allerdings  fort, 

aber  der  Rat  lurchtete  seine  Raclie.  Denn  Solms  war  beim 
König  hochaiigesehen  und  kannte  die  zögernde  Haltung  Nürn- 
bergs gegenüber  den  Wünschen  des  Scliwedenkönigs  mehr,  als 
dem  Rate  lieb  war.  Am  guten  Willen  aber,  Nürnberg  zu  schaden, 
fehlte  es  ihm  keineswegs.  In  der  That  berichtete  auch  Dr.  Martin 
Chemnitz  von  bedrohlichen  Reden  des  Grafen.  Doch  wufsten 
demselben  Jobst  Christoph  Krefs  und  Dr.  Chemnitz  wirksam 
entgegenzuarbeiten.  Auch  in  einer  andern  Hinsicht  beschäftigte 
Solms  den  Rat  noch  in  unlieber  Weise.  Er  verlor  nämlich  das 
Deutsche  Haus  auch  jetzt  nicht  aus  dem  Auge  und  begehrte 
nach  wie  vor  vom  Hauskommentiir  die  Erle^'un<;  der  wöchent- 
lichen Kontributiun.  Einen  Erfolg  hatte  dcrdraf  natürlich  jetzt 
erst  recht  nicht,  aiifser  dafs  der  Rat  no(  h  mehr  in  seinem 
Glauben  bestärkt  wurde,  Graf  Solms  wolle  Besitzer  des  Deutschen 
Hauses  werden,  und  infolge  dessen  sofort  die  nötigen  Schritte 
that,  um  diesem  zuvorzukommen.  Damit  jedoch  der  Groll  gegen 
Nürnberg  sich  mindere,  erhielt  Solms  ein  Geschenk  im  Werte 
von  1833  fi.  ö  Sch.  8  h.') 

In  Bestallung  wurde  nunmehr  Oberst  Balthasar  Jakob  von  BegiMmg 
Schlammersdorf  genommen,  der  jedesmal  dem  Kriegsrate  beizu-  '''  Jj^/,'^",^^" 
wohnen  hatte,  mit  dem  Rate  das  Generalkommando  besafs  und   jakob  von 

jalulich  1200  Thaler,  wenn  er  aber  im  Orte  selbst  sich  befand,  SchUmmen- 

dorf« 

aulserdcm  noch  jeden  Tai;  30  tl.  bezog.  ) 

Inzwischen  war  auch  Jobst  Christoph  Kreis  zurückgekehrt   Uoruht  de* 
und  hatte  über  die  Verhandlungen  mit  Horn  und  Gustav  Adolf  „i^tc^'TiJlt 
Bericht  erstattet.    Am  19.  und  27.  Dezember  hatte  er  Audienz   (  i>Hsto{,). 
beim  König,  dem  er  Nürnbergs  Anliegen  vortrug,  wie  wir  diese    "^„^  ^ 
aus  der  Instruktion  kennen.    Def  König  hörte  ihn  gnädig  an,  VerrichtunR 

- —    —   -  bei  (lust.iv 

'/  Nürnberger  Kreisarchiv.  Krlässe  der  Herren  vom  Ausschufs  am  AdoU. 
37  November,  30  Dezember  und  21.  Januar.  Erlar«  der  Herren  Ehern  am 
31.  Dercmber.  Kaiserlässe  am  l.  und  20.  Januar.  Spezialakten  dei  joj.ähri^'cn 
Kriet;cs,  S  I,  L  107,  Xr.  23  tind  S  I,  L  220,  Nr  6  Briefbuch  1632,  fol.  40. 
Tom.  XV.  253  ff,  Joüsi  Christoph  Kressens  Relation  am  13  Januar,  ätadt* 
rechnung  des  Jahres  1631.  fol.  143.  —  Narnberger  Stadtarchiv.  Protokoll 
der  Kriegsstube  am  1.  Januar. 

Nürnberger  Stadtarchiv.    Protokoll  ^ler  Kriegsstabe  am  19.  Januar. 


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—    156  — 


entdeckte  dann  in  ausfQhrlicher  Weise  seine  Absichten  und 
Pläne,  wie  dafs  er  um  Windsbeim  eine  Armee  bilden  werde,  die, 
um  Nürnberg  Luft  zu  machen,  ins  Bambergische  marschieren 
müfste.    Von  Nürnberg  aber  begehrte  Gustav  Adolf,  dafs  es  an 

seiner  Hcfestigunj^,  die  nach  dem  Gutachten  des  Grafen  Hohen 
lohe,  worin  es  heifst,  dafs  *  hiesige  stattmauern  aueii  an  den 
besten  orthen  grossen  gewalt  des  geschützes  nicht  pastant«, 
noch  sehr  zu  bessern  war,  tleifsig  arbeite,  dann  mogUchst  viel 
Kriegs  Volk  werbe  und  ihm  überlasse;  denn  viel  Soldateska  inner- 
halb der  Mauern  der  Stadt  wäre  nicht  zum  Nutzen,  sondern  zum 
Schaden.  Er  verlangte  ferner  einen  Plan  Nürnbergs  und  erbot 
sich,  seinen  Hauptingenieur  und  Generalquartiermdster  Über  die 
Kavallerie  und  Infanterie,  Franz  von  Treturain,  zu  schicken. 
Mit  bestimmten  Forderungen  trat  Gustav  Adolf  jedoch  erst  in 
der  letzten  Audienz,  welche  er  Krefs  kurz  vor  seiner  Abreise 
gewährte,  hervor,  indem  er  das  VcrlangiMi  stellte,  Nü.rnl)erg 
möge  1500  —  2000  Mann  ins  Quartier  zu  Windslieim  schicken, 
2  Tonnen  Gold  d.  h.  200000  11.  vorstrecken  und  kupferne 
Münzen  einführen,  welche  Einfuhrung  ihm  besonders  am  Herzen 
lag,  denn  er  sprach  darüber  eine  volle  Stunde. 

Das  waren  nun  Forderungen,  die  der  Rat  nicht  wohl  be- 
willigen konnte.  Erst  vor  kurzem  hatte  er  ja  dem  Bischof  von 
Bamberg  beteuert,  wie  sehr  ihm  an  einem  freundnächbarlichen 
Verhältnisse  gelegen  sei,  und  jetzt  sollte  er  die  Hand  bieten, 
den  Bischof  aus  seinem  Lande  zu  vertreiben!  Und  was  mufste 
erst  der  Kaiser  dazu  sagen,  dem  gegeniU)er  er  sich  immer  auf 
die  äufsersten  Drohungen  Gustav  Adolfs  heriefl  Wie  konnte  er 
ferner  die  P>ewilligiing  eines  Vorlehens  von  300  000  fl.  verant- 
worten zu  einer  Zeit,  da  er  im  Werke  war,  der  Bürgerschaft 
ganz  bedeutende  neue  Lasten  aufzuerlegen  I  Was  endlich  die 
Einführung  kupferner  Münzen  betraf,  so  waren  hiebei  Beratungen 
mit  verschiedenen  Ständen,  ja  Kreisen  nötig,  und  mufste  die 
Erinnerung  an  die  Kipper-  und  Wipperzeit  entschieden  ab- 
schreckend wirken.') 

*  Nümher^yer  Kreisarchiv.  Tom,  XV.  253  ff.,  Toni  XV.  263 — 267, 
Kressens  Relation  und  Nebcnrelation.  Tom,  XV.  283 — 280,  Katserlässe  am 
15.  und  so  Janvar.  Tom.  XV.  S73— 283,  Bedenke»  der  Kriegsverordneten.  — 
Nürnbert^'^er  Stadtarchiv.  Protokoll  der  Kriegsstube  am  fo,  und  1 1. Dezember  — 
Soden.  (Juaav  Adolf  und  sein  Heer  in  ötiddeaUcbland,  1.  Teil,  pag.  154-165 


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Allein  eine  direkte  Ablehnung  war  nicht  geraten,  ja  un-  instniktiun 
mäglicb,  wenn  man  sich  den  König  gewogen  erhalten  wollte;  M^d^ 
auch  eine  lange  Verzögerung  der  Antwort  ging  nicht  an.    So  netot>  j  >i 
mufste  sich  denn  Jobst  Christoph  Krefs,  da  eine  schriftliche  ^'^g**' 
Erwiderung  viel  zu  gefährlich  war,  übrigens  auch  der  König  an  bez^iKiich  der 
den  Rat  nichts  Schriftliches  hatte  gelangen  lassen,  abermals  ^^„1,^^ 
aufmachen,  um  Nürnberg  setner  tbekanten  dexteritetc  nach  zu  KaniK»: 
entschuldigen,  dafs  es  zur  Zeit  nicht  des  Königs  Begehren  erfüllen 
könne.  Denn  wegen  Kinfülu  ung  kü])ferner  Mün/en  niufstc  Nürnberg  wU*. 
«lieh  erst  mit  den  übrigen  ausselireil)enden  Städten  ins  Benehmen  ^^I^^Tf 
setzen  und  die  Konferenz  in  Heilbronn  abwarten,  wo  man  sich  Münzen  und 
»nach  möglichsten  dingen  ferneres    resolviren  werde«.    Die  ^^'^eT*^ 
Bewilligung  eines  Vorlehens  von  200000  fl.  wäre  unter  den  Vwieheo». 
jetzigen  traurigen  Verhältnissen  nicht  möglich;  Nürnberg  hätte 
ja  besonders  im  letzten  Jahre  unendlich  grofsen  Schaden  durch  die 
Kriegsdrangsale  erlitten  und  trotzdem  für  die  evangelische  Sache 
das  Äufserste  aufgewendet,  indem  es  bereits  3  Termine  der  72 
Monate  erlegt  und  etliche  1000  fl.  vorgeschossen  hätte,  abgesehen 
davon,  was  auf  das  eigene  und  das  Solmsische  Kriegsvolk  auf- 
gegangen wäre.     Was   dann  die  Überhissung   von   1500  —  2000 
Mann  beträfe,  so  wäre  aueh  diese  zur  Zeit,  so  gerne  es  der  Rat 
woUtei  nicht  ausfuhrl>ar-  denn  die  Stadt  wäre  rings  von  Feinden 
eingeschlossen,  ihr  drohten  Belagerung  und  andere  Feindselig- 
keiten, auch  wäre  die  Befestigung  noch  lange  nicht  vollendet. 
Wenn  jedoch  der  Feind  die  Gegend  verlassen  oder  Horns 
Armee  bei  der  Stadt  sich  gelagert  hätte,  so  wttrde  Nürnberg 
freudig  den  Wunsch  Seiner  Majestät  erfüllen;  im  Übrigen  aber 
würde  man  mit  der  Werbung  und  Befestigung  aufs  eifrigste 
fortfahren.  Der  Hauptgrund  freilich  mufste  verschwiegen  werden  ; 
der  Rat  weigerte  sich   vor  allem  deslialb,   geworbene  Truppen 
nach  Windsheim   zu   schicken,   weil,   wie  es  in  dem  Gutachten 
der   Hochgelehrten  und   Kriegsräte  heifst,    5>diese  vberlaCsung 
meinen  herrn  vbel  zu  verantworten  sein«.    Thatsächlich  war  ja 
Nürnberg  im  Januar  1632  nicht  so  von  Feinden  bedroht,  als  es 
glauben  machen  wollte. 

Jobst  Christoph  Krefs  hatte  aber  noch  eine  viel  schwieri* 
gere  Aufgabe  übernommen;  er  sollte  auch-  in  der  Frage  der 
sogenannten    Rekompens   und    des    »Spezial  •  Versicherungs- 


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—    158  — 


Handels«;  die  Intentionen  des  Rates  zur  Durchführung 
bringen.*) 

i^>«  Es  ist  bereits  die  Rede  gewesen,  dafs  der  Rat  sich  Hoff- 

.ompcD!..  ^^^^  machte,  das  Deutsche  Haus  in  Eigentum  xu  erlangen,  wenn 
Gustav  Adolf  Sieger  bliebe.  Er  handelte  hierin  nicht  anders 
als  die  ttbrigen  evangelischen  Stände,  die  für  die  Opfer,  welche 
sie  der  Sache  ihres  Glaubens  brachten,  durch  den  König  am 
feindlichen  Gute  reichlich  entschädigt  zu  werden  trachteten. 
Dem  König  aber  hr^uhten  diese  Schenkungen  jederzeit  den 
Gewinn,  dafs  er  die  Hesclienkten  nur  um  so  fester  an  sirli  kettete. 

Nun  bestand  zu  jener  Zeit  die  wenn  auch  geringe  tiortnung, 
es  icönnte  trotz  aller  Schwierigkeiten  ein  Universalfriedc  zustande 
kommen.  Da  galt  es  denn,  zur  rechten  Zeit  auf  dem  Plane  zu 
sein,  um  nicht  zu  kurz  zu  kommen. 

Der  Rat  der  freien  Reichsstadt  Nürnberg  säumte  aber  auch 
nicht,  mit  seinen  W ansehen  sich  rechtzeitig  an  Gustav  Adolf  zu 
wenden.  Am  15.  Januar,  kurz  nachdem  Krefs  von  seiner  Reise 
zum  König  zurückgekommen  war,  wurden  die  Hochgelehrten 
um  ihr  Gutachten  auigefordert,  ob  nicht  bei  Majestät  um  Ein- 
räumung des  Rothenbergs,  Abgrenzung  eines  gewissen  lUv.irks 
zwischen  den  Müssen  Schwarzach,  Schwabach  und  Rednitz  zur 
Befreiung  aller  Streitigkeiten  mit  den  brandenburgischen  Häusern, 
um  Zueignung  der  Ordens»  und  anderer  geistlichen  Häuser  in  der 
Stadt  samt  dem,  was  auf  dem  Lande  hiezu  gehörte,  und  endlich 
um  Zusicherung  der  böhmischen  Ämter,  welche  von  Kurbayem 
beansprucht  wurden  und  worüber  gerade  Prozefs  schwebte, 
anzuhalten  sei. 

Die  Gutachten  der  Hochgelehrten  aber  waren  für  den 
Rat  nicht  el)en  ernniLigend.  Di.  Heinrich  Hülfs  nämlich  sagte: 
Kothenberg  ist  ein  kurpfälzisches  Landsassen-  und  Lehensgut,  es 
geliort  12  Ldelleuten,  die  Oberleiiensherrse.haft  hat  Ijöhmcn,  das 
Einkommen  ist  ein  geringes.  Was  das  Deutsche  Haus  anbelangt, 
so  will  ja  der  Rat  darauf  eine  »protectioc,  »protectores s  können 
aber  nicht  lusurplrn«.  Bei  den  geistlichen  Gütern  heifst  es: 
»quod  quisque  juris«;  es  würde  auch  den  Evangelischen  nicht 

*>  Nürnberger  Kreisarcliiv.  Tom.  XV.  353 — 363,  Instruktion  hrn. 
Jobst  Clirisloph  Krefsrn  .An  Könijjl.  Ml.  zu  Schweden,  22.  [anuarij  Anno 
1032.     Tom.  XV.  301,  302,  308,  Cberlus^uiiij  von  Krici;3Volk  beir. 


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—    159  — 


gefallen,  wenn  man  ihre  Güter  in  katholischen  Ländern  ausböte. 
Dr.  Herpfer  hielt  die  Abgrenzung  des  genannten  Bezirks  für 
ein  Werk,  das  selbst  einem  römischen  Kaiser  nicht  möglich  sei. 
Fuhrt  man,  so  warnte  er,  die  ganze  Sache  nicht  hinaus,  wird 
solches  alsdann  «pro  crimine  laesae  Maiestatis  in  supremo  gradut 
gehalten  werden.  Dr.  Richter  aber  meinte  treffend:  Zuvor  mufs 
die  Alii.tii/:  in  Richti^'kcit  sein;  sonst  liat  es  den  Anschein,  als 
verfolge  man  nur  Privatvorteile.  Doch  die  ganze  Sache  fallen 
zu  lassen,  da;^ii  rieten  aucli  die  Hoch^^elehrten  nicbt. 

Der  Rat  bescbloCs  denn,  in  der  Kekompenssache  recht  behut- 
sam vorzugehen,  um  nicht  beim  König  in  üblen  Verdacht  zu 
gelangen.  Er  gab  Krefs  den  Auftrag,  die  Rekompens  »erkanter 
seiner  texteritet  vnd  beiwolmender  tiscretion  nachc  zu  betreiben, 
dafs  nämlich  den  Beschwerden  mit  dem  deutschen  Orden  und 
dem  Rothenberg  abgeholfen,  »vnd  solche  stuck  nicht  in  andere 
hend  gebracht,  von  denen  gemeine  statt  vnd  landtschaflft  naher 
grosser  vngelegenheit  ziigewarten  haben  wurde x,  und  Nürnberg 
die  bisher  den  l>eiden  brandenburgischen  Häusern  zustän(h'gen, 
]e(UK:h  bestrittenen  Regalien  >dcs  glaitens,  fraisch  vnd  wildban« 
innerhalb  der  3  Gewässer  Schwarzach,  Regnitz  und  Schwabach 
erhielte,  deren  wenige  Untcrthanen  bambergisch  wären  und  ohne- 
dies das  meiste  Geld  nach  Nürnberg  lieferten.") 

Wohl  der  wichtigste  Punkt  der  Kiefsischen  Instruktion  aber 
war  der  Spezial- Versicherungshandel,  dessen  Abschlufs  der  Rat  ^j|[|it'(!^v 
so  lange  als  möglich  hinausziehen  wollte.  Doch  hätte  er  die  a<)o». 
Spezialallianz  wohl  schon  eingehen  müssen,  wären  nicht  durch 
Tillys  Einfall  ins  Nürnberger  Gebiet  die  Verhandhingen  darüber 
zum  Stillstand  gebracht  worden;,  im  Würzburger  Vertrage  war 
ja  ausdrücklich  bestimmt,  dafs  jeder  evangi'Hsclie  Stand  Frankens 
als  Feind  des  Königs  angesehen  werden  sollte,  wenn  er  sich 
niclit  im  Laufe  von  2  Monaten  zu  dieser  Spezialallianz  verstünde. 
Kaum  aber  waren  die  kaiserlichen  Truppen  von  Nürnberg  weg- 
gezogen, wurde  diese  Frage  dringender,  und  der  Rat  mufste  sich 
zu  einem  Entschlüsse  aufraffen,  da  Graf  Heinrich  Wilhelm  von 

•j  Nürnlierjjer  Krci&archiv.  Tom.  XV.  311  u  312,  Erlafs  der  Herren 
Eltern  ftm  15.  Januar.  Tom.  XV.  269— 273,  katserlafs  am  l  5.  Januar.  Tora. 
XV.  312,  Dr.  Richters  Gutachten.  Tom.  XV.  340-350,  GutacMcn  des 
Dr  Heitrich  Hülfs.  Tom  XV.  "i;?;,  Dr.  llorpfer*  Gutachten.  Tom.  XV. 
353 — 3^3t  loslruklion  des  Abgeordneicn  Kreis. 


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—    160  — 


Solms  und  der  Hofrat  Dr.  Martin  Chemnitz  wiederholt  den  Ab- 
schlufs  der  Allianz  begehrten  und  eine  Entschuldigung  fürderhin 
auch  nicht  mehr  2U  linden  war.  Zwar  die  Ermahnungen  des 
Hofrates  hatten  weniger  zu  bedeuten;  denn  dessen  Eifer  fUr  die. 
Sache  des  Königs  war  durch  sogenannte  »Verehrungen«  zu 
miiulern,  wie  denn  der  Rat  demselben  am  Q.  Dezember,  nach- 
dem er  >um  abfolgung  eines  säubern  pferdes  sicli  tecte«  ange- 
meldet hatte,  200  Thaler  »verehrte  ,  weil  er  »bifshero  in  viel 
weg  gute  officia  gelaistetc.  (Siehe  Anmerkung!)  Anders  lag 
freilich  die  Sache  bei  dem  Grafen  Solms;  doch  dessen  Tage  in 
Nürnberg  waren  gezählt.  Vorerst  nun  holte  der  Rat  das  Gut- 
achten des  Dr.  Heinrich  Hülfs  ein,  der  die  ganze  Sache  wie 
immer  sehr  gründlich  behandelte  und  eine  Menge  Grttnde  iür 
und  gegen  den  raschen  Vollzug  der  Spezialallianz  anführte,  von 
welchen  ich  hier  jedoch  nur  die  wichtigeren  erwähnen  will,  da 
die  Rücksicht  auf  den  Umfang  der  Arbeit  ein  näheres  Eingehen 
auf  das  Gutachten  nicht  gestattet.  Für  den  alsbaldigen  Abschhifs 
der  Spezialallianz.  sjjrach  nach  der  Ansicht  des  Dr.  Heinrich 
Hülfs:  Der  König  kann  ohne  dieselbe  die  Stadt  am  Kreuze 
hängen  lassen,  er  kann  die  Handelswaren  in  Ober-  und  Nieder- 
sachsen pfänden  und  Nürnberg  das  lange  Zaudern  entgelten  lassen, 
wenn  er  dereinst  römischer  Kaiser  werden  sollte,  welche  Wahl 
sehr  wahrscheinlich  sei,  da  Sachsen,  Brandenburg,  Böhmen  und 
Pfalz  sicher,  Mainz  und  Trier  aber  »pro  redimenda  vexat  wahr- 
scheinlich ihm  ihre  Stimmen  geben  würden. 

Gegen  den  raschen  Abschlufs  der  Allianz  aber  wandte  er 
ein:  Der  König  von  Schweden  ist  dem  Reich  »mit  pflichten  nicht 
verwandt«,  der  Kaiser  aber  »exceptu  Religionis ;  ein  hochcrleuch- 
teter  Fürst;  auch  haben  die  Vorfahren  sich  gerade  dadurch  einen 
guten  Namen  gemacht,  dafs  sie  >Wenceslao  remoto«:  Respekt 
bewiesen.  Und  dann  hat  man  erst  kürzlich  dem  Kaiser  ge- 
schrieben, dafs  man  Gustav  Adolf  sich  nicht  verpflichten  werde, 
welche  Schreiben  von  Dr.  Chemnitz  also  begutachtet  worden 
seien.  Ja,  ein  rascher  Vollzug  der  Allianz  könnte  leicht  einen 
Angriff  der  kaiserlichen  und  ligistischen  Truppen  zur  Folge 
haben  und  den  König  herbeiführen,  dem  man  alsdann  gewähren 

A  n  m  e  rk  n  c:;.  Im  f^anzen  wurden  Dr.  rhcmnitz  Geschenke  im  Werie 
von  2043  n.  verehrl.  ^Spezialakten  des  3ojähri|{en  Krieges,  Sl,  L  217,  Lil.  C.) 

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—    161  — 


mttfste,  was  man  bisher  den  Kaiserlichen  verweigert  habe, 
während  man  bis  Jetzt  »in  terminis«  geblieben  und  imit  dem 
meta  sich  excosiert,  so  mit  den  4  tonnen  gold,  ober:  vnd 
niedersächsischen  efiecti  vnd  besorgender  sedition  nicht  gar  de 
nihiloc.  Zu  alledem  aber:  was  würde  erfolgen,  wenn  der  König 
plötzlich  mit  Tod  abginge  I 

Auch  ist  die  Temporisierung  nicht  gefährlich.  Der  König 
mufs  ja  schon  im  eigenen  Interesse  die  Stadt  i^succurirenc,  und 
Dr.  Chemnitz  wird  den  Rat  jederzeit  vom  Stande  der  Dinge 
unterrichten  und  sicherlich  dem  König  gegenüber  hervorheben, 
was  Nürnberg  für  die  evangelische  Sache  geleistet  hat.  Ja,  der 
König  könnte  sogar  Mifstrauen  gegen  Nürnberg  schöpfen,  wenn 
es  so  rasch  die  Hand  gegen  Ferdinand  II.  sinken  liefse.  Und 
warum  soll  NQmberg  sich  nicht  Zeit  lassen,  eilen  doch  auch  die 
Hansestädte  nicht  mit  dem  Abschlufs  der  Allianz;  und  wenn 
auch  etliche  Fürsten  die  Partikularallianz  unterschrieben  haben,  so 
gilt  bei  ihnen:  »operum  esse  instar  pecuniae«.  Weit  besser  ist  es 
ciaher,  >omittendo«  als  »committcndo  c  gegen  den  Kaiser  sich 
m  vergehen  und  erst,  wenn  die  königliche  Armee  herannahe, 
wie  die  Frankfurter  yin  timore  Dci«  zu  akkordieren,  zumal  der 
König  durch  den  Würzburger  Vertrag  bereits  hat,  was  er  noch 
besonders  sucht. 

Auf  jeden  Fall,  rät  Dr.  HttUs,  soll  man  die  Wiederkunft 
des  Abgeordneten  Krefs  abwarten.  Wenn  sich  alsdann  die 
Sache  fUr  den  König  gut  anläfst,  ist  es  ja  das  Beste,  die  Spezial- 
allianz  auszuliefern;  ist  aber  die  Lage  für  diesen  ungünstig,  hat 
man  umsomehr  zu  »temporisieren«.  Hiebei  wird  Dr.  Chemnitz, 
wie  zu  erwarten  steht,  gute  Dienste  leisten  »in  huttnung  künftiger 
ergetzungc.  Unterdessen  aber  ist  es  angezeigt,  mit  Ulm  und 
vielleicht  auch  mit  den  Hansestädten  zu  kurrespundieren. 

Der  Rat  schlofs  sich  denn  auch  der  Meinung  des  Hoch- 
gelehrten  Dr.  Hülfs  an.  Er  wollte  erst  die  Rückkehr  des  Ab- 
geordneten  Krefs  abwarten  und  dann,  wenn  irgend  möglich,  die 
wichtige  Angelegenheit  vor  einen  Städtetag  bringen.  Denn  durch 
ein  gemeinsames  Vorgehen  mehrerer  Städte  war  die  Verant- 
wortung beim  Kaiser  erleichtert  und  der  Abschlufs  der  Spezial- 
allianz  nach  der  Natur  der  Dinge  wieder  auf  einige  Zeit  hinaus- 
geschoben.   Dafs  aber  diese  so  überaus  wichtige  Sache  bei  der 

tt 


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—    162  — 


Städtezusammenkunft  Gegenstand  der  Beratung  sein  sollte,  davon 
war  weder  im  Schreiben  vom  20.  Dezember  und  15.  Januar  an 
Ulm,  noch  auch  im  Schreiben  am  15.  Januar  an  Frank- 
furt die  Rede.    Als  Zweck  einer  solchen  Konferenz  wurde 

nur  angegeben,  man  wolle  das  vom  König  verlangte  Gutachten 
bezüglich  der  Friedensvorschläge  des  Landgrafen  von  Hessen 
beraten,  sowie  über  des  Königs  Begehren,  man  möge  Lübeck 
zur  Allianz  vermögen,  schlüssig  werden.  Angedeutet  jedoch 
wurde  die  Allianz  ganz  allgemein  mit  folgenden  Worten:  xdafs 
demnach  eine  hohe  vnd  grofse  notturfft  sein  wolle,  sich  etlicher 
gewieser  hohen  wichtigen  puncten  halben,  so  der  zeit  einfallen, 
mit  einander  in  vertraulicher  mündlicher  conferenz  durch  die 
vnserige  sonderbar  freundlichen  zu  vnderredenc. 

Als  aber  Krefs  zurückgekehrt  war  und  von  der  Unterredung 
erzählte,  die  er  mit  dem  schwedischen  Rate  Sattler  gehabt  hatte, 
sah  der  Rat  ein,  dafs  ein  längeres  Zaudern  nicht  mehr  geraten 
sei,  zumal  auch  die  Lage  für  den  König  immer  noch  günstiger 
wurde  und  die  günstige  Erledigung  der  Rekompenssache  zur 
Voraussetzung  den  AbschUifs  der  SpczialaUianz  hatte.  Sattler 
hatte  sich  nämlich  sehr  ereifert  über  den  unzeitigen  Respekt 
der  Nürnberger  gegen  den  Kaiser  und  dafs  die  Allianz 
immer  noch  nicht  abgeschlossen  sei.  »Gleich  also,€  so  sprach 
er,  1  machten  es  auch  die  franckhforter;  die  machten  dem  könig 
ein  grofs  dicentes,  wollen  gern  schwedisch  sein  vnd  auch 
kayserisch  bleiben,  der  kayser  vnd  könig  aber  sein  zwey  pura 
contraria«.  Ja,  der  Rat  war  sogar  bereit,  für  sich  die  Allianz 
sofort  al>zuschliefscn,  wenn  Dr.  Chemnitz  einen  weiteren  Auf- 
schub nicht  mehr  für  ratsam  halten  würdo. 

Wie  die  Antwort  ausgefallen,  darüber  fmdet  sich  in  den  Akten 
kein  Aufschlufs;  doch  scheint  sie  nicht  gerade  ungünstig  gelautet  zu 
hnhfn.  Denn  Krefs  wurde  instruiert,  er  möge  sich  bemühen,  dafs  es 
bei  dem  zu  Wtlrzburg  begriffenen  Konzepte  verbleibe,  hervorhebeni 
dafs  Nürnberg  an  der  Verzögerung  nicht  schuld  sei,  und  sich  auch 
sofort  erbieten,  wenn  die  gesamte  Allianz  der  4  ausschreibenden 
Städte  nicht  erwartet  werden  wolle,  eine  solche  (Ür  Nürnberg  abzu- 
schliefsen.  Der  Rat  habe  ja  schon  im  Oktober  vorigen  Jahres  kein 
Bedenken  getragen,  die  Allianz  auszuhandigen,  wenn  nur  die 
beiden  Brandenburg  sich  hiezu  verstanden  hätten.  Doch  habe  der 


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—    163  — 


König  selber  damaU  eine  solche  nicht  begehrt,  sondern  durch 
seine  Räte  ankündigen  lassen,  man  möge  dieselbe  entweder  mit 
den  Kreisständen  in  Nürnberg  oder  auf  einem  Konvent  der 
4  ausschreibenden  Städte  -~  Nürnberg,  Frankrurt,  Strafsburg 
und  Ulm  —  Ins  Reine  bringen.  Das  sei  jedoch  wegen  des 
Tillyscheii  Anmarsches  nicht  möglich  gewesen.  Kaum  aber  habe 
das  kaiserliche  Kriet^svolk  die  Ämter  verlassen,  sei  am  30.  De- 
zember ein  Schreiben  an  Ulm  ergangen,  worauf  erst  am  9.  Januar 
die  Antwort  eingelaufen  sei:  Stialsburg  wolle  wegen  Unsicherheit 
der  Strafsen  sich  7.11  einer  Konferenz  nicht  verstehen,  Ulm  aber 
werde  warten,  bis  dieses  bessere  Gelegenheit  fände.  Daraufhin 
habe  nun  Nürnberg  eine  Tagfahrt  nach  Heilbronn  benannt  und 
stehe  in  Erwartung,  wie  dieser  Vorschlag  aufgenommen  würde. 

Um  den  König  aber  in  dieser  Sache,  wie  in  anderen 
Angelegenheiten  Nürnbergs  Wünschen  wilUali:  ger  zu  machen, 
hatte  Krefs  diesem  ein  Verzeichnis  all  der  Unkosten  vorzulegen, 
die  allein  auf  das  Solmsische  Kriegsvolk  aufgewendet  worden 
waren.  Darnach  betrugen  dieselben  die  Summe  von  84Ö9U  fl. 
19  kr.  Da  nun  von  der  zu  Würzburg  bewilligten  Summe  von 
106  560  fl.  erst  ein  Drittel,  also  35  520  fl.,  verfallen  waren,  hatte 
Nürnberg  bereits  49  370  fl.  19  kr.  mehr  bezahlt,  als  es  nach 
dem  Vertrage  schuldete. 

Auf  der  Reise  zum  König  mufste  Krefs  noch  eine  kleinere 
Angelegenheit  beim  Fcklniarschall  Horn  erledigen;  hiebei  hatte 
er  es  so  einzurichten,  dafs  er  zu  gleicher  Zeit  mit  Oeneralnuijor 
Balthasar  Jakob  von  Schlammcrsdorf  bei  diesem  eintraf.  Beide 
waren  beauftragt,  Horn  auseinanderzusetzen,  dafs  es  Nürnberg  bei 
der  Nähe  des  Feindes  schlechterdings  unmöglich  sei,  die  verlangte 
Anzahl  Musketiere  nach  Neustadt  a.  d.  Atsch  abzuschicken.^ 

So  war  Nürnberg  Schweden  gegenüber  im  wesentlichen  noch  Die  Scndmg 
immer  bei  den  Verpflichtungen  stehen  geblieben,  welche  ihm 
der  Würzburger  Vertrag  auferlegte.    Es  hatte  nur  den  ersten  BaMiasar 

_    Jakob  von 

'1  Nttrnbercer  Kreisarcbiv.    Tom.  XV.  353—  363,   Instruktion  des  T . 

Abgeoriltuten  Krefs.  Tom.  \V.  232,  Kntsedars  am  Ii.  Dezember  Tom.  ri.*:.»««!. 
XII.  437—45«,  <^utachten  des  Dr.  Ileinricli  flülfs  am  14.  I^ocrnber.  f^rief- 
buch  1631,  fol,  574,  Schreiben  an  Ulm.  briefbuch  1632,  M.  10  und  11, 
Sebreiben  an  Krankfurt  und  Ulm  Tom.  XV.  269,  S94  und  295,  Rutterlflsse 
am  15.  und  20.  Jannar.  Tom.  XV.  253  ff.,  Rel:ition  des  Abgeordneten  Ktcf» 
am  13.  Janaar.    Spezialakteo  des  30 jährigen  Krieges,  S.  I,  L.  197,  Nr.  23. 

II» 


Christoph 

Krofs  7IIIU 
("ii-iior.ilteld- 

Horn, 


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—    164  — 


Stfllunf;  zu 


Schritt  gethanj  auf  welchen  freilich  der  zweite  nicht  lange  mehr 
ausbleiben  konnte.^ 
Nürnbnci  Mit  dieser  abwartenden  Stellung  gegenüber  Gustav  Adolf 

stand  ganz  im  Einklang  das  Bestreben  des  Rates,  mit  den 
katholischen  Nachbarstaaten  in  Frieden  su  leben»  ein  Bestreben, 
das  von  Bamberg  und  Bayern  vollauf  geteilt  wurde;  denn  die 
friedlichen  Beziehungen  waren  ja  allen  in  gleicher  Weise 
zum  Vorteil. 

Zur  Zeit  des  Tillyschen  Kinfalls  waren  vom  Bamberger 
Kriegsvülke,  besonders  von  der  Forchheinier  Besatzung,  viele 
Feindseligkeiten  verübt  worden,  die  man  nicht  mehr  allein  auf 
Rechnung  der  Raub-  und  Beutelust  der  damaligen  Soldateska 
setzen  kann,  und  der  kurbayerische  Hauptmann  vom  Rothenberg 
setzte  die  ganze  Umgegend  durch  seine  steten  Ausfälle  in 
Schrecken.  Aber  auch  das  Solmsische  Kriegsvolk  unternahm 
so  manchen  Beute-  und  Streifzug  ins  Bambergische,  und  da  das- 
selbe denn  doch  einmal  in  Nürnbergs  Sold  stand,  wurde  dem 
Rate  zur  Last  gelegt,  was  dieser  nicht  andern  konnte.  Iiier  wie 
dort,  in  Nürnberg  und  in  i>.iiul>erg,  wurden  fortwalirentle  Re- 
pressalien geübt.  Der  gegenseitige  Hafs  wurde  innner  grofser 
und  stieg  in  Nürnberg  aufs  höcliste,  als  man  erluhr,  wie  übel 
der  Pfleger  Roggenbach  von  Gräfenberg  und  die  Seinen  von 
bambergischen  Kriegsvolke  behandelt  worden  waren.  Vater, 
Mutter  und  Sohn,  sowie  ein  Diener  waren  vollständig  ausgeraubt, 
gröblich  mifshandelt  und  im  jämmerlichsten  Zustande  nach  Bam- 
berg geschleppt  worden  j  am  schlimmsten  kam  noch  der  Pfleger 
weg,  der  lange  Zeit  in  grofser  Lebensgefahr  schwebte. 

Doch  niilsfiel  dem  Bischof  von  Bamberg  diese  Heldenthat 
seiner  Krieger  in  hohem  Grade,  und  er  that  in  der  Roggen- 
hachischen  Sache,  was  er  konnte.  Ihm  war  überhaupt  viel  fiaran 
gelegen,  mit  Nürnberg  wieder  in  ein  gutnachbarliches  Verhältnis 
zu  gelangen.  Deshalb  erbot  er  sich  auch.  Nürnberger  Wein 
und  Getreide,  welche  zu  Bamberg  in  Verwahrung  lagen,  gegen 
Austausch  der  zu  Nürnberg  zurückgehaltenen  bambergischen 
Waren  zu  verabfolgen,  und  lud  Nürnberg  zu  einer  Konferenz 
nach  Forchheim  ein.    Der  Rat  aber,  dem  «die  Sicherheit  der 

*)  Nürnberger  Kreisarchiv.  Tom.  XV.  301,  302  und  305.  Briefbuch 
1631,  22.  Januar,  tul.  38,  Schreiben  an  Horn. 


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—    165  — 


Strafsen  und  die  gute  Korrespondenz  mit  den  benachbarten 
katholischen  Ständenc  nicht  minder  am  Herzen  lag  wie  dem 
Bischof,  zögerte  keinen  Augenblick,  dorthin  abzuordnen,  und 
gab  Paulus  HarfsdÖrffer  und  Dr.  Tobias  Ölhafen  alsobald  den 
Auftrag,  nach  Forchhelm  zu  reisen,  allwo  die  Konferenz  am 
30.  Dezember  stattfand  und,  wie  bei  der  gegenseitigen  Sehnsucht 
nach  Frieden  nicht  anders  zu  erwarten  war,  den  besten  Verlauf 
nahm.  Die  Waren,  welche  hier  wie  dort  mit  Beschlag  belegt 
worden  waren,  sollten  in  Bälde  beiderseits  zurückerstattet  und 
die  als  Geiseln  zurückgehaltenen  Personen  in  Freiheit  gesetzt 
werden,  das  Kriegsvolk  aber  sollte  die  strenge  Weisung  erhalten,, 
alle  Feindseligkeiten  von  nun  an  zu  unterlassen. 

Die  Nürnberger  Abgesandten  liefsen  es  sich  noch  besonders 
angelegen  sein,  den  Rat  von  aUer  Schuld  wegen  der  Aus* 
schreitungen  des  Sobnstschen  Kriegsvolkes  zu  reinigen,  dessen 
Abzug  eifrig  betrieben  würde  und  dessen  Einquartierung  um  die 
Ringmauern  man  wegen  der  starken  Drohungen  nicht  hätte  ver- 
hindern können.  So  schied  man  beiderseits  von  einander 
scheinbar  im  besten  Einvernehmen,  und  der  Dompropst,  welcher 
nach  allem,  was  in  den  Akten  sich  über  ihn  findet,  als  der 
eigentliche  Leiter  der  bambergischen  Politik  erscheint,  beteuerte 
noch:  »er  wolle  gewifslich  lieber  todt  sein,  dann  dafs  er  in 
einigen  Widerwillen  vnd  mifsverstandt  mit  meinen  herm  ge- 
rathen  solte«. 

Das  Kriegsvolk  freilich  hielt  den  Frieden  nicht  in  der 
Weise,  wie  es  von  der  Obrigkeit  gewünscht  war;  doch  unter- 
blieben eine  zeithing  gröfsere  Ausschreitungen.  Auch  die  Ab- 
fülgung  der  gegenseitig  zurückbehaltenen  Waren  verzögerte  sich 
noch  mehrere  Wochen,') 

Em  ähnliches  Verhältnis  wie  mit  Bamberg  bestand  um  xarnberg» 
diese  Zeit  mit  Bayern.  Wie  aus  Forchheim  roannigfac  he  Streif-  steihwg  «u 
Züge  ins  Nürnberger  Gebiet  unternommen  wurden,  als  Tilly 

•j  Nürnberger  Kreisarchiv.  ioi«.  XIV.  403,  Abordnung  der  Herren 
Pavlu  HarTsdörffer  und  Dr.  Tobias  Ölhafen.  Ralteflaf«  am  aS.  Desenher. 
Tom.  XIV.  397 — 403,  Instruktion  der  Herren  llarfsdörfTer  und  Dr.  Ölhafen. 
Tom.  XIV.  409  —  417,  Relation  der  beiden  Mürnberger  Abgesandten.  Kats- 
erliste  am  9.,  16.,  17.  u.  20.  Dezember,  am  6.  u.  28.  Januar.  Brief  buch 
1631,  Korreapondeos  awisc)ien  Nürnberg  und  dem  Bischof  von  Bamberg  am 
9.  imd  27.  Dezember,  liriefbuch  1632,  Schreiben  des  Kates  am  10. Janaar 
an  den  Bischof  von  Bamberg. 


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-    166  — 

seinen  verheerenden  Marsch  durch  Franken  nahm,  so  hier  von 
der  bayrischen  Besatzung  auf  dem  Rothenberg.  Kurltirst  Max 
hielt  von  solchen  Räubereien  und  Plackereien  ebensowenig  wie 
der  Bischof  von  Bamberg  und  wünschte  gleich  diesem  gute 
Nachbarschaft  mit  Nürnberg,  umsomehr  als  er  in  Neutralttäts- 
verhandlungen  mit  Gustav  Adolf  stand.  Er  schrieb  deshalb  am 
20.  Dezember  an  die  Regierung  von  Amberg:  Mit  Nurnlurg 
bleibt  es  bei  der  den  3.  Dezenilicr  zugi."l\'rli;.(ten  Resolution, 
kraft  deren  ihr  daran  zu  sein  habt:  »damit  ermelte  statt  oder 
die  irige  durch  die  in  der  obern  Pfalz  ligende  soldatesca  (ausser 
es  machten  die  von  Nürnberg  selbst  mit  hostiUteten  den  anfang) 
mit  straiffen  oder  in  andere  weg  nicht  gravirt  werden«.  Auch 
die  Herausgabe  der  in  Forchheim  geraubten  Nürnberger  Waren, 
welche  2U  Ingolstadt  und  Stadtamhof  in  Verwahrung  lagen,  be« 
fahl  er  »ohne  entgeldt  vndt  weüthem  vffenthalt«.  Auf  seinen 
Befehl  verlangte  die  Amberger  Regierung  ein  Verzeichms  der 
»Pressuren«,  der  Abnalmu-  und  Plünderungen  des  } Liuj)tnianns 
von  der  Feste  Rothenberg,  damit  gcbulirondc  Restitution  erfolgen 
könnte,  und  erbot  sich,  in  der  Oberpfalz  dem  Handel  freien 
Lauf  SU  lassen,  wenn  der  Rat  im  Nürnberger  (»ebiet  das  Gleiche 
verfüge.  Doch,  so  sehr  die  Obrigkeit  alle  Ausschreitungen  der 
Soldateska  vermieden  wissen  wollte,  die  gegenseitigen  Beutezüge 
hörten  auch  hier  nicht  ganz  auf.'^ 
Besetzung  Im  Frieden  mit  den  katholischen  Nachbarstaaten,  das 

^  ilreh "  Nürnberger  Gebiet  frei  vom  feindlichen  Kriegsvolke»  so  war 
kaitcTiicbes  Nürnberg  ins  neue  Jahr  eingetreten.  Wie  gerne  hätte  der  Rat 
Kn^otk  Liclitenau   vom    Feinde    befreit   gesehen!     Al)er  alle  15e- 

bis 

Eade  März,  müluingen,  den  Hauptmann  Arbogast  von  Aiullau  zum  Ab/.ugc 
zu  bewegen,  wnren  erfolglos;  auch  die  lütte  an  den  Kurfürsten 
Max,  er  möge  1  illy  vermögen,  dafs  dieser  die  Räumung  Lichtenaus 
verfüge,  hatten  nicht  die  gehoffte  Wirkung.  Maximilian  erklärte, 
>dafs  selbiges  volckh  nicht  der  liga,  sondern  kayserlicher  mayt 

'")  Nürnberger  Kreisurchiv.    Bneflmch  1631,  iol.  533,  571,  575,  59a 
und  594:  Sehreiben  an  den  Hauptmann  vom  Rothenberg  am  $.  Dexember, 

an  die  Reijjerung  von  Amberj:^  am  18.  Dezcm1>er,  Schreiben  an  Muximilian  I. 
am  20.  Dezember,  an  die  Ke^^icriing  von  Amberg  am  24.  Dezember  und  an 
den  Hauptmann  vom  Rothenberg  am  25.  Dezember.  Brief  buch  1632,  fol.  46 
und  55,  2  Schreiben  an  die  Regier' ng  von  An.!. erg.  Briefbucli  1631, 
fol.  612,  Schreiben  an  den  Kurfürsten  Max  1.  ixatscrlafs  am  8.  Januar.  — 
Münchener  Allg.  Relchs:ircliiv.    Tom.  CLXXK.  lol.  327. 


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BonohdiiKcii 

zu 

ünuiilcn- 
buf»  Bay- 
reuth und 
Aa«bach> 


immediatö  zustendig  vnd  vnter  defs  obristen  Ahringers  commando 
seyec.  Erst  Ende  Marz  verliefsen  die  Kaiserlichen  Amt  und 
Schiofs  Lichtenau.**) 

Waren  die  Beziehungen  zu  den  katholischen  Nachbarstaaten  Narniwfsi 

geraume  Zeit  hindurch  ftufserUch  gute,  zwischen  NOmberg  und 

den  beiden  braiidcnburgisclien  Häusern  Ansbach  und  Bayreuth 
kam  CS  ^war,  was  ja  nach  Lage  der  Dinge  ausgeschlossen  war, 
zu  keinen  krie^erischen  Feindseligkeiten,  aber  es  bestand  die 
alte  Abneigung  und  das  alte  Mii'strauen  in  ungemiuderter  Stärke 
fort.  Unausgetragene,  seit  vielen  Jahren  schwebende  Streitsachen 
Uefsen  ein  freundnachbarlicbes  Verhältnis  auch  dann  nicht  auf- 
kommen,  als  die  gemeinsame  Sache  sie  auf  die  Seite  Gustav 
Adolfs  geftthrt  hatte.  Vor  allem  war  die  Befestigung  Nürnbergs  dem 
Markgrafen  ein  Dom  im  Auge;  denn  das  Befestigungsrecht  wurde 
der  Stadt  von  Brandenburg  stets  bestritten.  Der  Markgraf  ver- 
säumte daher  auch  nicht,  schon  im  Oktober  1631  durch  seine 
Abc^eordneten  bei  Gustav  Adoh"  zu  erwirken,  i'dafs  hiesige  statt 
einen  revers  von  si<  h  geben  solte,  die  werck  nach  dem  krieg 
alsobaiden  widerumb  zu  temolirn«. 

Am  20.  Januar  1632  aber  verlangte  der  bayreuthische 
Gesandte  Moritz  Khan  vom  Rate  einen  Schein,  dafs  die  Fortih- 
kation  dem  Haus  Brandenburg  und  dessen  Rechten  nicht  nach* 
teilig  sei.  Den  Schein  lieferte  Nürnberg  natürlich  nicht  aus, 
vielmehr  berief  es  sich  auf  den  Vertrag  von  13Q1,  durch  den 
es  bestens  »fundierte  sei.  Gustav  Adolf  aber  mischte  sich  in 
diese  Streitsache  nicht  ein.^*) 

Und  nun  noch  einiges  über  die  Stclluug  Nürnbergs  zum 
Kaiser!  Hier  war  die  Pohtik  des  Rates  in  den  GrundzUgen  die 
alte  geblieben;  nach  wie  vor  behielt  derselbe  die  Verantwortung 
beim  Kaiser  fest  im  Auge  und  suchte  daher  alles  zu  vermeiden, 
was  geeignet  war,  diese  zu  erschweren. 


Nürnberg 

und 
der  Kaiier. 


")  Nürnberger  Kreisarchiv.  I3riefbiich  1631,  fol  607  u.  fol.  622  und 
623,  2  Schreiben  an  den  iiauptmann  Arbogasit  von  Aniiluu.  liriefbuch  1631, 
fol.  633,  Schr«ibea  «n  Maximilian  I.  «m  10.  Janaar  (3t.  Deiember).  Rats- 
erlafs  am  29.  Februar.    Brief  buch  1632,  fol.  178,  lo  Ai-ril. 

'*)  Nürnberger  Kreisarchiv.  Tom.  XV.  373 — 375,  Gutachten  des 
Dr.  llUlfs  am  26.  Januar.  Tom.  XIII.  393  flf.,  Bericht  der  Abgeordneten 
Hans  Jakob  Tetsel  und  Dr.  Richter  aus  WAnborg.  Tom.  XV.  307  u.  308, 
Ratserlafä  am  20.  Januar.  Tom.  XV.  369—3731  Consultatio  habita  am 
a6«  Januar.    Brief  buch  1633.  fol.  178. 


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—    168  — 


Auf  den  Befehl  des  Kaisen  entliefs  der  Rat  sofort  den 
Obersten  Voit  und  den  Postmeister  Ebinger  aus  der  Haft;  die 
Furcht  vor  diesem  war  vor  allem  der  Grund,  weshalb  er  sich  sträubte, 
dem  Generalfeldmarschau  Horn  Nürnberger  Kriegsvolk  zu  Uber- 
lassen.  Nur  aus  Rücksicht  auf  den  Kaiser  und  Tilly  schrieb  er  noch 
Ende  Januar  1632  an  den  kaiserlichen  Kommissär  Popp,  er 
erwarte  ein  Krcisausschrcil>cn  und  werde  zum  Kreistage  abordnen, 
obwohl  er  wufste,  dafs  ein  solches  Kreisausschreiben  nie  eriuigen 
wurde  noch  könnte  und  kein  evangelischer  Stand  Frankens  im 
Sinne  hätte,  dem  Kaiser  weiter  zu  kontribuieicn;  hiedurch  ver- 
pflichtete man  sich  ja,  wie  Dr.  Hülfs  meinte»  zu  keiner  Kontri- 
bution,  »man  gewönne  widerumb  etwas  zeit«  und  hätte,  wenn 
Tilly  herbeirttckte,  »den  praetext,  dafs  man  des  creyfses  aus- 
schreiben erwarthetc. 

Doch  unterliefs  der  Rat  jetzt  jede  längere  Rechtfertigung. 
So  bat  er  in  dem  Schreiben,  das  er  am  17.  Januar  an  den 
Kaiser  abschickte,  diesen  nur,  er  möge  demjenigen,  was  irgend 
wiederwertiges  wieder  n  ns  möchte  vorgebracht  werden,  vnser 
vngehört,  keinen  glauben  zustellen,  sondern  sich  allergnedigst 
versichert  halten,  dafs  diejenige  gravamina,  wie  E.  K.  M.  wir 
dieselbigen  der  notturftt  nach  vmbständiglich  vorgebracht  haben, 
nicht  allein  laider  im  werckh  also  fttr  gangen«,  und  erklärte  am 
Schlüsse,  alle  seine  Handlungen  so  ehkzurichten,  dafs  vermöge 
der  Reichskonstitutionen  Stadt  und  Gebiet  »vor  eusersten  vnd 
anbedrohten  ruin  möge  conserviret  vnd  erhalten  werden«. 

Wie  der  Rat  nach  aufsen  hin  alles  aufs  beste  zu  ordnen 
suchte,  war  er  auch  bedacht,  die  Stadt  selber  so  zu  versichern, 
dafs  sie  einem  feindlichen  Angriff  gewachsen  wäre.*') 
Anstalten deü:  Er  ücfs  CS  scinerscits  nicht  fehlen,  die  Befestigungsarbeiten, 

Rates  nr    |^^.  ^j^jj^^j      ^jigher  »schläferich  daher  tanken«,  in  ein  rascheres 
NümberKH   Tempo  ZU  bringen.    Da  nämlich  mit  der  Bürgerschaft,  »als 
Ab^^aer  mehrerntheilfs    kinder   vnd  magd  zu   solcher  arbeit« 

kaiMTiioh.  n  schickte,  nichts  auszurichten  war,  bestellte  er  auf  das  Gutachten 
des  Kriegsrates  im  Dezember  600  Bauern,  die  täglich  8  kr.  und 

**)  Nürnberger  Kreisarchiv.  Brief  buch  IÖ31,  31.  Dezember  (a.  K.', 
foL  6»7;  Briefbttch  1632.  3.  Februar,  fol.  57.  Brief bncfi  163a,  foL  71 
vTom.  XV.  399).  Tom.  XV.  373,  Ratserlaft  am  26.  Januar.  Tora.  XV. 
373  ff.,  Gutachten  des  Dr.  HUlf«.   Tom.  XV.  314,  Schreiben  an  den  Kaiser 

uut  17.  Januar. 


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-    169  — 


2  Pfd.  Brot  bekommen  sollten,  und  verordnete  des  weiteren, 
dafs  jeder  Bürger,  so  oft  die  Ordnung  zum  Schanzen  ihn  träfe, 
10  kr.  entrichten  solle,  falls  er  nicht  um  die  bedungenen  3  Pfd. 

Brot  arbeiten  wolle.  Damit  aber  die  Befestigung  in  der  richtigen 
Weise  geschehe,  ubcigab  er  Gustav  Adolf,  um  dessen  Ansicht 
einzuholen,  einen  Plan  der  Stadt  Nürnberg  und  bat  diesen,  er 
möge,  wie  er  versprochen,  den  Hauptingenieur  und  General- 
quartiermeister über  die  Kavallerie  und  Infanterie  nacli  Nürnberg 
schicken.  Des  weiteren  wurde  die  Bürgerschaft  auch  fernerhin  durch 
den  Lieutenant  Simon  Schubert  im  Gebrauch  der  Waffen  unter- 
wiesen und  die  Werbung  neuen  Kriegsvoikes  eifrig  weiter  betrieben. 

Auch  die  Verfolgung  der  sogenannten  Verdächtigen,  wo- 
runter man  alle  Katholiken  verstand,  dauerte  fort.  Doch  mufste 
der  Rat  den  als  verdächtig  Eingezogenen  wieder  die  Freiheit 
schenken;  den  Obersten  Voit  und  den  Postmeister  Ehinger  setzte 
er  allerdings  erst,  wie  wir  wissen,  auf  direkten  Befehl  des 
Kaisers  auf  freien  Kufs.  Am  liebsten  hätte  der  Rat  noch  den 
Obersten  Voit  behalten,  der,  wie  die  Korrespondenz  zwischen 
dem  Kurfürsten  Max  und  dem  General  Cratz  ausweist,  auch  bei 
den  Katholiken  nur  geringes  Ansehen  genofs. 

Mit  ganz  besonderer  Aufmerksamkeit  wurde  das  Deutsche 
Haus  bedacht;  galt  es  ja  als  der  eigentliche  Herd  der  Ver- 
schwörung. Die  Ausgänge  desselben  wurden  mit  Schildwachen 
besetzt,  und  in  das  Haus  wurde  eine  Wache  von  anfänglich  15, 
später  45  Mann  unter  dem  abwechselnden  Kommando  3  ver- 
schwiegener OlTiziere  gelegt,  die  aui  .LÜes  genau  acht  zu  geben 
hatten,  was  vorging,  und  alles  Verdiichtige  anzeigen  mufsten. 
Am  \\  eihnachtsfeste  aber  wurden  die  Namen  aller  aufgezeichnet, 
die  in  dasselbe  zur  Messe  gingen.  Wie  grofs  das  Mifstrauen 
gegen  das  Deutsche  Haus  war,  beweist  das  Gewicht,  welches 
man  der  Erzählung  eines  9]ährigen  Jungen  beilegte.  Der  Knabe 
wufste  nämlich  zu  erzählen,  es  sei  dort  »eine  rote  thttr,  dardurch  gehe 
man  zu  einem  gewölb,  so  vnter  der  erden  sey  vnd  darin  man 
vff  einem  knöbel  fahren  mttfse,  in  demselben  sei  ein  groser 
vorrath  an  pulver  vnd  dergleichen  sachenc.  Doch  fand  man 
von  all  dem  im  Deutschen  Hause  nichts. 

Allein,  konnte  man  auch  keine  \'err:lterei  nachweisen,  die 
Angst  vor  einer  solchen  und,  damit  verbunden,    die  gröfstc 


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—    170  — 


Wachsamkeit  schwand  keineswegs.  Das  beweisen  zwei  bedeute 
same  Erlässe  der  Kriegsstube«  welche  im  Monate  Februar  er- 
schienen. Darnach  wurden  die  Thorwächter  strengstens  ange- 
wiesen, unter  den  Thoren  auf  jedermann  genau  acht  zu  geben, 
und  wenn  ihnen  jemand  verdächtig  erschiene,  denselben  alsbald 
unter  Begleitung  eines  Musketiers  in  die  Kriet^sstube  zu  schicken. 
Bei  der  KrDtTming  der  Thore  am  Morgen  durften  die  Zöllner 
die  äulsersten  i  latter  und  Palüsaden  ni(  ht  eher  aufmachen,  !>is 
alle  Personen  aus  der  Stadt  gelassen  waren-,  bei  dieser  Aus- 
lassung  durfte  nicht  ganz  geöffnet  werden,  sodafs  immer  nur 
eine  Person  hindurchgeben  konnte.  Auf  dieselbe  Weise  wurde 
es  auch  bei  der  Einlassung  und  den  äufseren  Staketen  gehalten 
und  zwar  morgens  und  abends.  Den  Provisonem  wurde  be- 
sonders eingeschärft,  auf  verdächtige  Leute  ihr  Augenmerk  zu 
richten,  und  jede  Nacht  wurden  Streifen  in  Garküchen  und 
Wirtschaften  veranstaltet.'*) 

tiniühninjc  Eine  andere  wichtige  Frage  nach  dem  Abzüge  des  kaiser- 

liehen  Kriegsvolkes  aus  den  Ämtern  war,  wie  die  nötigen  Geld- 
Abgaben,  mittel  zur  Bestreitung  der  stetig  sich  mehrenden  Ausgaben 
beschafft  werden  könnten.  Das  Ärar  war  erschöpft,  und  die 
einfache  Losung  reichte  nicht  mehr  hin.  Dies  wurde  von  Dr. 
Georg  Richter  den  Genannten  ausftthrUch  dargelegt  mit  der 
Aufforderung,  auf  Mittel  und  Wege  zu  sinnen,  wie  man  zu  einem 
ergiebigen  Cleldvorrat  gelangen  könne.  Das  Resultat  des  Nach- 
denkens des  grofsen  und  kleinen  Rates  war  die  Kinführung 
neuer  bedeutender  Lasten. 

Am  13.  Januar  wurde  eine  aufserordentliche  Steuer  in 
Form  und  Gestalt  einer  einfachen  Losung  auf  folgende  Weise 
festgesetzt:  1.  Jeder  sollte  von  dem  Seinigen  die  einfache 
Losung  bezahlen*  2.  Alle  Inwohner,  Schutzverwandten,  vor 
allem  die  Italiener,  auch  die,  welche  sich  im  offenen  Gasthause 


'*)  Nürnberger  Kreisarchiv.    Katseriässe  am  12.,   16.,   17,   iS.,  20., 
94.  und  35.  Detember,  «m  IS«  und  28.  Januar.   Erllsse  der  Herren  Eltem 

am  26.  und  30.  Dezember,  am  i.  Januar.  Brief  buch,  10.  und  24.  Januar 
1632,  2  Schreiben  an  den  Kaiser.  Tom.  XV  260  Rcl.uion  des  Abj:;enr<l- 
ueten  Krefs  am  13.  Januar  -  -  Nürnberger  Suuiarchiv.  Protokoll  der 
Krieg»lttbe  am  9.,  14.,  15.,  17.  und  33.  Dezember,  6.  und  14.  Febniar.  — 
Münchener  Allgemeines  Reiohsarchiv.  Korrespondenz  /wischen  dem  KurHlntcn 
Max  und  Ueneral  Cratz,  Tom.  LXXXII.  fol.  355  u.  fol.  405. 


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—    171  — 


aufhielteOf  sollten  das  doppelte  Schutzgeld  entrichten.  3.  Alle 
fEhehaltenc,  männliche  wie  weibliche,  ob  Bürger  oder  Nicht- 
bürger,  mufsten  ktinftighin  von  ihrem  Lohne  1  fl*  bezahlen. 

4.  Ein  Handlungsdiener  hatte  fortan  von  seiner  Besoldung  1  A. 
vorneweg,  dann  von  je  100  fl.  1  II.  ab«iHefem,  sein  übriges 
Vermögen   aber  gleich   den    anderen   Burgerti    im  versteuern. 

5.  Den  Standes-  und  Adelspersuncn  wurde  angezeigt,  mau  ver- 
sehe sich  zu  ihnen,  sie  würden  ebenfalls  »von  allen  ihren  ver- 
mögen, intraden  vnd  einkoramenc  gutwillig  von  je  100  fl.  1  tl. 
zum  Wohle  der  Stadt  beisteuern. 

Am  3.  Februar  wurde  Bürgern  und  Fremden  die  Auflage 
gemacht,  bei  allen  ihren  verkauften  Waren  von  100  fl.  je  1  fl. 
und  zwar  in  Münze  zu  bezahlen,  welche  Anlage  man  Extraordinari- 
Interimssteuer  nannte.  Doch  sollten  diejenigen  Städte  und  Örter, 
welche  infolge  gewisser  Privilegien  bisher  zollfrei  waren,  es  auch 
l'urderhin  bleiben.  Dann  wurde  den  Fuhrleuten,  welche  Handels- 
waren, Wein  und  dgl.  in  die  Stadt  und  aus  derselben  führten, 
bekannt  gema«  ht,  dafs  sie  von  jedem  Pferde  15  kr.,  für  ein 
Pferd  aln  r,  das  Salz,  Stahl,  Eisen,  fremdes  und  böhmisches 
Bier  führte,  6  kr.  zu  entrichten  hätten.  Doch  erhielten  hiebei 
die  Thorschreiber  die  Anweisung,  eine  >discretionc  zu  gebrauchen 
und  von  den  Fuhrleuten,  welche  nur  wenig  Ladung  hätten,  nicht 
das  volle  Pferdegeld  zu  verlangen.  Für  die  Kaufmannswaren 
aber,  welche  durch  die  Stadt  »per  transito«  gefahren  wurden, 
mufste  bezahlt  werden,  was  von  den  Marktvorstehem  und 
Handelsleuten  für  die  einzelnen  Waren,  die  sie  in  4  Sorten 
geschieden  hatten,  festgesetzt  worden  war. 

Am  9.  Februar  erfolgte  die  neue  Bestiininunjii,  dafs 
für  Waren,  die  von  Bürgern  und  Inwuhnern  an  andere 
Orte  verkauft  würden,  von  je  100  fl.  20  kr.  abgeliefert 
werden  müfsten. 

Hieran  reihte  sich  Mitte  Februar  ein  Viktualienaufschlag. 
Doch  blieben  »schmaltz,  ayr,  butter,  käs,  vnfslit,  kraut,  ruben. 
köhl  und  dergleichen,  als  deren  der  gemeine  vnd  arme  mann 
zu  seinem  täglichen  vnterhalt  vnd  narung  vnentperlich  vonnöten 
hat,  frey  vnd  vnaufsgesetzet^. 

Zu  dieser  Verordnung,  den  Aufschlag  auf  X  iktualien  betref- 
fend, kamen  in  den  Monaten  Februar  und  März  noch  weitereErlässe. 


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—    172  — 


Von  nun  an  mufsten  die  Fremden,  welche  sich  in  Wirts- 
häusern aufhielten  und  offenes  Gewerbe  und  offenen  Handel 
trieben,  von  je  lOOfl.  ihrer  Einnahme  1  fl.  bezahlen;  hatte  jeder 
von  je  100  ff.,  so  er  erloset,  1  fl.»  von  je  100  Schillingen  1  ge- 
treulich bei  seinem  Eid  und  seinen  bürgerlichen  Pflichten  in  das 
Zollamt  SU  liefern;  wurde  den  Krämern  und  Handwerksleuten, 
die  neben  den  Werkstätten  »offene  Kräm«:  hatten,  auferlegt,  von 
je  100  fl.  1  fl.  zu  entrichten. 

Ende  März  endlich  wurde  ein  Viehaufschlag  beschlossen. 
Von  jedem  Ochsen,  der  in  den  2  Fleischbänken  oder  von  den 
Bürgern  zuhause  geschlachtet  würde,  sollten  fortan  2  fl.,  von 
einem  Schaf  oder  Kalb  je  3  Batzen,  von  einem  gemästeten 
Schwein  1  fl.,  von  einem  kleinen  und  ungemästeten  '/t  fl.  ge- 
nommen werden;  doch  war  in  den  Freibänken,  wo  die  armen  Leute 
einkauften,  der  Aufschlag  bedeutend  niedriger. 

Gewifs,  keine  geringen  Opfer,  welche  der  Rat  von  der 
Bürgerschaft  forderte.**) 
Konaeijuentc  Dafs  Nümbcig,   \vcl(  hcs  go/wungen  wurde,   auf  solchem 

Abldinimg  Wejre  die  Mittel  für  die  steigenden  Bedürfnisse  zu  beschaffen, 

aller  ^  * 

Daridirns-   konsequcnt  jedes  Gesuch  um  ein  Darlehen  abwies,  w  ie  sehr  das- 
gcsuchc.    selbe  auch  begründet  sein  mochte,  kann  uns  demnach  nicht 
weiter  überraschen. 

Solche  Ablehnung  hei  freilich  dem  Rate  nicht  immer  leicht, 
besonders  schwer  aber  wurde  sie  ihm  gegenüber  dem  Kurfürsten 
von  Sachsen.  Der  Kurfürst  hatte  sich  ja  auf  dem  Leipziger 
Konvent  eifrig  der  Städte  angenommen,  um  die  evangelische 
Sache  sich  grofse  Verdienste  erworben  und  konnte  als  der 
mächtigste  evangelische  Fürst  des  Reiches  der  Stadt  Nürnberg  sehr 
viel  nützen  oder  schaden.  Anderseils  ;ibcr  war  er  Nürnberg  nuch 
85  000  fl.  nebst  beträclulirhen  Zinsen  schuldig.  Wiesehr  daher 
auch  der  sächsische  Oesandte  Hans  von  Blnnffidorf  sich 
bemühte,  ein  ausgiebiges  Vorlehen  zu  erhalten,  der  Rat  blieb 
fest  auf  der  Ablehnung  eines  solchen  bestehen,  er  willigte  nicht 
einmal  in  Blanfsdorfs  Vorschlag,  man  möge  ihm  gestatten,  dafs 


Nfiniberg«r  KranrchW.   Tom.  XII.  453,  Rataerlaft  am  ta.  De> 

zember.  Tom.  XII.  455  —  462,  Dr.  Richters  Vortrag  an  die  Genannten. 
ErlSssc  der  Herren  Ehern  am  13.  Januar,  3  und  14.  Februar.  RatserlSsse 
am  26  Januar,  3.,  9.,  16.  und  17.  Februar  und  am  2.,  9.,  17.  UDd26.Min. 


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—    173  — 


er  auf  Kredit  des  Rates  eine  gewisse  Summe  Geldes  bei  der 
Bürgerschaft  aufnehme ,  obwohl  dieser  Vorschlag  auch  von 
Dr.  Richter  befürwortet  worden  war. 

Schwer  mochte  dem  Rat  auch  fallen,  den  Rothenburgern 
ihre  wiederholte  recht  eindringliche  Bitte  um  ein  Darlehen  ab- 
zuschlagen. Kinmal  abgewiesen,  baten  die  Rothenburger,  welche 
durch  die  Tillyscbe  Eroberung  in  die  äufserste  Not  geraten 
waren,  nochmals  ganz  flehentlich  um  einDarlehen  von  4000Thalem. 
Aber  ihre  Bitte  wurde  abermals  abschlägig  beschieden  mit  der 
Begründung,  dafs  man  auch  andere  StAnde  mit  ihren  Gesuchen 
abgewiesen  hätte,  die  nun  alle  sich  beleidigt  fühlen  mttfsten, 
wenn  Rothenburg  allein  berücksichtigt  würde.  Trotzdem  aber 
gaben  die  Rothenburgci  die  liütinuiig  iiu  ht  auf.  Doch  auch  das 
dritte  äufserst  dringende  Gesuch  ertuhr  kein  besseres  Schicksal. 

Dafs  unter  diesen  Umständen  weder  der  Herzog  Wilhelm 
von  Sachsen,  noch  die  Stadt  Ochsenfurt  mit  ihrer  Bitte  Gehör 
fanden,  ist  sonach  selbstverständlich.  Geradezu  kühn  aber  war 
das  Gesuch  Bayreuths,  dem  Markgrafen  Hans  Georg  mit  einem 
Vorlehen  von  6 — 8000  Thalem  an  die  Hand  zu  gehen,  wenn 
es  überhaupt  ernst  gemeint  war  und  nicht  blofs  als  Folie  diente, 
um  die  Furtifikationssachc  zur  Sprache  bringen  zu  können.  Henn 
niemand  hatte  es  um  Nürnberg  weniger  verdient  als  der  Mark- 
graf Haas  Georg. 

Werfen  wir  jetzt  einen  kurzen  Rückblick  auf  die  Zeit  vom 
Abzüge  des  Tilly sehen  Kriegsvolkes  bis  Anfang  Februar,  so 
können  wir  dem  Rate  der  freien  Reichsstadt  Nürnberg  das 
Zeugnis  nicht  versagen,  dafs  er  that,  was  in  seinen  Kräften 

stand,  um  den  kleinen  Staat  vor  drohendem  Unheil  zu  bewahren. 
Wenn  er  dabei  die  alte  zögernde  Politik  bcibelialten  zu  müssen 
glaulile  und  weder  mit  dem  Kaiser  ganz  brechen  noch  weniger 
aber  es  mit  Gustav  Adolf  verderben  wollte,  wer  könnte  ihm  dies 
bei  ruhiger  und  gerechter  Würdigung  der  schlimmen  Lage,  in 
der  er  sich  befand,  verargen?  Handelte  es  sich  ja  gewisser- 
mafsen  um  Nürnbergs  Existenz;  denn  der  Kaiser  konnte  ja 
immerhin  noch  die  Oberhand  gewinnen. 

Alter  nun  (Iranisten  die  Verliältnisbe  nach  vorwärts.  Am 
10.  Februar  schrieb  Jobst  Christoph  Rrefs  aus  Frankfurt,  dais  dem 


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—    174  — 


Rate,  um  Verdacht  und  andere  Ungelegenheiten  zu  vermeiden, 
wohl  nichts  anderes  ttbrig  bleibe,  als  Kriegsvolk  abzufolgen. 
Der  Ausbruch  der  kriegerischen  Feindseligkeiten  stand  mit 
dem  kommenden  Frühling  in  nahezu  sicherer  Aussiebt,  und  auch 
der  Beginn  des  Heilbronner  Städtetages  war  nunmehr  auf  Mitte 
inatmktioii  Februar  festgesetzt.*^) 

der  NOm* 

»„•rir-  r  Der  Rat  besthiimtc  sofort  als  seine  Vertreter  Georg  Christoph 

.M^^es.nd,c„  Volkamer,  Johann  Christoph  Tucher  und  Dr.  Johann  Christoph 
zum 

Henbnmner  Herpfer,  denen  er  eine  ausführUche  Instruktion  mit  auf  den  Weg 
gab.  Da  jedoch  die  Verhandlungen  in  Heiibronn  zur  Genüge 
den  Standpunkt  klar  legen,  welchen  die  Nürnberger  einnahmen, 
so  halte  ich  ein  näheres  Eingehen  auf  dieselbe  hier  nicht  für 
geboten.  Ich  beschränke  mich  hier  nur  auf  die  Anführung  des 
auf  den  Abschlufs  eines  Bündnisses  mit  Schweden  Bezüglichen, 
weil  dies  zur  weiteren  Kennzeichnung  der  Nürnberger  Politik  dient. 

Es  heifst  da:  Bezüglich  der  Konföderation  sollten  die  De- 
legierten Nürnbergs  mitteilen,  dieselbe  sei  für  den  Rat,  wie  gerne 
sie  man  auch  vermeiden  möchte,  nicht  zu  umgehen;  man  würde 
sich  aber  um  so  lieber  hiezu  verstehen,  wenn  auch  andere  Stände 
solche  für  nötig  erachteten.  Bezüglich  ider  questio  quomodo?« 
aber  sollten  sie  sich  wohl  in  acht  nehmen,  »dafs  wie  im  leip- 
zigischen sciilufs,  also  auch  jetzt  die  kays:  mayl^:  vnd  derselben 
land  vnd  leiit  aufs^enommen  vntl  im  vbrigen  gehörte  formula 
auch  Solisten  verclausulirt  werde,  daniit  besorgende  offension 
bey  kays:  mayl(,.  vnd  den  cathulischen  Stenden  soviel  immer 
möglich  verhUetet  werde.     Insonnderhcit  aber  mehrcrwehute 


**j  Nttinberger  Krewarchiv.    Tom  XV.  178,  184  u.  185,  Dlanfsdorfs 

Schreiben  an  den  Kai  mi  5.  November.  Tom  W.  187,  T  89  u.  190,  Rats- 
er!ä«;«;e.  Tom.  XV.  107  -  206,  Ulanfsdorfs  IJegehreii,  auf  Kredit  des  Kate> 
bei  der  Bürgerschaü  (Jeld  aufbringen  zu  dürfen ,  Dr.  Richters  Gutachten, 
3  Rataerl&sse.  Tom.  XIV.  208-210,  Dr.  Kichiers  Schreiben  an  Blanfsdorf 
den  I.  Dezember.  Tom.  XIV.  213  u.  214.  Schreiben  an  den  Kurfürsten  vnn 
Sachsen.  Tom  XIV  110  und  III,  11}  '  lul  115.326-328,  36b,  Korrespon- 
denz zwischen  Nürnberg  und  Rothenburg.  Tom.  XIV.  333.  Ratterlafs  am 
12.  Dezember.  Brief  buch  1631  fol.  610  und  614,  Schreiben  an  Herzog 
Wilhelm  zu  Sachsen  und  die  Stadl  Ochsenfnrt.  Tom.  XV.  307-309.  des 
branden burgi&chen  Rats  Khan  angebrachte  funkle.  Tom.  XV.  365  -373, 
Consultatto  habita  den  t6.  Januar.  Erlafs  der  Herren  Eltern  am  13«  Februar. 
Tom.  XV.  ig,  Schrei!>en  aus  Ulm,  angekommen  am  7,  Februar.  Tom.  XV. 
28,  zweites  Schreiben  ans  Ulm.  —  Soden,  Gustav  Adolf  ....  L  Teilt  pag. 
109  und  1 10. 


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— .    175  — 


bflndnas,  wofern  es  bef  königl.  majl^:  in  Schweden  zuerhalten, 
auch  solchergestalt  zu  restringlro,  wofern  die  ligistische  stendt 
bey  irer  mayl^:  die  begerte  neutralitet  erlangen  sollen,  dafs 
alfsdann  auch  die  evangelische  stätt  solcher  coniuncHon  halben 

ferner  nicht  mehr  gehalten  oder  doch  die  gelt  contribution  vnd 
aiukre  hülff  betr.  zu  einem  mehrerm  aifs  die  catholische  nicht 
verbunden  sein  sollen«.^') 

Wir  werden  bald  sehen,  wie  diese  Verklausulierung  von  n«r 
den  übrigen  Städten  aufgenommen  wurde.  ifiübmn 

lag. 

Die  Konferenz  nahm  am  16.  Februar  ihren  Anfang. 

Zu  derselben  hatte  der  König  seinen  Sekretär  Nicodemi 
abgeordnet,  der  im  Namen  seines  Herrn  begehrte,  die  Städte 
sollten  kupferne  Münzen  einführen,  die  /olle  erhöhen  und  sich 
mit  Majestät  als  dem  »üirectorio«  verbünden.  Im  Verlaufe  der 
Sitzungen  traf  noch  Dr.  Chemnitz  als  zweiter  scliwedischer  Ab- 
geordneter ein,  um  alles  aufzubieten,  dafs  die  Städte  in  die  Ein- 
führung  kupferner  Münzen  willigten. 

Die  Strafsburger  aber  stellten  folgende  Punkte  zur  Be- 
ratung: 1.  Gegenseitige  Mitteilung  der  Städte,  was  sich  der 
Religionssachen  halber  bei  ihnen  zugetragen,  welche  Kriegs* 
pressuren  sie  von  kaiserlicher  Seite  zu  erdulden  gehabt  und  wie 
man  es  mit  dem  Konig  xon  Schweden  geh.ilteii  habe.  2.  l'.e- 
ratung  darüber,  was  Gustav  Adolf  auf  dessen  Schreiben,  wie 
man  zum  Frieden  geh\ngen  könne,  zu  antworten  und  was  Majestät 
bei  den  Friedensverhandlungen  des  gemeinen  evangelischen  Wesens, 
als  auch  der  Beschwerden  halber  an  die  Hand  zu  geben  sei  und 
ob  solches  schriftlich  oder  mündlich  zu  geschehen  habe.  Aufser- 
dem  gaben  sie  noch  ein  Schreiben  bekannt,  das  sie  auf  An- 
regung des  Königs  von  Schweden  an  Lübeck  hatten  abgehen  lassen. 

Daraufhin  erfolgten  nun  die  Mitteilungen  der  einzelnen 
Städte,  von  denen  ich  hier  nur  hervorhebe,  was  die  Stellung 
der  Städte  zu  (iustav  Adolf  betritft.  Am  schlimmsten  Nun  allen 
war  Frankfurt  weggekommen.  Es  hatte  sich  dazu  verstehen 
müssen,  mit  Gustav  Adolf  einen  Verglcicli  cinzugeiien,  der  es 
fest  an  diesen  band  und  ihm  die  besonders  harte  Verpflichtung 

Nürnberger  Kreisarchiv.    Tom.  XV.  43—50,  Memorial  nnd  In* 
•tniktion,  ft.  Februar  163a. 


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—  176 


auferlegte»  eine  schwedische  Garnison  von  600  Mann  in  Sachsen* 
hausen  so  unterhalten,  sowie  dem  König  die  hi  der  Stadt  be- 
findlichen feindlichen  Güter  zu  überlassen.  Viel  besser  waren 
Strafsburg,  das  sich  nur  erboten  hatte,  dem  Könige  >pro  pos- 
sibilii  die  Hand  zu  bieten,  und  Ulm,  das  dem  Rittmeister 
von  Rehlingen  gegenüber  nur  seine  Freude  über  die  Erfolge  des 
Königs  geäufsert  hatte,  weggekommen.  Was  Nürnberg  betrifft, 
sind  die  Dinge  bekannt.  Mit  Strafsburg  hatte  aber  aurh  der 
König  von  Frankreich  in  nähere  Verbindung  zu  treten  versucht 
und  für  sich  und  sein  Kriegsvolk  den  Pafs  über  die  Brücke 
und  durch  die  Stadt,  sowie  Lieferung  von  Proviant  gefordert. 
Doch  war  ihm  nur  das  letztere  bewilligt  worden,  den  Pafs  sollte 
nur  er  selber  mit  seinem  Gefolge  haben. 

Nach  dieser  gegenseitigen  Mitteilung  trat  man  in  Beratung 
ein  über  das  Anbringen  des  schwedischen  Abgesandten,  »ob  nicht 
eine  unanimis  et  communis  coniunctio  der  wolgedachten  4  Stetten 
mit  ihr  kon.  may.  könnte  getroffen  vnd  aufgerichtet  werden,  vnd 
allso  die  zwev  statt,  so  nocli  liinderstelHg  —  mit  Nürnberg  hielt 
also  der  Koing  die  Saclie  schon  für  richtig  —  vnd  ihre  affection 
nur  in  generaltbus  tcrniinis  bifshero  contestirt  haben,  zuc  mehrerer 
alliance  mit  ihrer  M.  zu  bringenc.  Ein  solches  Gesamtbündnis 
sei,  erklärte  Nicodemi,  viel  besser,  »damit  nicht  mit  eines  jeden 
theils  gröfsern  gefahr  von  einander  zergehen  vnd  zertreuet  werde  c. 
Nur  zur  Rettung  der  Evangelischen  und  Wiederherstellung  der 
wahren  Religion  sei  ja  der  König  ins  Reich  gekommen  und  er 
strebe  nur  darnach,  »wie  das  reich  redressirt  vnd  in  seinen 
rechten  bestand  geset/et  \  nd  dannenhero  quasi  a  fönte  ac  ori- 
gine  dcro  aigene  vnd  die  bena<  hl)arten  euangclischen  in  ruhe 
vnd  sirherlieit  lu'inarher  ktinnten  gcst't/t  werden«. 

Damit  stand  als  erster  und  wichtigster  Beratungsgegenstand 
die  Bündnisfrage  auf  der  Tagesordnung,  und  es  mufsten  daher 
die  Vertreter  der  einzelnen  Städte  hiezu  Stellung  nehmen.  Dafs 
die  Konföderation,  wie  bedenklich  sie  auch  sei,  nicht  umgangen 
werden  könne,  war  die  Meinung  aller;  von  einem  GesamtbUnd- 
nis  wollten  aber  vor  allem  die  Strafsburger  nichts  wissen,  da 
die  Interessen  der  Städte  zu  verschiedenartig  seien.  Damit 
stimmten  jedoch  wieder  alle  überein,  dafs  die  Pflichten,  womit 
man  dem  »Reiche  zugetliansL,   ausgenommen  werden  müfsten 


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—    177  — 


(Anmerkung),  damü  man  bei  der  ReichsunmiUelbarkeit  gelassen 
würde,  und  dafs  unbedingt  eine  Apologie  verfaTst  werden  mttfste, 
weshalb  sie  sich  mit  dem  König  eingelassen  hätten.  Die  Frank- 
furter hoben  noch  besonders  hervor,  dafs  die  Konfiskation 
feindlicher  Güter  durch  den  König  für  die  Städte  den  gröfsten 
Schaden  bringe  und  dafs  man  auch  andere  Städte  zu  diesem 
jiumlais  bewegen  müsse,  welches  lainig  vnd  allein  zu  der 
evangelischen  Stätten  defension  wider  vnrechtniessigen  gewallt 
geschlossen  würde  s.  Die  Nürnberger  aber  brachten  noch  eine 
Reihe  von  Erinneningspunkten  vor,  welche  vorwiegend  mili- 
tärischer Natur  waren  und,  soweit  sie  von  Belang  sind,  an  einer 
anderen  Stelle  noch  Erwähnung  finden. 

Zum  Abschlufs  ehies  Bündnisses  aber  hatten  die  städtischen 
Vertreter  keine  Volhnacht  bekommen;  denn  der  Konvent  war 
ja  nur  wegen  der  Friedensvorschläge  des  Landgrafen  von  Hessen 
und  verschiedener  anderen  Punkte  einberufen  worden,  nicht  aber 
wegen  einer  Konföderation  mit  Gustav  Adolf,  wenn  freilich 
auch  aufser  den  Xurnbergern  jeder  Abgesandte  sicherlich 
wufste,  dafs  diese  zur  Diskussion  kommen  würde.  Dem  könig- 
lichen Abgesandten  wurde  daher  die  Erklärung  abgegeben,  man 
könnte  wegen  des  vorgeschlagenen  Gesamtbündnisses  einen 
Entschlufs  nicht  fassen,  da  man  hierttb.er  nicht  instruiert  sei, 
doch  würde  man  zuhause  den  Bund  mit  Schweden  in  jeglicher 
Weise  fördern;  ein  Gesamtbttndnis  jedoch  sei  wegen  .  der -ver- 
schiedenartigen Interessen  der  Städte  nicht  am  Platze. 

Daraufhin  erläuterte  Nicoderoi  das  Wort  Gesamtbttndnis 
dahin,  dafs  darunter  nicht  zu  verstehen  wäre,  es  sollten  alle 
4  Städte  das  gleiche  Bündnis  mit  (lustav  Adolf  abschlicfsen, 
Sündern  dafs  auch  die  Städte,  welche  ein  solches  nocli  nicht 
eingegangen  wären,  nunmehr  mit  dem  König  > richtig  würden«. 
Dann  überreichte  er  eine  ^KonfoederationsnotuU,  welche  in 
einer  grofsen  Anzahl  allerdings  meist  unwesentUcher  Punkte  von 
der  städtischen  Konföderationsnotul  abwich,  die  in  Nürnberg 
verfafst  worden  war. 

Obwohl  nun  eine  genaue  Vergleichung  beider  immerhin 
von  einigem  Interesse  wäre,  so  kann  hier  doch  deshalb  davon 

Anmerkunf^.  Ulm  und  NUrnberg  verlangten,  dafs  der  Kaiser  und 
seine  Erblander  auszunehmen  seien. 

13 


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Abstand  genommen  werden,  weil  der  i^esentliche  Inhalt  des 
Würzburger  Konzeptes  bereits  bekannt  ist  und  Strafsburg  wie 
Ulm  in  der  Folge  ihre  besonderen  Allianzverträge  abschlössen, 
ohne  sich  an  eine  der  beiden  Konföderationsnotule  zu  binden. 

Es  mag  daher  genügen,  wenn  ich  nur  die  wichtigsten  Differenz- 
punkte anführe,  und  dies  umsomehr,  da  ja  die  stark  »verklau- 
sulierte BundesnotuU  nicht  einmal  den  Heifall  der  Vertreter 
der  übrigen  Städte  fand,  weniger  weil  sie  mit  einzelnen  Klauseln 
nicht  einverstanden  gewesen  wären,  sondern  weil  sie  überzeugt 
waren,  dafs  dieselben  nur  des  Königs  Zorn  erregen  würden 
und  nie  und  nimmer  durchgebracht  werden  könnten. 

Die  Nürnberger  tiefsen  denn  auch  folgende  beanstandeten 
Punkte  fallen,  trotzdem  der  Rat  auf  diese  grofses  Gewicht  gelegt 
hatte:  1.  dafs  die  Allianz  auch  von  Sachsen  und  Brandenburg 
gefertigt  werden  solle,  welche  Weitläufigkeiten  dem  König  sehr 
zuwider  waren;  2.  dafs,  wenn  der  König  mit  der  Liga  sich  ver- 
gleichen wurde,  das  Bündnis  aufhören  sollte  oder  doch  die 
Stände  zu  einem  mehreren  als  die  Katholiken  nicht  gehalten 
werden  sollten  und  3.  dafs  der  Kaiser  und  dessen  Erbländer 
auszunehmen  seien.  Auch  die  von  Nürnberger  Seite  vorgebrachten 
militärischen  Erinnerungspunkte  wurden  für  Überflüssig  gehalten, 
da  sie  ja  ohnedies  in  den  Artikelsbriefen  enthalten  wären. 

So  durchberaten  und  rediviert,  wurde  der  städtische  Ent- 
wurf dem  schwedischen  Abgesandten  zur  Annahme  empfohlen. 
Aber  der  Differenzpunkte  waren  auch  jetzt  noch  eine  grofse 
Zahl.  l'nd  da  Nicüdemi  nicht  mit  sich  iiandeln  lassen  wollte, 
sondern  auf  der  unveränderten  Annahme  seines  Entwurfes  be- 
stand, sn  miifste  eine  Einigung  von  allem  Anfang  an  al«;  aus- 
geschlossen gelten.  Doch  gingen  die  Verhandlungen  ihren  Lauf, 
und  die  städtischen  Vertreter  blieben  nicht  im  Unklaren  darüber, 
was  er  an  ihrem  Entwürfe  auszusetzen  hatte.  Nicodemi  gab 
nämlich  den  Vertretern  Nürnbergs  gegenüber,  die  ihm  das 
städtische  Konzept  überreichten,  eine  sehr  ausführliche  Kritik 
desselben.  Er  rügte  unter  anderem  das  Wort  i Kapitulation! 
als  »odios«,  beanstandete  die  Klausel»  Inder  die  Reichspflichten 
ausgenommen  worden,  sowie  die  Stelle:  »so  haben  seiner  kon. 
maj.  etliche  hohcrr  stende  die  völlisje  vngehindcrte  dirckLion 
dieses  kriegs  vnd  solang  derselbe  tauret,  mit  gult  vorbedacht 


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—    170  — 


vbergeben  vnd  anvertrauet,  dabei  wir  es  auch  vusers  thails  aller- 
dings bewenden  lafsen«.  Ihm  gefiel  nicht,  dafs  die  Städte  dem 
Könige  Lebensmittel  und  Kriegsbedür(msse  nur  folgen  lassen 
wollten,  1  soviel  sie  entrathen  könnent,  weil  durch  diese  Klausel 
man  sich  jederzeit  seiner  Schuldigkeit  entziehen  könne.  Er 
sprach  sich  mifsßllUg  aus,  dafs  in  dem  städtischen  Entwürfe 
fehle,  man  werde  des  Feindes  Truppen,  wo  diese  gleich  anzn- 
treffen  seien,  soviel  als  mugli«  Ii  trennen  und  schlagen,  dann  dafs 
ausgelassen  sei,  die  »ausschreibenden*  werden  die  sogenannten 
*na(  hsiuendenf  evangelischen  Reichsstädte  zu  gleicher  Allianz 
vermögen;  er  gab  endlich  seinem  Zweifel  Ausdruck,  der  König 
werde  den  Städten  das  ijus  confiscandic  zugestehen  und  in  deren 
Wunsch  willigen,  dafs  von  geistlichen  und  weltlichen  in  der  Stadt 
gelegenen  und  dem  Feinde  gehörigen  GUter  nichts  verschenkt 
noch  vergeben  werden  dtlrfe. 

Die  Nürnberger  widerlegten  nun  die  Einwände  Nicodemis, 
80  gut  sie  konnten.  Sie  entschuldigten  unter  anderem  die  Aus> 
nähme  der  Reichspflichten,  weil  darauf  die  Freiheit  der  Städte 
und  deren  Privilegien  gegründet  seien,  die  2  erwähnten  Aus- 
lassungen aber  begründeten  sie  damit,  dafs  die  tausschreibenden« 
Städte  mit  sich  selbst  genug  zu  thun  hätten. 

Über  diese  Konferenz  mit  Nicodemi  erstatteten  die  Nürn- 
bergischen Abgesandten  den  übrigen  städtischen  Vertretern  ein- 
gehenden Bericht. 

Nun  entschlofs  man  sich  städtischerseits  nachzugeben  und 
nur  in  folgenden  4  Punkten  fest  zu  bleiben.  Dieselben  sind: 
I«  dafs  die  Städte  sich  verpflichten  sollten,  ihre  städtischen 
Mitglieder  zu  gleichem  Bündnis  zu  bewegen,  was  in  keinem 
anderen  zu  finden  sei;  2.  dafs  die  Städte  dem  König  das  Direk- 
torium »cxpresse«  übertragen  sollten;  3.  dafs  der  Konig  die 
dem  Feinde  gehörigen  in  der  Stadt  gelegenen  Ciüter  verschenken 
könnte;  4.  dafs  endlich  den  Städten  das  »jus  confiscandi«  nicht 
zustehen  sollte.  Die  4  Punkte  waren  in  der  That  auch  für  die 
Städte  von  solcher  Wichtigkeit,  dafs  der  Widerstand  der  städtischen 
Abgeordneten  wohl  erklärlich  ist.  Denn  was  Nr.  1  betrifft,  so 
wurde  den  Städten  eine  Verpflichtung  auferlegt,  der  sie  kaum 
gerecht  werden  konnten;  Nr.  2  hätte  sie  verpflichtet,  bei 
Schweden  auszuharren,  wenn  auch  Kursachsen  zurücktreten 


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—    180  — 


würde;  durch  die  Forderung  in  Nr.  3  konnten  den  Städten 
-ärgere  Besitzer  aufgedrangen  werden,  als  die  Katholiken  bisher 
gewesen;  das  »jus  confiscandic  aber  hatten  die  StAdte  seit  un- 
vordenklichen Zeiten,  und  gerade  auf  Grand  dieses  Rechtes 
gedachten  sie  sich  am  feindlichen  Gute  zu  erholen. 

In  einem  kurzen  Memorial  legten  die  städtischen  Vertreter 
die  Gründe  ihrer  ablehnenden  Haltung  nieder,  die  mit  den  oben 
angeführten,  aufsematürlich  in  Nr.  2,  zusammenfallen,  und  über- 
rciclitcü  dasselbe  dem  schwedischen  Abgesandten  mit  der  Bitte, 
er  niuge  dahin  wirken,  dafs  beim  König  keine  »oöensio«  ver- 
ursacht werde. 

Raschere  Erledigung  fanden  die  übrigen  Forderuni^en  des 
schwedischen  Abgesandten,  nämlich  die  Einführung  von  Kupfer« 
münzen,  Erhebung  von  Accisgeldern,  Regelung  der  Convoy-  oder 
Geleitstaxen  und  Verstärkung  der  Garnisonen  in  den  Städten, 
damit  dem  König  im  Bedtlrfnisfalle  etwas  Kriegsvolk  abgefolgt 
werden  könne. 

Allgemein  war  man  gegen  die  Einftthrung  kupferner  Münzen, 
so  sehr  sich  aucli  Hufrat  Dr.  ALutin  Chcninit/.  l)cniuhte,  alle 
Hedenken  zu  beheben",  denn  man  war  überzeugt,  dafs  hiedurch 
die  diirc^hs  Reichsniüiuenunsvesen  162J  und  1622  geschlagenen 
Wunden  wieder  aufgerissen  würden  und  alleiniges  Vorgehen  in 
dieser  Sache  unthunlich  wäre,  dafs  vielmehr  ganze  Kreise  sich 
hierin  vergleichen  und  mit  Holland,  Frankreich  u.  s.  w.  Ver« 
handlungen  gepflogen  werden  müfsten.  Im  Übrigen  aber  mochte 
wohl  bei  allen  feststehen,  dafs  der  König  hiebei  nur  seinen 
Privatvorteil  im  Auge  habe,  d.  h,  sein  schwedisches  Kupfer  mit 
mehr  Nutzen  verwerten  wolle. 

Auch  sprach  man  sich  ge^a'n  tiie  Kiiiiuhrung  von  Accis- 
gehlern  aus,  weil  durch  eine  solche  nur  eine  l'cuerung  aller 
Lebensmittel  erfolgen  würde.  DdcIi  wurde  von  Dr.  Chem- 
nitz diese  Angelegenheit  dahin  ausgelegt,  dafs  darunter  eine 
Auflage  auf  Weine  gemeint  sei,  welche  von  einer  Stadt  in  eine 
andere  verschickt  würden.  Bezüglich  der  Convoytaxen  berief, 
man  sich  auf  das  königliche  Patent  vom  8.  Januar  1633  aus 
Mainz  und  12.  Febraar  1632  aus  Frankfurt,  worin  der  König 
bei  schwerer  Strafe  verbot,  Kaufleute  mit  ihren  nach  Frankfurt 
bestimmten  Handelswaren  aufzuhalten  oder   ihnen  etwas  mit 


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—    181  — 

Gewalt  abzunehmen,    und  des   weiteren  auf  die  Erklärung, 

welche  der  König  in  Frankfurt  abgegeben  hatte,  dafs  nämlich 
von  den  »Ordinari-Mersleuten«  nicht  mehr  genommen  wer- 
den sollte,  als  Herkommen  wäre.  Wer  aber  Convoy  nehmen 
wollte,  <U^r  hätte  für  einen  Fufssoldaten  6  kr.,  für  einen  Reiter 
10  kr.  die  Meile  zu  bezahlen.  Was  schliefslich  die  Verstärkung 
der  Garnison  und  Überlassung  von  Kriegsvolk  an  den  König 
betraf,  so  verwies  man  den  Gesandten  auf  das  Konzept  der 
Konjunktionsnotul.  Gemeint  ist  hier  wohl  die  Stelle,  in  der  es 
heilst:  Man  werde  Majestät  freie  Werbungen  in  Stadt  und  Land, 
den  Pafs  und  Repafs  in  und  durch  die  Stadt  mit  ihrem  Gebiet 
verstatten,  die  Passe,  besonders  die  Stadt,  wenn  es  die  Not 
verlange,  besetzen,  »in  summa  alles  gegen  haltung  gutter  ordre 
vnd  disciplin  thun  vnd  lafsen,  was  die  ratio  belli  erfor- 
dern möchte  c 

Hierauf  trat  man  in  Beratung  ein  über  den  zweiten  Teil 
des  Strafsburger  Ausschreibens  (»quoad  deliberationem«),  ob  die 
Städte  dem  König  zum  Frieden  raten  sollen,  wie  demselben  die 
Meinung  der  Städte  beizubringen  und  was  ihm  wegen  des  evan- 
gelischen  Wesens  an  die  Hand  zu  geben  sei. 

Nun  sehnten  sich  ja  alle  nach  Frieden.  Dafs  man  also  dem 
König  h.e/u  raten  müsse,  darüber  herrschte  volle  Kini^^keit, 

Auch  clarül)er  war  man  sicli  sofort  klar,  dafs  die  Meinung 
der  Stiidte  (uist.iv  Adolf  in  einem  Gutachten,  mit  dessen  Ab- 
fassung Strafsburg  betraut  wurde,  niedergelegt  werden  solle.  In 
diesem  Gutachten  sollten  aber  auch  all  die  Wünsche  dargelegt 
werden,  deren  Erfüllung  man  vom  König  erbofite. 

Der  Wünsche  gab  es  nun  sehr  viele.  Und  gingen  im 
einzelnen  auch  die  Meinungen  auseinander,  in  folgendem  herrschte 
Einigkeit: 

Das  Restitutionsedikt  ist  zu  kassieren;  den  Städten  dürfen 

die  »jura  territoriahax  nicht  abgesprochen  werden,  damit  sie  die 
Stifter  und  Klöster,  ausgenommen  die  reichsunmittel baren,  refor- 
mieren können;  es  ist  besonders  zu  erläutern,  dafs  die  Städte 
»Jurisdictio  ecclcsiasticai  bcsitzeu,  wie  denn  Uberhaupt  die 
Städte  in  Religionssachen  allen  übrigen  Ständen  gleichzustellen 
sind.  Vor  allem  aber  ist  ein  unparteiisches  Gericht  unbedingt 
notwendig,  und  dürfen  dem  Reichshofrat  keine  Religionsangelegen- 


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—    182  — 

heilen  mehr  tat  Entscheidung  gelassen  werden.  Daneben  hatten 
die  einzelnen  Städte  wieder  ihre  besonderen  Anliegen.  So 
hofften  die  Nürnberger  vom  König  die  Aufhebung  der  in  der 
»Teutschherrischen  Sache c  ergangenen  Urteile. 

Dies  das  Wesentliche  über  die  religiösen  Beschwerden! 

Hinsichtlich  der  Beschwerden  und  Wünsche  aber  in  poU> 
tischer  Beziehung  wurde  von  Strafsburg  vorgebracht:  Es  ist  sehr 
zu  beklagen,  dafs  der  Kaiser  die  Städte  nur  für  Patrimonial- 
gttter  hält  und  denselben  das  tjus  armorum  et  foederamc  nicht 
zugestehen  will;  die  höchste  Absurdität  aber  ist,  dafs  die  Evan- 
gelischen  »invito  Caesarisc  den  Katholiken  sich  nicht  widersetzen 
(iuilen.  Selir  notwendig  ist  die  KcrurinaUun  des  Justizwesens; 
der  kaiserliche  Reiehsliofrat  soll  künftig  nur  Rcichslchenssachen 
zu  beraten  haben  und  auch  in  solchem  Falle  evangelische  Bei- 
sitzer neben  den  katholischen  gebrauchen.  Was  die  »Kriegs- 
rekompens«  anbelangt,  so  ist  eine  solche  nur  billig,  und  können 
die  Evangelischen  wegen  der  ausgestandenen  Kriegsdrangsale 
mit  gutem  Recht  die  geistlichen  Guter  beanspruchen.  Auch 
mufs  man,  wenn  ein  Friede  zustande  kommt,  auf  Versichenings- 
mittel  bedacht  sein,  wozu  dienen  möchte:  »Das  von  den  evan- 
gelischen aine  ewige  bündnus  mit  der  kön^.  Mt  in  Schweden 
getroffen  würde,  vnd  müsten  ihre  Mt  jhederzeit  ainen  freien 
j>afs  aus  Schweden  ins  reich  haben.  Sölten  aber  ihre  Mt  sich 
im  reich  fermiren,  so  were  es  vmb  soviel  desto  bessere. 

Wie  die  Vertreter  der  Übrigen  Städte  sich  zu  dieser  letzteren 
Ansicht  Strafsburgs  stellten,  ist  aus  den  Akten  nicht  ersichtlich; 
in  den  Übrigen  Wünschen  waren  sie  jedenfalls  mit  Strafsburg 
eines  Sinnes.  Nach  Erledigung  dieser  wichtigen  Sache  traten 
die  städtischen  Abgeordneten  in  die  Beratung  über  die  Gegen- 
stände von  mehr  untergeordneter  Bedeutung  ein:  die  Lübeckische 
und  Windsheimische  Sache,  das  Kirchengebet  und  die  Anfra^^c 
Nürnbergs,  ob  der  Kurlurst  von  Sachsen  auch  von  den  übrigen 
Städten  Geld  begehrt  habe. 

Über  dieselben  war  ein  Beschlufs  rasch  gefafst. 

Den  Windsheimern  wurde  der  Rat  erteilt,  sich  gegen  den 
ihnen  zugemuteten  Revers  su  lange  als  möglich  zu  sträuben,  da 
derselbe  eine  Unterwerfung  in  sich  schliefsei  die  Städte  selbst 


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—    183  — 


aber  beschlossen,  in  dieser  Sache  beim  König  die  nötigen 
Schritte  ztt  thun  und  ihn  um  Abstellung  zu  bitten,  damit  dem 
städtischen  Wesen  »hierin  nicht  praejudictrt  werde«.  An  Lübeck 
erging  im  Namen  der  4  Städte  das  Ersuchen,  sich  an  Gustav 

Adolf  anzuschlicfseii.  Was  den  Kurfürsten  von  Sachsen  betraf, 
so  erfuhren  die  Nürnberger,  dafs  derselbe  sicli  an  ihre  Statit 
um  Hilfe  gewandt  hätte.  Die  Gebetsangelegenheit  endlich, 
welche  durchaus  nicht  so  gleichgültig  war,  als  auf  den  ersten 
Blick  erscheinen  mag,  wurde  in  der  Weise  zur  Zufriedenheit 
aller  erledigt,  dafs  man  beschlofs,  wie  bisher  auch  fernerhin  der 
evangelischen  Fürsten  in  den  allgemeinen  Gebeten  zu  gedenken. 
Denn  ein  Gebet  (Ur  Gustav  Adolf  bedeutete  ja,  wie  es  in  der 
Instruktion  der  Heilbronner  Abgeordneten  hieis,  »eine  publicam 
confessionemc,  dafs  man  dem  König  von  Schweden  gegen  den 
Kaiser  »ohne  scheu  zugethanc,  und  war  um  deswillen  bedenklich, 
sweil  hierdurc  h  selbe  syncerationes,  deren  man  sich  kays.  mayt^. 
bifsiiero  gcburlich  gebraucht,  vmbgestossen  vnd  gentzlich  auf- 
gebebt werden«. 

Damit  war  der  BeratungsstoiT  bewältigt,  und  es  wurden 
die  Sit/iingcn  am  25.  Februar  geschlossen. 

Das  Ergebnis  der  Konferenz  war  ein  solches,  dafs  der 
König  sich  nicht  zufrieden  geben  konnte.  Und  in  der  That 
äufserte  er  sich  auch  in  bitteren  Worten  besonders  Über  Nürnberg, 
von  dem  er  jedenfalls  mehr  Entgegenkommen  erwartet  hatte, 
als  in  dem  wohlverklausulierten  Entwürfe  zu  Tage  trat.  Die 
Forderungen  der  beiden  schwedischen  Abgeordneten  wurden 
meist  abgelehnt,  bezüglich  der  Kuntoderation  aber,  die  man  in 
Bälde  schliefen  wollte,  war  in  wesentlichen  Dingen  eine  Einigung 
nicht  erzielt  worden.  Die  städtischen  Abgesandten  freilich  hatten 
im  gegenseitigen  Meinungsaustausch  gröfsere  Klarheit  gewonnen, 
was  fär  Interessen  und  wie  sie  dieselben  bei  Gustav  Adolf  ver« 
treten  könnten.  Als  nächstliegendes  Resultat  der  Konferenz 
blieb  nur  der  Beschlufs,  an  den  König  baldigst  eine  Gesamt-* 
abordnung  der  4  Städte  ergehen,  sowie  durch  den  Strafsburger 
Ratskonsulenten  Dr.  Schmidt  ein  Gutachten  und  eine  Apologie 
abfassen  zu  lassen.  In  dem  Gutachten  sollte  der  König  die 
Meinung  der  Städte  erfahren,  ob  ein  Friede  zu  schliefsen  und 
wie  ihren  Beschwerden  abzuhelfen  sei;  in  der  Apologie  aber 


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—    184  — 


sollte  ausführlich  dargelegt  werden,  warum  sich  die  Städte  mit 
dem  König  verbandet  hätten.^^ 


IV.  Kapitel, 

Vom  Heilbronner  Tag  bis  zum  fränkischen  Kreistag. 

Kinflufs  der  Der  Vollzttg  der  Spesialallianz  mufste,  wenn  nicht  unerwartete 

^  vülbl'na-^  Ereignisse  eintraten,  in  Bälde  erfolgen.  Aber  noch  Ende  Februar 

iimgen  hielt  man  es  geraten  zu  zögern;  denn  die  Neutralitätsverhand« 

zwischen  lyj^ggn  zwischen  Gustav  Adolf  einerseits,  Kurbavern  und  der  Liga 

Gl!«it.TV  Adolf  *->  »  ,  CJ 

und  iior  Litfa  aiidcrscits  koiiiitcn  immerhin,  wie  geringe  Hoilaun,,  auch  bestand, 
Hilf  dm  ^^^^  unerwarteten  AusLjant:  eines  Friedens  haben.  Dann  aber  galt 
Politik.  der  Kampf  Gustav  Adolfs  nur  dem  Kaiser,  und  Nürnberg  geriet  in 
eine  durchaus  schiefe  Stellung.  Nur  gegen  die  Liga  und  nicht  gegen 
den  Kaiser  wollte  es  ja  zur  Rettung  der  evangelischen  T.chrc 
und  zur  Wiederherstellung  des  Friedens  Gustav  Adolf  die  Hand 
bieten;  stets  war  das  Verlangen  des  Rates,  dafs  beim  Abschlufs 
der  Spezialallianz  der  Kaiser  und  dessen  Erbländer  auszunehmen 
seien.  Und  im  Würzburger  Konzept,  das  noch  immer  als  mafs« 
gebend  betrachtet  wurde,  heifst  es  ausdrücklich:  iweiln  die 
päbstische  ligirte  feind,  vnterm  fürwand  kayserlichen  namens  vnd 
authoritet,  welche  soviel  vnfs  N:  N:  betrifft,  in  crafft  der  lieyl- 
samen  reichsconstitutionen,  als  der  gesambten  chur-fürsten  vnd 


Nürnberger  Kreisarchiv.  Tom.  XIV.  454—476,  Kelatio  hinc-inde 
factarum  communicalioniim,  habitarumque  dcliberationtitn  von  der  4  aas- 
•chreibendt-n  Stätten  Abgeordneten,  b«t  dem  den  6  Februarii  diücs  scheinen* 
den  1632  Jahres  ei ofTiielem  Stfittag.  'l'oni.  XV  ,  75,  Copia  Propnsitio  des 
schwedischen  Gesandten.  Tom.  XV.  So— 84,  Copia  Kesolutionis,  so  dem 
kgl.  schwedischen  Gesandten  Dienstag,  den  8.  Febraar,  crtetlt  worden.  Tom. 
XV.  84—90,  schwedische  Bundesnotul.  Tom.  XV.  91  -^qS,  städtische  Bundes- 
notul  'Vom.  XV.  98 — loo,  schrifili'  hos  Anbringen,  «io  dem  k.  Deputierten 
bei  Übergebung  des  Kapilulatiunskoozepts  zugleich  ist  zugestellt  worden. 
Tom.  XV.  100  Q.  toi,  des  kgl.  Abgesandten  Replik.  Tom.  XV.  103-105, 
der  städtischen  Ab  ;  '»rdneten  feniere  Erklärung.  Tom.  XV.  107 — in,  der 
süddeiitsehen  .XU  m'  •  Inoten  .Antwort  auf  die  vom  schw -"Hachen  Alij^eordnet en 
vt>rgebrachlen  lernercu  4  l'ropositionen.  Tum.  XV.  1 1 2  1 21,  Anbringen  de;» 
schwedischen  Abgeordneten  Dr.  Chemnitt  wegen  Einflihning  kapfener  Mflnxen. 
Tom.  XV.  134,  kg!  ne;;laubigungsschroiben  für  Dr.  Chenmitz.  Tom.  XIV. 
405,  Kopie  des  kgl.  Schreibens  an  Nürnberg  wegen  der  Friedensvorschläge 
des  Landgrafen  von  Hessen  aus  Mainz,  den  2.  Janu.ir.  Tom.  XIV.  391, 
Schreiben  des  Königs  uus  Mains  dena  Janaar  163a.  Briefbuch  1632,  fol.  77, 
Schreiben  an  die  Heilbronner  Abgeordneten  am  13.  Februar.  Ratserlafs 
am  3.  April. 


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stände  vorgeset?;tes  oljerhaupt,  ieder  zeit  vnd  in  alle  weg  aufs- 
genommen sein  solle«  uns  bedrängt  und  fast  zu  Grunde  gerichtet, 
deshalb  haben  wir  uns  mit  Gustav  Adolf  verbttndet.  Deshalb 
empfahl  auch  Dr.  Heinrich  Httlfs  in  seinem  Gutachten  über  die 
politische  Lage  am  24.  Februar:  >dafs  man  vieler  vrsachen 
halber  temporisiren  vnd  wahrnehmen  solle,  wie  es  mit  den  Neu- 
tralitetpuncten  abgehen  mögte.  Interim  bleibe  man  in  guther 
vcrfafsung,  man  certire  im  'vbrigen  de  dampo  vitando,  wecke 
nieniandt  aus  dem  schlaf,  rcservire  in  mente  alles,  was  vorzu- 
behalten ist;  imitire  hicriiinen  ettlichermafsen  die  Onspachische 
regiening  (Anmerkung);  behalte  die  offene  band  vnd  nehme 
sich  mit  kundtschafft  vnd  anderer  nachforschung  halben,  sonder- 
Uch  aber  ob  nicht  Rex  Sueciae  nur  £um  schein  biswefln  mit  den 
frantsösischen  gesandten  einen  straus  oder  Widerwillen  fUrgehen 
lafse,  in  guthe  acht«.  Die  Neutralitätsverhandlungen  waren  auch 
mit  ein  Hauptgrund,  warum  der  Rat  auch  jetzt  noch  kein 
Kriegsvülk  dem  König  überlassen  wollte,  obwohl  Krefs  geschrieben 
chatte,  man  werde  mit  der  bisherigen  Entschuldigung  nicht  aus- 
reichen und  könne  nicht  anders,  als  dafs  man,  um  Verdacht  und 
andere  Ungelegenheit  zu  vermeiden,  »das  einmal  gethane  ver- 
sprechen adimpliret. 

Doch  diese  abwartende  Stellung  konnte  Nürnberg  nicht 
länger  mehr  behalten.  Der  Kriegstanz  begann,  nachdem  die 
Waffen  eine  Zeitlang  geruht  hatten,  in  Franken  von  neuem,  und 
der  Rat  mufste  Farbe  bekennen.  Nunmehr  war  auch  das  äufser- 
lieh  friedliche  Verhältnis  mit  Bamberg  und  Bayern  nicht  mehr 
aufrecht  zu  erhalten.') 

Bereits  im  Januar  1632   wurde   in   i?aniberg   und  Bayern  Niirnb»rKs 
das  M iistrauen  liegen  Nürnberg  immer  gröfser.    Denn  man  hatte  ^  „ 

"  ^  "  Stolliiii.,'  /II 

Kenntnis  von  den  starken  Werbungen  der  Nürnberger,  ihrer  Uayem  un.i 

 .  BamlxTK. 

Anmerkung  Ansbach  halle  den  Wilrzhurj^'er  Rezi;fs  nicht  untei schrielien, 
für  den  König  biälier  nichts  geleistet,  die  Tiliy&cUe  Armee  im  NovemLier  1631 
veqirovtantiert  und  die  Wiltbarg  abgetreten.  (Tom.  XV.  373  ff.,  HOlft'  Be- 
denken am  s6.  Januar.) 

Nürnberger  Kreisarchiv,  l'um.  XVI.  fol.  i6a  und  1Ö3,  Gutachten 
des  Ratskontalenten  Dr.  Heinrieh  Httlfs.  Tom.  XVI.  160,  Erlaf«  der  Herren 
Eltern  am  ai.  Februar.  Tom.  XVI.  144  148  und  149  —  156,  («utachten 
der  Krie^'sverordneten  und  Hochgelehrten.  Katserlafs  am  19.  Februar»  Tom. 
XVI.  157  und  158. 


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Korrespondenz  mit  Schweden  und  von  Horns  Ankunft  in  Nürn- 
berg; man  kannte  den  Inhalt  eines  Briefes,  der  von  Georg 
Paumgaittner  nach  Regensburg  abgeschickt  und  in  die  Hände 
des  SchulthelCsen  von  Neumarkt  geraten  war,  welcher  nun  nichts 
Eiligeres  zu  thun  hatte  als  den  Brief,  dessen  »vberschrifft  herab- 
(gerissen  gewestc,  an  Tilly  zu  senden,  der  Regierung  zu  Amberg 
aber  eine  Kopie  zu  übermitteln. 

In  diesem  Briefe  berichtete  Paumgarttner,  dafs  Horn  am 
30/20  Januar  nach  Nürnberg  kommen  würde;  »man  vermaint,  es 
sollen  ime  1  m  mofsquetirer  von  der  statt  zugestos<;en  werdenc. 
Auch  lieferteer  von  Horn  folgende  Beschreibung:  >£r  ist  ein  ser 
sittsamer  beschaidener  herr,  mittelmessiger  Statur  vnd  ronn  von 
leib,  sieht  einem  verattnStigen  herrn  gleich«.  Fttr  Nürnberg  aber 
war  dieser  Vorgang  insofern  nicht  ohne  Bedeutung,  als  der 
Brief  sicherlich  dazu  beitrug,  in  Tilly  und  Cratz  die  nicht  mehr 
zu  erschütternde  Ül)crzeugung  hervorzurufen,  der  Rat  habe 
Gustav  Adüh'  und  Horn  mit  Truppen  und  Kriegsbedarf  ausge- 
holfen und  thue  es  noch.  Welches  im  übrigen  jedoch  die  Ab- 
machungen zwischen  Horn  und  dem  Rate  waren,  darüber  findet 
sich  in  den  Akten  kein  Aufschlufs.  Sicher  ist,  dafs  der  Rat 
ihm  bei  der  Eroberung  Bambergs  und  Höchstadts  keinen  Beistand 
gewährte;  ob  aber  nicht  unter  der  Hand  von  Bürgern  unter 
stillschweigender  Zustimmung  des  Rates  dem  Generalfeldmarschall 
Vorschub  geleistet  wurde,  ist  freilich  eine  andere  Frage.  Wie 
dem  aber  auch  sei,  bei  Tilly  galten  die  Nürnberger  als  offene 
Feinde. 

Gleich  Tilly  betrachtete  nunmehr  auch  kuriurst  Max  die 
Nürnberger  als  solche.  Noch  am  18.  Februar  hatte  er  an  Cratz 
geschrieben:  »Mit  denen  von  Nürnberg  würdt  es  sich  balden 
selber  eröffnen,  ob  man  sie  für  freunde  oder  feinde  zuhallten 
habec.  Mit  der  Abnahme  der  Sachen  ist  nichts  gedient.  Gerne 
jedoch  möchten  wir  müssen,  woher  ihnen  das  viele  Kriegsvoik 
so  häufig  zukommt.  Aller  Zweifel  aber  mochte  schwinden,  als 
Max  I.  die  Antwort  des  Obersten  Cratz  las:  »Nunmehr  vor 
äugen  vnd  sehr  wol  zuersehen,  das  die  Nürnberger  offenbare 
feindt  sein,  indem  sie  dem  feindt  ohne  scheue  mit  stucken, 
numition  vnd  \ olck  starcke  afsistenz  laisten,  wo  aber  ihnen  dafs 
vülck  so  heuftig  zuckombt,  ist  noch  zuer  xeit  schwerlich  zuerfahren«. 


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Bei  so  bewandten  Verhältoisseii  mufste  daher  auch  die 
Berufung  Nürnbergs  auf  Maximilian  I.  gegenüber  Tilly,  der  die 
zu  Günzenhausen  abgenommenen  und  nach  Lichtenau  geführten 
Nürnberger  Waren  nicht  zurückerstatten  wollte,  vollständig  ihren 

Zweck  verfehlen.  Der  Kurfürst  war  jetzt  mit  Tilly  der  Ansicht, 
dafs  man,  ohne  erst  den  erbetenen  und  erwarteten  Befehl  des 
Kaisers  abzuwarten,  die  Waren  der  Nürnl>erger  anlialten  müsse, 
da  sonst  dem  Kaiser  und  den  Katholiken  noch  mehr  Schaden 
zugefügt  würde. 

Wie  feindselig  jedoch  auch  Tillys  Gesinnung  gegen  Nürn- 
berg war,  zu  einer  Belagerung  der  Stadt,  womit  dieselbe  iür  das 
Frühjahr  1632  bedroht  war,  sollte  es  nicht  kommen.  Tillys 
Plan  war  zunächst  nur,  Bamberg  von  den  schwedischen  Truppen 
zu  säubern.  Da  ihn  aber  hiebei  der  Weg  durchs  Nürnberger 
Landgebict  führte,  so  hatte  dieses  wieder  stark  /u  leiden,  fulir 
abermals  in  die  Nürnberger  Stadtbevölkerung  kein  geringer 
Schrecken,  und  kam  es  zwischen  I'illy  und  Gustav  Adolf  zix 
einem  ungefährlichen  Wortgeplänkel.*) 

Gleich  bei  seiner  Ankunft  in  Neumarkt  am  2.  März  schrieb  Korrwpon- 
Tilly  an  den  Rat,  er  habe  eine  Anzahl  Bandelierrohre  nötig,  g^^tn 
weshalb  er  an  einen  Bürger  der  Stadt  Nürnberg  das  Ersuchen  1%  and  dem 
gestellt  habe,  ihm  solche  gegen  Bezahlung  zu  liefern.    Da  nun 
der  Rat  hiebei  nur  verrichte:  »wie  es  seine  obliegende  schuldtig- 
kheit  gegen  allerhöchstgedachter  khay.  may.  zur  befUrdemng 
dero  khriegsdiensten  erfordert«,  so  hoffe  er,  dafs  derselbe  ihm 
hiebei  behilflich   sei.    Was  jedoch  die  Sperrung  des  Handels 
betreffe,  habe  der  Rat  keinen  Grtmd  sich  r.u  beschweren.  Da 
er  dem  Generalfeldmarschaü  Horn  bei  der  Einnahme  des  Stiftes 
Bamberg  allen  Beistand  geleistet  habe,  so  müsse  er  die  Schuld 
sich  selber  zuschreiben,  dafs  die  aufgehaltenen  Waren  nicht  resti* 
tuiert  und  die  Ämter  beim  Marsche  nach  Bamberg  betroffen  würden. 

')  Münchener  Allgemeines  Reichsarchiv.  Tom.  CLXXVIII.  272,  302, 
354  und  379,  380  und  381.  Tom  LXXXIL  fol.  87.  Schreiben  des  Ubcriten 
Öatt  ausAnerbacli  in  derOberpfftls  am  S3,  Februar  an  Muximilian  I.  Tom. 
LXXXII.  fol.  413,  Schreiben  des  Kurfürsten  Max  an  Craiz  am  iS  Pebraar. 
Tom.  CLXXVI  fol  388,  Tillys  Schreiben  vom  2.  März  un  Max  I.  Tom. 
CLXXVI.  fol.  391,  Schreiben  Maximilians  an  Tilly  den  9.  Mörz.  Tom. 
CLXXVn.  fol.  393,  Maximilians  Selvdben  an  Herrn  von  Starshansen.  — 
Nürnberger  Kreisarchiv,  liriefbuch  1632,  fol.  iio»  Schreiben  an  TUljr  am 
28.  Februar.    Ratscriaf»  am  18.  Februar. 


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—    i88  — 


Hiemit  aber  hatte  Tilly  zuviel  behauptet.  Denn  die  Be- 
schuldigung, der  Rat  habe  bei  der  Einnahme  des  Stiftes 
Bamberg  dem  Generalfeldmarschall  Horn  Beistand  geleistet,  war 
thatsächlich  unrichtig. 

Der  Rat  wies  deshalb  den  unbegründeten  Vorwurf  sofort 
mit  aller  Entschiedenheit  zurück  und  bat  um  AbfUhrung  des  in 
Stadt  und  Amt  einquartierten  Kriegsvolkes  »absque  malcficiüi. 
Bezüglich  der  Bandelierrohre  aber  gab  er  die  Erklärung  ab,  dafs 
ein  Hans  Crcniarh^-r,  an  den  das  Schreiben  gericlitet  sei,  sich 
in  Nürnberg  nicht  finde.  Es  sei  wohl  ehedem  ein  ranicn 
hier  gewesen,  der  einen  Sohn  Michel  Cranich  hinterlassen  habe. 
Dieser  wolle  jedoch  das  Schreiben  nicht  annehmen,  da  er  sich 
nicht  erinnern  könne,  dafs  ihm  solche  Kommission  aufgetragen 
worden  sei. 

Allein  Tilly  blieb  bei  seiner  unrichtigen  Behauptung.  Sein 
neues  Schreiben  aus  Neukirchen  war  nichts  anderes  als  eine 

»widerholte  objectio  vnd  bezüchtigung« .  Es  sei  doch,  schrieb 
er,  notorisch,  dafs  Nürnberg  den  Feind  des  Kaisers  mit  Werbungen 
und  Kriegsvolk,  auch  Munition  und  anderem  unterstütze,  dafs 
Horn  in  Nürnberg  gewesen  sei,  dafs  kein  kaiserlicher  Oftizier 
sich  allda  blicken  lassen  dürfe,  »dafs  nit  woll  abzusehen  oder 
suverspüren,  welcher  gestaldt  solche  vnd  dergleichen  im  offenen 
tageliecht  vorhandene  sachen  zu  bemilntehi  oder  suverdruckhen 
werent.  Was  dann  die  Unterthanen  auf  dem  IJande  betreffe, 
so  seien  dieselben  so  behandelt  worden,  dafs  es  hoffentlich  su 
ertragen  sei.  Wie  der  Rat  aber  Treue  und  Gehorsam  gegen 
den  Kaiser,  wozu  er  ihn  nochmals  ermahne,  beobachte,  das 
beweise  auch,  »weihi  auch  der  pantehehr  halben,  mit  welchen 
der  handellsmann  Cronach  interessirt,  kheine  richtige  Erclerung 
ervolget«. 

über  diese  wiederholten  ungerechten  Vorwürfe  war  der 
Rat  nun  nicht  wenig  entrüstet;  doch  beschlofs  er,  vor  der  Ant- 
wort auf  dieselben  erst  den  Verlauf  der  Dinge  im  Bambergischen 
abzuwarten.') 

*)  Nürnberger  Kreisarchiv.  Tillys  Schreiben  an  iNümberg,  Tom.  XiV, 
561.  Tom.  XIV.  564,  Tilly«  Schreiben  an  einen  Bürger  Nttrabergs.  Ant^ 
wort  des  Rates,  Brief  buch  1632,  fol.  ti9.  ToBi.  XIV.  568—572,  Tillys 
Schreiben  aus  Neukirchen.  Ratserläs<;e  am  ii.  und  12,  Min.  —  Soden, 
Gustav  Adolf  ....  1.  Teil,  pag.  190  und  191. 


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—    189  — 


Inzwischen  aber  hatte  der  Rat  nichts  versäamt,  um  die  Ansahen 
Stadt  vor  drohender  Einnahme  zu  sichern.    Er  hatte  das  in  den  ^^„^"^ 
Ämtern  liegende  Kriegsvolk  wie  den  Landesausschufs  in  die  g«icen  d«n 

Feind 

Stadt  kommen  lassen,  die  Bfirgerwache  wieder  eingerichtet  und 
den  Pflegern  den  strikten  Befehl  erteilt,  alles  Getreide  aus  den 

Ämtern  wieder  in  die  Stadt  zu  schaffen.  Den  Müllern  war  der 
Auftrag  gewortlen,  andere  und  weitere  Beutel  ein/.u/,iehon  und 
von  nun  an,  bis  die  Gefahr  vorülier,  kein  weifses  Melil,  sondern 
nur  Roggenmehl  zu  mahlen;  man  bediente  sich  wie  im  November 
und  Dezember  1631  wieder  der  Rofs-  und  Handmühien,  um 
einen  grofsen  Vorrat  an  Mehl  zu  erhalten.  An  Generalfeldmar- 
schali  Horn  aber  hatte  man  alsbald,  da  die  Meldung  eintraf,  die 
ganze  Tillysche  Armee  marschiere  auf  Altdorf  zu,  einen  Eilboten 
mit  der  Bitte  abgeschickt,  Horn  möge  der  Stadt  im  Notfälle  zu 
Hilfe  eilen.  Auch  die  Schanzarbeiten  wurden  nunmehr  wieder 
energischer  betrieben.  Recht  vorwärts  war  es  damit  nie  ge* 
gangen,  wie  schon  der  Befehl  an  die  Deputierten  zum  Schanzen 
beweist,  der  denselben  einschärft,  Sorge  zu  tragen,  dafs  es  dabei 
fleifsig  hergehe  ^vnd  nicht  dafsjenige,  so  heut  gebawet  worden, 
morgen  widerumb  zu  hauffen  falle  oder  sonsten,  zu  defs  ge- 
meinen mannes  bösen  vnd  schimpflichen  nachreden,  ab-  vnd  hinweg 
gerifsen  werden  müfsec .  Denn  auch  unter  den  Bauern,  die  man  neben 
den  Bürgern  zum  Schanzen  gebrauchte,  waren  viele  faule  Gesellen. 

Tilly  dachte  jedoch,  wie  bereits  ist  erwähnt  worden,  fttr 
jetzt  nicht  an  eine  Belagerung  Nürnbergs.^) 

Schon  am  6.  März  verliefs  er  Lauf,  kam  noch  an  dem*  Kaucrikhe 
selben  Tage  nach  Neukirchen,  und  eroberte  am  9.  Bamberg.   Die  B««fcn"*m 
Stadtbevölkerung    kam   alscj  wieder   mit  dem  Schrecken  davon,  Kevwse 
schlimmer  jedoch  waren    die  Ämter  daran.     Die  Städtlein  I>auf 
und  Hersbruek   erhielten   kaiserliche  (iarnisonen   und  mufsten, 
wie  auch  Stadt  und  Universität  Altdorf,  in  einem  Reverse  dem 
Kaiser  Treue  geloben.    So  versprach  die  Bürgerschaft  von  Lauf, 
mit  der  Garnison  friedlich  zu  leben,  und  wenn  dieselbe  feindlich 
angegriffen  werden  sollte,  es  sei,  von  wem  nur  immer,  mit  ihr 
Stadt  und  Schlofs  zu  verteidigen  und  ihr  Überhaupt  so  beizu> 
stehen,  wie  sie  gegen  den  Kaiser  und  die  Generäle  es  sich  zu 

*}  Nürnberger  KreUarchiv.  Raiserlässe  am  3.,  4.,  5.,  IS.  und  17.  MSrs 

(auch  sun  26.  Februar). 


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—    190  — 

verantworten  getraue.  Sie  gelobte  nach  Abzug  der  Garnison 
1  keine  andere,  durch  was  praetext  solches  an  sie  bcc:crt  werden 
soltes,  auf/.unehmen,  nufser  wenn  es  der  kaiserliche  Kriegsdienst 
erfordere,  sondern  Stadt  und  Schlofs  selbst  /.u  beschützen,  auch 
dem  kaiserlichen  Kriegsvolke  keine  Verhinderung  zu  thun  und 
endlich  gegen  die  Benachbarten  nichts  Feindliches  vorzunehmen. 
Der  Rektor  und  die  Professoren  aber  der  Stadt  Altdorf  gingen, 
um  die  Bestätigung  der  vordem  erteilten  Salvaguardia  zu  er- 
langen, die  Verpflichtung  ein,  sich  mit  ihren  Scholaren  und 
Studiosen  dermafsen  zu  verhalten,  wie  sie  gegen  den  Kaiser 
und  dessen  Generale  letzt  vnd  ins  kilnfftig  aller  vndcrthenigst 
sich  zu  verantwortten  getrauen«. 

Nun  waren  die  Reverse  nicht  ohne  Bedeutung;  denn  ein 
Bruch  derselben  konnte  für  die  Städtlein  ein  schweres  Straf- 
gericht zur  Folge  haben,  wenn  dereinst  abermals  kaiserliche 
Truppen  in  diese  einsogen.  Dafs  aber  die  Bürgerschaft  dieselben 
zu  halten  gedachte,  kann  als  ausgeschlossen  gelten;  sie  hätte 
dies  auch  nicht  gekonnt,  wenn  es  gewollt  hätte,  denn  die  Reverse 
waren  vom  Rate  in  Nttmberg  nicht  legalisiert.^] 
Die  Machte  schon  die  abermalige  Nähe  des  Feindes  dem  Rate 

Spoziauiiiaof  jjgjng  geringen  Sorgen,  so  kam  in  den  Märztagen  1632  noch 

nnr  h  (irT 

iiciibronncr  eine  andere  Frage  in  das  letzte  Stadium,  mit  welcher  mau  sich 
Xonineiu.   g^hon  scMt  langem  eingehend  beschäftigt  hatte. 

In  Heiibronn  hatte  man  sich  mit  dem  schwedischen  Abgesand- 
ten Nicodemi  über  einen  gemeinsamen  Konföderationsentwurf 
nicht  einigen  können.  Und  in  der  That,  für  die  Städte  standen 
wichtige  Interessen  auf  dem  Spiele.  Gingen  sie  des  Konfis- 
kationsrechtes zu  Gunsten  des  Königs  verlustig,  und  stand  diesem 
das  Recht  zu,  die  in  den  Städten  liegenden  katholischen  G&ter 
zu  verschenken,  so  waren  sie  tief  geschädigt.  Deshalb  beschlossen 
sie  auch,  hierin  nicht  nachzugeben,  solange  ein  Widerstand  über- 
haujn  m(i;j:lich  sei,  und  noch  waren  die  Verhandlungen  nicht 
geschlossi-n,  so  wurde  Krcfs  von  Ileilbronn  aus  aufi^efordert, 
alles  aufzubieten,  damit  diese  Sache  zu  einem  für  Nürnberg 
günstigen  Ende  gelange. 

Nürnberger  KraiMchiv.   Tom.  XIV.  503  u.  504,  Rcven  der  Sudt 

I  a  if.  Toni.  Xl\'  490  11  491,  Revrrs  (!(?r  Universität  Alldorf.  —  Münchener 
Allgemeines  Reichsarchiv.  1  om.  CLXXVII.  fol.  453,  Revers  der  Stadt  AU> 
dorf.  —  Soden,  ...  I»  Teil,  pag.  192—195. 


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—    191  — 


Die  Erledigung  dieser  zwei  Punkte  im  Sinne  der  SUdte 
sollte  auch  eine  der  wichtigsten  Aufgaben  der  Gesamtabord- 
nung  sein.  Doch  kam  es,  sehr  gegen  den  Wunsch  Nürnbergs, 
zu  keinem  gemeinsamen  Vorgehen.  Am  1 1 .  März  waren 
die  Hochgelehrten  zu  einer  Konferenz  zusammengetreten,  um 
die  Instruktion  zu  beraten,  die  den  Delegierten  nach  Frank- 
furt an  die  Hand  gegeben  werden  sollte,  und  schon  am  12.  März 
langten  2  Schreiben  des  Abgeordneten  Jobst  Christoph  Krefs 
an,  welche  die  Sachlage  völlig  änderten.  In  dem  einen  Schreiben 
berichtete  Krefs,  dafs  Gustav  Adolf  mit  dem  Konzept  der  Allianz 
sehr  unzufrieden  sei,  dafs  Ulm  sich  seither  verglichen  habe  und 
Nicodemi  nach  Strafsburg  abgeordnet  worden  sei,  um  die  Allianz 
in  Richtigkeit  zu  bringen,  und  dafs  der  Rat  sich  jetzt  auch  nicht 
länger  mehr  aufhalten,  sondern  jemand  »cum  libcrai  an  den 
König  abordnen  solle.  In  dem  zweiten  aber  teilte  er  mit,  dafs 
der  König  auf  Nürnberg  selir  schlecht  zu  sprechen  sei  und  der 
schwedische  Rat  Sattler  ganz  bedrohliche  Reden  geführt,  ja, 
sogar  von  einem  General  gesprochen  habe,  »deme  freyes  com- 
mando  in  hiesiger  statt  verstattet  werden  soltet;  zugleich  aber 
riet  er.  man  möge,  um  Gustav  Adolfs  Ungnade  abzuwenden, 
alsobald  zur  Vollziehung  der  Allianz  abordnen  und  in  des  Königs 
Begehren  wegen  der  kupfernen  MUnzen  willigen. 

Da  war  nun  freilich  »das  Temporisirenc  nicht  mehr  an- 
gebracht. Denn  es  konnte  »ein  franck furtischer  procefs  wider 
die  herren  vürgcnommen  vnd  schwere  conditiones  vffgetrungen 
werden '..  Zu  alledem  war  Tilly  in  der  Nähe  und  eine  Belagerung 
immerhin  zu  befürchten.  Bei  wem  anders  aber  als  beim  König  konnte 
der  Rat  Hilfe  suchen  und  erhalten?  An  Krefs  erging  daher  sofort 
der  Befehl,  er  möge  den  König  bitten,  dafs  dieser  Zeit  und  Ort  be- 
nenne, wann  und  wo  die  Nürnberger  Delegierten  eintreffen  sollten.*) 

Anmerkung.  Die  Korrespondenz  zwischen  Krefs  und  dem  Rate 
erfolgte  auf  privatem  Wege.  Die  Schreiben  des  Abgeordneten  Krefs  gelangten 
nlmlieh  »11«  raent  an  NSmberger  Bflrger. 

Nürnberger  Kreisarchiv.  Tom.  XV.  138  140,  Schreiben  aus  Heil- 
two&D  an  Krefs.  Tom.  XV.  i$$f-iS9>  Rfttserlaf«  am  6.  MXrt.  Tom.  XV. 
240,  Ratserlafs  am  16.  März.  Erlafs  dti  Herren  Eltern  im  12.,  13.  und 
15.  März.  Tom.  XVI.  186  ff.,  Erlässe  der  Herren  vom  Ausschufs  am  23.  März. 
Tom.  XV.  159  u.  160,  Dr.  Herpfers  aufgesetzte  Punkte.  Tora  XV.  165—168, 
Dr.  Herpfen  Bedenken.  Tom.  XVI.  11—19,  Bedenken  der  Hochgelehrlen 
nm  II.  u*  IS.  Min. 


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—    192  — 


GoMa*  Eine  Woche  war  vordber,  und  Krefs  hatte  immer  noch 

A  ioir^zuRan  ^j^^  geantwortet.   Der  Rat  dachte  nicht  anders,  als  der  Brief 

die  Donau. 

ForirninRcn  sci  TcrloreD  gegangen,  und  Dr,  Richter  miifste  ein  neues  Schreiben 

.i,ss,iben  an  ausfertigen,  gleichen  Inhalts  wie  das  erste.    Kaum  war  jedoch 

di-n  Rat  ilcr 

frden      tlassclbc  abgegangen,  als  uiu  J3.  März  2  Schreiben  aus  Kit/.ingen 


RdduMadt 

Ntilll1j6lt{» 


eintrafen.  In  dem  einen,  das  der  König  sendete,  wurde  dem 
Rate  die  Mitteilung,  dafs  Krefs  gewisse  Forderungen  anzubringen 
habe^  in  dem  zweiten  aber,  das  Krefs  abschickte,  war  das  Ver- 
langen gestellt:  der  Rat  möge  Dr.  Chemnitz  zur  Aufbringung 
von  200000  Thalem  behilflich  sein  and  dem  König,  der  den 
Krieg  an  die  Donau  verpflanzen  wolle,  mit  3000  Mann,  4 
halben  Kattaunen  samt  Zubehör,  sowie  Munition  und  2^ug 
aushelfen. 

Diese  Forderungen  waren  nun  so  hoch,  dafs  der  Rat  nicht 

gewillt  war,  sie  Gustav  Adolf,  so  sehr  er  demselben  entgegen- 
kommen wollte  und  jetzt  auch  entgegenkommen  mufste,  im  vollen 
Umfang  zu  bewilligen.  Uorh  that  er  sein  Möglichstes,  indem 
er  sich  herbeiliefs,  1500 — 2000  Mann  zur  königlichen  Armee 
Stofsen  zu  lassen  und  die  4  halben  Kartaunen  samt  Zubehör, 
sowie  Munition  und  Zeug  zu  verabfolgen.  Krefs  wurde  davon 
alsofort  benachrichtigt  und  ihm  des  weiteren  noch  der  Auftrag 
erteilt,  den  König  wegen  der  Abordnung  abermals  um  Bestim- 
mung der  Zeit  und  des  Ortes  zu  bitten. 

Inzwischen  kam  der  König  mit  seiner  Armee  immer  näher, 
und  es  war  wahrscheinlich,  dafs  derselbe  auch  in  Nürnberg  seinen 
Kinzug  lialten  werde.  Es  wurden  daher  sehon  frühzeitig  alle  An- 
stalten zum  festlichen  Kmj)fang  desselben  getroffen.  Auch  dieMifs- 
stininuing  des  Königs  gegen  Nürnberg  war  nun  gewichen;  denn 
der  Rat  hatte  endlich  das  »Temporisiercni  aufgegeben  und  sich 
ZU  bedeutenden  Opfern  verstanden.  Dazu  gestalteten  sich  die 
Verhältnisse  fdr  den  König  immer  günstiger;  die  Allianz  mit 
Strafsburg  und  Ulm  war  geschlossen,  und  gegen  Tilly  konnten 
40000  Mann  ins  Feld  gestellt  werden.  Diese  veränderte  Stim- 
mung des  Königs  mochte  Nürnberg  auch  insoferne  zugute  kommen, 
als  derselbe  nun  nicht  weiter  mehr  auf  der  Bewilligung  eines 
Vorlehcns  liest. md,  si(  Ii  mit  2000  Mann  Nürnberger  Kriegsvolk 
begnügte  un«.l  betreffs  der  Alli;in/  sieh  nachiriebitr  /.eigto,  indem 
er  äufserte:  »es  würde  die  alliancc  nicht  viel  dicentes  bedUrtlen, 


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—    193  — 


Nürnberg  sollte  ihme  blofs  einen  revers  geben  vnd  ihrer  freundt- 
schafft  versicliern,  auch  dafs  er  allezeit  sein  retirade  dahin  haben, 
pafs  vnd  repafs  suchen  könte,  wollten  sie  dieselbe  hergegen 
sttGcurim  vnd  bey  ihren  freyheiten  manutenimc. 

Am  27.  Mar/,  traf  Jobst  Christoph  Krcfs  scll)er  in  Nürnberg 
ein,  um  dem  König  alsofort  Ikstiinnites  ühcr  die  Bewilligungen 
des  Rates  mitteilen  zu  können,  lind  so  sehr  der  Rat  sonst 
zauderte  und  handelte,  diesmal  zeigte  er  sich  freigebiger.  Kr  be- 
willigte für  die  Bedürfnisse  der  königlichen  Armee  200  Ctr. 
Pulver,  100 — 120  Ctr.  Blei,  10-- 12  Fuhren  Schaufeln,  Spaten 
und  anderes  Schanzzeug,  machte  sich  mit  200  Simra  Hafer, 
400—500  £imer  Bier,  mit  Fleisch  und  Weto  für  den  König  und 
die  Offiziere,  sowie  80000  Pfd.  Brot  gefafst.  Alle  Pferde,  welche 
in  den  Dörfern  ringsherum  zubekommen  waren,  wurden  in  die 
Stadt  gebracht;  in  der  Stadt  selber  wurden  die  Fuhrleute  mit 
ihren  Pferden  zurückgelialten;  den  Kaiitleiitcn,  welche  zur  Frank- 
furter Messe  ziehen  wollten,  riet  man  eifrig  hieven  ab,  und  man 
beschiofs,  wenn  dieselben  dennoch  fortziehen  wollten,  50 — 60 
Fuhrleute  mit  ihren  Pferden  nicht  fortzulassen.  Doch  knUpfte  man 
an  die  Bewilligungen  die  Bedingung,  dafs  dieselben  von  den 
72  Monaten  abgezogen  werden  sollten. 

Und  da  der  Einzug  des  Königs  nunmehr  als  nahezu  sicher 
galt,  so  traf  man  noch  gröfsere  Vorbereitungen  als  bisher,  um 
ihn,  den  nordischen  Helden,  so  glänzend  als  möglich  zu  empfangen 
und  zu  bewirten  und  alles  fem  zu  halten,  was  die  allgemeine 
Festesfreude  stören  könnte.  Vier  Italiener  mulsten  sofort  den 
Wirt  bezahlen  und  die  Stadt  verlassen,  Hambergern  und  Forch- 
beimern  blieben  die  Thore  vers«  blossen. 

Nunmehr  war  auch  das  Band  mit  dem  Kaiser  zerrissen  und 
der  Bund  mit  Schweden  besiegelt.') 

Noch  am  19.  Februar  hatte  Kaiser  Ferdinand  II.  dem  Dc»  Kauert 
Rate  befohlen,  dafs  von  deponierten  Geldern  und  Sachen,  so  ^'r^*"^*" 
von  Gustav  Adolf  linventirt  vnd  beschrieben  worden«,  nichts  Mm 
veräufsert  werden  dürfe.    Am  10.  März  1632  aber  wies  er  den 


Bf!»  Jissi.iili 
NiimbtTg. 


Nürnberger  Kretsarchiv.  Erlässe  der  Herren  Eltern  am  17.,  24.  u. 
38.  März.  Eriaiä  der  Herren  vom  Ausschuls  am  23.  M&rz.  RaUerlafs  am 
17.  Min.  Tom.  XVI.  Fol.  191,  Extralct  am  Kref»' Schreiben  vom  24.  März. 
»So  viel  die  vorhabende  .Mliancc  mit  Königl.  May:  in  Schweden  beiriflt*. — 
Soden,  (iu»tAv  Adolf  und  sein  Heer  ....  I.  Teil,  pag.  Sil — 219. 


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—    104  — 


Rat  auf  die  am  12,  September  1630  im  Reich  pabliderten 
»avocatori,  inhibitori  et  monitorl  Mandaten!  hin  und  auf  seine 

spezielle  Ermahnung  im  Oktober  1631,  Gustav  Adolf  keinerlei 
Hilfe  zu  leisten,  sondern  die  Armee  des  Kaisers  und  der  ihm 
getreuen  Stände  zu  unterstützen,  was  »eüre  vnderthcmVste  schul- 
digste so  offt  durch  abordnungen  mündt:  vnnd  auch  schrifttlich 
gerhümbte  deuotion<.  Er  drückte  sein  Befremden  aus,  dafs 
Nürnberg  ganz  verdächtige  und  unzulässige  Werbungen  zu  Gunsten 
des  Feindes  vornehme,  diesem  mit  Geschütz,  Munition  und  dergl. 
allen  Beistand  leiste  und  alles  unterlasse  und  verhinderei  was 
der  kaiserliche  Kriegsdienst  erfordere.  Dann  drohte  er  mit  den 
schweren  Strafen,  die  denjenigen  treffen  würden,  welcher  den 
Feind  des  Reiches  unterstütze,  verbot  aufs  strengste,  dem  König 
irgend  welche  HUle,  >es  seye  durch  waserley  wege  eswöllex,  /u 
gewähren,  befahl  alles  zu  thun,  was  zum  Abbruch  der  scliwedischen 
Machinationen  und  zur  Beförderung  des  kaiserlichen  Kriegsdienstes 
sei,  und  verlangte  schliefslich  nochmals  die  >vorhin  begerte  ent- 
liehe schriftliche  erclärungc.^) 
Antwort  d«  Antwort  auf  das  erste  Schreiben  wurde  dem  Rate  nicht 

K  .tos  auf  .Ii.-  schwer;  denn  Gustav  Adolf  hatte  nie  an  denselben  das  Verlangen 
Schrerbm.  gestellt,  deponierte  Gelder  zu  beschlagnahmen.  Die  Beschlag- 
nähme,  so  schrieb  man  dem  Kaiser,  wäre  erfolgt,  weil  die  Stadt 
bedeutende  Summen  zu  fordern  hätte;  was  bezüglich  der  Schön- 
burgischen Verlassenschaft  ja  auch  der  Fall  war.  Anders  lag 
die  Sache  beim  zweiten  k  l  ;^^  l  liehen  Ermahnungsschreiben,  welclies 
man  in  Nürnberg  allgenicin  als  Vortrab  der  Achterklärung  an- 
sah. Über  dieses  wurden  längere  Beratungen  gepflogen,  denn 
die  Abfassung  verlangte  grofses  Gescliick,  Nun  versprach  sich 
allerdings  der  Rat  von  einer  Rechtfertigung  sehr  wenig.  Allein 
er  wollte  die  Beschuldigung,  er  habe  den  Feinden  des  Kaisers  mit 
Geschütz,  Munition  u.  dgl.  ausgeholfen,  nicht  auf  sich  sitzen  lassen 
und  fürchtete  schlimme  Folgen,  wenn  er  einem  Kaiser  nicht 
antworten  würde.  Deshalb  befahl  er,  ein  Entschuldigungsschreiben 
zu  begreifen  und  die  ungerechte  Anklage  zurückzuweisen,  »ehe 
ferners  etwas  würckliches  mit  kon.  Mt.  in  Schweden  gehandelt 
werdec,  obwohl  die  Hochgelehrten  meinten,  es  dürfte  dafür  ge- 

*)  Nflmberger  Kreis«rchiv.   Brief bnch  163s,  fol.  140.    Tom.  KVI. 
33a— aas.  RaUcrIaft  und  Gntaehten  d«f  Hocbgelebit«n,  Tom.  XVI.  244—347. 

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hatten  werden,  »alfs  wenn  man  der  kay,  may.  nur  die  äugen 
damit  erfüllen  wollte,  cum  ciiigendus  habeatur  pro  dnctoc. 

Nach  AbschluTs  der  Spestalallianz  sollte  das  tScriptum 

Apologeticumc  folgen,  wanim  Nürnberg  endlich  gezwungen  worden 
sei,  >aus  der  notli  eine  tu^endt  zu  machen  vnd  sich  iiiiL  dem 
könig  in  Schweden  etwas  näher  zu  conjungirnc. 

Das  sehr  umfangreiche  Schreiben  aber,  welches  als  Datum 
den  20.  März  trägt,  in  Wirklichkeit  aber  erst  um  den  27.  ab» 
geschickt  wurde,  lautete  nach  seinem  wesentlichen  Inhalte  : 

Wir  haben  nicht  unterlassen,  unsere  Stadt  mit  Gebiet  vor 
dem  endlichen  Untergänge  zu  bewahren,  uns  und  die  Unserigen 
bei  den  hergebrachten  Rechten,  Reichssatzungen  und  Freiheiten 
noch  längere  Zeit  zu  erhalten  und  Ew.  Majestät  Mandate  und 
Schrdben,  isoviel  in  vnserm  vermögen  vnd  crttfften«,  zu  beo- 
bachten; wir  haben  auch  bisher  weder  schwedische  Ciarnison 
aufgenommen,  noch  dem  König  einen  Eid  geleistet,  *inmassen 
E.  kayscrl.  may:  vor  diesem  sonderlich  alierL,nicdigst  vnfs  erinnern 
lassen«.  Kriegsvolk,  Geschütz  und  anderer  Kriegsbedarf  ist  von 
uns  bis  jetzt  nicht  abgefolgt  worden,  und  was  die  schwedischen 
Werbungen  betrifft,  ist  »das  maiste  ausser  vnserm  gebiet  ge* 
schehenc.  Alles  jedoch  abzuwenden,  ist  »vnnfs,  denn  geringem, 
vnmöglich  gewesene ;  wie  dies  ja  auch  andere  evangelische  und 
katholische  Stände  nicht  hindern  konnten.  Denn  ein  Wider- 
stand wäre  uns  sehr  verderblich  geworden ;  wir  hätten  Garnison 
einnehmen  und  den  Eid  leisten  müssen,  oder  es  wäre  unsere 
Stadt  und  Landschaft  mit  Feuer  und  Schwert  angcdrohtcrmafsen 
eingeäschert  worden,  zumal  es  bei  den  blofsen  Drohungen  niclit 
verblieben,  »sondern  vermittelst  des  völligen  anzugs  vnd  der 
vor  äugen  geschwebten  gefahr  bereit  ein  würcklicher  anfang 
mit  grosem  vnd  der  vnserigen  schaden  gemacht  wordene.  Wir 
hegen  daher  die  Hoffnung,  Majestät  werde  uns  entschuldigt  halten, 
dafs  wir  die  Werbungen  fpro  tempore«  müssen  geschehen  lassen 
und  dadurch  gröfseres  Unheil  verhütet  haben  und  »sedem  belli 
von  diesem  creyfs  bifshero  abgewendet,  zumal  E.  kayserl.  may:, 
wie  auch  denn  ligistischen  officiern  vnd  wcrbern,  wir  die  Werb- 
ungen bey  vnfs  ieder  zeit  frcygclassen  vnd  verstnttel^. 

Von  Herzen  wünschten  wir.  dnls  dasjenige,  was  wir  bisher 
verhütet  haben,  auch  fernerhin  verhütet  werden  könnte.  Durch 

«3* 


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—    196  — 


Tfll^  feindseliges  Vorgehen  aber  sind  »die  Sachen  dahin  kommen, 
dafs  hierdurch  der  könig  in  Schweden,  sambt  seiner  groTsen 
kriegsmacht  zu  hiesiger  statt  nur  desto  mehr  gelocket  vnd  dar- 
durch  zu  anderm  vorhaben,  so  sonsten  noch  wol  hette  verbleiben 
mögen,  verursacht  wordene.  Wir  sind  daher  in  schwerer  Sorge, 
dafs  wir  fernerhin  nicht  mehr  abzuwenden  vermögen,  was  Mifs- 
güustige  Ulis  zugemessen  haben,  auf  welchen  Fall  nicht  uns  die 
Verantwortung  trilTt,  sondern  diejenigen,  welche  »vnter  dem 
praetext  E.  kayserl.  may :  allerhöchstgeehrten  namens  vnd  doch 
ohne  anweisung  habenden  befehlsc  die  Beschwerden  gegen  uns 
immermehr  gehäuft  haben. 

Wir  leben  demnach  der  Zuversicht,  Majestät  werde  An- 
ordnung treffen,  dafs  der  Friede  wieder  gebracht  werde,  und 
verfügen,  dafs  das  Tillysche  Volk  abgeführt,  der  den  Städtlein 
auferlegte  Revers  kassiert,  die  aufgehaltenen  Kaufmannswaren 
herausgegeben  und  wir  weiter  nicht  beschwert  werden.  Wir 
sprechen  zum  Schhisse  die  Bitte  ans,  Majestät  möge  ;;vngleichen 
berichten!;  keinen  (ilaul)en  scheiiKt  u  und  nicht  gestatten,  ^dal's 
wir  mit  der  vfl"  vngleiches  berichten  angedrohete  schwere  poen 
vbereylct  vnd  dem  heyi.  reich  zu  defselben  mercklichem  prae- 
juditz  entzogen  vnd  allerdings  vntüchtig  gemacht  werden.  Hier- 
durch wird  verhofifentlich  femers  anreytzen  der  königlichen 
würden  in  Schweden,  so  nunmehr  in  medituUio  imperli  mit 
grofser  heeresmacht  sich  befindet,  gegen  vnfs  verhütet  vnd  viel 
anders  grösers  vnglück  abgewendett. 

Dies  die  Rechtfertigung  des  Rates;  sie  ist  nicht  neu,  derselbe 
Gedankengang  ist  uns  S(  hon  in  früheren  Schreiben  begegnet. 
Allein  wenn  auch  das  eben  angefulirie  Schriftstück  treradc  nichts 
Neues  bietet,  SO  mag  eine  kurze  iieleui  htung  desselljcn  nicht 
ohne  Interesse  sein,  weil  sie  uns  einen  neuen  Jüeitrag  zur  Kenn- 
zeichnung der  Nürnberger  Politik  liefert. 

Vor  dem  30.  März  hatte  der  Rat  Gustav  Adolf  mit  Kriegs- 
volk, Munition  und  anderen  Kriegsbedarf  allerdings  nicht  aus- 
geholfen,  wohl  aber  Geld  und  Vorlehen  ^bewilligt  und  schwedische 
Werbungen,  wie  er  ja  zugestehen  musste,  im  Nümbergischen 
gestattet;  am  Tage  aber,  da  das  Schreiben  fortging,  hatte  man 
4  halbe  Kartaunen,  Munition  u.  s.  w.  dem  König  vcrheifsen. 
Der  Rat  steht  auch   jetzt   nicht  mehr  in  schwerer  Sorge,  er 


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—    197  — 


könne  nicht  abwenden»  was  ihm  MifsgUnstige  »zugemessene  haben, 
er  ist  dazu  fest  entschlossen.  Die  im  Schreiben  angedeutete 
Allianz  mit  Schweden  wurde  durch  Tillys  Zug  gegen  Bamberg 
und  die  Annäherung  Gustay  Adolfs  wahrscheinlich  befördert, 
denn  sonst  hätte  der  Rat  wohl  auch  jetzt  noch  »temporisiertc. 
Allein  gezwungen  war  man  zu  derselben  schon  durch  den 
Würzburger  Rczcls  am  2.  November,  und  gerade  dun  h  Tillys 
Einfall  Ende  des  Jahres  1631  war  der  Absclilufs  der  Spezial- 
allianz  hinausgeschoben  worden;  überdies  stand  der  Kntschlufs, 
dieselbe  auszuliefern,  wenn  der  König  unbedingt  darauf 
dringe,  schon  im  Oktober  1631  fest.  Wenn  es  dann  heifst, 
das  feindliche  Vorgehen  Ttll]rs  gegen  Nürnberg  führe  den 
König  herbei,  so  ist  ja  dies  in  gewissem  Sinne  richtig.  Die 
Nürnberger  selber  aber  waren  es,  welche  diesen  in  der  Zeit  der 
Gefahr  herbeilockten,  da  sie  ja  nur  bei  ihm  Hilfe  suchen  und 
finden  konnten.  Doch  im  März  1632  war  Nürnberg  nicht  emst- 
lich gefährdet;  der  König  zog  herauf,  um  den  entscheidenden 
Schlag  gegen  den  Kurfürsten  von  Bayern  und  dessen  Feldherrn 
zu  führi:n.  Einen  Kid  hatte  Nürnberg  bisher  Gustav  Adolf 
allerdings  nicht  geleistet,  es  hatte  auch  keine  schwedische  Garnison 
aufgenommen;  aber  es  hatte  sich  gegen  die  allüberall  im  Reiche 
am  12,  September  1630  publicirten  Mandate  verfehlt  und  die 
bestimmten  kaiserlichen  Ermahnungen  zurTreue  am  20.Oktober  und 
10,  März  nicht  beachtet,  und  das  wog  denn  doch  schwerer  als  die  gele- 
gentlichen Mabnworte,  die  der  Oberst  Lobel  im  Namen  seines  Kai- 
sers an  Dr.Fetzer  bei  dessen  Abschied  richtete.  Ligistische  Werber  hat 
man  jedenfalls  seit  November  163 1  in  Nürnberg  nicht  mehr  geduldet. 

Was  daim  endlicli  die  Drühun<,^en  des  Schweilenk()nii;s  anbe- 
langt, so  brauche  ich  hier  niclit  weiter  mehr  darauf  zuriick/.ukommen. 

Wahrheit  also  spricht  aus  diesem  Aktenstücke  nicht.  Allein 
diese  konnte  der  Rat  auch  nicht  sagen.  Und  so  that  er  denn, 
was  er  nach  Lage  der  Dinge  thun  konnte;  er  entschuldigte  sich,  so 
gut  es  eben  ging,  und  liefs  auch  hier  wiederum  nicht  aufser  Acht» 
dafs  schliefslich  doch  noch  der  Kaiser  siegen  könnte.') 

*)  Nürnberger  Kretsarckiv.   Briefbacb  163s,  13.  Mirt,  fol.  400.  RaIs- 

erlafs  und  Gutachten  der  Hoch^ekhrl.  n  am  24,  Mär/,  Tum.  XVI.  24  ;  2\-j. 
Tom.  XIV.  586,  Ratserlafs  und  Dr.  Richters  Gutachten.  Tom.  XVi.  321  tT. 
and  Brief  buch  1632,  fol.  140  ff.,  Schreiben  an  Kaiser  Ferdinand  II.  Erlafs 
der  Herren  vom  Autschuft  am  23.  Min.  Speualakteii  des  3ojihrigeii  Krieg«, 
S.  I,  L.  197,  Nr.  23. 


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—    1Q8  — 

Ant«^>rt  d.^         YaA  SU  gleicher  Zeit,  da  man  bei  dem  Kaiser  sich  su  recht- 

Kdtcs  auf 

Tüiyi     fertigen  suchte,  wurde  auch  an  Tilly  ein  Schreiben  abgeschickt, 
Sthrribenaus  j^},  ^ntwoTt  auf  desseD  Beschuldigungen,  mit  denen  er  von 
onterm    Ncukircheu  aus  den  Rat  überhäuft  hatte.    Der  Rat  antwortete 
6.  Mi«,   ii^er  nicht  aus  Furcht  vor  Tilly,  der  Bamberg  wiederum  in  seine 

Gewalt  bekommen  liatto,  sondern  weil  er  die  Berichtigung  Tillys, 
es  sei  Horn  alle  Hilfe  von  Nürnberg  aus  geleistet  worden,  nicht 
auf  sich  sitzen  lassen  wollte;  und  zwar  liefs  er  das  Schreiben 
^egen  den  Rat  der  Hochgelehrten  und  Kriegsräte,  welche  der 
Meinung  waren,  ein  solches  wUrde  gar  nichts  nützen,  könnte 
aber  sehr  wohl  schaden,  ausfertigen.  Furcht  brauchte  der  Rat 
ja  vor  Tilly  nicht  mehr  zu  hegen;  denn  er  wufste,  dafs  der 
König  mit  seiner  ganzen  Armee  gegen  diesen  zu  Felde  ziehe. 
In  diesem  Schreiben  iat  die  vorige  Entschuldigung  wiederholt 
und  auf  die  schlimmen  Folgen  hingewiesen,  welche  die  beharrliche 
Besetzung  der  Ämter,  die  Wegnahme  der  Handelswaren,  sowie 
andere  schwere  Bedrängnisse  und  harte  Bedrohungen  nach  sich 
ziehen  könnten.  Der  König,  so  heifst  es,  würde  dadurch  ver- 
ursacht, >mit  dero  starcken  armee  hiesiger  statt,  so  wir  biefshero, 
dem  röm.  reich  zum  besten,  vor  fernerm  vngemach  vnd  anderer 
vngelegenheit  durch  Gottes  gnad  erhalten,  ie  lenger  ie  mehr  sich 
zu  nähern,  vff  welchen  fall  dann  wir  bey  ohallerhöchstgedachter 
kay.  Mt.  vnd  der  gantzen  erbaren  weit  entschuldiget  sein,  da 
wir  etwan  zu  andern  bifshero,  Gott  lob,  verbliebenen  vnbeliebigen 
dingen  Sölten  genötiget  sein,  vnd  die  Verantwortung  den  ver> 
vrsachem,  so  erroeltekön.  schwedische  armee  durch  vbermachte 
drangsalcn  vnd  andere  anreitzungen  dieser  orten  gelocket,  vber- 
geben  haben  wollen,  defswegen  nerhst  vorbehält  aller zugelafsenen 
notturfft  hiemit  in  bester  form  be/.eugend*.  Daran  schlofs  sich 
die  Bitte,  Tiüy  möge  die  weggenommenen  Nürnberger  Kaulmanns- 
waren  herausgeben,  das  Kriegsvolk  aus  den  Städtlein  abziehen 
lassen  »vnd  also  ferners  vnheil,  so  dieser  orten  dem  röm.  reich 
vnd  sonderlich  andren  benachbarten  Stenden  zu  nachthail  ent« 
stehen  möchte,  wol  mainend  verhüten  c. 

Das  Wesentliche  in  diesem  Schreiben  war  die  Drohung 
mit  Gustav  Adolf,  welche  aber  nur  das  Sündenregister  Nürnbergs 
beim  Kaiser  vergröfserte  und  den  Kurfürsten  Maximilian  I.  noch 
mehr  gegen  die  Stadt  reizte.    Denn  kaum  hatte  Tüly  diesem 


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—    199  — 


das  Schreiben  des  Rates  zugesendet,  so  Uefs  er  davon  eine  Ab- 
schrift nehmen  und  schickte  sie  dem  Kaiser  mit  folgenden  Be- 
gleitwoTten:  Majestät  haben  ^us  der  Kopie  des  von  Nürnberg 
an  TÜly  abgegangenen  Schreibens  zu  ersehen:  »dafs  besagte 
von  Niemberg  Selbsten  den  feindt  der  orthen  hergelockht  vnd 
solcher  durch  ihr  anstiSten  sich  daherauf  begeben  habe,  daraufs 
abzunemmen,  wie  sie  gegen  euer  Mt.  vnnd  dero  getrewe  assis- 
tirende  chur- Fürsten  vnd  ständ  gesindt  seind«.**^) 

Wenn  aber  der  Rat  femer  die  Bitte  aussprach,  Tilly  möge  Fdnriiichc 
die  kaiserlichen  Garnisonen  aus  den  Städtlein  abziehen  lassen,  "° 
SO  wufste  er,  dafs  jetzt  beim  Anzüge  Gustav  Adolfs  einer  solchen  Gebiet. 
Bitte  es  nicht  mehr  bedürfte  und  nur  ein  Mächtigerer  den 
kaiserlichen  und  ligistischen  Feldherrn  hiezu  bewegen  könnte. 
Denn  alle  bisherigen  Vorstellungen  bei  Tilly  und  dem  Kurfürst 
Max  1.  waren  vergeblich  gewesen.  Max  I.  gab  zur  Antwort, 
Tilly  werde  wulil  Ursache  gehabt  haben,  in  die  Städtlein  kaiser- 
liche (larnisonen  zu  le^^en,  damit  nielit  der  Feind  sich  dieser 
Orte  bemächtigte  und  ihm  so  der  Rückweg  abgesclinitten  werde, 
«wollen  auch  nit  zweiflen,  ihr  werdet  solches  bei  angcdeüter 
beschaifenheit  (Ur  ein  notturfft  befönnden  vnnd  zu  bezaigung 
euerer  gegen  ire  kayl:  mayl:  tragender  devotion  dessen  nit  be- 
denncken  tragen,  wer  gleichwol  besser  gewest,  das  es  dergleichen 
nit  bedörfit  hetec.  Tilly  aber  höhnte,  dafs  die  Besetzung  der 
Städtlein  zu  Nürnbergs  Heile  geschehe,  was  zu  vernehmen,  dem 
Rate  allerdings  »frembd  vnd  bekümnierlich«  vorkam,  ftihrte 
bittere  Beschwerde,  dafs  ein  Quartiermeister  auf  dem  Rückwege 
von  Lauf  erschossen  worden  sei,  und  drohte  mit  scharfen  Gegen- 
mafsregeln. 

Inzwischen  brandschatzte  der  Rittmeister  Lorenz  von  Heim- 
statt die  Umgegend  von  Lauf,  indem  ihm  die  Bewohner  von 

Leinburg,    Rötenbach  und  anderen  Orten  den  Proviant  zum 

Unterhalt  der  in  Lauf  einquartierten  Soldaten  lietern  mufsten, 


Nürnberj^er  Kreisarchiv.  Tom.  XIV.  fol.  57S  u.  580,  Ratserl afs 
am  16.  Mär«  und  Gutachten  Dr.  Richters.  Tom  XiV.  585,  Ratserlafs  am 
9.  MSrt.  ErHifs  der  Herren  vom  Aussehuf«  am  9$.  Mlri.  Brief  buch  1633, 
fol  144  fr.  iTom  XIV.  5S9  fT.\  Schreiben  des  R;ites  an  Tilly.  —  Geheimes 
Staatsarchiv  in  München«  Kaiserliche  Korrespondenz,  schwarzer  Kasten 
426/1. 


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—    200  — 


und  seine  Reiter  und  Musketiere  beunruhigten  einen  grofsen 
Teil  des  Nürnberger  Landgebietes.^^) 

De«  Ksniss  Doch  iittD  kstm  Gustav  Adolf  immer  näher.  Am  30.  Män 
Anknnft  hd  seiuen  Weg  nach  Fürth,  und  als  er  in  Farrnbach  an- 

30.  Mänt.  gelangt  war,  luden  ihn  Generalmajor  Balthasar  Jakob  von 
Schkimmersdorf,  C)berst  Johann  von  Leublfing  und  iiaiis  Jakob 
Tetzel  ein,  Nürnberg  zu  besuchen.  Der  König  sagte  deo  Eintrug 
in  Nürnberg  zu  und  stellte  aulserdem  das  Verlangen,  der  Rat 
möge  200000  Pfd.  Brot  für  die  Truppen  nach  Schwabach  ver- 
schaffen, 1500 — 2000  Mann  in  Bereitschaft  halten,  den  Ofiisieren 
zur  Bezahlung  des  Mustermonats  3000  Thaler  vorschiefsen  und 
noch  dazu  über  500  kommandierte  Soldaten  abfolgen,  welche 
Forderungen  denn  auch  alsbald  bewilligt  wurden,  denn  ein  Feil« 
sehen  und  Markten  war  jetzt  nicht  angebracht.  Die  Nacht  vom 
30.  auf  den  31.  März  blieb  der  König  bei  seiner  Armee  auf 
freiem  Felde. 

Gmuv  Mittwoch,  den  31.  März,  hielt  der  König  seinen  Kinzug 

«ugia  Nürnberg,  Am  frühen  Morgen  wurden  die  9  Fahnen,  jede 
NürniH  TK  am  300  Mann  stark,  aufgeführt.  Dann  begab  sich  eine  Ratsdeputation 
ji.  Man.  ansehnlicher  Begleitung  zur  Stadt  hinaus,  um  Gustav  Adolf 
zu  empfangen,  den  sie  zwischen  8  und  9  Uhr  antraf.  Der  Zug 
ging  herein  zum  Spittlerthor  durch  die  Stadt  hindurch  hinauf  auf 
den  Egydienberg,  wo  im  Imhofischen  Hause  zur  glänzenden 
Bewirtung  des  Königs  alle  Anstalten  getroffen  waren.  An  der 
Spitze  desselben  gewahrte  man  die  Deputierten  des  Rates  und 
nach  diesen  viele  drafen,  Freiherrn,  Ritter  u.  s.  w.,  an  die  sich 
200  Reiter  schlössen.  Hernach  folgten  6  Trompeter  des  Königs 
und  ein  Heerpauker,  der  sich  durch  die  ganze  Stadt  hindurch 
hören  liefs.  Nach  diesen  wurden  des  Königs  12  Leibrosse  ge- 
führt, auf  welche  der  königliche  Hofmeister  Bernolph  von  Crails- 
heim kam.  Nach  Crailsheim  sah  man  Gustav  Adolf  selber, 
majestätisch  in  Gestalt  und  Haltung,  begleitet  von  dem  länder- 
losen König  von  Böhmen,  dem  Herzog  Ernst  von  Weimar, 
Herzog  August  von  Sulzbach  und  vielen  Rittern,  Edlen  und 


"}  Nürnberger  Kreisardiiv.    Briefboch  1632,  16.  und  a$.  Min,  fol. 
i34>  143  und  148.   Tom.  XIV.  599— S94i  Schreiben  «nTUIy.  Spesialakteo 

des  jojShrii^Tcn  Krieges,  S.  I,  L.  223.  Nr.  11. 

'"^  Nürnberger  Kreisarchiv.    ErUfs  der  Herren  Eltern   am  31.  März. 


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—  201 


Herren  samt  einer  ansehnlichen  Kavallerie  und  einer  Schar  von 
Bedienten.  Das  Ganze  beschlossen  2  Kompagnien  schwedischer 
Dragoner  mit  einem  Trompeter. 

Wohl  zierten  den  Zug  nicht  eine  Menge  Trabanten,  nicht 
die  vielen  Sänften,  Maulesel,  Kammerwägen  mit  fürstlichen,  gräf- 
lichen und  adeligen  Frauenzininieni,  nicht  eine  ansehnliche  Leib- 
garde. Nürnbert!;,  in  dessen  Mauern  die  Kaiser  so  oft  geweilt, 
hatte  manch  glänzenderen  Kinziig  gesehen.  Und  doch  hatte 
derselbe  eine  so  grofse  Menge  Volkes  aus  nah  und  fern  herbei- 
gefllhrt,  wie  kaum  ein  an(^■rer,  und  wohl  nie  war  die  Begeiste- 
rung, der  Jubel  der  Bevölkerung  gröfser  gewesen  als  bei  diesem. 
In  allen  Gassen,  durch  welche  sich  der  Zug  bewegte,  standen 
Bürger  und  Soldaten  in  voller  Rüstung;  Fenster,  Läden  und 
Buden,  ja  auch  die  Brunnen  waren  dicht  mit  Schaulustigen  be- 
setzt, und  gar  manchem  füllten  sich,  ak  er  die  Heldengestalt 
des  Königs  gewahrte,  die  Augen  mit  Freudenthränen. 

Im  Imhuüschen  Hause  angelangt,  wo  sich  der  gröfsere 
Teil  des  Rates  eingestellt  liatte,  um  bei  der  Tafel  persönlich 
aufzuwarten,  wurde  der  König  durch  Christoph  Fürer  und  Georg 
Christoph  Volkamer  empfangen  und  beglückwünscht,  und  es 
wurden  ihm  die  Geschenke  Übermacht,  die  in  Wein,  Fischen, 
Hafer,  4  halben  Kartaunen  mit  der  dazu  gehörigen  Munition, 
einem  Himmels-  und  Erdglobus,  die,  'zugleich  Trinkgeschirr,  in» 
wendig  vergoldet  und  auswendig  schwarz  eingelassen  waren,  und 
einem  Rotschimmel  bestanden.  Der  König  zeigte  sich  ob  dieser 
reichen  Geschenke  hocherfreut  und  dankte  in  einer  längeren 
Rede,  in  der  er  den  Rat  ermahnte,  fest  hei  der  evangelisc  hen 
Sache  aus/uluirren  gegenüber  dem  listigen  und  mächtigen  l'  cinde, 
dessen  Sinnen  und  Trachten  darauf  gerichtet  sei,  die  Evangelischen 
auszurotten  und  sich  der  *  Vorfahren  würdig  zu  erweisen,  die  in 
der  ganzen  Welt  berühmt  gewesen,  und  in  welcher  er  sich  auf 
den  augenscheinlichen  Schutz  Gottes  berief,  der  ihn  zu  diesem 
Werke  ausersehen  habe,  ihn,  der  Land  und  Leute  verlassen,  utp  die 
evangelische  Lehre  zu  retten  und  die  deutsche  »Libertät«  zu  erhalten. 

Vervielßlltigt  ist  diese  Rede  des  Königs,  wie  auch  die 
Beschreibung  des  Einzugs  damals  durch  den  Druck.  Auch  der 
Geschichtsschreiber  Chemnitz  und  (.  hronikenschreibcr  führen 
dieselbe  ausfuhrlich  an,   manchmal  mit  Zusätzen,  die  von  ihrer 


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~    202  — 


reichen  Phantasie  seugen.  So  läfst  Volk&mer  den  König  also 
sprechen:  Ich  suche  nicht  einen  Fufs  breit  im  Reiche  zu  ge- 
winnen oder  2tt  behalten,  sondern  wenn  alles  durch  Gottes 
Gnade  wird  versichert  sein,  insonderheit  dafs  das  Evangelium 

ohne  Anstofs  bleibe,  so  werden  ich  und  die  Meinigen  sich  wieder 

nach  Hause  begeben. 

Doch  so  selbstlos,  wie  Volkamer  ihn  sich  denkt,  war  Gustav 
Adolf  keineswegs,  und  wenn  er  auch  immer  nur  die  reh'gii)se 
Seite  seines  Feldzuges  betonte,  eine  solche  Lüge  sprach  er  sicher- 
lich nicht  aus. 

Während  der  Tafel  zeigte  sich  der  König  gans  freundlich, 
auch  sprach  er  mit  lauter  Sümme,  dafs  man  ihn  im  ganzen  Saal 
vernahm.  Und  wie  in  einer  Chronik  erzählt  wird,  hätten  die 
Offiziere  beteuert,  den  König  niemals  so  lustig  gesehen  zu  haben 
und  dafs  ihm  alles  so  wohl  geschmeckt  habe.  Doch  blieb  er, 
da  er  noch  an  demselben  Tage  nach  Schwabach  gelangen  wollte, 
nur  kurze  Zeit  in  Nürnberg.  Schon  zwischen  2  und  3  Uhr 
brach  er  wieder  auf,  nahm  seinen  Weg  /um  Hallerthüriein 
hinaus,  besichtigte  rings  um  die  Stadt  bis  zum  Spittlerthor  alle 
teils  neu  aufgebatitcn,  teils  angefangenen  Aufsenwerke  und  reiste 
dann  nach  Schwabach  weiter,  wohin  er  schon  am  frühen  Morgen 
die  Armee  vorausgeschickt  hatte,  zu  der  am  5.  April  auch  die 
bereits  erwähnten  2000  Mann  aus  Nürnberg  stiefsen.^') 

Der  Revcn  Bei  der  Anwesenheit  Gustav  Adolfs  in  Nürnberg  kam  auch 
*^      eine  Angelegenheit,  welche  dem  Rate  schon  seit  langem  viel 

G«isciirevet».  j^^pf^gj^^jj-g^j^g,,  vcTursacht  hatte,  zu  einem  gewissen  Abschlufs,  näm- 
lich die  Spezialuilianz.  Auf  die  P'.rklarung  des  schwedischen  Rates 
Sattler,  der  König  wolle  keine  >grose  wcntlautTtigkeit«,  sondern 
allein  durch  einen  Revers  der  Herren  »trcw  vnd  bestendigkeit« 
sich  versichern,  brachte  nämlich  Dr.  Richter  einen  Revers  zu 
Papier,  der  auch  die  Zustimmung  Sattlers  fand.    Tetzel  und  Krefs 


Nürnberger  Kreisarchiv.  Wills  Museum  Noricum  Nr.  I.  «Kiine 
Beschreibung  Königlicher  Majestät  Ein-  and  Abntg  in  Nürnberg,  so  geschehen 
den  21.  März  1632  (a.  Kai.)  zwischen  9  und  10  Uhr  Vor-  und  2  u.  3  Uhr 
I^achmitlag  der  kleineren  Uhr*.  Chronik.  Beschreibung  der  Stadt  Nürnberg» 
Geschichten,  die  sich  in  dem  XVII.  Seculo  ereignet  t6oi  —1670 ;  die  Volckftme« 
rische  Chronik  (Schwarz-Amberger  Noricasammlung  77  2"  u.  523  —  Hiezu 
Soden,  C]u-sl;iv  Ado!f  und  sein  Heer  in  Süd  letttschland,  I.Teil,  pag.  219-  223. 
—  WiUs  Museum  Noricum  Nr.  1$.  Chemnuz,  der  schwedisclie  in  Deutsch- 
Und  gefahrte  Krieg,  pag.  305  —  307.  —  Nttriiberger  KreisarchiT.  Erlais  der 
Herren  Eitern  «in  4.  April. 


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—    203  — 


aber  erhielten  den  Auftrag,  dem  König  nachzureiten,  ihm  die 
»Konföderationsnotulc  su  übergeben  und  sich  um  deren  Geneh- 
migung  möglichst  su  bemdhen.  Was  dann  die  72  Monate  an- 
beträfe, so  sollten  sie  sich  zu  den  hiebevor  bewilligten  73  Mo- 
naten nochmals  erbieten  und  solche  Bewilligung  auf  das  ganze 
Jahr  richten,  jc(lü<  h  dabei  ausdrücklich  bedingen,  dafs  Nürnberg 
über  dieselbe  nicht  beschwert  werden  dürfte. 

Damit  fand  denn  auch  der  von  Dr.  Richter  aufgesetzte 
Entwurf  eines  Bündnisses  seine  Erledigung.  Ich  halte  es  daher 
auch  nicht  für  geboten,  auf  das  Richterische  Konzept  näher  ein- 
zugehen, und  beschränke  mich  darauf,  aus  demselben  nur  die 
sogenannte  >  clausula  salutaris<  hier  zu  erwähnen,  weil  diese  zu 
längeren  Erörterungen  Änlafs  gab  und  bezeichnend  für  die  Nürn- 
berger Politik  ist. 

Die  eine  Hälfte  der  Hochgelehrten  nämlich,  Tüschelein, 
Hulfs,  (JUiafcii  und  Hcrpfer,  wollten  ausdrücklich  aufgenommen 
haben,  man  sei  gezwungen  worden,  sich  mit  Gustav  Adolf  zu 
verbünden,  weil  derselbe  sich  sonst  hätte  der  Statlt  bemächtigen 
können;  die  andere  Hälfte,  Richter,  Fetzer,  Hartefsheim  und 
Praun,  war  dagegen.  Die  eiAen  begründeten  ihr  Verlangen 
damit,  dafs  man  ja  den  Zwang  am  kaiserlichen  Hofe  ttoties 
quoties  contestirt  vnd  fllrgeschutzet  hättet;  die  anderen  aber 
machten  geltend,  dafs  der  Krieg  zur  Erhaltung  der  evangelischen 
Religion  und  der  deutschen  Libertät  geführt  würde  und  es  somit 
tein  seltzaro  ansehen c  hätte,  «dafs  man  bekennen  will,  man 
were  zur  beytrcttung  mit  gewallt  gezwungen  worden  x.  Und  in 
der  That  haben  beide  Ansichten  auch  ihre  Berechtigung.  Allein 
was  mufste  Gustav  Adolf  zu  einer  solclien  Klausel  sagen?  Der 
Rat  entschied  sich  daher,  von  der  richtigen  Erwägung  ausgehend, 
dafs  dieselbe  beim  Kaiser  nur  sehr  wenig  zur  Entschuldigung  dienen, 
der  König  aber  höchlich  beleidigt  würde,  für  deren  Weglassung. 

Durch  den  einfachen  Revers  aber  war  noch  manch  andere 
Klausel,  die  der  Rat  im  Hinblicke  auf  die  künftige  allenfallsige 
Verantwortung  beim  Kaiser  als  wichtig  erachtete,  hinfällig  ge- 
worden. Leider  konnte  ich  die  so  wichtige  Originalurkunde 
trotz  aller  Bemühungen  nicht  auffinden:  auch  eine  diesbezügliclie 
Anfrage  bei  verschiedenen  Archivbchr^nicn,  wie  in  .Stockhohn, 
Wien,  München  und  Bamberg,  blieb  ohne  Erfolg.    Aus  Stock- 


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—    204  — 


hülm  wurde  mir  zur  Antwort,  die  Urkunde  der  Spezialallianz  sei 
wahrscheinlich  bei  dem  grofsen  Brande,  der  im  Jahre  1697  das 
königliche  Schlofs  verzehrte,  vernichtet  worden. 

Scheint  so  das  Original  nicht  mehr  vorhanden  zu  sein,  so 
besitzen  wir  wenigstens  eine  Abschrift  der  »VersicberungsnotuU 
und  des  > Reverses c,  wie  diese  zu  Anfang  lauteten;  über  die 
kleinen  Abänderungen  freilich,  die  später  noch  erfolgten,  fehlt 
uns  ein  genauer  Aufschiuls.  Unter  dem  Beratungsstoff  des 
fränkischen  Kreistages  nämlich  finden  sich  die  »Versicherung  vnd 
reversnotul« ,  von  denen  es  heifst,  dafs  sie  »omifsis  nominibus  denn 
Nürnbergischen  gleichlautend  i ,  w  ofür  uns  auch  noch  folgendes 
bürgt:  In  der  fünften  Sit7A!ns^^  des  fränkischen  Kreistages  nämlich 
richtete  Hofrat  Dr.  Martin  Chemnitz  an  diejenigen,  welche  mit 
dem  König  »vermittelst  gewifser  revers  vnd  gegen  Obligation, 
noch  nicht  verglichen  t  die  Aufforderung,  dies  nunmehr  nachzuholen, 
ivflf  mafs  vnd  weifs,  wie  bereit  von  der  Statt  Nürnberg  geschehen, 
so  den  Anfang  gemacht«.  Auch  der  Geschichtsschreiber  Bogislav 
Chemnitz  bringt  pag.  307  und  308  den  Revers  der  Stadt  Nürn- 
berg bis  dorthin,  wo  von  den  speziellen  Verpflichtungen  die 
Rede  ist,  genau  so,  wie  er  den  Delegierten  zum  fränkischen 
Kreistage  vorgelegt  wurde. 

Ich  gebe  hier  Versicherungsnotui  und  Revers  ihrem  ganzen 
Wortlaute  nach  wieder. 

Des  Königs  Versicherungsnotui. 

Wir  Gustaff  Adolph  vonn  Gottes  gnaden,  der  Schweden, 
Gotthen  vnndt  Wenden  könig.  p 

Alfs  wir  bey  vnnfsere  dem  gemainen  euangelischen  Weesen 
zue  guet  vbemommene  expedition  mit  vniser  arm&e  p  ange- 
langet vnnd  wefsen  wier  vnnfs  zue  N.  zuuersehen,  versichert 
sein  wollen,  N.  N.  daselbsten  vnnfs  vntterthenigst  zuegesagtt 
vndtt  versprochen,  dafs  sie  l>ev  vnfs  getreulich  stehen  vnnd 
hallten,  vnnfs  vnndt  \  iisere  rron  nun  vnd  khunfftig  zu  ausführung 
des  vbernoramenen  kricgfs  nicht  alleine  nach  eüssersten  vermögen 
vnndt  in  specie  mit  einer  gewiefsen  monatlichen  Gelldthülffe 
beyspringen  vnndt  assistenz  leisten,  sondern  auch  vnnfs  vnndt 
vnnser  arm^e,  wie,  wann  vnndt  so  oflt  es  die  nohtturflft  erfordert, 
vnnd  wir  vonn  N.  begehren  werden,  eine  sichere  retirada,  neben 


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—    205  — 


freyem  pafs  vimdt  repafs  inn:  vnndt  durch  ihre  p  jheder  zeite 
verstatten,  hingegen  solliche  vnfsere  vnnd  gemeinen  euangelischen 
Weesens  feinden  versagen  vnnd  ihnen  sonsten  keinerley  weise 

vorschucb,  hülff,  noch  vortheil  thuen,  vielmehr  eüsserst  manu- 
teniren,  zu  dem  ende  bcy  antringondcr  noth  vnssere  soklatesca 
einnehmben,  die  ihrigen  aber  jhot/t  allso  forth  vnnfs  srhwehren 
lassen  vnndt  innfs  gemein  beym  werckh  erbar  vnndt  autrichtig 
sich  bezeugen  vnndt  dafs  thuen  vnnd  laisten  wollen,  wafs  vnfserer 
Icriegsdirection  gemeefs  nutzlich  vnndt  vortregUch  sein  möchte, 
alles  wetttherfs  besagtes  vnnfs  ihrer  N.  hierüber  anfsgestellten 
reversalen. 

Dafe  wir  hingegen  gedachten  N.  gnedigst  zuegesagt  vnd 
versprochen,  zuesagen  vnnd  versprechen  auch  hiemitt  in  craftt 
dieses,  dafs  wir  ihre  p  vntterthanen  vnndt  verwanthen,  wie  bifs* 

hero  allso  aiuli  noch  ferner,  nechst  befreyhung  aller  kriegls- 
prcssuren,  wieder  vnfsere  vnnd  ihre  feinrle  vor  allen  feindtlichen 
drangsahlen  vermittelst  Gottes  geneedigen  beystandtes  königlich 
defendiren  vnd  schützen,  darbey  sie  ihre  p  bey  ihres  reichs 
immedietet,  Jurisdiction  vnndt  allen  andern  rechten  vnndt  frey- 
heitten  inn  geist:  vnndt  weidlichen  sachen,  wie  dieselben  her- 
gebracht vnndt  nahmen  haben,  nichts  aufsgenommen,  gnedigst 
erhallten,  in  specie  die  einnehmung  vnnfserer  soldatesca,  welliche 
bey  obhandener  feindts  gefahr  auflT  vnnser  guetfindung  vntter 
vnfserm  directorio  geschehen  möchte,  ihnen  so  wenig  allfs  die 
pflichtte  ihrer  Soldaten,  welliche  sie  vnfs  gelaistet,  hierwiedcr 
gemeint,  noch  ihnen  vnnd  ihren  Statuten,  an  ihren  priuilegien 
praejudicirli'  h  sein  lassen,  sondern  wie  vnfser  Soldaten  inn  gueter 
disciplin  vnndt  inn  abschiag  der  V)e\villigten  contribution  auflf 
vnfsere  costen  vnterhallten,  allso  dafs  directorium  zue  ihres  stats 
conservation  führen,  so  dann  mit  Gottes  hiilffe  ihrer  bifshero 
vielfelltig  wieder  defs  römischen  reichfs  fundamental  Satzungen 
zuegefttegeten  schwehren  gravaminum  nach  vermögen  entledigen 
vnndt  ander  wettth  wiederumb  zue  gueten  auifnemen  ergetzen, 
innsonderheit  aber  auch  bey  dtefsem  zue  Gottes  ehre  vnnd  er- 
halltung  der  teutschen  libertet  inn  religion  vnd  prophan  sachen, 
dem  gemeinen  euangelischen  wefsen  im  rttmisi  hen  reich  /r.in 
besten,  wieder  dersell^cn  vcrfolgcrc  t.lni.stiii  h  lürgcnomniencn 
krieg  keinen  frieden  schlicfseo  wollen,  es  sei  dann,  dafs  er- 


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—    206  — 


melldte  p  dero  p  vnod  landschatften  sambt  allen  vnd  jeden 
ihren  angehörigen  vnndt  zaegethanen  darinnen  mit  begriffen 
vnndt  oberwehndter  ihrer  drangsahlen  vnnd  gravaminam  ent- 
lediget vndt  versichert  sein.  Zue  vrkhundt  haben  wir  difs  mit 
aignen  handen  p. 

Revers, 

Wir  bekheniicii  lucmit  öffentlich  für  viiiifs,  vnnfscre  nach- 
kliuiiimen,  Stätte,  landtschafft  alfs  der  durchleuchtigst,  grofs- 
mechtigst  fürst  vnndt  herr,  herr  OustatT  Adolph,  der  Schweden 
p  vnnfser  genedigster  khönig  vndt  herr  mit  seiner  königlichen 
armte  bey  vnnfser  p  angelanget  vnndt  wefsen  ihre  königliclie 
majestett  bey  ihrem  fUr  defs  geroainen  euangeUschen  Weesens 
wohlfarth  vbemommenen  krieg  sich  sue  vnns  vnnd  vnnseren  p 
zueversehen  hetten,  aigentlichen  versichert  sein  wollen,  dafs  wier 
demnach  zuegesaget  vnndt  versprochen,  zuesagen  vnndt  ver- 
sprechen htemitt  in  crafft  diefs  fttr  vnfs  vnndt  vnnfsere  nach- 
khomroen  bey  vnnfseren  waaliren  wortcn,  trawen  vnndt  glauben, 
an  aidts  statt,  dafs  wier  bey  höclistgedachter  ihrer  königlichen 
mayestett  getreulich  stehen  vnndt  hallten,  deroselben  vnndt  der 
Crohn  Schweden  nun  vnndt  innis  khüntTtig  zue  aufsführunge 
deis  vbemommenen  kriegfs  nicht  allein  nach  ettsserstem  ver- 
möegen  beyspringen  vnndt  afsistens  latsten,  sondern  auch  zue 
dero  Versicherung  so  wohin  fttr  sie  selbsten,  als  dero  arm^e, 
wann  vnnd  so  offt  efs  die  nohtturfll  erfordert  vnndt  sie  vonn 
vnnfs  begehren  werden,  ihre  sichere  retirata  neben  freyhen  pafs 
vndt  repass  inn:  vnnd  durch  vnsere  p  jheder  zeit  verstatten, 
hin  gegen  solliches  ihre  königliche  mayestett  vnndt  vnnfseren 
feinden  versagen,  auch  sonsten  ihnen  kcinerley  weifsc  vorschueb, 
hülffe  noch  vortheil  thuen,  viell\veni*;er  aber  ihnncn  vnnfsere 
(i  eingeben,  noch  ihre  guarnison  einnehmben:  sondern  dieselbe 
wieder  sie  mit  eUsserster  macht  hallten,  vnnd  da  die  nohtturft 
erforderte,  dafs  wegen  obliegender  gefabre  wier  ihr  königlich 
mayestett  volckh  einnehmben  würden,  weiches  dann  auff  sollichen 
fall  nach  ermefsen  ihr  königlichen  mayestett  p  vnndt  vntter 
dero  directorio  vnwaigerlich  geschehen  solle,  vnns  neben  dem- 
selben defendiren  vndt  diefsfahls  mit  gedachtter  königlichen 
soldatesca  getrefilich  heben  vnd  legen,  zue  defsen  mehrer  ver- 


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—    207  — 


sicherunge  auch  vnnfsere  aigene  solHatesra,  die  wir  ietzt  vnndt 
khunfitig  zue  vnnfser  guamisonen  haben,  ihr  konigUchen  inayestett 
neben  vnnfs  mit  aidte  verpflichtet  sein  lafsen. 

Dann  auch  in  specie  ihr  königlichen  mayestett  p  monath- 
Itch,  so  lange  der  krieg  wehret,  so  viel  monath  einfachen  römer« 
zuegfs,  allfs  sich  ihr  königliche  mayestett  p  mit  dem  fränckischen 
craifse  khunfftig  vergleichen  wird,  nach  der  reichfs  matricul  gegen 
gebührender  quittung  allhier  inn  Nurmberg  an  gueter  gangbalirer 
wehrung  aus  zehllen  vnndt  erlegen  vnndt  innfs  gemein  im  werekli 
erbar  vnnd  auffrichtig  bezeugen,  thuen  vnndt  leisten  wollen,  was 
ihr  königlichen  mayestett  kricgsdirection,  dem  gemainen  euange- 
lischen  weesen  im  reich  zum  besten,  nützlich  vnndt  fUrtreglich 
sein  würdt,  dafs  jhenige  aber,  wafs  wier  vber  vnnfsere  ordinär! 
guarnison  an  volckh  selbsten  vntterhallten  oder  khunütig,  da 
der  feindt  vnnfserer  p  anfechten  würde,  auflf  der  königlichen 
mayst.  soldatesca  verwenden  oder  anderer  kriegsnohtturflTt  vonn 
geschütz,  munition,  proviant  vnndt  dergleichen  ihr  königlichen 
mayestett  darschiefsen  würdten,  soll  jheder  zeit  gebührlichen 
defalcirt  vnndt  abgezogen,  auch  sonstcn  alles  dafs  vnnfs  kcjnig- 
li("h  gehii'^tft  werden,  worziie  sich  liöidistgedachtc  ihre  konigliclu^ 
mayestett  inn  ihrem  aufsgestellten  revers  sub  dato  im  königlichen 
hauptquartier  N.  genedigst  erbotten  vnd  anhaifsig  gemacht  haben. 
Zue  vrkhundt  p. 

Beendet  jedoch  waren  damit  die  Verhandlungen  über  die 
sogenannte  Speziatallianz  noch  nicht.^*) 

Zu  gleicher  Zeit  kam  auch  die  »Rekompenssachec  ins  Schenkimg«« 
Reine.  Am  15.  April  brachten  Tetzel  und  Krefs  die  in  Nord- 
heim  am  9.  April  ausgefertigte  Schenkungsurkunde  zurück. 
Nürnberg  gelangte  hiedurch  in  den  Besitz  des  Deutschen  Hauses 
samt  all  dem,  was  auf  dem  i.ande  hiezu  gehörte,  erhielt  alle  in 
im  grofsen  Gebiete  der  freien  Reichsstadt  befindlichen  Güter 
des  Feindes  zugesprochen,  wurde  Herr  aller  Bambergischen  und 
Dompröpstischen  Unterthanen  zwischen  den  3  Wassern  Rednitz, 
Schwarzach  und  Schwabach,  die  nun  ihren  Zehent  nach  Nürnberg 

**;  Nürnberger  Kreisarchiv.  Katserlafs  am  i.  April.  Tom.  XVI. 
300,  Ratserlafs  am  30.  Hin.  Tom.  XVI.  207  ff.  Bedenken  der  Hoch- 
gelehrten Tom.  XVI  211  ff.,  Dr.  Richters  aufgesetzte  Konföderationsnotul. 
Tnm.  XVI.  391  tT ,  394  ff.,  400  ff,  404  ff.,  Uer  Revers  unter  dem  Beratungs- 

slotT  des  fränkischen  Kreistages. 


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—    208  — 


liefern  mufsten,  und  bekam  Aussicht  auf  alle  Gerechtsame,  welche 
bisher  den  beiden  Brandenburg  zustanden;  denn  Gustav  Adolf 
versprach  ausdrflcklich,  allen  Emflufs  bei  den  brandenburgischen 
Häusern  geltend  zu  machen,  dafs  diese  auf  die  beanspruchten 
Rechte  zu  Gunsten  Nürnbergs  verzichteten.  Es  hatte  somit  er- 
reicht, was  es  schon  seit  längerem  anstrebte. 

(lerade  die  2  Forderungen,  auf  welche  man  städtischerseits 
in  Heilbronn  das  gröfstc  Gewicht  gelegt  hatte,  das  Konfiskations- 
recht und  damit  verbunden  die  Erwerbung  der  in  der  Stadt 
gelegenen  und  dem  Feinrlc  geht)rigen  Güter  waren  ihm  bewilligt 
worden.  Der  Herd  der  Verschwörung,  als  welcher  das  Deutsche 
Haus  galt»  war  aufgehoben;  denn  mit  der  Besitzergreifung  des 
Rates  konnten  auch  der  Hauskommentur  und  die  zwei  Kapuziner 
nicht  länger  mehr  in  Nürnberg  bleiben.  Sie  verliefsen  daher 
auch  in  der  Nacht  vom  3.  auf  den  4.  April,  begleitet  von  einem 
Trompeter  und  einigen  Musketieren,  die  Stadt.  Denn  noch 
bevor  die  Schenkungsurkunde  ausgefertigt  wurde,  am  3.  April, 
verfügte  sich  der  Hofrat  Dr.  Martin  Chemnitz  mit  Notar  und 
Zeugen  ins  Deutsche  Haus,  nahm  das  bisher  dem  Deutsciien 
Orden  anvertraute  und  zum  Nachteil  des  Rates  geführte  Siegel, 
alle  Dokumente,  Privilegien  und  Saalbücher  in  Beschlag,  liefs 
ein  genaues  Verzeichnis  aller  Mobilien,  sowie  der  nach  Ellingen 
geflüchteten  Rechnungen  und  Amtsbücher  aufnehmen  und  liefs 
Thüren,  Truhen  und  Schränke  verschliefsen.  Alsdann  erschien 
er  mit  einem  grofsen  Bund  Schlüssel  im  Rate,  setzte  diesen  in 
den  Besitz  des  Deutschen  Hauses  ein  und  erklärte  die  darin  be- 
findlichen Gelder  und  Wertsachen  im  veransrlilagtcn  \\  erte  von 
9833  fl.  1')  kr.  als  dem  König  verfallen,  wovon  in  Abrechnung 
kommt,  was  l'r.  Chemnit;^  und  sein  Hiener  mitnahmen. 

Allein  so  recht  froh  sollte  der  Rat  der  neuen  Schenkungen 
nicht  werden.  Denn  es  war  an  dieselbe  die  leidige  Bedingung 
geknüpft,  Nürnberg  habe  hiefür  100000  Thaler  resp.  150000  fl, 
zu  bezahlen,  und  dann  war  der  neue  Besitz  ein  durchaus  un- 
sicherer; nur  bei  einem  vollständigen  Siege  Gustav  Adolfs  konnte  - 
man  hoffen,  in  demselben  zu  bleiben.  Auch  das  Mifstrauen  und 
die  Abneigung  zwischen  Nürnberg  und  den  beiden  branden- 
burgischen  Häusern  wuchs  noch  mehr^  statt  sich  zu  mindern-, 
denn  Ansbach   und   Bayreuth  wollten,  wie  wir  in  der  Folge 


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—    209  — 


erfahren  werden,  nicht  ein  Jota  von  ihren  Rechten  aufgeben. 
Bezeichnend  für  die  Gesinnungen,  die  man  gegen  einander  hegte, 
ist  folgender  Vorgang:  Am  17.  März  schrieb  Dr.  Heher,  der 
frQher  in  Narabergs  Diensten  gewesen,  mit  dem  Beginn  des 
Jahres  1632  aber  Beamter  des  Königs  geworden  war,  Gustar 
Adolf  habe  auf  Betreiben  des  Markgrafen  Christian  der  Regierang 
in  Wttrzburg  befohlen,  dafs  sie  dem  brandenburg Ischen  Rate 
Agricola  die  im  letzten  markgräflichen  Kriege  zu  Plassenburg 
gelegenen  und  ins  Würzburger  Archiv  gebrachten  Dokumente 
und  Akten  hesii  htigen  und,  was  Brandenburg  gehörig,  nach  der 
Flassenhurg  schaffen  lasse.  Nun  sei  seine  Meinung,  der  Mark- 
graf wolle  nur  die  zwischen  Nürnberg  und  den  verbündeten 
Stiftern  bestandenen  »arcana  vnd  andere  secreta«  erforschen. 
Dies  könnte  aber  die  bisherigen  Differenzen  nur  erneuern  und 
dauernd  machen,  wie  er  sich  durch  einen  oberflächlichen  Ein- 
blick in  die  Akten  Oberzeugt  habe.  Daraufhin  erging  an  Dr. 
Heher  sofort  das  Ersuchen,  er  möge  sich  angelegen  sein  lassen, 
»wann  je  diefse  inspectio  documentorum  nicht  gahr  verhindert 
werden  khöndte,  dafs  doch  die  acta  der  damahlfs  gewefsener 
dreyer  bundtständtc  ad  interim  beyseithfs  gethan  werden  vnnd 
deren  perlustratio  ihme  Agrirolae  nicht  gedeyen  mogtec.  In 
der  I  hat  wufste  auch  Dr.  Heher  zu  verhindern,  dafs  Agricola 
Einsicht  in  den  Akten  bekam. 

Natürlich  mufste  sich  auch  das  Verhältnis  zu  den  katbo> 
lischen  Staaten  und  im  besonderen  zu  Bamberg,  mit  dem  man 
bereits  im  März  wieder  auf  denselben  Standpunkt  geraten  war, 
den  man  im  November  und  Dezember  1631  eingenommen  hatte, 
noch  mehr  verschlechtem.  Denn  alle  dem  Feinde,  also  auch 
Bamberg,  zugehörigen  Güter  im  ganzen  Gebiete  der  freien  Reichs- 
stadt Nürnberg  waren  nunmehr  dem  Rate  verfallen,  und  die 
bislier  bambergischen  Unterthanen  /.wischen  den  3  Wassern 
mufsten  diesem  huldigen.  Und  der  Rat  säumte  auch  ni(  lit,  seine 
neuen  Rechte  geltend  zu  machen.  Der  Dumpröpstische  Kastner 
Joliann  Prager  durfte  kein  Getreide  verkaufen,  auch  vom  Gelde, 
das  er  gelöst  und  in  Händen  hatte,  ohne  Erlaubnis  des  Rates 
nichts  weggeben.  Man  legte  den  bambergischen,  eichstädtischen, 
ebrachischen  und  anderen  Verwaltern  tvermittelfs  anglobens  an 
aydtstatt«  auf,  weder  Getreide  noch  etwas  anderen  abzufolgen, 

14 


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—    210  ~ 


liefs  ein  genaues  Verzeichnis  (Irr  fciiuilirlu-n  Clüter  herstellen  und 
den  Depositären  den  Schwur  abnehmen,  dafs  sie  alles,  was  dem 
Feinde  zugehörig,  in  strenger  Verwahrung  halten  würden.  Der 
Hauptmann  Michel  Imhoff  aber,  welcher  hatte  verlauten  lassen, 
ein  kaiserlicher  Oflizier  hfttte  in  der  Stadt  20000  Thaler  liegen, 
erhielt  die  Aufforderang,  bei  seinem  Eide  »in  hechster  geheim 
vnd  vertrauen  c  nähere  Auskunft  zu  geben,  t  damit  man  sich 
derselben  bei  diefser  geltklemb  gebrauchen  möge«.  Wie  hoch  sich 
übrigens  der  Wert  der  feindlichen  Güter  belief,  die  man  zum 
Teil  sich  sofort  anzueignen,  zum  Teil  aufzubewahren  tredachte, 
iSfst  sieh  nicht  bestimmen.  Der  Wert  der  geflurhteteu  Güter 
wenigstens  sc.heint  nicht  zu  hoch  gewesen  sein.  Denn  in 
einem  Ratserlafs,  aus  dem  allerdings  der  Ärger  über  die  be- 
gehrte Summe  von  150000  fl.  sprechen  mag,  heifst  es,  man 
solle  schlüssig  werden,  ob  man  dem  König,  welcher  »solche 
geflehnete  gütter  vber  die  mafsen  hoch  aestimirn,  gegen  er- 
lafsnng  oder  moderation  obbertthrter  starcker  gelltsummen  ledig- 
lich cedirn  vnd  vbergeben  wolle«. 

Dazu  kam  noch,  dafs  an  Nürnberg  immer  gröfserc  An- 
forderungen gestellt  wurden.  Dies  sollte  der  Rat  gerade  jetzt 
wieder  auf  dem  fränkischen  Kreistage  erfahren. ^'^j 


V.  Kapitel. 

Vom  fränkischen  KreivStage  bis  zur  Ankunft  Gustav 

Adolfs  im  Juni  1632. 

m 

Der  fränkische  Kreistag  fand  statt,  damit  endlich  auch  der 
ganze  Kreis  »mit  ihrer  königlichen  würden  richtig  werde«,  die 

Mittel,  welche  zu  Würzburg  dem  König  von  einem  Teil  der 
fränkischen  Kreisstände  bewilligt  worden  waren,   nunmehr  auch 

Nürnberger  Kreisarchiv.    R.userlime  am  27.  und  3a Min,  4.,  6., 

15.  und  22.  April  und  am  8.  Mai.  Erlässe  der  Herren  Eltern  am  31.  März 
und  I.  April.  Erlafs  der  Herren  vom  Auuichufs  am  10.  April.  Tom.  XVX. 
37s  und  373.  Kopie  des  köniflichen  Donattonsbriefes.    Spezialakten  des 

30jährigen  Krieges,  S  I,  L.  220,  Nr.  15,  Bedenken  d.-r  Hochgelehrten.  S.  I, 
L.  220,  Nr.  15,  l>elr  Anfrage  an  Michel  ImholT.  —  Soden,  (iusl.iv  Adolf  un  l 
sein  Heer  in  Siidiieuiscliland,  I.  Teil,  pag.  230  -233.  —  Murr,  Beiiriige  zur 
Geschichte  des  30j£hriKeii  Krieges. 


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—    211  — 


von  den  übrigen  nachträglich  genehmigt,  sowie  die  Lasten  fest- 
gesetzt würden,  die  jeder  Kreisstand  künftighin  tragen  miifste. 
Die  £röffnung  desselben  ging  am  Freitag,  den  33»  April,  vor 
sich.  Er  war  beschickt  von  Coburg,  Henneberg,  Erbach,  Wert- 
heim, Schweinfurt,  Bayreuth  und  Nürnberg.  Die  Stände  hatten 
teils  ihre  eigenen  Vertreter  gesandt,  teils  liefsen  sie  sich  durch 
andere  vertreten.  NOmberg  ordnete  zu  demselben  Christoph 
Volkamer,  Hans  Christoph  Tucher  und  Dr.  Georg  Richter  ab; 
als  Abgesandte  des  Königs  fanden  sich  Dr.  Martin  Chemnitz  und 
Wolf  Dietrich  Truchsefs  von  Wetzhausen  auf  Sternberg  ein.  Graf 
Kraft  von  Hohenlohe,  welcher  ursprünglich  bestimmt  war,  Gustav 
Adolf  zu  vertreten,  erschien  nicht,  es  lief  viel  mehr  im  Laufe  der 
Verhandlungen  ein  Krediüvschreiben  auf  Dr.  Martin  Chemnitz  ein. 

Die  erste  Sitzung  machte  die  fränkischen  Kveisdelegierten 
mit  dem  bekannt,  was  der  König  von  ihnen  erwartete.  Die 
Anforderungen  aber,  welche  an  dieselben  gestellt  wurden,  waren 
keine  geringen.  Es  sollten  1.  diejenigen  Stände,  welche  sich 
noch  nicht  verglichen  hatten,  dies  in  Bälde  nachholen.  2.  Es 
sollte  Abreclmung  ;,^ehalten  werden  über  die  früher  bewilligten 
und  teilweise  be/.ahlton  7  2  Mon;ite,  wobei  jedut  ii  bis  zum  Ent- 
scheid des  Königs  ausgcsct/,t  blieb,  o!>  hiebei,  was  an  Geld,  Brot, 
Wein,  Bier,  Fleisch,  Hafer,  Munition  u.  s.  w.  vorgeschossen  worden 
war,  von  der  bewilligten  Kontribution  abgezogen  werden  sollte. 
3.  Die  Stände  sollten  sich  entscheiden,  ob  und  wie  kupferne  Münzen 
einzuführen  seien,  4.  wie  man  die  in  feindlicher  Gewalt  befind- 
lichen Orte  des  Kreises  befreien  kdnne  und  5.  wieviel  jeder 
Stand  Soldaten  hiezn  stellen  wolle.  Sie  sollten  6.  angeben,  was 
an  Munition,  Proviant  und  anderen  Kriegsbedttrfnissen  bei  ihnen 
vorhanden  und  brauchbar  sei,  7.  die  Beschwerden  über  die  Sol- 
datesk.i.  anbringen,  damit  denselben  abgeholfen  werden  könne, 
8.  sich  um  Salvaguardien  melden  und  Q.  sirh  darüber  erklären, 
wie  es  mit  dem  Ankauf  der  abgenommenen  Pferde,  des  Rind- 
viehes und  anderer  Waren  zu  halten  sei.  Sie  sollten  ferners 
eine  neue  Kontribution  von  1 2  einfachen  Kömerzügen  im  Monat 
entrichten,  also  doppelt  soviel,  als  in  Wttrzburg  festgesetzt  worden 
war,  und  dem  Obersten  Wolf  Dietrich  Truchsefs  die  Mittel  zur 
Eroberung  Kronachs,  Forchheims  und  der  Stadt  Bamberg  liefern, 
die  ganz  bedeutend  waren.    Weitaus  die  gröfsten  Opfer  aber 


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—    212  — 


verlangte  noch  tlie  Kr<)l>«Tiing  der  starken  Festung  Dorchheim, 
und  diese  sollte  Nürnberg  allein  bringen. 

Nun  war  der  Rat  bereits  unterrichtet,  dafs  ihm  neue  Lasten 
aufgebürdet  werden  sollten.  Denn  der  König  hatte  am  4.  April 
aus  Monheim  an  denselben  geschrieben»  er  habe  Wolf  Dietrich 
Tmchsefs  beauftragt,  dafs  er  ein  corpus  susammenbringen  und  Forch- 
heim angreifen  solle,  und  mit  dieser  Mitteilung  zugleich  die  Hoff- 
nung ausgesprochen,  Nflmberg  werde  Tmchsefs  aufsein  Erfordern 
ein  paar  tausend  geworbene  Soldaten  zuschicken  und  sonst  mit  dem, 
was  zur  Belagerung  nötig,  aushelfen,  da  es  de  t  Soldaten  in  der  Stadt 
nicht  bedürfe,  sondern  vns  damit  ohne  einzige  eure  gefalir 
afsistirn  könnet,  an  matehalien  vnd  kriegsberaitschatt't  aber  zum 
vberflufs  versehen«.  Eine  Überraschung  also  konnte  diese  so- 
genannte Truchsessische  Forderung  nur  bezüglich  ihrer  Höhe 
bringen.  Und  in  der  That  war,  was  Nürnberg  leisten  sollte, 
sehr  viel  und  stand  in  keinem  Verhältnis  au  dem,  was  von  den 
übrigen  Ständen  begehrt  wurde.  Tmchsefs  verlangte  nämlich 
6  halbe  Kartaunen,  womnter  allerdings  auch  jene  4  waren, 
welche  die  Stadt  dem  König  zum  Geschenk  gemacht  hatte,  und 
2  Mortiers;  aafserdcm  160  Ctr.  Pulver,  30ü  Ctr.  Lunten,  200 
Musketcnkugeln,  300  Pferde  zur  Artillerie  und  das  nötige  Schanz- 
zeug. Nürnberg  sollte  dies  selbst  nach  Forciiheini  schatTen,  den 
Zeiigmeister,  sowie  Personen  zum  Minieren,  Petardieren  und 
Feuerwerken  stellen,  als  Proviant  für  das  Kriegsvolk  die  in  der 
Stadt  liegenden  Vorräte  an  Getreide,  welche  der  Dompropstei 
Bamberg,  dem  Kloster  Ebrach  und  dem  deutschen  Orden  ge- 
hörten, verwenden,  auch  alle  GeldgeßtUe  derselben  imd  Überdies 
noch  die  im  deutschen  Haus  vorhandene  Barschaft,  welche 
übrigens  bereits  Chemnitz  mitgenommen  hatte,  hiezu  beigeben. 

Wie  sehr  daher  auch  die  KrohiTung  Furchheiins  gerade  in 
Nürnbergs  Interesse  lag,  an  eine  Pcwilligung  der '1  ruchsessischen 
Fordeningen  war  nicht  zu  denken.  Wolf  Dietrich  Truchsefs  wurde 
von  den  Nürnberger  I^elegierten  zur  Antwort  man  könne  zwar 
eine  bestimmte  Erklärung  nicht  abgeben,  da  Hohenlohe  noch 
nicht  angekommen  und  sie  ungenügend  instmiert  seien,  doch  könne 
Nürnberg  unmöglich  leisten,  was  von  ihm  gefordert  werde.  Daraufhin 
liefs  Truchsefs  die  Sache  fallen  und  beschränkte  sich  darauf,  den 
Beistand  der  Stände  zur  Eroberung  der  anderen  Plätze  zu  erwirken. 


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—    213  — 


Nicht  viel  besser  als  Wolf  Dietrich  Trucbsefs  erging  es 
Dr.  Martin  Chemnitz*,  auch  er  erreichte  für  seinen  König  sehr 
wenig.  Von  seinen  5  Forderungen,  in  welche  er  Se  ursprüng- 
lichen 9  zAisammengczogen  hatte,  wurde  nur  die  erste  Forde- 
rung, dafs  diejenigen,  welche  sich  mit  Majestät  vermittelst  Re- 
verses und  Obligation  noch  nicht  verglichen  hätten,  dies  »vff 
mafs  vnd  weifs,  wie  bereit  von  der  statt  Nürnberg  geschehene, 
thun  sollten,  zu  seiner  Zufriedenheit  erledigt.  Die  Stände  gaben 
nämlich  die  Erklärung  ab,  sie  wtttden  die  »Notul«  ihren  Herren 
einhändigen,  worauf  diese  sich  also  vernehmen  lassen  wUrden, 
dafs  der  König  befriedigt  sein  könnte. 

Bezüglich  der  ttbrigen  4  Forderungen  aber  zeigten  sich 
die  Kreisstände  sehr  zurückhaltend;  dieselben  blieben  mehr  oder 
minder  in  der  Schwebe.  So  versprach  man  nur,  dem  König, 
welcher  wollte,  dals  sämtliche  Stande  Frankens  die  von  der 
freien  Reichsstadt  Nürnberg  und  der  Markgrafschaft  Bayreuth- 
Kulmbach  am  2.  November  in  Würzburg  bewilligten  7  2  Monate 
in  Bälde  entrichteten,  Bericht  zu  erstatten  darüber,  was  der  eine 
oder  andere  Stand  bereits  bezahlt  hätte. 

Betreffs  der  Einführung  kupferner  Münzen  verwies  man 
Dr.  Chemnitz  auf  das  Unheil,  welches  das  Kupfermünzwesen 
1622  verursacht  hatte,  betonte,  dafs  ohne  Zuthun  anderer  Kreise 
schwerlich  etwas  zu  machen  sei,  und  erbot  sich  schliefsUch,  fleifsig 
nachzusinnen  und  dann  zu  berichten,  was  man  thun  wolle. 

Gegen  die  Bewilligung  vun  12  einfachen  Römerzügen  im 
Munat,  auf  welcher  Cliemnitz  fest  bcharrte,  wehrte  man  sich  mit 
aller  Macht,  da  ja  die  meisten  Unterthauen  *inn  grundt  ruiniret«> 
den  übrigen  aber  zu  schwer  talien  würde,  die  Kontribution  allein 
zu  tragen,  wozu  dann  noch  die  fortwährenden  Überfälle  aus  dem 
Bambergischen  kämen  und  dafs  tauch  bifshero  vonn  ihrer  könig» 
liehen  mayestett  in  Schweden  soldatesca  selbst  bey  denen  evan- 
gelischen solliche  insolentien  vnnd  exorbitantien  vorgangen  vnnd 
noch  verübt  werden,  dafs  herrschaft  vnndt  vnttherthanen  endt- 
lichen,  wo  solliches  nicht  abgeschaffet,  inn  eufse^ste  armuth  ge» 
stürtzet  würden«.  Doch  licfs  man  sich  endlich  zu  8 — 0  Monaten 
unter  der  Bedingung  licrbci,  dafs  die  Beschwerden  der  Stande 
Abhilfe  fänden  und,  was  man  zum  Unterhalte  der  Soldateska 
und  in  andere  Wege  darschiefse,  von  der  Kontribution  abgezogen 


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—    214  — 


würde,  und  sprach  zugleich  die  Hoffnung  aus,  dafs  auch  die 
katholischen  Orte  im  Kreise,  deren  sich  der  König  bemächtigt, 
zur  Beisteuer  herangezogen  wUrden.  Eine  bestimmte  Erklärung 
sollte  Gustav  Adolf  auch  Uber  diesen  Pimkt  innerhalb  3 

Wochen  erhalten. 

Über  die  4.  Forderung  endlich,  man  möge  das  Landvolk 
in  eine  gewisse  Verfassung  stellen  und  die  Mittel  an  die  Hand 
geben,  wie  Forchheim  in  Bälde  okkupiert  und  eingenommen 
werden  könnten,  ging  man  eine  bindende  Verpflichtung  nicht 
ein,  wie  sehr  man  auch  die  Einnahme  dieser  Orte,  besonders 
Forchheims  wünschte,  von  dem  es  hiefs:  tes  würde  in  keiner 
historien  geglaubt  werden,  dafs  der  einzige  ortt  einem  gantzen 
creyfs  so  beschwerlich  zusetzen  soltec.  Bian  versprach,  nur  zu 
thun,  iwafs  immer  müglichen,  auch  deCs  craifses  vnnd  eines 
jheden  stanndes  nutzen  vnnd  selbst  algene  wohlfartt  erforderte, 
und  hielt  damit  den  fränkischen  Kreis  auch  fernerhin  in  grofser 
Unsicherheit. 

Einen  weiteren  Gegenstand  der  Beratung  bildete  die  Stel- 
lungnahme zur  königlichen  Ernennung  des  Grafen  Kraft  von 
Hohenlohe  zum  Generalstatthalter  und  Oberkommandanten  im 
fränkischen  Kreis.  Schon  am  7.  März  teilte  der  König  aus 
Frankfurt  dem  Markgrafen  Christian  Hohenlohes  »bestallung  vnd 
authortsirungc  mit,  indem  er  schrieb:  Wir  haben  den  Grafen 
Hohenlohe  zum  Generalstatthalter  und  Oberkoramandanten  im 
ganzen  fränkischen  Kreis  bestellt,  lihme  gnädigste  commission 
gegeben,  dafs  er  vnsem  kriegsstatt  dirigiren  vnd  alles,  was  zu 
haltung  guter  disciplin,  ordre  vnd  Justiz:  (doch  einem  jedwedern 
standt  defs  fränckischen  craifses  an  seiner  Jurisdiction  vnd  des- 
selben geruhigem  vnpracjiuiirirlich),  auch  abstelliing  der  bisher 
verübten  desordre  vnd  enormen  excessen  dienlich,  in  acht  nehmen 
vnd  zu  werck  richten  soll  vnd  mag«.  Graf  Hohenlohe  selbst 
aber  richtete  am  10.  März  an  den  Markgrafen  das  Ersuchen, 
es  möge  ihm  von  jedem  Kreisstand  »alfs  von  fürsten,  grafen 
vnd  herm  vnd  den  reichs  Städten  vff  der  stände  costen  eine 
wohlqualificirte  pcrsohn  alfs  consilarii  adjungiret  werdent . 

Nun  berührte  die  Ernennung  des  Grafen  die  Kreisver* 
fassung,  wie  das  Kreisoberstenamt;  auch  entstanden  dadurch  dem 
Kreis  neue  Lasten.    Eine  Geneigtheit,  hier  auf  des  Königs  Be- 

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I 


—    215  — 

Begehren  einzugehen ,  fehlte  daher  gerade  bei  Brandenburg* 
Bayreuth,  dessen  FUrst  ja  Kreisoberst  war. 

Man  gab  daher  auch  in  dieser  Sache  eine  zu  nichts  ver- 
flichtende  Erklärung  ab,  man  wollte  dem  König  in  dem,  was  er  zum 

Besten  des  Kreises  verordnen  werde,  nicht  einreden  und  wüfsteihra 
auch  für  seine  Sor^^falt  Dank,  im  1  alle  das  Generalkommando  im 
Kreis  »nur  vber  das  in  diesem  crc)  fs  liegende  konigliclie  kriegsvolck 
vnd  dahin  gemeynt  wäre,  damit  die  creyfsstände  von  der  soldatesca 
nicht  beschwert,  sondern  gute  justitia  gehalten  würde ^c.  Sollte 
aber  das  Generalkommando  dabin  verstanden  werden,  dafs  es  von 
Kreises  wegen  zu  bestellen  wftre,  so  hätte  man  in  der  Kreis- 
verfassung und  den  Exekutionsordnungen  bereits  das  vqrge* 
schriebene  Mafs,  »davonn  die  craf  fsstände  noch  zue  zeite  nicht 
gern  weichen  oder  diefselbe  anderweuth  extendiren  lafsen  wollten  c . 

Damit  war  die  Tagesordnung  in  der  Hauptsache  erledigt, 
und  ich  besc  hränke  mich  daher,  bezüjj;lich  der  untergeordneten  Be- 
ratungsgegenstände nur  anzuführen,  dafs  man  an  den  König 
das  Ersuchen  stellte,  es  mochte  das  Reichskamniergericht  in 
Speyer,  dessen  »originalia  vnd  hoch  iroportirende  documenta 
vnd  actac  durch  die  schwedische  Garnison  in  nicht  geringer 
Gefahr  stünden,  »bey  seinen  erlangeten  Privilegien  vnnd  frey- 
heitten  gelassen  vnd  manutenirt  werdenc. 

Am  38.  April  wurde  der  Konvent  geschlossen.  Sein  Re- 
sultat entsprach  durchaus  nicht  dem,  was  der  König  wünschte. 
Man  hatte  lange  Debatten  geführt,  alles  reiflich  erwogen  und 
die  Absichten  Gustav  Adolfs,  den  fränkischen  Kreis  durch  die 
Eroberuni^  Hambergs,  Forchheiins  und  Kronarhs  zu  befreien, 
gelobt;  aber  mau  geizte  mit  den  Mitteln.  Su  blieb  denn  auch 
fernerhin  der  fränkische  Kreis  in  grofser  Unsicherheit,  und 
Forchheim,  dessen  Besitz  in  den  Sommermonaten  von  grofser 
Wichtigkeit  gewesen  wäre,  vom  Feind  besetzt.  Allein  wir 
dürfen  den  Ständen  nicht  ungerecht  werden.  Der  König  hatte 
viel  gefordert,  mehr,  als  die  fränkischen  Kreisstände  gewähren 

■ 

konnten.  Wie  sollten  Weifsenburg  und  gar  Rothenburg,  das 
durch  die  Tillysche  Eroberung  so  sehr  gelitten  hatte,  die  von 
Nürnberg  und  Bayreuth  bewilligten  72  Monate  nachzahlen  und 

dazu  sich  verptlichten,  eine  neue,  noch  viel  höhere  Kontribution 
zu  entrichten! 


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—    216  — 


Wcil'TC  VCT- 

bandlungcn 
adt  Got&v 
Adolf  in 

Mai  i6j2. 
DaaCeiMions- 


General- 
kommando 
«Ics  Ciralcn 
Kotienlobe. 


So  wäre  die  Hauptlast,  da  auch  von  den  übrigen  Standen, 
mit  Ausnahme  von  Biandenburg-Bajrreuth,  nicht  viel  2U  erwarten 
stand,  Nürnberg  aufgebttrdet  worden;  ihm  sollte  die  Eroberung 

der  starken  Festung  Forchheim  obliegen,   wozu   ganz  andere 

Mittel  erforderlich  waren,  als  zur  Eroberung  HainbL-rgs  und 
Kronachs.  Diese  Last  aber  war  dem  Rate  zu  schwer;  er 
erbot  sich  nur,  zu  leisten,  was  die  anderen  höheren  Stande 
leisten  würden,  ein  Erbieten,  das  unter  den  gegebenen  Ver- 
hältnissen sehr  geringen  thatsächUchen  Wert  besafs.^) 

Nun  aber  war  mit  Sicherheit  anzunehmen,  dafs  der  König 
über  die  fränkischen  Kreisstände  und  im  besonderen  über 
Nürnberg  höchst  ungehalten  sein  und  dafs  auch  Tnichsefs  die 

Nürnberger  in  ein  sehr  schlechtes  Licht  stellen  würde.  Daher 
beschleunigte  der  Rat  die  bereits  beschlossene  Abordnung  des 
Hans  Jakob  Tetzel  und  Jobst  Christoph  Rids  an  Ciustav  Adolf, 
»deroselben  die  beschaffenheit  nechst  der  am  tag  ligcnden 
impossibilitet  woU  vor  äugen  zu  stellen  vnd  dabey  meine 
herren  vfT  das  beste  entschuldigen  zu  lassenc  und  im  übrigen 
Nürnbergs  Interesse  so  zu  vertreten,  wie  der  wesentliche  Inhalt 
der  nachfolgenden  Instruktion  besagt: 

1.  Die  Abgesandten  sollen  den  König  zu  seinen  Siegen 
beglückwünschen,  für  die  Schenkungen  sich  bedanken  und  ihn 


i)  NOrnberger  KreiiarchiT.  Schreiben  des  Markgrafen  Christian, 
Tmb.  XVI.  34  B^lauhigmigssehretbeB  der  Kretsdelegierten,  Tom.  XVI* 
424,  425  und  426,  428.  Tom.  XVI.  344-  346,  Relation,  was  bei  diesem 
Kreiskonvent  der  evangelischen  Stände  U'aktiert  und  geschlossen  worden. 
Tom.  XVI.  349  35I1  !•  Sitsung.  Tom.  XVI.  388  und  389.  Copia  eines 
königlichen  Schreibens  aus  dem  Feldlager  vor  Augsburg.  Tom.  XVI.  348, 
Forderung  der  StSnde,  Lieferung  von  Brot,  Wein,  Bier  u.  s,  w.  in  Abrech- 
nung zu  britigen.  Tom.  XVI.  351  —  350,  Was  inii  dem  brandenburgischen 
Gesandten  wegen  der  Truchsefsischen  Fordemngtn  konferiert  worden  war. 
Tom.  XVI.  357—361,  II.  Sitzung.  Tom.  XVI.  380  und  381,  Erlafs  der 
Herren  vom  Ausschufs.  Tom.  XVI  382  und  383,  Ratserlafs  am  26.  April. 
Tom.  XVI.  362,  III.  Sitfung.  Tom.  XVI.  384—418,  IV.  bis  VII.  Sitsvng. 
Tom.  XV[.  III  124.  Kreisabschied.  Tom.  XVI.  fol.  37,  Gustav  Adolfs 
.Schreiben  1  Kopie  1  .uis  Frankfurt,  den  7.  März.  Tom.  XVI.  38  und  39, 
Hohenlohes  Schreiben  aus  Frankfurt  den  10.  März.  Tom.  XVI.  34  und  35, 
des  Markgrafen  Schreiben  aus  Plassenbnrg  den  6.  April.  Tom.  XVI.  480 
und  482,  Schreiben  aus  Speyer  unterm  20,  April.  Tom.  XVI.  761  des 
Mark(:^rafen  Schreiben.  Tom.  XVI.  77  und  "S,  R,itserlafs  am  13.  Mai. 
Tom.  XVI.  82-  84,  .Schreiben  an  den  Mariegrafen  Christian  am  17.  Mai. 
Spezialakten  des  jojihrigen  Krieges,  S.  I,  L.  224,  Nr.  s$i  Copla  der  könig- 
lichen Maiestät  zu  Schweden  Schreibens,  4.  April.  —  Sodeni  Gustav  Adolf 
und  sein  fleer  in  Süddeul&cbland,  pftg.  245  ff. 


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—    217  — 


versicfaem,  dafs  Nürnberg,  gleichwie  es  bisher  sein  Absehen 
darauf  gehabt,  dafs  die  Religion  augsbttrgtscher  Konfession  und 
die  deutsche  Freiheit  erhalten  werden  mögen,  »also  dafs  auch 

nochmahln  beständig  gemeynt  seyen,  bey  ihrer  königlichen 
may^:  solcher  gestalt  auch  ins  künfftig  alles  getreulich 
beyzusetzen«. 

2.  Bezüglich  der  Rekompens  der  100  000  Thaler  sollen 
sie  sich  bemühen,  dafs  statt  obiger  100  000  Thaler  oder 
150000  fl.  die  von  dem  Vorlehen  zu  100000  fl.,  welches  vor 
etlichen  Monaten  bei  der  Nürnberger  Bürgerschaft  aufgebracht 
worden  sei,  noch  restierenden  82  000  fl.  abgezogen  würden  und 
der  Rat  die  übrigen  68000  fl.  nach  Absug  dessen,  was  über 
die  bewilligten  72  Monaten  dargeschossen  worden.  Nürnberger 
Bürgern  gut  machen  dürfte.  (Anmerkung.) 

3.  BetretTs  der  Allianz  haben  sie  anzubringen,  dafs  man 
CS  bei  demjenigen  »heg rieft"  vnd  aussfertigung,  so  von  dero- 
selbcn  ansehnlichen  herrn  residenten  alhier,  vns  fürgewiesen 
worden,  vnterthänigst  allerdings  verbleiben  lasse,  vmb  deren 
würckliche  ausshändigung  vnsere  abgeordnete  vnterthänigst  zu 
bittenc.  Man  habe  nur  bei  der  Klausel  »versprechen  bey 
vnsern  wahren  worten,  ehren,  trauen  vnd  glaubenc  die  nach- 
folgenden Worte  »an  aydsstattc  ausgetossen,  weil  eine  solche 
Eidesformel  niemals  vom  Rate,  noch  auch  dessen  Vorfahren 
begehrt  worden  und  obige  Worte  auch  »ohne  aydsstattc  bereits 
>vim  juramenti  effectivam  sonderlich  gegen  i'.ott  vnd  im  ge- 
wiesen, darautf  bei  diesem  gantzen  werck  fürnemiich  zu  sehen, 
in  sich  begreißenc, 

4.  Die  beiden  Abgesandten  haben  dahin  zu  wirken,  dafs 
der  K'önig,  wie  er  versprochen,  all  seinen  Einflufs  bei  Branden- 
burg aufbiete,  dafs  dieses  die  prätendierten  Rechte  fallen  lasse, 
und  überdies  demselben  anzudeuten,  dafs  diese  Rechte  nicht 
von  Wichtigkeit  seien  und  Nürnberg  bei  dieser  Cession  nur 
Ruhe  und  Frieden  suche.    Wenn  jedoch  diese  Information 


Anmerkung.  Im  R«tsei'las$e  vom  i8.  April  hdrst  es  in  diesem 
Betreffe:  Tetzel  nnd  Krefa  möchten  mracben,  ob  nicht  der  König  der 
Summe  von  68000  II.  baJber  sich  bd  anderen  fQrstlichen  Personen,  von 
denen  Nttmbeig  noch  Gdd  sa  fordern  hfitte,  «nweisen  Hefte  —  eine  Zn- 
mmang,  die  sehr  verwunderlich  ist. 


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—    218  — 


nichts  helfe»  mögen  sie  die  Sache  nicht  weiter  betreiben,  sonr 
dem  von  anderen  Mittehi  der  Rekompens  handeki. 

5.  Sie  sollen  Gustav  Adolf  vermögen,  dafs  er  den  König 
von  Böhmen  zum  Verzicht  auf  diejenigen  Amter,  welche  die 
Vorfahren  vor  mehr  den  100  Jahren  erobert  hätten,  veranlasse, 
und  endhch  6.  wegen  all  dessen,  was  aiif  dem  Kreistage  ver- 
handelt  worden,  besonders  aber  wegen  Nichtbewilligung  der 
Truchsessischen  Forderungen  die  gebührliche  £nt8chuldigung 
einwenden. 

Tetzel  und  Krefs  waren  demnach  vor  keine  kleine  Auf- 
gabe gestellt,  sie  hatten  ihre  diplomatische  Gewandtheit  aufs 
neue  zu  erproben.    Ihre  Aufgabe  war  um  so  schwieriger,  als 

der  König  auf  Nürnberg,  über  weiches  der  Oberst  Truchsefs 
sich  sehr  ungünstig  geäufsert  hatte,  gerade  jetzt  wieder  schle<  ht 
zu  sj)rechen  war.  Sie  niufsten  daher  auch  die  Mifsstimniung 
des  Königs  schwer  emphnden,  als  sie  von  deroselben  am  6.  Mai 
auf  freiem  Felde  in  Audienz  empfangen  wurden,  umsomehr  als 
ihre  Instruktion  ebenfalls  nicht  nach  dessen  Sinne  war. 

Doch  gelang  es  ihnen,  wenn  auch  nicht  in  allem,  so  doch  in 
manchem  bei  Gustav  Adolf  des  Rates  Wttnsche  durchzusetzen.  Vom 
Vorschlage  Nürnbergs  freilich  bezüglich  der  100000  Thaler 
wollte  derselbe  nichts  wissen,  es  mufsten  ihm  68 000  fl.  be- 
zahlt werden.  Nachgiebiger  zeigte  sich  der  Kunif,  jedoch  in 
der  Allianzsache.  Wenn  er  iiu<  Ii  seinen  geheimen  Rat  Sattler, 
bei  dem  wolil  aucli  die  »Verehrungen«  des  Rates  ihre  Wirkung 
thun  mochten  (Anmerkung!),  sehr  scharf  anlicfs,  in  dem  Revers 
»noch  etliche  vnd  ncmbliche  die  wortt:  solang  der  krieg  wehretc 
rügte»  »ihme  auch,  dafs  er  solche  hineingebracht,  hart  zuge- 
redt  vnd  tacitö  beschuldigt,  alss  wann  er  mehr  vf  Nürnberg, 
alss  sein  dess  königs  selten  tnclinirt  werec,  so  erklärte  er  sich 
schliefslich  doch  mit  dem  Nürnberger  Revers  einverstanden;  die 
Ausfertigung  aber  sollte  nicht  eher  erfolgen,  »biss  zuuor  von 
kunigl.  mayt  selten  die  obligatio  reciproca  vngeendert  ihnen 
eingehcudigt  worden«.  Doch  kam  diese  Angelegenheit  nicht 
so  rasch  ins  Rciue,  als  man  denken  mochte.    Das  beweist  uns 


Anmerkung'.     Während    Chemnitz    nur   Geschenke    im  Werte  VOn 
ao43  Ii.  bekam,  betrugen  die  „Verehrungen"  Sattlers  3000  iL 


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ein  ErhUs  yom  14.  Juni,  welcher  besagt;  »weile  ofil  höchst* 
gedachte  königliche  mayt  den  hiesigen  revers  wttrckÜch  accep- 
tirt,  soll  man  denselben  gegen  reveis  von  herm  Gemnttio» 

welcher  denselben  beyhanden,  noch  vor  ihrer  mayt  ankunffl 

forderlich  abforderni  —  und  des  weiteren  am  15.  Juni  ein 
Schreiben  TeUels,  in  welcliem  dieser  rät,  i^dafs  man  rnitt 
der  alliance  vnd  deren  abforderung  nicht  viel  aufzüg  mehr 
machtet. 

Nichts  zu  machen  war  wiederum  in  der  sogenannten 
Cessionsangelegenheit,  in  der  man,  wie  Sattler  ausdrücklich  be« 
merkte,  »mehr  nit  thun  alss  bitten c  konnte.  Die  markgrädichen 
Gesandten  stellten  die  Rechte  und  Güter  zwischen  den  drei 
Wassern,  welche  Nürnberg  vordem  um  80000  fl.  hätte  an  sich 
bringen  können,  als  sehr  bedeutend  hin,  und  der  branden' 
burgisclie  Rat  Seiwitz  legte  sich  »eüfserst  darwider«,  ja,  er  er- 
klärte eine  solche  Überlassung  einfach  als  unmöglich.  Die 
brandenhurgischen  Häuser  gaben  sell)st  dann  nicht  nach,  als 
ihnen  die  Schenkung  etlicher  eichstädtischer  Amter  nur  mit  der 
Einschränkung  zugesichert  wurde,  man  versehe  sich  zu  ihnen, 
dafs  sie  der  Stadt  Nürnberg  die  begehrten  »jura  zwischen  den 
3  wassern  cediren«;  als  der  König  sie  brieflich  dringend  zur 
Nachgiebigkeit  ermahnte;  als  ihnen  durch  Chemnitz,  der  das 
Cessionswerk  zu  betreiben  hatte,  angedroht  wurde,  es  würden 
die  6  gewünschten  Bamberger  Halsgerichte  »anderweit  vnd  so* 
gar  bei  gelegenheit  an  die  statt  Nürnberg <!:  verschenkt,  falls  man 
sich  beharrlich  weigere,  hierin  de-,  Königs  Willen  /u  erlullen. 
Im  übrigen  aber  kann  man  wohl  annehmen,  dafs  Gustav  Adolf 
diese  Sache  nicht  sonderlich  am  Herzen  lag  und  die  Drohungen 
gegen  die  beiden  Brandenburg  nicht  so  schlimm  gemeint  waren. 
Der  Rat  sah  nun  selber  ein,  dafs  auf  eine  Nachgiebigkeit  des 
Markgrafen  Christian  nicht  gerechnet  werden  könne,  und 
richtete  sein  Augenmerk  auf  eichstädtische  und  bambeigische 
Ämter. 

Was  endlich  die  neue  Kontribution  und  die  Forderungen, 
welche  Truchsefs  im  Namen  des  Königs  gestellt  hatte,  anbe- 
langt, so  kamen  für  jetzt  die  Verhandlungen  nicht  zum  Al>- 
schlufs.  Der  Rat  erbat  sich  nur,  1000  Mann  zur  Eroberung 
Forchheims  abzulassen. 


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—    220  — 


Auf  dem  Kreistage  war  noch  eine  andere  Angelegenheit 
in  der  Schwebe  gelassen  worden,  das  Generalkommando  des 
Grafen  Kraft  von  Hohenlohe  und  die  Beiordnung  je  eines  Ad- 
junkten von  selten  Brandenburgs,  der  Ritterschaft  und  der 
Städte.  Doch  Gustav  Adolf  war  nicht  gewillt,  die  Sache  be- 
ruhen zu  lassen.  Er  traf  in  Augsburg  am  13.  Mai  die  Ver- 
fügung, )^dafs  solche  beyordnung  mit  chistcm  beschehe  vnd 
also  dasjeniire.  so  defs  creyises  verfafsung  keines  weegs  zue 
nachtheil,  sondern  zum  besten  angesehen,  gebiihrcndt  befördert 
werden  möge«.  Und  Hohenlohe  schrieb  aus  Neuenstein  am 
24.  Mai  an  den  Markgrafen,  es  bestünde  durchaus  nicht  die 
Absicht,  in  das  Amt  des  Kreisobersten  einzugreifen. 

Allein  der  Markgraf  Christian  beeilte  sich  keineswegs,  dem 
königl.  Befehle  nachzukommen.  Er  berichtete  wohl  an  Namberg, 
das  er  um  Gutachten  in  dieser  Sache  ersuchte,  er  werde  die  Absicht 
des  Königs  möglichst  befördern  helfen,  knüpfte  daran  aber  den 
bedeutsamen  Zusatz:  »dann  den  reichst  vnd  creifsverfafsungen 
gemeefs  wir  immer  thuen  können  vnd  vermögen«.  Der  Rat 
gab  jedoch  kein  Gutachten  ab  und  konnte  dies  auch  nicht 
wohl.  Seine  Meinung  war  ja,  dafs  die  ganze  Angelegenheit, 
die  nur  7?ad  Interim«  anzusehen  sei,  bei  gutem  Willen  zu  einem 
befriedigenden  Abschlufs  gebracht  werden  könnte,  zumal  die  Un- 
kosten nicht  beträchtlich  seien;  allein  das  wollte  und  brauchte  er  dem 
Bilarkgrafen  Christian  nicht  zu  sagen.  So  erbat  er  sich  denn  vor- 
erst Aufschlufs  darüber,  ob  auch  die  Regierung  von  Ansbach 
einen  Adjunkten  stellen  wolle;  daraufhin  werde  er  sich  er- 
klären und  dem  allgemeinen  Schlufs  nicht  entziehen.  Am 
gleichen  Tage,  es  war  am  7.  Juni,  teilte  er  auch  Graf  Hohen- 
lohe mit,  er  werde  wegen  eines  Adjunkten  mit  den  fränkischen 
Städten  sich  benehmen  und  vergleichen.  Wer  weifs,  wie  lange 
die  Sache  sich  noch  hingezogen  hätte,  wäre  nicht  jetzt  der 
Kriegsschauplatz  in  die  Nürnberger  Gegend  verlegt  worden.*) 


^>  Narnberger  Kr«isHrcluv.   Ton.  XVII.  fol.  ti  und  ts,  Kopie  des 

königlichen  Schreibens  aus  Augsburg  am  13.  Mai.  Tom.  XVII  95  und  96, 
sowie  Tom.  XVII,  115  uod  116,  Hohenlohes  Schreiben  aus  Neuenstein. 
Tom.  XVII.  90,  des  Maifcgrafen  Schreiben  (Kopie)  aus  Tlassenburg  am 
25.  Mai.  Tora.  XVII.  iii,  RatterUfs  am  3$.  Mai  und  Gutachten  des  Dr. 
Heinrich  Hülfs.  Tom  XVII.  122  und  123  ,  Ratserlafs  am  3.  Juni, 
Tom.  XVll.   130,    Ratserlat»   am   5.  Juni      Tom.  XV U.    136   und  137. 


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—    221  — 


Wie  Nürnbeig  nach  dem  fränkischen  KreisUg  sich  mit  ^^^^ 
Gustav  Adolf  in  der  Weise  abzufinden  trachtete»  dafs  ihm  mdg-  sünde»  im 
Uchst  wenig  neue  Lasten  entstünden,  so  wurde  es  natttrlich  ^/"^'^^ 
auch  von  den  flbrigen  Ständen  gehalten.    So  erklärten  sich  die  ■Helte,  in  dm 

Städte  meist  dahin,  »dafs  sie,  wafs  sie  vber  die  vnterhaltung 
der  soldatefsca  vnd  anderer  vncosteii  thun  könnten,  an  ihnen 
nichts  erwinden  lalsen^.  Von  ihnen  konnte  ja,  wie  wir  wissen, 
überhaupt  nichts  geholt  werden.  Doch  dies  focht  den  schwe- 
dischen Pfennigmeister  Georg  Forstenhäuser  wenig  an.  Da  es 
des  Königs  Wille  war,  dafs  alle  fränkischen  Kreisstände  die  in 
Wttrzburg  bewilligten  72  Monate  bezahlten,  so  gmg  er  alsofort 
daran,  die  Kttckstände  zu  erheben.  Er  verlangte  von  Rothen* 
bürg  die  Nachzahlung  von  27360  fl.,  was  um  so  merkwürdiger 
erscheint,  als  Rothenburg  gerade  wie  Weifsenburg  von  der  Be* 
willigung  einer  solchen  Kontribution  überhaupt  nichts  erfahren 
hatte.  Dafs  er  freiHch  nichts  erhielt,  sei  hier  noch  der  Voll- 
ständigkeit halber  angefügt. 

Inzwischen  aber  wurden  die  Zustände  im  fränkischen 
Kreise  immer  trostloser.  Die  zügellose  Soldateska  des  Obristen 
Paul  Khevenhttller  und  Markgrafen  Hans  Georg  raubte  und  plün- 
derte, kurz,  verübte  Greuel  aller  Art,  statt,  wie  es  ihre  Aufgabe 
war,  die  Festung  Forchheim  zu  erobern.*) 

Und  waren  schon  während  des  Winters  die  Strafsen  und    Die  Aus- 
Wege  im  Nürnberger  1-andgebiete  durcli  räuberisches  (icsindel  '^TsohC* 
mit  und  oiine  Uniform  unsicher  genug,  war  die  Landbevölkerung  in  «leak*.  Grobe 
steter  Gefahr,   an  Hab  und  Gut  grofse  Einbufse  zu   erleiden,  "^^fU^!^*** 
jetzt  war  es  noch  ungleich  schlimmer  geworden.    Wohl  gingen  iMäe. 


Schreiben  «n  den  Markgrafen  nnter  dem  7.  Juni.  Tom.  XVII.  144  und 
I4S>  Schreiben  an  Hohenlohe  den  7.  Juni  Tom.  XVII.  145  und  146, 
Schreiben  an  die  fränkischen  Städte.  Erlafs  der  Herren  Eltern  am  12.  Mai 
und  am  14.  Juni.  Erlaf«  der  Herren  vom  Ausschufs  am  19  Mai.  Rats« 
erlaf»  nm  33.  Mai.  Tom.  XVII.  306  und  307,  Ratserlafs  am  22  Juli  und 
Gntachten  der  Hochgelehrten.  Spezialakten  des  3ojfihrigen  Krieges,  S.  I, 
L.  224,  Nr  23,  Relation  der  beiden  Abgesandten  Tetzel  und  Krefs  am 
7.  Juni.  Tetzelt  .Schreiben  am  15.  Juni.  —  MUnchcner  allgemeines  Reichs- 
archiv. Fase.  XXXVI.  foU  318  AT.,  Instmktion  der  beiden  Abgeordneten 
T«ttd  und  Kreis  am  39.  April. 

')  Nürnberger  Kreisarchiv.    Tom.  XVI.  107  und  108,  Ratserlafii  am 

2.  Juni.  Tom,  XVI  91  nr.,  Rat;,crlafs  am  23.  und  Richters  Gutachten  am 
94.  Mai.    lincibuch  i6j|2,  fol.  231,  Schreiben  an  Weifkeoburg  am  24.  Mai. 


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—    222  — 


Gustav  Adolf  und  auch  Kurfürst  Max  I,  mit  aller  Schärfe  gegen 
die  Ausschreitungen  der  Soldateska  vor;  auch  von  Tilly  gilt 
im  aUgemeinen,  dafs  er  an  den  Exzessen  seiner  Soldaten  kein 
Gefallen  trug.  Kaum  in  Franken  angekommen,  erliefs  Gustav 
Adolf  aus  seinem  Hauptquartier  in  WUrzbnrg  ein  gedrucktes 
Mandat  wider  das  »aufsstreifende  kriegsvolck« ,  in  welchem 
Offiziere  wie  Soldaten  mit  Leib-  und  Lebensstrafe  bedroht 
werden,  wenn  sie  Städte,  adelige  Häuser,  Flecken  und  Dörfer 
Partien-  und  truppenweise  feindlich  überfallen  und  ausplündern 
oder  andere  Feindseligkeiten  verüben  würden,  und  in  welchem 
an  Bürger  und  Inwoiiner  die  Aufforderung  erging,  sich  solcher 
streifenden  Rotten  zu  bemächtigen  und  zu  fernerer  Verordnung 
an  den  König  zu  berichten. 

Doch  fehlte  viel,  dafs  diese  und  andere  strenge  Verord- 
nungen von  der  Soldateska  auch  beachtet  wurden.  Der  König 
konnte  nicht  überall  einschreiten»  wo.  gegen  seinen  Befehl  ge- 
handelt  wurde,  das  Wenigste  erfuhr  er. 

Selbst  mitten  im  Winter  hörten  die  Plackereien  im  Nfim- 
ber^^^er  Landgebiet  nicht  auf.  Da  waren  es  besonders  die 
Khevenhüllcrischen  Reiter,  iihc.v  welche  bittere  Klagen  gefülirt 
wurden.  Auch  das  hin-  und  widerziehende  schwedische  Kriegs- 
volk,  das  zu  Höchstadt  und  Bamberg  lag,  machte  die  Gegend 
bis  in  die  unmittelbare  Nähe  der  Stadt  unsicher. 

Mit  dem  beginnenden  Frühjahr  nahm  das  Plündern  und 
Rauben  immermehr  zu»  und  es  mufsten  zur  Sicherheit  der 
Strafsen  beständige  StreifzQge  unterhalten  werden.  Das  Un- 
Wesen  wurde  so  arg,  dafs  man  sich  entschlofs,  wieder  den 
Glockenstreich  einzuführen,  der  freilich  nur  dann  einen  wirk- 
samen Schutz  der  Landbewohner  bilden  konnte,  wenn  auch 
alle  luMiac  hbarten  Stände  ilin  mit  Strenge  durrhführlon;  da  die 
Obrigkeiten  unter  einander  gemengt  waren,  so  war  es  ja  einem 
Verbrecher  sonst  leicht,  zu  entkommen.  Allein  eine  soIcIjc 
Vereinigung  war  in  damaliger  Zeit  nicht  sofort  zu  er/.ielen;  es 
konnten  viele  Wochen  vergehen»  bis  man  sich  geeinigt  hatte. 

Der  Rat  liefs  daher  das  Mandat  drucken,  um  es  in  die 
Dörfer  zu  verschicken.  Am  10.  Mai  kamen  die  ersten 
Exemplare  aufs  Land.  Der  wesentliche  Inhalt  desselben  ist 
folgender: 


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—    223  — 


AUe  Fremden,  zu  Rofs  oder  zu  Fufs,   welche  in  Her- 
bergen, Bürger-  oder  Bauemhäusem  einkehren,  haben  über  sich 
genaue  Auskunft  su  geben,  welche  sofort  der  Behörde  mitgeteilt 
werden  mufs.    Wenn  Leute  gefangen,  erwürgt,  geplündert, 
Wagen  oder  Rarren  aufgehauen  werden  oder  an  Hofstätten 
verdächtige  Reiterei  gesehen  wird,  so  mufs  im  nächsten  Dorfe 
Sturm  gelautet,  und  sobald  der  Stiirrnschlag  angeht,  von  einem 
Orte   zum  anderen  Sturni  j^eschlagcn  wenlen  zur  Warnunjz  für 
jedermann  und  den  Vögten,  Richtern,  HauptUniten  tmd  anderen 
Unterthanen,  welche  Pferde  haben,  zum  Zeichen,  dafs  sie  sich 
aufmachen,  auf  den  ersten  Glockenstreich  zueilen  und,  sei  es 
Tag  oder  Nacht,  auf  dem  Hufschlag  oder  der  Fahrt  folgen 
sollen.   Auf  den  Glockenstreich  müssen  die  Unterthanen  den 
Furchen,  Gräben  und  Schranken  zulaufen,   die  letzteren  an- 
schlagen, die  ersteren  verwahren,  und  darf  niemand  durch- 
gelassen werden  aufser  die  streifenden  Rotten  und  wer  sich 
auf  der  Naclieile  befindet.     Sobald  die  Nachricht   in  ein  Dorf 
kommt,  dafs  Leute,  Karren  und  Wagen  beschädigt  seien,  mufs 
dies  den  l'tlegi'rn  u.  s.  w.  angezeii^t  werden,  die  sich  mit  ihren 
Leuten  alsbald  zur  Verfolgung  aufzumachen  haben  und  diese 
auch  in  das  Gebiet  der  Einigungsverwandten  ausdehnen  müssen, 
so  lange,  bis  sie  an  die  Thäter  kommen.  Verdächtigen  Leuten, 
all  den  vielen  Reitern  und  herrenlosen  Knechten,  die  in  der 
Kriegszeit  mit  Rauben,  Plündern  und  Totschlag  sich  zu  nähren 
pflegen,  darf  niemand  Unterschlupf  geben;  die  Unterhälter 
werden  für  die  schlimme  That  eines  Übelthilters  verantwortlich 
gemacht.    Furchen,    Gräben,    Schranken  und  Pässe   sind  der- 
mafsen  zu  verwahren,  dafs  Verdächtige  und  Übelthäter  nicht 
durchkommen  können. 

Wie  vordem  aber  setzte  man  die  Streifzüge  auf  dem 
Lande  fleifsig  fort,  liefs  die  vielen  fremden  Offiziere  und  Sol- 
daten, welche  vielfach  unter  dem  Schein  irgend  einer  Verrich- 
tung  plünderten  und  raubten,  nicht  in  die  Stadt  und  wies  die- 
selben zu  ihren  Regimentern;  »frembde  ankommende  personen 
wurden  beschatdenlich  examiniert«. 

Auch  Gustav  Adolf  that  jetzt  wie  immer  das  Seine,  um 
der  Zügellosigkeit  der  Soldaten  zu  steuern.  Er  ernannte  Graf 
Hohenlohe  zum  Generalstatthalter  und  Oberkommandanten  im 


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—    224  — 


fränkischen  Kreise  vorzugsweise  auch  zu  dem  Zwecke,  damit  er 
»die  bifshero  verübte  desordre  vnd  enormen  excessen«  al)stelle, 
und  aus  dem  Hauptquartier  zu  Moosburg  schickte  er  am  13.  Mai 
eine  Verhaltungs-  und  Verpflegungsordonnanx,  welche  in  allen 
Kreisen  durchgehends  »pro  normac  w  halten  sei  und  Offizieren 
wie  Soldaten  jedesmal  und  so  oft  denselben  Quartier  ange- 
wiesen wttrde,  mit  der  strengen  Weisung  zuzustellen  sei,  dieser 
durchaus  nachzuleben.  Die  Verpflegung  sollte  von  der  Zeit  der 
wirklichen  Beziehung  des  Quartiers  beginnen,  der  Stattluilicr  und 
die  Räte  sollten  die  Ausschreitungen  der  Soldateska  spezifiziert 
von  den  Klas^enden  erfordern;  neben  dem  Proviant  oder  der 
Kost  wurde  für  Offiziere  und  Soldaten,  damit  sie  weniger  Ur« 
Sache  »zu  exorbitiren«  hätten,  »ein  gewisses  zehentägliches  oder 
wochengelt«  bewilligt.  Obristen  und  Offiziere  durften  nicht 
nach  Belieben  Quartier  nehmen  oder  behalten,  sondern  hatten 
sich  nach  dem  Befehl  des  Generalstatthalters  zu  richten;  auch 
der  Musterplatz  durfte  fllrderhin  keinem  über  drei  Monate 
offen  bleiben. 

Nach  dieser  gedruckten  Verhaltungs-  und  Verpflegungs- 
ordonnanz bekamen  ein  Oberst  und  sein  ganzer  Stab  über  ein 
Regiment  zu  Pferd  von  12  Kompagnien  alle  10  Tage  80  Thaler, 
ein  Oberst  über  8  Kompagnien  erhielt  für  sich  und  den  Stab 
00  Thaler,  und  so  ging  es  in  Stufen  abwärts  bis  zum  Reiter, 
der  alle  10  Tage  aufser  der  Hausmannskost  oder  dem  vorge- 
schriebenen Proviant  1  fl.  erhielt.  Ein  Oberst  Uber  ein  Regi- 
ment zu  Fufs  erhielt  fUr  sich  und  den  Stab  alle  10  Tage  eben- 
falls 80  Thaler,  ein  Lieutenant  3|  Th.  3  kr.,  ein  Sergeant 
If  Th.  17  kr.,  ein  Korporal  1  Th.  7  kr.,  ein  Spielmann  84  kr., 
ein  Rottmeister  77  kr.,  ein  gemeiner  Soldat  56  kr.,  ein  Muster- 
junge 42  kr.,  ein  PasseNolant,  d.  h.  ein  sogenannter  blinder 
Soldat,  der  bei  der  Musterung  statt  eines  Fehlenden  eingereiht 
wurde,  ebenfalls  42  kr. 

Bezüglich  der  Verpf1(  gung  blieb  es  bei  der  in  Frankfurt 
den  4.  März  erlassenen  Ordonnanz.  Dieselbe  gewährte  einem 
Obersten  und  den  Seinigen  täglich  13  Mahlzeiten,  jede  der- 
selben aus  12  Gerichten  bestehend,  wovon  eines  ins  andere 
nicht  mehr  als  ^  Tlialer  kosten  sollte,  und  aufserdem  täglich 
10  Pfd.  Brot,  10  Mafs  Bier  nebst  Servis,  worunter  Holz,  Licht, 


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—    225  — 


Wohnung,  Sals  und  Haber  verstanden  wurde.  Fttr  einen 
Lieutenant  waren  4  Speisen  k  ^  Th.,  4  f£  Brot,  3  Mars  Bier 

und  Servis,  für  einen  Unteroffizier  3  Speisen  zu  je  6  kr.,  2  fl* 
Brot,  1^  Mafs  Wein  nebst  Servis,  für  einen  gemeinen  Soldaten 
2  S"  I^rot,  1  Mafs  Wein  und  1  ff  Fleisch  oder  die  Hausmanns- 
kost bestimmt.  Getränke  und  Haber  wurden  nach  der  vorge- 
schriebenen Feldmafs  gereicht;  im  Weinland  bekam  der  Soldat 
Wein,  im  Bierland  Bier.  Aufserdem  waren  noch  für  jedes 
Servis-  oder  Bagagenpferd  täglich  10  flf  Heu  und  alle  10  Tage 
4  Büschel  Stroh  festgesetzt. 

Von  Seiten  der  Obrigkeit  war  demnach  geschehen,  was 
geschehen  konnte.  Allein  was  halfen  alle  Verordnungen,  wenn 
niemand  da  war,  der  sie  durchführte!  Die  Reiter  des  Obersten 
Khevenhüller  und  Markgrafen  Hans  Georg  verübten  gerade  im 
Mai,  wie  der  Kat  an  den  Oberkommissar  Heufsner  berichtete, 
»solliche  ohnuerantworttliche  insolentien,  dergleichen  bey  an- 
dern vielfelltigen  durchzügen,  sowohln  des  keyfserischen  alfs 
ligistischen  volckhs,  fast  niemahls  geschehene .  Alle  Schritte  des 
Rates  zur  Abstellung  dieser  Exzesse  waren  jedoch  vergeblich. 
Er  wandte  sich  an  Heufsner  und  Truchsefs,  der  die  Ober- 
leitung des  Ganzen  hatte,  sie  möchten  die  »deslogirung«  der 
KhevenhttUerischen  Reiter  verfügen,  er  nahm  Zuflucht  bei  Hofrat 
Dr*  Martin  Chemnitz,  welcher  Tmchsefs,  Khevenhüller  und  den 
Markgrafen  Hans  Georg  brieflich  ermahnte,  für  bessere  Zucht 
seiner  Soldaten  zu.  sorgen,  und  als  Ohrist  Paul  Khcvenhiiller 
in  Nürnberg  weilte,  bat  er  denseil »cn  inständig  )  nicht  allein 
vmb  restitution  aller  almamb,  sondern  auch  zugleich  vnib 
abstellung  solcher  hochschädlichen  plackereien«.  Die  Ubristen 
konnten  eben  nicht  abhelfen,  selbst  wenn  sie  wollten,  da  sie 
über  ihre  Soldaten  keine  Macht  hatten.  Der  Markgraf  gestand 
dies  selbst  zu,  indem  er  dem  Rate  auf  dessen  Klagen  über  die 
Soldateska  zur  Antwort  gab:  »Köndten  aber  vor  dismahl  nicht 
remetiren,  alldieweil  sie  bey  diefsem  neugeworbenen  volck 
keinen  respect  betten  vnd  ihre  ordinnantzen  wenig  observirt 
vnd  in  acht  genommen  würden«. 

Als  aber  die  Klagen  des  mifs handelten  Landvolkes,  das 
vielfach  seine  1-eldarbeiten  nicht  mehr  verrichten  konnte,  immer 
ärger  wurden i  als  es  soweit  kam,  dals  im  Grätcnbergischea  ein 

>5 


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—    226  — 


aligemeiner  Aufstand  wider  die  Soldateska  drohte  und  sich  zu 
Pretzfeld,  Ebermannstadt  und  Kirchenehren bach  nürnbergische 
Unterthanen  mit  den  Protestanten  gegen  die  Schweden,  d.  h.  den 
zu  Diensten  des  Königs  geworbenen  Soldaten  verbanden:  da 
wurden  die  Beschwerden  in  ein  gewisses  »libellt  gebracht,  und 
Tetzel  undKrers  erhielten  die  Außbrderung,  dieselben  entweder 
beim  König  selbst  oder  an  einem  anderen  Orte  vorsutragen. 
Placker  und  anderes  licderlii  he  Gesindel  spannte  man,  wenn 
sie  nicht  etwa  eine  härtere  Strafe  verdient  hatten,  in  die 
Springer  und  liefs  dieselben  nicht  eher  los,  bis  sie  die  aufer- 
legte Arbeit  vollendet  hatten. 

Dafs   eine   solche  Soldateska   unter  der  Leitung  von 
Obersten,  von  denen  keiner  seiner  Sache  gewachsen  war  und 
jeder  that,  was  er  wollte,  nichts  ausrichten  konnte,  ist  sonach 
selbstverständlich/) 
Vor-  Während  aber  so  die  Zustände  in  einem  grofsen  Teile 

a^M^  RXC  Frankens  durchaus  im  Argen  lagen,  wurde  die  Gefahr  eines 
sum  Srhiitse  feindlichen  Einfalls  immer  gröfser.    Im  April  1632  hatte  Wallen- 
ij"^/*^,"^u  stein  das  ül)erk(jmniando  der  kaiserhchen  Armee  übernommen 
XürniKTK.   und  war  in  Böhmen  eingerückt,  das  nun  die  Sachsen  räumten. 
HaituiiK       l^^^r*  nahm  er  seinen  Weg  nach  Westen.    Ein  unvermuteter 
•eiben.     Uberfall  Nürnbergs  durch  den  Herzog   von  Friedland  konnte 
leicht  erfolgen,  und  Gustav  Adolf  warnte  Tetzel  und  Krefs  aus- 
drücklich davor. 

Es  wurden  daher  die  Befestigungsarbeiten  wieder  eifriger 
betrieben.  Trotz  aller  Verordnungen  des  Rates  waren  diese 
auch  im  Frühjahre  nur  langsam  vorwärts  geschritten;  denn  die 
Bürgerschaft  zeigte  die  alte  Unlust  zum  Schanzen.  Nachdem 

*J  Nürnberger  Kreisarchiv.  Tom.  XVI.  fol.  167  und  168,  Ralserials 
am  27.  Februar.  RatserlSsse  am  4.  Februar,  8.,  10.  und  13.  MSrz.  Ton. 
XVI.  469  und  470,  Kutserlafs  am  21.  April  und  Gutachten  des  Dr.  Hein- 
rich Hülfs.  Tom.  XVI.  472  und  473,  Ratserlafs  am  22.  April  und  Gul- 
achteu  der  Kriegsverordneien.  Tom.  XVI.  439,  Ratserlafs  am  10.  Mai. 
Tom.  XVI.  440—450,  Eines  E.  Rabts  der  Stadt  Nflrnberg  Mandat  den 
Glockenstreich  und  Nacheyl  belangend.  Tom.  XVII.  18  (T.,  Verhaltungs- 
und  Verpflegungsordonnanz,  13.  Mai.  Tom.  XVI.  f«  !  342  AT.,  Mandat  au; 
Au.  Ratserlä&se  am  14.,  15.  19.,  23.,  24.  und  2y.  Mai,  am  i.  (Tom.  XVII. 
114  nnd  115)  und  s.  Juni»  Spesialakten  des  30jährigen  Krieges,  S.  I. 
L.  223,  Xro.  S;  S^.  I,  L,  S20,  Nro.  15.  -  Soden,  'Uislav  Adolf  .... 
I.  Teil,  pag.  261—263.  —  Arlanibaeus,  Aruia  Succica,  pag.  158.  — 
Nürnberger  Stadl archiv.    Protokoll  der  KriegMlube  am  21.  und  sS.  Januar. 


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—    227  — 


endlich  am  19.  April  die  2  Aufsenwerke  beim  Ein-  und  Aus- 
flufs  der  Pei^nitz  fertig  geworden  waren,  mufske  die  Arbeit  gans 
eingestellt  werden,  da  es  an  Zaunstecken  fehlte,  aod  am  4.  Mai 
erschienen  von  40  bestellten  Fuhren  gar  nur  2. 

Nach  der  Warnung  Gustav  Adolfs  konnte  es  aber  in  der 
bisherigen  lässigen  Weise  nicht  mehr  weiter  gehen,  und  es  er- 
gingen wieder  scharfe  Verordnungen.  In  8  bis  10  Tagen 
sollte  das  neue  Befestigungswerk  beim  Kin-  und  Ausflufs 
der  Pegnitz,  wie  auch  zwischen  dem  Spittler-  und  Frauen- 
thor fertig  sein,  es  sollten  von  einem  Werke  zum  anderen  Lauf- 
gräben gehen,  die  Gräben  an  der  Gostenhöfer  Schanze  breiter 
nnd  tiefer  werden  u.  a.  m.  Den  Wirten  und  Bierbrauern,  die 
2um  Befestigungswerke  ihre  Pferde  nicht  ablassen  wollten,  wurde 
bei  Strafe  von  20  fl.  die  Auflage  gemacht,  in  jeder  Woche 
einen  Tag  lang  einzuspannen;  alle  Fuhrwerksbesitzer  roufsten 
wöchentlich  eine  Fronfuhr  machen.  An  die  Bürger  aber  wurde 
der  strenge  Befehl  erlassen,  entweder  taugliche  Personen  zu 
srlii(  ken  oder  das  nötige  Schanzgt'Ul  zu  reichen.  Man  setzte 
die  Werbungen  eil'rig  fort,  verstärkte  jede  der  7  Kompagnien 
auf  300  Mann  und  sorgte  Cur  Vermehrung  des  Vorrates  an 
Munition  und  Hafer. 

Auch  vorsichtig  bheb  der  Rat  nach  wie  vor.  Das  beweist 
uns  dessen  Stellung  zu  Bamberg  und  dessen  strenge  Zensur, 
die  er  über  alle  Druckschriften  ausübte.  Den  Buchdruckern 
wurde  am  20.  April  »künffiig  bcy  laistung  ihrer  pflicht  ernst- 
lichen vnd  bey  meiner  herren  vnaufsbleiblichen  schweren  straflf 
verboten,  ohne  vorhergehende  gebührende  censur  oder  sonder- 
bare verwilligung  meiner  herren  nirhts  zutru*  ken;<;  Buch-  und 
Kunsthändler  durften  keine  Pasquillen  frei  halten;  und  lange 
vor  diesen  Beschlüssen,  am  12.  Dezember,  war  verordnet  wor- 
den: »den  beeden  Zeitungsschreibern  ist  beuohten  vnd  ernstlich 
comraentirt  worden,  ainige  zeitung  von  sich  ntt  zuschreiben,  bifs 
solche  vor  in  die  kriegstubcn  geltfert  vnd  für  guet  gehalten 
werden  mögen  c. 

Dem  Bürgermeister  und  Rate  der  Stadt  Bamberg,  die 
unterm  17.  April  ihr  äufserstes  Befremden  aussprachen,  dafs 
Nürnberg  an  dem  Überfalle  des  Stifts  sich  beteiligen  wolle, 
obwohl    »der    fürst    al/,eit    friedtiichen    sich    ^u    er/.aigcu  nie 

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228  — 


aufsgesetzt  vnd  an  deren  angehörigeu  Wohlfahrt  vnnd  comercicn 
zubefürdem  niemals  hinderlich  gewesene,  gab  er  keine  klare 
Antwort,  sondern  führte,  freilich  erst  lange  nach  dem  Eintreffen 
des  Bamberger  Schreibens,  bittere  Klage  über  die  aus  dem 
Stifte  erfolgten  Feindseligkeiten,  drohte  mit  Widervergeltung, 
sprach  den  Wunsch  nach  dem  vorigen  friedlichen  Zustande  aus 
und  gelobte  sich  so  zu  bezeugen,  »wie  es  allenthalben  wol  ver- 
antwortlich vnd  zu  erhaltung  vnnscres  eine  zeit  hero  sehr  be- 
k liiimmerten  vnd  angefoclitenen  Stattwesens  höchstnothwcndig 
sein  wird«.  Er  gab  diese  ausweichende  Antwort  vor  allem  des- 
halb, weil  er  die  Wahrheit  nicht  sagen  und  sich  auch  nicht  für 
einen  Feind  erklären  wollte;  denn  den  Schaden  hätten  hievon 
nur  die  Nürnberger  Kaufleute  gehabt') 
Eiobeiting  So  war  das  Ende   des  Monates  Mai  herangekommen, 

wci&enbucvi  Drohende  Wolkctt  stiegen  im  Süden  und  Osten  auf,  immer  beun- 
KaiMjriich.n.  ruhigender  huiteten  die  Berichte  über  kaiserliche  und  bayerische 
Truppenansammlungen. 

Am  22.  Mai  zog  von  der  Wilzburg  herab,  die  eine  kaiser* 
liebe  Besatsung  hatte,  eine  grofse  Anzahl  Kriegsvolks  und  be- 
schofs  die  Stadt,  die  von  der  Bürgerschaft  aufs  tapferste  ver- 
teidigt wurde,  bis  gegen  Mittemacht;  dann  zog  sie  wieder  ab. 

Neun  Tage  nachher  rückte  neuerdings  der  Feind  vor  die 
Stadt,  dii'smal  in  der  Stärke  von  8000  Mann,  und  beschofs 
dieselbe  von  allen  Seiten.  Wohl  wehrte  sich  die  Bürgerschaft 
aufs  mutigste.  Aber  sie  konnte  sich  gegen  die  feind- 
liche Übermacht  auf  die  Dauer  nicht  behaupten  und  muiste  am 
6,  Juni  eine  Kapitulation  eingehen,  in  welcher  der  C'.arnison  der 
Abzug  mit  Sack  und  Pack  versprochen  wurde.  Doch  der 
Akkord  wurde  vom  Grafen  Johann  Philipp  Cratz  nicht  gehalten» 
und  die  Bürger  wurden  ausgeplündert  und  hart  bedrückt. 


Nürnberger  Kreisarchiv.    Katserlässe  am  7.,  19.,  ao.  und  26.  April; 
am  4.,  10.,  13.  und  15.  Mai,  Erla(s  der  Herren  Eltern  am  12.  Mai.  Tom.  XVI. 

fol.  496  und  497,  die  (Urttlich  bamb.  Hoff :  Cammerräih,  auch  Bürgermeister 
nnd  Rat  von  Bamberg   an  Nürnberg   unterm   7    Mai.    Tom.  XVII  fol.  25 
.und  26,  Bedenken  der  Kriegsverordneten.    Tom  XVil.  39—41,  Ratserlar» 
vnd  Bedenken  dei  Dr.  Heinr.  Hlllfs.    Tom.  XVII.  fol.  76— jS,  Bedenken  der 

lloch^ckhrlen.  Tom.  XV II.  42,  Ratserlafs  am  9.  Juni.  Tom  XVII.  43-46, 
Schreiben  an  Bamberg  den  9.  Juni  —  Nürnberger  Stadtarchiv.  Protokoll 
der  Kriegsstube  am  12.  Dezember. 


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— .    229  — 


Bei  der  Eimuthme  Weissenburgs  geriet  auch  der  Nürn- 
berger Hauptmann  Albrecht  Pömer  in  Gefangenschaft  und  wurde 
dem  Akkord  zuwider  nach  Regensburg  geführt.  Auf  die  Kunde 
näiiiücii,  in  welch  gefährlicher  Lage  sich  Weissenburg  befinde, 
hatte  der  Rat  200  Musketiere,  Munition  und  sonstigen  Kriegs- 
bedarf  zu  Hilfe  geschickt  und  sich  der  Weissenburger  auch 
dadurch  angenummen,  dafs  er  Truchsefs,  KhevenhüUer  und  den 
Markgrafen  Hans  Georg  alsofort  benachrichtigte.^) 

Unterdessen  wuchs  auch  in  Nttmberg  die  Angst  vor  dem  Nambn^ 
Feinde  immer  mehr;  denn  von  allen  Seiten  liefen  drohende  '^"'^! 

'  dem  1-fiuuc 

Gerüchte  über  feindliche  Truppenbewegungen  ein.  Unter  anderem 
berichtete  auch  der  Markgraf  Christian,  dafs  sich  um  Auerbach 
in  der  Oberpfals  sehr  viel  kaiserliches  Kriegsvolk  sammle. 

Alsbald  wurde  daher  Gustav  Adolf  hievon  verständigt  und 
gebeten,  Nürnberg,  auf  welche  Stadt  der  Feind  seinem  Ansehen 
nach  den  Marsch  richte,  ydurch  eilenden  starken  sucrurst  bei- 
zustehen, und  wie  damals,  als  Nürnberg  durch  Tilly  sehr  gefährdet 
war,  so  wurden  auch  jetzt  wieder  eine  Reihe  von  Mafsregeln  sum 
Schutze  der  Stadt  getroffen.  »Die  milchwöck,  bretsen  vnd 
ander  milchbrodc  wurden  abgeschafft,  alie  ankommenden  Frem- 
den genau  aufgezeichnet  und  täglich  nur  vier  Stadtthore  geöffnet, 
die  man  aufs  beste  verwahrte  und  besetzte.  Die  Bäcker  durften 
an  die  Fremden  nicht  mehr  als  um  */t  fl.  Brot  verkaufen,  unter 
den  Thoren  wurde  strengste  Aufsicht  gehalten,  dafs  kein  Brot 
oder  Getreide  hinausgebracht  würde,  und  was  der  Verordnungen 
noch  mehr  waren. 

Noch  andere  hochwiclitigc  Punkte  standen  zu  dieser  Zeit 
auf  der  Tagesordnung.  Tetzel  und  Krefs  waren  eben  zurück» 
gekehrt  und  hatten  Über  die  Verhandlungen  mit  dem  König  und 
dessen  Räten  Bericht  erstattet.  Sie  hatten  das  königliche  Lager 
eher  verlassen,  als  es  anfangs  ihre  Absicht  gewesen;  denn  als 
der  schwedische  Rat  Sattler  sich  ihnen  gegeMber  äufserte,  dafs 
Schlammersdorf  dem  Generalkommandanten  Truchsefs  an  die 


•)  Nürnberger  Kreisarchiv.  T.m  XVII.  84-86,  Schreiben  aus  Wei»* 
.«enhurfj  am  22.  Mai.  Tom.  XVTI.  89  untl  90,  Schreiben  an  den  Obersten 
Sperreuth.  Tom.  XVil.  105  und  106,  Schreiben  an  den  Markgrafen  am 
a6.  Mfti.  Tom  XVIL  106  and  107,  Schreiben  an  Sperretitb  «m  26.  Mai. 
Tom.  XVII.  109  und  iio,  124  und  125,  125^127,  Schreiben  an  Sperrenth 
am  17.  Mai  oad  2.  Juni.  Spesialakten  des  30 jährigen  Krieget.  S.  1, 1«.  293,  Nr.  9. 


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Seite  gesetzt  werden  solle,  und  sie  merkten,  es  «rürden  neue 
Anforderungen  an  Nürnberg  gestellt,  schien  ihnen  der  Aufenthalt 
im  königlichen  Lager  nicht  mehr  recht  geheuer.  Allein  kaum 
waren  Tetzel  und  Krefs  in  Nürnberg  angelangt,  als  der  Rat 
volle  Aul  klärung  über  die  neuen  Forderungen  des  Königs  erhielt. 
Hie  Schlam-  ^rn  5.  Juni  schiicb  tlor  Konig    aus  Mcnimiiigcii,    ilafs  er 

KamauMtm.  Generalmajor  von  Scnlamniersdori  verordnet  und  denselben  aus- 
drücklich beauftragt  habe,  >dafs  er  ncmblich  bifs  zu  ankuntlt 
vnsers  general  leutenants,  herzog  Wilhelm  zu  Sachsen  Id.,  inn 
selbigen  löblichen  craifs  defs  von  tag  zu  tag  embrechenden 
vnnd  darinn  Liegenden  feindts  vorhaben  bestem  seinem 
judicio  nach  vnd  vermögen  steuern,  die  von  vnsem  widerigen 
theil  noch  bifs  dato  besetzte  plätz  occupim  vnd  zu  solchem 
ende  vber  vnser  zu  rofs  und  fuefs  inn  erwehnten  frftnckischen 
craifs  befindtliche  soldatesca  das  gubemo  vnd  commando  bifs 
vir  iernere  Verordnung  haben  solle  c.  Er  befahl  in  diesem 
Schreiben  allen  Statthaltern,  Regierungen,  Offizieren  und  Sol- 
daten, wie  dem  von  den  Fürsten  und  Ständen  in  diesem  Kreise 
bewilh'gten  Kriegsvolk  und  Ausschufs,  dafs  der  Kommission 
Schlammcrsdorfs  »satsames  beniiegen  bosehehosc,  und  sprach 
am  Sciüusse  zum  Rate  die  zuversichtliche  Iloifnung  aus,  »dafs 
ewere  bifshero  rühmlich  verspürten  eifTer  nach  ihr  annoch  nichts 
vnterlafsen,  sondern  nochmahlfs  mit  ewerm  geworben  vnd 
erkiesten  landvolck  neben  all  anderer  kriegsbereitschaft  willich 
erweifsen  vnd  ewer  bifshero  getragenen  betrangnufs  neben 
Sperrung  der  Commerden  vndt  victualien  aller  mUglichkeit  nach 
wenden  vndt  offnen  werdet«. 

Gencrahiiajtjr  von  Srhlanimersdorf  aber  liefs  sich  verlauten: 
Zum  Heere,  welches  in  diesem  Kreise  geluldet  werden  sollte, 
wurden  auch,  da  es  nötig,  andere  Heerführer  stofseu,  und  was 
ein  Stand  mehr  heri^eben  würde,  als  die  »proportio  erfordert«, 
das  sollte  demselben  wieder  erstattet  oder  an  der  künftigen 
Kontribution  abgezogen  werden.  Nürnberg  möchte  daher  eifrig 
mit  der  Werbung  fortfahren;  der  König  wäre  ja  erbötig,  das 
Werbegeld   wieder  zu   erstatten   oder  an   der  Kontribution 


Namb«rger  Krd««rchtv.  RaUerlässe  am  2.,  5.,  9.  und  12.  Juni. 
Foin.  XVII.  131  lind  132,  Schreiben  an  den  König  am  5.  Juni.  —  Spestal- 
nkten  de»  30 jährigen  Krieges.  S.  I,  L.  224,  Nr.  23. 


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abzuziehen.  Es  sollte  so  viel  wie  m(^lich  geworbene  Truppen  und 

den  Landesatisschufs  neben  dem  königlichen  Kriegsvolke  und 
dem  anderer  Stände  unter  sein  Koinniaiulu  geben  und  mit 
diesen  für  den  Unterhalt  des  Heeres  Sorge  tragen.  Mit  Stücken, 
Geschütz  neben  allem  Zubehör  und  aller  Munition  sollte  Nürn- 
berg, da  es  in  der  Nähe  wäre,  aufkommen,  bezüglich  der  Ar- 
tilleriepferde aber  sollten  die  benaclibarten  Stände  das  Beste 
thun.  Zum  Rendez-vous  wäre  die  Gegend  von  Erlangen  be> 
stimmt;  Ntlmberg  sollte,  bis  die  Benachbarten  das  Ihrige  von 
weitem  herbeigebracht  hätten,  Brot  und  Mehl  liefern. 

Schliefslich  sprach  Schlammersdorf  noch  die  Hoffnung  aus, 
»man  werde  sein  vergUchenes  tractament  auch  erfolgen  lafsenc 

Was  Schlammersdorf  im  Namen  Gustav  Adolfs  begehrte, 
das  war  im  wi'sentliehen  eine  neue  Auflage  der  Truchsessischen 
Forderungen.  Die  Antwort  des  Rates  war  denn  auch  dieselbe, 
wie  sie  Tru(  hsefs  geworden  war,  trotzdem  Nürnberg  jetzt  in 
viel  gröfserer  Gefahr  als  damals  schwebte.  Man  erbot  sich 
nämlich,  das  Seinige  zu  leisten,  wenn  auch  andere  Stände  das 
Ihrige  dabei  thun  würden.  Und  da  Schlammersdorf  seine  Besoldung 
bei  Nürnberg  suchen  wollte,  erhielt  er  den  weiteren  Bescheid, 
man  müfste  den  mit  ihm  getroflfenen  Akkord  einhalten,  würde 
aber,  falls  er  hiesige  Stadt  und  Landschaft  so  viel  wie  möglich 
verschonte,  »ihme  mit  einer  annemblichen  recompens  an  die  band 
gehen«.  Man  verstand  sich  für  jetzt  nur  dazu,  dafsman  Schlammers- 
dorf durch  mehrere  Tage  hindurch  4000  ^7"  Brot  abfolgen  liefs. 

Der  Rat  war  eben  der  Meinung,  dafs  die  ganze  Kriegs- 
last Nürnberg  aufgebürdet  würde  und  bei  allen  Opfern,  die 
man  brächte,  der  Erfolg  doch  recht  zweifelhaft  wäre,  da  die 
Obersten  unter  sich  uneins  und  das  neugeworbene  Kriegsvolk  und 
der  Landesausschufs  durchaus  untüchtig  wären,  ja  noch  mehr,  dafs 
gerade  durch  diese  kriegerischen  Vorbereitungen  der  Feind  ins  Land 
gelockt  und  veranlalst  werden  könnte,  vor  Nürnberg  zu  rücken.^ 

*|  Tom.  XVII.  158  und  159,  Copia  Königlich  Schwedische  Com- 
mifsion  vff  Herrn  General  Major  Schlammers^lorlT  gerichtet.  Tom.  XVII. 
157,  des  Königs  Schreiben  an  Nflmberg  aus  Memmingen  untenn  5.  Juni. 
Tora.  XVI  500  und  501,  Rf'ation  <1es  RatsmitgUedes  Hanns  Christoph 
Tucher  und  Erlafs  der  Herren  vom  Ausschufs  am  lo^  Juni.  Tom.  XVL 
513  und  514,  Schlnrnmendorffs  Schreiben  an  den  Rat.  Tom.  XVI.  Sos  bis 
5x2,  514  and  515,  517  und  518,  Gutachten  der  Hochgelehrten  und  Kriegs- 
▼erordneten.   Ratserlaft  am  18.  Juni. 


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raistavA<i<.ift         Doch  nahmen  die  Ereignisse  jetzt  eine  Wendung,  welche 
^MdT'*'  die   Schlammersdorfische   Kommission  unnötig  machte.  Der 
Fnuiken.   König»  im  guteu  Glauben»  der  Friedlflnder  würde  seine  ganze 
.  f'*'"*',  .  Macht  auf  den  Kurfttrsten  von  Sachsen  werfen,  eilte  herbei, 

AnkunU  bei  '  ' 

Fürth,     um  seinem  Bundesgenossen  zu  helfen.    Am  15.  Juni  war  er  in 

Weissenburg,  am  16.  zog  er  gegen  Schwabach  und  am  17.  hielt 
er  grofsc  Heerschau  bei  Fürth. 

Nürnberg  mufste  nun  die  schwere  Last  auf  sich  nehmen, 
für  die  königliche  Armee  zu  sorgen.  Gleich  auf  Kreisens 
Schreiben  aus  Pleinfeld  machte  es  sich  mit  60 — 70000  ((  Brot, 
3000  Eimer  Bier,  Fleisch  für  die  Offiziere  und  allem  Nötigen 
für  den  König  selber  gefafst. 

Aber  diese  Sorge  war  nur  die  geringere.  In  immer  stär- 
kerer Anzahl  kam  das  friedUtndische  und  bayerische  Kriegsvolk 
um  Neumarkt  an,  und  die  Stadt  Nürnberg  wurde  hledurch 
immermehr  bedroht.  Zog  der  König,  wie  Krefs  berichtete, 
nach  Sachsen,  su  waren  Blockierung  und  Belagerung  zu  befürchten, 
Stadt  und  Landschaft  konnten  gänzlich  ruiniert  werden,  zumal 
die  Wilzburg,  Forchheim  und  der  Rothenberg  fast  alle  Passe 
und  allen  Handel  gesperrt  hielten,  Proviant  und  Munition  merklich 
abgenommen  hatten,  die  Befestigung  noch  nicht  vollendet  war  und 
zu  aUedem  der  König  auch  noch  alles  Kriegsvolk  aus  dem 
Kreise  abführen  wollte. 

Der  Rat  beschlofs  daher,  Christoph  FUrer  und  Gg.  Chri- 
stoph  Volkamer  an  den  König  sofort  nach  dessen  Ankunft  bei 
Fürth  abzuordnen.  Sie  mufsten  Gustav  Adolf  das  Memorial 
überreichen,  welches  von  Dr.  Richter  so  kurz  als  luu^Hch  be- 
griffen worden  war  und  denselben  um  Rat  bitten,  »wie  man  in 
aincm  vnnd  anderen  sich  zuuerhalten,  die  Sachen  bei  so  be- 
schattener  gelegenheit  in  acht  genommen,  aucli  geraainc  statt 
vnnd  dero  zugethane  conseruirt  vnnd  wegen  so  öfTters  erwiefsener 
treuejrflferiger  zusetzung  nicht  in  vor  äugen  schwebender  gefahr 
gelassen  werden  möchte«.  Fürer  und  Volkamer  wurden  noch 
am  17.  Juni  vom  König  empfangen  und  berichteten  alsbald 
nach  ihrer  Heimkehr,  dafs  der  König  »gegen  hiesige  statt  sich 
sehr  wohl  affectionirt  erwiefsen,  die  allegirte  gefahr  so  hoch 
nicht  aestimirt,  sondern  dafür  gehalten,  dafs  hiesige  statt  dieser 
zeit  schwerlich  werde  atta(|uirt  werdenc.    Immerluu  jedoch  riet 


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er,  sich  auf  Widentand  gefafst  zu  machen;  lauteten  doch  gerade 
jetzt  die  Berichte  immer  drohender.  Sulzbach  hatte  sich  ergeben 
und  bayerische  Besatzung  aufgenommen,  in  Ambeig  waren  18000 
Mann  bayerisches  Kriegsvolk  angekommen. 

Gewifs,  Nürnbergs  Lage  in  diesen  Tagen  war  keine 
beneidenswerte,  und  schwer  war  die  Verantwortung,  welche  auf 
dem  Rate  lastete.  Allein  so  unermtldlich  auch  des  Rates  Wirk- 
samkeit war,  derselbe  fand  bei  einem  grofsen  Teile  seiner  Mit- 
büi^^er  nicht  nur  keine  Anerkennung,  sondern  wurde  schmählich 
verdächtigt.  Dies  beweist  uns  ein  Erlafs  der  Herren  Eltern» 
in  welchem  folgende  Stelle  vorkommt:  »dafs  insgemein  dieser 
tagen  öffentlich  von  meinen  herren  viel  böser  reden  getrieben 
vnd  sie  beschuldigt  worden,  alTs  betten  sie  dem  kayser  viel 
geldes  in  saltzschruben  zugeschicket,  defswegen  sie  dann  bey 
dem  könig  zu  Schweden  in  grose  vngnad  gerathen  vnd  von 
seiner  mayt  zum  theil  schwerlich  würden  abgestralTct  werden.^) 

Immer  rascher  drängten  sich  nun  die  Ereignisse.  Am  Nach-  GusiavAdoiu 
mittaf(  des  19.  Juni  kam  der  König  abermals  nach  Nürnberg  und 

in  nuniDciy 

nahm  Absteigequartier  im  Imhofischen  Hause  aui  demEgydienberg.  am  lo.  «m<i 
Kaum  angelangt,  empfing  er  Christoph  FUrer,  Georg  Christoph  '''' 
Volkamer  und  Dr.  Richter  und  gab  diesen  gegenüber  seine  Ansich- 
ten Uber  die  künftige  Umgestaltung  des  deutschen  Reiches  kund. 

Nun  ist  es  mir  allerdings  nicht  möglich,  Uber  die  hoch- 
interessanten Verhandlungen  wesentlich  Neues  zu  bringen;  doch 
kann  ein  näheres  Eingehen  auf  dieselben  nicht  umgangen  werden, 
schon  deshalb,  weil  die  Stellung  Nürnbergs  zu  den  Ansichten 
des  Königs  für  uns  von  Wichtigkeit  ist. 

Kine  l  l>erraschung  allerdings  wurde  den  Delegierten  des 
Rates  niciit  bereitet.  Denn  schon  am  Abende  des  18.  Juni 
teilten  die  schwedischen  Räte  Sattler  und  Chemnitz  dem  Rate 
der  freien  Reichsstadt  Nürnberg  mit,  dafs  Wallenstein  mit  Kur- 
sachsen wegen  des  Friedens  in  Unterhandlungen  stehe  und  den 
Evangelischen  weitgehende  Zugeständnisse  vorschlage.  Die 
Evangelischen  sollten  nicht  allein,  was  sie  vor  dem  Passauer 


•)  Nürnberger  Kreisarchiv.  Tom.  XVII.  fol.  175  und  i-i>,  177  ff., 
Ratserlässe  am  16.  Juoi.  Tom.  XVII.  210 — 212,  Memorial  au  den  König. 
Rfttserlafs  am  18.  Juni,  Erlafs  der  Herren  Eltern  am  sa.  Jani.  Tom.  XVU. 
186 — iSS,  Ratserlufs  am  19.  Juni.  —  Soden,  Guktav  Adolf  and  sein  Heer 
in  Suddeutschlaad,  I.  Teil,  pag.  197  und  19S. 


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Vertrag  und  Augsburger  Religionsfrieden  eingenommea,  sondern 
auch,  was  nachher  geschehen,  behalten,  ja,  wenn  das  nicht 
genug  wflre,  es  sollten  ihnen  auch  die  örter,  so  sie  neulich 
okkupiert  hätten,  gehören;  man  wäre  sogar  geneigt,  das  religiöse 
Bekenntnis  in  den  Erbländera  freisugeben.  Sie  forderten 
denselben  auf,  über  folgende  4  Punkte  eine  Erklärung  ab- 
zugeben : 

1 .  Ob  dieser  Zeit  ein  Friede  zu  schliefsen  sei. 

2.  Auf  welche  Weise  und  unter  welchen  Bedingungen  ein 
solcher  einzugehen  sei  und  was  für  Versicherungsmittel  dabei  in 
acht  zu  nehmen  seien« 

2.  Wie  der  König  fttr  das,  was  er  für  die  evangelische 
Sache  gethan,  belohnt  werden  solle. 

4.  Wenn  Kursachsen  oder  ein  anderer  evangelischer  Stand 
mit  dem  Kaiser  einen  Partikularfrieden  schliefsen  würden,  »was 
vff  solchen  fall  hiesige  statt  thun  wolle,  ob  sie  es  lenger  mit 
ihrer  rnay.  zu  hallten  oder  zu  den  gedachten  fUrsten  zu  tretten 
gedächten« . 

Der  Konii:.  so  versicherten  die  schwedischen  Räte,  wäre 
nun  sehr  zum  Frieden  geneigt;  allein  ein  solcher  müfste  be- 
ständig  und  sicher  sein.  Die  Staaten  und  Plätze,  welche  er 
von  feindlicher  Gewalt  befreit  hätte,  als  Mecklenburg,  Pommern 
u.  s.  w.,  würde  er  den  rechtmäfsigen  Herren  zurückgeben,  aber 
tdiejenigen  iura  superioritatis  vnd  lehenschafiltenc  behalten, 
welche  vorher  im  Besitze  des  Feindes  gewesen;  »die  andere 
Örtter  aber,  so  sie  von  denn  pontificijs  erobert,  alfs  Würtzburg, 
Meyntz  etc.  gcdfirliteii  ilire  may.  zu  behalten«.  Im  übrigen 
würde  der  Konig  nicliL  ^rigorose«  darauf  beharren,  sondern 
wollte  zuvörderst  das  Gutachten  der  evangelischen  Stände  ver- 
nehmen »vnd  zwar  in  specic,  nicht  in  genere«. 

Die  Ausstellung  eines  solchen  Gutachtens  aber  deuchte 
dem  Rate  sehr  schwer.  Ohne  sich  mit  den  anderen  Städten 
ins  Benehmen  gesetzt  zu  haben,  wollte  und  konnte  derselbe  dem 
König  resp.  dessen  Räten  eine  bestimmte  Antwort  nicht  geben; 
anderseits  aber  war  es  ihm  gerade  jetzt  sehr  darum  zu  thun, 
sich  des  Königs  Gewogenheit  zu  erhalten.  Er  bemühte  sich 
daher,  die  Antwort  /u  \  er/.ugern,  indem  er  auf  einen  Städtetag 
antrug,  der  ja  thatsaciüich  auch  bei  einer  solch  wichtigen  An- 


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gelegenfaeit  geboten  eischien.  Allein  davon  wollten  Chemnitz 
und  Sattler  nichts  wissen,  da  hiebei  nichts  herauskomme,  »vnd 
dörSle  Chur-Sachsen  wol  ein  halbes  jähr  disputim,  in  wefs 
namen  das  ausschreiben  geschehen  solte  oder  welcher  gestalt 

vnd  in  quo  respectu  ihre  niay.  solchen  convent  sollte  be- 
suchen lassen«. 

Trotzdem  blieb  der  Rat  fest,  er  lit-fs  sich  eine  feste  und 
klare  Antwort  nicht  abringen,  indem  er  nur  eine  mündliche  Er- 
klärung gab,  die  ihn  zu  nichts  verpflichtete.  Da  er  aber  für 
sehr  wahrscheinlich  hielt,  dafe  der  König  sich  damit  nicht  be- 
gnttgeo  würde,  setzte  Dr.  Richter  auf  Beschlufs  des  Rates  fol- 
gende Erklärung  auf: 

Ad.  1.  Nürnberg  ist  viel  zu  gering,  hier  Rat  zu  erteilen 
und  den  höheren  Ständen  vorzugreifen  oder  ohne  die  anderen 
freien  Reichsstädte  zu  handeln. 

Ad.  2.  Zu  Heill^ronn  ist  ausführlich  von  den  Vcrsiche- 
riingsinitteln  die  Rede  gewesen,  und  sind  die  Städte  el)en  jetzt 
damit  besciiäftigt,  hierüber  ein  Gutachten  an  den  König  abzu- 
fassen. Die  Städte  verlangen  vor  allem,  dafs  alle  narh  dem 
Absterben  des  Kaisers  Mathias  wieder  die  Evangelischen  in 
Religionssachen  ergangenen  Dekrete  aufgehoben,  ihre  religiösen 
und  politischen  Beschwerden  abgeschafil,  das  Jus  reformandi 
jedem  Stand,  also  auch  den  Städten  im  Stadt*  und  Landgebiete, 
freigelassen  werde  und  neben  genügsamer  Versicherung  auch 
gewisse  iconservatores  pads«  zu  solchem  Frieden  bestimmt 
werden. 

3.  Nürnberg  zweifelt  nicht,  dafs  alle  evangelischen  Stände 
sich  darin  einig  seien,  es  nuisse  dem  König  xwürcklirlie  re* oni- 
pens«  geschehen,  »da  dann  auch  burgermeister  vnd  rath  der 
stat  Nürnberg  an  ihrem  wenigen  ort  vf  das  eUserste  wollen 
cooperirn  helfen  c. 

4.  Die  Evangelischen,  vor  allem  der  Pfalzgraf  August, 
werden  wohl  neben  dem  König  das  Äufserste  thun,  um  eine 
Separation  zu  verhindern. 

So  stand  die  Sache,  als  die  Deligierten  des  Rates  vor 
Gustav  Adolf  beschieden  wurden. 

Der  Friede,  erklärte  der  König,  wäre  wohl  ein  liobes  (int, 
aber  er  müfste  beständig  und  sicher  sein,    Wohl  erböten  sich 


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jetzt  die  Katholiken  zu  allem,  kämen  sie  jedoch  wieder  zur 
Macht«  so  würden  sie  die  Evangelischen  anfs  äufserste  be- 
drucken, »ja  ihre  may.  wolten  lieber  glauben,  dafs  ein  blofs 
papyr  wider  eine  halbe  carthaune  helffen  solte,  alfs  dafs  man 
vnfs  dergleichen  frieden  vnd  stattliche  versprechen  halten 
würde«.  Man  dürfte  sich  daher  ja  durch  die  süfsen  Friedens- 
worte nicht  bethören  lassen,  dazu  könnte  er  selber,  da  er  nur  die 
Rettung  und  die  Freiheit  der  Evangelischen,  nicht  seinen  Nutzen 
und  seine  Ehre  suche,  nicht  raten.  Vielmehr  wäre  zur  dauern- 
den Sicherstellung  der  Evangelischen  ein  corpus  formatum  belli- 
cum  mit  einem  Capo  unumgänglich  notwendig.  Wollte  man 
Sachsen  die  Ftthrung  übertragen,  so  hätte  er  nichts  dagegen*, 
Brandenburg  aber  hätte  sich  dermafsen  feindlich  wider  ihn  be- 
nommen, dafs  er  den  Kurfürsten,  wäre  er  nicht  sein  Schwager, 
von  Land  und  Leuten  wQrde  vertrieben  haben,  »dafs  er  mit 
einem  stecken  hette  müssen  davon  gehen«.  Wohl  hätte  er  auch 
mit  Sachsen  wegen  des  Stiftes  Magdeburg  Differenzen,  doch 
wäre  hier  eine  Verständigung  eher  zu  hoffen  als  mit  Branden- 
burg wegen  Pommern,  das  er  unbedingt  wegen  der  See  haben 
miifste.  Er  wünschte  daher  zu  wissen,  was  die  Städte  thun 
würden,  ob  sie  sich  selbst  schützen  und  ein  Corpus  formatum 
mit  einem  Capo  errichten  oder  sich  mit  dem  König  verbünden 
und  fllr  einen  Mann  stehen  würden.  Dem  König  dürfte  man 
»nullo  alio  nexu  obligat  seync  als  »vinculo  Confoederationist 
und  dafs  man  sich  mit  ihm  verbünde  als  »sociusc;  auch  wäre 
nicht  seine  Absicht,  »novas  leges  imperii«  vorzuschreiben*  Wer 
bei  diesem  corpus  niciu  luiLthun  wollte,  sollte  nur  fern  bleiben. 
Mit  Hilfe  der  Städte  wäre  er  dem  Feinde  gewachsen;  hielten 
Nürnberg,  Ulm,  Frankfurt,  Strafsburg,  Erfurt  und  Augsburg  zu 
ihm,  so  würden  die  Fürsten  umsoweniger  von  diesem  »Corpori« 
ablassen.  Was  endlich  die  Rekompens  beträfe,  so  wäre  es  doch 
billig,  dafs  er  die  den  Papisten  abgenommenen  Länder  behielte 
und  in  denjenigen  evangelischen  Staaten,  die  er  den  recht* 
mäfsigen  Herren  zurückgegeben  hätte,  die  »jura  superioritatisc 
erhielte,  welche  zuvor  der  Kaiser  gehabt  hätte.  Übrigens 
würde  er  in  diesem  Punkte  nicht  strikte  auf  seinen  Forde- 
rungen beharren. 

Nachdem   Gustav  Adolf  in  dieser  Weise  seine  Ansicht 


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(Iber  die  politische  Lage  geäufsert  hatte,  forderte  er  die  Nüra- 
berger  Delegierten  auf,  sich  zu  erklären,  was  Nürnberg  thäte, 
wenn  Kursachsen  oder  ein  anderer  Stand  mit  dem  Kaiser 
Frieden  schliefsen  würden. 

Die  Nürnberger  Abgesandten  sprachen  sich  nun  dahin  aus, 
dafs  sie  auch  ihrerseits  das  Corpus  formatum  als  sehr  nötig 
erachteten  und  dafs  sie  als  Cajio  niemand  anderen  wüfstcn  als 
den  König  «?elber,  dafs  eine  Rekompens  billig  wäre,  tiie  dieser 
de  jure  j^enlium  und  nach  dem  Beispiel  anderer  fordern  könnte, 
und  dafs  man  nicht  glaubte  und  hotfte,  Sachsen  würde  sich 
separieren.  Sie  beteuerten  ihre  Anhänglichkeit  an  den  König, 
hielten  aber  zugleich  auch  mit  ihrer  Meinung  nicht  zurück,  dafs 
die  Städte  ohne  die  Fürsten  su  schwach  wären. 

Ehe  es  aber  zu  einer  Antwort  des  Königs  kam,  trat  der 
geächtete  Kurfürst  von  der  Pfalz  ins  Gemach,  und  die  Audienz 
war  beendet.  Sie  fand  ihre  Fortsetzung  am  Sonntag,  den 
20.  Juni,  nach  der  Predigt,  welche  der  König  in  der  Lorenzer- 
kirche  angehört  hatte,  und  dauerte  1^  Stunden,  Zu  dieser 
Audienz  hatten  sich  auch  die  beiden  T.osunger  eingelunden. 

Die  Nürnberger  wiederholten  ihre  gestrigen  Worte  und 
gaben  die  Versicherung,  dafs  sie  von  dem  nicht  aussetzen 
würden,  was  zum  Besten  der  evangelischen  Sache  »immer  mttg> 
Uch  vnd  dienliche. 

Daraufhin  erwiderte  nun  Gustav  Adolf,  er  sehe  ein,  dafs 
die  Nürnberger  den  jetzigen  »Statum  imperii  Romani  et  quo 
loco  res  nostrae  Stent«  nicht  recht  verstünden,  und  brachte 
wieder  seine  tags  vorher  geäufserte  Meinung  über  den  Frieden 
und  das  Corpus  formatum  vor.  Er  wolle  nicht,  fuhr  er  weiter, 
dafs  man  die  "Constitutiones  imperiii  miteinander  autTiebe,  son- 
dern dafs  man  eine  »corpus  in  corpore,  nämlich  ein  Corpus 
formatum  Evangelicorum  per  se  subsistens  in  ipse  corpore  im- 
perii Romani«  errichte,  wobei  auch  für  das  Corpus  ein  Paria* 
ment  nötig  sei,  dem  der  Capo  präsidieren  müsse. 

Des  weiteren  beklagte  er  sich  bitter  Über  die  Disciplin. 
losigkeit  der  Soldaten  und  dafs  man  ihm  alles  verheimliche; 
freilich  mttfste  man  auch  den  Soldaten  die  nötigen  Bedürfnisse 
geben.  Er  rügte,  dafs  man  noch  immer  einen  Unterschied 
machen  wolle  zwischen  Kaiser  und  Reich,  welche  Unterscheidung 


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doch  nur  9imaginaria  vnd  philosophicac  sei  und  man  für  die 
grofse  gemeinsame  Sache  keine  Opfer  bringen  wolle.  Etliche 
Stände  hätten  zwar  zu  Würzburg  72  Monate  bewilligt,  doch  das 
wäre  lange  nicht  genügend;  von  einigen  wäre  auch  das  Wenige 
nicht  erfolgt. 

Die  Nürnberger  erklärten  nun  eine  gesamte  Deliberation  und 
hiezu  eine  Städtezusammenkunft  als  durchaus  notwendig.  Der 
König  war  denn  auch  damit  einverstanden  und  teilte  noch 
mit,  er  werde  mit  den  Fürsten  verhandeln,  die  Städte  >^uiilen 
in  Frankfurt  /.usanimcnkonimen  und  unter  dem  Vorsitze  des 
Reichskanzlers  üxensUerna  tagen.  Nürnberg,  so  schlofs  er, 
sollte  bedenken ,  was  ein  Corpus  auszurichten  vermöchte, 
das  Poromern,  Mecklenburg,  Ober-  und  Niedersachsen,  PfaU, 
Franken,  Schwaben,  den  Rheinstrom  bis  an  die  Weser  und  die 
vornehmsten  Reichsstädte  umfassen  würde. 

Nach  dieser  Audienz  folgte  eine  festliche  Mittagstafel  und 
darauf  ein  Tanz  von  3  —  Q  Uhr.  Dann  ging  es  wieder  zur 
Tafel.  Gegen  Mitternacht  fuhr  der  König  wieder  in  sein  (^)u:irtier 
nach  Furth  zurück.  An  dem  Rate  war  es  nun,  die  vom  König 
gewünschte  scliriltliche  Mittething  der  mündlichen  Aufserun^en 
alsobaki  abzugehen.  Deren  kurzer  Inhalt  ist  dem  Sinne  nach 
folgender;  Wir  halten  das  Corpus  beHimm  sehr  notwendig  und 
als  Capo  niemand  geeigneter  als  Majestät;  wir  werden  zur 
Städteversammlung  nach  Frankfurt  abordnen  und  dahin  wirken, 
dafs  der  König  zu  seinem  Zwecke  komme.  Wir  leben  der  Zu« 
versieht,  der  König  werde  die  Stadt  auch  fernerhin  beschützen, 
damit  dieselbe  durch  die  angedrohte  und  nahende  Gefahr  nicht 
ganzlich  ruiniert  werde. 

Diese  Erklärung  bchagtc  je(h)cli  den  ktiniglichen  Räten 
sehr  ulmiIi;.  Sie  hielten  diesell*e  zu  kurz  und  zu  all- 
gemein und  rügten  insbesondere,  dal's  das  Corpus  formatum 
nur  bellicum,  nicht  auch  politicum  genannt  sei,  dafs  man 
nicht  beigesetzt  habe,  dafs  es  auch  nach  geschlossenem 
Frieden  »einen  wegs  alfs  den  andern  bestendig  bleiben  soltec, 
dafs  von  der  Rekompens  »in  specie«  nichts  beigefügt  sei,  »und 
dann  auch  allerdings  aufsgelassen  hettcn,  was  dann  hiesige  ^tatt 
vf  den  casum  separationis  aHorum  bey  ihrer  may.  zu  thun 
gesinnet«.  Sie  begnügten  sich  auch  nicht  mit  den  Einwendungen 


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der  Nüraberger,  die  Differenten  bestünden  zum  Teil  mehr  in 
Worten  als  in  der  Sache,  zum  Teil  aber  wUrde  sich  ailes  in 
Frankfurt  finden,  weshalb  denn  die  Nürnberger  die  erste  Reso- 
lution,  jedoch  ungesiegelt,  Übergaben,  die  allerdings  länger,  aber 
inhaltlich  ebensowenig  bindend  war  die  zweite. 

Damit  schliefse  ich  die  Beschreibüng  dieser  denkwürdigen 
Vorhandlungen.  Sic  sind  weniger  interessant  durch  die  Stellung- 
nahme Nürnbergb  zu  den  Plänen  Gustav  Adolfs,  welche  ja,  im 
Grunde  genommen,  nur  abwartend  und  zurückhaltend  sein  konnte,  * 
sondern  weil  sie  uns  des  Königs  Meinung  und  Willen  über  die 
künftige  Gestaltung  des  Reiches  offenbaren. 

£in  evangelisches  Deutschland  innerhalb  Gesamtdeutsch- 
land mit  Gustav  Adolf  an  der  Spitze,  dieser  selbst  durch  den 
Besitz  den  der  Papisten  abgenommenen  Länder,  wie  Würzburg, 
Mainz  u.  a.,  durch  Pommern,  das  nach  dem  Aussterben  des  da- 
maligen Herrscherhauses  ganz  an  die  Krone  Schweden  fallen 
sollte,  durc  h  Mecklenburg,  wo  er  an  Stelle  des  Kaisers  die 
1  loheitsrechte  ausübte,  ein  mächtiger  deuts(  her  Reichsfürst  — 
das  bedeutete  eine  gänzliche  Uniw  ;ilzungderpoiitischenVerhältni«;sc. 

Ob  Gustav  Adolf  auch  die  Hand  nach  der  deutschen 
Kaiserkrone  auszustrecken  gedachte,  wer  vermag  dies  mit  Be- 
stimmtheit zu  bejahen  oder  zu  verneinen? 

Er  selbst  hat  davon  nichts  gesagt.  Aber  seine  Räte, 
Katholiken  und  Protestanten  glaubten  daran. Pline  Stimm« 

Welche  Absichten  man  von  katholischer  Seite  dem  König  , 
zutraute,  darüber  gibt  uns  eine  Flugschrift  Aufschlufs,  deren  £r*  Laffer  über 
scheinen  in  etwas  spätere  Zeit  fällt,  die  aber  gleichwohl  hier  '^^J"]^^^^ 
Platz  finden  niat;.    Es  heifst  da:   Gustav  AdoU'  wird  deutscher 
Kaiser,    der  als   solcher  wegen  Fortsetzung   des  Krieges  nach 
Italien  seine  Residenz  in  Augsburg  hat,   und  erhalt  die  F'r/his- 
tümcr  und  Bistümer  Magdeburg,  Salzburg.   Hamberg,  VVürzburg, 

Niimbert^er  Kreisarchiv.  Tom.  XVII.  190  ff.,  Relation,  was  clt-s 
Ivönig»  Abgesandter  niünciiich  vorgebracht.  Tom.  XVil.  194  IT.,  Bedenken 
der  Hochgelehrten  am  19  juni.  Tom.  XVIL  300 — 304,  Ratserlafs  »m 
19.  Jaikl  und  Resolation  rom.  XVIL  ao6  IT.,  Ratst  rlafs.  Tom.  -XVIL 
234  —  247,  Relation,  was  bei  beiden  Audienzen  der  Kl;I.  Maj  zu  Sch.vcilon 
den  19.  und  20  Juni  „allhier  angebracht  vnd  beaDlworlel  worden",  l  um. 
XVIL  219,  Ratserlafs  am  21.  JnnL  Tom.  XVIL  223  und  224,  schriftliche 
Resolution.  —  Soden,  Gustav  Adolf  und  sein  Heer  in  Si:«ldeiitschl;ind, 
pag.  295 — 309.  Auch  Droysen,  Brovt^r  n.  n.  —  Nürnberijer  St  i  lt  u ch i vv 
Chronik,  Geschichten,  die  sich  un  Wli. Jahrhunderl  ereignet  haben.   77  2". 


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—    240  — 


Passau  und  Halberstadt,  das  Herzogtum  Ober-  und  Nieder- 
poromern,  die  Stadt  Wismar  in  Mecklenburg,  die  Königreiche 
Böhmen  und  Ungarn  und  alle  Erbländer  des  Hauses  Österreich. 

Der  Pfalzgraf  Friedrich  bekommt  seine  Erbländer  wieder 
und  dazu  sämtliche  Erbländer  des  Kurffirsten  Max  I.  nebst  dem 
Bistum  Kcgcnsburg.  Pfalzgraf  August  zu  Sulzbach  wird  Herr 
von  Mainz,  Speyer  und  Worms  und  erhält  nach  dem  Absterben 
des  Kuiiurstcn  von  Trier  die  junge  Pfalz-Ncubuig  und  Jülich. 
Kurköln  und  Münster  werden  zu  den  Generalstaaten  geschlagen, 
Kurtrier  aber  koninit  an  den  Herzog  von  Holstein^  iottorp.  Die  üb- 
rigen Bistümer  werden  ebenfalls  unter  protestantis(  he  Fürsten  verteilt. 

Damit  wäre  das  evangelische  Deutschlaad  fertig,  der 
Katholizismus  ausgerottet.    Doch  es  sollte  anders  kommen« 

Jetzt  stand  Gustav  Adolf  auf  dem  Gipfel  seiner  Macht;  ge* 
lang  es  ihm  auch  noch,  seinen  neuen  grofsen  Gegner,  den  Herzog 
von  Friedland,  zu  besiegen,  so  stand  ihm  menschlichem  Er- 
messen nach  nichts  im  Wege,  seine  Icühnsten  Pläne  zu  verwirk» 
liehen.  Allein  bei  Nürnberg  brach  sich  seine  Macht,  und  noch 
war  das  Jahr  nicht  zur  Rüste  gegangen,  hauchte  er  seine  Heldcn- 
seele  auf  dem  Lützener  Sddachtfeide  aus,  und  mit  ihm  sank 
der  stolze  Bau,  den  er  aufzuführen  gedachte,  in  TrUmmer.*') 
Schhift.  Hiemit  schliefsc  ich  meine  Arbeit. 

Die  Geschichte  der  von  mir  geschilderten  Zeit  bietet  zwar 
kein  allgemeines  Interesse ;  denn  die  freie  Reichsstadt  Nttrnberg 
war  ja  nur  ein  kleiner  Stand,  dessen  Stimme  bei  den  grofsen 
schwebenden  Fragen  nicht  ins  Gewicht  fiel.  Aber  ist  der  Beitrag 
zur  Geschichte  des  dreifsigjährigen  Krieges  auch  nur  ein  kleiner, 
so  ist  er,  glaube  ich,  doch  nicht  ohne  geschichtlichen  Wert. 
Wir  erhalten  durch  ihn  Aufschluls  über  die  Pi^litik.  einer  evan- 
gelischen Stadt,  deren  Bürgerschaft  ganz  schwedisch  gesinnt  war, 
deren  K.at  aber  nur  zögernd,  gleichsam  Schritt  für  Schritt,  das 
Band  mit  Gustav  Adolf  immer  fester  knüpfte  und  immer  sein 
Augenmerk  darauf  riclitete,  sich  die  CinadenthUre  beim  Kaiser 
offen  zu  erhalten.  Und  was  hier  von  Nürnberg  gilt,  mag  mehr 
oder  weniger  auch  von  anderen  Reichsstädten  gelten. 

"}  Öffentliche  Bibliothek  in  Dresden.    Extracl-Schreibeni,  als 

Ditpotitio  RomaBi  Imperij  in  nonam  fonnam  Saeeicam.  Hist.  Germ.  c.  554i  7S. 


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Beiträge  zum  Briefwechsel 
des  altern  Hieronymus  Baumgärtner 
und  seiner  Familie. 

Von 

Lic  Dr.  Nikolaus  Müller,  Univ.-Prof.,  Berlin. 


Nur  wenige  Männer  spielen  in  der  politischen,  kirchlichen 

und  Gelehrten -Geschichte  Nürnbergs  im  Jahrhundert  der  Re- 
fürmation  eine  solch  wichtige  Rolle  wie  Hieronymus  Baumgärtner 
der  Ältere,  geboren  im  Jahre  1498,  gestorben  im  Jahre  1565, 
dessen  Name  mit  vollen  vierzig  Jahren  Niirnbergischer  Geschichte 
enge  verwachsen  ist.  Schon  vor  seiner  Verheiratung  in  den 
Rat  der  Stadt  gewählt,  eine  £hre,  die  bis  dahin  keinem  andern 
2U  Teil  geworden,  bekleidete  er  eine  Reihe  von  Ämtern,  nm  in 
seinen  reiferen  Mannesjahren  sogar  in  das  Septemvirat  und 
Triumvirat  einzurücken.  Aber  nicht  nur  in  dem  doch  immerhin 
engen  Rahmen  der  Verwaltung  seines  heimatlichen  Gemeinwesens 
machte  sich  sein  Einflufs  geltend ;  die  hervorragende  Rednergabe 
und  das  diplomatische  Geschick  Baumgärtners  bewirkten,  dafs 
er  bereits  in  den  zwanziger  Jahren  des  16.  Jahrhunderts  mit 
schwierigen  auswärtigen  Missionen  betraut  wurde.  Bis  zu  seiner 
tragischen  Gefangenschaft  vertrat  er  seine  Vaterstadt  auf  fast 
allen  Städte-,  Bundes-  und  Reichstagen,  und  dadurch  fand  er 
Gelegenheit,  auch  auf  die  Gestaltung  der  Reichspoiitik  kräftig 
einzuwirken. 

So  bedeutend  indessen  auch  die  Thätigkeit,  die  Baumgärtner 
bei  der  Leitung  der  innem  und  äufsem  Angelegenheiten  Nflm> 
bergs  entfaltete,  und  so  grofs  seine  Erfolge  nach  diesen  Seiten 

waren,  so  nennt  doch  die  Geschichte  noch  andere  Namen,  die 
«sich  gleich  oder  ähnlich  grofse  Verdienste  erworben.  Einzig- 
artig und  epochemachend  zugleich  war  dagegen  seine  Wirksam- 
keit auf  dem  Gebiet  des  Nürubergischen  Kirchen-  und  Schul- 
wesens. Während  der  gelehrte  Christoph  Scheurl  trotz  aller 

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—    242  — 


humanistischen  Neigungen  mit  dem  römischen  Kirchentum  nie 
völlig  brach  und  der  edle  Ratschreiber  Lazarus  Spengler  trotz 
seines  mannhaften  Eintretens  in  Wort  und  Schrift  fttr  die  Sache 
des  Evangeliums  den  Sieg  der  Reformation  in  der  fränkischen 
Reichsstadt  höchstens  anbahnen  half,  veiliefs  Baumgärtner  schon 
in  seinen  Stucicntenjahrcn  die  Fahne  des  Humanismus,  um  sich 
offen  Luther  zuzuwenden,  und  benützte  er  seine  Wahl  zum  De- 
putierten bei  dem  für  die  Einführung  der  Reformation  in  Nürn- 
berg entscheidend  gewordenen  Kolloquium  im  März  1525,  um 
Wittenberg  zum  endgiltigen  Sieg  über  Rom  zu  verhelfen.  Wurde 
infolge  der  Geisterschlacht  im  grofsen  Rathaussaal  aber  nur  das 
Gebäude  der  Refonnation  in  seinem  Rohbau  fertig  gestellt,  so 
fiel  weiterhin  Baumgärtner  die  Aufgabe  zu,  dasselbe  zu  vollenden, 
und  dies  namentlich  seit  dem  Jahre  1533,  als  Nürnberg  eine 
besondere  Behörde,  ein  Dikasterium  errichtete,  das  wie  ander- 
wärts die  Konsistorien  mit  der  Leitung  der  kirchlichen  und 
Unterrichtsangelegenheitcn  betraut  wurde,  und  Raumgärtncr  als 
> Kircheni)f1eß:er«  an  die  Spitze  dieser  neuen  Abteilung  inner- 
halb des  Rates  berief.  Seine  Energie,  der  freilich  Übereilung 
und  Schroffheit  fremd  waren,  und  seine  Milde,  die  sich  jedoch 
von  Schwächlichkeit  frei  hielt,  liefsen  Baumgärtner  den  wichtigen 
Posten,  dessen  Rechte  und  Pflichten  an  die  Befugnisse  und 
Obliegenheiten  eines  Kultus-  und  Untenichtsministere  und  Kon- 
sistorialpräsidenten  der  Neuzeit  erinnern,  lange  Zeit  hindurch  zum 
Segen  seiner  Vaterstadt  versehen.  Mit  den  Wittenbergern,  nament- 
lich mit  Luther  und  Melanchthon,  persönlich  befreundet, 
erbat  er  sich  in  allen  wichtigen  Angelegenheiten  von  diesen  Rat 
und  Unterstützung,  ohne  jedoch  damit  die  örtlichen  Verhältnisse 
Nürnbergs  mit  ihren  besonderen  Bedürfnissen  aus  den  Augen 
zu  verHeren  und  seine  Handlungsfreiheit  preiszugeben,  kein 
Wunder,  dafs  sich  in  dem  Gebiet  der  fränkischen  Stadt  unter 
seinem  £influfs  ein  Kirchen-  und  Schulwesen  herausbildete,  das 
in  vielen  Stücken  den  Stempel  der  Originalität  trägt. 

Die  Thätigkeit  Baumgärtners  als  Kirchenpfleger  war  eine 
Oberaus  vielseitige.  Er  berief  und  leitete  die  Kirchenversamm- 
lungen der  Nürnberger  Geistlichen,  betrieb  die  Abhaltung  von 
Kirchenvisitationen,  arbeitete  an  der  Herstellung  der  Gottesdienst- 
ordnung und  der  Ausgestaltung  der  Rirciienv erlassung,  besetzte 


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—    243  — 


die  erledigten  oder  neu  geschaffenen  Kirchen«  und  Schulstellen, 
sorgte  fflr  einen  tüchtigen  Nachwuchs  von  Predigern  und  Schul- 
männern, Indem  er  tachtigen  Studenten  durch  Verleihung  von 

Stipendien  ihre  wissenschaftliche  Ausbildung  erleichtern  half, 
errichtete  eine  Bibliothek  als  ein  wirksames  Förderungsmittel 
gelehrter  Studien  u.  s.  w. 

Trotz  dieser  arbeitsreichen  Thätigkeit  fand  jedoch  der 
Nürnberger  Patrizier  noch  Zeit  genug,  um  sich  fttr  die  wissen- 
schaftlichen Bestrebungen  auf  dem  Gebiet  der  Theologie,  Philo- 
sophie und  Philologie  zu  interessieren  und  diese  mit  freigebiger 
Hand  zu  unterstützen.  ^ 

Das  beste  Bild  von  der  ausgebreiteten  und  erfolgreichen 
Wirksamkeit  wie  von  der  edeln  Persönlichkeit  Baumgärtners 
überhaupt  gewährt  sein  Briefwechsel,  den  eine  Biographie  des 
Mannes  wird  vor  allen  andern  Quellen  zum  Ausgangspunkt  nehmen 
müssen  Leider  hat  die  Zeit  den  Briefen  Baumgärtners  selbst  so 
Übel  mitgespielt,  dafs  von  ihnen  nicht  allzu  viele  die  Gegenwart 
Überkommen  hat,  während  dagegen  Dank  seinem  Sammelfleiis 
eine  verhältnismäfsig  grofse  Anzahl  von  den  an  ihn  gerichteten 
Schreiben  uns  aufbehalten  ist,  so  mehr  als  300  Nummern  aus 
der  Feder  Melanchthons,  weiter  Briefe  von  Theologen,  wie 
Luther,  Justus  Jonas,  Wenzel  Link,  Veit  Dietrich, 
Georg  Maior,  Paul  Eber,  Victorin  Strigel,  von  Philo- 
logen, Historikern,  Medizinern  und  Dichtern  wie  Joachim  Ca- 
merarius  d.  Ä.,  Johannes  Stu  rm,  Nikolaus  Gerbel,  Kaspar 
Peucer,  Eoban  Hefs,  Johannes  Stigel,  von  dem  Herzog 
Albrecht  vonPreufisen  und  dem  spätem  Bischof  Julius  Pflugu.a. 

Im  Folgenden  bringe  ich  eine  Reihe  von  Schreiben  als 
Beiträge  zum  Briefwechsel  des  ältem  Hieronymus  Baumgärtner 

und  seiner  Familie  in  chronologischer  Reihenfolge  Z4im  Abdruck. 
Neun  weitere  Originalbrietc  von  Baumgartner  an  Melanchthon  — 
vom  30.  Aj-ril  133::!,  24.  September  1 53Q,  7.  Juli  1548,  3.  Juli  1549, 
4.  August  und  1.  Dezember  1553,  b.  April  1554,  10.  Januar  1558 
und  8,  April  1559  —  entnommen  aus  einem  Sammelband  der 
von  Wallenbergschen  Kirchen-Bibliothek  zu  Landeshut  in  Schlesien, 


')  Es  itt  fludn«  Abitcht,  späterhin  dae  Monographie  ttberBanmgiitncr 
SU  liefern. 

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—    244  — 


gedenke  ich  in  meinen  Nachträgen  zur  Melanchtbon-Korrespon- 
denz  in  Bälde  Teröffentlichen  zu  können. 

FUr  den  Abdruck  der  nachfolgenden  Stttcke  werden  im  All- 
gemeinen dieselben  EditionsgrundsäUe  angewendet,  die  mich  bei 
meiner  Bearbeitung  der  Lutherschen  Schriften  im  8.  Bande  der 
kritischen  (Weimarer)  Lutherausgabe  leiteten.  Wegen  Mangels 
entsprechender  Typen  werden  bei  Brief  Nr.  V  anstatt  ,,a"  und 
„o"  mit  übergeschriebenem  „e":  „ä"  und  „ö*'  gesetzt. 


1. 

Hieronymus  Baumgärtner»)  an  seine  Frau^). 

Kegensburg.   1541.  Mai  19. 

Adr.  Meiner  freuntlichen  lieben  Hausfrauen,  Siby  IIa  Hie- 
ronymus Baumgartnerin,  zu  Nurmbeig. 

Mein  freuntlich  grus  zuvor,  freuntliche  liebe  hausfrau,  wiis 

mich  noch  bey  guter  gesontheit,  des  gleichen  hoff  ich  von  euch 
allou  auch  zuvcrnemcu.  Ich  luib  dir  neulich  bey  dem  Ileiiitzle 
gcschriben,  hotT,  es  sey  dir  worden,  und  wullcst  Heis  furwcnden, 
das  dir  bey  der  Ulrich  Hallerin'')  ein  baretlein  auts  lurder- 
Hchst  last  machen,  daran  ich  aufs  wenigst  ein  gülden  ersparen 
will:  dann  bey  dem  Hans  Ebolt  und  Hans  waltzen  hab  ich 
frag  gehabt,  sy  sein  aber  hie  nit  dartzu  gerust,  das  sy  an  iren 
schaden  mir  ettwas  wolfails  konten  geben.  Ich  besorg,  ich 
werd  weder  zum  Stingelhamer^),  noch  zum  Muckentaler«) 
können  reiten,  dann  wir  alle  tag  auff  handlang  müssen  warten, 
und  doch  die  zeit  vergeblich  verKeren:  dann  wie  es  sich  noch 
bis  her  anlast,  wirt  diser  rcichstag  noch  vor  S.  Barthini  es  lag 
oder  villeirht  Michaelis  sein  endt  nit  erlani;en.  Ich  vcrhoff 
aber,  ich  woll  in  kurtz  erledigt  wer<len .  aufs  w  enigst  ein  Zeit- 
lang heim  fureiten.  Ich  weis  dir  auch  nit  zuschreiben,  was 
ich  guts  verhoff  von  disorn  tag,  allein  das  höh  von  noten  ist, 
Gott  den  AUmechtigen  mit  ernst  zubitten,  das  er  seinem  wort 
und  namen  die  eer  geben  wöll  und  den  Widersachern  ire  an- 
schleg  zunichten  machen.  Dann  warlich  menschlicher  vemunft 
nach  zurechnen,  ist  es  nie  ferlicher  gestanden  dannjetzo.  Gott 
geb  sein  genad  dartzul  Mukentaler  hat  mir  geschriben,  er 
woli  bald  zu  mir  hieherkommen,  des  bin  ich  allso  gcwertig. 


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—    245  — 

Der  Schrenck')  ist  hie,  hat  aber  so  vil  zaschaffen,  das  er  bis 
her  nie  mit  uns  hat  essen  können.  Will  des  pfeffermete  gegen 
mir  nit  vorgessen.   Hiemit  got  befoHien.  Datum  Regenspurg, 

doncrstag  19.  Maii  1541. 

Hiero.  Baumgartner. 

Wenn  der  Schaffer  gelt  will  haben,  so  lass  dir  gelt  vom  Hein- 
rich Holtzschuer^)  bringen,  oder  laCs  es  dem  Schurstab^) 
antzeigen,  das  er  im  daselben  schaff,  so  vil  er  bedarff,  was  d« 

suiibt  /.u  der  wochenliclicn  ausgab  den  kirchenk^.  bedarfst,  hast 
du  dann  grob  gellt,  so  gib  in  das,  wo  nit,  so  bitt  den  schur- 
stab,  das  er  dir  gellt  aus  dem  Kloster  lais  bringen. 

Gib  der  Schurstabin  disen  Brief  allein,  das  es  niemandt 
seh,  ob  es  gleich  ein  tag  oder  2  verzogen  wirdt,  bis  du  selbs 
zu  ir  kombst. 

Original.     1  Blatt  in  Folio.    Siegel  erhalten. 
[Berlin,  Kgl.  Bibliothek,  Meusebaclische  Sammlung.] 

a)  Baumgärtner  vertrat  auf  dem  Reichstage  in  Regensburg 
die  Stadt  Nürnberg  als  deren  Abgeordneter.  Daneben  hatte  er 
aber  noch  von  Herzog  Albrecht  von  Preufsen  den  Auftrag  er- 
halten, dessen  Gesandten,  Christoph  von  Kreitz,  mit  seinem 
Rath  zur  Seite  zu  stehen ,  ein  Auftrag,  zu  dem  sich  der 
Herzog  vorher  die  ausdrückliche  Erlaul>nis  der  obersten  Behörde 
in  Nürnberg  eingeholt.  Mit  Rücksicht  auf  dieses  besondere 
Mandat  erstattete  Baumgärtner  im  Jahre  1542  dem  preufsischen 
Fürsten  Bericht  über  das  Resultat  des  Regensburger  Tages. 
Vgl,  Voigt  im  »Anzeiger  für  Kunde  der  deutschen  Vorzeit c« 
N.  F.  2.  Jahrgang  (1854)  S.  133  f. 

b)  Die  Adressatin  des  Briefes,  mit  Baumgärtner  seit  dem 
23.  Januar  des  Jahres  1326  verheiratet,  war  die  zweite  Tochter 
Bernhard  Tichtels  (Dichteis)  von  Tutzing,  herzoglichen  Pflegers 
zu  Starnberg  im  Jahre  1528^),  der  wegen  seiner  Hinneigung  zur 
Lehre  Luthers  im  Jahre  1524  im  Falkenthurm  zu  München  in- 


*)  Ein  Bernhard  Tichtl  erscheint  als  Pfleger  von  Tutzing  und  Möring. 
Vgl.  Oberbayerisches  Archiv  f&r  vaterliadische  Geschichte.  22.  Band.  S.  ti. 
Nr.  lo.  S.  14  Nr.  3«    Ob  hier  aber  unser  Tichtel  gemeint  ist,  Ifilst  sich 

nicht  enUcheiden. 


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^   ^46  ^ 

temiert  und  erst  nach  wiederholtem  Verhör,  geleistetem  Wider- 
ruf  und  Zahlung  einer  Strafsumme  von  nicht  weniger  als 
2000  Gulden  im  Jahre  1525  frei  gelassen  wurde^ ).  Tichtel  war  ein  in 
den  nttrnbergischen  Handelskreisen  wohlbekannter  Mann,  wie 
auch  das  mannhafte  Eintreten  des  Bundesrates  Krefs  zu  gunsten 
des  Gefangenen  zeigt'*).  Als  Besitzer  bezw.  Pächter  von  Kupfer- 
bergwerken erscheint  Tichtel  wiederholt  in  Kontrakten,  darunter 
auch  in  einem  Vertrag,  den  er  am  24.  Januar  1531  mit  seinem 
Schwiegersohn,  dessen  Verwandten  Bernhard  Baumgartner  und 
andern  wegen  Ausbeutung  des  Kupferbergischen  Bergwerks  ab- 
schlofs').  Diese  Be:^ichunfTon  zu  Nürnberg  und  vielleicht  auch 
seine  Sympathie  für  die  Reformation  erklären  aber  unschwer 
die  Thatsache,  dafs  Baumgartner  sein  Schwiegersohn  wurde. 

c)  Ulrich  Haller  wurde  im  Jahre  1517  zum  Genannten 
des  gröfsem  Rates  in  Nürnberg  bestellt  und  gehörte  diesem 
bis  1532  an.  Vgl.  J.  F.  Roth,  Verzeichnifs  aller  Genannten  des 
gröfsem  Raths  u.  s.  w.  S.  61.  Vermuthch  starb  er  in  dem  zu- 
letzt erwähnten  Jahre.  Darnach  kuiinte  Ulrich  Hallerin  seine 
Wittwe  sein,  Sie  selbst  wird  namhaft  gemacht  in  >Mitteihingen 
des  Vereins  für  die  Geschichte  der  btadt  Nürubergc.  3.  Heft 
(1881)  S.  164. 

d)  Die  adelige  Faraihe  St ingelheim  ist  im  16.  Jahrhundert 
zahlreich  in  Ober»  und  Niederbayem  vertreten.  Es  begegnen 
Glieder  dieses  Geschlechtes  in  Siegershausen»  Weichbouen,  Turte- 
ning,  Khirchberg,  Hausbach,  Kelbach.  Vgl.  Oberbayerisches 
Archiv  für  vaterländische  Geschichte  42.  Band  (1885)  S.  22 
Nr.  19;  S.  38  Nr.  11;  S.  39  Nr.  17;  S.  45  Nr.  10  und  11;  S.  50 
Nr.  6  und  Register  zu  Band  21—30  S.  262. 

e)  Unter  Muckentaler  ist  der  Verfasser  der  nachstehenden 
Briefe  Nr.  III  und  IV  zu  verstehen.  J)er  lU-iname  Werners  be- 
zieht sich  aut  das  Gut  vSondersdorf  oder  Sandersdorf,  das  lange 
Zeit  im  Besitz  der  Familie  Muckenthal  (Muggenthal)  war.  Vgl. 
Oberhayerisches  Archiv  u.  s.  w.  33.  Band  (1874)  S.  285.  Unser 

*)  Vgl.  V.  A.  Winter,  Geschichte  der  Schicksale  der  v  i  gelischen 
Lehre  in  und  durch  Baiern  u.  s  w.  i  Rand  S  1S2  ff.  J.  K.Jörg,  Deutsch» 
land  in  der  Kevolutions-Periode  von  1522  bis  1526.  S.  345  f. 

*)  Vgl,  Jörg  «.  «.  O.  S.  346. 

*)  J.  F.  Roth,  Geschichte  dei  NOnhergischeii  Handels  i.  Theit 
S.  37a  ff. 

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—    247  ^ 

Muckental,  der  auch  a.  a.  O.  42.  Band  (1885)  S.  19  erwähnt 
wird,  war  von  1525  bis  zm  seinem  am  i.  Oktober  1557  erfolgten 
Tode  Pfleger  in  Vohburg  an  der  Donau.  Vgl  a.  a.  O.  26.  Band 
(1877)  S.  142.  Dafs  Werner  von  Muckental  der  Schwager 
Banrngärtners  war»  lassen  dte  Briefe  III  und  IV  erkennen.  Er  war 
seit  dem  Jahre  1524  mit  der  ältesten  Tochter  Bernhard  Tichtels, 
Monica,  verheiratet.  Vgl.  v.  Frey,  bayr.  Adelsbeschrei!  uml^  des 
Johann  Franz  (Erker>.  Bischof  von  Freising,  Handschrüt  der 
Müncbener  Hof-  und  Staatsbibliothek  Cod.  bav.  2290. 

f)  Bartholomä  Schrenk,  auch  Bartholomä  der 
Schrenkh  u.  s.  w.  genannt,  Sprosse  des  alten  Mflnchener 
Patriziergeschlechtes  der  Schrenke,  dessen  einer  Zweig  von  dem 
sächsischen  Rate,  Dr.  Johannes  Schrenk,  im  15.  Jahrhundert  nach 
Sachsen  und  Meifsen  verpflanzt  wurde,  teilt  mit  seinem  Grofs- 
vater,  Urgrofsvater  und  Ururgrofsvater  den  gleichen  Vornamen. 
Er  wurde  als  ältester  Sohn  Kaspar  Schrenks  von  Notzing  zu 
Egmating  und  Elisabetha  Hoferins  am  6.  Januar  1 499  geboren  ^). 
Freymann^)  bemerkt,  dafs  Bartholomäus  Sch.  in  seiner  Jugend 
Frankreich  besucht  habe,  und  rühmt  ihn  als  guten  Fechter  und 
Tumierer,  Nach  derselben  Quelle  besafs  er  »ain  sondern  Ver- 
standtauf  das  Geschütz,  kam  dardurch  umb  ain  Aug«.  V.Prey") 
bringt  den  Verlust  des  Auges  in  Zusammenhang  mit  der  Teil- 
nahme Schrenks  am  Schmalkaldischen  Krieg.  Schrenk  erscheint 
als  bayerischer  Rat  und  Zeugmeister  und  als  Proviantmeister 
Karls  V.  In  München  war  er  zweimal  Kastner,  und  zwar  in  den 
Jaliren  Ijjj  und  1564,  aufscrdcni  versah  er  das  Ptlcger-Anit  in 
Eckmühl  bei  Rcgcnsluirg  in  seinen  spätem  Lebensjahren.  Wie 
Baumgärtner,  so  hi-i  ratete  auch  er  vinc  Tochter  Hernhanl 
Tichtels  von  Tutzing,  und  zwar  die  dritte,  von  v.  Prey  als  Elisa* 


Das  Geburtsjahr  ergibt  sich  aas  einer  Silbcrtne<1ai11«,  die  auf  der 
Vor.lor^c1te  -Ii  e  Umschrift  trägt :  «BARTHOLOMEVS  SCHRENCK  /ETA  1  IS. 
SV.l-I.XXX.  und  auf  der  Rückseite  die  Umschrift  zeigt:  »OMNIVM  RERV.M. 
VlClSSiTVDÜ.AN.MDXXlX.«  (abgebildet  ioi  Überbayer.  Archiv  für  valeiv 
l&adiscbe  Geschichte,  lo.  Bd.  (1849—50.)  Taf.  III  Kr.  7).  Damach  ist  die 
Angabe,  wonach  Bartholomäus  Schrenk  eist  im  Jahre  1508  geboren  wurde, 
io  von  Frey  a.  a.  O.  und  ebenso  in  Johann  Wolf  Freymann,  Stammbuch, 
Handschrift  der  MOnchener  Hof-  und  Staatsbibhothek  Cod.  bav.  1993,  sv 
korrigieren. 

*)  Vgl.  Anm.  I. 

*>  Vgl.  S.  346  r.  Aam.  e. 


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—    248  — 


beth  bezeichnet^),  die  aber  schon  am  13.  Mai  1535  mit  Hinter- 
lassung einer  einzigen  Tochter,  Juditli.  starb.  Die  in  iinserm 
Brief  erwähnte  i  rau  ist  Sibylla  Meittinger  von  Augsburg,  ge- 
storben am  31.  August  1587.  Aus  dieser  zweiten  Ehe  gingen 
14  Kinder  hervor,  darunter  auch  der  Rat  Erzherzog  Ferdinands 
von  Tyroi,  Jakob  Schrenk,  der  Verfasser  des  Ambraser  Helden- 
buchs. Bartholomäus  Sehr,  besats  in  München  ein  Haus  im 
Rosenthal.  Er  starb  am  11.  Februar  1576.  Vgl.  Oberbayerisches 
Archiv  für  vaterländische  Geschichte  10.  Band  (1849—50)  S.  178  ff. 
12.  Band  (1851—52)  S.  176  «f.  21.  Band  (1859—61)  S.  47. 
26.  Band  (1865—66)  S.  98.  28.  Band  (1868-69)  S.  17.  Kurz 
erwähnt  wird  Bartholomäus  Srhrenk  in  einem  Hrief  von  Simon 
Minervius  in  München  an  Baumgärtner  und  in  einem  Schreiben 
von  Johannes  Schrenk  an  Baumgartner,  datirt  Patavii  1534. 
Vgl.  Programm  des  Bonner  Gymnasiums  1877,  S.  22.  24. 

^)  Heinrich  llül  zschuher,  von  der  ältern  grünen  Haupt- 
linic  der  Patrizierfamiiie  Holzsciiuhcr,  kam  im  Jahre  152  7  als 
Genannter  in  den  ^röfsern  Rath,  wurde  1527  Assessor  und 
Schöffe  am  Land-  und  Bauerngericht,  1529  am  Stadt-  und  Khe- 
gericht,  erlangte  1533  die  Pflege  beim  Landalmosen  u.  s.  w. 
£r  starb  am  28.  Januar  1559.  Vgl.  Roth,  Verzeichnifs  u.  s.w. 
S.  68.  Biedermann,  Geschlechtsregister  des  Hochadeligen  Patri- 
ctats  zu  Nürnberg  Tabula  CLXXXtL 

h)  Bei  Scliurstab  hat  Haumgärtner  Leo  Schurstab  im 
Auge,  wie  Briet  Nr.  II  an  die  Hand  gibt,  der  von  1519  bis  1558 
Mitglied  des  Rats  in  Nürnberg  war  und  am  10.  November  1559 
starb.  Sein  Name  erscheint  neben  dem  Siegmund  FUrers  und 
Hieronymus  Baumgärtners  unter  dem  »Rathsverlafsc  vom  8.  Sep- 
tember 1525*  worin  Melanchthon  gebeten  wurde,  nach  Nürnberg 
2ur  Einrichtung  eines  Gymnasiums  zu  kommen.  Vgl.  Siebenkees, 
Materialien  zur  Nürnbergischen  Geschichte.  1.  Band.  S.  333. 
Die  Erwälinun^  Schurstabs  an  unserer  Stelle  steht  zweifeilos  in 
\ir<äch]{rhem  Zusammenhancr  mit  sc  inem  Amt  als  Pfleger  und 
Einnehmer  des  allgemeinen  grolsen  Almosens  der  Stadt  Nürn- 

')  Vi^l.  vorher  Frpymann  a.  a.  0.  n«?nnt  ihren  Vornamen  nicht. 
Woher  die  Angabe  im  Oberbayer.  Archiv  a.  a.  O.,  dafs  sie  Felicitas  ge> 
hei&eti  habe,  »taimiit,  ut  mir  nnbekuitit. 


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—    24Q  — 


berg.  Als  Mitglied  der  Kommission,  der  die  Verwaltung  dieses 
Teiles  der  Annenpflege  übertragen  war,  wird  er  wiederholt  in 
Urkunden  aus  den  zwanziger  und  dreifsiger  Jahren  des  16.  Jahr- 
hunderts genannt,  so  9.  JuU  1525,  30.  Mai  1528,  18.  November 
152Q,  15. März ttnd28.April  1530, O.November  1531,  25.Juml534. 
Vgl.  Waldau,  Vermischte  Beiträge,  3.  Band,  S.  468  f.,  Roth, 
Vcrzci(  hnifs  u.  s.  w.  S.  67,  Derselbe,  Geschichte  und  Beschreibung 
der  Nürnbergischen  Karthause,  S.  247  f.,  S.  302  i'.,  306  f.,  304  f., 
Verzeichnifs  u.  s.  w.  S.  70  f.,  Geschichte  u.  s.  w,  S,  251  tf., 
Waldau  a.  a.  O.  4.  Bd.  S.  511  f. 


II. 

Hieronymus  Baumgärtner  an  seine  Frau. 

Regensburg.   1541.   Mai  22. 

Adr.  Meiner  freuntlichen  Hebenn  hausirauen,  Sibylla 
Hieronymus  Baumgartnerin»  zu  Nurmberg. 

Freuntliche  liebe  hausfrau,  wifs  mich  noch  bey  i^utcr  gc- 
sontheit»  desgleichen  verhoff  ich  von  dir  und  dem  gesind  auch 
zuvernemen.  mir  hat  der  peter  has  gesagt,  wie  mich  mein 
Schwärt ze  Barb*)  hab  lassen  gruessen  mit  anzetgung,  wie  sy 
ein  braut  und  der  Grunn therm  Carl^)  der  Breutigam  sey. 
Das  hat  mir  der  Gruntherr  selbs  auch  geschriben,  drumb 
wünsch  ich  in  vil  glucks  zu  der  lieirat.  Ich  besorg,  es  werd 
die  kreutzwochen  iibel  /ugccn  auf  der  haller  wisen'^'l,  ist  anders 
bey  euch  ein  netter  wie  bov  uns,  da  es  nichts  tliuct  dann 
regnen  und  windig  seyn.  Liebe  hausfrau.  Ich  schreib  hiemit 
dem  Leo  Schurstab*'),  das  er  dir  woll  gelt  schaffen,  damit 
du  den  schaffer  und  andere  könnest  zu  frid  stellen:  verhoff,  es 
soll  geschehen,  und  schreib  nur  alle  ding  ileissig  an,  und  nim 
dir  wol  der  weil  dartzul  Ich  kan  dich  noch  nit  vertrösten, 
wann  ich  hoffnung  hab  heimzukommen,  versih  mich  aber,  in 
kurtz  einen  beschaid  zuerlangen  Mitler  zeit  unnd  alle  wegen 
seyt  Gott  befolhenl  Datum  Regens  bürg,  Sontag  in  der  Creutz 
Wochen  1541. 

Hieronymus  Baumgartner. 


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—    250  — 


Original.    */«  Folio-^i^^tt-    J^iegel  erhalten. 

[fierlin,  Kgl.  Bibliothek»  Meusebacbsche  Sammlung.] 

a)  Wolf  gang  Schwarz,  vielleicht  der  Vater  der  Barbara, 
gelangte  im  Jahre  1513  in  den  gröfsem  Rat.    Vgl.  Roth,  Ver- 

zeichnifs  u.  s.  w.  S.  58. 

b)  Karl  Grundherr  fehlt  in  Biedermann,  Geschlechtsregi- 
ster des  Hüchadeligen  Patriciats  zu  Nürnberg.  Wohl  wird  hier 
(Tabula  LXV.  LXXII)  ein  Karl  Grundherr,  der  Sohn  von  Paul, 
erwähnt;  aber  da  dieser  erst  im  Jahre  1535  geboren  wurde,  so 
kann  er  nicht  an  unserer  Stelle  gemeint  sein.  Überdies  war 
er  zuerst  mit  einer  Krefs  und  sodann  mit  einer  Haller  ver- 
heiratet   Näheres  siehe  zu  Brief  Nr.  IX. 

c)  Ueber  die  Hallerwiese  vgl.  Waldau,  Vermischte  Beiträge 
zur  Geschichte  der  Stadt  Nürnberg.  2.  Bd.  S.  465  ff. 

d)  Ueber  Schurstab  vgl.  oben  S.  248  f.  h. 

e)  Am  9.  Juni  1541  war  Baumgartner  wieder  nach  Nürn- 
berg zurückgekehrt.  Denn  an  diesem  Tage  läfst  ihn  Meianch- 
thon  dwTch  Veit  Dietrich  grüfsen.  Vgl.  Corpus  Ref.  vol.  IV. 
p.  393  sq. 


III. 

Werner  von  Muckental*)  an  Sibylla  Baumgärtner. 

Vohburg.    1544.  Juli  8. 

Adr.  Meiner  freindtUchen  Lieben  geschweyen,  Siwilla 
Jeranymufs  paungartnerin,  zu  Nurnburg. 

Mein  freindtlich  und  gepurlich  dienst  zuvor,  freindtliche 
Liebe  geschwey,  ich  hab  dir  zway  mal  geschriben,  waifs  aber 
nit,  ob  dir  dye  brief  worden  sind.  Liehe  scliwey,  icli  wolt  auch 
gern  wifsen,  ob  du  nit  wcst,  wer  dein  haulswirt  gelangen  het. 
got  wol  ime  sein  gnad  vcrleichen,  damit  er  wider  zu  dir  und 
deinen  kindem  kumb.  ich  hab  pey  mir  gehört,  er  sol  dir  und 
deinen  hem  geschriben  haben,  ine  seiner  gefencknufs  zu  ent- 
ledigen'*), wan  es  also  wer,  wolt  ich  warlichen  von  hertzen  gern 
hom,  wir  piten  auch  alle  got  für  in,  damit  in  got  seiner  fenck- 
nufs  endledig,  ich  pit  dich  auch  freindtlich,  du  wellest  dir  dein 


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251 


kumbernurs  aufs  dem  sin  schlagen  und  gott  dem  almecbtigen 
bevelchen:  der  waifs  ime  wol  zu  than.  dan  es  ye  nit  hilft, 
wan  ich  dir  und  deinem  haufs  wirt  seiner  gefencknufs  halben 
kindt  helfen  und  ratten  mit  Leub  und  gut,  wellest  mich  dar  inen 

niL  sparn  und  michs  vvifsen  lafsen,  wil  ich  willig  sein,  ich  hab 
ain  schreihen  den  22.  Junius  von  dir  entpfangen,  dar  auf  ich 
dir  wider  gcscliriben,  wais  aber  nit,  ob  dir  das  schreiben  wor- 
den ist.  wellest  mich  aufs  vest  wifsen  lafsen,  wie  die  sach  deines 
haufswirtz  ste,  damit  sey  gott  dem  allmecbtigen  bevoicheni 
Datum  vochburg,  den  8.  Julius  anno  xlüii^. 

Wernher  von  Muckeutal  zu  Sanderstorf, 
pfleger  zu  vochburg. 

Original.    1  Blatt  in  Folio,  Siegel  erhalten«). 
[Berlin,  Kgl.  Bibliothek,  Meusebachsche  Sammlung.] 

a)  Uber  Muckental  vgl.  oben  S.  246  f.  e. 

b)  Nach  seiner  Gefangennehmung  durch  Albrecht  von  Rosen- 
berg durfte  Baumgärtner  nicht  frflher  als  am  13,  Juni  seinen 
Angehörigen  ein  erstes  Lebenszeichen  zukommen  lassen.  »Donners- 
tags 12.  Juni!  in  der  Nacht  faert  man  mich  in  ain  Schlofs,  alda 
ich  zu  morgens  die  ersten  brief  hieher  schryb,  wiewol  ich  das 
dat  erst  auf  2 1 .  Junii  setzen  muefst,  wie  mir  dann  die  brief  also 
bey  hanndcn  gelassen  wurden,  bifs  uft'  21  dito,  da  nam  er  die 
unnd  ryt  damit  hinwegk«,  erzählt  er  in  seinem  am  IQ.  August 
1545  an  den  Rat  in  Nürnberg  gerichteten  Bericht  über  seine 
Gefangenschaft  und  Befreiung.  Vgl.  33.  Jahresbericht  des  histo- 
rischen Vereins  von  Mittelfranken  (1865)  S.  110. 

c)  Das  Siegel  zeigt  einen  aufsteigenden  Marder,  das  Wappen- 
tier der  Muggenthaler.  Vgl.  Oberbayerisches  Archiv,  29.  Bd. 
S.  131. 


IV. 

Werner  von  Muckental'')  an  Sibylla  Baumgärtner. 

Vohburg.    1544.   Juli  22. 
Adr.  Meiner  frcindtlichen  Lieben  geschweyen  und  Schwestern, 
Sibbila  Jeranymus  pauagartneiin,  zu  Nurnburg. 


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—    252  — 


Mein  freindtiich  und  gepurlich  dienst  zuvor.  freindtUcIie 
Liebe  Schwester  und  geschwey,  es  ist  mir  den  tag  21.  Julius  ain 
schreiben  von  dir  zukumben,  dar  inen  ich  vernomben,  wie  du 
von  deinem  haufswurt,  meinem  fr.  Lieben  schwagern,  ain  schreiben 
gehabt^),  hab  ich  warlichen  von  hertzen  gern  gehert,  damit  man 
doch  wais,  wo  er  sey,  wirt  ime  mit  der  zeit,  des  der  wir  ge- 
hoffen, got  wirt  dich  und  ine  nit  verlasen,  auch  hab  ich  vernonien, 
wie  ine  a  lere  cht  [so!]  von  Rosenberg  pockspurg*^)  halben 
nider  geworfen  soll  hal)cn,  acht  auch,  dar  inen  werden  deine 
hern  nit  feurn,  damit  er  zu  erledigung  seiner  gefencknuls  paid 
kumben  werd:  dan  man  wirt  schon  mitl  und  weg  suchen,  was 
ich  ime  meinent  halben  Mocht  helfen  und  ratten,  wolt  ich  war- 
lichen kain  Mue  und  fleis  sparet,  es  wer  pey  meinen  gn.  hem 
von  pairn  oder  sunst.  ich  hab  auch  vorlangst  gehert,  es  so  . 
in  ainer  von  Rosenburg  haben  nidergeworfen  habe,  aber  nitt 
gewislich  gewist:  dar  umben  hab  ich  dier  nit  wollen  zu  schreiben, 
es  hat  ain  doctor  ludwig  von  Nurnburg,  so  zu  meinem  gn. 
hern  hertzog  geriteii,  zu  Sand  e  rs t  u  r  1"  ^es.i^t,  vor  dreyen  vvoclien 
sol  dir  d<Mn  haufswirt  geschiilien  haben,  wie  ich  in  diinein 
schreiben  vernomben,  ist  es  nit.  froindtlidie  T-icbe  srhwestcr,  du 
wellest  dich  wol  gehaben,  die  weil  man  wails,  wo  er  ist,  oder 
wer  in  hat  hat,  hof  ich  zu  got,  es  werd  weg  gefunden,  damit 
er  pald  erledigt  werd.  es  sind  mir  neulichen  zway  schreiben  von 
dir  worden,  an  das,  so  du  mir  yetz  gethan.  du  schreibst  mir,  ich 
sol  dich  wisen  lasen,  was  doch  pey  mir  hie  die  sag  sey,  es  sey 
pey  dir  mancherlay,  her  ich  warlichen  hiepfor  wenig  dar  von 
sagen,  ich  pin  im  willens»  in  kurcz  ain  mal  ain  Ridt  zu  dir 
hin  ein  zu  than.  Sey  getrost  und  bevilchs  got  dem  allmechti- 
gen,  der  wirts  als  zum  pesten  wenden  und  schicken  und  sein 
genad  vcrieichen,  das  er  pald  erledii^t  werdt.  mein  jungfs  gesin 
lasen  dich  vast  trösten  und  gar  freindtlichen  griesen.  Damit 
sey  got  bevolenl    Datum  V  oh  bürg,  den  22.  tag  Julius  anno  44. 

Wernher  von  Muckental 
zu  Sanderstorf,  pfleger 
zu  Vohburg. 


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—  25a  — 


Original.    1  Blatt  in  Folio.    Siegel  erhalten. 
[Berlin,  Kgl.  Bibliothek,  Meusebachsche  Sammlung.] 

a)  Vgl.  oben  S.  246  f.  e. 

b)  Vgl.  oben  S,  251  b. 

c)  Boxberjc.  Vgl.  Lenz,  Zeitschrift  für  Kirchengeschichte 

IV.  Band  (1881)  S.  155. 

V. 

B.  Schrennckh^)  an  Sibylla  Baumgärtner. 

München.    1544.  Juli  30. 

Adr.  Der  Erbamn  und  thttgenthaftenn  frawen,  sibilla 
Hieronimtts  pawngartnerinn,  meiner  freündtlichenn  liebenn 
Schwester  zw  hanndtenn,  inn  Niernnberg. 

Ernnvestf  tlüii;cnnthafte  freündtliche  liebe  Schwester,  deinn 
unnd  deiner  khindor  gesündthaitt  hörtte  ych  gernnn;  wifs  mich, 
meine  haiisfraw  und  khiiuicr  f,a^siindt,  gott  hab  lob!  dir  tag  yst 
mir  ein  schreibenn  von  dicr  zw  khomnienn,  wölliches  innhallt 
unnd  die  geschieht  der  erbarmlichenn  Nideriag  unnd  weckh- 
fieriing  deines  liebenn  haüfswierts  ych  zuvor  warllich  mit  be- 
schwärttem  hertzenn  vemomenn,  und  trag  defsseinent  halbennn 
mit  dier,  demen  liebenn  khindemn  ein  trewlichs  hcrtzlichs  mit 
leydenn,  und  watsfs  gott,  dafs  mir  zürn  höchsten  laidt  umb  in 
yst,  ganntz  erschrockhenlich  hie  hörenn  einenn  solHchenn  hoch- 
müett,  da  die  khay.  Ma.  sampt  andemn  potenttattenn  umb  die 
weg  sindt  zw  gcduldenu.  frcündtliclic  liebe  Schwester,  ych  sollte 
dier  ya  biliich  vorlonngst  hahennnn  geschribenn,  dich  zw  trustcnn: 
so  hab  ich  doch  immerzw  und  täglich  liotfnüng  gehabtt,  güette 
zeittting  unnd  erledigilng  deines  hailCswierts  zw  vernemenn,  dich 
allso  der  tzeitt  vonn  newem  nit  wöllenn  betriebenn,  mich  allso 
auch  gegen  dier  enntscbüldigt  habenn  will,  die  wöUest  gttett- 
willig  unnd  freündtlich  von  mir  aüfTnemmenn.  dann  dtt  solltest 
mir  warllich  glawbenn,  wo  es  mir  menschlich  miglich  wäre,  dafs 
ych  khflndte  oder  wöste,  deinem  liebenn  hawfswiert,  meinem  liebenn 
Schwager,  so  ime  zw  seiner  erledigünng  diennstlich  unnd  erspriess- 
Hch  seinn  mochte,  zw  ratten,  hellffeii,  aih  Ii  dicr  und  deinen 
khindorcnn  mit  allor  frcundtschaft  zw  diennenn.  Dafs  ych 
soUiclics  allzcitt  an  meinem  vermigenn,  fleifs,  mie  unnd  arbaitt 
nit  will  lassen  er  winden,  dci's  solltestu  dich  gänntzlich  zw  mir 


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getröstenn  und  versechetin.  dann  wie  dü  meldest,  dafs  dein 
lieber  hawfswiertt  ein  grosse  clag  hab  inn  der  statt  Niernn- 
berg,  liebe  Schwester,  er  hatt  solliche  clag  nit  weniger  hie 
irnnd  inn  Attgspfirg,  wem  er  nttr  bekhandt  yst;  attchvonnun- 
bekhanten,  so  nflr  von  ime  herenn  sagenn,  wöllichenn  er  allenn 
vonnn  hertzenn  erbarmt,  und  sonderlich,  wie  wol  ych  täglich 
vonnn  Niemberg,  Aügspürg  und  mer  orttonnn  schrcibcnn  hab, 
aüch  hie  am  hoff  bin,  nit  khan  hörenii,  nocli  vememmenn,  wöl- 
licher  enden  er  und  dtirch  wen  gefierit  wordenn  oder  noch  ge- 
fänngkhlich  ennthailtenn  wierdet,  lebenatig  oder  todt  sei,  wöl- 
liches  wol  zw  verwUndernn  yst,  man  so  gar  khaynn  wissenn 
habenn  mag,  so  bin  ych  doch  der  tröstlichenn  ho£fnttng  sw  gott, 
meine  herrenn  vonnn  Niernnberg^),  einn  erbarer  Ratt,  werde 
nicht  anderlassenn,  deinen  liebenn  hawfswiertt  widerflmb  sw  er- 
ledigen, versicherenn  und  ime  aller  ding  schadtlos  halltenn,  wöl- 
liches  ycli  ime,  dter  unnd  deinen  khindernn,  attch  gemeinner  statt 
Niemberg  wo!  wolte  ve^;Omien  und  defs  zw  vememmenn  ein 
hcrt^liche  freidt  bette,  gott  wolle  es  gnedigkhlich  schickhenn, 
wie  dü  dann  alles  seinem  gottlichenn  willenn  ergeben  hast,  da- 
rann  dü  recht  vor  gott  handist  und  thüest,  alls  einn  verstenndig 
weih.  Wafs  habenn  wier  aüff  dissem  erdtrich  annderst  vonn 
dem  höchstenn  stanndt  bifs  aüff  denn  wenigistenn,  allainn  wider- 
wärttigkhaitt,  sorgföUtigkhaitt,  betrtiebtnüs,  khttmemtts,  hertsenn 
laidt,  disses  alles  an  anzall;  und  wo  wier  nit  hettenn  Cristfim, 
unnssemnn  erlösser  und  seligmacher,  die  ewig  werenndte  hoff- 
nüng,  die  swflttcht  inn  onnsserennn  anligenn  zw  seinen  gottlichenn 
genadenn,  umb  tröstlidie  ergötzligkhaitt  zw  entpffachenn,  mies- 
tenn  wier  in  dissem  zergänngkhlichenn  ollendtcnn  Icbenn  ver- 
zagenn  unnd  vcrzweiftlcnn.  AUsu  aber,  ob  wier  schonn  sein 
Creitz  aüff  unnfs  neninienn  und  ime  helffen  tragen  oder  narh- 
volgen  sollen,  wiert  er  unnfs  doch  nit  mer  aüflerlcgenn,  dann 
wier  zw  tragenn  und  zw  geduldenn  wissenn  und,  so  es  seynn 
zeitt  yst,  widerümb  mit  gnadenn  entkdenn,  erhörenn  und  er- 
qUickhenn  wierdett:  wöllenn  unfs  allso  alle  mit  einannder  seuiem 
göttlichenn  wiUenn,  seiner  gottlichenn  genadt  und  barmhertzig- 
khaitt  bevolchenn  habennn.  mein  hattsfraw  und  ych  lasfsenn  dich, 
deine  liebenn  khinder  freUndtlichenn  griesfsenn.  Datüm  minchenn, 

dennn  3ü,  tag  yulii  anno  44,  «  c^k^^«««i,w 

°  D,  ocnrenncKJi. 


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Original.    2  Butter  In  Folio.   Siegel  erhalten«). 
[Berlin,  Kgl.  Bibliothek»  Meusebachsche  Sammlung.] 

a)  Über  Schrennckh  vgl.  oben  S.  247  f.  f. 

b)  Die  Nürnberger  wendeten  sich  bereits  am  23.  Juni  1544 
an  Philipp  von  Hessen  mit  ihrer  Bitte  um  seine  Hilfe  zur  Be- 
freiung Baumgärtners.  Vgl.  I.onz,  Zeitschrift  für  Kirchen- 
geschichte  IV.  Band  (1881)  S.  154  Anm.  4. 

c)  Das  Wappen  der  Familie  Scbrenk  ist  ein  Pfeil  in  einer 
schrägen  Strafse.  Vgl.  Oberb.  Archiv  10.  Bd.  Tafel  III  Nr.  7. 
Siebmachers  Wappenbuch  2.  Bd.  1.  Abt.  S.  57  und  Tafel  59. 


VI. 

Veit  Dietrich  an  SibyUa  Baumgartner. 

(Nürnberg.  1545.) 

£rbare  und  tugenthaffte  frau.  Ich  schicke  euch  hie  ein 
trostbuchhn,  das  wollet  bisweilen  lesen  und  euch  damit  trösten, 
bis  Gott»  wie  wir  hofifen,  gnedige  hilff  schaffet;  und  ich  bitt, 
beschwerets  euch  nit,  das  ichs  in  eurem  namen  hab  lassen 
drucken,  denn  ich  anders  damit  nichts  gesuchet,  denn  das  ichs 
öffentlichen  bezeugte,  wie  mir  eur  und  eurs  lieben  herrn  Unfall 
ein  treulich  leid  ist,  und  ich  gern  mit  eim  grossem,  wo  ichs  ver- 
möcht,  euch  trösten  und  furderlich  wolt  sein.  Der  gnedige  Gott 
wolle  euch,  wie  bisher,  weiter  trösten  und  erhalten,  bis  wir  eines 
froUchen  tages  und  bottschafft  erleben,  Amen. 

Veit  Dietrich. 

Original.        Folio-Blatt.    Adr.  fehlt. 

[Berlin,  Kgl.  Bibliothek,  Meusebachsche  Sammlung.] 

Der  vorstehende  Brief  bildet  ohne  Zweifel  das  Begleit- 
schreiben SU  der  an  SibyUa  Baumgärtner  ttbersendeten  Druck- 
schrift und  ist  darum  wie  diese  zu  datieren: 

>PASSIO.  I  (Döcr  liiftort  vom  Uy^cn  Cbrifti  3hcfit  ' 
©nfors  f^cvlanöf.  (ßcpicc^igt  J)m\-l>  l>itum  Dietrid?  3U 
Hurnhcra  M.D.XLV.  Darunter  Hol/schnitt  mit 
der  Kreuzigung  Christi.     Druckbogen  a  bis  $  und  2( 


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und  ö.  Am  Schlufs  (Blatt  ^36*)  ein  Holzschnitt  mit  der 
Verklärung  Christi  und  darunter:  »Psaimo  LXXXIX.  | 
XDoI  beut  voiä  bos  joitd)^  tan,  |c  In  Oktar.  — 
Blatt  an* — hu^  enthält  die  Widmung,  beginnend:  »Der 
Erbam  und  tugenthafftigen  Frawen  Sibilla  Jeronymus 
Baumgartnerin. <  und  schliefsend  mit:  »Vitus  Dietrich 
Prediger  inn  der  Sebalder  Pfarrkirche. t 

Exemplar  in  Berlin.  Kgl.  Bibliothek  £,  1914. 

Neben  diesem  Druck  von  13  Predigten  Dietrichs  ttber 
die  Passionsgeschichte  nach  dem  Evangelium  St.Matthäi 
existiert  noch  ein  anderer,  der  mir  jedoch  nicht  zugäng- 
lieh  ist.    Vgl.  Strobel,  Nachricht  von  dem  Leben  und 
den  Schriften  Veit  Dietrichs  S.  115.  —  Veit  Dietrich, 
die  Hauptkraft  Baumgärtnors        der  Durchführung  uiul 
Befestigung  der  Reformation  in  Nürnberg,  hatte  diesem 
und  Bernhard  Baumgärtner  bereits  im  Jahre  1538  zu- 
geeignet: »Enarratio  Psalmorum  LI  Miserere  mei  Deus, 
et  CXXX.  De  profundis  clamavi.  Per  D.  Mart.  Lutherum 
nunc  recens  in  lucem  aedita.    Adjecta  est  etiam  Sa- 
vonarolae  meditatio  in  Psalmum  LL  M,D.XXXVni.c 
Vgl.  Strobel  a.  a.  O.  S.  55  und  Lutheri  Exegetica 
opera  Latina.  vol.  XIX.  (Erlangae)  p.  1  sqq. 
Unser  Brief  gehört  in  die  Reihe  der  Trostschreiben,  die 
anläfslich  der  Gefangenschaft  Baumgärtners  seiner  schwergeprüften 
Frau  zugesendet  wurden,  von  Luther  am  ö.  Juli  1544  \^l)c  W  ette, 
Lutliers  Briefe,  Sendschreiben  u.  s.  w.  5.  Theil  S.  672  f.),  von 
Melanchthon   am   9.  Juli   1544  (Corpus  Rrforniaturum   vol.  V. 
p,  438  sq.),  von  Brenz  am  »Sambstag  nach  Hilariii  1544  (Pressel, 
Anecdota  Brentiana  S.  239  ff.,  von  Georg  Maior  am  9.  Juli  1544 
(Waldau,  Neue  Beiträge  £ur  Geschichte  der  Stadt  Nürnberg. 
1.  Band.  S.  330  ff.). 

VII. 

Hieronymus  Baumgärtner  an  seine  Frau. 

Windsheim.   1545.  August  3. 

Adr.  Meiner  freuntlichenn    lieben   Hausfrauen,  Sibylla 
Hieronymus  Paumgar  tne  rin,  zu  Nurmberg. 


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HertzUebe  Hausfrau,  ich  bin  aus  gottes  millten  genaden 
frisch  und  gesont  bis  anher  komen  und  verhoff,  mit  des  selben 
hillf  morgen  das  nachtmal  mit  freuden  mit  dir  und  unsern  herts 

lieben  kindletn  zu  empfahen,  und,  so  ferr  die  milaun  zeitig,  so 
wollest  mir  ein  gut  stuck  oder  /.wey  lassen  kauffen,  daran  nit 
allein  wir,  sonder  auch  die  kindlein  sich  mit  uns  erfreuen  mögen, 
gott  woll  uns  aus  seinen  gewonlichen  gnaden  völlig  mit  freuden 
zusammen  hellffen,  Amen.  Datum  wiasheim  in  eyl  nach  dem 
gar  aus,  montags  3.  Augusti  1545. 

Hiero.  paumg. 

Original.        Folio-Blatt.    Siegel  erhalten. 

[Berlin,  Kgl.  Bibliothek,  Meusebachscbe  Sammlung.] 

Nachdem  es  Baomgärtner  endlich  geglückt  war,  aus  seiner 
langen  Gefangenschaft  befreit  zn  werden,  trat  er  den  Weg  nach 
Nürnberg  an,  indem  er  zunächst  mit  Albrecht  von  Rosenberg 

nach  Nasihausen  ritt.  Hier  wurde  er  von  den  beiden  Edel- 
leuten  Sebastian  und  Valentin  Rildt  erwartet,  die  ihn  in  seine 
Heimat  geleiten  sollton.  Von  den  zwei  ihm  in  die  Wahl  ge- 
stellten Reisewegen  über  Würzburg  oder  über  Windsheira  wählte 
Baumgärtner  den  letztern.  So  gelangte  er  denn  am  1.  August 
nach  UnterschUpf  und  am  folgenden  Tag  nach  Mergentheira, 
vor  dessen  Thoren  Rosenberg  von  ihm  >ain  gut — gelimpfflichen 
abschid  nam«.  Montag,  den  3.  August  kamen  Baumgärtner  und 
die  beiden  Rudt  nebst  ihrem  Gefolge  bis  nach  Windsheim,  und 
hier  schrieb  der  von  seiner  Familie  so  lange  Getrennte  unsem 
Brief,  der  Frau  und  Kind  seine  unmittelbar  bevorstehende  An- 
kunft ankündigen  sollte^).  —  Am  4.  August^)  ritt  IJaumgärtner 
durch  das  Vestner  Thor  in  Nürnberg  ein.  Um  allen  Ovationen 
zu  entgehen,  beriet  der  bescheidene  Mann,  wie  er  selbst  er- 
zählt''^i,  schon  auf  dem  Weg  mit  einem  der  beiden  Rüdt,  >wie 
und  weicher  gestalt  (er)  auff  das  aller  gehaymest  möchte  herein 
kumenc;  aber  alle  Vorsichtsmafsregeln  vermochten  nicht  die 


*)  BaumgSrtner  tcMIdert  wie  die  Geschichte  seiaer  Gefangentcheft, 

so  auch   die  seiner  Heimreiüe  in  dem  erwihnten  »Kurz  Begriff«  u.  s.  w. 
33.  Jahresbericht  des  historischen  Vereins  von  Mittelfranken  S.  105  — 123. 

•(  Waldau,  Neue  Beiträge  lur  Geschichte  der  SiaUl  Nürnberg,  i.  Hand, 
S.313  nennt  fälschlich  den  3.  Aogiist 
Kon  Begriff  a.  a.  O.  S.  123. 

ir 

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—    258  — 


Freude  und  den  Jubel  der  Nürnberger  über  die  endliche  Heim- 
kehr eines  ihrer  besten  Mitbürger  zu  dämpfen  oder  gar  hintan- 
zuhalten. Wie  der  »zulauffc  bei  seiner  Rückkehr  in  Nürnberg 
sich  im  Einzelnen  äiifserte,  d&rUber  berichteten  Baumgärtner  und 
Veit  Dietrich  an  Melanchthon  am  5.  August  1545.  Vgl.  Corp. 
Ref.  vol.  V  p.  837  sqq. 


vni, 

David  Baumgärtner  an  Hieronymus  Baumgärtner. 

Baumgarten.   1557.  April  16.') 

....  Und  hab  mit  meinem  prüder  Hansjörigen  deines  be- 
gers  halben  geredt,  haben  erstlich  gern  gehört,  dein  son**)  in 

studio  sich  allso  hellt,  Auch  daryn  well  procediert,  dar/.u  wir 
pillich  hellTesoUen,  und  da  nun  in  in  [sie]  frangkhrcich  schleichen 
willt .  wellen  wir  zway  jar  yedes  jar  hundert  tailer  im  zu  hilff 
geben  und  reichen .... 

Datum  Paungarten  den  xvi.  Aprill  Anno  etc.  im  Ivii. 

Dauid  Paungartner. 

Gleich  Nach  (Istern  schigkli  ich  Meinen  Son,  so  von 
6.  Januarii  im  i  x.  jar,  mit  ainem  nigen  praeccptor  und  ainem 
jungen,  so  auff  ine  wartet,  gen  Ingolstat.... 

Original.    2  Blätter  in  Folio.    Siegel  erhalten. 

[Berlin,  KgL  BibUothek,  Meusebachsche  Sammlung.] 

a)  Hieronymus  Baumgärtner  empfing  diesen  Brief,  wie  er 
auf  der  Adresse  bemerkte,  »1557  18.  Aprilis«. 

b)  Siehe  Brief  Nr.  IX,  a. 


IX. 

Hieronymus  Baumgftrtner  an  David  Baumgärtner. 

(Nürnberg.)   1557.  Aprü  20. 

Edler  und  vester  freuntlicher  lieber  vetter,  dir  seien  mein 
willige  dinst  jeder  xeit  zuvor  1  Dein  schreiben  des  datum 
16.  Aprilis  hab  ich  empfangen  und  bedancke  mich  dein  und 


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—    259  — 


deines  herm  brueders  guct willigen  erbietens  zum  höchsten,  will 
dir  aber  daneben  nit  verhallten,  wiewol  ich  willens  gewest«  meinen 
son*)  noch  ein  Zeitlang  in  Ten tsc blanden  zuerhallten,  damit 
er  dester  gefasster  ad  altiora  studia  in  Franc  kr  eich  kommen 
und  die  dester  furderlicher  zum  ende  bringen,  und  ich  des  Un- 
kosten« entladen  werden  mochte,  so  haben  sich  doch  mittler 
Zelt  inciiics  juugsten  Schreibens  solche  gcle^cnheit  zuegctragen, 
das  h.  paulus  Gruntherr^)  und  unser  Ratschreiher  wilbald 
Gebhart*^)  irc  sun  mit  einem  geschickten  praecepture  in  Franck- 
reich  zuschicken  sich  entschlossen  gehabt,  derhalben  mich  ge- 
dachter mein  son  durch  schritten  zum  höchsten  gebetten,  ine 
von  diser  geselschaift,  dabey  er  alhie  und  anderswo  von  seiner 
jugent  auferwachsen,  nit  abzusondern,  sonder  mit  inen  zuziehen 
ime  hilflich  zusein,  welchs  ich  uflf  gehabten  Rat  ettlicher  guter 
herrn  und  freundt,  so  der  knaben  gelegenheit  und  des  wesens 
in  Franckreich  bessern  bericht  dann  ich  haben,  mir  gefallen 
lassen,  allso  das  sy  im  namen  Gottes  sambt  einem  geborncn 
franl/.üscn,  der  docli  hic  bur^er  uiui  liaussessij( ,  meins  Ver- 
sehens heut  datum  von  Strasburg  aus  in  Frankreich  zu- 
raisen  anlahen  sollen.  Gott  woU  seinen  segen  und  genad  darzu 
verleihen,  und  nach  dem  es  allso  dein  will,  das  ich  dich  hinturo 
tuitzen  und  des  worts  herr  mich  enthallten  soll,  will  ich  es  allso 
lassen  bleiben,  wiewol  sich  meinethalben  ein  anders  geburet. 

Deinem  son  wünsch  ich  zum  ersten  anfang  seines  studii 
und  hinfuro  alle  gluckliche  wolfart,  und  thue  uns  alle  hiemit 

in  Gottes  sclmtz   und  schirm  befelhen.     Datum  dinstags  den 
20.  Apr.  1557. 

Ortgmal.    V4  Folio-Blatt,  ohne  Adresse. 

[Berlin,  Kgl.  Bibliothek,  Meusebachsche  Sammlung.] 

a)  Hieronymus  Baumgärtner  der  jüngere  war  das  dritte 
unter  den  sieben  Kindern  seiner  Eltern  und  deren  einziger  Sohn. 
Sein  Geburtstag  ist  der  11.  Juli  des  Jahres  1538.  Mit  Hilfe 
der  Astrologie,  die  Baumgärtner  so  wenig  verschmähte  wie 
Melanchthon,  prophezeite  der  aus  Nürnberg  stammende  Arzt, 
Erasmus  Flock,  das  zukünftige  Schicksal  des  sechsjährigen  Knaben, 
indem  er  dem  Vater  am  3.  April  1544  mitteilte:  (Flock)  con- 
siderasse   tempus  et  coelum,   quod  filio  Hieronvmo  nascente 

'  17* 

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—    260  — 


luxerit.  Hanc  lectionem  potaisse  eligi  commodius  ad  ingenii 
nobilissimas  dotes.  Natum  ess«  iudicat  (Flock)  hoc  tempore 
divina  Providentia;  namque  patriae  eum  fore  oraaroento  ingentes- 
que  in  eam  coUaturum  utilitates,  florentem  eum  gubematu- 
ruroc  tt.  s.  w.  Vgl.  Bonner  Programm  a.  a.  O.  S.  17.  Nach 
Beendigung  seiner  Vorstudien  bezog  der  Sohn  wie  einst  der 
Vater  die  Universität  Leipzig,  deren  Wahl  zweifellos  dadurch 
bedingt  wurde,  dafs  der  Mann,  mit  dem  der  ältere  Baumgärtner 
seit  früher  Jugend  innig  befreundet  war,  Joachim  Camcrarius 
dort  wirkte.  Mit  seinem  alten  Freund  setzte  sich  auch  der 
Nürnberger  Patrizier,  wie  der  Briefwechsel  des  Camerarius  er* 
kennen  läfst,  in  Verbindung,  um  seinem  Sohn  und  dessen 
Studtengenossen  eine  freundliche  Aufnahme  tn  sichern.  Und 
sie  fanden  nicht  nur  diese,  sondern  auch  nachhaltige  Förderung 
ihrer  Studien,  wie  ebenfalls  aus  den  Schreiben  des  Camerarius 
erhellt").  Als  »Hieronimus  Baungartener  Noricusc  wurde  der 
Name  des  angehenden  Studenten  im  Sommer-Semester  1554  der 
Leipziger  Matrikel  einverleil»t.  Wie  der  obenstehcnde  Brief  er- 
kennen läfst,  sollte  der  Sohn  Hieronymus  im  Jahre  1557  nocii 
länger  auf  einer  deutschen  Hochschule  verweilen :  aber  die  Ab- 
sicht von  Paul  Grundherr  und  Wilibald  Gebhardt,  ihre  Söhne 
zur  weiteren  Ausbildung  nach  Frankreich  zu  schicken,  veranlafste 
auch  Baumgärtner,  seinen  Sohn  schon  jetzt  mit  jenen  eine  Studien* 
reise  nach  Frankreich  antreten  zu  lassen^.  Ueber  die  Reise 
selbst,  welche  sich  auch  auf  Italien  erstreckte,  geben  einige 
Briefe  nähern  Aufschlufs.  Am  30.  Januar  1558  weilt  Hieronymus 
in  Paris,  von  wo  aus  Georg  Stctner  an  Baumgärtner  berichtet. 
>Ex  requisito  Geuderorum  et  D.  Bosii  patriam  rt^petentium  scri- 
bere.  Studia  in  eodem  esse.  Mutasse  lucum,  cum  nunc  sint  in 
suburbio,  sed  uon  hospitem«  lautet  die  Inhaltsangabe  des  be* 


Als  Uuumgärtner  starb,  konnte  Camerarius  dessen  Sohn  in  einem 
Trostschreiben  mitteilen,  dafs  er  jenen  vor  mehr  als  51  Tnhren  kennen  p;e- 
lernl  habe.  Vgl.  Joaclunn  Catnerani  Bapenbergensis  epiklolarain  fam.  libri  VI, 
(FniDCofurti  15S3)  p.  333.  Dftraach  sind  die  falschen  Angaben  in  den  bio> 
graphischen  No;izen  über  Baumgärtner  zu  korrigieren. 

^)  Vgl.  Camerarii  epist.  fam.  1.  c.  p,  269  s^q.,  wo  wtederhoU  auf  »vestri 
Üben«,  oder  »pueri«  d.  h.  Hieronymoi  Baumgftrtner  den  Jüngern  und  den 
Sohn  von  Grundherr,  Bezug  t^enommen  wir<i. 

•)  Grofse  l^c:  tin  Nürnberger  Tatri^ier  sind  nicht«  Seltene«.  Vgl.  Mit- 
teiluQgcD  für  Geschichte  Nürnberg».  3.  lieft,  S.  73. 


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—    261  — 

treffenden  Schreibens.  An  Neujahr  1559  befinden  sich  die 
Reisenden  in  Südfrankretch;  in  einem  Brief  desselben  Verfassers 
an  den  gleichen  Adressaten,  datiert  iBitarigibusc,  wird  gemeldet: 
»Mutasse  aSrem  se  a  quartana  Uberatum.  Filium  Hieronymum 
pristlnae  sanitati  restitutum  rediisse  Bituriges.  Morbum  filii  re- 
quisivisse  maxiiiias  exi)cnsas.c  Gegen  Ende  des  Jahres  1559  war 
Hieronymus  in  Padua  angekommen,  von  wo  aus  er  unterm 
30.  November  seinem  Vater  Mitteilung  machte:  »De  statu  aca- 
demiae  et  professoribus.  Se  uti  famiUariter  Joachimo  Caracrano 
Equum  non  posse  vendere.  Mittit  rationes  expensarum.  Cupit 
se  conferre  in  patriam  ob  dolores  cordis  et  capitis,  c  Vgl.  Uber 
diese  Briefe  Bonner  Programm  a.  a.  O.  S.  24.  23.  —  Mehrere 
Jahre  nach  dieser  Reise  ins  Ausland  verlobte  sich  der  jttngere 
Baumgartner  mit  der  Nümbergerin  Klara  örtel.  Vgl.  die  auch 
für  die  Zeitgeschichte  interessante  »Eheberedung  Hieronymus 
Baumgärtners  des  Jüngern  mit  Clara  örtlinc  im  Anzeiger  für 
Geschichte  der  deutschen  Vorzeit.  N.  F.  3.  Jalirgang  (1855)  S.  25  ff. 
57  ff.    Die  Vermähhing   fand  am  25,  Januar  1564  statt. 

Wie  sein  Vater,  so  wurde  auch  er  schon  vor  seiner  Verhei- 
ratung als  Genannter  in  den  gröfsern  Rat  berufen,  dem  er  von 
1563  bis  zu  seinem  Tod  am  lö.  Dezember  1602  angehörte.  Im 
Jahre  1564  erhielt  er  das  Amt  eines  jungen  Bürgermeisters. 
Vgl.  Roth,  Verzeichnifs  u.  s.  w.  S.  87.  Die  Errichtung  der  Uni- 
Yersitftt  Altdorf  wird  besonders  ihm  zugeschrieben^  Seine  letzten 
Ämter  in  Nürnberg  waren  diejenigen  eines  vordersten  Losungers 
und  eines  Reichsschultheifsenamts-Verwesers.  Vgl.  über  ihn  die 
äufserst  dürftigen  Angaben  bei  Will,  Gelehrten-Lexicon,  3.  Theil 
S.  124  L  und  die  Ergänzung  dazu  von  Nopitsch. 

b)  Faul  Grundherr  von  Altenthann,  geboren  im  Jahre 
1497,  gestorben  am  28.  Juli  1557,  ward  im  Jahre  1524  Mit« 
glied  des  Rats  in  Nürnberg,  1524  junger  Bürgermeister,  1525 
Pfleger  des  Komburger  Steinbruchs,  1526  Kriegs-Herr,  1532 
2Jeuchhau8-Herr  und  Viertelsmeister  am  Milchmarkt,  1535  Oberster 
Zeuchherr,  1j36  alter  liurgernieister,  1  j37  Septemvir.    Vgl.  Roth, 


')  Joachim  Camerarius  der  Jüngere,  der  später  in  Nürnberg  als  Arzt 
wirkte,  trat  seine  Reite  nach  Padua  am  $.  Oktober  1559  an  and  kam  da- 
selbst am  2.  November  an,  wie  er  in  den  (ungedruckten)  Annalen  seines 
Vaters  angibl.    VgL  Müacben,  Hof-  u.  Staatsbibliothek,  Cod.  Cam.  o.  XXVI. 


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Verzeichnifs  u.  s.  w.  S.  66.  Biedermann,  Gescblechts-Register  a.  s.  w. 
Tabula  LXV.  Waldau,  Vermischte  Beiträge  3.  Bd.  S.  472  f. 
Unter  seinen  zehn  Kindern  war  das  jüngste  Karl,  geboren  am 
19.  Mai  1535,  gestorben  am  24.  Dezember  1625.  Im  J.  1566 
erfolgte  seine  Aufnahme  in  den  gröfsern  Rat.  Vgl.  Roth»  Ver> 
zeichnifs  u.  s,  w.  S,  88.  Nach  Biedermann  a  a.  O.  Tabula  LXXII 
wurde  er  weiterhin  im  J.  1556  Assessor  am  Land-  und  Bauern- 
gericlit,  1577  alter  (ienannter  und  euer-Herr,  1599  vorderster 
alter  Genannter  ii.  s.  w. 

Seine  Immatrikulation  an  der  Universität  in  Leipzig  er- 
folgte im  Sommer-Semester  1554.  In  der  Matrilcel  wurde  er 
eingetragen  als  »Carolus  Gruntherre  Noricusc. 

c)  WilibaldGebhardt  der  Ältere  gehörte  in  den  Jahren 
1551  bis  1562  dem  gröfsern  Rat  in  Nürnberg  an  und  war  als 

Ratschreiber  thätig.  Vgl.  Roth,  Verzeichnifs  u.  s.  w.  S.  80.  — Ehe 
der  jüngere  Gebhardt  die  Hocliscliule  verliefs,  promovierte  er  in 
der  Juristenfakultät  ztun  Doktor.  Auch  er  war  Mitglied  des 
gröfsern  Rates  in  Nürnberg,  und  zwar  in  den  Jahren  1568  bis 
1582.    Vgl.  Roth,  a.  a.  O.  S.  89. 


X. 

Hieronymus  Baumgärtner  an  Kaspar  Peucer-^j. 

(Nürnberg.)    1563.  April  4. 

Adr.  K^regia  eriiditione  prneditn  D,  Casparo  Peucero, 
Medicinae  i^oetori,  aniico  sua  vissim- 1.  \"  i  1 1  e  n  b  er  gae. 

S.  D.  Est  ita,  ut  scribis,  Doctissinie  Peueere,  Totos  iam 
sedecim  annos  gravissime  quassata  est  haec  civitas,  primum 
Smalcaldico  hello,  mox  Marchico,  postremum  fame  et  pe- 
stilentia'')  praeter  innumera  alia,  quorum  singula  vel  Veneto- 
rum  urbem  labefactare  poterant»  inter  quae  omnia  ita  nos  con- 
servavit  benignus  pater,  ut  et  hodie  qualitercunque  consistamus 
citra  uUam  vel  in  Ecclesia,  vel  Republica  mutationem.  Et  siquid 
interdum,  ut  fit,  intcr  eruditos  dissensiunculanim,  id  placide  et 
citra  lumultuni  disciissum.  Ktsi  autem  hoc  tempore  miris  arti- 
bus  turbas  dare  nostrae  ecclcpiiac  nioliuntur  Illyricus  et  Gallus*^), 
tarnen  initia  ipsis  i'uere  parum  auspicata,  qua  de  re  malo  vos 


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ex  Andraea^)  cognoscere,  quam  multa  scribere.  Andraeae 
Bohemi«')  causam,  quam  mihi  tarn  accurate  commendas,  Ita  egi, 
ttt  non  dttbitem  me  eSecturum  aliquid,  quod  tarnen  propter  non- 
nullas  causas,  priusquam  hinc  abiret  Andraeas,  non  potuit  con- 
fici.  Scribam  autem  brevi,  quid  effecerim.  Haec  habui,  quae 
ad  amicam  et  eraditam  tuam  epistoiam  responderem,  plura  ad 
te  scribere  gesticns,  si  per  senectam  et  negotia  liceat,  et  sum 
aliu<iui  scribendis  litcns  p.iulo  desidiosior.  Quam  ob  rem  veniam 
dabis  brevitati.  Vestrain  Kcclcsiani  et  scholam  nosque  omnes 
Christo  servatori  commeudo.  Vale,  pridie  Nonas  Aprileis  MDLXiJUL. 

Hiero.  Paumgartner. 

Original,    i  Blatt  in  Folio.    Siegelspur  erhalten. 
[Landeshut,  v.  VVallenbergsche  Kirchenbibliothek  Hs.  1,  2 
Blatt  40.J 

a)  Die  innige  Freundschaft,  welcheBaumgärtner  mitMelanch- 
thon  verbaud,  vererbte  sich  auch  auf  den  Schwiegersohn  des 

letztern,  den  Professor  an  der  Universität  zu  Wittenberg,  Kaspar 
Peucer,  der  in  den  kryptocalvinistischen  Strcitigkeiton  bekannt- 
lich eine  grofse  Rolle  spielte.  Wahrend  bisher  von  den  Briefen 
Baumgärtners  an  Peucer  fast  nichts  zum  Vorschein  gekommen 
ist,  verdanken  wir  dem  Sammelfleifs  Baumgärtoers  die  Erhaltung 
einer  gröfoem  Reihe  von  Schreiben  des  Wittenberger  Gelehrten 
an  ihn.  Ganz  oder  zum  Teil  sind  bis  jetzt  veröffentlicht  der 
Brief  Peucer»  vom  27,  März  1538  und  ein  anderer,  um  die* 
selbe  Zeit  geschriebener,  sodann  die  Briefe  vom  1.  August  und 
17.  August  1558,  I.Juni,  22.  Juni  und  13.  Dezember  1550,  26.  Juli, 
I.August,  12.August,  20.  Augustu.  1 .  Dezember  1 560, 13.  März  1561, 
30.  April  und  16.  Dezember  1562,  11.  Juni,  ante  cUniact.  acad., 
13.  August  und  5.  Dezember  1563.  Vgl,  Strobel,  Miscellaneen 
Literarischen  Inhalts,  4.  Sammlung  S.  78  -8ft.  Corpus  Ref. 
vol.  IX.  p.  5  77,  504,  668  sq.  Bonner  Gymnasial-Programm  1877, 
Unser  Brief  beantwortet  Peucers  Schreiben  vom  16.  De- 
zember 1562.    Vgl  Strobel,  a.  a.  O.  S.  85  f. 

b)  Die  Pest  wtttete  in  Ntlrnberg  im  Jahre  1562  und  An- 
fang 1563;  in  einem  Jahre  starben  Über  zehntausend  Personen. 
Vgl.  J.  F.  Roth,  Yerzeichnifs  aller  Genannten  des  gröfsem 
Rathes  S.  86. 


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—    264  — 


c)  Gemeint  ist  der  Theologe  Matthias  Flaciiis  Illyri- 
cus,  der  nach  dem  Verlust  seiner  Professur  zu  Jena  im  Februar 
1562  über  Nürnberg  nach  Regensburg  zog,  um  dort  in  der  Nähe 
seines  Gesinnungsgenossen,  des  Predigers  Nikolaus  Gallus, 
Aufenthalt  zu  nehmen.  Vgl  Freger,  Matthias  Flacius  Illyricus, 
2.  Hälfte  S«  228  ff. 

d)  Andreas,  der  in  zahlreichen  Briefen  von  und  an  Melanch- 
thon  als  »nunciust  oder  s  tabellariussi  erscheint  (vgl.  Corpus 
Reformatorum,  Briefwechsel  Mclanchthons),  versah  lange  Zeit 
hindurch  den  Botendienst  zwischen  Süd-  und  Norddeutschland, 
besonders  zwischen  Nürnberg  einerseits  und  Leipzig  und  Witten- 
berg anderseits.  Beispielsweise  findet  sich  sein  Name  auf  der 
Adresse  eines  Briefes  des  Wittenberger  Reformators  vom  12.  De- 
zember 1545  (Corpus  Ref.  vol.  V.  p.  902);  und  er  erscheint  auch 
als  Überbringer  des  letzten  Briefes  von  Melanchthons  Hand  an 
Baumgärtner,  datiert  4.  April  1560  (»per  Andreamc,  wozu  recepi 
oder  redditae  zu  ergänzen  ist,  Corpus  Ref.  vol.  IX.  p.  1085). 
Andreas  besafs  das  Vertrauen  seiner  Auftraggeber  in  so  hohem 
Mal'sc,  dafs  er  da,  wo  schriftliche  Mitteilungen  zu  gewagt  und 
gefährlich  erschienen,  als  mündlicher  Berichterstatter  eintreten 
mufste.  In  seinem  Brief  vom  23.  Mai  1551  (Corp.  Ref.  vol.  VII. 
p.  790  sq.)  ersucht  Melanchthon  den  Nürnberger  Freund,  Baum- 
gärtner,  Andreas  beim  Mieten  einer  Wohnung  behilflich  zu  sein. 
Die  Bemerkung,  dafs  Turmwohnungen,  wie  eine  solche  für  den 
Boten  erbeten  wird,  an  arme  Leute  vermietet  zu  werden  pflegen, 
läfst  erkennen,  dafs  dieser  selbst  ein  armer  Mann  war,  —  Hie 
und  da  erscheint  als  Briefbote  ein  Andreolus,  z.  B.  Corpus 
Ref.  vol.  IX.  p.  577,  Joachimi  Camerarii  Bapenbergensis  episto- 
larum  familiaiiuni  iibri  VI.  (Framrofurti  15i3J)p.  278  und  s avSpetoXo; 
NoricusK  in  einem  Brief  von  Johannes  Stigei  an  Melanchthon, 
handschriftlich  in  Landeshut,  Kirchenbibliuthek  Hs.  1,  2  Blatt  294 
(von  mir  copiertj.  Im  (iegensatz  zu  dem  nc'rans;,n^l)er  des  Cor- 
pus Ref.  mochte  ich  nicht  in  Andreolus  den  Sohn  des  altern 
Boten  erkennen,  vielmehr  diesen  selbst,  zumal  die  drei  erwähnten 
Schreiben  ganz  verschiedenen  Jahren  angehören,  1558»  1556 
und  1553,  während  deren  und  nach  denen  auch  Andreas  ge« 
nannt  wird. 

e)  Andreas  Behm,  Behem,  Beham,  Bohemus,  der 


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—    265  — 


Sohn  von  Sebald  B.^)  wurde  am  12.  April  (Frettags  vor  Palma- 
rum) 1 53S  geboren.  Seine  Aufnahme  als  Student  an  der  Hoch- 
schule zu  Wittenberg  erfolgte  am  11.  Oktober  1558,  wo  er  als 

»Andreas  Behm  Noribergensisc  inscribirt  wurde.    Vgl.  Förste- 
mann, Album  Acadeniiae  Vitebergensis  p.  350.    Üb  damit  die 
Notiz  bei  Will-Nopitsch,  Gclehrten-Lcxicon  V.  Theil  S.  78,  wo- 
nach er  schon  am  5.  Juli  nach  Wittenberg  aufbrach,  m  Kinklang 
zu  bringen  ist,  steht  dahin.    Ehe  Behm  seine  Universitätsstudien 
beendigte,  erwarb  er  sich  in  der  Artistenfakultät  in  Wittenberg 
den  Magistergrad,  und  zwar  am  28.  Februar  1363.^  »Andreas 
Bohemus  Norinbergensis«,  wozu  eine  spätere  Hand :  »Ludirector 
ad  D.  Laurentinm  Noribergaec  hinzufügte,  lautet  die  hierher- 
gehörige Eintragung  im  Dekanatsbuche.  Behm  befand  sich  unter 
denjenigen  Studenten,  welche  durch  Stipendien  ihrer  Vaterstadt 
auf  der  Universität  unterhalten  wurden.  Da  Mitte  Dezember  1562 
indessen  die  Zeit,  für  welche  ihm  die  Unterstützung  gewährt  war, 
zu  Ende  ging,  so  wandte  sich  Peucer  für  ihn  an  Baumgartner  mit 
der  Bitte  um  Wicderverleihung  des  bisherigen  Stipendiums  oder 
um  Gewährung  eines  andern  Stipendiums,  indem  er  zugleich  der 
sittlichen  Führung  und  der  wissenschaftlichen  Tüchtigkeit  des 
Fetenten  hohes  Lob  spendete.    Als  unser  Brief  an  Peucer  ab- 
ging, hatte  die  Bitte  noch  nicht  erfüllt  werden  können.  Dafs 
sie  aber  gewährt  wurde,  erhellt  aus  einem  Brief  Behms  an  Baum- 
gärtner vom  11.  Juni  1563,  worin  gedankt  wird  »pro  addittone 
et   prorogatione  stipendiit.     Vgl.  Bonner  Gymnasialprogramm 
a.  a.  O.  S.  15.  —  Wie  ein  Kmpfehhm^ssohreihen  des  Witten- 
berger Professors,  Sebastian  Dietrich  aus  Windsheini,  an  Baum- 
gärtner erkennen  läfst,  wurde  Behm  im  Jahre  1559  vom  Fieber 
so  sehr  heimgesucht,  dafs  er  es  mit  einem  Luft-  und  Ortswechsel 
versuchen  mufste.     Vgl,  Bonner  Programm  a.  a.  O.  S.  25  f. 
Nach  der  Angabe  Peucers  währte  der  Krankheitszustand  länger 
als  ein  Jahr. 

Die  erste  Anstellung  Behms  in  seiner  Vaterstadt  wurde 
von  Paul  Eber  betrieben,  der  Baumgärtner  auf  ihn.  als  eine  zur 


V  Ob  der  Vater  identisch  ist  mit  dem  Kaufmann  Sebald  Behaim? 
Vgl.  Roth,  Geschichte  des  Niimbergischen  Handels,  i.  Theil,  S.  309. 

')  Wm-Nopitsch  a.  a.  O.  i.  Theil  S.  90  tt.  5.  Theil  S.  78  nennen 
fiUschltch  den  s.  M&rt  1562  als  Promotiontlag  Behms. 

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—    266  — 


Übernahme  eines  Schulamts  geeignete  Persönlichkeit»  aufmerksam 
machte.  Vgl.  Ebers  Brief  vom  September  1563  im  Bonner  Pro« 
gramm  a.  a.  O.  S.  16.  Zum  Abschied  Behms  von  Wittenberg 
verfafste  sein  Freund  und  Landsmann  Salomon  Albertus,  Pro- 
fessor an  der  Universität  zu  Wittenberg,  ein  Abschiedsgedicht. 

Vgl.  ürationes  D.  Salomonis  Albcrti  Vitaebcrgae  1590 

Blatt  X  fT.  *Pro  felici  discessu  ad  M.  Andream  Hohomura 

reducem  in  patriam,  anno  eodem«.  [—  1563].  Die  i'hätigkeit 
Behms  kam  namentlich  den  Schülern  zu  St.  Ägidien,  St.  Lorenz 
und  St.  Sebald  zu  gute.  Vgl.  darüber  die  Angaben  bei  Will- 
Nopitsch  a.  a.  O. 


« 


Kleinere  Mitteilungen. 


Die  Wiederaufricbtaog  der  Laadwefar  i.  J.  1499  und  den 

folgenden  Jahren  und  die  weitere  Wesröckuog  der  Freisch- 
Säulen  von  der  Stadt  i.  J.  1504  —  Anlässe  zu  Irrungen 
zwischea  dem  Markgrafea  Friedrich  voa  Braadeoburg  und 
Pfalzgraf  Ruprecht  wegea  der  Landeshoheit  um  Nürnberg. 

Durch  die  Wiederaufrichtung  der  Landwehr  um  die  Stadt 
1499  und  in  den  folgenden  Jahren  fühlte  sich  Markgraf  Fried' 
rieh  von  Brandenburg,  wenn  auch  ohne  allen  Grund,  in  seinen 
landesherrlichen  Rechten  gekränlct  «nd  er  widersprach  auf  das 

lebhafteste  einer  Mafsrc'ucl.  welche  die  ( )berlierrli(  hkeit  der 
Stadt  in  dem  sie  unmittelbar  umgebenden  liebicte  auf  das  un- 
zweifelhafteste bekundete.  Diese  Rechte  nahm  er  für  sich  selbst 
in  Anspruch.  Einen  weiteren  Streitpunkt  zw  ischen  Nürnberg  und 
dem  Markgrafen  lüldeten  dann  die  neuen  Stöcke  oder  Säulen, 
welche  der  Rat  i.  J.  1504  zur  Aufhängung  des  enthaupteten 
und  dann  gevierteilten  Strafsenräubers  Hennann  Reichenauer 
an  den  vier  Hauptstrafsen  eine  Viertelmeile  von  der  Stadt  ent- 
fernt und  demnach  weiterhinaus,  als  wo  sie  bisher  gestanden, 
hatte  aufrichten  lassen^).  Es  kam  zu  langwierigen  Verhand- 
lungen vor  dem  schwäbischen  Bund,  der  in  seinem  Spruch  vom 
17.  binuii  1507  aussprach*),  die  Nürnberger  sollten  die  auf- 
gerichteten Stucke ,  daran  sie  ihrer  verurteilten  Ü!)eltluiter 
Stücke  henken  lassen,  sowie  die  liluckhauslein  und  Schranken 
vor  den  Gräben  innerhalb  dreier  Monate  hinwegthun  und  die 
Gräben  einziehen.  Das  war  für  den  Rat  ein  äufserst  harter 
and  schlimmer  Spruch,  wenn  er  auch  hinwiederum  gestattete, 
so  oft  sich  der  Fall  in  Zukunft  ereignen  sollte,  andere  Stocke 

'1  Hist.  dipl.  Nor.  II  S.  773. 
Hist.  dipl.  Nor.  II  S.  769. 


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—    268  — 


vor  den  Thoren  ungefähr  in  der  Entfernung,  da  das  Hoch* 
gericht  des  Galgens  stünde,  zu  setzen,  und  wenn  auch  das 
bundische  Urteil  den  immerhin  tröstlichen  Zusatz  enthielt,  dafs 
isolch  obberttrt  abthun  der  stöck,  auch  niderlegen  der  plock- 
httuslein  und  einziehung  der  gräben  gemeiner  Stadt  Nürnberg 
an  ilirer  rocht  und  gcrcrhtigkeit  ganz  unvergriUciiiicli  und  un- 
schcdlich  seine  solle,  »also  dafs  sie  defshalben  ir  recht  und  ge- 
rechtiL'kcit  suchen  mögen.«  Aber  andererseits  war  wieder  die 
Drohung  ausgesprochen,  die  Bundesversammlung  wolle  für  den 
Fall,  dafs  in  bestimmter  Zeit  jene  Stöcke  nicht  abgethan,  die 
Blockshäuslein  nicht  niedergelegt,  die  Gräben  nicht  eingezogen 
wären,  auf  einem  weiteren  Bundestag  die  Hülfe  lUr  Markgraf 
Friedrich  mäfsigen  d.  i.  veranschlagen,  wie  sich  nach  des 
Bundes  Einigung  gebühre.  Man  darf  sich  nicht  verhehlen,  dafs 
der  Rat  hier  im  Kern  seiner  landeshoheitlichen  Rechte  ge- 
troffen erscheint,  während  andererseits  der  Spruch  trotz  aller 
Einschränkungen,  die  er  enthielt,  zur  ßegrurniung  der  Landes- 
hoheit des  Markgrafen  bis  an  die  Nürnberger  Stadtthore  an- 
gezogen werden  konnte  und  in  der  That  auch  später  angezogen 
wufde.  Die  Berufung,  welche  die  Stad(  beim  Kaiser  einlegte, 
war  wirkungslos.  König  Maximilian  genehmigte  am  4.  März 
den  bündischen  Spruch.  ^}  Käme  er  nicht  zum  Vollzuge,  so 
würde  weither  Aufruhr,  Unwillen  und  Empörung  im  hett.  Römi* 
sehen  Reich  erwachsen  und  ihn  in  seinen  sonstigen  Untemeh» 
mungen  hindern.  Defshalb  und  aus  anderen  merklichen  Ur* 
Sachen  vermöge  er  zu  dieser  Zeit  die  Berufung  m'cht  anzu- 
nehmen und  gebiete  der  Stadt,  dem  Bundesabschied  Folge 
zu  leisten.  Dem  hatte  sicli  der  Rat  /u  fügen.  Er  that  es, 
wenngleich  mit  Widerstreben  und  unter  Protest.  Am  22.  März 
wurde  in  einem  wohlversammelten  Rat  »mit  einem  grofsen  ein- 
helligen merernc  von  gemeinen  Nutzens  wegen  und  um  merk- 
lichen Nachteil  und  Schaden,  der  einem  ehrbaren  Rat  und  ge- 
meiner Stadt  Nürnberg  daraus  bei  königlicher  Majestät,  dem 
Bund  zu  Schwaben  und  anderen  Orten  erwachsen  könnte,  gar 
wohlbedächtlich  beschlossen*),  dafs  man  nicht  auf  Grund  des 


'I  HiM.  dipl.  Nur.  II  S.  771. 
^)  RaUbuch  Vlll  io\.  341. 


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—    269  — 


Entscheids  der  Hauptleute  und  Räte  des  schwäbischen  Bundes, 
sondern  des  Mandats  und  Gebots  der  Römischen  königlichen 
Majestät  die  Blockwerke  vor  der  Stadt  neben  der  X^ndwehr, 
die  in  dem  letzten  bairtschen  Krieg  aufgerichtet  worden  wären 

und  bis  jetzt  gestanden  hätten,  niederlegen,  die  Gräben  ein- 
ziehen und  die  Stucke,  daran  eines  verurteilten  Übellhäters 
Stücke  gehangen,  abthun  wolle.  Ks  geschehe  dieses,  so  erklärte 
der  Rat  nochmals  ganz  ausdrücklich,  unter  sonderer  Protestation 
vor  Notar  und  Zeugen,  dafs  er  es  thun  wolle  in  Kraft  solchen 
Mandats  und  nicht  etwa  auf  den  Entscheid  der  Bündischen  hin. 
Am  Montag  in  der  Marterwoche  solle  die  Einlegung,  aber  iniit 
pestem  fug  und  on  grofs-  geschreic  vollzogen  werden,  zugleich 
aber  auch  dem  lürstlichen  Hauptmann  im  Bund  sowie  dem 
Markgrafen  das  königliche  Mandat  ungeHihr  zwei  Tage  vor 
seiner  Ausführung  durch  einen  Boten  unter  der  königlichen 
Bütenbüchse  überantwortet  werden.  Dadurch  sollte  dem  Bund 
und  dem  Marktrrafen  zu  Gemüte  geführt  werden,  dafs  man  nur 
dem  Befehl  des  Königs  und  nicht  etwa  jenem  des  Bundes  m 
weichen  gewillt  sei.  Wie  selir  dem  Rat  diese  Angelegenheit 
am  Herzen  lag,  beweist  der  Instand,  dafs  er  in  einer  wei- 
teren Sitzung  am  27.  März  nochmals  darauf  zurückkam  Die 
Niederlegung  der  Stöcke,  Tttrmlein  und  Schranken  solle  am 
nächsten  Montag,  aber  ohne  die  Hölzer  und  was  sonst  dazu 
gehöre,  zu  zerbrechen,  vollzogen  werden.  Dem  jüngeren 
Bürgermeister  Endres  Geuder  aber  wurde  der  Auftrag  erteilt, 
»von  wegen  und  im  Namen  eines  ehrbaren  Rats«  am  gleichen 
Tage  noch  vor  Notar  und  Zeugen  zu  protestieren,  dafs  man 
die  Niederlegung  der  Stöcke,  Plockwerk  und  Schranken,  sowie 
die  Einziehung  der  Gräben  in  keiner  anderen  Weise  oder  Ge- 
stalt thun  wolle,  denn  auf  der  königlichen  Majestät  zugeschickte 
Mandat.  Diesen  Protest  erhob  denn  auch  der  damit  betraute 
Endres  Geuder  noch  am  selben  Tage  in  der  alten  Kanzlei  des 
Rathauses  vor  Notar  und  Zeugen*).  Man  nahm  es  übrigens 
mit  der  Beseitigung  der  Landwehr  nicht  allzu  genau.  Als  am 
13.  April  im  Rat  wegen  der  niedergelegten  Blockhäuser  und 

*i  Ratsbuch  8  fol.  344. 
'j  Hist.  dipl.  Nor.  11,  770. 


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—    270  — 


der  Gräben  Bericht  erstattet  worden  war,  kam  die  Ansicht  zum 
Durchbruch,  dafs  die  Niederlegung  fast  deiDgemäfs,  wie  das 
königliche  Mandat  es  vorgeschrieben  hätte,  defshalb  solle  man 
an  der  alten  Landwehr  nichts  mehr  abthun  oder  einxiehen.  Sie 
blieb  im  wesentlichen  bestehen.  Dafilr  spricht  auch  die  Weisung, 
die  spftter  (1508)  von  Ratswegen  an  den  Stadtbaameister  erging, 
er  solle  anordnen,  dafs  die  Schranken  an  der  Landwehr  nicht 
also  zu  Scheitern  gingen,  sondern  in  ihrem  Wesen  erhalten 
blieben. 

Auch  mit  dem  Pfleger  und  dem  Kästner  zu  Altdurf,  den  Be- 
amten Pfalzgraf  Ruprechts  von  Landshut,  kam  es  1504  zu 
Differenzen,  die  aber  von  keiner  Bedeutung  wurden,  denn  es 
dauerte  ja  nur  noch  eine  kurze  Frist,  dafs  der  Rat  in  die  landes- 
herrlichen  Rechte  des  Pfalzgrafen  beziehungsweise  seiner  Söhne 
hier  wie  in  weiteren  Gebieten  eintrat.  Ein  Schreiben,  das  der 
Rat  am  26.  Februar  1504  an  Jörg  von  Mistelbach,  Pfleger,  und 
Hans  Reichel,  Kastner  zu  Altdorf,  richtete,  gibt  darüber  näheren 
Aufschlufs.  Bemerkt  sei  noch,  dafs  es  sich  in  dieser  Streit- 
sache um  die  Freischsaule  haiulelte,  welche  der  Rat  auf  der 
Regensburgerstrafsc  jenseits  des  Sicchgralicns  hatte  errichten 
lassen.  Wir  lassen  den  Brief  des  Rats  seinem  Wortlaute  nach, 
wie  er  im  Briefbuch  Nr.  51  Bl.  240  enthalten  ist,  hier 

folgen: 

1504  Februar  26, 
Jorigen  von  Mistelbach,  pfleger  und  Hannsen  Reichel, 
castner  zu  AltdorfT. 

Erber  und  vester,  auch  lieber  castner.  Euer  schreiben 

uns  iungst  gethan  betrefTend  Herman  Reichenauer,  den 
wir  bei  kurz  vergangen  tagen  umb  versrliuhlt  sacheti  mit 
ernstlirlien  rerbton  gestrafft,  aurh  sein  korper  vicrtailen 
und  dieselben  viertail  auf  des  rcichs  strahscn  aufstecken 
lassen,  haben  wir  mit  euerm  begern  vernomeu.  Vnd  als 
ir  in  cuerm  schreiben  anziecht,  das  des  genielten  tetters 
viertail  ains  auf  des  durchleuchtigen  hochgebomen  fursten 
unsers  gnedigisten  herren  pfalzgrauen  und  churfürsten  etc. 
glaits  Strassen*  und  halsgericht  gesteckt,  sei  wir  nicht  ge* 
stendig,  das  gedachtem  unserm  gnedigisten  herren  pfalz- 
grafen  das  halsgericht  der  ende  zugi^horc,    sonder  stet 


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—    271  — 

uns  on  mittel  zu,  wiewol  sein  fürstlich  gnad  verraaint  uns 
daran  eintreg  zethun.  Aber  dits  viertail  des  gestrafften 
habea  wir  an  das  ort  lassen  henken,  nimand  sein  ge> 
rechtigkait  damit  zescbmelem  oder  auszepraiten,  sondern 
andern  der  gleichen  mifstätigen  personen  zu  atner  forcht 
und  ansehen,  .  sich  vor  solchem  -übel  wissen  zuverhütten. 
Wollten  wir  euch  gutter  mainung  nicht  verhalten,  Datum 
2  a  post  Mathie  anno  etc.  quarto. 

Briefbuch  Nr.  51  fol.  239,  240. 

Im  Register  steht  noch:  Jorigen  von  Mistelbach  pfleger 
und  Hannsen  Reichel  castner  geantwurt  des  aufhenkten  viertails 
jhenhalb  des  siechgrabens. 

Brost  Mummenboff. 


Beiträge  zur  Geschichte  des  »»freien  Handwerks** 

der  Maler. 

In  den  1890  und  91  in  der  »Bayerischen  Gewerbezeitungt 
erschienenen  Aufsätzen  Uber  »Handwerk  und  freie  Kunst«  habe 
ich  auch  die  Entwicklung  der  »freien  Kunst«  der  Flach*  und 
Ätzmaler,  oder  wie  wir  sagen  würden,  der  Maler  und  Radierer 
auf  Grund  des  mir  bekannt  gewordenen  urkundlichen  Materials 
darzustellen  gesucht  und  dabei  nachgewiesen,  dafs  sie  ein  eigcnt- 
liches  oder  geschworenes  Handwerk  mit  geschworenen  Meistern 
an  der  Spitze  und  einem  Meisterstück  trotz  aller  Anstrengungen, 
die  sie  beim  Rat  machten,  nicht  erreichen  konnten,  sondern 
sich  mit  Vorgehern,  die  die  Angelegenheiten  iiirer  Vereinigung 
zunächst  zu  regeln  hatten  und  dem  Probestück  —  der  dritten 
Stufe  des  freien  Handwerks  oder  der  freien  Kunst  —  zu  be- 
gnügen  hatten.  Auf  die  bedeutenderen  Maler,  die  etwa  von 
den  Niederlanden  oder  sonstwoher  nach  Nürnberg  kamen,  ver- 
mochten  sie  anfangs  keinen  Zwang  auszuüben.  Der  Rat  wollte 
sie  als  freie  Künstler  behandelt  wissen.  Als  sich  1700  die 
Maler  Johann  Kramer  und  Johann  Daniel  Preissler  bei  Rat 
darüber  beschwerten,  dais  sie  von  den  Nürnberger  Malern,  uut 


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272  — 


denen  sie  sich  nicht  vergleichen  iiefsen,  in  die  Zunft  ^)  genötigt 
würden,  gab  dieser  seine  Ansicht  dahin  kund  (26.  Aug.  1700), 
daCs  swiscben  Virtuosen,  welche  ihre  Meisterschaft  durch  Reisen 
erlangt  und  gemeinen  Malern  billig  ein  Unterschied  zu  machen 
sei.  Aber  schon  bald  verlieCs  der  Rat  auf  das  Drängen  der 
Nürnberger  Maler  den  Seither  eingenommenen  Standpunkt.  Ein 
Ratsverlafs  vom  20.  Januui  1701  schon  schreibt  vor,  jene  Virtuo- 
sen, worunter  auch  der  Murrer,  Cramcr,  Preilsler  u.  a.,  sollten 
von  dem  Leichtragen  und  der  Übernahme  der  Vorgeherstelle 
befreit  bleiben,  jeder  von  ihnen  indes  jährlich  3  Gulden  in 
die  Lade  geben  und  ein  Kuns^  und  Probestück  liefern,  das 
aber  von  ihnen  nur  den  Rugsverordneten  vorzulegen  sei.  Den 
Aus  gelernten  wurde  eine  gewisse  Höhe  der  Tafel  (des 
Bildes)  vorgeschrieben  und  dabei  die  Anordnung  getroffen,  dafs 
nicht  eine  Inventton  oder  Geschichte  nach  vorgelegten  Zeich- 
nungen von  »unterschiedlichen  Personen  gemachet,  sondern 
unterschiedliche  Begebenheiten  einer  Historie  auf  die  Tafeln 
gebracht,  so  dafs  damit  ein  oder  mehrere  Zimmer«  behängt 
werden  könnten.  Den  fremden,  den  Bürgersrhutz  in  Nürnberg 
suchenden  »rechtschaffenen  Malern«  aber  sollte  die  Invention 
freigestellt  und  sie  in  nichts  gebunden  sein. 

Am  längsten  sträubten  sich  Leonhard  Kramer  und  Daniel 
Preifsler  gegen  die  Anfertigung  des  Probestücks.  1703  ging 
der  Rat  mit  gröfserer  Strenge  gegen  sie  vor.  Der  Beschlufs, 
den  er  am  20.  April  des  genannten  Jahres  fafste,  bestimmte, 
das  Rugsamt  solle  ihnen  die  Anfertigung  ihrer  schuldigen  Probe- 
stücke, iie  auf  das  Rathaus  gehörten,  und  die  Leistung  ihres 
Beitrags  für  die  Malertruhe  —  ujici  /.war  sei  ihnen  zur  Erfül- 
lung der  letzteren  Verpfliclitung  eine  Frist  von  14  Tagen  ein- 
zuräumen —  »bei  Androhung  einer  sonst  erfolgenden  Strafe« 
auferlegen.  Dem  Murrer  wurde  die  Finschreibung  seiner  jungen 
beim  Rugsamt  nach  abgelegter  Probezeit  anbefohlen  und  dem 
Preifsler  die  Annahme  so  vieler  Jungen  —  er  hatte  damals 
vier  —  » darniedergelegt  c.  Aufserdem  enthält  dieser  wichtige 
Ratsverlafs,  worauf  hinzuweisen  wir  nicht  unterlassen  wollen,  noch 


'  /ittn  crstenin.-ile  kommt  hier  das  Wort  „Zonft**  in  einem  amtUchea 

Schriftstück  vor. 

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—   373  — 


eine  bemerkenswerte  Verfügung  an  den  Batimeister :  weil 
nämlich  die  von  ihm  vorgeschlagene  Wiederaufrichtung  einer 
Akademie  für  eine  sehr  nützliche  Sache  befunden  worden  ^  so 
wurden  ihm  die  hier  künftig  zu  treffenden  Anstalten  iheim« 
gestellt  und  rekommandiert,  t 

Aufscr  diesen  für  die  Entwicklung  der  Malerurdnung 
wichtigen  Nachrichten  erfahren  wir  nocli  einzelne  kulturhistorische 
Kinzelhciten  ül>t"r  das  damals  übliche  Bemalen  der  Fa^aden  und 
Innenräume  der  Häuser,  über  die  Streitigkeiten,  die  defshalb  und 
aus  anderen  Veranlassungen  zwischen  Malern  und  Tünchern  aus« 
brachen,  und  anderes.  Einen  Ratsverlafs  vom  3.  September  1701 
habe  ich  endlich  noch  beigefügt,  der  den  bekannten  Nürnberger 
Maler  und  Kupferstecher  Johann  Andreas  Graff  betrifft,  der 
durch  seine  zahlreichen  Nürnberger  Stiche  allgemein  bekannt  ist. 
Man  sieht  aus  ihm,  wie  sich  der  Rat  um  alles  kümmerte,  was 
vorging,  und  war  es  auch  noch  so  gering,  andererseits  aber 
auch,  wie  ihm  ein  bedeutendes  historisches  Interesse  nicht  ab' 
gesprochen  werden  kann. 

1695  August  22. 

Nachdem  unter  andern  dieses  vorkonnnen,  dafs  verschie- 
dene Burger  ihre  Hauser  von  aufsen  mit  Aufwendung  vieler 
Kosten  sehr  prächtig^  mahlen  und  renovieren  liefsen,  welches 
denen  Fremden  sehr  in  die  Augen  falle  und  zu  vielen  gehäs- 
sigen und  wiedrigen  Vorbildungen  Anlas  gebe,  als  ist  der  Herr 
Baumeister  ersucht,  die  Mahler  und  Tttncher  dahin  zu  bewegen 
und  .  ihnen  zuzusprechen,  dafs  sie  die  Leute  von  solchen  unnö- 
thigen  Kosten  und  Übermahlung  der  Häuser,  so  durch  unan- 
ständige  Witterung  bald  verderbet  werden  können,  abmahnen 
und  hingegen  dahin  disponiren,  dafs  sie  es  allein  bei  Einfassung 
der  Fensterstöck  bewenden  lassen  mögen. 

RV  169J/96  H.  6  f.  31.  Bauamt. 


'  Nach  V/ill;  (1^:^1501116  der  Nürnberger  M;i1eral<a(lemie  zum  Ge- 
dächtnis ihrer  loojähr igen  Dauer  entworfen.  AUdorf  1762  S.  10,  wurde  die 
Akadem!«  Im  Jabre  1699  »durch  allerhand  oberherrlich  zuerkannte  Vorteile 
und  Freiheiten  zu  neuem  Wachstum«  erhoben.  Man  sieht  indefs  aus  dem 
oben  Mitgeteilten,  daf»  Jene  AnordnuDgen  i,  J.  1703  noch  keine  Frfichte 
getragen  hatten. 

18 

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—    274  — 


1701  Januar  20. 

Der  Herrn  Rugsdeputirten  Gutachten  der  Mahlere  Be- 
schwerden  wider  die  Virtuosen,  so  sich  ihrer  Ordnung  nicht 
unterwerfen  wollen,  dann  den  Notar  Höflich,  Hemme  und  an- 
dere, Sü  sich  diil  aiierlci  zur  Mahlerci  gehörige  Arbeit  legten, 
femer  wieder  die  Tüncher,  so  des  Spanisch-Wand-l  ruchtinalilens 
und  anderer  ihnen  gehöriger  Dinge  sirh  unterstünden,  soll  man 
nachgehen,  gedachte  Virtuosen,  worunter  der  Murrer»  Cramer, 
Preifsler  nnd  einige  andere  ihres  gleichens  zu  rechnen,  von  dem 
Leuchtragen,  Übernehmung  der  Vorgeherstelle,  ^)  doch  dafs  jeder 
derselben  jährlich  3  Gnlden  in  die  Laden  gebe,  auch  von  allen 
durchgehends  ein  Kunst-  und  Probstück,  so  denen  Herrn  Rugs- 
verordneten,  soviel  die  Virtuosen  betrifll,  vorzulegen,  verfertige : 
denen  ausgelemten  eine  gewiefe  Höhe  der  Tafel  geben  und 
darauf  sehen,  dafs  nicht  eine  Invention  oder  Geschieht  aus  vor- 
gelegten Zeichnungen  von  unterschiedlichen  Personen  gemachet, 
sondern  unterschiedliciie  Begebenlieiten  einer  Historie  auf  die 
Tafeln  gebracht  und  danüt  ein  oder  mehr  Zimmer  behenget 
werden  können,  denen  fremden,  den  Schutz  hier  suchenden 
rechtschaffenen  Mahlem  aber  die  Invention  freistellen  und  sie 
an  nichts  binden  lassen. 

RV.  1700/1701  H.  tl  fol.  2,  3.  Rugsamt. 

1703  April  20. 

Johann  Leonhard  Kramern  und  Daniel  Preifsler,  beeden 
Mahlcrn,  soll  man  die  Fertigung  ilirer  zu  liefern  habenden 
Probstücke,  so  auf  das  Rathaus  gehören,  neben  der  Bezahlung 
der  Maler  Truhen  zu  thun  habenden  Beitrags,  zu  welchem 
letztem  ihnen  14  Tag  anzuberaumen  sind,  mit  Androhung  einer 
sonst  erfolgenden  Straf  auferlegen;  dem  Johann  Murrer  bedeuten, 
seine  Jungen  gleich  nach  der  Probzeit  in  dem  löbl.  Rugsamt 
einschreiben,  dem  vorgedachten  Preifsler  die  Annehmung  so 
gar  vieler  Jungen,  deren  er  izo  vier  haben  solle,  darniederlegen, 
Vnd  weil  die  von  des  Herrn  Baumaisters  Herrl.  fürgeschlagene 
Wiederaufrichtung  einer  Academie  für  eine  sehr  nutzliche  Sache 
befunden  worden,  seind  dero  Herrl.  die  hier  /.u  künftig  zu 
machen  haluMide  Anstalten  heimgestellet  und  roronunandiret. 

RV  1703/4  H.  1  fol.  68,  69.  Bauamt.  Rugsamt. 

ergiiuen:  befreien* 


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—   275  — 


1703  April  20. 

Denen  Tünchern,  über  welche  die  Mahler  sich  beschweret, 
dafs  ihnen  von  densellien  viel  Eingriffe  geschehen,  soll  man  in 
dem  löbl.  Rugsamt  bedeuten,  dafs  sie  mit  Ubertünchung  der 
Häuser  olme  einig  Hauptgesims  und  Einfassung  der  Fenster  auf 
welsche  Art  sich  vergnügen  lassen  und  weiter  nicht  greifen,  die 
Häuser  hingegen  mit  Ordnungen  der  schön  gemachten  flinf  Haupt- 
seulen mit  allerhand  Gefriesen,  Engelsköpfen,  Larfen  und  Fratzen- 
gesichtem,  item  Venierung  der  Häuser  mit  allerhand  Laub  und 
künstlichen  Füllungen,  ingleichen  der  Solerdeck  an  Kutschen  und 
Chaisen  denen  Malern  allein  überlassen,  endlich  ihren  Erbieten 
nach  alles  Verguldens,  desgleichen  der  Sonnenuhren  sich  ent- 
halten; denen  Mal^-rn  aber  anzeigen,  sich  wegen  kostbarer  Mah- 
lung der  Häuser  dem  am  22.  Aug.  1605  ergangenen  Veriafs 
gemäs  sich  zubezeigen  und  mit  Forderung  des  Lohns  die  Bürger- 
schaft nicht  zu  übernehmen*,  die  Ordnung  der  Wanderzeit  auf 
drei  bis  vier  Jahr  dergestalt  einrichten,  dafs  alle  ihre  Lehrjung, 
wann  sie  die  Lehrzeit  erstanden  und  zu  Gesellen  gesprochen 
werden,  sich  auf  diese  obbestimte  Zeit  in  der  Fremde  aufhalten, 
kein  Mahler  aber  seinen  Jungen  ausschreiben  lassen  solle,  wel« 
eher  nicht  einen  solchen  Rifs  gemachet,  der  von  solchen  Leuten, 
die  in  der  Zeichenkunst  erfahren  seind,  approbirt  und  darüber 
Parere,  ob  ein  solcher  zum  (Gesellen  tüchtig  und  daiür  passiren, 
auch  zur  Acadcmie  gelassen  werden  könne,  ausgestellet  werde. 
Ebend.  fol.  71,  72.  Rugsamt. 

1712  Mai  7. 

Den  Brabandischen  iVlahlern,  welcher  seine  mitgebrachten 
Schildereien  in  dem  Kreuzgang  des  Predigerklosters  auszulegen 
und  zu  verkaufen  bittet,  soll  man  damit  auf  die  gewöhnliche 
Mefszeit  verweisen,  auf  machende  fernere  Instanz  ihm  deren 
Aufhängung  unter  dem  Rätbaus  oder  im  Ballhaus  zu  erlauben. 
1712/13  H.  2  fol.  39.  Burgermeister  junior. 

1712  October  24. 

Über  Johann  Georg  Faber  von  Sachsen  Meiningen  Mah- 
lers Bittschrift,  dafs  ihme  disen  Winter  alhier  sich  aufzuhalten 
zu  dürfen,  um  die  Akademie  zu  besuchen,  soll  man  den  Preifsler 

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—  276 


und  Schuster  als  Inspektores  derselben  am  löblichen  Rugsamt 
hören,  auch  besonders  daselbst  die  Vorgehere  der  üiahlerei  ver* 
nehmen,  ob  ihnen  dieser  Mensch  bekannt  seie  und  wider  sein 
Gesuch  was  einzuwenden  haben?  Da  nun  mit  ihren  guten  Willen 
dessen  Aufbahme  geschehen  könnte,  ihme  auf  ein  halb  Jahr 
gegen  Anbictung  einer  Rccogiiition  von  1  oder  2  Guldcn- 
groschen  den  Schutz  verwilligen,  andernfalls  aber  die  Sach 
nochmaleu  fürlegen. 

RV.  1712/13  H.  8  f.  57.  Rugsaint. 

1722  Juni  17. 

Den  in  des  Malers  Johann  Andreae  Gebhards  mit  denen 
Tttnchern  wegen  Renovir-  und  Malung  der  Häuser  habenden 
Strittsache  von  denen  Herren  Verordneten  an  der  Rüg  gethanen 

Vorgeschlag  soll  man  nachgelien  und  beeden  Theiien  ihre  gegen 
einander  ausgestofsene  Bedrohungen  und  gebrauchte  Anzüglich- 
keiten ernstlich  unterstofsen,  anbei  aber  denen  Tünchern  be- 
deuten, s]'  h  in  Verfertigung  ihrer  Arbeit  haubtsäc.hlich  nach 
denen  bei  den  Actis  hefindlichen  Rissen  zu  richten  und  bei 
einer  namhaften  Straff  vun  25  fl.  sich  der  runden  und  gewun- 
denen, absonderlich  der  freistehenden  mit  allerlei  frischen  Farben 
und  auf  Marmorarth  gemahlten  Säulen,  item  der  künstlich  aus- 
gezierten  Gefriesen,  antiquen  GefäCsen,  Urnen,  Armaturen, 
Engelsköpfe,  Larfen-  und  Fratzengesichter,  ingleichen  Verzierung 
der  Häuser  mit  allerhand  künstlichem  Laubwerk  zu  enthalten  und 
solche  den  Mahlern  allein  zu  überlassen,  jedoch  würde  man, 
was  die  nach  der  Architektur  aufgezogene  platten  Säulen  oder 
Pilaster  samt  deren  liaui)tgesimse  anhingt,  wofern  sie  Tünchcr 
solche  nur  mit  ihren  Erdfarben  verfertigen  und  denen  Mahlern 
ihre  Inventiones  nicht  sogleich  nachmalen  würden,  es  eben  so 
genau  nicht  nehmen,  denen  Malilern  hingegen  ebenfalls  bedeuten, 
dafs  sie  denen  Tünchem  ihre  Nahrung  nicht  entziehen  und  die 
inwendige  Austunchung  der  Gemacher  denenselben  allein  Über- 
lassen  und  übrigens  dem  den  20.  April  1703  ergangenen  ober- 
herrl.  Verlafs  in  allen  Stücken  beobachten  sollen.  Jedoch  dafs 
dieses  alles  mit  offener  Hand  geschehe. 

RV.  1722/23  H.  3  fol.  112,  113.  Rugsamt. 

Bauamt. 


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1730  Juli  31. 

Die  dem  Johann  Friedrirh  Waltern,  jun^am  Meister  des 
Tüncherhandwerks,  atiferlegte  6  fl.  Straff  wegen  eines  von  denen 
beeden  Gebhardten  Mahlern  eingek labten  Nahningsemgriffs  soll 
man  beharren  und  anbei  dem  difsfalls  bereits  unterm  17.  Juni 
1722  emanirten  und  publidrten  oberherrlichen  Decreto  beharr- 
lich inhaeriren  und  nachgehen,  übrigens  aber  auch  denen  Mahlem 
bedeuten,  dafs  sie  es,  was  das  Mahlen  und  Renoviren  der  Ge- 
mächer innerhalb  denen  Häusern  und  das  Laubwerk  betriffet, 
so  gar  genau  nicht  zu  nehmen  hätte. 

RV.  1730/31  H.  4  fol.  108.  Rugs-Amt 

1750  Januar  28. 

Auf  das  bei  dem  lobl.  Rugsamt  unterm  18.  Nov.  nup. 
vorgegangene  der  Mahler  Beschwerde  contra  den  Tüncher- 
iiieister  Joh.  Fried.  Wal(  her  betreffende  ist  ertheilet :  den  Be- 
klagten auf  sein  Eingeständtnus  ad  Prot.  d.  18.  Nov.  und  auf 
die  vorgängige  oberherrliche  Verlässe  d.  20.  April  1  7  03, 
d.  17.  Juni  1  722  und  3  1.  Juli  1730  £U  verweisen,  mithin 
Ihme  in  deren  Conformitaet  su  bedeuten,  dafs  gleichwie  der 
Tüncher  sich  ehehin  selbsten  erboten,  des  Verguldens  sich  zu 
enthalten,  ihnen  hiernechst  auch  die  Anweisung  beschehen,  die 
freistehende  mit  allerhand  frischen  Farben-  und  Marmorart  ge- 
mahlten Säulen ,  item  die  künstlich  ausgezierten  Gefriese, 
aiitikit  (jefafse,  Urnen,  Armaturen  ,  Engelsköpfe,  Larven  und 
Fratzengesicliter,  ingleichen  Verzierung  der  Häuser  mit  aller- 
hand I-aiibwerk  denen  Malern  allein  zu  ul^erlassen;  also  sich 
ein  Tilnchermeister  mit  Fertigung  der  nach  der  Architektur 
aufgezogenen  Glattsäulen  oder  Pilaster  samt  deren  Hauptgesimsen 
und  zwar  mit  Erdfarbe  begnügen  zu  lassen  und  dabei  zu  be- 
friedigen habe,  dafs  es  mit  Mahlen  und  Renoviren  der  Gemä- 
cher innerhalb  denen  Häusern  und  dem  Laubwerk  so  gar  genau 
nicht  genommen  wttrd.  Wannhero,  was  die  Beharrung  der 
andictirten  Strafe  anbetrifft,  solches  dem  löbl.  Rugsamt  zu 
überlassen,  zugleich  aber  noch  dieses  mit  angefüget  worden, 
von  denen  Mahlern  und  lienen  i  ünchern  gewisse  Projekte  zu 
einer  und  der  andern  Urdnungs  -  Verbesserung  und  Setzung 
gewisser  Schranken  nach  denen  zeitherigen   bei  denen  Ge- 


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278  — 


Werbern  und  Professionen  nach  der^Iode  geänderten  Umständei/ 
zu  erfordern  und  billigen  Dingen  nach  durch  Geben  und  Nehmen 
ein  Ganzes  zu  machen. 

RV.  1749/50  H.  11  n  45,  46.  Bau- Amt. 

Kugs-Amt. 

1701  September  3. 

Johann  Andreas  Grafen,  Perspectivmahlern,  soll  (man) 
erlauben,  die  von  Steinen  neiiaufgeführte  liruckon  bei  der 
Parfüfserkirch  abzuzei(  hnen  und  in  Kupffer  auf  seinen  eigenen 
Verlag  zu  bringen,  darneben  ihm  die  Verschleifsung  der  £xem- 
plarien,  so  gut  er  kann  und  mag,  freilassen;  dafem  er  auch 
dieselbe  bei  Rath  austheilen  lassen  wird,  ihm  eine  Recompens 
aus  dem  löbl.  Losungsamt  geben. 

Hiemächst  aber  ihm  auftragen,  die  säuberste  Monumenta 
in  denen  Kirchenfenstern,  defsgleichen  alte  Gemähtde  auf  dem 
Rathhaussaal  abzuzeichnen  und  ebenraäfsig  in  das  Kupffer  zu 
bringen,  vorher  aber  bei  dem  iobl.  Losungamt  nachsehen 
lasst.'n,  ob  nicht  schon  einige  Blatten  von  denen  neltcn  den 
Fenstern  stehenden  und  andern  crablcmatibus  vorhanden  seien 
und  des  Berichts  erwarten. 

Ältem-Verl.  f.  59  f.  149. 

Losungamt.  Bauamt. 
Kirchenamt. 

Ernst  Mummenhoff. 


Der  Rat  der  Stadt  Nürnberg  als  Taufpate. 

Als  dem  Herzog  Ferdinand  Albrecht  von  Braunschweig- 
Wolfenbüttel-Bevern  am  28.  August  1714  ein  zweiter  Sohn 
—  Anton  Ulrich  —  geboren  wurde,  trug  er  dem  Rate  der 
Stadt  Nürnberg  die  Patenstelle  an. 

Dafs  dieses  ehrende  Ansinnen  gerne  angenommen  wurde 
und  dafs  auch  der  Rat  dem  Patenkinde  gegenüber  sich  generös 
zeigte,  beweist  folgender  Auszug  aus  der  Stadt-Rechnung  von 
1714  fol.  89: 


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—  270 

Airs  von  ihr  dhlt.  berzog  Ferdinand  Albrecht  zu  Wolftenbattel- 
Bevem  zu  dero  neugebohmen  prinzen  Anton  Ulrich  ein  hoch- 
edler  rath  allhie  zu  gevattera  gebetten  wurde,  ist  zu  einem 

pathongcschenk  in  einer  silbern  schachte!  dahin  geschickt  und 
verehrt  worden 

ein  güldene  neu-inventirte  medaigle  von  50  duc  ä  st 
4^1^8  th.  1.  z   204  fl.  18  sl.  8  hl. 

Vor  6  silberne  von  dergleichen  gepräg,  item  vor  die 
silberne  Schachtel,  den  stock  und  anders  darzu  l.z. .  1 53  Ü.  5  sL  4  hl. 

Femer  sind  von  vorgedachten  pathenpfennigen  noch 
b  stuck  geprägt  und  gegeben  worden 

1  stuck  herrn  Chr.  FUrers  herrL,  solches  dem  regierenden 
herzog  von  Wolffenbüttel  zu  überschicken. 

1  stttck  vor  herrn  Boerner,  ober,  hoffte.?  daselbst,  der  bei 
dem  h.  tauff-actu  eines  hochedlen  raths  stelle  vertietten. 

1  stuck  vor  herrn  Chr.  Gottl.  Volckamcrn  zur  gegen- 
beliebung  wegen  gezahlter  interesse  1.  z. 

1  stuck  vor  herrn  los.  rath.  Jac.  Wilh.  Imhoff  als  eründer 
dieser  medaigle  u. 

1  stuck  in  die  untere  losungstuben  auffzuheben,  th.  diese 
5  St.  1.  z«  sammt  separirung  des  Stocks  68  ft.  7  sl. 

Die  goldene  Medaille,  welche  der  Rat  fttr  den  Täufling 
anfertigen  Uefs,  ist  vor  einigen  Monaten  bei  Auflösung  der 
gräflich  Trautmannsdorff'schen  Goldmünzen-Sammlung  in  den 
Besitz  eines  hiesigen  Münzsammlers  gelangt.  Sie  ist  ein  Werk 
des  bekannten  Medailleurs  Vestner  und  wiegt  172  Gramm 
=  50  Ducaten. 

Die  Vorderseite  zeigt  ein  auf  eine  rriumphplorte  zu- 
eilendes edles  Rofs,  n^it  den  beiden  Inschriften 

>Ad  Palmae  Cursurus  Honores«  und 
>£st  in  Equis  Fatrum  Virtusc. 

Die  Rückseite  enthält  in  23  Zeilen  Schrift  eine  schwülstige 
Verherrlichung  des  Hauses  Braunschweig  und  das  Gelübde  des 
Rats  anläfslich  der  Taufhandlung. 

Imhofi'  beschreibt  die  silberne  Medaille,  welche  für  den 
Hofstaat  und  sonstige  Beteiligte  geschlagen  wurde.  Das  Exemplar 
Iii  i.üld,  welches  nach  Obigem  als  IJnicum  bezeichnet  werden 
darf,  scheint  ihm  nicht  bekannt  geworden  zu  sein. 


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—   ^80  — 

Dafs  Prinz  Anton  Ulrich  von  Braunschweig-Bevem  im 
Jahre  1739  die  Prinzessin  Anna  von  Mecklenburg,  Nichte  der 
russischen  Kaiserin  Anna  heiratete,  nach  dem  Tode  der  letzteren 
mit  seiner  Gemahlin  die  Reichsregentschafl  führte  und  schliefs* 

lieh  als  blinder  Verbannter  in  der  Krim  starb,  ist  bekannt.  Ob 
er  aber  jemals  während  seiner  Lautbalm  seine  Paten-Stadt 
besucht  hat  oder  mit  ihr  in  sonstige  Beziehung  getreten  ist, 
wäre  wohl  interessant  zu  wissen. 

Max.  Kohn. 


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Literatur, 


Das  alte  NOrnberger  Kriminalveffahren  bis  zur  £ii> 
fllhnang  der  Carolina«  Von  Dr.  Hermann  Knapp.  Berlin 
1891.    S^.    160  S. 

Auf  Grund  ausgedehnter,  man  kann  wohl  sagen  erschö- 
pfender arrhivalischer  Forschung  unterzieht  der  Verfasser  eine 
der  wichtigsten  Seiten  des  alten  Nürnberger  Kechtslebens  einer 
gründlichen  Untersuchung, 

Nach  kurzer  Skizzierung  der  ältesten  Stadt-  und  Ciehchts- 
verfassung  gelangt  zunächst  das  ursprüngliche  Verfahren  in 
Strafsachen  bis  2ur  Einführung  der  Tortur  sur  Darstellung.  Es 
wird  geceigt,  wie  der  Rat  seit  Ausgang  des  13.  Jahrhunderts 
in  den  Filllen,  da  es  sich  um  Sicherung  des  Stadtfriedens  ban« 
delt»  selbständige  richterliche  Kompetenz  neben  dem  Schultbeisien 
besitzt;  wie  er  dagegen  im  ordentlichen  Ungerichtsrerfahren 
noch  ganz  von  diesem  abhängig  ist.  Die  von  dem  Verfasser 
zum  erstenmale  hervorgezogene  höchst  interessante  Ordnung 
des  U't/.tercn  Prozesses,  die  um  die  Wende  des  13.  Jahrhs.  auf- 
gezeichnet ist,  bietet  Anlafs  zu  einer  ausführlichen  lichtvollen 
Darstellung  desselben.  —  Eine  einschneidende  Änderung  ergibt 
sich  mit  Einführung  des  Verfahrens  auf  Leumund  durch  ein 
Königsprivileg  des  Jahres  1320.  Der  Rat  erhält  nun  eine  mit 
dem  Schultheissen  konkurrierende  Gerichtsbarkeit,  der  Formalii- 
mus  des  alten  Accusationsprosesses  fällt  grofsenteils,  die  Beweis- 
mittel werden  auf  Urgichti  Schub  und  wohl  auch  Kundschaft 
von  Amtswegen  beschränkt.  Den  notwendigen  Ausbau  gewinnt 
dieses  Verfahren  durch  die  I  railegien  von  1323,  r>31  und 
1370,  in  welchen  dem  Rate  das  Recht  erteilt  wird,  für  ständig 
einen  Mann  aufzustellen,  der  bei  Versagen  des  Schultheissen 
die  Rolle  des  öffentlichen  Anklägers  und  zugleich  Richters 


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—  282 


übernimmt.  Leider  knüpft  sich  an  diese  Neuerungen  als  natür- 
liche Folge  die  EinfUhning  der  Tortur,  die  bereits  in  der  zweiten 
Hälfte  des  14.  Jahrhunderts  in  ausgedehntem  MaTse  an- 
gewendet wird. 

Der  Abschnitt  schliefst  mit  einem  diplomatisch  treuen 
Abdrucke  der  ältesten  Halsgerichtsordnung  (c.  1300). 

Die  Darstellung  der  zweiten  Periode  bis  zur  Einfülirung 
der  Carolina  wird  abermals  mit  einer  Srliilderung  der  Stadt-  und 
Gerichtsverfassung  eingeleitet.  Als  wichtigste  Momente  treten 
hier  hervor  die  Erkaufung  der  HohenzoUernburg  im  Jahre  1427 
und  die  Erwerbung  des  Blutbannes  auf  Grund  eines  Privilegs 
Kaiser  Friedrichs  in.  vom  14.  Juni  1459.  Der  Rat  gelangt 
hiedurch  in  den  Besitz  der  ungeteilten  Herrschaft  über  den  ge- 
samten Stadtboden  und  wird  mafsgebender  Faktor  in  allen 
Zweigen  der  Rechtspflege  und  Verwaltung.  Peinliche  Straf- 
sachen gehören  nun  ausschliefsHch  vor  sein  Forum,  während  die 
Frevelsachen  seit  1470  dem  Fiinfergerichte  zutaUcii.  Der 
Schultheifs  aber  gerät  in  völlige  Abhängigkeit  vom  Rate,  wird 
von  ihm  angestellt  und  verj>fii(:htet  und  verliert  jede  kriminelle 
Bedeutung.  —  Es  folgt  die  Darstellung  des  Sicherheitswesens 
der  Stadt;  die  hieher  gehörigen  Funktionen  der  Kriegsherren, 
der  Söldner,  der  Viertelmeister»  der  Stadtknechte  und  Büttel, 
der  Stadtschützen,  der  Wächter,  der  Bettelrichter  werden  er- 
örtert, die  Veranstaltungen  und  Mafsnahmen  zur  Überwachung 
und  Verfolgung  der  »schädlichen  Leute«  und  der  Verdächtigen 
anschaulich  vorgefahrt.  —  Hierauf  geht  der  Verfasser  auf  die 
Einleitung  des  eigentHchen  Strafverfahrens  ein,  fixiert  die  recht- 
liche Stellung  des  Anklägers  und  berührt  auch  das  klageweise 
Vorgehea  \  on  Amtswegen.  —  Ein  Kiilturbild  von  grofsenteils 
düsterer  P'ärbung  entrollt  er  ims  in  der  Beschreibung  des  Loch- 
gefängnisses unter  dem  Rathause,  das  die  Untersuchungsgefan- 
genen beherbergt,  und  in  der  Schilderung  der  Tortur,  welche 
nunmehr  zum  Mittel-  und  Schwerpunkt  des  ganzen  Beweis- 
verfahrens geworden  war.  Hieran  schliefst  sich  eine  Bespreche 
uung  der  übrigen  Beweismittel  dieser  Periode,  der  Kundschaft, 
der  Schau  und  des  Zeugnisses,  sowie  eine  Darlegung  der 
Mafsnahmen  je  nach  dem  Ergebnisse  der  Inquisition.  Besonders 
instruktiv  sind  in  diesem  letzteren  Kapitel  die  Ausführungen 


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—  283 


aber  die  rechtliche  Stellung  der  drei  Freiungen  in  der  Stadt 
(St.  Egidien,  Burg,  Deutsches  Haus)  und  Über  das  Verhalten 

des  Rates  gegenüber  dem  vielgeübten  Losbitten  von  Misse- 
thatern  —  Dem  fürmcllen  Abschlüsse  tles  ganzen  Verfahrens, 
soferne  es  zw  einem  Todesurteile  gekommen  war,  dem  Rechts- 
lage, ist  das  letzte  Kapitel  gewidmet.  Auf  ihm  allein  kommen 
die  arclmistischen  Formen  des  alten  Ungerichtsverfahrens  noch 
Jtur  Anwendung,  aber  ohne  wesenhaften  Kern,  lediglich  im  Sinne 
der  schreckhaft  feierlichen  Ceremonie.  Nachdem  der  Autor 
die  hieher  gehörige,  in  ihrem  Ursprünge  anf  das  Jahr  1459 
zurückzuführende  Ordnung  auf  Grund  dreier  nicht  ganz  flberein- 
stimmender  Vorlagen  aus  den  Jahren  1478,  1481  und  1483 
kritisch  erörtert  und  mit  dem  ältesten  Rechtsgange  verglichen« 
geht  er  auf  die  Verhandlungen  über,  welche  1526  zum  Erlasse 
der  dritten  Halsgericlusordnung  führten,  der  letzten  vor  der 
Einführung  der  Carolina,  und  schliefst  mit  der  Beschreibung 
der  verschiedenen  Arten  der  Exekution. 

Beigegeben  ist  der  trefflichen  Schrift  noch  ein  Abdruck 
der  mittleren  Halsgerichtsordnung  nach  dem  Manuscripte  von 
1485  mit  den  Varianten  von  1478  und  1481,  sowie  der  jüng- 
sten von  1526.  P. 


Eye»  A.von,  Albrecht  Dürers  Leben  und  künstlerische 
Thätigkeit  in  ihrer  Bedeutung  für  seine  Zeit  und  die  Ge* 
genwart.  Kunstanstalt  (vormals  Gustav  W.  Seitz)  A.-G.  Wands- 
bek.   1892.    2.     136  Seiten. 

V.  Eye  hat  das  hohe  Verdienst,  die  dritte  Blüteperiode 
der  Dürerforschung  eingeleitet  zu  haben.  Ist  auch  sein  »Leben 
und  Wirken  Albrecht  Dürers c  durch  andere  Arbeiten,  besonders 
durch  die  Thausmgs  aberholt,  so  wird  man  doch  heute  noch 
gern  zu  diesem  frischen,  ideenreichen  Buche  zurQckgreifen. 
Diesem  Werke  nun  hat  v.  £.  das  oben  genannte  kostbar  aus- 
gestattete nach  Jahrzehnten  folgen  lassen.  Es  ist  wohl  nicht 
für  den  Forscher,  sondern  in  erster  Linie  für  das  grofse  Publi- 
kum bestimmt.  Denn  gefördert  wird  durch  \ .  E.s  Ausfiihrun-en 
das  Verständnis  Dürers  nicht,  Neues  dürl'cn  wir  in  scim  in 
Buche  nicht  suchen.    Als  populäres  Werk  scheint  es  mir  aber 


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—    284  — 

fieinen  Zweck  auch  nicht  ganz  zu  erfüllen.  Denn  der  Stil 
bewahrt  besonders  anfangs  einen  ktthlen  wissenschaftlichen 
Charakter  und  der  oft  etwas  weitschichtige  Satsbau  gewinnt 

durch  den  grofsen  Druck  nicht  an  ÜbersichtHchkeit.  —  Die 
Ergebnisse  der  neueren  Forschung  sind  nicht  in  vollem  Mafse 
vom  Verfasser  verwertet  worden,  einige  sachliche  Ungenauig« 
keiten  laufen  hie  und  da  mit  unter.  Nürnberg  besitzt  beispiels- 
weise niclit  8,  sondern  nur  7  Briefe  Dürers  an  Pirkheimer.  In 
London  befinden  sich  2  (nicht  einer),  endlich  ist  ein  zehnter 
im  Besitze  der  Firma  J.  M.  Heberie  in  Köln.  Die  Bildnisse 
Kaiser  Karls  d.  Gr.  und  Sigismunds  werden  schon  seit  Jahren 
im  Germanischen  Nationalmuseum,  und  nicht  mehr  im  Rathause 
aufbewahrt.  Trotz  mancher  Mängel  mufs  man  indessen  su* 
geben,  dafs  jeder  wissenschaftlich  genügend  vorgebildete  Leser, 
dem  es  darauf  ankommt  in  Kür/.e  ein  anschauliches  Bild  von 
Dürer  zu  erhalten,  seinen  Zweck  durch  das  Buch  völlig  errei- 
chen wird.  Dafs  von  E.  uns  in  den  meisten  Fällen  als  durch- 
aus selbständiger  Forscher  und  Beurteiler  entgegentritt,  ist  bei 
seiner  Bedeutung  für  die  Dürerforschung  selbstverständlich. 
Anerkennend  möchte  ich  hier  auch  noch  hervorheben,  dafs  der 
Verfasser  trotz  aller  Schmähungen  der  Ehrenritter  der  Frau 
Agnes  gegen  Andersgläubige  einen  gesunden,  aller  Romantik 
fernen  Standpunkt  vertritt.  Beiläufig  sei  erwähnt,  dafs  der 
Gegenstand  auf  der  Melancholie  links  neben  der  Kugel,  wie 
Rettberg  richtig  vermutete,  ein  Tintenfafs  darstellt,  und  nicht 
etwa  ein  Bandmafs  oder  dergl.,  wie  von  anderen  Seiten  an- 
genommen wurde.  Die  Unklarheit  entsteht  dadurch,  dafs  die 
F'ederbÜchse ,  welche  durch  Bänder  oder  Schnüre  mit  dem 
Tintenfassc  und  dem  aufschraubbaren  Deckel  desselben  ver> 
bunden  ist,  nur  in  ihrem  oberen  Teile  sich  auf  dem  Bilde 
darbietet. 

Im  Anhange  bietet  der  Verfasser  einen  Abdruck  des  Tage* 
buches  der  Reise  in  den  Niederlande,  Dttrers  Briefe  an  Heller 
und  verschiedene  andere  Briefe.  Weshalb  das  Tagebuch  voll- 
ständig abgedruckt  ist,   eumal  in  einer  Form,  die  durch  die 

Leitschuhsche  Ausgabe  längst  uberholt  ist,  bleibt  mir  unklar. 

F.  Fuhsc. 


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—    285  — 

Albrectat  DQrers  Aufenthalt  in  Basel  1492^x494  tod 
Dr.  Daniel  Burckhardt  München  a.  Leipzig.  G.  Hirths 
Kunstverlag.  1692.  4.  49  Seiten,  15  TexMUustrationen  und 
49  Tafeln  in  Lichtdruck. 

Albrecht  DQrers  Venetianischer  Aufenthalt  1494 — 1495 

von  Dr.  G  abriel  von  Tdrey.  Strafsburg.  J.  H.  Ed.  HeiU. 
1892.    4.    30  Seiten,  7  Lichtdr. 

Beide  Arbeiten  weisen  genau  dasselbe  Format  auf, 
V.  T.s  Untersuchungen  sollen  als  berichtigende  Ergänzung  dem 
Werke  B.8  sich  anschliefsen.  Den  Brennpunkt  bildet  die  hypo* 
thetische  'erste  Reise  Dürers  nach  Venedig.  Die  öffentliche 
Kunstsammlung  zu  Basel  besitzt  einen  Holzstock:  St.  Hieronymus 
in  seiner  Zelle,  auf  dessen  Rückseite  von  Dürers  eigener  Hand 
geschrieben  steht:  »Albrecht  Dürer  von  nörmergk«.  Dieser 
Htcrüiiymus  hat  bereits  in  der  1492  bei  Kelsier  in  Basel  er- 
schienenen zweiten  Ausgabe  der  Hieronymusbriefe  (und  /.war 
hier  zum  erstenmale"^  Verwendung  gefunden.  Ein  berechtigter 
Grund,  diesen  Holzschnitt  Dürer  abzusprechen,  liegt  nicht  vor, 
wir  müssen  ihn  mit  B.,  glaube  ich,  unbedingt  als  Jugendarbeit 
des  Künstlers  anerkennen.  Daraus  ergiebt  sich,  dafs  Dürer 
1492  —  und  das  deckt  sich  auch  mit  dem  Berichte  Scheurls  — 
sich  in  Basel  aufhielt.  Mit  Zugrundelegung  dieses  Hieronymus 
nun  hat  B.  eine  Anzahl  weiterer  Holzstöcke  und  Holzschnitte 
die  um  jene  Zeit  in  Basel  entstanden  sind,  untersucht,  und  er 
kommt  zu  dem  Resultate,  dafs  eine  grofse  Reihe  von  Iloiz- 
sclinitten  (zum  Ritter  von  Turn,  Seb,  Brauts  Narrenschiff  und 
Terenz  Eunuch  und  Andriaj  Dürer  zuzuweisen  sind  und  dem- 
gemäfs  ein  Aufenthalt  Dürers  in  Basel  von  Sommer  1492  bis 
Anfang  1494  angenommen  werden  mufs.  In  den  erwähnten 
Holzschnitten  zeigt  sich  keine  Spur  von  italienischem,  wohl  aber 
von  Schongauerschem  Einfluss.  Vor  dem  Baseler  Aufenthalte 
kann  Dürer  also  nicht  in  Italien  gewesen  sein,  am  t8.  Mai 
1494  befindet  sich  bereits  wieder  in  Nürnberg,  am  7.  Juli 
desselben  Jahres  verheiratet  er  sich.  Damit  fällt  nach  B.  die 
Annahme,  dafs  Dürer  während  seiner  Wanderschaft  auch  Italien 
aufgesucht  habe.  Es  kann  nicht  meine  Aufnal)c  sein,  alle  die 
Einwände,   weiche  die  Kritik  gegen  ii.s  Hypothesen  erhoben 


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—    386  — 


hat,  zu  wiederholen.  Dafs  Dttrer  von  1490^1494  nicht  in 
Italien  gewesen  sei,  scheint  mir  nach  B.s  Ausführungen  von 
höchster  Wahrscheinlichkeit,  wenn  ich  auch  nicht  in  sämtlichen 
Holzschnitten,  die  B.  Dürer  zuschreibt,  des  jungen  Künstlers 
Hand  zu  erkennen  vermag.  Vielleicht  wird  der  Verfasser  selbst 
manche  Einscliiiinkungcn  in  dem  versprochenen  genaueren  Ver- 
zeichnisse von  Dürers  Werken  in  Iiasel  tretTcn.  Bemerkt  sei 
noch,  dafs  der  Name  eines  zweiten  Holzschneiders  »Dominicas 
Formysen«,  wie  schon  Alfr.  Schmid  im  Kepert.  f.  K.  B.  XVI, 
H.  1  und  3  S.  139  hervorgehoben  hat,  verlesen  ist.  Doch 
auch  »Fomynsterc  kann  meiner  Meinung  nach  das  Wort  nicht 
heifsen,  der  zweite  Buchstabe  ist  keinesfalls  ein  o,  sondern  ein  e. 
Zu  einem  anderen  Punkte,  den  Alfr.  Schmid  a.  O.  S.  137  an- 
zieht, möchte  ich  bemerken,  dafs  die  erwähnte  Bamberger 
Handschrift  J.  H.  Msc.  art.  50  nicht  dem  lö.,  sondern  dem 
17.  Jahrhundert  angeliurt,  die  sog.  Hauersclu'  I)ürerbiograj<hic 
enthält  und  für  eine  erste  itaUenisc  he  Reise  nichts  lieweisen 
kann.  Ich  werde  demnächst  an  einer  anderen  Stelle  auf  die 
Geschichte  der  Dürerforschung  im  16.  und  17.  Jahrhundert 
näher  eingehen  und  die  Gründe  meiner  Behauptung  näher  ent^ 
wickeln, 

V.  T^rey  stimmt  B.  völlig  darin  bei,  dafs  Dürer  von  1490 
bis  Anfang  1494  Italien  nicht  besucht  habe,  um  aber  die  erste 
venezianische  Reise  überhaupt  zu  halten,  verlegt  er  sie  in  die 
zweite  Hälfte  des  Jahres  1494  resp.  in  das  Jahr  1495.  Der 

erste  Teil  der  Schrift  wendet  sich  gegen  die  Annahme,  dafs 
Dürer  im  Sommer  1506  seinen  Aufenthalt  in  Venedig  durch 
eine  Reise  nach  Tirol  unterbrochen  habe,  an  der  Hand  der 
Auslassungen  in  den  Briefen  an  Pirkheimer,  um  darzuthun,  daf^ 
Scheurls  Ausdruck:  >Qui  cum  nuper  in  Italiam  rediissetx  ♦'ich 
unbedingt  auf  einen  in  früheren  Jahren  stattgehabten  Aufenthalt 
Dürers  in  Italien  beziehen  müsse.  Der  zweite  Teil  des  Auf- 
satzes sucht  in  der  künstlerischen  Entwickelung  Dürers,  In  seinen 
Kunstwerken  den  Beweis  für  eine  erste  venezianische  Reise. 
Das  von  v.  T.  in  geschicktester  Weise  zusammengestellte  Ma- 
terial zeugt  von  ftufserst  fleifsiger  Arbeit  und  feiner  Beobach- 
tungsgabe. Er  stut/.t  sich  luf  die  ;^von  Ephrussi  mit  Unrecht 
in  die  Jahre    1505  — 1507    verwiesenen   Zeichnungen   in  der 


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—    287  — 


Albertina  und  den  Uffiden.  Femer  die  Zeichnimgen  nach  Credi 
be!  Baron  Schickler  in  Paris,  dann  die  venezianischen  Costttm- 

Studien  der  Albertina,  beide  letzteren  mit  Dürers  Monogramm 
und  der  Jaiiroszahl  14Qj  vorsclien,  und  die  /  Apollo  und  Dianac 
Zeich  nunc:  im  Briti^sh  Museum  r..  Der  italienische  EinÜuls  in 
diesen  teilweise  direkt  entlehnten  Werken  ist  derart,  dafs  er 
nach  V.  T.s  Ansicht  sich  nur  aus  einem  Aufenthalt  Dürers  in 
Italien  selbst  erklären  läfst.  Der  Verfasser  äufsert  am  Schlüsse: 
»Und  erst,  wenn  wir  eine  erste  italienische  Reise  von  1494 — ^95 
gelten  lassen,  wird  sich  der  Satz  .  .  .  ohne  Zwang  erklären 
lassen :  >Das  Ding,  das  mir  vor  eilf  Jahren  so  wohl  gefallen 
hat,  das  gefällt  mir  jetzt  nicht  mehr ;  und  wenn  ichs  nicht  selbst 
sähe,  so  hätte  ich  keinem  andern  geglaubt  etc.c  Die  Ausftlh- 
run-cn  v.  T.s  haljcn  unzweifelhaft  viel  bestrickendes,  und  auch 
andere  Kunsthistoriker  sind  unnlihangicj  von  ihm  gelegentlich 
der  Besprechung  des  Burckhar(.lts<  lien  F»urhes  zu  ahnlichen 
Resultaten  gekommen.  Man  erkennt  daraus,  welch  frucht- 
bringenden Anstofs  B.s  Arbeit  gegeben  hat.  Meiner  Ansicht 
nach  ist  aber  auch  durch  v.  T.s  Ausführungen  diese  Frage  nach 
einer  ersten  venezianischen  Reise  keineswegs  abgeschlossen. 
Dafs  der  Ausdruck  iredirec  sich  auf  eine  1 1  Jahre  früher  statt- 
gehabte Reise  Dürers  nach  Italien  beziehen  soll,  ist  mir  im 
höchsten  Grade  unwahrscheinlich.  Selbst  wenn  wir  »rediisset« 
durch  »wiedergekommen  wäre  übersetzen  wollen,  ist  die  Un- 
natürHchkcit  nicht  beseitigt.  Kine  derartige  Wendung  iiafst 
nicht  auf  die  vorliegenden  Verhältnisse.  Man  würde  heute  doch 
amKnde  auch  niemals  von  einem  Kunstler,  der  in  seiner  Jugend 
eine  kurze  Studienreise  nach  Italien  gemacht  hat,  sagen,  wenn 
er  es  als  gereifter,  berühmter  Mann  wieder  aufsucht:  sals  er  neu- 
lich nach  Italien  wiedergekommen  war.c  Aus  Scheurls  Worten 
ist  auch  nicht  herauszulesen,  dafs  Dürer  erst  bei  seiner  Abreise 
von  den  Venezianern  gefeiert  sei«  Bei  einer  Wendling  wie: 
»qui  cum  nuper  in  Italiam  rediisset:  tum  a  Venetiis,  tum  a 
Bononiensibus  artificibus  .  .  .  consalutatus  est  alter  Apellesc 
hat  man  doch  zunächst  an  einen  Empfang  zu  denken,  v.  T.  war 
zu  der  Auslegung  gezwungen,  weil  wir  ja  zur  (  icnügc  aus  Dürers 
Briefen  wissen,  dafs  der  Künstler  keineswegs  einer  liel  enswür- 
digen  Aufnahme  seitens  seiner  Fachgenossen  im  Anfange  seiner 


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—    388  — 


Veneziftoischen  Aufeathaltes  sich  erfreuen  hatte.  Der  Ver- 
fasser berücksichtigt  auch  immer  nur  —  entsprechend  seinen 
Vorgängern  —  eine  Reise  im  Sommer  1506.  Sollte  eine  solche 
aber  nicht  noch  im  Herbst  stattgefunden  haben  können?  Im 
Oktober  1506  will  Dürer  nach  Bologna  reisen,  um  nach  Venedig 
noch  einmal  zui ückzukommen.  1507  befindet  er  sicli  noch  in 
Venedig.  Wir  wissen  von  diesem  AusJluge  nichts  Näheres, 
wissen  nicht,  ob  ihn  der  Künstler  verschoben,  zunächst  eine 
andere  Reise  unternommen  hat.  Damals  war  Dürer  in  Venedig 
als  Künstler  bereits  berühmt  und  ein  feierlicher  Empfang  nach 
kürzerer  Abwesenheit  hätte  nichts  auffallendes,  ebensowenig  der 
Ausdruck  iredire«.  —  Unnatürlich  bleibt  mir  auch,  trotz  aller 
gegnerischen  Einwände,  dafs  Dürer  im  ersten  Jahre  seiner  Ehe 
die  Heimat  verlassen  haben  soll.  Der  Vater  hat  ihn  zurück- 
berufen von  der  Reise,  er  soll  ansässig  werden,  nachdem  Lehr- 
und  W  ander/eit  beendet  sind.  Im  Hochsommer  1494  wird  er 
verheiratet,  wohnt  wahrscheinlich  noch  mit  im  Hause  seiner 
Kitern.  Es  ist  also  /.iinächst  Aufgabe  des  Kunstlers,  an  Ort 
und  Stelle  festen  Fufs  zu  fassen,  »ein  Geschäft  z\i  begründen«. 
Was  nun  sollte  ihn  gerade  in  dieser  Zeit  veranlafst  haben,  sein 
Weib,  das  er  doch  auch  zu  erhalten  hatte,  zu  verlassen?  Eine 
» Geschäftsreise  c  konnte  für  ihn  damals  ein  Ausflug  nach 
Venedig  nicht  sein,  denn  dazu  war  er  noch  zu  unbekannt  und 
für  Italien  auch  zu  wenig  ausgebildet. 

Doch  auch  der  zweite  Teil  der  v.  T^reyschen  Ausfüh- 
rungen vermag  mich  nicht  völlig  zu  überzeugen.  Wir  kennen 
bisher  den  Kunsthandel  in  der  damaligen  Zeit  nur  sehr  wenig. 
Von  Dürer  wissen  wir,  dafs  er  in  die  Niederlande  nicht  nur 
Kupferstiche  und  Holzschnitte,  sondern  auch  Gemälde  mit- 
genommen hat.  Ist  es  nun  nicht  möglich,  dafs  z.  B.  auch  Jacopo 
de' Barbari  1495  eine  ähnliche  Reise  nach  Nürnberg  machte, 
dafs  Dürer  auf  diese  Weise,  ebenso  wie  Pirkheimer,  eines 
seiner  Gemälde  sah,  an  das  er  P.  nach  U  Jahren  erinnert? 
Wie  gesagt,  so  lange  wir  Über  die  Verhältnisse  des  Kunst- 
marktes  nicht  näher  unterrichtet  sind,  können  wir  ein  ab- 
schliefsendes  Urteil  nicht  fällen.  Auch  v.  Tcreys  Unter- 
suchung scheint  mir  nur  ein  Glied  in  der  Reihe  von 
Arbeiten    zu    sein,    die    bisher    zu    dieser    Frage  geleistet 


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—    289  — 


sind  und  weiter  geleistet  werden  mUsseo,  bevor  wir  einen 
allerseits  befriedigenden  Abschltifs  erhalten. 

F.  Fohse. 

Die  Fehde  des  Götz  von  Berlicbingen  mit  der  Reichs- 
stadt Nürnberg  und  dem  Hochstifte  Bamberg  151a — 15  >  4« 

Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  öffentlichen  Zustände 
Frankens  nach  dem  ewigen  Landfrieden  und  zur  Charak- 
teristik des  Ritters  mit  der  eisernen  Hand  von  Johann 
Kaitiann.  Nürnberg,  Verlag  vüu  Johana  Leonhard  Schräg. 
1893.  S\ 

Gleich  SU  Beginn  des  Jahres  1893  ist  in  unserer  Stadt 
ein  neues  literarisches  Unternehmen  ins  Leben  getreten,  das 
bei  dem  ausgesprochenen  Zwecke  der  Erforschung  und  Darstel- 
lung der  Vergangenheit  der  einst  hervorragendsten  Handelsstadt 

im  sudlichen  Deutschland  eine  wohhvolleDde  Einführung  bei  den 
Mitgliedern  unseres  Vereins  in  hohem  Mafse  verdient.  Die 
Johann  Leonhard  Schrag'sche  Verlagsbuchhandlung ,  seit  ihrer 
Gründung  im  Jahre  1810  unablässig  und  mit  greisem  Erfolge 
bestrebt,  die  Geschichte  der  Reichsstadt  auf  ihren  versi  hiedenen 
Gebieten  zu  pflegen  und  zu  fördern,  hat  das  1.  Heft  einer 
geplanten  gröfseren,  in  zwangloser  Folge  erscheinenden  Samm« 
lung  von  1  Quellenschriften  und  Abhandlungen  zur  Staats-, 
Kultur-  und  Kunstgeschichte  der  Reichsstadt  Nttrobergc  hinaus- 
gegeben, welches  die  Fehde  des  Götz  von  Berlicbingen  mit  der 
Stadt  Nürnberg  und  dem  Hochstift  Bamberg  auf  Grund  der 
authentischen  Quellen  schildert.  Schon  18  74  wurde  dem  Bilde 
des  Kitters  mit  der  eisernen  Hand,  den  poetische  Lizenz,  um 
nicht  zu  sagen  Willkür,  unseres  Dichterfursicn  als  ersten  und 
vornehmsten  Vertreter  des  fränkischen  Rittertums  und  als  Hort 
des  Rechtes  und  der  Ehre  gefeiert,  von  berufener  Hand  die 
romantische  Larve  vom  Antlitz  gerissen  und  er  in  seiner  wahren 
und  tiaur^sten  Gestalt  als  einer  der  schlimmsten  »Strauchdiebe 
und  Buschklepperc  gezeigt  Aber  trotzdem  ist  diese  neue  Ab- 
handlung kerne  vergebliche  Arbeit,  sondern  auf  das  Freudigste 
zu  begrüfsen«  Verfolgt  sie  doch  auf  Grund  eines  aulserordent- 
Mch  reichen,  vielfach  neuen  Quellenmaterials,  das  die  Staats- 
arciu\c  ui  Müacliea,  Nürnberg,  Bamberg  und  Wüizburg  bergen, 


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—    200  — 


die  Fehde  zum  erstenmal  bis  in  ihre  Einzelnheiten  hinein,  stellt 
ihre  Bedeutung  in  den  allgemeinen  Zeitverhttltnlssen  fest,  verteilt 
in  gerechter  Abwägung  Licht  und  Schatten  und  ftlhrt  die  Gestalt 
des  iRitters  mit  der  eisernen  Handc  in  ihrem  ganzen  kläg- 
lichen Eigennutz,  ihrem  elementaren  Hang  zur  Vergewaltigung 
des  Rechts  und  der  Aufhebung  der  staatlichen  Ordnung,  in 
ihrer  rüden  (iewaltthätigkeit  und  Roheit,  wie  sie  in  Wirklich- 
keit war,  vor  Augen. 

Götz  von  Berlichingen  war  allerdings  ein  Kind  seiner  Zeit, 
so  wie  er  trieben  es  viele,  ja  gelegentlich  wohl  alle  seine 
Standesgenossen.  Was  ihn  aber  hier  im  Schlechten  besonders 
auszeichnete,  war,  dafs  er  aus  der  Fehde  ein  einbringliches 
Geschäft  machte,  dafs  er  sich  förmlich  zum  Verfechter  der  be^ 
recht  igten  oder  unberechtigten  Forderungen  und  Interessen 
Dritter  anbot,  aufdrängte  und  aufwarf.  Die  Ritterschaft  war 
dazumal  von  der  Höhe  ihrer  Bedeutung  und  Aufgaben  herab- 
gesunken, einmal  aus  dem  einfachen  Grunde,  weil  sie  nnrh  der 
Einführung  der  Fcuerwatfen  keine  eigentliche  Aufgabe  mehr  zu 
erfüllen  hatte.  Dazu  kam,  dafs  die  Jb'amiliengüter  der  Ritter- 
schaft immer  mehr  zersplittert  worden  waren.  So  standen  sich 
denn  als  zwei  unüberbrückbare  Gegensätze,  gefördert  durch  die 
damals  immer  mehr  einreifsende  Geldentwertung,  der  rapide 
finanzielle  Niedergang  des  Rittertums  auf  der  einen  Seite  und 
auf  der  anderen  seine  ungezügelte  Lebenslust  und  die  unbezähm- 
bare Begierde  nach  Geltung  und  Besitz  schroff  einander  gegen- 
über. In  seinen  Vorrechten  von  den  Fürsten  immer  mehr  be- 
schränkt und  nicht  fähig ,  sich  von  engherzigen  Standes- 
vorurteilen loszumachen,  klammerte  sich  der  grüfste  Teil  dieses 
Adels  in  seinem  Kampfe  gegen  die  Ordnung,  welche  der  ewige 
Landfriede  schaffen  wollte,  an  das  alte  Institut  der  Selbsthilfe, 
das  immer  zügellosere  Formen  annahm,  mit  dem  Mute  und  der 
Thatkraft  der  Verzweiflung  an.  Schlimm  war  es  da,  dafs  die 
zur  Aufrechthaltung  der  staatlichen  Ordnung  geschaffenen  In- 
stitute, wie  Landfriede,  Reichskammergericht  und  Schwäbischer 
Bund,  sich  als  zu  schwach  erwiesen  oder,  wie  es  beim  Schwä- 
bischen Bund  der  Fall  war,  durch  anderweit  srestellte  Aufgaben 
von  ihren  wahren  Zielen  abgelenkt  wurdeii.  Die  Zeche  aber 
hatten   da,   wie   von  jeher,    meist   die   grofsen  Reichs-  und 


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—    201  — 


Handelsstädte  zu  zahlen.  Für  Nürnberg  kam  zu  diesen  ungün- 
stigen Momenten  noch  das  weitere,  dafs  die  Fehden  des  Raub- 
rittertums gegen  die  Stadt  und  ihre  reiche  Kaufmannschaft  von 
ihren  mifsgUnstigen  Nachbarn  und  politischen  Rivalen,  den 
Markgrafen  von  Brandenburg'Ansbach ,  fortwährend  begünstigt, 
geschürt  oder  doch  nicht  ungern  gesehen  wurden. 

In  dem  Boden  einer  solch  wirren  imd  zuchtlosen  Zeit 
mnfste  eine  Natur  wie  die  des  Götz  üppig  gedeihen  und  bei 
ihrem  Ungestüm  und  gewaltthätigen  Eintreten  fQr  die  Interessen 
eines  dem  Untergang  geweihten  Standes  eine  Gefahr  fttr  die 
Existenz  der  staatlichen  Ordnung  werden. 

Mit  Nürnberg  stiefs  Götz  zum  crstonmale  in  dem  blutigen 
Kampfe  zusammen,  der  wegen  der  Handhabung  des  Affalter- 
bacher Kirchweihschutzes  im  Jahre  1502  entbrannte  und  unter 
dem  Namen  der  »Schlacht  am  Walde«  —  auf  der  Ebene 
zwischen  Lichtenhof  und  St.  Peter  —  bekannt  ist,  die  zu  Un- 
gunsten der  Stadt  Nürnberg  entschieden  wurde.  Doch  war 
diefs  immerhin  ein  offener,  ehrlicher  Straufs.  Nicht  viel  an- 
deres als  Strafsenraub  aber  war  es,  als  Götz  1505,  angeblich 
um  einen  beeinträchtigten  \  iciiiteiber ,  Ulrich  Beck  von 
Kitzingen,  zu  seinem  Reclitc  zu  vcMhehen,  der  Waldstroincr- 
schcn  Familie,  die  von  ihrem  Landsitze  zum  Gottesdienste  nach 
Nürnberg  fahren  wollte,  auflauerte,  zwei  Waldstromer  nieder- 
warf und  als  Gefangene  auf  seine  Burg  Jagsthausen  brachte. 
Zu  seinem  grofsen  Leidwesen  muiste  der  Ritter  seine  Beute 
ohne  alles  Lösegeld  wieder  fahren  lassen,  da  Markgraf 
Friedrich  als  Lehensherr  der  Waldstromer  diese  in  Schutz  nahm. 

Der  eigentliche  Gegenstand  der  Darstellung  Kamanns  ist 
die  Fehde,  die  Götz  1512  gegen  die  Reichsstadt  erottnete  auf 
Grund  von  Vorfällen,  die  6  Jahre  weit  zurücklagen  und  ihn 
zudem  nichts  angingen.  Der  Tod,  den  Georg  von  Geislingen 
1506  auf  der  Höhe  von  Altenfelden  bei  Allersberg  bei  einem 
Zusammenstofs  mit  Nürnberger  Reisigen  durch  einen  Armbrust- 
schufs  erlitt,  konnte  ebensowenig  wie  die  Verwundung  und 
Gefangennahme  seines  gefangenen  Herrn}  des  Eustachius  von 
Lichtenstein,  Pflegers  von  Hiltpoltstein  und  Lehensmannes  des 
Pfalzgrafen  Friedrich,  einen  Anlafs  zu  einer  Fehde  des  Götz 

19' 

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303  — 


gegen  Nfirnbeig  abgeben.  Kaiser  Maximilian  wenigstens  scheint 
die  Rechtfertigung  des  Rats  in  dieser  Angelegenheit  ftSr  durch- 
aus  genflgend  befunden  zu  haben,  und  als  des  Geislingers 
Bruder  Georg,  der  1510  —  also  ganse  4  Jahre  nach  jener 
That  —  eine  hohe  Sühne  verlangt  hatte,  nach  deren  Vcnrei- 
gerung  die  l'"ohde  gegen  Nürnberg  eröffnete,  wurde  er  vom 
Kaiser  in  die  Acht  erklärt.  Mit  einer  Reihe  otlenkundigcr 
Placker  trat  üoU  jetzt  für  den  geächteten  (ieisHnger  ein,  hob 
Nürnberger  Warenzüge  auf  und  überfiel  namentlich  am  2'2.  Mai 
1511  einen  reichen  Nürnberger  Zug  an  der  Brücke  zu  i^engfeld 
im  Würzburger  GebteL  Durch  dieses  Eintreten  für  einen  offen' 
kundigen  Placker  aber  war  er  selbst  der  Reichsacht  verfallen. 

Ebensowenig  begründet  war  seine  Klage  gegen  Nürnberg 
wegen  Friedrichs  v.  Lidwach,  eines  markgräflich  Ansbachischen 
Dieners,  der  nach  Götz  von  einem  KUrnberger  Rebigen  Hans 
Kalbersberger  »oder  einem  andern  Knecht«  »aus  Wissen, 
Willen  und  Geheifs«  des  Rats  schuldlos  niedergeworfen,  lange 
in  reiclisstädtischem  Gefängnis  zurückgehalten  und  zuletzt  um 
hohes  Lösegeld  der  Haft  entlassen  worden  sei.  Diese  Klage 
stützte  sich  auf  ein  leeres  Gerücht.  Kalbersberger  hatte  sich 
nach  allem,  was  bekannt  ist,  nus  persönlicher  Rache  auf  eigene 
Faust  Lidwachs  bemächtigt  und  das  dazu  noch  zu  einer  Zeit, 
da  er  gar  nicht  mehr  in  Nürnberger  Diensten  stand.  Ja, 
Friedrich  v.  Lidwach  wollte  nichts  von  dem  Schutze,  den  ihm 
Götz  aufdrängte,  wissen  und  bat  ihn  ausdrücklich  in  einem 
Briefe,  er  möge  ihn  bei  seinem  Handel  aus  dem  Spiele  lassen, 
worauf  ihm  indefs  Götz  erwiderte,  er  wisse  sicli  gegen  die 
Nürnberger  wohl  zu  halten,  Lidwach  brauche  sich  darum  nicht 
zu  kümmern,  da  er  seine  Handking-en  nicht  zu  thun  habe. 
Aus  den  Quellen  geht  hervor,  dafs  Götz  namentlich  von  dem 
Ansbacher  Rate  Hans  v.  Seckendorf  in  seiner  Fehde  gegen  die 
Reichsstadt  aufgehetzt  wurde  und  er  darin  bei  den  Markgrafen 
selbst  auf  Unterstützung  rechnen  durfte.  Es  ist  diefs  leicht  zu 
begreifen.  Die  FamHie  der  Seckendorf  war  nebst  dem  frän- 
kischen Adel  mit  Nürnberg  auf  das  erbittertste  verfeindet,  well 
die  Reichsstadt  kurz  zuvor  —  Januar  1512  —  den  Sebastian 
V.  Seckendorf,  einen  Hauptptacker,  zum  schimpflichen  Tode 
hatte  fülucn  lassen. 


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293  — 


Es  war  GöU  Oberhaupt  keinesweg«  um  das  Recht  und 
den  ScbntB  der  Schwachen  20  tfauo,  mir  der  tieCe  Haft  gegen 
die  Retcbsstadt  und  dat  Hochitift  Bamberg  and  pure  Raab- 
und  Beutelast  trieben  ihn  in  den  Kampf.   So  kam  es  denn  sn 

dem  grofsen  Überfall  der  von  der  Leipziger  Messe  zurück- 
kehrenden Nürnberger  und  anderer  Kauilcutc  bei  den  sogen. 
Weichseigärten  zwischen  Neuses  und  ForcKheim  am  18.  Mai 
1512,  V70  130  verkappte  Ritter  unter  Götz  v.  Berlichingen  den 
Kanfmannszug  abschnitten,  ihn  entwaffneten  und  ausraubten. 
Bis  auf  19,  die  Götz  entliefs,  wurden  die  Gefangenen  auf  ver- 
schiedenen Bargen  des  Adels  im  Spessart,  der  Rhön  and  sonst 
untergebracht.  Die  Grausamkeit,  womit  der  tonst  als  so  edel 
geschilderte  Ritter  seine  Gefangenen  behandelte,  ftbersteii^ 
alles  Mafs. 

Wir  müssen  es  dem  Leser  Uberlassen,  sich  hierüber  sowie 
ttber  die  Mafsregeln  des  Rats,  die  Verhandlungen  auf  dem 
Reichstage  zu  Köhl  und  Trier,  der  Adelsversammlung  zu 
Schweinfurt  und  beim  Reichskammergericht  zu  Worms  im  Buche 
selbst  des  näheren  zu  unterrichten.  Am  5.  Juli  1512  wurde 
Götz  mh  seinen  Spiefsgesellen  vom  Kaiser  Maiciniilian  von 
l  ouni  11  aus  in  die  Acht  erklärt.  Aber  das  machte  auf  Götz 
kc  irx  n  Kijidnick.  Er  kümmerte  sich  um  keine  Verhandlung 
und  erschien  aut  keinem  Tage.  Auf  den  Vcrtr.iL:,  der  1513 
auf  das  persönliche  Eingreifen  des  Stadlhauptmaiins  Ulrich 
Arzt  und  des  Markgrafen  Kasimir  in  Abwesenheit  des  Götz  in 
Nördlingen  so  Stande  kam,  worin  sich  15  angesehene  Ritter 
aar  Zabhmg  von  5000  fl*  an  die  geschädigten  Kanflente  and 
für  Götz  zu  einem  Sjäbfigen  Reilefdienst,  den  er  dem  Bischof 
von  Bamberg  mit  300  Idann  leisten  sollte,  verpflichteten,  ant- 
wortete er  mit  einem  ementen  Überfall  anf  einen  nach  Frank- 
furt reisenden  Kaufmannszug  am  hellen  Mittag  nächst  der 
Tauberbrücke  zu  Mcrgeutheim. 

Anf  dem  Tage  an  Linz  kam  man  endlidk  auf  den  Aoswcg, 
da  G6ta  and  seme  Helfer  die  Entschädigung  nxdit  leisten 
konnten,  den  Bischof  von  Wftrzbarg  Lorena     Bibra  und  seine 

Verbündeten  die  Zeche  zahlen  zu  lassen.  Seit  1513  zu  einem 
Kontra bunde  vereinigt,  der  seine  Spitze  zeitweise  gegen  den 


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—   294  — 


Schwäbischen  Bund  richtete»  hatten  sie  sich  dem  Placke r- 
tinwesen  gegenüber  mehr  als  zweideutig  verhalten.  Sogar  die 
höchsten  Beamten  des  Bischofs  hatten  den  Plackem  indirekt 
ihren  Schutz  angedeihen  lassen  und  Götz  von  Berltchingen  selbst 
Unterschlupf  gewährt.  Gerade  im  Würzburger  Hochstift  safs 
ein  Adel,  der  gern  vom  Stegreif  lebte.  Dazu  kam,  dafs  der 
Bischof  von  Wtirzburg  die  meisten  der  den  geächteten  adeligen 
Friodbrcchern  abgesprochenen  Güter,  die  vorzugsweise  in  seinem 
Gebiet  gelegen  waren,  auf  Grund  eines  kaiserliciicn  Mandats 
vom  Jahre  1512  in  Verwaltung  hatte.  Mit  der  Bezahlung  der 
vom  Kaiser  Maximilian  auf  14  000  11.  ermäfsigten  Entschädigung, 
welche  Nürnberger  Angaben  zufolge  aufser  von  Würzburg  vom 
Kurfürsten  von  der  Pfalz»  dem  Herzog  von  Württemberg,  dem 
Kommenthur  der  Deutschherm  zu  Mergentheim  und  Götz 
von  Berltchingen,  der  2000  fl«  zahlte,  aufgebracht  wurden, 
schlössen  die  langwierigen  Verhandlungen  wegen  dieser  Fehde, 
die  Gefangenen  wurden  der  Freiheit  zurückgegeben,  die  Ur- 
heber aber  entgingen  der  verdienten  Züchtigung:  nicht  einmal 
die  Beute  und  das  Schatzgeld  gaben  sie  zurück. 

Und  bei  den  zerrütteten  Zuständen  des  Reiches,  dem 
kläglichen  Regimente  unter  Kaiser  Maximilian,    den  selbst- 

süchtigen  und  centrtfugalen  Bestrebungen   der  Stände  war  es 

auch  kaum  anders  denkbar.  So  l^lieben  denn  uuch  die  Mandate, 
die  der  Kaiser  unmittelbar  nach  Sciilufs  der  Verhandlungen  im 
Jahre  1514  zur  Befestigung  des  Landfriedens  erliefs,  ohne  alle 
Wirkung.  Es  blieb,  wie  es  war.  Götz  war  vielmehr  wegen 
seiner  Hartnäckigkeit,  womit  er  die  Fehde  geführt,  wegen  der 
List  und  Verschlagenheit,  womit  er  sie  durchgesetzt,  in  der 
Achtung  seiner  Standesgenossen  nur  gestiegen,  er  war  populär 
geworden  und  wurde  von  den  unzufriedenen  Elementen  des 
Reiches  auf  den  Schild  erhoben. 

Es  wäre  sehr  zu  wünschen,  dafs  der  V^erfasser  der  be- 
sprochenen Schrift,  der  uns  darin  eine  ebenso  anziehende 
als  lehrreiche  Schilderung  der  Fehde  sowohl,  als  auch  der 
Zustände  der  Zeit  selbst  geboten  und  durch  eine  reiche 
Auswahl  des  wichtigeren  bisher  ungedruckten  urkundlichen 
Materials  erläutert  und  erhärtet  hat,  sich  entschliefsen  könnte, 


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—    29$  — 


uns  noch  mit  einer  eingehenden  Biographie  des  Götz  von 
Berlichingen  cu  beschenken.  Bei  den  eingehenden  Studien, 
die  er  nach  dieser  Richtung  gemacht  hat,  wäre  er  als  der 

Erste  berufen,  das  ganze  Leben  und  Treiben  des  »Ritters 
mit  der  eisernen  Handc  auf  Grund  der  Quellen  zu  beleuchten 
und  klarzustelleA. 

Ernst  Mummenhoff. 


Von  neueren,  auf  die  Geschichte  Nürnbergs  bezüglichen 
oder  mit  ihr  im  Zusammenhang  stehenden  literarischen  Erschei- 
nungen, deren  Besprechung  wir  uns  für  eines  der  nächsten  Hefte  , 

unserer  »Mitteilungen:  vurbehalten,  luhren  wir  noch  an: 

Aus  dem  Briefwechsel  der  Nürnberger  Patrizierfamilie 
Ffkrer  von  Heimendorf  mit  dem  Kloster  Gnadenberg  in 
der  Oberpiidx  1460 — 1540.  Von  Johann  Baptist 
Kam  an n.  Separatabdruck  aus  den  Verhandlungen  desHisto- 
rischen  Vereins  der  Oberpfalz  und  von  Regensburg.  Bd.  XLV. 

Die  Entwicklung  des  Nürnberger  Volksschulwesens  bis 
zum  Jahre  1892  in  den  Grundzügen  dargestellt  von  Professor 
Dr.  F.  Glauning.    Nürnberg  18Q2. 

D&rers  schriftlicher  Nachlass  auf  Grund  der  Originalhand« 
Schriften  und  teilweise  neu  entdeckter  alter  Abschriften 
herausgegeben  von  Dr.  K.  Lange,  a.  o.  Professor  der 
Kunstgeschichte  an  der  Universität  Königsberg  i.  Fr.,  und 
Dr.  Ft.  Fuhse,  Bibliothekar  am  Germanischen  National- 
museum zu  Nürnberg.  Mit  einer  Lichtdrucktafel  und  3  Text- 
illustrationen.   Halle  a.  S.    Max  Niemeyer.  1893. 

Geschichte  der  Stadt  Nürnberg  von  dem  ersten  urkundlichen 
Nachweis  ihres  Bestehens  bis  auf  die  neueste  Zeit  von  J  o  h. 
Paul  Priem,  weiland  Gustos  der  Stadtbibliothek  zu  Nürn- 
berg. Zweite  Auflage.  Herausgegeben  von  Dr.  Emil 
R  e  i c  k  e,  Assistent  an  der  Stadtbibliothek  und  am  städtischen 
Archiv  in  Nürnberg.  Mit  vielen  Illustrationen.  Nürnberg, 
Verlag  der  Joh.  Phil.  Rawschen  Buchhandlung  (J.  Biaun.) 
18Q3.    Erste  bis  achte  Lieferung. 

Hans  Sachs  und  seine  Zeit.  Ein  Lebens-  und  Kulturbild 
aus  der  Zeit  der  Reformation  von  Rudolf  Genee.  Mit  160 


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—    206  — 

in  den  Text  gedruckten  Abbildungen^  vielen  Facsimiles  nach 
den  Handschriften  und  Notenbeilairen  von  Meisterltedern. 
Leipzig,  Verlagsbuchhandluni<  von  J.  J.  Weber.  I6Q4. 

Nurnbcg.  Festschrift,  dargeboten  den  Mitylictiern  und  Toil- 
nehmern  der  63.  Versammlung  der  Gesellschaft  deutscher 
Naturforscher  und  Ar/.te  vom  Stadtmagist  rate  Nürnberg,  her- 
ausgegeben von  Überarzt  Dr.  W.  Beckh,  Dr.  med.  F.  Gold- 
schmidt, Architekt  E.  Hecht.  Mit  vielen  Abbildungen  und 
Plänen.  Nürnberg,  1892.  Jobann  Leonhard  Schräg  (in 
Kommission). 


Die  Herren  Verleger  sind  ersucht,  neue,  auf  die  Ge- 
schichte Nürnbergs  bezugliche  oder  mit  ihr  im  Zusammenhang 
stehende  literarische  Ersclieinungen,  deren  Besprechung  in  dieser 
Zeitschrift  gewünscht  wird,  nn  den  I.  Vorstand  des  Vereins» 
Justizrat  Frhrn.  von  Krefs  in  Nürnberg,  zu  übersenden. 


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LlTERAlUR- 

UND 

Kunst-Anzeiger 

DER 

MITTEILUNGEN 

DES 

VEREINS  FÜR  GESCHICHTE  DER 

STADT  NÜRNBERG. 


Anzeigen  finden  im  Literatur-  und  Kunst  -  Anzeiger  der  Mit- 
teilungen des  Vereins  für  Geschichte  der  Stadt  Nürnberg  wirksamste    i  | 

V'crhrcittinj^.    Preis  der  Vollseitt?  . //  30.  —  ,  der  hallK-n   Seite  ,//  20.  ^  | 
der  viertel  Seite  Jl  10.-.    Auftr.ii^e  niinint  die  Verlagsbuchhandlung 
Joh.Lconh.  Schräg,  Nürnberg,  KÖnigsstr.  15  entgegen.  Dieselbe  l'irma  | 
besorgt  auch  den  liieraribchen  Tauschverkehr  des  Vereins  für  Geschiclitc  I 
der  Stadt  Nürnberg  und  vermittdt  Beischlfisse  auf  Buchhändlerweg. 


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^HinoiiinsiH 


Im  Selbstverlaare  des  Verfassers  erschien: 

I.  >Die  Papiermühlen  im  Gebiete  der  Reichs- 
stadt NQrnberg,'  von  Edmund  Marabini, 

München,  Thierschstrasse  8 

nach  aiduvaliidien  Quellen ;  mit  i  Karte  and  Aber  too  Abbildungen. 

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II.  >Die  Papiermühlen  im  ehemaligen  Burg- 

grafenthum  HQrnberg,« 

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Hans  Sachs  und  seine  Zeit 


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Die  Ri-i(  lisst.idt  Niirnbcri;  im  Hinl/ohntrn  ] 
J.ibrliiinclprt.  —  jutJiTiil  unil  WaiiiliTM  li.ill  «K-s 
ll.iri's  S, 11  Iis.  —  Rückkehr  dos  Han*  S:i<  hs  in  ibi- 
Ib  iiti.ir  und  Moirat.  -  Vom  McMst«Tj;rs.inj;  zur 
Ki'liiriii.ition.  DiT  V<ilks<lirhtcr  der  Kt-l'unTiation. 
—  ( ilaulH*nstcstiKk(Mi  im  Stunn.  —  Dichtung  und 
Leben.  —  Hausiricde,  Ut  ifs  und  f«laul>onstieuc.  — 
Die  Meiatemcgrr.  —  Nürnberg  in  Not.  —  Die 
Schauspiele  de«  Hans  Sad»  und  die  tbeatralischen 
AuflRibnuisca.  —  Leute  Lebenszeit. 


Anhant;;  Oi-s.inKwi  i'^n  drr  Mejtfcriieder.— 
Dil-  Siluilutdiuinjj  diT  NiiriilK'incr  Meisterslnippr 
vom  Jahn-  i  =,  ;'>.  —  Klai^vpnu  li  doi  Stadt  Niirnb<'r>;. 
i^^i.  --  ( ii  dii  fit  von  der  HimiufKaliri  Markgraf 
Albrctht*,  1557.  —  Gedicht  auf  den  Tod  von 
Hans  Sachsens  lieben  alujesthieden  Geinahel 
Kuiii^und  ,  1560.  —  Das  »Valetc:  oder  Summa 
all  meiner  Godiditt,  1567.  —  Kleine  lyriidie  Ge- 
dichte, aus  des  Dichten  HaadidirifteD.  —  Aus 
seinem  handacfarifUichen  Geneialrrgieter. 


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Hans  Doesch,  Direktor  am  ( iennaniM lu-ti  Mtm-uui.    iVcis  kpit.  in  httcheleganter  Lcinwand- 

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stadt Nürnberg.^  Mit  einer  Abbildunij  des  allen  Nürnberger 
Mttnzhauses,  a  Münzmeisterportrats  und  6  Mönzabbildungen.  8<*.  Jf  6.— . 

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mit  Unterstützung  der  Stadt  Nürnberg,  herausgegeben  vom  Verein 
Air  Cicschichte  der  Stadt  Nürnberg.    Lex.  8".  ^//  25  —  ,  g^cb.  ,7/  28  — , 

Nürnberg.     J-estschrift,  dargeboten  den   Mitgliedern  und  ieihieh 
mcrn  der  6$.  VersamniUmg  der  (lesellschaft  deutscher  Naturforscher 

und  .\r/.tr  vnni  St;i(hni.i;.:istr.itt^  Nürnbcri^.  1  Iriau'-L^CL;«"!)«;-!  im 
Auftrag  desselben  von  Dr.  W.  Beckh,  Dr.  F.  Goldschmidt,  E.  Hecht. 
Mit  vielen  Alibildungcn  und  Planen,    ^r.  S '.  ^7/  5.—  ,  gel)  Jl  6. — . 

Quellenschriften  und  Abhandlungen  zur  Staats-, 
Kultur-   und  Kunstgeschichte  der  Reichsstadt 

Nürnberg.    I.    Kamann,  Johann.   Die  Fehde  des  Götz  von 

Berlichingen  mit  der  Reichsstadt  Nürnberg  und  dem  Hochstift 
Bamberg  1512—1514  Ein  Beitrag  zur  Gest  hiclite  der  öffentlichen 
Zustände  Frankens  nach  dem  ewigen  Landfrieden  und  zur  Charak- 
teristik des  Ritters  mit  der  eisernen  Hand.   8^       3  — 


Primiiert  mit  Ehreadiplomcn  und  Medaillen,  v 


Nürnberg 


o<  JB  r  ei  tegf^i  s    ü  Isi  o.  3o.  »■<► 


Bestrenommierteste  Bezugsquelle  . 

von 

echten  Holzmosaikbildern 


und  Umrahmungen, 

S^etreu  naoh  alten  Mürnberger  Kfotiven. 
Lieferant  mehrerer  Museen. 


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Mitteilungen 

des 

Vereins  für  Geschichte  der  Stadt 

Nürnberg- 


Elftes  Heft. 


NÜRNBERG. 

VERLAG  VON  JOll.  LKONH.  SCHRÄG. 
(In  Kommission.) 
1695. 


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Käoigl.  üaycr.  Uofbuchdrurkrrci  C>.  P.J.  UicUng-LHcu,  HÜmbcrg. 


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( 


Inhalt 

Seile 

Abhandlungen  und  Quellenpublikationen: 

Hans  Tuchers  Buch  von  den  Kaiserangesichten.  Heraus- 
gegeben von  Dr.  Paul  Joachimsobn,  München    ....  t 

Auszüge  aus  den  päpstlichen  Rechnungsbüchem  des  15  Jahr- 
hunderts für  Nürnberger  Geschichte.  Von  Franz  Milten- 
berger,  Giebclstadt    8t 

Briefe  eines  Nürnberger  Studenten  aus  Leipzig  und  Bologna. 
(1S56  1560.)  Mitgeteilt  von  Georg  Freiherr  von  Krefs, 
Nürnberg   97 

Lienliard  Nunncnbcck.  Nach  dem  am  20.  iJczeiiibcr  1894 
im  Verein  für  (icschirhtc  der  Stadl  Niinibcig  j^tlialttncn 
Vortrage  von  Dr.  Ihcodor  11  anipc,  Nürnberg   173 


Kleinere  Mitteilungen: 

Dr.  Adolf  Frhr.  von  Scheurlf.    Von  Georg  Frbr.  v.  Krefs  .  191 
Hof buchhändler  Sigmund  Soldan ^.  Von  Georg  Frhr.  v.  Krefs  195 
Instruktion  an  Sixt  OeHiafen,  was  er  im  Namen  d«  s  ICaiscr 
Maximilian  I.  dem  Churflirsten  tu  Maintz  wc^en  des  Kais. 
Siegels  in  antwort  anzeigen  soll,  .Samstag  post  miserii  ordiani 
anno  domini  1502.   (16.  Ai)rin.   Von  Sigmund  v.  Üelhafen.  197 
Die  Stiftung  der  Nürnberger  Kauflcute  für  den  St.  Sebalds- 
altar in  der  St.  Bartholomäuskirche  zu  Venedig.  Von 

Georg  Frhr.  v.  Krefs    201 

Ein  Nürnberger  Stammbuch  aus  dem  16.  Jahrhundert.  Von 

Georg  Frhr.  v.  Krefs    211 

Krypten  und  GeschlecKtergrufte  bei  St  Sebald.  Von  ChrisK^h 
Frhr.  v.  Tucher   213 

Literatur: 

K.  Lange  und  F.  Fuhse,  Dürers  schriftlicher  Nachlass  auf 
Grund  der  Originalhandschriften  und  teilweise  neu  ent- 
deckter alter  Abschriften.  Mit  einer  Lichtdrucktafel  und 
8  TextiUustrationen.  Halle  a.  S.,  Max  Niemeycr,  1893. 
8*.  420  S    Von  Dr.  Paul  Johannes  R^e   22  t 


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—    IV  — 


Die  Brandenburgisch-Niirnheryische  Kirc  henvisilation  und 
Kirchenordnung.  1528  1533.  Auf  ('.rund  der  Akten  dar- 
gestellt von  H.  Westerniayer,  Pfarrer.  Erlangen,  Fr.  Junge. 
1894.    8°.    152  S.    Von  M  Herold  

Festschrift  zur  250jährigen  Jubelfeier  des  Pegnesischen 
Blimienordens,  gegr.  in  Nürnberg  am  16.  Oktober  1644. 
Herausgegeben  im  Auftrage  des  Ordens  von  Th.  Bischolf 
und  Aug.  Schmidt.  Mit  vielen  Abbildungen.  Numbetg  1894, 
Johann  Leonhard  Schräg.  8*.  XII  und  $32  S.  Von 
F.  Fuhse  

»Nürnberg«.  Festschrift,  dargeboten  den  Mitgliedern  und 
Teilnehmern  der  65.  Versammlung  der  Gesellsthaft 
deutscher  Naturforscher  und  Ar/te  \nm  Stadtn'iaj,nsirat 
Nürnberg.  Heraus^'cgeben  im  Auftrage  desselben  vom 
Oberarzt  Dr.  W.  beckh,  Dr.  med.  F.  Cioldschniidt,  Architekt 
E.  Hecht.  Mit  vielen  Abbilciungcn  und  l'ianen.  Nürn- 
berg, 1892.  Johann  Leonhard  Schräg  (in  Kommission). 
8».  VIII  u.  558  S.  Von  ...  SS  

Soziale  Kampfe  vor  dreihundert  Jahren.  Altnümbergiscbe 
Studien  von  Bruno  Schönlank.  Leipzig,  Verlag  von  Duncker 
und  Humblot  1894.  8*.  XII  und  21s  S.  Von  Dr  W.  Silber- 
schmidt   

AU- Nürnberg.  Geschichte  einer  deutschen  Stadt  im  Zu- 
sammenhang der  deutschen  Reichs-  und  Volksgesrlilc  hte 
\'on  Ludwig  Rösel.  Mit  einem  Titelhl.itt  tmd  einem 
historischen  Plan.  Nürnberg,  1895.  I"nedri(  h  Kornsche 
Ruchh.indlung.    8".    X  u.  686  .S.    Von  .  .  .  ss.   .  . 

Die  Hans  Sachs-Literatur  zur  400jährigen  Jubelfeier.  Von 
A.  L.  St  


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225 


233 


241 


U3 


246 
248 


Hans  Tuehers 
Buch  von  den  Kaiserangesiehten, 

herausgegeben  von 

Dr«  Paul  Joachimaohn,  München. 


Einleitu  ng. 

Von  dem  >Buch  von  den  Kaiserangesichtenc, 
das  ich  hier  veröflfentliche,  ist  in  diesen  Blättern  schon  einmal 
die  Rede  gewesen. 

In  den  >  l'rkundlichen  Beiträgen  zur  Geschichte  der 
Bücherei  des  Nürnberger  Rates,  1420—1538.  von  H.  Petz*) 
nehmen  einen  besonders  grofsen  und  wichtigen  IMat/.  die  Nach- 
richten ein,  welche  sich  auf  die  grofsen  1486  durch  Hans 
Tucher  den  Aelteren  vorgenommenen  Bücher-Ankäufe  beziehen. 
Vor  allem  sind  die  Erwerbungen  aus  dem  Nachlasse  Dr.  Hermann 
Schedels  bedeutsam,  weil  sie  die  Ratsbibliothek  aus  einer  scholasti* 
sehen  in  eine  humanistische  umwandeln.  Unter  den  Rechnungs- 
eintrag cti  Hans  Tuchers  stehen  nun  auch  die  folgenden^: 

(zu  1486]  »Item  so  habe  ich  geben  von  32  kupffern 
keifser-angesicht  zw  vergulden  dem  Albrecht  Durer  2^«  vngrisehe 
gülden,  machen  3  gülden  Rheinisch  6  sl.  8  hl.;  vnd  für  Q  silbern 
keifser-angesicht,  die  wigen  2  lott  ^  quent»  dafür  ich  dem 
Parteimes  Egen  beczait  1  gülden  vnd  davon  zw  vergulden 
}  gülden;  me  für  ein  silbern  pfenyng,  ein  abgufs  von  einem 
denar,  darumb  der  herr  Jesus  Christus  verkaufilt  ist  worden, 
kost  68  dl.  Also  hab  ich  geben  in  suma  für  die  41  keifser- 
angesicht  vnd  zw  vergulden  mitsami)t  dem  silbern  denar,  kost 
alfs  in  suinuia  ....  Rhein  fl.  j  sl.  '1  hl.  2.« 

und  ferner  ^zu  1487j: 

')  Hcfi  VI  .S.  123—174. 

I 


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»Item  am  13  tag  Febrer  becsalt  ich  dem  Niclas  Fincken 
für  das  pach  zw  den  keifser-angesichten  zw  schreiben;  davon 
gab  ich  im  ...  .  Rhein,  fl.  2  sl.  —  hl.  —  . 

Es  handelt  sicli  also  uin  eine  Münzsammlung,  die  sich, 
wie  ein  dritter  Eintrag  lehrt,  »in  der  librey  in  einer  grofsen 
taffeil  hängend«  befindet,  im  ganzen  42  Stück  umfassend.^)  Der 
Rat  läfst  dieselben  durch  den  Vater  des  grofsen  Dürer  und 
Bartholomaeus  Egen  vergolden,  und  der  Hüfsschreiber  Nicolaus 
Fink  schreibt  auf  Tuchers  Befehl  ein  »Buche  dazu.  Was  es 
aber  mit  der  Sammlung  im  einzelnen  und  mit  dem  Buche  selbst 
für  eine  Bewaodnis  habe,  läfst  sich  erst  aus  der  Handschrift 
ersehen,  die  uns  in  cent.  IV.  90  der  Nürnberger  StadtUibliothek 
vorliegt.  Es  ist  ein  sehr  schon  geschriebener  rer*j;amentcodex, 
unzweii'elhaü  das  Originalexemplar,  aiif  das  sich  der  obige  P^in- 
trag  bezieht.  In  den  Dcekel  ist  auf<?en  eingeprefst:  ■  Ktlidie 
ke\  fer  angefleht«.  Auf  dem  inneren  Ruckdeckel  steht:  »Hanns 
Tucher  fenior«.  Darüber  ein  Schwert  mit  der  Inschrift:  »Pour 
lialte  mantinirc.  Darüber  »1487«.  Unter  dem  Namen  ein  vier- 
geteiltes  Wappenschild,  an  den  Seiten  daneben  ein  fünffaches 
Kreuz  und  ein  gezahntes  Rad.*)  Auf  den  mllfsig  breiten 
Rändern  des  Textes  hat  eine  zweite  Hand  mit  kleinerer  Schrift 
eine  Reihe  von  gröfseren  oder  kleineren  Nachträgen  hinzugefügt, 
die  im  Nachstehenden  als  Anmerkungen  gedruckt  sind."'')  Schon 
aus  der  Ueberschrift  und  der  Vorrede  des  Buches  ersehen  wir 
sodann,  dafs  l  ink  ollenbar  nur  der  Abschreiber  ist.  Uer  Verfasser 
scheint  —  auf  den  ersten  Blick  —  Tücher  selbst  zu  sein.  Wir  erhal- 
ten zugleich  alle  wünschenswerten  Aufschlüsse  Uber  die  Entstehung 
der  Sammlung  selbst.  Sie  ist  nicht,  wie  zu  vermuten  nahelag« 
von  den  humanistisch  gebildeten,  in  Nürnberg  ansässigen  Ge- 
lehrten  zusammengebracht,  sondern  sie  stammt  von  einem  Mainzer 

')  Doch  müssen  einige  doppelt  vorhanden  gewesen  sein,  da  die  nach- 
stehende iieschieibuug  nur  38  Münzherrn  bietet,  auch  wenn  wir  die  ersten 
CooBoln  mits£Uen. 

Alle  drei  Stücke  kommen  gerade  so   auf  dem  Vorsatzblatt  von 

cj^m.  24  vor.  £"5  sind,  wie  mich  Herr  Justizrai  Froihrrr  v.  Krefs  freundlichst 
belehrt,  die  Insignien  der  Ritter  vom  heiligen  Grabe  s.  Röhricht  u.  Meisner, 
Dte.  Pilgerreiien  nach  dem  bt  Lande  32^,  vgl.  ebenda  96. 

')  Die  chronologiscbe  Reibenfolge  der  eintelnen  Abschnitte  ist  ein 

paar  Mal  gestört,  doch  ist  im  Text  dann  auf  die  richtige  Stellung  verwiesen. 
Im  Abdruck  habe  ich  entsprechend  amgestellt 


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—    3  — 


Cartheoserprior.*)  Von  ihm  erhielt  sie  Herr  Ste  ff  anFridolin  1, 
aus  dem  schwäbischen  Städchen  Winnenden  gebürtig,  Lesemeister 

bei  den  Minoriten  und  Prediger  am  I  rauenklostcr  St.  Clara,  der 
sie  dann  mit  andern  die  man  ze  wegen  pringen  mochte  und 
»mit  ain  wcni^  iVhriftlicher  er  lerung^  dem  Rate  geschenkt  hat. 
Was  ist  nun  mit  dieser  »schriftlichen  Erklärung«  gemeint:  Sind 
das  nur  Notizen,  die  Tucher  verarbeitete,  oder  ist  es  unser  Buch 
selbst?  Da  wir  sowohl  von  Stephan  Fridolin  als  von  Tucher 
noch  andre  Werke  haben,  so  werden  wir  darüber  ins  Reine 
kommen  können.  — 

Hans  Tucher  der  ältere  ist  der  Sohn  des  Endres  Tucher» 
der  Enkel  des  Hans  Tucher  am  Milchmarkt,  von  dem  alle 
Zweige  des  Tucherschen  Geschlechts  sich  ableiten. -)  Er  ist  im 
April  1428  i<ehüron.^;  Sein  Bruder  Endres  ist  als  Verfasser  des 
Baunieisterbuches  und  wahrscheinlich  auch  einer  histurisciien  Auf- 
zeichnung^) bekannt.  Hans  selbst  hat  wahrscheinlich  die  Ab- 
fassung einer  Fortsetzung  der  nürnbergischen  Jahrbücher  bis 
1469  wesentlich  beeinflufst  ^)  und  aufserdem  im  Jahre  1477  ein 
umfangreiches  Saalbuch  über  die  Besitzungen  seiner  Familie 
angelegt.*)  Schon  vor  den  Büchererwerbungen  für  den  Rat 
nahm  er  Interesse  an  den  neuen  Erzeugnissen  der  Buchdrucker- 
kunst.  Wir  erfahren  aus  einem  Briefe  Hermann  Schedels,  dafs 
er  schon  1470  von  X  cnedii;  einen  gedruckten  Plinius  mitbrachte.') 
Bekannt  alier  ist  er  vor  allem  durch  seine  Rcschrciljung  der 
Fahrt  nach  dem  heiligen  Lande,  die  er  im  Jahre  147Q  mit 
Sebald  Rieter  und  anderen  Begleitern  unternahm.^)   Die  Be- 

^)  Seinen  Namen  habe  ich  nicht  feststellen  können,  da  die  einschlägigen 
Werke  von  T", udcn-is  und  Joannis  (s.  diesen  in  Rerum  Mogunliac.  SS.  T.  II 
p,  831  Uber  das  Klobler  selbi>t,  es  hiefä  St.  Michael  prope  Moguntioam)  versagen. 

')  S.  die  Stammtafel  in  St.  Chr.  X,  38  ff.,  wo  auch  die  nötigen 
literarischen  Verweise. 

')  S.  die  Einleitung  der  Reisebeschreibiing* 

*)  St  Chr.  X,  9  ff- 

»)  1.  c.  XI,  446  ff. 

")  Kern,  Das  Ge.schlecht  der  Tücher  inNttmberg  im  37.  Jahresbericht 
d.  bist.  V.  f.  Mittelfr.mken  120. 

^/  S.  meine  Ausgabe  von  Hermann  Schedels  Briefwechsel  in  der 
Bibliothek  d.  litt.  Vereins  Bd.  196  S.  186. 

*i  S,  Röhricht  und  Meisner,  Dte  I';!i,'ei reiNcn  nach  dem  heiligen 
Lande  1880,  ]>.  11 1  .;.  Röhricht,  Dte.  Pilgerreisen  1889,  p.  172  —4,  wo 
auch  der  Briet  Tuclicra  an  seinen  Vetter  Anton  aus  Jerusalem  nochmals 
abgedruckt  ist.  Kamann  in  dieser  ZeitscbriA,  Heft  U.  —  Ueber  das 
VerhUtms  der  verschiedenen  Ausgaben  unterrichtet  P an  ser,  Annale»  I,  129. 

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Schreibung  erschien  bereits  1482  in  Augsburg  im  Druck,  aber 
noch  im  selben  Jahre  veranstaltete  Tucher  in  Nürnberg  selbst 
eine  Ausgabe,  wie  das  Schlufswort  erklärt:  »Wie  wol  difs  puch- 
lein(s)  in  kurcs  verfchinnen  tagen  gedruckt  ift,  yedoch  nach  dem 
das  nit  mit  folichem  fleifs  vnd  auffTehen  als  wol  not  geweffen 
werc  befchchen  vnd  doch  dy  matcrij  des  felben  j)uchleins  an 
ir  felbft  luftig  ift,  darumb  vnd  zu  widerbrin[g]ung  vorigs  vuileifs 
ift  der,  io  difss  puchlein  czu  drucken  geftifft  hat,  bewegt  worden, 
das  mit  allem  Üeyfs  zu  Uberfehen  vnd  alle  tadel  vnd  mangel  .  .  . 
hinweck  zunemen  .  .  . 

Die  Beschreibung  hat,  wie  Tucher  einleitend  bemerkt,  vor 
allem  den  Zweck,  als  ReisefUhrer  zu  dienen,  und  so  finden  wir 
neben  Schiffahrtscontracten  und  genauen  Reiserouten  auch  Vor* 
Schriften  fttr  Beschaifung  von  Proviant  und  Gepäck,  für  Gesund* 
heitspflege  —  darunter  auch  ein  Recept  von  Dr.  Hermann 
Schedel  —  und  vieles  andere.  Das  ist  denn  auch  von  Späteren 
vielfach  benutzt  worden.  Noch  heute  ist  sodann  die  Schilderung 
des  heiHgen  Landes  und  besonders  des  Weges  nach  dem  Sinai 
und  nach  Alexandrien  von  nicht  geringem  Interesse. 

Leider  aber  ist  es  nicht  erlaubt,  einfach  nach  dieser 
Schilderung  ein  Bild  von  der  Person  des  Autors  zu  entwerfen. 
Denn  wir  besitzen  auch  eine  Reisebeschreibung  seines  Mitpilgers, 
Sebald  Rieter,  die  in  vielen  Punkten  wörtlich  mit  der  Tuchers 
übereinstimmt,  während  andererseits  eine  Menge  kleinerer  Ab- 
weichungen verbieten,  eine  einfache  Abschrift  anzunehmen.^  Da 
es  für  uns  von  Wert  ist,  eine  möglichst  deutliche  Vorstellung 
von  Maus  Tuciier  zu  gewinnen,  mag  hier  eine  kur^e  Erörterung 
dieses  noch  nicht  völlig  geklärten  Verhältnisses  gestattet  sein. 

')  B]    c8.     Man  s«-he  zu  der  ganzen  di&tetischeo  Auweitung  die 

Entwürfe  bchedels  in  cim.  441  f.  187—89. 

*)  Röhricht  und  Meisner,  DasReisebneh  der Faroili«  Kieler  (Btbl. 

d.  litt.  Vereins  in  Stuttg.  Bd.  168)  Hier  sind  auch  die  Abweichungen  des 
Tui  liei >chen  Texte«»  t^röfslenteils  anmerkuTis^'-swcisc  noliort.  T^och  ist  es  be- 
dauerlich, duU  den  Herausgebern  niciil  der  1  ext  der  Nürnberger  Original- 
ausgabe, »ondera  nur  der  des  Feyerabeoduehen  Rebbachs  sur  Verfttgong 
staTid,  .So  fallen  dio  Varianten  45",  86^,  89",  ioi*\  loS''  nur  Kcyerabcnd 
zur  Last,  bei  andern  zeij^t  besonder»  die  Wortstellung  Aenderurgen,  S.  49" 
und  118*  ist  durch  Auslassung  der  Text  unverständlich  geworden.  —  Eine 
Aeufserung  Tuchers  zum  l$.  Februar  1480,  die  auf  Aufzeichnungen  in  Aegypten 
und  während  der  Heimreise  deuten  soll»  kann  ich  nichi  finden,  doch  i»t  die$ 
ja  an  und  für  sich  recht  glaublich. 


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—    5  — 


Die  Reisebeschretbang  zetiäM  auch  äufserlich  in  zwei 
Teile,  die  Fahrt  nach  Jerusalem  und  die  nach  dem  Sinai.  In 
dem  ersten  Teil  unterscheiden  wir  wieder  die  Reise  bis  Jaffa 
und  die  eigentliche  Pilgerfahrt  im  heiligen  Lande  mit  der  Be- 
schreibung der  heiligen  Stätten,  Die  Fahrt  bis  Jaffa  ist  tage- 
buchartig erzählt,  und  die  Texte  Tuchers  und  Rieters  stimmen 
so  genau  zusnmmon,  dafs  uns  auch  mit  der  Annahme  zu  Grunde 
liegender  gemeinsamer  Aufzeichnungen  nicht  geholfen  ist.  Viel- 
mehr mufs  der  eine  den  bereits  vollständig  redigierten  Text  des 
andern  vor  sich  gehabt  haben,  und  zwar  mufs  dies  Tucher 
gewesen  sein.  Das  beweisen  weniger  die  mannigfachen  sachlichen 
Zusätze  seines  Textes,  denn  diesen  stehen  wieder,  allerdings  viel 
seltenere,  Auslassungen  gegenüber,  wie  z.  B.  bei  der  Beschreibung 
der  Insel  Lesina  [Rieter  43],  auch  Veränderungen  der  Anordnung,  wie 
bei  der  Beschreibung  von  Ragusa  [Rieter  ebenda],  für  die  ein 
rechter  Grund  nicht  zu  ersehen  ist,  als  vielmehr  die  kleinen, 
rein  sprachlichen  Veränderungen.  Tucher  liebt  die  Verdeutlich- 
ung, besonders  bei  Worten,  die  er  tur  ungewöhnlich  oder  minder 
verbreitet  hält  So  fügt  er  zu  >^parcke«  h'mru  t>oder  schiff  leint, 
zu  »gewelbc  und  »loch«,  und  er  bemttht  sich  vor  allem,  die  zahl« 
reichen  italienischen  Ausdrücke  der  Kaufmanns«  und  Schiffahrts- 
sprache zu  erläutern.  So  setzt  er  gleich  am  Anfang  für  die 
Worte  Rieters  tnolo,  spessa  und  tributoc  das  deutsche  »fchifflone, 
fpeyfe  vnd  zolle«  [Rieter  37^^],  oder  statt  »thimon«  iruder«  [47*], 
statt  xgalliotten«  »schiffleut«.  Nun  waren  diese  Ausdrücke  aller- 
dings allen  Kaufleuten  i^lcirh  gut  bekannt,  wie  sich  ja  sogar  in 
die  Tuchers(  hen  Jahrlniciier  die  italienische  Datierung  einge- 
schlichen hat,  ^)  aber  es  ist  doch  nicht  anzunehmen,  dafs  Rictcr 
eine  Vorli^e,  welche  die  Verdeutschungen  schon  enthielt,  wieder 
verwälscht  hätte.  Ebensowenig,  dafs  er  so  kleine  Zusätze 
Tucliers  weggelassen  hätte,  wie  die  in  der  offenbar  formelhaft 
überlieferten  Beschreibung  der  Reliquien  in  Venedig  und  Padua: 
»das  pilde  von  unser  lieben  frawen  mit  irm  lieben  kindec  oder: 
vwer  das  pild  einest  mit  rechter  andacht  an  sehe.« 

Anders  steht  es  mit  dem  zweiten  Abschnitt  des  ersten 
Teils,  der  Beschreibung  der  heiligen  Statten  in  und  bei  Jerusalem. 

ü,  St.  Chr.  XI,  447» 


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—    6  — 


Schon  bei  der  Schilderung  der  Ankunft  in  Jaffa  entfernt  sich 
i  ucher  von  Rieter,  und  wird  von  hier  an  überhaupt  seibstäiuiiu. 
Rieter  schildert  die  persönlichen  Erlebnisse  nur  ganz  summarisch 
und  übergeht  die  Beschreibung  der  heiligen  Stätten  vorerst  ganz 
mit  dem  Hinweis  auf  ein  »lateinisches  püchlein,  das  mein  Sewatt 
Rieters  vater  seliger  da  von  verczaichnet  hatt«  [p.  56],  Dann 
aber  [p.  62]  setzt  er  doch  mit  einer  Beschreibung  der  »kirchfertte 
und  heylig  stette«  ein  und  zwar  igleich  lauttend  meins  vaters 
Sewalt  Rieters  seligen  püchleinc  aber  mit  Zusätzen.  Dieses 
Büchlein  des  älteren  Rieter  von  1464*)  hat  nun  auch  Tucher 
beniit/.t,  aber  so,  dal's  er  die  dort  i^cgebcuc^  Beschreibung  an 
die  tagebuchartig  fortgeführte  Erzählung  seiner  eigenen  Wande- 
rung anschUefst,  wobei  er  häufig  die  Reihenfolge  der  geschilderten 
Orte  verändern  mufs»  und  dann  seine  eigenen  Zusätze  macht, 
die  von  denen  des  jüngeren  Rieter  unabhängig  sind.")  Eine 
Ausnahme  machen  die  Stücke  von  den  »sybenerley  glaubenc  im 
Tempel  und  von  den  Kirchfahrten  nach  dem  Thal  Mambre, 
Nazareth,  Beirut  und  Damaskus  [Rieter  75  ff.  und  82  fT.].  Diese 
stimmen  ^vio(ier  L;enau  mit  dem  jüngeren  Kictcr  und  sind  offenbar 
aus  diesem  abgcsciiricben,  wobei  zu  beachten  ist,  dafs  diese 
>Kirrhfahricn  eben  von  Tücher  und  Rietcr  nicht  gemacht 
wurden.  Rieter  hat  die  Notizen  seines  Vaters  darüber  [ibid. 
p.  29  —33]  offenbar  nach  Erkundigungen  ergänzt.  Aus  dem 
Buche  des  älteren  Rieter  hat  Tucher  dann  auch,  um  dies  gleich 
vorwegzunehmen,  die  seinem  zweiten  Teile  beigegebene  Reise- 
route  durch  die  ganze  Welt  unter  dem  Titel:  tltem  hernach 
Voigt  vnd  zeigt  II  keyferthum  vnd  XX  criftenliche  konigreich/  die 
in  der  gantzen  criftenheit  feine  und  die  Abmessungen  des  heiligen 
Grabes  [Rieter  p.  16]  entlehnt.  Bei  diesem  al)cr  hat  er  alle 
Malse  sori^fältig  an  Ort  und  Stelle  kontroliert  und  seine  eigenen 
Angaben  dafür  eingesetzt.  Er  hatte  neben  den  Aufzeichnungen 
Rieters  noch  die  eines  andern  Nürnbergers,  des  Martin  Ketzel, 
zur  Hand,  die  durch  Adam  Krafts  Stationen  berühmt  geworden 
sind.    In  demjenigen  Exemplar  seiner  Reisebeschreibung,  das 

Ebenfalls  in  Röhricht  und  Meisners  Ausgabe  14  -36. 
*)  Einen  Beweis  liefert  die  Tempel beschretbung  [Rieter  7$],  woTncher 

bei  Erw.Hhnung  der  Köniysgräber  den  AiisdnicK  des  älteren  Rietei  »ligen 
begraben  in  wolgezierien  '^»rf!jern<  [p.  22]  beibehält,  während  der  jüngere 
ändert:  «in  staincu  erhaben  greberu«. 


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—    7  — 


Hartmann  Schcdel  besafs,^)  befindet  sich  auf  einem  eingeklebten 
Zettel  eine  Notis  darüber:  »Item  der  Keczel  hat  das  heilig  grab 
lalTen  abmachen  auff  dem  fpitelkirchoff  nach  dem  hie;  i£t  wol 
ein  meynung  aber  nyndert  geleich  dem  hiygen:  Das  kepelein 
dar  vor  hie  i(t  meiner  fchuch  XII  lang  von  der  mitten  pifs  zu 
der  thttr  in  wendig  vnd  \(t  halbs  in  etm  rund  form,  vnd  get  die 
tlmr  mitten  in  das  heilig  grab,  vnd  ist  das  kcppelein  hinten,  als 
man  erfst  hin  ein  geht,  XIII  fchuch  prait.  Su  ift  die  thür,  als 
man  in  das  lieilig  grab  gct,  meiner  fpan  2  vnd  ein  vodere 
fpan  weit  vnd  hoch  4  fpan  vnd  ein  vodere  meiner  fpan.  Die 
dierk  der  mauer  in  das  heilig  grab  3  meiner  fpan,  die  leng  des 
grabs  8  meiner  fpan  vnd  ein  vodere  fpan.  Das  grab  ift  prait 
4  fpan  vnd  3  vinger  prait.  Das  grab  ift  3  fpan  vnd  em  twerhe 
hant  hoch.  Preit  inwendig  des  keppelein  mit  dem  grab  8  fpan 
3  vinger  prait.  Der  ftein  vor  dem  grab  ilt  ein  fchuch  ob  der 
erden  vnd  ift  geflirt  III  fpan  in  die  virung  vnd  ftet  gleich  in 
der  mit  4  fpan  von  der  thur.  Datum  VI.  Augusti  in  Jerusalem 
1470  ;.  Schcdel  schrieb  sich  diese  Notiz  offenbar  aus  Tuchers 
eigenem  Exemplar  — -  Manuscript  oder  Druck  —  ab,  wo  sie  als 
Kaudbemerkung  gestanden  haben  mag.  — 

Mit  dem  16.  August  1479  trifft  Tucher  wieder  mit  der 
Tagebuchaufzeichnung  des  jüngeren  Rieter  zusammen.')  Auch 
hier  hat  er  die  von  diesem  gesondert  gegebene  geographische 
Beschreibung  [Rieter  81 — 82]  in  seinen  Text  hinein  verarbeitet, 
doch  scheint  er  hier  nicht  den  dieser  zu  Grunde  liegenden  Text 
des  älteren  Rieter  [p.  31],  sondern  bereits  die  erweiterte  Auf- 
zeichnung des  Sohnes  selbst  vor  sich  gehabt  zu  haben. ^) 

In  beiden  Reisebeschreibungen  findet  sich  dann  eine  Auf- 
zeichnung des  Landwegs  nach  Jerusalem  [Rieter  61],  die  sowohl 

')  Inc.  c.  a.  265  4°  der  Münchner  Hof-  und  Staatsbibliothek,  s.  auch  w.  n. 

Rieler  p.  59*.  Die  daselbsl  59'  angezogene  Stelle  wäre  besser  zu 
77,2  zu  ziehen  gewesen.  Eine  DatumdiiTerenz  zwischen  Tucher  und  Rieter 
ist  nicht  vorhanden,  dft  der  ZuMmmenhang  ein  anderer  iit. 

^)  Der  Beweis  liegt  Mer  in  der  Schilderung  des  Brunnens  des  H^tsa, 
wo  es  bei  Tucher  hcifst:  »Wir  giengen  wider  abwartz  vnd  vnten  am  perg 
ift  der  Hufs  des  prophetcn  Helifei.  Der  felbig  pach  was  gefaltzen  md 
fawer,  das  nyemant  weder  menfch  noch  viech  des  trinckm  mochten«.  »Den 
pach  der  felb  prophet  durch  den  willen  gotes  fufs  vnd  wolfchmeckende  hat 
gemacht«.  Vgl.  da/u  Rieter  60,  24  u,  81,  19.  T?eim  ^nt»"-'"n  V'pter  [31] 
fehlt  die  Stelle,  was  allerdings  aus  späterer  Verkiirzung  herruiircn  Kuun. 


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—    8  — 


Tucher  als  Rieter  von  einem  Juden  in  Jerusalem  erfaliren  haben 
wollen,  und  ein  Abrifs  der  Geschichte  des  heiligen  Landes  seit 
den  Kreuszügen/)  die  Tucher  nach  seiner  ausdrücklichen  Ver- 
sieberang im  Kloster  monte  Sion  aus  der  Chronik  der  dortigen 
Mönche  herausgeschrieben  hat.  Man  wird  ihm  das  glauben 
dttrfen,  wenngleich  auch  hier  eine  Notis  des  älteren  Rieter 
Anregung  gegeben  haben  kann.*) 

Der  zweite  Teil  der  Reisebeschreibung  schildert  den  Weg 
nach  dem  Sinai  und  die  Heimfahrt  über  Ägypten.  Das  Ver- 
hältnis der  beiden  Texte  ist  dasselbe,  wie  am  Anfange.  Es  ist 
ganz  klar,  dafs  Tucher  Rieters  Text  vor  sich  hatte  und  denselben 
erweitert.  Nur  so  erklärt  es  sich,  dafs  Tucher  z.  B.  die  Mit« 
teilungen  Rieters  Über  Cairo,  welche  dieser  nachträglich  — 
nachdem  er  schon  die  Fahrt  nach  Alexandrien  erzählt  hat  — 
anfügt  [p.  123],  an  richtiger  Stelle  einsetzt.  Auch  die  Ab- 
weichungen in  der  Beschreibung  Alexandriens  werden  so  ver< 
ständlich,  da  Tucher  zuerst  die  Stadt  selbst  und  dann  erst  ihre 
Umgebung  schildert,  also  offenbar  das  ganze  Material  bereits 
Überblickt.^  Ganz  ähnlich  ist  es  schon  vorher  beim  Finritt  in 
Gaza,  wo  Tuclier  wiederum  einen  NaclitraL^  Rieters  an  die 
richtige  Stelle  gebracht  hat.^)  Bedenklich  könnten  in  dieser 
Annahme  nur  einige  starke  Auslassungen  Tuchers  machen.^) 

Im  allgemeinen  werden  Tuchers  Zusätze  je  länger,  je 
zahlreicher,  und  ganz  selbständig  ist  dann  seine  Schilderung  der 
Rückfahrt  von  Alexandrien  nach  Venedig,  nur  ein  paar  wörtliche 

Bei  Rtetci  nicht  gedruckt  s.  aber  S5*. 

• '  p.  22. 

V^l  Ricter  123  mit  dem  Tiichereinschub  120*,  der  V)ei  Röhricht- 
Meisner  nur  z.  T.  gedruckt  ist.  Bei  der  Beschreibung  Alexandrias  bietet 
Tucher  dgentlich  nur  eint  Angabe  mehr  ate  Rieter,  Aber  das  Cistemen- 
trinkwawer. 

*)  Rieter  87,24.    Tuchers  Text  lautet:   »Vnd  man  vberfchlecht  die 

aufsfjabe  zu  gemein  iarcn,  dr  die  v<'t!ichc  koft  XXIV  taiifent  ducaten  werd. 
Den  felben  tag  zugen  wir  vnd  kamen  <ies  nachts  gar  Ipat  gen  Paleftin  oder 
GaUera  der  ftat,  wann  vns  der  gleitimann  mit  willen  twa  or  im  veld  auf 

hielt  vnd  beforgot.  wo  wir  hey  lag  in  die  ftat  zugen,  der  herr  da  felhft 
mochte  vns  ein  barillen  mit  wein  nemen,  ai»  tu  seilen  der  geleychen  den 
pilgram  vor  auch  gefchehen  ift«. 

*)  Sie  sind  bei  der  Rieterausgabe  nicht  ca  ersehen,  es  sind  s.  B. 
102,6  und  allda  —  verschwindt;  103,14  Item  an  dem  perg —  mit  in  tragen; 
T05.2  V.  u.  Item    zun  zeyten  —   106,4  grofs  aafhei>en;  107,6  Item  der 

bruder  -    pey  inn  zu  tragen  u.  s.  w. 


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Uebereinsfcimmttngeii  lassen  vermuten,  dafs  ihm  auch  hier  schon 
Rieters  Bericht  vorlag,'}  der  ihm  aber  augenscheinlich  nicht 
genügte.  Was  Tucher  endlich  hier,  wie  beim  ersten  Teil,  an 
guten  Lehren  für  Ausrüstung  und  Verproviantierung  der  Pilger 

beifügt,  beruht  gröfstenteils  auf  den  Reiserechnungea  die  wir 
bei  Rieter  in  extenso  finden.^) 

Für  den  gröfsten  Teil  seiner  Beschreibung  hat  also  Tucher 
das  Rietersche  Manuscript  vorgelegen.  Ob  Rieter  dieses  ganz 
selbständig  verfafst  hat,  oder  ob  Tucher  auch  daran  einen 
Anteil  hat,  würde  sich  nur  durch  Auffindung  des  Tucherschen 
Originalmanuscripts  oder  doch  wenigstens  einer  Handschrift,  die 
vor  dem  Druck  von  1482  liegt,  entscheiden  lassen.*)  Es  bleibt 
ja  immerhin  möglich,  dafs  l'uchcr  die  stilistischen  Änderungen 
und  Verdeutlichungen  erst  zum  Zwecke  der  Druckpublikation 
vornahm,  wie  denn  gerade  die  selbständige  Bcsciircibung  der 
Heimfahrt  auffallend  viel  italienische  Ausdrücke  zeigt,  auch 
würden  sich  einige  seiner  Auslassungen  so  ganz  gut  erklären  — 
mit  Sicherheit  aber  dürfen  wir  Tucher  nur  die  Zusätze  zum 
Rieterschen  Texte  zuschreiben,  und  auch  diese  sind  zahlreich 
genug,  um  ein  Urteil  Uber  seine  Person  zu  ermöglichen. 

Kmiges  haben  schon  Kcjhricht  und  Meisner  hervcirgelioben, 
SD  die  niercantilen  und  naturwisscnschaftlichenlntcrcssca  rurhcrs.'*) 
Den  erstercn  verdanken  wir  u,  a.  eine  interessante  Beschreibung 
des  Pfefferhandels  der  Venetianer  in  Alexandria  und  des  darauf 
basierenden  »cottimo«,^)  den  letzteren  Schilderungen  des  toten 
und  des  roten  Meeres,  der  Wüste  Tih,  der  Volksart  der  Araber, 


Kieler  133S   wo  es  bei  Tucher  lieifsi :  >Vnd  wir  füren  im  namen 
gottes  defsnats  mit  fchoncm  wettet  vnd  gatem  fcnlften  winde«. 

*)  Ueber  das  Cotttrmetronnuliur  fttr  den  Patron   vgl.  Röhricht, 
Pilgerreisen  167, 

•)  Mir  sind  bekannt:  a)  cgm.  24.  prachiijj  mit  Tuchers  und  Rieiers 
Wappen  gerif^rt,  i'Pfichrit'lien  1489  für  Hlt/ivl;  >ii;nuind  .  Baiern  von  Paul 
.Scwer  profefs  und  korpruder  zu  Vndeosdorti.  Der  Text  scheint  mit  dem 
ersten  Au^shurger  Druck  von  14S2,  den  ich  nicht  vor  mir  habe,  xu  stimmen 
Von  der  Nürnberger  Ausgabe  weicht  er  vielfach  ab.  —  h)  vindob.  302I 
kennzeichnet  sich  schon  durch  die  Schlufsschrift  aU  Copie  eines  Atigsburger 
Drucks.  —       British  Museum.  Addit.  msä.  1S386. 

*)  Kieler  4. 

Bei  Kieler  151^  einsuichieben. 


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—    10  — 


der  Gazellen  und  vieles  anderen.*)  Tucher  sucht  sich  den  An- 
schein eiae$  kritischen  Berichterstatters  zu  geben;  bei  Schilderung 
der  Taubenpost  in  Alexandria  unterscheidet  er,  was  er  selbst 
gesehen  hat  und  was  er  nur  vom  Hörensagen  weifs.^)  Manches 
läfst  er  fort,  weil  es  »gar  feltzam  vnd  vngelaubtich  zehoren  ifl: 
den,  die  das  vor  nit  gefehen  haben«  .*)  Daneben  mutet  es  uns 
freiUch  komisch  an,  wenn  er  von  dem  Wurme  Thiro  erzählt,  von 
dem  der  Theriak  komme,*)  oder  wenn  er  von  den  Krokodilen 
—  den  Namen  kennt  er  nicht  —  saL;t,  sie  seien  T^gleich  gefchaffen 
als  die  eidechfen  oder  lintwurm,  dann  das  fy  nit  lliigol  haben. «•'^i 
Besonders  merkwürdig  sind  seine  genauen  Angaben  der  Himmels- 
richtungen, so  wenn  er  von  dem  Stern,  den  die  Pilger  in  der 
Wüste  sahen,  sagt,  er  »gieng  autf  sud  sud  ost«,*)  und  wir  erfahren 
denn  auch,  dafs  er  bei  Besteigung  des  Berges  Sinai  einen  Compass 
bei  sich  trug.')  Vorher  schon  erzählt  er,  dass  er  den  Mönchen 
am  Berge  Sion  eine  Sonnenuhr  verfertigte,  und  er  bemerkt  dabei, 
dafs  sie  in  diesem  Lande  besonders  brauchbar  sei,  da  es  so 
wenig  regne/) 

Historische  Notizen  sind  spärlich,  doch  berücksichtigt  Tucher 
auch  die  neuesten  ErciL;nisse,  wie  den  Frieden  von  Seutari  1479, 
der  zwischen  ihrer  Hin-  und  Rückfahrt  die  Besitzverhältnisse  an 
der  daimatischen  Küste  verändert  hatte. ^)  Von  Paris  und  Helena 
erzählt  er  etwas  ausführlicher  als  Rieter,  doch  sind  seine  An- 
spielungen auf  die  heidnische  Götterwelt  nicht  entfernt  so  häufig, 
wie  etwa  bei  dem  Ulmer  Dominikaner  Felix  Fabri,  der  1480 
und  1483  im  heiligen  Lande  war.  —  Bei  der  Darstelhmg  ist 

')  Kieler  69  [wo  die  Ergänzung  aus  Tucher  ei  zu  notieren  wäre]: 
90';  91**;  iio'. 

^)  1.  c.  lay*. 
3)  1.  c.  40" 
*)  Tucher  ei'. 
*)  Rieter  lao». 
•)  Rieter  95». 
')  l.  c.  104' 

")  Tucher  dj:  >lcli  machet  auch  den  munchen  an  dye  kirchen  aut 
dem  perg  Syon  ein  funnen  or,  de  fy  allweg  fehen  rottgen,  vmb  welche  zeit 
es  am  tag  ift,  fo  die  funne  fcheint  Zu  der  ore  fy  grofs  frcud  vnd  geuallen 
hrtffn  Es  rec^ent  j^nr  feltrn  im  iar  dafelbst  ii;in  nur  im  nouember  vnd 
december.  Ich  machet  in  die  oren  gegen  den  mittag  an  die  kirchen,  lo 
hoch,  das  die  XII  ftunden  zeygen  mag  vnd  iu  an  vt)  enden  im  clofter 
dienetf  do  fy  Ii'  f^hen  mugen«. 

^)  Tücher  17'  vgl.  Kieter 
Kieler  49". 


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—   u  — 


Tuchers  Streben  vor  allem  auf  die  Deutlichkeit  gerichtet,  die  er 
gern  durch  Heranziehung  von  Gegenständen  erzielt»  die  dem 
Leser  bekannt  sind.  Der  Vergleich  der  Breite  des  Nils  mit 
dem  Rhein,  des  Katharinaklosters  am  Sinai  mit  dem  Heils- 
bronner  Hof  und  der  Ausdehnung  Alexandrias  mit  Nürnberg  steht 
auch  bei  Rieter,*)  Tucher  eigentümlich  ist  aber  die  durchgeführte 
Vcrgleichung  der  Kirche  dos  heiligen  (irabes  mit  der  Sebaldus- 
kirche,  und  wenn  er  auch  etwas  ye/wungene  Voraussetzungen 
daljei  machen  nuifs,  so  hat  er  doch  dem  Lokalkundigen  unzweifel- 
haft die  Vorstellung  erleichtert.  —  Wir  erfahren  endlich  auch 
etwas  von  seinen  früheren  Reisen,  bei  Erwähnung  der  Marter« 
Säule  Christi  bemerkt  er,  dafs  er  vormals  andere  Stücke  der- 
selben in  Lyon  und  in  Rom  gesehen  habe,*)  und  vom  Nil  sagt 
er,  derselbe  sei  »stäts  trüb,  wie  der  Tiber  zu  Roma  istc.')  — 
Nach  alledem  war  also  Tucher  ein  Mann  von  Weltkenntnis 
und  offenem  Back,  dem  wir  eine  Arbeit  wie  das  Münzbuch 
schon  zutrauen  können.  Und  Kiniges  scheint  diese  Annahme 
sehr  zu  bestätigen.  So  erinnern  wir  uns  bei  den  zahlreichen 
Citaten  aus  dem  Corpus  juris,  die  das  Münzbuch  bietet,  an  die 
—  freilich  nicht  sicher  verbürgte  —  Nachricht,  dafs  Tucher 
auch  das  Register  zu  der  1479  erschienenen  Reformation  des 
Nürnberger  Stadtrechts  gemacht  haben  so]l,^)  und  die  antiken 
oder  humanistischen  Autoren,  deren  Benutzung  wir  bei  einer 
Quellenuntersuchung  des  Mün/buches  nachweisen  können,  stehen 
fast  allein  der  Liste  seiner  Büchererwerbungen. Aber  dennoch 
müssen  Tuchers  Ansprüche  vor  den  weit  besser  begründeten  des 
Franziskauerpaters  Stephan  zurücktreten. 


>)  Rteter  95:  «»S*;  «S» 

Tucher  cl:  »Von  difer  ffulen  luili  ich  auch  vorni.ih  ;^uey  ftuck 
gefehen,  eins  von  difer  leng  vngeuarlich  ifi  tu  Korn  in  lant  Hraxeda  kirchen 
bcy  Maria  maior.  Das  ander  Anck  das  mag  ein  wenig  lengcr  fein,  das  hab 
ich  gefehen  zu  Lyon  in  Frankreich  oben  auff  dem  perg  tm  tburn  zu  fani 
Jiifio  g^enant.  Also  das  ich  Hans  Tacher  der  eller  drea  ftuck  von  difer 
leiden  geichen  hab  ■> 

Kieler  115» 

*}  Will,  Nürnberg.  Cjelelirtenlexikon  IV,  74.    Ich  hübe  tu  der  Aus- 
gabe selbst  nichts  darttber  finden  können, 

Z.B.  der  Boccaccio  oder  der  Valerias  Maximus  /u  ^Kn  Aristoteles- 
citaten  der  Einleitung  s.  d.  »Translacio  nova  Leonardi  Aretini  super  iibro^ 
morales  ArbtotUii»«    i^ciz  1.  c.  15S. 


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12  — 


Stephan  P'ridolin  erscheint  bereits  1479  in  Angelegen- 
heiten seines  Ordens  thätig,  in  diesem  Jahre  wurde  er  in  Corsika 
von  Seeräubern  gefangen  genommen.  Aus  der  Zeit  seiner 
Nürnberger  Predigtwirksamkeit  sind  uns  dann  umfängliche  und 
nach  dem  Urteil  der  Kundigen  auch  wichtige  Oberreste  von 
Predigten  und  geisthchen  Unterweisungen  erhalten.  Uns  interessiert 
hier  vur  uilcm,  dafs  Fridolin  der  Verfasser  des  ^•)Schatzbehal- 
ters«  ist,  jenes  geistlichen  dculsrhen  Erhauungshiirhs,  das  1401 
bei  Anton  K.oberger  gedruckt  wurde  und  mit  Schcdels  Welt(  hronik 
das  wichtigste  Denkmal  vorreformatohscher  Büchcrillustration  in 
Nürnberg  bildet.') 

Die  spätmittelalterliche  Predigtliteratur  in  deutscher  Sprache 
hielt  sich  wenig  an  die  alte»  einfache  Weise  der  Mystiker,  sie 
suchte  ebensosehr  wie  durch  kräfMge  Sprache  auf  das  Gemüt, 

auch  durch  Gelehrsamkeit  auf  den  Verstand  des  Zuhörers  zu 
wirken.  Und  /.war  dienen  dem  Geistlichen  hier  nicht  nur  die 
scholastischen  Autoren:  »wer  weit  nit  lesen  Juuenalem,  Perfium 
vnd  ander  der  geleichen  poeten,  die  auch  dem  volck  werden 
gepredigt?«  sagt  Albrecht  von  £yb  in  seinem  Sittenspiegel. 
Solch  ein  gelehrter  Prediger  ist  auch  Fn<folin,  und  die  nach 
allen  Seiten  betrachtete  Geschichte  des  Heilands  giebt  ihm 
Gelegenheit,  sein  Wissen  in  christlicher  und  heidnischer  Gelehr* 
samkeit  darzuthun.')  Lesen  wir  nun  freilich  eine  seiner  ersten 
Äufserungen  der  Art:  ;  Vnd  von  wem  hat  das  der  herr  gelitten? 
Hat  er  es  nit  gelitten  von  den  knechten  der  knechten,  der  die 
roiliehe  vnfleter  waren,  dz  ich  ir  vnreynigkeyt,  die  ich  aufs  den 
geschrifften  der  römifchen  fchreiber  vnd  beiunder  des  Gaij  Sue- 
tonij  Tranquiili  in  den  büchem '  von  dem  leben  der  keyfer  der 


^)  V;jl  zum  Fulgenden  N.Paulus,  Der  Franziskaner  Stet>han  t  ridoiin 
in  den  Historisch  politischen  Bllttern  Bd.  113  S.  46$'^4S$, 

Fridolins  Autorschaft  bezeugt  eine  Inschrift  in  Inc.  c.  a.  2609  2^ 
der  Mündiner  Sta.ushiblioihck,  auf  die  bereits  Binder,  Charitas  Pirkheimer 
lun!rew!<*sen  hat.  Vgl.  übrigens  Blatt  N4  des  Schatrbehalters,  von 
dem  Iii.  Franziskus,  und  Blatt  Vi,  wo  von  den  Nürnberger  Kirchen  die 
Rede  ist. 

*)  Ein  bemerkenswertes  Beispiel  der  Kritik  Scbatzbehalter  Bl.  hs': 
>  Merck  hie,  wt  der  hochredend  leser  Petrus  von  Rauenna,  wie  wol  man  das 
fant  H^rnhart  zu  fchreibt,  denn  es  fieet  ofTt  vntter  feinen  predtgetti  es  ist 
aber  nil  fein  we^fe,  alfo  zereden,  ipncbt*. 


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—    13  — 


leiben  seit  gewifslichen  weifs,  ntt  getarr  fchreibenc^)  —  so 
erscheint  uns  zweifelhaft,  ob  ein  solcher  Mann  Lust  haben 
konnte,  die  Gestalt  derer,  »die  fo  grofsmechtig  in  difer  werlt 
vber  annder  gewefen  (ind€,  wie  das  MQnsbuch  in  der  Vorrede 
fagt,  so  sorgfältig  zu  beschreiben.  Aber  nicht  lange  darauf  spricht 
Fridolin  von  Vifellius,.  und  da  heifst  es  denn  genau  wie  im  Münz- 
buch von  laiii,  er  sei  /.ein  rafsler  oder  fpiclcr,  ein  frafs  vnd  ein 
trunckenpolt?  gewesen  [Schatzbehalter  151.  A6j,  hei  Titus  wird 
das  charakteristische  »amor  et  deliciae  generis  luimani«  genau 
wie  im  Mtinzbuch  mit  >die  iicb  vnd  wolluft  menfchlichs  ge- 
schlechts«  gegeben  [Schatzbehalter  Blatt  B6'],  und  eine  ganze 
Reihe  weiterer  wörtlicher  Übereinstimmungen')  machen  es  dann 
unzweifelhaft,  dafs  der  Text  unseres  Münzbuchs  in  allen 
Hauptpunkten  von  Stephan  Fridolin  herrührt. 

Wir  erfahren  denn  auch  sonst  noch  mancherlei  von  Fridolins 
klassischer  Gelehrsamkeit  aus  dem  Schatzbehalter.  Er  bietet 
einen  Stammbaum  der  Seleuciden,  erzählt  nach  Livius  die  Ge- 
schichte von  den  Horaticrn  und  Curiatiern,  er  gibt  eine  interes- 
sante Zusammenstellung  der  »gelert  vnd  künftenreich  leut  yn 
weltlichen  künften«,  der  >hantwercks  leutt:<  und  dazu  der  »aben- 
teurer,  sauberer  vnd  bofshafftigen  menfchen«,  die  zur  Zeit  der 
Geburt  Christi  gelebt  haben,  er  erörtert  die  Abfolge  der  Reiche, 
wobei  wir  erfahren,  dafs  die  Römer  durch  die  «Gothier«,  diese 
durch  die  »Frank reichere  besiegt  worden  sind.')  Er  citiert  die 
Commentarien  des  Julius  Caesar,  den  Vergil,  Valerius  Maximus, 

')  Schalsbehalter  Blatt  yi';  vgl  auch  z5:  »Aber  die  maieslat  fchinehen, 
wie  grofs  das  geachtet  werd,  das  ich  ^elchweig,  wa«?  <!te  keiferlichert  reclil 
dar  von  letzen  C  vnd  if.  ad  legem  Jultam  maiestaiis  vnd  de  iniurijs  et 
Ubellts  famMis.  Mann  merek  es  aufs  dem,  das  sa  den  seilten  der  felben, 
die  Tnfers  Herren  fpolteten,  wer  des  keyfers  vnter  dem  Crifiiis  geporn 
ward  --  püd  an  cyiiem  fnif^erlein  odeV  fünft  an  ein  vnerbere  ftal,  ya  auch 
an  die  biat  menfchlichcr  tioldurffligkeit  als  zu  ftülen  trug,  dem  galt  cs>  da^ 
lebenn.  Merck  wie  grofs  die  menfchen  ir  menfchltcbe  matestat  gefcheizet 
haben:  tnt;;  num  die  pild  der  icpifer  nit.  Co  w/  cs  ferlicli  viul  f>>rglich,  trug 
man  fie  denn  vnd  hielt  fie  nit  in  groflen  eren  -  fo  das  man  auch  die  not- 
durft  in  gegenwertigkeit  fölcher  pild  nit  getorft  thun  —  fo  was  es  aber  ferlich. 
Vnd  wer  waren  fie,  der  pild  man  alfo  erenn  vnd  förchten  must?  Wer  waren 
fie  ircs  lehetis  h;ilb  all?  fölcln-,  (h.  ich  nit  i^efchreiben  gelnrr;  fie  waren 
fölciie,  der  gietchcn  man  zu  vnfern  zeitten  in  teulfcben  landen  verprent  vnd 
auch  nach  kayferlicben  rechten  verprenneo  foU.t 

-)  Ic  habe  sie  mit  einigen  sinnverwandten  Stellen  beim  Abdruck  des 
Mfinzbuchs  an  ihrem  Oito  unter  den  Text  gesetzt. 

'/  Scbalzbehaller  Blatt  Ti',  Lz',  A$,  Ü5. 


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—  14 


den  Aristoteles  sehr  häufig.^)  £r  gibt  bemerkenswerte  Beispiele 
von  Kritik,  oflTenbar  ist  ihm  sogar  das  Griechische  nicht  ganz 
unbekannt.')  Wie  ihm  die  klassische  Gelehrsamkeit  auch  über- 
lieferte Vorstellungen  stört»  sieht  man  vielleicht  am  besten  aus 

seiner  Beschreibung  der  Attribute  der  Apostel  [Blatt  T2'l,  wo 
er  von  ^fant  Matheis  mit  dem  beyhel«  meint:  di  doch  nach 
meinem  won  ein  helmpart  follt  fein,  als  man  den  alten  Roniisciieii 
ratherren  vor  trug,  von  (ier  auch  der  Romer  itifter  Komulus 
Qiiirinus  genennt  ift,  darumb  dz  er  nach  der  Sabiner  fprach 
quiris  heyffet,  in  latein  bipennis  vnd  fünft  francifca,  dz  ift  römische 
axt»  mit  der  die  Römer  richten«.') 

Aber  im  wesentlichen  ist  das  »Bttchlein«,  wie  Fridolin 

sagt,  -  es  ist  ein  Foliant  von  352  Blättern  —  ein  mittelalter- 
liches Kibauungsbucii,  die  Münzbesclireibung  jedücli  weist  schon 
durch  die  Art  ihrer  Entstehung  auf  den  Frühhumanismus  hin. 

Das  Sammeln  von  MUnzen  hatte  ja  überhaupt  erst  der 
Humanismus  aufgebracht.  Petrarca  wird  als  erster  Sammler 
genannt,  in  Deutschland  haben  Pirkhetmer,  Peutinger  und  Rai* 
mund  Fugger  den  Ruhm,  zuerst  diesen  Dingen  planvolle  Beachtung 
geschenkt  zu  haben.  Eine  Münzgeschichte  nun  in  modernem 
Sinne  oder  auch  nur  im  Sinne  der  Al)handlung  Pirklieimers, 
weither  die  alten  Stücke  nach  (lewicht  und  Wert  mit  der 
Nürnlierm'r  Münze  verglich,"*)  ist  Fridolins  Arbeil  nicht.  Er  will 
vielmehr  nur  dem  plastischen  Bilde  der  Staatsmänner  und  Kaiser, 
die  so  grofses  vollbracht  liaben,  das  geistige  hinzufügen.  Ueber 
das  Technische,  über  die  Münze  selbst  gibt  er  nur  selten  Aus> 
kunft,  und  wir  können  deshalb  kaum  feststellen,  ob  auf  dem 
9geprech«  wirklich  immer  die  Köpfe  derer  standen,  von  denen 

')  L.  c.  T6',  X4',  B3  u.  s  w  Sonst  werden  noch  citiert  PlatO 
Boethius  de  consolatione,  Apollonius  Tyr.,  P  cudo-Turpin. 

S  im  Münzbuch  die  Erklärung  von  -.SLl)aste'  und  »Foliticus»  dazu 
Schatzbehuiter  iiialt  Ol  :  »Denn  was  Gott  der  herr  in  die  natur  gepßantzt 
b«l,  das  mag  nyeinaut  aufsreuten,  als  das  fUncklein,  das  kriechtreb  finderefi« 

[Vgl.  Diefenbach,  Glossar,  s  v.]  heift«.  R3  die  ■projiortio  fer.iuallera * 
«kriechifch  enuoHa«.  Zur  Kritik  s.  besonder»  Blati  S3  und  die  chrono- 
logische Uerechnung  T3. 

•)  Nach  Uldor,  Etymolog.  IX,  2,  84  und  XVIII.  6,  9. 

*)  B.  Ptrckheimeri  Opera  ed.  Goldast  23$  Vgl.  G.  E.  Waldao, 
Vermischte  Bcyträge  z.  G.  d.  Stadt  NUmberg  1 786,  p. 4S7:  »Wer  batt«  wohl 
bey  uns  dos  erste  Mttnscabinet?« 


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—    15  — 


er  uns  erzählt.  Von  den  ersten  Consuln,  Brutus  und  Collatinus, 
würden  wir  es  ihm  trots  aller  Versicherung  nicht  glauben,  für 
die  Söhne  des  Germanicus,  Tiberius  und  Drusus,  von  denen  ihm 

eine  Münze  vorlag,  hat  er  die  berühmteren  Adoptivsöhne  des 
Augiistus  Liciioninien,*)  auch  den  Triunnir  Crassus  durfte  er  mit 
dessen  Sohne  verwechselt  haben. ^>  Dahingestellt  aiuTs  auch 
bleiben,  ob  er  die  »Julia «münze  richtig  auf  Livia,  die  Gattin 
des  Augustus,  bezogen  hat.  Dagegen  ist  ihm  anderes  merkwürdig 
gut  gelungen,  so  die  Identificierung  des  Consuls  Cn.  Lentulus  und 
die  des  Kaisers  Severus  —  diese  letztere  ist  um  so  be- 
merkenswerter, als  der  volle  Name  dieses  Kaisers  bei  keinem 
Schriftsteller  überliefert  ist,^  Auch  seine  Bemerkungen  über 
die  Mttnse  des  Kaisers  Augustus  sind  zwar  nicht  ganz  richtig, 
zeugen  aber  doch  von  gutem  Verstände,  und  bei  der  Münze 
Traians  ist  die  Umsciiritt  völlig  richtig  wiedergegeben  und 
erklärt. 

Seine  historischen  Kenntnisse  hat  dann  Fridolin  in  der 
eigentlichen  Erzählung  breiter  entwickelt.  Er  betont  wohl  einmal, 
es  sei  nicht  seine  Absicht,  von  dem  Leben  der  Kaiser  zu 
schreiben,  > sunder  allain  die  fchwäcz  oder  gebrech,  welcher 
kaifer  fie  fein,  anzaigen  vnd  zu  erkennen  geben c,  aber  der 
Stoff  reifst  ihn  fort.  Bald  erzählt  er  ein  Stück  HeUigengeschichte, 
bald  gibt  er  eine  gelehrte  Genealogie,  oder  er  IMfst  sich  über 
die  Bedeutung;  der  Reichskleinodien  für  Nürnberu  oder  endh*  h 
besonders  gern  über  die  strittige  (iründitngsgeschiehte  der  Stadt 
aus.  Vor  das  Ganze  aber  stellt  er  einen  Abrifs  der  (irsciiii  htc 
der  römischen  Kdniqszeit,  der  mit  den  Münzen  gar  nichts  zu 
thun  hat,  aber  sehr  zu  Gunsten  seiner  historischen  Auf- 
fassung spricht. 

Seine  Quellen  fUr  diese  Darstellungen  sind  mannigfach. 
Das  meiste  glaube  ich  aus  den  von  ihm  nicht  genannten,  aber 

damals  allgemein  gcl>raucliten  Chroniken  des  Ekkehard  und  des 

M  Vgl.    darttber    Eckbel,    Doctrina   auininorain    veteram  P.  II 

Vol.  VI,  217. 

^)  Wenigstens  nennt  Mommseo,  Gesch.  d.  röm.  MUnzwesens  p.  640 

nur  Mim  en  des  Sohnes 

^/  S.  Fo reell iui,  Lexicon  totius  lalinilalis  IX,  121. 


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—    16  — 


Jacobus  Bergomas  herleiten  2U  können.*)  Daneben  ist  Martinus 
Polonus  benutzt,  doch  mit  Kritik,  da  sich  auf  ihn  unzweifelhaft 
die  Bemerkung  bei  Erwähnung  der  Ermordung  der  Mammaea 
durch  ihren  Sohn  Alexander  Severus  bezieht,  »derselb  velt  ofit 
m  feiner  cronick«.*)  Aufserdem  aber  kennt  Fridolin,  wie  schon 
der  Schatzbehalter  zeigte,  auch  die  eigentlichen  Quellenschrift- 
steiler.  Er  nennt  den  Livius,  Sueton,  Morus,  josephus  und  Oro- 
sius.^)  Aus  Livius  hat  er  seine  Einleitung  über  die  Königs- 
zeit geschöpft*)  und  hiebei  mit  feinem  Takte  das  weniger 
Wesentliche  gekürzt  oder  fortgelassen,  besonders  bemerkenswert 
ist  das  bei  der  Darstellung  der  Servianischen  Ver&ssung.  Er  sucht 
auch  von  der  Zeit  der  Autoren  eine  Vorstellung  zu  gewinnen, 
bemerkt  von  Orosius,  dass  er  ein  Zeitgenosse  des  heiligen 
Augustin  gewesen  sei,  citiert  Florus  als  »einen  alten,  der  be* 
fchleulTt  noch  einen  eitern«  und  setzt  ihn  in  die  Zeit  des 
l'iberius.  Es  verschlägt  nichts,  dass  er  dabei  die  Periochen  des 
Livius  im  Auge  hat,  die  nicht  von  Florus  sind.  Sie  standen  zu- 
meist in  Elorushandschriften,  und  zudem  hat  Fridolin  das  echte 
Werk  unzweifelhaft  auch  gekannt.^)  über  das  Verhältnis  des 
Josephus  und  des  »Hegesippus«  ist  er  sich  allerdings  offen- 
bar nicht  in  gleicher  Weise  klar  geworden.  Auch  die  Chronik 
des  Hieronymus  hat  ihm  wahrscheinlich  vorgelegen,  die  Genea- 
logie der  römischen  Könige  konnte  er  ihr  bequemer  als  dem 
Ekkehard  entnehmen.  Weitere  Hülfe  dabei  haben  ihm  die 
Etymologien  des  Isidor  von  Sevilla  geboten.  —  Für  die  s|ia- 
teren  Kaiser  zieht  er  gern  das  Cor]ius  juris  heran/*)  so  dafs  die 
Nachrichten  über  ihre  gesetzgeberische  Thätigkeit  oft  etwas  un- 
vermittelt neben  den  sehr  bevorzugten  Heiligengeschichten  stehen, 


*)  Die  Nachweisungen  unter  dem  Texle.  Ekkehard  ist  nacl»  der 
Monumenienausgabe  [SS.  T.  VI.],  Jacobos  Bergomas  (ersebicn  suent  1483) 
nach  dem  Drucke  von  1496  ciüert. 

*t  Die  Qu,  llennach weise  aus  Nfariinus  Polonus  sind  nach  der  Aus- 
gabe des  Suüruiya  l'etrus,  Antwerpen  1574  ^^eiyeben. 

^)  Uroäius,  Ekkehard  (»Chronica  Eubcbti  Ce^aiiensis  cum  addiciioni- 
bus«),  Josei>htts,  die  Livtusepitome  und  Isidors  Etymologien  sind  auch  unter 
den  aus  Schedels  Naclilass  von  Tucher  erworbenen  Bttcheni  s.  Pets  1.  c.  157  f, 

*)  Die  Citate  nach  Weissenborns  Teubnerausgabe. 

•')  Citalf  nach  Halm«;  Tcul 'iier.iuscj.ibf . 

*)  Sehr  zahlreiche  Citate  <laraus  auch  im  Schatzbehalter. 


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—    17  — 


für  die  ihm  jedenfalls  ein  Passionale  gedient  hat,^)  Die  Vita 
Remigii  und  die  Albanslegende  nennt  er  besonders.  Endlich 
begegnet  uns  auch  eine  humanistische  Quelle,  der  Liber  de  claris 
mulieribtts  des  Johannes  Boccaccio,  den  Steinhoevel  verdeutschte. 
Fridolin  hat  ihm  wahrscheinlich  nicht  nur  die  Geschichte  der 
Faustina,  sondern  auch  die  Anekdote  von  des  Pompeius  Gattin 
Julia  entnommen.*) 

Diesen  seinen  Quellen  steht  Fridolin  im  allgemeinen  ziem- 
lich frei  gegenüber.  Wendungen,  wie  »behallt  ich  es  rechte 
und  andere,  sowie  auch  die  meistenteils  abgerundeten  Re- 
gierungszahlen  deuten  darauf  hin,  dafs  ihm  die  Bttcher  beim 
Schreiben  nicht  unmer  vorgelegen  haben.  Daraus  wird  sich  auch 
erklären,  dafs  er  in  einseinen  Punkten,  wie  bei  der  Erzählung 
vom  Tode  des  Crassus,  etwas  von  der  Vorlage  abweicht.*)  Auch 
für  den  Causalzusammenli  uil,%  tlen  er  z.  B.  bei  Nero,  Hadrian 
oder  bei  Alexander  Severus  zwischen  ihrem  Verhäitnis  zum 
Christentum  und  ihren  sonstigen  Geschicken  herstellt,  bieten  die 
Quellen  keinen  Anhalt.  Um  so  deutlicher  zeigen  solche  Stellen 
Fridolins  geistliche  Anschauung,  die  er  auch  schon  in  der  Vor- 
rede ausspricht.  Sie  ist  unzweifelhaft  von  Orosius,  wenn  nicht 
von  Otto  von  Freising  beeinflufst:  das  römische  Weltreich  ist 
die  Vorbereitung  des  christlichen,  in  der  »zu  redet  an  Diodetian, 
die,  soweit  ich  sehe,  Fridolins  Eigentum  ist,  hat  er  dieser  An- 
tithese bemerkenswerten  Ausdruck  gegeben. 

Seine  historischen  Studien  hat  Kridoh'n  nicht  erst  zum 
Zwecke  der  MUnzerklärung  begonnen,  er  erzählt  von  Nachrichten, 
die  er  >von  Rom  gezeichnet  gebracht«  habe,  es  wird  ein  Stamm- 
baum der  JuUer  gewesen  sein,  und  seine  Bemerkung  Uber  den 


'  Aber  kaum  ein  deut<?ches,  da  z.  B.  die  1488  bei  Koberger  er- 
schienene Ausgabe  nichts  von  der  Kindheit  dei  hl.  Pontius  sagt,  die  Fridolin 
offenbar  direkt  nach  der  elten  Vita  enfihlt. 

*)  Der  WortUtit  der  Stelle  stimmt  besser  sn  Boceaccio  als  sn  Vale- 
rius Maximns. 

')  Ebenfalls  btnfig  im  Scbattbebalter. 

*)  S.  den  Text.   Keine  Quelle  finde  ich  für  die  Nachricbten  Aber  die 

Gattin  und  Tochter  Diocletians  und  die  Bezeichiiunj^  des  Donat  als  Lehrer 
des  CrisfHi-  vielleicht  Verwechslung?  S.  Martinus  Folonus  205;  „Donatus, 
artis  grainmaiicae  scriptor  ac  praeceptor  HieronymÜj. 

a 


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—    18  — 


Obelisken  vor  St.  Peter  zeigen  ims,^)  dafs  er,  obgleich  Geist- 
licher, doch  mit  andern  Augen,  als  Nikolaus  Muflfel  im  Jahre  1452, 
vor  den  Denkzeichen  des  Altertums  stand. 

Ein  besonderes  Interesse  beanspruchen  Fridolins  Äusse- 
rungen über  die  (iründungsgeschichte  NürnberLTs.  Schon  in  der 
Einleitung  erwähnt  er  als  einen  Twän«,  den  er  vernüninien  habe, 
dafs  Nürnberg  von  i  luerius  gegründet  worden  sei,  und  er 
kommt  dann  noch  mehrfach  ausführlich  auf  diese  Meinung  zurück. 
Diese  Bemerkungen  nun  sind  nicht  zunniig,  sie  stehen  viel- 
mehr im  engsten  Zusammenhang  mit  der  Entstehungsgeschichte 
eines  Werkes,  das  gerade  damals  diese  Ansicht  fttr  lange  Zeit 
begründete,  mit  der  Stadtchronik  des  Sigismund  Meisterli n.*) 
Da  ich  in  anderm  Zusammenhang  ausführlicher  auf  diese  eingehe, 
so  soll  hier  nur  das  för  Fridolins  Arbeit  Notwendige  gesagt  werden. 
Meisterhn  begann  seine  Chronik  wahrscheinlich  1484,  nachdem 
er  schon  im  Chronicon  ecclesiasticum  Augustanum  und  in  einer 
Bearbeitung  der  Sebaldlegende  Zeugnisse  seiner  Beschäftigung 
mit  der  Frage  der  Stadtgründung  gegeben  hatte.  Die  erste  Be- 
arbeitung der  Chronik  war  1485  vollendet.  Doch  gelangte  sie 
nicht  zur  Ausgabe.'^)  Auf  Wunsch  des  Rats,  besonders  der 
Losunger  Ruprecht  Haller  und  Niclas  Grofs,  unternahm  Meister- 
lin  eine  Studienreise  durch  fränkische  und  bairische  Klöster,  als 
deren  Ergebnis  die  zweite  1488  vollendete  Bearbeitung  der 
Chronik  zu  betrachten  ist.  Gerade  zwischen  diesen  beiden  Be- 
arbeitungen liegt  also  das  Münzbuch,  und  es  gewährt  uns  ein 
höchst  interessantes  Zeugnis  einer  lebhaften  wissenschaftlichen 
Diskussion,  von  der  bisher  nur  Meisterlins  Klagen  über  die 
» Neider <  seines  Werks  Runde  gaben.  Ks  ist  kein  Zweifel,  dafs 
Fridolin  Meisterlins  Ansicht  und  höchst  wahrscheinlich  doch  auch 
ihn  selbst  gekannt  hat,  ja  wir  können  vielleicht  von  der  ganzen 


Seine  Kenntnis  Roms  beweist  FridoGn  aach  tm  Schatsbelnlter 

sehr  häufig,  s.  Blatt  A  3  seine  ErÖrtenint;  über  die  Kirchtm  Rtnn>,  dazu  T  3' 
die  bildliche  Darstellung  des  hl.  Matthaus  zu  St.  Maria  maior,  und  besonders 
Blatt  Aa3'  bei  Erwähnung  der  Besieg  im  ^  der  Juden  durch  Vespasian:  »[ift] 
tr  fchentlich  vntterlig«  n  in  die  ftein  gebawenn,  als  n>an  es  noch  heut  bejT 
tag  clerlich  ftht  in  einem  fchwibogen  bey  der  newen  Maria  au  Rom.c 

*)  Chroniken  der  deutschen  StXdte  Bd.  III. 

•)  Liegt  vor  in  ein».  23877,  Autograph  Meisierlins 


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—  10  — 


Art  der  Diskussion  eine  Vorstellung  gewinnen,  wenn  wir  an 
Meisterlins  Äusserung  denken,  dafs  ihm  etliche  ihre  Eiiiwurle 
t>über  die  Kanzel  gehustet  hetten(<.*)  Fridolin  nimmt  die  eben- 
falls von  Meisterlin  aufgestellte  Ableitung  von  Nördlingen  an 
und  äufsert  über  die  Gründungsgeschichte  Augsburgs  Ansichten, 
die  sich  durchaus  mit  Meisterlins  Jugendarbeit,  der  Chrono- 
graphia  Augustensiunii  decken.*)  Auch  seine  Ableitungen  von 
Capua,  JuHna  u.  s.  w.  zeigen,  dafs  er  nicht  minder  wie  Meisterlin 
und  die  Zeit  überhaupt  nach  Etymologien  begierig  war.  Aber 
in  der  Hauptfrage,  der  Ableitung  des  Namens  Nttmberg,  ist  er 
auffaltend  kühl  und  besonnen,  weit  kritischer  als  Meisterlin.  Seine 
an  den  verschiedenen  Stellen  der  Arbeit  ausgesprochenen  An- 
sichten stimmen  nicht  ganz  mit  einander  überein.  Darf  man  die 
in  der  Vorrede  als  endgültige  ansehen,  so  zog  Fridolin  als  *das 
gewissest  aufs  gefchrifften  oder  brieuenc  die  Ableitung  >Nori- 
cus  mons  '^  oder  »Norigbergc  den  andern  vor.  Damit  kam  man 
dann  freilich  zu  keinem  Stifter,  und  auch  Fridolin  hat  der  Ver- 
suchung nicht  widerstanden,  nun  doch  bei  der  Erwähnung  des 
Tiberius  auszumalen,  mit  welchen  Städten  denn  Nttmberg  >roag- 
schaiftf  oder  tpruderfchaiit«  habe,  gesetzt,  dafs  der  »wänt  vom 
Kaiser  Tiberius  wahr  sei.  Das  ist  um  so  merkwürdiger,  als 
er  schon  vorher  bei  E^rwähnung  der  Livia  in  sehr  verständiger 
Weise  die  Orosiusstellen  über  die  deutschen  Kriege  des  Tiberius 
und  Drusns  angeführt  hat,  die  den  Norischen  l-eld/ug  des  'I'iberius 
recht  bedenklich  erscheinen  lassen.  Aber  er  folgert  daraus  schliefs- 
lich  nur,  dafs  Tiberius  und  Drusus  in  Deutschland  zu  thun  ge- 
habt haben,  und  fttgt  das  andere  sichere  Ergebnis  hinzu,  dafs 
es  nicht  der  Kaiser  Nero  sei,  von  dem  »Neronberg«  den  Namen 
führe,  »Aber  wider  die  opinion  mit  Nurembergs  namen  mochten 
vil  argument  fein,  die  ich  wol  foluiren  wollt,  dafs  He  nit  krefitig 


M  St.  Chr.  III,  39,6. 

*)  Vielleicht  i^cht  es  auch  auf  die  Chronoi^^^raphia  zurück,  dafs  Frido- 
lin im  Schatzbehaher  Blatt  Bbi  bei  Erwähnung  des  gallischen  lirandeü 
Rom  von  den  »Schwaben  vnd  Gallen,  die  yets  Pranzofen  oder  Franeken« 
reicher  heiffen-  gewonnen  werden  l.'ifst.  Kr  bemerkt  dann  aber,  dafs  die 
»Frantzolen  den  kömern  in  der  torheyt  der  .ip^ötterey  gleich  waren  .  .  .  aber 
die  Schwaben  waren  weit  witziger,  die  der  götter  nicht  achteten,  ob  fie 
darynn  geirreih  haben,  dz  fie  den  waren  Got  ntt  erkenneten.i  Meisterlin  liftt 
die  Schwaben  die  Cifaria  anbeten. 

2» 


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—    30  — 


weien  zu  zerftoren  diCe  opinion.  Aber  aufs  verdrolTenfaait  der 
Verfechtung  oder  anfechtung  der  ding,  da  kein  nucz  oder  not 
anleyt,  lafs  ich  das  Ugen,  als  es  ligt.   Ich  will  weder  dar  für 

noch  dar  wider  ftreiten.«  — 

Die  Sprache  Fridolins  ist  klar,  und  seine  Darstellung 
liest  sich  stellenweise  vortrefflich.  Der  Schatzbehalter,  der  ja 
freilich  ein  bei  weitem  reicheres  sprachliches  Material  bietet, 
mag  einer  besondern  Untersuchung  vorbehalten  bleiben.  Die 
Charakteristika  der  Sprache  Fridolins  läfst  auch  das  MUnzbuch 
gut  erkennen.  Das  ständige  »Item«  oder  »und«  am  Anfang  der 
Sätze  —  ein  Erbfehler  mittelalterlicher  Schilderung  und  Er- 
zählung —  ist  wenigstens  in  den  breiter  erzählenden  Stellen, 
wie  z.  B.  bei  Tiberius  oder  Philippus  fast  ganz  verschwunden. 
Kurze»  unverbundene  Sätzchen  mit  manchmal  wohl  berechneter 
Abwechselung  der  Wortstellung  reihen  sich  aneinander,  denen 
nach  Bedarf  wieder  längere  gut  gegliederte  Perioden  gegen- 
überstehen. Doch  gibt  sich  Fridolin  bei  diesen  keine  Mühe, 
die  Sprache  zu  andeutschen  Wendungen  oder  den  Satzbau  zu 
kunstvollen  Einschachtelungen  zu  zwingen  wie  manche  Zeit- 
genossen nach  dem  Vorbild  des  Lateins  thaten.  Nur  den  Re- 
lativsatz bevorzugt  er  aufTallend  und  wendet  ihn  auch  im  zweiten 
und  dritten  Al)hangii;kcitsgrad  .m.  Wcils  er  sii  h  nie  ht  mehr  zu 
helfen,  so  nimmt  er  gerne  das  Subjekt  oder  einen  andern  Rede- 
teil wieder  auf,  besonders  wo  es  ihm  der  Deutlichkeit  wegen 
nötig  scheint.  Auf  diese  legt  er  überhaupt  grofsen  Wert  und 
wiederholt  nicht  nur  einzelne  Worte,  sondern  ganze  Satzteile, 
manchmal  im  Übermafs.  Das  ».ichc  wendet  er  auch  aufser- 
halb  der  kritischen  Erörterungen  häufig  an,  er  spricht  zum  Leser: 
»fuch  davon  da  binden,«  »da  merck  ayns«  u.  a.,  unterbricht  sich 
mit  einem  Ausruf,  wie  bei  Vespasian:  Ȇ  der  trewen  herczeni 
oder  bei  der  Fuustina:  ^Sih  was  der  liniden  gots  dinft  fey  ge- 
wefcn,«  oder  init  einer  förmlirhen  Apostroplie,  wie  bei  DiocletiaD. 
In  dieser  Lebendigkeit  ähnelt  er  Meisterlin  auffallend. 

In  der  Wortwahl  bietet  Fridolin  keine  grofse  Abwechselung, 

darauf  hat  der  Prcdiytstil  j^ewirkt,  licr  durch  VViederliulung  Kin- 
druck ui  rnaelien  suchte,  al>er  einiges  gelingt  ihm  vurtrefflich. 
wie  die  schon   oben   angeführte  Charakteristik  des  Vitelüus 


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—    21  — 


veln  rafsler  oder  fpieler,  ein  frafs  vnd  ein  trunckenpoltc  oder 
bei  Titus  die  Übersetzung  des  >amor  et  deliciae  geneiis  hu* 
manit.  Sein  Hauptstreben  geht  auch  hier  auf  die  Deutlichlteit. 
Ein  idas  istc  oder  »nemlich«  findet  sich  immer  wieder.  Er  er- 
klärt dabei  nicht  nur  technische  Ausdrücke  und  Fremdwörter, 
wie  Consul,  Senat.  Triumph,  Orient,  Suilaner,  Fiscus,  sondern 
auch  deutsche,  wie  Kirche,  sw.k  /  |d.  i.  Münze]  oder  »ab- 
gottcrcier<Ä,  das  zwar  weniger  gebräuchlich  aber  doch  sicher 
allgemein  verständlich  war.^)  Sehr  oft  fügt  er  mit  »oderc  der 
einen  möglichen  Konstruktion  eine  zweite  an,^)  ebenso  sagt  er 
>feczt  oder  fagt,«  »fprechen  oder  fchreibenc,  wo  der  Sinn  nur 
ein  Wort  gefordert  hätte.  Daneben  braucht  er  aber  doch  »im- 
periert«,  »concordiertc  und  setzt  Überhaupt  Kenntnis  des  Lateins 
beim  Leser  voraus.  Am  merkwürdigsten  sind  Zusammenstel- 
lungen wie  »leyt  oder  Iigt<  »wirt  bewifen  oder  be weifet«, 
l'chweher  vnd  fchwagerc  u.  a.  Sie  zeigen  doch  wohl,  dafs 
Fridolin  der  Sprache  nicht  mehr  naiv  gegenüberstand.') 

FOr  die  Würdigung  der  eigentlichen  Übersetzeithätigkeit 
Fridolins  kommt  vor  allem  der  erste  aus  Livius  geschöpfte  Ab- 
schnitt über  die  römische  Königsseit  in  Betracht.^)  Livius  be- 
gann damals  erst  gerade,  nachdem  er  1469  zum  ersten  Male 

gedruckt  worden  war,  in  den  Gesichtskreis  der  deutschen  Huma- 
nisten zu  treten,  man  wird  ihn  bei  den  gleichzeitigen  Historikern 
selten  erwähnt  und  noch  seltener  benützt  finden,  und  so  fehlt 
es  filr  Fridolins  Leistung  an  einem  geeigneten  Vergleichsobjekt, 
zumal  da  auch  die  erste  vollständige  Verdeutschung  des  Livius 
durch  Bernhard  Schöferlin,  die  1505  in  Mainz  herauskam,  ihrer 
Ankündigung  entsprechend  viel  mehr  eine  Inhaltsangabe  als  eine 
wirkliche  Übersetzung  ist.  Mit  ihr  verglichen  scheint  mir  Frido- 
lins Arbeit  jdie  interessantere.   Zwar  kürzt  auch  er  nach  Gut- 


*)  S.  die  Belegt  evt  Seb.  Praak  bei  Gfimn,  Devtteli.  Wfiftcrboch. 

*  S>  s.  B.:  »init  fchaden  oder  aU  mau  meynt  su  fchaden«;  «in  ineil 
vnd  durch  sie«;  »▼on  welchem  nnd  nach  dem«  n.  a. 

•)  Ebenso  im  Schatebehidter  ülatl  N3 :  trunck  oder  iranck. 

^  I)  T  b?n  aas  dem  Schatsbehelter  die  AbichnUte  am  Josephus-Am- 

brostus,  Blau  Bb5'  ff. 


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—    22  ^ 


dünken  —  ttbrigens  fast  stets  mit  Geschick,  —  auch  sein  Be- 
streben geht  dahin,  die  lictores,  centuriae,  patres,  den  tribunus 
celerum  u.  s.  w.  dem  deutschen  Leser  möglichst  an  heimischen 
Begriffen  zu  verdeutlichen,  das  >aesc  macht  er  keck  zum  Gulden, 
die  Stadtmauer  des  Servius  TuUius  hat  Basteien  und  Zwinger, 
wie  die  zu  Nürnberg.  Fridolin  scheut  sich  auch  nicht,  einmal 
die  ganze  Motivierung  des  alten  Schriftstellers  um/.uwcrfen, 
weil  sie  ihm  allzuviel  Antiquarisches  enthält,  aber  im  wesent- 
lichen hält  er  sich  doch  an  den  Wortlaut  und  bietet  gerade 
in  der  Übertragung  einzelner  Wendungen  viel  Bemerkenswertes. 
Ich  habe  unter  dem  Text  solche  Ausdrücke  des  Originals  notiert, 
welche  die  verschiedenen  Eigentümlichkeiten  der  Übersetzung 
einigermafsen  erkennen  lassen.  Wie  gut  ist  gleich  am  Anfang 
das  >sublatis  rebus«  gegeben:  »er  hub  ßch  auff  mit  feinem 
guto:,  und  ebenso  passend  von  den  Mördern  des  Ancus  Martins: 
»hüben  sich  paide  der  von«  »ambo  se  foras  eiciuntt,  oder 
gleich  darauf  aus  der  Rede  der  Tanaquil:  »wir  haben  auch  frembd 
geregnirt«  ;  et  nos  peres^rini  regnavimus«,  ^nlcr  die  Schilderung 
der  Jungfrauen  der  Lucretia:  »Tie  gingen  mit  wollen  vmb  fpat 
in  die  nachte,  :»lanae  deditae«  hat  der  Text.  Weniger  günstig 
wegen  zu  engen  Anschlusses  an  das  Latein  sind  Übersetzungen, 
wie  fwas  dings  ift  dasi  fUr  »quid  hoc  rei  estc,  oder  die  Beibehal» 
tung  des  Fremdworts:  »darumb  füllen  wir  es  als  ein  materien 
vnfer  .  .  .  eer  .  .  .  neren;  unbeholfen  ist  die  Übersetzung  von 
»nec  rupit  fati  necessitatero« :  »Doch  hindert  er  durch  das  nit, 
das  im  das  nit  begegnete,  das  im  begegnen  folt«,  wie  denn  über- 
haupt die  Anwendung  der  farl)losen  Pronomina  bei  Fridolin  hiiufig 
schleppend  wirkt.  Andererseits  weifs  er  da  und  dort  auch  über 
das  Latein  hinaus  zum  bezeichnenden  Ausdruck  vorzudringen, 
so  wenn  er  TuUia  die  )»bubinc  nennt,  wo  Livius  einfach  s  mulier« 
hat,  und  wenn  er  von  Brutus  sagt,  er  verstand  das  Orakel  »nach 
einem  tieffem  finn«  [>alio  ratus  spectare  Pythicam  vocem«]. 

Von  eigentlich  lateinischen  Konstruktionen  nimmt  er  nur 
—  auch  dies  selten  —  die  Trennung  des  Artikels  vom  Hauptwort 
durch  eine  nähere  Besthnmung  an.  Dagegen  giebt  er  Passiv* 
konstruktionen  fast  stets  durch  das  deutsche  >man«  wieder.  Die 
Perioden  dos  Livius  lost  er  aul'  und  zwar  fast  iniincr  richtig.^) 
S.  aber  unten  p.  i&,2jy  wo,  „ultima"  falsch  bezogen  sein  dürfte. 


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—    23  — 


Er  bevorzugt  die  Einleitung  des  Nebensatzes  mit  »da«*  die  der 
indirekten  Rede,  welche  er  mit  nicht  gewöhnlichem  Geschick 
handhabt,  mit  »wie«.  Gerne  nimmt  er  das  Subjekt  des  Nebensatzes 

vorweg  und  stellt  es  an  die  Spitze,  wodurch  dann  manchmal 
etwas  verwickelte  Perioden  entstehen,  die  im  Schatzbehalter 
selten  sind.  Doch  weifs  er  auch  durch  Kürze  zu  wirken,  so 
bei  der  Schilderung  des  Flammenwundcrs  am  Haupte  des  jungen 
Servius  l  ullius,  oder  durch  Anwendung  des  Praesens  historicum 
bei  der  Erzählung  von  seiner  Ermordung,  durch  geschickte  Weg- 
lassung des  Verbums:  »Sie  alle,  als  fie  denn  wol  getruncken 
hetten,  auf  die  pferd  vnd  behend  gen  Rom  zu«.  Dafs  das  Orakel 
zu  Delphi  auch  bei  ihm  lateinisch  spricht,  ist  ebenfalls  kein 
schlechter  rhetorischer  Kunstgriff.  — 

Für  Hans  Tucher  bleibt  unter  diesen  Umständen  nicht 
viel  übrig,  denn  auch  die  Randbemerkungen  des  Müiubuchs,  die 
man  ilini  noch  am  ehesten  zuschreiben  möchte,  zeigen  in  ihrer 
ganzen  Art  so  grofse  Verwandtschaft  mit  dem  Texte,  dafs  wir 
sie  wohl  auch  als  Fridolins  Eigentum  ansehen  müssen.  Dieser 
hat  offenbar  die  Arbeit  später  noch  einmal  Übersehen  und  neben 
den  Randbemerkungen  auch  am  Schlüsse  die  kurzen  Zusätze 
hineingeschrieben,  die  noch  jetzt  durch  Verschiedenheit  der  Tmte 
auffallen.  Tucher  hat  also  offenbar  wirklich  nur  »die  MUnzen 
in  die  Tafel  gebrachte,  wobei  er  wohl  den  Abgufs  des  Silber- 
lings am  Schlüsse  hinzufügte,  und  hat  dann  für  eine  würdige 
Aufzeichnung  der  »schriftlichen  Erklärung«  Sorge  getragen. 
Dafs  er  das  Buch  wie  sein  eigenes  Werk  betrachtete,  zeigt 
die  Ausstattung,  so  mag  es  denn  mit  seinem  Namen  ver- 
bunden bleiben. 

Hans  Tucher  verschied  am  34.  Februar  1491.^)  Hartmann 
Schedel  hat  in  das  ihm  gehörige  Exemplar  der  Reisebeschreibung  *) 
eine  Bemerkung  darüber  eingetragen:  »Iste  Johannes  Tucher, 
consul  Nurembergensis  accuratissimus,  post  longam  colicam  et 
tandem  ydropisim  relinquens  hunc  mundum  in  die  Matthie  anno 
domini  MCCCCLXXXXi  Nuremberge  supreniam  ciuitatem  Hie- 


«)  VgL  St.  Chr.  XI,  505. 

')  Inc.  c.  a.  265  4°  s.  o.  S.  7. 


—    24  — 

rusaiem  in  celo  pecijt,  sumptia  singulis  more  christiano.  Cuius 
vestigia  in  terra  quesioit,  in  celestibtts  visionem  eins  meruit. 
Sepaltiu  in  ecclesia  sancti  Sebald!  prope  altare  sancti  Nicolai. 
Cuius  anima  in  etema  requie  quiescat«. 

Stephan  Fridolin  starb  am  17.'  August  1498,  tist  ganz 
unser  getreuver  freunt  vnd  vater  gewest*  schrieben  die  Nonnen 
von  St.  Clara  in  ihr  Seehnefsüuch.*} 


Wttrfel,  Iiistor.,  genealog.  a.  ^plomat.  Nachrichten  inrNlInib. 
Stadt-  a.  Adelsgeichichte  II,  930. 


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Das  Buch  von  den  Kaiserangesichten 


Aus  beuelh  eins  erbern  rats  vnd  durch  anzeigen  des 
wirdigen  vnd  andechtigen  hem  Steffan  Fridolini  von  Wynnen* 
den,  die  zeit  lefmeifters  zu  den  parfiifTen  vnd  predigers  zu  sand 

Cluicii,  limi  diele  gegeiiwertige  geprech  alter  keyfer,  k.onig  vnd 
regircr  der  werk  durch  Hannfen  Tucher  den  eitern  etc.  in  5 
dife  tafeln  ordenlich  geprarht,  welicher  geprech  der  mererteil 
von  dem  genanten  hem  Stephan  FridoHni  zu  eren  einem  erbern 
rate  herkomen  (Ind.  Gefchehen  nach  Chrifts  gepurt  tawfent 
vierhundert  vnnd  in  dem  flehen  vnd  achtzigsten  jare. 

EIN  VORREDE  IN  DIE  NACHUOLGENDE  MATERIEN.  10 

In  dem  anfang  des  buchs  der  vbernaturlichen  kunft,  die 
man  krichesch  metaphisicam  nennt,  (pricht  der  naturlich  niaifter 
Ariftotiles,  das  alle  meni'chen  von  natur  begeren  zewilten  oder 
künden.  Zu  ainem  warzaichen  deffelben  fo  haben  wir  die  fynn 
fo  lieb  nit  allein  vmb  der  notturfit  willen,  funder  vmb  wiftens  15 
willen  vnd  darvmb  haben  wir  (under  lieb  zu  dem  geiicht,  wann 
das  gefleht  zaigt  vns  mancherlay.  Aber  denn  wiflen  wir  ein 
dinck  am  haften,  wen  wir  fein  fachen  erkennen,  als  der  eegenant 
maifter  fpricht  in  dem  erften  buch  der  natürlichen  kunft  pcy 
dem  anfang.  Nu  die  fach  aller  fachen  iü  die  erft  fach,  die  gut  20 
felbs  ift,  der  alle  ding  vmb  fein  felbs  willen  beU  hallen  hat,  als 
der  weifs  kunig  herr  Salomen  in  dem  lechzehenden  capitel  der 
fpruch  fpricht,  das  ilt  vml)  feiner  eer  willen,  das  er,  den  man 
in  difem  totUchen  leben  nit  fehen  oder  erkennen  mag  in  ym 
felbSp  in  feinen  wercken  erkennt  wurd*,  als  fant  Paulus  fpricht  25 
in  dem  ersten  capitel  zu  den  Römern,  das  die  vnflchtparlichen 
ding  gottes,  als  fein  ewige  craflft  vnd  gotheit,  werden  von  der 


Asnerkaiig;.   Die  Orthographie  der  Handschrift  ist  beibehalten.  Grofse 

Buchstaben  und  Interpunktion  sind  nach  dem  Sinne  gesetzt.  In  ()  Klammera 
Steht  ein  faUches  ZuTtel  des  Textes,  in  [  j  meine  Ergänsungen* 


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—    26  — 

creatur  der  werlt  gefehen  durch  die  ding,  die  gemacht  feint, 
wenn  man  He  ynnen  anfleht  oder  vemymt.  Vntter  allen  wercken 
Gottes  ift  die  regirung  difer  werlt  gar  fiimem,  in  der  vnseliche 
wunder  begriffen  feint,  der  man  fich  wol  verwundern  mag.  Man 
5  mag  fie  aber  nit  ergrunden  vnd  darvmb  weren  de  defter  luft- 
lieber  zu  fehen  vnd  zu  wiffen,  der  fie  vinden  vnd  durchfehen 
mocht  mit  ircn  fachen,  als  der  obgeinelt  naturlich  inaiiter  in 
dem  ersten  piirh  nicthaphisice  fpricht,  das  bayd,  ettwan  vnd 
nun,  vnib  wundcrs  willen  die  menlchen  haben  angefangen,  die 
lOweifshait  ze  lieben  vnd  fle  zu  lernen  vnd  ir  nach  zu  fpuren. 

In  der  regirung  difer  werlt  ift  das  ein  grofs  wunder,  das 
got  der  herr  denen,  die  in  nit  erlcennt  haben,  den  vnglaubigen 

iü  grolTen  gewalt  vcrlihen  hat  vber  fein  glawbigen,  als  denen 
von  Egiptcü  vber  das  ifrahelifch  volck  in  irem  Egiptcn  lai  iid. 

15  darnach  denen  von  AtYirien  vnd  den  caldeifchen  oder  babilon- 
ifchen,  darnach  den  kungen  von  dem  krichclchen  reych,  zum 
leczften  den  Romern  vber  die  Criften,  aber  als  die  hailige  ge- 
fchriflt  ynnhelt  vnd  die  balligen  criftenlichen  lerer  aufsiegen,  fo 
hat  Got  der  herr  das  zu  vbung  vnd  zu  bewerung  feiner  aufs- 

20  erweiten  getan  vnd  zu  erzaigung  feiner  weifshait,  feins  gewalts 
vnd  feiner  guthayt.  Sein  weifshait  wirt  dar  inn  erzaigt,  das  er 
fo  cluglichen  vrfach  der  vbung,  der  bewerung,  der  demutigung, 
der  Itraffung  in  den  geprechen  der  auiserwelten  auls  dem  gewalt 
vnd  milsprauchung  des  gewalts   der  bofen  lefen  vnd  erkiefen 

25  kan.  Sein  gewalt  wirt  dar  inn  bewert,  das  er  die  guten  vntter 
dem  gewalt  vnd  wider  den  gewalt  der  pofen  fo  mechtigiichena 
vnuerfert  vnd  vnbefchedigt  beichutzen,  behüten  vnd  behaltten, 
ia  meren,  ftercken  vnd  ir  bail  furdem  vnd  die  bofen  in  irem 
gewalt  gefchenden,  verftricken  vnd  zum  leczften  vmb  der  mifs- 

SOpraucluing  willen  mit  recht  fo  gewelttglichen  verdammen  mag. 
Seyn  gutheit  wirt  dar  inn  bewifen  oder  beweifet,  das  er  alles, 
das  die  guten  von  den  bofen  vnd  von  irem  gewalt  leyden,  zu 
ircni  iiiitcn,  /u  ir  eei,  irem  rrumiiien,  zu  merung  ir  krön  vnd 
falickait  ordnet. 


II  Vl.1  SchaUbehaltcr  Blatt  B5:  Warumb  Gott  der  herre  den 
j^'roffrn  irrül  der  uhl^öltercy  verhenf;t  h,ih,  ullerm.iifl  vber  die,  die  die 
DiechiigUtcn  waren  ya  der  werh  zu  der  ^eit  der  goadcti. 


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— .    27  — 

Nu  ift  xtt  wilTen,  das  vntter  allefn]  reichen  difer  werlt  das 
romifch  reich  das  mechtigtft,  das  weyteft,  das  fuineniit  vnd 
namhafftigirt  gewefen  ift,  dar  vmb  feint  auch  die,  die  es  geftifft, 
gcrcgirt  oder  geraert  haben,  vntter  allen  wemtHchen  furften  die 

namhafftigisten  vnd  durchleuchtigiften  worden  zu  iren  vnd  nach  5 
iren  weiten,  dann  lo  man  fich  groffer  mechtiy:er  ding  meer  ver- 
wundert vnd  diefelben  meer  begert  zu  ieiien  vnd  zekennen,  Ib 
ift  es  nit  ain  wunder,  das  man  die  romirchen  kailer,  die  vntter 
oder  für  all  mechtigen  die  mechtigiften  gewefen  feint,  gern  ge- 
fehen  hat»  aller  meerft,  wa  es  mit  ir  gnade  vnd  gunft  hat  mugen  10 
fein,  vnd  man  hat  begert  ynen  wol  zegeuaUen,  dar  vmb  man 
die  ftete,  die  man  zu  iren  zeiten  gebawt  hat«  ynen  zn  lieb  vnd 
zu  eren  nach  ynen  oder  iren  namen  genennt  hat,  als  es  auch 
in  difen  deutfchen  landen  fcheynt.    Denn  nach  dem  erften  kaifer 
Julio  ilt  in  Pomern  W'aleyn  Julina  g<  nent,  als  man  in  der  Vene-  l5 
diger  lannt  forum  Julij  nennt,  das  wir  Friaul  heilTen.    Nach  dem 
kaifer,  vnter  di:m  Criftus  geporn  ift  worden,  der  der  erft  Auguftus 
genennt  ift  worden,  ift  Auguita,  das  wir  Augfpurg  heifien,  ge- 
nennt worden,  das  vor  Vindelica  hiefs.    Nach  deffelben  fun 
Tiberio  Nerone,  vntter  dem  Chriftus  gelitten  hat,  ift  Reginopolis,  20 
das  ift  Regenspurg,  Tyberina  genennt  worden,  vnd  ift  ein  wän, 
als  ich  vemomen  hab,  das  von  deffelben  namen  Nero  Neronperg 
—  das  wir  Nurenberg  heiffen  —  genennt  follt  fein.  Ettlich 
meinen,  es  hab  den  namen  von  dem,  das  nur  ein  berg,  auf  dem 
das  fchlois  ftet,   da  fey.    Aber  das  gcwüTeft  icheint  aufs  ge-  25 
fchrirttcn  oder  brieuen,   fo  heiffet  es  Nurenberg  als  Norigbcrck 
oder  Norigenberg,  in  latein  Noricus  mons,  aber  es  moclit  lein, 
man  hett  im  einen  folichen  namen  in  latein  üngirt,  das  ift  er- 
t(r)acht  nach  dem  dewtfchen,  als  man  zu  zeiten  tut,  als  man 
nach  der  ethymologei,  das  ift  nach  der  piumung  der  rede,  mocht  30 
fprechen,  es  hiefs  Nerenberg,  das  ßch  vil  da  oder  von  dannen 


15  WoUin  in  rummem  Die  AbleiluDg  von  Julius  Caesar  boten 
tt.  a.  dtfl  von  dem  Pri«ster  Ebo  nnd  einem  Prieflinger  Mönch  verfaftten  Vttae 
Ottonis  episcopi  R  ibenbergensis,  die  sich  auch  in  Nürnberger  Handtchriften 
des  XV.  saec.  finden.   M.  G.  SS.  XU,  858»  25;  891,  21. 

18  Vefgl  Schatsbehalter  Blatt  H  4:  Octavianas . .  ward ....  Auguftus 
zum  erftcn  genennt,  dns  als  vü  tft,  fj»  fin  mer^,  darftr  man  in  tettf^li 
merer  des  reicbs  fchreibt. 


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38  — 


neren.*)  Aber  was  daran  fey,  waifs  ich  nit.  Wer  ettwas  facht, 
der  facht  es  offt  an  vU  steten,  da  es  nit  ift. 

Nach  dem  Agrippa,  der  des  kaifers  Octaalani  —  vntter  dem 
CriHos  geborn  i(t  worden  —  ayden  tft  gewefen,  denn  er  hett 

5  fein  tochter  Juliam  zu  einer  haulTraweTi,  —  oder  nach  feinem 
namen  ift  Colen  Agrippina  genennt,  luich  dem  Octauian  oder 
Octauium,  feinem  fch weher,  ift  Tiingern,  das  nit  ferr  von  Ma- 
ftriecht  leyt  oder  iigt,  da  fannt  Seruacius  bifchof  ift  gewefen, 
Üctauia  genennt  gewefen.    Alfo  feint  vil  ftete  in  anndern  lannden, 

10 die  nach  den  keifem  genennt  feint  worden,  aller  meerft  der 
yhenen,  die  vmb  vnnfers  herren  seit,  das  ift  vmb  die  seit  feiner 
leipUchen  gegenwerttickait  auf  difer  erden  oder  bald  dar- 
nach oder  dar  vor  gewefen  (int,  wie  wol  ettlich  von  andern 
keifem  auch  genennt  fint,  als  Phitippopolis  von  dem  erften  chrift- 

15  liehen  kaifer  Philippe  vnd  AdrianopoHs  von  dem  kaifer  Adriano, 
das  man  nun,  als  ich  wen,  Andronojjel  heifst,  Conftantinopel,  von 
dem  groffen  criftenlichen  kaifer  Conftantinu.  Doch  dife  letft- 
genennten  itette  feint  auch  von  denen  geftitTt  oder  erhöht  worden, 
nach  denen  denn  fie  geoennt  find  worden.    Vnd  wie  vil  ftete 

20  nach  den  erften  romifchen  kaifem  genennt  feint  worden,  alfo 
feint  aach  ettlich  zeit  nach  inen  genennt  worden  vnd  werden 
noch  hewt  difs  tags  genennt,  als  der  hewmonet,  der  etwan 
Quintilis  hiefs,  der  heifst  na  nach  dem  erften  kaifer  Julio  — 
der  zum  erften  die  Tewtfchen  zu  dem  romfchen  reich  gepracht 

25  hat  —  Julius,  vnd  der  ern  monat,  der  vor  SextiHs  hiefs,  der 
heiilet  nach  dem  Aut^uiiu  vatter  dem  Chriitus  geboren  ift  — 
Auguftus,  der  Augltmonat,  als  nach  im  Augusta  Augfpurck  haiffet. 
Dits  romifch  reich,  als  es  das  allermechtigift  ift  gewefen  —  als 

*)  »Als  ob  man  maynt,  man  nennt  es  in  lateyn  nutrimontem  gleich 
air^  mitrimenttim»  steht  am  seitlichen  Rande.  Femer  am  unteren:  »Es  ift 
zu  wilTeii,  <la&  /.u  gleycher  weyfä  als  a.yn  ilal  otTl  aui'f  vil  oder  mengerley 
fachen  me«r  denn  ayn  namen  hat,  alfs  Augfpnrg  bayfiTet  Angafta^  Vindelie«, 
Cifar.i  ("if.ira  hat  fy  };ehayfffn,  als  man  fagt,  nach  der  apgöttin  di?  fy 
vor  ahen  zeyten  in  der  haydenfcbafft  angebettet  haben,  Vindeiica  der  leger- 
rtatl  halben,  das  sy  an  dem  Lech,  der  Licas  hayffet  vnd  an  dem  wafTer 
Vtndex  in  latin  oder  dar  bey  lejpt,  Augnfta  von  dem  kayfer,  zum  erften  An- 
[^i;fin  genennt  —  alfo  mag  eyn  ftat  aynn  namen  auff  mccr  denn  aynr  fachen 
haben,  die  all  war  möchte  feyn,  das  möcbt  ich  durch  gefchhfft  beweren. 
Svch  da  von  da  binden  von  dem  Nero.« 

22    Martinuä  I'olonus  91  vgl.  Sueton,  Julius  76. 
2^    bueton,  Augustus  31. 


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—    29  — 


es  denn  in  der  haüjgen  gefchrifft  befchriben,  geweiffagt  vnd  vor- 
bedewt  \{t  worden,  als  in  dem  andern  capitel  herr  Daniels  (tet 

alfo  von  dem  romifchen  reich:  »Das  vierd  reich  das  wirt  gleich 
als  eyfenyn.  Wie  das  eyfen  dempt  vnd  zerfchlecht  alle  ding, 
alfo  wirt  dits  reich  zerprcchen  vnd  zertrümmern  alle  reich.  In  5 
dem  fechlten  capitel,  da  die  vier  groffen  reich  bey  den  tyren 
bedewt  werden,  ftet  alfo  von  dem  Vierden  tyer  —  das  das 
romifch  reich  bedewt—:  »Secht  an  das  vierd  tyer,  das  ich  fah 
in  dem  geficht  der  nacht,  das  was  fere  erfchrockenUch  vnd 
wunderlich  vnd  was  ftarck;  es  hett  grofse  eyferen  zene  vnd  10 
clawen,  vnd  frafs  vnd  zerzerrt  vnd  trat  das  vbrich  vntter  die 
fufs,  vnd  was  vngleich  den  anndem,  die  ich  vor  gefehen  hett.c 
Vnd  darnach  in  der  aufslegung  desfelben  fteet  alfo  gefchriben. 
»Das  vierd  tyer,  das  wirt  das  vierd  reich  auf  der  erden,  das 
das  grofst  wirt  fein  aller  reich  vnd  es  wirt  verzeren  oder  frelTen,  i5 
das  ift  vntter  fich  pringen  oder  im  einleyben  das  ganntz  ertreich 
vnd  wirt  es  vntter  die  fuffe  treten  vnd  zertrümmern  etc.«.  Dar- 
nach faget  er  in  fundem  von  zehen  knngen,  das  ift  kaifem,  be- 
deutet pey  den  zehen  hörnern  des  tyers,  das  die  kaifser  gewefen 
feynt,  die  in  funderhait  die  heiligen  criftenbait  durchecht  vnd  20 
veruolgt  haben,  der  funder  zehen  gewefen  fint,  von  dem  allem 
hie  nit  ze  fagen  ifi.  Aber  alfo  wolt  ich  fp rechen:  als  das  romifch 
reich  vntter  allen  reichen  difer  werlt  das  grofft  vnd  mechtigft 
gewefen  ift  — *)  alfo  hat  es  Ciot  der  herr  fuiuierlichen  erweit 
vnd  [^epravrht  zu  erzaigung  feines  gewaltes,  wann  er  hat  es  fchir'iS 
pey  dreyen  hundert  jaren  wider  fich  vnd  fein  haiiige  kircheii 
oder  criftenhait  laden  ftreyten  vmb  der  fachen  willen,  die  oben 
gemelt  feint  worden,  vnd  hat  es  darnach  genntzlich  feiner  kirchen 
vntterworffen  vnd  vntertenig  gemacht,  dar  inn  man  Heb  wol  der 
macht  Crifti  verwundem  vnd  diefelben  erkennen  vnd  loben  fol.  30 
Vnd  feyt  das  es  ein  luft  ift;  grofsmechtig  perfon  zu  fehen  — 
vnd  die  perfon  der  menfchen  feint  totlich  —  fo  hat  man  ir  ge« 
ftalt  vnd  bild,  die  fo  grofsmechtig  in  difer  werlt  vber  annder 
gewefen  find,  in  guld,  in  filber  vnd  in  annder  nietall  oder  materi 

*)    Am  Rande  vom  Gedankenstrich  [S.  38,S8]  bis  hier  eine  grOMe 
Klammer:  Parenthefi«,  ayn  vnterfacz  biff  hyher. 

3    Daniel  II,  40  flf. 
6    Vielmehr  VII,  7  ff. 


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90 


gepreget,  gefchlagen,  gedruckt  oder  gegimben»  vnd  hat  ir  pUd 

vnd  gepreg  in  die  mnncz  2U  iren  geczeiten  gerchlagcn.  Alfo 
hat  ein  prüder  fannt  Franciscen  orden  von  der  obferoantz,  des 
nam  zu  giivaden  in  dem  buch  des  lebens  mit  anndern  aufser- 
5  weiten  ge/aichnet  fey,  ettlich  difer  l'chwetz  oder  geprech,  die 
ym  ettwan  von  dem  wirdigen  vater,  zu  den  zeiten  prior  zu  den 
Carthewleru,  die  vor  der  ftat  zu  Menntz  ligen,  dem  Got  gnedig 
fey,  gefchenckt  wurden,  vmb  des  willen,  daf  er  fie  kant  vnd 
leCen  kunt  vnd  vmb  gefchrifftlicher  kuntfchafit  willen  der  kayferen» 

10  der  fie  flnt,  ain  wolluft  in  ynen  het,  derfelb  hat  angefehen  die. 
namhafitickait  vnd  furnemickait  difer  weytberumten  kaiferlichen 
ftal  Nnremberg,  vnd  hat  He  einem  erbem  weifen  rate  mit  ver- 
willigung  feiner  obern  mit  andern,  die  man  ze  wegen  pringen 
mocht,  /.e  famen  geordent,  mit  am  wenig  fchriftlicher  erclerung, 

15  durch  die  man  fye  erkennen  mocht,  das  clie,  die  zu  Zeiten  von 
weiten  herkümen,  möchten  der  namhalTtigen  kaileren  geftalt 
zum  myniten  nach  glidmafs  des  antiicz  mercken,  dar  durch  auch 
prüfen,  wie  alle  weltliche  eer  zergeet  vnd  pleibt  allein  gedecht- 
nufs  der  perfonen.    Aber  die  eer  guter  werck,  als  auch  die 

20rchand  der  pofen,  pleibt  lanng,  aber  die  peyn  der  pofen  vnd 
Ion  der  guten,  vntter  weihe  g&ten  vns  Got  der  herr  barmherzig- 
liehen  zelen  well,  wirt  dort  ewiglichen  weren,  in  den  allen  Got 
ewiglichen  gelobt  vnd  gebenedeyt  werd.  Amen. 

VON  DEM  GESCHLECHT  DER  ERSTEN  RATHERREN 
25  ZU  ROM,  DIE  DIE  ROMER  ERLEDIGT  HABEN  VON  DEM 
GEWALT  DER  WUTERICH,  DAS  IST  DER  KUNIG,  VND 
HABEN  DIESELBEN  VERTRIBEN  VND  DAS  VOLCK  FREY 
GEMACHT. 

Zu  den  zeitcn  des  Vierden  kunigs  der  Romer  kam  gar  ein 
30reie.hcr,  mechtiger  vnd  vnuerdrolTener  man  gen  Rum,  bewegt 
aufs  bcgird  vnd  hoftimng,  cttwas  nit  deiner  eer  da  zuerlangen, 
mer  dann  zu  Tarqucyn,  da  er  gewonet  vnd  ein  tVawen  genomen 
hett.  Sein  vater,  mit  namen  l>emnrathius,  was  von  der  groffen 
ftat  Corintho,  zu  den  darnach  Sant  Paulus  zwu  e]>iftel  gefchriben 

6   S.  Michaelis  prope  Moguntianu 
a9    ff.  Livius  1,  34 
34    tu  den  —  geichriben  bat  Zusatz. 


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—    31  — 


hat,  gen  Tarqueyn  gezogen  vnd  het  von  einer  hauflrawen,  die 
er  da  genomen  het,  2wen  fun,  ainen  mit  namen  Lucumo,  der 
ander  hiefs  Aruns.  Der  Lucumo  vberlebt  den  vater  vnd  dar 
vmb  erbet  er  alle  fein  guter,  Aruns  ftarb  vor  feinen  vater  vnd 

liefs  fein  liauffrawen  fchwanger.   Bald  nach  dem  tode  des  Arunten  5 
ftarb  auch  fein  vater  vnd  hctt  nit  wiiYen,  das  fein  fchnur  fchwanger 
wa«;;    dar   \u\\)   gedacht   er  feines   enicklens   nichts   in  feinem 
teftanient.    Hir  vmb  ward  das  keint  nach  feines  anherren  tot 
vmb  der  armut  willen  Egerius  genannt.    Ettlich  bucher  haben 
Egenus,  das  als  vil  ift  als  durfftig.  DefTelben  Egerij  fun  ift  der  10 
Tarquinius  Collatinus  gewefen,  der  mit  dem  Bruto  der  erft  rat- 
herr  zu  Rom  gewefen  ift»  nach  dem  als  er  vnd  der  Brutus  die 
kung  vertriben  heten,  die  feiner  hausfrawen  Lucrecien  halben 
vertriben  wurden.   Der  egenant  Lucumo  het  gar  ein  edle  frawen 
mit  namen  Tanaquil,  da  diefelbig  fah,  dafs  ir  haufswirt  nit  als  15 
erheben  gehalten  ward  zu  Tarqueyn,  als  wer  er  ein  alt  gcpurener 
burger  von  gefchiccht  ^eweien,  (hi  rvet  fie  im,  das  er  gen  Rom 
zuge,  da  man  die  frembden  als  wol  eeret  vnd  erhub  —  wann 
(ie  es  verdienten  —  als  die  haymifchen.    Wann  der,  der  da 
zemal  zu  Rom  regnieret,  mit  namen  Ancus  Marcius,  was  auch  20 
von  einem  frembden  gefchlecht,  von  den  Sabinem  der  mutter 
halben,  die  des  konigs  Nume  Popilij  tochter  was  gewefen,  der 
der  ander  kunig  der  Romer  was  gewefen,  den  Titus  Liuius,  der 
romifchen  hiftorien  fchreiber^  von  grofler  gerechtickait  vnd  weifs- 
heit  lobt,  vnd  wonet,  ee  er  kunig  zu  Rom  wart,  zu  Sabeyn,    Alfo  25 
liub  fich  Lucuinu  autl"  mit  feinem  gut  vnd  zoch  gen  Rom,  vnd 
als  er  auff  einem  wagen         dem   buhel.    den   man  Jani(  uhnn 
nennt  —  von  dem  kunig  Jano,  den  die  haiden  für  ayn  gut  der 
anfeng  hatten  vnd  eren,  von  dem  auch  Janua,  das  ein  tur  ift, 
vnd  der  erft  monat  Januarius,  der  Jenner,  genennt  wirt,  den  30 
man  mit  zwifeltigem  antlutz  malt,  das  auf  paiden  feyten  ficht, 
der  ettwan  dofelblt  gewont  vnd  geregnirt  het,  ee  Rom  gepawt 


9  ettlich  bneher  —  durffitg  Zusfttt. 

lo  n  Zusatz. 

i6  exule  advena  ortum. 

33  25    Ltvins  1,18,  32. 

a6  sttblatis  itaque  rebus. 

27  32  Zusatz. 

31  vgl.  Martinus  i'olonus  41. 


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4 


^    32  ^ 

ward  —  da  Lucumo  mit  feiner  hauCfrawen  zu  demfelben  perg 
kam,  da  kam  ein  adler  gar  hubfchlich  oben  abher  geflogen  vnd 
zuckt  im  dem  hat  vnd  flog  oben  vmb  den  wagen  hyn  vnd' her 
mit  clang  feiner  ftym,  vnd  faczt  im  den  hut  feyn  wider  auf  vnd 

5  flog  darnach  in  die  hohe,  hinweg.  Da  umbfieng  yn  fein  haus- 
fraw,  die  'l  anaquil,  die  ein  warfagcrin  was  vnd  het  fich  am  die 
kunft  des  wahrfagens  durch  das  vogelgefchrcy  vud  bevvcgung 
oder  fliegen  der  vogel  gegeben,  die  vmbfieng  mit  Iren  armen 
mit  frewden  den  Lucumon  vnd  hiefs  yn  —  als  die  lieh  auf  die 

lOhymelifche  zaichen  verstund  hohe  vnd  grode  ding  hoffen, 
wann  He  fprach,  das  der  adler»  als  ein  böte  Gotes  von  hymel 
her  ab  gefant,  hette  ym  ein  zaichen  gegeben,  das  im  die  höchst 
wirdickait  von  Got  beraitt  were.  Mit  folicher  hofinung  vnd 
frewd  kamen  He  gen  Rom  vnd  kaufften  da  ein  hawfs,  vnd  wart 

15  der  Lucumo  Lucius  Tarquinius  genant.  Die  newi  vnd  die  reich- 
tumb  machten  yn  den  Römern  naiiilialftig.  Er  macht  fich  auch 
mit  wortten  vnd  in  wen  ken,  mit  zu  reden,  mit  laden  vntl  gutteten 
angenem,  das  er  bald  in  kuntfchattt  vnd  freuntlchafft  des  konigs 
kam  vnd  wart  fein  ynnerfter  ratgeb,  vnd  das  ich  es  vcrkurcz, 

20  er  wart  zum  leczften  in  des  knnigs  testament  ein  vormund  feiner 
kinder  gefeczt.  Vnd  da  man  einen  kunig  erwelen  wollt,  da 
eylet  er  mit  der  zeit  vnd  fchicket  des  konigs  fun  auf  das  geiäg 
vnd  vberrett  das  romlfch  volck  mit  gelerten  wortten,  das  de 
inen  zu  einem  kunig  aufnamen,  vnd  tete  auch  groiTe  ding  zu 

25  Rom  vnd  grofs  herlich  gepewe.  Vnter  andern  pewen  ving  er 
an,  die  ftat  zu  weytcrn  vnd  mit  einer  Üaynen  n  iuren  zu  vmb- 
vahen.  Es  befchah  zu  feinen  zeiten,  als  er  vil  lutcinifc  her  ftete 
feinem  reich  vntterworffen  hett,  mit  denen  er  aiu  Ii  die  Sabiner 
vberwunden  vnd  ir  veld  genomen  vnd  Collaciam  befeffen  het, 

30  da  er  feins  pruders  fun,  den  obgenanten  Egerium,  zu  aym  huter 
oder  in  der  hut  liefs,  da  kam  vnter  andern  geuangenen  die 
liausfrawe  des  furften  von  Comiculo,  der  erfchlagen  was  worden, 


4  c«piti  apte  repottit. 

12  levassc  humano  stiperposito  capiti  de.  iis.  tit  f1  -    "tus  eidem redderet. 

i8  ut  publicis  puriter  ac  privatis  consillis  .  .  inleresset. 

2t  Lirius  I,  35,  nur  summarisch  wiedergegeben. 

25  Livius  I,  36  ebenso. 

27  Livius  1,  38. 

31  aus  Liviu»  I,  39,  5  vorweggenommen. 


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♦ 

—    33  — 

gen  Rom  alfo  fchwanger,  ynd  feyt  das  fie  funder  edel  .was»  fo 
nam  fie  die  kunigyn  in  Iren  palaft,  da  gebig  He  eins  knabens 
vnd  ward  in  dem  palaft  aufgezogen.  Da  derfelb  auf  ein  zeit 
fchliir,  da  ward  im  das  hawbt  in  angefleht  vil  gefindes  prynnen, 
da  eriiub  fich  ain  grofs  gefcfaray  von  vil  menfchen,  die  das  fahen  5 
vnd  erfchluchczten  von  dem  wunderzaichen.  Der  kmiK  ward 
auch  aufgctriben  /.u  fchen,  das  gcfind  liff  /.u.  mit  waüci  vnd 
wült  Icfchen,  Die  konigiii  ftew  riet  inen  vnd  hielt  fie,  vnd  als 
fie  fie  geftillet  liett,  da  gebot  Tie,  das  nieman  das  kint  bewegen 
oder  wecken  foUt,  pifs  es  feibft  erwachte  vnd  als  pald  es  er- 10 
waciit,  da  verging  der  flamm,  da  nam  die  Icunigin  den  man  an 
einen  ort  heymlichen  vnd  fpraeh  zu  im:  »Sil^ftu  das  kint,  das 
,  wir  fo  fchlechtiglichen  aufziehen?  Du  folt  wiflen,  das  es  ein 
kunfftigs  licht  wurt  fein  vnfem  zweifellichen  lachen.  Es  wurt 
ein  zuuerficht  fein  vnfer  tnibtfal»  dar  vmb  fuUen  wir  es  als  ein  15 
materien  vnfer  vnd  einer  gemeinen  eer  mit  allem  fleifs  neren 
vnd  ziclicn.  Vnd  all'o  machten  Tie  das  kint  frey  vnd  gaben 
es  zu  der  leer  der  freven  kunft,  vnd  es  nam  fo  bald  zu  in 
kunlten,  in  fynneii  vnd  in  gunlt  der  menfchen,  das  es  nit  alkin 
vor  dem  kunig,  funder  auch  vor  den  alten  herren  vnd  dem  volck  20 
grofs fcvnd  erlich  gehälten  ward,  vnd  da  der  kunig  ayn  man  facht 
feiner  tochter,  ward  keiner  vntter  allen  romifchen  junglingen 
funden,  der  ir  wirdig  were,  dann  difer  Seruius  Tullius,  alfo  hiefs 
fein  nam.  Da  das  aber  fahen  die  zwen  fun  des  vorigen  kungs 
Anci  Marcij,  das  fie  nit  allein  irem  Vormünder,  dem  Tarqüinio,  25 
beten  muffen  weichen,  der  fie  des  reichs  liftiglich  berawbt 'hett, 
funder  fie  fultten  nu  auch  feinem  ayden  weichen,  da  verdrpfs 
es  fie  zu  mal  fere  vnd  warden  die  fchmachhtMt  vnd  vngerechti- 
kait  höh  vnd  tiff  zu  herczen  nemen,  das  fie  nit  allein  eim 
frembden  —  der  nit  aUein  nit  ein  nachpurger,  funder  er  were  30 
auch  nit  ein  walch  gewefen  —  ftat  beten  muffen  geben  in  irem 
veterlichen  erb  vnd  reich .  —  ja  mer  folit  inen  nu  auch  ein 
frembder  gebomer  knecht  vorgefeczt  werden,  das  nit  allein  ynen 

6    excitos  reges, 
13    scirc  licet. 

16   proinde  materiam  ingentis  publice  piivatimqne  decorii  omni  in- 

dtUgentia  nostra  nutriamus.  • 
34    Livius  I,  40. 

30    noo  modo  vicioae  »eU  ue  iiaiicae  c^uidem  stirpis. 

3 


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—  34 


oder  irem  gefchlecht,  funder  auch  dem  gantzeD  romifcheii  namen 
ein  fchannt  wer,  ynd  gedachten  das  zu  rechen.  Sie  beftalten 
swen  frech  hirtten,  die  geübt  waren  in  dnritickait  pofer  fachen, 
die  Tiengen  in  des  kanigs  hofe  einen  hader  an  vnd  krigten  fo 
5grewlichen  miteinander,  das  fle  des  kontgs  diener  alle  mit  der 
geftalt  des  gezengks  zu  ynen  zohen.  Da  fie  nymants  verrichten 
noch  geftillen  mocht,  da  appellirten  fie  für  den  kunig,  do  fie 
für  den  kunig  kamen,  da  fchrien  fie  al>er  vnd  kamen  veintlich 
an  einander.    Da  fie  vberfaren  wurden  von  den  fchergen  vnd 

lOgehaiffen,  das  fie  ir  fach  hubfchUchen  füllten  furlegen,  da  lieffen 
fie  von  einander  vnd  ving  der  ein  an,  fein  fach  ordenlich  vnd 
emiUich  furzewenden,  als  er  fle  dann  vorhin  ertracht  vnd  ge- 
ticht  hett.  Da  fich  der  kunig  gannts  zu  im  keret,  das  er  in 
vemem,  do  was  der  annder  do  vnd  warff  dem  kunig  ein  beyhel 

15  yn  das  hawbt  vnd  liefs  es  alfo  in  der  wunden  ftecken  vnd  hüben 
fich  paide  der  von.  Da  der  kunig  nider  fanck,  da  hielten  in 
die,  die  vmb  in  waren,  vnd  die  fchergen  vicngen  die  fliendcn 
morder.  Es  erhub  fich  ein  grofs  gefchrav  vnd  zu  laufTen  von 
dem  volck.    Die  Tanaquil  hiefs  die  turen  an  dem  palaft  zu 

20fchUe(fen  vnd  hiels  die  gegenwerttigen  entweg  gen  vnd  bereyt 
ercznei,  zu  haiien  die  wunden,  gleich  als  ob  noch  hoflfnung  des 
lebens  da  were.  Wer  aber  kein  hoffnung,  fo  hette  fie  aber 
Zuflucht  durch  ander  weg.  Sie  beruflt  iren  ayden,  den  Seruium, 
zu  ir  in  die  nehe,  vnd  zeiget  im  den  man,  der  fich  verplutet 

25  het  vnd  hielt  in  pey  der  rechten  hannt,  vnd  bat  in,  das  er  feins 
fchwehers  tod  nit  vngerochen  lieffe,  das  er  in  nit  liefs  zu  einem 
fputipil  feinen  veiiiiien  werden.  >Dein  ift,  o  Somit,  fprach  fie, 
»das  reich  —  \n\'t  anders  ein  mann  —  nit  der,*)  die  ein  folch 
vbel  durch  frembd  hennd  geftifft  haben.    Erheb  dich  auf  vnd 

30volg  nach  den  Gölten,  die  dein  furer  vnd  vorgeer  werden  fein, 
die  dein  hawbt  ettwan  mit  dem  gotlichen  fewer  vmbgeben  haben, 
damit  fie  bedewt  haben,  wie  liecht  vnd  dar  es  werden  foUt. 

 D«rüber  mit  kleiner  Schrift:  illorum  deren.   

2    Ex  pastoribn«;  duo  fcrocissin'.i   lelecü  ad  facinus,  quibus  consueti 
erftot  aterque  agre»tibus  ferrantentis,  in  vesiibulo  regiae  quam  poluere  tumul- 
tnosiicime  specie  rixae  in  te  onines  apparitorei  regios  conveitunt. 
7    cum  ambo  regem  nppelUrent. 
9    coerciti  ab  Jictore. 

15  ambo  se  foras  eiciunt. 

16  Livint  I,  41. 


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—    35  — 

Lafs  dich  nun  denfelben  himelifchen  flammen  auftreiben,  lafs 
dich  nun  erwecken,  wenn  wir  haben  auch  f^mbd  geregnirt. 
Bedenck,  wer  du  feyft  vnd  nit,  wennen  du  feylt.  Ift  es 
das  dich  dein  rete  verlarfen,  volg  den  meinen.«    Da  das  ge- 

fchrey    vnd    die    vngeftumirkait    des    volcks    fo    grofs    ward,  5 
das  man  es  kawm  gedulden  mocht,  da  redt  fie  von  oben  herab 
durch  ein  fenster  vnd  fprach  zu  dem  volck,  iie  fultten  guts 
muts  fein,  der  kunig  wer  in  ayn  fchlaf  von  dem  ftraich  geuallen 
gewefen,  das  eyfen  wer  nit  tief  in  den  leib  komen,  er  wer  yecz 
wider  zu  im  felbs  kamen,  man  hett  das  plut  abgewifcht  vnd  die  10 
wunden  befehen,  fie  wer  nit  totUch.    Sie  fulten  ein  gut  hoffhung 
haben,  fie  wurden  den  kunig  pey  eim  tag  fehen.  He  folten  die 
weil  dem  Seruio  Tullio  gehorchen  vnd  feinem  gebiet  gehorfam 
fein.    Er  wurd  recht  geben  vnd  fprechen  vnd  andere  empter 
des  konigs  vcrwefen  vnd  verrichten.     Ahu  trat  Seruius  in  einem  15 
zierlichen  claid  vnd  mit  den  wepnern  hcrfur  vnd  fafs  auß  des 
konigs  thron  vnd  fprach  recljt  vnd  vrteil  vber  ettlich  fach;  von 
ettlichen  fprach  er,  er  wollt  den  kunig  fragen.    Alfo  verpurgen 
fie  des  kunigs  tode  ettlich  tag,  pifs  er  fich  fterckt  vnd  bewart, 
vnd  als  er  fich  wol  verfichert  hett,  da  liefs  er  den  kunig  be-20 
wainen  vnd  offenlichen  clagen,  vnd  regnirt  on  geheifs  des  volcks, 
doch  mit  gunft  der  veter,  das  ift  der  ratherren.    Des  kunigs 
And  fun,  da  fie  horten,  das  die  hiertten,  die  fie  befteUt  hetten 
zu  toten  den  kunig,  geuangen  warend  vnd  das  der  kunig  noch 
leben  füllt  vnd  das  der  Seruius  den  gewalt  in  feiner  haimt  hette,  25 
da  flohen  fie  in  das  elend  gen  Suefla  Pometia. 

Nun  der  Seruius,  da  er  regnirt,  da  wolt  er  furkomen,  das 
die  fune  des  Tarquinij  nit  wider  yn  ein  grollen  trugen,  als  des 
kunigs  Ancis  fun  wider  den  Tarqninium  getragen  hetten,  vnd 
gab  fein  zwu  tochter  den  zwaien  funen  des  kunigs  Tarquinij,  30 
vntter  denen  einer  Lucius  hiefs,  der  annder  Aruns.    Doch  hindert 


I    Nunc  te  illa  caelestis  excitet  Hamma. 
t   Et  IM»  peregrini  regnavimnt. 

6    ex  superiore  parte  aedium  per  fenestras  in  novam  viam  versut  — 
habitabat  enim  rex  ad  Jovis  Statoris  —  populam  Tanac^uil  adloquitur. 
12    prope  dieni. 

15   Senrins  cum  trabe«  et  lictoribi»  prodit. 

22    voluntate  patnUD« 
37    Livias  I,  42. 

3» 


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—    36  — 

er  durch  das  nit,  das  im  das  nit  begegnete,  das  im  begegneo 
folt  Er  tete  wol  große  ding  für  einen  gemeinen  nucz.  Er 
faczt  zum  erden  den  zyns  auf  vnd  macht  Ordnung  votter  den  . 
emptem  vnd  wirdickeiten  vnd  ftaigert  den  zyns  nadi  der  grofH 
5  der  hab  der  burger.  Vnd  von  denen,  die  hnndeit  taufent  gülden 
oder  raer  hct-ca,  macht  er  achzig  ceiiturien,  ein  centuria  hat 
hundert  rittcr,  vierczig  von  den  alten,  das  lic  die  stat  bewarcten, 
virczig  von  den  jungen,  die  aufs  ynn  ftreyt  zugen,  auch  virczig, 
den  er  auch  harnalch  gebot.    Der  gleichen  tete  er  vil  mit  grolYer 

10  furüchtickait.  Achczig  taufent  purger  der  romifchen  ftat  wurden 
gerechnet,  die  harnafch  vnd  wapen  muften  tragen,  als  Fabius, 
der  elteft  fchreiber,  fchreibt.  Item  er  meret  die  ftat  vnd  nam 
oder  zoch  dor  ein  zwen  perg  vnd  meret  auch  den  dritten,  da 
er  auch  wont,  vnd  vmbgab  die  ftat  mit  graben,  bafteyen  vnd 

ISmawren  vnd  zwingem.    Vnd  ayn  tempel  bawet  er  der  Diane. 
Aber  Lucius  Tarquinius,  des  vorigen  konigs  Tun,  der  mumelt, 
das  fein  Ichweher  vnd  fchwager  on  gelieiis  des  romischen  volcks 
regnieret,   das  höret  <ler  kunig  vnd  l)erutft  das  volck  vnd  fragt  . 
fie,  ob  fie  in  wolten  vnd  hielYen  regniren  oder  nit.    Da  wart  er 

20  mit  foicher  gunft  vnd  einhellickeit  des  voicks  ein  kunig  errlert, 
als  kawm  ye  einer  vor  im  erdert  was  worden.  Doch  liefs  der 
Tarquinius  nit  ab  von  der  begird  zu  regniren  oder  von  dem 
affterkofen  vnd  vbel  reden  dem  kunig,  dar  auf  yn  fein  haulTraw, 
die  doch  des  konigs  tochter  was,  ftupft  vnd  ftets  raiczt,  denxi 

35  fie  was  ain  ftolcz,  bofs,  vngeruwigs,  grymmichs  weib,  dar  vmb 
man  fie  die  grymmigen  TuHiam  heiffet.  Sie  hette  ein  fwefter, 
die  hiefs  auch  TuUia,  vnd  was  zum  erften  die  felbig  lenfftmutig 
'1  uliia  difem  ftoltzen  Tarquimo  vermaiieit  vnd  fein  hausfraw  ge- 

1  nec  rupit  tarnen  faii  necessitatem  humanis  consiliis. 

2  ceDüuui  insiituit  .  .  .  pro  habiiu  pecuniarum  .  .  tum  classcs  cen- 
turiasqae  «t  hunc  ordioem  es  censu  descripsit. 

5  l.ivius  I,  43.    centum  miUum  acris. 

6  eio       riuer  Zusatz. 
10    Livitts  I,  44. 

12  scriptonim  antiquissimas. 

'4  aggere  et  fossis  et  mnro  circumdat  urbem. 

15  Ltvius  I,  45. 

16  Livins  1,  46 

19  vellent  iuberentne. 
23    criminandi  Serviam. 

20  terox  rullia. 


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—   37  — 


wefen,  vnd  die  gTymmig  ftolcz  TuÜia  was  feinem  prader,  dem 
Arunten,  der  ein  fchlechter,  fenfitmutiger  jungling  was»  vermahelt 
gewefen,  das  villeicht  als  Titus  Liuius  fpricht,  vmb  des  peften 
wiUen  nit  vergebens  befcheen  was,  das  der  Seniius  defter  lenger 

lebte  vnd  regniert  vnd  das  romifch  volck  defter  pafs  inn  fyten  5 
vntcrwifen  vnd  geordcnt  wurde.  Wie  vngeruwig  aber  die  grym- 
niich  Tullia  \v«^r,  das  üc  nit  ayn  man  hct,  der  irs  fynns  wer,  vnd 
wie  veint  lie  irem  mann  vnd  der  ichwefter  were  vnd  wie  fie  ir 
gefprech  vnd  rede  mit  dtfem  Lucio  Tarquinio  hett  vnd  clagt  im, 
das  fie  nit  im  zu  tayl  was  worden,  das  fie  in  einen  kunig  vnd  10 
iren  man  mocht  gehetft  haben,  vnd  wie  fie  iren  man  vernichtet 
vnd  verwarff,  das  er  kein  hercz  hett,  vnd  deCfelben  gleichen 
verwarf  fie  ire  fwefter,  fein  hauffrawen,  als  die  im  vnpillichen 
zu  tail  wer  worden,  dife  vnd  ander  gefpay  difs  pofen  weibs 
verdrewfst  mich  ze  fchreiben.  Es  gefchah  doch,  das  die  begird  15 
difs  vnfaligen  bofen  weibs  zu  irem  aygen  vbcl  für  fich  ging. 
Es  ftarben  die  zwey  frunien  vnd  fenfftinutigen  f)ald  nach  einander 
vnd  die  zwey  grymmigen  namen  einander.  Gleich  vnd  gleich 
gefeilt  fich.  Da  gewan  die  bubin  ein  weg  vnd  ein  eingang  zu 
irem  mutwtUen  vnd  rayczet  iren  man  wider  iren  aigenvater  vnd  20 
liefs  im  weder  tag  noch  nacht  ruw,  pifs  er  irem  rate  volget  vnd 
tet  (ich  vmb  vnd  flickt  fich  zu  den  alten  vnd  ermant  de  der 
guter  feines  vaters  vnd  begert,  das  man  in  derfelben  genieffen 
liefs,  vnd  fchankt  den  jungen  vnd  rayczet  fie  mit  gaben  auf  fein 
fcyten  vnd  ward  ine  groffe  ding  verhaiffen  vnd  ward  aufs  der  25 
verleymiing  des  konigs  eer  eriagen.  Vnd  da  in  dawcht,  das  es 
zeit  wer,  da  verlorgt  er  fich  mit  mechtiger  hannt  der  wejmer 
vnd  macht  fich  vber  den  marckt  in  hof  vnd  fafs  auf  den  kunig- 
lichen  ftul  vnd  gebot  den  puteln,  das  fie  die  veter  citiren  vnd 
berutfen  fultten  für  den  kunig  Tarquinium.    VU  kamen,  mit  den  30 


2  mitis  ingenii  iuvenem. 

12  nihil  materiae  in  viro  neque  ad  cupiditatem  neque  ad  audaciam  esse. 

18  Zmftte. 

IQ  Livius  I,  47. 

19  mulier. 

S3  prensare  minorum  maxime  gentium  patres. 

25  regis  crintiiibiti. 

37  stipatas  n::^niine  nnnatoiTim  in  fontn  innipitt 

tg  per  praeconem  citari  iassit.  * 


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—    38  — 


er  es  vor  angefchUgen  hett,  ettiich  kamen  von  vorcht  wegen, 
ettlich  von  wunders  vnd  furwicc  wegen  vnd  gedachten  wol,  es 
wer  gefchehen  mit  dem  Seruio.  Da  vieng  der  Tarquinius  von 
der  geburt  an  zu  verwerten  den  knnJg  Seruinm,  wie  er  von  einer 
5  gefangen  dym  gepom  wer,  wie  er  nach  dem  vnuerfchulten  tode 
feins  vaters  nit  durch  die  ei^velung  oder  willen  des  volckes,  nit 
durch  gunft  oder  wilkur  der  veter,  lunder  durch  \veii)Hch  Hft  fich 
des  romifchen  reichs  vntterwunden  hette,  wie  er  ein  gunncr  vnd 
furderer  der  allermynften  des  volckes  —  aufs  der  geichlecht  er 

10  dann  auch  wer  —  gewefen  wer,  wie  er  die  crbern  gehasset  hett, 
wie  er  den  obem  ihr  ecker  genummen  vnd  den  fchnodften  ge- 
geben hette,  wie  er  die  reichen  befchwert  vnd  die  gemeinen 
ettwan  burdin  all  auf  die  vorderften  der  (tat  gelegt  hette,  wie 
er  den  synfs,  den  er  zu  nejrd  der  paTshabenden  aufgelegt  het, 

15  den  allerturfitigiften,  wa  vnd  wenn  es  ym  wolgefallen  het,  gegeben 
het.  Zu  foHcher  rede  kam  auch  Seniius,  dem  die  potfchafll  pald 
komen  was,  vnd  fchry  auis  dem  vordem  gepewe  des  hoffs  hinein 
mit  lawter  ftym  vnd  fprach:  T'Was  dinge  ift  das,  Tarquini,  mit 
was  kunheit  getarltu  pey  meinem  leben  die  veter  beruffen  oder 

20  in  meinem  ftul  ficzen^c  £r  aottwurt  getretzigUchen  vnd  grymig- 
miglichen:  er  feffe  in  feines  vaters  ftul,  es  wer  zymlicher,  des 
konigs  fun,  der  ein  erb  des  reichs  wer,  denn  ein  knecht  in 
folichem  ftul  zu  ficzen.  Man  hette  im  lanng  zii  gefehen,  das  er 
feiner  herren  gefpott  hett.   Da  hub  fich  ein  gefchray  von  payden 

25partheien  vnd  iren  gonnem.  Das  volck  bef  zu  vnd  tranng  ynn 
hofe.  Es  fchin  wol,  das  der,  der  da  vberwunde,  regniren  wurd. 
Den  rarqiunium  zw.mng  die  leczft  not,  —  feyt  das  es  lo  verr 
komen  was  ■•-  das  er  ein  hercz  gewen  vnd  als  er  iunger,  vnd 
ftercker  was,  fo  nymt  er  den  Seruium  vnd  ftoist  yn  auls  dem 

30fal  vnd  wurfit  yn  die  ftiegen  ab  vnd  hiefs  die  ratherren  wider 


I  novit ate  ac  miraciilo  attoniti  et  iam  de  Serrio  actuB  nti. 

5  serva  natum. 

7  nnltebri  dono. 

II  sordidissimo  caiqae. 

14  ad  invidiam  locapletionun. 

16  liriv»  I,  48. 

17  a  vestibnlo  cufiae. 

t8  quid  hoc  ■  .  rei  est? 

37  necessitate  iam  eüam  ipsa  cogente  nltiina  andere. 

29  deiecii. 


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—    39  — 


einhyn  geen.    Da  fliihen  alle,  die  mit  dem  kunig  komen  waren, 
,    paide  von  wepnein,  von  freunden,  von  djrenem  vnd  anndem, 
aufsgenomen  ein  wenig,  die  yn  verblut  vnd  halb  tot  haym  fürten, 
vnd  ee  er  zu  bawfs  kam,  da  ward  er  getott  von  denen,  die  im 
der  Tarquinitts  nach  gefchickt  hett.    Man  meint,  das  yn  die  5 
Tullia  dar  zu  gerayczt  hab,  das  er  Seruium,  feinen  fchweher, 
iren  vater  toten  lolt,  denn  fie  kam  pald  auf  einem  wagen  geuam 
vber  den  marcKt  vnd  vodert  iren  man  aufs  dem  rate  vnd  nennt 
in  zum  erften  kunig  vnd  fchewht  dar  Inn  nyeman.    Vnd  das 
vber  alle  grymmi(  kalt  ift  vnd  auch  ein  grawen  ift  zu  reden  oder  10 
zu  hören:  Da  üe  haym  für  vnd  kam  in  die  gaffen,  da  ins  vaters 
*   leib  lag  vnd  der  fnnnan  wenndet  den  wagen  vnd  zaigt  der 
frawen  den  toten  leib  iis  vaters,  da  trib  fie  den  wagen  vber 
irs  vaters  leib,  das  der  plutig  wag  zewgnus  gebe,  das  fie  teyl- 
hafftig  wer  des  mords  vnd  fchuldig  des  plutes  ires  vaters.   Dar  15 
.  vmb  ift  es  nit  ein  wunder,  das  ein  folcher  mordifcher  anfang 
irs  reichs  einen  pofen  aufsgang  genOmen  hat.    Seruidä  het  vier 
vnd  vierczig  iar  geregnirt  vnd  het  fo  wol  geregiert,  das  im  kawm 
ein  peffer  mucht  nachgeuolgt  haben,  vnd  das  gehört  auch  zu 
feiner  ere,  das  mit  im  auch  die  rechten  vnd  eelichen  reiche  20 
feint  vnttergangen,  vnd  wie  fenfft  vnd  befchaiden  fein  regiment 
was,  fo  hett  er  doch  in  feiner  maynung,  als  etUch  gefchriben 
haben,  das  er  absteen  wolt  vnd  wolt  das  romisch  volck  der 
herfchimg  frey  machen,  wer  es  nit  durch  dss  vbel  der,  die  von 
feinem  hawfs  waren,  vntterftanden  worden.  35 

Nach  im  regnirt  L.  Tarquinius,  der  in  hett  laflen  toten, 
der  vmb  feiner  tat  willen  den  ziuiatucu  vlioikum,  das  man  in 
den  ftolczen  oder  hochferttigen  larquinium  nennt,  wann  er 
vntterwant  fich  des  reichs  mit  gewalt,  on  willen  der  ftat,  on 
Willkür  der  veter,  das  ift  der  alten  des  rats,  vnd  wie  er  mit  30 
gewalt  einprach,  alfo  regnirt  er  auch  mit  gewalt.   Er  vbergab 

I    fit  fuga  regis  apparitorum  atqae  comitam. 
8    e  cnria. 

19    Ctteram  id  quoque  ad  gloriam  accessit. 

24   ni  tcdiim  intestinnm  liberandae  patriae  coniilia  agttaati  ia- 

tervenisset. 

a6   Livio«  I,  49. 

29    neqae  populi  iussn  neque  auctoribus  patribui. 
31    hic  enim  recrum  primas  traditam  a  privribas  morem  de  omniboa 
»enalum  consulendi  solvu. 


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—    40  — 


die  veter,  er  fragt  (ie  nit,  als  'CS  vor  ander  kunig  gewonheit 
was  gewefen,  das  He  alle  ding  an  einen  rat  prachten.  Er  be- 
hielt die  verhorung  der  fachen  im  felbs  vnd  verricht  (te  felber, 
vnd  alfo  tot  er  oder  mocht  toten  oder  in  das  elend  fennden, 
5  oder  auch  das  gut  nemen  nit  allein  denen,  auf  die  er  einen 
arckwan  het,  funder  auch  denen,  zu  denen  er  ainen  hafs  oder 
einen  grollen  het,  oder  zu  denen  er  ka\  n  ander  fach  het,  denn 
das  er  ir  gut  sjern  gehabt  hette.  Kr  h'efs  die  7:al  der  ratherren 
abgeen  vnd  wolt  nit,  das  man  ander  an  ir  Üat  erweltc,  das  er 

10  feinen  mutwillea  defterpafs  vben  mochte.  Die  obeiften  von  den 
ratherren,  die  er  verdacht»  das  He  feinem  vorfaren  oder  feinen 
fachen  guhftig  weren  gewefen,  die  tötet  er.  Seinen  vorfahren, 
den  er  hett  heiffen  toten,  der  doch  fein  fwager  vnd  fchweher 
vnd  ein  weifer  wolfurwefender  kunig  was  gewefen,  wolt  er  nit 

I5lafijen  begraben.  Er  trawt  feinen  burgern  nichts,  er  hielt  fich 
zu  den  frembden  vnd  macht  gebuntnufs  vnd,  frid,  er  bewegt  auch 
krieg,  wie  vnd  wenn  vnd  mit  wem  er  wolt  vnd  fucht  treiintfchafft 
vnd  gefeUfchaftt,  wa  er  wolt,  vnd  das  alles  on  i^eheifs  des  volrks. 
on  rat  der  vcfter.    Er  hett  vntter  anndern  funen  einen  mit  namen 

^OSextum  Tarquinium,  der  ein  vrfach  ift  gewefen  der  ding,  vmb 
des  willen  dife  ding  alle  gefchriben  werden.  Der  jilngft  was  er 
vntter  feinen  pnidern.  Da  fein  vater  ein  ftat  mit  namen  Gabios 
mit  gewalt,  als  er  es  verfucht  hett,  nit  gewynnen  .  kund,  da  fugt 
er  fleh  dar,  gleich  als  er  fluchtig  vor  feinem  vater  wer,  vnd  clagt 

25  vehitlichen  vber  feinen  vater,  wie  er  fein  tyrannej  von  den 
frembden  in  fein  aygen  kindei  gekert  liet  vnd  wie  er  fich  ftellet, 
als  ub  er  von  der  niavnung  fie  zu  kriegen  gelaffen  het,  aul  das. 
das  er  He,  wenn  Tie  aliermeift  eederhten,  vngewarnet  vberviel 
vnd  wer  es,  das  er  bej  inen  kein  üat  der  gnaden  mocht  vinden, 

30  fo  wollt  er  n)  Inimg  vmbzieheo  durch  <lie  iennder,  pifs  er  funde 
die,  die  die  kiader  von  den  grewlichen  vngerechten  peynen  ir 
ekem  wiffeten  zu  befchuczen.    Er  hielt  auch  für,  wie  er  in  be- 

» 

-  girden  hette,  ainen  ftreyt  zefuren  wider  den  allerhochferttigiften 

i6    Latinorum  sibi  maxime  gentem  coacilUbat. 
I9~ai  Zusatz, 
ai    Livius  I,  53. 

SS    Um  ab  alients  in  suos  vertisse  superbiam. 

10   y>erprratuiiim  se  omoe  Latium,  Volscoique  se  mde  et  Aequcw  et 

Hernicos  peiiiurum. 


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~  41 

vnd  grymtnigiften  kunig.  Mit  folchen  vnd  vil  andern  liTtcn  vnd 
geftifiten  wortten  vl^erging  er  die  Gabeiner,  das  de  im  glaubten 
vnd  namen  in  auf  zu  einem  haubtman,  vnd  ward  ir  ganncz  ge- 
waltig. Da  fchickt  er  einen  boten  zu  feinem  vater,  der  in  fragen 
follt,  was  er  mit  den  Gabeynem  tun  follt,  feyt  das  im  die  Gotte  5 
verlihen  hetten,  das  er  mit  ynen  mocht  tun,  was  er  wollt.  Als 
der  l)Ote  gen  Rom  zu  dem.  kunig  kam,  da  mocht  er  kain  munt- 
lieh  oder  Ichrilttlich  antwurt  vod  dem  kunig  bekomen,  fundern 
der  kunig  gieng  zu  fpaciren  in  den  gartten,  der  pey  dem  paüaft 
was,  als  ob  er  fich  1)edencken  wollt,  vnd  der  bot  feins  funfs  {Q 
volgt  im  nach  vnd  lag  ym  an  vmb  ein  anttwurt.  Man  meint, 
das  yn*  der  kunig  verdecht  vnd  trawt  im  nit  wol.  Er  ging  hin 
vnd  her  fchweygend  vnd  fchlug  die  haubter  der  hohften  olmahen 
mit  einem  ftecken  ab.  Da  der  bot  Tragens  vnd  baytens  mud 
ward,  da  keret  er  wider,  vnd  da  er  zu  feinem  herren  kam,  da  15 
Tagt  er  im,  was  er  geworben  hett,  was  er  auch  gefehen  hett  vnd 
wie  der  kunig  vuu  hoclifart  uder  zornes  oder  hals  wegen  im 
nye  kein  wort  zu  gerett  hett.  Sextus,  da  er  die  maynung  des 
Vaters  bey  dem  zaichen  niarckt,  da  beciaget  er  ettlich  der  mech- 
tigiften  der  burger  geftiffter  lachen  vor  dem  volck  vnd  tötet  fie.  20 
Ettlich  tötet  er  neyds  halben,  vil  wurden  oifennlichen  getott, 
'ettlich,  wider  die  er  nichts  erdencken  mocht,  kamen  beymlichen 
vmb.   Ettlich  liefs  er  flien,  ettlich  wurden  in  das  eelend  gefendt, 

'  vnd  derselben  guter  tailet  er  auch,  wie  vnd  vntter  wen  er  wollt; 
vnd  die,  vntter  die  er  die  guter  der  vertriben  tailet,  die  liefren25 
es  auch  vmb  ires  aygenen  nuczs  willen  befchehen,  als  lang  !)ifs 
der  ( iabeiner  rtat  rates  vnd  hilti  berau  bt  ward,  vnd  alfo  on  alles 

•  iturmcn,   ftreiten  vod  bo!c|Lrern  dem  kunig  vbergeben  ward.  — 
Es  gefchach  darnach,  das  der  kuni^  des  juinters  tempel  auf  dem 
perg  Tarpeio,  da  nu  das  Capitolium  vnd  der  barfuffer  kirch  ara30 
celi  ift  vnd  darvnder  die  gefencknufs  vnd  das  loch  Mamurtini, 

.  da  fant  Peter  vnd  fant  Pauls  newn  monet  ynn  gefallen  gelegen 


2  r.ivius  I,  54* 

8  nihil  voce  responsum  est. 

13  summa  papaverum  capita.  , 

14  tnterrogando  expectandoqiie  retponanm  nvntiiis  fessns. 
83  patnit  quibusdam  volefitibns  fnga. 

29  Livius  I,  55. 

30  Zusatz. 


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—    42  — 


(int,  da  der  kunig  den  tempel  gebawt  hett  vnd  was  nu  be- 
kommen in  anndern  bewen  der  ftat,  da  begegnet  ym  ein  er- 
fchrockenlich  zaichen.  Ain  fchlang  viel  aufs  einer  httlczene[n] 
fewl,  vnd  die  das  fahen,  die  erfchracken  vnd  flohen  in  den 
5  kuniglichen  fal  Der  kunig  erfchrack  nit  allein,  funder  fein  hercz 
ward  vol  forg  vnd  anglt,  das  es  nit  ettwas  vbels  bedewt,  vnd 
feyt  das  er  nit  getorft  den  weifen  vnd  warfageren,  die  er  doch 
fünft  in  ofTenberlichen  wunder  zaichen  rats  fragt,  getrawen,  da 
fchickt  er  fein  zwen  eitern  fun  durch  heymlich  wege  vnd  mer 

lüin  Krichen  lant  gen  Delphos,  da  der  namhatftigft  tempel  was, 
da  man  pflag  anttwurt  zu  holen  von  lieymlicben  kunfitigen 
fachen.  Des  kunigs  fun,  mit  namen  Titos  vnd  Aruns,  sohen 
hin  vnd  namen  mit  in  L.  Junium  Brutum,  der  des  kunigs  fwefter 
fun  was,  die  auch  Tarquinia  biefs.    Derfelb  jungling,  da  fein 

15ohem  die  roechtigii^en  vnter  den  bürgern  vnd  ratherren  der  ftat 
lief»  toten,  vntter  denen  auch  fein  prüder  getott  was  worden, 
do  er  das  vernam,  da  fac/.t  er  im  für,  das  er  nichts  behalten 
wollt,  das  dem  kunig  zu  beforgen  oder  verdechtlich  wer,  vnd 
nam  fich  einer  geltait  eins  alberen  toreten  menfchen  an  vnd 

201iefs  den  kunig  mit  im  vnd  feinem  gut  machen,  wie  er  weit, 
aufif  das,  das  er  vntter  ainer  folchen  geftalt  pey  dem  leben  piib. 
Defslialben  liefs  er  fleh  für  eynen  gecken  haltten  vnd  auch  alfo 
nennen,  denn  Brutus  ift  als  vil  als  ein  toller  oder  vnuemewftiger, 
aber  es  fteckt  ein  anderer  in  im,  dann  er  fich  ftalt.  Des  kunigs 

25  fun  namen  yn  für  einen  gauffman  oder  fpilvogel  als  einen  gecken 
mit  in,  vnd  er  trug  ein  gülden  ftab,  der  verfchloffen  vnd  ver- 
porgen  was  in  einem  holen  hurnen  ftab  mit  im  vnd  fchanckt 
yn  dem  Aj)i*üllini,  das  ift  der  abgot,  den  fie  fragen  wolten, 
dar  pey  er,  als  man  lagt,  haymlich  zuuerlteen  gab,  das  er  von 

30ynnen  annders  was,  denn  man  in  von  aufswendig  anfah.  Nach 


I    Liviui  I,  56. 

5  ipsius  regU  Don  tarn  subito  pavore  perculit  pectus  quam  anxiis 
inplevit  euris. 

6  cum  ad  pablica  prodigta  Etniaci  tantti»  vatet  adhiberentnr,  hoc 
velot  domestico  cxterritus  visu. 

10    maxime  inclitum  oraculum. 

«3    Brnti  quoque  haiid  abnak  cognomeo.  • 

25    (vi     f  ind  bei  Lexer,  MHD.  WB.)  ladlbrium  verins  quamconcs. 

27    ihis  üt        wollen  7',>-:it? 

29    per  ainbage»  eltigtem  lagenti  sui. 


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—   43  — 

dem  nun  des  kimigs  fun  iies  vaters  gebot  vnd  potfchaflt  vol- 
pracht  betten,  da  kam  fie  ein  furwicz  an  2a  wiffen,  auf  welchen 
das  romifch  reich  gevallen  fultt.  Da  fie  fragten,  fagt  man,  das 
von  einer  tyffe  hole  ein  ftimb  gehört  wurde :  »Imperium  summum 

rome  habebit,   (}ui  vestrum  primus,  0  iuuenes,  osculum  matri  5 
tulerit,«.  das  als  vil  ift,  das  der  zu  Ruine  herfchen  fult,  der  zum 
erften  fein  mutter  kuffen  wurd.    Da  geboten  tlcs  kunigs  fun 
auff  das  hochft,  das  fie  künden,  das  yederman  fchweigen  lolt, 
das  der  junger  fun  Sextus,  der  zu  Rom  pliben  was,  der  ant- 
wurt  nit  innen  wurd,  vnd  fie  entpfolhen  es  dem  gluck,  welher  10 
vntter  inen  —  wenn  fie  gen  Rom  kernen  —  zum  erften  die 
mutter  kufien  wurd.    Aber  der  Brutus,  der  vernam  dife  antwurt 
nach  einem  tieffem  fyn  vnd  tet  gleich^  als  ob  er  on  geuerd 
itolpert  vnd  nyder  viele,  vnd  berurt  die  erd  mit  dem  mund, 
dar  vmb  das  fie  ein  gemeine  mutter  aller  totlichen  ift.    Alfo  15 
kamen  fic  gen  Rom,  da  man  fich  wider  die  Rutilos  zu  ftreyt 
bereyt,  der  fach  halben,  das  fie  reich  waren.    Dar  vmb  vieng 
der  kumg  a[ijn  krieg  wider  fie  an,   das  er  von  irem  rawb  die 
Romer  ftillen  vnd  verfunen  mocht,  die  vnwillig  waren,  das  er 
fie  mit  pewen  fo  lanng  befwert  hett.    Die  Rutiii  betten  ein  ftat  20 
mit  namen  Ardearo;  man  verfucht,  ob  man  fie  mit  dem  erften 
fturm  mocht  gewynnen.    Do  das  velet,  do  legert  man  fich  da 
für,  vnd  in  der  felben  zeit  mochten  die  furnehmften  ab  vnd  zu 
ziehen.    Es  gefchah,  da  des  kunigs  fun  die  zeit  zu  vertreiben 
zu  Zeiten  mit  einander  äffen  vnd  truncken,  da  fie  ein  mals  zu  25 
nacht  äffen  pey  des  kunigs  iunglten  Tun,  der  Sextus  Tarquinius 
hiefs,  vnd  was  auch  bei  yncn  Coliatinus  Tarquinius,  Eugerijs  lun, 
der  oben  gemelt  ift  worden,  vnd  als  ein  rede  die  andern  gibt, 
fo  gedachten  fie  irer  hausfrawen  vnd  ward  ein  igiicher  die  feinen 
für  die  andern  loben.  Alfo  kamen  fie  in  ein  gezenck  mit  ftreitigen  30 
wortten,  da  hub  der  Coliatinus  an,  fie  bedorfiHien  der  wort  nichts 
vberal,  fie  mochten  in  kurczen  ftunden  ertaren,  wie  weyt  fein 
Lttcrecia  die  andern  weiber  vbertreife.   »Lafient  vns«,  fprach  er, 
»auf  vnnfer  pferd  ficzen  vnd  laftent  vns  reyten  zu  einer  iglichen, 

10    sorti  permittttiit. 

f3    alio  ratus  spectwe  Fythicam  ^cem. 
15    Livius  I,  57. 

23    satis  libcri  commeatus  erant,  primoribof  tarnen inagliq[OAiii  miiitibus. 
incidit       uxohbus  mentio, 


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—    44  — 

vnd  wie  wir  fie  zum  erften  on  geuerd  vnd  vngewarnter  fache 
viDden,  das  gelte.«  Sie  alle,  als  fie  denn  wol  getruncken  hetten, 
auf  die  pferd  vnd  behend  gen  Rom  zu,  vnd  vbervielend  ir 
gefynn  vngewamet.  Es  was  nu  vtnfter  worden,  da  fle  gen  Rom 
5  kamen.  Von  Rom  riten  fie  gen  CoUacz,  da  He  die  Lucreciam 
vanden  nit  mit  effen  vnd  trincken  vnd  ipilen  oder  gaylen  in 
leichtfertti<  kait  mit  ires  gleichen  die  zeit  zuuertreiben,  als  fie 
denn  die  anndern  tchnuren  des  knni(;s  funden  hetten,  funder 
fic  tunden  lie  zuchtiglichen  an  der  arbeit  enmitten  vnder  den 

lOjuncfrawen  Hczen,  wenn  Tie  gingen  mit  wollen  vmb  fpat  in  die 
nacht.  Jr  man  gewan,  Lucrecia  behielt  den  preifs.  Als  fie 
den  haufswirt  mit  den  geften  fah,  He  ftund  auff  vnd  empfing  He 
freuntUchen  vnd  suchtiglichen.  Der  man,  der  obgelegen  was 
des  ftreyts  von  dem  lob  der  frawen,  der  lud  die  anndern  kunig- 

15  liehe  jungling  ze  hawfs.  Da  begriff  den  Sextum  Tarquintum  ein 
bofer  luft  vnd  begird  zu  notigen  die  Lucreciam,  dar  zu  yn  ir 
fchön  mit  ticr  zucht  ir  kewfcheit  rayc/.et.  Sie  kamen  wider  von 
difeni  ichimpf  in  das  her.  Vber  ein  wenig  tag  kam  des  kunigs 
fun  Sextus  Tarquinius  on  wiffen  des  Coliateins  mit  einem  gefellen 

20gcnCoUacz  vnd  wart  freuntlichen  empfangen,  als  von  denen,  die 
feinen  anfchlag  wenig  wiCTenten.  Da  er  nach  dem  nachtmal  in 
die  gaftkamern  gefurt  ward  vnd  nit  zu  rw  vor  der  bofen  lieb 
mocht  fein,  da  yn  gedaucht,  das  yederman  fchlieff  vnd  alles  (tili 
vnd  ßcher  wer,  da  nam  er  eyn  meffer  in  die  hannt  vnd  kam 

25  zu  der  Lucrecia,  da  fie  fchlieff  vnd  druckt  fie  mit  der  Uncken 
hanntauf  die  prüft  vnd  fprach:  t  Schweig  itill,  Lucrecia.  Ich  bin 
Sextus  Tarquinius,  ich  hah  das  meffer  in  der  hannt.  LeiTeltu 
einen  fchray  aufs,  fo  nnntu  ücrben.*  Da  erwacht  fie  \  nd  er- 
fchrack,  da  fie  den  tot  vor  ir  fah,  das  fie  nit  reden  könnt. 

30  Tarquinius  ving  an  zu  verleben  fein  groffe  Ueb  vnd  ward  iie 
biten  vnd  ward  fein  gebete  vermengen  mit  trouwen  vnd 
ward   alle   lift  verfuchen,    das  er   fie  bewegen  mocht  su 

2  incftlnerant  vino  >ftget«iielc  omnes  cUatis  equis  «voUnt  Romam. 

6  in  eonvi^io  luxuque  cum  aequaltbus. 

lo  nnctc  s(?ra  deditam  lanae* 

12  flund  auff  Zusatz. 

17  ah  noetnroo  inTenali  ludo. 

18  Livius  I,  58 

22  ho!5pitale  cubiculnm. 

24  stricto  gladio. 


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45 


feinem  willen.  Da  er  fah,  das  fie  fo  ftet  vnd  fo  verfaertt 
was,  das  de  auch  von  vorcht  wegen  des  todes  nit  weichen  wolt, 
da  legt  er  zu  der  vorcht  des  todes  die  fchant  vnd  verlewmung 
des  eeprucbs  vnd  drowet  ir,  das  er  einen  nackenden  getotten 

knecht  zu  ir,  wenn  er  fie  durchstochen  vnd  getott  hett,  legen  wollt,  5 
das  man  alfo  gedcnacken  vnd  haltten  follt,  das  Tie  in  dem  ee- 
prucli   gefunden  vnd  dar  vmb  getott  wer  worden.    Da  er  fie 
mit  demlelbenn  erlchreckt  vnd  vberkomen  hette,  vnd  nun  von 
ir  kam,  da  fchlug  die  Lucrecia  mit  groffen  laid  in  ücb  felbs  vnd 
fchicket  pald  einen  boten  gen  Rom  zn  irem  Vater  vnd  des- 10 
gleichen  einen  gen  Ardea  zu  irem  mann  vnd  entpot  yn,  (ie 
foltten  mit  iren  guten  getrewen  frewnten  pald  vnd  pald  komen, 
es  wer  ein  foUche  bofe  groffe  fach  befcheen,  die  keinen  ver* 
zug  lid,  man  muft  dar  zu  tun.  Spurius  Lucrecius,  ir  vater,  kam 
mit  dem  Publio  Valerie,  von  dem  ich  z«  Rom  gefunden  hab,  15 
das  er  ir  prüder  wer.    So  aber  Titus  Liuius  Ichreibt.   «las  unn 
vater  Volefius  wer,  fo  mulst  es  villeicht  der  rhutter  halb  gcwelen 
feyn  oder  das  er  ynen  fünft  als  nahe  zugehört  hette.    Ir  man 
Colatinus  kam  auch  mit  dem  Lucio  junio  Bruto,  mit  dem  er  gen 
Rom  kam,  vnd  ward  also  befchickt  von  der  hauffrawen.   Da  fie  20 
nun  zu  ir  kamen,  da  funden  de  fie  laydig  vnd  iamerich  in  der 
fchlalfkammem  (iczen.    Zu  hannd  als  He  fie  fach,  da  vberging 
fie  mit  heiflen  bittem  zehern;  da  lie  der  man  fragt,  wie  den 
fachen  wer,  ob  alle  ding  wol  ftunden,  da  fpradi  fie:  »Na3m, 
dann  .wie  möcht  es  ymmer  wol  fteen  vmb  ein  frawen,  die  ir  eer  25 
verloren  hat.     Es   fein   eines   freinbden   inaniifs   fufsflaprt'en,  o 
Collatine,  yn  deinem  bett,  d(H  h  fo  ift  allein  der  leib  gefchwechl, 
das  gemut  ift  vnfchuldig,  der  tot  wird  des  gezewgnus  geben. 
Aber  %'erheiffs  mir  vnd  gebt  mir  ewer  trew  mit  dargefchlagener 
bannt,  das  ir  es  nit  vngerochen  wollt  laffen  an  dem  eeprecher.  30 
Sextus  Tarquinius  ift  der,  der  die  vorder  nacht,  ein  veint  für 
ayn  gal%,  mit  gewapenter  vnd  gewaltiger  hannt  mir  vnd  ym,  feint 


3  uddit  ad  mortem  dedecas. 

12  ilu  fiicto  maturatoque  opus  esse. 

15  von  dem  —  zugebort  bette  Zusatx. 

ai  maestain  inveniuiit. 

aa  adventu  saornm  lacrimae  oboitae. 

28  aniiniis  insons 

31  bostis  pro  hospile. 


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—  46 


ir  annders  menner,  totlich  frewd  hingenomeii  hat,«  Sie  gaben 
ir  alle  nach  einander  ir  trewe,  das  fie  es  lechen  woltten,  vnd 
troften  He  das  pelt,  das  (ie  künden,  das  fie  fich  des/  das  wider 
iren  willen  befchehen  wer,   nit  als  fer  annem.    Die  (chuld 

5  wer  des,  der  de  geweitigt  vnd  genotzoget  hett,  die  fiind,  die 
leg  an  dem  willen  vnd  in  dem  gemiit  vnd  nit  an  dem  leibe, 
der  genotfertct  wurt.  Sie  antwurt  \  nd  Tprach:  »Sehet  ir  zu, 
was  man  dem  tun  rullt.  der  daran  Ichuldig  ift.  Aber  ich,  x  fprach 
fie,  »ob  ich  mich  entpinde  von  der  fund,  fo  entledig  ich  mich 

10  doch  nit  von  der  pein.  Es  fol  auch  kein  vnfchamhafftige  frawe 
durch  mein  ebenpild  pey  dem  leben  pleiben.€  Als  (ie  das  ge- 
fprach,  da  zog  fie  ein  mefl^er,  das  lie  vntter  dem  klaid  ver« 
porgen  hete,  herfur  vnd  (tach  es  in  ir  hertz,  das  es  dor  inn 
ftecket,  vnd  viel  alfo  für  fich  auf  die  wunden  vnd  darb.  Der 

15  man  vieng  an  zu  fchreyen  vnd  der  vater.  Als  fie  mit  waynen 
vnd  clagen  bekumert  waren,  da  zog  der  Brutus  das  plutig  meffer 
aufs  der  wunden  der  l,ucrecien,  vnd  hielt  es  alfo  plutruftig  vor 
im  vnd  fprach:  >  Hey  difem  aller  keufchten  vor  kuniglichem  vn- 
recht  plut  fchwer  ich  vnd  ich  nym  euch,  Gött,  zu  zeugen,  das 

20  ich  den  Lucium  Tarquinium,  den  hochferttigen,  mit  feiner  bofs- 
wichten  hauffrawen  vnd  dem  gannczen  gefchlecht  feiner  kinder, 
als  weyt  mein  vermugen  reichen  mag,  mit  dem  fchwert  vnd  mit 
dem  fewer  verderben  wil  vnd  wil  weder  fie  noch  andere  zu 
Rom  regniren  laflien.«    Damach  gab  er  das  mefier  irem  mann 

25CoHatino,  darnach  dem  Lucrecio,  irem  vater,  darnach  dem 
V.ileriü,  die  da  vor  wunder  alle  erfchluchczten,  wanne  der  new 
vnuürlehen  mut  in  die  prust  des  Brutus  kern,  vnd  hiefs  fie  alle 
fchweren.  Sie  fchwiiren*)  vnd  kerten  fich  von  dem  clagen  inn 
zorn,  vnd  als  fie  der  Brutus  vodert  zu  ftreiten  wider  den  kunig 

30  vnd  den  kuniglichen  gewalt  hin  zunemen,  fo  volgten  fie  im  nach 
als  eynem  hawbtman.  Sie  trugen  die  leich  aufs  dem  hawfs  auff 
den  marckt  vnd  vorderten  vnd  bewegten  durch  dife  newe  er- 
bermliche  gefchicht  die  menig;  es  ging  dem  volck  zu  hertzen, 

•)    cod.  tchuwreou 

I  pestifernm  hinc  abstalil  gandinm« 

15  Livius  I,  59. 

3t  iceleraU. 

22  quacumquc  ilehinc  vi  possum. 

2&  tolique  ab  luctu  versi  in  iram. 


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—    47  — 


vnd  vieogen  all  an  2a  klagen  vber  den  gewalt  vnd  mutwillen 
der  kiinigUchen  perfonen.  Das  volck  ward  auch  bewegt  durch 
das  grofs  layd  vnd  waynen  ires  vaters.  Aber  der  Brutus  hielt 
für,  es  wer  nichts  mit  clagen  oder  waynen  aufsgerichtt  (ie  fultten 

tun,  das  raennem  vnd  Romern  zugehorte,  die  da  wappen  vnd  5 
harnafch  g[e]torrton   wider  die   veind    vnd    vngerechten  gev.alt 
nenien.    Er  erweckt  vnd  trib  auf  die  kunen  jungling,  das  Tie 
fich  williglichen  erboten  zu  vechten  vnd  zu  ftreyten  für  die  frey- 
heit    Die  anndern  Voigten  denfelben  nach  vnd  lieffen  ein  hut 
zu  den  porten  zu  CoUacz  vnd  beftalten  huter,  die  verwartten,  10 
das  nyman  diCe  ding  den  kunigen  offenbarte  vnd  zohen  mit  ge^ 
wapenter  hannt  dem  Bruto  nach  gen  Rom.  Wa  das  gewapenet 
here  durch  soh,  da  ward  ain  fchreck  vnd  ein  aufrur  vntter  dem 
volck.    Da  fie  aber  die  mechtigen  der  romifchen  itat  fahen 
voran  hin  ziehen,  da  gedachten  fie  wol,  es  wer  nit  on  groffe  15 
fach.    Da  fie  gen  Rom  kamen,  da  erhub  fich  nit  ein  mvnner 
bewegung  vnd  autTrur  zu  Rom.    Man  lieff  von  allen  gaffen  auf 
den  marckt.    Der  butel  vordert  das  volck  für  den  tribun  oder 
furwefer  der  ritterea  vnd  richter  der  vbeltat,  der  der  Brutus 
was.  Da  tete  er  ein  rede,  die  man  nit  hynder  im  noch  hinnter20 
einem  narren,  als  er  fleh  pifs  auf  die  zeit  geftellt  het,  gefucht 
hett.   Er  hatt  ein  lange  rede  von  dem  gewalt  vnd  mutwillen 
der  kunig  vnd  befunder  des  Sexti  Tarquinij,  von  der  nottfertung 
der  Lucrecien,  von  irem  iemerlichfn  vnd  erbärmlichen  tode, 
von  dem  groffen  layd  vnd  elend  des  Tricipiteins  —  ir  vater  hiefs25 
Spurius  Lucrecius  Tricipitinus,    —  wie  demfelben  die  lacli  des 
tods  feiner  kewfchen  erentreichen  tochter  groffer  layd  vnd  iamer 
mecht,  denn  der  tot.    Er  er/.elt  auch  die  grol'ie  beleftigung  des 
volcks,  wie,   die  vberwinder  aller  lennder  vmb  fich  gewefen 
weren,  nu  zu  hertter  fchnoder  arbeit  gedrungen  werden,  als  zu  SO 
graben  yn  den  graben  vnd  zu  fegen  die  fprach  hewfer  oder 
haymlich  gemach  vnd  der  gleichen,  vnd  die  romfchen  rewter, 

3  Inm  Brutus  castigator  lacrmiarum  atque  inertiuui  t^uerelaruin. 

5  anna  capiendt  aoto«. 

14  primores  civitatis. 

15  haud  temere  esse  rentiir. 

17  ex  onniibtts  lods  orbU  in  forum  curritnr. 

18  praeco  ad  tribaaum  Celerom  .  .  .  populam  advocavit. . 
25  S   Eutropius  i,io. 

31  labores  plebis  in  fossas  cloacasque  exhauriendas  demenae. 


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—  48 

die  weren  zu  hanntwerks  lewten  vnd  zu  fteinmiczen  worden. 
Da  ward  auch  gedacht  des  vnwirdigen  todes  des  kunigs  Seruij 
TuUij,  vnd  wie  die  grymmich  vngefchlacht  tochter  TuUia,  die 
da  zu  mal  kunigin  was,  vber  yres  aigeAen  vateis  leib  gefaren 
5  wer.  Da  wurden  die  Gött,  die  recher  der  eitern  fein,  «u  räch 
aiigcrutTt.  Mit  folchen  reden  entzunt  er  das  volck,  das  Tie  den 
kuuig  vbergaben,  vnd  im  das  kunigrcit'h  abfchlugen  vnd  geboten 
auch,  das  man  in  nit  mer  in  die  l'tat  lalTen  foUt,  funder  man 
follt  im  das  lannt  verpieten  vnd  nit  allein  im,  fundern  auch 

10  feiner  hauffrawen  vnd  feinen  kindern.  Der  Brutus  erwelt  von 
den  iungen,  die  fer  willig  dar  su  waren,  ein  gewopents  here, 
vnd  zoh  in  das  here,  das  vor  der  ftat  Ardea  lag,  das  er  daffelb 
auch  abfpannte  vnd  bewegte  wider  den  kunig,  vnd  der  gewait 
zu  Rom  wart  die  weil  dem  Lucrecio,  dpr  Lucrecien  vater,  em- 

15  pholhen,"  dem  es  auch  vor  hyn  vpn  dem  kunig  empfolhen  was 
gewcfen.    Vntter  der  auliiar  Hoch  die  Tullia,  die  kunigen,  aufs 
dem   havvfs,   vnd   wo   lic   iiin  zochj   fo  flucliten  ir  frawen  vnd 
rpann   vnd  baten  vnd  rufften   räch  an  vber  fie.    Da  nn  dile  . 
mere  in  das  here  kamen,  da  eylct  der  kunig  mit  zittern  gen 

20 Rom,  das  er  die  aufrur  druckt  vnd  ftiliet.    Der  Brutus  merckt 
die  Zukunft  des  kunigs.  vnd  zoh  neben  vmb,  das  er  dem  kunig  . 
nit  begegnet.   Alfo  befchah  es,  das  durch  annder  wege  auff  ein 
zeit  der  Brutus  gen  Ardeam  vnd  der  kunig  gen  Rom  kamen. 
Aber  de|p  kunig  wurden  die  porten  oder  die  tor  vorbefchloften 

25  vnd  verfperrt  vnd  ward  im  das  lannt  verpoten.    Aber  den  er- 
lofer  \  nd  freymachcr  der  ftat  Rom  empfing  das  her  mit  frewden.  . 
Die  /wen  Tun  des  kunigs  wurden  verftolTen  von  dem  here  vnd 
zühen  dem  vater  nach  in  das  eelend  gen  Cere  in  Kthruriam. 
Sextus  Tarquinius  zoh  gen  Gabiös  in  die  (tat,  die  er  fo  verreter- 

30  liehen  vnd  vntrewlichen  vor  zeiten  feinem  vater  vntterworffen 
het,  vnd  wolt  da  herfchen  gleich  als  in  feinem  erbreich.  Da 
wart  er  doch  von  denen»  die  feiner  vntrew  vnd  tyranney, 

7  ut  iraperium  regi  abrogarent. 

ta  ad  coaeitaodiim  Inde  advers  us  regem  exercitttm. 

17  invocarttibus  parentum  furias,'  * 

.  iS  Livius  I,^. 

19  trepidnt. 

21  flexit  viam  Bratos. 

26  laeta  cnstrti  accepere. 

•  32  die  er  —  vntter woräfeo  het  Zusatz. 


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—    49  ^ 


die  er  getnben  hett,  gedachten,  getott.  Alfo  ward  Rom  von 
der  wuterey  der  kunig  erledigt  vnd  frey,  nach  dem  als  vier  vnd 
virczfg  vnd  zwajhundert  iar  von  feiner  erften  ftifftung  vergangen 

waren,  vnd  wurden  darnach  ierlichcn  zwen  confules,  das  fein 
ratherren,  erwclt,  die  regircn  folltten.  Alfo  ward  das  kuniglich  5 
regimcnt  zu  einem  ratlichen  oder  ratherrilciien  regiment  ver- 
ändert, vnd  das  felb  regiment  was  nur  ierlich,  wann  von  iar  zu 
iar  fo  erweit  man  annder  oder  die  felben  von  newen,  vnd 
wurden  gewoniichen  zwen  gefeczt.  Vnter  weyl  fo  erwelt  man 
ainen  dictatorem  oder  cenforem,  vnd  ein  dictator  was  gewaltiger,  10 
denn  ein  conful,  vnd  ob  das  regiment  vntterweU  vntterprochen 
ward,  fo  viel  man  doch  zum  leczften  wider  darauf,  vnd  vntter 
denselben  ratherren  nam  Rom  fo  vaft  zu,  das  fie  die  geweltigift 
vnd  mechtigift  ward  aller  Ttete,  die  ye  gewefen  leint  vnd  pej 
aller  weit  mechtig.  15 


LVCIV.S  JVNXVS  BRVrVS.  T.VCIVS  TARQVINIVS 

COLLATINYS. 

Die  aller  erften  ratherren,  die  zu  Rom,  nach  dem  als  die 
kunig  vertriben  wurden,  gemacht  wurden,  fein  gewefen  Brutus  vnd 
Collatinus,  die  wurden  gefchopft  von  dem  prefecto  oder  furwefer  20 
der  ftat  mit  namen  Lucrecio.  Lucrecius  was  der  Lucreden  vater, 

die  des  kunigs  fun  genotzoget  hett,  die  fich  dar  vmb  getott  hett. 
Collatinus  was  ir  man  gewefen.  Brutus  was  des  vertriben  kunigs 
fchwefter  fun  vnd,  als  ich  es  vun  Rom  gezeichnet  geprarht  hab, 
des  kunigs  Seruij  Tullij  fun,  den[u]  derfelb  Seruius  het  des  kunigs  25 
Tarquinij  fchwefter,  denn  ich  hab  nit  mer,  denn  von  aym  ayden 
funden,  den  der  Tarquinius  Priscus  gehebt  hab,  vnd  Titus  Liuius, 
der  die  romifchen  hiftorien  vber  annder  in  virczig  vnd  hundert 
bucher  befchriben  hat,  der  hellt,  das  der  Tarquinius  Superbus 
des  Tarquinij  Prisci  fun  fey  gewefen.  Das  fey  oder  fey  nit,  fo  30 
Iii  er  doch  von  kuniglichem  gefchlecht  gewefen,  fo  es  des 
fchwefter  fun  gewefen  ift,  der  des  kunfgs  Tarquinij  fun  oder 
enicklen  gewesen  ift,  vnd  er  liiefs  Lucius  Junius  Brutus,  vnd  lein 
gefell,  der  mit  im  ratberr  ward,  hiefs  Lucius  Tarquinius  CoUa- 

5    bis  Scblufs  ZuSAtc. 
33    Vgl.  Liviat  U,s. 

4 


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50  — 


tinus,  vnd  darvmb  das  er  des  namens  vnd  des  gefchiechts  der 
Tarquinier  was,  fo  verdacht  man  in,  vnd  der  Brutus  mutt  im  zu, 
das  er,  hyn  zenemen  den  argwan  des  volcks,  das  ambt  vnd  die 
wirdickeit  des  confiilats,  das  ift  der  ratherlickait,  aufgeb,  wann 
5  das  volck  bedaachtet  ymmer  2u,  die  weil  die  Tarquinier  inn 
gewalt  weren,  fo  weren  He  der  freihält  nit  Hcher.  Alfo  vberrett 
in  der  Brutus  vnd  fein  fchweher  Spurius  Lucrechis,  das  er  nit 
allein  das  ambt  aufgab,  Uinder  er  zoh  auch  aufs  der  itat  gen 
Lauinium,   vnd  ward  geboten,  das  alle,  die   der  Tarquinier  ge- 

10  fchlecht  werend,  hinweg  foltten  ziehen.  Der  Brutus  der  vberrett 
auch  das  romifch  volclc,  das  lie  fleh  mit  dem  ayde  darzu  ver- 
punden,  das  fie  keinen  mer  zu  Rom  woltten  regniren  laden. 
Doch  wer  die  freihält  fchir  durch  verreterey  verloren  worden, 
wann  fein  aygen  fun  mit  namen  Titus  vnd  Tiberius,  die  hetten 

15  einen  anfchlag  mit  den  Aqufliem  vnd  Vitelliern,  die  ir  nachften 
freund  waren,  wann  ir  mutter,  des  Brut!  haufTrawe,  was  ein 
Vitellerin.  Die  Viteller  namen  ir  fwefter  fnn  Titum  vnd  Tiberium 
auch  in  iren  haymlichen  rate,  vnd  heten  ayn  anfchlag  mit  den 
legaten,  die  von  den  kungen  gefchickt  wurden  zu  begeren  von 

20  den  Romern,  das  fie  doch  ynen  ir  gut  vnd  habe  lielTcn  volgen, 
das  die  Romer  zugeben  hetten,  ee  lie  der  verreterey  innen 
wurden.  Der  haymlich  rat  vnd  anfchlag  was,  das  man  die  kunig 
pey  nacht  haymlich  in  die  (tat  lafTen  follt.  Dar  vber  wurden 
briff  gegeben  vnd  genummen.   Der  anfchlag  wart  geoffenbart 

25  durch  einen  knecht  mit  namen  Vindidus  —  von  dem  vxndicta, 
die  räch  ift,  genent  fol  fein  —  man  vand  die  briff  der  verreterey. 
Die  jungling  wurden  eingelegt,  die  guter  der  kunig  wurden  dem 
volck  zunemen  zu  geurteilt.  Die  veireter  wurden  zum  tode 
gcurteilt.     1  )ie  \<jllenduni;  des  \rtcils  ward  von  einem  rate  dem 

SOvater  der  jungen  emjihcjlen,  das  er,  der  das  \alerlant  in  dem- 
felben  jare  von  den  wuteji<  hen  eiioiet,  trey  vnd  ledig  gemacht 
hett,  die  verreter  der  freihait  itratite.  Die  edeln  jungling  wurden 
an  pfel  gebunden  vnd  nackend  mitgerten  gefchlagen,  dar  nach 
mit  bartten  gericht.    Der  offenbarer  wart  begabt  mit  gelt,  mit 

35freyheit  vnd  burgerrecht.    Der  vertriben  kunig  bewegt  vil  (tete 

lo    Vj^l.  IJvius  II,  3  5. 

34  pruemium  tndici  pecunia  ex  aerario,  iiberUb  «l  civiia;»  data. 

35  Vgl  Linui  U,  6. 


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-    51  — 


vnd  volcker  zu  Itreyten  wider  die  Romer.  In  dem  itreyt  ranten 
des  kunigs  fao  Aruns  vnd  Brutus  mit  folicher  gehe  vnd  zom 

aufeinaTider,  das  ein  iglicher  nu  gedacht,  wie  er  den  anndern 
vmhprecht,  vnd  nit,  wie  er  fich  bcwarte,  vnd  alit;  darchrant  einer 
den  andern  durch  die  tartfchen,  das  fie  paide  vun  den  gewlen  5 
vielen  vnnd  i'turben.     Die  Romer  behielten  doch   zum  leczften, 
die  veindt  flohen  in  der  nacht  der  von.  Fublius  Valerius  Publicola, 
der  nach  demCoUatino  ratherr  was  worden,  turt  die  lekh  feines 
gefeUen  haym  gen  Rom  vnd  beging  in  heriichen»  vnd  die 
romifchen  frawen  clagten  in  wol  ein  iar  als  einen  vater,  dar  10 
vmb  das  er  die  Cchwechung  weipUcher  eren  fo  knnUchen  ge- 
rochen hett.    Damach  ward  Spurtus  Lucrecim,  der  Lucrede 
vater,  ratherr,  aber  als  er  alt  vnd  zu  fchwach  war  zu  einem 
foHchen  fwcicn  ambt,  da  ftarb  er  pald.     Darnach  in  dem  ainidern 
iare  ward  Pubhus  Valerius  wider  mit  Tito  Lucrecio  ratherr.    Nit  15 
lang  darnach  ward  Publius  Lucrecius  vnd  aber  Publius  Valerius 
Publicola  ratherr.    Vntter  dem  confuiat  P.  Valerij  vnnd  T.  Lucre- 
cij  feind  wunderliche  ding  befcheen,  da  vmb  des  Tarquinius 
willen  der  kuntg  der  Ethrurifcben,  Porfena,  vor  Rom  gelegen 
ift.   Wer  fie  wifTen  welle,  der  lefe  lie  in  dem  anndern  buch  20 
Titi  Littij.  vnd  anderfwa. 

Der  Brutus  vnd  Lucrecius  fein  pey.  funffhundert  iaren  vor 
Crifti  gepurt  gewefen. 


GNEVS  LENTVLVS.     MARCVS  CRASSVS.     GNEVS  POM- 

PEIVS,    GAIVS  JVLIVS.  25 

Gneus  Lentulus  vnd  Marcus  Crassus  vnnd  Gneus  Pompeius 
vnd  Gaius  Julius  Caefar  fein  alle  confules,  das  ift  romifch  rat- 
Herren  gewefen.  Dar  vber  feint  Pompeius  vnd  Julius  dtctatores 
—  die  vber  die  confules  vnd  geweitiger  waren  —  gewefen,  vnd 
der  Pompeius  ward  imperator,  als  man  den  kaifer  heiflet,  ge-30 
nani.,  cc  dic  kailerlich  wirdickait,  die  von  demjulio  ain  vrl'prung 
hat,  aulfkam.    Die  vier,  das  ilt  Lentulus  vnd  Cralfus  vnd  Pom- 

5   per  pftnuftm  uterqoe  transfixui. 

II    Vgl.  Livius  II,  7. 

26    Über  Lentulus  [CoMiü  56a.  Chr.j  1.  Mommten,  Gesch.  d.  röm. 

Munzvvesens  605  nr.  232. 

4» 


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52  — 


peius  vnd  Julius  fein  alle  xu  einer  seit  gewefen,  wann  der 
Pompeius  was  des  kaifers  Julij  ayden,  wan  et  hett  fein  tochter 
Juliam.  Aber  da  diefelbl^b»  da*)  wurden  fie  wider  einander. 
Sie  Itarb  aufs  fchrecken  der  lieb.  Der  grofs  Pompeius,  ir  man, 
5. was  von  dem  plut  des  opfTers  befprenngt  worden,  vnd  da  man 
das  klaid  haym  trug,  das  man  im  ein  anders  prechte,  da  befchah 
es,  das  man  ir,  als  (ie  mit  einem  kind  gieng,  begegnet.  Da  fie 
das  plutig  klaid  ires  manns  fahe  vnd  kant,  do  gedacht  fie,  im 
wer  ettwas  widert'aren,  vnd  ee  fie  ye  gefragt,  was  ym  befchehcn 

10  wer  oder  war  vmb  das  kleit  plutig  were,  do  kam  fie  ein  onmacht 
an  vnd  fanck  der  nider  vnd  keret  die  äugen  im  kopfi  vmb  vnnd 
fchlofs  die  hennd  in  einander  vnd  verfchied  mit  fchaden,  oder 
als  man  meynt  2u  fchaden  der  ganncsen  wertt,  dann  fie  wurden 
zum  leczften  vneins,  das  viUeicht  nit  befcheen  wer,  wer  die 

15  freuntfchafft  pUben.  Vnd  da  fie  wider  einander  wurden,  da 
bewegten  fie  pevld]  die  ganntze  werlt,  vnd  ich  wene,  das  kawm 
oder  nye,  die  weil  die  werlt  geftanden  fey,  zvven  grolTer  ftreiter 
vnd  mechtiger  vberwinder  an  einander  vnd  wider  einander  ge- 
wefen feyen.    Dar  vmb  fpricht  man,  das  es  ein  iamer  was  zu 

20  fehen,  da  die  romifchen  krefft  ftunden  wider  einander,  die  wenn 
fie  ains  miteinander  gewefen  weren,  wol  aller  werlt  geweitig 
weren  gewefen.  Es  ift  des  gleich  grofs  nie  gewefen  mit  dem 
Laomedonten  vnd  Herculen,  mit  dem  Hectoren  vnd  Achillen, 
awifchen  Troyern  vnd  Kriechen,  zwifchen  dem  großen  Aleiand^m 

25  vnd  den  Perfiem,  swtfchen  dem  Hanibal  vnd  Scipion  oder 
zwifchen  den  Kartaginefem  vnd  Römern,  der  herfurer  vnd 
haubtmenner  die  erltgenenten  furUen  oder  ir  gefclilecht  waren. 
Item  es  ilt  nit  als  grofs  geweien  zwiiciien  dem  Gaio  Mario  vnd 

*)  Cod.  die. 

4    Vat.  Maximas  IV,  6,  4  vgl.  Boccaccio,  De  claris  mulieribus  cap.  79. 
19    Ekkeh.  90,  21. 

28  Vgl.  Schatzbehuller  Btall  H4:  Denn  wie  wol  ru  der  zeit  der 
geburt  Chlti  groUer  frid  yn  der  werlt  was,  fo  was  doch  daruor  vor  ettlich^n 
kvrCseim  taten  grofle  siritreditigkeit  gewefen,  die  ficb  angefangenn  vnd  er- 
hebt htft  stt  den  settten  der  romifchen  ratherren  Gaij  Marij  vnd  Lucij  Sille, 

vnd  wie  zu  vnfern  reiUen  partheyen  vor  lanj^^en  reitten  her  yn  weifchen 
landen,  darinn  etthch  WellTen,  ettlicii  Gibelleiner,  ailweg  widereinander  find, 
alfo  waren  dasumal  partbeyen  vnter  den  grofTen  mecbtigen  Rfimern,  da« 

elllich  Sillaner,  ettlich  Marianer  warenn.  Die  Sillaner  waren  von  dem  Silla 
genennt,  die  Marianer,  der  parthei  die  crften  5::;rnflVTi  kaH>r  hiHus  vnd  Octani'- 
anus  waren,  von  dem  iMano,  der  Joch  cim  i.ymincimd.n^  lun  wa». 


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—  $3 


Lucio  Silla,  vnd  was  doch  der  Pompeias  ein  Sfllaner,  das  ift 
von  der  parthey  des  Silles,  vnd  der  kaifer  ain  Marianer.  Der 
Pompeitts  het  den  romifchen  fenat  oder  rat  vnd  den  romifchen 
adel  vnd  die  gantz  macht  der  kunig  des  Orients,  das  i(l  des 
halben  teils  der  werlt  gen  aufgani:  der  funnen  an  feiner  feyten,  5 
fo  het  der  kaifer  JuHii«;  die  Deutfchen,  die  Si)engelfchen  oder 
Spaniolfchen  vnd  die  Franckenreicher,  die  macht  des  occidents 
an  (einer  fcytcn,  vnd  lag  enntlichen  ob,  da  er  den*)  Orient  vnd 
occident  vnd  den  dritten  taü  der  weit  gen  mittem  tag  vberwunden 
vnd  vntterworffen  het.  Man  fchreibt  von  dem  Julio,  das  er  10 
vndecies  centum  nonaginta  duo  milia  in  feinen  (treiten  erfchlagen 
hab,  das  lawt  aylf  malen  sway  vnd  nevczig  vnd  hundert  taufet, 
aylff  malen  hundert  vnd  sway  vnd  newczig  taufet.  So  uü  denn 
der  kaifer,  der  die  Gallos,  die  nu  Franckenreicher  hayffen,  vnd 
die  Spaniol,  die  Britannier,  die  nu  die  Fngelfchen,  vnd  die  15 
Tewtfchcn  vntter  die  Romer  geprarht  liat,  mit  namen  Julius,  er- 
fchlagen hat,  machen  zwelf  vnd  hundert  taufet  vnd  zwaj  taufet- 
mal  taufet,  vnd  das  plut,  das  er  vergoffen  hett  in  den  burger> 
liehen  ftreiten,  als  man  es  heiffet,  wenn  ayner  wider  fein 
mitpurger  (trejrtt,  das  wollt  er  nit  laffen  anzeichen,  wann  er  20 
fchamet  fich  deffelben,  als  da  er  wider  den  grofTen  Pompeium 
strit,  das  mer  dann  ein  bürgerlicher  ttreyt  was,  als  man  es 
in  latein  heiffet  bellum  ciuüe,  wann  Pompeius  was  fein 
aydem  gewefen. 

*)  Cod:  dem  der. 

3    Florus  Tl.  13,  5 
10    Ekkeh.  91,  37. 
ai    Vgl.  Florus  II,  13.  4 

24  Vgl  SchaUbehalter  Bktt  A5:  Wer  dafTelb  nit  glauben  wdUe, 
dz  die  werlt  zu  der  felben  zeit  [sc.  der  geburt  Christi]  in  foUicher  erfarung 
vnd  hoher  machte  gewefen  fey,  der  geb  nder  zeige  mir  einen  ftreitperem 
denn  keyfer  Julius  fey  gewefen,  der  den  groffenn  Pompeitun,  der  fehter  alle 
mechtige  köoigretcll  gen  aaflfgang  der  funnen  den  Römern  vntterworffenn 
beitc,  mit  dem  pantrrn  römifchen  rat  vberwande  vnd  das  blut,  das  er  in 
den  Itreuten  wider  lein  mitpurger  vergoffen  hett,  als  er  Heb  defs  felben 
fcheaete,  nit  aoteiclnieii  oderfchreiben  Taflen  wolt.  Aber  in  andern  ftrdtten 
wurden  an^'cfcli rieben  ailff  malen  zweyundneuntzig  vnd  hundert  taufent  — 
ob  ich  recht  gedenke  -  ,  der  felb  Julius  hat  die  Tedtfchen,  die  Franckreicher, 
die  Britanier  vnd  kurizlich  mer  werlt  vntter  fich  bracht,  dann  vor  ye  yemantz 
geihan  hett.  Danimb  liefs  fein  zogewttnfter  fun  die  gantsen  werlt  befelireiben, 
in  'V""i  hcrbefchreibungCriftot  geboren  vnd  auch  vntter  derKflmer  gewalt 
gezelet  ward. 


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—    54  — 


MARCVS  CRASSVS, 

Marcus  CrafTus  was  eins  iars  conful  mit  dem  obgenanten 
Gneo'Pompeio.  Er  het  in  swaien  Ttreiten  funff  vnd  ßbentsig 
taufet  man  erfchlagen.    Zorn  ietzften  als  man  dem  keifer  Julio 

5  Franckenreich  vnd  dcwtfche  laiint  vnd  dem  Ponijieiu  Spanier 
land  enpfalh,  da  ward  ym  Syn'a  vnci  der  partiiVh  ftrcyt  cni)rolhen. 
Vnd  da  er  wider  die  Parthier  ftrit.  da  ward  lein  tun  erfchlagen. 
Er  ward  vberwunden,  vnd  da  er  mit  eym  tail  feins  heres  auf 
einen  buhel  gewichen  was,  da  berufften  yn  die  veind,  als  ob  de 

10  mit  im  von  dem  frid  tedingen  wollten.  Da  er  zu  in  kam«  da 
griffen  ße  yn  an,  das  fie  yn  vahen  woltten,  aber  das  ße  ym 
lebendigen  nit  fchmacheit  vnd  fchant  oder  gefpott  anlegten,  fo 
weret  er  fleh  als  lanng,  bifs  ße  yn  getotten.  Man  verdacht  yn, 
das  er  gelt  genomen  oder  hett  wollen  nemen  vnd  hett  das  her 

15  verfurt.  Dar  vmb  gofs  man  im  zerlalTen  golt  in  den  munt  nach 
feinem  tode. 


PANSA. 

Panfa  i(t  ein  romifcher  ratherr  gewefen  vmb  den  anfang 
des  ketferthumbs  Octauiani,  vntter  dem  Criftus  geporn  ift  worden 
20  in  dem  zwey  vnd  vierczigiften  iare  feins  kaiferthumbs.    Er  hat 

mit  feinem  gefellen  Hircio  geftriten  wider  den  Marcum  Anthonium, 
dücli  er  ftrit  ee  \  nd  ftrit  nit  vvul.  Aber  fein  gefell  Hircius,  der 
kam  im  zu  hiltf  mit  feinem  her  vnd  zertr.mt  vnd  vberkam  das 
her  Marci  Anthonij.    Die  zwen  confules  Panfa  vnd  Hircius,  die 

25  halfen  dem  Octauiano,  dem  fie  auch  zugeben  wurden  wider  den 
Anthonium.  Der  Anthonius,  da  er  vberwunden  ward  von  dem 
Hircio  vnd  dem  kaifer  Octauiano,  da  floh  er  in  Franckenreich 
zum  Marco  Lepido  vnd  gefeilet  ßch  zu  dem  felben,  das  er  ym 
die  legion  der  ritter,  die  vntter  im  waren,  zufugt.    Doch  zum 

30  leczften  ward  der  Marcus  Anthonius  durch  den  Marcum  Lepidum 
verfunt  mit  dem  Gaio  dem  kaifer  —  alfo  ward  Octauius  genennt 
nach  feinem  ohaym,  der  )n  ayn  erben  ain  lialbcntcil  in  feinem 
teftament  geleczt  hett  vnd  hett  yn  feinen  namen  heiffen  haben 

7    Vyl   F'onif  I,  46. 
18    Eickeh.  91,  43  {T. 

ao   Zur  Zählung  vgl.  MeisterUn  [St.  Chr.  IIIJ  45,  12. 


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—    55  — 


vnd  zu  einem  fun  gönomen.  Er  was  fein  nefe  der  fchwefter 
halb.  Das  hett  alles  den  Marcum  Anthonium  verdroffen,  das 
der  kaifer  Julius  ym  den  Octauium  furgefecst  het,  vnd  dar  vmb 
was  er  wider  in.  Aber  er  ward  verfunt  mit  im  durch  den  Marcum 
Lepidum,  vnd  He  drey  regirten  miteinander,  das  iSX  der  Octauius,  5 
Anthontus  vnd  Lepidus,  als  lanng  pifs  fie  vneins  wurden.  Doch 
der  Octauianus  vberwant  fie  alle  vnd  imperirt  zum  letzften  allein. 
Der  Panfa  hett  ein  wunden  in  dem  ftreyt  wider  den  Anthonium 
empfangen,  derhalben  er  ftarb. 


OCTAVIANVS.  10 

Difer  fwac2  oder  geprech  ift  gefchlagen  worden  vor  der 
gepurt  Christi  vnd  ee  dann  keifer  Octauius  oder  Octauianus, 
als  wir  ine  gewonltch  nennen,  vntter  dem  Chriftus  geporen  Ift, 

AuguUü^  genennt  ift  worden.    Da  pcy  mag  mau  verfteen,  das 
er  vber  funffzehenhundcrt  iar  alt  ift,  das  orfcheint  nemlich  aufs  15 
dem,  das  an  dcnilelben  fchwacz  allein  keyfer,  in  latein  caefar, 
vnd  pontifex  maximus  gefchriben  ftet. 


JVLIA. 

Jvlia  ift  des  allermechtigifteii  vnd  geweltigilten  kaifers,  der 
ye  gewefen  ift,  das  ift  des,  der  die  ^^nntzc  weit  hat  heiffen  20 
befchreiben,  in  welher  befchreibung  zeit  vnnfer  herr  geporn  ift 
worden,  der  Octauius  oder  Octauianus  hiefs,  hauffraw  gewelen, 
vnd  ift  des  kaifers,  vntter  dem  Criftus  gelitten  hat,  der  Glau- 
dius  Tyberius  Nero  hiefs,  mutter  gewefen,  welcher  Tyberius 
Nero  von  den  Vindelicis,  das  nun  die  Au[g}ftpurger  feint,  vnd  von  25 
den  Pannonijs  oder  Pannoniernf  das  nu  die  Österreicher  oder 
eins  groflen  talls  Vngem  feint,  vnd  von  den  Armeniern  trium- 
phirt,  das  ift  pomp  vnd  fpil  vnd  hochxeit  vnd  herlickait  von  der 

20    Vgl.  das  Cilul  aus  dem  Schatrbehalter  oben  zn  ?.  51  24. 

28  V|^'L  Schaizbehalter  Blatt  Li':  £inen  triumpf  heiffen  die  walhen 
ein  gemalt  Ipil,  dai  etwas  bedettt,  vsd  die  fohwihögen,  an  den  die  fig  der 
römifchcn  keyfer  gehawen  find,  als  man  fy  noch  zu  Rom  fiht,  heiffen  arcui 
triumphales,  dz  als  vil  ift,  ah  die  fchwiljögen  der  iriumpf  oder  anfi^ng. 
Darvmb  triumpf  hiefs  man  die  hohzeit  vnd  herligkeit,  die  man  den  zu  gab, 
die  dy  feiad  vberwunden  hetm»  wtnn  fie  tu  Rom  eiBiitt^n  oder  lureoi  md 


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—    56  — 


vberwindung  derl'elben  lennder  gehebt  vnd  eer  empfangen  hat. 
Sein  prüder  CUttdiiis  Drufus,  der  zu  Mencz  oder  vor  Fingen 
vmb  kumen  ift,  von  dem  der  .Aichelftain  zu  Mencz  auf  fant 
Jacobs  pefg  in  dem  weingartten  des  clofters  Druniacium  vnd 
5  das  veld  darvmb  im  Dnifeloch  haiffet,  hat  vil  gefchlecht  inn 
deutfchen  lannden  geftillt.  Die  Merckmanner  hat  er  fchir  pifs 
auf  das  leczft  erfchlagen.  Vntter  anndem  gefchlechten,  die  er 
vberwunden  hat,  werden  die  Schweben  vnd  die  Sicambri,  das 
feint   die    Franckcn,   genent,    als  ich   hewovlcn   mag    aufs  der 

lOhiftoricii  des  vriprungs  der  Franckcu  \  nd  aufs  der  groffen  legend 
fannt  Reraigij,  der  mer  dann  iibenczig  iar  bifchof  zu  Remis  ift 
gewefen  vnd  als  ein  apoftel  der  Franckenreicber,  wann  er  hat 
den  erften  kunig,  der  von  ynen  criften  ift  worden,  getaufft  \  nd 
hyfs  yn,  als  er  yn  yecz  tawffen  wolt,  Sicambram  darvmb  das 

15  er  ayn  Franck  was.  Vnd  merck,  was  Paulus  OrofLus  da  von 
feczt:  »Drufus  Tybery  irater  in  Germania  Sudpetes  etc.,  poftea 
Cberufcos,  Sueuos  et  Sicambros,  fortissimas  naciones  et  quibus 
natura,  vires  et  confuetudo  experienciam  virium  dabat,  vno  bello, 
fet  eciam  suis  afpero,    fupcrauit.     Quorum   virtus   et  fcritas  ex 

20  hoc  conüderari  potcst.  (puxl  mulieres  qiKxjue  corum,  fi  quando 
preuentu  Romanorum  inter  clauftraiia  concludebantur,  deficien- 
tibus  telis  et  quacumque  re,  qua  velut  telo  vti  turor  poffet,  par- 
uulos  fuos  collifos  humi  in  hoftium  ora  iaccbant,  in  fingulis  fili- 
orum  necibus  bis  parhcide.c    Et  infra:  »Tiberius  eciam  Ger- 


maa  begegnet  ynen  rad  vor  yncn  fürt  man  die  mechtigiften  vnd  edelften, 
die  Iv  {gefangen  hetten,  es  weren  künii,^  oder  künigs  fOn  oder  könijjin 
oder  nauüimenner,  vnd  darzu  trug  man  öH'cnlich  die  kofiiichen  ding,  die 
dy  ▼berwinder  gewnnnett  hetten.  Wie  grofs  vnd  köftitcli  fölUeh  fpil  ge- 
halten wurde,  dauon  wer  fouil  zu  fchreiben,  das  es  mich  verdreüffet  zefetzen. 
Wen  es  geluft  zewiffen,  der  lüch  es  m  dem  VII.  buch  Jofephi  von  dem 
iudifchen  flreit  von  dem  triumpf  der  keyfer  Vefpafiani  vnd  Titi,  da  findt  er 
wol,  was  ein  triampf  ifl.  Da  ift  anch  fölliche  köftlicheit  bewifen  worden, 
d;!-;  irh  "veifel,  ob  in  allen  teütfclien  landen  von  Muni,'ern  an  den  Reyn- 
Aram  gen  Kölen  mit  allem  irem  gut»  das  fy  nun  vermügen,  möchten  ver- 
legt haben.  Wer  mir  nit  glaubt,  der  tefe  et  fetbs  oder  lafs  es  lefen,  der  es 
verfteeti  vnd  vrteil  darnach  von  difen  dingen  oder  meinen  worien. 

2    Vgl.  Otto  Frising.  Chron.  111,3.  (Abbildang  bei  Joannis,  Kerum 
Moguntiac.  SS.  111,339). 

7   Marcomannos  pene  ad  intemieiem  delevit.  Bkkeb.  92,65. 

IG    Ekkeh.  II 5  De  origine  Francorum 

II    H  incmars  Vita  Remigü«  AA.  SS.  Oct*  I»I47« 

15    Orosius  Vl,2i. 


.  ijui.  u  i.y  Google 


—  57 


manos  bello  arnpuit,    e  quibus  quadraginta  milia  captiuorum 
Victor  abduxit.    Quod  bellum  maximum  et  formidolofum  per 
triennium  geftum  e(t  nec  fere  vUum  malus  poft  Punicam  fuit. 
Pifo  rurfus  aduerfus  Vindelicos  miflas  victor  extitit«   Dife  wort 
fein  gezogen  aufs  Orofio,  vntter  denen  er  feczt,  das  der  Ti-  5 
berius  den  allergroften  vnd  grawfamften  krieg  mit  den  oder  wider 
die  Dewtfchen  drey  jar  gefort  hat,  vnd  das  fchir  kein  grörfer  ' 
krie<j,,  als  Sttetonius  zewgnus  giUi,  nach  dem  krieg,  den  fie  wider 
die  Kartaginenfer  gehebt  liabcn,  geweft  ift.    Wie  verr  ift  die 
maynung  von  dem,   das  ettlich  gemeint  halben.   Nurcinl)eri;  fcy  10 
von  dem  Neron  gepawt  vnd  genennt  als  Neronbcrg;  l'o  wir  aufs 
difen  gefchrifften  haben,  das  der  Drufus  die  allerfterckften  ge- 
fchieclit,  die  Schwaben  vnd  Francken,  vberkommen  hab.  Sag 
einer,  wo  Schwaben  vnd  Francken  zemen  ftoITen?    Ob  de  an 
dem  Lech,  an  dem  die  Augfpurger  ligen,  oder  meer  vmb  den  15 
Men  einander  neher  fein,  fo  He  doch  in  difen  wortten  zemen 
gefugt  werden.*)    Seyt  aber  das  ettlich  fprechen,  das  Nerofe  y 

•)  Am  Rande:  Verum  quod  Orosius  Sicanibros  et  Sueuos  coniungit 
a  Drufo  fuperatos  quomodo  intelligi  debeat,  fpeciali  queftioue  indigere  videtur, 
cmn  feeiiDdiiiii  Francorum  hyftoriam  SieaiDfari  ooDdnin  tllu  partes  Saettif 
▼ucinas  incoluisse  videontur  Quapropter  aut  per  anticipacionem  ifta  dicuntur, 
aut  de  prioribus  eorum  fedibus,  ant  Sicam^^ri  non  fimul  fed  fucceffiue  ad 
iftas  partes  venerunt,  aut  quedam  in  ipiorum  hyltoria  minus  funt  l'olida,  aut 
«liqoo  alio  modo  tntelligenda  funt  ifta.  —  Das  vor  den  FVancken  owch 
fiele  gefchlecht  von  den  Troiern  in  leutfche  land  kuinmen  feyen,  das  mag 
man  bey  den  funen  deff  kunigs  der  Briitanicr  mit  namen  Ebraucas  merken"f ), 
deff  valer  Meinprilius  Maddaus»  tun  was.  Maddan  was  Locrimus  fun,  fein 
muter  hyeiT  Gnendolena,  Corineios  tochter,  der  owch  der  Troier  herccog  was. 
Locrinus  het  ayn  vater,  der  hyff  Brutus,  von  dem  Britanta  ^/enr-n- 1  i'":  deff 
Bruti  vater  was  Siluius,  deff  Siluius  vater  was  Afchanius,  deff  Enee^  lun 
vnd  Priamis  eniclin,  der  kunig  zu  Troie  was  gewefen  etc.  —  In  der  Brittanier 
hiflorien  —  die  nun  En<,'elleoder  hayffen  —  ftet  gefchriben,  wie  defl*  kungs 
Ebrauci  fun  mit  fchitTcn  in  theuifcbe  bind  füren  vnd  namen  das  reych  der 
teutfchen  land  eyn  mit  hilH  deü  kungs  Siluij  Albe  vnd  feynt  ir  naroen  da 
genenntt  Margadud,  Siflllus,  Regin,  Blandad,  Lagon,  Bodloan,  Kincar,  SpadeOi 
Gaul,  Darden,  Eidan,  Yuor,  Cangu,  Hector,  Kevin,  Kud,  Affarach,  Buel. 
Affarach  der  was  ir  howbtman.  Dife  nrüder  he'.en  bey  achtvndzwaync^ig 
fchwefiem,  der  namen  owch  gefeczt  feynt  Die  wurden  zu  dem  Siiuium  Albam 
gefchiekt  vnd  wurden  den  edelen  Troiern  oder  Trolanera,  von  denen  darnach 
die  Römer  geftilTt  vnd  kumen  feynt,  vermahelt.  Alfo  het  man  ayn  fach, 
worvmb  die  Teutfchen  bilHchen  Germani,  das  alf^  vil  ift  alfs  prüder,  nach 
dem  laiin  zu  rechnen,  genennl  weren,  das  man  darauff  mercke,  das  die  edelen 
Teutfchen  gleych  alfs  prüder  der  edden  Römern  weren.   Wie  wol  ich  ayn 

8    ut  Suclonius  testatur  hatte  er  im  Latein  fortgelassen 
f)    Vgl.  Jacob.  Bergom.    67  ^,  der  aber  nicht  alle  hier  genannten 
Kmimi  bringt* 


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—   58  — 


nye  in  dife  lannt  konimen,  als  ich  felbs  zum  erften  gedacht 
oder  auch  fprach,  da  ich  höret,  wie  man  maynt,  Nuremberg 
wer  von  dem  Nero  genant  als  Neronberg,  wenn  er  wer  zu 
Nieremberg  gewefen.  Ich  gedacht  auch,  der  Nero  hat  nichts 
5  hie  zetun  gehabti  wann  ich  verftund  das  von  dem  kaifer,  der 
fannt  Peter  vnd  fant  Pauls  hat  heiflen  toten  vnd  zum  erften 

'  vntter  den  kaifem  die  Crilten  veruolgt,  der  allein  fchlecht  der 
Nero  gehailTen  hat  vnd  wollt  auch,  das  Rom  Neronburg  foUt 
haiffen.  Das  fprich  ich,  nach  der  wetfs  als  wir  Teutfchen  polis 

10 bürg  heiffen,  als  HcrbipoHs  VVurtzpurg.  MarffpoUs  Merfspurg. 
alfo  wollt  er,  das  das  grofsmechtig  alt  Rom  follt  Neropolis 
heilTen,  das  ymers  ais  vil  wer  als  Neronibiirg  nach  der  eegemelten 
weifs.  Der  leib  Nero  wurt  aber  nit  gemaint  in  dem  won,  da 
man  das  Ichreibt  oder  Teczt,  funder  der  Tiberius*    Das  aber 

15derfelb  Tiberius  in  diCen  dewtfchen  lannden  gewefen  fey  vnd 
lanng  in  3men  gewefen  fey  vnd  das  er  auch  grölte  ding  dar 
inn  gethan  hab,  das  ift  gnug  durch  die  wort  Orofij  —  der  zu 
fant  Auguftins  zeit  mer  dann  vor  taufend  jaren  gewefen  ift,  vnd 
hat  die  hiftorien  der  Romer  aufs  geheifls  Sant  Auguftines  durch- 

20fucht  vnd  vberlauffen  —  bewert.  Das  aber  derfelb  Tiberius 
Nero  geheilTen  hab,  das  ift  mir  als  gewifs  aufs  den  gefcliriliteii, 
als  das  der  Tullius  Cicero  vnd  der  Ouidius  Nafo  vnd  der  Vir- 
gilius  Maro  geheiffen  hat.  Doch  zu  einer  bewerung  deffelben 
wil  ich  aufs  vilen  einen  nenien  vnd  einen  alten,  der  befchleuffet 

25  noch  einen  eitern,  der  auch  zu  deffelben  kaifers  Tyberij  zeiten 
gelebt  hat,  Lucius  Florus  in  epithomate  decadum  Titi  Liuij.  Item 
ex  Ubro  CXXXVI:  Grtcia  a  Tiberio  Nerone  et  Drufo  Caefaris 
priuigno  domita,  Agrippa,  Caefaris  gener,  mortuus  et  a  Druso 
cenfus  actus  tlt.  —  £x  libro  CXXXVII:  Ciuitates  Germanie  eis 

30Renum  et  trans  Renum  pofite  oppugnantur  a  Drufo  et  tumultus, 

won  hab,  du  fy«Genmini  alfs  gannann  von  d«r  fter«ki  genennt  fa^en,  dar 

zu  ich  owch  aniaygung  durch  gefchrifft  geben  möcht.  wenn  es  yemant  gelult 
2U  hören.  —  Ett'ich  fchrevhen,  Ha«;  der  Teutfchen  land  in  laiin  Germania 
a  fecunditate  gignendonim  populorum  qaafi  a  germinando,  das  ilt  von  der 
fruchtbcrkayl,  das  e«  fo  vil  volks  pringt  vnd  teoclit,  genennt  f«y,  alfs  das 

felli  Vfi  'orus  feczt  in  «lern  IV.  oap.  dcs  vierzehenden  buchs  ethimologiarum, 
vnd  er  fchreybt  doch  nwch  in  dem  andern  cnpitel  delT  neundeo  bucbs,  das 
die  Teutfchen  von  der  fierkt  vnd  geredi  German)  hayffen. 

17   S  Oroutts  Prolog. 


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—    59  — 


qui  ob  cenfam  exorttis  erat  in  Gallia,  compofitus  etc.  —  Ex 
libro  CXXXVIII:  Traces  domiti  a  Scipione.  Item  Cerufci, 
Cenchrej,  Cauci  alieque  Germaoorum  trans  Rennm  gentes  stibacte 
a  Drufo  referuntur.    Octauia  foror  Augufti  defuncta  ante  aTniffo 

filio  Marcello.  cuius  tnuinsnenta  funt  thcatrum  et  porticiis  eins  5 
Momini  dicata.  —  Ex  libro  CXXXIX:  Bellum  contra  trans- 
renanas  gentes  a  Dniso  gel  tum  refertur,  in  quo  inter  primores 
pugnauerunt  T.  Senectius  et  Anectius.  tribuni  ciuitatis  Neruiorum. 
Dalmatas  et  Pannonios  Nero  frater  Drufi  fubegit.  Fax  cuni 
Paithis  facta  eft,  (ignis  a  rege  eorum,  que  fub  Craffo  et  poftea  10 
fttb  Anthonio  capta  erant,  redditis.  —  Ex  libro  CXL:  Bellum 
aduerfus  Gennanorum  trans  Renum  cinitates  geftum  a  Drufo 
refertur,  ipse  ex  fractura,  equo  fuper  crus  eius  coUapfo,  XXX  die, 
qua  id  acciderat,  roortuus  eft.  Corpus  a  Nerone  fratre,  qui 
nuncio  valiludinis  euocatus  raptim  accurrerat,  Romam  reuectunilS 
et  in  G.  Julij  tuniulo  conditum.  Laudatus  a  Caefare  Augufto 
vitrico  et  iuprcmis  illius  fiinerilnis  plurcs  honores  dedit.  —  Aufs 
difen  wortten  merckt  man,  ob  der  1  iberius  Nero  gehaiiTen  hat 
oder  nit,  vnd  ob  er  vnd  fein  prüder  Drufus  in  deutfchen  lannden 
payd  hie  difentz  Reyns  vnd  ihenfents  Reyns  ze  tun  habent  ge>20 
hebt  oder  nit.  Aber  wider  die  opiiuon  mit  Nurembergs  namen 
mochten  vil  argument  fein,  die  ich  wol  foluiren  wollt,  das  He 
nit  krefftig  weren  su  zerftoren  dife  opinion.  Aber  aufs  ver- 
droflenhait  der  Verfechtung  oder  anfechtung  der  ding,  da  kein 
nucz  oder  not  anleyt,  lafs  ich  das  ligen,  als  es  ligt.  Ich  wil35 
weder  dar  für  ncx^h  dar  wider  ftreiten.  Aber  wer  es,  das 
Nurmberg  von  dem  Kern  gepawt  vnd  genennt  wer.  fo  wer  die 
Julia,  die  auch  gemeinlicher  vnd  gewonlicher  Lima  heillet,  als 
ir*)  mutter,  fo  fie  des  ftiffters,  des  Nerons,  mutter  gewefen  ift. 
Aber  He  vnd  aii  Criften  haben  on  zu  gleichung  ain  edeler  vnnd  30 
faliger  mutter  an  der,  aufs  der  plut  vnd  flaifch  wir  kinder  Gotes 
zu  der  ewigen  falickeit  vnd  zu  dem  hymelifchen  reich  geboren 
feint,  das  ift  an  der  mutter  Gottes,  der  plut  vnd  iaifch  Criftus 
ift,  aufs  des  plut,  das  aufs  feinem  herczen  gefloffen  ift  mit  dem 
waffer,  alle  die  geporen  werden,  die  getaufft  werden.    So  aber  33 

*)  Am  Rande:  das  ift  der  Netenbefger. 
28    Vgl.  Saeton,  Caligula  16. 


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—    60  — 


die,  die  zu  folcher  gepurt  helffen,  als  die  das  kind  heben  oder 
tragen  zu  dem  tawff  oder  empfahen  aufs  dem  tauif,  werden 
mutter  oder  veter  folcher  ktnd  vnd  mitveter  oder  mit  mutter  ir 
eitern  -  die  man  geuattem  heifst  —  genennt  vnd  gehalten, 

5  vnd  folche  kinder  foUen  diefelben  eren  als  vater  vnd  mutter, 
was  foll  man  dann  halten  von  dem  fper,  das  die  feyten  ChriftI 
geofTnct  hat,  das  aufs  ir  das  |)hit  muI  walTer  flufs,  aufs  dem 
alle  kinder  des  ewigen  lebcns  vnd  die  ganncz  Criftenhait  ge- 
poren    wurden.     !  N-s   felben   frew  man   fich  7:11  Nurmbcrg  vnd 

lOfrew  fich  alfo,  das  man  Got  defter  mer  vörcht  vnd  im  der- 
felben  vnaufsfprerhenlichen  gaben  danck,  das  ift  des  fperes» 
das  als  der  fchluffel  des  himels  ift,  wenn  es  hat  vns  die  tur 
des  ewigen  lebens  ~  als  fannt  Auguftin  vber  Johannem  fchreibt  — 
geöffnet.    Es  hat  vns  die  feyten  Crifti  —  vns  zu  geberen  zu 

15  dem  reich  vnd  erb  Gotes  —  geöffnet,  welche  feyt  der  Criften- 
heit  mutter  ift,  als  man  denn  fingt  in  der  hiftorien  von  dem 
heiligtum  in  dem  antiphonen  vber  das  magnificat:  »Latus  Chrifti 
morientis  genitrix  ecclesie.«  die  feyt  des  fterbendca  Crifti  ift 
die  gepererin  der  hailigen  kirchen,  ift  die  feit  Crifti  ain  mutter 

20  der  criltenhait  worden  durch  das,  das  Tie  geoHnet  ift  worden, 
das  aufs  ir  flufs  das,  aufs  dem  die  criftenhait  geporn  wui;d,  das 
ift  das  plut  Crifti  vnd  wafTer.  Mag  man  denn  nit  fprechen, 
das  Longinus  durch  mittel  feins  fperes  gleich  in  ettlicher  weife 
als  ein  vater  der  Criftenhait  fey  nach  gleichnufs^   Dar  zu  hat 

25  man  den  nagel,  durch  den  das  plut  aufs  der  hannt,  die  alle 
ding  gibt  vnd  auf  enthellt,  gefloffen  iit,  ift  er  anders  derfelben 
einer,  die  zu  den  hennden  gehören.  Man  hat  die  dorn,  durch 
die  das  kofpar  plut  auls  dem  hochwirdigen  haubt  Chrifti  ge- 
drungen oder  gezogen   ift.    Man  hat  da  des  hcilii^en  creiiczs 

30  amen  grollen  tail,  durch  das  wir  alle  erloü  fein.  Man  hat  ein 
tail  vnd  einen  merckUchen  tail  von  dem  leibe  deren,  die  vnnffer 
aller  vnd  der  mutter  Gotes  mutter  ift,  fant  Annen.  Dife  ftuck 
feyn  vber  lennder  vnd  kunigreich  ze  halten.  Mit  dem  fpeer 
haben  oft  die  criitenlichen  kaifer  oder  kunig  die  hayden  vber- 

16    Vgl.  SchalrbehaUei  illaU  C5':  Dils  alles  fpricht  babfl  lonocentius 
in  der  bull  gegeben  vber  den  ablas  vnd  dz  hohseii  des  keyferlichen  heil- 

tums,  das  nun  in  der  !<<•>  ' oilichen  Hat  Ntircml^erg  behalten  vnnd  ierücl; 
gezaigl  wirt,  in  welHches  heiltums  hyCtorien  offt  vnd  dick  der  bruft  vnd  Uci» 
hcrtsen  Crifti  gedacht  wirt  .... 


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— .    61  — 

komen,  mit  dem  haiUgen  cieucx  hat  Criftus  den  tewfel  vnd  den 
tot  vberwunden.  Das  ift  der  grofst  schacz,  den  das  romifch 
reich  mocht  haben  in  leipUchen  dingen,  wann  man  in  grofs  hellt, 

als  er  zehaltten  ift.   Ich  wil  der  kaiferlichen  kron,  apfel,  zepter 

vnd  aiuidcr  gezicrden  gefchweigen.  5 

Die  Julia  ift  des  kaiTers  Tyberij,  der  Claudius  Tyberius 
Nero  hiefs,  vnd  des  Driifi  mutter,  des  kaifers  Claudij  vnd  Ger- 
manici  anfraw,  des  kaiiers  Gaij  Caligule  vranfraw,  des  kaifers 
Nerons  vrvranfraw  gewefen. 


GERMANICVS.    DRVSVS.  10 
Dife  zwen,  Germanicus  vnd  Drufus,  fein  die,  von  der  ge- 
fchlecht  die  Dewtfchen  veft  vntter  die  Romer  komen  vnd  zu 
inen  gefchlagen  feint,  dar  vmb  Och  die  romifchen  kaifer  su  den 
Zeiten,  fo  He  auff  das  hochft  komen  vnd  am  gewaltigiften  waren, 
das  ift  zu  den  zeiten  der  menCchlichen  gegenwerttikait  Jhefu  15 
Crifti,  vnnfers  herren,  als  ße  die  Deutfchen  an  (ich  gezogen 
vnd  zu  inen  gepracht  hetten,  nach  den  Deutfchen,  die  German! 
hcilTen,  Germanicos  nannten,  als  tlann  das  erlcheynt  aufs  dem, 
das   aulT  difem   fchwacz   auf  einem  ort  Cacfar  Auguftus  Ger- 
manicus vnd  auflf  dem  andern  ort  Nero  et  Drufus  Caefarcs  ge  20 
fchriben  fteet,  von  welciiem  yeczgenanten  Nero  nach  fage  vnd 
anzeigung  ettücher  fchrifften  Neronberg  fol  genennt  fein,  das 
man  auch  abnemen  mag  aufs  dem,  das  der  nam  concordirt 
gleicher  weifs,  als  mit  dem  andern  namen  Drufo  Drufenloch  zu 
Menncz  concordirt  vnd  Germanica,  als  Regenfpurgk  liaift,  mit  25 
dem  namen  Germanico,  vnd  Tyberina,  als  Regenfpurg  auch  heifst, 
mit  dem  namen  Tyberio.    Difen  Neron  halt  ich  für  den,  von 
dem  das  nechft  nachvolgend  capitel  fetzt  oder  fagt,  wann  er  ift 
des  Drufen  prüder  gewefen. 


TIBERIVS  NERO.  30 

Der  ift  der  kaifer,  vntter  tleni  Criftus,  vnnfcr  bchaker,  die 
murtcr  vnd  den  tot  für  vns  g^elitten  hat.  Er  ift  lang  vor  def- 
felben  vnnfers  herren  zeitlichen  gepurt  geporn  gewefen  vnd  hat 


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—  62 


pey  funff  iaren  nach  vonfers  herren  leyden  geregniert  Er  ift 
der,  der  in  dewtfchen  lanndeo  fouil  geltriten  vnd  gefcbafit  bat. 
Er  was  eins  geraden  (Urcken  leibs,  einer  praiten  prüft.  Er  was 
symlicher  gelider  von  oben  an  biCs  auf  die  fuefs.  Er  was  auch 
5  mit  der  lincicen  hant  behender  dann  mit  der  gerechten.  Er 
was  fo  ftarck  in  den  fingern,  das  er  einen  frifchen  gannczen 
apiel  mit  einem  finger  durchporet.  Er  hett  groffe  äugen  vnd 
gefah  auch  in  der  vinftern  nacht  in  die  nche.  Er  hett  einen 
ftarcken  hals  vnd  redet  wenig.    Er  höret  die  fchmeichler  vnd 

lOlibkofer  nit  gem.  Eyns  mals  do  im  ein  ratherr  zu  fueffen  viel, 
auf  das  er  im  gnug  thun  vnd  (ich  verfp rechen  mochte,  da  floh 
er,  das  er  für  fich  auf  die  erden  viel.  So  man  im  auch  ye  zu 
Zeiten  ettwas  zn  lob  oder  zu  lieb  reden  wolt,  fo  vntteiprach 
er  foHche  wort,  vnd  (trafiet  Oe,  vnd  wen  man  im  fagt,  das  vbels 

15  von  im  gerett  were,  fo  anttwurt  er  dar  vber,  das  man  in  einer 
freyen  ftat  freye  gemute  vnd  freye  zungen  haben  folte  ze  reden, 
was  man  wollte.  Mit  den  lewten  ze  reden  vnd  fie  ze  eren, 
vbertralT  er  fchyr  die  mafs  der  fenfftmutigkait  oder  deniutigkaii. 
Ob  man  wider  feinen  rate  oder  vrteil  ettwas  tete,  das  mocht  er 

20wol  dulden.  Er  Ctund  gegen  den  romifchen  ratherren  auf  vnd 
wich  ine  aufs  dem  wege.  Do  im  zu  einer  zeit  ettliche  von  den 
lannds  pflegem  rieten,  er  folt  (tewer  oder  tacze  oder  mer  zyn(e 
auf  die  lannd  fchlahen  oder  legen,  do  ichraib  er  ine  in  ant- 
wort  weifs  wider,  einem  guten  hirtten  gehörte  zu,  das  er  fein 

25fchafr  fcheren  vnd  nit  freflen  .oder  verfchlicken  foUt.  Den,  die 
fich  peffera  wollten,  verziehe  vnd  vergab  er  leichtiglichen.  Er 
verändert  die  ambtlewt  nit  on  grolle  vrrach,  wann  er  vorcht, 
das  vülck  wurd  da  durch  bclwert,  vnd  gab  des  ein  gleichnius  von 
*  einem,  vber  dem  die  premen,  do  er  fo  plod  was,  das  er  fich  ir  nit 

30erweren  kont,  faffen,  ine  ze  fawgen  vnd  ze  peiffen.  Do  fie  ayner 
aufs  barniliertzikait  von  im  traib,  do  claget  er  vber  denfelben^  das  er 
in  mer  vbels  dann  guts  bewife,  das  er  die  gefettigten  vnd  volge- 

3  Suelon,  Tib.  68. 

9  Siieton,  Tib.  27. 

13  Sucton,  Tib.  2Ü. 

17  Sneton,  Tib.  39. 

20  Siieton,  Tib.  31. 

21  Siieton,  Tib.  32. 

28  Martiuus  i'olonus  114. 


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—    63  — 


fogen  premen  von  im  tribe,  dann  es  wurden  andeie,  lere  komen, 
die  do  girig  vnd  hungrig  weren  vnd  in  mer  dann  die  fatten 
peynigen  wurden  etc.  £s  !(t  nit  ein  wunder,  das  ein  folcher 
man  die  Deutfchen  mer  durch  tugent  vnd  freuntfchaflft  an  fleh 
gezogen  hat,  dann  mit  dem  fchwertt  bezwungen.  —  Difer  kaifer  5 
Tiix  riuh  Nero  dem  Pilatus,  den  er  gein  Jlici ulalcui  zu  einem 
pfleger  des  gannczen  judifchen  lannds  gcfchickt  vnd  gcfaczt  hett, 
fchraib  von  Crifto  vnd  den  dingen,  die  mit  Chrilto  durch  die 
Juden  befchehen  waren  —  nam  Criitum  auf  für  Got,  vnd  bracht 
das  an  den  romifchen  fenat  vnd  wollt,  das  fie  ine  an-  h  als  für  10 
Got  halten  fultten.  Es  verdroCs  den  fenat,  das  man  foUchs  nit 
sum  erften  an  He  gepracht  hette,  vnd  wollten  deshalb  Criftum 
nit  aufnemen  für  Got,  vnd  dem  nach  wurden  He  auch  veruolgen 
vnd  durchachten  die,  die  CriTtum  für  Got  hielten.  Das  verdrofa 
den  kaifer  Tiberium  vnd  plaib  auflf  feinem  fynn  vnd  droet  den,  15 
die  Criftum  rügten,  verlickeit  vnd  verderbung  ires  lebens.  Alfo 
befchah  den  Romern,  do  fie  difen  milten  herren,  das  ift  Criftum, 
nit  >vüllten  aufnemen,  do  inuften  fie  tyrannen  vnd  wutrich  dulden, 
wann  derfeib  Tyberius  ward  inen  zu  einem  wuttrich  vnd  iiefs 
inen  als  einen  groffen  wuttrich,  als  in  die  werlt  ye  gehabt  hat,  vnd  20 
gab  inen  in  zu  einem  herren,  nemlich  Gaium  Caligulam  etc.  — 
Zu  einer  kurczweil  yhener,  die  gern  von  alten  dingen  hören 
oder  lefen,  wil  ich  —  wie  wol  ich  vil  notigers  zu  tun  hett  — 
hie  ein  kurcx  ftucklen  oder  drey  melden  von  difer  loblichen 
Itat  Neronberg  in  denen  fie  gleich  als  ein  magfchafft  oder  ein  35 

5    Ekkeh.  97,  29. 

16    Bis  hierher  aus  Ekkehard. 

21     Vgl.  Schatz behaller  Blatt  H6.    Darumu  wolt   der  roiuifch  feoat 
oder  rat  Criftum  zum  erften  nit  »uffhemen,  dcim  fie  bedftaehte,  Crifti»  wer 

villeicht  fo  hohferlig,  daz  er  keinen  gefellen  leiden  oder  haben  würde. 
Darumb  beforgten  He,  wo  fie  Criftum  als  einen  Gott  auffoemen,  fo  müüen 
fie  die  ROderik  eile  —  als  es  denn  wer  was  —  Tbergeben  vnd  laffen.  Dz 
was  in  fefawer.  Wann  fy  wollen  aller  i^ouer  Huld  vnd  gnad  haben.  Sy 
gedachten  —  als  ich  meine  nemen  wir  den  für'  Ioi  auff,  fo  er/.ürnen  wir 
die  andern  all,  durcli  der  gunü  vnd  gnad  wir  aller  reich  gewcltig  vnd  herren 
find  wordenn.  Ein  yeglicher  gott  hat  nu  fein  volk  vntterworfTea,  dammb 
füllen  wir  ynen  allen  danckper  fein.  Vtl  find  ftercker  denn  einer,  darumb 
ift  belfer  oder  minder  hofe,  dz  wir  einen  vbergeben  vnd  erzürnen,  denn  die 
andern  all,  der  fouii  ilt,  ailermeift  fo  wir  yelz  ir  guntt  vnd  guttwiliigkeit 
gugtn  vn»  gefehen  ynd  empfunden  haben.  Wer  weift,  wie  der  new  gott 
geraten  würd.  Man  fagt,  er  lere  vnd  heifs,  wann  man  einen  an  einen 
backenn  fchlahe,  fo  föll  er  den  andern  dar  halten  vnd  föll  ein .  mit  dem 
wtderfacber  fein  vnd  mit  nyniant  kriegen»  funder  wer  mit  einem  kriegen  vnd 


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—    64  — 


zu  gehorung  mit  dem  alten  Rom  hat.  Das  erft  des  namens 
halb,  dann  ich  fecz,  das  es  war  fey,  das  fie  den  namen  von 
dem  Nero  hab,  fo  hat  (ie  ein  gefellfchaft  vnd  gemeinfchafit  mit 
Rom,  die  der  Nero  nach  feinem  namen  Neropolim  nennet,  das 
5  als  Uli  irt  als  -Neronburg,  vnd  wollt,  das  Rom  zu  ewigen  zeiten 
alfo  genennt  foUt  werden,  vnd  alfo  hat  Neronberg  den  namen 
von  dem,  nach  dem  Rom  geneiit  lullt  fein  worden.  Das  anncler, 
das  Neronberg  \on  dem  gelchlecht  gcrtifft  vnd  gepawen  ift 
worden,  von  dem  Rom  erhöht  vnd  vber  alle  werk  gewirdigt  ift 

10  worden,  das  ift  von  dem  gefchlecht  der  erften  kaifern  Julij  vnd 
Octauiani,  vntter  denen  Octauianus,  als  er  fterben  follt,  fprach, 
er  hett  Rom  von  ziegelitainen  gepawt  funden,  er  liefs  fie  aber  von 
mermeUtain  gepawt.  Das  dritt  ift,  das  der  ftiefter  [von]  Neronperg 
zu  Rom  neben  fannt  Peters  kirch  auf  einem  roten  hohen  marmel* 

15ftain,  der  einayniger  fUin  als  höh  ift  als  die  kirch  pifs  an  das 
tach,  vnd  die  Dewtfchen  haiffen  in  die  nadel,  als  begraben  vnd 
behalten  ift,  dann  fein  afciic  ift  dafelbend  erhöht  \nd  zu  eren 
Ijehalten  gcwefen,  vnd  ftet  alfo  daran  gehawen:  ^  Diuo  Caefari 
diui  Juiij  f.  Augufto,  Ti.  Caefari  diui  Aiigiifti  f.  Augufto  facriim«. 

20  Alfo  i(t  diefelb  wunderberlich  faul  dem  kaifer  Tibeho  Neroni 
vnd  feinem  vater  Oetaniano  Augufto  von  den  alten  Römern 
geweiht  gewefen  nach  haydeniffer  weife.  Das  vierd,  das  Neron- 
berg feines  ftififters  halb  hat,  das  ift,  das  es  magfchaffl:  vnd  gleich 
als  ein  pruderfchaflt  hat  mit  vil  iteten  in  weyten  vnd  in  nahen 

35lannden,  wann  es  hat  ein  pruderfchafft  mit  AugCpurg,  das  der 
Tiberius  Nero  an  das  romifch  reich  gep rächt  vnd  nach  feinem 
vater  Augufto  Augultam  genennt  luu.  Es  hat  pruderlchaiii  uuL 
Regenspurg,  das  nach  feinem  namen  Tiberius  Tiberina  geaennt 

im  den  rock  netnen  wotl,  dem  föl!  er  den  mantel  dar  zu  laffen.  Bey  ApoUinis 
tempel  vnd  Ilerculis  altar,  bey  dem  ewigen  fcür  der  Veste,  bey  dem  aller- 
gröften  vnd  heften  guldinen  capilolifchen  Jupiter,  dz  wer  gantr  nit  für  vns 
Wir  würden  in  drt'ven  iaren  alles  verlierenn,  das  wir  mit  groffen  flreitten  viui 
arbeitten  mer  denn  in  fybenhundert  iaren  kaum  haben  mQgen  erknegen. 
AU«  vnfer  götter  föUen  vns  vor  dem  Gott  behtttten.  Dt  oder  des  gleichen 
ift  der  weyfe  rat  der  Römer  gewefen.  —  Vgl.  auch  SchaUbehalter  Blatt  Bs' 
und  [über  Caligula]  ß  I . 

1    V<;1.  SchatxbehaUer  Blatt  Fi'  Über  die  »Bruderschaft«  xwischcn 

den  PfArrkirchen. 

5    Saeton,  Nero  55. 
II    Ekkeb.  93,  28. 


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—   65  — 


ift.  Es  hat  pruderfchaffi:  mit  Mencz,  da  nach  ettüchen  hiftorien, 
befunder  fant  Albans,  des  Tiberius  prüder,  mit  namen  DrufuSi 
begraben  i(t,  oder  zum  mynften  fteet  noch  hewt  bey  tag  .auf 
fannt  Jacobs  perg,  der  ettwan  der  fchonperg  gehaiffen  hat,  fein 
grab  fteyn  als  ein  groffer  turn,  den  man  nit  Vellen  mag,  vnd  5 
heifst  man  in  den  Aichelftain.  Swetonius  fchreibt,  das  man 
feinen  leip  gen  Rom  gefurt  hat.  —  Neronperg  hat  pruderfchafft 
mit  den  Iteten,  die  in  dem  gelobten  land  Ugen  oder  gelegen 
Cint,  als  mit  Tyberiade,  die  von  dem  Tiberio  genennt  ift  worden, 
zum  mynnften  des  namens  halb.  Defshalben  mit  allen  fieten»  10 
die  Cefaree  haiffen,  als  die  groffe  ftat  ettwan  Cefarea  Paleftine, 
Cefarea  Philipp!,  von  der  wir  in  dem  ewangelio  lefen,  vnd  weihe 
ftet  Sebafte  haiflen,  als  ettwan  die  grofs  kuniglich  (tat  Samaria, 
da  die  kunig  vber  Ifrabel  regnierten,  vnd  die  ward  darnach  dem 
kaifer  zu  lieb  Sebafte  genennt,  da  fannt  Johanns  der  tauffer  vnd  15 
Helizeus  der  pro})het  etc.  ettwan  gelegen  fein.  Item  es  fint 
groffe  ftet  hin  vnd  her  nach  difem  Tiberio  oder  feinem  vater 
/AI  lieb  genennt  worden,  als  Mazacha,  die  kuniglich  haubtftat  in 
Capadocia,  die  Cefarea  genenat  ift  worden,  wann  der  Tiberius 
vordert  den  kunig  Archelaum  gen  Rom  vnd  behielt  in  mit  guten  20 
wortten  da  vnd  macht  aufs  feinem  reiche  ein  romifche  provincz, 
Cefarea  oder  Sebafte  in  Armenia,  Cefaraugufta  in  Hifpania, 
Auguftudun  in  Franckenreich,  Nerling  im  Riefs  etc. 


NERO  DÜAUCIVS  AENOBARDVS. 

Difer  Nero  was  von  der  mutter  von  dem  hochften  vnd  25 
edelften  gefchlecht  vnd  hat  vmb  das  fechczigft  iar  nach  Grifts 
gepurt  vor  vnd  nach  geregnirt  vnd  imperirt  vber  dreyzehen  jare. 

8  Vita  *.  Alban!  martyrts  bei  Caaisius,  Lect.  antiqttae  V,  a,  648. 

6    Siicton,  Tib,  7. 

9  Ekkeh.  96,  34. 

10    Vgl.  Atnbrosius-Josephus  [Migne,  Pairol.  lat.  XV],  I,  35. 

12    Ekkeh.  96,  3I. 

17     Ekkeh.  96.  25. 

23    Meisterlin  [St.  Chr.  Illj  39. 

S7  Ekk.  101,  5.  Vgl.  Schatzbehaher  Blatt  B3:  .  .  .  keyfer  Nero, 
der  auch  der  böften  menfchen  einer  gewefen  ifi,  der  au(T  Gottes  erden  mocht 
fein,  wie  wo]  er  7um  erfien  vaft  gut  W9»  gewefen  in  den  erften  fttnff  iaren, 

als  der  keyfer  Traianus  von  im  fagt. 

5 


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—    66  — 


In  den  elften  funff  jaren  was  er  fo  gut,  das  felns  gleichen  vntter 
den  kaifem  kawm  gewefen  was.  Aber  dar  nach  verkert  er  fich 
von  tag  zu  tag  vnd  wart  auch  in  aller  bofsheit  vnd  in  allem 

mutwillen  alfo  verkert,  das  es  ayn  wunder  ift,  das  menfchlich 
5  natur  alfo  mag  verkert  werden.  Es  ift  nit  wol  dauon  ze  reden 
oder  zu  gedencken,  was  er  vnd  vor  im  fein  .ohaym,  das  ift 
feiner  rautter  prüder,  mit  namen  Gaius  Caligula  —  der  auch 
kaifer  was  bej  vier  jar  —  geftiflft  vnd  getan  haben.  Ich  wü 
davon  hie  nit  fchreiben,  dann  mein  fumemen  ift  nit,  von  dem 

10  leben  der  kaifer  ze  fchreiben»  funder  allein  die  fchwäcs  oder 
gebrech,  welcher  kaifer  de  fein,  anzaigen  vnd  zu  erkennen  geben, 
das  man  in  ettlicher  mafs  ein  erkantnuss  haben  muge,  zum 
mynften  der  glidmafs  halben,  der  antliczen  der  allergroften  herren, 
die  in  der  weit  ye  gewefen  fint,  die  Got  der  herre  darvmb  er- 

15  hebt  hat  oder  erhebt  laüen  werden  zu  fühcher  grolTen  macht, 
das  er  fein  macht  in  inen  vnd  durch  fie  erzaigte,  die  dann  wol 
dar  inn  erzaigt  ift  worden,  das  er  fie  wider  fich  vnd  fein  kirchen, 
das  ift  die  famlung  der  criftghiubiuen  menfciien,  fo  lang  hat 
ftreyten  vnd  wüten  laHen,  vnd  doch  damit  nichts  haben  fchatTen 

20miigen,  funder  ye  mer  vnd  mer  ile  die  Criltenhait  ze  drucken 
vnd  ze  tilgen  vntterftanden  haben,  ye  meer  vnd  meer  fie  ge» 
wachfen,  zugenomen,  gefterckt  vnd  beueftigt  vnd  die  tyrannen 
zu  fchanden  fein  worden.  Vnder  allen  romifchen  kaifem,  die 
fich  wider  Criftnm  gefeczt  haben,  ift  difer  Nero  der  erft,  das 

25haubt  vnd  der  anfang  gewefen,  der  fein  haut  an  cÜe  furften 
des  criftenglaubens  fant  Peter  vnd  fant  Pauls  gelegt  hat, 
darvmb  ift  er  eyns  lelterliciieii  fchentiichen  tods  Iclmell  darnach 
in  demfelben  jare,  als  er  fie  getott  het,  geftorben,  wann  er  hat 
fein  hennde  in  fich  felber  kert,  vnd  alfo  ift  fein  feele  den  teufein 

30  vnd,  als  ettlich  fprechen  oder  fchreiben,  fein  leib  den  woifen  zu 
tail  worden.  Doch  vindt  man  gefchriben,  das  er  von  feiner 
ammen  Egloga  vnd  feiner  concubin  Actia  fey  in  ein  alts  grab 
der  Domicien,  von  der  gefchlecht  er  von  dem  vater  Lucio  Do- 
micio  Enobardo  was,  begraben  worden.  Aber  die  teufel  haben 


as  Eick.  loi,  52. 

30  Ekk.  101,  58. 

31  Suclon,  Nero  50. 

34  Jacob.  Bergomas  108. 


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—    67  - 


vil  gefpenfts  vmb  feinen  leib  getriben.  Darnach  i(t  die  lürch, 
die  man  heifst  Sanct  Maria  de  populo  dafelbft,  da  die  pofen 
geift  ir  gefpenft  getriben  haben,  gebawt  worden.*) 


*)  Am  Rande:  Vmb  Jeff  willen,  das»  uyu  vvon  ift,  das  N Urenberg  von 
dem  Tiberio,  der  Nero  hijiT,  genennt  fey  alfs  Neronberg,  das  mer  mit  dem 
teutfchen  concerdiert  denn  Nnriscus  mons.  fn  wil  ich  hie  etwas  von  >]rin 
gefcblecht  diff  Nerons  melden,  wie  wol  er  nit  gemaynt  wurt,  funder  der 
Tiberitts  Nero,  fo  ift  er  doch  von  deff  felben  TIberien  Nerons  gefcMecht 
gewefen,  wann  fejm  anherr  mit  namen  Gertnanicus,  der  gar  eyn  tu^'enthaflf- 
tiger  kayfer  was,  der  was  deff  kayfers  Tibery  prüder  fiin,  der  Drufus  hicff, 
von  dem  vil  aben  in  dem  laiin  gemeldt  ift.  V  nd  der  Germanicus,  der  kayfer, 
das  ift  Caefar,  was  «od  «it  Auguftus,  der  hei  tu  ayner  bavffrawen  delT  kay^ 
fers  Octaaians  tiecbter  (I)  mit  namen  Agrippmam,  der  muter  Julia,  def  Oc> 
tauitn,  tochlcr,  was.  So  w <lffr  Germanicis  muter  vnd  Drufi  hauffraw 
Aiuhonia,  des  kayfers  Octauunus  khwefter  tochter,  die  Octauia  byff,  vnd  ir 
valer  was  Marcos  Anthonivs,  der  oweb  deff  erften  kaTfers  Jnlij  nef  was. 
Alfo  hani;t  ir  gefchlecht  an  eynander.  Owch  was  deff  Nerons  mutcr  dem 
kayfer  Claudio,  der  deff  obgenennten  Germanici,  deff  Nerons  anherren, 
prüder  was  vnd  deff  Drufi^  des  Tiberij  Nerouis  pruderiun,  vermahek,  welcher 
Clanditts  ovch  difen  Neron  sn  aym  fun  nam  vnd  gab  ym  feyn  tochter  mit 
namen  Octauiam  zu  aynr  haurfrowen.  Also  haben  wir,  wie  der  Nero 
von  dem  ;,'efchlecbt  ift  gewefen  der  erften  kayfer  Gaij  Julij  vnd  Octaiii- 
anj  Augiifii.  Julius  ist  von  dem  gcfcbleebt  gewefen  Julij  Procnlt,  der 
mit  dem  Rmnulo,  der  Rom  gebawt  hat,  gen  Rom  zoh  vnd  ftifft  der  Jalier 
gefcblecht  Vnd  der  felb  Proculus  was  deff  Jiihj  Proculi  eniclin,  der  von 
dem  geichlecbt  der  lateynifchen  kung  was,  die  Siluij  hijlfen  vnd  zu  Alba 
regnijrten,  welches  Alb  der  Römer  matcr  ^^ewefen  ift.  Deff  eitern  Juli} 
Proculj  vater  oder  anherr  was  Agrippa  der  kung  zu  Alb,  vnd  daf  ich  fpricli 
vater  oder  anherr,  das  tu  ich  larvmb,  denn  es  ift  mir  auff  der  gedechlnuff 
entgangen,  ob  er  deff  Agrippes  fun  were  oder  feyns  funs,  der  Aremulus  hijff 
vnd  was  awch  kvng  tu  Alb  nach  feinem  vater  Agrippa.  Deff  Agrippes  vater 
was  Tiherinus  der  kung,  von  dem  die  Tiber,  die  vor  Albiila  hijff,  genennt 
ift,  wann  er  ertrauck  dar  inn  Deff  felben  vater  was  Carpentus  —  vnd  das 
ich  die  gefchrifft  kurci:  wa  (urbaff  dUe  buchfiaben:  d.  L  v.  w.  ftend,  fo  lif: 
deff  felben  vater  was  —  des  Carpentif  vater  was  Capis,  der  die  groff 
howbtftat  inn  Campania  geftifft  oder  gebawt  hat  mit  namen  Ca[)iiam. 
Hie  ift  ze  mercken,  das  ayn  ftatt  mag  vil  fach  ires  names  haben  oder  man  mag 
mengerlay  fach  ires  names  fecsen  oder  achtel  oder  maynen,  vnd  die  möchten  all 
oder  das  meerer  tayl  war  feyn.   Alfs  Yfidorus  in  dem  fllnfctenden  buch  ethi- 

3  Vgl.  Schattbehalter  Blatt  B6:  Der  keyfcr  Nero  griff  fant  Peter 
vnd  fant  Pauls  an,  die  auch  von  dem  gefcblecht  der  Juden  waren,  vnd  er 
verlor  als  pald  darnach  in  dem  felben  iar  die  ganlzenn  werlt,  aller  werk 
ere,  gewalt,  gunft,  feinen  leib,  fein  fei,  fein  leben,  alfo  das  er  im  lelbs  von 
forcht  wegen  aufs  verzweifliing  fchentlichen  fein  leben  name.  Vnd  ward  fein 
leyb  -  als  etllich  gefprochen  haben  —  den  wolfen  vnd  fein  fei  dem 
teüfcl,  wiewoU  etllich  fchreibenn,  das  fif  auch  mit  feinem  vnfeligcn 
leyb  lang  zeit  vil  gefpennlts  getnbenn  vnd  foliichen  fchrecken  den  menlchen 
gemacht  haben,  an  der  ftate,  da  yetto  vnfer  frawen  kirch  fteet  mit  namen 
fanta  Maria  de  populo.  das  nyemand  dafelbs  getorft  ein  oder  avis  geen  tu 
der  pfort,  die  da  bey  fteet,  wann  die  leClfel  zerriffcn  die  leiit. 

5* 


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—    68  — 


VESPASIANVS. 
VespasianuSp  der  wol  viitter  die  ftreitparften,  kuenlten, 
tapfertften  vnd  getrewften,  ia  auch  tugenthafftigiften  furften  oder 

kaifer,  aufsgenomen  den  glauben  —  vnd  das  in  Suetonius  be- 
fchuldigt,  er  (olle  das  gelt  zu  lieb  luiLl  iKtijcn  —  zu  zelen 
5  ilt,  hat  geimperirt  nach  dem  fibcTK  zigilten  jare  nach  Grift  gepurt, 
vnd  ift  vun  feiner  ritterfchafft  in  dem  gelobten  lannt,  da  er  von 
kaiTer  Nero  gefantt  wider  die  Juden  ftiayt,  gezwungen  worden, 
das  er  das  kaiferthumb  rauft  annemen,  dann  wie  pofs  vnd  ver> 
kert  fein  herre,  der  Nero,  was,  fo  was  er  Im  doch  trewe,  wie 

10  wol  er  auch  feins  lebens  vor  im  nit  fleher  was,  vnd  als  keiner 
vnwirdiger  was  der  kaiferlicher  wirdickait  dann  Nero  vnd  keiner 
wirdiger  dann  Vefpaflanus,  fo  (treyt  doch  keiner  trewlicher  für 
den  Nero,  dann  Vafpananus(l)  vnd  weeret  fich  auch  keiner  fo 
trewlichen  vnd  fo  warhaflüglichen  der  wirdickait  als  Vefjial'ianus. 

15  O  des  trewen  herczcn!  Wer  ine  kannte,  als  ine  dann  bcfclireiben 
der  hiftorien  fchreiber  Jofei)hus  vnd  der  haÜigft  Egefippus,  er 
mocht  ein  groffe  frewd  haben,  das  er  newr  fein  (igur  fehen  foüt. 

luoiogiarum  indem  erften  capitel  von  der  gemeldten  ftatt  Capua  ichreybt,  das 
ff  von  einem  ftiffler  Capi  Capua  geneniit  tik,  vnd  fecst  awcb,  das  etdid» 

niaynen,  fy  hayff  Capua  a  ca|)acitate,  das  ift  von  der  begriffiliohayt,  das  fy 
weyt  bei^reyfft,  wann  alfs  er  Ichreybt,  fo  ift  tye  vnier  die  trey  groften  ftet 
ge^elet  gewefen,  das  feynt  Rom  vnd  Kartago  vnd  Capua.  Ettlicb  haben 
genaeyiit,  es  hayff  Capua  a  Campis,^ )  dar  vmb  das  es  in  aym  freyen  weytca 
veld  leyt,  dar  vmb  das  land  darvmb  Campania  haylT,  vnd  wenn  man  fchön 
darsu  legt,  das  fy  Capua  hyff  vom  capat,  das  howbt  hayffet,  darvmb  das 
fy  defT  raben  lands  howbt  ift  gewefen*  Dat  mag  alls  war  feyn,  wann  fy 
liat  die  cygenfchafft  alle  gebebt,  alfs  man  fchreybt.  Alfo  mag  es  nach  mit 
andern  fielen  levn  Darvmb  volgt  es  nit  hernach:  die  ftai  hat  Iren  namen 
da  her,  dar  vmb  ift  ander  lach  nit  war  etcet.  —  AufT  da^  gefchlecht  zu 
kuroen:  deff  küngs  Capu  vater  was  Epitus,  denn  ettlich  Egiptum  fchreyben, 
oder  Atu^,  deff  felben  vater  was  Alba,  deff  felben  vater  Latinus,  d.  f.  v.  was 
Eneas,  d.  f,  v,  w.  Siluius,  deff  felben  vater  was  Eneas  der  groff  Troicr  et- 
cetera  Der  junger  Eneas,  der  zum  erften  genennt  wurt,  hyeff  Eneas  Siluius. 
So  hyelTfeyn  vater  SUnias  Pofthunras,  darvmb  dat  er  nach  dem  tod  feynes  vatera 
geborn  was  vnd  was  deff  Afchanij  oder  Juli  von  demdie  julij  den  naroen 
haben  alf«»  man  (chreybt  vnd  Virgilius  fpricht:  Julius  a  nui;;no  demissum 
nomen  Julo  —  prüder  etc.  Eneas  der  eher  wa»  der  nauthaffiig  Troier,  den 
der  Virgilius  den  Römern  vnd  befunder  dem  Octauian,  der  kayfer  was,  da 
vnfer  herr  geborn  ward,  zu  lieb  —  der  der  Julier  halb  von  feyni  gefchlecht 
was  —  fo  vefi  lobt,  von  welbeni  tnea  leyn  buch  Eneidorum  den  namen  hat, 
vnd  man  hayffet  auch  Rom  nach  ym  Eneaden.    Eneas  was  delT  küngs  von 


3   Suelon,  Vespasian  i6. 

6  Ekk  102,27.  .Ambrosius-Jofcphus  lV,a6. 
f)    Servius  ad  Aeneida  X,  145. 


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—    69  — 


Er  hat  fchiei  pey  zelien  jaren  imperirt.  Sein  rittedchafft  be- 
dacht, das  es  nach  Neronis  tode  in  dem  romifchen  reich  fo 
vbel  vnd  forglichen  ftund,  wann  es  wurden  in  annderthalbem 
jare  drey  oder  fchir  vier  kaifer  Galba  Seruius,  Pifo,  Otto,  Aulus 
Vitellius.  Der  Ott  hett  Galbam  vnd  feinen  sugenomen  fim  5 
Pifonem  getott,  vnd  da  fein  beere  von  den  Vitellianem  vber> 
wunden  was,  da  tötet  er  fleh  felbs,  vnd  Vitellius  was  ein  rarster 
oder  fpieler,  ein  frafs  vnd  ein  trunckenpolt.  So  hett  der  Nero 
vil  reich  vnd  lennder  erzürnet  vnd  bewegt  mit  feinem  fchent- 
lichen  wefen  vnd  wuterej.  Alfo  ftund  es  gar  verlieh  vmb  das  10 
romifch  reich.  Dar  vmb  ftunden  die  alten  ritter  vmb  den 
VefpaHan  auch  mit  gewappenter  hant  vnd  mit  fchwertten,  vnd 
droeten  ine  zu  toten,  er  wolte  dann  leben,  als  er  wirdig  were, 
das  itt  als  ein  kaifer.    Alfo  wart  er  genottet  zu  kaiferlichem 


Troien,  der  Priamvs  hyilT,  ayden,  wann  er  het  feyn  tochter  mit  namen  Treu '  im, 
vnd  feyn  vater  was  Anchifes.  Deff  felben  Anchifcs  vater  hyff  auch  C,l[  ;  , 
d.  f  V.  w.  Affaracus,  d.-  f  v.  was  Tros,  von  dem  Troia  vnd  die  Troier  ge- 
nennt  ftfut.  DefT  Troii  vater  ift  Erietottint  gewefen,  deflTdbcn  vater  was 
Dardann*,  von  dem  die  Troier  Dardaoide  geaennt  werden.  Deff  Dardanj  vater 
ift  Jnpiter —  alfsman  (Vhrevbt  fjewefen.  So  wns  feyn  mutcr  Electra,  deff  Ath- 
lanten  tochtcr,  der  owclt  Jupiters  tun  wa&.  Jupiters  vater  was  Satumus,  vber 
den  die  hayderchea  hiftorien  in  den  geTcUeclileik  an  rechnen  ntt  leycht  knmen, 
«larvmb  das  fy  den  adel  von  fcynen  funen,  dem  Neptuno  und  aller  meerft 
von  dem  Jupiter  rechnen,  den  die  h;u'fi«>fchen  poeten  aller  gott  vnd  mcnfchcn 
valter  nennen  Elthch  fchreyben,  leyu  vater  hab  Celius  gehayffen,  Nemroths 
enielin.  Ich  IsfT  hy  beleyben.  *  Nach  der  hayligen  gefchriflt  hat  Nemroth 
angeuangen  ze  herrfchenn.  deff  vater  Cliu.  war,  Chams  fun.  Cham  was  Noet 
fun  Noes  Vater  was  I^amech,  der  lang  mit  dem  Adam  gelebt  halt  La- 
roechs  vater  was  Matufalem,  deff  feiben  vater  Enoch,  der  noch  leben  foU 
in  dem  pnradeyf,  von  dem  alle  nenfchen  knmen  feynt,  die  nach  der  fmitlütt 
ye  geboren  feynt.  £nochs  vater  was  Jareth,  deff  'rl'x'n  vater  Malalehel, 
d.  f  v.  w.  Cainan,  d.  f.  v.  w.  Enos,  d.  f.  v.  w.  Seth,  Adams,  deff  erften 
menfchtn  fnn. 


I    Vgl.    .Schattbehalter  A6:  Aber  fo  ine  die  hanbtlettt  feiner  rittet^ 

fchalTt  n;uh  des  keyrers  Nerons  tnd  -wanden,  fich  des  keyfcrthnm!!  ^cunttcr- 
winden  wider  den  Aulum  UitelUum,  der  ein  bub,  fpiler,  firafs  vnd  ein  grolfer 
faufler  vnd  trunckenbolt  wa»  —  den  das  heer  yn  Pranckreich  tn  einem 
keyfer  auffgeworffen  het,  darab  emp6eng  die  nit  ritterfehafft  -  die  bey 
Vefpanano  vnd  mit  ym  vor  lang  her  komen  was  vnd  vil  arhait  für  das 
romifch  reich  gehabt  betten  -  einen  verdrufs,  daz  ein  föllicher  vnnützer 
bub  folt  auflgeworfen  werden,  fo  (le  doch  einen  nfltxen,  ftrettbera,  tngcnthaflT- 
tigen  haubtman  vntter  ine  hellen,  vnd  zwangen  yn  mit  fchweitem,  das 

keyfertuiiib  anrenem(?n. 

7    Kkk.  to2,  15  multu  sevitia  ceterisque  vitiis   notabilis,  manime 
ingluvie  et  voracitate.  quippe  qui  de  die  quarto  vel  quinto  sepe  fertur  epulatua. 

la   Ambrosins-Joäeplms IV,  36:  rdnclMtem  armnti  circvmnstnntgladüi« 


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—    70  — 


ftant,  vnd  als  dermitiglichen  er  fich  fein  geweret  hett,  aUo  tugent- 
liehen  vnd  freuntlichen  regirt  er. 


TITVS. 

Difer  kaifer  Titus  hat  vmb  das  achczigift  iare  nach  Grift 
5gepurt  bey  swaien  jaren  geregnirt.  Difer  Titus  ift  auch  vntter 
allen  haidenifchen  kaifern  der  allerpeften  einer  gewefen  vnd  fo 
gut,  das  er  genennt  ward  die  lieb  vnd  wollult  menfchlichs  gc- 
rrhleclits  Er  was  inilt  vnd  verfagt  nvfmants  irhts.  F>  was 
kun,  Itreitpar  vnd  manlich.  Er  ift  der,  der  Jherulalern  gewannen 

10  vnd  die  Juden,  der,  als  Jofephus  meint,  bey  fibenhundert  taufent 
vnd  zwainczig  mal  hundert  taufet  2U  Jherufalem  in  den  o(ter> 
liehen  zeiten  gefcheczt  wurden,  vberwunden  bat,  vnd  hett  den 
tempel  aufs  der  maflen  gern  behalten,  aber  fein  rittere  zuntten 
in  an  wider  feinen  willen.    Er  fchray  vnd  dewtet,  man  follt 

15  retten  vnd  lefchen.  Es  erhub  Hch  aber  ein  folich  grewlich  vnd 
jemerlich  gefchray  vnd  hewien  in  der  ftat,  das  man'  ine  nit 
boren  inocht.  Wer  von  icincni  vnd  feines  vaters  Vefpaliani 
grolTeni  lol)e  wiiTen  wolle,  der  lefe  Suetonium  von  dem  leben 
der  kailer  vnd  Julephum  de  bello  Judaico  von  dem  dritten  puch 

20  an  vnd  Kgefippum  von  dem  andern  buch  an  durch  die  vier 
pucber  aufs.  Da  vindt  man  fo  groffc  ding  von  wortten  vnd  von 
wercken,  auch  von  leiden,  als  in  allen  hiftorien,  die  in  der  weit 
befchehen  feint. 


DOMICIANVS. 

Difer  Domicianus  hat  geregniert  nach  leinem  prüder  Tilum 
XV  jare,  hat  augefangen  vmb  das  zwaj  vnd  achczigift  jare  nach 

7    amor  ac  delictae  geseris  humam.    Sueton,  Titos  i.    Vgl.  Schatz- 
behaUer  Bl.  B  6':  .  .  .  das  man  ine  di«  liebe  vnd  die  woUttft  des  menfchlicheD 

gefchlechtes  nennet. 

14  Ambrotins^Josephus  V,  42:  Clamor  quoque  antversoram  ^ortoa, 
.  .  .  .  [Caesar]  te  proripiens,  quanta  poterat  voce,  restingoi  ignei  iubebat. 
Nuui  tarnen  et  manii  Titns  revocabat,  quos  poterat,  mandabat  aliqnibu»,  nt 

inhiberent  impetus  militum. 

20  Er  hatte  wohl  antser  der  im  vorstehenden  citierten  Ambrosius« 
bearbeileng  des  Jose|)hus,  die  als  Hegesippus  ging,  auch  die  wörtitehe 

Übersetzung  des  Kufinus  vor  ?ich.  Breite  Üljer- t  t:  im;_'en  aus  Ambrosius- 
Joscphus  V,  17.  18.  41.  46  im  hchatzbehalter  Blatt  805'  tT.;  vergl.  auch 
As'  und  V6'. 


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—    71  — 


vnfers  Herren  gepurt  vnd  regniert  pifs  auf  das  fechs  vnd  newn- 
czigift  iare.  Er  hat  fannt  Juhannfen,  den  evangelifteni  in  das 
elend  in  die  infei  Pathmos  heiffen  fchicken,  wenn  er  ift  der 
annder  vnder  den  kaifem  gewefen,  der  die  Criften  veniolgt  hat, 
wann  er  gepot,  das  man  in  herre  vnd  Got  nennen  vnd  fchrdben  5 
foUt.  Er  durchechtet  in  fiinderhait  vnfers  herren  nachgepome 
freund  vnd  die  von  herre  Davids  gefchlecht  waren,  als  lang  bifs 
er  von  den  enicklen  fannt  Jude  Thatei,  der  vnuierni  licncn 
nach  der  menfcheit  zu  gehört  vnd  fant  Jacobs  des  mynnem,  der 
vnnfers  herren  bruder  genennt  ift,  bruder  was,  vntterwifen  10 
ward,  das  He  ainfeltig  pawers  lewt  waren.  £r  ift  gar  ein  iup« 
tiler  fchucz  gewefen,  vnd  hat  die  I  eutfchen  in  der  iugent  ge- 
demütigt,  Vnd  nach  dem  als  fant  Johanns»  der  zwelfpot  vnd 
ewangelift,  nach  gehails  vnd  gebot  Domidani  in  das  (idend  ol 
geworffen  ward,  darauf s  er  doch  vnuerfert  ging,  do  vorcht  (ich  15 
Domicianus  vnd  verwundert  fich  deffelben  zaichens  halb  vnd 
hielt  fant  Johannfen  in  eren.  Aber  feyt  das  ine  die  hoffart  alfo 
befelTen  hett,  das  er  felbs  für  Got  wolt  gehalten  werden  vnd 
hiefs  fant  Johannfen  in  das  elend  fennden,  do  kam  in  nach 
demfelben  ein  foliche  forg  feins  lebens  an,  das  er  ftets  in  argwon,  20 


a  Eick.  t03,  3« 

6   Jac  Bergom.  112:  Eos  qvoqae,  qm  de  genere  Daind  faerant, 

ubique  exquiri  et  inicrfici  precepit. 

II    Saeton,  Domitian  19:  Armorum  nuUo,  sagittarum  vel  praecipuo 
itttdio  tcnebmtnr. 

13   Vgl.  Seh«tsbelialterB]attB6't  Vnd  das  du  dx  noch  mer  mercken 

mU(;e(l,  Domicianus  der  keyfer,  der  auch  VefpaHanus  fun  vnd  Titus  bruder 
was  vnd  vmb  feins  vatters  vnd  bruders  willen  fo  werde  vnd  lieb  gehalten, 
das  er  keyfer  ward,  da  er  fant  Johannfen,  den  geliebten  iunger,  angriffe  vnd 
yne  in  das  fiedend  Öl  werffen  vnd  in  das  dlend  verfehickea  liels,  da  fiel  ar 
alfspald  in  vnn;tinft  der  menfchen  vnd  zuuoran  Gottes  des  herm,  vn^  1<am 
in  ein  folliche  graufame  vorcht  vnd  forg  feins  lebens,  dz  er  ficli  nyendert 
fieher  wefte.  Darumb  er  auch  die  wend  in  den  gepewen,  in  den  er  fpazyeret, 
mit  den  fteinen,  die  man  frigites  oder  fingites,  als  ettlich  fchreiben,  nennt, 
vntterfetzen  Hefs,  das  er  in  inen  fehern  mncht,  was  hiuder  im  befcheh. 
Vnd  yn  follichen  forgen  vnd  angftenn  belyb  er,  bis  er  in  dem  felben  iar,  in 
dem  er  fant  Johannfen  den  ewangeliftan  in  dax  eilend  gefendt  hett,  er- 
fchlai,fen  ward,  vnd  alles,  das  er  geordnet,  gebotten  vnd  gewölt  hat,  dz  ward 
durch  ein  gemein  vrteil  des  r'iinifchen  rals  hinder  ftch  getriben  vnd  feine 
biid  vod  Wappen  ernyder  geworffen,  lein  titel  vnd  nam  abgetilgt  vnd  au(s 
gehawen,  das  er  nit  altein  die  herfcbafil  vnd  da«  leben,  fnnder  auch  den 
namen  verlüre,  als  der  der  nit  wirdig  were.  dz  man  fein  fölt  gedencken, 
wann  er  I\ett  ein  weil  in  funderheit  die  durchechtet,  die  von  vnnfers  herren 
gefchlecht  warenn. 


0 


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—    72  — . 


in  vorcht  vnd  veraweifelung  ftuod.  Defshalben  hieis  er  die 
wennde,  da  er  pflag  zu  fpaciren,  mit  dem  ftain,  den  man  Phri- 
giten  oder  Fingiten  nennt,  befeczen,  das  er  in  demfoiben  als  in 
fpiegeln  fehe,  was  binder  im  befchehe.  In  foiichen  angften 
Sftund  er,  bifs  er  durch  gunft  des  romifchen  fenats  vmb  kam. 
Welcher  fenat  ine  auch  nach  feinem  tode  alfo  fmehet,  das  de 
fein  pild  vnd  fchilt,  die  er  allein  von  gold  oder  von  filber  vnd 
in  tiiercklicliein  «^roilVti  gewicht  mkI  fwere  wollt  haben,  Heffen 
vnd  hiclYen  wider  die  erden   wcrffen  feinen  tittel  ahtilgcn, 

10 vnd  was  er  geboten  vnd  geleczt  hett,  hiiittcr  lich  treiben  etc. 
Alfo  ging  es  dem  anndem  veruolger  vnd  durchechter  Crifti  etc. 


TRAIANVS. 

Ulpius  Crinitus  Traianus,  der  vntter  allen  liaidenifrhcn 
romifrhen  kaifern  der   u^erediteft  viul  tugentliaütigift  geweft  ift, 

15  hat  geregniert  pey  newnczchen  jaren  vnd  hat  vmb  das  hunderft 
jar  nach  Crifti  gepurt  angefangen.  Er  hat  fich  auch  nach  den 
Teutfchen  oder  von  den  Tewtfchen,  die  er  hie  diilet  des  Reins 
vberwunden  hat,  genennt,  als  man  auf  difem  fwacz  oder  geprech 
—  wer  es  lefen  kan  —  ficht.  Er  tft  feines  vorfarens,  mit  namen 

20Nertte,  gar  eines  frumen  kaifers,  zu  genomener  fun  gewefen, 
von  welchem  vnd  nach  dem  er  Och  auch  Neruam  genennt  hat. 
Darvmb  fteet  hie  auf  difem  fwacz  oder  geprech:  »Nerua  Traia- 
nus Germanicus'c,  oder  wu  man  e«;  nacii  unlenung  willen  ze- 
lefen,  fo  fteet  es  alfo:  ^Impeiatur  Caefar  Nerua  Traianus 
.25Auguftus  Germanicusc.  An  dem  andern  ort:  »tribunicie  pote> 
statis  consul  bis  pater  patrie.;;  Aber  dife  wort  fteen  nit  ganz 
da,  fander  vntterweilen  ein  fllb,  vnderweilen  ein  ayniger  buch* 
ftab  für  ein  gancz  wort  etc.,  vnd  aufs  difer  vnderweifung  mag 
man  die  andern  geprech  auch  lernen  lefen.    Difer  kaifer  Trai- 

SOanus  ift  zu  Coln  erweit  worden  vnd  ift  von  Hifpanlen  purtig 
gewefen  vnd  ift  nach  dem  Octauiano,  vnder  dem  Cridtus  geborn 
ift  worden,  keiner  dem  romifchen  reich  fo  erlich  vnd  nucz  ge- 
wefen als  er.    Er  ift  fo  milt  vnd  mitfam  gewefen,  das  er  mit 

2    Sueton,  Domitan  14. 
6    Sueton,  Domiliau  23. 
19   Ekkelu  103,  44. 


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—    73  — 


yedermann  freuntlichen  redeti  vnd  da  er  darvtnb  —  das  er  (ich 
den  lewten  fo  gemain  machet  —  geftraift  ward,  do  anttwurt  er 
vnd  fprach  er  alfo:  »Ein  kaifer  fol  Hch  gegen  feinen  vnttertanen 
halten,  als  er  wolte,  ob  er  ein  vnttertan  wer,  das  fleh  ein  keifer 

gegen  im  hielt«  etc.  Difen  Traianum  hat  fant  Gregorius  mit  5 
feinem  gebcte  auis  der  pein  der  helle  erbeten  vnd  erledigt. 


ADRIAN  VS. 

Difer  kaifer  Adiianus,  ein  neue  oder  nifteln  Tun  des  kaifers 
Traiani,  hat  geregnirt  vmb  das  hunderft  vnd  zwenczigift  jar  nach 
Grift  gepurt  vnd  hat  mer  dann  zwenczig  jar  geregniert.  Er  hat  10 
die  Juden  zum  leczften  vberwunden  vnd  zertrennt  durch  die 
werlt.    Er  hat  Jherufalem  zerilaiflft  vnd  wider  gcpawt  vnd  nach 
feinem  namen  Helyam  genennt,  wann  er  hiefs  Helius  Adrian us, 
vnd  hat  fic  den  Juden  verboten  vnd  den  CruLcii  ciiaubt  vnd 
gegundi,    wann  er  was  zum  erfteri  den  Criften  gunftig.    Aber  15 
er  ward  darnach  von  den  pfaiieji  der  abtgotter  verkert  vnd  er- 
fchreckt,  das  er  die  Crilten  durchechten  vnd  vervolgen  muft. 
Darvmb  Cind  vil  vntter  im  gemarttert  worden.    Er  was  zu  mal 
fynnreich  vnd  wohlgelert  vnd  behennd  ze  tichten  vnd  den  tichtern 
mit  getichten  vnbedacht  ze  anttwurten,  als  ob  er  darauf  gelemet  20 
vnd  getichtet  hett. 


TITVS  ANTONIN  VS  PIVS. 

l>ifer  kaiter  Titus  Anthoninus  der  millt  hat  geregniert  vmb 
das  hunderft  vnd  virc/ii;jrt  jare  nach  Crift  gepurt  vber  zwev  vnd 
zwenczig  jare  mit  feinen  funen  Marco  Anthonino  vnd  Lucio  25 
Comodo.   Er  hat  den  zu  namen  der  miltickeit  mit  den  wercken 
gehabt,  wann  er  i(t  ganncz  tugenthafft  gewefen»  nach  bürgerlichen 

5    Ekkeh.  152,22 
10    Ekkeh.  104,34     Martin.    Polon   153.    J«c  Beryom.  114b. 

14  Vgl.  Schatcbelialter  Blatt  A6:  Melius  Adriauus,  [der]  die  Juden 
zum  letften  fjantz  demmet  vnd  die  ftat  Jherusalem  zerfchlaift  vnd  anderwertt 
bawet  vnd  nach  feinem  namen  Heliam  nennt  vnd  den  Juden  xu  ewigen 
a«iten  verbott  vnd  den  Criftca  erlaubt 

15  Martintit  Polonns  156. 
18    Ekkehard  104,25 

Martinus  Folonus  156 


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—    74  — 


tugenden,  die  man  kriechifch  politicas  nennet,  zu  rechnen.  £r 
tailct  die  fchecze  vntter  die  gemainde  vnd  gab  die  für  fie  aufs. 
£r  Uefs  den  fchuldnero  ir  fchuld  varen  vnd  die  fchultbrief  ver- 
prennen.  Er  fprach,  er  wolt  nach  dem  ebenpild  Scipionis  lieber 
Seinen  burger  behalten,  dann  taufent  veinde  erflagen.  Er  zoh 
vü  werlt  an  (ich  durch  fein  demutigkeit,  tugent  vnd  gerechttckait. 
Er  was  auch  den  Criften  gnedig  vnd  gutig.  Er  was  def  kaifers 
Adriani  tocliter  man  oder  aidem  vnd  zugenomencr  Ion.  Er 
was  ein  grofier  philolophus  etc. 


10  MARCVS  AVRELIVS  ANTONINVS. 

Difer  Marcus  Aurelius  Anthoninus,  ein  zugenomcner  Tun 
des  vorgenanlen  milten  Anthonini,  hat  geregniert  vinb  das  hun- 
dertft  vnd  fechzigift  jar  nach  der  gepnrt  Crifti  mit  feinem  prüder 
vnd  darnach  mit  feinem  fon,  die  baide  Lucij  Comodi  genant 

15  waren,  bey  flbemcehen  jaren.  Er  i£t  gar  ein  tapferer,  ernft- 
hafftiger,  gütiger  vnd  milter  kaifer  gewefen,  vnd  ee  dann  er  die 
lender  vnd  die  gemain  hat  wollen  befchwaren,  ee  hat  er  feine 
vnd  feiner  geniaheln  gezird  vnd  cleinot,  ja  auch  feinen  haufs- 
rat  angegritfen  vnd  verkautTt.    Kr  hat  den  lendern  die  gult  oder 

20zinfe  laffen  varen,  er  hat  die  gefclirifTt  des  gelts,  das  man  im 
oder  dem  kailerlichen  feckel  —  den  man  fiscum  nennet,  von 
dem  der  nam  fiscal  kernt  —  verfallen  was,  offennlich  auf  dem 
marckt  verprennen  laffen.  Er  hat  auch  die  Deutfchen  vnd  vil 
andere  gefchlecht  gluckfaliglichen  vberwunden  etc. 


25  ANTHONINVS. 

Der  Antboninen  fein  vil  gewefen,  nemlich  Titus  Anthoninus 
Pius,  Marcus  Anthoninus  Verus,  Lucius  Anthoninus,  Anthoninus 

Caracalla,    Marcus    Aurdius   Anthoninus   f'liogabalus.     In  den 
kaiferlichcn  rechten  wart  Anthoninus  offt  gefeczt.  \cc/.  mit  dem 
30  kaifer   Scucro  Pertinacc,   yecz  allein,   vnd  derfell)  Anthoninus. 
der  mit  dem  Seuero  gefeczt  wurt,  ift  der  Anthoninus  Caracalla, 

i8  Jac  Bergom*  117 

20  fi&cali  im  quoque  titnloram  montimenta  in  foro  congesta  concre» 
m«ri  iussit    Jac.  Berg.  1.  c. 

a4  svoiiBa  com  felicitate.   Jac.  Berg.  I.  c 


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—    75  — 


wann  er  ift  Seueri  Tun  gewefen.  Dcrfelb  Anthoninus  Caracnlla 
hat  geregnirt  vmb  das  zweifaunderft  vnd  zebendft  jar  nach  Grifts 
gepuit  vnd  hat  geregiert  (Iben  jare.  So  hat  Marcus  Aurelius 
Anthoninus  Eliogabalus  regniert  drey  jare  vnd  nach  Grift  gepurt 
vmb  das  zveyhunderft  vnd  achczehendft  jar.  5 


FAVSTINA  AVGVSTA. 

Faultina  Augufta,  Anthnnini  Pij  ex  Fauftina  Adriani  filia 
filia,  Marci  Anthoninj  Pij  vxor,  qui  adoptiuus  filius  fuit  Tili  An- 
thonini  Pij.    Lege  de  ea  LXXXXVI.  capitulo  Johannis  Bocacij 
de  iUuftribtts  mulieribus.  Von  der  kaiferin  Fauftina  fchreibt  man,  10 
das  ir  grofler  eer  erboten  ward,  denn  vor  ir  kainer  kaiferin  ye 
erboten  was  worden,  wann  ob  man  andere  kaiferin,  die  von 
kaiferlichem  gefchlecht  waren  oder  kaifer  betten,  Auguftas,  das 
heifst  man  ze  deutfch  merer(e)in  des  romifchen  reichs  nannt,  fo 
fpricht  doch  Johannes  Boccacij,  das  er  nit  funden  hat,  das  aufs  15 
gehail's  oder  ordcnung  des  romifchen  tenats  ayner  anndern  \or 
ir  der  nani  gegeben  fey  worden,  das  fie  als  dife  ditia  augufta 
—  das  als  vil  ift  als  die  himelifch  oder  gotlich  meererin  des 
romifchen  reichs  —  genennt  fey  worden.   Da  merck  ayns,  was 
gewalt  vnd  gluck  vermag,  das  ein  bubin,  ein  eeprecherin  folich  20 
eer  empfahen  fol.    Vil  haiHger  juncfrawen  feint  zu  denfelben 
Zeiten  dar  vmb,  das  (le  der  warheit  anhiengen  vnd  den  waren 
Got  erkennten  vnd  fein  veriahen,  bubyn  vnd  vnendlich  gefcheczt 
vnd  geachtet  worden,  vnd  dife  hayden3m,  die  ein  folche  fcham- 
pere  bubin  was,  das  fie  vber  annder  vil  eeprecher  auch  iren  25 
aydcn  /u  lietT  vnd  ward  dennocht  nit  gelettigt,  funder  fie  wart 
gleich   wütend  viui  fych  von  licbj,  die  fie  von  einem  fcbirnier 
empfangen  liet.    Das  hindert  fie  alles  nichts  an  der  weit  eer 
Wer  kund  gnug  wegen,  wie  vngleirli  vnd  vngerecht  dife  torate 
wcrlt  in  yren  vrtailen  fey,  vnd  das  du  dich  meer  verwunderft,  30 
dife  bubin  ift  nach  irem  tode  zu  gebete  vnd  zu  lieb  ires  mannes, 
dem  fie  doch  die  eelich  trewe  nit  gehalten  hett,  durch  ordenung 
des  romifchen  fenats  zu  einer  gottin  geweiht  vnd  erhöht  worden, 
vnd  der  kaifer  hat  ir  einen  fchonen  tempel  gepawt  vnd  pild 

2ö    atuDt  eam  ^ladiatorem  (juendam  adeo  amüMe,  ut  ob  desiderium 
ein»  Incurreret  ftegritudinen  fere  letalem. 


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—    76  — 


aufgericht  vnd  juncfrawen,  die  ir  priol'teriii  follten  fein  vnd  Fau- 
ftiniane  Ibiiten  iiaiiTen,  zu  gewidemet.  Sih,  was  der  Haiden  gots 
dinft  fey  gewel'en.  Dife  kaiferin  Fauftina  ift  fo  aufs  der  maffen 
fchon  gewefen,  das  man  ir  gebrege  in  gold  vnd  in  filber  vnd 
5  in  er,  als  Boccacius  fchreibt»  gedruckt  bat,  vnd  wie  wol  man  in 
denfelben  die  Ueplicbait  ires  angeHchts  vnd  die  liechten  frifchen 
varb  vnd  ir  geberde  nit  mercken  mag,  fo  merckt  man  doch  ein 
wenig  die  gelidmafs.  Aber  als  fchon  (ie  gewefen  ift,  als  vnlawtter 
ift  fie  worden.   Sie  hat  mit  vilen  zugehalten,  vnd  ilt  ir  man  fo 

10  gutig  gewefen,  da  luan  im  riet,  er  follt  fie  toten  oder,  das 
nienfchlicher  wer,  von  yni  ichaiden,  da.anttwurt  er,  man  muft 
den  haulYrawen,  wann  *  man  fie  Ichied,  die  morgengab  wider 
geben.  Vnd  wollt  da  pey  zuuerften  geben,  das  er  durch  fie  zu 
dem  reich  oder  kaiferthumb  komen  were,  vnd  duldet  ir  vntugend 

15  vnd  eepruch,  wie  wee  es  im  tet.  Man  lifet  ein  abentewer  von 
ir,  die  vindt  man  in  dem  Boccacio. 


LVCIVS  AVRELIVS  COMODVS. 

Difer  Lucius  Aurelius  Comodus  hat  mit  feinem  vater  Marco 
Anthonino  Vero,  der  des  milten  vnd  gutigen  Anthonini  aydem 

20  vnd  zu  gewunfchter  fun  was,  geregiert  vnd  nach  deffelben  feines 
vaters  tode  hat  er  dannoch  pey  dreyczehen  iaren  geregniert,  vnd 
das  ift  geweft  nach  Grifts  gepurt  vmb  das  hunderfl  vnd  fieben- 
czigft  oder  vmb  das  hunderft  vnd  achczigift  iare.  Man  haifst  in 
incomodum  Comodum  vmb  feins  bofcn  lebens  willen,  das  er  go- 

25  furt  hat,  vnd  er  ift  durch  ftifflun^  feiner  concubin  oder  zu  weibs 
erwürgt  vnd  vom  leben  zum  tode  pracht  worden. 


AVREl-lVS  SEVERVS  ALEXANDER. 

Difer  kaifer  Alexander  hat  geregniert  vmb  die  zeit,  als 
man  gezelt  hat  nurh  Criiti  gepurt  zwc)  iiundert  vnd  viervnd 

5  in  quibtttj  etsi  oris  habitutf  oculorum  molus,  color  vividns 
et  liil  iritas  faciei  desint,  itlud  [sc.  decusj  Urnen  liniamenta  testantur  per- 
maximum. 

34    Ekk.  105,68. 

25    Ekk.  105,54. 


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—    77  — 


zwenczig  iare  vnd  i(t  ein  weiter  ftreitparer  junger  tnan  gewefen, 
wann  die  mechtigen  Periler,  von  denen  ettwan  der  grofs  Ale- 
xander vierczehen  taufent  mal  taufent  mann  erftagen  tiette,  ee 

er  fie  vberwant,  die  hat  difer  Alexander  auch  herlichen  vber- 
wundcn.     Kr  hat  die  Criften   durchechtet,   aber  als  es  geacht  5 
wirdet,  nit  von  hcrczen,  funder  mer  aufs  \ orcht  der  Romer  vnd 
abgotereier,  das  ift  derer,  die  als  einen  grollen  ernnft  zu  der  ab- 
goterej  hetten,   wann  fein  mutter  mit  namen  Mamea,  die  was 
gar  ein  geflilTene  andechtige  Criftnyn.    Vnd  er  wirt  in  funder- 
bait  in  den  hiüorien  gelobt,  das  er  (ich  gar  miltiglich  vnd  f rennt- 10 
lieh  gegen  ir  gehalten  hab.    Einer  fchreibt,  He  fey  von  im  ge- 
tott  worden,  aber  derfelb  velt  oflt  in  feiner  cronick  etc.  Der 
felb  Alexander  hat  den  kunigen  von  India  entboten,  das  fie 
denen  von  Ediffa  fant  Thomas  leib  fchickten.  Er  hat  vil  kaifer. 
lichcr  gclccz  geniarlit    Difer  romifch  kailer  Alexander  hatnieerl5 
lannds  vnder  im  gehabt,  als  dann  andere  kailer  ^  »n  dein  erften 
kaifer  Gayo  Julio  bils  auff  die  zeit  Juftiniani,   denii  der  giofs 
Alexander    Er  hat  Vlpianum,  den  gelerten  in  kaiierlichen  rechten, 
zu  einem   beylitzer   vnd  feczer  gehabt  vnd    hat  vil  biilicher 
rechter  gefecz  gefeczt«  als  man  vindet  in  codice  Juftiniano,  vnd  20 
ift  zum  leczften  zu  Mencz  durch  die  aufrur  der  ritterfchaflt  umb- 
komen,  do  er  dreyczehen  jare  geregniert  hett  etc. 


GORDIANVS. 

Difer  kaifer  Gordianus  hat  imperirt  vmb  das  zweyhanderft 
vnd  vierczigift  jare  nach  Grift  gepurt  fechs  jare.  Er  hat  vil  ge-  25 
fecz  gemacht,  als  man  in  kaiferlichen  rechten  feinen  namen  offt 
vindet  in  codice  Juftiniano.    Von  im  hat  kaifer  Claudius,  des 
kaifers  Conftantini  vranlierre,  einen  vrlprung. 


I   Jac.  Berg.  119. 

8   Jac.  Berg.  119b:  es  Mammea  matre  chrisiiana  Rome  generalus; 
ISO:  Matntnea  Alexandri  imperatorb  mater  christiaikissima. 

II    Martinas  Polonus  169. 

13    Martinus  I'olrnus  I.  c. 

18    a»$essorein  Ulpianum  iuris  coudUoreu  babuit.  Martinus  Polonus  16&. 


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—    78  — 


PFILIPPVS. 

Der  kaifer  Philippus  hat  geimperirt  vmb  das  üben  vnd 
virczigift  vnd  swaihunderlt  jare  nach  Grift  gepurt»  vnd  hat  feinen 

fun  Philippuiti  za  einem  mitgenofTen  gi  nomen  zu  imperiren,  vnd 
5  fein  paide  CrilLcn  gewefen  vnd  vntter  allen  romifchen  kaifern 
die  erften  vnd  feint  zum  glawben  bekert  worden  durch  fant 
Poncium,  der  ayns  fenators  fun  was,  mit  namen  Marcus.  Sein 
mutler  hie  Ts  Julia.  Da  in  die  felb  in  irem  leib  trug  vnd  auf 
ein  zeit  die  tempel  der  abgoter  befucht  mit  dem  mann  vnd 

10  opfert  inen,  da  fie  kam  in  des  Jupiters  tempel,  da  ftund  der 
priefter  vor  dem  altar  mit  einem  tuch  gepunden  vmb  das  haubt 
vnd  mit  einer  hawben  als  ein  bifchof  hut  auf  dem  hawbt,  vnd 
ward  mit  einem  warfagenden  geift  begriffen  vnd  rayfs  die  haubt- 
pinden  mit  dem  bifchofshut  mit  vngeftumickait  von  dem  köpf 

15  vnd  ving  an  grewlichen  zu  fchreyen,  das  man  es  durc.li  den 
tempel  boret:  »Difs  weib  trej^^t  den  in  irem  leib,  der  difen 
groffen  tempel  des  Jupiters  der  nider  werflfen  vnd  zerftorcn 
wirt*,<i:  vnd  vor  zorn  ze  rilfe  er  den  bifchof  hut  zu  deinen  drumern. 
Vnd  da  er  nit  auff  höret  ze  toben  vnd  der  gleichen  zu  fchreyen, 

20  da  erplichen  vnd  forchten  fleh  Marcus  vnd  Julia  vnd  fluhen  zum 
tempel  aufs  In  ein  hawfs,  das  in  der  nehi  was,  vnd  die  Julia 
nam  einen  (tain  vnd  fchlug  Hch  mit  auf  den  pauch  vnd  in  die 
feyten  vnd  fprach:  »Wellte  Got,  das  ich  in  nye  empfangen  hette, 
durch  den  der  grofs  tempel  vnd  fein  Gott  vmbkert  follen  werden. 

25  Es  ilt  pelTer,  das  ich  mit  im  Verderb.  ■:  Da  l'ie  aber  i,clag  vnd 
niaynet,  das  kint  l'ollt  in  irem  leib  tot  lein,  da  gej)ar  fie  ein 
fchones  kint  on  alle  geprechen.  Da  wollt  fie  es  noch  getott 
haben,  aber  der  vater  weret  ir  vnd  fprach:  »Laffe  es  leben. 
Wil  der  Jupiter  fich  rechen  von  feinem  veind,  fo  tu  ers.  Es 

30befchehe  von  uns  nit,  das  wir  die  hennd  an  in  legen.«  Sie  be> 
hielten  das  kint  vnd  nennten  es  nach  irem  gefchlecht  Poncium 
vnd  fürten  yn  nye  in  e[i]ncherlay  tempel.  Wie  es  im  aber  gieng, 
da  s]  lefen  wir  da  wol  in  feiner  legend,  die  fchon  ift.    Es  fey 

2  Ekk.  108,5. 

7  Vita  s.  Ponlü  AA.  SS.  Mai  111,274 

la  v«1ato  capite  infulatus. 

13  appreiidens  velamen  simul  et  infulain. 

20  Marcus  et  Julia  exsangucs  fu^iunt. 

25  vnd  maynet  -    tot  fein  Zulau. 


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-    79  — 


hie  gnug  gemeldt,  das  das  betchah,  das  von  dem  priefter  war- 
gefagt  was  worden.  Er  bekeret  die  zwen  kaifer  vnd  pracht  fle 
darzu,  das  de  die  hailligen  tauff  von  fant  Fabian  dem  pabft 
empfingen,  vnd  derfelb  Fabian  vnd  Pondus  zerprachen  vnd  zer- 
warffen  oder  zerfchlugcn  die  abtgoter  alle  des  groffen  tenipels  vnd  5 
warffen  den  tempel  deniyder  vnd  zerftorten  in  zu  gnind,  vnd 
vil  volcks  kam  /.um  glauben  vnd  wart  getaufft.  Zu  den  Zeiten 
difer  zwaier  kaifer  begegnet  das  taulenft  jare,  das  Rom'gepavvcn 
was  worden*  Das  felb  jar  ward  herlicben  vnd  mit  groffen 
frewden  vnd  opfern  vnd  fpilen  vnd  hochzeiten  begangen.  Der  10 
junger  Philipps  was  fo  ein  emnfUich  menfch,  das  jn  nach  dem 
als  er  fechs  jar,  behallt  ich  es  recht,  alt  was  worden,  kain 
menfch,  auch  fpilleut  oder  gauffmenner,  mochten  lachen  machen, 
funder  er  ward  auch  gemerckt,  das  er  feinen  vater,  da  er  yn 
einem  offen  fpil  ynnicklichen  lachet,  vber  zwerch  vnd  fawer  an  15 
fach,  gleich  als  er  bedewten  wollte,  es  [gehöret  kaiferlicher 
maieltat  nit  zu,  fo  kintlichen  oder  leichtferttii^lit  heri  lachen.  Er 
hat  die  kailerlichen  fchecz  dem  babft  für  die  Criften  gegeben. 
Der  kaifer  Philippus  hat  auch  vil  gefacz  gemacht,  dar  vmb  er 
auch  oflft  in  den  kaiferlichen  rechten  genennt  wirt.  Er  imperirt20 
üben  jare. 


GALIENVS. 

Difer  Galienus  hat  mit  feinem  vater  Valeriano  pey  funf- 
zehen  jaren  geregniert  nach  Crilts  gepurt  zweihundert  vnd  fechs  25 
vnd  funffczig  jare.  Sein  vater  Valerianus  was  im  anfang  gar 
gunitig  den  Cri(ten,  aber  er  ward  durch  einen  sauberer  verkert 
vnd  zu  durchechtung  bewegt,  vnd  do  er  die  Criften  veruolget, 
do  gewan  im  der  kunig  von  Perfien  Mefopotamiam  vnd  vil 
andere  lender  an.  Er  was  von  den  herren,  die  in  deutfchen 
lannden  im  Riefs  vnd  auff  dem  Norkaw  waren,  erwelet,  vnd 

4  Vita  p  276. 
7    Ekk.  108,10. 

10   Bkk.  108,13:    Hie  adeo  severi  fuit  animi,  at  Um  a  quinquenii 

etate  nullo  ctiiusquain  commento  a  i  ri  iendiim  solvi  potiierit  patrem'jtie 
ludis  secularibiu  petulanüus  cachinnantcm,  licel  adhuc  puer,  viütu  aversato 
notavtfit- 

17    Marttnus  Polontts  173. 

24   Jac.  Bergotn.  122. 

sS    Ekk  109,1      Jac.  Bergom  1.  c. 


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fein  fun  ward  zu  Rom  von  dem  fenat  kaifer  genennt.  Do  er 
nach  der  durchechtung  der  Criften  wider  den  kunig  von  PerHe 
zoh,  do  lag  lag  fein  heer  nider  vnd  er  ward  lebendig  gefangen, 
vnd  ward  uon  dem  kunig  der  Perfier  alfo  verdambt,  das  er  ine 
Sauf  feinem  rugken  auf  das  pferd  muft  heben  zu  fchanden  der 
romifchen  kaiferlichen  maieftat.  Davon  erfchrack  difer  fein  fun 
Galienus,  dasr*die  abgoter  feinen  vater,  der  für  fie  gefochten 
vnd  Criftum  veruolgt  hett,  fo  vbel  belont  hettcn.  vnd  keret  fich 
\on  der  vcruolguug  vnd  gebot,  das  man  nit  meer  die  Criften 
10  martern  oder  toten  folte,  funder  man  foUe  einen  iglichen  lalTen 
glauben,  als  er  wolte  etc. 


PROBVS. 

Keyfer  Probus  hat  geregniert  bej  fechs  jaren  nach  Grifts 
ISgepurt  vmb  das  zweihundertfth  vnd  acht  vnd  übenczigift  iare. 
Er  hat  vH  nahent  geporner  freunde  in  dem  Criften  glauben  ge- 
habt, das  man  dann  mag  mercken  aufs  dem,  das  fein  prüder, 

mit  namen  Dometius,  ein  bilchüt"  /u  Uiiancz  geweft  ift,  welchs 
Rifamv,  dann  darnacli  pald  von  dem  kaifcr  Conftantino  gepawet 

20  vnd  erhöhet  \  nd  von  feinem  namen  ("onftantino  Conltantinopel 
genennt  ift  worden.  Nach  dem  Dometio,  der  dann  vier  vnd 
zwenczig  jare  bifchof  was,  ward  lein  fun  mit  namen  Probus 
bilchof,  zwelf  jare  nach  demfelben  Probo  ward  fein  prüder 
Metrophanes,  auch  des  Domecij  fun,  bifchof  vnd  belaib  bifs  auff 

25  die  zeit  des  kaifers  Conftantini. 


CARVS. 

Difer  kaifer  Karus  hat  vmb  (ias  zweyhunderft  vnd  viervnd- 
achrzigift  jar  nach  Crifti  gepurt  regniert  bey  zwaien  jaren  mit 
leinen  funen  Carino  vnd  Numeriano.   Er  hett  die  Crabaten  vnd 


i8    Vgl.  AA.  SS.  jum  1,384. 

27    Martmus  Polnmts'  1^0. 

29    Crabaten-  Jac.  Bergum.  125:  in  Mesopotainiam  accessit  et  Chrara 
vrben  ceplt  indeque  in  Perfas  progrediens. 


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—    81  — 


die  Pcrlicr  vberwunden,  vnd  fchlug  in  der  ])licz  zu  tod.  Nume- 
rianus was  ein  groffer  durchechter  der  Crilten  vnd  ward  von 
feinem  fwreher  getott.  Carinus  ward  in  einem  ftreit  vberwunden 
vnd  ertott. 


DIOCLECIANVS.  5 

Difer  kaifer  Dyoclecianus  hat  geregniert  zwennczig  jare 
vmb  das  zweyhunderft  vnd  fil>en  vnd  achczigift  iar  nach  Grift 
gepurt.  Ein  zu  rede  zum  Dyocleciano:  O  kaifer  Dyocieciane, 
wie  lautprecht  ift  dein  nam,  nach  dem  als  vom  Dioclete  oder 
Diocles  Dyoclecianus  ift  worden  1  Wie  clar  vnd  wie  weitlautend  10 
ift  dein  nam  durch  die  weiten  werlt  worden,  Wider  wie  eynen 
mechtigen  kaifer  halt  du  dich  gefeczt,  dem  du  fouil  vnzeUicher 
taufent  ritter,  do  du  fie  im  abfpannen  wolteft,  zu  gefchickt  'haft! 
Wie  offt  piftu  von  den  kindem  vberwunden  worden,  wie  dick 
piftu  von  den  jtincfrewlin  dess,  den  du  für  nichte  gehalten  haft,  15 
befchcmt  worden I  Vnd  der  du  die  ganczcn  werlt  vberwunden 
vnd  bezwungen  haft,  der  du  vil  mechtiger  tyrannen  durch  dich 
vnd  dem  ^cieilen,  die  fich  wider  das  romifch  reich  erhebt  hetten, 
beftritten,  vberwunden  vnd  vntter  deiner  gewalt  gepracht  hetteft, 
mochteft  dich  oit  eins  armen  gecreuczigten  geftorben  erweren,  20 
des  kirchen  du  vmb  vnd  vmb  hieffeft  emider  werffen,  des  bucher 
du  hielTeit  verprennen,  des  diener  du  luefreft  vmb  vnd  vmb  er- 
fttchen,  vnd  verhieffeft  ir  habe  vnd  guter  denen,  die  He  ver- 
rieten, vnd  hieffelt  ine  manigveltig  vnd  vngehorte  pem  an  xethun 
vnd  hieffeft  inen  das  waffser,  auch  die  merckte  vnd  alles  das,  25 
des  der  nienfch  zu  aui^nthalt  leins  leibs  bedartf,  verbieten  vnd 
alle  (jual  vnd  pein,  die  man  erdencken  niocht,  anlegen  vnd  nach 
grewlichen  peinen  zum  pittern  tode  vcrvrtailen,  es  wer  dann, 
das  fie  deinen  gottem,  den  teufein,  opferten,  vnd  hieffeft  zu 


8   Ekk.  Tto,3t.'  Fnit  aaten  o«tos  de  civilate  et  metre Dioclea,  ottde 

et  ipse,  quousque  imj>erium  suineret,  Diocles  appellalus  est :  at  ubi  sumpsit 
imperium,  nomen  (Jraium  co&vertit  in  LatiDum,  ut  a  Diocle  diceretar 
Diodetianus. 

21    Martinas  Polonus  182:  Variis  edictis  iubebantur  divioae' legi« 
libri  exuri,  ecclesiae  ubique  dirui  et  eccelesianim  praelati  traddari. 

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—    82  — 


fchrecken  der  Criften  pfannen,  in  den  man  de  röften,  oder 
pregeln,  krewel,  hacken  vnd  der  gleiclien  cyrcren  kcmb,  mit 
denen  man  Tie  ze  riffen,  eyferin  klupfcl  vnd  feufte,  mit  den  man 
fie  flahen,  vnd  kurc/lichen  vnczellichcn  geczeug,  da  mit  man 
5  die  Criftea  martern  folt,  offenlichen  aufhencken,  vnd  bewegteft 
die  ganczen  werlt  vnd  alle  gewalte  wider  fie  vnd  nameft  die  zu 
gefellen  mit  dir  zu  regniren,  die  am  allermei(n}ften  wider  (ie 
waren,  als  den  Maximianum  Herculium  vnd  Maximinum  Galerinm, 
die  grymmiger  vnd  pofer  waren,  dann  du,  vnd  zwangelt  vnd 

lOverdampteft  die  babfte  zum  tode  vnd  zu  ftalknechten  zum  mift, 
vnd  die  cardlnel  zu  mortteltragem  etc.  Vnd  dannoch  mit  folchem 
vnd  allem  deinem  grolTen  Gewalt  niochtert  du  dich  uiL  erueren 
des  gekreuczigten,  fonnder  er  drang  ein  in  deinen  pallaü  vnd 
entzoh  dir  dein  ritter,   dein  gel'inde,  dein  kamerknechte,  deine 

l^Curften,  deine  rete,  dein  plut,  dein  flaifch,  dein  toditer  Arthe- 
miam,  dein  bcttgenorCen  vnd  hauffrawen  Serenam.  Vnd  feyt  das 
du  vber  deine  vorfaren  wider  ine  gewütet  vnd  gefochten  hetteft, 
fo  beftrait  vnd  vberwant  er  dich  vnd  alles  dein  reich  durch  dein 
ay[ge]n  gefinde.  —  Vnd  der  genant  kaifer  Dyoclecianus  hat  vil 

20gefecz  gemacht,  dorvmb  er  offt  in  den  kaiferlichen  rechten 
genant  wirt. 


MAXIMIANVS. 

Difer  kaifer  Maximianus  ih  des  kaifers  Diocleciani  roit- 
genofs  oder  gefeil  gewefen  vnd  hat  mit  im  geregniert  vmb  das 

35  zweihundeitft  vnd  newczigift  iar  nach  Grift  gepurt.  Er  ift,  als 
man  fchaczt,  bofer  gewefen,  dann  Dyoclecianus  felbft  geweft 
ift.  Er  hat  den  Criflen  glauben  grewlich  veruolgt  vnd  den 
hailigen  fanctum  Mauricien  vnd  fein  gcfellfchaft  vnd  luft  vil 
taufent  \mh   criftenlichs  glaul)ens  willen  gemartert  vnd  getott. 

30  Kr  wirt  ofTt  vnd  dick  genant  in  den  legenden  der  iiaiiigen 
mertrer  vnd  hat  vil  gefecz  gemacht,  Darvnib  wirt  er  offt  ge- 
nennt in  den  kaiferlichen  rechten.    iJoch  irrent  die  hiftorien 

2    prcgelD    -  brftten;  krewel  gabel* 
aS  Jac.  Bergom.  isyb. 


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—    83  — 


vnd  die  legenden  ofit  in  den  namen  vnd  nennen  Maximinum 
Maxtmianum. 


MAXiMINVS. 

Difer  Maximinus  Galerius  ift  znm  erften  des  kaifers  Dio- 
cleciani  vad  Maximiant  mitgenofs  in  dem  regieren  gewefen  vnd  5 
auch  darnach,  do  Dioclecianus  nit  mer  regniren  wollt,  vnd  er 
vberredet  auch  den  Maximianum»  das  er  wider  feinen  danck  auch 

abftund.    Do  ftund  difer  Maximinus  aufs  ordnunf^  Dyocleciani 
an  vnd  mit  im  Conftaiuius,  def  grollen  kailers  ConUantini  vater, 
vnd  i\faxiniinus  folt  in  aufgang  der  funnen  regnieren  vnd  Con-  10 
ftancius  im  nydergang,  das  ift  einer  in  Alia,  der  ander,  das  ift 
Conftancius,  in  Europa  vnd  Affrica.    Do  was  Conftancius  fo 
fchlecht,  das  er  feinen  driltail,  das  ift  Affricam  vnd  dar  zu 
Ytaliam,  dem  Maximino  zu  feinem  halbteil  liefs.    Derfelb  Maxi- 
minus ift  ein  herczlich  groiTer  veind  des  Criften  glauben  gewefen  1 5 
vnd  hat  gefecz  wider  die  Criften  in  eerin  tafeln  laffen  graben» 
als  ob  (ie  ewiglichen  weeren  vnd  pleiben  foltten.    Aber  kawm 
ein  jar  verging,  da  er  es  wider  feinen  danck  widerruffen  moft. 
i'^r  i'uvvlct  innwctulii;  ;uifs  vnd  ward  von  den  wurmen,  die  im 
aufs  feinem  ftiackcnden  mund  vnd  oren  vnd  nafen  vielen,  ver-  20 
zert.    Vnd  nach  dry hundert  jaren  nach  Criit  gepurt  regniert  er  etc. 


CONSTANTXVS. 

Der  kaifer  Conftantius  ift  des  groffen  kaifers  ConCtantmi 
vater  gewefen.    Er  hat  ge regniert  mit  dem  Maximino  vmb  das 

dreyhunderfl  jar  nach  Grift  gepurt,  vnd  hat  die  Criften  in  eren  25 
gehabt.    Doch  ift  m  wiffen,  das  vil  kaifer  des  namens  oder 

7  Ekk.  110,63  :  quod  licet  ille  non  «x  voluntate  faceret,  turnen  con- 
sensit.  —  Martinus  Polooas  186:  Denique  Diociettantts  ab  invUo  exegit  Maxi- 
miniano,  ut  simal  purparam  impcrtumque  deponerent. 

S    nie.  111,18. 

tü    iMartinus  Tolonu»  189. 

19    Ekk.  111,46. 

6» 


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—    84  — 


ieins  geleichen  gewefen  Und,  Zum  erften  difer  Conftancius, 
darnach  fein  fun  Conftantinus  vnd  Conftancia,  die  Conftancij 
tochter  vnd  Conftantini  fwefter  vnd  Licini]  hauffraw  was.  Die* 
felb  Conftancia  auch  den  grofsten  fchaden,  den  die  criftenhait 
5  gehabt,  gefudeit  hat,  wann  de  ift  ein  mittlerin  vnd  die  grofst 
fach  gewefen  der  verfluchten  keczerey  der  Arrianer.  Der  grofs 
Conftantinos  hett  drey  fune,  einer  hiefs  Conftans»  einer  Con- 
ftantinus  vnd  einer  Conftancius,  Dcrfclb  ConTtancius  wart  der 
mechtigift  vnd  überwant  feine  widerlaclien,  vnd  wart  ein 
lügroffer  gunner  vnd  Verfechter  der  kerzerej,  die  durch  fein  ver- 
fluchte bafen  obgenennt  erhebt  vnd  in  die  kaifer  gepelczt  was 
worden. 

Kaifer  Conftantinus  der  grofs  hett  auch  ein  tochter  mit 
namen  Conftanciam,  die  von  fant  Agnes,  die  ir  erfchin,  als  fie 

ISbej  irem  grab  betet,  gefunt  vnd  zu  dem  hailigen  criftenlichen 
glauben  bekert  ward.  Vnd  was  diefelb  Conftancia  ein  groffe 
fach,  das  vil  groffer  furtten  vnd  herren  vnd  auch  kaifer  bekert 
oder  in  dem  Criften  glauben  beftetigt  wurden.  Auch  vil  edler 
vnd  durchleuchtigcr  juncfrawen  gaben  fich  zu  ewiger  keufchait 

20  vnd  gaiftlickait  zu  halten. 


CONSTANTINVS. 

Der  kaifer  Conftantinus,  des  kaifers  Conltancij  vnd  fant 
Helenen  fun,  der  hat  nach  Grift  gepurt  vnib  das  drewhundertft 
vnd  zehendi^  iar  geregniert  vnd  hat  pey  dreiifig  jaren  imperirt. 
25  Difer  kaifer  ift  der,  der  das  romifch  reich  Crifto,  dem  waren 
herren,  wider  den  er  fo  lang  geftritten  hett,  vnderworffen  hat. 
£r  ift  auch  der,  der  die  criftenhait  erhöht  hat. 


4     Ekk.  112,65. 
8    Ekk.  113,1  ff. 

14    Vgl'  Jäc.  Bergom  t5ob,  Deutsches  Passionale  Bl.  LU:  Von  fant 
Johanet  vnd  Taut  Pauls. 


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—    85  — 


SEVERVS. 

Seuerus,  des  diefs  geprech  ift,  mufs  der  fein,  der  von  dem 
kaifer  Maximino  Galerio  kaifer  ift  worden,  vnd  hat  mit  im  vnd 
vntter  im  geregniert,  w.m  es  ftet  vor  feinem  namen  bie  Flauius 
Valerius  vnd  ftet  nit  Auguftus  darpej.  £r  ift  gewefen  zu  den  5 
Zeiten  Conftantini,  vnd  ift  von  dem  kaifer  Maximino  wider 
Maxencium,  den  die  ritter  zu  Rom  für  einen  kaifer  aufgeworffen 
betten,  gefant  worden.  Er  ward  aber  von  feiner  ritterfcbafit 
verlaOen  vnd  floh  gein  Rauenn.    Do  kam  er  vmb. 


LICINVS.  10 
Difer  kaifer  Licinius  der  elter  ift  des  groflen  kaifers  Con- 
(lantini  fwager  oder  fweiterman  gewefen  vnd  hat  zum  erften 
mit  im  den  Criften  glauben  gerettet  wider  den  Maximinum»  vnd 
hat  denfelben  wuttrich  durchechtet  auch  nach  dem  tode,  der  ein 
fo  herczlicher  veind  Cri(\i  gewefen  was.    Vnd  zu  dem  leczften,  15 
da  ine  daucht,  das  es  feinem  fchwager  gehinklicher  gieng,  dann 
im,  da  ziehe  er  die  Crillten,  fie  betten  nit  als  faft  für  ine  als 
fiir  feinen  fwager,  vnd  feyt,  das  er  wiffet,  das  fein  fwaj^^er  die 
Criiten  fo  in  groffen  eren  hielt,   fo  viel  er  umb  aufs  neid  vnd 
aufs  liafs  vnd  ward  die  Criiten  fo  grymlichen  durchechten,  als  20 
ob  fie  fein  tödlich  veind  waren.  Alfo  ward  er  vneyns  mit  feinem 
fwager,  vnd  ftryten  wider  ein  ander.   Aber  Conftantinus  lag 
ob,  vnd  Licinius  ward  zum  lezften  zu  Nicomedia  getott.  Dar- 
nach kam  fein  fun,  der  auch  Licinius  hiefs,  der  des  kaifers 
Conltantini  fwefter,  mit  namen  Conitande,  fun  was,  vnd  auch  25 
kaifer  was  worden  auch  vmb  .  .  .*) 


*)    Fehlt  die  Jahreszahl,  »auch  vmb«  ift  mit  anderer  Tinte  zugesetzt. 


5  Ekk.  111,3s. 

15  Ekk.  113,1. 

S3  BkL  1 12,54;  «uNicomedtA  ift  falfeb,  Verwecbf^luig  nitEkk.  1 12,67 ' 

24  liciiiiftnvit  Ekk.  11146. 


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— ,    86  — 


CRISPVS. 

Diler  Crispus  ift  des  ^rolTcn  kailcrs  Conltantiiii  i'un  ge- 
wefen,  des  mailtu»  Düd  Uus,  der  den  Donat  gemacht  hat,  oder 
Lactaatius  gedunckt  mich.*) 


5  Ein  mufter  oder  abgus  von  einem  der  dreyifig  Pfenningen» 
darumb  Criftus  der  herre  verkauft  ift  worden,  aU  ich  Hanns 
Tucher  der  elter  derfelben  pfenning  zwen  gleich  gefehen  hab, 
nemlich  einen  zu  Rodis  vnnd  den  andern  zu  Bethiähem  bey 
dem  gardian,  als  mir  die  bede  warlichen  angezeigt  fein 
10  worden.  Vnd  der  pfenning  drey  fein  eins  hungerifchen  guldeins 
oder  eins  ducaten  wert  am  (über.**) 

•)    o.  L.  g.  m.  mit  anderer  Tinte,  wie  oben.    Vgl.  Iliercnymiu, 
Chronicon  ad  a.  319. 

**j   Dies  letxte  mit  anderer  Tiate,  wie  oben. 

1     £kk.  111,45. 


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Auszüge  aus  den  päpstliehen 
Reehnungsbüehern  des  15.  Jahrhunderts 

für  Nürnberger  Geschichte 

von 

F.  Miltenberger. 


Unter  den  Abgaben,  die  im  1 5.  Jahrhundert  an  die  päpst* 
liehe  Kammer  geleistet  werden  mtifsten,  nehmen  naturgemäfs 
die  sogenannten  Annaten  die  erste  Stelle  ein.  Selbstredend 
können  für  Nürnberg  nur  die  eigentlichen  Annaten  in  Frage 
kommen  d.  h.  die  Abgaben,  die  vor  Überreichung  der  Provisions- 
buUe  von  allen  kirchlichen  Pfründen,  die  nicht  im  Taxbuch 
verzeichnet  waren,  erlegt  werden  mursteii,  wenn  das  Einkommen 
mehr  als  24  KammerguUlen  jährlich  betrug.  Die  von  Kirsch 
im  Hist.  Jahrbuch  der  Gorresgesellschatt  1888  ')  angegebene 
Bestimmung,  dafs  die  sogenannten  Servitiengelder  von  den 
Pfründen  hät'en  bezahlt  werden  müssen,  die  über  100  Kammer- 
gulden jährlich  abwarfen,  ist  gerade  durch  das  Beispiel  von 
St.  Sebald  und  St.  Lorens  in  Nürnberg  hinCftllig,  deren  Erträg- 
nisse weit  höher  waren.  Dafs  diese  Abgaben  nicht  die  einzigen 
waren,  welche  geleistet  werden  mufsten,  beweist  ein  Schreiben 
Papst  Eugens  IV.  vom  18.  Okt.  1443  an  den  Bischof  von  Bam- 
berg/) worin  er  es  ablelint,  auf  die  Bitte  des  Bischofs  ein- 
zugehen und  der  Diözese  Bamberg  die  Bicnnancn  zu  erlassen, 
wenigstens  s( »hinge,  l)is  der  Reichstag  von  Nürnberg  gut  ver- 
laufen und  der  Gehorsam  wieder  hergestellt  sei. 

V)  S.  300.   Die  Annaten  und  ihre  Verwaltung  in  der  zweiten  Hilfte 

deä  15.  Jahrh. 

Päpstl.  Geheimarchiv:  Reg.  Kuyenii  IV.  N.  367  f.  159.  Den  Wort- 
laut des  Schreibens  werde  ich  in  neiDem  demaicbtt  «nchtiaenden  Werk 
Uber  Franken  und  die  Camera  apostoUca  bis  zax  Reformation  mttteUc#. 


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—    88  — 


Der  erste,  dem  die  Zahlung  von  Annaten  für  das  Ein- 
kommen aus  der  Pfründe  von  St.  Sebald  oblag»  ist  der  sattsam 
bekannte  Heinrich  Leubing,^)  der  schon  in  einer  Urkunde  von 
1441  ^)  als  Dr.  im  kanonischen  Recht,  Propst  an  St.  Martin  in 

Heiligcnstadt,  an  St.  Maiia  ad  gradus  in  Mainü,  St.  Maria  und 
St.  Severus  in  Erfurt,  sowie  zu  Hildesheini  und  Naumburg,  des- 
gleichen als  Pfründebesitzer  in  Burgnau  und  an  St.  Lorenz  in  Co- 
burg genannt  wird.  Derselbe  erhielt  am  4,  Aprü  1444  die  Pfarrei 
St.  Sebald  in  Nürnberg. 

Eugenius  . .  .  ven.  fr.  episcopo  Adriensi  et  dilectis  filiis 
b.  Mariae  ad  gradus  et  s.  Stephani  Mogunt.  ecclesiarum  prae- 
positis  salutem. 

T.iterarum  scientia  .  .  .  Henrico  Lcubing  pracposito  ercl. 
s.  Martini  Heilij^'cnstadiensis  providetur  de  praopositurn  s.  Mauritii 
et  de  canonicatibus  et  praehendis  eccl.  s.  .Stephani  Mogun 
tinensis  et  s.  V'ictoris  ( xira  imiros  Mogunt.  necnon  de  per- 
petua  vicaria  regali  nuncupata  in  eccl.  Spirensi  et  quodam  alian 
in  s.  Egidii  Erfordensi  eccl.  ac  de  plebania  nuncupata  s.  Sebaldi 
Nu  rem  bergen  St.  Romae  apud  s.  Petrum  a.  1444  pridie  nonas 
Apriles  a.  14«  Eugenü  IV. 

Fipili.  GclieiiiMidäv:  Ktg.  Ei«.  IV.  Kr.  jSo.  f.  7t. 

Derselbe  kümmerte  sich  jedoch  m'cht  sonderlich  um  seine 
neue  Würde,  auch  in  Nürnberg  selbst  kam  er  kaum  je  in  den 
wirklichen  Besitz,  und  der  Prozess  darüber  zieht  sich  bis  zum 
Jahre  1470  hin.    Am  15.  Juli  1446  wird  er  von  der  Residenz- 

ptlicht,  die  den  Pröpsten  von  St.  Sebald  und  St.  Lorenz  speciell 
auferlegt  war,  befreit.    Das  interessante  Aktenstück  lautet: 

Eugenius  .  .  .  dilerto  filio  Henrico  Leubing,  rectori  parorhia- 
Iis  eccl.  s.  .Sebaldi  in  Xun  nhcrt:  et  s.  Pctri  in  Poppi  nn-ut  inviccm 
canonicc  unitarum,  P.amherg.  dioc.  leguin  Uoctori  saluiem. 

Literarum  scicniia  .  .  . 

Dudum  siquidem  fei.  recordationis  Urbanus  VI.  papa,  prae- 
decessor  noster,  ex  certis  causis  tunc  expressis  inter  caetera,  auctori- 
tate  apostolica,  perpetua  et  irrefiragabili  constitutione  statuit  et  etiam 
ordinavit,  quod  rectores  parochialium  ecclesiarum  s.  Sebaldi  et 
s.  Laurentii  opidi  Nurembeigensis  Bamberg,  dioc.,  qui  pro  tem- 


Ucber  Lcubing:  Vgl.  Mitteilungen  des  Vereins  für  Geschichte  der 
Stadt  Meisten  1S83  I.  n.  f.   Pastor,  Geschichte  der  Pftpste.  U.  (1)  118. 

'"t  PKpstl.  Geheimarchiv.  Reg.  Eng.  IV.  N.  3S0  f.  $f.  Florentiaea,  1441, 
deömo  kal.  Jan.  a.  U.  £agenii  IV. 


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—   8Q  — 


pore  forent»  nisi  in  Romana  curia.  Bambexgensis  vel  propriarum 
ecclesianim  aut  boni  publici  dicti  opidi  obsequiis  vel  honesta 

perejjrinationc  occupati  existcrent,  in  eisdcm  ccdesiis  sub  poena 
privationis  tenerentur  ex  tunc  personaliter  residere,  et  qiiod  fructus 
et  proventus  dictarum  ecclesiarum  in  toto  vel  in  parte  ad  alios 
quam  rectorum  et  niinistrorum  et  ecclesiarum  earundcm  usus, 
dobitis  impositionibus  et  apostolicis  et  episcopalibus  iuribus  scinper 
s.iKis,  nefpiirent  applicari,  ar  derrevit  ex  tunc  irritum  et  inane, 
c|uiUquid  in  coiUruiium  a  quoquiuu  quavis  auetoritate  scicnter  vci 
ignoranter  contingerci  attemptari,  prout  in  dictorio  dicti  praede- 
cessoris  melius  continetur.  Cum  autem,  sicut  exhibita  nobis  nuper 
pro  parte  una  petitio  ccmtinebat,  tu,  qui  postmodum  dictam  eccL 
s.  Sebaldi  canonice  tibi  collatam  assecutns  fuisti  ^  de  praesenti 
ex  parte  ven.  fr.  n.  Theoderici  archiepiscopi  Maguntiiii,  in  cuius 
obsequiis  ad  nostram  praesentiam  accessisti,  dubitcs  in  futurum 
diversis  quandoque  pracpeditus  negotiis  etiam'  interdum  Romani 
regis  seu  imperatoris  aut  archiepiscopi  Maguntini  pro  tempore 
existentium  servitiis  insistendo  aut  ex  Icpitima,  iusta  vrl  honesta 
<  ausa  te  a  dicta  ecck  sia  absentando,  iu  cadcm.  jjiout  vcllrs ,  re- 
sidere non  posse,  pro  i)arte  lua  nobis  fuit  huMiilit<'r  supplicatum, 
ui  tibi  super  hoc  providere  de  benignitate  aposlolica  dignaremur: 
nos  igitur  .  . .  conccdimus,  quod  in  servitio  imperatoris  pro  tem- 
pore existentis  vel  archiepiscopi  Maguntini  vel  alia  ex  iusta  causa 
ab  ecdesia  abesse  eamque  per  idoneum  sacerdotcin  ministrari 
sinere  posses,  non  obstantibus  quibuscumque,  etiam  contra 
voluntatem  opidi.  Gratis  de  mandato  d.  papae. 

Romae  apud  s.  Petrum  a.  1446,  id.  Julii  a.  16. 

Päpatl.  Gdidraaichiv ;  R«g.  Bof .  IV.  379.  (Unter  dieaer  NuiniBerdiid  2  Binäm  vocbaaden  1) 

a.  td.  r.  183. 

Wie  die  Schlufsworte  des  vorstellenden  Aktenstückes  schon 
andeuten,  war  der  Mainstrat  von  Nürnl)eri;  nicht  geneigt,  die 
Propstei  zu  einer  sogenannten  Commcnde  lierabsinken  zu  lassen, 
daher  kam  Leubing  1461  mit  einer  erneuten  Bitte  an  den 
Papst  Pius  II.,  derselbe  möge  ihm  doch  zu  seinem  Rechte  ver- 
helfen. Pius  II.  gab  seinem  Ansuchen  nach  und  richtete  an 
den  Magistrat  das  nachfolgende  Schreiben: 
Consolatui  Nurembergensi. 

Quamvis  non  dubitemus,  unumquemque  in  iustida  sua  boni- 
tati  vestrae  esse  satis  per  se  commendatum,  tarnen,  cum  dilecto 
filto  Henrico  Leubing  notario  nostro  pateme  simus  aifecti,  ipsiunqus 
audiamus  in  nostris  et  Romanae  sedis  n^[odi$  diligenter  se  gerere, 
hortamur  devotionem  vestnun  in  domino  et  instanter  requirimus^ 


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ui  in  facto  rcclesiac  sn.ic  s.  Scbaldi  iiistitiam  eins  placcat  m onv 
niissain  halicre  et  ila  i  flircrc,  iit  in  ecrlfsiao  illius  imihiis  a  null') 
iinpcclimuntum  aut  uppic^hioacia  intitbUc  aicipial,  lacicl  Ucxutit» 
vcslra  ea  in  re  iustitiani  nobis  g^ratani  atque  acceptam  gratianique 
et  caritatem  in  vos  nostram  propterea  augebitis.  Dat  Romae 
21.  April.  1468. 

Rpctf.  Goliciiiiaichiv:  Ann.  XXXIX  T.  9  f.  too. 

Am  29.  März  1464  findet  sich  in  den  Aiuiatenrcgistern 
des  Staitsrirchivs ')  zu  Rmn  ein  Eintrag,  wonacli  Heinrich  Leiil>ing 
seine  i'trunde  an  der  K.urie  zu  Gunsten  Joh»  Lochners,-;  der 
als  päpstlicher  Kämmerer  bezeichnet  wird»  resigniert  habe.  Von 
einer  Annatenzahlung  Leubings  verlautet  nichts.  Dagegen  gibt 
Lochner  das  Einkommen  von  St.  Sebald  auf  50  M.  an»  und 
bezahlt  dafür  125  Kammergulden,  also  die  Hälfte  des  Ertrages, 
als  Annale.    Die  Urkunde  lautet: 

Joh.  Lochner,  cubicularius  papae,  ut  principalis  et  pnvata 
persona,  obligavit  se  pro  annata  parochialis  ccdesiae  plebanatus 
nuncupatae  s.  Sebaldi  Nurembergen^s,  cuius  fructus  50  March, 
arg.  communi  cxistiinatione  (seil,  non  excedunt  \  vacantis  per 
resignationcm  Henrici  Leubing  apostolicae  sedi  factam;  coUatae 
dicto  Joh.  Senis  10  kal.  April,  a.  6  23  März  14A4). 

Libri  attnat.  sub  29.  Alära  1464. 

29.  März  1464:  solvit  flor.  125  auri  de  camera  pro  annata 
ccci.  s.  Sebaldi  tempore  dehito  per  manus  socictatis  de  Franciotis 
et  Viti  de  Cdsa  mercatorum  Lurani  et  Senensium. 

Libri  (juidtlaiitiaruni :  I4ti2'  |.  jo.  Miiiit  14O4. 

Trotzdem  findet  sich  am  28.  Mai  1470  in  den  Annaten- 
Registern  neuerdings  eine  Bulle  für  Leubing  eingetragnen. 

Una  bulla:  perinde  valere  pro  Henrico  Leubing,  proto- 

nolario  a[)<)st<)lir(i ,  sii[)er  parochiali  ecciesia  picbania  nun  upata 
s.  Sebaldi  Nurcnibergensis  fuit  restituta  sine  obligationc  sub  data: 
Romae  4  kal.  Febr.  a.  6  ('29.  lannar  1470^ 

Arch.  dl  Suto:  Libii  luiaat.  (B;  sab  38.  Mai  1470. 

Am  20.  März  1477  ist  die  Verpflichtung  des  Nürnberger 
Magistrates  eingetragen,  die  Namen  der  Präsentierten  für  St. 

Vi  V\)CT  die  Annaienrejjistcr  vgl.  (Joitloh:  ,\ns  der  Camera  aposto- 
licci  les  15.  hihrh.  Innsbruck  und  Meister  in  der  Zeitschrift  fttr  Ge* 

schichte  tics  Olnrrheins  1892. 

')  Von  Lochncr  findet  iich  im  Bruderschaflsbuch  der  .\nima  (Vgl. 
Jaenig:  Confratemitas  hnspitit  s  Manae)  in  Rom  folgender  Eintrag :  utrinsque 
iuris  Dr.  [»ruepnsitus  Brunnensis,  Olomoc.  dioc.  et  aü«  tuanuj  Ratisponeosis 
et  Brixiuen&ib  eccl.  canoiucus. 


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—  Ol  — 


Sebald  und  St.  Lorenz,  ftlr  die  demselben  das  Präsentationsrecht 
verJiehen  wurde,  sowie  die  Erträgnisse  der  Pfründen  der  apo- 
stolischen Kammer  mitzuteilen: 

Adam  Rotart,  canonicus  ecd.  s.  Andreae  Wormaciensis,  Ro- 
manam  curiam  seqaens  obligavit  se  nomine  modemi  abbatis  mo* 
nasterii  s,  EgidU  opidi  Nuremberg.  o.  s.  B.  et  pro  tempore  extsten- 
tis  et  instituendonim,  in  par.  ecdesits  s.  Sebaldi  et  s.  Laurentü,  in 
quibus  conceditur  itts  patronatus  et  pmesentandi  personas  idoneas 
burgimagistro,  proconsulibtts  et  consuiibus  p.  t  existentibus«  quo- 
rum  institutio  in  erclcsiis  conceditur  moderno  abbati  in  omnibus 
mensibus,  cum  varnbrint  Komac  III.  id.  Martii  a  6(i^.  ^Tiir7  1477^ 
doccre  camcratii  (U  nomine  et  cognominc  institutorum  et  solvcrc 
annatam  dirtnnim  c.  rlcsiai  um. 

Promibil  solvcre  intra  6  menses  a  die  insüLutionis.  in  niarg : 
Obligatio  pcrpctuaü 

Arcb.  di  Slato:  Ubri  annat.  «nb  d.  ao.  lUlSix  1477. 

Doch  waren  damit  die  Pfründestreitigkeiten  nicht  gehoben. 
Schon  im  folgenden  Jahr  begannen  sie  um  St.  Lorenz.  Von 
Nürnberg  her  machte  Lorenz  Tucher  Anspruch  auf  die  Pfarrei 

und  zaliltc  auch  seine  Aiiii.itc,  sein  römisciicr  Mitbewerber  Mel- 
chior (Copis»  von  Mekaw,  mufste  sich  schliefslich  mit  der  immer 
noch  hohen  Summe  von  100  rhein.  Guidcn  jährlich  zufrieden 
geben. 

Andreas  arrhiepiscopus  Craynen«^is.  orator  imperatoris  ad 
pa|>atn.  nninnu'  l,;iun:ntii  Tücher.  pn  ^!)\  tcn  15anib(  l  u:   dif^'"  f'bli 
l,'a\  it  se  |>io  ainiatu  par.  cccl.  s.  Lauiciuii  opitli  Niircmht  r^,  <.  ums 
fructus  80  M.  my,.  vacantis  per  obitum  Tctri  tlr  Knorr,  scdis 
apostolicae  castellani,  cullatae  dicto  Laurentto  sub  d.  Romae  5  id. 

Oct.  a  8.       Okt.  1478.) 

Aldi,  di  Staio :  Libri  annat.  mb  d.  15.  Okt.  njü. 

15.  Okt.  1478  solvit  flor.  180  per  manus  dicti  archtcpiscopi. 

Aich,  dl  Stato:  Libri  quidd.  1476/9  f.  1K7. 

Unter  dem  20.  April  1480: 

Melchior  de  Mekaw  M  rector  praepositus  nuncupatus  obli- 
gavit se  pro  annata  ecci.  s.  Laurentii,  cuius  fructus  90  M.  arg., 
vacantis  diversis  modis,  collatae  sibi  pridie  kat.  Julü  anno  pont.  8. 
130.  Juni  1479)  et  promisit  hic  in  curia  sf>lvcre  infra  6  n^cnses. 
  Libri  aon.  sub  20,  April  i^8a. 

')  Über  diesen  Meksw  heifst  es  im  oben  citterten  Bruderschaftsbuch: 

Melchior  Mechaw,  Sixti  papae  cubicularius,  üteranim  apostolicar"  m  criptor, 
decauuä  Mtsniensisi,  eiusdem  ac  Brixinensiä  necnon  s.  Tbomac  Argeniinensis 
canonicus  ac  parochtatis  in  Ursen  Salzeburgensia  rector  ecdesiantm  a.  1472, 
(in  maig.i  e|>iscopu!>  Hrixinentis,  pc^stea  cardinalis  tit.  s.  Nicolai  tnter  ima« 
gines.    Cf  Claconii  Vitae  pont.  lU.  p.  203. 


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—    02  — 


Am  22.  Febr.  1481  findet  sich  die  Zustimmung  Tuchers 
zu  einer  jährlichen  Zahlung  für  Mekaw  eingetragen: 

13  Febr.  1471  pontificatus  Sixti  papae  anno  10.  praesente 
me  notario  publico  et  testibus  infrascriptis  Laurentius  Tücher, 
rector  par.  eccl.  s.  Laurentii  opidt  Nuremberg,  principalis  nomine 
suo  proprio  consensit  pensioni  annuae  100  flor.  Rhn.  apostolica 
auctoritate  assignatae  super  fructibus  dictae  ecclesiae  Melchiori 
de  Mekaw,  clerico  Nuremberg.  dtoc,  cubiculario  paqpae  et  familiari, 
Romae  idibus  Febr.  a.  10  (13.  Febr.  1481)  et  consensit  assignatiom 
pensionis  et  expeditioni  literarum  apostolicarum  .  .  .  praesentibus 
A.  de  Campania  et  Laurentio  de  Viterix)  camerae  apostoücae  notariis 
pro  testibus  et  me  Job.  Gerione  eiusdem  camerae  notario  !o<r  \to. 

Aldi,  dl  Suto:  Libri  parHnilariiun»  II. 

Die  Kosten  für  die  Bulle  Mekaws  finden  sich  an^^cgeben 
im  3.  Band  der  sogenannten  Coinj^ositiones  im  Archivio  di  Stato, 
der  den  Titel  fiihrt:  Liber  cedularum  uniniuai  expensarum  fac- 
tarum  in  expeditionibus  omnium  bullarum  expeditarum  tarn  per 
rameram  quam  per  cancellariam  et  tarn  gratis  quam  taxatarum 
de  mandato  d.  n.  papae  f.  83. 

Expotsae  factae  pro  bulla  Melchioris  Mekaw  Nuranburgen- 
sis  (1)  Bamberg,  dioc  tax.  ad  grosses  20,  videlicet: 

Pro  mtnuta  carl.  $. 

Pro  S  taxis  taxas  soHtas  duc.  9. 

Pro  coQsensu  pensionis  Joh.  Gerioni  carl.  3. 

Pro  registratuiaet  auscultatura,  quia  in  librosecreto  carl  7. 

Ita  est,  ut  supra  continetur,  Conradus  Bantz,  notarius  pa- 
latii  apost.  et  sollidtator  dictae  buUae. 

21.  Juni  1481  dictus  Conradus  praesentavit  et  iuravit 

Dagegen  erhielt  Tucher  seine  Bulle  ohne  weitere  Verpflich* 
tung,  weil  die  Annate  gezahlt  war  und  er  den  Streit  auf 
friedlichem  Wege  beendigte. 

Unter  demselben  Datum  steht  nämh'rh  in  der  aweiten  Hälfte 
des  Annatenbandes  v.  1481  die  folgende  Urkunde: 

Una  bulla  pro  Laurentio  Tucher,  rectore  par.  eccU  s.  Lau- 
rentii, super  advocatione  causae  et  extinctione  litis  pendentis  inter 
eundem  et  nonnullos  alios  super  dicta  ecdesia  in  rota  Romana 
fuit  reddita  sine  obligatione,  Romae  id.  Febr.  anno  pontif.  to. 
(13.  Febr.  148 1).  RestituU  de  mandato,  quia  soluU  est  annata 
dictae  ecclesiae. 


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—    93  — 


Mekaw  dagegen  bezahlte  22^/,  Kammergulden  als  Annale 
fUr  seine  Pension: 

i8  April.  1481.  Melchior  Mekaw  solvit  pro  annata  pen- 
sionis  sibi  asslgnaUe  super  fructibus,  par.  cccl*  s>  Laurentii  flor. 
auri  de  camera  22  ■ « (in  marg.  25  ilor.)  per  manus  societatis  de  Cuddis. 

Arcb.  di  Stall»:  Libri  quidd.  1479/83  i,  it6. 

Das  Jahr  1484  bringt  neue  Veränderungen  für  S.  Sebald: 

I\mlus  Coler,  canonicus  Frisingensi"? ,  obÜgavit  se  nomine 

M.ir(  i  Hirsfogel  rortori'^  p;ir.  cccl.  s,  Scbaldi  super  aiinata  cliciae 

ecciesiae,  {-uius  friK  lus  (>o  M.  arg.,  vacantis  [)er  oljiiuin  Juli.  Lochner 

extra  ruriani  clL-f'uncii,  fuii  }>ri.>visuni  dii  to  Marco  ^uh  dato:  Romae 

4  kal.  Oct.  a.  i  poiitif.  Innoc.VIIi.  y^ab.  Sept.  1484). 

Atdi.  di  Stato.  Idbiri  wraat.  1484/s  f.  47.  mb  dato:  iS.  Dec.  14S4. 

Marcus  Hirsfogel  solvit  pro  annata  tlor.  auri  de  camera  163 
cum  dimidio  per  manus  societatis  de  Strozzis  ^in  marg  flor.  163 
bol.  2a) 

libri  Qoidd.  1484/^  L  n.  Mib  10.  Dec.  1484. 

Um  St.  Lorenz  aber  entbrannte  1488  der  Streit  auf  das 
neue.  Der  Bamberger  Kanoniker  Wynhard  von  Rabenstein, 
Melchior  Truchsess  von  Pommersfelden,^)  der  gleichzeitig  Dom- 
herr zu  Wttrzburg  und  Mainz,  Domkantor  zu  Speyer,  Propst  in 
Lindau  und  an  St,  Gangolph  in  Bamberg,  sowie  Kanoniker  von 
Mainz  war,  und  der  Kardinal  Johannes  Antonius*)  de  s.  Georgio, 
der  Alexandriner  genannt,  waren  die  Konkurrenten,  während 
Sixtus  Tucher,  der  am  1.  Juni  1496  154  Kammergulden  als  An- 
nate  zahlt,  im  wirklichen  Besitz  der  Pfründe  war. 

Jnh.  Lan^^er,  literarum  apost.  abbreviator  et  Wynhardi  de 
Rabt  nslein,  canunici  iianibergensis ,  cui  alias  de  parochiaJi  cccl. 
s.  Laurentii  Nuremberg.  auctoritate  ordinaria  provisum  fuit,  pro- 
otrator  pnnit  de  mandato  constat  subscripto  et  signato  per  Judo- 
cum  Trebesmulner  de  StafTelstein,  elend  Bambergensis  dioc.  no- 
tarii,  recognito  in  camera,  omni  iuri  sibi  in  dicta  ecclesia,  super 
qua  litigarunt  in  palatio  apostolico,  vel  ad  illam  quolibet  com- 
petenti  cessit,  de  quo  iure  concessum  est  provideri  Melchiori 
Truchsess,  canonico  Moguntinn  sub  dato:  Romae  apud  s.  Petrum 
7  kai.  Apr.  a.  4.  (26  März  1488^ 

Ardb.  di  Stato:  Libri  Cons.  et  Kcsign.  1484/8  f.  37t  sub  18.  Aprii  1488. 


n  Vl:1.  Archiv  dt-s  Hisl  Vereins  ftir  Unterfranken.    33.  Bd.  S,  »78. 

')  Cf  Cristofori:  Cronotuii  dei  cardioaU  dt  tantt  Romans  ohieta, 

Roma  1888.  p.  76. 


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—    94  — 


Jobannes  Antonius,  s.  Rom.  ecci.  lituli  s.  Nerei  et  Achillei 
pa  >h\ii  r  (  ardinalis,  Alcx.iüilnnus  nuncupalus,  h.ibuit  unam  hullam 
surn  i,t;ali(>ius  in  iure  MrlchiMris  Truchscss,  canonici  Ma^ununi, 
colliti^anüs  adversus  \\  yuluadum  de  KabensLein  super  par.  eccl. 
s.  Laurentii  et  nunnallos  alios  coram  divcrsis  iudicibus  apostolica 
auctoiitate  deputatis,  liic  pendente  iam  diu  indedsa:  cixius  quidem 
ecd.  fructus  90  M.  arg.  puri  non  excedunt,  et  mandatur  surrogari 
dictus  cardinalis  in  iure  ipsius  Melchioris  apud  sedem  apo$t.  de- 
functi  (28.  Okt.  1493)  et  cum  extinctione  litis  huiusmodi  sub  data 
5  kal.  Oct.  a.  3.  pont.  (27.  Sept.  1494^  Et  obligant  se  praesens 
solvere  sicut  in  simililms  obligari  solent  d.  cardinalcs 

Arck.  di  Stato:  Lil>ri  «uin.  AloKaadri  VI.  1494/5  sub  d.  8.  De«.  1494. 

Zur  SicherstelluDg  Hess  der  Kardinal  aber  auch  die  Bulle 
ausfertigen,  die  früher  dem  genannten  Truchsess  zugesagt  ge- 
wesen war: 

Rev.  d.  cardinalis,  ut  supra,  habuit  unam  buUam  expei^tain 
pro  dicto  Truchsess,  qui  fuit  surrogatus  in  iure  dicti  Wynbardi 
collitigantis  vel  aliorum  collitigantium,  in  forma*)  gratiosa:  Si 
neiitri,  vel  alio  quovis  modo  cum  cxpressione  Iructuum  dictae  eccl. 
ad.  80  M.  ar^.  puri,  sub  d.  7.  kal  April,  pont.  Innoc.  VIII.  a.  4. 
^^26.  März  1492I:  et  in  forma:  Congniit  ulteriori  sub  d.  7.  kal.  Sept. 
a.  1  pont.  Alex.  \  I.  (26  Aug.  1492 r.  et  expedivit  dictam  buUam 
praefatus  cardinalis  in  favorem  sui  iuris. 

'         Arcb.  di  Sutu  L  c. 

Sixtus  Tucber  solvit  pro  annata  prae[iositurac  nuncupatae 
par.  eccl.  s.  Laurentii  imperialis  opidi  Nurimberg  flor.  auri  de 
Camera  154  bol.  30  [ia  marg.  flor.  192  bol.  66)  per  manus  Ludo- 
viel  Tucher. 

Arch.  di  Stato.  Libri  «juidd.  1493/6.  f.  2^^  Mib  i.  Juni  1 1<.<0. 

Unter  dem  Datum  des  26.  April  1499  finden  wir  die 
Zahlungsverpflichtung  eines  Beneflciaten  an  St.  Klara  in  Nürn- 
berg. Das  Erträgnis  ist  auf  7  M.  angegeben,  es  findet  sich 
aber  keine  Angahe  über  eine  wirkHcli  geleistete  Zahlung. 

(ia.spar  Wirt,  riericus  Constancicnsis  dioc  obligavii  sc  no 
mine  Erasmi  /iplt  r,  ix  rpetui  beneficiati  ad  altare  b.  Mariac  silum 
in  ccclesia  s.  Clarae  opidi  imperialis  Nuremberg.  super  annata 
dicti  beneficü,  cuius  fructus  y  M.  arg.  non  exccdunt,  vacantis  per 
resignationcm  Leonardi  Mayer  in  K<»mana  curia,  coli,  dicto  Erasmo 
sub  d.  6.  id.  Mart.  a.  7.  Alcxandri  VI  pomif  uo.  März  1499) 

Axtii.  Ji  Stato :  Libri  annsit.  i  .(99.  f.  jj.  aub  26.  April  1 400. 

')  V^l  <.>tteDthal:  ReguUe  cancellariae  apost  Innsbruck  1888:  Heg. 

Ljl»ani  VI.,  18. 


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—    95  — 


Am  7.  Februar  1504  zahlt  Anton  Kres*)  die  Annaten 
für  St.  Lorenz.  Der  Datum  seiner  Provision  ist  nicht  an« 
gegeben. 

Antonius  Kres  solvit  pro  annata  parochialis  ecci.  praeposi- 
turae  nuncu})atae  s.  Laurentii  flor.  auri  de  camera  154  bol.  40  (in 

marg.  flor,  209  bol.  71  per  manus  proprias. 

Arch.  (Ii  Statu:  Libri  quidd.  iS^J^o  i.  54  sub  d.  7.  Febr.  1504. 

Die  letzte  Verpflichtung  für  Annatenzahlung  aus  Nürnberg 

stammt  aus  dem  Jahre  1509.  Job.  Rockenbach,  sonst  auch  als 
paraphrcnaiius  j  apae  bezeichnet,  verpflichtet  sich  zur  Zahlung 
der  Annate  aus  dem  Einkuminon  einer  Vikarie  an  St.  Sebald, 
das  mit  6  Mark  reinen  Silbers  angegeben  ist.  Aber  er  erhielt 
seine  Bulle  vor  der  Zahlung,  da  es  auch  dem  päpstlichen  Käm- 
merer srhon  halb  feststand,  dass  R.  nicht  in  den  Besitz  der  ihm 
zugedachten  Pfründe  kommen  werde.  Wirklich  ist  auch  keine 
Zahlung  verzeichnet. 

Joh.  Rockenbach  obligavit  se  pro  annata  perpetuae  >'icariae 
in  parochiali  ecciesia  s.  Sebaldi  in  opido  Nuremberg,  vacantis 
per  obitum  Theodorici  Moring,  cuius  fr.  6  M.  arg*  puri  non  ex- 
ccdunt,  oillatae  dictojoh  sub  d.  3  kal.  Dec.  a.  6>  ^29.  Nov.  1508}. 
Promisit  inii  i  4  nu  nses  solvere  aut  melius  probare  de  intruso  — 
Rcstituta  seil,  buiia  ante  Solutionen!  annataej  quia  probavit  semi- 
plene  de  intruso  per  testes. 

Arch.  di  StaU>:  Libri  annal.  1509/10  i.  j  sub  0.  Nuv.  1509. 

Aufser  diesen  Leistungen  der  Pfründebesitzer  finden  wir 
in  den  AnnatenbUchem  noch  eine  merkwürdige  Urkunde,  die 

offenbar  aus  der  Pönitentiarie  stammt.    Sie  enthält  die  päj^st- 

Hche  Erlaubnis  zum  Handel  der  Nurnl)erger  mit  den  Böhmen, 

gleichzeitig  au<  h  die  Absolution  von  der  verwirkten  K \ki urmmni- 

katiun.    Bezahlt  wurden  hiefur  ausnainnsweise  keinerlei  Taxen. 

Una  buUa  pro  dominis  nia^istris  civitatis,  proronsulibus, 
consulibus,  incolis,   nicrcatoribus  et  hal)itatoni)US  opidi  Nurcm 
bcr^ensis  absoliitionis  ;ib  t  xromjrnuiicalione,  c\  co,  (|uia  partici 
l>av<'i Ulli  ( um  Hot  Ulis,   ruin  iniluito,  (pn>  possiint  praticare  per 
üuos  annt)i».    Dal.  Romae  id.  Ftbr.  a.  S  ^13.  I  cbr.  157^  . 

Arth.  iK  Stitto:  LibH  annat.  (B)  miU  d.      7Al\tx  1470. 

1)  Vgl.  dessen  Lebensdaten  bei:  Briefe  des  Dr.  Sixt  Tücher  an  Anton 

Krefs  im  An/eij^er  für  Kuiule  der  deutsclien  Vorzeit.  Neue  Foli;e  XXIV. 
Juhr<;ai)ir  1^77  45  ff.  Femer  Milteiluogen  d  Ver.  f.  Uesch.  *\.  St.  Nbg.  1 
S.  07  ff. 


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—    96  — 


Ich  füge  hier  noch  die  Bestätigung  einer  Al)lasss  et  leih- 
ung unter  Pius  II.  an,  für  die  ich  bis  jetzt  die  eigentlichen 
Verleihungen  unter  Martin  V.  und  Nicolaus  V.  nicht  auffinden 
konnte.  Die  Bulle  wird  auch  hier  ohne  Zahlungsverpflichtung 
gegeben. 

Una  bttlla  pro  burgima^istro  et  civitate  opidi  Nurembeig 
super  confirmatione  indulgentiae  7  annorum  et  totidem  quadrag. 
de  iniunctis  poenitentiis  per  fei.  record.  MartinumV.  etNicolaum  V. 
pontificcs  concessae  occasione  ostensionis  dictarum  (?  reliquiarum 
in  dicto  opido  praedictis  capeliis  1 1  IVsiivitatibus  faciendis,  conc. 
Mantuae,  pridie  non.  üct  a.  2.  ^^6.  Okt.  1459). 

Atcb.  di  Siftto:  lilni  avn.  (B)  sub  <B.  De«.  1460. 


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Briefe  eines  Nürnberger  Studenten 
aus  Leipzig  und  Bologna. 

(1556—1560.) 
Mitgeleitt  tos 
Georg  Frhr.  v.  Krefs. 

Über  die  jungen  Deutschen,  welche  im  t5.  und  16.  Jahr- 
hundert, von  Wissensdurst  und  Wanderlust  getrieben,  über  die 
Alpen  zogen,  um  in  Wälschland  fremde  Sprachen  zu  lernen 
und  an  seinen  berühmten  Hochschulen  römisches  und  kanonisches 

Recht  7.11  huron,  über  ihr  Thun  und  Treiben  im  fremden  Lande,  ihre 
persünlirhen  und  wirtschaftlichen  Verhältnisse,  ihre  Beziehungen 
zur  Heimat  und  ihre  Hoffnungen  auf  spätere  Unterkunft  ^\ht  uns 
keine  andere  Quelle  so  zuverlässige  und  umfassende  Aufschlüsse, 
als  die  Briefe,  welche  sie  selbst  von  der  Universität  aus  an  ihre 
Verwandten  und  Angehörigen  in  der  Heimat  geschrieben  haben. 
Wir  erinnern  an  die  Briefe  des  jungen  Nürnberger  Patriziers 
Paul  Behaim  aus  Leipzig  und  Padua,  welche  Direktor 
Dr.  Loose  vor  einigen  Jahren  veröfifentlicht  hat^);  sie  erregen 
nach  verschiedenen  Richtungen  hin  unser  kulturhistorisches  Inter- 
esse  und  bilden  unstreitig  einen  recht  wertvollen  Beitrag  zur 
Geschiclite  des  akadcmisclicn  I^ebens  jener  Zeit.  Paul  Behaim 
studierte  in  den  Jahren  1572  bis  1575  in  Leipzig  und  ging  von 
da  n.irli  Padua,  wo  er  bis  zum  Jahre  157Ö  verweilte;  dreifsig 
Briefe,  die  er  als  Leipziger  Student  an  seine  Mutter  und  an 
seine  Geschwister  schrieb,  und  fttnfunddreifsig,  die  er  von  Padua 

')  Beiträge  zur  Schul-  und  Universilätsgeschichle.  Von  Dr.  W.  Loose, 
Direktor,  im  Gratulations-Pro-ramm  i^i*r  Realschule  und  des  Progyninasiums 
in  Meilsen,  lÜJQ.  —  Briefe  eine^  Leipziger  Studenten  aus  den  Jahren  1572 
bis  1574;  herausgegeben  von  Dr.  W.  l^oose,  Direktor.  Beigabe  zum  Jtthres» 
bericht  der  Reabehule  su  Meifsen,  1880.   ProgrAnun  Nr.  480. 

7 


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—    98  — 


aus  in  die  Heimat  sandte,  sind  im  Behaimschen  Familienarchiv 
aufbewahrt  worden  und  die  Fülle  von  Einzelheiten  über  das 
akademische  Leben  jener  Zeit»  weiche  sich  aus  ihnen  entnehmen 
iäfsti  hat  unsere  Kenntnis  von  demselben  ganz  wesentlich  be- 
reichert. 

Aus  etwas  früherer  Zeit,  aus  den  Jahren  1556  bis  1560, 
sind  Briefe  eines  Landsmanns  des  Paul  Behaim  auf  uns  ge- 
kommen, gleichfalls  eines  jungen  Nürnbergers  aus  altem  Patrizier* 

geschlcchte,  der  einen  ganz  ähnHchen  Bildungsgang,  wie  Behaim, 
durchgemacht  und  nach  dreijährigem  Aufenthalt  an  der  Univer- 
sität Le  ijjzig  sich  nacli  Boloijna  gewendet  hat.  Sie  sind  noch 
nicht  veröffentlicht,  unseres  Eraclitens  aber  der  Veröffentlichung 
wert,  wiewohl  sie  an  Mannichfaltigkeit  des  Inhalts  den  Briefen 
Behaims  nachstehen.  Schon  der  Umstand,  dafs  der  Briefschreiber 
in  Leipzig  bei  Joachim  Camerarius  untergebracht  war  und 
über  dessen  häusliche  Verhältnisse  hie  und  da  Mitteilungen 
machte,  würde  den  Abdruck  der  Leipziger  Briefe  rechtfertigen; 
aber  auch  aus  Bologna  berichtet  er  des  Interessanten  so  viel, 
dafs  die  Briefe  von  dort  bekannt  zu  werden  verdienen. 

Der  Schreiber  der  Briefe  war  Christof  Krefs,  geboren 
als  der  älteste  Sohn  eines  i^deichnamipen  Vaters  im  Jahre  1541. 
Christof  Krefs  der  Altere  war  im  Jahre  iü33  von  Rothen- 
burg o.  d.  T,,  wo  sein  Vater  als  Vogteiherr  gelebt  hatte,  nach 
Nürnberg  übergesiedelt,  hatte  sich  1537  mit  Dorothea,  des 
Ratsherrn  Jobst  Haller  und  seiner  Gattin  Barbara  Tetzel 
Tochter,  vermählt  und  war  1542  in  den  Rat  gewählt  worden. 
Aufser  unserem  Christof  schenkte  ihm  seine  Gattin  sechs  Kinder, 
sie  starb  aber  schon  1554.  Im  folgenden  Jahre  heiratete  Christof 
der  Ältere  Katharina,  die  Tochter  des  ersten  Losungers  und 
nac  hmaligen  Reichsschultheiisen  End  res  Imhof,  mit  der  er 
drei  Kinder  erzeugte*).    Den  Klementarunterricht  genois  unser 

über  die  FamilieuverhäUniue  gibt  den  vollständigsten  und  zuver« 
ISssigsten  Aufscblufs  das  Geschlechtsbuch,  das  der  obengenannte  Hr.  Eodres 

Imhoff  im  Jahre  156g  angelegt  hat  und  in  welchem  er  nicht  nur  über  seine 
Vorfahren  genaue  Notizen  .L;i'>t,  sondern  auch  über  sich  <=cine  Kiniier,  En!;cl, 
Schwiegersöhne  und  Scliwiegertochler  und  deren  Vcrwandis.cha{t  sorgsam 
berichtet.  Dieser  treffliche  Mann,  der  »ich  nicht  nur  um  seine  Familie,  son* 
dem  auch  um  seine  Valersladl  grofse  Verdienste  erwnrlcn  hat,  war  am 
29.  November  1491  geboren,  wurde  schon  als  I3jährigcr  Knabe  nach  Venedig 
geschickt,  brachte  fast  20  Jahre  im  Dienste  des  Imhoftiscben  Handlungs- 


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—    99  — 


Christof  bei  dem  bekannten  Rechen-  und  Schreibmeister  Johann 
Neudörfer  in  Nürnberg,  im  Spätherbst  1549  wurde  er  zu  ihm 
in  die  Kost  gethan  und  seine  Briefe  legen  rühmliches  Zeugnis  von 
dem  guten  Scbreibunterricht  ab,  der  ihm  tXL  Teil  geworden  war; 
denn  sie  sind  recht  sauber  und  deutlich  und  fast  ohne  Korrek- 
turen geschrieben.  Nachher  besuchte  er  die  lateinische  Schule 
am  Spital  zu  Nürnberg,  in  der  er  nach  dem  Zeugnisse  seiner 
Lehrer  gute  Fortschritte  machte;  nebenbei  trieb  er  bei  dem 
Organisten  Paul  Lautensack*)  Musik.  Als  er  das  vierzehnte 
Jahr  erreichte,  bemühte  sich  der  Vater,  ihn  aa  einer  Hoch- 
schule unterzubringen.  Die  Nürnberger  hingen  noch  mit  grofser 
Verehrung  von  den  Zeiten  her,  da  er  an  ihrem  Melanchthon" 
Gymnasium  als  Lehrer  gewirkt  hatte,  an  Herrn  Joachim  Came* 
rarius,  dem  nunmehrigen  Professor  an  der  Hochschule  zu  Leipzig. 
Mit  ihm  war  der  in  seiner  Vaterstadt  hochangesehene,  im  Jahre 
1530  verstorbene  Ratsherr  und  obriste  Hauptmann  Christof  Krefs 
befreundet  gewesen  und  dessen  Witwe,  Frau  Helene  Krefsin, 
eine  geiK)rene  Tucherin,  eine  in  der  Familie  Krefs,  wie  die 
Briefe  zeigen,  hochverehrte  Matrone,  setzte  auch  damals  noch 
die  freundschaftiiclien  Beziehungen  zur  Familie  des  Camerarius 
eifrig  fort.  Sie  wandte  sich  jetzt  an  eine  in  Nürnberg  auf  Be- 
such weilende  Tochter  desselben  mit  der  Bitte,  die  Aufnahme 
ihres  jungen  Vetters  bei  dem  Vater  zu  befürworten,  und  erst  als 
letzterer  die  Geneigtheit  hiezu  durch  seine  Tochter  erklären  liefs, 
schrieb  der  Vater  Christof  Krefs  selbst  dem  »erwirdigen  und  em- 
vesten  Herrn  Joachim  Cammermaistem,  ordinario  und  professorn 
der  loblichen  churfürstlichen  hohen  schul  zu  Leibzige,  einen  im 
Concept  noch  erhaltenen  Brief,  den  wir  im  W  ortlaute  folgen  lassen: 
>  Erw  ii  (iii;t  r  und  ernvt  l'tcr  Hen  !  E.  E.  fein  mein  freundt- 
lich  wiUigc  dinfi  zuvor.  Lrwirdiger  Hcit!  Uf  anfuchen,  pith  vnd 

bauses  «uswiitf  und  auf  Reisen  in  Italien  und  Frankreich  zv  und  kam  l  $23 

in  den  Rat  seiner  Vaterstadt,  welchem  er  55  Jahre  lang  angehörte.  Im 
Jährt'  1544  erreichte  er  die  Würde  eines  I  osup-'f^- ,  die  er  bis  an  sein 
i.ebensende  bei<leidete.    Er  starb,  88  Jaiire  all,  am  11.  Oktober  1579. 

Nach  Will,  Gelehrtenlexikon,  IL  S.  412  war  Paul  f.aotensack  ein 
Siihn  des  berüchtigten  Malers  Vau]  I,auter>  ack,  welcher  im  Jahre  1 542 
wegen  seiner  religiösen  .Schwärmerei  aus  der  Stadl  verwiesen  wurde,  und 
ein  Bruder  des  Malers  und  Kupferstechers  Hans  (Sebald)  Lautensack.  Der 
Musiker  Paul  Lautensack  war  Organist  bei  St.  Sebald  (  Will  l.  c.)  Vgl.  auch 
Mitteilungen  des  Vereins  für  Gesch.  der  Stadt  Nttmberg,  II.  S  164  IT., 
VU.  S.  59. 

7* 


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—    100  — 


bfger  der  erbaren  fraiien,  weilandt  Herrn  ChriftofTen  Krefk  n,  nuines 
Heben  vettern  feli^en  nacHgelaffenen  wittwen.  meiner  fieuufilichen 
Heben  gefchweicn,  bei  E.  E.  lieben  locUier,  io  diler  hie  bei 
frau  Tucheiln ')  ift,  dals  diefelbige  £.  £.  von  wegen  meines  fons 
mit  namen  Chriftoff,  ob  der  felbig  mit  vorhabendem  studio  bei 
E.  E.  undtergebracht  werden  möchte,  gefchrid>en  mid  wie  ich 
bericht  wurde,  £.  £.  fie  widerumb  beantwortet  hat:  obwol  die- 
felbig  fich  difer  zeit  mit  jungen  nit  gern  mer  beladoi,  auch  wenig 
bei  inen  Haben,  wollen  doch  E.  E.  meinen  fon,  der  frauen  Krcffin 
zu  gefaHen,  annemen,  defs  ftcundtlichen  guten  willens  \  nd  erpic- 
tcns  ich  mich  zum  höchftcn  liedanckh.  Diewciln  aber  E.  E.  in 
demfclben  fchreibcn  auch  \ermeldcn,  diefelbig  zu  berichten,  was 
alters  mein  fon  und  was  lerne  Icctioncs  von  feinen  fcHulmcistern 
alhie  fein,  fuye  E.  E.  ich  erftlich.  fovil  fein  aller  anlangt,  zu  ver- 
nemen,  dafs  er  jetzt  iu  da*»  vierzehendt  jar  geet,  fo  hat  man  inen 
im  fpital  alhie,  do  er  vißtirt  ^?)  hat,  bis  ufT  dato  gelefen  Gram- 
maticam graccam,  Testamentum  graecum,  Phocilidem  graecum, 
Ciceronem  in  epistolisi  Virgüium,  Terentium,  Psalteriumi  darin  er, 
wie  ich  von  andern  berichtet  bin,  zu  feinem  alter  ziemlich  profi- 
tirt  Haben  feilt.  Und  kann  dameben  £.  E.  nit  pergen,  nachdem 
icli  in  (ihn)  gelegener  zeit  zu  unferm  organiften  Paulufen  Lauten- 
fack  geen  vnd  uf  dem  inftrument  lernen  laffen,  damit  er,  do  ime 
die  zeit  vnd  gelcgenheit  zugelaffen  wurde,  nit  in  leichtfertigkeit 
oder  müffiggeen  vcrzen-n  mochte,  were  nn  V..  F.  mein  p]i.  ime 
ein  virginaP)  oder  dergleichen  inltrumciii  zuhaben  zuver^unliii^cn, 
uf  dafs  er  fich  wie  gemellt  (doch  ohne  vcrhmderung  feines  ftudio) 


0  Die  Frau  Tucherin  wird  Frau  Margaretha  Tücher,  geb.  Topler, 
Witwe  des  Septemvirn  und  Kriegshaupt  mannt  Endres  Tucher,  gewesen  sein* 

Christfip^  Krefs  schreibt  am  13  Oktober  1557,  dafs  Camerarius  nach  Nürn- 
berg kommen  werde,  nachdem  Frau  Tucherin  mit  Tod  abgegangen  sei 
(s.  S.  125.)  Mar<;aretha  Tttcherin  aber  starb  tun  30.  September  1557.  (Vgl. 
Biedermann,  üeschlechtsregister,  Tafel  DVIII  A.)  Ob  zwischen  ihr  imd 
Hrn.  Joachim  Camerarius  oder  seiner  Guttin  verwandtschaftliche  BezichttDgen 
bestanden  haben,  habe  ich  bis  jetzt  nicht  feststeilen  können. 

*)  Das  Virgina)  war  eine  in  England  aufgekommene  Abart  des  Klavi- 
chords oder  Kliivicymbels  (cf.  Dr.  E.  Götzinger,  Keallexikon  der  deutschen 
Altertümer,  1885,  S.  703).  Es  bestand  aus  einem  trac;bttren  Kasten,  der  wie 
beim  Hackbrett  die  Form  eines  Rechtecks  hatte  und  in  welchem  sich  der 
Stiftsstock  und  der  Wirbelstock,  jener  mit  feststehenden  Stiften,  an  welche 
die  Saiten  ans  Mcl.ilMraht  an^eh'iii^t  waren,  dieser  mit  Wirbeln,  vermittelet 
welcher  die  Saiten  gestimmt  wurden,  befanden.  An  Stelle  der  Klöppel,  mit 
denen  die  Saiten  beim  Hackbrett  erklingen  gemacht  wurden ,  traten  beim 
Klavichord  Metallzungen,  die  am  Ende  eines  Hebelarms,  in  welchen  jede 
niederdrückende  Taste  (^Claves)  attsr^eht,  aufrechtst chcnd  angebracht  waren, 
so  dafs  sie  die  betreffende  Saite  anschlugen  und  ertönen  machten.  (Götzinger, 
1.  c.  S.  699.)  In  dem  trefiTltch  illustrierten  Werk  »Perlen  ans  der  Instramenten« 
Sammlung  von  Paul  de  Wii  in  Leipzig  18021  ist  ein  im  Jahre  1631  erbautes 
\'iri;in.i1  auf  Blatt  1  abgebildet,  das  nur  38  cm  L&nge,  13  cm  Höhe  and 
20  cm  Breite  hat. 


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—  ioi  — 


üben  Idinte  und  deflelben  ufgewendten  unkoften  nit  gar  ohne  fnicht 
abgieng.  Und  do  efs  auch  £.  £.  nit  befchwerlich,  meinem  fonn 
auflerbalb  des  coftgelds  in  fUrfallender  nottuiA,  efs  fei  an  daidero, 
püchem  und  andern,  doch  one  überflus  fUrftreckung  zuthun,  will 

ich  icdcr  zeit,  do  efs  mir  zugefchrieben  wurdet  und  wem  ichs  hie 
gut  thun  füll,  alfsbaldt  widererlegen,  do  efs  aber  E.  E.  gelegen 
fein,  will  ich  durch  andere  mitlperfon.  damit  eine  folche  flirlchen 
^cfcharh,  weg  fuchen  und  fonften,  wie  es  E.  E.  mit  andern  feins- 
t^li  i<  In  n  mit  der  coft  und  andern  gehalten  und  mich  dcffolbcn  bc- 
ricliLen  vvcrUen,  danrkbaiiich  laffen  und  umb  E.  E  jederzeit  zu- 
verdienen gcfliffcn  und  willig  fein.« 

Die  vom  14.  Februar  1556  datierte  Antwort  des  Herrn 
Joachim  Camerarius  ist  leider  nicht  unversehrt  erhalten.  Der 
Eingang  des  Briefes  ist  weggerissen  und  auch  an  der  Seite 
des  Blattes  ist  ein  StUck  zerstört.  Camerarius  bestätigt, 
dafs  ihm  der  Brief  des  Krefs  durch  den  Boten  geantwortet 
worden  sei, 

»daraufs  ich  E.  E.  gemiieth  ires  suns  Christoph  halben  wol  ver- 
merkt, und  bin  mit  allem  vieifs  E.  £.  muegliche  dienit  zueixaigen 
beraictet.  Dieweil  ich  aber  dannoch  mich  auch  fchuldig  erkenne, 
einige  treue  erinderung  E.  E.  nitt  suverhalten,  alfo  hab  ich  un* 

vermeldet  nitt  kunnen  lafTen,  das  ich  in  erfarung  kume,  wie  etliche 
erbare  knaben  aus  Nornbergk  gehn  Strafburgk  verfchickt  find 
oder  in  kurtz  verfchickt  mochten  werden,  villeicht  ander  gelegen 
hr\t  \ve-^cn  iinf!  auch  darumb,  das  desfclhen  orts  anfang  der 
frauiüofifchen  Iprach  begriffen  werden  mochte,  dits  habe  i«  Ii  f^uther 
udlmeinunKf  K.  K.  wollen  iiiu  ci  halten  wiffen,  nit  das  ich  in  einij^cn 
wcge  andeis  gtfunnet.  denn  E.  E.  vorher  angezaigt  ift  oder  daü 
in  demjhenigen,  fo  durch  E.  E.  ahn  mich  gelangt,  ich  einigen 
befchwerd  oder  bedencken  habe,  funder  allein  darumb,  das  £  £.  der- 
felben  gefallen  nach  femer  möchte  (ich  verhalten  und  was  hierauf  £. 
£.  für  das  pefte  und  nützlichst  achten  werdet,  in  deme  foll  an  meinem 

 vleifse  kein  mangel  gefpür(tl  werden. 

 E    E.   die  Vorfehung  thun  möchte,   dafs  derfelbe 

 ,  .  dahin  verfertigt,  do  E.  E.  ine  am  licbften  wiffen, 

 darzu    E.    E.    mich    müglichs    vieifs    mit  aller 

•  ung    vnd    dicnft    willir^    finden    und    haben  folic, 

 E.  \i.  .i^i.lellig.  ircn  Ainr   lurher  zufchicken,  kimde 

 der    zugclit  «rillen    verklang    wegen  wolgefunden. 

 E.     E.     liicuiitt     in     gottes     gencdigen  fchutz 

 allen      den     iren     bevelhend.      Aus  Leipzigk 

 24.  tag  februar. 

£.  E.  gantewilliger 

Joachim  Camer»« 


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—  102 


Ein  dem  Brief  beiliegender  Zettel  enthielt  den  Nachtrag: 
tDes  Inftniments  nnd  mufika  halber  meidung,  ift  mir  gantz 

gefellig,  und  Tollte  E.  E.  fune  in  feiner  bei  mir  wonung  auch 
darzu  angehalten  werden,  dann  ich  folche  Uebung  tur  guth, 
nütze  und  ehrlich  halte«. 

Der  Vorschlag,  den  jungen  Studenten  mit  anderen  Patrizier- 
söhnen nach  Strafsburg  zu  schicken,  fand  die  Billigung  des 
Vaters  nicht.  Vielmehr  blieb  er  bei  dem  Entschlüsse,  den  Sohn 
nach  Leipzig  zu  senden  und  Herrn  Joachim  Camerarius  in  Obhut 
2U  geben.  Mit  einem  am  17.  April  an  letzteren  gerichteten 
Brief  ausgerüstet^)»  trat  Christof  Krefs  in  Begleitung  des 
Reitknechts  Wolf  Hertz  die  Reise  an.  Die  Reisenden  schlössen 
sich  Herrn  Martin  Pfinzing  an,  der  wahrscheinlich  zur  Messe 
nach  Leipzig  ritt;  er  legte  die  Reisekosten  aus,  die  nach  dem 
Zettel,  wel'  hen  Christof  ;ini  28.  A]>ril  nach  Hause  sandte,  für 
ihn  und  seinen  Begleiter  Wolt  Hertz  10  fi.  —  gr.  2  \)  betrugen. 
Die  Reise  ging  über  Bamberg,  Coburg,  Gräfenthal,  Saalfeld, 
Kahla,  Jena,  Naumburg,  Weifsenfeis  und  Lützen.  Der  erste 
Brief  vom  obengenannten  Tag  meldet  die  glückliche  Ankunft 
in  Leipzig.  Der  jugendliche  Student  scheint  sich  im  Hause  des 
Herrn  Camerarius  bald  heimisch  gefühlt  zu  haben.  Er  war  mit 
allem  Nötigen  wohl  versehen;  nur  ein  Deckbett  ging  ihm  ab 
und  er  bat,  ihm  ein  solches  zu  schicken,  da  ihm  die  Frau  Ca- 
niernieistcrin  keines  leihen  könne.  Seine  erste  Sorge  war  die 
Wiederaufnahme  des  M u-^ikinUerrichts ;  al>L*r  trutz  der  Versiche- 
rung des  Herrn  Camerarius,  dais  er  sehr  damit  einverstanden 

Der  Brief,  den  ihm  der  Vater  mitgab,  lastete :  »Meine  freundticli 

willig  dicnft  zuvor,  erwirdiyer  und  ernveftcr,  gdnftiL^er,  liclier  Herr.  V.  K. 
fchrciben  den  24.  lag  fcbrtiarii  ausgangen,  vf  mein  bitlich  anluchen  und 
fchreiben  von  wegen  mcins  fons  ChriftotTen,  denfelben  zu  euch  in  E.  E.  Bc- 
haQfung  anzunemen  und,  fo  viel  mnglich  und  got  gnadt  verleicht,  mit  leraung, 
cnft  und  klaidung  und  anderer  notdurft  zu  verfchcn,  indem  ir  euch  )^:ir.\7 
gutwillig  und  willfarig  erzeigt,  hab  ich  empfangen,  des  ich  mich  gantz  dinst- 
Itch  und  freimtlich  bcdanck,  wil  auch  folchs,  wo  ich  kban,  umb  E.  E.  und 
die  Eum  in  anderem  widenimb  verdienen,  auch  was  E*  E.  von  feintwegen 
bezalt  und  er  zu  feiner  notturfl  bedarf,  7U  guten  bentiegen  und  danck  jeder- 
zeit erbarlich  bezalen  mit  freunilicher  bit,  E.  E.  und  eure  liebe  haufsfrau 
wolt  unbeschwert  fein.  Wie  dann  mein  vertrauen  zu  E.  E.  und  enrer  lieben 
haufsfran  i^aht,  des  verfehens,  er  werdt  fich  alles  gehorfams  erzaigen  und 
thun,  wa.s  euch  !ie'^  fei,  wie  er  denn  bi.shero  fich  gegen  mir  erzaigl  und  nil 
tweitl  noch  thun  werdt.  Mit  erbictung,  was  eur  E.  E.  lieb  und  dtcDfl  ift, 
bin  ich  jeder  zeit  willig  und  berait.    Damit  gotl  bevolhen. 

Datum  den  17.  April  56.  ChriftofT  Krefs«. 


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—    103  — 


sei,  wenn  der  junge  Mann  Musik  treibe,  verging  geraume  Zeit, 
bis  der  Wunsch  des  letzteren  erfüllt  wurde.  Aus  Leipzig  stam- 
men vieruiiddreifsig  der  abgedruckten  Briefe.  Unser  Christof 
zeigt  sich  darin,  wie  ihn  der  Vater  dem  Herrn  Camerarius 
angekündigt  hatte,  als  ein  gutartiger  Mensch  und  braver,  gehor- 
samer Sohn,  der  emsig  bemüht  ist,  den  Wünschen  des  Vaters 
in  jeder  Hinsicht  gerecht  xu  werden.  Zwar  erfahren  wir  Uber 
die  Art  und  den  Fortgang  seiner  Studien  nur  Spärliches  aus 
den  Briefen;  wohl  aber  läfst  sich  aus  den  treuherzigen  Zu- 
sicherungen des  Briefschreibers  ersehen,  wie  emstlich  er  sich 
angelegen  sein  läfst,  den  Vater  zufrieden  zu  stellen.  Er  will 
sich  gegen  jedermann  so  verhalten,  dafs  sie  ohne  Klage  seien, 
will  sich  auch  der  getreuen,  väterlichen  Vermahnung  nach  recht- 
schaffen verhalten  und  keinen  Fleifs  in  seinem  Studium  sparen, 
sondern  soviel  ihm  möglich  ist,  damit  fortfahren,  er  hofft,  (»Ott 
der  Allmächtige  werde  ihm  helfen,  dafs  er  mit  den  Zeiten  den 
Leuten  auch  nützlich  und  anderen  ehrlichen  Leuten  gleich  werde 
u.  s.  f.  Aus  einer  Korrespondenz,  welche  im  April  1558  zwi- 
sehen  Christof  Krefs,  dem  Vater,  und  Joachim  Camerarius 
gewechselt  wurde,  ergibt  sich,  dass  auch  letzterer  mit  dem  Ver- 
halten des  jugendlichen  Studenten  in  jeder  Hinsicht  zufrieden 
war,  er  erteilte  den  Rat,  ihn  noch  ein  Jahr  lang  in  Leipzig 
weiter  studieren  zu  lassen,  einen  Rat,  den  sich  der  \'ater  gerne 
gefallen  licfs       Direkte  Nachrichten  vom  Solm  Christof  fehlen 

')  Es  ist  nur  die  Antwort  des  Vaters  Krefs  auf  dnen  Brief  des  Caaie> 
rarius  vom  2.  April  erhalten.    Sie  lauiet  wie  folgt: 

«Mein  freuntlich  willig  dienit  zuvor,  erwirdiger  und  ernvefter.  gttn- 
ftiger,  lieber  herr.  E.  B.  fcbrelbeo,  den  andern  tag  april  von  wegen  meini 
funs  ChriftoflT  ausgangen,  ift  mir  wohl  lakinnen,  und  do  er  fleh  gegen  euch 
und  den  eurn  alles  gehorfams  gefolgig  und  dienftbarlich,  wie  (Ich  geburt, 
verhielt  und  erzaigdt,  war  ich  zum  hochften  erfreudt,  und  bedanck  mich 
gegen  E.  E.  fanbt  earer  lieben  hanfTrauen  ganz  freuntltch  und  dienftlicb 
aller  mueh,  vleiff  und  guts  bewifner  wolthat  meins  funs  halber  und  lafs  mir 
E  E.  getreuen,  wolmeinenden  rath  und  fjiitbeduncken  gefallen,  ine  noch 
ain  jar  zu  i.eijizik  zu  verharren  und  leins  liuilt  auiszuwarlen,  aber  nochmals 
mein  dienfttich  vnd  freuntHch  bitt,  E.  E.  und  die  euren  nnbefchwert  sa  fein, 
ine  diefs  jar  noch  weiter  bei  euch  mit  cuft,  lernun^  und  andern  zu  erhalten, 
das  will  ich  umb  euch  und  die  eurn  ider  zeit,  wo  ich  kann,  in  andern 
widcrumb  ganz  freuntlich  befchulden  und  verdienen,  und  thu  hiemit  E.  E. 
famb  den  irigen  in  gottes  genedigcn  fchutc  und  scbim  bereUeodt.  datnm 
den  14  tag  aprll  58. 

Chriftoff  KreCi. 

Dem  erwirdigen  und  emTeften  bern  Joachim  Camermeiller  su  Leipzig,  meinem 
gttnftigen  boa  an  banden.« 


—    104  — 


aus  dieser  Zeit;  vom  25.  Februar  bis  17.  September  1558  ist 
keiner  der  Briefe  erhalten,  die  er  nach  Hause  schrieb.  Um  so 
ausführlicher  ist  der  Brief  vom  letztgenannten  Tage,  in  welchem 
der  Briefschreiber  unter  dankbarer  Anerkennung  der  ihm  bisher 
erwiesenen  Wohlthaten  zuerst  dem  Vater  die  Bitte  vorträgt,  ihm, 
da  es  an  Ostern  drei  Jahre  würden,  seit  er  nach  Leipzig  gekom- 
men, und  da  Cameran.»s  wegen  des  leidenden  Zustandes  seiner 
Frau  die  Kostgänger  aufzugeben  beabsichtige,  mitzuteilen,  ob 
er  ihn  weiter  studieren  lassen  wolle  und  wohin  er  ihn  zu  schicken 
gedenke. 

Der  Vater  gibt  ihm  einstweilen  die  Zusieherung,  dafs  er 
ihn  an  Ostern  von  Leipzig  abrufen  werde,  ist  aber  noch  unent- 
schlossen, wohin  er  ihn  alsdann  schicken  will.  Der  Wunsch 
des  Sohnes,  mit  einem  Altersgenossen  und  Landsmann,  der  auch 
eine  Zeit  lang  in  Leipzig  studiert  hat,  nach  Frankreich  geschickt 
zu  werden,  findet  keine  Beachtung.  Die  Entscheidung  scheint 
erst  getroffen  worden  zu  sein,  als  Christof  Krefs  naeh  Nürnberg 
zurückgekehrt  war  und  einen  Brief  des  Henn  Camerarius  mit- 
gebracht hatte,  worin  dieser  den  Rat  gegeben  hatte,  den  Chri- 
stof, da  er  von  schwächlicher  Gesundheit  sei,  nicht  ohne  jeman- 
den Bekannten,  dessen  er  sich  etwa  zu  getrösten  hätte,  in  die 
Fremde  zu  schicken.  Vielleicht  hei  die  Wahl  auf  Bologna,  weil 
dort  ein  Onkel  Christofs,  Herr  Albrecht  Scheurl^),  ein  Haus 
und  eine  Handelsniederlassung  hat^e  und  er  dessen  Obsorge 
empfohlen  werden  konnte.  In  Leipzig  hatte  Christof  noch  trübe 
Zeiten  durchzumachen,  da  die  Frnu  Camermeislerin  an  schwerer 
und  lang\vierii;er  Krankheit  darnieiicrlai;.  im  April  IjjQ  nahm 
er  Abschie<!  von  seinen  «gütigen  Hanswirten,  Camerarius  rulnnte 
in  einem  Briete^),  den  er  ihm  wahrscheinlich  mitgab,   dafs  er 

')  Herr  Albrecht  Schcurl,  r,'eb.  1525,  gest.  1580,  war  mit  Magdalena, 
der  älteren  Sctiwebter  der  Stiefmutter  unseres  Christof,  verheiratet.  Herr 
Etidres  Imhoff  berichtet  darttber  in  seinem  Geschlecbtsbach:  »Item  mein 
liebe  tochter  madalena  fo  geboren  ift  aulT  16  iKMiembris  1526  .  .  die  hab 
ich  im  nomen  gottes  verheirat  dem  erViarn  Albrecht  Schf?urol  vml  ifi  ihr 
lautmerung  geweft  den  27.  May  anno  1546  vnd  die  hochzeit  darnach  auü' 
3.  augaflo,  also  fie  nit  gar  ao  jar  alt  geweA  .  .  .<  Albrecbt  Scheurl  war 
vor  seiner  Verheiratung  in  Bologna  und  kommi  im  Jahr  1544  als  Albertus 
Scheurlin  Noricus  in  den  Jahrbüchern  der  deutschen  Nalion  vor.  S.  Acta 
nationis  gcrm   vniv.  Hologn.    S.  329. 

')  Wir  bringen  auch  diesen  Brief  im  Wortlaut  zum  Abdruck: 
>Ernvhcrt(  r,  fiirfichtii^cr,  crhar  weifer,  günfliger  herr.    Auff  eur  Weis- 
heit beger  und  Verordnung  hat  derfelben  iunt  Chriftoph  diefcr  seit  felnea 


.  ijui.  u  i.y  Google 


—    105  — 


sich  allezeit  und  in  alle  Wege  ehrlich  und  frömmiglich  verhalten 
habe,  und  gab  der  Hoflfnung  Ausdruck,  dafs  die  Zeit  in  Leipzig, 
was  das  Studieren  anlange,  nicht  vergeblich  zugebracht  sein  solle. 
Aufserdem  brachte  Christof  ein  höchst  ehrenvolles  Abgangs- 
zeugnis von  der  Umversität  mit  nach  hause 

abfchied  genumen  und  fich  allzeit  und  in  alle  wege  ehrlich  und  fnimbklich 
verhalten,  fo  hofTe  ich,  was  das  ftudiereo  belangt,  die  zeit  auch  nit  ver- 
gebens zugebracht  fein  folle.  Was  auch  derhalben  ich  mit  ime  geredet, 
haben  E.  W.  von  ioie  zu  vernemen,  die  ?.eit  er  hie  gewefen,  habe  ich  ver- 
nierokt,  das  er  nit  not  fpft  vntl  feine  gefuntheit  zweifTelich,  das  alfo  dannnch 
mit  feiner  ferneren  verfchickung  befcheidenbeit  und  vleids  zu  haben  und  die 
vorfehttog  xtt  thueo,  das  er  umb  jemant«  bdcants  feien  möcbt,  des  er  (ich 
etwa  tn  getroften  hette.  Ohe  ime  nun  Welschland  oder  Franckrt-ich  zu- 
träglicher feins  Iffibs  halben,  werdet  E.  W.  fich  wiffen  zu  befraijen,  fünft 
hett  ich  in  der  erft  nit  für  unratfam  geachtet,  das  er  gen  Padua  gefchickt 
würde,  doch  in  allwege  mit  einem  Bekanten,  nnd  wormit  ich  B.  W.  fane 
noch  hinfurt  retlich  und  ferderlich  feien  kan,  in  demfelben  folle  mein  vleifse 
und  treue  ijefpUret  werden,  E  W.  fambt  den  iren  hiemit  in  Gottes  gene* 
Uigen  fchutze  und  Ichinne  bevelhend.   Aus  Leipzigk  am  21.  tag  Aprii. 

E.  W.  dtenftwElliger 
Dem  ernveften,  nirfichtigen  und  weifen  Joachim  Camer. 

herrn  Chrifiophen  Kreffen,  des  kleinem 
Raths,  meinem  gUnftigen  herrn  zu 
Nombergk«. 

Auf  einem  Zettel:  »Auch,  ernvhefter,  weifer,  günftiger  Herr,  zeicjt  mir 
mein  fune  Joachim  ahn,  C.  W.  fune  Chriftoph  habe  auf  derfelben  bevelh 
ime  ein  Italliehe  verehmng,  nemlich  10  taler,  zugestellt.  Nun  ift  es  mit  dem 
andern  soviel  und  da  ich  nit  befurget,  E.  W.  mochte  e«  andergestalts  ver- 

ftehen.  foUe  er  e%  nit  gentimen  haben,  wurdet  aber  von  mir  erindert,  fich 
nachmals  solichs  zu  verdienen  gegen  E.  W.  und  derfelben  verwanthen  zu 
bevleiffigen«. 

')  Im  Nachstehenden  der  Wortlaut  der  wohlerhaltenen  Pergament-' 

Urkunde : 

Anfscbrift:  Testimonium  datum  in  Academia  Lypsica  Christophoro  Krefsen 

Anno  1559. 

Rector  Academiae  Lipficae.  Praeelara  testimonia  litteramm  publi* 
eamm  duo  habent  commoda,  ttoum  quod  certiores  de  aliquibus  reddunt 

eos,  quibus  ostenduntur,  alternm  quod  hortantur  et  quasi  obligant  eo>  ipfos, 
quibus  tribuuntur,  ad  diligentiam  et  curam  reliquae  vitae,  ne  a  pnonbus 
sequentia  discrepent.  Rectnm  etiam  haec  petentium  est  iudicium,  dorn  illi 
statuunt  publicae  signiücationb  autoritatem  stbi  et  omamentam  adinngere 
et  fructnni  ferre  pofse.  Et  sunt  haec  meritis  atquc  dignis  non  grauatim 
imperttenda.  Itaque  nunc  fecimus,  cum  significasset  nobis  honesto  et  bono 
loco  celebris  familiae  natus  CHRISTOPHORVS  CRESS  Norimbergensis. 
se  post  confectuni  triennü  in  nostra  Academia  cursum  auocari  hinc  ad  alias 
exercilationes  studiorum  suorum,  nosque  reuerenler  orafset,  ut  testimonii 
publici  litteras  de  se  perscribendas  sibique  tradendas  curaremus,  fecimus 
igitur  hoc  libenter,  ut  copiditati  illius  honeste  morem  gereremus.  Compe- 
rimtts  antem  cum  non  modo  placide  et  quietc  et  sine  querela  ullius  tote 
hoc  tempore  triennü  hic  vixifse  et  pro  saa  parte  afsiduo  ac  diligenter 
operam  dedilse  bonis  literis  et  artibns  Uberalibas,  sed  obseruando  aeneran- 
doque,  quos  aeqnnm  efset,  et  erga  eaeteroe  moderate  et  comiter  se  gerendo 
beneuolentiam  amorem<|«e  sibi  omnium  conciliaviise  et  discendo  laatnm 


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—    106  — 


Im  September  desselben  Jahres  finden  wir  ihn  auf  der 
Reise  nach  Italien.  Die  uns  erhaltenen  Briefe,  die  er  aus 
Italien  in  die  Heimat  geschrieben  hat,  umfassen  einschliefslich 

der  beiden  unterwegs  geschriebenen  den  Zeitraum  vom  4.  Sep- 
tember 1559  bis  24.  August  1560.  Sie  ünd  zumeist  inhaits- 
reicher  als  die  \nn  Leipzig  aus  heimgesandten  und  verraten 
sclion  ein  gereimteres  Urteil.  Man  wird  die  Schilderung  der 
Teuerung  in  Italien,  die  Urteile  Ubör  die  gelehrten  Leute  in 
Italien  und  die  welschen  Hausherren  und  ihre  Habgier,  den 
Bericht  tlber  den  Ankauf  der  Majoliken,  die  Schilderung  des 
Studentenaufstands  und  des  Auszugs  nach  Ferrara  nicht  ohne 
Interesse  lesen.  Dagegen  vermissen  wir  auch  in  diesen  Briefen 
aus  Italien  nähere  Nachrichten  über  die  Kollegien,  die  Christof 
K.refs  in  Bologna  belegt,  und  die  Docenten,  die  er  gehört  hat; 
er  berichtet  in  einem  der  ersten  Briefe,  d^is  ihm  der  Scheurl 
zu  einem  Meister  verholfen  hnhe,  Her  ihm  alle  l  äge  eine  Stunde 
italienisch  lehre,  dafs  er  lerner  taulif  h  /.u  einem  welschen  Doktor 
gehe,  der  ihm  neben  anderen  Studenten  lateinisch  lese,  und 
dafs  er,  was  sonst  sein  Studium  im  Hause  anlange,  von  dem 
Präceptor  des  Piintzing^)  und  Nützel  profitiere.    Später  schreibt 

piofecifse,  ut  tempus  Utud  bene  collocatum  efse  uideatur;  fuit  in  faiitilia 
Semper  Joachimi  Camerarii,  qu«e  illi  pietatii  et  integritatis  Uudero  Iribuit 

Ol  tanrjuum  unum  cognationis  suae  carum  h.ibuit,  id  quo'l  expliinituni  nobi«; 
u.i  efsf  tp'4  .tmiir,  et  atl  quoscunque  se  conlulerit  hic  CHRiS  TÜFHORVS,  ab 
eis  cupirnu»  precamurquc  bac  de  caufa,  illum  defendi,  adiuvarique  et 
diligi,  quo  nomine  et  nostrae  Aeademiae  honorem  habert  intelligetnr.  Cum 
antcm  ot  ]->ro1nt;\s  et  m<)^!estia  et  mediocris  eruditio  in  hoc  a  nobis  prae- 
dicetur.  facile  unumquenquam  existimaturutu  eise  credimus,  si  hone  CHRI> 
STOPHORVM  dementia,  benignitate,  »tudio,  humaniute  sua  complecSatur. 
Ab  ipso  et  grati  animi  fidelem  memoriam  et  operae  obsequüqae  debitam 
düi'^eniiam  suhniifse  officioseque  et  sedulo  colendam  expectari  posse;  secun- 
dum  Theognidem  enim  Toio  a'^uti-äo  e^istat  •^vu}^^tl  oi  xal  oitfnO,  Et  si  quid 
bonts  boni  fit,  eise  idem  et  graae  et  graturo  solet,  quemadnodum  ait 
Flautus.  Nos  Ut  gattdemus  in  huc  peraeraitate  plttriinorum  ofTerri  oceasionem 
landandi  aliqiios,  sie  apn<l  fxcellentes  sapientia,  virtvile  diL;nitatequi'  nmnes 
teattmonium  no*iirum  ponderis  aliquid  habimrum,  et  ob  hoc  ipsun*  <^iiKl- 
STOFIIOKI  accessnm  compellationemqne  gratiorem  et  clementiam,  bentg- 
nitatem,  Studium,  humanitateni  cuiusque  prolixius  et  inapensius  e!>se  eum 
expertutum  confidimus.    Perser.  XIII  Cl.  ^f;lii,  Anno  Christi  lestt  MDLIX. 

Perg -L'rl-.  Mit  dem  Univer&itäts&iegel  in  rotem  Wachs  an  rotem 
Band  in  Blechk  i<>>fl 

*)  Carulus  i'hntzing,  Norimbergensis,  und  Joannes  Nüzel,  Noricus, 
wurden  im  Jahre  1558  in  die  Jahrbftcher  der  deatschen  Nation  in  Bologna 
eingetragen,  wahrend  sich  znm  folgenden  Jahre  1560  folgende  Eimrige  finden : 


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—    t07  — 


er,  dafs  er  seine  lectiones  piiblicas  habe,  wie  in  I.ei])zig  auch, 
und  versichert  da.nii  ab  und  /u,  dafs  sein  Studium  in  /icnilidicm 
W  esen  stehe.  Fr  beri<'htet  terner,  dafs  er  die  Fundainenta  der 
Sprache  allgeiuacb  begreife,  sich  in  die  Sitten  und  Ciebräiirhe 
der  Itahener  finde  und  des  Studiums  der  Musik  und  anderer 
adeliger  Exercitien  auCs  eifrigste  befleifsige.  Trotz  seiner  scliwäch- 
liehen  Gesundheit  verträgt  er  das  Klima  in  Bologna  vortrefflich. 
Bittere  Klage  führt  er  fort  und  fort  darttber,  dafs  er  keine  Nach- 
richten aus  der  Heimat  erhalte.  Dies  hatte  im  Sommer  1560 
ofTenbar  seinen  Grund  darin»  dafs  der  Vater  krank  war;  daraus 
wird  sich  auch  erklären,  dafs  die  späteren  Briefe  aus  Italien  nicht 
aul'i^ehuben  wurden  und  nicht  auf  uns  gekommen  sind.  Am 
23.  November  irx»  )  st.irl)  der  Vater  Christof  Krefs,  erst  45 
Jahre  alt.  Hnser  Christof  aber  war  noch  im  Ncnember 
in  Italien  und  hielt  sich  damals  in  Lucca  auf,  wie  aus  einem 
am  Q.  November  1561  von  einem  Kommilitonen  Wilhelm  von 
Freiberg  zu  Aschau  und  Wildenwart  von  Pisa  aus  an  ihn  gerich- 
teten  Brief  hervorgeht.  Dagegen  befand  er  sich  im  Februar 
1562  wieder  in  Nürnberg;  dorthin  schrieb  ihm  von  Lucca  aus 
am  19.  Februar  ein  anderer  Freund  Carl  Re)  hinter. 

Der  frühzeitige  Tod  des  Gatten  und  Vaters  war  für  die 
erst  neuiuiridzwanzig  Jahre  alte  Frau  Katharina  Kressin  und  die 
neun  Kinder,  welche  den  Vater  ul'erlebten,  ein  iiberaus  schwerer 
Verlust.  Zwar  nahmen  sieh  der  Cirofsvater  und  eui  Bruder  der 
Frau,  Hr.  Fndres  imhof  der  jüngere,  welche  mit  zwei  Verwandten 
der  verstorbenen  ersten  Frau  den  Kindern  als  Vormünder  bestellt 
wurden,  treulich  der  Veriassenen  an;  aber  es  war  gewifs  keine 
kleine  Aufgabe  für  die  Witwe»  die  neun  Kinder,  von  welchen 
der  älteste  Sohn,  unser  Christof,  beim  Ableben  des  Vaters 
neunzehn  Jahre,  der  jüngste  aber  erst  wenige  Monate  alt  war, 
zu  erziehen.  Von  dem  zweiten  Sohn,  Friedrich  Joachim,  erfahren 
wir  aus  den  Brieten  seines  Bruders,  dafs  er  in  Brüssel  an  des 
Herzogs  von  Savoyen  Hof  einem  Herrn  diente.  Aber  nucii  die 
anderen  Sohne  erster  Ehe  wurden  bald  in  die  Fremde  geschickt, 

Domintt»  Christopboms  Cress  Noricus, 

Dominas  Georgius  Tetzel  Noricti< 
Dominus  Georgiuä  Hoffman  Norimbergensi.s 

cf.  Acta  nationis  Gerinanicae  Vntversitatis  Bononiensis        archetypis  tabq- 

larii  Malvecxiaat.   Berolinii  1887,  S.  336,  337. 


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—    108  — 


Hieronymus  und  Karl,  unit  ersterer  in  den  Niederlanden,  letzterer 
in  Wien  bei  einem  Herren  Dienst  zu  nehmen,  und  Hans,  um 
in  Lyon  die  Kaufmannschaft  zu  erlernen.  Auch  unser  Christof 
blieb  nicht  lange  in  der  Vaterstadt.  Am  22.  Juni  1563  machte 
er  sich  in  Begleitung  eines  Einspännigen  auf  den  Weg  nach 
Speier,  um  düit  in  den  Dienst  des  Duktor  Al)raham  Löscher  zu 
treten  und  sich  in  der  Praxis  für  den  juristischen  Beruf  vorzu- 
bereiten. Im  Oktober  begab  er  sich  von  Speier  aus  mit  Erlaubnis 
seiner  Vormtinder  nach  Frankfurt  a./M.,  wohin  ihn  die  bevor- 
stehende Krönung  Maximilians  zum  römischen  König  zog.  Der 
Aufenthalt  dortselbst  erstreckte  sich  bis  in  den  Monat  Dezember. 
Inzwischen  war  in  Nürnberg  am  6.  September  1562  die  alte 
Frau  Helene  Kressin,  Christof  I.  Krefs  Witwe,  die  den  Kindern 
ihres  Vetters  Christof  eine  getreue  mütterliche  Freundin  gewesen 
war,  kinderlos  uud  ohne  Hinterlassung  eines  Testaments  ver- 
storben. Die  Auseinandersetzung  ihres  Nachlasses  ^)  machte  den 
Vormundern  viel  zu  schaffen  und  iiefs  ihnen  die  Ruckkehr  ihres 
Mündeis  nach  Nürnberg  erwünscht  ersclieinen.  Mit  Brief  vom 
4.  März  1563  erging  deshalb  die  Weisung  an  Christof  Krefs, 
sich  zur  Ordnung  seiner  Angelegenheiten  in  die  Heimat  zu- 
rückzubegeben. ^ 

')  Das  Haus  am  (Jbbiniurkl,  das  sie  hewohnl  halte,  kaufte  >i).itrr,  im 
jähre  1564,  Frau  KalhartDa  Kreffin  von  den  Erben.  ^Imhogucbei»  C^e- 
schlechtsbuchJ 

'1  Der  Brief  der  Vorrnttoder  lautet,  wie  folgt: 

Unfern  freuniltlichen  L;rufs  zuvor,  lieber  fon  und  vcltfr.  dits  iinfL'r 
fchreyben  ift  allein  von  wegen,  nachdem  wir  dir  gleichwol  vor  der  zcU  zu- 
gefcbrieben  und  dich  verstendigt  haben,  welchermafen  weylundt  die  erbar 
frau  Helena,  defs  Ernveften  F.  L.  W.  Herrn  Chriftoff  Kreffen  fei  igen  wittib, 
nnfcr,  auch  dein  liehe  mum  feligc,  verrückter  zeit  in  Gott  todes  verfcliieden 
und  alfo  ab  iolesUtto  abgangen  ift,  dieweil  fich  daunnoch  bifs  anhero  kain 
ieftament  oder  letzter  will,  den  fie  aofg^cht,  oder  hinder  tr  Terlanen  hette, 
nit  gefunden  hat,  alfo  haben  wir  vonnandere  von  dein  und  der  andern  deiner 
gefchwiftriget  als  unfcr  Pflegkinder  wegen  mit  den  auch  Ernveflen  F.  E.  und 
W.  herren  gedachter  frauen  feligeu  bioderlaffcn  negften  erben,  was  wir  von 
wegen  dein  und  der  andern  deiner  gefchwiftriget  nur  nothwendig  geachtet, 
lücrlcy  handluni;  zu  pflegen  und  derowegen  mit  inen  noch  in  uncrorterter 
li.i'KÜun.;  ftrc",  dieweil  due  dann  fo  tirihe  !iei  der  iKinndt  ■.md  ane  das 
nichts  zu  verfuumen  haft,  hat  un^  lur  ratlam  umi  guel  angefehen.  das  duc 
dich  felbft  hieher  verfuegeft  und  neben  ans  der  handlang  beywoneft.  Dero- 
we<;cn  fo  ift  unfer  freundtlich  fynnen  vr  1  l)t  ;;  :r  .111  dlcli  ,  das  dne  deine 
fachen  d.miden  d;ihin  richten  und  was  due  zubezallen  Ichiiiuig  daffelbig 
ab/.alen  und  dich  alshaldt  mit  briefszaigern,  dicfcm  ainfpenigcn.  in  dem 
oamen  Gottes  erheben  und  hieher  verfuegen  wollest«  Und  nachdem  wir  dann 
erachten  khennen,  das  due  zur  abrtchtung  deffen,  was  diie  daniden  fcbuldig 


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—    lOQ  - 


Über  den  weiteren  Lebenslauf  desselben  fügen  wir  nur 
kurz  das  Folgende  bei.  Am  18.  September  1564  vermählte  er 
sich  mit  Ursula,  Herrn  Jobst  Tetzeis,  des  älteren  geheimen  Rats, 
und  Frauen  Anna  Vockammerm  Tochter.  Bei  Gelegenheit  seiner 
Verheiratung  wurde  festgestellt,  dafs  er  von  den  VormOndem 
währenci  seines  Aufenthaltes  in  luilien  3üÜ  Ii.  uiui  /:uf  voll- 
/.ichung  seiner  Lautincrung  und  Hochzeit  500  tl.,  somit  im 
Ganzen  aus  dem  gemeinschaftlichen  Vermögen  der  Geschwister 
800  fl.  vorgestreckt  erhalten  hatte.  Er  versprach  diese  Summe 
zu  verzinsen  und  in  Raten  zurückzuzahlen  und  verpfändete  dafür 
seinen  ^Jo  Anteil  an  den  Eigengütem  zu  Rätzelsdorf,  Letten  und 
an  anderen  Orten.  Im  Jahre  1565  wurde  er  Genannter  des 
gröfseren  Rats  und  Schöffe  am  Stadtgericht,  an  Ostern  des 
folgenden  Jahres  kam  er  in  den  engeren  Rat,  1574  wurde  er 
Waldherr  und  Landpfleger  und  1570  alter  Bärgermeister.  Seine 
erste  Gattin,  die  ihm  nur  einen  Sohn,  Jobst  Krefs,  geschenkt 
hatte,  starb  1574.  Seine  zweite  Frau  war  Frau  Maria,  Herrn 
Gabriel  Muffels  hinterlassene  Witwe,  Christot  Floden  und  Katha- 
rina Tucherin  Tochter,  mit  der  er  am  13.  Februar  1579  Hoch- 
zeit hielt.  Sie  gebar  ihm  keine  Kinder.  Wie  sein  Vater,  starb 
auch  er  im  besten  Mannesalter.  Erst  42  Jahre  alt,  segnete  er 
am  23.  Jurti  1583  das  Zeitliche.  Im  Chor  der  Kirche  zu  Krafts- 
hof,  dem  alten  Stammsitz  der  Kressen,  liegt  er  begraben.  Er 

und  zur  uhrong  geldt  bedOrffen  wflrft,  alfo  überfenden  vrlr  dir  hiemit  ein 

briefflein  von  dem  Cunradt  BifchofT  alhie  an  feine  leulh  gehn  Speyer,  das 
wolleft  an  das  m-lmri"  orth  ültcrantwortten  und  was  dir  dann  an  geldt 
mangeln  wirdt,  uiagii  due  von  dcnlclbeD,  aber  doch  auch  nit  mer,  dann 
fovU  dne  za  deiner  gebflrlichen  nottnrft  bedttrffen  wirft,  aafiiemen,  das  fol 
inen  alhie  zu  danck  widerum  abgericht  und  !)e;<ah  werden. 

So  dir  dann  Golt  der  Herr  hieher  hilifi,  fo  mni^ftu  liei  deitior  lifT- 
mutter,  fo  ir  wobnung  jetziger  zeit  in  Albrechien  Scbeuerleins  licii^uiiung 
«m  marlct  bat,  oder  aber  bei  deinem  vettern  Jacoben  Haller  (der  jcui^^er 
zeit  auch  fieitigs  hie  wohnel  i,  ciacihen,  welches  dir  am  gefelligften  fein  wirdl, 
das  wir  dir  alfo  rn  deinem  wolgefallen  auch  h.iimt;eftel!t  haben  und 

thuen  dich  hieinit  (ioit  dem  alhuecbtigen  in  lernen  Ichuu  bevelheo.  Actum 
Nürnberg,  Pfinztag  den  4ten  Martso  Ao.  63. 

Endres  ImhofT  der  Cllter 

Joachimb  und  Jacob  die  Haller 
und  Endref«  Imhoff  der  Junger. 

Dem  Erbern  und  Ehrenveflen 
unferm  lieben  Son  und  Vettern 
Chriftoflen  Krcffen  jetziger 
zeit  tu  Speyer  subanden. 


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—     110  ^ 


hatte  zuerst  in  einem  Kckhause  am  Markt  und  der  Waaggassc 
und  später  in  der  Zisselgasse  gewohnt. 

1. 

Kindliche  forcht  vnd  alles  uuts  ziiudran.  hert/lieber  vattcr. 
Wenn  ir  alle  frisch  vnd  gesunth  wert,  wers  mir  ein  grolle  freudt 
zuhörn.  Desfelbcn  gleichen  las  ich  dich  wiHen,  das  ich  auch 
frisch  vnd  gefunth  alhieher  gen  Leipzig  zu  meinem  herrn  an- 
kommen bin.  Gott  dem  Almechtigen  fei  Lob  vnd  geb  lenger. 
So  find  auch  alle  meine  Kleider  vnd  Puecher  on  allen  fchaden 
herkommen.  Der  zehrung  halber,  wie  du  mir  befolhen  haft  dir 
zu  verrechnen,  was  mir  ein  jeden  t:v^  \  nterwegen  verzeren,  fueg 
ich  dir  zu  wissen,  das  un^  der  Pfintzing  ')  bifs  gen  Leipzig  ver- 
zert  hat  \  iid  hat  alliie  dem  Wolf  Hertzen  ein  Zetl  zugestelt, 

')  Martin  PfiiiaiaK,  geb.  15*1,  ww  mÜ  ai.  OIctober  1544  mit  einer 

Leipzigerin,  Katharitia,  der  Tochter  des  Heinrich  Scherl,  rerheiratet.  (Pfin- 
zingisches  Geschlecbtsbuch). 


^)  Der  Zettel  ttber  die  Reisekosten  ift  erhalten  und  lautet : 


Volgtt  heromch  was  Chriltofl*  Kreis  und  Wolff  Hertt 

von  Nttrmberg 

j^elin  Leypsigk  verzert  haben. 

Erfilich  zu  Hamhergk  vber  nacht  verzert 

fl. 

I 

1  Pf. 

In  den  Frei'iscckel  geben  .... 

•    •  . 

fl. 

J 

gr. 

3  i'f. 

Mer  gluydgeltt  geben  

•    «  . 

fl. 

gr« 

a  Pf. 

8 

Zw  Kobburg  verzertt  vbcr  nacht  . 

*    «  « 

H. 

g«"- 

18  Pf. 

6 

Zw  Grcffcntal  zu  mittag  verzert 

fl. 

10  Pf. 

Zw  Salwelit  vber  imchi  vertbun 

•    •  • 

fl. 

I 

gr. 

I  Pf. 

Zw  Kala  verzert  zu  mittag  .    .  . 

•    »  . 

fl. 

gr- 

9  Pf. 

Zw  Genn  vber  nacht  vcr/ert  . 

»    •  » 

fl. 

17  Pf. 

7\v  der  Nauburg  verzert  zu  mittag 

fl. 

10  Pf. 

Zw  VVeyffenfcls  vber  nacht  verzert 

•    •  • 

fl. 

gr- 

18  Pf. 

gr- 

9  Pf. 

Tbnt  die 

zerung 

fl. 

7  gr- 

18  Pf. 

2 

Mer  Furlohn  zalt  von  2\  ctr.  den 

ctr,  zw 

Ii, 

2 

gr- 

^  IT. 

Thun  Iii  Suiunia 

in  ailes 

11. 

10 

gr- 

Pf. 

2 

Auffchrifl;  Wolff  Hertzen  zerung  belangenct. 


Auf  einem  zweiten  Zettel  find  die  .\u  hi|^eii  des  Wolf  Hertz  verzeichnet: 
Mer  hat  Wolf  IKrtz  von  feinem  geh  dargelihen  zu  macherlon  was 

vnler wegen  /ubrochen  ist. 

Nernhch  12  Pf  fttr  i  huffeyfren, 

13  Pf  zu  befchlagen, 
12  Pf  f;;r  t  fchwammen, 

Pf.  dem  bul wirer, 
3  Pf.  zu  hefften, 

IT.  vi>ii  hiiln  zufuren, 
4»  i'i.  v(jn  Wolf  Hertzen  gaul  zabefchlagen, 
24  l'f.  vom  fatl  zufuelerii. 


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—  III  -~ 

was  er  für  vns  bezalt  hat,  den  fchick  ich  dir  hiemit  vnnd  hat  auch 
der  Wolf  Hertz  dem  Pfintzing,  wafs  er  für  vns  bezalt  hat,  nach  laut 
des  Zetel  widerumb  zu  danckh  albie  bezalt.  Weiter  hat  er  vom  gelt 
\  taller  zu  der  Wunderburg  in  die  kuchen  geben  vnd  }  tailer  in  ftall. 
So  laf  ich  dich  wiffen,  das  ich  fünft  mit  aller  rüftung  nach  not- 
turft  verfehen  bin,  dan  allein  ir  folt  mir  aufs  erst  ein  deckbett 
fchicken,  den  die  Camermaifterin  kan  mir  keins  leien,  fo  ifts 
mir  zu  kalt.  Des  iiiltruinents  lialt)cn  lal  ich  dich  wiffen,  dafs 
fihe  hie  tewr  findt,  doch  hoff  ivh  in  kurtzen  ftunden  eins  zu 
bekommen,  dan  man  hat  ir  jetzund  auf  dem  man  kt  tll  fail. 
Auch  fo  hab  ich  mich  erkundigt,  das  ein  oiganüt  nicht  minder 
dan  im  monat  ein  taUer  oder  villeicht  rner  nimbt.  Dcrhalhen 
wan  du  vrider  fchreibft,  wolft  michs  wiffen  laffen,  ob  ich  weiter 
zu  einem  gen  fol  oder  nicht.  Damit  was  dir  lieb  i(t,  vnd  Got 
befolhen.  Gnies  mir  die  mntter  vnd  mein  gefchwifterigt.  Datum 
Leipzig  den  28.  April!  im  56  Jar. 

ChriftolT  Krefs  der  Junger 
D.  W.  15.  A.  Z. 


2. 

Kindliche  forcht  vnd  alles  guts  zuuoran,  hertzlieber  vatter. 

Wen  ir  alle  frifch  vnd  gefunth  wert,  wers  mir  eine  grofle  freud 
zuhörn.  Deffelben  gleichen  wift  mich  auch  in  zimlicher  ^ei'iiiU- 
heit.    üott  dem  Almechtigen  fei  lob  vnd  geb  lang.  Lieber 

Ein  dritter  Zettel  endlich  enthält  die  Zehrungskoften  des  Wolf  Hertz 
auf  tier  Rückreife. 

Kinreutten  zu  Lejrpzig  am  famitag  zu  nacht  hab  ich  Tercert  zu  nacht 
I  fl.  i8  gr.  5  Pf. 

Zum  andern  am  aufsreatten  am  eritag  zu  nacht  hab  ich  verzert  zu 
WeifTetifels  8  gr.  9  Pf. 

Am  Mitwoch  zu  frie  zu  Genn  (Jena)  mitag  vertertt  4  gr.  «nd  zu 

nacht  zu  Kala  verzert  8  gl.  8  IT. 

Am  pfmftag  zu  frie  zu  Salfeldt  verzertt  4  gr.  6  Pf.  vnd  zu  nacht  ^eue 
Greflendall  10  gr.  5  Pf. 

Am  freit ag  /u  frie  ^um  newen  ftedl  verzertt  5  gr.  vnd  zu  nacht  zu 
Cochberg  i Coburg?)  v<»r7ertt  n  ;^r.  0  Pf 

Am  fam&tag  zu  tne  zu  Radeiioril  ^^kaltelsdnrf  1  6  gr.  6  i'l.  vnd  zu 
nacht  zu  Bamberck  verzert  5  gr.  6  Pf. 

Am  funtag  za  frie  zu  &Iang  5  a  Pf. 

')  Die  Gattin  seines  Hausherrn  Camerarius,  Frau  Anna,  geborene 
Truchsefs  von  GrUnsberg,  verheiratet  .seit  1527.  cf.  Will,  Gelehrtenlexikon  I, 
S.  162. 


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—    112  — 


vatter,  ich  fueg  dir  zuwiffen,  das  ich  ein  zimlich  gttts  inftnimeot 
bekommen  hab,  aber  nicht  neher  dan  umb  acht  taller,  das  hat 
mir  der  Pfinbcing  bezalt,  damit  das  ich  nur  eins  bekdmme,  vnd 
das  ichs  nicht  vergefs,  dan  meines  herrn  halben  het  ich  lanckfam 

eines  bekommen,  dan  ich  vermerck  wol,  das  er  mir  nit  gern  fo 
vil  gelts  auf  cinin.Li  geb,  viid  ich  hab  auch  das  instrument  alhie 
bei  eini  organiften  gehabt,  der  hat  mirs  recht  bezogen,  der  fagt, 
es  fei  feins  gelts  wol  werth  vnd  fei  nicht  zu  deur  vnd  ift  vn- 
gcuerlich  ein  wenig  groffer  weder  das  daheim.  Du  werft  der- 
haiben  dem  Pfiiuing  das  gelt  wol  widenmib  zuftein.  Weiter 
weif  ich  dir  nichts  zu  fchreiben,  dan  fchickt  mir  das  deckbet 
aufs  erft,  fo  ir  kunt,  dan  ich  des  notturftig  bin.  Damit  was  dir 
lieb  ift  vnd  Gott  befolhen,  die  Camenneifterin  le(t  dich  fleiHg 
gruefen,  gruef  mir  auch  die  mutter  vnd  meine  gefchwifteret. 
Datumb  zu  Leipzig  den  6.  Mai  im  56  jar. 

ChrifluiV  Krefs  der 
Junger  d.  W.  S.  A.  Z. 


3. 

Kindliche  forcht  u.  s.  w.  (Eingang  wie  im  vorigen  Brief.) 
Lieber  vater,  dein  (chreiben,  den  5.  tag  Mai  aufgangen,  hab  ich 
den  21.  tag  Mai  empfangen,  darinnen  du  mir  fchreibft,  des  in« 
ftniments  halber,  ob  ich  eins  hab  oder  nicht.    So  laf  ich  dich 

vsilTcn,  das  ich  dem  h.  Tlinuing  sidcr  noch  ein  fchrciben,  wie 
er  alhie  ift  hinweg  gezogen,  an  dich  gegeben  hab,  das  wirt  dir 
an  zweiffl  tider  worden  fein,  darum  ich  dir  h.d»  /uuernemen 
geben,  wie  es  mit  dem  inftrument  stehe  vnd  das  ich  eins  be- 
kommen hab,  welches  mir  der  Püntzing  bezahlt  hat,  neinlicli 
vmb  8  taller.  Was  ich  aber  hinfüro  zu  meiner  notturft  bedarf, 
das  rieht  die  fraw  Cammermeifterin  für  mich  auf,  wie  lies  dan 
aucli  mit  den  andern  alfo  gehalten  hat.  So  hab  ich  meinen 
herrn  von  wegen  der  lernung  auf  dem  inltrument  gefragt«  wie 
das  du  mich  gern  noch  1  jar  wolft  darauf  lernen  laffen,  fo  fer 
es  mich  an  meiner  Icrnung  ulchl  verhindert.  Darauf  hat  mir 
mein  herr  zu  antwurt  geben,  er  wol  dir  defhalben  felbst  schreiben, 
was  mir  nutz  vnd  gut  lei.  So  laf  ich  dich  wiffen,  das  ich  kein 
mangl  weder  im  effen  oder  trinken  noch  auch  an  der  lernung 


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—    113  — 


hab,  fonder  eben  als  wol  gehalten  wer,  als  wer  ich  bei  dir  da- 
heim.   So  wil  ich  mich  auch  jeder  zeit,  wie  eim  frommen  er- 

liehen  fon  zufthet,  halten  vnd  meinem  hcrrn  vnd  frawen  tliun, 
was  in  lieb  ift.  Das  Got  der  Almechtig  die  mutter  mit  einem 
fonV)  erfreut  hat  vnd  mit  der  madl^)  ift  bcfler  geworden,  hör 
ich  von  hertzen  gem.  Weiter  weif  ich  dir  nichts  zu  fchreiben, 
dann  gruefs  mir  die  mutter  vnd  wünfch  ir  vil  glücks,  gruefs  mir 
auch  die  mum  Kreffin^)  vnd  meine  gefchwiftergit  vnd  fonder" 
lieh  die  Maria  Imhoff^}  vnd  alle,  die  mir  guts  gunen.  Damit 
Got  dem  Almechtigen  befolhen.  Von  neuem  gefchrei  weif  ich 
dir  nichts  funders  zufchreiben,  dan  das  teglich  alhie  das  gefchrei 
ift,  das  vil  mufterbletz  vnd  ein  grof  gewerb  von  reuttem  in  der 
Meydenburgifclien  art  fei,  aber  nimands  weif,  wem  ;ic  gdiuicn 
oder  wu  üe  hinauf  woln.    Datum  22.  Mai  in  Leipzig  im  56.  jar. 

Chriftoflf  Krefs 
der  Junger  D. 
G.  S.  At 

4. 

Kindliche  forcht  vnd  alles  guts  zuuoran  etc.  Dein  fchreiben, 
den  20.  Mai  aufgnngen,  hab  ich  mit  fampt  dem  deckbet  empfangen. 
Lieber  vatter,  wie  ich  dir  am  nechften  gefchriben,  hab  von  wegen 
der  lemung  auf  dem  inftrument.  Verfihe  mich,  es  fei  dir  zu- 
kumen,  darin  ich  dir  hab  zuuememen  geben»  das  dir  mein  herr 
felber  fchreiben  wer,  was  mir  nutz  vnd  gut  fei.  Ift  derhalben 
mein  freuntUch  bit  an  dich,  du  wolft  mich  wiflen  laüen,  waf  dir 
mein  herr  derhalben  gefchriben  hat,  ob  ich  lernen  fol  oder  nicht, 
vnd  dieweil  du  begeril  zuwiffen,  waf  ich  für  gefellen  hab,  fo  laf 
ich  dich  wiffen,  das  ich  jetzund  auf  difmal  nicht  mer  weder 
einen  hab,  der  ift  eins  kaufmans  fun  von  Memniingen.  So  fthet 
fünft  alle  lach  alhie  recht  vnd  hab  jetzund  auf  difmal  kein 
mangel  vnd  wil  mich  auch  gegen  jederman  halten,  das  Tie  an 

')  Der  erste  Soho  zweiter  Ehe,  nach  dem  Grofsvater  Imhoff  Endres 
(ADdreas)  genannt,  war  1556  geboren. 

*}  Magdalena, Chrbtofs  jttngsieSehwester, heiratetetplter  Gabrid  Ntttxd. 

')  Siehe  vnme  S.  99, 

*)  .Maria  Imhoflf,  eine  Schwester  der  Stiefmutter,  die  1543  geboren, 
also  mit  Christof  Krefs  stemlich  gleichalterig  war  und  nachmals  Hm.  Anton 
Geuder  heiratete, 

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—    114  — 


klag  findt.  Weiter  waif  ich  dir  auf  difmal  nichts  zufchreiben, 
dan  gruf  mir  die  mutter,  meine,  gefchwifteret  vnd  die  miun 
K  reff  in  mitfampt  der  Maria  Imhoff  vnd  alle  meine  freondt  vnd 
die  mir  guts  gunen.  Auch  la(t  dich  mein  fraw  fleiftig  gruefen. 
Damit  Gott  befolhen.    Datum  Leipzig  den  1.  tag  Juni  im  56  jar. 

Chriftoff  Krefs  der  Junger 
D.  G.  S.  A. 


5. 

Kindliche  forcht  u.  8.  w.  Lieber  vater,  dein  fchreiben, 
den  15.  tag  Juni  aufgangen,  hab  ich  empfangen  mit  anzeigung» 
das  du  meinem  herm  fchreibft,  mich  weitter  auf  dem  inftrument 

lernen  ziilalTen.  So  fueg  i(  h  dir  zuwiffen,  das  mich  mein  herr 
aufs  erst  widerumb  bei  einem  wirdt  lernen  lalTen,  fo  wil  ichs 
auch  fonft  zu  guter  \  Innig  beluilten,  damit  irhs  nicht  vergib. 
So  waif  ich  auch  fünft  auf  (h'final  keinen  inangel.  Hab  auch 
vernummen,  das  die  Maria  Imhoff  vnd  der  KarP)  vnd  Hens- 
lein*)  die  flecken  gehabt  haben,  das  aber  widerumb  mit  in  i(l 
beCTer  worden,  das  hör  ich  gem.  Waif  dir  jetzund  vfT  dismal 
fonft  nichts  zufchreiben,  dan  gruefs  mir  die  mutter,  mein  ge- 
fchwiftert,  die  mum  Kreffin  vnd  Maria  Imhoff  vnd  alle  meine 
freund  vnd  die,  fo  mir  guts  gunen.  Damit  Gott  befolhen.  Meines 
Herrn  fraw  left  dich  fleifsig  gruclfen.  Lieber  valter,  ich  wolt 
dir  gerne  elir  \  f f  dein  fclireihcu  gefehriben  haben,  fo  hab  ich 
kein  boten  bekommen  kunnen.    Datum  10.  Juli  im  56.  jar. 

Chriaort  Krefs. 
D.  G.  S.  A. 

6. 

Kintliche  forcht  u.  s,  w.  Dein  fchreibca,  den  16.  tag  Juli 
aufgangen,  hab  ich  den  24.  tau  empfangen,  darinen  du  mir 
fchreiblt,  das  ich  noch  nichts  auf  ilcm  initrument  gelernt  hab 
vnd  die  zeit  vergangen  fei,  fueg  ich  dir  zuwiffen,  wie  ich  dir 
am  nechften  hab  woln  fchreibeui  das  ich  meinen  herrn  wiederumb 
gefragt  liab,  wie  es  mit  ftehe  vnd  wan  ich  wer  anfangen  zu 

')  Karl  Krofs,  <]fr  vorjiin i;sle  Sohn  erster  Ehe,  geboren  1550, 
')  Hans  Krefs,  der  jüngste  Sohn  erster  Ehe,  geboren  1553. 


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—    115  — 


leraeUi  fo  hat  er  mir  zu  antwort  geben,  es  fei  noch  nichts  da- 
rinen verfaumt,  aber  nichtsdeftminder  fo  fchweigt  er  alfo  dami 

ftill  vnd  gct  die  zeit  hinwcckh,  fo  darf  ich  in  auch  nicht  wol 
widerumb  fragen,  dan  er  ift  ein  wenig  ernftlich.  Ift  derhalben 
mein  freuntHch  l)it  an  dich  ,  das  du  im  etwa  widerumb  fchribft 
vnd  in  vermaneft,  auf  das  ich  doch  aufs  erft  mocht  anfangen 
zn  lernen,  dieweü  es  an  verhindernufs  meines  ftudierns  wol  ge- 
scheen  kan.  So  wil  ich  auch  fünft  an  meinem  ftudireni  fo  vil 
mir  muglich  ift,  nichts  verfaumen,  vnd  waif  jetzund  auf  dismal 
keinen  mangel.  Damit  Got  dem  Almechtigen  befolhen.  Gruf 
mir  die  muter  vnd  meine  gefchwifteret  vnd  die  mum  Kreffin 
vnd  alle  meine  frenndt,  auch  die  mir  guts  gunen.  Gruf  mir 
auch  den  Paulus  I^autenfack  vnd  bit  in  von  meintwegen,  das 
er  ein,  zwei  ftücklein  auf  das  inftrument  fchick,  die  ich  ein  weil 
lern,  bis  ich  hie  anfang,  vnd  das  er  mirs  deutlich  auffet/.,  damit 
ichs  alsdebeller  lernen  kan.  Sonderlich  aber  wolt  ich  gern  das 
Le  contant  haben.    Datum  Leipfsig  den  Q.  Auguft  im  56.  jar, 

Chriftoff  Krefs 
D.  G.  S.  A. 


7. 

Kindliche  forcht  u.  s.  w.  Lieber  vater,  dein  fchreiben 
hab  ich  empfangen  vnd  vernumen,  das  du  gern  wollt,  das  ich 
doch  auf  das  erft  weiter  auf  dem  inftrument  mocht  lernen,  foeg 
ich  dir  zu  wifTen,  das  ich  dir  widerumb  gefchriben,  wie  die  fach 
darmit  fthet,  aber  dieweil  ich  kein  antwort  empfang,  weifs  ich 
nicht,  ob  es  dir  ist  zukömmen  oder  nicht.  Lafs  dich  derhalben 
nochmals  wifTen,  das  ich  auf  dein  fchreiben  meinen  herm  ge- 
fragt hab,  wan  er  mich  wol  lernen  lassen,  darauf  er  mir  zu  ant- 
wort geben,  es  fei  derhalben  no(  h  nichts  verfaumpt,  aber  nichts 
deftmiuiler  frhweigt  er  alfo  darzu  ftill  vnd  geth  die  zeit  hinwcckh. 
Ift  derhalben  mein  bitt  an  dich,  dieweil  jetzund  mein  fraw  drawfsen^) 
ift,  du  woleft  fie  darumb  anfprechen  oder  meinen  herrn  mit  eim 
fchreiben  widerumb  vermanen,  damit  ich  doch  möcht  fortfarn, 
dieweü  es  wol  an  verhmdernufs  meines  ftudirens  geschehen  kan. 


^)  Fr«n  Cammermeifteriii  befand  sich  also  damals  in  NfiroberK 
Hesttclie. 

8« 


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116  — 


Was  ich  aber  zuuor  auf  dem  inftrument  gelernt  hab,  das  wil  kb 
in  guter  vbung  behalten  vnd  suferderft  zu  meinem  ftudiren  keinen 
fleifs  fparen.    Sonft  weif  ich  dir  auf  difmals  nichts  zu  fchreiben. 

Gruef  mir  die  raiittci  vnd  meine  gefchwifteret,  die  mum  Kreffin 
vnd  alle  meine  freundt  vnd  die  mir  guts  guaen.  Damit  Gott  dem 
Almechtigen  befolhen.  Datum  in  Leibzig  den  5.  tag  Septembris 
im  56.  Jar. 

Chriftoflf  Kjefs 

der  Junger 
D.  G.  S.  A.  Z. 


8. 

Kindliche  forcht  u.  s.  w.  Wie  es  mit  der  lernung  auf 
dem  inftrument  Ithet,  verfich  ich  mich,  da«?  werftu  auf  meinem 
vorigen  fchreiben  bei  meiner  frawen  vernumen  haben.  Vnd  ift 
nochmals  mein  bitt ,  du  wollest  bei  meiner  frawen  jetzund  an- 
halten, damit  es  doch  noch  fortgehe,  dan  wan  es  jetzund  auf 
difmal  nicht  gefchicht,  fo  hab  ich  forg,  es  mocht  darnach  als- 
bald nichts  daraus  werden.  Das  liedt  vom  Paulus  Lauten« 
sack  hab  ich  empfangen  vnd  kan  mich  alfo  wol  daraufs  ver- 
richten, vnd  ift  mein  bit  an  dich,  du  woleft  in  weiter  anfprechen, 
das  er  mir  etwaf  guts  fchickh  vnd  alfo  wie  da.s  soiig  auffetz. 
Auch  hab  ich  vernumen,  das  mein  bruder  Joachim*)  mit  dem 
Wilwolth  Imhuff-)  nach  Frankreich  verritten  sei.  Got  der 
Almechtig  geb  fein  gcnad.  Difer  zeit  weif  ich  dir  nichts  zu- 
fchreiben.  Gruef  mir  die  mutter,  meine  gefchwifteret,  die  mum 
Kreffin  vnd  alle  meine  freundt  vnd  die  mir  guts  gunen.  Da- 
mit Gott  befolhen.  Datum  in  Leibzig  den  14.  tag  Septembris 
im  56. 

Chriftoflf  Kreff  der  jung 
D.  G.  S.  A. 

Kindliche  forcht  u.  s.  w.  Dein  fchreiben,  den  18.  Sep. 
tembris   aufgangen,  hab  ich  bei  meiner  frawen  empfangen 

Vi  Friedrich  Joachim,  der  zw«itXltefite  Sohb,  geb.  1543. 

')  Wilibald  Imhoff,  ein  Grofsnelfe  des  ahen  Hrn.  Endr«»  ImholL 


.  y  1.  ^  .  y  Google 


—    117  — 


und  vernumen,  das  du  mit  meiner  frawen  von  wegen  der 
lemung  auf  dem  inftrument  gehandelt  haft»  mich  aofs  erft  mit 
einem  organiften  suuerfehen  vnd  lernen  laflen.  Fueg  ich  dir  zu 
wifTen,  das  mein  herr  difer  zeit  venitten  ift,  aber  in  wenig  tagen 
wider  anheims  kumen  werdt.  So  wert  er  mich  aufs  erft  mit 
einem  organiften  vcrfchcn.  Auch  hab  ich  vcrnumen  von  meiner 
frawen,  das  die  mum  Kreffin  wunder  neni,  das  ich  ir  nicht 
fchreib.  Ift  dcrhalhcii  mein  frcuntlich  l.iit  an  dich,  du  woht  mir 
ein  copi  vnd  titl  zufchicken,  auf  was  form  vnd  weif  ich  ir 
fchreiben  fol,  damit  mein  fchreiben  mocht  ein  art  haben.  Auch 
ift  mein  bit,  du  woleft  den  Lauteniack  von  meinetwegen  an- 
fprechen,  das  er  mir  ein  ftuck  oder  2  zufchick.  Das  wil  ich 
vmb  in  oder  vmb  die  feinen,  fo  mir  gott  zu  meinen  tagen  hilft, 
widerumb  verdienen.  Sunllt  waif  ich  dir  auf  difmal  nichts  zu- 
fchreiben.  Gmf  mir  die  mutter,  meine  gefchwilteret,  die  mum 
Krcffiii  vnd  meine  freundt  vnd  alle,  die  mir  guts  thun.  Da- 
mit (iott  dem  Almechtigen  in  feinen  fchutz  vnd  fchirm  befolhen. 
Datum  2.  Octobris  in  Leipzig  im  56.  jar. 

Chriftoff  Krefs 
D.  W.  S.  A.  Z. 


10. 

Kindliche  forcht  u.  s.  w.  Lieber  vater,  ich  fueg  dir  zu- 
wifTen,  das  ich  auf  dein  fchreiben  vnd  beveUi  bei  meiner  frawen 
jetzund  wir  (werde)  anheben  auif  dem  inftrument  zu  lernen.  Waf 

er  aber  das  monat  von  mir  nemen  wil,  das  kan  ich  dir  nicht 
zuwiffen  thun.  Aber  ich  neben  meines  herrn  fon  auf  bevelh 
meines  herrn  woln  aufs  nechft  mit  im  handeln,  waf  er  nemen 
wöU,  vnd  dir  daffclbig  auff  das  erft  zufchreibcn.  Auch  ift  mein 
bit  an  dich,  wie  ich  dan  vormals  auch  gefchriben  hab,  du  woleft 
Paulus  Laute  nfackh  anfprechen,  das  er  mir  waf  guts  fchickh. 
Sunit  weif  ich  auff  difmal  keinen  mangl,  weif  dir  auch  weiter 
nichts  zufchreiben.  Gruf  mir  die  mutter,  meine  gefchwifteret, 
die  mum  Krefs  in,  alle  meine  freundt  vnd  die  mir  guts  gunen. 
Damit  Gott  dem  Allmechtigen  befolhen.  Datumb  in  Leibzig  in 
eil  den  13.  Octobris  im  56.  Jar. 

Chriftoff  Krefs  der 
Junger  D.  G.  S.  A, 


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^    118  — 


IL 

Kindliche  forcht  vnd  alles  guts  isauoran,  hertzUeber  vater. 
Dein  fchreiben,  den  10.  Octobris  aufgangen,  hab  ich  empfangen 
vnd  gern  gehört,  das  ihr  alle  noch  frisch  und  gefunth  feit.  Def- 

felben  gleichen  wift  mich  auch  noch  in  zimlicher  gefiintheit.  Gott 
dem  Almechtigen  fei  lob  vnd  geb  hing.  So  hab  ich  aufs  deinem 
fchreiben  vernumen  vnd  gern  gehört,  wie  da«;  mein  briider 
Jochim  mit  meinem  pferdt  zu  Lion  frifch  vnd  gefunth  ankörnen 
fei.  Gott  der  Almechtig  verleih  fein  genadt,  das  ich  vnd  er 
mochten  etwaf  sehen,  lernen  vnd  erfam,  das  wir  auch  mit  der 
zeit  den  leuten  kunten  nutz  fein.  So  wil  ich  mich  auch  deiner 
getrewen  väterlichen  vermanung  nach  rechtgefchaffen  halten 
vnd  kein  fleif  in  meinem  ftudiem  fpam,  fonder  fovil  mir  mug- 
llch  Ift,  vortfam.  Weitter  fueg  ich  dir  auch  zuwlfTen,  das  ich 
hab  angefangen  zalomcii  bei  cim  or^aiuucn,  der  hat  fich  er- 
poten,  waf  im  ein  anderer  geh,  das  fol  mir  auch  widerfarn. 
Sunft  weif  ich  dir  auf  difmals  nichts  zu  fchreiben.  Ich  wolt 
gern  dem  vetter  Jacob  Haller ^)  gefchriben  haben,  fo  ift  mir 
die  zeit  auf  difmals  zu  kurtz  gewefen,  aber  in  meinem  nechften 
fchreiben  hernach  foU  er  auch  von  mir  brief  empfangen.  Gruf 
mir  die  mutter,  meine  gefchwifteret,  die  mum  Kreifin  vnd  alle 
meine  freundt  vnd  die  mir  guts  gunen.  Damit  Gott  dem  Al- 
mechtigen befolhen.  Datumb  20.  Octobris  in  Leibzig  in  eil 
im  56.  Jar. 

Chriftoff  Krefs 
D.  G,  S.  A. 


12. 

Kindtliche  forcht  vnd  alles  guts  zuuoran,  hertzlieber  vater. 
£ur  aller  gefuntheit  wer  mir  eine  grofse  freudt  zuhören.  Def- 
felbengleichen  wift  mich  auch  in  zimlicher  gefuntheit.  Gott  dem 
Almechtigen  fei  lob  vnd  geb  lang.  Lieber  vater,  wiewohl  ich 
bishehr  etlich  mal  gefchriben  vnd  fonderlich  bei  meinem  herm» 
hab  ich  aber  in  langer  zeit  kein  fchreiben  von  dir  empfangen, 
ob  dir  raeine  brietif  nicht  alle  zukamen   vnd  vberantwort  findt 

Jakob  Haller  war  der  Bruder  der  ventorbenen  Matter  anierei 

Christoph,  t;eb.  1522,  damals  Pflcf^er  in  Reicheneck.  S.  Biedennann,  Ge- 
schlecbtsregister  des  Nbgr.  raliiziau,  Taf.  126. 


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—    119  — 


worden,  weifs  ich  nicht.  Wtewol  ich  g^n  eher  gefchriben  hett, 
hab  ichs  aber  dtfer  zeit  an  potfchafit  nicht  gehabt,  fueg  dir  aber 
hiemitt  zuwiTTen,  das  ich  alhie  bei  einem  organiften  lern,  an  dem 
ich  noch  kein  mangel  hab,  fonder  mich  fleifsig  vnd  treulich  des 

tags  ein  halbe  ftundt  vnterweift.  VVaf  aber  den  lohn  bedriflft, 
weis  ich  nicht,  was  man  im  geben  foU,  hat  gleichwol  meines 
herren  Tun  k*^''"''^»^,  wol  mich  eim  andern  gleichhalten  vnd  von 
mir,  waf  bilUch  vnd  recht  fei,  nemen,  Fueg  dir  auch  zuwiflen, 
das  ich  gar  nichts  von  meinem  herren  vernumen  hab,  ob  er  bei 
dir  gewefen  fei  oder  nicht,  welchs  mich  nicht  wenig  wunder 
nimt.  Ich  fchreib  auch  hiemit  dem  vetter  Jacob  Haller  vnd 
ift  mein  bit,  du  woleft  im  daffelbig  aufs  erft  2uftellen,  wiewol 
ich  daCfelbig  gern  eh  gethan  het,  hab  ichs  aber  zu  differ  zeit 
an  potfchaft  nicht  gehabt.  Difer  zeit  weif  ich  fünft  nichts  zu> 
fchreiben,  weif  auch  auf  difmal  kein  mangl.  Gruf  mir  die  mutter 
üimpt  incincn  gefchwifterten,  die  mum  Kreffiii  vnd  alle  meine 
freuiidt  vnd  die  mir  guts  gunen.  Damit  Got  dem  Almechtigen 
beuolheu.    DaLumb  14.  December  im  56.  Jar. 

Chriftoff  Krefs 
D.  G.  S.  A. 


13. 

KintiLlichc  forcht  vnd  alles  guts  zuuoran,  hertzlieber  vater. 
Dein  fchreiben,  den  4.  Jenner  nufsgangen,  ift  mir  wol  zukummen, 
vnd  gern  gehört,  das  ir  alle  frifch  vnd  gcfunth  feit.  Deffelben- 
gleichen  wift  mich  aufs  den  genaden  Gottes  auch  in  zimlicher 
gefuntheit.  Got  dem  Almechtigen  fei  lob  vnd  geb  lang.  So 
hab  ich  aus  deinem  fchreiben  vernumen,  das  mein  herr  mit  dir 
bei  der  frauen  Kreffin  geeffen  vnd  meinthalben  mit  im  gerett 
haft,  Weichs  ich  gern  gehört.  Hab  auch  vernumen,  das  dir 
Jacob  Haller  die  behaufung  an  alle  vrfach  aufgefagt,  daf  mich 
frembdt  bcdunckt  vnd  niclit  wenig  wunder  nimbt,  welchs  ich 
mich  trleicliwül  nicht  7,u  ihm  veriehen.  Verfich  mich  aber,  vnfer 
herrgüt  wer  dir  etwan  ein  haufung  befchern.*)  So  lial)  ich  auch 
das  fchreiben  von  meinem  bruder  Jochim  empfangen  vnd  gern 

^)  Der  Vater  Christof  Krefs  besog  eine  Wohnniig  im  Hanse  des 
Kaufmanns  Straub  tttid  spSttr  wohnte  er  im  Ilausn  seines  Schwiegervaters 
Eodres  Imhof  am  nenen  Thor  neben  dem  Bamberger  Hof. 


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—    120  — 


gehört,  das  er  frifch  vnd  gefunth  ankommen  vnd  ein  frwmen 
herm  vnd  frauen  hab,  vnd  hoff,  Gott  der  Almeclitic;  werdt  vns 
zu  baiden  theiln  helffen,  damit  wir  mit  der  zeit  den  leuten  auch 
nutz  vnd  andern  erlichen  leuten  gleich  werden.  Die  Liedlem 
vom  Paulus  Lautenfack  iindt  mir  zukummen  vnd  kan  mich 
alfo  wol  darauf  verrichten.  Sunft  waif  ich  vf  ditz  mal  kein  mangl, 
wdf  dir  auch  zu  difer  zeit  nichts  zufchreiben.  Damit  Gott  dem 
Almechti^cn  in  seinen  fchutz  vnd  fchirm  befolhcn.  Wunreh  auch 
hiemit  allen  vil  glückfeliger  neuer  Jar  vnd  was  euch  nutz  vnd 
gut  ift,  Gruefs  mir  die  mutter,  meine  gefchwirteret ,  die  mum 
Kreffin  vnd  meine  freundt  vnd  alle  die  mir  guts  guuen,  Datumb 
Leibzig  15.  Jenner  im  57.  Jar. 

Chriftoff  Krefs  der 
Junger  D.  G.  S.  A. 

14. 

Kindtliche  forcht  vnd  alles  guts  znuoran,  hertzlieber  vater. 
Kur  aller  gefuntheit  wer  mir  ein  groffe  freudt  zuhören,  ües- 
felben  [gleichen  wil't  mich  auch  aus  den  genaden  Gottes  noch  in 
zimlicher  gefuntheit.  Gott  dem  Almechtigen  fei  lob  vnd  geb 
lang.  Lieber  vater,  fo  hab  ich  alhie  von  difem  boten  ver- 
numen,  das  dir  em  zeit  her  von  mir  kein  fchreiben  zukumen, 
fueg  ich  dir  zuwiflen,  das  ich  bisher,  fo  offt  ich  botfchafilt 
gehabt,  gefchriben  hab.  Ob  dir  aber  dieCelbigen  vberantwort 
findt  worden  oder  nicht,  kan  ich  nicht  wifTen.  Ich  aber  hab 
(Ider  Michaeli  nicht  mer  dan  das  nechftig  fchreiben  von  dir 
empfangen,  darauf  ich  alfbaldt  dir  widerumb  geantwort  vnd 
auch  meinem  bruder  Jochim  daneben  geldiriben.  Das  ver- 
fihe  ich  mich,  fei  dir  zukummen.  So  ift  auch  mein  freuntlich 
bith  an  dich,  wan  du  fchreiben  vom  Jochim  halt,  wolelt  michs 
wiffen  laffen,  wie  es  im  gehe,  vnd  bisweiln  von  meinetwegen 
gruffen,  dan  ich  nicht  alzeit  weil  hab,  ime  felber  zu  fchreiben, 
Difer  zeit,  dieweil  ich  neulich  gefchriben,  zu  dem  fo  ift  der  bot 
zu  baldt  aufgeweft  vnd  mir  die  zeit  zu  kurtz  worden,  hab  ich 
dir  nichts  sonderlichs  wiffen  zufchreiben.  Steht  allhie  Gott 
lob  noch  im  alten  wefen.  Woleft  mir  die  mutter  mttfampt  der 
frawn  Kreffin  vnd  meine  gefchwifteret  freuntlich  vnd  fleiffig 
gruffen,  vnd  l'o  lerr  euch  das  nechftig  fchreiben  nicht  zukonmien 


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121  — 


wer,  fo  wuDfcb  ich  euch  hiemit  allen  viel  glückseliger  neuer  jar 
vnd  waf  euch  nutz  vnd  gut  ilt.  Damit  Got  dem  Almechtigen 
in  feinen  fchutz  vnd  fchirm  bevolhen.  Datum  in  Leibzig  in  eil 
im  58.  Jar  den  7.  February. 

Chrifloff  Krefs  der  Junger 
D,  G.  S.  A. 

15. 

Kindtliche  forcht  vnd  als  guts  zuuoran,  hertzlieber  vater. 
Eur  aller  gefunthcit  wer  mir  eine  grolTe  Ireudt  zuliürcn.  Des- 
felbengleichen  wift  mich  auf  den  genaden  Gottes  auch  noch  in 
zimlicher  gefuntheit.  Gott  dem  Almechtigen  Tei  lob  vnd  geh 
lang.  Lieber  vater,  ich  fueg  dir  zu  widen,  das  mich  mein  traw 
angefprochen,  ob  ich  dir  von  wegen  der  bezalung  auff  oftem 
gefchriben  hab,  alfo  das  ich  wol  abnemen  kan,  dieweil  fie  allent- 
halben mir  und  meinen  gefeilen  dargeliehen  hat^.das  fie  das> 
felbige  auch  teglich  bedurf  vnd  gern  bezalt  wer.  Wll  derhalben, 
dieweil  mir  der  pott  zu  baldt  ift  aufgewefen,  mitler  zeit  mit 
meiner  frawen  abrechnen,  vnd  fo  es  dir  gefellig  ift,  die  rech- 
nung  mit  nieincni  nachkunienden  fchreil)en  7ufchicken,  il't  tler- 
halben  mein  bit,  du  wolft  auch  deUelbig,  wie  ich  mich  damit 
halten  lol,  auis  erft  zuichreiben.  Sunft,  dieweil  ich  neulich 
gefchriben  hab,  weif  ich  miff  ditzmal  nichts  zufchreiben,  weif 
auch  keinen  mangl,  ftet  hie  fünft  noch  im  alten  wefen.  Nicht 
mer,  dan  waf  euch  lieb  nutz  vnd  gut  ift.  Damit  Gott  dem 
Almechtigen  in  feinen  fchutz  vnd  fchirm  beuolhen.  Gruf  mir 
die  mutter  mitfampt  meinen  gefchwifterten,  die  mum  K  reff  in, 
vnd  alle  meine  freundt  vnd  die  mir  guts  gunen.  Datum  Leibzig 
in  eil  den  3.  tag  Martzi  im  57.  Jar. 

Chriftoff  Krefs  der  Junger 

D.  G.  S.  A. 


16. 

Kindtliche  vörcht  vnd  alles  guts  zuuoran,  freundtlicher 
hertzlieber  vater.  Kur  aller  eefuntheit  etc.  etc.  (wie  in  den 
früheren  lirietca).  Lieber  Vater.  Es  hat  mich  der  orirnnift, 
da  bei  ich  krn,  angefprochen  und  gebeten,  dafs  ich  ihm  von 


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—    122  — 


Nürnberg  gute  faiten  wollt  bringen  laffen,  das  wöl  er  mir  alhie 
widerumb  zu  dank  bezaln.  Ift  derhalben  mein  freuntlich  bin 
an  dich,  du  wolleft  Paulus  Lauten fack  von  meintwegen  bitten, 
das  er  darinen  nicht  wöl  befchwert  fein,  mir  eine  gattung  vnd 
dem  organiften  eine,  jeder  feiten  vnd  gattung  2  roln,  wie  ite 
dan  zum  inftrument  gehöm  vnd  er  wol  weif  vnd  Heb  gepurt, 
kanffen  vnd  woleft  mir  dasfelbig  aufs  erft  zufchickcn.  Das  wil 
ich,  fo  mir  dott  /u  meinen  tagcu  hilft,  vmb  in  oder  die  feini^en 
einmal  wideriiml)  verdienen.  Difer  zch  liab  ich  mer  nicht  kuncn 
fciirciben.  Ciruls  mir  die  mum  Kreflin,  die  mutter,  meine 
gefchwiftert  vnd  freundt.    Datumb  in  eil  den  3.  tag  Juli  im  57.  Jar. 

D.  G.  S.  AZ. 

Chriftoff  Krefs. 


17. 

Kindtiiche  forcht,  lieb  vnd  treu  vnd  alles  guts  zuuoran, 
hertztieber  vater.  £ur  aller  gefuntheit  vnd  wolfart  wer  mir  ein 
groffe  freudt  zuuernemen.  Deffelbengleichen  wift  mich  auf  den 
genaden  Gottis  des  Almechtigen  noch  in  zimlicher  gefuntheit. 
Lieber  vater,  dein  mit  fampt  des  Lauttenfacks  fchreiben,  den 
21.  tag  Juli  aufgangen,  findt  mir  erft  den  6.  Augufti,  aber  doch 
mit  lampt  den  faiten  wol  zukummen,  habe  dielelben  mit  dem 
organiiten  meinem  lermeifter  p^etheilt  vnd  Tauen  dir  dafür  fijrolTen 
danckh.  Die  hochzeit,  mit  der  frau  mutter  Ichwefter')  und  h. 
doktor  Fabi?.n  Gugel  befchehen,  hab  ich  aus  deinem  fchreiben 
vernumen  vnd  gern  gehört.  Wunfeh  in  (ihnen)  derhalben  zu 
beden  theiln  vil  gluck  vnd  heil.  Amen.  Hab  auch  aus  deinem 
fchreiben  vernumen,  wie  das  mein.  Bruder  Jochim  Hch  an  den 
fruchten  krank  geelTen  vnd  fehr  fchwach  fol  gewefen  fein.  Och 
aber  gebeffert  hab,  welches  mir  fürwar  hertzHch  leidt  gewefen 
vnd  noch  ift.  Vcrfich  mich  aber,  Gott  der  Almerhtig,  den  ich 
treulich  wil  anrufen,  lul  im  widerumb  zu  feiner  gefuntheit  helf- 
fcu.  Amen.  Mer  hab  ich  dife  zeit  nicht  kunen  fchreiben,  dan 
mir  die  zeit  zu  kurtz  gewefen  ift,  darumb  ich  auch  sehr  geeilt. 
Ift  aber  mein  freundtlich  bit,  du  woleft  die  brief  aufs  erft  ant- 

■   M^irtha  Imhof,  eine  jUngere  Schwester  von  Christofs  Stiefmatter, 
heiratete  am  36.  Juli  1557  Dr.  Christot  J^abian  Gugel. 


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—    123  — 


Worten  vnd  woleft  mir  die  fraw  Kreffin  vnd  andere  gute  herm 
vnd  freundt  freundtlich  grufen.  Mein  frav  left  dich  mit  sampt 
der  f.  mutter  freundtlich  grufen.  Wolet  euch  auch  von  meint* 
wegen  untereinander  des  gruf  nicht  vergelTen.  Damit  Gott  dem 
Almechtigen  in  feinen  fchutas  vnd  fchirm  befolhen.  Datum  in 
eil  den  12.  tag  Augufti  anno  57. 

L).  G.  S. 

Chriitüff  Krefs  der 
Junger. 


18. 

Kindtliche  lieb  vnd  trew  vnd  alles  guts  suuoran,  hertzlieber 
vater.  Eur  aller  gefuntheit  vnd  wolfart  hört  ich  von  hertzen 
gern.  Deflelben  gleichen  wift  mich  auf  den  genaden  Gottis 
noch  in  zimlicher  gefuntheit.    Gott  dem  Almechtigen  fei  lob 

und  geb  lang.  Lieber  vater.  Nachdem  ich  bei  dem  hieigen 
Organiften  ein  iar  zulernen  angefangen  vnd  daffelbig  bis  an 
6  woehen  verlaufen  ift,  fo  fueg  ich  dir  zuwilTen,  das  er  das 
monat  1  taler  haben  will.  Wiewol  es  vil  gelts  itt,  aber  jedoch 
muf  ich  bekennen,  das  er  mich  fleiffig  vnd  treulich  dar  für  ge- 
lernet  vnd  vnterwifen  hat»  verfich  mich  auch  gentzUch,  es  fol 
nicht  vbel  angelegt  fein.  Dieweil  ich  alfo  weiter  keines  ler> 
meifters  auf  dem  inftrument  (doch  den  Paulus  Lautenfack 
aufgenomen)  bedarf  vnd  mich  alfo  nun  felbs  darein  fchicken 
kan  vnd  wil,  fo  fft  mein  gantz  freuntHch  bit  an  dich,  dieweil 
jet/iund  fünft  bei  meiner  frawen  auf  den  markt  vil  aufgebens  ift, 
fo  mocht  es  meiner  frauen  allo  vil  gelts  auf  einmal  beü  hvver- 
lich  fein,  bit  derlialben,  du  wolleft  fo  \\o\  thun  vnd  das  gelt 
einem  kaufman,  nemlich  dem  Strauben,  deinem  haufhern, 
welcher  auf  den  markt  auch  herein  zeucht,  oder  fünft  einem, 
mit  dem  du  bekant  bift,  zufteln,  das  ich  dasfelbig  alhie  empfange. 
Ich  bin  auch  von  einem  ftudenten  oder  2,  die  organiften  Ondt, 
die  mich  haben  hören  fchtagen,  vnd  gefagt»  das  mir  nichts  fei 
weder  das  ich  nicht  fingen  kun,  vermant  worden,  dafs  ich  daf- 
felbig lernen  wöll,  welchs  mir  zu  groffem  nutz  geraichen  werdt, 
hab  dcrhalben  mit  einem  wolgclerten  Itudenten,  der  auch  wol 
fingen  kan,  welchen  mein  lierr  Camerarius  hcur  an  eines  knochts 
ftat  angenonien,  ^eret,  weicher  mir  folchs  2ulerneu  zugelagt  vnd 


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—    124  — 


verhütV  auch  dasleibig  mit  Gottes  hilf,  an  meiner  ftudien  ver- 
liindernufs,  in  6  oder  ö  wochen  zulernen  (dan  es  nichts  fonder- 
Hchs  fchwer  ift).  Vnd  wii  alfdao,  fo  ich  Angen  kan,  den  Paulus 
Lautenfack  suhilff  nemen,  iine  darum  fcbreiben  vnd  selber 
lernen  ausfetzen  vnd  fchlagen,  waf  mir  gefeit.  Das  hab  ich  dir 
hiemit  mch(t)  woln  verhalten.  Waif  dir  fonft  difer  zeit  nichts 
zufchreiben,  dan  es  l^het  alhie  alle  fach  noch  im  alten  ftandt 
vnd  wefen.  Datum  den  18  Septembris  im  57.  Gruef  mir  fraw 
K  reffin,  den  h.  End  res  Im  hoff,  den  Bern  er'),  Scheu  rl, 
Arnftein^)  vnd  Holtfch ucher'')  vnd  andre  gutte  herrn  vnd 
freundt.  Wolt  auch  eur  felbs  im  häuf  mit  dem  grul  nicht  ver- 
geffen. 

D.  G.  S.  A. 
.  Chriftoflf  Krefs 
der  Jünger. 


19. 

Kindtli<  hc  lieb,  forcht  vnd  trew  vnd  alles  guts  zuuoran, 
hertzlieber  vater!  Eur  aller  gefuntheit  vnd  wolfart  war  mir  eine 
groffe  freud  zuluHcn.  Dclfelben  gleichen  wift  mich  aus  den 
gcnaden  Gottis  noch  in  zimlicher  gefuntheit  vnd  altem  wesen. 
Gott  dem  Almechtigen  fei  lob  vnd  geb  zu  beden  theiln  lang. 

Lieber  vater,  dein  fchreiben,  den  26.  tag  Septembris  auf« 
gangen,  ift  mir  wol  zukommen  vnd  darauf  vernommen,  das  du 
dem  Moritz  Bucher  12  taller  zugeftellt,  mir  diefelben  folgen 
zulaffen,  fueg  ich  dir  zuwiffen,  das  ich  diefelben  von  im  empfangen 
vnd  den  organiften  damit  zufriden  geftelt  hab.  Wil  hinfUran  das 
gelernete  fleiifig  vben,  damit  ef  nicht  vergcilcn,  fonder  von  tag 
zu  tag  mer  golernet  vnd  gebeffcrt  werdt.  Des  fals,  fo  fich  mit 
Wolf  Hertzen  zugetrairen,  bin  ich  von  Hcrt/.en  ersclirocken 
vnd  dauert  mich  recht  vbel/^)    Wolt  Gott,  ich  kunt  iu  wider- 

^]  Hr.  Barnabas  Pömer,  Gemahl  der  Magdalena  Krcffm,  einer  Scbwe&icr 
von  Christofs  Grofsvater. 

^)  Anna  Haller,  eine  Schwester  von  Christofs  verstorbener  Mutter, 
hatte  Herrn  IT  ins  v,  Arnstein  in  2   Ehe  zum  (>atten. 

Heinrich  HoUschuber,  ^gleichfalls  ein  Onkel  Christofs,  Gälte  der 
ältesten  Schwester  der  Mutter,  Katharina. 

*»  Wolf  Hertz,  cler  Reitknecht,  welcher  Christoph  Krefs  nach  Letpsig 
begleitet  hatte.  Ueber  Icn  Unfall,  der  denselben  betroffen  haben  mufs, 
habe  ich  nichts  linden  können. 


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—    125  — 

bringen,  fo  foU  es  an  mir  mit  nichten  feien.  Dan  er  (ich  ehe 
vnd  alweg,  wie  eim  ehrlichen »  aufrichtigen  gefein  zugeftanden, 
gehalten.    Aber  wir  muefens  Gott  dem  Abnechtigen  befelhen, 

der  wöl  im  vnd  vm  genedig  vnd  barmhertzig  fein  vnd  eine  frö- 
liche  auferftehung  befchern.  Amen.  Wifs,  lieber  vatcr,  das 
mein  herr  heut  dato  auf  Leipzig  nach  Worms  verritten,  dalclljcn 
er  zuthun^),  del  willens,  nachdem  die  traw  Tucherin  mit  thodt 
abgangen,  feiner  gefcheft  halben  von  Worms  aufs  erft  gen  Nürn- 
berg suuer rücken,  mit  dem  auch  fein  fon  Jochim^),  der  mich 
bisher  infiituiert  hat,  geritten,  I(t  mein  freundtltch  bit,  fo  fie 
gen  Nürnberg  ankummen,  woleft  im  alle  ehr  erzeigen,  dan  ers 
gantz  trewlich  mit  mir  gemeint.  Ich  bin  aber  in  feinem  ab- 
wefsen  genugfam  mit  einem  praeceptor  verfehen,  damit  ich  nicht 
mulTiu  zugehen  hab.  Das  hab  ich  dir  guter  meinung  nicht  woln 
verhalten.  Weif  dir  auf  ditzmal  fonft  nichts  zulchreiben ,  dan 
gnicf  mir  die  mutter,  meine  gefchwifteret,  die  frau  Kreffin, 
herrn  Endres  Imhoff  vnd  andere  gute  herrn  vnd  freundt.  Da- 
mit Gott  dem  Almechtigen  in  feinen  fchutz  vnd  fchirm  befolhen. 
Datum  den  13.  tag  Octobris  im  57. 

D.  G.  S. 
Chriftoph  Krefs  der  Junger. 

20. 

Kindtli«  he  forcht,  lieb  vnd  trew  etc.  (wie  im  vorigen  Brief), 
Dicweil  icli  auf  mein  fchrciben,  an  dich  getlian,  noch  kein  ant- 
wort  empfangen  vnd  noch  nicht  weifs,  wie  es  vmb  euch  ftliehe, 
bin  ich  bisher  fürwar  von  eurer  gefuatheit  vnd  wolfart  wegen, 
nicht  ein  wenig  forgfeltig  gewefen,  beger  derhalben  dasfelbig 
mit  fonderlicher  begir  aufs  erft  zu  erfam  vnd  zuwiCfen.  Vmb 
mich  (wie  oben  gemelt)  fthet  es  Gott  Lob  im  alten  wefen,  fo 
es*  defglcichen  auch  alfo  mit  meinem  bnider  Jochim  ftuendt, 
hört  ich«  von  hertzen  gern.  Mein  vori^  fchreiben,  darinen  meiU 
dung  gcfehicht,  wie  das  mein  her  zu  euch  k.ummen  werdt,  ver- 


')  Joachim  Camerarius  ritt  mit  Ph^ipp  Melmchthon  zum  Kolloquium 
nach  Wormü,  vgl.  Will,  Munzbelustigungen  il.  S.  236.    Cber  das  Kolloquium 
vgl.  DroTsen,  Geschichte  der  Gegcnreformatioii  S.  56. 
Der  nachmals  hochangesehene  AnU 


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—    126  ^ 
* 

fich  ich  mich,  das  habftu  empfangen  vnd  halt  darfur,  er  werdt 
nun  nicht  weit  ^on  euch  fein.  Dif  hab  ich  dir  kürtzlich  nicht 
woln  verhalten,  weif  dir  auf  ditzmals  nicht  fonders  zufchreiben, 
dieweil  dasfelbig  neulich  befchehen,  hab  aber  doch,  dieweil  ich 
einen  gewifen  botten  gehabt,  dasfelbig  nicht  woln  vnterlalTen. 
l(t  mein  freundtlich  bit  hieniit,  woleft  die  mutter,  meine  ge> 
fchwifLeret,  die  trau  Kreffin,  den  hcrrn  F.ndrcs  Imhoff  mit 
feiner  hausfrauen  Tampt  andern  herrn  vnd  guten  freunden  von 
meintwcgen  g^ntz  freundtlich  gruefsen.  VVil  auch  hicinit  Gott 
dem  Almechtigen  in  feinen  fchutz  vnd  fchirm  befolhen  haben. 
Es  ift  auch  meine  freundtliche  bit,  du  wolleft  dem  Jacob  Haller 
dife  2  brief  mit  gelegener  botfchaft  zufchicken.  Datum  den 
freitag  nach  Simonis  vnd  Juda  im  57. 

D.  G.  S. 

Chriftof  Krefs  der 
Junger. 


21. 

Kindüiche  Heb  vnd  trew  etc.  etc.  (wie  in  den  früheren 
Briefen).  Lieher  vater,  ich  hab  alhie  vernummen,  wie  das  du 
einem  botten  brief  an  mich  gegeben  habft,  deren  ich  noch  keinen 
empfangen,  dan  ich  fider  Michaelis  kein  fchreiben  von  dir  ge- 
habt, das  ich  alfo  nicht  wiflen  kan,  ob  dir  meine  fchreibeut 
bisher  an  dich  gelangt,  zukommen  findt.  Vnd  wiewol  ich  neu- 
lich gefchriben  (damit  ir  aber  wifset,  wie  es  vmb  mich  ftehe), 
hab  ich  dasfelbig,  dieweil  ich  einen  gewifen  potten  gehabt»  nicht 
woln  vnterlafsen.  Ich  verdhe  mich,  mein  herr,  der  daraufsen 
gewcfcn.  iiab  dich  meinc'halbeu  angcrprochen,  ift  aber  alhie  noch 
nicht  widerumb  ankumnien,  Diler  zeit  weif  ich  dir  fünft  nichts 
zu  fchroittcn.  dan  es  fthot  (iottl.ob  alhie  norli  im  alten  wefcn. 
Damit  Gott  dem  Almechtigen  iu  feinen  fchutz  vnd  fchirm  be- 
folhen. Woleft  mir  von  meinetwegen  gruefsen  die  mutter  vnd 
gefchwifteret,  fraw  Krefsin  vnd  andere  mehr  herrn  vnd  freundt. 


*)  Die  Hauafinia  des  Hr.  Endres  Imliof  war  Frao  Magdalena,  Hra. 

Thomas  Reich  Tochter,  seine  zweite  Gattin,  die  er  15S6  geheiratet  hatte. 
Sie  starb  am  13.  November  1558. 


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—    127  — 


Mein  fraw  left  dich  auch  gantz  freuntlich  gniefTen.    Datum  in 

eil  den  16.  tag  Nouembrifs  im  57. 

D.  G.  S.  AZ. 
  Chriftoff  Krefs. 

22. 

Kindtliche  lieb  vnd  trew  etc.  etc.  (wie  in  den  früheren 
Briefen).  Wils  lieber  vatcr,  dafs  mir  deine  2  fch reiben,  danDen 
auch  eins  meinefs  bruders  Jochim  gewefen,  wol  zukommen 
findt,  diefelben  verlefen  vnd  von  hertzen  gern  gehört,  dafs  ir 
alle  frifch  vnd  gefuntb  feit.  Gott  dem  Almechtigen  fei  lob.  In 
welchem  fchreiben  du  mich  gehaiTsen,  der  /rawen  Krefs  in  ein 
freundtlich  brieflein  zufchreiben  vnd  im  waf  ernftlich,  welchs 
beds  nach  deinem  beuelch  befchehen,  vnd  ift  hieneben  mein  bitt, 
wollet  den  zugcthanen  briefmeinesfreundtsPeterRiethers^)  aufs 
erst  antworten,  dan  im  daran  gelegen.  Damit  Gott  beuolhen  vnd 
uunfch  euch  a.lk'n  iiiemit  vil  glückfcliger  neuer  jar  vnd  waf  euch 
an  feel  vnd  leib  nut/  ift.    Datum  den  5.  tag  jaiuiarii  im  58  jar. 

Es  ift  mein  freundtlich  bit,  du  woleft  mir  nichts  für  vbel 
haben,  daf  ich  fo  fehr  geeilt  vnd  fo  l  uf  vnd  wenig  gcfchriben 
hab,  dan  gleich  der  bott  hat  woln  auf  fein,  fo  ift  auch  die  zeit 
gewefTen,  das  gleich  mein  herr  hat  lefen  woln,  welchs  ich  nicht 
gern  hab  woln  verfaumen,  will  aber  in  den  nechiten  3  tagen 
mehr  vnd  wider  fchreiben.  Gruefs  mir  alle,  die  mir  guts  gunnen. 
Ich  hab  vemumen,  das 
der  Enderlein  das  klein 

pöttlein^)  l  aldt  zu  Nürn-  D.  G.  S.  alzcit 

bcrg  ward  auf  fein,  fo  ir 
mir  was  wolt  zulchicken 

oder  fchreiben,  mocht  ir  Chriftoff  Krefs 

frag  nach  im  haben,  dan  der  Junger, 

es  mir  gewif  vnd  trew- 
lieh  bei  im  geantwort 
wirdt. 

*")  Peter  Rieter  von  Komburg,  aus  dem  aasgeitorbetien  Nürnberger 
Patriziergcscblecht,  geb.  1536  den  4.  April,  Sohn  des  Seb.iM  Rieter  und  der 
Dorothe.i  (Jrrifscnn,  studierte  nachmals  in  Frankreich  v.n>\  llalion  und  wurde 
mit  Philipp  Camerarius  in  Rom  der  Inquisition  denunziert  und  geraume  Zeit 
gefangen  gehalten.    Will,  Mttnzbelustigungen,  Bd.  II,  S.  238,  Bd.  III.  S.  359. 

vgl.  Mitteilnngen  des  Verein«  fOr  Geichtcbte  der  Stadt  Nttmberg. 
lieft  X.   S.  264,  d.  — 


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126  — 


33. 

Kindtliche  forcht  etc  etc.  Lieber  vater.  Nachdem  ich 
kurtzlich  an  dich  gefchriben,  hab  ich  dir,  dieweil  ich  lenger  zeit 
kein  fchreiben  von  dir  gehabt,  nichts  fonders  wiffen  zuzufchreiben. 

Dieweil  aber  meins  Herrn  fon  Jochim,  fo  kürt/Jich  alhie  auf- 
gewefen  vnd  in  gefchetften,  die  mir  vnbewufst  find,  verritten, 
ha1>  ich  ?in  brietlein  kürtzlich  an  dich  zumachen  nicht  woln 
vnterialTen  vnd  ift  mein  freundtlich  bitth,  dieweil  er  bilher  mein 
preceptor  gewcfcn  vnd  mich  gantz  fleifsig  vnd  treulich  vnter- 
wiefen  hat,  vnd  wie  mein  zuverdcht  i(t,  noch  thun  werdt,  woleft 
im  alle  ehr  erzaigen,  wie  ich  dan  nicht  Zweifel.  Dan  er  kan 
einmal  mit  fampt  den  feinen  auch  mir,  als  ein  verftendiger  vnd 
gelerter  gefell,  .vnd  den  meinen  nutz  ferderlich  vnd  dienftlich 
fein,  folchs  hab  ich  dir  nicht  woln  verhalten.  Waif  dir  auch 
dilcr  zeit,  dieweil  er  fo  geling  (jählings)  vnd  vnverfchener  weil 
aufgewelen,  nichts  zufcbrcibcn.  HiemiL  Gott  dem  Almechtigen 
in  leinen  fchutz  vnd  Idiirm  1>efo!hen.  W  ollet  von  mcintwegen 
grueCsen  die  fr.  mutter,  meine  gelchwilteret,  die  fraw  K.  reff  in, 
herm  End  res  Imhoff  mitfampt  feiner  hausfrawen  vnd  andern 
hem  vnd'guten  freundten.    Datum  in  eil  den  7.  Februarü  im  58. 

D.  G.  S.  AZ. 

Chriftoff  Krefs. 

24. 

Hertz  lieber  vater,  nachdem  mir  meines  herm  fün  Joachim 
angezaigt,  das  er  willens  vnd  bereit  fei,  von  dannen  gen  Nürm- 
berg  zuuerreitten,  habe  ich,  wlewol  ich  neulich  gefchriben, 
dannoch  bei  ihm  ein  kleines  briefleln,  wie  ich  dan  gethan,  an 

dich  zufchreiben  nicht  wollen  vnterlaffen.  Als  aber  dalfelbig 
fchon  zugelchlofl'en  vvardt,  hat  mir  licrnach  mein  herr  der 
,  Canierarius  angezrtigt,  das  fein  func  Joachim  dreilTig  taler 
bedürfen  wurdt,  darauf  er  mir  bevullicu,  dir  zufchreiben  vnd 
vleiffig  zu  pittcn,  das  du  vnbefchwcrt  wolft  fein,  folchs  gelt, 
nemiich  30  taler,  feiner  dochter  Magdalena  ^)  auf  ein  rechnung 
zuerlegen»  bltth  ich  höhlich,  du  wolteft  solche  erlegung  verfchaffen 

'  Ma^ulalena  Caminermeifterin  war  mit  dem  Mathenuitiker  Johann 
Hommel  verheiratet.    Will,  Gelehrtenlexikon  I,  S.  163. 


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—     120  — 

vnd  an  difem  anlangen  kein  mifiallen  tragen.  Will  mich  hin* 
gegen,  als  einem  frummen  vnd  gehorfamen  fun  geburt,  in  meinem 
lludiro  vndthun  gehorfamlich  halten.  Htemit  Gott  dem  Almech- 
tigen  in  feinen  fchutz  vnd  fchirm  beuolhen.    Datum  den  8.  tag 

fcbruarii  im  58.  jar. 

D.  G.  S.  AZ. 

Chriitopli  Krefs, 


25. 

Kindtliche  lieb  vnd  trew  etc.  etc.  Meines  Herrn  fon 
Jochim,  der  alhie  von  Leibzig  auf  Nürnberg  aulsgezogen, 
verfich  mich,  fol  frilch  vnd  gefunth  bei  euch  anicummen  vnd 
dich  meinet,  auch  des  geltshalben  haben  angefprochen,  welchs 
ich  mich  verfich  ihm  erlegt  zu  fein.  Lieber  vater.  Ich  kan 
dir  hiemit  nicht  bergen,  das  den  15.  februarii  meines  herrn 
dochter  Jungkfraw  Martha,  fo  vierzehen  wochen  am  fiber  ge< 
legen  vnd  letzlich  ein  fchwere  hiiften  dazu  gefchlagen,  alhie  mit 
doth  abgangen,  aber  doch  ein  vernunftig  vnd  feiig  endt  ge- 
nommen, Weichs  meinen  herrn  vnd  frauen  nicht  ein  wenig 
betrucbt  hat,  der  Almechtig  Gott  woll  ir  vnd  vnfs  alu  ein 
fröhliche  auferfteliung  verleihen.  Weif  dir  auf  difsmals  nichts 
zufchreibcn,  dan  der  both  geling  (jählings)  aufgewelen  ilt,  sthet 
alhie  noch  in  zimiicher  gefuntheit.  Gott  der  Almechtig  verlei 
weiter  genadt.  Damit  Gott  dem  Almechtigen  in  feinen  fchutz 
vnd  fchirm  befolheo.  Wolet  eur  vntereinander  mit  einem  gruf 
nicht  vergeffen.    Datum  in  eil  den  25.  tag  februarii  im  58. 

D.  G.  S.  AZ. 

Chriftoph  Rrefs. 


26. 

Kindtliche  Heb  u.  f.  w.  Wifs,  lieber  vater,  das  ich  die 
30  taller,  fo  mir  von  dir  zuuberantworten  beuolhen  vnd  erlegt, 
im  aufsgang  des  markts  alhie  von  der  Strauben  Faktor  em- 
pfangen, dauon  ich  meiner  frawen  20  fl.  an  der  coft  gelaffen 
vn<l  \on  dem  vberigen  gelt  meine  iiantwercksleuth  bezalt. 
P.cdanck  mich  derwegen  zum  liöchften  der  veterliclu-n  trew 
gegen  mir,  das  du  mich  auf  ditzmal  nicht  gelalTen.  Hergegeu 

9 


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—    130  — 

will  ich  mich  als  ein  gehorfamer  fon  gegen  feinen  1.  vater  wifsen 
zuuerhalten  vnd  alfo  in  meioem  ftudiem  fortfaren,  das  dich 
folcher  vocoil,  fo  bisher  auf  mich  gegangen  vnd  noch  gehet, 
nicht  gereuhe. 

Mich  hat  alhie  herr  Merten  Pfintzing^)  angefprochen, 

auch  zu  gaft  gebetten  vnd  allen  guten  willen  erzeigt  vnd  dieweil 
er  mich  vmb  ein  fchreiben  angelprochcn,  hal)  ich  in  mit  difem 
brieflcin  befchwern  miiefen.  Mein  fraw  ligt  nocli  imerdar  dar- 
nider,  ift  noch  wenig  belTerung  vorbanden.  Gott  der  Almechtig 
weis  nach  feinem  göttlichen  willen  fchafifen.  Solchs  hab  ich 
dir  hiemit  guter  meinung  nicht  wollen  verhalten,  hab  dir  auf 
ditzmal  nicht  mehr  wollen  zufchreiben,  dan  ich  wol  weis,  das 
du  difer  zeit  mit  dem  fifchen  vnd  andern  fachen  zuthun  haft*), 
(verhoff,  es  follten  heuer  gute  fifch  gewachfen  fein,  dieweil  ein 
warmer  Somer  gewefen).  So  hab  ich  dir  fünft  nichts  newes 
wifsen  zufchrciben.  Hiemit  Gütt  dem  Almechtigen  in  feinen 
fchutz  vnd  fchirm  beuülhen,  Grufs  mir  die  f.  Krcfrin,  miitter. 
vnd  meine  gefchwifteret.  Datum  den  13.  Octob.  in  Leibzig 
im  Jar  58. 

D.  G.  S.  AZ. 

Chriftoph  Krefs. 


27. 

Kindtliche  lieb  u.  f.  w,  L.  vatter,  mich  (hat)  alhie  ein  Nürn- 
berger both  angefprochen  vnd  vmb  fchreiben  erfucht,  daneben 
angezaigt,  wie  das  er  dich  vmb  brief  an  mich  angeret,  habft  du 
im  geantwort,  wift  auf  ditzmal  nichts  zufchreiben.  Damit  du 
aber  wiflen  mochft,  wie  es  vmb  mich  famt  meinen  herm  ftunde, 
hab  ich  ein  brieflein  an  dich  zu  machen  (wiewol  ich  nichts 
fonders  hab  wiffen  zufchreiben)  nicht  vnterlafl'en  wollen.  Stundl 
(icrlialbcn  noch  alles  recht  vnd  im  altca  wefen,  wo  es  fich  allein 
mit  meiner  frawen  befferte,  dan  fie  ilir  fiber  noi  Ii  Itettig  vnd 
lieftig  hat,  vnd  bei  dem  nicht  bliben,  fondern  zwei  daraus  worden, 
daran  Tie  groffen  wehetag  erleidet,  welchs  auch  meinen  herrn 

')  Hr.  Müftin  Pfiazing      S.  iio,  Anm.  i. 

^^  Hr.  Chrlftof  Krefs  seo.  war  LaodpMeger  und  wird  als  solch«>  tn 

den  Fischereien  deputieri  gewesen  s«in.  Vgl.  Dr.  Reick«,  Oescbichte  der 
Reichsstadt  Nürnberg.    i>.  529. 


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131  — 


nicht  wenig  bekümmert  vnd  anleidt,  dan  wie  es  In  einer 
haufhaltang  zugeth,  da  die  haufmutter  emider  Ugt  oder  abgeht« 
haben  wir  an  zweifl  an  vnfer  matter  feiigen  wol  gefpurt  vnd 
gemangelt.  Gott  der  Almechtig  geh,  das  fie  baldt  widerum  zu 
irer  gefuntheit  kumme.  Mer  hab  Ich  dir  difer  zeit  nicht  können 
zufchreiben,  dan  der  both  nicht  zuharren  geiiabt.  Wil  in  wcaig 
tagen  mit  Gottes  hilf  dir  mehr  von  meinem  ftudiern  vnd  weiterm 
vornemen  zufchreiben.  Hiemit  Gott  dem  Ahiiechtigeii  in  feinen 
fchutz  vnd  Ichirra  beuolhen.  Grufs  mir  von  meintwegen  die 
f.  matter  vnd  Kreffin  vnd  meine  gefchwifteret  fampt  andern 
herm  vnd  freunden.  Datum  zu  Leibzig  14.  tag  Nouemb.  im  58. 

D.  G.  S.  AZ. 

Chriftoph  Krefs. 

28. 

Kindtliche  lieb  vnd  trew  vnd  alles  liebs  vnd  guts  zuuor, 
hertzlieber  vatter,  dein  fchreiben,  den  26.  tag  Nouembris  auf- 
gangen, hab  ich  empfangen  vnd  mit  traurigem  gemuet  verlefen, 
darin  du  anzeiget,  wie  das  du  ein  zeit  her  groiTen  fchmertzen 
an  einem  fchenckl  erlitten,  aber  (ich  Gott  lob  widerum  gebeflert, 
Weichs  ich  widerum  von  hertzen  erfreuet  bin.  So  fchreibftu 
aiu  h,  das  Ciot  der  Almechtig,  aes  herrn  Kndres  Imhoff  ehliche 
hauffrawen  ^)  vor  etlich  tagen  auf  difem  jamcrtiial  abgefedert 
vnd  hinweck  genommen,  welchs  dan  die  f.  mutter  nicht  wenig 
bekümmert,  welchs  ich  auch  nicht  weniger,  dan  mit  eridirocknen 
vnd  traurigen  hertzen  vernummen.  Vnd  dieweil  wirs  nun  anders 
nicht  machen  kunen  vnd  foichs  fein  gottlicher  will  gewefen,  io 
bitt  ich  Gott  den  Almechtigen,  das  er  ihr  fampt  vns  vnd  allen 
chriftglaubigen  ein  frohche  auferftehung  gnedigklich  woll  ver- 
leihen vnd  vns  alle  hinfortan,  wie  ehr  bisher  gethan,  genediglich 
vor  allem  vbel  behueten  vnd  bewaren  vnd  zu  allen  theilen 
lea^cr  leben  mittheilen.  Amen.  Wils,  lieber  vatter,  das  mein 
fraw  noch  immerdar  am  fiber  kranckh  leit  vnd  gar  kein  belferung 
vorlianden,  Gott  der  Almechtig  wols  nach  feim  göttlichen  willen 
wenden  vnd  ihr  widerum  aufhelfen.  Sunft  ftuende  es  noch  in 
zimlichen  wefen,  gott  geb  lang.    Ich  will  in  meinem  ftudiern 

')  vgl.  S.  ia6,  Anm.  t. 

9* 


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-    132  - 


vnd  forhaben  (wie  ich  mich  verflch,  das  ich  bisher  gethan  hab) 
allezi  muglichen  vieis  anwenden»  damit  die  zeit  Tod  vncoft  nicht 
vergeblich  angelegt  vnd  hingebracht  werdt  Solchs  folt  ihr  euch 
gentzlich  zn  mir  verfehen.  Vnd  het  dir  von  folchem  noch  mehr 
znfchreiben,  fo  ich  nar  ein  potten  bekdmme,  der  ein  tag  oder 
zwen  hie  verharte,  fo  ich  einen  bekomme,  fo  foH  folchs  in  kurtz 
befrhehcn.  Weis  auf  ditzmal  fonft  nichts  zufchreiben,  dan  mich 
der  both  fchr  geeilet,  wil  ein  ander  mal  vil  vnd  mancherlei  an 
dich  fchreiben.  Grus  mir  hiemit  die  f.  K  reff  in  vnd  fraw  matter 
vnd  bitt,  wolft  ir  daneben  anzeigen,  das  mir  ihrer  vnd  auch 
meiner  Heben  frawen  vnd  mutler  abgang  ein  treulich  vnd  hettz- 
lieh  leidt  fei.  Grufs  mir  auch  meine  gefchwiftert  vnd  andere 
herm  vnd  gute  freundt.  Hiemit  Gott  dem  Almechtigen  in  feinen 
fchutz  vnd  fchirm  beuolhen.  Dir  le(t  auch  mein  herr  vnd  fraw 
vil  grus  vnd  guten  willen  anzeigen.  Datum  den  12.  tag  De- 
cemb.  in  58. 

D.  G.  S.  AZ. 

Chrii'tüph  Kreis. 


29. 

KindtUche  lieb  vnd  trew  newen  wunf chung  alles  liebs  vnd 
guts  zttuor,  hertzlieber  vater.  Eur  aller  gefuntheit  vnd  wolfart 
hört  ich  jeder  zeit  von  hertzen  gem.  Wi(t  mich  Gott  lob  in 
zimlicher  gefuntheit,  Gott  der  Almechtig  verld  lang  zu  allen 
theilen.  Amen.  Lieber  vater,  dieweil  ich  mit  Gottes  vnd  deiner 
getreuen  veterh'chen  liilf  bisher  ein  zeit  lang  alhie  zu  Leib/. ig 
meinem  Itudierea  obzuligen  raein  leben  gefuert,  welehem  ich 
mit  göttlicher  hilf,  lo  vil  mir  muglich  gewelen,  obgelegen,  welchs 
auch  hinfurtan,  fo  vil  Gott  genad  verieiclit,  gefcheben  foll,  für 
welche  veterliche  wolthat,  die  du  bisher  an  mir  erzeigt,  dieweil 
ich  nicht  genug  dancken  noch  vergelten  kan,  fo  bith  ich  doch 
Gott  den  Almechtigen,  das  er  dich  fampt  der  f.  mutter  vnd 
meinen  gefchwifterten  bei  langem  vnd  glttckfeligem  leben  wol 
erhalten,  damit  du  vns  lenger  vorrtehen  vnd  in  zucht  vnd  er« 
barkeit  auferziehen  megeft,  vnd  bith  vleifsig  wollest  hinfttran 
dein  veterliche  hand  von  mir  nichi  abziehen,  fonder  mich  vernei 
bei  meinem  l'tudiern  vnd  vurlKiluMi  t  rh.iltcn,  Ehrgegen  wil  ich 
mich,  was  ich  zuthun  fchuldig  vnd  \eri)tlicht  bin,  als  ein  ge- 


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-    133  — 


horfamer  fon  aller  gebar  nach  wiiTen  suuerhalten.  Gott  der 
Almechtig  verlei  mir  genad  vnd  feinen  heiligen  geift,  das  ich 
folchs  zu  feinem  lob  vnd  ehr,  mir  vnd  den  meinen  zu  nutz, 

glücklich  mocht  Volbringen.  Vnd  dieweil  auf  fchierftkunftige  oftern 
ich  3  jar  alihitj  veriiarrct  vnd  auf  gemelte  zeit  das  3.  jar  fich  endet, 
werde  ich  \  eiurfacht  ditz  fchreiben  guter  meinung  vnd  kindtlicher 
zuuerficht  an  dich  zuthun,  bith  vleilTig,  wollt  folchs  nicht  in  argem 
aufnemen,  fondern  mit  veterlichem  gemuet  betrachten  vnd  mir 
in  folchem  fall  dein  gut  bedunckhen  vnd  gentelich  willen  anzeigen. 

Nachdem  ich  hin  vnd  wider  zum  oftem  mal  auf  allerlei 
weg  betrachtet»  wo  vnd  auf  was  weis  ich  femer  zu  meinem 
ftudiern  gefchickt  werden  vnd  demfep>en  obligen  mocht,  (dan 
fo  viel  ich  vermerckt  vnd  verftanden,  fo  wirt  fich  mein  herr 
aller  forgen  frei  machen  vnd  feine  koftgenger  auf  oftem  alle 
farn  lallen,  der  er  bisher  ein  difch  vol  gefpeifet,  zuuorderft 
dieweil  ime  das  haufhalten  von  wegen  der  fchwacheit  feiner 
frawen  emider  ligt,  zu  dem  fo  macht  er  fich  auch  teglich  alt 
vnd  fchwach,  fo  hab  ich  vernummen,  es  mocht  fich  zutragen, 
das  er  auf  den  frueling  bede  fohne  verfchickt,  wiewol  folches 
noch  im  zweifei  fthet,  vnd  ob  folchs  fchon  befchehe,  wirt  er 
fie  doch  aus  Deutfchlandt  kaum  verfchicken»  daraus  ich  wol 
erachten,  das  er  mir  auch  vrlaub  geben  wurde.)  Derhalben  die- 
weil es  nun  auch  zeit  wehre,  fo  ich  eine  fprach  neben  dem 
latein  folt  begrcitTen,  an  folchem  anzufangen,  damit  ich  auch 
fremder  leut  fitten  vnd  geberdt  erkennen  vnd  lernen  mocht, 
bith  vnd  beger  derwegen  gantz  vleiffig,  woleft  mir  dein  gut 
beduncken  vnd  gentzlichen  willen  vnd  meinung,  wo  du  bedacht 
feieft,  mich  hinzufchicken,  vnd  ob  du  mich  femer  bei  meinem 
ftudiem  zulaffen  willens  feieft,  vnbefchwert  zu  entdecken.  Da- 
rauf ich  dan  mein  fach  auch  dahin  richten  vnd  was  hinfort  mein 
thun  vnd  furhaben  fein  folt,  gewis  wiffen  mocht,  fo  wil  ich  mich 
alsdan  in  meinem  beruf  vnd  furhaben  alfo  halten  vnd  erzaigen, 
das  man  ane  klag  fein  foll,  folchs  folftu  dich  gentzlich  zu  mir 
verfehen.  Dis  hab  ich  dir  aus  kindlichem  vertrauen  als  meinem 
lieben  vater  guter  meinung  nicht  wollen  verhalten,  bith  nochmals, 
wollefts  nicht  anders,  dan  ichs  gemeint,  in  allem  guten  auf- 
nemen vnd  tolchs  fchreiben  bei  dir,  wie  du  am  heften  weift, 
bleiben  iaffen  vnd  mich  veterlich  bedencken.  Wif,  lieber  vater, 


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—    134  - 


das  mein  fraw  noch  immerdar  fchwach  ift»  welchs  meinen  herrn 
nicht  wenig  bekümmert,  haben  mir  beuolhen,  dich  von  irent- 
wegen  zu  gruefen.  So  bith  ich  auch,  wo  man  was  von  meinem 
bruder  Joachim  höret,  wolft  mir  folchs  zufchreiben.  Hiemit 
Gott  dem  Almechtigen  in  feinen  fchtttz  vnd  fchirm  beuolhen. 
Ich  wunfch  euch  allen  zunuil  neben  meinem  grus  vil  glückfeliger 
newer  jar,  langes  leben  vnd  geiuntlieit,  vnd  was  mich  an  leib 
vnd  feel  nutz  vnd  gut  ift.  Wolt  der  frawen  Kreffin  auch  fouil 
anzeigen  neben  andern  herrn  vnd  freundten,  Datum  in  Leipzig 
den  17.  tag  Decembris^)  im  58. 

D.  G.  S.  AZ. 

Cfatiltoph  Klefs. 


30. 

Kiiuitlkche  lieb  vnd  trew  vnd  alles  liebs  vnd  guts  zuuor, 
hertzliebcr  vatter,  dein  fchreiben,  den  27.  tag  Decembris  an  mich 
gethan,  ift  mir  wol  zukamen  vnd  von  hertzen  gern  gehört,  das 
ir  noch  frifch  vnd  gefunth  feit,  wift  mich  Gott  lob  auch  noch 
in  zimlicher  gefuntheit.  Gott  fei  lob  vnd  verlei  gnedigklich  zu 
allen  theilen.  Amen.  So  hab  ich,  1.  vater,  aus  folchem  fchreiben, 
auf  mein  beger  an  dich,  vemummen,  dieweil  du  zu  folchem 
fchweren  leuften  noch  nicht  gewis  bedacht  bi(t,  wo  du  mit  mir 
vemer  hingedenckei%,  vnd  (teilt  in  folchem  fall,  dich  mit  andern 
herrn  vnd  guten  freunden  weiter  zuberathfchlagen ,  fcieft  aber 
doch  willens,  mich  auf  künftig  oftern  mit  vvillen  vnd  wilTcn 
meines  herrn  von  hinnen  ab/Aifordern,  welchs,  wiewol  irh's  gern 
gewufst  hätte,  wo  icli  hinaus  folt,  damit  ich  mein  fach  beffer 
darnach  het  kunnen  richten,  bin  ichs  doch  auf  folch  dein  fchreiben, 
nemiich  auf  künftig  oftern  mich  zufordern,  wol  zufriden,  will 
mittler  zeit  in  meinem  ftudiem  (wie  ich  mich  verfeh  auch  vor- 
gethan  hab)  allen  fleis  anwenden,  vnd  wil  nach  deiner  ver- 
manung  mich  auf  dem  inftrument,  wie  zuuor  auch  befchehen, 
fovil  die  zeit  neben  meinem  ftitdiern  erleiden  will,  femer  mit 
vleis  vben.    Solchs  foltu  dich  zu  mir  gentzlicii  verlehen.  lict 

Im  Original  steht  deatlich  SeptonbriB.  AUetn  der  Brief  gehört, 
nach  dem  Neujahrswunsch  und  nach  dem  Inhalt  d«t  folgenden  zu  whliefsen, 
oifenbar  in  den  Monat  December. 


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—    135  — 


dir  fünft  noch  mehr  zufchreiben»  hab  aber  folchs  aus  eil  des 
bottens  nicht  kunen  Volbringen,  fol  hinfortan  befchehen,  wie  das 
mein  fraw  irer  fchweren  kranckheit  noch  nicht  entledigt»  welchs 

das  gantze  haufgelmde  nicht  wenig  bekümmert  ift.  Gott  der 
Almeclitig  wol  ir  gencdiglich  helfen.  Hiemit  Gott  dem  Almech- 
tigen  beuolhen.  Ich  foU  dich  von  wegen  meiner  frawen  fampt 
irem  fone  vleifsig  gruefen.  Gruls  mir  auch  von  mcmtwcgen  die 
f.  muttcr  vnd  K  reffin  fampt  meinen  gefchwifterigt.  Datum  in 
eil  in  Leibzig  den  10.  tag  Januarii  in  5Q. 

D.  G.  S. 

Chriftoph  Krefs. 

31. 

Kindtliche  lieb  vnd  trew  vnd  alles  liebs  vnd  guts  zuuor, 
hertzliehe I  vatter.  Dein  fampt  der  f.  nmtter  vnd  gefchwifterten 
gefuntheit  hör  ich  von  hertzen  gern,  wift  mich  aufs  genaden 
Gottis  noch  in  zimlichen  wefen.  Gott  der  Almechtig  verlei  zu 
allen  theilen  lenger.  Lieber  vater,  ich  hab  nicht  vnterlaffen 
kunnen,  ein  brieflein  an  dich  zufchreiben,  wiewol  ich  nichts  fon- 
ders difer  zeit  hab  kunnen  fchreiben,  fonder  damit  ir  wifset,  wie 
mein  fach  ftche,  fü  hab  ich  meinem  guten  freundt  Petcrn 
Ricter'}  auf  fein  erbieten,  weither  ein  zeit  lang  alhie  ftudiert 
vnd  mein  guter  freundt  gewefsen,  auch  fich  als  ein  freundt  vnd 
lantfman  gegen  mir  erzeigt,  in  foichem  wollen  wilfarn,  vnd  ime 
folchs  fchreiben  zugeftelt,  vnd  wie  ich  von  ime  vernomen,  fo 
Wirt  er,  nachdem  er  ein  Zeitlang  alhie  zu  Leibzig  jura  ftudiert, 
fein  weg  förter  mit  hilf  vnd  rath  feiner  freundt  vnd  zuferderft 
des  h.  Hänfen  Rieters  in  Galliam  voraemen.  Wolt  Gott, 
es  folt  mir  einmal,  fo  ich  hinein  verfchickt  werden  folt,  ein 
folcher  freundt  zu  einem  geferten  aufftoffen.  Bith  hiemit,  wolft 
in  folclier  erzeigten  freundtfchaft  gegen  mir,  wo  es  fich  einmal 
zutrüg,  wiederum  laffen  geniefen.  Hiergegen  will  ich  mich,  als 
eini  gehorfanien  fon  geburt,  gegen  dir  als  meinem  l,  vatter  wiflen 
zuuerhalten.    Wifs  ferner,  1.  vatter,  das  mein  fraw  noch  fehr 

*>  Peter  Rteter,  Sebald  Kielers  und  Dorothea  Gröfsenn  Sohn,  geb. 
■  53^  4-  April,  hat  in  Frankreich  und  Italien  ^.tudiert,  ging  acht  Jahre 
zu  Rat  und  wurde  hernach  Pfleger  la  Hersbnick,  war  dn  vortrefflich 
verstSndiger  und  wohlgelehrter  Mann.  Will,  Mttnsbeluttigungen,  III.  S.  359. 


.  ijui.  u  i.y  Google 


136  — 


fchwach  UDd  kranck  ift,  vnd  wo  es  folcbs  noch  lang  antreiben 
folt,  wer  m  beforgen,  das  fie  folchs  iegers  Tchwerlich  mocht  auf- 
koroineRi  jedoch  Gott  alle  Ding  muglich,  der  wend  es  siim  beften 
allenthalben.  Amen.  Dieweil  fich  nun  die  zeit  meiner  jarsfrift 
endet,  verhof  ich  nach  Inhalt  deines  fchreibens,  auch  fchier  zu 
euch  zukommen.  Gott  verlei  genedigklich.  Hiemit  Gott  in 
feinen  fchutz  vnd  fchirm  beuolhen.  Grufs  mir  die  f.  mutter, 
f.  K reffin  vnd  meine  gefchwifteret  lampt  andern  herrn  vnd 
guten  freunden.    Datum  in  eil  den  16.  tag  Januarii  im  59. 

D.  G.  S.  AZ. 

Chriftof  Krefs. 

Kindtliche  lieb  u.  s.  w.    L.  vater,  mich  nimbt  nicht  wenig 
wunder,  das  mir  auf  etlich  gethane  fchreiben  kein  fchreiben  vnd 

beantwortung  worden,  kan  nicht  erachten,  was  die  urfach  fein 
mus,  wiewol  ich  nicht  wenig  deiner  fampt  der  vnfern  gefuntheit 
bekümmert  l)in.  (iott  der  Almechtig  verhiiet  folchs  genedigklich. 
Mein  fraw  ift  noch  mit  ircr  fchweren  vnd  langwierigen  kranck- 
heit  beladen,  derwegen  wenig  freudt  erfunden  vnd  alles  haus- 
gelindt  traurig  ift,  mocht  meiner  perfon  halben  wol  befTerung 
erfarn  oder  fchier  erledigt  werden.  Gott  verlei  baldt.  (So  ift 
auch  fünft,  dieweil  der  lantsfürftin,  hertzog  Augufti  gemal,  vatter, 
der  kunig  in  Dennemarck,  mit  doht  abgangen  ^)  alle  freude,  fo 
fünft  difer  zeit  gehalten  wirdt,  abgelegt,  ift  derhalben  allent> 
halben  ein  traurig  wefen.)  Mich  hat  aucii  /.ciucr  dits  briefs, 
Bangratz  Forchheimer,  angefprochen  vnd  gehettcn,  ein  fnr- 
fchrift  an  dich  znthnn.  damit  er  das  burgerrccht  mocht  erlangen, 
fo  weis  ich  fo  vil,  das,  fo  vil  an  dir  gelegen,  an  ^ohnej  mein 
forfchreiben  wol  gehandelt  wirdt,  was  zuhandeln  ift,  idoch,  die- 
weil ehr  mir  darum  fo  of!t  nachgelauffen  vnd  gebetten,  hab  ich 
folchs  nicht  wollen  vngemeldet  laffen,  vnd  ift  folchs  die  meinfte 
vrfach  gewefen,  das  ich  auf  ditzmal  gefchriben  hab.  Dan  ich 
difer  zeit  fünft  nichts  fonders  gewufst  vnd  auch  neulich  gefchriben. 

')  Henog  Attgwt  von  Sachsen,  der  Bruder  und  Nachfolger  des  Kor- 

für<ti  n  ^T(Jritz  von  Sachsen,  w  ir  mit  Anna,  der  Tochter  Königs  CbrutiftS  III. 
von  Dänemark,  vermählt.    König  Chrutitin  lU.  st»rb  1559. 


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—    137  — 


Ift  hiemit  mein  freundtlich  bitt,  wollest  mir  aufs  erst  eurer  aller 
gefuntheit  neben  andern  zufchreiben.  Hiemit  Gott  dem  Almech. 
tigen  in  feinen  fchutz  vnd  fchirm  beuolben.  Mein  herr  vnd  fraw 
fampt  den  im  haben  mir  beuolhen,  dich  zugrueffen.  So  wolt  ir 
auch  felbs  vnter  einander  von  meintwegen  gcgruft  fein.  Datum 
zu  Lcibzig  in  eil  den  7.  tag  r"ebiiinrii  im  59. 

D.  G.  S.  A. 

Chriltoph  iCrefs. 

33. 

Kindtliche  lieb  vnd  trew  vnd  alles  llebs  vnd  guts  zuuor, 
hertzUeber  vatter.  Dein  fchreiben,  den  8.  tag  februarii  aufs- 
gangen, hab  ich  den  16.  difes  monats  empfangen  vnd  verlefen 
vnd  nicht  gern  gehört,  das  es  noch  nicht  alzu  recht  mit  dir  thun 
wil,  die  andern  aber  in  zimlicher  gefuntheit  vernummen.  Wift 
mich  in  zimlichon  weroii.  liott  der  Almechtig  wol  zu  bcden 
theiln  hilf  mittciln,  vnd  dir  wideruin  zu  deiner  gefuntheit  helfen. 
Amen.  L.  vatter,  fo  hab  ich  meinem  herrn  dein  fchreiljcn,  mir 
zu  guth  gethan,  vberantwort  vnd  felbft  auch  angefprochen,  ver- 
fich  mich,  werdt  dir  hiemit  antworten  vnd  feinen  rath  mitteilen, 
fchreibft  darneben,  mich  auf  künftige  oftern  hinauszuuerfügen 
vnd  mein  gereth  aufs  fleifsigft  einzumachen,  fol  mit  vleis  be« 
fchehen«  Was  aber  das  koftgelt  fampt  anderem  aufgewandtem 
gelt  vnd  vnkoften  belangt,  wil  ich  dir  folchs  mittler  vnd  zur 
rechten  zeit  ein  klare  rechnung  zufchickeii,  dan  fo  ichs  auf  ditz- 
mal  lült  gcfchickt  haben,  wolt  licii  nicht  fchickcn,  dan  mir  (he 
zeit  zu  kurlz,  folchs  zanienzurechneii,  zudem  kan  ich  eben  nicht 
wiffen,  was  noch  mittler  zeit  autgehen  mocht,  dieweil  ich  verl'lhe, 
mit  dem  gelaidt  hinaus  zukummen,  fo  kan  ich  vor  fontags  Can* 
täte  alhie  nicht  auffein,  dan  das  gelaidt  nicht  ehr  geth,  wer  dar- 
nach eben  in  der  grofsen  hitz  an  fremdt  orth  muefen  verreifen, 
dan  ich  daheim  nicht  vil  nutz  fchafTen  noch  lang  an  verbinde« 
rung  meiner  ftudien  zuuerharren  hab.  Wil  die  rechnung  bald 
hinach  fchicken.  Bitt  derwegen  zum  hochften,  du  werft  folchs 
gelt  hieher  verfchafTen,  damit  ich  hie  felbs  meine  handwercksleut 
mocht  abzalen,  vnd  verficli  mich,  werdft  mir  noch  was  (hirul)er 
von  geldt,  vber  das  angewurden,  zufchicken,  dnmit  ich  mi(  Ii  auf 
die  weis  ein  wenig  bereiten  vnd  zufchicken  kan,  dan  ich  gar 


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—    138  — 


nichts  geruft  bin.  Was  eim,  der  wandern  wil,  von  einzigen 
pfenigen  aufgeth,  wirftu  felbs  wol  wiflen.  Mer  hab  ich  dir  auf 
ditzmal  nicht  kunen  fchreiben,  bith,  wolft  folcbs  im  heften  auf- 
nemen  vnd  mich  meiner  bithe  geweren.  Hiemit  Gott  dem  AI- 
mechtigen  in  feinen  fchutz  vnd  fchirm  beuvolhen.  Grufs  von 
meintwegen  die  f.  K  reff  in,  motter  fampt  meinen  gefchwifter* 
ten.  Mein  l'raw  lanipt  ircm  Ton  Joachim  haben  mir  bcuolhen 
dich  auch  tleilsig  zu  grucflen.  Datum  in  Leibzig  den  18.  tag 
iebruarii  im  59. 

D.  G.  S.  AZ. 

Chhfloph  Krefs. 


34. 

Kindtliche  lieb  u.  s,  w.  Lieber  vatter,  ich  vberfende  dir 
iiiemit  meine  rechnung'),  vber  welche,  wiewol  ich  gecilet,  ver- 
fehe  ich  mich  doch,  fol  Qch  recht  vnd  fchlichtltch  erfinden.  Bith, 
wolleft  mir  den  vbrigen  reft  vnbefchwert  volgen  laffen  noch 
vnwillen  tragen,  das  ich  nicht  auf  ditzmal  des  fchneiders  zetel 
mitgefcbtckt  hab,  dan  ich  vf  ditzmal  folche  aus  eil  des  pottens 
nicht  hab  kunnen  abfchreiben,  verfehe  mich,  werdet  fonft  eine 
klare  rcchrmn-  crnncicn.  Was  das  gescheiik  betritt,  a!s  meine 
frawen,  fampt  dem  fon  Joachim,  der  mich  die  zeit  her  insti- 
tuiert  vnd  vnterwifen  hat,  auch  der  dochter,  fo  mir  das  meinig 
bisher  gebeffert  vnd  das  beft  in  der  hauflialtung  die  zeit,  weil 
die  fraw  vnd  mutter  krank  gelegen,  gegen  mir  vnd  meinen 
gefelien  gethan,  auch  den  ehhalten,  wil  ich  dir  heimgefetzt 
haben.  Mocht  leiden,  werdt  fchon  befchehen.  So  i(l  auch  mein 
faochfte  bith,  wolleft  mir  ein  wenig  geldt  neben  dem  andern 
fchicken  oder  fo  vil  beuel  bei  den  Pfintzingifchen  thun»  das 
mir  dasfelbig  alhie  ein  weil  vorgeftreckt  vnd  darauflcn  bezalt 
werde,  damit  ich  ein  par  Üitel  vnd  ein  pr.chien  mir  zeugen  (: 
iiUK  Iii.  Morht  mich  auch  mit  meinen  dilVh^crellen.  unter  wel<  hen 
3  vom  adel,  ein  Truchfefs,  Stibcr  vnd  ein  Fuchs,  des 
jetzund  regierendeu  Bifchoffs  zu  Bambergk  ftiefbruder,  ^die 
auch  iren  abfchied  haben  vnd  hinweck  ziehen,  von  wegen  der 
fchwacheit  vnferer  frawen,  dan  mein  herr  fleh  aller  forg  freien 

Die  RecbDoog  liegt  dem  Brief  leider  nicht  mehr  bei. 


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—    13Q  - 


vnd  keinen  mehr  zu  (ich  nemen  wtl)  auch  fampt  den  andern 
meinen  difchgefellen  vnd  dem  haufgeCindt,  (dieweil  ich  ein  ebene 
zeit  bei  dem  herm  Camerario  gewefen,  zudem,  damit  ich  ein 

gunft  vnd  die  gemachte  freundtfchaft,  dieweil  niemandts  weis, 
wo  man  der  leut  nottürl'tig  ift,  bei  inen  mocht  erhalten,)  jedoch 
ift  fülclis  deinem  vetterlichen  willen  heinigeftellt,  dan  das  gcldt, 
fo  ich  mit  mir  gebracht,  wil  nicht  reichen,  folchs  zu  uolbringen, 
dan  ich  etlichs  mal  mich  nicht  wol  empfunden,  was  eingepuft 
hab.  So  hab  ich  auch  fonft,  ehe  ich  beim  organiCten  gelernet, 
vnd  auch  darnach,  Co  ehr  meinem  inftniment  geholffen,  ime 
fampt  anderen  gefellen  vnd  landsleuthen,  fo  mich  beAicht  haben, 
ehrenthalben  muefen  einen  trunk  biethen,  dan  mir  folchs  widenim, 
fo  ich  an  einem  feirtag  einen  befucht  (dan  bei  meinem  herm 
wenig  freid  gewefen,  wiewol  ich  auch  darum  niciit  da  gewefen) 
befrhehen  ilt,  fo  hab  ich  auch  anders  von  geringem,  nemlich 
was  teglich  zubeffern  notturftig  trewefen,  darum  ich  mein  frawen 
nicht  hab  wollen  noch  mögen  anlautfen,  dargeftreckt  vnd  bis- 
weilen bezalt.  Bith  hiemit  ganz  vleifsig,  wolleft  in  folchem  fall 
kein  befchwerdt  tragen,  verßehe  mich,  (kan  mir  auch  anders  mit 
der  warheit  nicht  nachfagen,)  es  fei  folche  gefelfchaft  anc 
hinderung  meiner  ftudien  befohehen,  vnd  wo  dem  alfo,  het  das 
meine  obrikeit,  der  ichs  allzeit  angezeigt,  nicht  geftattet.  Was 
auch  einem  ton(t  aufgehet,  der  wandern  will,  kan  ein  jeder  wol 
erachten,  ha!)  auf  ditzmal  mehr  nicht  fchreibcn  künnen,  verhof 
111  kurtz  mich  felbs  von  nieinera  ftudiern  vnd  andern  mich  /ai- 
unterreden,  wil  kürtzlich  vnd  fo  ehe  mir  muglich,  mehr  fchreibcn, 
verfehe  raich  vorerft,  folchs  bei  dir  bleiben  vnd  in  vetterlichen 
gemuet  (dieweils  ehrlich  befchicht)  von  mir  aufnemen.  Mein  herr 
vnd  fraw  fampt  den  iren  laffen  auch  alle  freundtlich  grueffen. 
Wolt  auch  hiemit  von  meintwegen  euch  vntereinander  felbs 
grueffen.  Hiemit  Gott  dem  AI.  in  feinen  fchutz  vnd  fchirm 
beuolhen.    Datum  in  Leibzig  in  eil  am  18.  tag  Martii  im  59. 

D.  G.  S. 

Chriftoph  Krefs, 


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—     140  — 


35. 

Mein  freundtlich  gruis  vnd  alles  liebs  vnd  guts  zuuor, 
hertzHeber  vatter.    Eur  aller  gefuntheit  vnd  wolfart  wer  mir 

ein  hertzliche  freudt  zuhörn,  wift  mich  aus  den  genaden  Gottis 
noch  in  zicüilichcr  gcluntlieit,  Gott  fei  lob  vnd  geh  lang  zu 
allen  theilen.  Vnd  dieweil  ich  ein  tag  zu  Augfpurg  ftil  gelegen, 
hab  ich  nicht  vnterlaficn  wollen,  euch  zu  verftändigen,  wie  es 
mir  gehe  vnd  wie  ich  beritten  fei.  Wift  derhalben,  das  ich  mit 
Gottes  hilf  wol  vnd  mit  gefunthem  leib  allhie  ankammen,  fo 
gehet  auch  der  klepper  ximlicher  mafTen,  alfo  das  ich  mit  Gottes 
hilf  hoff  wol  vortznkummen ,  welches  ich  euch  guter  meinung 
nicht  wollen  verhalten.  Weitter  kan  ich  euch  vf  ditz  nichts 
fchreiben,  dan  Gott  dem  Almechtigen  in  feinen  fchutas  vnd  fchirm 
bevolhen,  Grufs  von  meintwegen  den  alten  herrn  Kndrcs  Im 
Hoff,  die  fraw  Kreffin,  die  inuttt-r  \  nd  das  gantz  haurgcrindt 
fampt  andern  herrn  vnd  guten  freundten.  Datum  Augfpurg  den 
4.  September  im  59. 

D.  G.  S. 

Chriftoph  Krefs. 

36. 

Mein  freundtlich  i;rufs  vnd  alles  liebs  vnd  guts  zuuoran, 
hertzlieber  vattcr.  Euer  aller  geluntheit  vnd  woltart  wer  ich 
ieder  zeit  von  hert/en  erfreut,  wift  mich  aus  den  gena<len  (iottis 
noch  in  zimlicher  gefuntheit.  Gott  verleih  lang  zu  allen  theilen. 
Wift,  lieber  vater,  das  ich  noch  gotlob  zimlich  wol  beritten 
gewefen,  wil  aber  fchier  der  klepper  muedt  werden,  verhof  aber, 
die  weil  das  merer  teil  des  gebirges  gereift  fei,  es  (oll  nun  nicht 
mer  not  haben.  Zu  dem,  fo  findt  wir  allhie  zu  Infpruck  ain 
dag  ftilgelegen,  damit  die  rofs  aufsgeruet  haben,  das  fie  hinfurtan 
defto  befler  fortkommen  mugen.  (Dan  der  weg  noch  weit  ift 
vnd  mir  von  Nürnberg  aufs  vf  hundert  nicil  angefchlagen 
wurden.)  Gott  der  Almcc-htig  verleihe,  das  wir  denfelben  weg 
mit  fridt  vnd  freuden  erreichen.  \\  eifs  eucii  diefer  zeit  lonft 
nichts  zufchreiben.  Dan  ift  hiemit  mein  bith,  wolt  mich  vfs  ertt 
wiiTen  laifen,  wie  es  mit  euch  allen  geftalt  fei.   Der  f.  ScheurP) 

')  S.  S.  104,  Anm.  i. 


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—  Ui  — 


left  euch  alle  zumal  vleifsig  groefsen.  Grufs  mir  auch  von  meinte 
wegen  die  mutter,  h.  Endres  Imhoff,  die  fraw  Kreffin  fampt 
dem  ganzen  haufgefindt  vpd  andere  herm  vnd  gute  freundt«  auch 
den  Paulus  Lautenfack  vnd  Hanfs  Schmidt.    Damit  Gott 

dem  Almechligen  beuolhen.  Datum  Infpnick  8.  Septembris  im  59. 
Verlieh  mich  doch,  ir  werdet  mein  junger  fchrcibeo,  zu  Augfpurg 
gethan,  empfangen  haben. 

D.  G.  S.  AZ. 

Chriftoph  Krefs. 


37. 

Mein  freundtlichen  v^rn^s  vnd  alles  liebs  vnd  guts  zuuor, 
liertzlieber  vatter.  Eur  aller  gefuntheit  vnd  wolfart  wer  ich 
zuhörn  von  hertzen  erfreuet.  Dergleichen  wiit,  das  ich  aus  den 
genaden  Gottis  frifch  vnd  gcfunt,  auch  wol  beritten  den  17.  tag 
Septembris  aliiie  zu  Bononia  ankommen.  Gott  dem  Almechtigen 
fei  lob  vnd  verlei  verner  gluck  vnd  wolfart  nach  feinem  gott- 
lichen willen.  Amen.  Lieber  vatter,  wafs  ferner  mein  anwefen 
betrift,  kan  ich  euch  noch  keinen  gruntlichen  bericht  thun,  dan 
wir  allererst  ankommen,  was  aber  mittler  zeit  vom  fchwager*) 
Scheu rl  von  meintwegen  gehandelt  wirdt,  wil  ich  euch  mit 
nechftem  fchreiben  vnd,  fobaldt  das  muglich  ist,  eröffnen  vnd 
zuuerfthen  geben,  wol  kan  ich  euch  nicht  bergen,  das  Gott  der 
Almechtig  Italiam  an  etlichen  orten  geltraft,  vnter  welchen  er 
auch  Bononia m  getroffen,  nemlich  mit  dem  weinwachfs,  deffen 
vU  vor  groffer  hitz  vn  dttrren  verdorret,  das  die  inwoner  fagen, 
das  folchs  bei  menfchen  gedenken  nie  erhört  worden  fei,  fo  ift 
das  brot  zimlich  deur,  ich  wolt  vaft  vmb  ein  heller  bei  euch 
als  vil  brots  kauffen»  als  h£e  vmb  ein  pfening.  So  hab  ich 
gefehen,  das  fle  zu  Verona,  3  tag  reis  von  Bolonia,  dem  armen 
bauer  vmbs  gelt  das  brot  nicht  aufs  der  ftat  wollen  volgen  laffen. 
Alfü  meias  era(  htens,  wo  nicht  aufs  andern  orten  zugefurt  wurde, 
vnd  ein  ander  jar  wider  fol!  vnibfchlagen,  würde  ein  fchwere 
theurung,  hunger  vnd  kunimer  in  diefen  landen  einfallen,  das 
Gott  genediglich  wol  bei  euch  vnd  hierinnen  verhucten,  alfo 
das  mich  gleich  ein  fchwere  jarszeit  getroffen.  Von  gefelifchaft 

*)  fcbwager  oheim. 


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—    142  — 


im  haufs  hab  ich  den  Pfintsing  vnd  Nutzl.^)  So  kan  ich  auch 
vf  ditsmal  noch  nichts  weder  von  der  ko(t  noch  von  dem  pre> 
ceptor  fchreiben,  nachdem  wir  erft  ankommen,  wie  oben  gemeldt« 
fol  aber  vts  erft  befchehen.  Weifs  euch  fonft  vf  ditomal  nichts 
zufchreiben,  vnd  ob  ich  fchon  gewolt,  hab  ich  nicht  gekunt,  den 
der  bott,  alsbaldt  wir  ankommen,  vorhanden  gewefen.  Die 
.  gelegenheit  des  orts,  auch  die  fprach,  mores  vnd  fitten  gefallen 
mir  fonit  wol,  wiewol  groffer  bracht  gefurt  wirdt,  das  fich  wol 
zuhueten  ift,  des  ich  mich  wol  in  alle  weg  bevleiffen  will  vnd, 
fo  vil  mir  muglich  ift,  erfparn.  Hiemit  Gott  dem  Almechtigen 
in  feinen  fchutz  vnd  fchirm  beuolhen.  Grufs  mir  von  meint- 
wegen  den  herm  End  res  Im  ho  ff,  die  fraw  Kreffin,  die  mutter, 
gefchwiftrigt  fampt  dem  gantzen  hanfgelindt  vnd  andern  herm 
vnd  guten  freundten.  Datum  in  eil  in  Bononia  den  18*  Septem- 
bris  im  59. 

E.  W.  G.  S. 

Chriftoff  Krefs. 

38. 

Kindtliche  lieb  vnd  trew  u.  f«  w.  Lieber  vater,  mein  nechfi 
fchreiben,  nachdem  ich  aufs  gottlicher  hilf  albie  frifch  vnd  gefunth 
ankummen,  an  euch  gethan,  verhoff  ich,  fei  euch  geantwortt,  dar- 

aufs  ihr  dan  vemummen,  wie  ef  mir  ergangen  vnd  wo  ich  vemer 

mein  anwclcn  haben  werdt.  So  fueg  ich  euch  hiemit  zuwiiicü, 
dafs  mir  der  fchwager  Sclicurl  hinter  einem  wellchea  mciiter 
geholten  liat,  der  mir  alle  tag  1  Ituiult  wchch  lift,  damit  ich  die 
fprach  defto  ehr  neben  meinen  andern  ftudiis  mocht  begreitTen. 
So  hab  ich  fünft  noch  einen  weifchen  doctor,  zu  welchem  ich 
auch  teglich  in  fein  beiiaufung  gehe,  welcher  mir  neben  andern 
ftudenten  lateinifch  litt,  wie  fich  dan  geburt  vnd  gezimt.  Wafs 
fonft  mein  ftudieren  im  haufs  belangt,  hab  ich  des  Pfintzings 
vnd  Nutzls  preceptor  zu  allen  heften,  der  mir  nichts  verhelt 
(welchen  ich  vor  auch  zu  Nurmberg  von  jugent  vf  gekennet),  fo 
wil  ich  daneben  meinem  zufafj,en  nach,  damit  nicht  vergeben- 
liciier  vncoft  vfgewent  werdt,  allen  muglichen  Heils  anwenden, 

')  S.  io6,  Anm  i.  -  Es  fehlte  a1$o  Cbriftoph  Krefs  nicht  an  Umgun^^ 
mit  Landsleuten,  du  aufser  den  beiden liaasgenossen  Karl  Penzing  und  Johannes 
Nütsel  noch  Georg  Telzel  und  Georg  Hofinnun  damnls  in  Bologna  studierten. 


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-    143  - 

zu  welchem  allem  ich  zuforderft  Gott  zu  einem  gebilffea  nemen 
will.  Oerfeibig  verlei  mir  fein  .genadt  vnd  hilf.  Amen.  Wafs 
das  inftniment  betrift,  fol  auch  nichts  vergeffen  werden,  wiewol 
ich  noch  kein  eigens  bekommen,  hab  dieweil  eins  entlehnen 

muefen,  dieweil  ich  vertröftung  hab  vf  eins,  welchs  vngeferdt 
noch  in  acht  tagen  ledig  wirdt,  alfdan  kan  ich  mich  weitter 
vben.  So  wift  aurh,  das  ich  den  3.  tag,  nachdem  ich  alhie  an- 
kommen, mein  pferdt  anworden  vnd  eim  jungen  ediman  verkaufit 
vmb  18  cronen,  welche  der  fchwager  Scheurl  zu  fich  genommen 
vnd  mich  der  landtsarth  nach  darum  gekleidet,  bedunckt  mich, 
es  fei,  nachdem  es  fo  ein  weiten  weg  geritten,  darzu  alfo  muedt, 
wol  verkauft,  zu  welchem  mir  Burgifs,  meiner  herm  diener, 
mit  wafchen  vnd  anderer  wart,  treulich  geholffen,  damit  ich  hab 
kunnen  vortkummen.  Ift  derwegen  mein  freundtlich  bfth,  ime. 
wie  11  iuir  dan  in  meinem  abzug  zuuerfthcn  geben,  ein  vereiun!^ 
zuthun,  die  er  an  mir  vnd  meinem  rofs  wol  verdienet.  Hat  fich 
auch  fünft  fehr  wol  vf  dem  weg  gehalten  vnd  ift  gewifs  ein  lierr, 
der  zu  reifen  hat,  wol  mit  ime  verlehen,  dan  er  ein  menfch  ift, 
der  fich  den  wein  nicht  vbergehen  left  vnd  dafs  fein  in  acht  hat, 
Weichs  ich  euch  hiemit  nicht  wollen  verhalten.  Kan  euch  vf 
ditzmal  nicht  mehr  fchreiben,  wo  es  muglich  gewefen  wer,^wolt 
ich  vf  ditzmal  auch  an  die  f.  K  reff  in  gefchriben  haben,  hat 
aber  ir  nicht  fein  kunen,  dan  ine  der  Scheurl  mit  geher  (jäher) 
vfgeftofTener  gefellfchaft,  vielleicht  von  mehrers  vncoften  wegen, 
fo  ime  vber  die  rofs  alhie  gehet,  abgefertigt.  Wil  aber  mit 
nechüer  botb  haft,  fufer  es  möglich  ift,  verrichten.  Hiemit  was 
euch  allen  lieb  vnd  gut  ift,  vnd  Gott  dem  Aimechtigen  beuolhen. 
Der  fchwager  Scheurl  left  euch  alle  zumal  freundtlich  gruefsen, 
wolt  euch  auch  von  meintwegen  feibs  vntereinandcr  im  haufse 
grufsen,  auch  der  frawen  Kreffin  vnd  h.  Endres  Imhoff 
neben  andern  herm  vnd  guten  freunden  von  meintwegen  ein 
grufs  anaeigen.   Datum  Bolonia  den  26.  tag  Septembris  im  59. 

£.  G.  S. 

Chriftoflf  Krefs. 

30, 

Kintitlirhe  lirb  u.  f.  w.     Lieber  vatter,  mein  etliche  an 
euch  gethane  fchreiben,  fonderlich  bei  dem  reifigen  knecht  dem 


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—    144  — 


BurgiSy  verfleh  ich  mich,  fein  euch  wol  zukummen,  daraufs  ir 
dan  mein  anwefen  zum  theil  werdt  vemammen  (haben).  So 
fueg  ich  euch  jetzund  zu  wiHeo,  dafs  mich  der  fchwager  Schearl 
in  feinem  haufs  alhie  behalten»  da  ich  dan  ein  kamer  beftanden 
vnd  mich  dafelbft  eingericht,  dan  zu  difer  zeit  kein  gelegnere 
noch  wölflerc  zerung  mir  furgeftanden.  So  wollen  die  VVilkn  /u 
diefer  fchweren  teuren  zeit  das  jar  lang  (vnangefehen  dafs  fie 
fchmal  leben)  keinen  vmb  die  100  fl.  annemen  oder  behaufen, 
derhalben  ich  ein  Zeitlang  ins  Scheurls  haufs  gedenk  zuuer- 
harren.  So  hab  ich  der  teum  halber,  fo  alhie  ift,  in  Thusca- 
niam  gen  Senis')  ziehen  wollen,  darzu  mir  dan  der  fchwager 
auch  het  helfen  kunnen,  da  ich  dan  mit  eim  geringem  het  können 
aufskummen,  aber  es  hat  üch  befunden,  das  flder  den  krieg- 
leuflflen  her  die  fchul  dafelbft  noch  nicht  wider  vfgericht,  wie 
den  auch  ein  Detzel^),  fo  auch  dafelbft  willens  hinzuziehen, 
alhie  durch  rath  defs  Scheurls  vnd  anderer  mufs  verharren. 
Item  wo  ich  etlicher  herrn  vnd  freundt  rath  gefolget  vnd  gen 
l^adua  gezogen,  wer  es  mir  noch  erger  ergangen,  dan  es  kummen 
theglich  ftudenten  hieher  gezogen,  die  dafelbft  zu  gleicher  weifs 
noch  fchwererer  theurung  fliehen,  vnd  zeigen  an,  dafs  fie  dafelbft 
vmb  ir  geldt  fehler  weder  zu  effen  noch  zu  trincken,  wie  es  wol 
billig  fein  folt,  kunnen  bekummen.  (Man  hat  mich,  weil  ich  noch 
bei  euch  gewefen  bin,  treulich  vnd  oft  gewarnt,  wan  ich  herein 
kum,  ich  fol  die  dicken,  (tarcken,  grobe  wein  wol  mit  wafTer 
mufchen,  aber  es  ilt  inen  zu  «lifer  zeit  die  dicken  vnd  Iterck 
wol  vergangen,  dafs  fie  nicht  lundcrs  mufchens  bedürfen,  thet 
manchem  guten  gefelleii  oft  not.  er  kauft  wein,  ein  andern  damit 
2Utuufchen,  aber  wir  findt  zimlichermafren  verfehen.)  Derhalben, 
dieweil  ichs  ni(  lit  zuuerbeffem  weifs,  mufs  ich,  wie  man  pflegt  zu- 
fagen,  aufs  2  oder  dreien  argen  dafs  befte  klauben  vnd  mich  vfs 
genaueft  vnd  eingezogenft,  alfs  mir  muglich  i(t,  alhie  enthalten. 

Sunft  gefeit  mir  Italia  fehr  woll,  fo  ift  Bon<Miia  ein 
fchone,  alte,  herrliche  Stat,  darinen  fleh  groffer,  gewaltiger  adl 
enthaltet  vnd  teglich  gewaltig  vnd  hoflich  ding  zufehen  ift,  vnd 

')  Siena. 

Oeorg  Tetzel  &.  S.  lo6  Anm.  i.  —  Er  blieb  mehrere  jähre  in  Bologna 
und  schrieb  von  dort  aus  an  unseren  Christoph,  als  dieser  sieh  inh  seiner 
Schwester  Ursula  Tetzel  verlobte,  einen  lateinischen,  vom  lo.  September  1564 
datierten  Gratalationsbrief. 


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—    145  — 


befttnders,  wie  mir  gefagt  wirdtp  dafs  folchs  erft  recht  zufeheiii 
wen  widenim  ein  pabft  geweit  wird,  vf  welchen  man  theglich 
wartet.^}  Wafs  aber  mein  (tudium  betrift,  wifs,  dafs  ich  alle  tag 
zu  eim  doctor  gehe,  wie  dan  der  brauch  ift,  welcher  mir  neben 
andern  Uft,  welchem  man  nichts  geben  darf.  Dan  es  hat  mit 
den  gelerten  ieuten  in  Italia  ein  folch  gcftalt,  dals  fie  zu  herlich 
llndt  ctwafs  zunemen,  vnd  findt  mit  hechfter  dankfaguug  vnd 
aller  erbietung  wol  zufrieden,  wan  inen  die  theutfche  ftudenten 
in  die  lection  gehen,  welchs  fie  dan,  welcher  am  meinften  thcutfcli 
zu  difcipeln  hat,  für  die  hochfte  vnd  grofse  ehr  halten.  Sonft 
hab  ich  meine  publicas  lectiones,  wie  ich  dan  2U  Leibzig  auch 
gehabt  Wafs  mir  fonit  in  meinem  (tudiem  feit  oder  mangelt, 
hab  ich  ieder  zeit  den  doctorem,  da  ich  zu  gehe,  auch  defs 
Pfintzings  praceptorem  im  haufs  zum  heften.  Wil  mit  Gotts 
hilf  neben  der  fprach  meinem  ftudiem  mit  vleis  aufs  warten. 
Üiler  zeit  hab  ich  zukauffen  kein  inftrument  kunnen  bekummen, 
ift  mir  aber  ein  zimlich  guts  gelihen  worden,  darum  ich  alle 
monat  2  oder  3  patzen  geben  füll,  wil  dalfelbig  ein  zeit  lang 
brauchen,  dan  folt  ich  mirs  kaufen,  fo  lindt  fie  theur  vnd  kunts 
einmal  um  folchs  geldt  nicht  wieder  anwerden.  Sunft  weifs  ich 
euch  difer  zeit  nichts  zufchreiben,  dan  gruis  mir  die  matter  vnd 
gefchwifteret  fampt  dem  haufgefindt,  auch  die  f.  Rreffin  vnd 
herrn  Endrifs  Im  ho  ff  fampt  andern  herrn  vnd  guten  freundten. 
Der  fchwager  Scheu rl  left  euch  auch  freundtlich  grueCfen. 
Hiemit  Gott  dem  Almechtigen  befolhen.  Datum  in  eil  den 
3U.  uetübris  im  59  in  J^ononia. 

£s  ift  vor  etlich  tagen  ein  welfcher  mit  gefchmelzten  fchalen, 
fo  de  maiolica  nennen,  hieher  kummen  vnd  diefelben  fer  wolfail 
geben,  von  welchem  der  fchwager  vü  fchons  dings  gekauft,  hab 
ich  nicht  vnterlaflen  kunnen,  dieweil  ich  gewiCt,  dafs  euch  mit 
folchem  gedint  ift  vnd  in  eim  haufs  ein  zierdt  ift,  dafs  geldt 
anzulegen,  hab  auch  vmb  1  cronen  16  oder  17  ftuck  einkaufft, 

*)  Papst  Panl  IV.,  der  vormalige  Cardinal  Caraffa,  war  am  iS.  Aagast 
1559  gestorben.  Das  KardinalskoUegium  konnte  sich  lange  nicht  über  die 
Wahl  des  neuen  Papstes  einigen.  Erst  nach  vier  Monaten  erkor  es  den 
Kardinal  Johann  Angelus  Mcdici,  einen  Mailänder,  zum  Papste  Er  wurde 
am  26.  Deaember  1559  gewählt  and  nahm  als  Papst  den  Namen  Pins  IV.  an. 
S.  Droysen,  Geschichte  der  Gegenreformation  S.  56.  Philippsohn,  Westeuropa 
im  Zeilalter  von  Philipp  II.,  £Usabeth  und  Heinrich  IV.  S.  117. 

10 


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—     146  — 


welche  ich  verbetfchiert  zu  den  feinigen  hab  laffen  einmachen, 
werden  miteinander  etwan  alhie  einem  hinauf  zufueren  vfgediogt 
werden.  Ift  mein  bith,  wolt  folche  im  heften  von  mir  aufnemen 
vnd  wo  fie  euch  gefallen  werden,  kan  ich  alwegen,  wan  ich  die 
fprach  em  wenig  begriffen  hab»  euch  mehr  laiTen  machen»  ift 
allein  mit  folchem  ding  zu  beforgen,  dafs  es  vf  dem  weg  baldt 
zuprcchen  wirdt. 

£.  G.  S. 

Chriftoff  Krefs. 


40. 

Kindtliche  Heb  u.  f.  w.    Hertzlieber  vatter»  meine  bisher 

an  euch  gethane  fchreiben,  verfich  ich  mich,  findt  euch  wol  zu« 
komen,  daraus  ir  dau  anc  zweifl  inein  anwefen  aller  notturft 
nach  werdet  vernummen  haben,  Dcrwegen  mich  nicht  wenig 
fremdt  bedunckt,  dafs  ich  die  zeit  her,  weil  ich  in  Italia  verharre, 
nicht  mer  dan  ein  einzig  fchreiben  von  euch  empfangen,  da  ich 
doch,  fo  oft  ich  fueg  gehabt,  euch  mit  briefen  crfucht.  Ob  ir 
nun  mit  gefchefiien  beladen  gewefen  vnd  defto  weniger  gefchriben 
oder  ob  folche  fchreiben  von  den  potten  verloft*)  vnd  nicht 
geantwort  worden  fein,  kan  ich  nicht  wilTen,  derhalben  ich 
von  hertzen  begert,  zu  erfaren,  wie  es  mit  euch  allen  ein  geftalt 
hat.  Dan  ich  nicht  minder  vom  fch wager  Sc  he  url  vernommen, 
dafs  etliche  aus  dem  haufgofindt  folten  kranrk  ligen  (welchs  ich 
nicht  gern  geliort),  welchen  Gott  der  Ahnechtig  zu  irer  gefuntheit 
widerum  genediglich  hellTen  woll.  Amen.  VVafs  mein  wefen 
belangt,  fthet,  Gott  dem  Almechtigen  lob,  wol  vmb  mich,  hab 
mich  ins  fchwager  Scheurls  behaufung  (wie  ich  euch  vor  auch 
in  andern  meinen  fchreiben  zuuerfthen  geben)  eingericht  vnd 
mich  mit  ein  wenig  buechem,  was  zu  meinem  ftudiern  zur  not- 
turft gehört,  verfehen,  alda  wil  ich  meinem  ftudiem,  neben 
befleiffung  der  fjjrach,  vfs  fleifdgft  aufwartten.  fo  vil  Gott  der 
Almechtige  genadt  verleihen  wil.  Waf  fünft  der  brauch  ift.  hab 
ich  zum  theil  vom  Ichwager  Scheurl  verftanden,  .uu  h  /um  theil 
erfehcn  vnd  (»rfarn,  mus  mich  allo  teglich  ilcu>  brauch  nach,  fu 
vil  mir  gebart,  richten  vnd  mich  felbs  in  die  fach  fchickcn. 

')  verloft  verwahrloii. 


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—    147  — 


Wer  in  fumma  als  zuerleiden,  wo  allein  die  groCTe  teurung  wurdt 
aufgehebti  welche  mir  am  fchwerften  zufeUt.  Dafs  ich  euch  vf 
ditzmal  guter  meinung  nicht  wollen  verhalten.  Wafs  fich  funft 
mitler  zeit  wurdet  hegeben  oder  fünft  wafs  für  fallen,  folt  ir  in 

meinem  nachfolgenden  fchreiben  vernemen,  auch  zum  theil  vom 

ichwager,  der  fich  in  einer  kürtz  alhie  wurdt  vfmaclien,  münt- 

lichen    bericht  neben    andern   mererem    fchreil)en  empfangen. 

Uiemit  was  euch  allen  Heb  v  nd  gut  ift,  vnd  Gott  dem  Almech- 

tigen  in  feinen  fchutz  \nd     hirm  beuolhen.   Wollet  von  meint- 

wegen  die  f.  mutter,  f.  K  reff  in  fampt  dem  h.  Endrifs  Imhoff 

vnd  dem  gantzen  haafgefindt  fampt  andern  herrn  vnd  guten 

freunden  vil  grufs  vnd  alles  guts  anzeigen.   Datum  in  eil  in 

Bononia  den  27.  Nouembris  59.    Sei  euch  auch  von  wegen 

fchwager  Scheurls  vil  guts  anzeigen. 

K.  G.  S,  AZ. 
^  Chriftoph  Krefs. 

41. 

Kindtliche  lieb  u.  f.  w.  Lieber  vater,  nachdem  ich  oft- 
mals, dieweU  ich  in  Welfchlandt  verharret,  an  euch  gefchriben» 
der  aber,  wie  ich  nun  zum  andern  mal  vom  fchwager  Scheurl 
veritanden,  wenig  euch  geantwort,  darob  ir  dau,  wie  ich  vemim, 
etwan  ein  vnwillen  gefaft,  welchs  mich  nicht  wenig  frembdt 
bedunckt,  daft  vnter  fo  vil  von  mir  gethanen  fchreiben  deren 
keins  oder  ja  wenig  euch  geantwortet,  derwegen  ich  vf  ditzmal 
nicht  vnterlaffen  künen,  micli  mit  difem  gegenwertigen  fchreiben 
gegen  euch  zu  entfc huldigen,  dafs  folchs  niclu  aufs  meinem 
vnfleis  oder  vergeffenheit  fei  befchehen,  fondern  viimehr  aufs 
nachlefsigkeit  der  botten  verwarloft,  ift  derhalben  hiemit  mein 
deifllg  bith,  in  folchem  fall  mein  entfchuldigung  im  heften  auf- 
zunemen  vnd  bedencken,  dafs  folchs  aufs  meinem  vnfleifs  nicht 
verfaumt  worden,  vnd  wo  die  zeit  was  vergeffen  oder  mit  fchreiben 
nicht  genug  gethan  worden,  wil  ichs  mit  vberflufs  in  andern  vnd 
oftern  fchreiben  hereinbringen.  So  verhoff  ich  auch,  der  fchwager 
Scheurl  werde,  nachdem  er  fich  verfertii;t,  in  3  oder  ja  vfs 
lengft  in  4  woclicn  mit  gots  hilf  widerumb  bei  euch  fein,  der 
euch  dan  auch  müntlicli  alle  gelegeniieit  vnd  guten  bcriciit  wirdl 
anzeigen,  vnd  auch  mehrern,  dan  ich  mit  fchhfften  euch  kan 

lO* 

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—    148  — 


zuuerfthen  geben.  Sunft  wais  ich  euch  ditzmal  nichts  zufch reiben, 
dan  ich  euch  zuuor  alle  gelegenheit  angezeigt  vnd  befunder  in 
einem  an  euch  gethan  fchreiben,  dafs  ich  mich  genUlich  verfich» 
fei  euch  Oder  geantwort,  daraufs  ir  allen  bericht  werdet  ver- 
nommen  haben.  Hiemit  wttnfch  ich  euch  allen,  waCs  euch  lieb 
vnd  gut  ift,  vnd  Gott  dem  Almechtigen  in  feinen  fchutz  vnd 
fchinn  beuolhen.  Wollet  von  meintwegen  dem  ganzen  haufgefindt 
fambt  andern  herrn  vnd  freunden  ein  grui's  anzeigen.  Datum 
in  eil  in  Bononia  den  4.  Decembris  im  59. 

E.  G.  S.  AZ. 

Chriftoff  Krefs. 


42. 

Kindtliche  lieb  u.  f.  w.  Lieber  vattcr,  nachdem  der  Ichvvager 
Scheu rl  fich  alhie  widerum  zu  euch  zuuerreifen  aufgemacht, 
hab  ich  niclit  vnterlaflen  wollen,  euch  mit  diiem  fchreiben  zu- 
erfuchen,  gib  euch  derwegen  zuuernemen,  das,  nachdem  ich 
mich  die  zeither  ins  fchwager  Scheu rls  behaufung  verhalten, 
dieweil  kein  andere  herberig  zu  der  zeit  zubekommen  gewefen, 
auch  kein  wähle  mich  vmb  das  gelt«  fo  ich  vf  die  koft  hab 
zuwenden,  wollen  erhalten,  wie  ich  euch  dan  vor  auch  folcbs 
angezaigt,  nun  aber  vor  wenig  tagen,  ehe  fich  der  fchwager  hat 
wollen  vfmachen,  ifl:  mir  durch  nachfragung  ein  welfcher  herr 
turgelchlagcn,  der  eines  eingezogenen  reutlUcheu  begert,  wo 
nun  folclier  eines  vf  richtigen  wandels  wehr  vnd  ein  billichs  von 
mir  nemen  wolt,  welclis  man  ferner  durch  nachfragung  erfarn 
miis,  wie  dan  der  fchwager  Scheurl  allen  beuelch  hinter  inie 
Verlalfen,  fo  wolt  ichs  der  fprach  halber,  damit  ichs  deito  ehr 
mocht  begreifen,  mit  ime  verfuchen,  welchs  ich  euch  vf  ditzmal 
nicht  wollen  verhalten.  So  vberfchick  ich  euch  hiemit  den  reifs- 
zetteP),  wie  wir  von  tag  zu  tag  geritten,  welchen  mir  der  fchwager 

*)  Der  mit  dem  Brief  übersandte  Reisf'i ettt^l  lautete,  wie  folgt! 

Voigt  hernach  was  der  Schwager  Aiurechi  Scheurl  mir  Chriftoff 
KrefTen  dem  Jungem  von  Nflraiberg  aafs  bifs  gen  Bononia  cur 
-  eruniL^  fürgeftreckt  hat.  kreutcer 
Adj  2.  September  von  NUrmberg  aufs  bib  gen  (tut  Hilpoltftein 

geritten  vnd  verzert  dafelbft  vbemacht  37«  - 

Item  SU  Kipfenbefi;  zu  mittag  l6. — 

Adj  3  dito  zu  Ingolftat  vber  naclit  verzert  36. — 

vnd  zu  Schrobenhaufen  zu  mittag   30. — 


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—    140  — 


Scheu rl  alhie  zugeftelt,  macht  in  als  15  fl.  46  kreutzer,  ift  hiemit 
mein  gantz  vnterthenig  bith,  wolt  ime  folch  forgeftreckt  gelt 
vnbefchwert  erlegen,  dafs  \vi!  ich  jederzeit  mit  fchuldigem  gehoriaiu 
widerum  gegen  euch  verdienen,  auch  in  allem  meinem  thun  vnd 
fürhaben,  meinem  Zulagen  nach,  allen  muglichen  vieis  anwenden, 
damit  groffer  vnkoft  nicht  vergeblich  vfgewendt  werde,  welchs 
ir  euch  gentzUch  zu  mir  folt  verfeben.  Waf  fünft  (ich  die  zeit 
her  hat  zugetragen,  virt  euch  der  fchwager  allen  muntlich  befcheidt 
anzeigen,  auch  belTer,  als  ichs  fchreiben  kan.  Wafs  die  maiolica 
belangt,  wert  ihr  bei  (einen  warn  finden  vnd  empfangen.  Wo  ir 
fonft  wafs  bedurft,  wolt  mich  folchs  verfthendigen,  es  foU  euch 


Adj  4  dito  SV  Aich«  (Aichach)  ttberascht   35. — 

Vnd  zu  Augsfpurg  7M  mittag,  uuch  adi  5  dilto  dafelbft  vber  nacht 

vnd  den  nachfolgenden  mittag  verzert   77-^ 

Adj  5  ditto  za  Stadeln  ein  dranckh  getban   4. — 

Adj  6  dilto  so  Landtf|>eigk  vber  nacht  renert    34>~*' 

vnd  zn  Schongau  zu  mittag  16. — 

Adj  7  ditto  zu  Soia  (Bayerfoyen)  vbernacbt   30. — 

▼nd  sn  Amberga  (^Amergau)  ein  frttcftllck,  mehr  Sit  PartU 

kirchen  (^Partenkirchen)  zu  mittag  in  allem  vertert  ....  23. — 

Adj  8  dilto  zu  Mittewalden  vLernacht  .   3*. — 

vnd  zu  Infpruck  m  mittag  fampt  vf  9  ditto  vber  nacht  auch 

den  andOTi  mittag  da  ftilgelegen  vertert    .......  70.« 

Item  dafelbft  meinem  Satel  zu  helfien,  auch  von  den  gegoffnen  keifer- 
lich   bilden  vnd  den  newen  paw   defs  Jefuiter  Klolters  zu 

hefehen  zu  drinckgelt  geben   17« — 

Adj  10  ditto  tu  Stainach  vbernaeM   3a« — 

xnd  zu  Stürtzinj^en  (Stcrzinp^  zu  mittag  •    .  18.— 

Adj  II   ditto  zu  Prixen  iHrixenl  vhernacht   39- — 

vnd  zu  Colmann  (Kollmau)  zu  mittag  .  

Adj  ta  ditto  zu  Polten  (Betzen)  vbemacht   40- — 

vnd  a  .Salurno  zü  mittrij;    .......».•<•»  19- — 

Adj  13  ditto  zu  Trient  vbernacht  vertert   3S-  ~ 

vnd  zn  Ronreit  iRovoredo)  tu  mittag   t8. — 

Adj  14  dito  all  Burgetto  (Borghettol  vbernacht  verzert   34-  — 

vnd  all  Ponto  ij)  zu  mitta^^  fampt  dafelbft  vber  die  Ftfch  zufarn  25.— 

Adj  15  ditto  zu  V'erona  vbernacht  fampt  für  ein  boletta  dafelbft     .  49. — 

▼nd  a  laola  de  la  Scala  sn  mittag   iS.«' 

Adj  16  in  Ostia  l  OstigVa)  vbernacht  vnd  von  eim  fchüT  bila  gen 

Ferrara  zufarn     9*«"" 

Item  fUr  effen  vnd  dnncken  alia  ftellada  vf&  ichiri'  gekauift    .    .    .  7'~' 

Vnd  tn  Ferrara  den  roflen  ein  futter  vnd  wir  ein  drnnck  gethan  ao.— 

Adj  17  ditto  alla  Srala  vb?-rnaclit   40. — 

denfelben  mittag  Hndt  wir  (Gott  lob)  in  Bononiam  kummen. 

Snmma  946.—' 

die  than  15  fl.  46  kreut^er. 

AI  brecht  Scheurl  adj 
19.  Septemb.  1559 
in  Bononia. 


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150  - 


zu  jeder  zeit,  wo  es  muglich  ift  zubekommen,  vfs  genauefL  ein- 
gekauft werden.  Weif  euch  vf  ditsmal  fonft  nichts  zufchreiben, 
dan  ift  hiemit  mein  btth,  wolt  der  gantzen  freundtfchaft,  dan 
ich  zu  difer  zeit  nicht  mehr  fchreiben  kunnen,  auch  dem  gantzen 

haufgefindt  vil  gruls  viid  alles  liebs  vnd  guts  anzeigen.  Wolt 

auch  der  trawen  Kreffin  den  brief  vberantwortten.    Hiemit  was 

enrb  lieb  ift,  vnd  ('"tt  dem  Almechtigen  in  feinen  fchutz  vnd 

fchirm  beuolhen.  Datum  io  Bononia,  den  10.  Deccnibrisim  59.Jar. 

E.  G.  S.  AZ. 

Cbriftoph  KreCs. 


43. 

Kindtliche  lieb  u.  f.  w.  L.  vatter,  mein  nechft  an  euch 
gethane  fchreiben  verfich  ich  mich,  fein  euch  vom  fch wager 

Alb  recht  Scheu  rl  wo!  vbcrantwort,  von  welchem  ihr  dan 
neben  meinen  bisher  an  euch  gethanen  fchreiben,  all  mein  thun 
vnd  wcri'n  (meiner  7.imerricht  nach)  genugfam  wcrdt  haben  ver- 
nummeu.  So  hab  ich  euch  in  gedachtem  nehern  fchreiben  zu- 
uerfthen  geben,  dafs  mir  ein  welfcher  herr  alhie  der  practicen 
vnd  fprach  halber^)  fei  furgefchlagen  worden,  wie  ir  dan  auch 
von  fchwager  Albrecht  Scheurl  werdt  haben  vernummen. 
Darauf  fueg  ich  euch  hie  zuwiften,  dafs  gedachter  welfcher  ein 
Zeitlang  jetzundt  nicht  anheims  geweft,  zu  dem  fo  ift  eben  die 
jubilation  vnd  frolockung  alhie,  dieweil  widerum  ein  Pabft  erweit 
worden,  eingefallen,  derwegen  bis  hieher  nichts  mit  mic  kunen 
gehandelt  werden,  nachfragung  in  feinen  ftaadt  vnd  welen  hab 
ich  mittler  zeit  gehabt.  Wan  nun  die  freudt  vnd  jubilation  fur- 
uber  ift,  wirdt  nach  beuelch  des  f.  Alb  rechts  Scbeurls  mit 
ime  gehandelt  werden,  fo  folt  ir  alsdan  allen  grünt  zum  erfthen 
erfarn.  Auch  kan  ich  euch  weitter,  1.  vatter»  nicht  bergen,  das  mir 
die  zeit,  weil  ich  in  Italia  verhar,  nicht  mehr  als  ein  einzig 
brieflein  von  euch  zukummen,  da  ich  doch  euch  mit  vilen  fchreiben 
erfucht.  Ob  mir  folche  vfgehalten  werden  oder  wafs  fonft  die 
vrfach  fei,  kan  ich  nicht  erachten,  wie  es  auch  vmb  euch  ein 
geftalt  hat,  welchs  ich  zu  wiflen  von  hertzen  beger,  kan  ich 

Man  suchte  also  die  jungen  Leute  bei  Italienern  unterzubringen, 
damit  «ie  rascher  italtenisch  lernen  und  sieb  mit  den  Sitten  in  Italien  ver* 
traut  machen  sollten. 


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—    151  - 


nicht  erfaren.  Herwegen  mein  hochfte  bith,  mich  mit  gelegener 
botfchafft  deilfen  zu  verdthendigen.    Auch  ift  mein  vleiflig  bith, 

wo  die  leiten  zum  inftrumcnt,  fo  ich  mir  herein  zumaclien  ins 
Scheu rls  haus  gelaffen,  noch  nicht  eingeniaclit  worden,  wollet 
dieCelbcn  nur  wideruin  zu  enrh  nemen  \m\  i)ei  dem  andern 
meinem  behalten,  dan  fo  vil  ich  ir  bedarf,  Ondt  alhie  bei  dem, 
der  mir  ein  inftrument  geUhen,  wol  zubeiLOmmen,  2U  dem  weis 
ich  nicht,  wan  fie  mir  mochten  vberantwort  werden,  dan  folch 
ding  ZU  Venedig  oft  lang  verloft  (verwahrloft)  wirdt.  Wolts  der- 
wegen  bei  euch  behalten.  Neues  weis  ich  euch  fonft  nichts  zu 
Cchreiben,  dan  das  der  Cardinal  Medices  znm  Pabft  erkom*), 
vnd  die  lag,  das  mit  der  zeit  die  Venediger,  dieweil  er  inen 
lampt  andern  ['urühen  zum  tlicil  zuwider,  mochten  iu;t  kriegs- 
rüftung  vberzogen  werden,  welchs  widcrum  in  1 1  a  1  i  a  neue  emporung 
wurdt  erbehen.  Sunft  fthet  es  noch  Gott  lob  im  alten  wefen, 
weis  auch  derhalben  vf  ditzmal  nichts  zufchreiben,  dan  wunfch 
euch  hiemit  allen  zumal  vil  glückfeliger  newer  jar  vnd  wafs  euch 
an  leib  vnd-feel  gut  ift.  Hiemit  Gott  dem  Almechtigen  in  feinen 
fchutz  vnd  fchirm  beuolhen.  Wollet  euch,  defsgleichen  der 
f.  K  reff  in  fampt  andern  herm  vnd  guten  freundten  mein  grufs 
vnd  alles  liebs  anzeigen.  Datum  in  eil  in  Bononia  den  2.  tag 
Januarü  im  1560. 

D.  G.  S.  AZ. 

Chriftott  Krefs. 


44. 

Kindtliche  lieb  vnd  trew  mit  erbietung  alles  liebs  vnd  guts, 
auch  wunfchung  vil  glückfeliger  newer  jar  zuuor  u.  f.  w.  L.  vatter, 

mein  nechü  gethan  an  euch  Ichrelljen,  den  2.  Januarü  aufsgangen, 
verfich  ich  mich,  fei  euch  wol  zulcummen,  darin  ich  euch  noch 
nichts  gewis  von  dem  welfrhen  herrn,  zu  dem  ich  zuühen  willens 
gewefen,  hab  kunnen  anzeigen.  Jetzund  aber  gib  ich  euch  zuuer- 
nemen,  dafs  er  nach  verlafTenem  beuelch  des  A  Ib  recht  Scheu  rls 
meinthalben  angerett,  ob  er  noch  gedenck,  mich  zu  fich  vfzu> 

')  ^'^gl  '4S  Anm.  i  Papst  Pius  IV,,  ^'cboren  1499,  war  nicht  aus 
dem  berühmten  Florenzer  Geschlechte  der  Medizi,  sondern  aus  einer  Familie 
niederen  Standes  in  MMIand.  Vgl.  Dr.  II.  PbUtppsobn,  Westenropa  im  Zeit- 
alter Philipp  IL,  Elisabeth  and  Heinrich  IV.  S.  117. 


I 

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—    152  — 


nemen.  Darauf  er  (Ich  hören  laiten,  dieweü  die  theurung  von 
tag  zu  tag  zttoem  vnd  alle  ding  zum  hochften  fteigen,  kunn  er 
mir  difer  zeit  nichts  zufagen,  fonder  wols  in  weiter  bedencken 
ftheln,  daraus  ich  wol  kan  vememen»  dafs  folchs  wort  find  gewefen 

vnd  fich  mit  der  that  wenig  befindet.  Zudem  ift  er  an  folchem, 
fo  ich  bisher  ins  fchwagcr  Scheurls  haufs  gegeben,  nicht  benugct. 
wurdt  mir  ah'o  allein,  wafs  die  koft  belangt,  bei  7  croncn  dafs 
nionat  lein  vfgangen,  ohne  dafs,  dafs  man  fonft  teglich  zur  notturft 
bedarf,  welchs  mir  gar  zu  fchwer  werde,  äo  find  de  darzu 
geneigt,  das,  wo  fie  ein  Teutfchen  bekommen,  zumal  einen  allein, 
dafs  dafs  gantze  haufgefindt  von  ihme  nagt  vnd  allein  von  ihme 
wü  benugt  vnd  gefült  fein,  liian  gibt  ja  vnter  inen  wol  fueffe 
wort  aufs,  fieckt  aber  gall  im  hertzen,  welchs  ein  jeder,  der  das 
fein  in  acht  hat,  kan  vergehen  vnd  mercken.  Derhalben,  die- 
weil  ich  bei  difer  theuren  zeit  vmb  die  5^/^  cronen  ins  fchwager 
Scheurls  behaufung  bclthen  kan,  gedenck  ich  nocli  ein  zeit 
darinnen  zuiierharren,  bifs  etwan  der  fiimnier  daher  geht,  kan 
man  miticr  zeit  anderitwo  nachfrag  haben,  wie  dan  die  Scheur- 
lifchen  allen  muglichen  vleis  angewandt  vnd  noch  anzuwenden 
mir  zugefagt,  dieweil  kan  ich  der  fpeis^  dan  die  Weifchen  wult 
vnd  heüos  genug  kochen,  neben  der  fprach,  der  ich  midi  in  all 
weg  neben  meinem  ftudiem,  fo  vil  mir  muglich  ift,  befleis,  von 
tag  zu  tag  delto  beCTer  gewonen,  auch  ihre  weis  vnd  fitten  all* 
gemach  erkennen.  Weichs  ich  euch  vf  ditzmal  nicht  kunnen 
verhalten.  Wils  hicimt  als  in  eum  wilica  ^eicUL  haben,  wolt 
ihr  nun,  dafs  ich  ferner  ins  rchwagcr  Albrecht  Scheurl  behau- 
fung verharrn,  dieweil  ich  mich  alsda  am  beiteti  cmgericht 
meines  ftudii  halber,  fo  foll  an  der  iprach  auch  nichts  verlaft 
werden,  fo  bin  ich  wol  zufriden,  wolt  ir  dau,  dafs  ich  anderft- 
wohin  fthe,  bin  ich  aber  zufriden,  aber  wolflere  zerung  weis  ich 
zu  der  zeit  in  gantz  Bononia  nicht  zu  bekommen,  ich  komme 
vnter,  zu  wem  ich  wol,  dan  die  Weifchen  dahin  geneigt,  das  fle, 
ob  es  fchon  doppelt  bezalt  wirdt,  dennoch  nicht  vil  vberichs 
hinausgehen.  Hab  dem  fchwager  Scheurl  auch  ein  brieflein 
gefchribt-n,  wiewoi  in  i^rofser  eil,  verficli  ruich,  werdt  es  euch 
auch  felbs  lel'en  laffen.  L.  vatter,  wafs  ich  euch  zum  oftern  mal 
eurer  getrcwen  vetterlichen  vermanung  nach  hab  zugefagt,  tragt^i 
nicht  zweifl,  ich  wU  folchem  mit  allem  muglichen  vleis  neben 


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—    153  - 


begrciffung  der  fprach  nachkommen  vnd  mich,  wie  ich  zugefagt, 
bei  der  (chweren  seit,  fo  in  Italia  ift,  vfs  eingezogenft  halten, 

auch  mich  jeder  zeit,  wie  ihr  mich  oft  gewarnt,  for  befer  gefel- 
fchaft  hueten  vnd  Gott  den  Almechtigeii  in  allen  dingen  zufor- 
derü  anruffen,  welcher  mich  nicht  vcrlalTen  wirdt.  Hat  lonft 
nicht  noth,  Gott  lob,  ich  hab  Italia  noch  bisiier  mit  gelunthem 
leib  zum  theil  erkent  vnd  gewont,  fo  fthet  fonft  all  ding  vrob 
mich  in  zimlichen  wefen.  Gott  verlei  veraer  vnd  lang  zu  allen 
theüen.  Amen.  Weif  euch  vf  difsmal  nichts  znfchreiben,  dan 
iit  hiemit  nochmals  mein  gantz  freundtlich  bith,  dieweil  ich  vf 
alle  meine  fchreiben  nur  ein  einzig  brieflein  empfangen,  welchs 
mir  fluchs  im  anfang,  als  ich  in  Itaita  bin  kummen,  itt  beant- 
wort  worden,  wolt  mi(  Ii  doch  \  eruheiuligen,  wie  es  vmb  euch 
ein  geltalt  lial>,  oder  biswciln  wo  euch  die  puft  zu  baldt  vf  ift, 
mit  ein  wort  oder  zweien  durch  der  Scheurls  brief  verithendigcn, 
damit  ich  bisweiln  weifs,  ob  ir  noch  frifch  vnd  gefunth  lebt, 
Hiemit  wnfs  euch  allen  lieb  vnd  gut  ift,  vnd  Gott  dem  Almechttgen 
in  feinen  fchutz  vnd  fchirm  benolhen.  Wolt  der  frawen  K  reff  in, 
auch  hm.  Endris  Imhoff,  der  f.  mutter,  auch  andern  freundten, 
auch  dem  gantzen  haufgefindt  mein  grufs  vnd  vil  guts  anzeigen. 
Datum  in  eil  in  Bononia  den  8.  Januarii  im  1560. 

E.  G.  S.  AZ. 

ChriUuÜ  Kreis. 

45. 

Kindtliche  lieb  vnd  trew  neben  wunfchung  alles  liebs  vnd 
guts  zuuor,  hertzlieber  vatter.  Eur  fchreiben,-  den  3.  Januarii 
aufgangen,  ift  mir  vf  den  27.  deffelben  monats  wol  zükummen, 
daraus  ich  vemummen,  das  Ihr  fampt  etlichen  gefchwiftngten 
ein  zeit  läng  wafs  fchwach  ernidergelegen,  aber  Gott  dem  Almech- 
tigen  lob  fich  wider  gebcffert,  welchs  ich  von  hertzen  erfreuet. 
Will  mich  nus  uenacien  Gottes  noch  in  zimlicher  gefunthcit,  dem 
fei  lob  vnd  verleihe  lang  zu  allen  theilen.  Amen.  So  hab  ich 
daneben  verftanden,  das  euch  dannach  von  mir  etlich  fchreiben 
zukummen,  welchs  ich  erfreuet  vnd  gern  gehört,  daraus  ihr  mein 
ftand  vnd  wefen  werdt  haben  vernumroen,  auch  wie  ihr  dem 
fchwager  Scheu rl  nach  meinem  begern  den  conto  der  zerung 


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halber  habt  gut  gethan  vnd  erlegt»  welchs  ich  mich  zum  hochften 
bedanck,  mit  hochfter  vnd  vntertheniger  bith,  hinfortan  mit 
anderm,  wafs  zur  notturft  gehört,  vnbefchwert  zu  fein,  ferner 

aufzuwenden,  darna<-li  ich  mich  allem  gehorlain  nach  weis  ziiuer- 
halten.  Wolt  auch  nicht  zweifeln,  ich  wol  micii  jederzeit  befleilTen, 
eurn  vetterlichen  wolmeinciKlen  \ermaniingcn  in  alle  weg  nach- 
ziiktimmen,  welchs  ihr  euch  gentzlich  2U  mir  habt  zuuerfehen. 
Auch  fchreibt  vnd  begert  ihr,  dameben  euch  zuuerftendigen, 
wafs  mir  weitter  die  zeit  her  hierinnen  fei  furgeftreckt  worden, 
damit  ihr  folchs  auch  wift  zuerlegen,  fueg  ich  euch  hiemit  zuuer- 
nemen,  das  ich  mitler  zeit  folchs  in  ein  zetl  oder  regifter  zufamen 
ziehen  will  vnd  euch  vngeferdt  vf  oitem  (fo  mir  Gott  fo  lang 
dafs  leben  vergunt),  da  es  dan  ein  Halbs  jar  fein  wirdt,  dafs  ich 
in  (iifen  landen  bin,  lauter  vnd  dar  zurdiicken,  der  zuuerficht, 
es  werdteuch  mit  der  zalung  auch  am  fueglichften  \  nd  gelegenften 
fein.  Was  ferner  eur  vermanung  der  frucht  halben  mich  zuuer- 
hueten,  auch  in  andern  dingen  mein  gut  acht  zuhaben,  belanget, 
nim  ich  zum  hochften  zu  danck,  wii  mich  auch  darnach  meiner 
vorigen  zufag  nach  vfs  fleifügft  richten  vnd  verhalten.  Das  euch 
die  maiolica  oder  gefchmelzten  fchaln  noch  nicht  zukummen 
fmdt,  kan  ich  mich  nicht  genug  verwundem,  da  fie  doch  lengft 
von  hinnen  weggangen,  kan  wol  erachten,  das  folche  wahr  zu 
Venedig  verwarloft  vnd  nicht  baldt  vfgedingt  worden,  verfich 
mich  doch,  ihr  folt  fie  baldt  bekommen,  .^unit  weis  ich  zu 
difer  zeit  weiter  nichts  zufchreiben,  weis  auch  vf  ditzmal  keinen 
mang)  ((iott  lob)  anzuzeigen.  .So  fthet  es  funit  alhie  in  zimlichen 
wefen.  Allein  kan  ich  our]\  nochmals  nicht  verhalten,  das  die 
teumng  alhie  dermaffen  vberhant  nimbt,  dafs  teglich  erhört  wirt, 
dafs  die  armen  leut,  fo  ir  brot  teglich  nicht  kunnen  gewinnen, 
for  hunger  erfterben  vnd  ferderben,  daran  die  voraehmiten 
regenten  der  ftatt,  die  vom  adel,  fchuldig  findt,  welche  das 
gedreidt  dem  armen  man  (in  hoffnung,  in  groflerm  werdt  anzu- 
werden)  verhalten,  welchs  inen  dan  gegen  Gott  (wie  fie  ein 
regiment  furn)  fthet  zuueiantworten.  Weichs  ich  euch  iiiemit 
nicht  wüln  verhalten.  Mer  weis  ich  vf  ditzmal  nichts  zufchreiben, 
dan  ift  hiemit  mein  l)ith,  wolt  dem  h.  Endris  Imhoff,  der  frawen 
K  reffin,  der  mutter,  auch  den  gefeliwirtrigten  fampt  dem  gantzen 
haufgefindt,  auch  andern  herm  vnd  freunden  vil  gmfs  vnd  alles 


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155  - 


liebs  vnd  guts  anzeigen.  Hiemit  wafs  euch  lieb  ift  vnd  Gott  dem 
Almechtigen  in  feinen  fchutz  vnd  fchirm  beuolhen.    Datum  in 

Bunoai.i  den  12.  Icbruarii  im  60. 

£.  S.  A> 

Chriftoif  Krefs. 


46. 

KindtHche  lieb  u.  f.  w.  Lieber  vatter,  eur  neher  an  mich 
gethan  fchreiben,  den  5.  februarii  aufgangen,  ift  mir  vf  2 1.  deflelben 
wol  zukummen,  darin  ihr  vermeldet,  dafs  ir  aus  meinem  fchreiben 
die  klag  der  groffen  teurung,  fo  (leb  in  diefen  landen  erhaben, 
verftanden,  auch  wie  mich  derfelben  halben  der  gedachte  herr, 
von  welchem  Ich  euch  etlich  mal  zugefchrtben,  nicht  zu  fich  hab 
wollen  nemcn.  (I:irauff  dan  enr  mcinung  \  nd  i;utbeduncken,  mich 
noch  weitter,  diewcil  ich  nach  notturft  verfehen,  in  defs  fchwager 
Scheurls  behaufung  zuerhalten,  welchem  ich  alfo  nachkommen 
wil.  So  ift  darneben  eur  vermanung  vnd  befelch  in  meinem 
ftudiem,  auch  in  begreifTung  der  fprach  vnd  fernere  vbung  vf 
dem  inftrument  allen  vieis  anzuwenden,  damit  nicht  vergebener 
vncoft  mit  fampt  der  zeit  auf  vnd  hinweck  gehe,  welchem  allem 
ich  mit  hochftem  vleis  meinen  vorigen  zufagen  nach  fo  vil,  als 
Gott  der  Almechtig  genadt  verleicht,  zum  treulirhften  vnd  vleiffigften 
will  nachkummen  vnd  aulwarten,  welch«;  ihr  euch,  wie  ich  euch 
oftmals  ziigefrhriben  hab,  gentzlich  zu  mir  habt  iuuerfehen.  Dafs 
die  geü  hmeltzten  fchahi  alfo  gar  zubrochen  findt  ankummen, 
ift  mir  laidt  vnd  taurt  mich  die  fchone  arbeit,  auch  die  fchone 
groffe  ftuck,  fo  der  fchwager  Scheurl  für  fich  hat  eingekaufft. 
In  der  warheit  weft  ich  nicht,  wie  fle  heten  beffer  foln  ein- 
gemacht werden,  wie  dan  der  fchwager,  fo  mit  vnd  bei  gewefen, 
felbs  gefehen.  Vf  ditzmal  weis  ich  euch  fünft  nichts  zufchreiben, 
dan  das  die  fag  alhie  ift,  das  Ro.  kaiferliche  Maieftet  von  jetz- 
regierendem  Pabft  vf  den  künftigen  fummer  alhie  zu  Bononia 
wol  gekrönt  vnd  conhrmirt  werden,  wo  dem  alfo,  fo  wirdt  es 
ein  herlich  vnd  gewaltig  ding  zulehen  lein  Hiemit  wunfch  ich 
euch  allen,  wafs  euch  lieb  ift  vnd  Gott  dem  Almechtigen  in 
feinen  fchutz  vnd  fchirm  beoulhen.    Wolt  von  meintwegen  der 


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—    156  ~ 


f.  muUer,  f.  Kreffin,  h.  Endris  Im  ho  ff,  den  gefchwiftrigten 
fampt  dem  gantzen  haufgefindt  vü  grufs  anzeigen.  Datum  in  eil 
in  Bononia  den  3.  tag  Martü  im  60. 

E.  G.  S.  AZ. 

Chriltopli  Krefs. 

47. 

Schuldig  gehorfame  lieb  u.  f.  w.  Lieber  vatter,  wiewol  mir 
difer  zeit  an  euch  zufchreiben  nichts  fonders  furgefallen»  dtewetl 
ich  Gott  lob  bei  difer  fchweren,  theurn  zeit  alfo  zimlichermaffen 
verfehen  bin,  fo  gefchicht  doch  ditz  mein  fchreiben  an  euch, 
damit  irmein  gefuntheit  vnd  wolfart  vememetp  auch  meins  ftudierens 
vnd  fürnemens  ein  wiften  tragt,  damit  ihr  nicht  mociit  vermeinen, 
dals  ich  der  eurn  \L-ttorlirhen  vcnn.iniing  vergclYcn  vnd  an  euch 
nicht  gedacht,  wclchs  ihr  keinswcgs  erachten  fulet.  Dafs  aber 
ein  14  tag  her  an  euch  zufchreiben  von  mir  vnteriaffeD,  ift  darumb 
befchehen,  dafs  mir  ein  zeit  her  kein  fchreiben  von  euch  zu 
kummen,  derwegen  mir  vnbewuft,  wie  es  vmb  euch  ein  geftalt 
hat»  Weichs  mir  auch  wenigere  materia  zufchreiben  erreget.  Der- 
halben  ift  hiemit  mein  freundth'ch  vnd  fleiilig  bith,  mich  eurer 
aller  gefuntheit  vnd  wolfart  (welcher  ich  bifsher  nicht  wenig  forg 
getragen,  auch  ob  ir  dem  Joachim,  meinem  bmder,  widemm 
ein  herrn  gefunden,  von  welchem  ich,  dieweil  ich  in  Italia  fein, 
noch  j^ar  nichts  vernummen,')  mit  einem  kurtzen  brieflein  zuuer- 
ftendigen,  welchs  mir  iederzeit  anzuiiurn  vnd  zunernemcn  ein 
hertzliche  freudt  iit.  VVafs  mein  ftudiern  vnd  türhaben  belangt, 
fthet  in  eim  zimlichen  wefen,  fo  verhoif  ich  der  fprach,  welcher 
fundamenta  ich  die  zeit  her  erfam,  mit  der  zeit  allgemach  zube- 
greiffen,  auch  in  die  mores  vnd  gebrauch  der  Weifchen  mich 
zuuerrichten,  fo  will  ich  mich  mit  befterung  der  lernung  vf  dem 
inftrument,  neben  meinem  Itudiem  vnd  furhaben,  zu  feiner  zeit, 
auch  anderer  adelicher  exercitia,  fo  in  difen  landen  gebräuchlich 
findt,  zum  hochften  befleiücn,  damit  ihr,  wo  mir  Gott  das  leben 
gunt,  einmal  folt  erfarn.  dafs  ich  mein  zeit  in  Italia  ni»  ht  vnnut/. 
zugebracht  hab,  welchs  ihr  euch,  meiner  vorigen  vnd  oüern  Zulagen 
nach,  gentzlich  zu  mir  habt  zuuerfehen.  Gott  der  Almcchtig  wol 
mir  fein  genad  vnd  hilf,  folchs  zuuolbringen«  genediglich  verleihen. 


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—    157  — 


Neuer  seitung  weis  ich  euch  vf  ditzmal  nichts  zufchreiben, 
dan  dafs  die  thearang  in  difen  landen  noch  fo  grofT,  dermafTen 

nie  erhört.  Man  kaufft  alhie  zu  Bononia  1  brodt  vmb  3  oder 
4  pfennig.  Ich  wolt  vmb  einen  heller  bei  euch  fovil  erhalten, 
«kraus  ihr  eraclit,  dieweü  fiirnenilich  difs  Co  theur,  danon  der 
menfch  fich  erhalten  vnd  teglich  leben  lol,  in  wafs  werdt  ander 
ding,  fo  man  tegUch  turftig  ift,  difer  zeit  vfgeftigen  fein.  Es 
fchreit  for  hunger  der;arm  man  vf  der  gafTen,  deren  auch  vit 
vor  hunger  fterben.  Aber  da  ift  niemandt,  der  hilf  zu  thun 
begert  oder  ja  wenig.  Der  adel,  fo  im  regiment  ift,  welchem 
folchs  zuuerhueten  zufthendt,  fragt  weiter  nicht,  wan  er  (ich  vnd 
die  feinigen  verfehen  hat.  Solche  noth  vnd  jamer  macht  Gott 
im  himl  erbarmen,  weichers  genediglich  nach  feinem  gottlichen 
willen  wideruin  vÜR-ben  wolle.  Hifer  zeit  weis  ich  euch  fünft 
nichts  zur<-I)ieil)en,  d.tn  wil  euch  hiemit  Gott  dem  A!mcclitii;en 
in  feinen  Ichutz  vnd  ichirm  beuolhen  haben  mit  wunfchung,  wafs 
euch  allen  lieb  vnd  gut  ift.  Wolt  mir  der  f.  matter,  f.  K  reff  in, 
h.  Endris  Imhoff,  den  gefchwiftrigten,  entlich  dem  haufgefindt, 
auch  der  gantzen  freundtfchafil  vil  grufs  mit  erbietung  alles  Itebs 
vnd  dinfts  anzeigen  vnd  wil  mich  euch  hiemit  als  ein  gehorfamer 
fon  ganz  vnterthenig  beuolhen  haben.  Datum  in  eil  den  24.  tag 
Martii  im  60. 

E.  G.  S.  AZ. 

Chriftoph  Krefs. 

48. 

Schuldige,  gehorfame  lieb  u.  f.  w.  So  hab  icli  nchermals, 
1.  vatter,  euch  zugefchriben,  wie  alle  ding  mit  mir  geftalt  findt, 
auch  wie  mir  Italia  noch  Gott  lob  zimlicher  maffen  bekomme, 
wie  ich  defgleichen  bei  difer  fchweren  theurn  zeit  alfo  nach 
noturft  verfehen,  auch  dameben  meidung  gethan,  dieweil  nun  vf 
künfHcr  oftern  ein  halbs  jarsfrift  verloffen,  ein  lautter  vnd  clare 
rct  hiiun^  meines  anrichtens  vnd  aufsgebens  eiu  h  /.uzufchicken, 
folche  bifshcro  an  euch  gcthanc  fchreiben,  verfich  ich  mich 
gcntzlich,  findt  euch  beantwurtet.  Dafs  aber  vf  tlilzinal,  wie  ich 
euch  zugefchriben,  difs  nicht  ervolgt,  gefchicht  aufs  difer  vrfach, 


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—    158  — 


daCs  Clement  Vo Ickheimer in  dicfer  zeit  nicht  anheims 
gewefen,  Conder  fich  der  handelsgefchefft  halben,  an  andern 
orthen  ein  seit  lang  gehalten,  derwegen  ich  vf  ditzmal  nicht 
kunnen  mit  ime  abrechnen,  da  nun  folcher,  wie  ich  tegUch  feiner 
wart,  widerum  ankummet.  Toll  folchs  volbracht  vnd  alsdan  euch 
vfs  erft  vnd  furderlichft,  fo  es  fein  kan,  zagefchickt  werden,  mit 
hochfter  bith,  in  folchem  ein  kleine  gedult  zutragen.  So  kan  ich 
fünft  vf  dit/.mal  nicht  Nnterlaiicii,  curli  /uiiermanen,  dieweil  ich 
in  folanger  zeit  kein  f*  hrciben  von  eucli  empfangen,  auch  deren 
mir  nur  3,  dieweil  ich  in  Itaiia  nun  verharre,  zukunmien,  da 
ich  euch  doch  zum  offlern  mal  mit  briefen  erfucht,  wafs  die 
vrfach  fein  mus,  kan  ich  nicht  erachten,  wiewol  ich  nicht  wenig 
eurer  aller  gefuntheit  forgfeltig  gewefen.  Gott  der  Almechtig 
verleihe,  dafs  fichs  glücklich  vnd  anders  erfinde,  dan  mir  die 
zeit  zugefallen  ift.  Amen.  Wafs  mein  thun  und  wefen  noch  zu 
difer  zeit  betrift,  fthet  aufs  den  genaden  Gottis  auch  in  zimlicher 
wefen,  wafs  meine  in  meinen  bifsher  an  euch  gethane  fchreiben 
Zulagen  euren  vetterlichen  vermanungen  uach  belangt,  folt  ihr 
alzeit  der  zuuerl'icht  fein,  mich  denlell^en  nach  wiffen  zuuerhalten, 
darzu  mir  Gott  der  Almechtig  fein  genad  vnd  hilf  genediglich 
wol  verleihen.  Hiemit  kan  ich  euch  vf  ditzmal  weitter  nichts 
zufchreiben,  dan  mir  die  zeit  zu  kurtz  gewefen.  So  wirt  die 
teurung  teglich  grofTer,  fo  findet  man  alle  tag  leut,  die  hungers 
geworben.  Dan  es  i(t  dafs  brot  in  einen  folchen  werdt,  dafs 
man  vmb  1  pfenig  nicht  mehr  kauffen  kan.  Derwegen  ihr  er- 
achten,  in  wafs  werdt  andere  ding  fein  muefen,  fo  man  auch 
teglich  zur  nuUurft  liaben  mufs.  Gott  der  Almechtig  wol  folche 
zeit,  die  ihr  frhwer  ift,  genediglich  abwenden  vnd  ein  beffere 
difen  landen  zukchicken.  Hiemit  wafs  euch  allen  lieb  vnd  gut 
ift  vnd  Gott  dem  Aimechtigen  in  feinen  fchutz  vnd  fchirm  be- 
uolhen.  VVolt  von  meint  wegen  der  f.  Kreffin,  f  mutter  fampt 
den  gefchwiftrigten,  auch  dem  gantzen  haufgefindt  vnd  andern 
herm  vnd  freunden  vil  grufs  vnd  meinen  dienft  anzeigen  vnd 

'  CU  mens  Volckamer,  wahrscheinlich  der  Sohn  dcf,  Ceor^'  Volckamcr 
und  der  Katharina  Nütrel.  der  1563  Kosine  üeuder  iieiralele  und  1572  in 
den  Rai  kam,  [Biedermann  1  afcl  DXXXIVBj  wird  später  der  oberste  im 
Handel  genannt.  Ob  er  Gesellschafter  des  Albrecfat  Scheurl  war  oder  welches 
Ver]iäUi>;  sonst  zwischen  den  beiden  bestand,  habe  ich  nicht  fest- 
fttelleo  könneu. 


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—    150  ^ 


wil  niicli  euch  hiemit  als  ein  gehorfanier  fon  gantz  vnterthenig 
haben  beuolhen.  Datum  in  eil  in  Bononia  den  Q.  tag  Aprilis  im  60. 

£*  G.  S.  AZ. 

Chriftoph  Krefs. 

49. 

Schuldig  gehorfame  Heb  «.  f.  w.  Lieber  h.  vatter,  nach- 
dem ich  bifsher  etlich  vil  rchreibeii  a:i  cuch  gcthan,  darneben 
meinen  ftandt  vad  wefen  eiicli,  wie  mir  dan  gclnirt,  aller  notturft 
nach  angezeigt,  dieweil  mir  aber  in  3  monaten  her  kein  fchreiben 
oder  antwort  von  euch  zukuramen,  fthe  ich  in  zweifl,  ob  euch 
folche  beantwortet  oder  ob  ihr  mit  gefchefften  beladen  oder  mit 
fchwacheithen  neben  andern  vnglttck  vberfallen,  dafs  ihr  foichs 
vnterlafen,  welchs  Gott  der  Almechtig  verhüten  wö\,  Derwegen 
ich  vf  ditzmal  verurfacbt,  euch  vfs  vnterthenigft  vnd  vleiHgft 
zu  bitten,  mich  eurer  gefuntheit  vnd  wolfart  halber  zuverilhen- 
digen,  welchs  ich  vfs  erft  zuerfaren  zum  hochften  beger.  So  kan 
ich  euch,  lieber  h.  vatter,  leider  \\  (iitzrnal  niclit  bergen,  dafs 
fich  vj  2A-.  tag  Aprili«?  alhie  zu  Bononia  zugetragen,  das  die 
fchergen  oder  Ichutzen,  wie  ihrs  bei  euch  nenhet,  fo  alhie  dem 
regiment  zu  Bononia  vnterthenig,  aus  mutwillen  anc  allen  befelch 
der  Obrigkeit  (Ich  vnterfthanden  vnd  einen  Teutfchen  vom  adel, 
einem  von  Heim  vs  dem  gewaltigften  adel  aufs  Meifsen^),  bei 
nechtlicher  weil  in  fein  haus  oder  habitation,  da  er  fampt 
3  welfchen  fcolam  gewonet,  eingefallen  vnd  ime  dafs  fein,  da 
He  inen  felbs  perfonlich  vf  denfelben  abent  nicht  gefunden,  mit 
gewalt,  wafs  ihnen  gefallen,  geblundert.  Vnd  wo  er  felbs  anheims 
gevvefen,  da  er  doch  bei  andern,  zu  all  fcim  gluck,  den  abent 
fich  gehalten,  inen,  den  Tciitf»  hen,  zum  hon  vnd  tratz.  felbs- 
perlonlich  weggefurt,  welchs  inen  vf  ditzmal  gefeit,  vi  welche 
that  fich  der  rector  fn'iv  t  der  ganzen  vniverfithet  in  beifein  aller 
ftudenten  gegen  der  hohen  obrigkeit  beklagt  vnd  der  jufticia 

*)  Olho  all  Heym  lirunsviceusis,  cf.  Acta  nationis  Liermanicae,  336. 
Die  Heim,  Htym  heiften  eigentlich  Hoym,  Hoymb,  stAmmen  ans  dem  Anhalt« 

ischen  und  teilten  sich  in  eiiu-  'iclisisch-thUrinL;i>clie  unrl  in  eine  poinine- 
risch-braunschweigische  Linie.  Ütio  von  Heim,  den  also  Krefs  dem  Namen 
nach  sehr  gut  für  einen  >vs  dem  gewaltigften  adel  aufs  Meifsen«  halten 
konnte«  &tudierte  1555  zu  Padua  und  siedelte  1557  nach  Bologna  Uber. 
'Gütii^c  Mitteilung  des  Hrn.  UniversiUtiprofessors  Dr«  A.  Laschin  von  Eben* 
greuth  in  Graz.> 


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—    160  — 


nach  folciien  mutwillen  zuftraften  begert,  vnter  welchem  für  den 
fchein  gehandelt,  aber  entlich  durch  die  finger  gefehen  vnd  der 
jufticia  nach  nicht  woln  procediren,  darob  die  welfchen,  fo  von 
natur  hitzig  vnd  doUe  köpf  ßndt,  zugefam»  alf  inen  die  jufticia 
mit  honifchen  worten  abgefchlagen  vnd  der  fchergen  palaft  aufs 
zorn  mit  gewerter  handt  angeloffen,  daraufs  ein  folcher  tumult 
(ich  erhebt,  dafs  aus  beiden  theiln  2  vf  der  walflat  bllben,  der  3., 
fo  ein  Scolar,  ein  Niderlender,  mit  eim  Itciii  geworfen  vf  den 
tliodt  veiwundet,  ift  doch  entlich  als  man  den  ernft  erkant, 
geftillet  vnd  den  fcolarn,  als  fie  j^efehen,  dafs  wcitter  nichts 
guts  daraus  werde,  fridt  zugelagt,  dan  fie  von  dem  adel  zufor- 
derft,  aut'h  der  gantzen  burgerfchafft  wolgewolt,  aufs  heforgung, 
dafs  nicht  die  gantze  (tat,  fonderlich  bei  difer  groffen  theorung, 
auch  andern  zufallen  ein  zwidracht  vnd  auflauf  erregt  werde, 
damit  die  fcolarn  zufriden  vnd  fich  widerum  zur  ruehe  begeben, 
der  zuverdcht,  der  zufagung  nach  mit  difen,  fo  folchs  ein  anfang 
findt,  der  jufticia  nach  ku  procediren.  Vf  den  2.  tag,  als  fie 
promiirioii  halber  widerum  angefucht,  ift  inen  die  vorige  zufagung 
gar  abgef<  hlagen  wurden,  auch  zugefarn,  inen  irc  priuilegia,  fu 
fie  vor  6  bis  in  die  8U0  jar  gehabt,  begern  einzuziehen,  welchs 
inen  in  keinem  weg  zufthaten  geburt,  darauf  fie  widerum  vf  ein 
newes  zubauf  geloffen  vnd  alle  nationes  zufam  gefordert  vnd 
nach  langer  beratfchlagung  vnd  Vereinigung  haben  fie  entbe* 
fchloffen  vnd  erkennet  mit  gemeinem  rath,  aufs  der  fthat  zu- 
2iehen,  welchs  auch  befchehen,  find  alfo  mit  bewerter  handt  vnd 
vfgerigtem  fannen  iren  freiheiten  nach  mit  iren  priuilegiis  vnd 
freiheiten  nach  Ferrara,  dafelbft  fich  niderzuthun,  dieweil 
es  nicht  weit  vnd  eine  fchone  ftat  ift,  gezogen,  liiiuortaii 
dafs  fiudium  dafelbft  ferner  zuerhalten,  darzu  inen  der  hertzog 
von  Ferrar  threulich  geholffen.  Alf  fie  nun  vf  2  wellciie 
meil  gewefen  vnd  dafs  fogar,  dafs  bei  menfchengedenken  nie 
erhört,  von  Bononia  hinweck  vnd  eim  andern  herm  willens  gewefen, 
zu  überantworten,  fo  hat  fie  es  entlich  gereut  vnd  mit  Cchweren 
2ufagungen  vnd  verhaifungen,  als  fie  erkant,  das  viler  ihrer 
bttrger,  auch  des  gemeinen  mans  bei  difer  fchwem,  theurn  zeit 
verderben  fein  werd,  haben  fie  es  entlich  mit  verneuerung  vnd 
beftattigung  ihrer  vorigen  priuilegia,  derfelben  fich,  wie  for, 
widerum  zugebrauchen,  widerum  /.uru*  kberedet  vnd  widerum  in 


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—    161  — 


iren  alten  (tandt  vnd  wefeo  in  die  (tat  eingefurt  vnd  gebracht 
neben  vilen  zufagungen»  fte  hinfortan  als  fcolam  bei  ihren  ade^ 
liehen  freiheiten  zuerhalten,  ift  auch  alsbaldt  difer  aus  den 

fchergen,  fo  des  tumults  ein  anfenger  gcwefen,  entleibt  vnd 
geri*  ht  worden,  auch  diu  andern  der  jufticia  nach  geftrafft.  Ift 
alfo  loh  lics,  daf  ein  fchwerer  bandcl  tiewefen.  \  errichtet  vnd 
zufriden  gcttclt  wurden').  Gutt  der  Ahnechtig  verleihe  genediglicli, 
dafs  es  hinfortan  ruiger  vnd  fridlichcr  zugehe.  Amen.  Ich  bin 
gentzUch  willens  gewefen,  'euch  vf  ditznial  meines  aufgebens  ein 
rechnung  zuzufchicken,  wie  ich  euch  vormals  zugefchriben.  Dafs 

')  Die  aubführhche  Uenchterütaltung  den  Christoph  Kref»  Uber  diese 
Vorkommnisse  ist  um  so  wertvoller,  als  «ödere  Qudlen  entweder  ganz  im 
Stiche  lassen  oder  die  Sache  in  ganz  .inderem  Lichte  darstellen     In  den 

Aitnalen  der  dcut  clu  n  X.ition  t^fschicht  des  Kroiijrtis* es  fjar  keine  Lrw.ahnung; 
auch  in  den  vom  Mitherausgeber  Dr.  C.  Malagola  der  Praeütio  beigcfügleu 
Memorabtlia  ist  deiselben  niclit  gedacht.  Anderen  italienischen  Schrlttstellem 
cheint  die  eigentliche  Veranlassurg  der  Erregung  unter  der  Studentenschaft 
unbekannt  geblieben  zu  sein.  .Salvatore  Muzzi  in  seinen  Annali  della  cita 
di  Bologna,  Tomo  VI,  Bologna  1844,  .S.  537,  auf  dessen  Darstellung  mich 
Herr  Trofessor  Luschin  von  Ebengreuth  in  Graz  aufmerksam  zu  macht  n 
die  f*>iite  luiUc,  i^ilu  an,  dafs  der  Streit  zwischen  tU-n  Studenten  nnJ  den 
Sbirren  Uber  eine  vom  Jfolizeihauptmanu  angeordnete  Verhaftung  eines 
Studenten  entbrannt  sei,  wahrend  Krefs  ausdrücklich  hervorhebt ,  dafs  die 
Schergen  aus  Mutvrillen  ohne  Befehl  der  Obrigkeit  dem  deutschen  Studenten 
V.  Heim  des  Nachts  ins  H:iTts  gefallen  seien  und  ihn  ausgeplündert  halten, 
und  den  AngrilT  der  btudcnien  auf  die  Wache  als  Folge  der  Weigerung, 
jene  Obelthäter  zu  bestrafen,  hinstellt.  Das  Verhalten  der  Studenten  wird 
sehr  verschieden  zu  beurteilen  sein ,  jenachdem  man  die  eine  oder  die 
andere  Darstellung  für  richti;^  h.Hlt.  Es  Ififst  sich  aber  nicht  verkennen, 
dafs  die  Schilderung  <ies  Zeitgenossen  Krefä,  der  die  Sache  mit  erlebt 
hat,  auch  mehr  Wahrschttinlichkeit  (llr  sich  hat  Ferner  weifs  Salvaiore 
Mu/zi  nichts  davon,  daf^  len  Stu  l. nten,  als  sie  zum  zweiten  Male  die  Be- 
strafung der  schuldigen  Schergen  mit  Ungestüm  forderten,  mit  Entziehung 
ihrer  Privilegien  gedroht  worden  war,  und  doch  scheint  gerade  diese  Drohung 
die  Erregung  aufs  Äufserste  gesteigert  und  den  Ent«chlufs  bei  der  Studenten* 
Schaft  zur  Reife  gebr.iclit  zu  haben,  Bologna  zu  verlassen  und  die  Universität 
nach  Ferrara  zu  verlegen.  .Auch  wird  man  die  Verwunderung  des  Salvaiore 
Muzzi  darüber,  dafs  nicht  derjenige  Scherge,  der  den  Studenten  getödtet  hatte, 
hingerichtet  wurde,  sondern  em  anderer,  der  einen  Scolaren  mit  einem  Stein- 
wurf  verwundet  hatte,  und  seine  Klage  über  die  Willkür  jener  Zeit  nicht 
teilen,  wenn  man  ans  dem  Bericht  des  Krefs  erfährt,  daf-»  auch  derjenige, 
der  mit  dem  Stein  geworfen  worden  war,  ein  Niederländer,  auf  den  Tod  ver« 
wiHu!f  t  worden  war  und  dafs  derjenige,  der  gericluei  worden  ist,  do:>  Tumults 
e;n  Anlän^er  war.  Da«  <';>iue  Vorkommnis  über  erieijt  unser  Interesse  um 
itejwillen,  weil  dieser  gepl.ir.le  Auaiug  nach  Ferrara  der  Vurläufer  jenes 
thatsächlich  zur  Ausführung  geltrachten  Auszugs  der  deutschen  Nation  in 
Bologna  nach  Taihia  war,  der  1562  infolge  eines  älinlichtn  Komi  kts  mit 
den  .Schergen  ins  Werk  gesetzt  wunlc  und  die  Deutschen  'ahrclang  von  Bologna 
ferne  hielt;  erst  im  Jahre  157,5  kehrte  die  Nation  nach  Bologna  zurück,  nach- 
dem ihre  Privilegien  neu  bestätigt  und  auf  das  Ausgiebigste  bekräftigt  waren. 
Vgl,  Acta  nat.  S.  XXXIV. 

11 


—    162  — 


aber  folchs  nicht  befchehen,  ift  die  vrfach,  das  Clement  Volck> 
heim  er,  fo  der  obrigft  im  handel,  etlich  tag  verreift  gewefen, 
derwegen  ich  mit  ime  nicht  kunnen  abrechnen,  fo  ift  auch  eben 
das  obgemelte  vngluck  furgefallen,  derwegen  ich  folchs  nicht 

hab  kunnen  ververtigcn,  folts  aber  mit  furderlichften  vnd  erften 
empfangen.  Solchs  hab  ich  euch  vf  ditzmal  nicht  kunnen  ver- 
halten, liiemit  wunfi  h  ich  euch  allen,  wafs  euch  lieb  vnd  aiit 
ift,  vnd  Gott  dem  Almechtigen  in  feinen  fchutz  vnd  fchirm 
beuolhen.  Vnd  wil  mich  euch  als  ein  gehorfamer  fone  gantz 
vnterthenig  gehorfamlich  haben  beuolhen.  Wolt  von  meintwegn 
der  f.  K  reff  in,  h.  Endres  Im  hoff,  der  f.  mutter,  den  ge- 
fchwiftrigten  fampt  dem  gantzen  haufgefindt  fampt  andern  herrn 
vnd  guten  freunden  vil  grufs  vnd  alles  Hebs  vnd  guts  anzeigen. 
Datum  in  dl  in  Bononia  den  28.  tag  Aprilis  im  60. 

E.  G.  S.  AZ. 

Chriftoflf  Krefs.  < 


50. 

Schuldig  gehorfame  Ueb  vnd  trew  neben  wunfchung  alles 
liebs  vnd  guts  zuuor.    Lieber  h.  vatter,  eur  nechftvergangen 

fchreiben,  an  mich  gethan,  ift  mir  vf  den  1.  tag  May  wol  zu- 
kummen,  daraus  ich,  Gott  lob,  eur  aller  gefunthcil  vnd  wolfart 
verftanden,  welchs  ich  zum  hochften  erfreut,  defgleichen  wift 
mich  aus  den  genaden  des  Almechtigen  Gottis  auch  noch  in 
zimlichem  wefen,  der  zuuerficht,  er  werde  vns  nach  vnferm  gebet 
nach  feinem  vetterlichen  göttlichen  willen  zu  beden  theiln  ferner 
vnd  langwirig  erhalten.  Amen.  So  hab  ich,  lieber  h.  vatter, 
aus  eurem  fchreiben  vemummen,  das  ihr  nach  langer  vnter- 
handlung  des  Jochims  halber  mit  dem  herrn  von  Schwendi') 
ime  entlich  ein  herrn  gefunden  (dieweil  ihne  der  gedachte  herr 
von  Schwendi  nicht  wollen  noch  kunnen  annemen,  dieweil  ein 

*)  Lazarus  Freiherr  von  Schwendi,  der  nachmalige  oberste  Feld- 
hauptmann und  Rat  Kaiser  Maximilians  II.,  stund  damnb  in  Pit-nsten  <1es 
Königs  rhilipp  von  Spanien  in  den  Niederlanden  und  halte  in  dem  Kriege 
gegen  Frankreich  unter  dem  Oberbefehl  des  Herzogt  Emanuel  PhtUbert  von 
Savoycn  mit  dem  Rff^itiitiitL-  deutscher  Krtl^^ltc,  das  er  !)ffehriyle,  rühm- 
lichen Anteil  an  den  Kämpien  bei  St.  Quinctin  und  ürävelmgen  genommen. 
Der  Krieg  war  1559  mit  dem  Frieden  von  Chateau  Cambresis  tu  Ende 
j:c{,'angen  und  Herr  von  Schwendi  konnte  somit  seine  Truppe  entlassen. 
Vgl.  V.  Janko,  Lazarus  Freiherr  von  Schwendi  etc.  Wien,  1871.    S.  85  ff. 


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—    163  — 


(ein  kriegsvolck,  To  ime  lang  gedienet,  felbft  hab  gevrlaubt)  inen 
derwegen  dem  herrn  Chriftoff  Kaller^)  gen  B  ruf  fei  zuge- 
(chickt,  dafs  ehr  dafelbft  an  des  hert sogen  von  Saphoi  hoff 
dienft  vnd  ein  herrn  mocht  bekummen,  damit  ehr  verner  was 
fehen  vnd  lernen  mocht,  welchs  ich  von  herlzen  gern  gehört, 
der  zuuerficlit,  or  werde  fich  liinfürtan  vvol  halten  vnd  eurn 
vetterlichen  ermanungen  vnd  erinderiingen  mit  allem  vlcis  na(  h- 
kummen,  darzu  iiiic  Ciott  der  Almechtig  fein  genad  genediglich 
wol  verleihen.  Waf  ihr  nun  jetzund  mit  dem  Jeronimo^)  wolt 
furnemen,  dieweil  ich  alzeit  verftanden,  als  ich  jungft  bei  euch 
gewefen,  ihr  wolt  inen  vf  diCen  gegenwertigen  frueling  auch  mit 
etm  herrn  verfehen,  beger  ich  gantz  vleifsig,  folchs  von  euch 
zuerfarn.  Waf  mein  thun  vnd  wefen  belanget,  fteht  Gott  lob  in 
zimlichen  wefen,  fo  gefeit  mir  Italia  noch  fehr  woU,  wo  allein 
die  groffe  teuruftg  ein  abfchlag  mocht  gewinnen,  daran  noch 
gar  nichts  zufpurn,  fo  ift  mir  auch  die  fj^cis,  auch  die  luft, 
dauon  man  fo  \il  aiL;es  gefagt,  Gott  lob  alzeit  wol  liekuninien, 
fo  hab  ich  der  Italiener  brauch  zum  theil  Ichir  gewonet,  der 
hoffnung,  mich  teglich  iebaf  in  mein  fach  zufchicken.  Waf  mein 

('hristoph  Haller,  der  Sohn  des  Bartholomäus  Haller,  war,  wie  sein 
Onke),  ilcr  bekannte  Wolf  Haller,  Kaiser  Karls  V.  Rat  und  wurde  vielfach 
als  kaiserlicher  Gesandter  an  königliche  und  fürstliche  Höfe  geschickt.  Er 
war  aber  aocli  des  Henogs  von  Savoyen  Rat  und  Hofmeister  und  hatte  eine 
Imhoftin,  die  Tochter  des  Simon  Imhoflf  in  Augsburg,  also  eine  Verwandte 
der  Stiefmutter  unseres  Qirisloph,  sor  Frau.  S.  Biedermann»  Geschlechta- 
registcr  Taf.  CXII. 

*)  Hieronymnc  Kreis,  der  dritte  der  Brttder,  wurde  In  die  Niederlande 
und  später  nach  Lyon  geschickt.  Hr.  Endres  ImhofT  schreibt  dazu,  es  habe 
weni"  ('lütk  i'..i!>ci  sein  wollen,  und  fahrt  fort  :  »Vnd  wie  er  das  letzt  mol 
her  kam  auff  21.  September  anno  1567  vnd  hie  plieben  bis  uufT  2b.  Nouember 
anno  1 568,  da  hot  er  mit  andern  tu  gast  gessen  rnd  als  er  mit  eim,  WoIflT 
Werner  genannt,  der  tucher  diner,  ob  dem  spil  in  vnfrieden  worden  vnd  alls 
es  zwischen  6  vnd  7  Vr  in  der  nacht  gewest,  das  sie  heim  sollen  gin,  sind 
sie  bey  der  siigen,  so  man  aulY  Sani  Seboils  kirchoff  (hat),  iauIT  einander 
gestofsen  vnd  der  Rres  ein  grofse  wunden  in  kopff  vnd  der  Wol  (T  auch  ein 
wunden  in  kopIT  vnd  ein  flieh  in  den  arm  vherknmen,  vnd  do  es  fich  vVier 
etlich  tag  mit  demWolffen  gd^erlich  erzaigi,  wie  dan  derlelbc  ift  geflorben, 
do  hat  fich  der  Kres  vnangefehen,  das  er  noch  niring  geheih  ift  gcweft, 
in  das  Kleilt  gen  Roth  begeben,  dofelbft  ift  er  plieben,  pis  er)  gar  geheilt 
gewefl.  hot  er  fich  von  dnnnen  weckt;emacht,  dan  des  verftorben  prüder, 
welcher  ein  ambtnian  des  kurlürften  von  Sachfen,  hot  fich  der  fach  hefifiig 
angenomen  vnd  firfchrifft  von  Knrfirften  procht  vnd  des  ftrengen  rechten 
begeit,  darauff  Hch  Jeronimus  Kres  gen  Jenua  gelhon  vnd  befoldung  ange* 
numen,  alls  er  fich  aber  dofclbfl  auch  hot  müfen  befc^r;;cn,  hat  er  fich  von 
Jenua  zu  merr  in  Spanigna  begeben  in  ano  1570.'  Siehe  im  Uebrigcn  Uber 
Hieronymus  Krefs  die  Abhandlung  von  W.Loose  in  Mitteilungen  des  Vereins 
fOr  Geschichte  der  Htadt  Nttniberg,  Heft  III,  S.  37  ff. 

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—  164 


ftudiern  neben  bevleifsung  der  fprach»  auch  andere  adeliche  (itien 
vnd  exercitia,  fo  eim  jungen  menfchen  zubegreifen  geburt  (an- 
langt), traget  nicht  zweiffl,  mich  zu  jeder  zeit  eurn  vetterlichen 
vermanungen  nach,  auch  meinen  offtem  zufagen  nach,  mich  in 
folchen  zuuben  vnd  zulernen  allen  muglichen  vlefs  vfzu wenden, 
darzu  mir  Gott  der  Almechtig  fein  genad  neben  gefiiiUlicii  lcii<, 
folchs  zuuolbringen,  genediglich  woi  verleihen.  Ich  hah  euch 
vorlengft  ein  rechiiung  meines  vnterhaltens  wollen  zufc  liicken, 
fo  findt  nun  ein  zeit  lang  die  handelsleut  alhie  dermaffen  mit 
wandern  vnd  andern  gefchanUn  beladen  gewefen,  auch  noch 
nicht  anheims,  derwegen  ich  nicht  zur  rechnung  vf  ditzraal  mögen 
kumen,  haben  mich  gebeten,  ein  kleinen  verzug  zu  haben,  bis 
fie  das  ihrig  verrichtet,  wolln  He  mich  zum  erften  furdem,  nius 
alfo  ein  weil  laffen  beruhen.  Alle  fach  Ithet  fünft  noch  im  alten 
wefen,  die  hitz  wil  in  difen  landen  allgemach' anfangen,  dauor 
rieh  mit  mclTi^keit  uHer  fpeis  vnd  trenck  wol  fiirzufehcn.  Sunft 
weis  ich  euch  vf  ditzinal  weiter  nichts  zulchrciben,  dan  wil  ich 
mich  curli  als  ein  uehotTanier  fone  vntertheniglich  beuolhen 
haben  mit  wunfchung  vil  liehs  vnd  guts  vnd  euch  hieniit  Gott 
dem  Almechtigen  in  feinen  fchutz  vnd  fdiirm  iKuollun.  Wolt 
von  meintwegen  dem  h.  Endris  Im  hoff,  der  f.  Kreffin,  der 
mutter,  den  gefchwifterigten  fampt  dem  gantzen  haufgeflndt  vnd 
andern  herm  vnd  guten  freunden  vil  grufs  vnd  dinfts  anzeigen. 
Datum  in  eil  in  Bononia  den  IQ.  tag  Mali  im  60. 

E.  G.  S.  AZ. 

Chriftoph  Krefs. 

51. 

Schuldig  gefioifamo  lieb  vnd  trew  u.  f.  w.  Lieber  h.  vatter, 
fo  vil  n^ein  neher  fchreiben,  an  euch  gethan,  belanget,  verfehe 
ich  mich,  fei  euch  geantwortet,  daraus  ihr  meinen  vortgang  der 
ftudien  fampt  der  fprach  vnd  andern  exercitien  werdt  haben 
vcrnomen,  der  zuuerftcht  zu  Gott  dem  Almechtigen,  ehr  werdt 
mir  fein  genadt  neben  gefunthem  ieib  weiter  fortzufarn  genedig- 
lich verleihen.  So  ift  verfchiener  ta^^  vnfer  fchwager,  herr 
hauptmann   Hans    Rictiier*),   fo   von   Rom  heraus  poftiert, 

Ilaiis  RielcT  von  Kornhiirj^,  Sohn  des  Eustachius  Kieler  und  der 
Katharina  Koburgerin,  geb.  1522,  hieli  &ich  in  seiner.  Jugend  stets  an 


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—    165  — 

widerum  albie  ankummen,  welchem  wir,  wie  dan  der  fchwager 
Albrecht  Scheurl  den  feinen  hierinnen  bevolhen,  allen  guten 
willen  bewifen  vnd  erzaigt,  ift  gewis  ein  perfon,  der,  als  eim 
verftendigcn  kricgsman  gcburt,  fich  was  gelitten  vnd  erfam»  vnd 
da  man  folcher  leut  bedurft,  einmal  dem  vatterlandt  wefte  vnd 
küiitt'  \orfthen.  Hat  fich  dcrrn.iruii  fo  lioch  gegen  mir  fanipt 
(K.-n  \  nfcrn  oibottcn,  iedcr  zeit,  wo  es  mu^Iich  fei,  uns  zu  dienen 
viid  zu  wilfarn,  welchs  ich  in  kein  weg  gegen  ime  weis  zu  ver- 
fchulden,  verfich  mich  gemelter  h,  hauptman  werde  in  3  oder 
4  woclien  bei  euch  ankommen.  Difer  seit  fthet  hierinnen  alle 
ding  im  alten  wefen,  wirdt  der  teurung  noch  kein  abfchlag 
gefunden.  So  werdt  ihr  leider  lengft  vemummen  haben,  wie  die 
Criften  vor  Tripolis  durch  verretei  zu  waffer  hart  gefchlagen, 
wiewol  man.  die  tag  widerum  wollen  fagen,  es  foll  fo  heftig 
nicht  erfunden  werden,  als  man  erstlich  fürgeben,  iedoch  ift  es 
leider  an  difem  zuuiP).  (iott  der  Almechtiu  wolls  /um  belTern 
wenden.  Sunft  kan  ich  euch  aus  kurtz  der  zeit,  weis  euch  auch 
vf  ditzmal  fonderlich  nichts  zufchreiben,  dan  dafs  eine  grolTe 
hitz  in  difen  landen  fchon  vorhanden,  welcher  ich  mit  meffigkeit, 
ob  Gott  will,  hoff  vorzufthen.  Hiemit  wunfch  ich  euch  vil 
gluckfeliiger  zeit  vnd  alle  wolfart  vnd  wil  euch  alle  Gott  dem 
Almechtigen  haben  beuolhen,  thu  mich  auch  als  ein  gehorlamer 
fon  ganz  vntertheniglich  beuelhen.  Wolt  von  meintwegen  dem 
h.  Endris  Imhoff,  auch  der  frawenK reffin  vnd  fraw  mutter 


Fürsten-  usd  Herrenhöfen  auf  und  diente  dann  Kaiser  Karl  V.  und  König 
Philipp  von  Spanien  fast  24  Jahre  al«  Kriegsmann  in  angesehenen  Stellungen. 

Im  Jaiire  1560  kam  er  mit  dem  Grafen  Hannibal  zu  Hohenems  als  dessen 
Ilofincis', er  nach  Rom  and  wiirde  von  Papst  Pius  IV.  ?um  Ritter  geschlagen. 
Er  safs  dann,  nachdem  er  Katharina  Goi'swein  geheiratet,  mehr  als  20  Jahre 
lang  im  Rat  su  Nttmberg,  warde  Kriegsrat  des  Fränkischen  Kreises  and  starb 
1584.  Sein  Bruder  Anton  Kieler  w  ir  in  zweiter  Ehe  seit  1542  mit  Marga- 
retha Kressin,  der  Tunte  Christophs,  verheiratet.  S.  Will.  Münzbelustigungen 
lU,  S.  362  und  S.  359. 

')  Die  Seeschlacht  bei  Dscherbe  am  14.  Mai  1560,  in  welcher  die 
christliche  Flotte,  welche  Philip;»  II.  von  Spanien  in  Gemeinschaft  mit 
Genua  und  Malta,  dem  Jfapste  und  dem  Herzog  von  Toskana  ausgerüstet 
hatte,  um  die  Raiibnester  der  türkischen  Seerinber  cn  erobern,  ron  der  anter 
dem  Befehl  des  Kapudan-Pascha  Fiale  von  Konstantinopel  herbeigeeilten 
türkischen  Flotte  total  geschlagen  und  vernichtet  wurde.  Vgl.  v  Hammer, 
Geschichte  des  osmanischen  Reiches.  II.  Bd.  Pesth.  1834.  S.  299  ff. 
F.  C.  Schlossers  Weltgeschichte  l&r  das  deutsche  Volk.  XII.  Bd.  Frankfurt 
1851.  S.  430  ff.  Zinkeisen,  Geschichte  des  osmantschen  Reiches  in  Bttropa* 
II.  ThL  Gotha,  i8S4*  ^5- 


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—    166  — 


fsmpt  dem  gantzcn  haufgerindt  vnd  freundtfchaflt  vil  licbs  vnd 
grus  anzeigen.    Datum  in  Bononia  in  eil  den  3.  Juni  im  60. 

E.  G.  S.  AZ. 

Chriftoph  Krefs. 

52. 

Schuldige  gchorlaine  lieh  vnd  trew  neben  wunfcliung  alles 
Hebs  vnd  guts  zuuor,  lieber  herr  vattcr.  £ur  fchreiben,  den 
24.  tagMaü  aufgegangen,  ift  mir  vf  17.  Junii  sukummen,  daraus 
ich  eurer  aller  wolfart  vemummen,  wtewol  ihr  daneben  anzeigt, 
dafs  ir  zuuor  etlich  wochen  wafs  fchwach  gewefen,  aber  Gott 
lob  lieh  widerum  gebeffert,  welchs  ich  zum  hochften  erfreuet. 
Mich  wiffet  aus  den  genaden  des  Almechtigen  Gottes  noch  in 
/.imliclicr  i^oruiithcit,  Ijutt  lob  vnd  verleihe  lenger  zu  allen  thcilcn. 
Amen.  Su  thut  ihr,  1.  h.  vatter,  in  eurem  c^edarhten  fchreiben 
widerum  mcldung,  wie  ihr  mir  dan  zuuor  auch  zugelchribcn, 
dafs  ihr  den  Joachim  mit  einem  lierrn  ein  weil  verfehen,  bifs 
er  weitter  vnter  vnd  fort  Icummen  mocht,  welchs  ich  von  hertzen 
gern  vernummen,  wie  ihr  dan  aufs  meiner  antwort,  vf  folchs 
eur  fchreiben  gethan,  werdet  verftanden  haben.  Schreibet  auch 
daneben,  wie  euch  folcher  vnrath,  fo  Hch  mit  der  vniverfltet 
vnd  dem  regiment  verlofTcn,  miffallen  neben  wunfchung,  dafs 
folchs  nicht  mehr  zufchulden  konmie,  damit  aller  vnraih  vnd 
vviderwill  vermiüen  werde,  fueg  ich  euch  zuwiffcn,  dafs  folchs 
durch  einen  regenten,  fo  von  newen  der  ftatt  vorzufthcn  fur- 
gcfctzt*),  der  nicht  durch  die  finger  ficht,  als  der  vorig  gethan, 
fonder  jederman  recht  vnd  billigkeit  verfchatTt,  gar  geftülct  vnd 
den  handel  zur  ruhe  vnd  friden  gebracht.  So  hat  er  auch  ein 
zeit  lang  demnaffen  zu  kaulfen  vnd  vorkauffen  (dermaffen)  ein 
einfehen  gehabt  vnd  noch  teglich  je  lenger  je  mer  fort  vnd  fort, 
dafs  er  das  gedreide  in  ein  wolfeilern  kauflf  gebracht,  dan  es 

'i  Unter  dem  neuen  Rcf^enten  wird  der  Kardinal  Carlo  Borrotneo 
zu  verstehen  sein,  dem  der  i'apsl  Pius  IV.  am  i6.  April  1560  die  Stelle 
eitles  Legaten  zu  Bologna  Ubertragen  hatte.    Salvatore  Mufii,  annali  della 

rita  Hnloj^na,  Tomo  VI.  Bologna,  1S44  S.  t;37  Kardinal  Borromeo  war 
der  Schwcstersolin  des  l'apsts  und  dessen  Ciiinstlinj^  und  Staatssekretär.  »Er 
war  ein  Mann  von  edler  Gesinnunt;.  literarisch  und  kirchlich  gebildet,  ohne 
jede  Selbst>v\icht,  einfach  und  arm  inmitten  von  Reichtum  und  Macht,  voll 
>;lülioniier  LM)er:*riu;;jM;^'  der  nur  für  die  Kirche,  fi'r  r-eino  Ptlicbten  ab  Bischof 
und  Kardinal  lebte.«    Vgl.  Fhilippsohn,  a.  a.  O.  S.  llS. 


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—    167  — 


zuuor  geftandcn,  ift  jederinan  der  hoffnung,  eine  wolfeilere  zeit 
zuerwarten,  das  Gott  genediglich  verleihen  wol.  Es  ift  ir  gar 
aufs  dermaflen  zu  hoch  gewefea,  man  hat  ein  gedreidmafs,  fo 
fie  alhinen  ein  corb  nennen,  aUs  ich  gerechnet,  ift  nicht  mehr, 
wo  es  anderft  fovil  itit,  als  vngeferdt  ein  halbs  fnmra  korns  bei 
euch  fein  mag,  folche  mafs  des  korns  hat  4  goldtkronen 
gegolten,  kunt  ihr  felbs  erachten,  in  wafs  wert  andere  ding 
niufen  fein  gcwefen,  dieweil  man  ein  jeden  biffen  brots  vmb 
1  pfenig  nmlcii  zain,  aber  gott  lob  zu  dilcr  zeit  ein  wenig  belYcr 
worden,  Gott  verleihe  verner  feine  genade.  Wals  dan  mein 
rechnung  betrifft,  will  ich  dem  alfo,  wie  ihr  nur  /.ugefchriben, 
nachkummen  vnd  vf  Kgydi  zufchicken.  Euer  vetterlich  vermanung 
vnd  erinnening  fag  ich  euch  zum  hochften  danck,  folt  auch 
anderft  nicht  gedencken  noch  erfarn,  demfelben  meinem  zufagen 
nach  in  alle  weg  nachzukummen  mich  jederzeit  zu  befleiffen. 
Darzu  mir  Gott  der  Almechtig  fein  genad  vnd  hilf  wol  verleihen. 
Sunft  fteht  hierinnen  alleding  noch  im  alten  wefen,  i(t  die  fag 
ein  zeit  lang  alhic  gewcfcn,  dafs  kaiferliche  Maiftet  mit  thodt 
folt  abfangen  fein,  ob  dem  alfo,  bin  ich  nicht  gewifs'),  wo  dem 
alfo  welire,  werde  viüeicht  zubeforgen,  dafs  fich  niclit  widerumb 
newe  krieg  erhoben,  welchs  Gott  genediglich  wol  verhueten. 
Hiemit  weifs  ich  euch  vf  ditzmal  fünft  nichts  zufchreiben,  dan 
will  euch  alle  zumal  in  fchutz  vnd  fchirm  Gott  des  Almechtigen 
haben  beuolhen  vnd  thu  mich  hiemit  gegen  euch  als  ein  gehor> 
famer  fon  gantz  vnterthenig  gehorfamlich  beuelhen.  Wolt  hiemit 
der  frau  mutter  vnd  Kreffin,  h.  Endrefs  Imhoff  vnd  dem 
gantzen  haufgefindt  fampt  andern  herm  vnd  freunden  vil  grufs 
vnd  dieiiüs  von  mcintwcgcn  anzeigen.  Datum  in  eil  in  Bononia 
den  24.  tag  Junii  im  60. 

£.  G.  S. 

ChriitotY  Krefs. 


53. 

Schuldige,  gehor£ame  lieb  u.  f.  w.  Lieber  h.  vatter,  ditz 
mein  fchreiben  gefchicht,  wiewol  fich  difer  zeit  nichts  verlofTen, 
allein  darum,  damit  ihr  verftendigt  werdet,  wie  es  vmb  mich  ein 
geftalt  habe,  damit  ihr  bei  difer  fchweren  vnd  hitzigen  zeit 

Kaiser  FerdinaDd  1.  starb  erst  im  Juli  1564 


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—    168  — 


meiner  gefuntheit  halber  nicht  forg  traget,  aber  Gott  lob,  die- 
weil  ich  in  Italia  bin,  hab  ich  mich  noch  zimlichennaffen  be* 
funden,  Gott  verleihe  lenger.  Es  ift  hierinnen  die  hiu  fo  grofs, 
.  dafs  ich  euch  nicht  genugram  dauon  fchrSiben  kan,  fo  baldt  der 
mittag  kummet.  kan  ich  nichts  mehr  aufrichten,  defgleichen  ift 
auch  die  nacht  fo  hitzig,  dafs  der  menfch  fein  natürliche  ruhe 
auch  nicht  haben  kan,  machet  die  leuth  felir  niath,  ift  auch  den 
krancken  eine  fchvvere  zeit,  wan  nur  der  auguftmonat  furuber 
werde,  wcre  fich  für  krnnrkheiten  fo  gar  nicht  mehr  m  heforsicn. 
Wafs  die  frucht  belangt,  ift  eine  kostUche  zeit,  dafs  getreide 
ift  for  ein  monat  eingefchnitlen  worden,  wafs  den  wein  belangt, 
.  fthet  auch  fehr  wol,  ift  an  vilen  orthen  fchon  zeitig,  wie  ich 
dan  alhie  felbs  gefehen.  Verhoff  zu  Gott,  es  foU  einmal  wol- 
feiler  werden,  wan  die  regenten  defs  landts  aoderft  felbs  wollen, 
aber  teuthtfch  dauon  zureden,  die  fchelmerei  vnd  vntrew  ift  vil 
zugrofs,  der  reich  vnd  wie  reicher  er  ift,  je  mehr  er,  nach  dem 
fpricluvort,  begert.  ift  niclu  i>enugt,  dafs  er  den  armen,  den  ihr 
narung  bitterlicii  iavvr  wirdt,  \  nibs  geh  vnd  tegliche  notturft  be- 
treugt,  londern  wo  es  niuglich,  zöge  er  inie  die  haut  gar  ab. 
darum  ift  nicht  wunder,  warum  Gott  Italien  ein  zeit  lier  geftratTt. 
Wafs  die  Rechnung  belangt,  wie  ihr  mir  zugefchribcn,  folt  ihr 
vf  Egidi  empfangen,  dan  ich  Clements,'  mit  dem  ich  abrechnen 
mufs,  ankunfit  teglich  warte.  Wafs  fun(t  mein  thun  belangt,  folt 
ihr  alzeit  erachten,  in  allen  meinem  thun  vnd  wefen  eurn  vetter- 
lichen vermanungen  jeder  zeit  trachten  nachzukummen,  wie  ihr 
einmal,  wiüs  (iott,  mit  der  that  erfarn  werdet,  dafs  ich  danoch 
vfgewendten  vncoften  mit  der  guten  zeit  nicht  vnutz  hab  laffen 
verlaulTen,  dazu  mir  Gott  fein  genad  verner  woll  verleihen. 
Hicnut  weis  ich  euch  vf  dit/.mal  fünft  nichts  zufchreiben,  dan 
ift  mein  bith,  wolt  der  f.  mutter,  f.  K reffin,  h.  Kudriis 
Imhotf  fampt  dem  gantzen  haufgeHndt  vnd  freundtfchaft  vil 
grufs  mit  erbietung  vil  liebs  vnd  dienfts  anzeigen,  thu  mich  hie- 
mit  gegen  euch  als  ein  gehorfamer  fon  gantz  vnterthenig  be- 
uelhen.  Hiemit  (wflnfch)  ich  euch  allen,  wafs  euch  lieb  vnd 
gut  ift,  vnd  thu  euch  Gott  dem  Almechtigen  in  feinen  fchutz 
vnd  fchirm  beuelhen.    Datum  Bononia  in  eil  den  8.  Julii  im  60. 

E.  G.  S  Alzeit 

Chriftoff  Krefs. 


—    169  — 


54. 

Schuldige,  gehorratne  lieb  vnd  trew  neben  wunfchung  alles 
liebs  vnd  guts  zuuor.  Lieber  h.  vatter,  nachdem  ich  Oder 
vltimo  Mai  kein  fchreiben  von  euch  empfangen,  noch  vi!  weniger, 

wie  es  mit  euch  allen  ein  geftalt  hab,  vcrnumnien,  welchs  mir 
nicht  wenig  gcdanckcn  vnd  mich  eurer  gerunthoit  halber  forg- 
feltig  gemacht,  werde  ich  vernrfncht,  wiewol  mir  gur  nichts  zu- 
fchreiben  furgefallen,  euch  dennocht  zuuerftendigen,  wie  es  mit 
mir  geftalt.  Wift  mich  derhalben  aufs  den  genaden  des  Ahuech- 
tigen  Gottts  in  zimlicher  gefunthait,  vnd  wo  es  mit  euch  defs- 
gleichen  alfo  zugieng,  werde  es  mir  ein  hertzliche  freud  zu  ver- 
nemen.  Gott  der  Almechttg  wol  zu  allen  thetlen  fein  genadt 
vnd  hilf  genediglich  verleihen.  So  fchrieb  ich  euch,  ).  h.  vatter, 

■  nehermals  in  meinem  fchreiben  alle  gelegenhelt  meines  furhabens, 
auch  wie  ii  Ii  mich,  Gutt  lob,  in  Italia  bifshichcr  noch  /.imHrher- 
nuirsen  befunden,  wie  ich  auch  der  fprach  vnd  fitten  defs  larules 
von  tag  zu  tag  mehr  gewonet,  folchs  vnd  anders,  wie  ich  mich 
dan  verfich,  werdet  ihr  verftanden  haben.  Jetzundt  zu  difer 
zeit  weifs  ich  euch  gar  nichts  fonders  zufchreiben,  dan  in  Italia 
aliefs  ftill,  wan  nur  der  Turck  zufrtden  fein  wolt,  welcher  faft 
alle  Wochen  vmb  Liuorno  vnd  Pifa  bei  nechtlicher  weil  einfelt« 
wafs  er  erwufchen,  mit  ßch  hinwegfuert.  Es  ligen  vngeferlich 
vor  Tripolis  zu  landt  noch  bei  10000  knechten  allerlei  nation, 

•  fttmcmlich  aber  Spanier  vnd  Italiener,  dieweil  fie  fehen ,  dafs 
fie  verlaffen  vnd  inen  fobaldt  hilf  nicht  mag  zukummen,  haben 
noch  vngeferlich  bei  ')  nionatcn  jirofiant,  wehren  Cwh  doniiarfen 
fo  ritterlich,  als  kaum  erhört  worden,  dieweil  fie  fehen,  dafs 
fie  mitten  vnter  den  vngleubigen,  vnd  anders  nicht,  wo  man  fie 
mit  der  zeit  nicht  rettet,  dan.  den  thodt  zugewarten  haben,  fagen 
wunder,  als  wenig  ihr  findt,  dafs  He  teglich  den  Turcken  groften 
fchaden  thon,  der  hoffnung,  wie  fle  dan  ihre  kriegsherm  zuent- 
potten  dazuhalten,  bifs  fie  mochten  erloit  werden.  Vf  folchs 
fchreibt  mir  ein  edlman  zu,  den  ich  lang  gekennet,  fo  jetzundt 
zu  Pifa  ftudiert*),  wie  dafs  der  hertzog  von  Florentz  allen 
mugÜchen  vlcis  anwende,  leine  fchitf  zu  rüftcn  vnd  fiaffiem, 

*)  Virahrscheinlich  Herr  Wilhelm  von  Freiberg  su  Asch«u  und  W  ilden- 
wart,  mit  dem  er  auch  im  folgenden  Jahre  in  Briefwechsel  steht.  (S,  Bin- 
ieitung  S.  107.) 


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—    170  — 


gedachten  knerliten  zu  hilfT  zuerfchemen.  Ddsgleü^licn  tliun 
auch  die  andern,  lo  zuvor  gelclilagen  worden.  Gott  der  Almechtig 
wol  inen,  dafs  fie  wafs  nützlichs  aufsrichten,  beifthen.  Alhie 
fthet  es  in  zimlichen  vnd  alten  wefen,  bat  die  teurung  ein  wenig 
abgefchlagen.  Ich  bin  der  hoflhung,  es  foll  dafs  jar  fleh  befTer, 
als  dafs  andre  gewefen»  erzeigen  vnd  wo  es  an  andern  fo  gar 
nicht  erfcheinen  wirdt,  verhofT  ich  doch,  welchs  vor  das  gro(t 
gewefen  ift,  es  foll  doch  zum  minften  wein  vnd  brot  wolfeü 
wcren,  dan  es  gar  wol  fthct.  Gott  der  Ahiicchiig  wol  fein 
genadt  erzeigen.  Hieniit  weis  ich  euch  neues  fiinft  nichts  zu- 
fchreibcn,  ift  hicmit  mein  bith,  wolt  dem  h.  Eiuirifs  Im  ho  ff, 
der  f.  KreCfiu  vnd  f.  mutter  lanipt  dem  gantzen  haufgefindt 
vnd  andern  herm  vnd  freunden  vnd  allen  guten  gcfellen,  fo 
mir  guts  gunen,  meinen  gnifs  mit  erbietung  vü  liebs  vnd  dienfts 
anzeigen  vnd  wil  mich  euch  hiemit  als  ein  gehorfamer  fon  gantz 
vnterthenig  haben  beuolhen.  Hiemit  was  euch  lieb  ift  vnd  Gott 
dem  Almechtigen  in  feinen  fchutz  vnd  fchirm  beuolhen.  Datum 
Bononia,  den  27.  tag  Julii  im  60. 

E.  G.  S.  Alzeit 

Chriftoph  Krefs. 

Lieber  h.  vatter,  es  ift  mein  vleifsig  bith,  habs 

nchrmal  vergeffen,  wollt  bifsweiln  /.u  meiner  ruUung 
vnd  buechern  laffen  fehen ,  vnd  etvvan  wafs  von 
kreuttern  in  die  truhen  lallen  legen,  damit  fie  mir 
von  wurmen  nicht  fchadhafft  werden,  dan  fie  mir  lieb 
findt,  auch  zimlich  gelt  kosten.  Meine  rechnung  bab 
ich  jetzt  nicht  kunen  mitfchicken,  folt  fie  mit  nehern 
meinem  fchreiben  empfangen. 


55, 

Schuldig  gehorfaroe  lieb  vnd  trew  neben  wunfchung  alles 
licbs  vnd  guts  zuuor.  Lieber  herr  vatter,  vor  14  tagen  fchrib 
ich  euch  ein  brieflein  mit  vleiffiger  bith,  mich  zuuerfkendigen, 

wie  es  mit  euch  allen  cm  i^ellali  hatte,  dan  mir  jetzundt  in  dafs 


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—    171  — 


4.  monat  t^ar  kein  ichreiben  von  euch  zukommen»  welchs  mir 
eurer  gefuntheit  halber  vil  fchwerer  vnd  mancherlei  gedancken 
gemacht,  dan  ich  in  der  vergangenen  hitz  eurer  nicht  wenig  forg 
getragen.  Gott  der  Almechttg  gebe  vnd  verleihe,  dafs  mich 
meine  gedancken  betriegen  vnd  fleh  anderft  mit  euch  allen  be- 
finde,  als  mir  meine  gedancken  furfchlagen,  welchs  mir  m  erfarn 
die  hochftc  vnd  angcncnirtc  freu'le  ift.  Mich  wiü  aus  den 
genaden  (iefs  Altnechtigen  Gottif;  in  zimlicher  gefuntheit,  wicwn! 
mir  die  grolle  hilz  etwals  zugcictzt,  aber  Gott  lob  furüber,  hatte 
felbs  nicht  geraaint,  zumal  dafs  erfte  jar,  dß.fs  mir  Italia  Co  wol 
fglt  bekummen,  Gott  der  Almechtig  verleihe  ferner  fein  genade 
nach  feinem  göttlichen  willen  zu  allen  theilen.  Amen.  So  hab 
ich  mein  rechnung  alhie  befchloffen  vnd  verfertigt,  der  zuuerficht 
werdet  de  mit  fttrderlichiten  empfangen,  het  mögen  leiden,  dafs 
fle  euch  werde  langlt  zukummen,  aber  die  handelsleuth,  fo  den 
ganzen  fummer  nicht  anheims  gewefen,  haben  mich  bifs  hicher 
verhindert  vnd  vfgezogen,  dai's  fie  euch  nicht  eher  hat  mögen  - 
zugelchickt  werden.  Sunft  fthnt  mein  fach  in  ziniliehen  wefen, 
hat  mich  die  hitz  ein  zeit  lang  wals  verhindert,  dals  ich  fchier 
gar  nichts  aufsricbten  kunnen,  foll  ietzundt  hinfortan  widerum 
hereingebracht  werden.  Hab  die  zeit  die  muüca  fampt  andern 
exercitiis  gctriben.  So  danck  ich  Gott,  dafs  die  groffe  teurung 
ein  abfchlag  genummen,  der  hoffnung,  ein  wolfeilers  jar  zuhaben, 
dan  dafs  vorig  gewefen.  Von  newem  weis  ich  euch  difer  zeit 
nichts  zufchreiben,  dan  gentzlich  die  Tag  ift,  dafs  der  pehitlich 
heiligkeit  vf  künftig  October  oder  Nouember  alhie  ankommen 
werde,  ein  Zeitlang  zu  Bononia  zuucrharren,  bin  immer  der 
hoffnung  gewefen,  e<;  folt  keiferliclie  Maieftet  auch  herein  kommen 
vnd  a!hie  gekronet  worden  fein,  ift  aber  die  fag  vnd  vrfach 
difs,  dafs  keiferlich  Maieftet  dem  Turck  widerum  fol  abgefagt 
haben,  wo  dem  alfo,  wurde  vf  ditzmal  die  cronung  vfgehoben 
werden,  dauor  ihr  villeicht  felbs  mehr  wift,  als  ich  euch  fchreiben 
kan.  Sonft  weifs  ich  vf  ditzmal  fonders  nicht  zufchreiben,  wolt 
hiemit  anderft  nicht  gedencken,  dan  dafs  ich  der,  der  den  euren 
getrewen  vnd  vetterlichen  veitnanungen  jeder  zeit,  weil  ich  leb. 
gedenck  vnd  iiiicii  befleiffe,  nachzukununen,  welchs  ihr  mit  der 
warheit  anderft  nicht  erfarn  noch  fpurn  werdet.  Hiemit  wil  ich 
mich  als   ein  gehorfamer  fon  gegen  euch  gantz  vnterthenig 


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—    172  — 


gehorfamlich  haben  beuolhen,  nicht  mehr,  dan  wafs  euch  allen 
liebs  vnd  dienft  ift,  vnd  hiemit  Gott  dem  Almechtigen  in  feinen 
fchuts  vnd  fchirm  beuolhen.  Wolt  von  meintwegen  der  fraw 
Kreffin,  herrn  Endris  Imhoff,  der  fraw  mutter  fampt  dem 
gantzen  haufsgeHndt,  auch  der  gantzen  freundtfchafft  vil  gnifs 
vnd  allefs  liebs  vnd  dienfts  anzeigen.  Datum  in  Bononia  am 
tag  Bartolomei  des  heiligen  Apoftels  (24.  Auguft;)  im  60. 

E.  G.  S,  Alzeit 

Chriftophorus  Krefs. 


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4 


Lienhard  Nunnenbeck. 

Nach  dem  «ni  8o.  Dei«mber  1894  Im  Verein  fttr  Geschichte  der  Stadt  Nttrnberg 

gehaltenen  Vortrage  von 

Dr.  Theodor  Hampe. 


Das  Interesse,  welches  das  im  vergangenen  Jahre  so  glänzend 
begangene  Hans  Sachs -Jubiläum  in  allen  Kreisen  fUr  den  alten 
Meister  und  die  Erscheinung  des  Meistergesanges  geweckt  oder 
aufs  Neue  belebt  hat,  berechtigt  uns  wohl,  fttr  eine  kurze  Spanne 

Zeit  einem  Manne  unsere  Aufmerksamkeit  zuzuwenden,  der,  ob- 
gleich keineswegs  ein  hervorragender  Geist,  doch  in  Hans 
Sachsens  Leben  eine  wichtige  Rulle  gespielt,  auf  seine  Entwick- 
lung entscheidend  eingewirkt  hat:  auch  auf  Lienhard  Nunnen- 
beck einen  schwachen  Abglanz  der  Glorie,  die  heute  Hans 
Sachsens  Haupt  umstrahlt,  fallen  zu  lassen. 

Was  wir  über  das  Leben  des  bescheidenen  Mannes  wissen, 
ist  bald  gesagt.  Er  war  ein  Leineweber  in  Nttrnberg,  wahr- 
scheinlich noch  in  der  ersten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts 
geboren  und  nach  1513  gestorben.  Das  letztere  Datum  er- 
schliefsen  wir  aus  einem  seiner  Gedichte,  das  in  Hans  Sachsens 
Silberweise  gedichtet  ist.  Hans  Sachs  erfand  diesen  seinen  ersten 
Ton  1513  in  Braunau.  Fugen  wir  nuch  die  bekannte  Thatsache 
hinzu,  dals  er  Hans  Sachsens  Lehrer  in  der  Kunst  des  Meister- 
gesanges gewesen  ist,  so  ist  damit  erschöpft,  was  wir  über  den 
Lebensgang  Nunnenbecks  beibringen  können;  und  es  würde  sich 
auch  schwerlich  lohnen,  eingehende  archivalische  Nachforschungen 
seinetwegen  anzustellen,  denn  abgesehen  davon,  dafs  man  bei 
allem  Aufwand  von  Zeit  und  Mtthe  doch  kaum  etwas  Wesent- 
liches ttber  ihn  finden  wttrde,  so  hätte  auch,  wenn  selbst  ein 
wichtiger  archivalischer  Fund  einiges  Licht  über  sein  Leben  ver- 
breiten wurde,  das  doch  nur  ein  ziemlich  «j^cring^'s  Interesse.  Für 
regeren  Anteil  ist  die  geistige  Potenz  des  Mannes  zu  unbedeutend. 


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—    174  — 


Immerhin  verlohnt  es  sich  dagegen  wohl  —  einerseits  aus 
rein  kulturgeschichtlichen  Gründeni  andererseits  mit  Rücksicht 
auf  Hans  Sachs  —  die  Gedichte  Nunnenbecks  einmal  etwas 
näher  zu  betrachteuj  zu  untersuchen,  was  das  Gemüt  des  ehr« 
liehen  Handwerkers  vor  Allem  bewegt  und  zum  Dichten  angeregt 
hat»  und  was  ihm  sein  Schüler  Hans  Sachs  wohl  etwa  verdankt. 

Dies  wird  im  Folgenden  meine  Hauptaufgabe  sein.  Khe 
ich  jedoch  an  sie  herantrete,  sei  es  mir  gestattet,  einige  Worte 
über  diejenige  Meisterliederliandschrift  vorauszuschicken,  welche 
die  Lieder  Nunnenbecks,  soweit  sie  uns  erhalten  sind,  abgesehen 
von  einem  einzigen,  das  in  ein  paar  seltenen  Drucken  vorliegt, 
enthält.  Es  ist  der  sogenannte  Naglersche  Meistersingercodex 
(von  Goedeke  ab  N  2  bezeichnet;  ich  nenne  ihn  in  den  An- 
merkungen einfach  N),  der»  ehemals  der  Ebner*schen  Bibliothek 
angehörend,  dann  aus  von  Naglers  Jiesitz  in  den  der  Berliner 
Königlichen  Hibliotliek  übergegangen  ist  und  seitdem  als  cod. 
germ.  4^  414  einen  der  vielen  hnndschriftlirhen  Scliätze  dieser 
Bibliothek  ausmacht,  um  so  hoher  gewertet,  als  es  gleich  auf 
dem  ersten  Blatte  in  der  Einleitung  zu  dem  Bande  heifst: 
„welches  puch  Ich  Hans  Sachs  mit  grosser  mü  vnd  Emsigen 
Fleifs  zwsam  gesamlet  hab  aufs  mengem  gutten  puch".  Das 
Datum  ist  IS  17.  Also  ein  Autograph  Hans  Sachsens  aus  der 
Frühzeit  seines  Lebens  und  Dichtens!  Und  als  Hans  Sachs' 
eigenhändig  geschriebenes  Liederbuch  hat  das  Manuskript  stets 
bisher  gegolten. 

Diese  Authenticität  mufs  aber  bei  genauerer  Betrachtung 
und  Vergleichung  der  Handschrift  in  hohem  Grade  /.weifelhaft 
erscheinen.  Allerdings  ist  das  handschriftliche  Verhältnis  in  dem 
Codex  ein  äufserst  schwieriges.  Der  Band  zählt  479  Blätter. 
Davon  sind  die  letzten  elf,  welche  vor  Allem  sechs  fUr  die 
Geschichte  des  Meistergesangs  wichtige  Gedichte  von  Hans  Folz 
enthalten,  augenscheinlich  von  einer  Schreiberhand  geschrieben. 
Ob  aber  die  vorausgehenden  468  Blätter  von  einer,  von  zwei 
oder  gar  von  drei  Händen  geschrieben  sind,  das  wird  sich  mit 
Sicherheit  wohl  schwer  feststellen  lassen.  Denn  so  gänzlich 
vers<  Iiieden  die  Schrift  einzelner  Blätter  bei  oberflächUcher  Be- 
iraehtunL;  auch  erscheint,  ein  und  dieselbe  Schule  scheinen  doch 
alle  diese  408  Blätter  zu  verraten  und  die  Möglichkeit,  dafs  sie 


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—    175  — 


von  einem  ungeübten  Schreiber  herrühren,  der  bald  klein  bald 
grofs,  bald  sich  der  Druckschrift  nähernd  bald  mehr  kursiv 
schrieb,  ist  nicht  ausgeschlossen.  Aber  selbst  wenn  dies  der 
Fall  wäre,  dürften  wir  doch  meiner  Überzeugung  nach  den 
jungen  Hans  Sachs  ni(  ht  als  den  Schreiber  der  Handschrift 
betrachten,  denn  seine  Han«i,  die  uns  ja  aus  einer  ganzen  Reihe 
eigenhändig  geschriebener  Codices  bekannt  und  vertraut  ist, 
verrät  überhaupt  eine  ganz  andere  Schule.  Die  grofsen  F,  G, 
J,  S  werden  in  dem  Berliner  Codex  durchgängig  anders  gebildet, 
^s  sie  Hans  Sachs  zu  schreiben  gewohnt  ist;  dasselbe  ist  der 
Fall  bei  einigen  kleinen  Buchstaben  z.  B.  dem  g.  Dazu  zeigt 
sich  bei  dem  Schreiber,  bzw.  den  Schreibern  des  Berliner 
Codex  eine  auffallende  Vorliebe  für  die  Majuskel,  während 
bei  Hans  Sachs  viel  eher  eine  Vorliebe  für  die  Minuskel  herrscht, 
die  sich  auch  in  der  äufserlich  wenig  oder  gar  nicht  unter- 
schiedenen Schreibung  der  Überschriften  bemerkbar  macht. 
Einige  Einzelheiten,  die  gleicht'alls  gegen  die  Authenticität  der 
Handschrift  sprechen,  übergehe  ich  hier*). 

Wenn  nun  demnach  auch  Hans  Sachs  schwerlich  als  der 
Schreiber  des  Naglerschen  Codex  gelten  kann,  so  bleibt  der 
Wert  dieser  Handschrift  fUr  die  frühe  Geschichte  des  Nürn- 
berger Meistergesangs  doch  der  gleiche,  denn  dafs  wir  es  mit 
einer  im  Ganzen  sorgfältig  geschriebenen  Liedersammlung  zu 
tliun  haben,  kann  nicht  in  Zweifel  gezogen  werden. 

Die  Handschrift  enthält  aufser  zahlreichen  anderen  Liedern 
auch  46  Meistergesänge  oder  Pare  von  Nunnenbeck  in  seinen 
sämtlichen  Tönen:  dem  langen  Ton,  dem  kurzen  Ton,  der 

^)  N.  43Sa  in  einem  Gedicht  des  Hans  Sachs:  >Wan  mein  otlcn 
der  Hat  vnholcz  [anstatt  on  an)  holcz]  kein  note  /  vnd  Mein  Disch 
on  weissem  kes  vnd  prote«  deutet  auf  einen  mit  Hans  Sachs  schwerlich 
identischen  Abschreiber,  u.  a.  m.  Dafs  den  c^cj^en  die  Antlientlciiät  der 
Handschrift  geltend  gemachten  ArgumenteD  vor  Allem  die  oben  zitierte  Stelle 
des  Vorworts  schwerwiegend  gegenflbefsteht,  verkeDoe  ich  nicht,  wie  es  mir 
auch  wahrscheinlich  ist,  dafs  mit  dem  von  Hnni  Sachs  nnter  den  H<änden 
seiner  Bibliothek  aufgeführten  t. Mei-,ler£;esangpuch  von  frenil^don  gedieh' on 
39K  par«  in  der  That  unser  Codex  geraeint  ist,  obgleich  der^ielbe  auch 
sablreielie  eigene  Gedichte  von  Hans  Sachs  and  Alles  in  Allem  nur  397 
Meisterges.ange  oder  Pare  enillilt  —  einschliefslich  jener  7  Gedichte  am 
Schlufs,  mit  (ienen,  wie  oben  näher  ausgeführt,  wieder  eine  neue  Ilar.d  pin- 
s^lzt,  die  man  alier,  wenn  man  der  Schrifivergleichung  überhaupt  keinen 
Wert  betxulegeo  geneigt  ist,  mit  demselben  Redtt,  bzw.  Unrecht,  wie  das 
Vorhergehende  dem  Hans  Sachs  als  Schreiber  vindisieren  könnte. 


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-    176  — 


güldenen  Schlagweis,  der  neuen  Chorweis,  der  Zährenweis,  der 
Hammerweis,  der  Strafsweis  und  der  Klagweis.  Nunnenbeck 
yrird  von  Hans  Sachs  (doch  nicht  bei  Wagenseil  S.  515)  zu 
den  zwölf  alten  Meistern  der  Nürnberger  Singschule  gerechnet, 
steht  also  jedenfalls  noch  so  ziemlich  am  Anfange  der  meister' 
singerischen  Übung.  ^  Infolgedessen  ist  der  Strophenbau  seiner 
Lieder  noch  nicht  von  der  übertriebenen  Rünstiichkcit,  in 
der  die  späteren  Meistersinuer  mit  einander  wetteifern  und 
die  unter  Nunnenbecks  Zeitgenossen  und  Mitstrebenden  bereits 
bei  Sixt  Beckmesser  hervortritt.  Über  die  musikalisclie  Kompo-^ 
sition  dieser  seiner  Lieder  mich  zu  unterricliten,  habe  ich  bisher 
leider  keine  Zeit  gefunden,  obwohl  die  hiesige  Stadtbibliothek' 
in  den  daselbst  bewahrten  handschriftlichen  Notenbttchern  und 
ebenso  die  gerade  auch  für  die  musikalische  Seite  wichtigen 
Handschriften  Benedicts  von  Watt,  hier  und  in  Berlin,  sicherlich 
einiges  Material  dazu  liietcn  würden.  Kin  musikalisches  Cienie 
wird  aber  auch  Nunnenbeck  schwerlich  gewesen  und  besondere 
Schätze  hier  aller  Voraussicht  nach  nicht  zu  heben  sein. 

Die  Lieder  Nunnenbecks  in  der  Naglerschen  Handschrift, 
so  kann  man  bei  Goedeke^  und  in  sämtlirhen  Literatur- 
geschichten, die  es  der  Mühe  wert  halten,  sich  mit  Nunnenbeck 
zu  beschäftigen,  lesen*),  sind  sämtlich  geistlichen  Inhalts.  Das 
ist  nicht  ganz  richtig.  Unter  den  46  Gedichten  findet  sich  auf 
Blatt  86  ein  Gedicht  zum  Lobe  der  edlen  Kunst  des -Meister- 
gesanges, welches  in  eine  Aufzählung  alles  Dessen  ausläuft,  was 
der  Singer  als  schwere  Verstol'se  bei  seinem  Gesänge  zu  ver- 
meiden habe.  Derartige  T.ieder,  sogenannte  ■  Schulkimste  finden 
sich  bekanntlich  in  älteren  wie  jüngeren  Meistersingerhandschriften 
überaus  häufig.  Ferner  aber  enthält  unser  Codex  noch  ein 
zweites  Gedicht  Nunnenbecks  nicht  geistlichen  Inhalts,  in  Beck- 
messers Chorwetse  gedichtet,  das  in  ziemlich  trockener  und 
langweiliger  Aufzählung  berichtet,  was  Alles  zu  einem  trefflichen 
Hause  nötig  sei,  in  der  Art  der  im  späteren  Mittelalter  häufig 
vorkommenden  Gedichte  vom  Hausrat: 

Was  soll  ein  Haus  lustig  geziert, 

schon  autgefiihrt 

^)       unJrifs  I,  318. 

^)  Dergleichen  bei  Bartsch  in  der  Allg.  Deutschen  Uio^aphie. 


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—    U7  — 


aus  manchem  schönen  Quader: 
innen  defekt;  mit  Flader, 
Stuben  und  Kammern  seien  auch  mit 
dem  Dach  versorget  auf  das  best, 
doch  nit 

verschen  wohl  mit  der  Grundfest'/) 
was  nützt  andererseits  ein  trefflich  fundiertes  Haus,  das  aber 
ein  defektes  Dach  hat,  durch  welclies  der  Hegen  eindringt?! 
Hätte  das  Haus  aber  bei  treftlichem  Fundament  ein  gutes  Dach, 
was  taugte  es,  wenn  keine  Gemächer  im  Innern  und  es  somit 
unbewohnbar  wäre?  Hätte  ein  gutes  Haus  aber  auch  alle 
nötigen  Räume,  so  wäre  es  doch  wieder  vom  Übel,  wenn  es 
keine  Fenster  besäfse  —  und  so  geht  es  fort«  in  der  Anlage 
etwa  dem  bekannten  Liede:  »Wenn  de  Pott  äwer  nu  en  Loch 
het,  laebe  Heinrich,  laebe  Heinrich«  entsprechend,  von  dem 
wir  hier  also  unter  Nunnenbecks  Gedichten  einen  frühen  Vor- 
läuici  aus  der  Wende  des  15.  Jainhunderts  kennen  lernen. 

Ein  drittes  Gedicht  weltliciien  Inhalts  ist  das,  welciies  uns 
nicht  in  der  Naglerschen  Meisteriicdcrhandschrift,  sondern  nur 
in  ein  paar  ilton,  sehr  Seltenen  Drucken:  Nürnberg  bei  Jobst 
Gutkneclit  und  ohne  Ort  und  Drucker  erhalten  ist.  £s  führt 
den  Titel:  »Ein  schön  me3rster  gesang:  Wie  die  grofs  vnd 
mechtig  stat  Troya  zerstört  wardt,  durch  die  schönen  kttniginn 
Helena'  aus  Kriechenlandt.  In  des  Regenbogen  langen  tonc^}. 
Am  Schlufs  nennt  sich  der  Dichter;  »als  es  gesungen  hat  also 
Der  TJenhart  Nunnen  Peck«. 

Dieses  Gedicht,  von  dem  icii  nicht  zu  sagen  weifs,  ob  es 
sich  aulser  in  einem  Weimarer  Sammelbande  sonst  üherliaupt 
noch  irgendwo  findet,  war  mir  nicht  zur  Hand,  und  ich  mul's 
mich  daher  mit  diesem  kurzen  Hinweis  begnügen  und  mich 
auch  bei  der  Frage  nacli  dem  epischen  Talent  unseres  Poeten 
vor  Allem  an  die  in  der  Naglerschen  Handschrift  aufbewahrten 
Passionsgedichte  Nunnenbecks  halten,  mit  denen  ich  gleichzeitig 
zur  Betrachtung  seiner  Meisterlieder  geistlichen  Inhalts  übergehe. 


*)  X.  97  u.  Sprache,  Orthographie  und  Interpunktion  sind  der  besseren 
Lesbarkeit  wegen  hier  wie  in  den  folgenden  Proben  aas  Nunnenbecks 

Gedichten  nmdernUiert 

*)  Vgl.  Goedeke  a  a.  0. 

IS 


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—    178  — 


Wir  haben  im  Ganzen  drei  Gedichte  über  die  Passion 
Jesu  Christi  von  Nunnenbeck.  Die  Meistersinger  liebten  es,  die 
Stoffe»  welche  ihaen  die  Bibel  oder  die  Kirchenväter  boten, 
in  zahlreichen  Variationen  zu  behandeln»  und  Nunnenbeck  war 
in  dieser  Beziehung  einer  der  unermüdlichsten.  In  späterer. 
Zeit  zeichneten  sich  namentlich  die  Augsburger  Meister  durch 
diese  nur  unter  einer  gewissen  Einschränkung  löbliciie  Eigen- 
S(  liaft  aus,  und  noch  erinnere  ich  mich  des  Grauens,  das  mich 
überkam,  als  ich  mich  eben  durch  eine  lange  Reihe  von  Meister 
gesängen,  in  denen  der  ganze  Jesus  Sirach  verarbeitet  war, 
hindurchgequält  Iiatte,  und  nun  auf  der  folgenden  Seite  der 
ganze  Jesus  Sirach  noch  einmal  begann,  von  demselben  Autor  — 
ich  glaube  es  war  Onofrius  Schwarzenbach  —  in  andere  Töne 
gebracht. 

Auf  dem  Gebiete  der  bildenden  Kunst  begegnen  wir  ja 
bis  ins  15.  Jahrhundert  hinein  und  darüber  hinaus  der  gleichen 

Erscheinung,  nur  dafs  Iwcr  die  Banden  der  Tradition,  beim 
Meistergesang  aber  in  der  Rei^el  Unvermögen,  Krlnulungsarnnit 
hemmten.  Gerade  Nimnenbecks  l^issionsgedichte  l)ieten  inhalt- 
lich viele  Vergleichungspunkte  insbesondere  mit  der  Malerei  des 
15.  Jahrhunderts,  sodafs  man  wohl  hie  und  da  -  selbst  bei 
der  grofsen  Bedeutung»  welche  die  Mysterienspiele  des  Mittel- 
alters für  alle  darstellende  Kunst  hatten  —  auf  die  Vermutung 
kommen  kann,  Nunnenbeck  habe  den  Kunstwerken,  die  sich 
seiner  Betrachtung  darboten  —  vor  Allem  hat  man  hier  an  die 
Erzeugnisse  der  neuaufgekomraenen  Künste  des  Holzschnitts 
und  Kupferstichs  zu  denken  —  manchen  Zug  abgesehen  und 
von  ihnen  gelernt.  Hier  wie  dort,  trotz  des  engen  Ansehkisses 
an  die  Berichte  der  Bil>el,  die  Tendenz,  die  Schrecknisse  des 
Leidens  Christi  zu  häufen: 

O  Jesu  Christ  dein  Leiden  grofs 

anfing  zur  Mettenzett, 

da  Judas  dich  verriet  der  Jttdischheit, 

die  dich  griffen  gar  grimmig  an, 

mit  Schlag  und  Stöfs  dich  zogen  hin  und  her. 

In  solcher  Not  flohen  davon 

deine  Jünger,  iiefsen  dich  allein  in  Schwer'. 

Mit  Stricken  stark  band  man  dich  hart, 


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—    179  — 


auch  ward  eine  Kett*  dir  an  den  Hals  geleit; 

manch  harter  Schlag  und  Stöfs 

ward  dir  gethan  mit  UngestUmigkeit'^). 

So  wird  er  von  Pilatus  zu  Herodes,  von  diesem  wieder 
SU  Pilatus  geschleppt;  auf  diesen  Wegen  erneuem  sich  die 
Qualen.  Etliche  werfen  ihn  mit  Kot»  andere  werfen  ihn  auf 
dem  rauhen,  steinigen  Wege  nieder,  reifsen  ihn  an  Haar  und 
Bart  wieder  empor.  Dann  folgt  die  Geifselung;  in  die  Geifseln 
haben  sie  eiserne  Skorpione  eingeflochten,  »daran  sein  heiliges 
Fleisch  behing«:  (hängen  blieb), 

legten  ihm  an  ein  Purpurkieid 
ein'  Krön'  von  Domen  man  da  flacht, 
setzten  ihm  die  auf  zur  Schmachheit, 
drückten  sie  ihm  aufs  Haupt  mit  Macht 
bis  auf  die  Hirenschal'.^ 

So  wird  er  an  ein  Fenster  gestellt,  gezeigt  den  Juden 
allensamt, 

Pilatus  schrie  mit  lauter  Stimm': 
»Nehmet  des  Menschen  wahrt« 
Als  ob  er  sagen  wollt':  »Seht  an, 
ob  er  noch  menschenähnlich  sei^}* 
seht,  wie  ich  ihn  hab  strafen  lanl 
Erbarmt  euch  seiner,  lalst  ihn  frei! 
Ihr  seid  wohl  gerochen  an  ilunU^j 

Aber  vergebens.  Man  richtet  ihm  ein  schweres  Kreuz  zu, 
zieht  ihm  das  Purpurkleid  wieder  aus,  »bei  welcher  Abreifsung 
hart«  all'  seine  Wunden  sich  emeuem;  der  Gang  nach 
Golgatha  beginnt. 

Diese  ganze  Art  einer  derben,  die  Roheit  der  Wider- 
sacher des  Heilands  in  den  Vordergrund  ruckenden  Darstellung 
finden  wir  wohl  auch  in  der  übrigen  gleichzeitigen  Litteratur, 
mehr  aber  noch  in  den  Werken  der  bildenden  Kunst,  wie  bei- 
spielsweise den  Lyversbergschen  Passionsbüdem  oder  —  um 

')  N.  49  b. 

^  »ob  er  eiii  menschen  geleieh  sey.« 
•)  N.  49  b. 


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—    180  — 


bei  Sttddeutschland  zu  bleiben  —  in  den  Kupferstichen  des 
Meisters  E.  S.  und  Anderer.  Das  letzte  Gesätz  in  diesen 
Passionsgedicbten  handelt  jedesmal  von  dem  Schmerze  Mariens 
beim  Anblick  von  ihres  Sohnes  Sterben.  Auch  hier  entspricht 
die  Schilderung  in  der  Regel  genau  derjenigen,  die  wir  ans 
glcnchzeitigen  Gemälden  oder  von  den  Triumphkreuzen  her 
kennen.  Ja,  l)ei  einer  Stelle  wie  der  folgenden  ist  man  sogar 
versucht,  an  ein  ganz  hestnnnites  Vorbild  auf  dem  Gebiet  der 
bildenden  Kunst  zu  denken,  nämlich  an  die  sogenannte  Nürn- 
berger Madonna  im  Germanischen  Museum.  Schmerzlich  er- 
seufzte  die  Maid,  so  heifst  es  da, 

als  sie  tet  stan 

betrübt,  elend. 

zam  schlofs  ihr  Hiind 

und  sah  gar  herzlich  an 

ihr  liebes  Kind  am  Kreuz  verwundt, 

das  sie  beweinte  bitterlich 

Auch  das  VesperhiUl  fehlt  nicht  unter  den  Darstellungen, 
welche  uns  die  Fassionsgedichte  Nunnenbccks  bieten: 

O  Jesu  Christ  zur  Vesperstund 
dein  Leib  genommen  ward 

wohl  von  dem  Kreuz  und  deiner  Mutter  zart 
geleget  in  den  Schoofs  — 

* 

eine  Stelle,  die  in  dieser  Ausprägung  ebenfalls  auf  Denkmäler 
der  Kunst  als  Quelle  zurückzugehen  scheint. 

Anders  verhält  es  sich  mit  denjenigen  Meistergesängen 
Nunnenbecks,  die  sich  schon  mehr  dem  lyrischen  Gebiet  nähern, 
nämlich  mit  ein  paar  Liedern  von  der  Geburt  des  Heilands, 
Weihnachtsliedern,  die  in  ein  Lob  der  Jungfrau  und  ihres  gött- 
lichen Kindes  auslaufen.  Einem  dieser  Pare,  deren  der  Band 
im  Ganzen  drei  enthält,  ist  sogar  in  neuerer  Zeit  die  Ehre 
eines  Abdruckes  zu  Teil  geworden:  das  Weihnachtslied  >  Frolocket, 
jubilieret,  seid  froh.:  nämlich  hat  Philipp  Wackernagel  im  Ii.  Bande 


N.  50  1). 
N.  47  b. 


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—    181  — 


seines  »Kirchenliedes«  veröffentlicht^*).  Ansprechender  ist  viel- 
leicht ein  anderes  WeihnachtsUed,  in  dem  sich  eine  httbsche  — 
d.  h.  verhältnismäfsig  httbsche  —  Stelle  findet,  wo  die  Jungfrau 

lim  ihr  Ivnul  beschäl  tigL  ist,  indem  sie  besorgt,  es  möge 
frieren,  denn 

die  Zeit  war  kalt 

und  ungestalt; 

Maria  Maget  here 

die  sah  ihn  also  lieblich  an 

den  Fürsten  also  reine, 

den  sie  gebar  in  kalter  Zeit 

der  Cliristenheit 

zu  Trost  und  Freud. 

Gänzlich  ungeniefsbar  ist  dagegen  das  dritte  dieser  Weih- 
nachtslieder, und  zwar  hauptsächlich  wegen  der  abstrusen  Form, 
Beckmessers  goldenen  Ton,  den  der  Verfasser  gewählt  hat,  und 
in  dem  die  sechs  ersten  Verszeilen  lauten: 

O 

wer  wollt'  nicht  von  Herzen  do 

fro- 

lo- 

cken,  jubilieren, 

der  reinen  Maid  hofieren.**) 

Für  diese  (Gedichte  nun  fand  Nunncnbeck  seine  Vorbilder 
in  grofser  Zahl  in  der  Litteratur  der  damaligen  und  der  vorauf-, 
gegangenen  Zeiten;  ich  erinnere  nur  an  die  Unmenge  von 
Gedichten  zum  Lobe  der  heiligen  Jungfrau,  die  namentlich  das 
14.  und  15.  Jahrhundert  hervorgebracht  hat,  an  die  »Klopfans«, 
jcMie  besondere  Art  von  Neujahrswttnschen,  mit  denen  diese 
Gedichte  im  Tone  nicht  selten  Ubereinstimmen,  —  nicht  zu  ver- 
gessen die  zahlreichen  älteren  Meistergesänge,  die  schon  vor 
Nunnenbeck  die  Geburt  Christi  zum  Gegenstande  haben  und 


WKL  II,  1402.    Das  Lied   steht  auch  in    der  Ilandschrifl  cod. 
bibl.  Will    782   der  Nürnberger  Stadtbibliothek,  S.  871.    Im  Allgemeinen 
.situl  Lieüor  Nunttenbeckä  in  autiereit         der  Nüglerschen  Handschrift  selten« 
'»)  N.  68  b. 


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—    182  — 


uns  namenütch  in  der  sogenannten  Kolmarer  Handschrift  in 
München     aufbewahrt  sind. 

Ebenso  gehen  auf  diese  älteren  litterarischen  Vorbilder 
natürlich  zurück  diejenigen  Lieder,  welche  ausschliefsUch  dem 
Lobe  Mariens  gewidmet  sind,  das  in  der  seit  Walther  von  der 
Vogelweidc  üblichen  Vorm  der  allegorisicrenden  Verglciclmng 
Mariens  mit  allen  möglichen  Gegenstanden,  die  in  dem  Alten 
Testament  eine  Rolle  gespielt  haben  und  als  Symbole  der  Jung- 
frau aufgefafst  werden,  uns  vorgetragen  wird. 

Magt  unde  muoter  schouwe 

der  christenheite  nöt, 
dA  blüende  gert  Ardnes, 
üf  gdnder  morgenröt, 
Ezech!#les  porte, 

diu  nie  wart  lü  getdn, 
dur  die  der  künec  h<>rHche 

wart  uz  und  in  gelau. 
aisd  diu  sunne  schiuet 

durch  ganz  geworhtcz  glas, 
als6  gebar  diu  reine  Krist,  diu 

magt  und  muoter  was.. 
Ein  bosch  der  bran, 
d&  nie  niht  an 

besenget  noch  verbrennet  wart: 

breit  unde  ganz 

beleip  sin  glänz 

vor  fiures  tlamme  unverschart. 
Daz  was  diu  reine  - 

magt  alleine, 

diu  mit  megetlicher  art 
Kindes  muoter  worden  ist 

An  aller  manne  mitewist, 

und  wider  meneschlichen  list 

den  wiren  Krist 

gebar,  der  uns  beddhte.^^) 

'•^)  cgm.  4997;  teilweise  herausgegeben  von  Bartsch,  Mciiterlieder 
der  Kolmarer  Handschrift,  im  68.  Bande  der  Bibliothek  des  Stuiigarier 
LitUrarischen  Vereins. 

ed.  Wilmaaiu,  S.  104  & 


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—  183 


So  hatte  Walther  in  seinein  herrlichen  Leicb  gesungen; 
bereits  ein  Interpolator  des  13.  Jahrhunderts  hatte  dann  sein 

(iedicht  mit  ZusaUcn  und  Kinschiebscln  verseilen,  in  ciencn  aiu  h 
der  Vergleich  Märiens  mit  den)  Fell  Gideons  schon  seinen  Ein- 
zug in  die  l\)esie  hält.  Die  Dicliter  der  folgenden  Jahrhunderte 
und  ganz  besonders  die  Meistersinger  haben  dann  diese  Yer- 
gleiche  —  meist  im  Anschlufs  an  die  theologische  Litteratur  — 
in  einer  Weise  gehäuft,  wie  solches  nur  bei  absolutem  Mangel 
alles  künstlerischen  Geschmackes  mOglich  war.  Auch  unser 
Codex  ist  reich  an  solchen  Gedichten,  von  denen  sechs  Lien- 
hard  Nunnenbeck  angehören. 

Maria,  Kaiserinne, 

Herz,  Mut,  Vernunft  und  Sinne 

sind  allezeit  bereit, 

dich  zu  loben  und  ehren 

darum  zu  mir  thu  kehren 

dein'  Httlf,  wie  ich  dir  traul^^ 

so  beginnt  er  wohl»  um  dann  bald  zu  den  bekannten  Ver- 
gleichen überzugehen:  Du  bist  Judith,  die  den  Holofernes  er- 
schlug und  die  schöne  Ksther,  die  durch  ihre  Demut  den  König 
Ahasverum  zur  Milde  stimmte  (senftmütig  machte).  Rebecka 
bist  du,  die  ihrem  Sohne  jakob  zum  väterlichen  Segen  verhalt  ; 
Lichtträgerin  und  Balsamschrein,  süfses  Mandelreis  und  Lilien- 
biüthe  et  rosa  sine  Spina  es  tu.  Du  bist  Moses  Gerte  und 
Aarons  Rute,  Gideons  Fell,  Ezechiels  Pforte,  Salomons  Tempel, 
Davids  Schleuder  und  seine  Harfe;  du  Zweig  von  Jesse  Stamm, 
hochbluhender  Zederbaum  und  so  fort. 

Nahe  verwandt  mit  diesen  Gedichten  ist  ein  weiteres,  das 
die  Verkündigung  zum  Inhalte  hat,  sowie  eines  von  den  sieben 
Schmerzen  Mariae,  ein  anderes,  das  von  der  Himmelfahrt  Mariae 
handelt  und  eine  ganze  Reihe  von  Liedern,  in  denen  die  unbe- 
ileckte  Empfängnis  der  heiligen  Jungfrau  zum  Gegenstande  der 
Betrachtung  und  der  eifrigsten  Verteidigung  gemacht  ist.  Mit 
diesen  Gedichten  Über  die  unbefleckte  Empfängnis,  deren  im 
Ganzen  zehn  sind,  betreten  wir  das  eigenste  Gebiet  Nunnen- 
becks,  das  der  dogmatischen  Streitgedichte.    Von  sonstigen 

N,  77«. 


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—    184  — 

Thematen  dieser  Art  findet  sich  noch  in  einem  Liede  das 
Salcrament  des  Abendmahls  und  in  13  weiteren  das  Wesen  der 
göttlichen  Trinität,  ihre  Einheit  und  Unteilbarkeit,  behandelt'^. 

Allen  diesen  Gedichten  ist  zunächst  eine  noch  weit  gröfsere 
Vernachlässigung  der  Form  eigen,  als  wir  sie  bisher  bereits  bei 
Nunnenbcck  kennen  gelernt  haben.  Schuld  daran  ist  vor  Allem 
das  häufige  Einmischen  lateinischer  Sätze  und  Satzteile,  die 
teils  aus  der  Vulgata,  teils  aus  den  Kirchenvätern  entlehnt 
sind.  Infolgedessen  lesen  sich  diese  Gedichte  meist  gänzlich 
wie  Prosa,  und  zwar  wie  eine  sehr  schlechte  Prosa. 

Woher  'der  Dichter  seine  dogmatische  Weisheit  schöpfte, 
ob  aus  den  Werken  der  Kirchenlehrer  selbst  oder  aus  einem 
Kompendium,  das  will  ich  hier  nicht  untersuchen  —  wahrschein- 
licher ist  wohl  das  Iciztere.  Aber  wäre  dies  auch  der  Fall,  so 
würden  diese  Lieder  doch  immerliin  von  einer  Belesenheit,  einer 
Kenntnis  der  dogniatisclien  Streitfragen  und  einem  Interesse, 
ja  einem  Feuereifer  für  diese  Dinge  zeugen,  die  sie  uns  vom 
kulturgeschichtlichen  Standpunkt  aus  in  hohem  (}rade  bedeutsam 
erscheinen  lassen  müssen.  Das  also  waren  die  Gegenstände, 
die  den  deutschen  Handwerker  des  ausgehenden  15.  Jahrhunderts 
vor  allem  Andern  im  Geiste  beschäftigten:  den  deutschen  Hand« 
werker,  sage  Ich,  denn  Nunnenbeck ,  steht  mit  seiner  Vorliebe 
für  diese  Stoffe  keineswegs  allein,  die  ältesten  Meisterliederhand- 
schriften  sind  vielmehr  voll  solcher  Lieder.  Freilich  mit  solcher 
Inbrunst,  mit  solchem  tiefen  F.rnst  hat  sich  wohl  keiner  seiner 
Standesgenossen  in  die  dogmatischen  Fragen  versenkt.  Oafs 
ihm,  dem  einfachen  Leineweber,  dabei  trotzdem  das  Verständnis 
für  das  eigentliche  Wesen  des  betrelTenden  Dogmas  häufig 
mangelte,  kann  kaum  Wunder  nehmen.  So  versteht  er  denn 
auch  unter  der  unbefleckten  Empfängnis  nichts  weiter  als  die 
Unversehrtheit  der  Jungfrauschaft,  wie  das  klar  und  für  unseren 
Geschmack  derb  genug  beispielsweise  in  einigen  Versen  auf  Blatt 
447  a  (dem  Abgesang  des  ersten  Gesätzes  in  dem  Liede  iGrofs 
Heil  und  Trust .)  ausgedruckt  ist.   Auch  der  Beweis  daiur  fort 


'**)  Fin  weiteres  Gedichi,  das  ich  hier  der  VoHstfindigkeit  wegen 
erwähne,  haiuieii  von  den  Glaubensartikclu ,  die  kurz  aufgezählt  werden: 
N.  179  b  bis  180b.  Es  schliefst  mit  «tnem  Hinweis  auf  du  jOngste  Geriebt 
(>0  ToUttnder  von  Sünden  Ufs<  etc.;. 


.  ijui.  u  i.y  Google 


185  — 


will  ich  das  beweren«)  wird  —  freilich  unter  Anführung  einer 
grofsen  Menge  von  Stellen  aus  der  Bibel  und  den  Kirchen' 
Vätern  —  doch  der  Hauptsache  nach  in  der  volkstümlichen 

Art  und  Weise  erbracht,  die  uns  aus  Haiidsclirirtcii  und  frühen 
Drucken  mit  dem  Titel:  IJot'cnsorium  invi<jlatae  viruimtafis 
bealae  Muriae  virginis  zur  ('.enili^e  hi^kannt  sind,  in  denen  die 
Geschichten  des  Physiologus,  der  im  früheren  Mittelalter  so  viel 
gelesen  worden  war,  nachlclingen:  das  Einhorn  läfst  sich  durch 
eine  Iceusche  Jungfrau  fangen  —  und  bei  Gott  sollte  es  unmög* 
lieh  sein,  dafs  eine  reine  Jungfrau  ein  Kind  gebäre?  oder: 

gab  er  dem  Löwen  doch  die  Art, 

dafs  c:  uanz  unbeschwert 

aufwecket  mit  seinem  Geschrei 

seine  jungen  Weife  von  dem  Tod, 

sie  lebendig  macht  durch  seine  Stimm'  — 

und  der  ewige  Gott  hätte  die  Maid  nicht  von  allem  Makel 
sollen  rein  erhalten  können?  —  Schützte  er  doch  den  Jonas  im 
Bauche  des  Walfisches  —  Nunnenbeck  sagt  Waldfisch  —  vor 
Todespein,  und  jenes  hätte  ihm  unmöglich  sein  sollen?  —  Ambro- 
sius, Hieronymus,  Augustinus,  der  Lehrer  süfs,  Bernhardus, 
AnscUnus,  Origciics,  Cyi^rianus,  Scotus  und  andere  werden  ais 
Zeugcu  der  unbefleckten  Empfängnis  namhaft  gemacht: 

O  wer  wollt'  widersprechen  das 
und  nicht  vergönnen,  Jungfrau,  dir, 
dafs  Gott  von  Erbsünd*  dich  befreit 
und  gab  auch  dir  die  reiche  Zier, 
dafs  du  sein'  Mutter  ohne  Leid 
bist  stets,  du  reines  Fafs!  (Gefafs).^'*) 

Mit  theologischeren  Waffen  geht  er  dagegen  zu  Werke, 
wenn  er  sich  vorgesetzt  hat,  für  die  göttliche  Dreieinigkeit  eine 
Lanze  zu  brechen.  Zunächst  wird  dabei  regelmäfsig  erklärt, 
dafs  das  Wesen  der  Gottheit  unergründlich  sei,  und  dafs 

menschürher  Sinn  ist  viel  zu  schwach, 
dafs  er  Liutt  möge  gänzlich  kommen  bei."') 

»  N  52  a 
N.  51  a. 


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—    186  — 


Kein  Priester  und  kein  Doktor  könne  die  reine,  hoch* 
würdige  Gottheit  begreifen,  sie  werde  einzig  und  allein  durch 
den  christlichen  Glauben  bewiesen,  und 

das  Evangelium  ist  der  (jriind, 
auf  dem  der  Glaube  stat,-^) 

dagegen  an  einer  andern  Stelle: 

Allein  was  die  christliche  Kirche  glauben  thut, 
soll  glauben,  wer  ein  Christ  will  sein.**) 

Es  ist  ja  der  Grund/.ug  der  ganzen  niittcl.ilterlicheii  Philo- 
sophie, dafs  sie  die  Lehren  der  cliristlichen  Religion  als  gött- 
liche Offenbarungen  und  somit  als  notwendig  wahr,  als  von  vorn- 
herein gegebene  Wahrheiten  setzt  und  ihre  ganze  Spekulation  nur 
darauf  richtet,  das  menschliche  Denken  mit  diesen  Fundamental- 
Wahrheiten  in  Einklang  zu  bringen,  diese  Wahrheiten  auch  durch 
Verstandesgrttnde  zu  stützen  und  plausibel  zu  machen.  Dieser 
mittelalterlichen  Gedankenrichtung,  die  durch  den  mehr  und 
mehr  aufkommenden  Humanismus,  insbesondere  durch  die  jüngere 
Uunianistenschule  ihre  erste  bedeutsame  Einbufse  erlitt,  gehört 
auch  Nunnenbeck  mit  seinem  Denken  noch  ganz  und  gar  an. 
Auch  er  hält  fest  an  den  geortenbarten  Wahrheiten  und  hie  und 
da  sei  es  mündlich  oder  schriftlich  gethane  ketzerische  Äufse- 
rungen  mögen  für  ihn  mit  ein  Grund  gewesen  sein,  mit  solchem  * 
Eifer  für  die  heilige  Sache  einzutreten.  Ob  aber  alle  Lehren 
der  christlichen  Kirche  oder  nur  das  Wort  Gottes  als  das 
Fundament  des  Glaubens  anzusehen  sei  —  darüber  scheint  auch 
er,  wie  wir  gesehen  haben,  bereits  im  Zweifel  zu  sein,  und 
wer  weifs,  wofür  er  si(  Ii  entschieden  hätte,  wenn  er,  wie  wenige 
Jahrzehnte  später  sein  Schüler,  Hans  Sachs,  plötzlich  allen 
Ernstes  v(.)r  diese  Frage  gestellt  worden  wäre. 

Aber  trotz  solcher  Verwahrungen,  die  wohl  in  dem  Aus- 
rufe: O  kluger  Lay,  thu  nur  recht  glaul)en!  gipfeln,  ^reht  er 
dann  doch  alsbald  an  der  Hand  seines  LieblingsschriftsteüerSi 
des  heil.  Augustin,  dazu  über,  das  Wesen  der  Gottheit,  so  gut  es 
geht,  zu  ergründen,  nachdem  er  sich  zuvor  noch  bittend  an  die 
heilige  Trinität  gewandt: 

N.  74  a. 
N.  41  b. 

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187  — 


Ich  bitt'  dich,  ewige  Dreiheit, 
begab  mich  mit  der  Sinne  Kranz» 
dafs  ich  der  Meinung  recht  nachfahr* 
nach  Art  der  christenlichen  Zunft.**) 

Als  weitere  Krläutening  dessen,  was  der  christliche  Glaube 
bereits  beweist,  dienen  z;\var  aucli  in  der  Kegel  nur  —  wie  so 
häufig  gewisse  Vergleichungen,  diesmal  in  der  Art,  wie  sie 
von  Augustinus  belieht  und  auch  von  den  übrigen  Kirchenlehrern 
als  Erklärung  des  Wesens  der  göttlichen  Dreieinigkeit  beige- 
bracht  werden.  Die  Wesenseinhett  der  drei  Personen«  des  Vaters» 
des  Sohnes  und  des  heih'gen  Geistes,  so  wird  ausgeführt,  habe 
man  sich  etwa  so  zu  denken,  wie  Existenz,  Glanz  und  Hitze 
sich  in  der  einen  ungeteilten  Substanz  der  Sonne  zu  deren 
Wesen  verbänden,  oder  wie  Hitze,  Schein  und  Glanz  dem  Feuer 
eigentümlich  sei.  In  einem  anderen  (iedichte,  das  wieder  von 
schlecht  in  Verse  gebrachter  scholastischer  Theologie  und  Philo- 
sophie (im  Mittelalter  nahezu  identisch)  strotzt,  wird  das  Wesen 
der  Gottheit  aus  der  Form  des  A  und  O  erklärt. 

£ine  wichtige  Frage  ist  auch,  welchen  Rang  die  Himmels- 
jungfrau Maria  neben  den  drei  höchsten  Personen  bean- 
spruchen dürfe: 

Nun  möcht  hie  einer  fragen  thon, 
ob  Maria  die  fron'  (die  Hehre) 
bei  Jesu  Christ,  ihrem  Sohn, 
hab'  ihren  Stuhl  oder  ihren  Thron. 
Aul"  die  Frag  geh  ich  Antwort  durcii  die  Lehrer.-'') 
Es  werden  nun  eine  ganze  Menge  Lehrmeinungen  auf- 
gezählt, unter  denen  Nunnenbeck  sich  am  meisten  für  diejenige 
zu  erwärmen  scheint^  welche  Maria  unmittelbar  nach  der  Gottheit 
kommen,  den  seligen  Engeln  und  Fürbittern  aber  vorangehen  läfst, 
in  gleicher  Weis'  als 
Kehr  oder  Hals 
am  Menschen  stat 

zwischen  dem  Leib  und  dem  iiaubet.^') 
•         N.  55  a. 

"    N.  43  a  bi«  45  h     Vyl.  Th.  Ilampc    deutsche  Kunst  utid  tsche 
Lilleralur  um  Jie  Wcncic  des  15.  Jahrhuntierts  (Nürnberg  1893'  b.  12. 
*•)  N.  59  b. 
ebenda. 


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—    188  — 

Das  verkünde  Gott  canticum  septimo,  wo  es  heifse:  collum 
tuum  sit  ut  turris  eburnea. 

Doch  genug  der  scholastischen  Weisheit  1  Auch  das  Gedicht 
Nunnenbecks  ttber  das  Sakrament  des  Abendmahls  bewegt  sich 

noch  ganz  in  dem  herkömmlichen  V'orstcllungskieisc,  in  den 
erst  durch  den  grolsen  WiLtcnbergcr  Mönch  ein  neuer  Licht- 
strahl geworten  werden  sollte. 

Als  eine  Merkwürdigkeit  mag  hier  schliefsUch  ni(  ht  uner- 
wähnt bleiben,  dafs  sich  gerade  in  diesen  nahezu  unlesbaren 
dogmatischen  Gedichten  zuweilen  ziemlich  unmotivierte  Anklänge 
an  die  alte  ritterliche  Lyrik  des  Minnesangs  finden,  Ausrufe  wie 
>£ia  eiU,  die  wohl  von  der  Freude  des  Dichters  an  diesen 
Stoffen  Zeugnis  ablegen. 

Werfen  wir  nun  zum  Schlufs  die  Frage  auf,  was  der  Mann, 
von  dessen  dichterischem  \\  irken  ich  hier  ein  Bild  zu  entwerfen 
versucht  habe,  wolil  unserem  Hans  Sachs  hat  geben  können, 
so  wird  sich  olme  Zweifel  zunächst  die  Kehrseite  der  Medaille 
unseren  Blicken  darbieten,  wir  werden  versucht  sein,  Nunnen- 
beck  alles  Verdienst  an  der  Entwicklung  seines  grofsen  Schülers 
abzusprechen,  ihm,  wenn  überhaupt,  nur  einen  schüdlichen  Ein- 
flufs  auf  Hans  Sachs  zuzuschreiben.  Und  vom  rein  poetischen 
oder  liticraturgeschichtlicben  Standpunkte  aus  wird  man  diesem 
Urteil,  so  hart  es  klingt,  auch  im  Grunde  beipflichten  müssen. 
Denn  wenn  auch  ein  gewisses  Verdienst  darin  beruhen  mag, 
dem  angehenden  Meistersin^^er  Him's  Sachs,  der  sich  vertrauens- 
voll nn  den  erfahrenen  Nunnenbeck  wandte,  tlie  Tforten  der 
Dichtkunst  aufgetlum,  ihm  die  meisterlichen  Regeln,  ohne  die 
es  nun  einmal  nicht  abging,  gelelirt  zu  haben,  so  ist  doch  kaum 
zu  bezweifeln,  dafs  ein  Geis(  wie  Hans  Sachs  auch  ohne  Nunnen* 
beck,  jedenfalls  mit  Hülfe  jedes  Andern  ebensogut,  die  ihm 
bestimmte  Bahn  gefunden  haben  würde.  Zudem  waren  die 
Wege,  welche  Nunnenbeck  ihm  wies,  so  öde  und  unfruchtbar 
wie  möglich. 

Der  gleiche  Codex,  in  dem  uns  die  Lieder  Nunnenbecks 
aufhewaliit  sind,  enthalt  auch  die  frühesten  Meistergesänge  Hans 
Sachsens,  und  mit  Schrecken  nehmen  wir  wahr,  ein  wie  pelcii- 
riger  Schüler  Hans  Sachs  auch  was  Form  und  Stoffwahl  betrifft, 
gewesen  ist.  Gedichte  dogmatischen  Inhalts,  auf  die  Dreieinigkeit, 


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—    189  — 


zum  Lobe  der  Jungfrau  Maria  etc.»  sehr  ähnlich  denen,  die  wir 
unter  Nunnenbecks  Liedern  kennen  lernten,  überwiegen  hier 
noch  völlig.  Dazu  sind  einige  Gedichte  fast  ganz  in  einem 
schwunglosen,  schulmäfsigen  Latein  abgefafst,  andere  stark  mit 

lateinischen  Brocken  durchsetzt,  und  auch  der  Rhythmus,  der 
freilich  dem  in  Niinnonl)C(  ks  Gedichten  herrschenden  doch  schon 
weit  überlegen  ist,  lal'st  noch  sehr  zu  wünschen  übrig.  Wenn 
Nunnenbeck  .vom  Evangelisten  Johannes  sagt: 

Darzu  in  seinem  Evange- 
lium er  also  spricht*^ 

—  zwei  Verse,  die  uns  lebhaft  :in  die  Ijekannten  Sj)(»tt\erse  auf 
Hans  Sachsens  Dichtweise  erinnern  —  so  gehören  solche  Verse  bei 
Nunnenbeck  noch  mit  zu  seinen  besten,  da  sie  doch  wenigstens 
einen  regelmäfsigen  Wechsel  von  betonter  und  unbetonter  Silbe 
aufweisen,  während  er  sich,  den  Grundsätzen  der  Meistersinger 
gemäfs,  in  der  Regel  damit  begnügte,  dem  Verse  ohne  Rücksicht 
auf  irgend  welchen  Rhythmus  eine  vorgeschriebene  Zahl  von 
Silben  zu  geben. 

Die  uns  vorliegende  Handschrift  der  von  Hans  Sachs 
gesammelten  Lieder,  bzw.  die  Urschrift  derselben,'  stammte, 
wie  ich  bereits  bemerkte,  aus  dem  Jahre  1517,^^)  also  aus 
eben  demselben  Jahre,  in  welchem  Luthers  erstes  mächtiges 
Hervortreten,  sein  Thesenanschlag,  alle  Herzen  in  Feuer  setzen 
sollte.  Dieses  Schmiedefeuers  hat  es  bedurft,  um  Hans  Sachs 
zum  wirklichen,  zum  grofsen  Dichter  zu  machen.  Von  allen 
anhaftenden  Schlacken  geläutert  ist  er  daraus  hervorgegangen. 
Dafs  aber  die  gewaltige  Anregung,  die  von  Luther  aus* 
ging,  bei  dem  einfachen  Handwerker  nicht  fruchtlos  blieb, 
dafs  Hans  Sachs  Feuer  fing  wie  kaum  ein  Zweiter  für  Luthers 
gottgewollte  Missiun  —  das  verdanken  wir  sicherlich  nicht  zum 
geringsten  Teile  der  T,ehre  Lienhard  Nunnenbecks  uml  zwar 
weniger  dem  Kinflufs  seiner  W  orte  als  seines  Wesens.  Der  tief- 
religiöse Ernst  des  Lehrers,  seine  brünstige,  ja  leidenschaftliche 
Hingabe  an  eine  Idee  kann  nicht  ohne  tiefgehende  Wirkung  auf 


^  N.  53  h. 

**j  Einige  Gedichte  gegen  den  Schlufs  lU  (bevor  mit  Bl.  469  die 
oben  erwthnle  Schretberhand  einietst)  ünd  von  1518  datiert. 


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—    190  — 


den  empfänglichen  jungen  Schüler  geblieben  sein»  und  die  Ver- 
dienste, die  ihm  in  Bezug  auf  die  poetische  Entwicklung  Hans 
Sachsens  bestritten  werden  mufsten,  hier  liegen  sie,  auf  dem 

Gebiete  der  Charakterbildung  —  wahrlich  keiner  kleinen  Sarlie, 
der  zu  l>iel)e  der  Cienius  der  Dichtkunst  bei  der  vorstehenden 
BctrarhtuiiL:  der  Werke  Nunnenbecks  wohl  einmal  ein  Auge 
zudrücken  durfte;  konnte  doch  allein  aus  ihnen  Wesen  und  Wert 
des  biederen  Meistersingers  klar  erkannt  werden.  . 


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Kleinere  Milleilungen. 


Dr.  Adolf  Frhr.  von  Scheurl  f. 

Am  24.  Januar  1893  starb  zu  Nürnberg  im  dreiund- 
achtzigsten Lebensjahre  Dr.  Adolf  Freiherr  von  Scheurl,  weiland 
Professor  der  Rechte  an  der  Universität  Erlangen,  ein  hervor- 
ragender Romanist  und  Kirchenrechtstehrer,  ein  Gelehrter  von  so 
seltener  Vielseitigkeit  des  Wissens,  so  bewundernswerter  Arbeits- 
kraft und  rührender  Bescheidenheit,  dafs  er  die  unbegrenzte 
Verehrung  Aller  genofs,  die  ihm  im  Leben  nahe  traten.  Ftinf- 
undvicrzig  Jahre  lang  hatte  er  der  Krlangcr  Hüchscliulc  angc'lu)rt; 
im  Jahre  1836  habilitierte  er  sich  an  ihr  als  Privatdozent,  1840 
wurde  er  aufserordentlicher,  im  Jahre  1 845  ordentlicher  Professor 
des  römischen  und  Kirrhon  rechts  dortselbst  und  als  er  nach 
vollendetem  70.  Lebensjahre  im  Jahre  1881  sein  Amt  niederlegte, 
geschah  es,  um  in  seiner  Vaterstadt  in  stiller  Zurückgezogenheit, 
aber  in  unverminderter  geistiger  Thätigkeit  den  Rest  seiner  Tage 
zu  verbringen.  Dort,  im  alten  Scheurlshause  unter  der  Veste 
zu  Nürnberg,  beschäftigte  er  sich  aufser  mit  den  brennenden 
Fragen  seiner  Wissenschaft  auf  juridischem  und  kirchlichem 
Gebiete  mit  Vorliebe  mit  der  Geschichte  seines  Geschlechts  und 
seiner  Vaterstadt  und  von  den  Fruchten  seines  auch  auf  diesem 
Arbeitsfelde  unermüdlichen  Fleifses  liefs  er  gerne  den  Verein 
für  Geschichte  der  Stadt  Nürnberg,  dem  er  seit  seiner  Gründung 
als  Mitglied  angehörte,  Nutzen  ziehen;  obschon  hochbetagt  trat 
er  in  den  Ausschufs  des  Vereins  ein  und  beteiligte  sich  mit 
lebhaftem  Interesse  und  überraschender  Frische  an  dessen  Be- 
ratungen.  Selten  fehlte  der  alte  Herr  in  den  Vereinsversamm- 
lungen ;  selbst  bei  winterlicher  Kälte  und  ungünstigster  Witterung 
stellte  er  sich  pünktlich  in  denselben  ein  und  noch  in  den  Jalirci) 
188Q  und  1890  hielt  der  damals  fast  .k  lit;':igjahrige  Gelehrte 
Vorträge  im  Verein,  die  bei  aller  Schmucklosigkeit  und  £in- 


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—  1Q2 


facbheit  durch  ihre  Klarheit  und  Überzeugende  Wärme  die  dank- 
bare Teilnahme  aller  Zuhörer  fanden.  Das  Leben  des  hoch^ 
verehrten  Mannes,  sein  Charakterbildi  seine  umfassende  wissen- 
schaftliche und  literarische  Thätigkeit  auf  den  beiden  Haupt- 
gebieten seines  Wirkens  wie  seine  Bedeutung  für  die  evangelische 
lutherische  Kirche  sind  bald  nach  seinem  Hinscheiden  von 
berufenen  Männern  treffend  und  eingehend  geschildert  worden. 
Professor  Wilhelm  Kahl  in  Pjonn  hat  in  der  Beilage  der  Alige- 
meinen Zeitung^)  vom  Standpunkte  des  Juristen  aus  die  Ver- 
dienste des  Verstorbenen  in  warmen  Worten  gewürdigt  und 
noch  eingehender  hat  Scheurls  Bedeutung,  insbesondere  auf 
kirchlichem  und  theologischem  Gebiete,  Oberkonsistorialpräsident 
Dr.  von  Stähltn  in  München  in  der  Allgemeinen  evang.  luther. 
Kirchenzeitung  untersucht  und  hervorgehoben*).  Wir  wttfsten 
diesen  trefflichen  Nekrologen  nichts  Neues  hinsuzu fügen,  halten 
es  aber  für  unsere  Pflicht,  auch  in  diesen  Blättern  das  Andenken 
an  unseren  treuen  Mitarbeiter  festzuhalten  und  die  wichtigsten 
Däten  aus  seinem  Leben  wiederzugeben. 

Christopli  GottUeb  Adolf  von  Scheurl  entstammte  dem 
bekannten  Nürnberger  Patriziergeschlecht  der  Scheurl  von  Defers- 
dorf, dem  dereinst  auch  der  hochangesehene,  in  der  neueren 
Zeit  so  verschieden  beurteilte,  aber  zweifellos  um  die  Sache 
der  Reformation  und  um  seine  Vaterstadt  hochverdiente  Rechts- 
gelehrte und  Ratskonsulent  Dr.  Christoph  Scheurl  angehört  hatte. 
Geboren  am  7.  Januar  1811  zu  Nürnberg  als  der  Sohn  des 
Überpostamtsoffizials  Christoph  von  Scheurl  und  der  Wilhelmine 
Freiin  von  Löffelholz,  blieb  Adolf  von  Scheurl  nicht  nur  das 
einzige  Kind  seiner  Eltern,  sondern  war  auch  der  einzige  männ- 
liche Nachkomme  des  ganzen  (Geschlechts,  auf  welchem  dessen 
ganze  Hoffnung  beruhte.  Der  Knabe,  der  unter  dem  haupt- 
sächlichen Einflufs  einer  sehr  willensstarken,  aber  auch  auf- 
richtig frommen  Mutter  heranwuchs,  verriet  bald  Zeichen  einer 


M  ChristophGotlKeb  Adolf  ▼.Scheurl  von  WUh.  Kahl  tn  derBeiUg« 

Nr.  42  zur  Allgememen  Zeitang  vom  18.  Februar  1893. 

-1  Zur  Krinnentnj^  nn  Christoph  Gotllieb  Adolf  Frhr.  v.  Scheurl, 
Dr.  utriusque  juris  et  theo!.,  weiland  Professor  der  Rechte  in  Erlangen. 
Von  Adolf  von  St&hKn,  Dr.  theot,  Oberkonst>torialprSsident  in  Manchen. 
Separaiabdruck  aus  der  AUgem.  evangd.  lutber.  Kircheiuehung.  Leipfig, 
Dörtling  n.  Franke»  iS93* 


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—    193  — 


besonderen  Begabung,  die  sich  unter  der  Leitung  ausgezeichneter 
Lehrer,  eines  Baibach,  Nägelsbach  und  Roth,  vorzüglich  ent* 
wickelte.  Schon  im  Jahre  1827  absolvierte  er  das  Lyceum  in 
Nürnberg  als  Erster,  was  ihm  die  von  König  Ludwig  I.  gestiftete 
silberne  Medaille  eintrug.  Eigentlich  ungern,  da  ihn  seine  Ncii^ung 
zur  1  ueuiogie  trieb,  widiiicto  er  sich  auf  Wunsch  des  Vaters  dem 
Studium  der  Rechte  und  studierte  in  den  jalircn  182  7  —  28  in 
Erlangen,  1828  — 1831  in  München,  vor  allem  angezogen  und 
befriedigt  durch  die  Vorträge  des  geistvollen  Pandektisten  Puchta. 
Nach  einem  kurzen  Aufenthalt  in  Berlin,  wo  er  Savigny  kennen 
lernte,  und  nach  zurückgelegter  Praxis  erwarb  er  sich  im  Jahre 
1834  den  Doktorgrad  beider  Rech^  und  entschied  sich  nun, 
'  wie  Eingangs  erwähnt,  für  die  akademische  Laufbahn,  die  ihm 
die  Aussicht  bot,  auch  seinen  Lieblingsstudien  nachzugehen. 
Scheurls  Wirksamkeit  als  akademischer  Lehrer  schildert  einer 
seiner  Schüler  aus  der  Zeit  seiner  vollsten  Mannes-  und  Schaffens- 
kraft, wie  uns  dünkt,  zutreffend  in  folgenden  Worten'):  >Er  war 
auf  dem  Lehrstuhl  der  Typus  eines  besonnen  abwagenden  Ver- 
standesmenschen, für  den  nur  Berechtigung  besitzt,  was  sich 
durch  scharfe  Linien  umgrenzen  und  zu  exakten  Schlufsfolgerungen 
verwerten  läfst.  Sein  Vortrag  war  nüchtern  im  höchsten  Mafse 
mit  peinlicher  Abmessung  des  Wertes  eines  jeden  Ausdrucks; 
rednerisches  Pathos,  bilderreiche  Sprechweise  waren  ihm  voIU 
ständig  fremd.  So  kam  es,  dafs  um  sein  Katheder  stets  nur 
ein  verhaitnismäfstg  kleiner  Kreis  von  Studierenden  sich  zu  ver- 
sammeln ptlegte  und  dafs  selbst  aus  diesem  im  Laufe  des 
Semesters  manche  wieder  wegblieben.  Die  Zurückbleibenden 
freilich,  welciie  in  seine  eigenartige  Vortragsweise  sich  hinein 
zufinden  wulsten  und  die  Macht  seines  Geistes  auf  sich  wirken 
liefsen,  hatten  davon  grofsen  Gewinn,  Denn  wer  an  juristisches 
Denken  sich  gewöhnen  wollte,  mufste  in  Scheurls  Schule  gehen; 
seine  Sache  war  absolute  Zuverlässigkeit  und  Klarheit  um  jeden 
Preis,  dazu  strengste  Quellenmäfsigkeit;  seinem  Alles  gleichmäfsig 
durchdringenden  Scharfsinn  blieb  auch  nicht  die  kleinste  Faser 
einer  Rechtsmaterie  verborgen;  die  schwierigsten  Rechtsfälle 
beherrschte  und  zerlegte  er  mit  anatomischer  Meisterschaft.  < 

Siehe   den   Xclvfoloi^   im   Re^^ensburger  Tagblatt  Nr.  35  vom 
4.  Februar  1893:  Freiherr  Adolf  voa  Scheurl. 

»3 


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—  194 


Die  gleichen  vortrefflichen  Eigenschaften  hafteten  auch  seinen 
schriftstelleriscben  Leistungen  an,  sie  fanden  allgemeinen  An- 
klang; seine  Arbeiten  auf  römisch-rechtlichem  Gebiete,  sein 
Lehrbuch  der  Institutionen,  seine  Beiträge  zur  Bearbeitung  des 
rö9iischen  Rechts,  zahlreiche  Abhandlungen  Uber  einzelne  Lehren 
desselben  trugen  ihm  nicht  geringere  Anerkennung  ein,  wie  seine 
zalilreichcn  und  vorzüglichen  Untersuchungen  aus  dem  Kirclien- 
rechte,  die  ihn,  wie  seine  Stellung  als  langjähriger  Mitarbeiter 
und  Mitredakteur  der  kirchlichen  Zeitschrift  »Protestantismus 
und  Kirche«,  in  innigsten  persönlichen  und  wissenschaftliclien 
Verkehr  mit  den  bedeutendsten  Theologen  seiner  Zeit  brachte. 
Nach  sorgsamer  Würdigung  seiner  Schriften  aus  dem  Kirchen- 
recht  kommt  V.  Stählin  zu  dem  Urteil  »alle  das  kirchliche  Gebiet  * 
beschreitenden  Werke  Scheurls  sind  durchzogen  von  warmer 
Liebe  zur  lutherischen  Kirche  und  hoher  Wertschätzung  des 
lutherischen  Bekenntnissesc  und  an  anderer  Stelle  sagt  er  »Scheurls 
warme  tief  innerlich  begründete  Liebe  zur  lutherischen  Kirche, 
sein  sicherer  kirchliclier  Standpunkt,  der  geschichtliches  Recht 
und  besonderes  Ze!tl)edürfnis  treffend  [gegeneinander  abzuwägen 
wufste,  machten  ihn  recht  eigentlich  zu  einem  wohlwollenden, 
allzeit  zu  Rat  und  Hülfe  bereiten  Patron  der  lutherischen  Kirche 
in  ganz  Deutschland)  niemand  bat  dies  mehr  erfahren  als  seine 
eigne  Landeskirche,  der  er  mit  aller  Hingebung  zugethan  war, 
deren  Wohl  er  auf  dem  Herzen  trug.  Scheurl  war  beruflich 
und  kraft  eigener  Neigung  in  die  wichtigsten  Fragen,  welche 
diese  Kirche  bewegten,  verflochten;  er  nahm  an  ihrer  reichen, 
höchst  charakteristischen  äufseren  und  inneren  Entwicklung  den 
lebendigsten  Anteil. c  Zur  praktischen  Betliätigung  seiner  viel- 
seitigen Kenntnisse  auf  juristischem  und  kirchlichem  (iebiete 
hatte  Prof.  v.  Scheurl  aucli  reiciiliche  Gelegenheit  in  den  Jahren 
1845  bis  1849,  in  welchen  er  dem  bayerischen  Landtage  als 
Abgeordneter  angehörte  und  eifrigst  an  der  Beratung  wichtiger 
Gesetzesvorlagen  teilnahm,  fttr  die  bayerische  Landeskirche 
aber  wirkte  er  mit  ausgezeichnetem  Erfolge  als  Mitglied  der 
bayerischen  vereinigten  Generalsynode,  welcher  er  in  den  Jahren 
1865 — 1884  angehörte;  seine  Universität  vertrat  er  von  1664 
bis  1873  im  Landrat  von  Mittelfranken.  Reiche  Ehrungen 
wurden  ihm  zu  Teil,  als  er  im  Jaiirc  1884  sein  iunizigjaiirii^cs 


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—    195  — 


Doktorjubiläum  beging.  Im  gleichen  Jahre  wurde  er  von  Sr,  Maj. 
dem  Könige  mit  seinen  Nachkommen  in  den  Freihermstand 
erhoben.  So  lebte  er  ein  langes  Leben  voll  Freud  und  Leid, 
voll  Mühe  und  Arbeit,  aber  auch  voll  Segen  und  £rfolg.  Uns 
aber,  die  wir  noch  in  seinen  späten  Lebensjahren  das  Glück 
hatten,  ihn  als  wannen  Freund  der  Geschichte  seiner  Vaterstadt 
näher  kennen  zu  lernen,  bleibt  er  lebendig  in  Erinnerung  als 
ein  Mann  von  echter  deutscher  Art,  einfach  und  offen  in  seinem 
Reden  und  Thun,  voll  Milde  und  Liebenswürdigkeit  gegen 
Jedermann,  allzeit  bereit,  Andere  aus  dem  unerschöptlichen 
Schatz  seines  Wissens  zu  belehren  und  zu  fördern,  stets  klar 
und  bestimmt  und  gründlich  in  seinen  Forschungen  und  Dar* 
Stellungen,  ^as  Muster  eines  deutschen  Gelehrten.  Nur  wenige 
von  seinen  lokalhistorischen  Arbeiten  enthält  unsere  Zeitschrift, 
die  treffliche  biographische  Studie  über  »Christoph  Scheurl, 
Dr.  Christoph  Scheurls  Vatert  im  V.  Heft  und  die  kleine  Mit- 
teilung über  «des  Meisters  Veit  Stöfs  Urkundenfälschung«.  Auch 
darin  offenbarte  sich  seine  eminente  Bescheidenheit,  dafs  er  die 
S|)alten  der  Zeitschrift  jüngeren  Kräften  zur  VerötTentlichung 
ihrer  Arbeiten  überhels.  Wou.  grofseren  \'orträ<;en,  die  er  im 
Vereine  hielt,  nennen  wir  den  Vortrag  über  »den  wechselvollen 
Lebensgang  eines  Nürnberger  Bürgers  am  Ende  des  15.  und 
Anfang  des  16.  Jahrhunderts«,  über  »Geschichte  und  Bedeutung 
der  Brandenburg'Nttmberger  Kirchenordnung«,  über  »Dr.  Chri« 
stoph  Scheurls  Selbstbiographie,  Tagebuch  und  Briefe«,  über  »die 
altnümbergischen  Verlobungs-  und  Hochzeitsgebräuche«,  über 
»Andreas  Oslander«  und  »Mitteilungen  aus  einem  Tagebuch  des 
16.  Jahrhunderts«.  Sein  Name  wird  allzeit  auch  in  den  Annalen 
unseres  Vereins  mit  Ehren  und  Dankbarkeit  <,^enannt  werden. 

Georg  Frhr.  v.  Krefs. 


Hofbuchhändler  Sigmund  Soldan  f. 
Von  den  trefflichen  Männern,  welche,  bei  Gründung  des 
Vereins  für  Geschichte  der  Stadt  Nürnberg  zu  Ausschufsmit- 
gliedern  erwählt,  mit  dem  Schreiber  dieser  Zeilen  an  seine  Spitze 
traten,  hat  uns  der  unerbittliche  Tod  schon  unverhältnismäfsig 
viele  entrissen.     Direktor  Gnauth,  Direktor  Dr.  Frommann, 

13* 


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—    196  — 


Bürgermeister  Frhr.  v.  Stromer,  Geheimrat  Dr.  von  Essenweia 
weilen  nicht  melir  unter  den  Lebenden.  Am  il.  März  ist  ihnen 
ein  fünfter  nachgefolgt,  der  unverdrossen  und  eifrig  als  Aus- 
schufsmitglied  dem  Verein  seit  dessen  Gründung  wertvolle  Dienste 
gewidmet  hatte,  der  getreue  Schatzmeister  des  Vereins ,  Herr 
Hofbuchhändler  Sigmund  Soldan,  Ein  Herzschlag  machte  dem 
Leben  des  erst  im  61.  Lebensjahre  stehenden  Mannes  plötzlich, 
olme  vorausgegangene  Erkrauk.mg  ein  Ende.  Mit  ihm  schied 
ein  trefiiicher  Kenner  deutscher,  vor  Allem  Dürerischer  Kunst, 
ein  warmer  Freund  imd  Ftirderer  der  Musik  und  des  musika- 
lischen Lebens  in  unserer  Stadt,  ein  literarisch  und  wissen» 
schaftlich  vielseitig  gebildeter,  unternehmender  Verleger,  ein 
auf  den  verschiedensten  Gebieten  öffentlicher  Wirksamkeit  uner- 
müdlich thätiger  Mitbürger  und  begeisterter  Verehrer  seiner 
zweiten  Vaterstadt  Nfirnberg  aus  unserer  Mitte.  Geboren  war 
Sigmund  Soldan  am  21.  Mai  1833  zu  Hanau  als  Sohn  eines 
tüchtigen  Gelehrten,  der  ihm  eine  sorgfältige  Erziehung  ange- 
deihen  liefs.  Er  absolvierte  das  Gymnasium  und  widmete  sich 
dann  dem  Buchliandel;  seine  Lehrjahre  verbrachte  er  bei 
l'i  Mi^ann  in  Jena  und  das  Beispiel  und  der  Einiiufs  seines 
trcttiu  Iien  Principals  mag  viel  dazu  beigetragen  haben,  den  Sinn 
für  das  Ideale  und  das  feine  Verständnis  für  die  Schätze  unserer 
Kunst  und  Literatur,  die  ihn  nachher  auszeichneten,  in  ihm  zu 
wecken.  In  verschiedenen  gröfseren  Buchhandlungen  Deutsch- 
lands vervollständigte  er  seine  buchhändlerische  Ausbfldung,  bis 
er  sich  im  Jahre  1861  in  Nürnberg  selbständig  und  ansässig 
machte.  Unter  seiner  geschickten  Führung  wurde  seine  Buch-, 
Kunst-  und  Musikalienhandlung  bald  zu  einem  der  bedeutendsten 
Geschäfte  dieser  Art  in  Nürnberg.  Seine  Verlagsthätigkeit 
wandte  sich  vor  Allem  der  Herausgabe  von  Reproduktionen 
Dürerisrher  Werke  zu;  es  gelang  ihm,  für  die  Bearbeitung  der 
Texte  2U  diesen  Publikationen  die  tüchtigsten  Kunstschriftsteller 
zu  gewinnen.  So  erschienen  in  seinem  Verlage  Dürers  Hand- 
zeichnungen in  Dresden  mit  Text  von  Eye,  Dürers  Handzeich- 
nungen in  Berlin  mit  Text  vom  Grafen  von  Stillfried,  Dürers 
Kupferstiche  mit  Text  von  Professor  Lübke.  Ferner  hat  er 
Holbetns  Silberstiftzeichnungen  in  Berlin  mit  Text  von  Woltmann, 
die  Schatzkammer  des  bayerischen  Königshauses  mitEriäuterungen 


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—    197  — 


von  Dr.  v.  Schaufs,  die  Werke  Peter  Vischers  mit  Text  von 
Professor  Lttbke  herausgegeben.  Den  Kunst*  und  Künstler- 
Vereinen  in  Nürnberg,  namentlich  dem  Atbrecht^DUrer-Verein 

und  der  im  Jahre  1871  gegründeten  Albrecht-Dürer-Haus-Stiftung, 
widmete  er  allezeit  mit  Eifer  und  Hingebung  seine  gescliai/ie 
Kraft.  Mit  Geschi(  k  und  Erfolg  förderte  er  auch  die  Fliege 
der  Musik  in  Nürnberg;  lange  Jahre  hindurch  war  er  fast  aus- 
schliefslich  der  Veranstalter  von  Künstlerkonzcrten  und  gröfseren 
musikalischen  AufiUhrungen.  Eine  Anzahl  hoher  musikalischer 
Genttsse,  deren  wir  uns  lebhaft  erinnern,  wie  der  Konzerte  von 
Hans  V.  Bülow  zu  Gunsten  des  Hans>SaGhs-Denkmals,  der  Auf- 
führungen des  Riedeischen  Gesangvereines  gelegentlich  der 
Jubelfeier  des  germamschen  Museums  und  andere,  waren  auf 
seine  Initiative  zurückzuführen.  Seine  Verdienste  fanden  auch' 
die  wuhlveidiciitc  Audkciuiung;  von  Sr.  Maj.  dem  Kaiser  wurde 
er  zum  Hofbuclihändler  ernannt,  von  Sr.  Maj.  dem  Könige  mit 
der  goldenen  Medaille  für  Kunst  und  Wissenschaft  ausgezeichnet. 
Unter  seinen  Mitbürgern  aber  und  den  Freunden  der  Geschichte 
der  Stadt  Nürnberg  wird  das  Andenken  an  den  liebenswürdigen, 
stets  opferbereiten,  mit  hervorragenden  Eigenschaften  des  Herzens 
und  Gemüts  gezierten  Mann  nicht  erlöschen. 

Georg  Prhr.  v.  Krefs. 


Instruction  an  Sixt  Oelhafen,  was  er  im  Namen  des 
Kaiser  Maximilian  I.  dem  Churfürsten  zu  Maintz 
wegen  des  Kais.  Siegels  in  antwort  anzeigen  soll. 
Samstag  post  misericordiam  anno  domini  1503. 

(16.  April.) 

Urkunde  aus  dem  Nürnberger  Stadtarchiv. 

Sixt  Oelhafen,  geboren  in  Nördlingen  1466,  gestorben  1539 
in  Nürnberg,  kam  in  jungen  Jahren  in  die  Dienste  des  Chur- 
fürsten Erzbischoff  Berthold  von  Mainz  und  durch  diesen  an 
den  kaiserlichen  Hof,  wo  wir  ihn  unter  Kaiser  Friedrich  III., 
Maximilian  I.  und  Karl  V.  als  einen  der  vordersten  und  ersten 
Secretarii  finden.  Mit  mancherlei  wichtigen  und  geheimen 
Botschaften  wurde  er  betraut,  vielfache  Auszeichnungen  und 
Ehren  wurden  ihm  zu  Teil.    Besonderer  Gunst  erfreute  er  sich 


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—    108  — 


seitens  Bertbolds  von  MainSp  von  diesem  wurde  er  auch  zum 
Secretar  des  auf  dem  Reichstag  su  Augsburg  1500  ins  Leben 
gerufenen  Nürnberger  Reichsregiments  ernannt  und  um  diese  Zeit 

fallt  auch,  1501,  seine  glänzende  Vermälilungsfeierlichkcil  mit 
des  Nürnberger  Patrizier  Seiz  Pfin/ings  I'uchter,  an  welcher  sich 
die  damals  in  Nürnberg  anwesenden  Mitglieder  des  Reichsregi- 
ments, Churfürst  Erzbischoff  von  Mainz  an  der  Spitze,  beteiligten*)« 

Am  16.  April  1502  war  das  Nürnberger  Reichsregiment 
bereits  seiner  Auflösung  sugeeüt. 

Es  war  eine  Schöpfung  des  Erskanzlers  Bischoffs  Berthold 
von  Mainz,  hervorgegangen,  wie  Victor  von  Kraus  in  seinem 
Werlce  hierüber  sagt,  aus  dem  ehrlich  gemeinten  Streben,  es 
noch  einmal  mit  der  Heranziehung  aller  in  der  ständischen 
Reichsglieciet ung  vertretenen  Kiemente  zur  Bildung  einer  starken 
Centraigewalt  zu  versuchen,  es  war  ein,  wenn  es  nicht  verstärkt 
war,  aus  zwanzig  Teilnehmern  zusammengesetzter  Ausschufs  der 
Reichsstande,  welchem,  wie  ihn  Ullmann  in  seinem  Werke  über 
Kaiser  Maximilian  kennzeichnet,  alle  und  jede  des  Königs  und 
Reiches  Sachen,  Handhabung  des  Rechts  und  Widerstand  gegen 
die  Retchsfeinde  übertragen  war,  neben  welchem  für  eine  be- 
sondere wenn  auch  noch  so  bescheiden  abgegrenzte  Icönigliche 
Waltung  kein  Raum  blieb. 

Das  Regiment  hatte  Gewalt  in  allen  des  römischen  Königs 
und  des  heiligen  Reiches  Angelegenheiten,  daher  steht  ihm 
allein  das  Recht  zu,  die  Ausfertigung  aller  hierauf  bezüglichen 
lieschiüsse  in  die  Form  königlicher  mit  königlichem  Namen,  Titel 
und  Siegel  ausgestellter  Erlässe  zu  besorgen. 

Die  gegensätzliche  Stellung  zwischen  Kaiser  und  Regiment 
ist  durch  diese  Charakterisierung  der  Körperschaft  genugsam 
angedeutet. 

Maximilian  liefs  keine  Gelegenheit  vorübergehen,  wie  auch 
in  der  vorliegenden  Instruktion,  seinen  Unwillen  Uber  das  Regiment 
unzweideutig  und  offen  zu  erkennen  zu  geben  und  bot  Alles 
auf,  um  es  baldigst  wieder  zu  l<\ill  zu  bringen. 

Zu  Beginn  des  Jahres  1502  unterliefs  es  der  Kaiser  ab- 
sichtlich, einen  Statthalter  als  seinen  Vertreter  zum  Regiment  zu 

')  Beschrieben  ist  diese  Festlichkeit  in  Bd.  ii  der  dentschen  Stidte- 
chronik  S.  607. 


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bestimmen,  und  erliefs  am  21.  Män  1502  an  die  Räte,  soviel 
deren  jetzt  zu  Nürnberg  waren,  ein  Schreiben,  in  welchem  er 
bedauert,  dafs  es  ihm  trotz  aller  Bemühungen  nicht  gelungen 
war,  Jemanden  zur  Uebernahme  des  Statthalteramtes  zu  ernennen. 
Deshalb  habe  er  dem  Erzbischoff  von  Mainz  das  Regimentssiegel 
abgefordert.  Dauui  war  das  kurzlebige  Reichsregiment  zu  (irabe 
getragen.  Sixt  Oelhafen  hatte  darauf  das  Siegel  in  die  Hände 
des  Kaisers  zurückgebracht  und  die  Instruction  enthielt  die  nun 
an  den  Erzkanzler  gerichtete  Antwort  Maximilians.  Der  Kaiser 
beeilte  sich,  einer  neuen  Constituirung  der  Stände  in  ihrem 
Sinne  zuvorzukommen,  ein  anderes  Regiment  in  seinem  Sinne 
d.  h.  mit  sehr  beschränkter  Machtbefugnis  und  mit  seinem  Gelde 
zu  organisieren. 

Kraus  a.  a.  O.  erwähnt  weiter:  Im  September  1502  spricht 
Maximilian  von  dieser  RegieruTig  wie  von  einer  vollendeten  That» 
Sache,  obwohl  es  nicht  einmal  zur  Cunstituirung  gekommen  war. 

Die  Instruktion  an  Sixt  Oelhafen  hat  bereits  dieses  neue 
Regiment  zum  Gegenstand.  Das  Siegel,  welches  der  Kaiser 
zurückgelordert  hatte,  hatte  eine  Aenderung  erfahren. 

Der  gewaltige  Unterschied  zwischen  dem  alten  und  neuen 
Regiment  wurde  im  Siegel  durch  einen  kleinen  »vnderscheid  oder 
stampf«  zum  Ausdruck  gebracht,  der  Erzkanzter  erhält  es  nun 
in  der  neuen  Form  zum  Gebrauch  durch  Sixt  Oelhafen  mit  der 
im  Wortlaut  folgenden  Instruktion  zugesandt: 

Maximilian  von  gotts  gnaden  romifcher  kunig  u.  s.  w. 
Inftruktion  was  du  Sixt  Ölhafen  vnnser  Secretarj  auf  die  Werbung, 
fo  du  von  vnnfer  Neven  vnd  Churfürüen  des  Erzbifthumen 
zu  Muintz  wegen  yezo  bey  vnn^  getan  haft,  Im  in  vnnfcrn 
narnen  widerumb  fagen  follft.  Zum  Ersten:  das  wir  des  Erzkannzier 
Ambts  oder  einich  hanndlung,  fo  Er  mit  vnnser  römischer  Cannzley 
bifher  getan  hab,  gegen  feiner  lieb  einich  vngnad  nit  tragen, 
dann  fein  lieb  fich  in  demfelben  ambt  vnd  mit  nirfehung  der 
ytzberUrten  Cannzley  erberlich,  aufrecht  vnd  wolgehalten.  Vnnd 
fey  vnnser  erfordern  vnnfers  kuniglichen  innfigels  aus  dheiner 
vngnad,  fo  wir  deshalben  zu  in\  ftellen,  fonder  aus  nachvolgenden 
gründen  vnd  vrfachen  befchehen.  Wollen  auch  daffelb  figel, 
wie  er  aus  felLcn  \erncmen  werde,  mit  leinem  rat  vnd  vviiTen 
beveihen  vnd  gebrauchen  laffen.    Darnach  follft  du  leiner  lieb 


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200  — 


zu  erkennen  geben,  wie  wir  ferrer  dheiner  vngnad  gegen  Jn 
tragen,  denn  wir  Jm  der  franzofifchen  fachen  halben  nechft  zu 
Nünnberg  felbs  mttntlich  zu  erkennen  geben, 

Vnd  £r  hab  vns  auf  den  gehalten  reichstagen  zu  Wurmbs 
vnd  Augspurg  in  den  fachen,  den  kunlg  von  Frannkreich  vnd 
Mailand  auch  des  Reichs  Regiment  betreffend,  keinen  vertrawen 
noch  glauben  geben  wollen,  fonnder  für  vnd  für  darauf  gelegen, 
VHS  rifiiatus  Cuiilu.lLim  auf/urichtcn  vnd  vnnfer  regieriini^  nit  zu 
getrawen.  Nu  wcrd  vnns  von  denirdben  kunig,  wie  wir  dazumal 
auch  angeregt,  Weng  glauben  gehalten  vnd  müflen  alfo,  wo  vns 
aus  dem  Reich  nit  annder  gehorfam  vnd  lieb  beweift  würd,  zu 
feinem  willen  wachfen,  alfo  wir  dann  ytzo  ainfteils  (ein  müffen 
auch  leiden,  das  vnns  der  türgk  vberziehe  oder  aber  mit  Jm 
ein  fatzung  machen.  Des  mag  meniglich  aus  den  hendeln,  die 
ytzo  vor  äugen  fein,  klar  vermerken,  wiewol  wir  ye  zu  zeiten 
wol  gut  vertrag  mit  demfelben  kunig  von  Frankreich  gehabt 
haben  mochten.  Wo  vns  von  dem  heiligen  Reich  mit  trewen 
Rugken  wird  gelialten  werden.  Aus  dem  allen  crfchein  nu  klar, 
ob  in  dem  ohbeftimmten  vnnfern  anzeigen  wir  uder  Er  geirrt  liaben 
vnd  Weichs  das  ])eüer  wer  gewefen,  Vnd  wiewol  wir  nocli  zur 
zeit  mit  dem  kunig  von  brannkreich  etlichermaffen  irrig  lein, 
ncmlich  der  Regalien  halben,  die  £r  ye  haben  will  in  in&nitum, 
diefelben  für  fich  vnd  die  cron  zu  Frannkreich  zu  incorporiren, 
meinen  wir  doch  der  in  kurz  vertragen  zu  werden.  Ferrer: 
Nachdem  wir  fehen  vnd  vermerken  die  zerteilung  in  dem  heiligen 
Reich,  alfo  das  fich  ainer  an  den,  der  annder  an  ainen  anndem 
halten  vnd  dardurch  vnnfer  regierung  veracht  vnd  vns  nit 
gehorfam  beweift  werdet,  das  wir  furgenommen  haben  ein 
reginient  in  dem  heiligen  Reich  nut>.u richten  vnd  dalYelbc  ain 
jar  lang  das  ncchlt  auf  vnnfere  cuften  zu  vnnderhaken,  darzu 
wir  dann  das  gelt  verordnen,  das  beyeinander  vorhanden  fey, 
daffelb  regiment  foU  allein  an  vnnfer  ftat  handeln,  damit  vnser 
namen  widerumb  ausgebreit  vnd  wir  als  der  romifch  kunig  vnd 
das  wir  Regierung  haben,  angefehen  vnd  erkennt  vnd  vnnser 
regierung  nit  ausgelefcht  werd  vnd  vnns  dann  weiter  des 
romischen  reichs  ferrer  nit  bekümmern,  dann  gleich  als  vngern 
fy  vns  für  einen  regierenden  kunig  haben,  als  vngern  wollen  wir 
fy  regiren,  dann  wir  von  derfelben  regierung  weder  befunders 


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—    201  — 


ere  oder  nutz  gewartend  fein.  Vnd  nachdem  dann  der  genannt 
vnser  Neve  von  Maintz  bei  äemfelben  Regiment  die  feinen  auch 
haben  werde,  wo  im  dann  geliehen  wolle,  das  obbeftimt  vnnfer 
innOgl,  fo  wir  yetze  von  dir  Sixten  Ölhafen  empfangen  haben, 
vnd  du  auf  vnnfer  fonndern  bevell  aus  vrfachen  vnns  darzu 
bewegend  in  vnnfer  perfondliche  anfclieii  vnd  beiwefen  mit 
deiner  petfchaft  verfecretiert  haft.  Vnd  wir  mit  einer  kiainer 
vnnderfcheid  oder  Itampf  vermerkt  bei  dem  berürten  Regiment 
gebrauchen  laffen  wollen,  damit  die  hanndlungen,  die  dufeibft 
in  vnnfer  namen  befchchen,  gegen  den  vorgettbten  vnderfcheidlich 
erkennt  werden,  denfelben  den  feinen  zu  bevelhen,  fein  wir 
wol  geneigt,  alles  mit  füglichen  wortten,  wie  wir  vns  zu  deinem 
verftanndt  verfehen.    Daran  thuft  du  vnser  emftlich  meynung. 

Geben  zu  Kaufbewren  am  fambftagnach  dem  fonntag  miseri- 
cordias  anno  domini  1500  vnd  im  anndern  vnfers  Reichs  des  römi> 
sehen  im  fibenzehenden  vnd  des  hungerischen  im  dreizehenden  jar. 

Ad  mandatum  domini  regis  proprium  ' 
/.iegler. 

Jtem  der  genannt  Sixt  Ölhafen  foU  vnns  dies  gezeichnet 
vnd  besiegelt  Xnftruction  widerumb  in  vnfer  banden  bringen 
vnd  antworten. 

Datum  ut  supra. 

Sigmund  von  Oelhafen. 


Die  Stiftung^  der  Nürnberger  Kaufleute  für  den 
Skt.  Sebaldsaltar  in  der  Skt.  Bartholomäuskirche 

zu  Venedig. 

>;Die  Nürnbergischen  Kautieute,  so  gen  Venedig  gehandelt, 
haben  diefs  Jahr  (1434)  20  fl.  ewiger  Zinfs  zu  einer  Mefs  auf 
Slct.  Sebalds  Altar  in  Ski.  Barthoimcfs  Kirche  zu  Venedig  ge- 
stiftet Heinrich  Rummel,  Kunz  Imhoff,  £rckenbrecht  Kolcr 
und  Fritz  Krefs  sein  die  ersten  Verwalter  gewesen  und  haben 
die  Hauptsumme  in  die  Losungstube  zu  Nürnberg  gelegt.  A.  1436 
feyn  noch  4  fl.  und  A.  1437  abermals  noch  2  fl.,  desgleichen 
A.  1476  18  fl.  dazu  gestiftet  worden,  ist  also  fn  Allem  44  fl.c 

So  berichtet  der  Nürnberger  Ratsschreiber  Mulhier  in 
seinen  Annaien^  ^twas  Weiteres  war  über  diese  Stittung  der 


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Nttrnbergischen  Kaufleute  bisher  nicht  bekannt.  J.  F.  Roth  hat 
die  Notiz  MttUners  in  seiner  GeaSchichte  des  NUmbergischen 
Handels  I.  S.  13  ohne  erläuternden  Beisatz  wörtlich  wieder- 
gegeben und  nach  ihm  hat  Dr.  Simonsfeld  in  seinem  Buche 
über  den  Fondaco  dei  Tedeschi  in  Venedig  Bd.  II  S.  80  ihrer 
bei  der  VViderlc^unj^  der  Meinung,  dai's  es  in  Venedig  oder  im 
Fondaco  eine  förmliche  Nürnberger  Gemeinde  gegeben  habe, 
welche  Vorrechte  vor  den  andern  deutschen  Kaufleuten  hatte, 
Erwähnung  gethan.  £r  hält  für  möglich,  dafs  im  Anschlüsse 
an  die  gestiftete  Messe  die  Nürnberger  Kaufleute  eine  Bruder- 
schaft unter  sich  errichtet  hatten,  deren  später  1517  Anton 
Tucher  zu  gedenken  scheine,  bestreitet  aber,  dafs  die  Nürn- 
berger in  Venedig  und  im  Fondaco  —  insbesondere  in  diesem 
Zeiträume  —  eine  Sonderstellung  eingenommen  hätten.  Der 
Gute  des  Herrn  .Major  W.  I'rhrn.  v.  Inihoff  verdanke  ii  Ii  die 
Kenntnis  von  einigen  im  Frhrl.  v.  Imhoffischen  Faniilienarchive 
zu  Nürnberg  erhaltenen  Archivalien,  welelie  sich  auf  die  Stiftung 
der  Nürnberger  Kaufleute  für  den  Skt.  Sebaldsaltar  in  der 
Bartholomäuskirche  zu  Venedig  beziehen  und  einiges  Licht  in 
die  Sache  zu  bringen  geeignet  sind,  da  sie  Aufschlufs  darüber 
geben,  für  welche  Zwecke  die  Renten  der  gestifteten  Ewiggelder 
verwendet  wurden.  Sie  bestehen  in  einem  Papierheft  in  Quart 
mit  der  Aufschrift  »des  heylligen  peychtigers  Sant  Seboltz  von 
Venedig  püchleinx  und  in  zwei  Pergamenturkunden  von  1478 
und  I4öl,  BestiiUungsbriefen  für  zwei  Kapiäne,  welche  die  nach 
Venedig  Handel  treibenden  Nürnberger  Kautieute  für  iliesen 
Altar  anstellten.  Das  Büchlein  des  Beichtigers  ist  nicht  etwa, 
wie  man  nach  dem  Titel  annehmen  könnte,  eine  Aufzeichnung 
dieses  Geistlichen,  sondern  ein  im  Geschäfte  der  Imhofl*  in 
Nürnberg  entstandenes  und  geführtes  Aufschreibbuch,  in  welches 
die  Einnahmen  und  Ausgaben  für  den  Skt.  Sebaldsaltar  in  den 
}ahren  146S  bis  1514  verzeichnet  sind;  es  scheint  im  Jahre  1491 
im  Geschäfte  der  Imhoflf  durch  Zusammenstellung  dessen,  was 
dieselben  an  Einnahmen  für  die  Stiftung  aus  der  Losungstube 
in  Numberf4  in  iiiren  IUu:liein  verzeiciinet  fanden,  und  dessen, 
was  über  die  in  Venedig  gei»11ogenen  Abrechnungen  in  ein 
in  Venedig  geführtes  --Skt.  Sebaldsbüclilein>  eingetragen  war, 
entstanden  zu  sein  und  wurde  dann  bis  zum  Jahre  1514  fort* 


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geführt.    Im  Tordam  Teil,  wo  der  .Papierumschlag  den  oben- 
erwähnten Titel  trägt,  finden  sich  unter  der  Überschrift 
+  Jesus  Maria  M  a  CCCC  fl  LXXXXI  + 
Nota  was  vnser  Eltern,  auch  wir  vnd  ob  got  wil  lang 
hinfür   geschehen   soll  eingenumen  haben  von  SaiiJt 
Seljolt  wegen  <5ider  antoni  paumgartner  entrunnen  ist, 
als  hernoch  geschrieben  stet 
die  jährlichen  Einnahmen  an  Ewigzinsen  aus  der  Losungstube 
vom  Jahre  1465  an  fortlaufend  eingetragen,  während  hinten, 
von  der  letzten  Seite  anfangend,  unter  besonderer  Überschrift 
die  alljährlich  in  Venedig  vorgenommenen  Abrechntmgen  gleich- 
falls von  1455  an  verzeichnet  stehen.    Die  letzterwähnte  Auf- 
schrift lautet: 

+  Jesus  Maria  M  o  CCCC  ^  LXXXXI  + 
Nüta  in  diessem  Jar  liabcn  wir  Sandt  Sel»ollt  von  Venedig 
rechnung  gemacht  was  man  von  seinetwegen  hot  nnfs- 
gebcn  als  hernoch  geschrieben  stet  vnd  an  der  aiuiern 
seyten  was  man  hot  eingenumen,  vnd  ist  alle  ding  sider 
es  vnsser  Elttem  eingenumen  haben,  noch  dem  vnd 
Antoni  paumgartner  falliert,  vnd  soll  das  ausgeben 
gleychlauten  Sandt  SeboUt  puchlein  das  zu  Venedig  ist, 
vnd  grundtliche  rechnung  davon  ballten  dem  heylligen 
peychtiger  zu  lob  vnd  zu  ehren  auch  ob  es  eins  nott 
thut  das  man  es  west. 
Bis  14()5  hatte  also  Antun  Paumgartner  die  Vereinnahmung 
und  Verrechnung  der  Kwiggclder  für  die  Stiftung  besorgt  und 
als  dieser  taliiert  hatte,  war  diese  Autgabe  den  JmhoHs  zuge- 
fallen.   Diese  hatten  im  Jahre  1491  mit  den  Verwaltern  der 
Stiftung  abgerechnet  und  es  für  gut  befunden,  neben  dem  in 
Venedig  geführten  Skt.  Sebaldsbächlein  auch  selbst  ein  solches 
in  Nürnberg  zu  führen  und  in  dasfelbe  die  Einnahmen  und 
Ausgaben  von  der  Zeit  an,  da  ihre  Väter  die  Besorgung  dieses 
Geschäfts  Übernommen  hatten,  nachtragen  zu  lassen.  Die  Gesell- 
schaft Konrad  Imhoff  efioli,  die  ja  ständig  mit  Venedig  in  Ver- 
bindung stand  untl  immer  durch  einen  ihrer  Lieselischafter  oder 
einen  Bevollmächtigten  dort  vertreten  war,  war  also  gewi  scr- 
matsen  der  Bankier  der  Stittung,    Sie  leistete  die  notigen  Vor- 
schüsse zur  Bestreitung  der  Ausgaben  und  sorgte  für  die  Ein- 


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Ziehung  der  Ewigzinsen  in  Nürnberg,  aus  denen  $ie  die  Stadt- 
steuer,  die  Losung,  bezahlte  und  sich  (Ür  ihre  Auslagen  wieder 
deckte.  Verwendet  aber  wurden  die  Stiftungsrenten  nach  Aus- 
weis der  Abrechnungen  teils  zur  Besoldung  eines  eignen  Kaplans, 

welchen  die  Nürnljerger  Kaufleute  in  Venedig  unterhielten,  teils 
zur  l^et'kung  der  Kosten  einer  feierlichen  Begehung  des  Festes 
des  heiligen  Sebald  als  Patrons  der  Nürnberger  in  der  Kirche 
San  IJartholomäo  zu  Venedig.  Der  Kaplan,  in  der  Regel  ein 
Deutscher,  wurde  von  den  Nümbergem  für  den  Skt.  Sebalds- 
altar in  der  genannten  Kirche  angestellt.  Er  sollte  wöchentlich 
fünf  Messen  lesen,  sich  eines  züchtigen,  priesterlichen  Wandels 
befleifsigen,  würdig  gekleidet  sein  und  den  Altar  und  die  Kaplanei 
ehrbarlich  verwesen.  Ohne  Wissen  und  Erlaubnis  der  in  Venedig 
anwesenden  Nürnberger  Kaufieute  durfte  er  keinen  Tag  aufser- 
halb  der  Stadt  zubringen,  sondern  mufste  immer  bereit  sein, 
Heichte  zu  hören,  zu  kommunicieren  und  andere  Sakraiiieiite 
zu  reichen.  Als  Gehalt  bezog  der  Kaplan  anfariL^s  viertel- 
jährlich zehn  Dukaten,  später  30  Dukaten  im  Jahre.  Bücher, 
Kelche,  Mefsgewänder,  Ornate  und  andere  Dinge,  die  zum 
Altar  gehörten,  Wurden  ihm  anvertraut,  er  mufste  sie  getreulich 
versorgen  und  bei  seinem  Abzug  unversehrt  wieder  ausliefern. 
Beide  Teile  behielten  sich  das  Recht  vor,  nach  vorausgegangener 
vierteljähriger  Kündigung  das  Vertragsverbältnis  wieder  zu  lösen. 
Unter  diesen  Bedingungen  wurde  am  16.  Dezember  1478  von 
Hans  Tucher,  Konrad  Imhoff,  Lienhard  Hirschvogel  sen.,  Jakob 
Ci artner,  Stefan  Kolb  und  Konrad  Marstaller  zu  Nürnberg  in 
ihrem  und  anderer  Nürnberg ischcr  Kaufieute,  die  nach  Venedig 
Handel  trieben,  Namen  der  ]^rie?;ter  Johann  Kolb,  Bamberger 
Bistums,  als  Kaplan  für  den  Skt,,  Sebaldsaltar  der  Kirche  San 
Bartolomäo  zu  Venedig  angestellt  und  so  wurde  zweieinviertel 
Jahr  später,  am  22.  Mai  1481,  von  Hans  Tucher,  Kunz  Imhof, 
Lienhard  Hirschvogel  dem  älteren  und  Konrad  Marstaller  der 
Priester  Wolfgang  Stahel,  Regensburger  Bistums,  an  die  Kaplanei 
berufen').  In  beiden  Fällen  wurde  der  Dienstvertrag  in  Nürnberg 


')  Im  Aufschreib büchlein  werden  als  die  früheren  Kapläne  genannt: 
Konrad  Mebenhamner,  dem  1467  gekündigt  worde,  Katpar  Hasser  bis  1470, 
Jorg  Postler  bis  1476.  Auf  Wolfgang  Stahel  folgte  im  Jahre  1483  Pre 
Lucho  (iit  der  noch  15 14  im  Amte  war. 


—    205  — 


von  dem  kaiserlichen  Notar  Johannes  Polraus,  und  zwar  der 
erste  in  lateinischer,  der  andere  in  deutscher  Sprache,  beurkundet. 

Das  Skt  Sebaldsfest  aber,  welches  die  Nürnberger  in 
Venedig  alljährlich  am  10.  August  in  der  Kirche  San  Bartho» 
lomäo  feierlich  begingen,  gab  Anlafs  2U  mancherlei  Auslagen, 
welche  aus  dem  IniialL  der  Skt.  Sebaldstruhe  in  Venedig,  der 
wahrscheinlich  aus  Mitgliedsbeiträgen  und  Opferstockgahcn 
bestand,  hestritten,  wenn  dieser  aber,  wie  es  die  Kegel 
war,  niclit  reichte,  gleichfalls  aus  den  Renten  der  Stiitung 
gedeckt  wurden.  Die  Kapelle  wurde  bei  diesem  Anlafs  mit 
Teppichen  und  Grün  geschmückt,  fQr  den  Altar  wurden 
Wachskerzen  in  gröfserer  Zahl  angeschafft,  dem  Pfarrer  und 
dem  Kaplan  waren  Gebühren  2U  entrichten,  Geschenke  wurden 
an  sie  gemacht,  an  die  beiden  Tafeln  im  deutschen  Hause,  an 
die  Schwaben-  und  die  Kölner  Kammer  wurde  Konfekt  und 
Wein  verschenkt,  auch  kommen  Ausgaben  für  deri  Organisten 
und  die  Sänger  vor  und  für  ein  Essen  im  Pfarrhote  und  sonstige 
Kollationen.  Einige  Wochen  nach  dem  Feste  a!)er  kamen  die 
»Vormünder  der  ewigen  Mels  zu  Venedig«,  d.  h.  vier  oder  fünf 
von  den  in  Venedig  weilenden  Nürnbergischen  Kaufleuten  zu- 
sammen, um  Skt.  Sebalds  Truhe  zu  öffnen,  Kassasturz  vorzu- 
nehmen und  Abrechnung  zu  pflegen. 

Als  Probe  einer  solchen  Abrechnung  lasse  ich  die  aus 
dem  Jahre  1491  folgen: 

+  Jesus  Maria  14Q1.  -|- 

Jtem    adi    21    agofto   haben   wir  nachge- 

fchriben"  I.orentz  Meminger,  Alb  recht 

Heugell,   Franz  Hirfsfbgel  vnd  ich 

Hans   Im  Hoff  junior   Sant  Sebolt 

truchen  auffgethun  vnd  darin  gefunden    6  duc.  —  — 
Jtem  kauft  kerzen  zu  dem  fed  koften  .    .    2  duc.  1  f.^)  18p.^ 
Jtem  den  prieftern  nach  ir  gewonheit  nach 

alter  gereclitigkeit  1  duc.   —  — 

Jtem  fo  hot  man  zalt  den  fingern,  pfcufern 

vnd  Prediger  2  duc.  3  f.  17  p. 


')  f.  =  soldi.  - 
*J  p.  =  piccoit.  — 


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Jtem  fo  haben  wir  auch  geben  den  prieftem 

vnd  pfeufern  zum  elTen  vnd  trincken 

koften  2  duc.  2C.    2  p. 

Jtem  fo  koft,  das  man  die  kirchen  het 

geziit  mit  tebich  vnd  gemalten  brieffen, 

vnd  andern  vnkoften  fazit  alles    .    .    1  duc.  1  f.    2  p. 

Summa  koft  Sant  Sebolt  feft  fazit    ...    9  duc.  2  f.    1  p. 

Jtem  alfo  pleibt  man  Juane  in  Charia  effioUi 
fchuldig,  das  fie  dargeliehen  haben,  des 

mangel  geweft  ift,  fasit  duc.    3  gr.^)  8 

Jtem  fo  hat  man  dieffes  vergangen  jar  gezalt 
pre  Lucho  die  mes  zu  leffen  30  duc. 
hot  Juane  In  churia  Effioli  dargeliehen  .    duc.  30  — 

Über  die  Art  der  Verrechnung  dieser  Vorschüsse  und 
der  vereinnahmten  Ewigzinsen  geben  einige  Einträge  in  einem 
noch  erhaltenen  Geheimbuch  des  Hans  Imhoff  Aufschlufs.  — 

Aus  den  aufgefundenen  Urkunden  ergibt  sich  meines  Er- 
achtens, dafs  die  Nürnberger  Kaulleute,  welche  nach  Venedig 
Handel  trieben,  schon  frühzeitig  sich  zu  einer  Art  von  Bruder- 
si  liaü  urganisieit  iuittcn,  welche  ihren  eigenen  Seelsorger  halte 
iiiul  den  heih'gen  Sebald  als  Schutzpatron  verehrte.  Die  Für- 
sorge für  die  geistlichen  Bedürfnisse  der  Landsleute,  Gottesdienst 
und  Seelsorge,  waren  die  einzigen  Zwecke  dieser  Vereinigung, 
nicht  aber  die  (Geltendmachung  besonderer  Vorrechte  der  Nürn- 
berger im  Fondaco.  Dafs  Anton  Tucher  diese  Bruderschaft 
meinte,  als  er  am  26.  November  1517  in  sein  Haushaltungsbuch 
notierte,  er  habe  den  Jorg  Spengler  dafür  bezahlt,  dafs  er  ihn 
2U  Venedig  in  der  Bruderschaft,  darinnen  er  sei  und  der  er  für 
41  Jahre  die  Jahresbeiträge  mit  einem  Marzell  jedes  Jahr  schuldig 
gewesen  sei,  >geledigt  und  gelosts;  liabe,  scheint  mir  nicht 
unwahrscheinlich,  wiewohl  aus  dem  P.iK  hlei'n  des  Bciciuigers 
kein  Anhalts[)unkt  dafür  sich  findet,  dafs  Jahres! »eitra^e  gezahlt 
wurden.  Diese  Beiträge  mügen  den  Hauptinhalt  der  iJUchse 
oder  Truhe  ausgemaclit  haben,  die  alljährlich  bei  der  Al)rech- 
nung  geleert  wurde.  Nicht  belanglos  scheint  mir  der  Umstand, 
dafs  Anton  Tucher  1474  im  Büchlein  des  Beichtigers  zum  ersten 

*)  gr.  —  grossi.  — 


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—    207  — 


Male  als  einer  der  Vormünder  der  ewigen  Messe  aufgeführt  ist, 
und  wenn  er  bis  zum  Jahre  1517  der  Bruderschaft  angehörte, 
sich  allerdings  die  Zahl  von  41  Jahren  ergiebt  Dagegen  habe 
ich  fttr  eine  Bruderschaft  der  deutschen  Kaufleute  in  Venedig, 
wenigstens  in  jener  Zeit,  keine  Anhaltspunkte  finden  können. 
Aus  der  Bemerkung  Thausings  in  seinen  ilJarers  Briefe  u.  s.  w. 
S.  185  zu  S.  4,  dafs  mit  den  Deutschen  in  Dürers  Briel"  die 
Genossenschatt  der  deutsclien  Kaufleute  gemeint  sei,  die  ihren 
Sitz  im  Fondaco  de'  Tedeschi  am  Ponte  Rialto  hatte,  fchliefsen 
zu  wollen,  dafs  es  eine  Bruderschatt  der  deutschen  Kaui- 
leute  in  Venedig  gegeben  habe,  wie  Loose  in  seinem  »Anton 
Tuchers  Haushaltsbuchc  S.  134  Note  3  gethan  hat,  geht  doch 
wohl  nicht  an. 

Das  Büchlein  des  heiligen  Beichtigers  von  Skt.  Sebald 
wäre  wohl  wert,  einmal  von  kundiger  Hand  bearbeitet  und 

veröffentlicht  zu  werden.  Es  gibt  vor  Allem  auch  schätzenswerte 
Aufschlüsse  über  die  Nürnberger  Kaufleute,  welche  in  den  Jahren 
1465—  1514  in  Venedig  si(  h  aufliielten  und  die  Stiftung  ver- 
walteten. Vorläufig  seien  hier  die  Bestaliungsbriefe  für  die 
beiden  Kapläne  mitgeteilt: 

I. 

Instrumcntum  condicionis  domini 
Johannis  Kolb  in  Cappellanum  altaris 
S.  Sebaldi  Venetiis. 
Anno  1478. 

In  nomine  domini  amen.  Anno  natiuitatis  eiusdeni  mille- 
simo  quadringentosimo  septuagesimo  octauo  indieiunc  undecima 
Pontificatus  sanc  tissinii  in  Christo  jiatris  et  domini  nostri  domini 
Sixti  diuina  prouidencia  pape  quarti  anno  octauo  die  mercurii 
decima  sexta  decembris  hora  meridiei  vel  quasi  in  mei  notarii 
publici  testtumque  fidedignorum  infrascriptorum  ad  hoc  specialiter 
vocatorum  et  rogatorum  presencia  personaliter  constituti  circum- 
specti  et  prouidi  viri  Johannes  Tucher  consul,  Conradus  Imhoff, 
Leonhardus  Hirfsfogl  senior,  Jacobus  Gärtner,  Steifanus  Kolb  et 
Conradus  Marstaller  ciues  et  mercatores  ciuitatis  imperialis 
Nurembergcnsis  Bambergcnsis  diocesis  siio  et  aliorum  mcrra- 
torum  Nurembergensiuni  Venctias  frequentantum  noniuic  ordin- 


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_    208  — 


auerunt,  deputauerunt  et  assumpserunt  vnanimi  consensu  in 
eorundem  Cappellanum  ad  altare  Sancti  Sebald!  in  ecclesia 
Scti.  Bartholomei  Venetüs  honorabilem  videlicet  viram  dominum 
Johannem  Kolb  presbylenim  Bambergensis  diocesis  presentem 
id  sponte  et  gratanter  petentem  et  acceptantem  ac  annuentem 
sie,  quod  idem  dominus  Johannes  de  angaria  lüde  predicti 
incipicndo  cappellanus  dicti  altaris  cxistat  ac  sini^ulis  septimaius 
(luinfine  mis3as  in  codem  altari  legat  so(juc  in  vestibus  et  habitu 
clericalibus  pro  decencia  ornet  ac  aliter  i)ro  hoiu'statc  clcricali 
honeste  gerat  et  regat,  pro  quibus  dicti  mercatores  nomine  quo 
supra  eidem  domino  Jobanni  qualibet  angaria  anni  decem  duca* 
torum  dare  connenenint  et  promiserunt.  Quodsi  idem  dominus 
Johannes  honeste  se  non  gesserit,  aut  mercatores  ipsnm  pro 
capellano  ut  premittitur  de  cetero  habere  noUent,  ipsi  Uberam 
potestatem  quam  ipsis  protunc  reseruauerunt  haberent  eundem 
dominum  Johannem  a  cappellanatu  huiusmodi  inviciandi  (:)  et  amo- 
uendi,  sie  tamen  quod  ipsum  ad  quartale  vnius  anni  antea  de 
hoc  certificarent  aut  auisarent.  Similiter  quod  ctiain  idem  dominus 
Johannes,  cum  amplius  in  cappellanatu  peiseucrare  nollet,  aucto- 
ritatem,  quam  protunc  sibi  etiam  reseruauit,  haberet,  licenciam 
recipiendi  ac  petendi  et  huiusmodi  cappellanatum  lesignandi, 
sie  tamen  quod  mercatores  ipsos,  quorum  interest  seu  quod 
concemit,  similiter  ad  quartale  vnius  anni  de  hoc  prius  certi' 
ficaret.  Promiserunt  insuper  partes  ipse  prefate  altera  alten 
michique  notarto  publico  Infrascripto  vice  et  nomine  omnium 
et  singulorum,  quorum  interest  stipulandum  et  recipiendum  se 
et  quamHbet  eamm  premissa  contingunt  quamlibet  respectiue 
concci  ii.aii  exj)lcrc,  adimplcre  et  fideliter  obseruare  suj)er 
(|uibus  ümnii)us  et  sini,'ulis  preniissis  sibi  vnum  uel  ^»hira  publi- 
cum uel  publica  lieri  atquc  confici  peticrunt  instrumentuni  et 
iostrunicnta.  Acta  sunt  hec  in  dicta  ciuitate  Nuremberg  in  aula 
seu  pallacio  pretorii  ibidem  sub  anno  indicione  pontißcatu  mense 
die  et  hora  quibus  supra  presentibus  ex  tunc  et  ibidem  honestis 
viris  Jeorio  Funck  et  Johanne  Tratzhauser  clericis  Eistetensis 
diocesis  testibtts  ad  premissa  vocatis  atque  rogatis. 

Quod  ego  Johannes  Polraus  clericus  Bam> 
bergensis  diocesis  publicus  Imperiali  auctoritate 
Notarius  quia  premissis   omnibus  et  singulis  iiua- 


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—    209  — 

• 


cum  supranominatis  testibus  presens  interfui  eaque 
sie  fieri  vidi  et  audiui  ideo  presens  publicum 
instrumentum  manu  mea  scriptum  exinde  confeci 
et  publicaui  signucjue  et  nomine  meis  sbütis  et 
consuetis  in  fidem  i^remissomm  ad  hoc  rogatus 
et  requisitus  consignaui  et  subscripsi. 

n. 

Beftallung  hern  VVolfgangen  Stalicls  zum 
capelan  Sant  Sebaldaltars  zu  Venedig. 

1481. 

In  gottes  namen  amen,  nach  chrifti  unfers  lieben  herren 
geburt  als  man  zällt  vicTzehnhundert  vnd  im-  ainvndachtzigften, 
des  kaiferthumbs  des  allerdurchleuchtigiften  und  grofsmechtigiften 

furrtcQ  und  hcrrn  herrn  Friderichen  römifchen  keifers,  zu  allent^ 
zeitten  mercr  des  reichs,  im  drcifigftcn  jarn,  in  der  vir- 
/.chcndcn  Indicioii,  vff  eritag  den  zwoniindzwant/.iirften  tag  Maii 
vnib  inittagzeitt  find  in  mein  offen  Notari  vnd  zeugen  hieundten 
bcfchriben  gegenwertigkait  perfonlich  erfchynnen  die  erfamen, 
fttrfichtigen  Hans  Tucher  des  Rats,  Contz  Imhoff»  Linhard 
Hirffogel  der  eitere  vnd  Conrad  Marftaller,  bürgere  zu  Nürm- 
berg,  vnd  haben  in  irem  vnd  anderer  kauffheren  von  Nürm* 
betg  nameup  die  difer  nachnolgenden  fachn  verwand  Cindt,  den 
wirdigen  herren  Wolfgang  Stahel  briftem  Regcnlpurgcr  biftumbs 
alsdan  perfonlich  entgegen  vnd  auff  fein  vleifsig  erfuchen,  bete 
vnd  Ijegerung  zu  ircin  caj.plan  vnd  verwcfcr  des  altar  fant 
.Scl)alts  in  Sant  Bartolineskirchen  zu  Venedig  auff  vnd  ange- 
noraen  vnd  gedingt  inmalTcn,  wie  hernarh  volijt,  nlfo,  das  der 
gemellt  Herr  Wolfgang  mit  folchcm  geding  vnd  beftallung  in 
der  goltuafften  zu  pfingften  fchirftkiinftig  antreten  vnd  anheben, 
folchen  altar  vnd  cappellaney  erwarlich  verweren,  alle  wochen 
filnfr  mefte  darauff  haUtenn  vnd  vollbringen,  auff  den  tagen,  die 
ime  am  fugiichften  fein  ongeuerlich,  vnd  (ich  aines  züchtigen, 
brifterliches  wefens,  ftands  vnd  lebens  nach  gaiftlicher  Ordnung' 
hallten,  vnd  nach  eren  geclaydet  fein  foll,  damit  gemaine  fta.it 
Nüremberg  vnd  gemaine  kauflfherren  ere  dauon  haben  mögen, 
auch  fo  foll  er  kaynen  tag  aulser  Venedig  fein  on  fonder  wiffen 

»4 


(S.  L.) 


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—    210  — 


vnd  erlaubnus  der  gedachten  kautflierrn  v  on  Nürmberg  zu  Venedig 
wonend  vnd  foU  auch  den  vorgedachten  kauffherren,  wo  fie  des 
nottUrftig  würden  oder  begerten,  mit  peichthören,  communiciren 
vnd  andere  facrament  seraichen  willig  vnd  beraitt  feini  dagegen 
feilen  ime  die  gemellten  kaufherren  an  ydes  virteils  jare  folang 
er  den  bemellten  altar  verweilt  zehen  ducaten  geben  vnd  auf- 
richten, vnd  ob  es  sich  begebe,  das  der  gemellte  Herre  Wolf- 
gang sich  nach  gefallen  vnd  willen  der  gemellten  kaufherren 
von  Nürmberg,  fo  ye  zu  zeitten  zu  Venedig  weren,  nit  liallten 
wurde*),  follten  fie  macht  haben,  ime  vrlauh  zu  geben  vnd  er 
sA(o  vrlaub  haben,  doch  das  man  im  das  ain  virtail  jars  vor« 
hin  zuwiffen  thu,  fo  foU  auch  derfelb  Herre  Wolfgang  macht 
haben,  wa  er  nit  lenger  pleiben  wollt,  vrlaub  zunemen,  doch 
das  er  folchs  den  gemellten  kanfherren  von  Nürmberg  ain  vir- 
tail jars  vorhin  zu  wilTen  thu,  vnd  was  auch  alfo  dem  gemellten 
herm  Wolfgang  von  puchem,  kelchen,  mefsgewand,  omaten  vnd 
von  andern  dingen  zu  dem  gemellten  altar  gehörend  befolhen, 
vberantwort  oder  eingeben  wurd,  das  er  folchs  ordenlich,  ge- 
treulich vnd  wefenlich  verlorgen  vnd  hallten  vn<l  wa  er  abzihen 
oder  nymer  caplan  fein  würde,  folch  ftuck  widerumb  vl)erant- 
worten  vnd  anzaigen  füll,  folchs  alles,  wie  oben  lautt,  haben 
fich  bede  parthey  einmütiglich  verainig(t)  vnd  vertragen  vnd 
ettweder  parthey  der  andern  das  fo  de  berürt  alfo  zu  hallten 
zugefagt  vnd  mir  hierundten  befchriben  Notar!  mit  wefenlicher 
ftipulacion  verhaiffen  vnd  verfprochen  mit  beger  inen  vnd  ir 
yedem  ains  oder  mehr  offen  inltrument  vnd  vrkund  darüber 
zumachen  vnd  zugeben*  Actum  zu  Nürmberg  auff  dem  Ratt- 
hawfe  in  beywefen  vnd  gegenwirdikait  der  erfamen  Conraden 
Rainhart  Nutarien  vnd  Johann  Zeill  cleriken  Bamberger  vnd 
Wirtzbumer  biftumbcn  als  zeugen  dartzu  fonderlich  eniordert 
vnd  gebeten. 

Vnd  wan  ich  Johannes    Polraus  clericker 
Bamberger  biftumbs  von  päbftlicher  vnd  kaifer- 
S  )      lic^c>^  machte  ain  offenwarer  Notari  mitfambt  den 
^  '  obenannten  getzeugen  bey  vnd  mit  folchen  obe- 

fchribner  handlung  entgegen  gewefen  bin  alfo 
gefchen  vnd  gehört  han,  hirumb  hab  ich  dits  offen 

*)  oder  iue  nit  lenger  haben  wollten.    Jo.  Polraus  spst. 


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—  2n  - 

inftnimetil  vnd  vrkund  darüber  gemacht,  gefchriben 
(G  S  \  meinem  gewonlichen  zeichen  vnd  namen 

betzaichnet  vnd  vnterfchriben  dartzu  fonderlich 
erfordert  vnd  gebeten. 

  G.  Frhr.  v.  Krefs. 

Ein  Nürnberger  Stammbuch  aus  dem 
i6.  Jahrhundert. 

Der  Generalversammlung  des  Gesamtvereins  der  deutschen 
Gescbichts-  und  Altertumsvereine  lag  im  Jahre  1890  die  Frage 
vor:  »Bis  zu  welcher  Zeit  läfst  sich  das  erstmalige  Vorkommen 
der  Stammbücher  zurttckfühien  und  ist  etwas  Näheres  über  den 
Verbleib  der  angeblich  in  Helmstadt  befindlich  gewesenen 
Stammbücher  Luthers,  Mclanchthons  u.  s.  w.  bekannt?«  Geheimrat 
VVarnccke  in  Berlin,  der  bckaiintc  Suiuinlor  von  Stammbüchern, 
machte  dazu  im  Korrespondenzlilatt  des  Gesamtvereins  vum 
Oktober  1890  Nr.  10  die  Mitteilung,  dafs  >die  Ruriositäten  der 
physisch-literarisch-artistisch-literarischcn  Vor-  und  Mitwelt  1.  Band 
II.  Stück,  Weimar  1811«  einen  Aufsatz  über  Stammbücher 
und  Nachrichten  von  der  Sammlung  von  Stammbüchern,  welche 
sich  auf  der  Herzoglichen  Bibliothek  zu  Weimar  befindet,  ent- 
halten, worin  auf  S.  178  gesagt  wird:  >Um  die  Zeit  der 
Reformation  sowohl  als  schon  lange  vorher  führten  die  berübm* 
testen  und  gelehrtesten  Männer  des  grofsen  noch  unübertroffenen 
16.  Jahrhunderts  Stammbücher.  Die  von  i.utlicr,  Mclanchthon, 
Buggenhagen  u.  s.  w.  befanden  sich  sonst  in  der  llohiistädter 
Universitäts-BibHothek.«  Er  hob  icrner  hervor,  dafs  Stamm- 
bücher aus  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  jedenfalls 
zu  den  gröfsten  Seltenheiten  zählen  und  dafs  ihm,  der  selbst 
sich  im  Besitz  von  etwa  400  Stammbüchern  meist  aus  dem 
16.  und  17/ Jahrhundert  befinde,  ein  solches  aus  der  1.  Hälfte 
des  16.  Jahrhunderts  überhaupt  noch  nicht  zu  Gesicht  gekommen 
sei.  Inzwischen  ist  im  Jahre  1893  das  Buch  von  Robert  und 
Richard  Keil  »die  deutschen  Stammbücher  des  sechzehnten  bis 
neun/elintcn  Jahrhunderts*  erschienen.  I';iriii  wird  S.  8  gleich- 
falls behauptet,  dafs  zur  Zeit  der  Refoiniation  die  Sitte  der 
Stammbücher  schon  selir  verbreitet  gewesen  sei  und  dafs  die 
berühmtesten  Gelehrten  es  nicht  abgelehnt  hätten,  in  das  ihnen 


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212  — 


von  einem  Studenten  vorgelegte  Stammbuch  mit  Namen  und 
Denkspruch  sich  einzuzeichnen.  Es  wird  dort  ein  Eintrag  Luthers 
in  das  Stammbuch  des  Haas  von  Ebeleben  von  1342  mitgeteilt 
und  von  Melanchthon  erwähnt,  dafs  er  die  Stammbücher  als 

Preundschafts-  und  Erinnerangsbtlcher  schätzte.   Ein  Ausspruch 

McLinchthons,  der  so  bcruluitt  {4cwüidcii  sei,  dafs  er  als  Indiciiim 
Pliilippi  Melanrhthonis  de  albis  amicorum  in  den  Stammbüchern 
des  16.  Jahrhunderts  auf  dem  Titelbhatte  wiederkehre,  wird  dort 
S.  9  wurtlich  mitgeteilt  und  ebenso  ist  die  Antwort  wortlich 
abgedruckt,  weiche  Melanchthon  an  Cordatus  erteilte,  als  dieser 
die  Anfrage  an  ihn  richtete»  ob  er  denn  auch  wirklich  die  Sitte 
der  Stammbücher  billige.  Unter  diesen  Umständen  darf  .wohl 
auf  ein  Stammbuch  aufmerksam  gemacht  werden,  welches  sich 
im  Besitz  der  Nürnberger  Patrizieriamilie  von  Oelhafen  befindet. 
Es  ist  ein  Büchlein  in  Duodez,  in  Schweinsleder  gebunden  und 
ehemals  mit  j^rünseidenen  Bandern  zum  Zubinden  versehen, 
11,8  ctm.  hoch  und  H,4  ctra.  breit,  das  oben  auf  dem  Rücken 
die  Aufschrift  »Liber  et  pignus  Amicorum  i  und  deutlich  die  Jahres- 
zahl 1541  trägt.  Wer  sich  aber  nun  der  Erwartung  hingibt,  in 
dem  Büchlein  Einträge  aus  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahr- 
hunderts zu  finden,  wird  enttäuscht.  Auf  der  Innenseite  des 
vordem  Deckels  findet  sich  oben  das  Symbolum .  »Minantibus 
intrepidus:  Blandientibus  incorruptusc  und  am  unteren  Rande 
die  Inschrift  »Joannes  Christopherus  Oelhafen,  Jo.  F(i]ius),  Sixti 
Nepos,  J.  D.  et  Reip.  Nor.  utpote  patriae  cons.  m.  p.<  Der 
Besitzer  des  Stammbuches  war  demnach  Herr  Johann  Christoph 
Oelhafen  von  Schöllenbach,  ein  vielgereister  und  hochgelehrter 
Nuruberger  Patrizier,  (Jer  aber  erst  am  23.  (Oktober  1574  ge- 
boren worden  war  und  in  den  Jahren  1596  bis  1601  auf  aus- 
wärtigen Universitäten  studierte  und  einen  Teil  seiner  grofsen 
Reisen  in  Italien  und  rankreich  machte.  Aus  den^ Jahren  1596 
bis  1601  aber  stammen  die  Einträge  in  das  Stammbuch,  etwas 
mehr  als  neunzig  an  der  Zahl.  Wie  aber  kommt  die  Jahreszahl 
1541  auf  den  Rücken  des  Einbands  des  Stammbuches?  Es  ist 
beachtenswert,  dafs  der  Vater  des  Hans  Christoph  Oelhafen, 
Herr  Hans  Oelhafen,  gleichfalls  studierte.  Will  in  seinem 
( ielehrtenlcxikuu  Iki.  11  S.  5Qfi',  berichtet  von  ihm,  dafs  ci  den 
t6.  Mä,Ti  1j20  zu  Nürnberg  geboren  war,   1534  sich  auf  die 


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—    313  — 

Universität  Wittenberg  begab,  wo  er  bei  Dr.  Martin  Lüther  im 
Hause  wohnte  und  bei  Melanchthon  zu  Tisch  ging»  bei  welchen 
beiden  er  in  beso'nderer  Gunst  gestanden  sei,  dafs  er  1540  die 

Universität  Tübingen  bezogen  habe  und  nachher  schone  Reisen 
durch  Frankreich,  Italien,  Deutschland,  Holland  und  die  Nieder- 
lande gemacht  halie,  von  (lenen  er  erst  1546  nach  Hause  zurück- 
gekehrt sei.  Sollte  nun  etwa  die  Jahreszahl  1541  auf  dem 
Rücken  des  Stammbuches  darauf  hindeuten,  dafs  dasselbe 
ursprünglich  in  seinem  Besitz  war,  ohne  von  ihm  bentttzt  zu 
werden  und  dafs  es  seine  Entstehung  einer  Anregung  der  Refor- 
matoren verdankte?  Es  hat  den  Anschein,  als  ob  etliche  Blätter 
vorne  aus  dem  Stammbuche  herausgerissen  wären,  und  es  wäre 
denkbar,  dafs  der  Sohn  die  wenigen  während  der  Studienzeit 
seines  Vaters  in  das  Stammbuch  gemachten  Einträge  beseitigte 
und  es  dann  für  sich  in  Gebrauch  nahm.  Gewifsheit  wird  sich 
zwar  darüber  nicht  erlangen  lassen,  das  Stamml>uch  ist  aber 
auch  ohnedies  als  eines  der  ältesten  bekannten  Nürnberger 
Stammbücher  interes^^ant.  Es  enthält  Einträge  aus  Vicenza, 
Verona,  Peschiera,  Mantua,  Venedig,  Ferrara,  Bologna,  Rom, 
Padua,  Genua  und  Mailand,  aus  Orleans,  Nicolausport  in 
Lothringen,  Basel,  Speier  und  Nürnberg.  Von  Nümbergem 
rühren  nur  einige  wenige  Einträge  her.  Philipp  Harsdörfer 
schrieb  sich  am  7.  Januar  1 596  zu  Vicenza  ein,  Carolus  Pfinzing 
von  Henfenfeld  am  8.  März  1 596  zu  Verona  und  Gabriel  Hars- 
dörfer am  12.  Mai  150ö  zu  Peschiera  am  (»ardasee.  Johann 
('iiristuph  üclhafcn  war  im  August  15Qi^  N'ationis  (Tcrmanicae 
ßononiensis  consiliarius,  wie  aus  Einträgen  des  Petrus  Clotten 
von  Trier  und  des  Jakob  Frankeil  von  St.  Wendel  vom  30.  August 
1596  hervorgeht.  Möchte  diese  Mitteilung  zu  weiteren  Nach« 
forschungen  nach  älteren  Stammbüchern  in  den  Nürnberger 
Famtlienarcbiven  und  zu  Nachrichten  über  solche  Funde  An* 
Stöfs  gebenl 

Georg  Prhr.  v.  Krefs« 

Krypten  und  Geschlechtergrüfte  bei  St.  Sebald. 

In  einem  hiesigen  Blatte  ist  vor  Kur/em  von  anscheinend 
wohl  berufener  Seite  der  Krage  über  die  l'.xistenr,  einer  Krvpta 
unter  dem  früheren  romanischen  Ostchor  der  Sebalder  Kirche 


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214  — 

näher  getreten  worden.  Im  Zusammenhang  damit  wurde  das 
Vorhandensein  von  Grüften  patriciatischer  Geschlechter  in  dem 
gegenwärtigen  gothischen  Ostchore  erwähnt  ünd  unter  Bezug- 
nahme auf  die  Autorität  von  Moriz  Maximilian  Mayer  angegeben, 
dafs  der  Platz,  wo  an  der  nördlichen  Chorwand  das  Ewige 
Licht  hängt,  >in  der  Krypta  gcheifsen  habe,  sowie  dafs  dort 
eine  l'uclierische  (irult  liege,  in  welche  man  habe  hinabsteigen 
können,  weil  Seehiiessen  darinnen  gelesen  worden  seien.  .Ahn- 
liche Grüfte  anderer  Familien  Helsen  sich  an  anderen  Stellen 
des  Ostchors  entsprechend  den  vorhandenen  Monumenten  ver- 
muten. Bei  dem  Interesse,  welches  die  Angelegenheit  in  lokal- 
kirchengeschichtlicher  Hinsicht  bietet,  ist  es  vielleicht  nicht 
unwillkommen,  wenn  das  vorliegende  Material  durch  einige 
bisher  vermutlich  weniger  bekannte  Tfaatsachen  ergänzt  und 
berichtigt  wird. 

Wie  lange  die  noch  vorhandene  Krypta  des  westlichen 
Chors  gottesdienstlichen  Zwecken  gedient  hat,  wissen  wir  ni»  liL, 
bekannt  ist,  dafs  sie  als  Beinliaus  des  umliegenden  Sebalder 
Kir(  hhofes  benützt  und  als  solches  noch  in  den  ersten  Jahr- 
zehnten unseres  Jahrhunderts  erhalten  war.  (M.  M.  Mayer, 
Beschreibung  der  Kirche  des  heil.  Sebaldus  1831  S.  21.  v.  Murr, 
Merkwürdigkeiten  S.  59.  Würifel  Dypt  £ccl.  Sebald,  cap.  II  g  3.) 
Dafs  diese  Benützung  auf  ziemlich  frühe  Zeit  zurückgeht,  zeigt 
eine  -  Nachricht  von  Dr.  Christoph  Scheurl  im  Entwurf  eines 
Tucherischen  Geschlechtsbuches  vom  Jahre  1542  Fol.  9  verso. 
Danach  wurde  im  Jahre  1356  Berthold  V.  Penzing  »in  seiner 
Begräbnis  vor  dem  (ilockenturm  beim  Kernter  gegen  ^uber) 
seinem  Haus  am  V\  emniarkt  zu  seinem  Sohn  AI  brecht  zu  der 
Erden  erstattet.«:  Kernter  oder  K.cnitner,  lat.  rarnariuni  ist  der 
vielfach  vorkommende  Ausdruck  für  Beinhaus.  An  der  nörd- 
lichen Wand  dieses  früheren  Kernters,  zugleich  des  Westchors, 
ist  das  Wappen  des  Berthold  Pünzing  und  seiner  zweiten  Frau 
Katharina  von  Lauffenholz  neben  anderen  noch  heute  ersichtlich. 
Welcher  von  beiden  Kirchtürmen  unter  dem  als  Glockenturm 
bezeichneten  zu  verstehen  sei,  ist  fraglich,  aber  fUr  den  vor- 
liegenden Gegenstand,  wie  wir  sehen  werden,  nicht  ohne  Interesse. 
Zu  Scheurl's  Zeit  bestanden  bekanntlich  schon  die  beiden  Türme 
und  befanden  sich  Glocken  auch  schon  auf  dem  nördhchen, 


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1345  erbauten;  an  der  neben  diesem  gelegenen  Chorwand  be- 
findet  sich  auch  das  vorhin  erwähnte  Pfinzing'sche  Wappen. 
Andrerseits  wttrde  fttr  die  specifische  Bezeichnung  des  sUdh'chen 
Turmes  als  Glockenturm  der  Umstand  sprechen,  dafs  dieser 
der  erste  und  lange  Zeit  hindurch  einzige,  also  docli  der  Haupt- 
glot  kenturni  war  wie  er  auch  bis  vor  kurzem  noch  die  Woh- 
nung des  Turniers  enthielt  und  wie  auch  heute  noch  die  durch 
diesen  Turm  führende  Thüre  unter  dem  alten  Namen  iLäut- 
thüre«  bekannt  ist. 

An  einer  anderen  Stelle  erwähnt  Dr.  Christoph  Scheurl 
a.  a.  O.  eüie  Ebnersche  Erbgruft  zu  S.  Sebald  beim  Glocken- 
turm mit  dem  Beifügen:  9 wie  dann  die  alten  Geschlecht  hin 
und  wider  gewöhnlich  zu  unterst  in  der  Kirchen  bei  dem  Glocken* 
türm  vor  Alters  gepHe^^t  ihr  Begrebnus  zu  haben.«  An  den  dem 
südlichen  Turme  benachbarten  Pfeilern  finden  wir  mehrfach 
das  EbneriscliL-  Wap^icn  eiugemeiselt;  dort  befinden  sich  auch 
nocli  heute  (•edaclitnistafcln  der  Familie  Holzschuher  und  in 
der  Glasmalerei  des  Fensters  ein  Monument  der  Funier,  Umstände, 
welche  geeignet  scheinen,  die  Angabe  des  in  der  Vergangenheit 
seiner  Vaterstadt  und  in  der  Geschlechtergeschichte  gründlich 
unterrichteten  Gewährsmannes  und  die  Voraussetzung»  dafs  unter 
dem  von  ihm  bezeichneten  Turm  der  ältere,  südliche,  gemeint 
sei,  zu  bestätigen.  , 

So  dürfen  wir  die  ältesten  Begräbnisstätten  der  patri* 
zischen  Geschlechter  bei  S.  Sebald  im  westlichen  Teil  der 
Kirche  suchen,  wobei  es  allerdings  zur  Bezeichnung  bestimmter 
Namen  aufser  den  i;cnaniUon  dreien  an  Anhahspuiikten  fehlt. 
Au  einen  räumlichen  Zusammenhang  dieser  Grüfte  mit  der  west- 
lichen Krypta  ist  nicht  zu  denken.  Die  Vermutung  indessen, 
dafs  aufser  diesen  von  Scheurl  als  älteste  erwähnten  GrUften  im 
Innern  der  Kirche  solche  auch  in  dem  neuerbauten  gothischen 
Ostchor  in  gröfserer  Zahl  vorhanden  waren,  ist  ohne  Zweifel 
begründet.  Einmal  ist  wohl  anzunehmen,  dafs  seit  der  Erbauung 
dieses  Chores  die  Benützung  der  patrizischen  Begräbnisstätten 
auf  dem  Kirchhofe  ganz  abhanden  gekommen  ist.  Dann  aber 
ist  auf  die  Thatsache  hinzuweisen,  dafs  man  die  Vergebung  von 
(irüften  im  neuen  C'.lior  als  eine  willkununene  Quelle  für  die 
Aufbringung  der  Baukosten  betrachtete.    Bei  Erwälmung  des 


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Todes  der  Elisabeth  von  Mayenthal,  des  aus  dem  Geisbart'scheo 
Aufstand  bekannten  Berthold  Tücher  erster  Ehwirtin,  sagt 
Dr.  Chr.  Scheuria.  a.  O.:  >Dteselbe  starb  anno  1364  vnd  ward 
zu  Sant  Sebolt  im  neuen  Chor,  die  erst  in  der  Tucher  Begrebnis, 
begraben,  denn  man  hat  denselben  Chor  allererst  anno  1361 
zu  pauen  angefangen  und  kostet  bey  vier  und  zwainzlgtausent 
Gulden,  derliaib  mufst  menigklic:h  für  das  Leger  i  sie.)  im  Chor 
zu  Steuer  des  Paueiis  zaln  tünf/.ehen  Pfund  Haller.t  Anna 
Pfinzing,  Berthold  Tucher  s  zweite  Gcmalilin,  bestimmt  in  ihrem 
Testament  von  Galli  (16.  Oktbr.)  1379  »15  Pfd.  Haller  an  den 
newen  khor  für  das  Leger  in  der  KLirchen.«  Nach  dem  Testa- 
ment Sebald  Tucber's  f  1435  scheint  zur  damaligen  Zeit  die 
Gebühr  15  Gulden  betragen  zu  haben.  Von  den  in  Nürnberg 
gestorbenen  Gliedern  der  Familie  Tücher  sind  von  1364  bis 
zur  Eröffnung  des  Kirchhofes  bei  S.  Johannis  andere  Bestattungen 
als  im  Chor  bei  S.  Sebald  nicht  bekannt;  dagegen  hatten  viele 
l'amilien,  von  welchen  einzelne  Linien  oder  Mitglieder  bei 
S.  Sebald  begraben  sind,  noch  andere  Grüfte  oder  selbst  ihre 
hauptsächlichste  Begräbnisstätte  bei  S.  Lorenz,  in  einer  der 
zahlreichen  Klosterkirchen  oder  im  alten  oder  neuen  Spital. 
So  z.  B.  aufser  den  l>creits  angeführten  die  Imhof,  fürer, 
Pfinzing,  Behaün,  Haller,  Volkamer.  Wieder  andere  hatten  bei 
S.^  Sebald  überhaupt  keine  nachweislichen  Familiengrflfte. 

Nun  besteht  anscheinend  die  Neigung»  solche  Grüfte  des 
Ostchors  mit  der  präsumptiven  früheren  Krypte  des  dem  neuen 
Chorbau  zum  Opfer  gefallenen  romanischen  Ostchors  in  Zusammen- 
hang zu  bringen.  Linen  solchen  nachzuweisen,  dürfte  kaum 
gelingen,  viel  sicherer  dürfte  behauptet  werden,  dafs  es  sicli  hier 
um  ganz  getrennte  lHni;e  handelt.  Zum  mindesten  lafst  sich 
dies  von  denjenigen  Grüften  erhärten,  bezüglich  deren  mit 
einem  Anschein  von  quellenmäfsiger  Begründung  bisher  eine 
solche  Combination  aufrecht  erhalten  werden  konnte.  Was  zu* 
nächst  die  romanische  Ost'Krypta  selbst  anlangt,  so  scheint 
sich  auf  ihre  Existenz  jene  Bemerkung  bei  Würffel,  a.  a.  O. 
S.  15  No.  VII  zu  beziehen,  nach  welcher  unterirdische  Grüfte 
in  der  Nähe  des  Frauen-,  Johannis-  und  Zwölfbotenaltars  von 
Andäclitigen  viel  besucht  gewesen,  jedoch  alsdann  zugeschüttet 
worden,  seyen,  weil  die  Leute  doch  unbekehrt  oder  vielmehr 


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verkehrt  daraus  gekoimnen.  Ein  Zeitpunkt  fflr  die  EinfüUung 
ist  nicht  angegeben.  Über  die  Lage  der  bezeichneten  Altäre 
haben  wir  lediglich  fUr  den  Frauenaltar  einen  Anhaltspunkt  in 

der  Gestalt  des  das  Reliefbildnis  der  Maria  enthaltenden  früher 
mit  Flügeln  versehenen  Schreines  an  dem  ersten  nördlichen 
Churpfeilcr.  Hienach  aber  sollte  die  Identität  dieser  »unter- 
irdischen Grüfte^x  mit  der  Krypta  des  Ustchores  kaum  bezweifelt 
werden  können;  denn  nur  unter  dieser  Voraussetzung  hndet 
die  vorangegangene  Erzählung  ihre  natürliche  Erklärung.  Immer- 
hin besteht  Grund  genug,  alle  dergleichen  Angaben  der  späteren 
Literatur,  da  sie  offenbar  auf  vielfach  unklaren  Vorstellungen 
beruhen,  mit  grofser  Vorsicht  aufzunehmen. 

Dies  gilt  namentlich  von  der  weiteren  Nachricht  Warffefs 
über  »S.  Nicolai  Altar  in  der  Crypta«^  (vgl.  S.  16  a.  a.  O.). 
Würftel  Lusl  in  seiner  Hesclircibung  des  Innern  ilci  Kirche  diesen 
Altar  unmittelbar  folgen  auf  »S.  Catharina  Altar  ub  der  Crypta.< 
Letzterer  Altar  steht  nun  in  der  Löffelh(tlzkapelle  des  West- 
chores über  der  dortigen  Krypta,  während  S.  Nikolas  Altar 
nahezu  am  entgegengesetzten  Ende  der  Kirche  an  der  Stelle 
des  jetzt  den  Merianischen  Eccehomo  aufweisenden  Altares  in 
der  nördlichen  Seitenhalle  des  neuen  gothischen  Ostchores  stand. 
Die  WttrfTersche  Aneinanderreihung  der  Altäre  »obc  und  »inc 
der  Kr3rpta  ist  dagegen  geeignet,  die  Confusion  zu  erwecken, 
als  handle  es  sich  hier  um  ein  tmd  dieselbe  Krypta.  Im  weiteren 
beruht  olTeiibar  die  Bezeichnung  des  Nikolausaltarcs,  bezw.  des 
Raumes  vor  demselben,  »wo  das  ewige  Licht  hängt,  mit  dem 
Beisatz  y-in  der  Kryptafi,  an  und  für  sich  auf  der  Vcrniengung 
einer  dunklen  Reminiscenz  an  die  Krypta  des  romanischen 
Ostchores  mit  der  noch  frischeren  Kenntnis  von  den  dort 
befindlichen  Tucherschen  Grüften. 

Dafs  an  dem  fraglichen  Ort  eine  Krypta  schon  kirchen- 
architektonisch  unmotiviert  wäre,  kam  nicht  mehr  zum  Bewufstsein, 
ebensowenig  der  Unterschied  zwischen  einer  solchen  Krypta  als 
einem  bestimmungsgemäfs  zu  rituellen  Zwecken,  nicht  aber  zur 
Beerdigung  von  Laien  dienenden  kircli liehen  Bauteil  und  einer 
einfa<  hen  Familiengruft.  In  der  si>ra(  hHcdien  Identificierung  beider 
I?egriüe  ist  dieser  Unterscliicd  \erU)rcn  gegangen.  l>ics  erhellt 
am  Deutlichsten  aus  der  Art,  wie  sich  v.  Murr  a.  a.  O.  S.  60 


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über  die  Sache  ausspricht,  wo  er  bemerkt:  >yWO  die  Lampe 
hängt,  hiefs  man  es:  in  der  Crypta.  Diese  Gruft  vrurde  nach« 
her,  sowie  mehrere,  zugeschüttet.«  Wenn  nun  M.  M.  Mayer 
seinen  auf  die  obenangeführten  Quellen  gestützten  Nachrichten 
eine  Erläuterung  und  Erweiterung  angedeihen  läfst,  nach  welcher 
wir  vor  S.  Niclas  Altar  unter  dem  Tucherischen  ewigen  Licht 
eine  förmliche  unterirdische  Grabkapelle  zu  suchen  hatten,  i weil« 
in  den  dort  befindlichen  Grüften  Seelmesseii  gelesen  worden 
seien,  su  niufs  an  der  Hand  des  exakten  Materials  leider  auch 
diese  Entdeckung  zugeschüttet  werden. 

Von  dem  Grabe,  in  welchem  Bertliold  Tucher  und  seine 
zwei  Frauen  ruhen,  war  schon  oben  die  Rede.  Ein  zweites 
finden  wir  erwähnt,  als  sich  1438  Sebald  Tucher  neben  seinen 
Eltern  »unter  einem  eignen  Stein«  begraben  Ufst  und  ein  drittes, 
den  beiden  genannten  gegen  S,  Niclas  Altar  zu  vorliegend, 
kommt  gleichfalls  noch  in  der  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  vor. 
Die  Grüfte  waren  mit  Steinplatten  gedeckt,  die  sich  in  das 
Kirchcnpllaster  einfügten  und  mit  dem  messingenen  Wappen- 
si  hiKl  he/eich net  waren.  In  den  Testamenten  erfolgt  die  Be- 
stimmung über  die  Beerdigung  häufig  mit  den  Ausdrücken  wie: 
»unter  einem  der  Tucher  Stein  der  am  längsten  nit  geöffnet 
ist.«  So  z.  B.  im  Testament  des  Losungers  Anton  I.  Tucher 
von  1477,  seiner  Frau  und  Anderer.  Berthold  IV.  Tucher  be- 
stimmt in  seinem  letzten  Willen  von  S.  Apollonia  (9.  Febr.)  14Q4, 
dafs  man  ihn  zu  S.  Sebald  in  der  Erden  bestatten  soll  unter  der 
dreyer  Stein  einem  vor  S.  Niclas  Altar,  welcher  am  längsten 
nit  offen  gewest  ist.  Abbildungen  dieser  Steine  sind  aus  dem 
I  7.  Jahrliundert  noch  vorhanden.  IJirc  Mafsverh  dtnisse  w  eichen 
nicht  von  denen  gewöhnlicher  Grabplatten  ab.  Ks  sc  heint  schon 
hicnach  ausgeschlossen,  dafs  es  sich  hier  um  Grufträume  ge- 
handelt hätte,  die  zur  .Abhaltung  von  Scelme<sscn  zugänglich 
gewesen  wären.  Die  Beschreibung  des  bei  der  Ausrichtung 
der  letzteren  bezw.  der  gestifteten  Jahrtage  entwickelten  äufseren 
Apparates  aber  bekräftigt  dies  noch  weiter.  Es  liegt  dartibcr 
die  früheste  Nachricht  in  einem  Register  Antons  I.  Tücher  vom 
Jahre  1455  vor.  Der  Gottesdienst  bestand  aus  einer  Vigil  am 
Vorabend  und  einer  gesungenen  Scelmesse  an  S,  Niclas  Altar. 
Daneben   wurden  an  anderen  Altären   stille  Messen  gelesen^ 


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während  dessen  safsen  vier  Seelnonnen  um  das  mit  einem  kost- 
baren  Teppich  bedeckte  mit  4  brennenden  Leuchterkerzen  um- 
stellte Grab;  mitunter  war  das  offizielle  Trauerpersonal  durch 
18  Pfründner  verstärkt.    Von  den  sonst  verwendeten  Kerzen 

entfallen  auch  zwei  *auf  die  Lampen  ob  der  Grebnufse.4  Die 
ganze  Beschreibung,  der  noch  weitere  Einzclluitcii  angelugt 
werden  konnten,  zeigt  uns,  dafs  die  Trauer^ottt  sdiensle  vor 
S.  Niclas  Altar  oberirdisch  abgehalten  wurden.  Aufserdein  nuifs 
nach  den  Gebräuchen  der  Zeit,  in  welcher  der  Besuch  gottes- 
dienstlicher  Veranstaltungen  aller  Art  einen  so  breiten  Raum  im 
sozialen  Leben  einnahm^  mit  einer  zahlreichen  Beteiligung  der 
Familienangehörigen,  Verwandten  und  Freunde  gerechnet  werden*). 
Es  würde  sich  daher  schon  aus  der  rein  äufserlichen  Erwägung 
der  Raumfrage  die  Unhaltbarkeit  der  Annahme,  dafs  die  Gottes- 
dienste in  den  Grüften  abgehalten  wurden,  ergeben.  Das  Gleiche 
müssen  wir  selbstverständlich  für  die  Gottesdienste  bei  der 
Beerdigung,  die  liäufig  mit  grofsem  Prunk  uingel»en  waren,  sn- 
wie  am  i^Siebenteni  und  >' Dreilsigsteuf.  festhalten,  obgleich  EiuzeU 
heiten  hierüber  nicht  berichtet  sind. 

M.  M,  Mayer  hat  ohne  Zweifel  die  Urkunde  vom  Jahre 
1481  gekannt»  in  welcher  die  damals  lebenden  Tucher  das 
bereits  seit  1400  durch  Sebald  Tucher  gestiftete,  ursprünglich 
nur  bei  Nacht  brennende  Ewige  Licht  in  ein  Tag  und  Nacht 

*)  Die  Verkündiing  der  1'ucheraclien  Jahrtage  erfolgte  in  den  beiden 
rfarrkirchen,  bei  den  rredigern,  Augustinern,  Barfürscrn.  Fr.iuenbrUdern,  hei 
S.  Diling,  S.  Katharina  und  im  allen  Spilal.  Hinsichtlich  der  Zeit  und  Art 
der  Verkfinduii^^  bestanden  fast  in  }eder  Kirche  andere  GebrXnche,  auch 
vennied  man  regelmäfsig  das  Zusammentreffen  dieser  Trauerfeiem  mit  ge- 
legentlich coincidierenden  Festen  und  anderen  bedeuten»leren  Gottesdiensten. 
Die  Obsorge  für  die  Abhaltung  der  Jahrtage  wurde  dadurch  für  den  mit 
der  Ausrichtung  betranten  Aeltesten  der  Familie  zu  einer  ziemlieh  ver- 
wickelten  Aufgabe,  bei  welcher  ihm  indessen  wohl  die  praktische  Erfahrung 
der  Seelnonnen  zu  HfJlfe  knm,  denen  es  oblag,  die  Verkündung  in  den  Kirchen 
durch  rechtzeitige  Zustellung  der  sog.  Deokbrieflein  oder  Denkzettel  herbei« 
zufahren.  Die  Fassung  der  Denkzettel  und  also  wohl  »ach  der  kirchlichen 
Vcrl>ündung  lautete:  »,Gedenkt  durch  flott  des  Erbam  Manfs  f<>lqt  der 
Name  des  Jahrtagsstifters  und  der  Familienangehörigen,  für  welche  er  siunst 
noch  bestimmt  war),  l^er  Aller  Jartag  will  man  begeen  bifs  iTfingstag)  zu 
nacht  mit  der  vigili  und  bifs  (Freitag)  mit  der  felmefs  zu  Sani  Sehall  mit 
einem  ave  Maria."  Für  diese  Verkündigung  und  Furliiile  erhoben  die 
Kirchen  einige  Pfennige;  deren  je  nach  stattfindenden  W  iederholungen  und 
sachlichen  UmstSnden  verschiedener  Betr;^  wurde»  zur  Vermeidung  von 
Verwechslungen  durch  die  Seelnonne,  auf  dem  Denkzettel  mit  einer  ent« 
sprechenden  Anzahl  kleiner  Einschnitte  („Kerben*')  angemerkt« 


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brennend  zu  erhalteiulcs  »Inimerlicht  umgewandelt  haben.  In 
dieser  Urkunde  wiederholt  sich  der  Ausdruck,  dafs  dieses  Imnier- 
licht  Tag  und  Nacht  ob  (über)  genannter  Tucher  Begrebnufs 
brynnen  und  dieselben  beleuchtent  soll.  Die  letztere  Rede« 
Wendung  scheint  dann  zur  Ergänzung  der  Fiktion  einer  Krypta 
bei  S.  Niclas  Altar  durch  eine  Treppenbeleuchtung  erwünschte 
Dienste  geleistet  zu  haben,  wobei  man  nicht  bedacht  hat,  dafs, 
wenn  sich  die  Gräber  in  einer  Krypta  befunden  hätten,  die 
Lampe  eben  in  dieser  hätte  hängen  müssen,  wie  dies  ja  noch 
heute  anderwärts  .ui  \iclen  Beispielen  zu  sehen  ist. 

Ub  schliefslich  der  Ausdruck  jS.  Nie ohius  in  der  Kryptac 
etwa  als  ein  unverstandenes  Überbleibsel  davon  zu  betrachten 
wäre,  dafs  dieser  Altar  vor  der  Erbauung  des  jetzigen  Ostchores 
seinen  Platz  in  der  Krypta  des  abgebrochenen  romanischen 
gehabt  hätte,  wer  wollte  sich  heute  noch  getrauen,  das  zu 
behaupten  oder  zu  verneinen?  — 

Christoph  Prhn  v,  Tücher. 


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Literatur. 


K.  Lange  und  F.  Fuhse,  Dürers  schriftlicher  Nach- 
lafs  auf  Grund  der  Originalhandschriften  und  teilweise 
neu  entdeckter  alter  Abschriften.  Mit  einer  Lichtdrucktafel 
und  8  Textülustrationen.  Halle  a.  S.,  Max  Niemeyer  1893. 
80  420  S. 

Je  mehr  in  unseren  Tagen  geschehen  ist,  um  die  in  alle 
Lande  zerstreuten  Gemälde,  Handzeichnungen,  Kupferstiche  und 

Holzschnitte  Dürers  mit  Hülfe  unserer  iiochcntwickeltcii  Verviel- 
fältigungstechnik in  stattlichen  Werken  zu  vereinigen,  um  so 
voller  und  reiner  trat  das  Bild  dieses  deutschesten  unter  den 
deutschen  Malern  in  seiner  Bedeutung  und  Kraftlülle  hervor. 
Die  Gröfse  seines  Geistes  und  die  Tiefe  seines  Gemütes  zu 
offenbaren,  hatten  swar  einzelne  Werke  genügt,  nun  aber,  wo 
sich  seine  Kunstwelt  in  ihrer  ganzen  Mannigfaltigkeit  ausbreitete, 
lernte  man  ihn  in  seiner  erstaunlichen  Universalität  kennen. 
Sein  Ringen  und  Streben,  sein  Suchen  und  Wagen,  sein  Bemtthen, 
immer  tiefer  in  den  Grund  der  Dinge  einzudringen,  sein  unab- 
lässiges Sinnen  und  Denken  über  die  schwierigsten  Probleme 
und  die  tiefsten  Geheimnisse  seiner  Kunst  und  sein  nie  ermat- 
tender Eifer,  zu  immer  höherer  Vollkommenheit  zu  gelangen, 
spiegeln  sich  hier  auf  das  Deutlichste.  —  Der  Einblick  in  den 
künstlerischen  Werdegang  des  Meisters,  der  bisher  nur  Einzelnen 
vergönnt  war,  ward  nun  allen  möglich,  die  das  Verlangen  in 
sich  tragen,  sich  in  die  wunderbare  Kunstwelt  Dürers  zu  ver« 
senken  und  mit  der  Bewunderung  für  den  Künstler  wuchsen 
das  Interesse  an  dem  Menschen  und  der  Wunsch,  auch  diesem 
näher  zu  treten. 

So  konnte  es  nicht  fehlen,  dafs  das  Verlangen  rege  wurde, 
die  den  künstlerischen  Naciiials  ergänzenden  vielen  schriftlichen 
Aufzeichnungen  Dürers,  die  man  bis  dahin  nur  aus  s[M)radi-(  iien 
Mitteilungen  in  den   biographischen  Werken  oder  abgesehen 


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von  dem  vortrefflich  publizierten  Niederländischen  Tagebucbe 
aus  mehr  oder  minder  unzulänglichen  SonderveröfTentlichungen 
kannte,  in  einer  den  Publikationen  seiner  Kunstwerke  eben- 
bürtigen Weise  herauszugeben. 

Das  ist  in  der  vorliegenden  Lange -Fuhse'schen  Ausgabe 
geschehen,  denn  nicht  nur  hat  sie  alles  bis  dahin  Zerstreute 
gesammelt  und  den  schon  vcrotrcntlichten  Aufzcicliniingen  viele 
bisher  vcrb(jrgcne  Schrittstücke  hinzugefügt,  sondern  zugleich 
auch  bei  strengster  Wahrung  der  sprachlichen  P^igentunilich- 
keiten  der  Schreibweise  eine  Form  gegeben,  welche  die  Inkon- 
sequenzen und  Zufälligkeiten  der  Originaltexte  vermeidet  und 
dadurch  das  Lesen  wesentlich  erleichtert.  Wir  teilen  voll  und 
ganz  den  im  Vorworte  ausgesprochenen  Wunsch,  diese  Schreib- 
weise bei  künftigen  Publikationen  kunsthistorischer  Scfariftquellen 
in  Anwendung  zu  bringen.  —  Ungewohnte  Ausdrücke  und  Wort^ 
Verbindungen  sind  in  zahlreichen  Anmerkungen  und  z.  T.  im 
Wörterverzeichnis  am  Schlüsse  erklärt.  Aber  nicht  nur  sprach- 
lich, sondern  auch  sachlich  sind  die  einzelnen  Schriftstücke  durch 
Anmerkungen  erläutert  und  so  dem  Verständnis  aucli  dessen 
erschlossen,  der  den  Dürerforschungen  ferner  steiit.  Sie  bilden 
gleichsam  eine  Brücke  zu  diesen  und  regen  an,  sich  auf  diesem 
Gebiete  weiter  umzusehen.  £s  ist  eine  Arbeit  echten  Gelehrten- 
fleifses  voll  Gründlichkeit  und  Gewissenhaftigkeit.  Das  zeigt 
sich  vor  allem  in  der  sorgfältigen  Vergleichung  der  verschiedenen 
vorhandenen  Texte,  die  ja  leider,  abgesehen  von  den  theo- 
retischen Traktaten,  nur  in  einzelnen  Fällen  Originalhandschriften, 
sondern  vielmehr  Abschriften  aus  dem  17.  Jahrhundert  sind, 
dann  aber  auch  in  der  kritischen  Beurteilung  derselben,  sowie 
in  der  genauen  Mitteilung  ihrer  Geschichte  und  bisherigen  Ver- 
öifentUchungen. 

Die  nach  Aufzeichnungen  des  Vaters  i.  J.  1524  zusammen- 
gestellte und  bis  1523  fortgeführte  Familienchronik,  die  uns 
den  grofsen  Künstler  als  liebevollen  Sohn  vor  Augen  führt, 
bildet  mit  wertvollen  Anmerkungen  versehen,  den  Anfang,  es 
folgen  die  Bruchstücke  seines  Gedenkbuches  mit  den  ergreifenden 
Schilderungen  des  Todes  seiner  Eltern,  der  Erzählung  des  Kreuz- 
segcnwundcrs  und  einigen  Mitteilungen  über  seinen  Hausstand, 
sowie  das  auch  in  taksimiiiertcr  Abbildung  mitgeteilte   i  raum- 


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« 


—    223  — 

gesiebt  vom  Jahre  1525.  Daran  reihen  sich  die  wertvollen 
Briefe«  von  denen  sich  die  aus  Venedig  an  Firkheimer  gerichteten 
glttcklicherweise  erhalten  haben,  während  die  an  Jakob  Malier 
gerichtete  Folge,  die  so  wichtige  Mitteilungen  über  des  Meisters 

künstlerischen  Schaffen  enthält,  leider  nur  in  Abschriften  vor- 
handi-n  ist.  Während  die  Briefsammlung  nur  um  einige  bedeii- 
tiingslusc  Fragmente  vermehrt  werden  konnte,  ist  die  Saminliini^ 
der  Reime  gegen  die  Thausing'sche  Ausgabe  um  225  vermehrt 
worden.  Sie  fanden  sich  im  Verein  mit  den  übrigen  Reimen 
in  einer  Handschrift  des  17.  Jahrhunderts,  die  aus  dem  Nach- 
lasse Carl  Frommanns  in  den  Besitz  des  Germanischen  National- 
museums übergegangen  ist,  und  sind,  wie  die  bisher  bekannten 
teils  moralisierend  (»Das  hab  ich  gemacht  von  der  bösen  Welt«), 
teils  rein  religiösen  Inhalts  (Anrufungen  der  Maria,  Christi,  der 
helligen  Barbara,  Katharina,  des  heil.  Martin  etc.)  Wie  die 
übrigen  weiden  sie  tler  Zeit  um  1510  an^^elK)ren  und  sind  des- 
halb belanglos  tur  die  Kennzeichnung  der  Stellungnahme  Dürers 
zur  Reformation,  Hierfür  ist  entscheidend  die  Prachtstelle  des 
nun  folgenden  Tagebuches  der  niederländischen  Reise,  dessen 
Ausgabe  schon  Leitschuh  (i.  J.  1884)  vortrefBich  besorgt  hatte. 
Auch  Thausing  hatte  es  mit  vielen  wertvollen  kunstgeschicht- 
liehen  Anmerkungen  versehen  in  seiner  schon  1872  erschienenen 
Ausgabe  von  Dürers  Briefen,  Tagebüchern  und  Reimen  veröffent- 
licht, aber  wie  auch  die  übrigen  Schriften  Dürers  nicht  im  Urtext 
bekannt  gegeben,  sondern  in  das  moderne  Deutsch  übertragen 
und  ihm  dadurch  sein  eigenartiges  Gepräge  genommen.  Um 
viele  sprachliche,  kunst-  und  kulturgeschichtliche  Anmerkungen 
berei'  hert,  Hegt  hier  das  für  r)urers  Kunst  und  Leben  wiciitii^c 
Dokument  im  Urtext  vor  uns,  soweit  dieser  in  den  späteren 
Abschriften,  auf  die  man  leider  auch  hier  angewiesen  war, 
gewahrt  ist. 

Von  den  2.  T.  in  alten  Drucken  vorliegenden,  z.  T.  nur 
handschriftlich  vorhandenen  theoretischen  Schriften  wurden  nur 
diejenigen  Partien  mitgeteilt,  die  ein  allgemeineres  Interesse  für 
sich  beanspruchen  und  nicht  zu  ihrem  Verständnis  auch  der 

Wiedergabe  der  .Abbildung  bedurften.  Mancher  interessante 
Absrluiitt  aus  der  1525  erschienenen  l'nterweisung  der  Messung  ; 
mufste  aus  diesem  Grunde  fortfallen.     Erfreulicherweise  aber 


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—    224  — 

wurde  in  einzelnen  Fällen  das  Prinzip  durchbrochen  und  der 
Text  mit  der  Abbildung  gebracht,  so  bei  den  humoristischen 
Denkmalentwürfen,  bei  der  Theorie  des  Turmbaus  und  der 
Abhandlung  über  das  perspektivische  Zeichnen,  Gerne  hätten 
wir  auch  Teile  aus  dem  Kapitel  über  die  Buchstabenformen, 
das  mit  den  Worten  anhebt:  »So  dann  die  Bauleut  auch  Maler 
und  ander  ctwan  Schrift  an  die  hohen  Gcmeur  pflegen  zu  machen 
so  thut  not,  das  sie  recht  Buchstaben  leren  niaclien /,  mit  Ab- 
bildung einzelner  Buchstabenformen  und  Konstruktionen  in  der 
Ausgabe  gesehen.  Von  der  Befestigungslehre  (1527),  die  vor- 
wiegend technischen  Inhalts  ist,  wurde  nur  der  Widmungsbrief 
mitgeteilt  und  in  der  figurenreichen  Proportionslehre  (1528) 
aufser  diesem  und  einigen  kleineren  Abschnitten  der  grofse 
ästhetische  Exkurs,  in  dem  der  Meister  seine  tiefsten  Gedanken 
über  das  Wesen  der  Kunst  und  ihr  Verhältnis  zur  Natur  mit- 
teilt. Wie  sehr  er  sich  mit  diesen  Gedanken  abgegeben  hat 
und  l)emüht  war,  sie  immer  klarer  und  deutlicher  zu  fassen, 
zeigen  die  in  Nürnberg,  Dresden  und  London  l)e\vahrten,  liand- 
schriftlichen  Aufiseichnungen,  die  teils  Vorarbeiten  zu  den  ge- 
druckten Traktaten  sind,  teils  besondere  Abhandlungen  dar- 
stellen, die  Dürer  mit  jenen  zusammen  zu  einem  grofsen  Werke: 
»Ein  Unterricht  in  der  Malereit  oder  »Ein  Speis  der  Maier- 
knaben«  betitelt,  zu  vereinigen  gedachte.  Diese  Studien  sind 
hier  zum  ersten  Male  gesammelt,  zum  grofsen  Teil  überhaupt 
zum  ersten  Male  veröffentlicht  und  bieten  daher  dem  Kunst- 
theoretiker eine  Fülle  neuen  Materials.  Auch  hier  mufste  auf 
die  Mitteilung  der  nur  in  Verbindung  mit  der  Abbildung  ver- 
ständlichen Abschnitte  verzichtet  werden,  doch  wurde  so  viel 
als  irgend  möglich  aufgenommen,  so  dafs  sich  dieser  Teil  des 
Buciies  über  140  Seiten  erstreckt,  in  dem  wichtigen  Absciinitt 
»Verschiedenes«,  der  unter  anderem  die  Aufschriften  auf  Bildern, 
Holzschnitten  und  Handzeichnungen  enthält,  mufste  inbezug  auf 
die  letzteren  eine  Beschränkung  auf  einige  wichtige  Beischriften 
stattfinden  und  im  Übrigen  auf  das  im  Erscheinen  begriflfene 
Lippmann*8che  Werk  verwiesen  werden.  Unter  den  gleichfalls 
hier  mitgeteilten  Notizen  religiösen  Inhalts  sind  von  besonderem 
Interesse  das  um  1520  entstandene  Verzeichnis  der  Schriften 
Luthers   und  die  Dürers  Verhältnisse   zur  Reformation   so  klar 


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—    225  — 


kentueichnende  Aufschrift  vom  Jahre  1523  auf  einem  in  der 
Veste  Coburg  bewahrten  Holzschnitt  Ostendorfers  v.  }.  1522 
mit  der  Verehrung  der  »Schönen  Maria«  in  Regensburg. 

Die  mit  allen  Hilfsmitteln  der  sprach-  und  gcschichtswissen- 
schattlichen  Kritik  besorgte  vortreffli(  he  Ausgabe  der  Dürer- 
schen  Schritten  und  Schriftstucke  bildet  ein  solides  Fundament 
zu  einer  den  inneren  Entwicklungsgang  betonenden  Biographie 
des  Meisters,  die  nötig  ist,  da  Thausings  feinfühlige  Arbeit  dem 
heutigen  Stande  der  Wissenschaft  in  vielen  Punkten  nicht  mehr 
entspricht  und  der  Altmeister  Springer,  der  wie  kaum  einer 
berufen  war,  die  neue '  Dttrer- Biographie  zu  schreiben,  durch 
den  Tod  verhindert  worden  ist,  sein  DQrerbuch  in  der  um- 
fassenden Weise  durchzuführen,  wie  es  geplant  war.  Aber  nicht 
nur  die  kunstgeschichtliche  Spezialforschung,  sondern  überhaupt 
die  allgemeine  Kulturgeschichte  wird  von  dem  Buche  den 
grufslen  Gewinn  haben,  denn  mit  seinem  reichen  und  mannig- 
faltigen Inhalt  ist  es  eine  wahre  Fundgrube  kulturgeschicht- 
lichen Wissens. 

Dr.  Paul  Johannes  R^e. 


Die  Brandenburgisch-Nümbergische  Kirchenvisitation 
und  Kirchenordnung.  1518 — 1533,  Auf  Grund  der  Akten 
dargestellt  von  H.  Westermayer,  Pfarrer.  Erlangen, 
Fr.  Junge.    18Q4.    8^    152  S. 

Die  genannte  Kirchenvisitation  und  die  im  Anschlufs  an 
dieselbe  erlassene  Kirchenordnung  bezeiclineten  eine  Mafsnahme 
von  tiefgreifendster  politischer  und  kirchenrechtlicher  Bedeutung. 
Nicht  blofe  deshalb,  weil  dadurch  die  kirchlichen  Verhältnisse 
innerhalb  der  beiden  Nachbargebiete  der  Reichsstadt  und  des 
Maikgrafentums  ihre  erste  reformationsgeschichtliche  Ordnung 
und  Regelung  erhielten,  sondern  auch  weil  bestimmte  Theorien 
über  kirchenpolitische,  dogmatische,  liturgische,  disciplinäre 
Fragen  sich  herausarbeiteten  und  klärten,  und  weil  dies  in  einer 
Weise  geschah,  welche  den  Anschlufs  eines  grofsen  Teils  der 
anderen  evangelischen  Gebiete  in  Deutsehland  zur  Folge  gehabt 
hat.  Man  darf  getrost  sagen,  dals  die  Wirkungen  der  Kirchen- 
Ordnuhg  bis  heute  fortdauern. 

•5 


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—    226  — 


Ihre  Bedeutung  wird  uns  klar,  wenn  wir,  abgesehen  von 
den  uo2ähligen  Ausgaben  und  Auflagen,  die  sie  selbst  erlebt 
hat,  den  Gebrauch  ins  Auge  fassen,  der  für  die  Ordnung  der 
kirchlichen  Verhältnisse  auswärts  von  ihr  gemacht  worden  ist. 
Ein  Jahr  nach  ihrem  Erscheinen  wurde  sie  niederdeutsch  nach- 
gedruckt, sie  wurde  der  Wttrttembergischen  und  Nassauischen 
K.-O.  zu  Grunde  gelegt  1536,  im  Jahre  1538  der  K.-O.  der 
Neumark,  1540  wurde  sie  unverändert  in  Mecklenburg  ein- 
geführt, 1542  von  der  K.-O.  für  die  Fürstentümer  Calmberg 
und  (ii)ttingen  benützt,  1543  für  Schwäbisch -Hall  und  Pfnlz- 
aeuburg.  Die  Schweinfurter  K.-O.  verweist  auf  sie  in  der  Lehre, 
die  Kölner  entnimmt  ihr  Stücke  aus  der  Lehranweisung,  ihr 
Einflufs  erscheint  1560  in  der  Ordnung  für  die  Grafschaft  Erbach 
und  1563  für  die  Pfalz;  der  gottesdienstUche  Teil  wurde  als 
Grundlage  für  die  Oesterreichische  Agende  von  1572  und  die 
Hoya'sche  K.-O.  vom  Jahre  1581  gebraucht.  Ihre  Bedeutung 
wird  dadurch  nicht  verringert,  dafs  sie  einesteils  unter  der  aus- 
drücklichen Billigung  Luthers  und  der  Wittenberger  Theologen 
an  das  Licht  treten  konnte,  andernteil^  aber  doch  in  ihren 
kirchen-  und  staatsrechtlichen  Anschauunr^en  der  Sächsisc  hen 
K.-O.,  die  sich  eines  so  hohen  Ansehens  erfreute,  prinzipiell 
gegenüberstand  mit  Auffassungen,  die  später  im  Gesamtgebiet 
der  evangelischen  Kirchen  herrschend  geworden  sind. 

Die  Art  ihrer  Entstehung  vollends,  das  mühsame  Sich- 
herausringen aus  den  alten  festgewurzelten  Anschauungen  zu 
einer  neuen  Ideenwelt,  die  Schwierigkeiten  der  äufseren  Fest- 
stellung und  die  Gefahren,  welche  das  Zustandekommen  der 
Kirchenvisitation  und  der  K.-O.  fortgehend  begleiteten,  lassen 
einen  tiefen  Blick  in  das  ganze  Getriebe  jener  Sturm-  und  Draiig- 
jahre  der  evan^elisclien  Kirchenreformation  in  SiiddeutS(  bland 
werfen,  und  ihre  Darstellung  mufs  für  Beurteilung  der  Verhält- 
nisse der  Reichsstadt  und  ihres  mächtigen  fürstlichen  Nachbarn 
von  gröfstem  Interesse  sein. 

Der  Verfasser  hat  dasselbe  auf  das  Beste  zu  steigern  und 
zu  befriedigen  verstanden.  Seine  Darstellung  ist  ebenso  an- 
schaulich, als  lebendig,  gründlich  und  sorgfältig,  dabei  knapp 
gehalten  trotz  der  Benützung  eines  sehr  reichen  Geschichts* 
materials.   Der  besondere  Vorzug  der  Arbeit  liegt  in  d^r  erst- 


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—    227  — 


maligen  genauesten  Verwertung  der  Original  •  Urkunden  und 
Akten,  die  seiner  Zeit  über  die  K.-Vis.  und  K,-0.  erwachsen 

sind,  soweit  dieselben  nicht  am  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts 
der  Zerstörung  unterlagen.  Mit  hohem  Fleifs  hat  VV.  insbesondere 
die  mafsgcbenclen  Akten  des  K.  Kreisarchivs  in  NürnberL;  (die 
'  Ans]>acher  Rcligionsaktcn  )  zu  Grunde  gelegt  und  die  bisher 
erwachsene  Literatur  sorgfältig  beigezogen. 

Nach  einer  Hinweisung  auf  das  Reiigionsgespräch  auf  dem 
Rathause  in  Nürnberg  1525  führt  uns  der  Verf.  im  1.  Kapitel 
seiner  Abhandlung  zum  Schwabacher  Konvent,  dann  zur 
Kirchenvisitation,  weiter  zu  den  Mafsnahmen  des  schwäbischen 
Bundes  der  Neuerung  gegenüber;  Kapitel  2  führt  die  Kloster 
reformation  der  -fraglichen  Gebiete  vor  und  von  Kapitel  6 — 8 
wird  der  Leser  Über  die  Entstehung  der  eitiontlichen  K.-O., 
über  das  ihr  cijjentümliche  Kirchenrecht  und  ilucu  LI.  l'cil  in 
den  sog.  Katechisuiuspiedigten  unterrichtet.  Als  Beilagen  Nvcrtlcn 
der  Bericht  der  markgräflichen  Statthalter  über  den  Schwabacher 
Konvent,  die  30  Ansbacher  Frageartikel  zur  Visitation  und  die 
Br.  Nürnb.  K.-O.  von  1528  selbst  angefügt. 

Wohlthuend  berührt  die  unbefangene,  objektive  Stellung 
W/s  zu  den  in  Rücksicht  kommenden  Grundfragen  des  staat- 
lichen und  kirchlichen  Lebens,  die  gerechte  Würdigung  dessen, 
was  der  alten  Kirche  zukam,  die  billige  BeurteUung  gegnerischer 
Überzeugung,  das  Fembleiben  von  einer  herkömmlichen,  ein- 
seitiges Lub  spendenden  Behandlung  und  der  sittliche  Mut,  der 
sich  nicht  scheut,  weniger  schöne  Seiten  der  Entwicklung  und 
nicht  all/.eit  edle  Beweggründe  beim  rechten  Kamen  m  nennen. 
Wir  haben  hier  zum  Beispiel  das  5.  Kapitel  im  Auge,  welches 
»die  ünanzielle  Seite  der  Visitation -i  beleuchtet,  deren  Kenntnis- 
nahme freilich  weniger  der  Stadt  Nürnberg,  als  dem  Markgrafen 
unvorteilhaft  ist,  wenn  dieser  bereits  im  Jahre  1529,  also  noch 
ehe  man  auf  dem  Augsburger  Reichstage  über  die  Ordnung 
der  Religionsangelegenheiten  ernstlich  weiter  zu  handeln  unter« 
nahm,  die  sämtlichen  Kirchenkleinodien  inventarisieren  und  noch 
in  dem  gleichen  Jahre  wegnehmen  Hefs,  so  dafs  allein  an  Silber- 
wert  24o62  Gulden  aus  den  Kirchen  des  Markgrafentums 
Bayreutiv  man  kann  nicht  anders  sagen  als  geraubte  wurden. 
Die  Ciironik  für  die  Stadt  Schwabach  von  H.  von  i^alkenstcin 

15' 


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—    228  — 


1756,  2.  Auflage,  S.  109,  schreibt  ganz  fröhlich,  dafs  »Herr 
Markgraf  Georg  alle  in  denen  Kirchen  und  Klöstern  sich  be- 
findliche  goldenen  und  silbernen  Gefäfse,  Kelche,  Monstranzen, 
Bilder  und  andere  Kostbarkeiten  herausnehmen,  solche  nach 
Schwabach  bringen  und  sie  allda  verptigen  liefs,  um  mit  diesem 
Oelde  die  gemachte  Schulden  seines  Herrn  Bruders  Casimir 
bezahlen  zu  lassen«.  Mencken  nennt  als  Einschmelzungsorte 
Kulmbach,  Ansbach  und  Schwabacii.  Diese  Nachricht  muistc 
sich  irgendwie  mit  der  S.  67  bezeichneten  Übertuhrung  der 
Kirchenschätze  an  den  Mainzer  Kurfürsten  ausgleichen  lassen. 
Man  beliefs  nach  sonstigen  Nachrichten  den  Stadtkirchen  zwei, 
den  Landkirchen  je  einen  Kelch  und  zwar,  wie  Westermayer 
bemerkt,  »von  den  schlechtesten«.  Aus  Nürnberg  Ist  dergleichen 
nicht  bekannt  geworden  und  wurde  dort  keinesfalls  in  so  hohem 
Mafse  bewerkstelligt,  bis  das  Ende  des  18.  Jahrhunderts  mit 
seiner  Kriegsnot  und  der  daraus  erwachsenen  grofsen  Schulden« 
last  zu  ähnlichen  Schritten  führte:  worüber  m.  Schrift  »Alt- 
Nurnbcrg  in  seinen  Gottesdiensten'.;  ((Gütersloh,  C.  liertclsmann) 
189ü,  S.  321,  verglichen  werden  mag.  l^ort  befindet  sich  ein 
»Verzeichnis  der  aus  der  Sebalder  und  Lorenzer  Kirche  in  das 
Losungamt  gelieferten  und  zum  Verkauf«  gebrachten.  Mefs- 
gewänder  d.  d.  10.  Februar  1797. 

Nach  den  verschiedensten  Seiten  bringt  W.  neue 'Aufschlüsse, 
Ergänzungen  und  Berichtigungen.  S.  11  stellt  er  die  Autor- 
schaft der  Schwab  acher  Artikel  fest,  der  23,  welche  so 
lange  Zeit  mit  den  17  aus  dem  Jahre  1529  verwechselt  worden 
sind;  dieselben  sind  nämlich  Nürnberger  und  nicht  Ansbacher 
Ursprungs,  wie  man  bisher  irrig  angenommen.  Die  Autorschaft 
ist  durch  die  Aufschrift  auf  dem  Kxemi)lar,  welclies  dem  Bericht 
der  Statthalter  an  den  Markgrafen  beigelegt  war  (s.  die  Rel.- 
Akten  Tora.  VIII,  fol.  lOitf),  »AbschritTt  der  predicanten  zu 
Nurmberg  begriff  zur  Visitation  auff  etlich  lere  Artikel  gestellt 
und  auch  aufserdem  gesichert.  Die  »offenbar  merkwürdige  Vor> 
geschichte  der  Entstehung«  derselben  ist  uns  unbekannt,  da  die  . 
betr.  Nürnberger  Akten  verloren  sind,  wie  fast  alles  auf  die 
Nürnbergtsche  Visitation  Bezügliche.  Osiander  aber  ist  als 
Redaktor  der  Visitationsartikel  noch  nicht  durchaus  .erwiesen. 

Die  auf  dem  Konvent  zu  Schwabach  entstandene  Br.-N. 


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—    229  — 


Kirchen- Ordnung  von  1528  war  bis  heute  unbekannt  und 
ist  als  schätzenswerte  Beilage  III  abgedruckt 

Sehr  langwierig  waren  die  Verhandlungen  flber  die 

vorzunehmende  K irchen-Visitatiou,  der  gegenüber  sich 
natürlich  viele  Bedenken,  Furcht  und  Zaudern  geltend  machten 
und  auf  Nürnbergs  Seite  die  bekannte  vorsichtige  Politik  des 
Rates  jmraer  wieder  zum  Vorschein  kam.  Ohne  die  energisciie, 
immer  neu  antreibende,  stets  auf  der  Hut  stehende  Kraft  des 
thätigen  Stadtschreibers  L.  Spengler  wäre  die  Visitation  gewifs 
nicht  zum  Vollzug  gekommen,  so  wenig  als  das  Bündnis  mit 
Brandenburg.  Es  galt  ja,  die  Zaudernden  zu  einem  sehr  ent- 
scheidenden Schritt  fortzureifsen,  wenn  man  die  Visitation  be- 
schlofs;  denn  die  Loslösung  von  der  bischöflichen  Jurisdiktion 
war  mit  einer  solchen  obrigkeitHchen  Visitation  von  selbst  ge- 
geben, und  dies  hinwiederum  konnte  ohne  eine  mit  dem  mächtigen 
Markgrafen  und  Nachbarn  gemeinsame  Aktion  nicht  gelingen. 
Aber  wer  den  ersten  Schritt  thun  sollte  und  wann  und  wie, 
das  kostete  viel  Überlegung  und  ist  öfters  fast  ergötzlich  zu 
lesen.  Beim  Markgrafen  machten  sich  die  verschiedensten  Ein- 
flüsse geltend;  insonderheit  soweit  die  Visitation  auch  die  Klöster 
in  Mitleidenschaft  ziehen  sollte,  war  der  Adel  nicht  günstig 
gestimmt,  denn  er  wollte  die  Versorgungsstätten  seiner  Töchter 
nicht  verlieren.  Idan  war  weiter  über  die  geltend  zu  machende 
Begründung,  über  die  Ausdehnung  der  Visitation,  die  dabei  zu 
behandelnden  Lehrpunkte,  die  ürganisationsfragen  nicht  klar 
und  einstimmii;.  Persönliche  Kränkungen  der  Redaktoren  unter- 
einander (war  doch  Osiander  dal>ei}  kamen  hinzu;  die  Begriffe 
über  die  Grenzen  des  kirchlichen  und  staatlichen  Rechtes  waren 
äufserst  fliefsend. 

War  Nürnberg  geneigt,  in  gottesdienstUcher  Beziehung 
und  in  den  Fragen  des  äufseren  Kirchentums  den  bisherigen 
Bestand  festzuhalten,  so  besann  man  sich  innerhalb  seiner  Mauern 
wenig,  wenn  es  galt»  die  Kirchenhoheit  und  Kirchenaufsicht  in 
einem  sehr  ausgedehnten  Mafse  zu  üben,  wie  es  denn  bekanntlich 
in  Nürnberg  zur  Einsetzung  cmcs  eigenen  kirchliciien  Konsi- 
storiums niemals  gekommen  ist. 

Am  14.  (nicht  am  11.)  Juni  fanden  sicli  in  Schwabach 
ein:  der  Kanzler  G,  Vogler  von  Ansbach,  der  Schwabacher 


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—    230  — 


Amtmann  Wolfgang  von  Wiesenthau,  die  Prediger  A.  Althammer 
von  Ansbach  und  Adam  Weifs  von  Crailsheim  (der  Pdor  Schopper 
von  Heüsbronn  hatte  abgelehnt),  Johann  Rnrer,  Pfarrer  und 
Prediger  am  Stift  zu  Ansbach.  Von  Nürnberg:  Martin  Tucher, 
Lazarus  Spengler,  A.  Oslander  und  Dominicus  Sleupner.  Über 
der  Frage  des  Bannes  wäre  fast  das  Ganze  hier  und  wiederholt 
später  gescheitert.  Auch  cigcntlicli  politische  Verständigungen 
kamen  weiter  nicht  zustande,  weil  sie  der  Markgraf  beharrlich 
ablehnte.  Dagegen  hatte  der  Konvent  eine  dreit'ache  Instruktion 
für  die  Visitatoren  zum  Ergebnis,  nämlich  1)  die  23  Nürnberger 
l,ehrartikel  (»SchwabacherVisitationsartikelc)für  die  Unterweisung 
der  Geistlichen»  2)  die  30  Ansbacher  Frageartikel  fUr  das  eigent« 
liehe  Examen  und  3)  die  Kirchenordnung,  welche  durch  die 
Visitatoren  eingeführt  werden  sollte.  Man  beschlofs,  dafs  unbe- 
schadet der  Lehensrechte  und  sonstigen  Zuständigkeiten  Nürnberg 
alle  Pfarreien  diesseits  der  Schwabach,*  Schwarzach  und  Regnitz 
und  ebenso  der  Markgraf  jenseits  visitieren  solle.  Die  dabei 
etwa  zu  erwartende  Widersetzlielikeit  und  (iewalt  fafste  man 
bestimmt  ins  Auge.  Man  betrat  deslialb  nicht  die  einzelnen 
Orte,  sondern  berief  die  betreffenden  Geistlichen  und  dazu 
einen  oder  mehrere  vom  Pfarrvolk  nach  bestimmten  Stationen. 
Im  Druck  der  K.-O.  wollte  der  Markgraf  seinen  Namen  ver- 
mieden wissen,  auch  deshalb,  weil  er  dieselbe  zur  normalen 
K.-0.  für  andere  Evangelische  zu  erheben  wünschte. 

Nürnberg  beschleunigte  die  Visitation  und  begann 
damit  am  3.  September.  Ort  der  Verhandlungen  war  das  Kloster 
S,  Egidien.  Einige  interessante  Proben  führt  W.  an.  Der 
Pfarrer  von  Regelsbach,  der  sich  nicht  hatte  visitieren  lassen, 
wurde  abgesetzt. 

Viel  mehr  Material,  wenn  auch  noch  immer  mangelhaft, 
ist  bezüglich  der  Brandenburgischen  Visitation  vorhanden, 
für  welche  die  Arbeit  durch  die  bereits  eingeforderten  Berichte 
der  Amtleute  wesentlich  erleichtert  war.  Ein  genaues  Verzeichnis 
der  visitierten  Pfarreien,  teilweise  mit  Noten  (bene,  male,  pessime) 
und  mit  Bemerkungen,  wird  auf  S.  29  — 3Q  gegeben.  In  den 
Ortsnamen  finden  sich  einige  Irrungen,  auch  hätten  wohl* die 
jetzigen  Namen  genau  beigeschrieben  werden  sollen. 

»Münster«  (S.  30)  ist  Altenmunstcrj  »Traunsbachj  Triens- 


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bach  (S.  43),  »Steinbach«  (S.  30)  mufs  heifsen  Scheiiibacbi 
»Sotteldoif«  Satteldorf.  Maria  Casteln  ist  jedenfalls  M.  Capein 
und  Taubenheim  doch  wahrscheinlich  das  jetzige  Kaubenheim. 
S.  19  ist  Samstag  nach  Kiliant  (Bemerkung  unter  dem  Text) 

richtiger  der  11.  Juli,  nicht  der  18.;  Montag  nach  Vocem  jucun- 
ditatis  1528  ist  nicht  der  24.  Februar,  sondern  (1er  18.  Mai. 

Bei  nicht  wenigen  Personen- Namen  ist  bemerkt:  -"hat 
nicht  respondirt,  liat  nicht  wollen  respondiren«,  oder:  nicht 
erschienen;  bei  Mehreren:  »haben  nicht  respondiren  wollen, 
feyn  arge  Papiften«  u.  s.  w.  Von  300  Pfarrern  im  Ansbacher 
Unterland  zeigten  sich  74  nicht  willfährig. 

Die  Anordnungen  der  Kommissäre  gestalteten  sich  ver- 
schieden; die  Ansbacfaer  verboten  sofort  die  tägliche  Messe 
ohne  Kommunikanten  und  verlangten  tägliche  Predigten,  auch 
gingen  sie  ge^en  die  Sakramentshäuschen  vor.  Nürnberg  unter- 
liefs  beides.  In  Günzenhausen  war  der  Amtmann  selbst  der 
eifrigste  (iegncr  der  Visitation.  Die  eidliche  Veri)tlichtung  der 
Geistlichen  auf  den  Markgrafen  billigte  Nürnberg  nicht,  als 
offenkundigen  Eingriff  in  die  Jurisdiktion  der  Bischöfe.  Bei  den 
schwäbischen  Bundestagen  brachte  der  Bischof  von  Bamberg 
seine  Beschwerden  nachdrücklich  an  und  wurde  langehin  dila- 
torisch behandelt,  wobei  sich  der  Markgraf  auf  ein  künftiges 
Konzil  berief.  Endlich  im  Juli  1531  zu  Nördlingen,  wo  der 
Bischof  in  eigener  Person  erschien,  wurde  der  Markgraf  Georg 
verurteilt  und  ihm  Bundeseinschreitung  angedroht*,  doch  blieb 
die  Uiühung  in  Folge  der  nächsten  pulitischen  Ereignisse  auf 
dem  Papier. 

Wie  langsam  und  verzüglich  die  Kirchen-Ordnung 
selbst  zu  Stande  kam,  wird  von  S.  68  an  gezeigt.  Eben 
hatte  es  die  Stadt  dem  Kurfürsten  von  Sachsen  abgeschlagen, 
Luther  während  des  Reichtags  von  Augsburg  in  ihre  Mauern 
aufzunehmen.  Zwei  Entwürfe  lagen  schliefslich  dem  Rate  vor, 
der  eine  von  Oslander,  welcher  lediglich  eine  Ordnung  der 
Ceremonien  gab,  der  andere  von  den  drei  Predigern  Sleupner, 
Link  und  Koberer.  Nürnberg  zögerte  immer  und  immer  wieder, 
(lurrh  Ausgabe  einer  KirrhenoKinung  den  Kaiser  zu  rci/ca: 
so  dafs  Osiatulcr  \on  der  Kan/el  ^egeii  den  Rat  donnerte. 
Von  Ausbachischer  Seite  wurde  mehrfach  an  den  Vorschlägen 


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gebessert  oder  geändert.  ^  Ein  Streitpunkt  war  der  Bann,  femer 
die  sogenannte  trockene  Messe  (Mifsa  sicca)  ahne  Kommunikanten. 

Der  Rat  liefs  sich  durch  alle  Bemühungen  Spenglers  nicht 
bewegen,  durch  die  Einftthrung  der  täglichen  Predigt  den  Schwer- 
punkt des  Gottesdienstes  Tom  Sakrament  auf  die  Predigt  zu  ver- 
legen, und  erwies  sich  somit  sehr  liturgisch.  Auch  liefs  er  die 
Klevation  nicht  fallen  (die  erst  durch  Veit  Dietrich  1543  al)ge- 
scIiatTt  wurde)  und  die  Mefsgewänder  bei  dem  täglicher  ( Gottes- 
dienst. Dem  Drängen  des  Markgrafen  auf  Herausgabe  der  K.-O. 
konnte  aber  endlich  nicht  länger  widerstanden  werden.  Brenz 
wurde  nach  Ansbach  berufen  und  an  Luther,  Jonas  und  Melanch« 
thon  wurde  Alles  zur  Prüfung  gesandt;  endlich  kam  Brenz  auch 
nach  Nürnberg  selbst,  um  gemeinsam  mit  Oslander  die  letzte 
Feile  anzulegen.  Das  tägliche  (nicht  das  sonn-  und  feiertägliche) 
Mefsgewand  wurde  fallen  gelassen,  doch  von  einem,  Konsistorium 
wollte  der  Rat  wie  früher  nichts  wissen.  Die  Noten  zu  den 
Ccsäiigen  bezog  tnan  aus  Wittenberg,  wieder  und  wieder  änderte 
man  und  unter  viel  innerem  Widerstreben  des  Rats  kam  endlich 
die  letzte  Feststellung  zum  Abschlufs.  Am  1.  Dezember  1533 
geschah  die  Einführung,  die  Drucklegung  war  in  Nürnberg  erfolgt, 
800  Kirchenordnungen  und  500  Gesangbögen  gingen  nach 
Ansbach  ab.  Nochmals  verlangte  der  Markgraf  drei  Abänderungen 
auf  einem  besondem  Zettel,  mit  welchem  die  K.-0.  Anfangs  März 
in  seinem  Gebiete  zur  definitiven  Einführung  kam. 

Eine  interessante  Darlegung  gibt  die  Schlufsabhandlung 
über  den  landesherrlichen  Episcopat  und  dessen  grundverschiedene 
Auffassung  von  Seiten  Lutlieis  und  seitens  der  K.-O,  Luther 
hiilt  an  der  Selbständigkeit  der  Kirche  entschieden  fest  und 
betrachtet  die  Obrigkeiten  nur  als  Notbischufe.  Die  K.-O. 
rechnet  den  Erlafs  einer  K.-0.  prinzipiell  zur  Kompetenz  der 
weltlichen  Obrigkeit,  die  verpflichtet  ist,  den  Frieden  zu  erhalten, 
die  nun  aber  auch  in  die  eigentlich  geistlichen  Dinge  und  Be- 
fugnisse direkt  eingreift.  Am  meisten  geschah  dies  in  der  Reichs- 
stadt. Nach  Spenglers  Ansicht  ist  die  Obrigkeit  verpflichtet, 
die  Einhelligkeit  der  Predigt  zu  erzwingen,  um  des  Landfriedens 
willen.  Das  Kirchenreghnent  fällt  in  die  Kompetenz  der 
Staatsgewalt 

Dieser  Theorie  »verdankt  noch  heute  der  Landesherr  seine 


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—    233  — 


jura  in  Sacra,  aber  genuin  lutherisch  ist  sie  nicht.«  S.  135. 
Die  Darlegung  hierfkber  ist  klar  und  instruktiv. 

Von  den  angehängten  Katechismus-  oder  Kinderpredigten 
will  W.  annehmen,  dafs  ihre  Entstehung  gleichfalls  in  Nürnberg 
zu  suchen  sei. 

Wir  schliefsen  unsere  Besprechung  mit  dem  Wunsche,  dafs 
die  reichen  archivalischen  Quellen,  welche  das  Ansbach- NUrn<^ 
berger  Land  besitzt,  seine  Registraturen,  insbesondere  die 
wichtigen  Nürnberg«  Ansbacher  Urkunden  des  K.  Kreis -Archivs 
in  Nürnberg,  immer  umfassender  erforscht  und  erschlossen  und 
in  Westermayer^s  Art  zur  Darstellung  gebracht  werden  mögen. 
Dies  ist  bisher  noch  viel  zu  wenig  geschehen. 

Schwabach.  M.  Herold. 


Festschrift  zur  250jährigen  Jubelfeier  des  Pegnesischen 
Blumenordens,  gegründet  in  Nürnberg  am  16.  Oktober  1644. 
Herausgegeben  im  Auftrage  des  Ordens  von  Th.  Bischoff  und 
Aug.  Schmidt.  Mit  vielen  Abbildungen.  Nürnberg,  Johann 
Leonhard  Schräg.  1894.    XVI,  532.  8^ 

>Je  länger  ich  vor  den  grünenden  Seitenlogen  des  Irr- 
hains, dessen  Front-  und  Mutterloge  ein  belaubtes  Labyrinth 
war,  auf>  und  abstrich  und  mich  bald  in  jene,  bald  in  diese 
Hütte  setzte  und  daran  dachte,  hier  safs  1644  Harsdorf,  Klat 
und  ihre  Chorsänger  —  iiiul  je  länger  ich  m  den  bedeckten 
Gängen  yleic-hsaui  in  den  Kataki  »nil  en  der  vorigen  Pegiiitzschäfer 
ging  und  wieder  heraus  zu  den  wachsenden  Blumen  kam,  die 
öfter  aufgelegt  wurden  als  die  gedrucicten  des  Blumenordens, 
desto  mehr  fing  vor  mir  der  Blumengarten  an  zu  phosphoreszieren 
und  endlich  lag  er  als  ein  himmlischer  Hesperiden-Garten  da  und 
das  lichte  Gewölk,  durch  das  er  oben  aus  der  ätherischen  Ver- 
gangenheit in  die  dicke  Gegenwart  hereingesunken  war,  hing 
noch  merklich  in  leuchtenden.  Flocken  an  seinen  Gipfeln.«  So 
schrieb  Jean  Paul  im  Jahre  1798  und  machte  sich  damit  eines 
kleinen  Irrtums  schuldig.  Von  A.  Schmidt  erfahren  wir,  dafs 
der  Irrhain  erst  in  den  Jahren  1676 — 78  angelegt  und  von  den 
Mitgliedern  des  Ordens  besucht  wurde.  Noch  heute  steht  das 
Benutzungsrecht  des  Wäldchens  den  Pegnitzschäfern  zu.  Die 
Sommerfeste  im  Irrhain  sind  weithin  bekannt  und  üben  auf  Jung 


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—    234  — 


und  Alt,  auf  Philister  und  Studenten,  auf  Backfisch  und  Matrone 
die  gleiche  Anziehungskraft  aus,  wenn  auch  der  Irrhain  kein 
Irrhain  mehr  ist.  Denn  er  hat,  wie  der  Orden  selbst,  sein 
Gewand  geändert.  Die  Irrgänge  sind  verschwunden,  der  Hirten- 
orden an  der  Pegnitz  aber  hat  Schäferstab  und  Blumen  zu  den 
Akten  gethan,  er  ist  schon  gegen  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts 
>cin  Frucht-  und  Blätterorden,  nämlich  eine  historisclie  und 
literarische  Gesellsrhaft  geworden  ,  wie  Jean  Paul  sagt.  —  Ks 
gibt  keine  literarische  Vereinigung  in  Deutschland,  die  auch 
nur  annährend  in  Bezug  auf  das  Alter  mit  dem  Pegnesischen 
Blumenorden  in  Vergleich  treten  könnte,  und  es  war  demgemäfs 
nur  gerechtfertigt,  dafs  die  Mitglieder  mit  freudigem  Stolze  die 
Feier  des  250jährigen  Bestehens  der  Gesellschaft  begingen. 
Denn  wenn  eine  freie  Vereinigung  sich  durch  Jahrhunderte  als 
existenzfähig  erweist,  dann  mag  denn  doch  —  trotz  der  zahl* 
losen  Angriffe,  mit  denen  der  Orden  zu  verschiedenen  Zeiten 
beehrt  ward  —  etwas  Gutes,  etwas  Hohes  in  ihr  walten,  das 
sie  vor  schnellem  Verfalle  schützt  Glänzende  Erscheinungen, 
die  ähnliche  (lesellst-haften  bisweilen  vorübergehend  in  helles 
Licht  setzten,  hat  der  Blumenorden  allerdings  nie  aufzuweisen 
gehabt,  aber  durch  die  langen  Jahre  seines  Bestehens  geht  ein 
gleichmäfsiges  Streben  und  Ringen,  dessen  Ausgang  und  dessen 
Ziel  die  Pflege  der  deutschen  Sprache  und  Literatur,  die  Liebe 
zum  unverfälschten  Deutschtum  ist.  Und  wer  in  solchen  Gütern 
seine  Ideale  sieht,  ist  wert,  dafs  er  besteht 

Zu  der  250  jährigen  Jubelfeier  hat  der  Orden  eine  prächtig 
ausgestattete  Festsclirift  ersclieinen  lassen,  die  in  zwei  Teile  /.er- 
fällt: in  die  l>ioi,ra|'hie  Gcort;  Philipp  Harsdörfers  von 
Theodor  Bischofi  und  die  Biugrapliic  Sigmund  von  Birkens 
von  August  Schmidt.  Es  soll  mit  diesen  Schriften,  wie  das 
Vorwort  hervorhebt,  der  Anfang  gemacht  werden  zu  einer  um- 
fassenden Geschichte  des  Blumenordens. 

Bischoif  gibt  im  ersten  Kapitel  seiner  umfangreichen  Arbeit 
die  Lebensskizze  Harsdörfers.  Der  Begründer  des  Pegnesischen 
Blumenordens  hat  seine  wissenschaftliche  Ausbildung  erhalten 
auf  den  Universitäten  Altdorf  und  Strafsburg  und  sie  vervoll- 
konnnnet  viul'  aus^cilehiiten  RcLseii  nacli  Geui,  i'aris,  den  Nieder- 
landen, England  und  Italien.    Sehr  bemerkenswert  ist  der  nach- 


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—  235 


halti'ge  Einfluss,  den  der  Strafsburger  Professor  Matthias  Bern- 
egger  auf  den  jungen  Patrizier  atisübte.    B.  hat  in  anschaulicher 

Weise  zum  ersteimuile  diese  Tliatsaclic,  die  für  den  ganzen  Ent- 
wicklungsgang Ilarsdorfers  bestimmend  werden  sollte,  gebührend 
hervorgehüben.  Des  weiteren  erhalten  wir  eine  knappe  und 
geschickte  Übersicht  über  Harsdörfers  l  eben  als  Bürger  und 
Familienvater,  Über  seine  reiche  Thätigkeit  in  seiner  V:iterstadt 
als  Staatsmann  und  Gerichtsherr,  an  der  Hand  der  Nürnberger 
Geschichte,  sowie  über  seine  wissenschaftlichen  und  literarischen 
Bestrebungen  und  Beziehungen  im  allgemeinen.  Die  einzelnen 
Daten  aus  der  Geschichte  Nürnbergs  auf  ihre  Zuverlässigkeit 
nachzuprüfen,  Ist  mir  unmöglich.  Ich  möchte  hier  nur  an- 
merken, dafs  S.  27  der  Ausdruck  Zunftmeister«  nicht  berechtigt 
ist,  da  es  in  Nürnberg  eigentliche  Zünfte  im  17.  Jahrhundert 
nicht  gab.  Nach  MummenhofT  kommt  das  Wort  ^ Zunft«  zum 
erstenmale  1  700  in  einem  amtlichen  Schriftstück  vor.  Dem  Ge- 
samturteile, das  B.  über  Harsdörfer  fällt,  kann  man  in  jeder 
Beziehung  zustimmen:  9 Vaterlandsliebe,  aufopfernde  Thätigkeit, 
Wohlwollen,  Freigebigkeit  und  Mitleid  sind  seine  vornehmsten 
Tugenden,  Neigung  zur  Vielgeschäftigkeiti  Oberflächlichkeit  und 
Eitelkeit  sind  seine  Schwachen  .  .  .  Mustergiltige  Leistungen  .  . 
werden  von  ihm  nur  wenige  aufzuweisen  sein;  dagegen  hat  er 
mancherlei  geschaffen,  das  billigen  Anforderungen  entspricht, 
das  namentlich  für  seine  Zeit  sehr  wertvoll  war.  Dieses  Gute 
findet  sich  aber  häufig  verborgen  unter  viel  wertloser  S[)reu  .  . 
Harsdörfer  war  kein  grofser  Gelehrter,  noch  weniger  ein  grofser 
Dichter,  aber  er  ist  und  bleibt  einer  der  gröfsten  deutschen 
Publizisten  seiner  Zeit,c 

B.  ist  bemüht,  sein  Thema  stets  im  Zusammenhange  mit 
der  allgemeinen  Kultur-  und  Literaturgeschichte 'zu  geben.  Ein 
solches  Streben  ist  durchaus  lobenswert  und  bei  der  Betrachtung 
der  sprachlichen  Leistungen  H.'s  geradezu  notwendig.  Der  Leser 
mufs  orientiert  sein  über  den  Zustand  der  deutschen  Sprache 
vor  und  zu  H.'s  Zeit,  wenn  er  die  Thätigkeit  des  letzteren  auf 
diesem  (rebiete  verstehen  und  würdigen  soll,  l.cider  ist  der 
Verfasser  nicht  immer  vorsichtig  genug  in  der  Benutzung  seiner 
Quellen  gewesen,  er  tritt  seinen  Gewährsmännern  mit  zu  viel  Opti- 
mismus entgegen.  Öfter  auch  sind  die  Quellen  nicht  völlig  ver- 


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—    236  — 


arbeitet.  Gleich  die  Einleitung  des  2.  Kapitels  (»die  frucht- 
bringende GeseUschaftt)^  in  dem  die  Entwicklung  der  deutschen 
Sprache  behandelt  wird,  fordert  energischen  Widerspruch  heraus, 
B.  nimmt  mit  MttllenhoffoScherer  fflr  die  ahd.  Sprachperiode 
eine  besondere  Hofsprache  an,  während  er  für  die  mhd.  Zeit 
Behaghel  folgt,  der  —  mit  den  neueren  Forschern  —  die  sogen. 
Hotsprachc  lou[,Miet.  Jedenfalls  ist  daran  festzuhalten,  dafs  die 
Hofsprachc ,  wollen  wir  eine  solche  annehmen,  die  Mundarten 
keineswegs  uberragte,  Stendern  höchstens  als  eine  sorgfältiger 
gepflegte  Mundart,  deren  sich  die  höfischen  Kreise  bedienten, 
anzusprechen  ist.  Von  einer  Gemeinsprache  kann  gar  keine 
Rede  sein.  B.  sclireibt  S.  47:  »Daneben  finden  sich  frühzeitig 
Spuren  einer  Gemeinsprache.  Mit  dem  1 2 .  Jahrhundert  macht 
sich  sogar  schon  ein  Streben  nach  sprachlicher  Einheit 
bemerkbar.«  Welcher  Unterschied  bestehen  soll  zwischen 
»Spuren  einer  Gemeinsprachec  und  »Streben  nach  sprachlicher 
Einheit«  ist  mir  unerfindlich.  Übcrliaupt  braucht  der  Verfasser 
Gemeinsprachec  in  verscliiedcncm  Sinne.  Auch  während  der 
mhd.  Zeit  existiert  keine  »Gemeinsprache«,  sondern  nur  eine 
»Dichter-  oder  Literatursprache«.  Und  wenn  Behaghel  sagt: 
»Im  15.  Jahrhundert  verlieren  sich  jene  Anfänge  einer  Ein- 
heit in  der  Literatursprache«»  so  darf  doch  B.  daraus  nicht 
machen  (S.  48):  »Der  Rttckgang  .  .  .  lassen  im  15.  Jahr- 
hundert  die  Gemeinsprache  allmählich  wieder  verloren 
gehen.«  Die*  hemmende  Einwirkung  des  Lateinischen  und 
Französischen  auf  die  Entwickelung  der  deutschen  Sprache  scheint 
Ii.  Stark  zu  überschätzen.  Unverstimdlich  bleibt  mir  der  Satz: 
»Aus  einer  Mischung  \t)n  Hof-  und  Gemeinsprache  war  die  so- 
genannte Kanzleispraehe  entstanden.«  Es  ist  bisher  nur  von 
der  Karolingischen  Hofsprache  die  Rede  gewesen  und  unter 
»Gemeinsprache«  war  zuletzt  die  rahd.  Literatursprache  ver- 
standen. Hoffentlich  hat  der  Verfasser  an  eine  Vermischung 
dieser  beiden  Spracherscheinungen  nicht  gedacht)  Über  die 
vermeintliche  Bedeutung  der  Kanzlei  Maximilians  verweise  ich 
auf  die  Kritik  Schröders  in  den  Gott.  gel.  Anz.  1888.  S.  258  ff. 

Irrtümlich  wird  S.  50  bemerkt:  »Selbst  den  Ansatz  zu 
einem  deutschen  Wörteri)uch  kannte  das  15.  Jahrhundert  schon 
in  Theuthonistes  (Gebiiard  v.  Schueren)  lateinisch-deutschem 


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—    237  — 


Wörterbuche  1477c.  Lateiii.-deutsche  Wörterbücher  gab  es  bereits 
seit  dem  8.  Jahrh.    G.  v.  Sch.  ist  der  erste,  der  das  deutsche 

voranstellte,  also  ein  deutsch-lateinisches  Wörterbuch  schrieb. 

Seite  114  sind  die  Wörter  angefiilirt,  die  auf  Harsdörfer 
zurückzuführen  sind.  Als  Quelle  hat  gedient:  H.  WolfF,  der 
Purismus  in  tler  deutschen  Literatur  des  siebzehnten  Jahrhunderts. 
Strafsburg,  1888.C  Woiff  ist  mit  einem  unverzeihlichen  Leicht» 
sinn  bei  der  Zusammenstellung  der  Wörter  su  Wege  gegangen. 
Ich  stelle  die  Wölfischen  Beispiele  in  jedem  einzelnen  Falle  voran: 

Beispiel  für  Exempel  (Harsdörfer)  =  Beyspil,  Exempel. 
(das)  Exemplum.  J.  Maaler,  Die  TeÜtsch  spraach.  Zttrich  1561.  — 
Beredsamkeit  (Harsdörfer)  =ä  beredenheit,  beredsamkeit, 
wolberedenhciL.  ilenisch,  Thesaurus  linguae  et  sapientiae 
germauicae.  Augsburg  1616.  (Heyne  DWB  I.  361).  —  Be- 
trachtung für  meditatio  (Harsdörfer)  =  Betrachtunt;  preme- 
ditatio.  Vocabularien  des  15.  Jahrhunderts  (Heyne  DWB  I.  402). 
Maaler  gibt  die  Übersetzungen:  aesttmatio,  animadversio,  cogitatum, 
cogitatio,  contempbitiOi  notatiOi  reputatio,  consyderatio,  delibe- 
ratio,  mens.  —  Grundlinie  für  basis  (Harsdörfer)  =  Grund- 
linien.  Henisch  (Heyne  DWB  I.  12Ö6).  —  Hochschule 
(Harsdörfer)  =  höch-schuole  (Lezer  mhd.  WB.  1317).  — < 
Zu  Felde  liegen  fUr  campiren  (Harsdörfer)  ^  wenn  jr  zu 
felde  ligt.  Ps.  68,  14  (Heyne  DWB.  II.  657).  -  Mittel 
punkt  für  Centrurn  (Harsdörfer)  =  Gentrum  oder  niittelpunckt. 
Dürer,  Unterweisung  der  Messung  (Ausg.  1538)  H  5'',  1.  aus  dem 
mittelpunckten.  ebenda  A  3  9.  —  Schauspieler  für 
Komödiant  (Harsdörfer)  =  schau wspUer,  die  spil  machend 
und  haltend,  scenici  artifices,  histriones.  Maaler  (Heyne 
DWB  III.  283).  —  Sehnerven  für  musculi  optici  Harsdörfer) 
ob  dem  Sehenerven.  Jacobus  Schalling,  Von  Natur  mensch- 
licher Augen.  1615.  9,  10.  —  Umschreibung  fttr  drcum* 
scriptio  (Harsdörfer)  =  Umschreybung  (Die)  circumscriptio. 
Maaler.  —  Unterweisung  für  disciplina  (Harsdörfer)  =  Dürer, 
Vndcrwcysung  der  Messung  mit  dem  Zirckel  vnd  richtscheyt. 
—  Wiede  rliall  (Harsdorfer)  =  Wide  rhall.   Maaler.  — 

Bei  ul)crf!äch!i(  heni  Naciisiirhi;n  lielsen  sich  also  von  den 
24  auf  Harsdörfer  zurückgeführten  Wörtern  12  als  fehlerhaft 
ausscheiden.    Doch  es  wäre  ungerecht,  von  diesem  Kapitel  zu 


—    238  — 


scheiden.ohnc  auch  die  vorzüglichen  Seiten  desselben  hervorzuheben. 
Die  Bestrebungen  der  fruchtbringenden  Gesellschaft,  der  Verkehr 
der  einzelnen  Mitglieder  untereinander,  die  Stellung  Uarsdörfers  zu 
Ludwig  V. Anhalt,  zu  Schottel,  suGureinz,  Zesen etc.  sind  mit  dankens> 
werter  Ausführlichkeit  und  Klarheit  behandelt  Geradezu  er- 
staunlich ist  die  Sorgfalt,  die  B.  den  Schriften  H/s  widmet,  in 
den  folgenden  Kapiteln  sowohl,  wie  hier.  Das  »Specimen 
Phiiologiae«,den »Poetischen Trichter«,  den  »Teutschen  Sekretär«, 
zu  überwinden,  dazu  fehlt  es  wühl  den  meisten  Menschen  heut- 
zutage an  Energie  und  Geduld.  B.  führt  uns  in  fesselnder 
Übersicht  nicht  nur  den  Inhalt  so  prägnant  und  ausführlich  vor, 
dafs  man  dadurch  der  Mühe,  zum  Original  zu  greifen,  meist 
tiberhoben  wird,  sondern  er  versieht  seine  Darlegungen  mit 
einem  trefflichen  Kommentar,  der  uns  Uber  Ursache,  Entstehung 
und  begleitende  Nebenumstände  erfreulich  aufklärt.  Die  gewal* 
tige  und  gründliche  Arbeit,  die  in  diesen  Ausführungen  steckt, 
wird  nur  derjenige  völlig  würdigen  können,  der  sich  selbst  ein- 
mal  durch  ein  Werk  H.'s  hindurchgewunden  hat. 

Das  dritte  Kapitel:  »Die  Fra.uen'/immer^esprächspiele« 
zeiut  uns  den  Polyhistor  Harsdörfer  in  seiner  ganzen  Mannig- 
faltigkeit. Ein  erleichterndes  Aufatmen,  ein  >  Gott  Loh  i  scheint 
den  Satz  B.'s  begleitet  zu  haben:  »Wir  sind  am  Ende  angelangt 
unseres  Ganges  durch  den  Irrhain  der  Gesprächspieie,  ein 
wahres  Labyrinth  des  Zeitwissens. c  £s  ist  unmöglich,  in  kurzem 
Referate  eine  Skizze  des  überreichen  Inhaltes  zu  geben.  Knapper» 
und  andererseits  in  den  Hauptideen  wieder  erschöpfender,  als 
B.  die  Gesprächspiele  behandelt,  lassen  sie  sich  überhaupt  nicht 
darlegen.  Er  hat  eine  Sandwttste  mit  menschlicher  Ausdauer 
durchgesiebt,  und  eine  Keiiic  echter  Goldkorner  sind  zurück- 
geblieben. 

In  der  Kinkitung  zu  Kapitel  IV  sDer  Hirtenorden  an  der 
Pegnitz <<;  otTenbart  sich  der  formgewandte  Schriftsteller.  Sprachiicli 
und  stilistisch  bietet  dieser  Abschnitt  das  beste  der  ganzen 
Arbeit.  Wie  die  Überschrift  angibt,  erfahren  wir  die  Gründung 
des  Blumenordens  und  seine  Entwickelung  unter  Harsdörfers 
Leitung.  Manche  Irrtümer  werden  aufgeklärt,  die  Stellung  von 
Harsdörfer  und  Klaj  beleuchtet.  Für  die  Geschichte  des 
Ordens  ist  dcmgemäfs  dieses  Kapitel  das  wichtigste.  Hervor- 


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gehoben  sei  auch  die  prägnante  Charakteristik  Klajs  und 
•seiner  Werke. 

Kapitel  V  »Harsdörfer  als  didaktisch -religiöser  Schrift- 
steilere  bietet  eine  Fülle  kulturhistorisch  interessanten  Materials. 

Gleichzeitig  ist  das  Glaubensbekenntnif;  H.'s  darin  hieilergelcgt. 
Eine  gröfsere  An/.ahl  geschickt  ausgewählter  Proben  crniDi^lic  ht 
uns,  im  Verlaufe  der  Darstellung  uns  selbst  unser  Urteil  ui)er 
H  als  religiösen  Dichter  zu  bilden.  Die  aufserordentliche  Hc- 
iesenheit  H.'s  tritt  auch  in  diesem  Kapitel  wieder  grell  zu  Tage. 

Kapitel  VI  »Harsdörfers  mathematisch-naturphilosophischc 
Schriften!,  das  von  Herrn  Professor  Rudel  behandelt  ist,  ent- 
zieht sich  meiner  Beurteilung. 

Als  Anhang  ist  beigegeben  ein  ansfttbrltches  Verzeichnis  der 
Schriften  Harsdörfers  und  dichterische  Proben  aus  seinen  Werken. 

B.  legt  in  der  Vorrede  die  Grundsätze  dar,  nach  denen 
er  seine  Abhandlung  aufgebaut  hat.  Und  wenn  wir  das  gaiue 
Werk  nun  zum  Schluts  überschauen,  dann  müssen  wir  sagen, 
dafs  diese  Grundsätze  die  richtigen  waren.  Vor  uns  entrollt 
liegt  klar  und  bis  in  die  kleinsten  Züge  hinein  erkenntlich  Hars- 
dörfers Bild,  und  dieses  Bild  ist  unter  der  Hand  des  Fertigers 
ein  anmutendes  und  erfreuliches  geworden.  Anordnung  und  Be- 
handlung des  Ganzen  sind  mit  aufserordentlichem  Geschick 
durchgeführt  und  gestalten  es  zu  einem  wertvollen  Beitrage  der 
Literatur  des  17.  Jahrhunderts.  Das  gewissenhaft  angefahrte 
reiche  Quellenmaterial  zeugt  von  der  peinlichen  Sorgfalt,  mit 
der  der  Verfasser  an  die  Losung  seiner  Aufgabe  herangetreten 
ist.  Kürze  der  Zeit  und  die  Ptbchten  des  Jicrufs  mögen  bis- 
weilen hinderlich  gewesen  sein  —  ich  vermute,  sie  sind  auch 
Schuld  daran,  dafs  wir  ein  Namen-  und  Sachregister,  das  die 
Benützung  des  Werkes  erleichtern  würde,  entbehren  müssen. 

Weit  kürzer  gefafst,  als  die  Arbeit  von  B.,  ist  der  II.  Teil 
der  Festschrift:  »Sigmund  von  Birken,  genannt  Betulhts.  1626  bis 
1681.  Von  Aug.  Schmidt.«  Die  Erklärung  ist  darin  zu  suchen, 
dafs  die  notwendige  literaturgescbichtliche  £ntwickelung  bereits, 
wie  wir  sahen,  von  B.  erledigt  war,  hier  aber  nicht  wiederholt 
zu  werden  brauchte. 

Birken  ist  der  ?>halter,  der  zweite  Vater  des  pegnesischen 
Blumenordens,  »ohne  Birken  hätte  er  das  Schicksal  aller  jener 


—    240  — 

literarischen  Gesellschaften  geteilt»  die  vor  und  zugleich  mit 
ihm  in  anspruchsvoller  Weise  sich  ihres  Daseins  gertthmt  hatten 
und  längst  von  der  fiildfläche  verschwunden  sind.«  Birken  ist 
nicht  Nürnberger.    Er  stammte  aus  Wildenstein  in  Böhmen,  wo 

sein  Vater  Pfarrer  war.  Letzteren  zwangen  die  Verhältnisse 
während  des  SOjährigen  Krieges  mit  seiner  Familie  auszuwandern 
und  sein  Weg  führte  ihn  über  Hohenberg  und  Bayreuth  im 
Jahre  1632  nach  Nürnberg.  Hier  wurde  er  zum  Diakonus  in 
der  Kirche  zum  heiligen  Geist  gewählt  und  verblieb  in  Nürnberg 
bis  zu  seinem  Tode«  Sein  Sohn  Sigmund  studierte  in  Jena, 
mufste  aber  aus  Vermögensrficksichten  die  Universität  wieder 
verlassen  und  kehrte  in  seine  Vaterstadt  zurück.  Hier  trat  er 
Harsdörfer  näher,  der  den  begabten  Jttngling  schätzen  und 
lieben  lernte  und  ihn  im  Jahre  1645  in  den  pegnesischen 
Blumenorden  aufnahm.  Charakteristisch  ist  die  Thätigkeit,  welche 
Birken  im  Orden  nach  Haisdorfers  Tode  entfaltete,  noch  bevor 
er  zum  Vorsteher  erwählt  war.  Sein  Verhalten  zeigt  eine  kluge, 
diplomatische  Berechnung,  der  er  nach  Sch s.  Darstellung  zum 
Glücke  des  Ordens  die  Präsidenwttrde  zu  danken  hatte. 

Bedeutungsvoll  für  Birken  wurde  die  Stellung  als  Infor- 
mator und  Instruktor  der  Söhne  des  Herzogs  August  von  Braun> 
schweig,  welche  ihm  durch  die  Empfehlung  HarsdOrfers  zu  Teil 
wurde.  Wenn  auch  seine  Thätigkelt  in  Wolfenbüttel  nicht  von 
langer  Dauer  war»  so  blieb  ihm  doch  die  Gunst  des  Herzogs 
und  seiner  Söhne  erhalten,  die  sich  bisweilen  als  »goldener 
Regen«  kund  that.  Birken  selbst  hat  zwei  seiner  Schriften  den 
Her/.ugen  gewidmet.  In  der  Dannehergischen  Heldenheut* 
von  1648  konnte  er  sogar  2  Kupferstiche  verwenden,  die  Herzog 
Anton  Ulrich  gefertigt  hatte.  — 

Die  hervorragenden  Verdienste  Birkens  um  den  Blumen- 
orden,  sowie  seine  Thätigkeit  als  Dichter  und  Schrifisteller  sind 
von  Sch.  gebührend  gewttrdigt  worden,  ohne  dafs  er  sich  zu 
einer  Überschätzung  seines  Helden  hätte  verleiten  hissen.  Er 
stellt  ihn  im  Beginne  seiner  Behandlung  in  Gegensatz  zu  Hans 
Sachs:  »Sachs  ist  der  ehrenfeste,  bescheidene  Mann  und  Bürger 
im  stark  und  dauerhaft  gewebten  Gewände  und  dem  festen 
seilest  gefertigten  derben  Schuhwerke,  wahrend  Hirken  im  seidenen, 
spit^enüberladeucn  Gewände  und  in  Sclmabelschuhen  einher« 


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—    241  — 


stolziert  und  seine  Blumenstrftufse  unter  tiefen  Bücklingen,  aber 
selbstbewufst  überreicht.!* 

Die  durch  ihre  gewandte  und  schöne  Darstellung  ausge- 
zeichnete Arbeit  gibt  ein,  wenn  nicht  völlig  erschöpfendes,  so 

(lucli  der  Bedeutung  Birkens  durchaus  genügendes  Hild,  so  dals 
auch  sie  als  ein  wesentlicher  Beitrag  nicht  nur  zur  (icschichte 
des  Ordens,  sondern  auch  der  Deutschen  Literatur  zu  begrülsen  ist. 

F.  Fuhse. 


Nürnberg.  Festschrift,  dargeboten  den  Mitgliedern 
und  Teilnehmern  der  6$.  Versammlung  der  Gesellschaft 
deutscher  Naturforscher  und  Ärzte  vom  Stadtmagistrate 

Nürnberg,  herausgegeben  im  Auftrage  desselben  von 

Oberarzt  Dr.W.  Beckh,  Dr.  med.  F.  G o Idschmidt,  Architekt 
E.  Hecht.  Mit  vielen  Abbildungen  und  Plänen.  Nürnberg,  1892. 
Johann  Leonhard  Sclirag  (in  KomraissionV    8**.   VIII  und  558  S. 

Im  September  lb02  sollte  in  Nürnberg  die  65.  Versammlung 
der  Gesellschaft  deutscher  Naturforscher  und  Ärzte  stattfinden. 
Wegen  Ausbruchs  einer  schweren  Choleraepidemie»  von  der  die 
Stadt  Hamburg  heimgesucht  wurde»  mufste  sie  auf  das  folgende 
Jahr  verschoben  werden.  Die  Festschrift,  welche  die  Stadt 
Nürnberg  dem  im  Jahre  1893  in  ihren  Mauern  tagenden  Kongresse 
widmete,  ist  also  schon  im  Jahre  18Q2  entstanden  und  trägt 
deshalb  auch  diese  Jahrzahl  auf  dem  Titel;  ausgegeben  aber 
wurde  sie  erst  im  Jahre  1893.  Trotz  ihres  zum  Teil  bedeut- 
samen Inhalts  und  ihres  Wissenschaft! iclien  Wertes  wird  ihr 
schwerlich  das  Schicksal  erspart  geblieben  sein,  welches  soldien 
Gelegenheitsschriften  in  der  Regel  zu  Teil  wird:  sie  wird  von 
Vielen  durchgeblättert  und  gelobt,  aber  nur  von  Wenigen  gelesen 
und  studiert  worden  sein.  Sie  verdient  aber  ein  besseres  Schicksal» 
wenn  sie  auch  die  Spuren  ihrer  raschen  Entstehung  an  sich  trägt 
und  bei  der  Menge  der  Mitarbeiter  nicht  in  allen  Teilen  gleich- 
wertig ist,  und  namentlich  sollte  ihr  die  volle  Beachtung  aller 
derjenigen  zu  Teil  werden,  welche  Sinn  und  Interesse  ffttr  die 
Geschichte  Xürnliergs  haben.  Denn  ihr  reichhaltiger  Inhalt  be- 
schränkt sieii  nicht  etwa  auf  die  Schilderung  der  modernen 
Einrichtungen  des  so  hoch  entwickelten  Gemeinwesens  auf  den 

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—    242  — 


Gebieten  der  Hygieine  und  des  SanitStswesens,  der  Kranken-  und 
Wohlthätigkeitsanstalten,  der  Wissenschaften  und  des  Unterrichts, 
der  Verkelirsanstalten,  des  Handels  und  der  Gewerbe,  der  Kunst 
und  der  Musik,  welche  insgesamt  in  den  Bereich  der  Besprechung 
gesogen  sind,  sie  enthält  vielmehr  anch  eine  Reihe  von  Bei- 
trägen historischen  Inhalts,  welche  atis  der  Feder  berufener 
Verfasser  stammen  tmd  auf  bisher  wenig  oder  lange  nicht  mehr 
von  der  Geschichtsforschung  bebauten  Wissensgebfeten  neue  und 
wertvolle  Aufschlüsse  geben.  Die  VerschiedeiKii ti-keit  des  be- 
handelten Stuffes  verbietet  es  von  selbst,  an  ilieser  Stelle  auf 
die  sämtlichen  Abschnitte  des  umfangreichen  Werkes  näher  ein- 
zugehen. Nicht  unterlassen  aber  wollen  wir,  unsere  Leser  auf 
einzelne  in  dem  Buche  enthaltene  Abhandlungen  hinzuweisen 
und  zum  Studium  derselben  ansur^en.  Professor  Dr.  Sigmund 
Günther  in  München  hat  der  Geschichte  der  exakten  Wissen» 
Schäften  und  ihrer  Pflege  in  der  alten  Reichsstadt  selbst,  wie 
an  der  von  ihr  gegründeten  Universität  Altdotf  eine  Studie 
gewidmet,  welche  nicht  nur  von  dem  umfassenden  Wissen  des 
Verfassers  auf  diesem  Gebiete  und  von  seiner  hervorragenden 
Darstellungsgahe  aufs  Neue  rühmliches  Zeugnis  gibt,  sondern 
wüiil  auch  als  die  n  ollstäncligste  Übersicht  über  die  Leistungen 
unserer  Vorfahren  in  dieser  Richtung  gerühmt  zu  werden  ver- 
dient. Was  bei  dem  Mangel  entsprechender  Vorarbeiten  und 
der  Kürze  der  2^it  über  die  Bestrebungen  der  Alchemisten  im 
alten  Nürnberg  und  Uber  die  Geschichte  der  Chemie  berichtet 
werden  konnte,  hat  Prof.  Dr.  Hermann  Kämmerer  In  übersicht- 
licher und  ansprechender  Weise  susammengestellt,  während  der 
leider  inzwischen  verstorbene  Professor  Emst  Spiels  in  semem 
Essai  über  die  Pflege  der  beschreibenden  Naturwissenschaften 
ein  recht  anschauliches  una  anziehendes  Bild  der  wissenschaü- 
lichen  Bestrebungen  unserer  Vorfahren  auf  diesem  Gebiete  ent- 
worfen hat.  Mancherlei  noch  unbenutztes  archivalisches  Material 
hat  Stadtarchivar  Mummenhoff  in  seinem  Beitrage  »Geschicht- 
liches zur  Heilkunde  in  Nürnberg«  verwertet  und  die  aus  seiner 
Feder  herrührenden,  unter  diesem  Titel  zusammengefafsten 
Abhandlungen  Uber  die  v Ärzte  und  das  Kollegium  medicum«, 
»Wundärzte«,  »Hebammen i  und  die  »Universität  Altdorf«,  welche 
in  kurzen  Strichen»  aber  mit  der  dem  Verfasser  eigentümlichen 


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—    243  — 


Sorgfalt  und  Gründlichkeit  die  bexeichneten  Themata  behandeln, 
erwecken  ebenso  wie  seine  an  späterer  Stelle  abgedruckten 
trefBichen  Untersuchungen  »Zur  Geschichte  der  Seuchenhäuserc 
den  lebhaften '  Wunsch,  dafs  einmal  auch  die  Geschichte  des 

Mcdizinalwesens  im  alten  Nürnberg  einer  gründlichen  und  zu- 
sammenfassenden, wissenschaftlichen  Bearbeitung  unterzogen 
werden  mochte.  Apotheker  Hermann  Peters,  der  in  seinem 
vortrefflichen  Werke  >Aus  pharmazeutischer  Vorzeit  <  schon  so 
manchen  wertvollen  Beitrag  gerade  zur  Geschichte  Nürnbergs 
geliefert  hat,  bebandelte  in  gleich  übersichtlicher  und  anziehender 
Weise  die  Geschichte  des  Apothekenwesens  in  Nürnberg.  Vor- 
geschichtliches und  Anthropologisches  aus  der  Gegend  von 
Nürnberg  hat  der  auf  diesem  Wissensfelde  gans  vorzüglich 
heimische,  leider  inzwischen  auch  verstorbene  Bezirksarzt  Dr.  Hagen 
geboten.  Endlich  verdient  die  umfassende  Studie  des  städt. 
Schulrats  Prof.  Dr.  (ihiuning  über  die  Volksschulen  und  Schul- 
hausbauten unter  den  historischen  Beiträgen  des  Buches  um 
ihrer  gründlichen  und  übersichtlichen  Darstellung  des  Stoffes 
willen  t^anz  besonders  hervorgehoben  zu  werden.  Erscliöpft 
ist  damit  die  Aufzählung  des  in  der  Festschrift  verarbeiteten 
kulturhistorisch  wertvollen  Materials  noch  lange  nichts  aber  wir 
müssen  uns  mit  dieser  kurzen  Übersicht  aus  Rücksicht  auf  den 
uns  zur  Verfügung  stehenden  Raum  begnügen.  Wir  empfehlen 
die  Festschrift,  die  mit  zahlreichen,  kulturhistorisch  interessanten 
und  sonstigen  Abbildungen  und  Plänen  ausgestattet  und  mit 
einem  trefflichen  Bilde  des  verstorbenen  I.  Bürgermeisters  Frei- 
herrn V.  Stromer  geziert  ist,  allen  irreunden  der  Geschichte 
Nürnbergs  zum  eiirigen  Studium.  -ss.- 


Soziale  Kämpfe  vor  dreihundert  Jahren.  Alt  nürn- 
bergische Studien  von  Bruno  Schönlank.  Leipzig,  Verlag 
von  Dunker  &  Humblot,  1894.    8.    XII  und  212  S. 

Die  Geschichte  hat,  wo  sie  als  Hüifswissenschaft  anderer 
Diszipimen  erscheint,  entsprechend  ihrem  Hauptberufe  die  Auf- 
gabe, das  Werdende  darzustellen  und  damit  unter  Vergleichung 
der  Entwicklungsstufen  das  Gewordene  zu  erklären.  Der  mitten 
in  den  sozialen  Kämpfen  der  Gegenwart  stehende  Verfasser 

i6* 

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—    244  — 


des  hier  zu  besprechenden,  auf  früheren  Spezialarbeiten  auf- 
gebauten Buches  zeigt  schon  durch  dessen  Titel,  dafs  es  ihm 
daxom  zu  thun  ist,  die  Zustände  der  jetzigen  und  der  von  ihm 
bearbeiteten  Zeit  neben  einander  zu  stellen.  Wenn  dabei  auch 
hie  und  da  moderne  Verhältnisse  in  nicht  völlig  zutreffender 
Weise  auf  historische  Thatsachen  übertragen  und  letztere  vom 
Kampfstandpunkte  und  nicht  vom  ruhigen  Platze  des  unbe- 
teiligten Zuschauers  aus  beurteilt  werden ,  so  gewinnen  wir  doch 
andrerseits  ein  höchst  anschauliches  und  im  (ianzen  zutreffendes 
Bild  der  vom  Verfasser  geschilderten  Kilmpfe  der  Gc^scllen- 
organisationen  im  alten  Nürnberg.  Darin  dürfte  ein  Haupt- 
verdienst des  für  einen  weiteren  Leserkreis  bestimmten  Buches 
liegen,  welches  aber  auch  in  einer  Reihe  von  Punkten  unsere 
Kenntntsse  von  den  GeseUschaften  der  >  Gesellen  c  erweitert. 
Dabei  tritt  ftlr  Nürnberg  vor  Allem  die  beherrschende  Stellung 
des  Rats  hervor,  der  schon  das  Aufkommen  der  Zünfte  hintan- 
gehalten hatte,  die  Befugnisse  ausübte,  welche  anderswo  letzteren 
zustanden,  und  den  Gesellenverbänden  schon  in  ihrer  frühesten 
Form  als  religiöser  Bruderschaft  entgegentrat,  in  welcher  sie  im 
1 5.  Jahrhundert  sonst  sicli  neben  die  religiösen  Genossenschaften 
der  Meister  unbeiieUigt  stellen  konnten.  Vgl.  Gierke,  Genossen« 
schaftsrecht  I  S.  404.  Und  wenn  der  Rat  schon  diese  harm. 
loseren  Bildungen  einer  Zeit,  die  den  scharfen  Gegensatz  zwischen 
Gesell  und  Meister  noch  nicht  kannte,  bekämpfte,  so  wird  seine 
Stellung  eine  noch  energischere  im  16.  Jahrhundert  gegenüber 
den  nun  beginnenden  sozialen  Organisationen  des  Gesellentums: 
wenn  da  der  Rat  1520  den  Kannengiefsergesellen  den  schrift- 
lichen Verkehr  mit  auswärtigen  Genossen  verbietet  und  auf  den 
Auszug  der  Gesellen  hin  ihnen,  für  den  i"\dl  sie  binnen  kurzer 
Frist  nicht  zurückkehren,  auf  ewig  die  Stadt  Ncrbietet  und  gleiche 
Drohung  l  'jjQ  den  Kefslergesellen  gegenüber  aufstellt,  die  wegen 
Versagung  einer  Lehrjungen- Ordnung  durch  den  Rat  von  ihren 
Meistern  »Urlaub  genommene  haben,  so  ist  das  derselbe  wirtschaft- 
liche Kampf,  der  heute  den  Unternehmer  veranlafst,  auf  die 
Arbeitseinstellung  mit  der  Aussperrung  der  Arbeiter  zu  antworten. 
Sieger  blieb  aber  zunächst  das  Gesellentum,  das  in  der  Mitte 
des  16.  Jahrhunderts  zu  Gesellenordnungen  gelangte  —  die 
Beutlergesellenordnung  ist  S.  58  und  181  abgedruckt  ~,  in 


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—    245  — 


einem  Teile  der  Gewerbe  das  Recht  der  Schenke  errang  und 
damit  einen  Krystallisationspunkt  für  die  ortsanwesenden  und 
für  die  zureisenden  Gesellen,  den  Arbeitsnachweis  und  eine 
gewisse  niedere  Standesgerichtsbarkeit  über  seine  Angehörigen 
erhielt,  womit  dann  wieder  die  dem  Schuldigen  auf  weite  Ent- 
fcrrum^^en  folgende  Verrufserklärung  im  Zusammenhang  stand. 
Gegenüber  diesem  Maclitzuwarlis  der  Gesellenverbände  begann 
nun  das  Reich,  besonders  auf  Andrängen  von  Augsburg,  Ulm 
imd  den  hansischen  Städten,  einen  36jährigen  Kampf,  der  uns, 
soweit  Nürnberg  in  Betracht  kommt,  in  interessanter  Weise  ge> 
schildert  wird.  Die  erlassenen  Verbote  konnten  einer  so  aus- 
gebreiteten  und  bei  der  Abschliefsung  der  Meisterverbftnde  so  natür- 
lichen Bewegung  gegenüber  höchstens  dann  auf  Durchführbarkeit 
rechnen,  wenn  gleichzeitig  und  im  ganzen  Reiche  vorgegangen 
wurde.  Aber,  wie  in  anderen  Dingen  auch,  gerade  in  den 
kaiserlichen  Krblanden  hatte  man  hiezu  keine  Lust.  Der  Nürn- 
berger Rat,  der  dies  wohl  einsah,  licfs  sich  deshalb  lauge  drängen, 
den  seit  1530  beginnenden  Reichsgeset/en  nachzukommen.  Als 
er  1551  die  Schenken  aufliob,  begann  ein  so  heftiger  Kampf 
der  auswärtigen  Gesellen,  die  keinen  Nürnberger  mehr  »förderten, 
zur  Arbeit  zuliefsen  oder  für  redlich  halten  wollten«,  dafs  der 
Rat  nach  dem  Vorgange  von  Augsburg,  Ulm,  Strafsbuiig,  Worms, 
Frankfurt  a.  M.  und  Mainz  zur  Wiederherstelluug  der  Schenken 
gezwungen  war.  Auf  einen  Reichsabschied  von  1 566  hin  gingen 
dann  zwar  der  fränkische,  schwäbische  und  bayerische  Kreis 
und  mit  ihnen  auch  Nürnberg  geschlossen  vor,  aber  auch  die 
Gi.  i;en\vchr  der  Gesellen  wird  noch  heftiger,  und  trotz  des  Wider- 
spruchs einzelner  Städte  kommt  es  in  Nürnberg  1573  zu  einem 
Katsverlafs,  der  die  Schenken,  die  Umfragen,  das  Zuschickwesen 
nur  in  etwas  beschränkter  Weise  anfs  Neue  einführt;  auch  die 
Handwerke,  welche  bis  dahin  diese  Rechte  nicht  besafsen,  er- 
halten sie  nach  und  nach  in  den  zahlreichen  Gesellenordnungen, 
welche  der  Rat  erlassen  mufste.  Schönlank  schildert  uns  noch 
die  Funktionen,  welche  die  Organisationen  bis  zum  17.  Jahr- 
hundert ausübten  und  schliefst  mit  einem  kurzen  Blick  auf  die 
Zeit  nach  dem  30jährigen  Kriege,  wo  die  > Machtstellung  der 
Reich*?stadt  vernichtet  war  und  ihr  /allgemeiner  wirtschaftlicher 
Niedergang  auch  den  raschen  Verfall  des  Handwerks  bedeutete.« 


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—    246  — 


Möge  diese  Zeit  uns  zur  Lehre  dienen,  dafs  die  sozialen  Interessen- 
kämpfe nur  so  lange  eine  Berechtigung  haben,  als  sie  nicht 
den  Bestand  des  Ganzen,  das  Wohl  des  alle  Klassen  umfassenden 
Vaterlands  gefährden  1 

Dr.  Süberscfamidt« 


Alt-Nürnberg.  Geschichte  einer  deutschen  Stadt 
im  Zusammenhang  der  deutschen  Reichs-  und  Volks- 
geschichte von  -Ludwig  Rösel.    Mit  einem  Titelbild  und 

einem  histor.  Plan  der  Stadt.  Nürnberg,  189j.  Friedr.  Korn'sclie 
Buchhandlung.    8^.  X  und  686  Seiten. 

Der  Versuch,  die  Geschichte  der  Reichsstadt  Nürnberg 
in  ihrer  ganzen  Entwicklung  im  Zusammenhang  darzustellen,  ist 
noch  nicht  oft  gemacht  worden.  So  um&ngreich  die  historische 
Literatur  über  Nürnberg  ist.  so  dafs  eine  vollständige  Norika- 

sammlung  eine  Bibliothek  für  sich  bildet,  so  klein  ist  die  Zahl 
der  zusammen  fassenden  Darstellungen,  die  Anspruch  auf  den 
Namen  »Geschichte  Nürn!)er<is  crhel>en  können.  Es  ist  schwer 
zu  f^airen,  worin  diese  Erscheinung  ihren  Grund  hat;  aber  That- 
sache  ist,  dals  wir  über  die  historische  Entwicklung  eines  der 
bedeutendsten  Gemeinwesens  des  heiligen  römischen  Reichs 
deutscher  Nation,  seine  Blüte  und  seinen  Verfall  kein  Werk  be- 
safsen,  welches  die  Ansprüche  modemer  Leser  vollständig  zu 
befriedigen  vermocht  hätte.  Von  zwei  Seiten  ist  nun  in  neuester 
Zeit  der  Versuch  gemacht  worden,  diese  Lücke  auszufüllen. 
Joh.  Paul  Priems,  des  vormaligen  Custos  der  Stadtbibliothek, 
vor  zwanzig  Jahren  ers(  hiencne  Geschi(  lite  der  Stadt  Xurn!)erg 
wird  vom  jetzigen  Inhalier  seines  Amtes,  Herrn  Dr.  Emil  Keieke, 
neu  bearbeitet  und  vollständig  umgestaltet;  das  Werk  erscheint, 
reich  illustriert,  in  Lieferungen  und  ist  noch  nicht  vollendet, 
seine  Besprechung  wird  am  besten  bis  zu  seinem  völligen  Ab- 
schlufs  verschoben.  Mit  einem  abgeschlossenen  Werke  unter 
dem  oben  aufgeführten  Titel  bat  zu  £nde  des  vorigen  Jahres 
Herr  Ludwig  Rösel  die  Freunde  der  Geschichte  Nürnbergs 
überrascht.  Der  Verfasser  ist  nicht  Historiker  von  Beruf;  in 
vorgerückten  Jahren  vertiefte  er  sich  in  die  Geschichte  seiner 
zweiten  Vaterstadt  und  fand  sich  unbefriedigt  durch  die  vor- 


—    247  — 


liegenden  Gesamtschilderungen  ihrer  Vergangenheit.  Er  ent- 
schlofs  sich,  selbst  eine  volkstümliche  Darstellung  der  Geschichte 
Nürnbergs  zu  schreiben»  und  bietet  uns  heute  das  Ergebnis 

zehnjährigen  eifrigen  Studiums  und  sorgsamer  Verwertung  der 
gcwonaciicn  Resultate,  Das  Buch  unterscheidet  sich  vor  Allem 
in  zwei  wesenthchen  Dingen  von  seinen  Vorläufern.  Dem  Ver- 
fasser war  es  darum  zu  thun,  die  Geschicke  der  Reichsstadt 
Nürnberg  im  engen  Zusammenhang  mit  den  grofsen  Zeitereignissen 
im  Reiche  zu  schildern;  er  bemühte  sich,  in  kurzen  Strichen 
den  Hintergrund  zu  zeichnen,  auf  dem  sich  die  Geschichte 
Nürnbergs  abspielt,  und  versucht  namentlich  die  handelnden 
Hauptpersonen  klar  und  scharf  zu  charakterisieren.  Man  kann 
gewifs  darüber  streiten,  ob  das  Alles  in  die  Geschichte  einer 
einzelnen  Stadt  hineingebort  und  ob  dadurch  nicht  das  Bild 
der  Stadtgeschichte  verdunkelt  wird  oder  an  Deutlichkeit  ver- 
liert; man  kann  auch  darüber  verschiedener  Meinung  sein,  ob 
der  Verfasser,  wenn  er  sich  einmal  diese  Aufgabe  stellen  wollte, 
das  richtige  Mais  getroffen  und  das  Prinzip  konsequent  durch- 
geführt hat.  Dagegen  glauben  wir  uns  nicht  zu  täuschen,  wenn 
wir  behaupten,  dafs  der  Verfasser  gerade  damit  sich  einem  grofsen 
Teile  der  Leser,  auf  welche  das  Buch  berechnet  ist,  zu  grofsem 
Dank  verpflichtet  hat.  Die  historische  Bildung  weiter  Volks- 
kreise ist  nicht  weit  her  und  sie  empfinden  es  keineswegs  als 
eine  Ueberhebung  des  Erzählers,  wenn  er  nicht  allzu  viel  als 
ihnen  bekannt  voraussetzt.  Andererseits  verläfst  der  Verfasser 
die  bisher  iii>}iche  Methode  der  chronikenartigen,  streng  chrono- 
logischen Aufzählung  der  Thatsarhen.  Er  grui>piert  seinen  Stoff 
so,  dafs  abgerundete  Einzelbilder  entstehen,  von  denen  jedes 
für  sich  Interesse  erregt.  Das  Buch  hat  dadurch  an  Volks- 
tümlichkeit gewonnen;  der  Leser  ist  nicht  genötigt,  es  stets 
von  Anfang  bis  zu  Ende  durchzuarbeiten,  er  kann  das  eine 
oder  andere  Kapitel  herausgreifen  uud  erhält  durch  seme  Lektüre 
ein  selbständiges,  anschauliches  Bild  einer  gewissen  Zeitperiode 
oder  charakteristischen  Erscheinung.  Dabei  ist  die  Sprache 
und  Darstellung  eine  äufserst  frische  und  lebendige,  mitunter 
sogar  —  wir  mochten  fast  sagen  —  derbe;  die  Charakteristiken 
sind  scharf  und  prägnant,  bisweilen  ein  wenig  subjektiv  gefärbt, 
in  der  Hauptsache  aber  doch  zutreüend.    Die  Ergebnisse  der 


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neuen  Forschungen  hat  der  Verfasser  gewissenhaft  benützt;  dafs 
da  und  dort  kleine  Unrichtigkeiten  unterlaufen  sind,  kann  dem 
Werte  der  ganzen  Arbeit  keinen  Eintrag  thun.  Ein  näheres 
Eingeben  auf  das  verdienstliche  Buch  verbietet  uns  der  uns 
zugemessene  Raum.  Mit  bestem  Gewissen  aber  können  wir 
Röscls  Altnürnbcrg  der  Autmcrksainkeit  unserer  Leser  empfehlen; 
das  Burh  wird  nach  unserer  Überzeugung  ein  l)clicl)tes,  gerne 
gelesenes  Nürnberger  Hausbuch  werden,  ilas  kein  guter  Nürn- 
berger in  seinem  Bücherschrank  wird  missen  wollen.  -ss.- 


Die  Hans  Sachs-Literatur  zur  400jährigen  Jubelfeier. 

Die  Tage  der  Jubelfeier  unseres  Hans  Sachs  sind  vorbei, 
die  Festesweisen  längst  verklungen.  Es  ist  nun  die  Aufgabe 
der  literarischen  Kritik  zu  sammeln  und  zu  sichten,  was  in  jenen 

Tagen  der  Begeisterung  Bleibendes  zu  Ehren  des  Hans  Sachs 
gesclmfTen  worden  ist.  Ks  war  voraus/uselicn,  dafs  die  meisten 
derjenigen,  die  sich  schon  seit  längerer  Zeit  den  Nürnberger 
Meister  zum  Gegenstande  liebevoller  Betraciitung  oder  eifriger 
Forschung  gewählt  hatten,  den  seltenen  Gedenktag  nicht  vor- 
übergehen lassen  würden,  ohne  dem  Gefeierten  ein  literarisches 
Denkmal  zu  setzen;  aber  auch  Manche,  die  nicht  zu  den  zünf- 
tigen Hans  Sachs -Kennern  gehörten,  fühlten  sich,  fortgerissen 
durch  die  liebenswürdige  Persönlichkeit  des  Dichters,  gedrungen, 
ihm  eine  Festgabe  darzubringen.  Wie  es  bei  derartigen  Festes* 
gelegcnheiten  zu  gehen  pflegt,  sind  die  dargebotenen  Gaben 
ebensu  verschieden  an  Unitang,  wie  an  Wert.  In  dem  I5erichte, 
den  ich  an  dieser  Stelle  von  ihnen  zu  geben  habe,  müssen 
unbedeutende  i'.rscheinungen  ganz  ausgeschlossen  bleiben,  insbe- 
sondere mufs  ich  —  mit  wenigen  Ausnahmen  —  darauf  ver- 
zichten von  den  vielen  kleineren  oder  gröfseren  Artikeln  Notiz 
zu  nehmen,  die  in  der  Tagespresse»  in  Zeitschriften  oder  als 
Festreden  gelegentlich  der  Feier  ans  Licht  kamen.  Wer  fühlte 
oder  gerierte  sich  in  jenen  festlichen  Tagen  nicht  als  Hans 
Sachs -Kenner!  Und  oft  war  die  Absicht  löblicher  als  die 
Ausflihrung. 


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—    249  — 


•Als  eine  der  ersten  Gaben  erschien  auf  dem  Plane,  etwa 
ein  Jahr  vor  der  Feier,  das  Buch  »Hans  Sachs  und  seine 
Zeit.  Ein  Lebens-  und  Kulturbild  aus  der  Zeit  der 
Reformation*)c  von  Rudolph  Genee.  Schon  im  Jahre 
1882  hatte  der  Verfasser  in  seinen  »Lehr-  und  Wander- 
jahren dos  de  ut  seilen  Sc  Ii  au  Spiels  ;  (Herlin  1882)  dem 
Nürnberger  Meister  einen  gröfseren  Abschnitt  (S.  85  — 116) 
gewidmet  und  dann  spater,  ab^'esehen  von  einzelnen  Vorträgen 
und  Artikeln  in  Zeitungen  und  Zeitschriften,  ein  Büchlein  :jHans 
Sachs,  Leben  und  ausgewählte  Dichtungen«  (ßerl.  1888)  ge- 
schrieben, worin  die  biographisch-kritische  Abhandlung  44  Seiten 
umfafste.  In  letzterer  erklärte  G.,  dafs  er  »nicht  im  mindesten 
den  Anspruch  macheu  kann,  damit  eine  literarhistorische  Studie 
zu  bieten.«  Anders  tritt  der  Verfasser  hier  auf,  wo  er,  »das 
Kulturbild  einer  ....  ereignisvollen  Zeitepoch'e,  in  der  das 
Leben  und  Wirken  des  .  .  merkwürdigsten  deutschen  Volks- 
dichters aller  Zeiten  den  durcligehenden  Faden  bildet«  zeichnen 
-Avill.  Fürwahr,  eine  schöne  und  keine  leichte  Aufgabe!  Das 
Leben  des  Dichters  umspannt  drei  Generationen,  die  Kegierungs- 
zeit  von  vier  deutschen  Kaisern,  die  gewaltige  Zeit  des  Ringens 
des  in  seinen  Grundfesten  wankenden  Mittelalters  mit  der  mächtig 
heranfiutenden  Neuzeit,  die  wunderbare  Bltttenperiode  der  Renais- 
sance, die  ewig  denkwürdige  Zeit  der  Erschliefsung  eines  neuen 
Weltteils,  der  Reformation  und  ihrer  Wandlungen  und  grofser 
politischer  Ereigmsse.  Nicht  leicht  dürfte  im  16.  Jahrhundert 
eine  zweite  Persönlichkeit  zu  finden  sein,  die  in  ihren  Schriften 
alle  diese  Strömungen  einer  grofsen  Zeit  vollständiger  und  ge- 
treulicher wiederspiegelt  als  Hans  Sachs.  Aus  diesem  Grunde 
war  (lenee's  Thema  als  ein  durchaus  gluckliches  zu  begrüfsen. 
In  der  Ausführung  mufste  das  Augenmerk  des  Darstellers  darauf 
gerichtet  sein,  den  Dichter  überall  in  den  Mittelpunkt  zu  stellen. 
Er  hatte  zu  zeigen,  wie  Hans  Sachs  aus  den  Verhältnissen  seiner 
Zelt  heraus  erwuchs,  wie  er  auf  diese  Verhältnisse  einwirkte  oder 
wie  er  ihren  Entwicklungsgang  begleitete  und  selbst  von  ihnen 
fortgesetzt  beeinflufst  wurde.    Bei  der  ungeheuren  Fülle  des 

*\  Mit  i66  in  den  Text  gedruckten  Abbildungen,  vielen  Facsimilet 
nach  den  Handschriften  und  NoienbeiUgea  von  Meuterliedern.  Leiptig, 
J.  J.  Weber,  1894. 


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—    250  — 


Stoffes  war  weise  Einschränkung  dringend  geboten,  es  war  nötig, 
in  grofsen  Zügen  zu  malen,  ausführlicher  das  Bedeutende,  kurs 
das  Nebensächliche  zu  behandeln  und  bei  aller  Vollständigkeit 
galt  es,  den  Dichter  nicht  durch  das  Kulturbild  erdrücken  zu 
lassen.  Handelte  es  sich  doch  in  erster  Linie  um  Hans  Sachs 
selber.  Eine  derartige  Arbeit  stellte  aber  die  höchsten  An- 
forderungen an  den  Mann:  Er  mufste  ein  ebenso  grtindlii'her 
Kenner  der  mittelalterlichen  Literatur  und  Kultur,  wie  der  der 
Reformationszeit  sein,  er  mufste  mit  der  Entwicklung  der  Renais- 
sance, mit  den  Bestrebungen  des  Humanismus,  mit  der  Geschichte 
der  zu  schildernden  Zeit  in  allen  ihren  Erscheinungen,  sowohl 
politischer  Art,  als  in  Wissenschaft,  Kunst  und  Dichtung  innig 
vejtraut  sein  und  aufserdem  ein  wahrer  Künstler  sein,  um  das 
Ganze  zu  einem  plastischen  Bilde  zu  gestalten.  Treten  wir  mit 
dieser  Erwartung  an  das  Gentfesche  Buch  heran,  so  erleben  wir 
eine  gevsaltige  Enttäuschung.  Wir  sehen,  wie  der  Verfasser  mit 
dem  riesigen  Stoffe  ringt,  und  ohne  sicli  aurh  nur  über  seinen 
ganzen  gewaltigen  Umfang  klar  zu  werden,  anstatt  ihn  zu  meistern,' 
von  ihm  bemeistert  wird.  Die  Anlage  des  Buches  ist  durchaus 
verfehlt,  das  Verhältais  der  einzelnen  Teile  zu  einander  nicht 
entsprechend,  unharmonisch.  Die  Schilderung  der  Kulturzuständc, 
welche  ganz  äufserltch  neben  der  Biographie  und  Thätigkeit 
des  Dichters  einherläuft,  weist  einerseits  klaffende  Lücken  auf 
und  ist  anderseits  oft  derart  durch  einseitige  Betonung  neben- 
sächlicher Dinge  in  die  Breite  geschwollen,  dafs  Wichtigeres 
darunter  zu  leiden  hatte.  Besonders  ist  der  Dichter  zu  kurz 
gekommen.  Wir  erfahren  blutwenig  von  seinem  dichterischen 
Entwicklungsgange.  Sein  Leben  und  Waken  ist  in  nicht  zu 
rechtfertigender  Weise  aus  einander  gerissen,  so  dafs  man  ihn 
oft  lange  völlig  aus  dem  Auge  verliert  und  unmöglich  einen 
klaren  Gesamteindruck  von  setner  Thätigkeit  gewinnen  kann. 
£r  wird,  besonders  in  den  ersten  zwei  Dritteln  des  Buches, 
geradezu  von  dem  Kulturbild  erdrückt.  Gleichwohl  könnte  das 
Buch  bei  allen  diesen  Mängeln  noch  recht  viel  Gutes  stiften, 
wenn  der  Verfasser  nicht  auf  jeder  Seite  die  betrübendsten 
Beweise  gröfster  Oberfla'cWichkeit  und  tmgenügender  Sachkenntnis 
fabt  auf  allen  einst  lilaj^i^en  Gebieten  an  cien  Tag  legen  wurde. 
Ich  will  sogleich  meine  Behauptungen  im  einzelnen  zu  belegen  suchen« 


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—    251  — 

Zunächst  ein  Wort  ttbei  den  Titel  des  Buches.  Da  G. 
uns  eigentlich  nur  die  Stadt  Nttrabeig  in  jener  Zeit  schildert 
und  fast  nie  darüber  hinausstrebt,  so  hätte  er  den  Titel  iH.  Sachs 

und  Nürnberg  zu  seiner  Zeit«  wählen  müssen.  Jetzt  decken 
sich  Inhalt  und  Titel  in  keiner  Weise.  —  Ilms  Sachsens  Poesie 
haftet  mit  1000  Fäden  im  Mittelalter,  l'ei  seinem  Auftreten 
fufst  der  Dichter  der  Form,  dem  Stoffe  und  dem  Geiste  nach 
ganz  auf  der  mittelalterlichen  Dichtung  und  wir  sehen  ihn  während 
seines  langen  Lebens  zu  dieser  Quelle  immer  wieder  zurück- 
kehren. Welchen  breiten  Raum  nehmen  bei  ihm  die  Allegorie, 
das  Kampfgespräch»  die  Vision,  diese  Lieblingskinder  des  Mittel- 
alters  einl  Er  knüpft  ferner  an  das  Mysterium  direkt  an»  frischt 
die  poetischen  Schwänke  des  Mittelalters  (Fabliaux)  auf  und 
bentttzt  in  ausgiebiger  Weise  die  den  Ritterepen  entsprofsten 
Prosaroniane ,  sowie  andere  Volksbücher.  Aber  er  gestaltet 
dieses  Material  mehr  und  mehr  im  Sinne  der  eigenen  Zeit  um. 
Er  rettet  aus  Trümmern  und  Schutt  des  verfallenen  Mittelalters 
manch  köstlich  Gut,  um  es,  geprägt  mit  dem  Stempel  des  eigenen 
Geistes  der  Mit-  und  Nachwelt  zu  überliefern.  Es  war  also 
nötig,  von  der  mittelalterlichen  Dichtung  den  Ausgangspunkt  zu 
nehmen,  den  Gegensatz  zwischen  mittelalterlicher  Anschauung 
und  Dichtung  und  derjenigen  der  Renaissancezeit  zu  erläutern, 
es  war  femer  nötig,  alle  die  Momente  klar  zusammenzufassen, 
welche  die  Ideen  jener  Zeit  und  damit  die  des  Dichters  umge- 
stalteten. Indes  sucht  man  nach  diesen  Dingen  bei  G.  vergebens. 
Welche  Rolle  in  jenen  Tagen  das  wiedererw achte  Altertum  ge- 
spielt, insbesondere  welchen  Eiiiiluls  cer  Humanismus  auf  H.  Sachs 
selbst  ausgeübt,  das  sollte  doch  in  einem  Kulturbilde,  in  dessen 
Mittelpunkte  der  fruchtbarste,  vielseitigste  Dichter  der  Renais- 
sancezeit steht,  deutlich  zur  Sprache  kommen,  jedoch  G.  schweigt 
sich  gründlich  dartlber  aus.  Aufser  Pirkheimer  —  dessen 
Kinflufs  auf  H.  S,  mit  keinem  Worte  berührt  wird  —  und  Celtis, 
werden  nur  gelegentlich,  so  zu  sagen,  zufällig  noch  ein  paar 
Humanisten  erwähnt,  ohne  dafs  sich  G.  die  Frage  vorlegte,  ob 
der  wifsbegierige  Meister  nicht  in  irgend  einer  engeren  Beziehung, 
wenn  auch  nicht  persönlich  zu  den  hochmütigen  llunianisicn, 
so  doch  zu  dem  Humnnisnius  stand.  Und  das  war  sicher  der 
Fall.    So  ist  z,  B.  seine  poetische  Tliätigkeit  von  1526 — 1538, 


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—    252  — 


besonders  .nif  dramatisrhem  Gebiete,  vorwiegend  von  huma- 
nistischen Vorbildern  beeinfinfst.  Man  darf  daraus  schliefsen, 
dafs  die  1526  erfolgte  Gründung  des  Ägidtengymnasiums  auch 
für  H.  S.  von  Bedeutung  war  und  dafs  das  aufserordentlich  rege 
humanistische  Treiben»  welches  sich  von  diesem  Augenblicke  an 
in  Nürnberg  entwickelte,  in  direktem  Zusammenhang  mit  dieser 
Schaffensperiode  des  Meisters  stand.  Näheres  hierüber  an  anderer 
Stelle.  Ks  ist  dies  nur  ein  aus  der  Menge  herausgegritTeiies 
Beispiel,  um  zu  zeigen,  wie  wenig  der  X  erfasscr  bcilaclit  war, 
den  ursächlichen  Zusammenhang  der  Dinge  zu  ertorschen  und 
den  Entwicklungsgang  des  Dichters  klar  zu  legen.  Bedauerlicher- 
weise geht  seine  Unkenntnis  so  weit,  dafs  er  selbst  diejenigen 
Humanisten  nicht  nennt»  die,  wie  B.  Chelidonius  (lebte  eine  Zeit 
lang  in  Nürnberg),  Beroaldus  (Franck-Wimpfeltng),  Carolus 
Aretinus,  Bebel»  Job.  Agricola,  A.  v.  £yb»  J.  Gjast  u.  a.  direkte  Vor- 
bilder und  Führer  des  Meisters  gewesen^  und  die  G.  offenbar 
nicht  kannte,  obwohl  ihr  Verhältnis  zu  H.  S.  längst  Gegenstand 
der  wissenschaftlichen  lorschung  war.*)  Ich  hcruhrc  lüeinit  einen 
anderoM  cnipfindlichen  Mangel  des  Buches:  G.  beherrscht  bei 
weitem  nicht  die  einschlagige  Literatur. 

Über  die  Naturanschauung  der  Zeit,  über  die  Fort- 
schritte der  exakten  Wissenschaften  in  jenen  Tagen 
und  ihre  Wirkung  auf  den  Dichter  erfahren  wir  kein  Wort. 
Kopemicus,  Paracelsus,  Agrippa  von  Nettesheim  u.  a.  werden 
nicht  einmal  erwähnt,  nur  Regiomontanus  wird  mit  ^Z,  Dutsend 
Zeilen  abgefertigt.  Man  vermifst  auch  einen  kurzen  Bericht 
über  die  Reiselileratur,  welche,  teils  noch  aus  dem  Mittel- 
alter herrührend,  teils  an  den  neuen  Weltteil  anknüpfend,  da- 
mals eine  einllufsreiche  Rolle  spielte  und  unter  den  Quellen  des 
H.  S.  einen  hervorragenden  Platz  einninnnt.  —  Obwohl  die 
künstlerische  Seite  des  Kulturbildes  in  unserem  Buche  einen 
unverhältnisinäfsig  breiten  Raum  einnimmt,  so  kann  man  doch 
nicht  sagen,  dafs  sie  irgendwie  befriedigend  ausgefallen  wäre. 
G.  glaubte  sein  Ziel  durch  reichen  Bilderschmuck  und  durch 


*\  G.  erwähnt  zwar  ein  paar  Mal  den  Erasmus  von  Rotterdam,  dafs 

dieser  ;iber  c  nen  nicht  unerheblichen  Eintlufs  nuf  H.  S.  und  7.war  ebenfalls 
in  (1  r  ^  hafTenspehode  unmittelbar  nach  1537  ausgeübt  hat,  blieb  ihm 


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—    253  — 


zerstreute  biographische  Angaben  über  Nürnbergs  gröfste 
Kttnstler  zu  erreichen;  'höchstens  verstieg  er  sich  hin  und  wieder 
zu  kurzen  Bemerkungen  Über  einzelne' Kunstwerke.  Meines  Er- 
achtens durfte  man  mehr  und  doch  wieder  weniger  in  einem 

Kulturbilde  erwarten.  Ich  will  mich  nicht  darüber  auflialten, 
dafs  G.  nur  Nürnberger  Künsllcr  heranzog,  während  doch  auch 
auswärtige  Kunstwerke  ihren  W  eg  nach  der  kunstliobenden  Xoris 
fanden;  aber  was  sollten  z.  ß.  die  5  Seiten  über  Öchedel's 
Cbroniki  die  dazu  noch  zersprengten  biogr.  Angaben  über  Dürer 
und  andere  Künstler?  Das  bedenklichste  aber  ist,  dafs  G.  es 
nicht  verstand,  sich  von  dem  Einzelnen  zum  Allgemeinen  auf- 
zuschwingen und  uns  in  grofsen  Zügen  ein  Bild  von  der  gewaltigen 
Kunstentfaltung  in  jenen  Tagen  zu  geben.  Man  vergleiche  mit 
G.  beispielsweise,  was  M.  Carri^re  in  seinem  geistvollen  Buche 
»die  Kunst  in  Zusammenhang  der  Kulturentwicklungc  auf  circa 
25  Seiten  (IV.  S.  190 — 21  jj  über  die  deutsche  Kunst  der  Rcfor- 
niatiunszcit  vorljringt,  und  man  wird  sagen  müssen,  dafs  das 
was  G.  auf  mehr  als  dreifachem  Räume  aus  einander  gezerrt 
darüber  mitteilte,  einen  kläglichen  Eindruck  daneben  macht. 
Ganz  unbegreiflich  ist  es,  dafs  G.  uns  nicht  darüber  belehrt, 
dafs  H.  S.  durch  Holzschnitte  und  Gemälde  sehr  oft  direkte 
Anregungen  zu  Dichtungen  erhielt,  und  dafs  er  seinerseits  häufig 
genug  auf  die  darstellenden  Künste  zurückwirkte.  —  Das  Lebens- 
bifd  des  H.  S.  enthält  im  Grunde  nichts,  was  man,  vielleicht 
kürzer,  aber  darum  nicht  schlechter,  in  jeder  landläufigen  Bio- 
graphie des  Dichters,  z.  B.  in  Gence's  eigener  anspnichslosen 
von  1888  lesen  kaini.  Ja,  G.  hat  aus  dieser  ganze  Stellen 
wörtlich  in  sein  sj>ateres  Werk  aufgenomi.ien.  Die  UnmöiiHchkeit 
neue  biographische  Momente  beizubringen,  scheint  nun  den  Ver- 
fasser auf  den  unglücklichen  Gedanken  gebracht  zu  haben,  den 
Roman  an  Stelle  der  historischen  Wahrheit  treten  zu  lassen,  um 
sein  Buch  für  die  grofse  Menge  pikanter  zu  machen.  Mit  Er- 
staunen liest  man  in  dem  »KulturbUd  einer  .  .  ereignisvollen 
Zeitepoche«  (S.  47—50}  die  der  Phantasie  unseres  Kulturhisto- 
rikers  entsprungene  Unterredung  zwischen  Sachsens  Vater  und 
dem  Messerschmied  Andreas  Sponn,  Letzterer,  den  Roman 
fortspinnend,  mufs  nocli  ein  paar  Male,  (S.  60  u.  248)  auftreten, 
aber  —  o  Wunder  über  Wunderl  —  kurz  vor  seinem  Ende 


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—    254  — 


war  er,  seines  früheren  Berufes  satt,  »Spenglermeisterc  geworden 
(S.  248).  Wohldurch  Inspiration  weifsG.,  dafs  die  Jugendliebe  unseres 
Dichters  zu.  München  »die  vollwangige  Tochter  eines  MOnchener 
Spenglermeisters«  war  (S.  61),  auf  gleichem  Wege  erfuhr  er  wahr* 
scheinlich  auch,  was  er  uns  sonst  über  diese  Lfebesepisode  be- 
richtet, und  was  er  S.  73  —  75  über  die  Heimkehr  des  H.  S. 
von  der  W  anderschaft,  .S.  135  über  den  jungen  Ehemann  und 
S.  36Q  über  die  zweite  Khe  des  alten  Meisters  erzähh.  Das 
Stärkste  ist  aber,  was  G.  Seite  165 — 167  über  das  Verhältnis 
zwischen  Sachs  und  Osiander  mitteilt.  Unser  Kiilturhistoriker 
hat  das  ganze  Gespräch  zwischen  den  Beiden  belauscht  und 
weifs  genaUi  dafs  S.  bei  »Osiandeis  Eintritt  sein  Buch  eilig  hin- 
legtet, erwartend,  »dafs  der  bertihmte  Osiander  sich  ein  paar 
neue  Schuhe  bei  ihm  wolle  machen  lassenc,  dafs  sich  »der  gute 
H.  S.c  »mit  der  Hand  bedenklich  nach  seinem  Kopfe  fuhrt 
u.  dgl.  mehr.  Kurtum  man  glaubt  eine  Kindererzähhtng  von 
Franz  HotTmann  vor  sich  zu  hvtL>ca. 

Wende  ich  mich  nach  diesen  mehr  allgemeinen  Aus- 
stelkingen  —  die  übrigens  noch  lange  nicht  erschöpfend  sind  — 
zu  Einzelheiten,  so  muls  ich  darauf  verzichten,  alle,  oder  auch 
nur  einen  gröfseren  Teil  der  sahllosen  Verstöfse  gegen  die 
Geschichte,  Literatur  und  Kulturgeschichte  zu  verbessern»  die 
sich  in  dem  Buche  finden,  meine  Besprechung  müfste  sonst  zu 
einem  Buche  anwachsen.  Manche  Seiten  strotzen  förmlich  von 
Fehlem  und  verkehrten  Behauptungen,  und  man  wird  wenig 
Seiten  finden,  wo  nicht  mindestens  irgend  etwas  schief  oder 
ungenau  dargestellt  wird.  Der  Verfasser  ist,  wie  schon  oben 
erwähnt,  ungenügend  mit  der  einschlägigen  Literatur  vertraut 
und  zeigt  sich  durchaus  unkritisch  in  der  Wahl  seiner  Quellen. 
OberÜächhchkeit  und  Hast  trugen  dazu  bei,  die  Zahl  der  Unrichtig- 
keiten zu  vermehren.  Ich  lasse  hier  eine  kleine  Auswahl 
folgen,  lediglich  um  mein  Gesamturteil  zu  belegen.  Natürlich 
greife  ich  nur  solche  Beispiele  heraus,  bei  denen  ich  mich  ganz 
kurz  fassen  kann.*)  S.  4  sagt  G.:  »Dem  Burggrafen  aber 
hatte  die  Stadt  eine  jährl.  Abgabe  von  20  Pf.  Heller 

*)  Meine  Quellen  sind  für  die  histor.  Facten:  E.  MummenhofTs  »Alt- 
Niirriher^«  «nd  'das  Rathaus  in  Niirnbergf,  Hegels  »Städte-Chrooikeni 
J.  ßauüers  >Beitr.  tut  Kun&tgescb.  Nürnbergs«  u.  a.  Werke. 


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—    255  — 


zu  zahlen.!  Das  ist  uarichtig,  von  der  Stadt  als  solcher  be- 
kamen die  Burggrafen  keine  Abgabe;  der  Burggraf  oder  viel- 
mehr dessen  Offizial,  der  dem  Landgerichte  (Judicium  provinciale) 
in  Nürnberg  praesidierte  erhielt  '/g  der  Gerichtsgefitlle,  aufser- 

dem  bezog  der  Burggraf  bis  z.  J.  1386  die  s.  g.  Schnitter-  und 
ilüt'stattprennige  auf  der  Lorcn/.er  Seite.  —  S.  5  und  7  spricht 
G.  von  Zünften  in  N.,  daj,a\e;en  ist  zu  erinnern,  dafs  es, 
wenn  man  von  der  kurzen  Zeit  nach  der  Empörung  v.  1348 
absieht,  in  N.  keine  Zünfte  mit  freier  Bewegung  und  Selbst- 
bestimmung gab,  sondern  nur  Handwerke,  die  in  all  ihrem  Thun 
vom  Rat  und  dem  Rugsamt  abhängig  waren.  —  Zu  S.  5:  Dafs 
das  Schmiedegewerk  an  der  Spitze  der  Empörer  stand,  ist 
nicht  erwiesen  und  gar  nicht  wahrscheinlich.  —  S.  6  erwähnt  G. 
»  Wo  llenschl  ä  g  e  r«  in  N. ;  diese  kommen  unter  dieser  Bezeichnung 
nicht  vor.  —  S.  7  sagt  O.:  »Das  um  1 340  erbaute  Rathaus.« 
Er  h;ittc  genau  1332  —  1340  angeben  sollen.  —  Jbid.  liest  man: 
^K^uch  die  schönsten  Kirchen  N.'s  St.  Sebald  und  St.  Lorenz 
standen  zwar  schon  .  .  .  aber  zu  ihrer  jetzigen  Herrlichk  eit 
waren  beide  erst  im  folgenden  (15.  Jahrh.) gedieh cn.i  Es  ist 
zu  berichtigen,  dafs  St.  Sebaldskirche  ihren  jetzigen  Umfang  und 
Ausbau  bereits  1361—1377  erhielt.  —  S.  8  setzt  G.  die  Ent- 
stehungszeit des  schönen  Brunnens  »Um  diese  Zeit«,  er  hätte 
1385 — 1396  angeben  sollen.  —  S.  10  läfst  G«  die  ersten 
23  Artikel  der  goldenen  Bulle  1355  in  Nürnberg  feststellen,  es 
mufs  1356  heifsen.  —  S.  11  meint  der  Verfasser:  »Schon  um 
13  7  5  war  ein  heftiger  Zwist  zwischen  dem  Burggrafen  und  der 
Stadt  entstanden. <  Der  Strca  brach  1362  aus.  — Jbid,  liest  man: 
»Schon  Ende  des  1  1.  Jahrhunderts  werden  in  allen  Docu- 
menten  die  Burggrafen  von  N.  erwähnt.*  l>as  ist  unrichtig, 
nicht  einmal  Kastellane  findet  man  um  diese  Zeit  erwähnt.  — 
Zu  S.  12:  Es  ist  falsch,  dafs  die  Kaiserburg  unter  burggräilicher 
Aufsicht  stand,  die  Kaiser  hatten  besondere  Beamte.  —  Ibid: 
Die  Angabe  G.'s  ist  dahin  zu  berichtigen,  dafs  die  Margarethen-- 
und  die  Kaiserkapelle  aus  der  gleichen  Zeit  stammen;  auch 
grenzt  nicht,  wie  G.  meinte,  der  Heidenturm  daran,  sondern  der 
Chor  der  Doppelkapelle  steckt  im  Heidenturm,  bildet  also 
einen  Teil  desselben.  —  Zu  S.  13:  Die  Zerstörung  der 
Burggrafen  bürg  war  nicht  1419,  sondern  1420^  Heinricii  IV. 


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—    256  — 

war  nicht  7  mal  auf  der  Burg,  es  sind  nur  4  Besuche  urkundlich 
nachzuweisen;  die  Schlichtung  des  Streites  zwischen  Burggrafen 
und  Stadt  fand  nicht  137S,  sondern  1376  statt.  -—Zu  S.  14: 
Burggraf  Friedrich  gelangte  nicht  1389,  sondern  erst  1398  zur 
Herrschaft.  —  Zu  S.  1 6 :  Der  herzogliche  Pfleger  hlefs  nicht  Christoph 
von  Leiningen,  sondern  Christoph  v.  Leimingen  oder  Ch.  Lei- 
niinger.  —  S.  17  spricht  G,  von  einem  Kaiserl,  Rat  S.  Stromer. 
Hiegegen  ist  zu  bemerken,  dafs  man  im  15.  Jahrh.  noch  nicht 
diesen  Titel  als  P'Ji rentitel  hatte.  Die  Reichsklcinodien  wurden 
nicht  1425  —  wie  G.  dort  will  —  sondern  1424  nach  Nürn- 
berg gebracht.  —  S.  24  sagt  G.:  »Um  die  Mitte  des  (15.)  Jahrh. 
hatte  die  Stadt  etwa  1 8,000  Einwohner.«  Nach  der  sorgfältigen 
Berechnung  Hegels  hatte  die  Stadt  damals  eine  ständige  Bevöl- 
kerung von  aber  20000  Seelen.  —  S.  27  Anmk.:  Es  ist  unrichtig, 
dafs  der  Behaim'sche  Globus  »schon  frühzeitig  in  den  Besitz 
derKbg.Behaim'schen  Familie  gekommen.«  Es  geschah  dies 
wahrscheinlich  erst  am  Anfang  unseres  Jahrhunderts.  Früher 
stand  er  in  der  oberen  Regimentsstube  und  dann  in  der  Stadt- 
Bibliothek.  —  S.  31  sagt  G.:  >Srhon  aus  dem  Jahre  1423  kennt 
man  einen  Holzschnitt,  der  aus  Ulm  oder  aus  Nürnberg  stammt.« 
Es  ist  zu  bemerken,  dafs  wir  Holzschnitte  bereits  aus  dem  1 4.  Jahrh. 
kennen  (vgl.  Essenwein  die  Holzschnitte  des  14.  u.  15,  Jahr- 
hunderts und  C.  V.  Lützow  Gesch.  des  deutschen  Kupferst  und 
Holzschnittes  [woselbst  S.  58  A.  weitere  Literatur  sich  findet}). 
Der  Holzschnitt  von  1423  ist  nur  der  älteste  datierte;  dafs  er 
gerade  aus  Ulm  oder  Nürnberg  stammt,  wie  G.  meint,  dürfte 
sich  nicht  erweisen  lassen.  —  S.  34  behauptet  G. :  Schedels 
Chronik  »erschien  Kmle  1493  gleichzeitig  in  lateinischer 
und  deutscher  Sprache.«  Nachdem  die  deutsche  Ausg.  das 
Datum  23.  Dezember  1493  am  Knde  tragt,  dürfte  sie  in  Wirk- 
lichkeit frühestens  Januar  1494  erschienen  sein,  die  lateinische  Ausg. 
dagegen  hat  die  Schlufsbemcrkung  »Consumatum  duodecima 
roensis  JuUi«  und  ist  also  sicher  noch  1493  herausgekommen  — 
S.  36  sagt  G.:  In  N.  wird  der  Stand  der  Formenschneider  .  . 
schonl438  erwähnt.«  Nach  J.  Baaders  :»Beiträgen«  S.  5  ist  schon 
1438  ein  Meister  H.  Pämer  urkundlich  genannt.  —  S.  62  fabelt  G. 
zusammen,  dafs  Sachs  in  Salzburg  in  eine  Buchdruckerei 
geführt  worden  und  dort  grofse  Neigung  empfunden  habe, 


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—  257 


die  Kunst  zvl  erlernen«  Das  will  er  aus  des  Meisters  »Lob- 
spruch der  Stadt  Salzburg!  schliefsen.  Nun  sieht  aber  jeder  Unbe- 
fangene, dafs  S.  in  diesem  Gedichte  nicht  sich,  sondern  einen 
Drucker  sprechend  eingeführt  hat  und  dafs  somit  die  Verse  nicht  auf 
ihn  bezogen  werden  können.  Haueis  hat  zum  Überflufs  in  seinem 
weiter  unten  noch  zu  erwähnenden  Abdruck  des  Gedichteb  uber- 
zeugend nachgewiesen,  dafs  S.  das  Gedicht  in  der  That  lür 
einen  Salzburger  Drucker  gefertigt  hat.  —  S,  65  liest  man: 
»Hatte  er  (S.)  in  seinen  Knabenjahren  zu  Nürnberg  sich 
noch  auf  die  Lektüre  von  Schedels  Chronik  beschränkt. . . 
so  lernte  er  jetzt  (==  c.  1513)  Ovtd  in  den  Verdeutschungen 
einzelner  Geschichten  kennenund  schaffte  sich  den  Aug  tb.  D  ruck 
von  der  Steinhövelschen  Übersetz,  des  Boccaccio  an.c 
Dieser  Satz  ist  ein  für  G.  so  recht  charakteristisches  Gemisch  von 
nicht  zu  erweisenden  mit  vollkommen  falschen  Angaben.  Dafs  S. 
überhaupt  in  seiner  Knabenzeit  Schedel  las  und  dafs  dieser  seine 
einzige  Lektüre  war,  das  weifs  G.,  wie  so  vieles  Andere,  il^iicli 
Inspiration.  Dafs  S.  schon  um  1513  einzelne  Geschichten  des 
Ovid  (d.  h.  aus  dessen  Metamorph.)  verdeutscht  las,  ist  ganz 
undenkbar,  weil  einzelne  Geschichten  erst  1541,  die  ganze 
Überselz,  der  Metamorph,  erst  1545  aus  dem  Druck  kamen 
(vgl.  Drescher  H.  Sachs  Studien  N.  F.  S.  28 ff.).  Statt  Stein- 
hövel —  also  schreibt  G.  nicht  nur  hier,  sondern  auch  ander- 
wärts*) —  hat  man  Stemhöwel  zu  lesen.  Was  für  ein  Werk 
des  Bocc.  G.  meint,  ist  nicht  ersichtOch,  es  kann  aber  nur 
das  Decamerone  gemeint  sein;  dieses  wurde  zwar  bis  vor 
einigen  Jahren  dem  Steinhöwel  zugeschrieben,  ist  aber  sicher  nicht 
von  ihm.  Dafs  endlich  S.  gerade  einen  Augsb.  Druck  benützte, 
das  weifs  G.  wiederum  nur  durch  Inspiration.  —  S,  99  will 
G.  mit  einem  Gedicht  des  H.  S.,  betitelt  »Ein  Rat  zwischen 
einem  alten  Mann  und  jungen  Gesellen  dreier  Heirat  halbere 
darthun»  »dafs  er  (S.)  mit  seiner  Wahl  ein  glückliches  Loos 
gefundenhatte.c  Der  ganze  Beweis  zeri^t  in  Nichts  durch  den 
von  mir  an  anderer-  Stelle  geführten  Nachweifs,  dafs  Sachs  in 
diesem  Gedicht  nur  getreuer  Nachahmer  eines  fremden  viel 
älteren  Gedichtes  ist  —  Durchaus  ungenügend  und  falsch  sind 

*)  Im  Anhang  und  im  Register  ist  der  Name  flbrigens  richtig 
geschrieben. 

»7 


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—    258  — 


die  Angaben  G.'s  (S.  109/110  und  S.  -263/64)  über  die  Sing- 
statten  der  Meistersä&ger.  Ich  brauche  mich  jedoch  mit  deren 
Berichtigung  nicht  su  beschäftigen,  da  ich  auf  die  grandliche 
Untersuchung  £.  Mummenhoffs  in  den  H.  Sachs-Forsch.  (S.  282 
bis  290)  verweisen  kann.  —  S.  255  liest  man:  »Unter  allen 
bestehenden  Handwerken  waren  es  in  erster  Reihe  die 
Schuhmacherund  die  Weber,  bei  denen  der  Meistergesang 
besonders  beliebt  war.i  Das  stimmt  nicht.  In  dem  Verzeichnis 
von  Meistersingern,  das  F.  Kcinz  für  meine  Festschrift  (S.  320 
bis  331)  lieferte,  sind  c.  18  Schuhmacher  und  Schuhgesellen  ange- 
führtj  sie  werden  von  c.  SOKürschnern  übertrofTen  und  die  Schneider, 
Messerschmiede  und  Schlosser  kommen  den  Schuhmachern  an 
Zahl  gleich.  Weber  bietet  das  Verzeichnis  allerdings  am  meisten» 
ungeßihr  80,  aber  bis  auf  2  sind  sie  alle  aus  Augsburg, 
wo  die  Weberei,  wie  es  scheint  damals  im  Vordergrunde  der 
Industrie  stand.  —  S.  200  sucht  man  vergebens  bei  der  Comedia 
»dafs  Christus  der  wahre  Messias  seit  den  Hinweis,  dafs  S. 
hier  Nachahmereines  älteren  Spiels  ist,  unti  bei  der  Com.  von  Pallas 
und  Venus  die  Bemerk uni>; ,  dafs  schein  1889  F.  W.  Thon  in 
einer  interessanten  Dissertation  über  H.  S.  als  Quelle  dieses 
Lustspiels  ein  lateinisches  Stück  des  Nürnberger  Humanisten 
Chelidonius  (1515)  nachwies.  —  Ungerecht  ist  G.'s  Kritik  von 
Hans  Sachsens  »Pluto«  (S.  200  und  wiederholt  332):  »aus  der 
beifsenden  Satire  ist  eine  recht  dürftige  Moralität  geworden.! 
Beifsend  hat  die  Satire  in  »Plutus«  noch  Niemand  gefunden 
und  da  über  die  Absicht  des  Dichters  seit  langem  Philologen 
und  Kunstrichter  im  Streite  liegen,  so  konnte  man  füglich  von 
dem  schlit:htca  1  landwerksniann  Sachs  nicht  erwarten,  dafs  er 
die  richtige  Deutung  fand.  —  Seite  194  sagt  G.  von  H.  Sachsens 
»SchlauratTcnlamle  xlesse  n  sinnreiche  Ausarbeitung  aber 
ganz  sein  Eigentum  ist.«  H.  S.  kann  nur  wenige  Verse  des 
Gedichtes  als  sein  Eigentum  beanspruchen,  er  hat  nur  das  Verdienst, 
aus  mehreren  Schlauratfengedichten  die  besten  Verse  ausgewählt 
und  zu  einem  packenden  Ganzen  vereinigt  zu  haben,  (cf.  meine 
Arbeit  in  den  H.  Sachs-Forsch.  S.  37  fTj  —  S.  201  ist  zu  lesen: 
»Maistre  P.  Pathelin  (aufgeführt  1470  in  Paris  von  den  Ciercs 
de  la  Bazochc)  .  .  .  Reuchlin  hat  dasselbe  durch  seine 
freie  Behandlung  dos  Stoffes  wesentlich  verbesscrt.i    Die  erste 


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—    259  — 

Behauptung  ist  ganz  ans  der  Luft  L^egriffen:  Wir  wissen  weder 
wann,  noch  wo,  noch  von  wem  Pathelin  gespielt  worden  ist. 
Unser  Wissen  beschränkt  sich  darauf,  dafs  er  vor  1471  ent- 
standen sein  mufs  (vgl.  Petit  de  Julleville  »La  Comddie  et  les 
Moeurs  en  France  etc.  S.  237).  Dafs  Reuchün  den  Stoff  ver- 
besserte, wird  Niemand  behaupten,  der  beide  StUcke  kennt.  — 
S.  202  steht:  >Culman  aus  Chratlshcwi  .  .  gebürtig.«  —  Eben- 
daselbst: »Homulus  von  Dicsthemius,  welcher  lateinisch  eben  in 
diesem  Jahre(l  539)  erschienen,  c  Der  Homuhis  erschien  bereits]  536. 
—  Ebendaselbst  spricht  G.  »von  einem  gewissen  Wenzeslaus 
Link.«  Dieser  »gewisse«  Link  war —  was  ein  Kenner  der  Nürnberger 
Reformationsgeschichte  wissen  sollte  —  ein  Prediger  gleichzeitig 
mit  Oslander  und  Culman,  der  Jugendfreund  Luthers,  und  ein 
intimer  Freund  des  berühmten  Humanisten  Eobanus  Hesse. 
S.  313  heifst  es:  >So  hat  ihn  (Sachs)  der  Henkersteg  ...  an- 
geregt .  .  einen  aus  anderer  Quelle  genommenen  Eulen- 
spiegelstreich  nach  dem  Henkersteg  zu  verlegen.«  Das 
von  G.  gemeinte  Mcisterlied  ist  nicht  aus  anderer  Quelle,  sondern 
ziemlich  getreu  aus  der  32.  Historie  des  Volksbuches  gezon n.  — 
S.  330:  »Ihm  (Sachs)  war  .  .  .  alles  Unzüchtige  zuwider.« 
Das  ist  leider  nicht  wahr.  H.  S.  hat  gar  manches  Lied,  gar  manchen 
Spruch  gedichtet^  der  den  verrufenen  Zoten  eines  Poggio  oder 
Bebel  nicht  nachsteht  (vergl.  Nr.  118,  134  und  256  in  Goetzes 
Ausgabe  der  Fabeln  und  Schw.  und  unten  Kochs  Festschrift.)  — 
S.  332  »Spiel  ,Wie  G.  d.  H.  Adam  und  Eva  ihre  Kinder  segnet.' 
Für  H.  S.  war  die  direkte  Quelle  ein  lateinischer 
Dialog  von  E.  Alberus.«  So  oft  es  G.  unternimmt,  Über  die 
Quellen  des  II.  S.  zu  sprechen,  so  zeigt  er,  dafs  er  sich  nicht  in  die 
Schaücnsweisc  des  H.  S.  vertieft  hat,  dai's  er  nur  sehr  dürftig 
von  der  altern  deutschen  Literatur,  sowie  von  derjenigen  des 
16.  Jahrhunderts  unterrichtet  ist  und  endhch,  dafs  er  die  modernen 
Forschungen  über  seinen  Gegenstand  nicht  vollständig  kennt. 
An  seinem  vorstehenden  Satz  ist  einmal  falsch,  dafs  der  Dialog 
des  Alberus  lateinisch  ist;  femer  ist  das  Quellverhältnis  kein 
so  einfaches,  unser  Meister  hatte  dazu  mindestens  vier  Quellen, 
wie  er  es  ja  überhaupt  liebte,  selbst  bei  seinen  kleinsten  Dich- 
tungen verschiedene  Versionen  über  das  gleiche  Thema  zu  ver- 
schmelzen.    Ich  verweise  über  alle  diese  Punkte  auf  meine 

»7' 


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—    260  — 


Abhandlung  über  die  Quellen  der  Fastnachtsp. des H.  Sachs  (Ztschr. 
»Gennaniat  Bd«  36  S.  32),  die  unserem  Hans-Sacbsforscher 
anbekannt  geblieben,  obwohl  sie  bereits  1891  erschien.  —  Ibid: 
»Er  bearbeitete  den  Stoff  (ungleiche  Kinder  Evae)  zuerst  als 
Meisterlied  1546.C  Das  Datum  ist  falsch,  mufs  heifsen  am 
23.  August  1547.  —  S.  334:  »Paul  Rebhun  (aus  Berlin  stam- 
mend). <  Tittmann  hatte  (deutsche  Schauspiele  des  16.  Jahrh.  I, 
22)  V.  Rebhun  gesagt:  »wahrscheinlich  war  er  ein  Berliner.« 
Es  gehört  zur  Charakteristik  obertlächiicher  Nachschreiber,  die 
blofsen  Vermutungen  ihrer  Quellen  in  gesicherte  Ergebnisse  zu 
verwandeln.  In  Goedeke's  ^^Grundrifs  zur  Geschichte  der  deutschen 
Dichtungc,  ein  Buch  das  G.  wohl  einmal  erwähnt,  aber  so  gut 
wie  gar  nicht  zu  kennen  scheint,  hätte  er  II,*  S.  358  lesen 
können:  »P.  Rebhun,  geb.  zu  Weydhofen  an  der  Ybfs  in  Öster- 
i'eich  u.  s.  w.c  —  S.  336:  »Das  Narrenschneiden  ist  .  .  im 
Druck  wie  auch  in  seiner  Handschrift  mit  der  Jahreszahl 
1557  bezeichnet.«  Im  Drucke  ja,  abendeso  in  seiner  Handschrift? 
Die  ist  ja  verloren!  Entstanden  ist  das  Spiel  ohne  Zweifel  1  536,  — 
S.  337  behauptete  G.,  Pauli  sei  die  Quelle  für  das  Spiel  »Der 
fahrende  Schüler  im  Paradeis.«  Eine  der  Quellen  wohl,  vgl. 
über  die  andere  Germania  (36,  14,  37,  208)  u.  Zsch.  f.  vergl. 
Literaturg.  (N.  F.  4,  44ü).  —  S.  340  sagt  G.  von  »der  fahrend 
Schüler  mit  dem  Teufeisbannenc :  »Die  eigentliche  Quelle  ist 
mir  noch  nicht  bekannt,  doch  scheint  sie  aus  der  itaL 
o.  Span.  Novellenliteratur  geflossen  zu  sein.«  Die  Quelle, 
ein  bei  Keller  Fastnachtsp.  III  S.  1172  abgedr.  Gedicht  des 
Rosenblüt,  habe  ich  bereits  in  metner  mehrfach  erwähnten  Abhlg. 
(Germ.  36,  22)  nachgewiesen.  —  Ebendaselbst:  »Für  ,das  heifs 
Eisen'  hatte  der  Dichter  wieder  die  Anregung  aus  l'auli's 
Schimpf  und  Ernst.  Al)er  die  Vergleichung  mit  seiner  Quelle 
zeigt  auch  hier,  mit  welchem  richtigem  Gefühl  er  eine  an  sich  unbedeu- 
tende Anekdote  zu  einer  ganz  anderen  Bedeutung  auszuarbeiten 
wufste.«  Auf  diesen  wichtigen  Fund  und  die  daran  geknüpfte  Be- 
merkung scheint  G.  ganz  besonders  stolz  zu  sein.  Leider  ist  ihm 
unbekannt  geblieben,  dafs  es  ein  mittelhochdeutsches  Gedicht  gibt, 
das  sowohl  dem  Titel,  wie  dem  Inhalte  nach  mit  dem  Spiel  des 
S.  fast  ganz  übereinstimmt,  und  dafs  ich  bereits  1891  dieses 
Gedicht  als  QueUe  bezeichnet  habe«   Die  Anekdote  des  Pauli 


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—    261  — 


hat  absolut  nichts  mit  S.  zu  thun.  —  Seite  344  bemerkt  G.  von 
P.  Probsts  Spiel  %Von  einem  Müllner  und  seinem  Weib  u.  s.  w.c 

^scheint  aus  einer  Quelle,  die  wohl  auch  H.  S.  benutzt 
hatte,  geschöpft  zu  sein.«  Lier  in  den  »Mittcil.  des  Vereins 
für  Geschichte  der  Stadt  Nürnberg  :  1889  (S.  156)  —  einer  Ztsch., 
die  ein  Spezialforscher  auf  dem  Gebiete  der  Nürnberger  Geschichte 
doch  wohl  kennen  sollte  —  hat  B.  Waldis'  »Esopus«  IV,  66  als 
Quelle  für  Probst  nachgewiesen  ;  die  Quelle  des  H.  Sachs  ist, 
wie  oben  erwähnt,  ein  Gedicht  des  Rosenblttt.  — ^  Noch  sei 
bemerkt,  dafs  man  neben  P.  Probst  auch  ein  Wort  über  den 
Nürnberger  Schauspieldichter  Martui  Glaser  erwartet  hätte; 
aber  G.  scheint  von  seiner  Existenz  keine  Ahnung  zu  haben. 
Was  kümmert  auch  einen  H.  Sachsforscher  und  Kenner  der 
Nürnberger  Geschirlite  die  M.  Heiiiiuaiu  ^che  Ausgabe  der 
Schrit'ten  des  Humanisten  A,  v.  Eyb,  woselbst  in  der  Vorrede 
M.  Glaser  ausgegraben  und  zugleich  auf  die  Nachahmungen  des 
A.  V.  Eyb  durch  H.  S.  hingewiesen  wird.  Merkwürdig  ist  es, 
wie  G.  überhaupt  die  Leistungen  der  modernen  Forschung 
Uber  H.  S.  übersieht  und  selbst  dann  unbeachtet  läfst,  wenn 
er  sie  in  seinem  Literaturverzeichnis  registriert.  So  druckte  er 
z.  B.  in  seinem  Anhang  »die  Himmelfahrt  Markgraf  Albrechtsf 
und  den  Inhalt  der  Bibliothek  des  H.  S.  ab,  ohne  zu  erwähnen, 
dafs  letztere  schon  von  Goedeke  (Schnorrs  Archiv  B.  7),  erstere 
bereits  von  E.  Weller  und  C.  Frommann  veröffentlicht  worden;  so 
erwähnt  er  Dreschers  Studien,  die  Arbeiten  Goetzes,  das  Buch 
v.  C.  Schweitzer  u.  a,,  ohne  dafs  man  merkt,  dafs  er  sich  ihren 
Inhalt  wirklich  zu  nutzen  gemacht  habe.  Da  überrascht  es  uns 
auch  nicht  mehr,  wenn  ich  erwähne,  dafs  so  ziemlich  alle  Fehler, 
die  man  1882  in  dem  Kapitel  Hans  Sachs  der  »Lehr-  und 
Wanderjahre  des  deutschen  Schauspiels <  und  1888  in  der 
anspruchslosen  biographisch-historischen  Abhandlung  Uber 
H.  S.  zu  ragen  hatte,  getreulich  hier  in  dem  anspruchsvollen 
Buche  wiederkehren,  mit  anderen  Worten,  dafs  G.  seit 
12  Jahren  seine  H.  Sachsstudien  weder  erweitert,  noch  ver- 
tieft hat. 

Neben  den  vielen  Mangeln,  die  ich  leider  an  dem  Buch 
dar/.ulegen  hatte,  darf  ich  auch  das  wirklich  (iute  nicht  unerwähnt 
lassen,  das  sich  darin  hndet:  An  einzelnen  treffenden  Bemer« 


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—    262  — 


kungen  fehlt  es  nicht;  der  unifaDgreiche  Anhang  bietet  manches 
brauchbare  Material,  z,  B.  über  die  Gesangweisen  der  Meister- 
lieder; der  Abschnitt  Über  den  Meistergesang  ist  —  zwar  nicht 

fehlerfrei  —  doch  etwas  besser  geraten  als  andere  Teile  des 
Werkes.  Wohlthuend  wirkt  die  aufrichtige  Ikgcisterung,  die 
G.  für  seinen  Helden  fühlt.  Das  höchste  Lob  verdienen  aber 
die  prachtvollen  Holzschnitte,  von  denen  mehrere  von  (ienec  selbst 
ausgeführt  sind.  Man  sieht,  was  der  iMann  auf  seinem  ursprüng- 
lichen Berufsfelde  zu  leisten  vermöchte. 

Fasse  ich  mein  Urteil  kurz  zusammen,  so  mufs  ich  Genees 
Buch  zwar  als  töblich  in  seinen  Zielen,  aber  als  durchaus  mifsglückt 
in  der  Ausführung  bezeichnen.  Der  Verfasser  war  seiner  schwie- 
rigen Aufgabe  nicht  gewachsen.  Er  verstand  es,  Aber  sein  Thema 
feuiiletonistisch  interessant  zu  plaudern,  aber  zur  wahrhaft 
historischen  Darstellung  vermuchtc  er  sich  nicht  empor- 
zusrlnvingen.  Dazu  fehlte  es  ihm  ebenso  sehr  an  Wissen, 
wie  an  Können. 

Ich  habe  bei  diesem  Buche  länger  verweilt,  als  seinem 
inneren  Werte  zukommen  mochte,  weil  ich  es  für  nötig  erachtete, 
•  gründlich  darüber  zu  Gerichte  zu  sitzen.  Der  verHihrerische 
Bilderschmuck,  der  grofse  Ruf  der  Verlagsfirma  und  eine  ge- 
schickte Reklame  haben  ihm  eine  ziemlich  grofse  Verbreitung 
verschafft.  Viele,  die  es  als  wissenschaftliche  Leistung  für  ver- 
unglückt hielten,  glaubten  doch,  dafs  es  trotz  seiner  Mängel 
als  populäres  Werk  grofsen  Nut/en  stiften  könne.  Gegen 
diese  Ansicht  mufs  ich  mich  mit  aller  Entschiedenlieit  wenden. 
Wenn  gelehrte  Fachwerke  Mängel  aufwcisiMi,  so  kann  man  allen- 
falls Milde  walten  lassen,  die  wissenschaftliche  Kritik  dient  daim 
als  Korrektiv.  Anders  populäre  Schriften:  Das  Publikum,  an 
das  sie  sich  wenden,  liest  keine  Rezensionen  und  ist  nicht  im 
Stande,  selbst  Kritik  zu  üben.  Gläubig  nimmt  es  alle  Irrthttmer 
hin,  die  ihm  vorgetragen  werden.  Wer  daher  als  populär-wissen- 
schaftlicher  Schriftsteller  auftritt,  der  mufs'  sein  Gebiet  vollkommen 
beherrschen.  Er  braucht  dem  grofsen  Publikum  nicht  alles 
zu  bieten,  aber  was  er  ihm  bietet,  mufs  vollkommen  gefeit  gegen 
die  kritik,  wahr  und  richtig  sein. 

Eine  solche  \'olks^(  hritt  im  besten  Sinne  des  Wortes  ist  die 
von  Ernst  Mummen  ho  ff  im  Auftrag   der  Stadt  Nürnberg 


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—    363  — 


herausgegebene  Festschrift  »Hans  Sachse.*)  Der  Verfasser, 
heimisch  in  Nürnbergs  Vergangenheit,  wie  wenige,  hat  sich 
h'ebevoU  in  die  Schriften  des  ehrwürdigen  Meisters  vertieft  und 

zugleich  mit  dessen  Lebensbild  eine  feinsinnige  Studie  über  seine 
Werke  in  grofsen  Zügen  ausgeführt.  In  6  Kapiteln  betrachtet 
er  1.  Hans  Sachsens  Jugend,  Wantlcrzeit  und  dichterische  An- 
fänge, 2.  sein  Verhältnis  zur  Reformatiun,  3.  seine  Lieder  und 
erzählenden  Gedichte,  4.  seine  Beziehungen  zu  Vaterstadt,  Vater- 
land und  Religion,  5.  seine  dramatischen  Dichtungen  und 
schliefst  6.  mit  einem  Rückblick  auf  seine  Dichtung  und  sein 
Leben,  woran  sich  eine  kurze  Darstellung  der  Rolle,  die  H.  S. 
bei  Mit>  und  Nachwelt  spieltej  anschliefst.  Auch  Mummenhoff 
war  bemüht,  H.  S.  im  Rahmen  seiner  Zeit  za  zeigen,  nicht  breit 
und  aufdringlich,  sondern  immer  nur  mit  einigen  inhaltreichen 
Sätzen.  Kr  suchte  und  fand,  so  viel  als  es  für  seinen  Zweck 
nötig  war,  stets  die  entsprechende  historische  Anknüpfung  und  die 
Anordnung  des  Stoffes  mufs  als  eine  sehr  geschickte  bezeichnet 
werden.  Mit  richtigem  Verständnis  läfst  er  z,  B.  den  eigent» 
liehen  Dramen  die  Betrachtung  der  Kampfgesprächc  vorangehen, 
die  sich  durch  den  Dialog  jenen  nähern  und  in  der  That  im 
Mittelalter  häufig  den  Übergang  zum  eigentlichen  Drama  ver- 
mittelten. Durch  die  Opferwiltigkeit  der  Druckerei  von  Bieling» 
Dietz  und  namentlich  der  rühmlichst  bekannten  Kunstanstalt 
von  E.  Nister  in  Nürnberg  war  es  möglich,  das  Büchlein  hübsch 
ausgestattet  und  insi)esundere  niii  reizendem  Bilderschmuck  — 
meist  den  Origiualdrucken  nachgebildet  —  und  mit  Autographen 
des  Dichters  geziert,  zu  einem  aufserordentlich  billigen  Preise 
abzugeben.  Und  so  hat  sich  das  fesselnd  geschriebene  Werkchen 
in  wenigen  Wochen  überall  eingebürgert. 

Lob  verdient  auch  eine  zweite  populäre  Schrift  mit  dem 
Titel  »Hans  Sachs.  Nach  seinem  Leben  und  nach 
seinen  Dichtungen  für  das  deutsche  Volk  dargestellt«^*), 
welche O.  Schumann  %um  Verfasser  hat.  Tttcluig  in  den  Werken 
des  Nürnberger  Meisters  bewandert,  gibt  Schumann  hn  Ganzen 


H.  S.  zum  400jährigen  Geburtsjubiläum  des  Dichters.  Im  Auftrag 
dtr  Stadt  Nürnberg.  Von  Krnst  MummenbofT»  Stadtarehiir»r.  Erstes  bti 
tehntes  Tausend.    Nürnberg,  F.  Korn.  1894. 

**)  Neuwied  and  Letpsig.   Hetiters  Verlag  1894. 


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—    264  .— 


eine  befriedigende  Schilderung  von  seinem  Leben  und  Wirlien, 
woran  nur  hin  und  wieder  Kleinigkeiten  zu  beanstanden  wären. 

Minder  zu  empfehlen  ist  ein  drittes  populäres  Schriftchen 
»Hans    Sachs.     Sein   Leben    und  Wirken  zu  dessen 

400jährigcm  Geburtstage  dem  deutschen  Volke  ge- 
schildert« von  Victor  Kiy.*)  In  8  Kapiteln  sucht  der  Ver- 
fasser im  steten  Ans(  hlufs  an  des  Dichters  Werke  sein  T.ebcn 
und  Wirken  zu  schildern.  Jedoch  vermochte  er  sich  nicht  von 
Unrichtigkeiten  fernzuhalten. 

Einen  Platz  darf  hier  wohl  auch  £.  Goetzes  Festrede 
zur  Jubelfeier  in  Nürnberg  beanspruchen»  da  sie  ja  gedruckt  ist. 
Sie  bietet,  gediegen  in  Form  und  Inhalt**),  auf  engem  Raum 
eine  reizende  Darstellung  von  der  Wirksamkeit  des  liebens- 
würdigen Dichters.  Goetze  schildert  Hans  Sachsens  Mithilfe  »am 
Werke  der  Reformation«,  seine  Stellung  zu  poHtischen  Vorgängen, 
seine  )>poetische  Sendung«  und  zwar  in  Meistcrliedern,  Spruch- 
gedichten und  Dramen;  er  streift  sein  Verhältnis  zu  seinen 
Quellen,  zum  Volksliede,  zur  Kunst,  rühmt  seine  Sprachgewandheit 
und  gönnt  selbst  einige  Worte  der  alten  Foliausgabe  meiner 
Werke.  Wichtig  und  neu  ist  die,  anderwärts  (s.  w.  u.)  aus- 
führlicher behandelte,  Mitteilung,  dafs  die  Meistersinger  zu 
einer  gewissen  Zeit  in  den  Singschulen  und  Zechen  nicht  sowohl 
eigene  dichterische  Produkte,  als  vielmehr  vorwiegend  Meister- 
lieder des  H.  S.  vortrugen. 

Wenn  ich  Zeitschriften«  und  Zeitungsartikel  im  Allgemeinen 
hier  unl)eachtet  lasse,  so  nnifs  ich  doch  eine  Ausnahme  mit  dem 
Aufsatze  machen,  den  Erich  Schmidt  in  der  »Deutschen  Rund- 
schau (21.  Jahrg.  S.  297— 304)  unter  dem  Titel  xHans  Sachs, 
Ein  Gedenkbiatt<  veroßenthchte.  Ohne  neues  Material  bei- 
zubringen, wufste  der  geistreiche  Verfasser  in  interessanter  Weise 
das  Alte  und  Bekannte  in  neuer  Beleuchtung  zu  zeigen. 

Der  Direktor  des  Goethe-  und  Schiller- Archivs  zu  Weimar, 
Bernhard.  Suphan,  vereinigte  zu  einem  zierlichen  Büchlein 

•)  Leipzig,  K.  Scholtze  1893. 

**)  Bei  einigen  Sätzen  hätte  ich  inclefs  grössere  Genauigkeit  gewUn-^cht. 
Ganz  falsch  sind  z.  B  fol^ciuie:  (S.  14)  «Früher  hörte  Iiöchstens  Uer 
Ntirnberger  auf  di«  Enlhlnniren  vom  Schttttensam  u.  t.  w.t  —  (S.  17)  *W«s 
gab  es  denn  vor  II.  S.  in  allen  damalirjen  K rl'nrl-indern  für  Dramen,  da 
(las  Drama  der  Alten  noch  nicht  wieder  entdeckt  war?  u.  •.  w.c 


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—    265  — 


unter  dem  Titel  »Hans  Sachs  in  Weimar»*)  Goethes  bekanntes 
Gedicht  Uber  H.  Sachs,  Wielands  Zugabe  einiger  Lebensumstände 
Hans  Sachsens,  Bertuchs  Frage  an  das  deutsche  Publikum 

über  die  Krhaltuiii^  der  poetischen  Werke  des  altca  tcutsclien 
Meister -Sangers  Hans  Sachsens,  je  einen  Briet"  vun  Lessing  und 
Herder,  H.  Sachs  und  den  Meistersang  betreffend,  und  eniiiioh 
Goethes  Schlufsverse  zu  »Hans  Sachsens  poetischer  Sendung« 
bei  Anlafs  der  Berliner  Auffiihrung  von  Deinhardsteins  tHans 
Sachs«  nebst  dem  verkürzten  Prolog,  Die  Ausführung  hat  der 
Herausgeber  zum  Teil  J.  Wahle,  Albert  Leitzmann  und  F.  Heit- 
mUller  Überlassen.  Die  Wiederabdrücke  der  »gedruckten  Urkunden« 
sind  mit  erklärenden  Anmerkungen  versehen.  Einleitung  und 
Schlufs  ist  vom  Herausgeber.  Goethes  Gedicht  ist  hier  nach 
der  Fassung,  wie  es  im  Merkur  von  1776  erschien,  wieder- 
gegeben und  diese  Ijietet  eine  Anzahl  mehr  oder  weniger  er- 
heblicher textl.  Abweichungen  von  der  in  den  gewöhnlichen 
Ausgaben  gebotenen  Form.  Man  wird  das  Büchlein  mit  seinem 
altneuen  Inhalt  gewifs  willkommen  heifsen. 

Ein  zweites  Schriftchen  des  gle  ichenVer  fassers,  betitelt 
»H.  Sachs,  Humanitätszeit  und  Gegenwart«**) enthält,  nach 
einem  Vorberichte  über  die  zu  Weimar  in  Anwesenheit  des 
Hofes  veranstaltete  H.  Sachsfeier,  zunächst  den  Abdruck  eines 
Artikels  der  Weimarer  Zeitung  vom  27.  Oktober  18Q4  mit  der 
Aufschrift  i^Hans  Sachs  von  C.  M.  W.«  Damit  hatte  der  Heraus- 
geber das  Weimarer  Publikum  geneckt,  indem  dieses  hinter  dem 
mysteriösen  C.  M.  W.  irgend  einen  modernen  H.  Sachsforscher 
vermutete,  bis  ein  zweiter  Artikel  tags  darauf  verriet,  C.  M.  W. 
sei  kein  anderer  als  Christ.  Martin  Wieland  und  der  Aufsatz  — 
dessen  Schlufs  Suphan  folgen  liefs  -  schon  118^/,  Jahre  alt. 
Nun  folgt  die  am  11.  November  gehaltene,  dem  Titel  des 
Büchleins  entsprechende  Festrede,  worin  Suphan,  ausgehend  von 
dem  Märchen  Hänsel  und  Gretel,  wobei  Hänsel  Job.  Wolfg. 
Goethe  und  Hans  Sadhs,  Gretel  das  deutsche  Märchen  und 
Volkslied  und  die  Hexe  »je  nach  den  Zeiten  Meistersängerei, 
Pegnitz -Schäferei,  Anakrcuutik,  Roccoco-  oder  gelehrte  Poesie 

*)  Gedruckte  Urkonden  sum  400.  Geburtstage  des  Dichten  «ufs  neue 

herausgegeben.    Weimar,  II   Böhlaa  1894« 

*>)  Weimar,  iL  BqUm  1895. 


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—    266  — 

bedeute,  einen  Vergleich  zwischen  Goethe  und  H.  Sachs  — 
natürlich  nicht  eine  regelrechte  Vergleichung —  und  zwischen  seiner 
Zeit  und  dem  Humanitätszeitaiter  bietet,  daran  die  Frage  an* 
schltefsend,  in  welcher  Gestalt  unserer  Zeit  ein  Hans  Sachs  nötig 

wäre.  Der  Vortrag  trägt  mehr  den  Charakter  einer  geistsprüh- 
cüUcn  Plauderei  als  einer  streng  logisch  gegliederten  Rede. 
Den  Srhlufs  des  Buchleins  biUiet  —  wiederum  ein  Aluiruck 
aus  der  Weimarer  Zeitung  (25,  Nov.  1894)  —  eine  Beschreibung 
der  Hans  Sachs- Ausstellung  zu  Weimar  aus  der  Feder  von 
Carl  Ruland.  Wir  erfahren  daraus  —  was  Übrigens  schon  be- 
kannt genug  ist  — .  wie  reich  Weimar  an  Schätzen  (handschrift* 
liehen  und  gedruckten)  über  H.  Sachs  und  den  Meister- 
gesang bt. 

Bei  dieser  Gelegenheit  soll  auch  der  Katalog  Erwähnung 

finden,  den  der  Direktor  der  Kgl.  Hof-  und  Staatsbibliothek, 
Dr.  V.  Laubmann,  als  Wegweiser  durch  die  von  ihm  veran- 
staltete vortretriiche  Hans  Sachs-AusstelUiiig  in  München  hcrau*?- 
gegeben  hat.*)  Der  wichtige  Katalog  enthält^  abgeghedert 
nach  den  Rubriken  I.  Hans  Sachsens  Leben  (Unterabteilungen: 
Nürnberg  im  15.  und  16.  Jahrhundert  —  Geburlsjahr,  Schule, 
Lehrzeit  ■•  Wanderschaft,  H.  S.  in  München  —  Rückkehr  nach 
Nürnberg,  häusliches  Leben  —  Widersacher,  wachsender  Ruhm  ^ 
Alter  und  Tod  Porträts  des  H.  S.)  II.  die  Dichtungen  des 
H.  S.  (Unterabteilung:  H.  S.  als  Meistersänger  —  der  Volks- 
dichter [H.  S.  und  die  Reformation]  —  Gesamtausgaben  und 
Sammkiiigen  seiner  Werke),  III.  die  Bibhothck  des  H.  S,,  IV.  Hans 
Sachs  im  Andenken  der  Nachwelt,  wohl  die  leichlialtigste  Hans 
Sai  hs-iiibliothck,  die  je  vereinigt  war.  Der  hohe  W  ert  dieses 
übersichtlich  geordneten  Verzeichnisses  leuchtet  ein.  Alle  die- 
jenigen, die  sich  mit  dem  Nürnberger  Meister  näher  beschäftigen, 
werden  dem  sachkundigen  Leiter  der  gröfsten  deutschen  Biblio« 
thek  für  die  Mühe,  der  er  sich  unterzogen  hat.  Dank  wissen. 

Wohl  nicht  in  Hinblick  auf  die  Jubelfeier  des  Dichters 
gearbeitet,  ist  der  Aufsatz  Albert  Richters  »H.  Sachsens 
Fortleben  im  17.  Jahrhundert«  (Ztschr.  f.  d.  Kulturgesch. 

•)  Hans  Sacbi. Ausstellung  der  Kgl.  Hof-  und  Staattbibliothek.  Zum 

400.  Geburtstag  des  NUmbergischen  Dickten.  Hfineliett,  Druck  der  Brack* 
mann'schen  BucUdruckerei  1^94.    16  S.  8". 


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—    267  — 


1893,  III  S.  544 — 574),  doch  mag  er  wegen  seines  interessanten 
Themas  hier  einen  Plats  finden.  Der  Verfasser  beschäftigt  sich 
zuerst  mit  dem  Fortleben  einzelner  Diditungen  des  H.  S.  bis 

tief  ins  17.  Jahrhundert  und  dann  mit  den  Urteilen,  welche 
nit  htcr  («der  (lelehrte  im  17.,  teilweise  auch  im  1 8.  Jahrimndert 
Über  den  Nürnljerger  fällen.  Der  Aufsatz  ist  in  keiner  Weise 
erschöpfend.  Es  lassen  sich  die  Angaben  nach  beiden  Seiten 
wesentlich  vermehren.  So  hndet  sich  z.  B.  das  Gedicht  »Nach- 
red das  grewlich  Lästert  in  »Hondorifs  Promptuarium  Exem- 
plorum«,  in  der  mir  vorliegenden  Ausgabe  Frankfurt  am  Mayn 
1625  auf  fol  31 5a  ff.  Erwähnt  wird  H.  Sachs  z,  B.  noch  im 
18.  Jahrhundert  lange  vor  Ranisch  von  einem  Ausländer,  von 
dem  Schauspieler  Luigi  Riccoboni  in  seinen  »Reflexions  H  istori> 
(juesetCritiquessurles  diff.  ThedtrcsderEurope«  (1 740), 
J  )a  (lies  Factum  ganz  unbekannt  zu  sein  scheint,  so  will  ich 
einen  Teil  seiner  Angaben  über  H.  S.  hier  anführen:  >Au 
milieu  du  XVI.Sidcle  ils  (les  Spectacles)  furcnt  fre'quens,  sur-tout 
h.  Nuremberg  oü  un  Cordonnier  nomm^  Hannssachs,  qui  ne 
laissoit  pas  d'avoir  du  genie,  a  compos^  beauooup  de  Pi6ces 
Dramatiques  AUemandes,  dont  il  y  a  plusieurs  volumes  en  folio 
&  in  quarto,  sans  compter  les  manuscrits  qui  restent  encore  en 
grand  nombre  etc.c  Also  liest  man  auf  S.  15Q  des  Buches; 
S.  240  gibt  Riccoboni  ein  Verzeichnis  von  37  »Tragedies  et 
Comedies  d'Hannssachs  depuis  1516  jusqu*  k  1558.«:  Ich  be- 
ginige  mich,  des  Raummangels  wegen  mit  diesen  beiden  Nach- 
träi^en.  Schärfste  Verurteilung  verdient  es,  dafs  Richter  sich 
nicht  gescheut  hat,  sich  in  seinem  Aufsatze  ohne  weiteres 
die  Arbeit  Anderer  anzueignen.  So  ist  z.  B.  was  er  S.  363/Ö4 
vorbringt,  ohne  Quellenangabe  den  trefflichen  Aufsätzen  Karl 
Trantmanns  m  Schnorr  von  Carolsfelds  Archiv  Bd.  XIII  (1885) 
S.  429ff.  und  XIV  S.  226fr.  entnommen. 

Als  eine  schöne  Gabe  zur  Jubelfeier  haben  wir  die  Aus- 
gabe der  Fabeln'und  Schwänke  des  H.  Sachs  zu  betrachten, 
die  E.  Goctze  in  den  Haller  Neudrucken  deutscher  Literatur- 
werke  des  16.  und  17.  Jahrhunderts  verotrentlicht  hat.*) 
Es  sind  zwei  ansehnliche  Bände  geworden,   der  erste  l)ereits 

*^  S.'imthche  Fabeln  und  Schwanke  von  H.  Sachs  u.  s.  w.  Halle, 
Max  Niemeyer  I.  Bd.  1893  ^Uilch.  110— 1 17  der  Neudr.J  Ii.  Bd.  1894 
[fid«h.  136—134]. 


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—    268  — 


1893  erschienen  umfafst  XV  und  594  Seiten  und  enthält  200 
Gedichte,  der  zweite  kam  kurz  vor  der  Jubelfeier  heraus,  hat 
XXXI  und  640  Seiten  und  bringt  187  Gedichte;  das  wären 
zusammen  387  Nummern.  Da  indes  von  Nr.  12,  33,  38,  44,  141, 

274,  289  nur  der  Titel  erhalten  ist,  so  reduziert  sich  die  Zahl 
auf  380.  Ich  werde  mich  kurz  über  die  Behandlung  des  Textes 
fassen  können.  Goet/.es  Verdienste  als  Herfiiif^geber  der  Hans 
Sachsischen  Werke  sind  so  bekannt,  dais  es  Eulen  nach  Athen 
,  tragen  hiefse,  wollte  man  darüber  noch  etwas  sagen.  Die  von 
Goetze  abgedruckten  Gedichte  sind  Spruchgedichte  bis  auf 
10  Nummern  (28,  49,  131,  1 34-- 140),  wo  in  Ermangelung  der 
Spruchform  die  wenig  davon  abweichenden  Meisterlieder  gesetzt 
sind.  In  der  Aufnahme  der  Gedichte  hat  der  Herausgeber  mit 
Recht  nicht  ängstlich  an  den  von  Sachs  selbst  als  Schwänke 
bezeichneten  festgehalten,  sondern  davon  weggelassen  und  solche 
die  S.  mit  anderen  Namen  bezeichncLe,  eingefügt,  falls  sie  den, 
bei  S.  freilich  etwas  schwankenden,  Charakter  eines  Schwankes 
trugen.  In  der  Wiederi^abe  des  Textes  befolgt  G.  dieselben 
Grundsätze,  wie  bei  den  ebenfalls  in  den  Haller  Neudrucken 
erschienenen  Fastnachtsspielen:  Er  legte,  wo  er  deren  habhaft 
werden  konnte,  die  Handschriften  des  Dichters  zu  gründe  und 
berücksichtigte  in  den  Anmerkungen  wichtige  Änderungen  der 
Drucke.  Von  der  Orthographie  seiner  Vorlage  wich  er  nur  in 
wenigen  Punkten  (Majuskeln  bei  Versanfängen  und  Eigennamen, 
Setzen  der  Unterscheidungszeichen,  Auflösung  der  Abktirzungen 
u.  s.  w.)  ab,  und  so  bietet  sein  Text,  wiclitig  besonders  üir 
sprachliche  Untersuchungen,  ein  recht  getreues  Bild  der  Hans 
Sachsischen  Schreiljwcise.  Bei  \  iclen  Scliwänken  hat  G.  die  Quelle, 
manchmal  auch  andere  Parallelen  unter  dem  Texte  kurz  angegeben, 
wozu  ihm,  wie  er  selbst  mitteilt,  >von  vielen  Seiten  Vergleichs* 
stellenc  zugingen.  Das  war  nicht  unbedingt  nötig,  aber  wenn 
es  einmal  geschah,  mufste  es  sorgßlltiger  durchgeführt  werden. 
Nicht  selten  hat  U.  ein  Buch  fillschfich  als  -Quelte  bezeichnet, 
ohne  S.  damit  verglichen,  oder  chronologische  Schwierigkeiten 
erwogen  zu  haben.  Ich  verweise  hierttber,  sowie  über  Anderes 
auf  meine  Arbeit  >Über  die  Quellen  der  Fabeln,  Märchen  und 
Schwanke  des  H.  Sachsr.  (Hans  Sachs-Forsch.  S.  33  — 192)  wo 
üoctzes  Angaben  zum  I.  Bd.  in  vielen  Fällen  richtiggestellt  sind. 


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269  — 


Nur  zttm  zweiten  Band,  der  erst  nach  meiner  Abhandlung  ans 
Licht  kam,  möchte  ich  einige  Bemerkungen  vorbringen:  Bei 
den  Parallelen  zu  Nr.  202  fehlt  die  Quelle  des  S.  selber,  und 
die  ist  Steinhöwels  Esopus  (Österl  S.319),  ebenso  bei  Nr.  204, 
Quelle:  StehihöwelEsop.  (Ost.  S.  130).  —  Die  unrichtige  Quellen- 
angabc bei  Nr.  209  hat  G.  in  den  Nachträgen  (S.  XIX,  durch 
Bolte  aufmerksam  gemacht,  verbessert.  —  Die  Quelle  von  239 
ist  nicht  —  wie  man  nach  II  praef,  S.  XX  meinen  konnte  — 
von  Bolte  (1.  c.)  angegeben,  aber  von  mir  (H,  Sachs.- Forsch. 
S,  155ff.)  —  Die  Quelle  von  244  (Der  karg  wolff)  fehlt  bei 
Goetse,  obwohl'Sachsselbstdarauf  hinwies  mit  den  Worten:  »Uns 
-  ist  das  puech  der  weiffen  alten  Ein  artliche  fabel  furhalten^c 
Damit  ist  »das  Buch  der  Beispiele  der  weifen  Altenc  (Bidpai) 
gemeint  und  die  Fabel  findet  sich  in  Holland*s  Ausg.  S.  91.  — 
Zu  Nr.  245  ist  nicht,  wie  G.  glaubte,  Steinhöwels  Esopus  II,  10, 
sondern  wiederum  das  Buch  der  Beispiele  etc.  (Hollands  Ausg. 
S.  86)  Vorlage  gewesen.  —  Bei  Nr.  259  steht  es  aufser  Zweifel, 
dafs  VVickrams  Rollwagen  62  Quelle  gewesen.  —  Zu  Nr.  313 
vgl.  meine  Arbeit  S.  173,  ebenso  zu  317.  —  Zu  320  (»Viererlei 
thier  etc.)  bemerkt  G. :  »Hängt  zusammen  mit  dem  Schwanke 
von  den  4  Eigenschaften  des  Weines.«  Der  Umstand,  dafs 
hier  und  dort  zufällig  4  Thiere  zum  Vergleich  herangezogen 
sind,  läfst  noch  nicht  den  Schlufs  auf  einen  Zusammenhang  zu. 
Solche  Vergleiche  sind  vornehmlich  den  Orientalen  geläufig 
und  kommen  auch  im  Altertum  imd  Mittelalter  oft  genug  vor. 
Über  die  wahre  Quelle  vgl.  meine  Abhandl.  in  den  H.  Sachs- 
Forsch.  S.  79  ff.  —  Zu  Nr.  327  vgl.  H.  S.  F.  Seite  175,  zu 
320  daselbst  S.  176.  —  Zu  334  sei  bemerkt,  dafs  hier  nicht 
Rollwagenbüchlein  1 10  die  Quelle  sein  kann,  vgl.  hierüber  und  über 
die  wahre  Quelle  meine  H.  S.  F.  Seite  80.  —  Zu  Nr.  342  vgl.  das. 
S.  176.  —  Bei  354  bezeichnet  G.  als  Quelle  Pauli  Anhang  7. 
Sachs  selbst  gibt  als  solche  Plutarch  an  und  es  ist  auch  wirk- 
lich Plutarch'Eppendorflr  S.  570.  —  II.  Bd.  praef.  XXV  gibt 

G.  Hugo  von  Trimbergs  »Renner«  als  Quelle  von  Schwank  99 
(Der  pawer  mit  dem  Dot)  an.  Das  ist  aus  zwei  Gründen 
undenkbar:  1.  Ist  die  Erzähl,  im  »Renner«  grundverschieden 
von  dem   Gedichte  des  H.  Sachs  und  2.    erschien  der  von 

H.  Sachs  benutzte  Remier  erst  1549,  wahrend  das  Gedicht  des 


—    270  — 


Sachs  1547  geschrieben  ist.  —  Zu  II.  Bd.  praef.XXIV:  Die  Quelle 
von  101  steht  nicht  in  Kellers  Erzähl,  aus  altd,  Handschr., 
sondern  in  Keller  Fastnachtsp.  IH  S.  1178,  dort  ist  auch  nicht 
die  Quelle  von  113,  diese  ist  vielmehr  in  v.  d.  Hagens  »Gesamt- 
abenteuemc  Nr.  46  su  suchen.  —  Diese  noch  zu  vermehrenden 
Ausstellungen  auf  einem  Gebiete,  dem  G.  nur  nebenher  seine 
Aufmerksamkeit  schenkt,  können  den  Wert  des  vortrefflichen 
Neudriu  ks  nicht  beeinträchtigen.  Die  Schwanke  des  H.  Sachs 
sind  neben  den  Fastnachtsspielen  die  Perlen  unter  den  Tausenden 
seiner  Gedichte.  Wir  müssen  also  dem  Herausgeber  dankbar 
sein,  dafs  er  uns  diese  köstlichen  Erzeugnisse  in  einer  hübschen 
Ausgabe  handlich  gemacht  hat.  Sie  wird  nicht  nur  den 
Forschem  und  Verehrern  des  H.  Sachs,  sondern  allen  Freunden 
des  guten  Humors  willkommen  sein. 

In  den  Mitteilungen  der  Gesellschaft  für  Salzburger  Landes- 
kunde 1894,  S.  227-261  veröffentlichte  Emil  Haueis  s^Ein 
Lobspruch  der  Stadl  Salzburg  von  Hans  Sadis;:.  iJcr 
Herausgeber  aufsert  sich  in  einer  Einleitung  über  das  6.  Spruch- 
buch, welchem  das  Gedicht  entnommen  ist,  über  ähnliche  Lob- 
sprüche  im  16.  Jahrh.,  über  die  Hauptqueiie  des  H.  S.  (Scheders 
Chronik)  u.  dgl.  mehr.  Besonders  von  Interesse  ist  der  scharf- 
sinnig geführte  Nachweis,  dafs  S.  den  Spruch  nicht  im  eigenen 
Namen,  sondern  für  einen  in  Sahsburg  ansässigen,  aber  von 
Rothenburg  an  d.  T.  gebürtigen  Buchdrucker,  Namens  Hans 
6  au  mann  anfertigte,  der  damit  sich  seinem  Gttnner,  dem  £nc- 
bischof  von  Salzb.,  Herzog  Ernst  v.  Bayern,  empfehlen  wollte. 
Zwischen  S.  und  Baumann  haben,  wie  H.  zeigt,  jedeutalls  Be- 
ziehungen bestanden.  Der  Nürnberger  benützte  einerseits  Bau- 
manns Bericht  über  die  Mühlberger  Schlacht  zu  einem  Spnich- 
gedicht,  andererseits  läuft  ein  Lied  des  ersteren  Uber  Joh.  Friedrichs 
Gefangennahme  unter  Baumanns  Namen.  Haueis  sagt  mit  Keclit: 
»So  würden  sich  nicht  blofs  die  Einleitung  und  der  Schlufs  des 
Gedichtes,  in  dem  H.  S.  die  Erlebnisse  und  Verhältnisse  seines 
Auftraggebers  kurzweg  als  seine  eigenen  darstellte,  auf  unge* 
zwungene  Weise  erklären,  sondern  auch  manche  andere  An- 
gaben über  den  damaligen  Zustand  der  Stadt  u.  s.  w.  .  ., 
worüber  sich  H.  S.  doch  nur  aus  Mitteilungen  eines  Orts-  und 
Landeskundigen,  wie  es  H.  Baumann  damals  uhne  Zweifel  bereits 


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—    271  — 

war,  unterrichten  konntet  Haiieis  gibt  noch  Nachrichten  über 
den  Erzb.  Emst,  über  Aventin  u.  s.  w.,  dann  läfst  er  den  Ab- 
druck des  Gedichtes  folgen,  modernisiert  in  der  Orthographie, 
mit  Wort-  und  Sacherklärungen  und  Citaten  aus  Schedel.  Drei 
Bilder  zieren  die  Publikation,  die  zwar  durch  einige  Lese- 
fehler entstellt  ist,  aber  doch  den  Dank  der  H.  Sachsfreunde 
verdient. 

Das  germanische  Seminar  der  Wiener  Universität 
veröffentlichte  zu  der  von  ilun  veranstalteten  H.  Sachsfeier  ein 
grofses  Doppelblatt,  worauf  Hau  eis  einen  bisher  wenig  bekannten 
Spruch  des  H.  S.  (aus.  dem  16.  Spruchbucbe)  »Ein  lob  des 
redlichen  Kriegvolck  in  der  dttrkischen  pelegrung  der  Stat 
Wien«  mit  einer  kurzen  Einleitung  veröffentlichte,  und  Franz 
Streinz  ein  zu  Iglau  im  Rathaussaale  befindliches  H,  Sachs- 
gemälde von  1615  ebenfalls  mit  Bemerk,  über  den  mutmafs- 
liehen  Künstler  der  es  anfertigte,  reproduzierte. 

Unterdem  Titel  »DeutscheMefsterliederhandschriften 
inUngarn«*)  bietet  uns  Aumist  Hartiuaim,  allbekannt  als  trefflicher 
Kenner  der  deutschen  Volksdichtung,  eine  interessante  i*estL;abe. 
Er  beschäftigt  sich  darin  mit  dem  Inhalt  von  7  Nürnberger 
Meisterliederhandschriften  aus  dem  16„  X7.  und  18.  Jahrh.  der 
auch  sonst  an  Noric.  reichen  ungarischen  Landesbibliothek  zu 
Budapest.  In  einer  Einleitung  erstattete  er  uns  Bericht  über 
das  Schicksal  der  Handschriften,  die  aus  der  Bibliothek  des 
Alterthumforschers  Nicolaus  Jancovfch  von  Jeszenicze  (1773  bis 
1846)  1836  an  ihren  jetzigen  Standort  gelangten.  Ob  dieselben 
wirklich  wie  H.  'vermutet,  aus  der  v.  Ebner*schen  Bibliothek  zu 
Nürnberg  stammen,  mag  dahingestellt  bleiben,  jedenfalls  sind 
sie  so  gut  wie  unbekannt  und  es  ist  Hartmanns  Verdienst  auf 
ihren  für  die  Geschichte  des  Meistergesangs  wertvollen  Inhalt 
zuerst  aufmerksam  gemacht  zu  haben.  Nach  der  Einleitung  gibt 
H.  die  nötigen  Aufschlüsse  über  die  in  den  Handschriften  vor- 
kommenden  »Singer,  Lieder  und  Töne<  in  alphab.  Ordnung. 
Meist  kurz,  wachsen  seine  Angaben  bei  einigen,  wie  z.  B.  bei 
Ambrosius  Metzger,  Hans  Steinlein,  Bened.  von  Watt,  Hans 
Winter  und  H.  Sachs  zu  mehr  oder  weniger  umfangreichen 

*)  Ein  lieilriL;  zur  Geschichte  des  Meistergesangs  .  ,  .  Festgab«  zum 
Hans  Sachs- Jubiläum  .  .  .  München,  Ch.  Kaiser  1894. 


—    272  — 

Artikeln  mit  biogr.  Notizen  an.  Uns  interessiert  vornehmlich 
das  über  H.  S.  Gesagte.  H.  zählt  16  Lieder  aus  jenen  Hand« 
Schriften  auf,  die  nachweislich  von  H.  S.  sind,  eines  davon  ist  — 
was  H.  unerwähnt  läfst  —  schon  bei  Goedeke  (H.  Sachs  I,  232} 
gedruckt.  Dem  H.  S.  dürften  memes  Erachtens  noch  ein  Teil  der 
Meisterlieder  ohne  genannten  Verfasser  angehören,  die  Hartmann 
S.  63 ff  aus  Cod.  germ.  4*  327  anfilhrte.  Dafs  der  ehrsame 
friedliclie  Sänger  ein  Fechter  udcr  Fechuucister  gewesen,  wie 
in  einigen  von  diesen  Handschriften  behauptet  wird,  bezweifelt 
selbst  H.  und  icli  halte  es  für  gRnz  unglaublich.  Von  beson- 
derer Wichtigkeit  ist,  was  H.  in  Ergänzung  eigener  und  fremder 
Forschungen  Über  das  Fortleben  der  Werke  unseres  alten  Meisters 
im  Volksschauspiel  mitteilt.  Ais  Beilage  fügte  der  Verfasser 
eine  recht  lesenswerte  Auswahl  von  Liedertexten  und  Akten- 
stücken  aus  den  Handschriften  zusammen  24  Stück  bei,  darunter 
3  Meisterlieder  von  H.  Sachs. 

Einer  unserer  begeistertsten  Verehrer  und  Kenner  des  Hans 
Sachs,  Max  Koch,  in  Breslau  wollte  den  Ehrentag  des  Meisters 
nicht  vorübergehen  lassen,  ohne  ihm  ein  literarisches  Denkmal 
zu  setzen.  Ein  Heft  der  von  ihm  herausgegebenen  vortrefflichen 
»Ztschr.  für  vergleichende  Literaturgeschichte«  brachte 
melirere  Aufsätze  über  H.  S,  und  erschien  zugleich  unter  dem 
Titel:  »Festschrift  zur  H.  Sachs-Feier«*)  in  Sonderausgabe. 
Auf  77  Seiten  finden  sich  5  Beiträge,  nämlich: 

1.  H.  Sachs  und  Boccaccio  (I.),  von  Karl  Drescher; 

2.  H.  Sachs-Literatur  im  letzten  Lustrum,  von  Reinhold 
Bechstetn; 

3.  H.  Sachsens  Gemerk- Büchlein  von  Edmund  Goetze; 

4.  Märchen  und  Schwankstolle  im  deutschen  Meistcrhcd 
von  J.  !5olte: 

5.  Zu  Joh.  Paulis  > Schimpf  u,  Ernst«  von K,  von  Reinhard- 
stödtner. 

Der  erste  Beitrag,  von  Drescher,  ist  ein  Bruchstück.  Bisher 
hatte  man  sich  begnügt,  die  Quellen  des  H.  S.  im  Einzelnen 
nachzuweisen.  Auf  diese  Art  war  es  gelungen,  in  die  SchaiTenS' 
weise  des  Dichters  einzudringen.  Damit  gibt  sich  aber  D.  nicht 

•)  Gewidmet  vom  Herausgeber  und  Verleger  der  Zeit'ichrift  für  ver- 
gleichende Literaturgeschichte.    Weimar,  1S94.    Veriag  von  Emil  t'elber. 


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—    273  — 


zufrieden.  Er  will  den  Ge<%amtcinfiufs  eines  mafsgebenden  Geistes, 
den  des  Boccaccio,  auf  H.  S.  zusammenfassend  darstellen. 
Obwohl  eine  derartige  Untersuchung  nicht  gerade  notwendig 
ist,  so  wird  man  sie  doch  als  interessant  gelten  lassen. 
Aber  die  Studie  dürfte  nicht  in  eine  blofse,  trockene  Zusammen- 
stellung des  Materials  mit  allen  Titeln,  Daten  und  Blatt- 
seiten der  Gedichte,  die  H.  S.  dem  Bocc.  entnommen  hat, 
ausarten.  Eine  solche  Arbeit  rialtc  vsciiig  Wert.  Es  müfste 
vii'hnehr  in  grofscn  Zügen  gei^cigt  werden,  wie  ciie  Werke  des 
Elorentiners  auf  Henken  und  Fühlen  des  deutsehen  Dichters 
einwirkten,  wie  sie  seinen  Gesichtskreis  erweiterten,  seine  An- 
schauungen becinflufsten,  wie  er  die  entlehnten  Stoffe  im  Allge- 
meinen aniTafste  und  verarbeitete.  Werfen  wir  einen  Blick  in 
D.*s  Arbeit,  so  finden  wir,  dafs  er  seine  Aufgabe  mehr  In  der 
ersteren  Weise  auszuAihren  begonnen  hat.  Er  zeigt  zwar  auch 
hier,  wie  sehr  er  sich  in  das  Studium  des  H.  S.  versenkt  hat, 
aber  da  wimmelt  es  seitenlang  von  nichts  als  Gedichtetiteln. 
Blattzahlcn,  Daten,  Namen  u.  s.  w.,  da  gibt  es  noch  allerlei 
Abschweifungen,  so  dafs  man  sich  kaum  zurecht  findet.  S.  hat 
drei  Werke  des  Bocc,  nfCmlich  »Decnnieronc« ,  y,De  claris 
niulieribus«  und  >De  casibus  vir.  illust. <<  in  ungewöhnlichem 
Mafse  für  seine  Spruchbücher  ausgebeutet;  D.  will  aber  auch 
noch  die  Meisterlieder  »methodische  heranziehen.  Da  er  fn 
dem  vorliegenden  Fragment  auf  14  Seiten  sich  nuT  mit  dem 
Einflufs  des  Buches  »De  claris  nral.c  beschäftigt  und  chrono- 
logisch verfahrend,  nicht.  Uber  das  Jahr  1543  hinausgekommen 
ist,  so  eröffnet  sich  uns  die  Aussicht,  auf  einen  statt' 
liehen  Band,  den  aber  kaum  Jemand  zu  lesen  im  Stande  sein 
wird.  Noch  mehr:  Der  mafsgebenden  oder  führenden  (ieister 
gibt  es  noch  viele  bei  H.  S.,  so  z.  R.  Pauli,  Steinhüwel,  l'lu- 
tarch,  Livius,  Cyrillus,  Plinius,  Bidpai,  Seb.  Brant,  All).  Kraut/,, 
B.  Waldis  u,  a.  Haben  wir  über  alle  diese  und  Sachs  ähnliche 
Studien  zu  erwarten?  Möchte  doch  D.  seine  wirklich  gründ- 
liche Kenntnis  des  H.  S.  zu  fruchtbareren  Arbeiten  verwenden! 

Bechsteins  Arbeit  ist  durch  seinen  Tod  jäh  unterbrochen 
worden,  sie  schliefst  mitten  im  Satze.  Von  dem  breit  ange- 
legten Referat  sind  I.  Bibliographie  (Verzeichnisse,  Berichte, 
Übersichten),  II.  Ausgaben,  Sammlungen,  Erneuerungen 

i8 


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274  -~ 


erledigt,  dagegen  III.  Darstellungen  (Populäre  Betrachtungen) 
kaum  begonnen.  Es  ist  natürli<  h  schwer  über  dieses  Frag- 
ment etwas  zu  sagen.  Ks  fehlt  darin  nicht  an  treffenden  Be- 
merkttngen,  die  Urteile  sind  oft  richtig;  doch  hätte  der  Verfasser 
etwas  schärfer  Yorgehen  sollen. 

Wichtig  ist  der  Artikel  aus  Goetses  Feder.  Der 
Verfasser  hat  in  der  grofshersoglichen  Bibliothek  su  Weimar 
eine  kleine  Handschrift  entdeckt,  welche  die  Aufzeichnungen 
des  H.  S.  als  Merker  der  Nürnberger  Singschule  in  der  Zeit 
vom  1 .  Sept.  1555  bis  Knde  1561  cniluilt.  i&Die  Kinträge  geben 
an,  wann  die  Singsrhule  abgehalten  wurde,  was  für  Meister- 
gesänge vorgetragen  wurden  wer  in  der  Singschule,  wer 

in  der  sich  daran  schliefsenden  Abendzeche  gesungen  und  was 
er  gesungen  hat;  wer  den  Preis  in  der  Singschule,  wer  ihn  in 
der  Zeche  gewonnen  hatc  u.  s*.  w.  Als  Probe  teilt  G.  zwei  aufs 
geradewohl  herausgegriffene  Tage  wörtlich  mit.  Durch  dieses 
Gemerkbüchlein  sind  wir  in  Verbindung  mit  dem,  was  wir  aus 
des  Dichters  Handschriften  und  durch  die  archival.  Mitteilungen 
V.  Michels  über  Theateraufitthrungen  in  Nürnberg  zwischen 
1549 — 1576  wissen,  ziemlich  genau  ul  er  die  gesamte  Thatigkeit 
des  H.  S.  in  der  Zeit  von  1555 — ol  unterrichtet.  Ich  kann 
hiernicht  alle  Ausführungen  Goet/.es,  die  sich  an  diesen  interes- 
santen Fund  anknüpfen,  wiedergeben,  nur  eines  sei  betont, 
dafs  gerade  aus  diesem  Gemerkbtichlein  G.  die  schon  in  seiner 
Festrede  (s,  oben  S.  264)  hervorgehobene  Thatsache  entnahm, 
dafs  die  Meistersänger  zu  Nürnberg  in  Ihren  Zusammenkünften 
nicht  eigene  Erzeugnisse,  sondern  gröfstenteils  Meisterlieder  des 
H.  S.  zum  Vortrag  brachten. 

Einen  anziehenden  Stoff  behandelt  der  auf  dem  Gebiete 
der  vergleichenden  Märchen-  und  Novellenkunde  hervorragende 
Joh.  Bolte  in  Berlin.  Kr  druckte  aus  verschiedenen  Meister- 
liederhandscliriften  zu  Berlin,  Weimar  und  P'rlaneen  18  Mcisti-r- 
Ueder  ab,  welche  Märchen-  und  Schwankstofte  entliaiten  —  hie/.u 
noch  2  poetische  Erzählungen  älteren  Datums  —  und  versah 
sie  mit  zahlreichen  Nachweisungen.  Von  den  Meiste rliedem 
haben  11  Hans  Sachs,  2  den  Meistersinger  Hans  Deisinger 
zum  Verfasser,  je  eines  ist  von  Benedict  von  Watt,  Georg  Hager 
und  Ambrosius  Metzger;  zwei  Meisterlieder  und  ebenso  die 


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—    275  — 


beiden  älteren  Erzählungen  sind  anonym.  Um  eine  Vorstellung 
von  dem  Inhalt  der  Abhandl.  zu  geben,  führe  ich  einige  Titel 
an:  1.  Sanct  Fetter  erlaubt  eim  JBawren  drei  wttnfch,  2.  von 
vrfpruog  fanct  Petters  glatzen»  3.  das  käcklein  vnder  12  wolffeo 
(=  Grimms  Bremer  Stadtmusikanten),  5.  der  arm  kremer  mit 
dem  teuflfel,  8.  der  teuffei  wirfft  nach  D.  Luthern  ein  dtntenfafs 
u.  s.  w.  Eines  dieser  Meisterlieder,  das  17.  —  Die  3  Ehe- 
männer  vor  dem  Himmelsthor  von  A.  Metzger  —  hat  auch 
Hartmann  in  seiner  obenciwaanten  Festsclirift  abgedruckt,  aber 
der  V.  Bolte  nach  einer  Weimarer  Handschrift  gegebene  Text 
scheint  korrekter  zu  sein.  Der  Aufsatz  ist  wichtig,  weil  er  uns 
ein  Bild  von  dem  in  den  Meisterliedern  oft  herrschenden  Humor 
gibt  und  dadurch  geeignet  erscheint,  die  falsche  Vorstellung, 
die  ttber  diese  Gedichte  noch  verbreitet  genug  ist,  zu  zerstreuen. 
Leider  zersfireut  er  auch  einigermafsen  die  Vorstellung  von  der 
Sittenreinheit  des  H.  S.;  denn  hier  hat  er  seine  Feder  so  tief 
in  den  Schmutz  getaucht,  dafs,  mag  er  auch  innerlich  unberührt 
davon  geblieben  sein,  doch  der  Vorwurf  auf  ihn  lastet,  dafs  er 
zu  Zeiten  nicht  dem  Kitzel  widerstehen  konnte,  mit  ge- 
meinen Zoten  die  Lachmuskeln  seiner  Hörer  in  Bewegung  zu 
setzen.  Bolte's  Angaben  und  Nachweisungen  bezeugen  aufs 
neue  seine  erstaunliche  Belesenheit  und  sein  vielseitiges  Wissen. 
Einzelne  Ergänzungen  lassen  sich  gleichwohl  anbringen,  doch 
verspare  ich  mir  diese  für  eine  andere  Gelegenheit. 

Der  letzte  Beitrag  von  Reinhardstoedtner  hat  mit  H.  S. 
nichts  zu  tbun  und  darf  daher  hier  wohl  wegbleiben.  Dem 
Herausgeber  schulden  wir  aber  grofsen  Dank,  dafs  er  mit  der 
Veröffentlichung  der  anderen  Gaben  unser  Wissen  von  dem 
alten  Meister  wesentlich  erweitert  hat. 

Ich  komme  jetzt  zu  der  von  mir  herausgegebenen  Fest- 
schrift »  H  a  n  s  S a  c  h  s  -  F  o  r  s  c  Ii  u  n  g  e  n .  s  • )  Es  stünde  mir  schlecht 
an,  judex  in  propria  causa  zu  sein.  Da  nun  bisher  keine  Rezen- 
sion erschienen  ist,  die  sich  näher  mit  dem  Inhalt  des  Buches 
beschäftigte,  ausgenommen  die  im  »Fränk.  Kurier«**}  erschienene, 

*)  Hans  SAchs-Forschnngea.    Festscbriit  zw  vieThnndertsteii 

Geburtsfeier  des  Dichters.  Im  Auftrage  der  Stadt  Nürnberg  herausgegeben 
von  A.  L.  Stiefel.  Nttrnberg  Kommtssionsverl.  d*  J.  Ph.  Raw'schen 

Buchhandluog. 

•*)  a.  Nov.  1894,  Nr.  sös. 

18» 

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—    276  — 

so  gebe  ich  letztere  im  Auwug  wieder,  wobei  ieh  nur  einzelne 

kleine  Änderungen  anbringe.  Zuvor  gestatte  man  mir  jedoch  eine 
Bemerkung:  Als  ich  im  Jänner  1894  beim  H.  Sachs  -  Koniite  in  Nürn- 
berg erfolgreich  die  Herausgabe  einer  wissenschaftl.  S.immelschrift 
zu  Ehren  des  H.  S.  anregte,  ging  ich  von  dem  Gedanken  aus, 
alle  Stätten  germanistischer  Forschung  in  Deutschland  und 
einige  des  Auslands  durch  wiss.  Bettrftge  Uber  H.  S.,  bezw.  den 
Meistergesang»  zu  einer  Huldigung  fttr  den  ehrwUrdigen  Dichter 
SU  vereinigen.  Mein  Aufruf  fand  so  freudigen  Widerhall «  dafs 
ich  —  nachdem  mir  ein  Maximalumfang  von  25  Bogen  vor- 
geschrieben  war  —  unmöglich  alle  angemeldeten  Beiträge  auf- 
nehmen konnte.  Ich  strich  also  sofort  alle  diejenigen,  welche 
nur  eine  Zusammcafassung  bisheriger  Forschungsergebnisse  oder 
populäre  Darstellungen  boten,  und  dies  umsomehr  als  liiefür  ja 
MummenhofTs  Festschrift  da  war.  Andere  Beiträge  hckn  leider 
weg,  weil  sie  nicht  reclitzeitig  fertig  wurden.  Was  mir  verblieb, 
waren  durchweg  Forschungen,  die  neues  Material  zur  Kenntnis 
des  H.  Sachs  und  des  Meistergesangs  brachten;  fllr  Sonstiges 
hatte  die  Festschrift  keinen  Raum.  Ich  bemerke  dies  für  gewisse 
Kritiker,  die  sich  in  Ermanglung  anderer  Dinge,  viel  darauf  zu 
gute  thun,  wenn  sie  an  Sammelschriften  das  Fehlen  von  dem  und 
jenem  bekritteln  können.    Nun  zu  meinem  Referat. 

iKarl  Wein  hold  in  Berlin,  der  Altmeister  gcrm.  Forschung, 
erolTnet,  eine  Ubersicht  der  einzelnen  Arbeiten  gebend  und  zugleich 
in  warmempfundenen  Worten  den  Dichter  preisend,  die  Festschrift. 

Victor  Michels  in  Göttingen  bringt  auf  Grund  einer 
Handschrift  In  der  k.  Bibliothek  zu  Berlin  interessante  Mit- 
teilungen Uber  ein  bisher  unbekanntes  Freundschaftsverhältnis 
zwischen  H.  S.  und  Niclas  Praun,  einem  Mann  aus  einer 
höheren  Gesellschaftsklasse,  einem  wohlhabenden  Kaufmann, 
der  seinen  Sitz  auf  dem  Malmanshofe  hatte.  Bei  dem  wenigen, 
das  wir  über  des  Dichters  persönliche  Verhältnisse  wissen,  ist 
diese  Entdeckung  von  grofser  Wichtigkeit.  Wir  erhahen  da- 
durch einen  kleinen  Einblick  in  die  gesellschaftliche  Sphäre,  in 
der  sich  Fl.  S.  bewegte.  N,  Praun  schriftstellerte  selbst  und 
Stand  sichtlich  unter  dem  Einflufs  des  liebenswürdigen  Dichters. 
Er  verfafste  3  Prosadialoge,  zu  denen  H.  S.  eine  Vorrede  — 
offenbar  für  den  Druck  —  schrieb.   Diese  Vorrede,  sowie  ein 


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—    277  — 


allegor.-satir.  (Icspracli  Prauns  zwischen  Ko])f  und  Rarett  druckte 
M.  ganz  ab  uad  Diachte  über  ein  anderes  »der  podagrische 
Traum«,  in  welchem  U.  S.  unter  dem  Namen  Xasius  eingeführt 
ist,  mehrere  interessante  Bemerkungen. 

Auf  seinem  ureigensten  Gebiet  bewegt  sich  E.  Goetze  in 
Dresden,  indem  er  zusammenfassend  Uber  »die  Handschriften 
des  H.  S.c  berichtet.  Im  ersten  Teil  seines  Aufsatses  belelirt 
er  uns  Über  die  Schicicsale  der  Handschriften,  die  durch  einen 
Urenkel  des  Dichters  nach  Zwickau  verbracht,  lange  verschollen 
blieben,  bis  in  unserem  Jahrhunderte  allmählich  einzelne  Biü.dc 
in  Leipzig,  Berlin,  Dresden,  der  ^röfste  Teil  aber  in  Zwickau 
auttauchten.  Viele  Bände  (das  l.,  2.,  3.,  7.,  8.,  15.  und  17.  Spruch- 
buch und  1.,  6.,  7.,  9.  bis  11.  und  14.  Meistergesangbuch)  sind 
bisher  leider  noch  nicht  aufgefunden  worden.  Im  2,  Teil  seines 
Aufsatzes  spricht  G.  Uber  das  Verhältnis  der  Handschriften  zu 
den  Drucken  des  H.  S.,  wobei  er  viele  Irrtümer  der  letzteren 
durch  die  etgentttmlicheir  SchziftzOge  des  Meisters  erklärt. 

Vielfach  ergänzend  reiht  sich  an  diesen  Aufsatz  derjenige 
Karl  Dreschers  zu  Münster  in  W.  »Die  Spruchbücher 
des  H.  S.  und  die  erste  Foliuausgabu  I*  an.  D.  beschäftigt 
sich  zunächst  eingehend  mit  dem  reichen  Inhalt  der  ersten 
5  Spruchljücher,  weist  überzeugend  nach,  dafs  das  erste  Spruch- 
buch des  H,  S.  und  das  erste  Buch  der  Meistergesänge  eines  " 
und  dasselbe  sei,  indem  der  Dichter  anfänglich  die  für  die  Sing- 
schule bestimmten  Meistergesänge  und  die  an  das  Publikum  sich 
wendenden  Spruchgedichte  zusammenschrieb  und  erst  vom  2.  Buche 
ab  eine  Scheidung  der  beiden  vornahm,  so  dafs  uns  also  statt  14 
nur  13  Bücher  von  Handschr.  des  Meisters  fehlen.  Dann  be- 
leuchtete D.  das  Verhältnis  des  uns  erhaltenen  ersten  Spruchb, 
zum  I.  von  Saclis  besorgten  Bande  der  Folioausgabe  in  saci: lieher, 
sprai^lilicher  und  metrischer  Hinsirlit,  zeit2,t,  dafs  die  Abweichungen 
in  der  letzteren  beabsichtigte  und  innerhalb  der  Grenzen  seines 
Talentes  und  seiner  Entwicklung  nach  Verbesserung  strebende 
Änderungen  des  Dichters  sind  und  dals  somit  der  Folioausg.  ein 
selbständiger  und  weit  höherer  Wert  gegenüber  den  Handschriften 
zukommt,  als  man  bisher  annahm. 

Einer  bisher  wenig  gepflegten  Seite  des  H.  Sachs'schen 
Schaffens,  der  Reimtechnik  ist  eine  Abhandl.  von  Max  Herrmann 


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I 


—    278  — 


gewidmet,  betitelt  , Stichreim  und  Dreireim  bei  H.  S.  und 
anderen  Dramatikern  des  15,  und  16.  Jahrimndorts.'  Der 
Verfasser  tritt  hier  zum  ersten  Male  als  H.  Saehsforscher  auf.  Zu- 
nächst schliefst  er  sich. den  vorhin  erwähnten  Arbeiten  insofern  an, 
als  er  nachweisti  dafs  U.  S.  aufser  den  Spruchbüchern  noch 
eine  verlorene  besondere  handscbr,  Sammlung  seiner  Dramen 
besessen  haben  mufs,  eine  Vermutung,  die  durch  den  Fund  eines 
Referenten  im  »Liter.  Centralblattc  Jahrg.  1895  Sp.  500  bestätigt 
wird.  Ob  nun  wirklich  —  wie  H.  wiU  —  das  Generalregister 
der  Trag.,  Comöd.,  und  Fastnachtsp.  des  H.  S.  auf  diese  ver- 
lorene Sammlung  zurückgeht,  das  ist  eine  Frage,  die  ich  ohne 
Einsicht  in  die  Handschriften  weder  bejahen  noch  verneinen 
kann.  Aber  die  Richtigkeit  seiner  Annahme  vorausgesetzt,  hätten 
wir  in  seiner  Arbeit  eine  auf  sorgfältiger  Prüfung  ailer  derjenigen 
Dramen,  bei  denen  sich  die  ursprüngl.  Gestalt  mutmafslich  er- 
halten hat|  basierte  historisch- kritische  Untersuchung  über  die 
Anwendung  des  Stichreims  und  Dreireims  bei  H.  S.  und  älteren 
und  jüngeren  Kunstgenossen.  Leider  habe  ich,  da  die  Arbeit  — 
die  letzte  des  Buches  —  erst  kurz  vor  Abschlufs  des  Druckes 
einging  und  in  fliegender  Hast  gedruckt  wurde»  einige  Auswüchse, 
worin  sich  der  Verfasser  in  wenig  bescheidener  Weise  über  die 
Furschuagca  Anderer  aufserte,  m  streichen  ubersehen.  Und 
doch  bedarf  auch  H.  der  Nachsicht,  die  er  Mitüjrsi  heru  zu 
versagen  geneigt  ist.  So  hat  er  z.  B.  übersehen,  dals  neben 
den  von  ihm  erwähnten  Rachel  und  Sommer,  auch  F.  W.  'l'hon 
in  seiner  Dissertation  über  H.  S.,  jene  zum  Teil  berichtigend, 
'    S.  47 — 50  ttber  den  Dreireim  gehandelt  hat. 

Zu  den  wichtigsten  und  anziehendsten  Fragen  in  der 
H.  Sachsforschung  gehören  unstreitig  die  nach  seinen  Quellen 
und  Vorbildern.  Da  seine  Gedichte  buchstäblich  eine  Legion 
übersteigen,  so  liegt  es  auf  der  Hand,  dafs  der  Forschung  hier 
ein  weites,  aber  nicht  immer  leicht  in  l)cstelleudes  J'cKl  Dticn 
steht;  denn  H.  S.  deutete  zwar  in  vielen  1- allen  die  su>it liehe 
Herkunft  seiner  DichtuuL  cn  an,  aber  gerade  bei  seinem  ]i;irkendsten 
und  gelungensten«  den  Fastnachtspielen  und  Schwanken,  läfst 
er  uns  meist  gan^  im  Dunklen.  Und  doch  gewährt  uns  erst 
der  Vergleich  des  Dichters  mit  seinen  Vorlagen  einen  Einblick 
in  seine  dichterische  Werkstätte.    So  erfahren  wir  z,  B.  auf 


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I 


—    279  — 

diesem  Wege,  dafs  H.  S.  sich  nicht  begnügte,  seine  Dichtungen 
nach  der  ersten  besten  Quelle  auszuarbeiten,  sondern  dars  er 
in  der  Regel  mehrere  Versionen  Über  einen  Gegenstand  kennt, 

aus  denen  er  sich  die  brauchbarsten  Züge  auswählt.  Nun  sind 
zwei  Beiträge  den  Quellen  des  Dichters  gewidmet,  der  gröfsere 
und  überhaupt  der  umfangreichste  der  ganzen  Festschrift  (S.  33 
bis  192)  rührtvomHerausgeberher.  Wie  Stiefel  vor  mehreren 
Jahren  die  Quellen  der  sämtlichen  Fastnachtsp.  untersuchte, 
so  hat  er  hier  diejenigen  der  Fabeln,  Märchen  und  Schwanke 
ins  Bereich  seiner  Betrachtung  gezogen.  Die  Belesenheit  des 
H.  S.  ist  geradezu  verblttflfend.  Es  genügt  um  dies  zu  zeigen, 
dafs  hier  als  Quellen  nachgewiesen  werden:  i.  für  die  Fabeln: 
Steinhöwels  Esopus,  Seb.  Brant,  Luther,  Cyrillus,  B.  Waldis,  Camera- 
rius,  Bidpai,  der  Dialog,  Creaturanim  (?)u.s.w.,  2.  für  die  Schwänke : 
Bebel.  Pauli,  Wickram,  >Schertz  mit  der  Warlieyti,  joh.  Gast, 
die  Volksbücher  »Die  sieben  weisen  Mei<>terf:,  Eulenspiegel,  Peter 
Leu  (?)  und  Ritter  v.  Thum,  die  ital.  Schwank-  und  Novellensarani- 
longen  von  Bocc,  Piovano  Arlotto  und  Poggio  (letztere  Beide 
mittelbar),  die  scherzhaften  Erzählungen  in  den  Sprichwörtersamml, 
V.  Joh.  Agricola  und  Seb.  Franck,  3.  für  seine  Märchen  und 
andere  (schwer  zu  klassifiz.)  Gedichte:  Verschiedene  Chroniken, 
Keisebeschreibungen,  die  Gesta  Roroanorum,  Walther  Burley,  zahl- 
reiche ältere  deutsche  Dichtungen,  abgesehen  von  anonymen, 
z.  B.  die  von  Hugo  von  Trimberg,  Hans  Vintler  (?),  Hans  RosenblOt, 
H.  Folz,  Jörg  Schiller  u.  andere  unmittelbare  Vorlaufer  des  H.  Saclis, 
ferner  Visioneiulichter  und  Allegoristen,  und  endlich  Schriftsteller 
des  Altertums,  besonders  Plutarrh,  (Erasmus  v.  Rotterdam's 
Apophthegmata  übersetzt  v.  Eppendorflf)  Lucian,  Stobäus  u.  s.  w. 
Besonder':  wichtig  erscheint  uns  noch  der  Nachweis,  dafs  für 
eine  Anzahl  von  Dichtungen  dem  H.  S.  Nachahmungen  älterer 
franz.  Erzählungen  (fabliaux)  vorgelegen  haben  müssen,  und  dafs 
in  mehreren  Fällen  Holzschnitte»  m  anderen  mündliche  Erzäh- 
lungen als  seine  Quellen  anzusehen  sind*}.« 

*)  Inzwischen  fttiid  von  mir  Erginnmgen  zu  meiner  Arbeit  in  der 

»Zsch.  für  vergl.  Iäleraturgesch.<  teils  erschienen,  teils  im  Erscheinen.  Ich 
möctite  hier  nur  noch  nachtragen,  dais  »ich  mit  dem  Stoffe  deb  109.  Schwankes 
(3  Franen  mit  dem  porten)  bereits  F.  Liebrecht  (»Germ.t  21,385  und  »Zur 
Volkskunde«  S.  124  ff)  G.  Rua  (Nov.  dcl  Mambriano  S.  104 ff)  und  Bedier 
(Les  Fabliaux  S.  238  ffj  beschäftigt  haben.  Za  Schwank  169  cf.  Bedier  133^. 


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Der  2.  Beitrag  zur  Quellenkunde  ist  von  \V.  Golther  da- 
mals in  München  (jetzt  in  Rostock)  und  bezeichnet  die  »Denn« 
märkische  Chronik«  des  Hamburg.  Theologen  Alb.  Krantzin 
der  Übersetzung  von  Eppendorff  als  Quelle  mehrerer  Spnicbgedicbte, 
Meisterlieder  und  zweier  Dramen (Rosimunda  u.Hagwartustt,Signe). 

H.  Wunderlich  in  Heidelberg  studierte  in  fesselnder 
Weise  in  einem  Aufsatz  yK.  S.  und  das  Nibelungendramac 
die  Arbeitsweise  (ies  Dicliters  in  dem  nach  den  alten  Bänkel- 
sängerliede  entworfenen  Drama  ^der  Hürnen  Seufrid«  und  ver- 
gleicht ihn  in  der  l^ehandiungsweise  des  alten  Sauenstofles  mit 
späteren  Dichtern  wie  Fouqu^,  Hebbel  und  R,  Wagner. 

Einem  anderen  Gebiete,  den  >Sprich Wörtern  und 
sprichwartUchen  Redensarten  bei  H.  S.«  gilt  die  letzte 
Arbeit,  die  noch  den  Dichter  selbst  zum  Gegenstand  hat.  Der 
Verfasser,  Charles  Schweitzer  in  Paris,  wagt  sich  hier  auf  eine 
fttr  einen  Ausländer  besonders  schwieriges  Gebiet.  Indes  ist 
es  ihm  geglückt,  durch  eine  nach  gewissen  Gesichtspunkten 
gegliederte  Auswahl  uns  eine  Vorstellung  von  dem  erstaunliclien, 
aber  doch  wenig  gekannten  Reichtum  des  Dichters  auf  dem 
Gebiete  der  Spru(  hwcisheit  zu  geben. 

Aus  der  bewährten  Feder  E.  Mumnienhofrs  stammt  eine 
Abhandlung,  betitelt  »Die  Singschulordnung  vom  Jahre 
1616/35  und  die  Singstätten  der  Nürnberger  Meister- 
s  i  n  ge  r. f  Der  Verfasser  gibt  uns  hier  einen  Tollständigen  Abdruck 
der  bisher  nur  in  einem  knappen  Auszug  bekannten  Nttmb.  Sing- 
Schulordnung  und  Tabulatur,  welche  zuerst  1616  von  H.  Glöckler 
und  G.  Hager  zusammengetragen,  späterhin  von  anderen  Meistern 
verbessert  und  endlich  1635  von  .  .  .  Mathias  Wolff  nieder- 
geschrieben worden  war.  Dem  Abdrucke  ist  eine  kurze  Dar- 
stellung ül)cr  <lie  Entstehungsgeschichte  dieser  Singordnunj,^  und 
eii^  aut  archival.  Forschungen  beruhende  gründliche  Unter- 
suchung vorangestellt  über  die  Örtlichkeiten,  wo  die  Meister- 
'  Singer  ihre  Zusammenkünfte  abgehalten  haben.  Wir  sind  dem 
Verfasser  für  seine  Mitteilungen  umsomehr  zum  Dank  verpflichtet, 
als  bisher  ungemein  viel  Ungenaues  und  Unrichtiges  Aber  den 
Gegenstand  verbreitet  worden  war. 

F.  Keinz  in  München  lieferte  durch  seine  gelehrte  Arbelt 
»H.  Sachsens  Zeitgenossen  und  Nachfolger  im  Meister* 


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gesang«  ein  wichtiges,  künftigen  Forschungen  snr  Grundlage 
dienendes,  Verzeichnis  der  bis  jetzt  bekannten  Meistersinger  des 
16.  Jahrhunderts. 

Ernst  Martin  in  Strafsburg,  der  ausgezeichnete  Germanist, 
teilte-2  Meistergesänge  des  einrtulsreichsten  Scliülers  des  H.  S., 
des  Adam  Puschmann,  über  das  Strafsburger  Münster 
miti  wovon  das  eine  sich  nicht  nur  sachlich,  sondern  auch  inso* 
fem  als  Nachahmung  von  H.  S.  erweistt  als  der  Dichter  darin 
die  13  Töne  seines  Lehrers  anwendet. 

'  Von  Ambrosius  Oester  reicher,  den  man  im  gewissen 
Sinne  als  einen  Schüler  des  H.  S.  betrachten  kann,  entwirft 
Th.  Hampc  in  Nürnberg  aus  seinen  Dichtungen  und  nach 
archivalischeni  Material  ein  Chaiakterbild ,  bedeutsam  für  das 
'l'reiben  der  Dichter  und  SchauspieUinternehmer  in  der  alten 
Reichsstadt.  Oesterreicher,  nicht  ohne  lyrisches  Talent,  zeigt 
in  seinem  Gebahren  bereits  den  beginnenden  Verfall  des  einst 
so  blühenden  und  nun  durch  das  Überwuchern  der  Spielauf- 
CÜhrungen  immer  mehr  zurücktretenden  Meistergesanges.  < 

Anerkennung  verdient  die  Buchdruckerei  von  W.  Tümmel, 
welche  keine  Opfer  gescheut  hat,  um  das  Buch  wirklich  pracht- 
voll auszustatten.  A.  L.  St. 


\  on  neueren,  auf  die  Geschichte  Nürnbergs  bezüglichen 
oder  mit  ihr  in  Zusammenliang  stehenden   literarischen  Erschei- 
nungen,  deren  Besprechung  wir  uns  für  eines  der  nächsten 
Hefte  der  » Mitteilungen i  vorbehalten,  führen  wir  noch  an: 
Die  Entstehung  des  deutschen  Handelsgerichts.  Nach 
archivalischen  Quellen  dargestellt  von  Dr.  jur.  et  rer.  pol. 
W.  Silberschmidt,  k.  Amtsrichter.  Leipzig,  Verlag  von  Dunker 
&  Humblot,  1894. 
Alt-Nfirnherg.    Kulturhistorische  Bilder  aus  Nürnbergs  Ver- 
gangenheit.  1.  Rathaus,  Regiment  und  Rat.   Nürnberg,  Verlag 
von  Hcidcgcii  i>arbeck,  1894. 
Die  Papiermühlen  im  Gebiete  der  weiland  freien  Reichs- 
stadt Nürnberg.  Von  Edmund  Marabini.    Mit  1  Gebiets- 
karte, 6  Vollbildern  und  100  Abbildungen  im  Texte.  Nürnberg. 


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i 


—  2a2  — 

Die  Narnberger  Bleistiftindostrie  in  Vergangenheit  und 
Gegenwart.  Von  Dr.  Eduard  Schwanhäufser.  Nttmberg, 
Jos.  Leonh.  Schräg,  1895. 

Hana  Sachs.   Bin  Nürnberger  Fest- Schauspiel  zur  Feier 

seines  400.  Geburtstages.  Aufgeführt  am  4.  November  im 
Stadtthoater  zu  Nürnberg:  1.  Prolog  und  i  a^inr .^htspiel  von 
Haus  Sachs:  Frau  Walirlicit  will  niemand  beherbergen.  2.  Der 
junge  Meister.  Lebensbild  in  zwei  Akten  von  Rudolf  Genee. 
Nürnberg,  1894. 

Hans  Sachs.  Ein  Lebensbild  zu  seinem  4OO  jährigen 
Qeburtstag^juhiföum  von  Fr.  Amerlan.  Mit  15  lUustra- 
tionen.    Nürnberg,  1894. 

Festschrift  aur  Erinnerung  an  die  Einweihung  der 
Christusidrche  in  Steinbühi- Nürnberg,  am  Sonntag,  den 
23.  September  1894.    Nürnberg,  1894. 

Die  Intestaterbfolge  nach  Nürnberger  Recht.  Für  die  Praxis 
bearbeitet  von  Justizrat  D.  Be rulzlieimer,  k.  Advokat  in 
Nürnberg.  Münclien.C.H.ßeck  sehe  Verlagsbuchhandlung  1895. 

Featachrift,  gewidmet  den  Teilnehmern  an  der  32.  Wander- 
versammlung bayerischer  Landwirte  in  Nürnberg  vom 
12.  bis  14.  Mai  1895.  Redigiert  von  Dr.  Friedrich  Wagner 
in  Lichtenhof- Nürnberg.  Mit  20  Abbildungen  und  8  Tafeln. 
Nürnberg,  Verlag  von  Heerdegen -Barbeck,  1895. 


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OQ  the  date  to  which  renewed.   

Reoewed  books  are  sub  je«  to  iauoediftte  tecaU. 


-  JUL  0 1  1001 


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LD21 — 32m — 1,"75 
<88845t.)4970 


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