OnOHARRaSSOWITZ
BUCHHANDLUNG
:LEIPZIG:
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Literatur-
UND
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Kunst-Anzeiger
DER
MITTEILUNGEN
DES
VEREINS FÜR GESCHICHTE DER
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1 1
STAÜT NÜRNBERG.
Anzeigen finden im „Literatur- und Kunst- Anzeiger" der „Mit-
teilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg wirksamste
Verl)reitung. Preis «Icr Vollseile ,if 30. , der liall)en Seile 20.
der viertel Seite ,f(, lo. . Aufiräge nimmt ii;c Verlagsbuchhandlung
Joh. Leonh. Schräg, Nürnberg , Königsstrasse 1 5 e n i g eg e n . D i es c 1 b e I- i rm a
besorgt auch den literarischen Tanschverkehr des Vereins für Geschichte
der Stadt Nürnberg und vennittelt BeiscUttsse auf Buclihändlerweg.
' I
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O. C]irole>c*hc Verla|(8bnchhandliinK in Berlin.
ALBRECHT DÜRER
von A N r ( ) N S i» r i N (i K k .
Mit vielen THfeUt uud lllustrationcti im Text. — gr. 8" br. ,4^ lo, gel». ia.50.
Der gebildcic kun>ifienn(Ilithc l.aic erhalt in diescni BikIic tiic erste iiher den SStreit
der MeinuDKcn erliaf <-iic , fo->i ,'cstaltctc Hiographrc «Ics ;;ioss<'n •iciilsclicii Mcisicts, der das
äussere und inDcr»- \\ .- .i-ii im<>cre< Volkes zu Anfall;.; des 16. |alirhundcrt5i, io einer Zeit
heiüsen Ring-n. u'! h i(t;iuii ^ s\ ilci. W <!i '< us mit nlk-ii seine» Tu{{en<lt.'n und l'"c(dern, seinen
hochnicKciidco l':i.uii..^icii und seine» kli.aiiii.hcn Heda«;liliKkcit so grundlich uic kcio ^weiter
erschöpft hat. Zu dem lebendigen \Nort, zu der geiitvoIlcD Analyse des Icunstlcnscheu
Charakteni. geseUl »i«h ein überaiu reicher Apparat von Tafeln und TjsiiUu»trattonc».
Zeichnungen von Albrecht Dürer.
In Hacbbildungen heravsgegebeii von Friedrich Lippmann, Direktor des
k Kiipferslichkabinets zu Berlin
Folioformat. In solidem Einband, Deckelpres^ung nach dem Dürer'schen
Holzscliniit : Die Tapete mit dem tlötespielcnden Satyr.
Subskriptionspreis k Band 250 Mark.
Inhalt des I. Bandes: Zeichnunger im k KujMerstichkabinet zu Berlin;
im Beititz der Merren William Mitchell, John Malcolm of Poltalloch u. Frederik
Locker in London. Zasamnen 99 Zeichnungen in einem Bande.
Inhalt des II. Bandes: Zeichnungen in den Suiinnluiigen von Bremen.
Uraunschweig , Cobur:^', Weimar, Hamburg, Gras, London, Prag, Düsseldorf,
Wien, Berlin, Budapest, Bamberg, Frankfurt a. M., München, Dresden, Darm-
stadt. Zusammen 108 Zeichnungen in einem Bande.
Der III. Band, welcher im Krühjahr 1893 erscheint, entblll die Zeichnungen
des British Museums zu London und des Lonvre stt Paris.
Diese Nmebbildunücn, wclchu ituc Orij^inale mit vollko^DeacrTreiJc wiedergeben, repräsentieren
die vollendeisten Leistungen der verschiedenen Zweige moderner grapfaischerRcproduktlonskunst.
Verlag von Joh, Leonh. Schräg in Nürnberg.
Das Rathaus in Nürnberg
von Ernst Mummenhoff» Stodt-Archivar.
Mit 91 Abbildungen nach alten Originalen, Mafsaufnahmen etc.,
sowie nach A. von Bssenweins Entwürfen
von Heinrich Wallralf.
Im
Auftrag
und mit Unterstützung der Stadt Nürnberg
herausgegeben vom
Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg.
Preis geb. mit Goldschnitt J( 28. — , brosch. ,ä 25
Professor Dr. R. Sterbe in Dresckn srhrtnbi über das Work:
.,Die allgemeine deutsche Kunstgeschichte wird durch diese l'ublikution
um so erfreulicher bereichert, da dieser Bau ncl>cn dem Friedrichs-
b;iu des Heidelberger .Schlosses und dem mit dem Nürnberger gleich-
zeilig von ICli.Hs Holl errichteten Kathausc zu Augsburg den gewaltigsten
deutschen Hau seiner Zeil bildet.'*
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Verlag von BreltUopf & Härtel, Lr©iP5igi_
Die Koberger.
Eine Darstellung des hurhhändlerischen Gescliäftsbctriobes in der Zeit des
Überganges vom Mittelalter zur Neuzeit
von Oscar Hase.
Zwett* neusearboltete A^ufias*.
4Ü Bogen. |fr. S». Mit S Xtifeln. Preis Ml«. lO.-
Der Verfasser versucht, erstmalig den O e s chüfta be t r i e b des ßuchbandets und liucl»-
druckes im ersten Jahrhunderte nach Erfindung der Blichdruckerkunst pUnmauij: dantustellen,
iodem er Drtwk, VerUg und Vertrieb dieses deutsches WeUbiichhandcU in dem Wirken des
fröuten Bitchbändlers und ßocbdruckera jener Zeit, Aothoai Kobergers, seiner Familie und
seiner GcHchaftsfrcundc , twch zeitgenöwbchcn Geschäfts- und Gelehrtenbricfen cenieinver-
sündlicb schildert.
Herdersche Verlagshandlung, Preiburg im Breisgau.
Durch alle Ruchhamliungcn zu bezichen :
Kaufmann, L., Albrecht Dürer. Zweite, verbesserte A uf läge. Mit
einer Heliogravüre, fünf Lichtdrucken und neun Holzschnitten, gr. 8^
(XI\' u 1S4 S. Jl 6. In eleg. Original-Einband, Leinwand mit Decken*
pressung 8
,,Scli!icht, wahr und lebendig , « ie der grosse Meister von Nürnberg seine Gemälde und
Zeichnuii^ttn hinzustellen pflegte, schildert un» L. Kaufmatin in seinem ,, Albrecht Dürer" da» Ltbcti
und Wuken dieüe.i volkütumlicb$tcn unter allen deutschen Künstlern aus alter Zeit. Ebtn seine
Volkstümlichkeit bibtet für Kaufmann <ien Ausgangspunkt; ihr entsprechend liefert er ein Hild , d.Ts
Nich nicht an den Fachmann allein wendet, für den M. Th.iusing eine umfassende und erschöpfende
.Monogra[ihie des Altmeister* geschrieben hat, sondern an das gcsammtc deutsche Volk, soweit es iiir
künatieriicbe AnreguBgen irgendwie sugänglich ist. Ihm bietet er iu gedrängterer Fassung ein
Lebensbild voll Krafk und Klarheit, da^ durch ein« Reihe TOn Abbildungen besonders berühmter
Werk« des Meisters erganst und verschönt wird." (Über Land und Meer. 1687. Hr. 93.)
«^ Verlag von J J. Weber in Leipzig.
mobicä""'"""
Nürnbergisohe Novellen aus alter Zeit
nach einer Handschrift des 16. Jahrhunderts von
Professor Dr. Aug Hagen.
.Sechste Auflage, o.c
Preis 6 Mark; elegant gebunden 7 Mark.
Soeben erschien vollständig.*
Hohenzollerische Forschungen.
Jahrbuch ftir die Geschichte des deutschen Kaiser- und preuss. Königshauses,
Herausgegeben von Dr. iThrlStlam Meyer, kgl. preuss. Archivar I. KL tu Brolau.
Inlialt (Erster Halbband): Hardenberg und seine Verwaliun;.' -ler Fiirfttentümer Ansbach u. Bayi cuih<
— Das Landbuch der Herrschaft Plassenbiirg vom J. 13^3 — (jucHcn /ur Geschichie der Stadt
Rayrcuth: I. Das Sfadtbuch vom 1 ' t'j-» iZa i'sr Il.ilhli.<ii<i ; : 1' Ort-itt/un,; 'ivs l;.«yr«;ii:hrt St .<lt-
huchc« -~ Die Herkunft iler ("■.i..l>ii ; ,11 ALiciil" i — Holn-iiZMllcrijtclic liui,jcn »tiid i itab^taUcti.
I. Am H.>t.- 1 j i':o'r i.Ji Waiiriii.s I. /■;r Geschichte < I ls K.I zwischen Markgraf Albrecht AchiUcs
und Herzog Lud«i^ von U^ycru im J. X460. — I.itciaiurbcriclit.
Preis des vollständigen J.«hrgangos Mk. 15.—
Dieser er?»te (.ihi ^ .. ti>: i)ehandclt vorwiegend friiiiklnrh«» ClfMCliietil«. Ksircf« Kinfri-
tungeo und Anmerkungen des Herausgebers sind die einzelncti Abhandlungen anwh den nicht tacli-
tnanniachen, gebildeten Leserkreisen nigüngUch gemacht.
—9 Varlag von Hans LOstsnQdar In Berlin W 85. ^
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Verlag der Kunstanstalt (vorm. 6ust. W. Mi) A.-6m Wandsbak
BILDNIS
T>F.S
HIERONIMUS HOLZSCHUHER
Bürgermeisters m Nürnberg 1509. 1526 gemalt von Albrecht Dürbr.
Das Original im Kgl. Museum zu Berlin kostete 350,000 Mark.
Der berühmte Dürerkenner, Dr. v. Eye äussert sich über dieses
Kunstblatt wie folgt:
„Mit einem Erfolge, der den Beweis liefert, dafs in der Kunst-
anstalt zu Wandsbek kunsttechnische Schwierigkeiten kein Hindernis
mehr bieten und gcistitrc Kräfte wirken, denen keine Höhe der Kunst
unzugänglich, hat jene das Bildnis des Hieroniinus Hoizschuher in
Originalgrösse und der Ähnlichkeit eines Pacsimile wiedergegeben/*
Facsimile-Reproduktion in Originalgrösse (5oVaX37'/2 cm) und inOrigina^
rahmen mit Cflasthür 100 Mark.
12'/« cm breitem schwarzen Rahmen mit ( }oldvorlage unter Glas 90 Mk.
Ohne Rahmen auf Holzpanei 75 Mark.
In demselben Verlage ist erschienen:
ALBRECHT DÜRER
^ VON
DR. A. VON HYE.
Was Dürer für Deutschlands Kunst und Kultur bedeutete, ist in
dieser neuen Monographie Dr. VON EvE's so eingdiend erörtert und
festgestellt . dafs dadurch gleichzeitig:,' eine der interessantesten weit
geschichtlichen Epochen — die der Reformation vorhergehende Zeit -
als ursachliche Bedeutung der Bewegung nachgewiesen wird. — Geniale
Geister geben ihrer Zeit das Gepräge und so der genialsten Einer auf
dem Gebiete der Kunst, der fraglos Dürer gewesen. Dürer war für
Deutschland was jenseits der Alpen seine Zeitgenossen Raflael und
Michelangelo in Italien waren.
Der X'erfassci hat sich zeitlebens am eingehendsten und liebe
x'oilstcn mit I nnrer und seiner Zeit besrliäftigt tmd sein reirhes \\'is?pn
in ditscni jüngsten W erkc nicdeigelegt , so zwar , dai^^ daduri h vuit
Geist und (jcmüt spannende Lektüre geboten wird, die jeden belehrt
und ihm ein Urteil n;ilic legt, ilas nur von einer Wissc nsipirlle ausgehen
kann, die auf (iruntl tiefer Forschung und ernster Studien lautere
Wahrheit darbietet.
Geschmückt ist das W erk mit Dürer's SelbstMliIni^, der Pinakothek
München s entstammend in Heliogravüre, und dem kustiichsten aller
Werke Dürer s, dem lÜldmssc des Hieronimus Hokschuher in wunder
bar gelungener pantoj^rap hirter Farbenreproduktion, — Die Einband j)
di cke ist geziert mit I)ürer's Motiven und Goldpressung, welche das )
Selbstbildnis Dürer s aus der dallerie in Madrid einrahmen. i
Preis des Werkes in Leder gebumien ^4 25. — , in Cailico 1
gebunden .// 20, - ß
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Mitteilungen
des
Vereins für Geschichte der Stadt
Nürnberg.
NÜRNBERG.
VERLAG VON JOH. LEüNH. SCHRÄG,
iln Kommission)
1892.
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» I
Kunigl. Uityer. HofbuL-ltdruckcrci (>. i'. J. tiicltitg-DieU, Nürnberg.
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Inhalt.
Abhandlungen und Quellenpublikationen:
Zur Genealogie der Grafen von Abenberg. Von Dr. Wilhelm
SoltaUf Gymnasialob«lelirer in Zabem i. £ i
Markgraf Casimir und der Bauernkrieg iu den südlichen
Grenzämtem des Fürstentums unterhalb des Gebiry^s. (Vom
26. April bis 21. iMai 1525.) Von Dr. Carl Jäger, Reallehrer
in Nurnbcrj;' . . I7
Peter \'isclu r . Studien. Von A. \V. Döbner. Herausgegeben
von J)r C. Weizsäcker, ( lalleriedircktur in Frankfurt a. M. 165
Die Seytried Ttinzingsche Kleiderstiüung. Ein Beitrag zur
(ieschtchte des Sttftungswesens in Nürnberg. Von G. Frhr,
V. Krers, Rechtsanwalt in Nürnberg 196
Kleinere Mitteilungen :
Bernhard Hartmann y. 21t
Das Missale des I'ropsite<> Dr Anton KkTs . . 2Ij
JJes Meisters Veit .Stöfs Urkundenfälschung. Von Dr. A.
Frhr. v. Scheurl . . 218
Otto Freiherr Stromer von Reichenbach v 220
Literatur ;
Die Herkunft der Burggrafen von Nürnberg, der Ahnherrn
de«; deutschen Kaiserhauses \'on Christian Mayer. AnS'
badi, Druck und \'crlrig von ( . Hiugel & Sohn. 1889 . . 227
Die Koni>^c \ on Preulsi 11 sind Hoheiuollern, nicht Abenberger.
Widerlegung der Srhnfi Christian Meyers über die Ahnherm
des deutschen Kaiserhauses von Ludwig Schmid, X'erfasser
der Ȋltesten Geschichte des erlauchten Gesamthauses
Hohenzollernc. Berlin, 1892. Verlag von J. A. Stargardt 227
Altniimberg in seinen Gottesdiensten. Ein Beitrag zur Ge-
schichte der Sitte und des Kultus von Max Herold, Heraus-
geber der Siona. Gütersloh, Druck und Verlag von Bertels-
mann. 1890. , «j^.^ J Ti'^^^ * '
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IV -
Martin Behaim. Von Siegmund Günther. Bayerische Bi-
bliothek, begründet und herausgegeben von Karl von Rein-
hardstöttner und Karl Trautmann. 13. Band. Bamberg,
Buchnersche Vcrlaj^shuchhandlung. 1890 233
Un po^te AUeniand au W'I. siöcle. ^!tude sur la vie et les
Oeuvres de Hans Sachs jjar Chr. Schweitzer, I'rofesseur
agrege de 1 uiii\ <T-itr. dixirur cn iettres, Paris . . 235
Hans Sachs \ oti I-.dinmul (xiet/i-v Ha\ » l is' hr l'.ü)ii()ilu-k be-
grundei und iierauijj^egclit.n von Kail von Reinhardstotincr
und Karl 'Irautmann. 19. Band. Bamberg, Buchnersche
Verlagsbuchhandlung. 1890 237
Hans Sachs, sein Leben und seine Dichtung von Emst Karl
Julius Lutzeiberger. Zweite Auflage, neu bearbeitet und
vermehrt von Dr. Carl Frommann, k. Professor am neuen
Gymnasium zu Nürnberg. Mit zwei Bildnissen des Hans
Sachs. Nürnberg, Verlag von Hermann Ballhom. 1891 . 237
Altnümberg. Schilderungen aus der älteren reichsst.ädtis- Iv n
/(•it bis ?.tim lahre 1350 Von Kmst Mummenhoff. /eich
nmif^cii \ «»n Lorenz iinci \\ ilhrlm Rittor Bayerisrhi" Hi-
bhothek. 22. Band. Bamberg, ßuchnersclie X'crlajjshui h-
handlung. 1890 238
Uic Malerschule von Nürnberg im XIV . und W. J;Uirhundcrt
in ihrer Entwicklung bis auf Dürer, dargestellt von Henry
Thode. Frankfurt a. M., Vertag \ on Heinrich Keller. 1891 240
Albrecht Dürer. Von Anton Springer. Mit Tafeln und
Illustrationen im Text. Berlin, G. Groteschc Verlagsbuch-
handlung. 1892 251
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• • •
: : /:
Zur Genealogie der Grafen von Abenberg.
Von Dr. Wühelm Soltau,
Gymnasialoberlehrer in Zabern i. E.
Die Ausführungen von L. Schmid »HohenzoUemc, Band III,
Uber das Geschlecht der Abenberger leiden ebenso an einer
gewissen Einseitigkeit, wie diejenigen der Abenbergischen For«
scher von Haas, Seefried bis auf Chr. Meyer herab. Diese
legen su viel Gewicht auf jede beliebige chronikalische Notiz,
während Schmid so gut wie allein die Urkunden sprechen läfst
und wichtige Chronikangabeii vcrnachläfsigt. Ktnc Revision der
beiderseitigen Untersuchungen ist daher notwendig.
Dazu kommt noch ein zweiter Fehler, der mehrmals von
einigen der genannten Forscher begangen ist.
Die Lebenszeit nianrher Mitglieder dieses Geschlechts ist
in den genealogischen Systemen über Gebühr in die Länge ge-
zogen. Es widerspricht z. B. aller Wahrscheinlichkeit, dafs Vater
und Sohn zusammen in einem 2^itraum von mehr als 100 Jahren
in Urkunden erwähnt worden sein sollten^). In solchen Fällen
ist eventuell nach einem Mittelgliede zwischen zwei urkundlich
vorkommenden Vertretern eines Geschlechts zu suchen oder eine
kritische Sichtung der Berichte vorzunehmen.
Nach ijchmid's Kesultaten III, 37 ist Rapoto if nach ii72y ein
Sohn des 107 1 «rkandlich vorkommenden Otlo von Abenberg.
1
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Die Untersuchung möge beginnen mit einer kursen Über-
sicht über die wichtigeren Quellen.
•••^ *. Dlej Iläu^tqucllcii für die Genealogie der Abeiibergei sind
: '•4iatMfllc& <lie"»tlrkunden.
r -: .•'•.'ARq wjciiig'efen Urkunden sind bei Schmid, Hohenzollem,
* * •» ******
•*-£aiId Ili,"2tisämfli6ngestellt, woselbst auch auf die wichtigeren
Urkondensamnilungeni so auf t. Lang, Regesta und Monumenta
boica, Oestreicher, Kloster Bans, v. Oefele, Geschichte der Grafen
von Andechs, Sprenger Geschichte der Abtei Bans, u. a. m.
hingewiesen ist.
Dazu kommen dann die verschiedensten lleilsbronncr Alter-
tümer, Gemälde, Toten-Kalender, Grabinschriften, gesammelt
bei Muck, Beiträge zur Geschichte Heiisbronns, Muck, Geschichte
des Kloster Ueilsbronn, Hocker, Heilsbronner Antiquitätenschatz
mit Supplementen« Stillfried» Kloster Heilsbronn u. a. m.
Daneben hätten vereinzelte Chronikangaben nur einen
nebensächlichen Wert, wenn die Angaben der wichtigsten Quelle
dieser Art, die vita Conradi und die von dem gleichen Manne
handelnden annales Admuntenses, eliminiert werden dürften.
Von den meisten der früheren Forscher, aber auch von
Christian Meyer werden ebenfalls als Quelle für die Geschichte
der Abenberger die Biographie des firzbischofs Konrad von
Salzburg (Mon. Germ. XIII, 65} und die auf ihn bezüglichen
Angaben der annales Admuntenses (Mon. Germ. XI, 56) heran-
gezogen.
Von anderer Seite ist dagegen vielfältig der Wert dieser
Quelle beanstandet, indem behauptet wird, Erabischof Konrad
sei kein Abenberger, sondern ein Aben s b erger Graf. Prülcu
wir darauf hin die wichtigsten Stellen beider Quellen.^)
1. Die vita Chuonradi sagt p. 63: Chuonradus itaque ex
illustri prindpum Bawarie provinciae stemmate originem duxit,
utpote f rater virorum clarissimonim, id est comitum Ottonis
et Wolfram i. Quorum alter sine liberis mortuus est, alter
M Zu vergleichen ist von neueren Erörterungen hierüber: Hirsch,
Jahrbücher des deutschen Reichs unter Heinrich II. I, 426 und v. MetUer, Re-
gesten der Enbischftle von Saltburg, S. 413.
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— 3 —
comitem Rapotonem de Abinperch, advocatttm Baben«
bergen sis episcopatus, ex sorore marchioxus DIetpaldi here-
dem reliquit.
2. Die annales Admuntenses p. 577 berichten, er sei pa-
truus duorum comitum de Ambinberch, Üttonis et Rapotonis,
gewesen.
3. Vita Chuonradi p. 64 : fratres eins, quos supra comme-
moravimus, ... ab hereditate eum excludere temptabant.
p. 66: adeptiis namque episcopatum in conversione beati Pauli
(25. Jan. 1106) Sabpurg venit, in comitatu suo habens secum
duos fratres suos, Ottonem et Wolframum, nobUissimos co-
mites, ac ferme mille milites.
Aus (Hosen Angaben folgt mit genügender Sicherlieit, dafs
Erzbischof Konrad ein Graf von Abenberg war. Denn
1. Es kommen nacli der vita Conrad! (Mon. Germ. XLU,
p. 66) in der Familie Konrads dieselben Namen vor, wie bei
den Abenbergem, Wolfram, Otto, Konrad. Wolfram und Otto
von Abenberg werden urkundlich 1071 in der Stiftungsurkunde
von Banz und 1009 genannt, Wolfram allein 11 08, 1116 u. s. w.^)
Konrad seniur und iuniur sind die bekannten VV oiilthäter von
Hcilsbrunn aus Abenberger Grafengeschlecht.
2. Die Annales Admuntenses (Mon. Germ. XI p. 577)
nennen Konrad patruus duorum comitum de Ambinberch, Otto-
nis et Rapotonis. Auch der seltenere Name Rapoto ist diesem
Geschlechte eigen, während derselbe ebensowenig wie Wolfram im
Geschlechte der Abensberger vorkommt, wo die Namen Otto,
Heinrich, Friedrich, Wolfrad übUch sind«).
3. Der Name des Grafengesrhlechtes wird in der vita Con-
rad! Abinberc, Ambinberc genannt, nie Abensberg ; ein sachkun-
diger Berichterstatter jener Zeit dürfte eine derartige Vertauschung
nicht begangen haben.
4. Das entscheidendste Zeugnis für die Abenberger Abkunft
des Erzbischofs Konrad bietet die vita, indem sie den Neffen
des Erzbisciiofs Graf Rapotu de Abinberch als a ti v o c a t u m
*) s. Schttttd HoheDiolItm III, 3s.
*) Hdller, Regesten der ErsbiscbOfe yoii SaUbrng i nnd 413 ff.
1*
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— 4 —
Babenbcrgensis episcopatus hinstellt. Nur die Aben-
berger Grafen waren fiamberger Vögte und Graf Rapoto ist in
zahlreichen Urkunden als Bamberger Vogt überliefert.^)
Nicht damit in Widersprach steht die Nachricht der vtta
p. 63: praeter hanc nobilissimam genealogiam aliam humiliorem
quidein, .... tarnen claram et splendidiOsam cugnationis Seriem
habuit, quae numcrositatc siia non solum Bawariam et Carinthiam,
verum etiam orientalem et Reni Franciam occupavit, .... avum
babuit Babonem nomine» de cuius lumbis exierunt triginta ülii
et octo filiae, oranes ex liberis matrtbus progeniti. Und ebenso
wenig könnte hiegegen geltend gemacht werden» dafs die vita
p. Ö3 sagt: Heinrictts quoque de Lechesgemunde, pater iUius
Heinrici, qui adhuc superest, ex matertera eins nepos extitit.
Prefectus quoque Ratisponensis Otto senior avaneu Ii eius
ftlius fuit.
Beide Stellen sprcrhen offenbar nicht wie die vorerwähn-
ten von den männlichen Ahnen. Die erste deutet bestimmt auf
eine andere .Abkunft (aliam genealogiamj als die vorher ge-
meinte d. h. auf die Verwandtschaft in weiblicher
Linie hin. Es sollte gesagt werden, dafs seine Mutter eine
Tochter Babos sei, dafs diese selbst zwar von väterlicher
Seite edler Abkunft, aber doch von einer weniger angesehenen
Mutter herstamme.
Die zweite Stelle aber führt noch bestimmter den Mutter-
bruder (avunculus), bez. dessen Solm an, sowie den Enkel der
Schwester seiner Mutter (^nepus ex inatertera), beweist also
nichts für die Abkunft des väterlichen Geschlechtes.
Stellen wir danach die unanfechtbaren Angaben (Iber das
Abenbergische Haus zusammen. Es sind folgende:
1. Nach allgemeiner Annahme ist der bis IIQQ häufig in
Urkunden erwalmte »junge Graf von Abenberg Friedrich II.«
um 1200 ohne Kinder gestorben, unter Hmteriassung mehrerer
(8) Schwestern^).
*) Scbmid, Hohenaollern III, 334 ff.
-I Chr. Meyer, Herkunft der Burggrafen Ton Nürnberg 28, Scbmid HI,
37, lie Zah! S inent <!< r Wartbur^^-Krieg [her. von Simrock^ .S. 161 „Der
achte hoch graevinne smt von Abenberc, de& edlen hochgeborniu kint."
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— 5 —
2. Sein Vater Friedrich I, (vernähte 1 167 ^) starb früh, 1 183,
eines ungltlcklichen Todes derselbe wird mehrfach (so 1178
und 1182) in der Umgebung Kaiser Friedrich Barbarossas
envähnt.
3. Friedrichs älterer Bruder Konrad kommt 1163 in Ur-
kunden mit seinem Vater Rapoto und dem Burggrafen Kon-
rad von NttmbeTg, 1165 und 1 167 mit seinem Bruder Friedrich I.
und seinem Vater Rapoto vor"). Da er nicht weiter erwähnt
wird, scheint er früh gestorben zu sein. Jedenfalls aber hat er
keine männlichen Erben hinterlassen, denn sowohl sein jüngerer
Bruder Friedrich, wie sein Neffe Friedrich II. erscheinen durch-
aus im Besitze aller wichtigeren Güter des Hauses Abenberg*).
Wenn dem gegenüber darauf hingewiesen worden ist (Seefried,
Grafen von Abenberg 10), dafs in der alten Gedächtnistafel
von Heilsbronn ein Conradus iunior erwähnt wird, so ist daraus
doch nur 2U schliefsen, dafs ein Konrad der jüngere gleich-
zeitig mit einem verwandten älteren Konrad von Abenberg
gelebt haben müsse und es ist die reinste Willkür, wenn man
etwa Conradus itmior für einen Sohn des hier genannten aus-
geben wollte. Ein solcher Conrad senior ist nicht nur urkund-
lich erwähnt, sondern urkundlich als Gönner Heilsbronns nach-
weisbar {s. u.).
4. Der Vater von Konrad und Friedrich I. ist unbestritten
der Graf Rapoto, der bis 1172 sehr oft in Urkunden vorkommt
(Schmid IH. p. 240).
Dieser Rapoto wird 1158 advocatus ecclesie Babenbergen-
sis und comes in Rangowe genannt. Als sein Bruder wird vom
Heilsbronner Anniversar der Würzburger Bischof Reinhard (1171
bis 1184} erwähnt^).
n s. Schmid III. 48.
* ) Er wird im Heilsbronner Totenkalender mit dem Zusatz senior von
von dtm ,4ongea Hdden von Abenberg** antencbieden.
s) t, Sehnid III, 48.
*i i. Schmid III, 49»
') Allerdings sind die Worte fraier Kabbotonis erst von
späterer Hand tn dem Siteren Nekrolni^ iXVII Kai TiHi Domimi Fe^n-
hardi, comitis de Abenberg, epi!>copi Herliipolensis, fundatons nosiri; liinzu-
gefttgt, aber au» dem 14. Jabrhaodert stammend.
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— 6 —
Demnach ergiebt sich zunächst folgende Liste:
X
Rapoto (t um 1172) Reinhard, Bischot von W'ürzburg
(1171 — 1184)
Konrad (f um 1167) Fxiedricbl (f 1183)
Friedrich 11. (f 1199—1200)
5. Andrerseits werden Wolfram und Otto von Abenberg
in der Stiftungsurkunde des Klosters Banz 1071 (und 109Q) als
Zeugen erwähnt^). Sie müssen 1071 nicht nur im mannbaren
Alter gestanden haben, sondern allem Anschein nach mindestens
etwa 30 Jahre, wahrscheinlich noch älter gewesen sein. Sciiun
diese Altersverhältiiisse machen es nahezu undenkbar, dafs der
zuerst 1122 und dann mehrfach gt;nannte Rapoto, wie dies
Schmid annimmt, ein Sohn eines dieser beiden Ahnherrn ge-
wesen sei.
6. Im Jahre 11 08 hat ein Wolfram von Abenberg als ad-
vocatus Babenbergensis ecclesie »Hovinheim« dem heil. Georg,
den Georgenbrüdern und Domherrn in Uamberg geschenkt, doch
SU, dafs seine ücmahlin Gerhilde und ihr Sühn der Bamht;rger
Domlierr Adal!)ert bi'i l.elizeiten tlie Nutzniefsung haben sollten.
Es ist nur eine durchaus unwahrscheinliche Vermutung Schmids,
dafs dieser Domherr Adalbert später seinen geistlichen Stand
wieder verlassen habe und dann identisch sei mit einem 1132
erwähnten Grafen Adalbert von Abenberg.
Andrerseits erscheint in der vita des Erzbischofs Conrad
von Salzburg^ (1106 — 1147) auch ein Bruder des Krzbischofs
Namens Wollram, der. w.ihrend ein dritter Bruder Ottn kinder-
los gestorben, der Vater Rapotos geworden sein soll. Zugleich
nennt, dies bestätigend, die vita den Erzbischof Konrad einen
>patruusc Rapotos und Ottos.
>) Schmid lU, 31.
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7 —
Somit ist also festzuhalten:
X
Wolfram II.
ux. (nach der vita Conradi
Schwester Dietpold's von
Vohburg.*)
Otto,
Konrad,
Eiib. V. Salzburg 1 106---I147.
Wolfram III. fiio8)
ux. Gerhilde.
Rapoto (seit 1122).
Otto.
Adalbert, Domherr von
Bamberg (i 108).
7. Es kann danach nicht bestritten werden, dafs die sicher-
sten genealogischen Angaben über das Haus der Abenberger
drei Vertreter des Namens Wolfram unterscheiden.
Zunächst ist der 1071 in der Stiftungs-Urkunde von Bans
mit seinem Bruder Otto erwähnte Wolfram zu nennen, der nach
obigen Ausführungen wohl schon um 1030 geboren sein mufs,
und zu unterscheiden von dem fast 40 Jahre später erwähnten
Wolfram, welcher 1 Iü8 mit seiner Gemahlin Gerhilde und seinem
Sohne, dem Bamberger Domherrn, HoQieim dem Baml)erf^er Dom-
stift vermacht. Von beiden ist der Wolfram zu unterscheiden,
weicher mit Hedwig von Banz vermählt war, und nach der vita
Conradi der Vater Rapotos, der Bruder des (Icinderlos verstor-
benen) Grafen Otto, sowie des Erzbischofs von Salzburg (1106
bis 1147) gewesen ist.
Auch hinsichtlich der Lebensdauer ist eine solche Zer-
teilung der verschiedenen Grafen mit Namen Wolfram notwendig.
Der um 1030 geborene W ulfram kann schwerlich der Ge-
mahl der noch 1127 urkundlich (^Üstreicher, Urkunden, Nr. 78
S. 2Q7) vorkommenden Hedwig sein.
Femer darf als ausgemacht gelten, dafs die beiden Wolfram,
welche gleichzeitig lebten (Urkunden von 1108), der Gemahl
der Gerhilde und der Gemahl der Hedwig von Banz, welche
keine Brüder gewesen sein können, Vettern gewesen sind, d. h.
aibu Sühne des ältesten Wolfram oder seines Bruders Otto waren
Es ist, soweit ich sehe, mnerkaAht, dafs diese keine andere als
Hedwifi von fVAhhnriK.) Bans war, vgl. Schmid III, 332 und sogleich näh*
eres über dieselbe.
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— 8 —
4
(Stiftungsurk linde von Banz 107 J). Es bestehen in diesem Falle
zwei Möglichkeiten:
~x " I
I :
Wolfram i. (107 1). Otto 1071).
Wolfram II. Otto. Conrad Wolfram III. (iio8).
ux. Hedwig v. Banz. v. Salzburg.
Rapoto. Otto. Adalbert, Domherr (1108).
Oder: I X j
Wolfram 1 (1071). Ouo ;,io7i;.
( ;
Wolfram III. (1108) Wolfram II, Otto Conrad von
Hedwig V. Banz. Salzbui^^.
I I
I
Adalbert, Domherr, (i 108) Rapoto. Otto.
Zur Entscheidung, welche von beiden Eventualitäten rich-
tig ist, wird folgende Erwägung beitragen.
Der Vater des Domherrn Aiialjcrt heifst in der l i kuadc
von 1 108 advocatus Baheiibergensis ecclesie, und wahrsclieiulich
ist derselbe Wolfram 1108 und 1116 gemeint, indem es nicht
wahrscheinlich ist, dafs die Bamberger Vogtei auf zwei Mitglieder
der Familie verteilt gewesen war.
In diesem Falle ist anzunehmen, dafs Wolfram III, der älte-
ren Linie augehört liat und dafs somit die zweite Liste den Vor-
zug verdient. Dfx Ii kommt für das Weitere ni' ht vii-l darauf
an, welche von beiden Eventualitäten das Richtige bietet.
8. In diese beiden Reihen sind nun die in einer Urkunde
von 1132 erwähnten fttnf Geschwister Adalbert und Konrad nebst
drei Schwestern, welche ihr Eigengut bei Heilsbronn dem Bischof
Otto von Bamberg verkauften, einzufügen.
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pafs bei dem letztgenannten Adalbert nicht der Domherr
Adalbert von Bamberg (1108) gemeint sein kann, ward oben
betont tind sollte ausgemacht sein.
Dagegen würde nichts hindern, Adalbert und Konrad als
Neffen Rapotos, als Sühne seines Bruders Otto, anzusehen.
1132 ist (las Jahr, in welchem Rapoto mit Bischof Otto
von Bamberg das Kloster Heilsbronn stiftete. Wer anders als
seine nächsten Verwandten werden ihre Gtlter in der Nähe von
Heüsbronn gehabt haben und wen anders als sie wird Rapoto
haben bewegen können» gerade ihr Eigengut damals, als er das
Kloster reich ausstattete') (vgl. haec domus Ottonem colit et
comitem Rapotonem, praesul fundavit comes hanc opibus
cumulavit), demselben zu überlassen.
In diesem Falle würde auch klar werden, weshalb Rapo-
tos Sohn in der Heilsbronner Gedächtnistafel Graf Conrad
; der jüngere genannt wird. Dieser war der jüngere neben
seinem Vetter Conradus senior, welcher mit seinen 4 Geschwistern
1132 sein Gut dem Kloster verkaufte^).
Wie übrigens aber auch im einzelnen die Verwandtschaft»
Uchen Verhältnisse dieser fUnf gräflichen Geschwister zu den bis-
her genannten Abenberger Grafen zu denken sind: Thatsache
ist, dafs in den Jahren 1132-^1200 keine Spur darauf hinleitet,
dafs einer derselben weiterhin gelebt, sich verheiratet und Erben
hinterlassen habe. Das Gegenteil ist durchaus walirscheinlich,
da sie ihre Erbgüter, die beim Stammgut ihrer Familie gelegen
waren, ohne Rücksicht auf etwaige Erben veräufsert haben ^)
und später auch das nahe Castrum, das wohl ebenfalls ihnen
gehört hat, zwar dem Kloster eignete, aber mit der lästigen Ver-
pflichtung, den Erben der Abenberger Grafen, den Burggrafen,
vorübergehenden Unterhalt zu gewähren^), eine Verpflichtnng,
'> Xgh auch die Erorternngen Seefirieds „Grafen von Abenbei^" aj.
Selbst wenn Bischof Otto von B iiuberg (1102 1 1 39) ein Aben-
berger gewesen wäre, käme er doch für eine weitere genealogische Ver-
zweigung des Geschlecbtea nicht mehr in Betracht. Doch beruht diebc Kon-
leletar nur anf MifsTerstSndnis des Heilsbronner Totenkalenders.
') Auffallend ist Schmid's Äuf^eniiiL^ (III, 34 und 13^), di^fs die Ver-
käufer sich etwaige Rechte für ihre Erben ausbedungen haben sollten. Der
Wortlant der Urkunde (Muck, Geschichte von HeiUbronn I, 6) schliefst eine
derartige Annahme aas.
«) Schmid III, 133 berichtet hierftber NIheres.
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10 —
die nur erklärlich ist, falls jene Burg einst dem Kloster von
Abenberger Grafen geschenkt worden war.
Die beiden hier nachgeiriesenen Listen der Abenberger
Grafen begegnen jedoch bei ihrer Zusamnfensetzung einigen
schwer wiegenden Bedenken.
Die Ältere führt auf einen Grafen Rapoto von Abenberg,
welcher ein Neffe des Erzbischofs Konrad war und der einen
Bruder Otto luitte. Der Bruder des Rapoto der zweiten Liste
ist Bischof Reinhard von VVürzburg (1171 — 1184), welchen der
gleichzeitig schreibende Biograph (um 1176) als dessen Bru-
der nicht kennt. Jener Rapoto ist ein Sohn Wolframs IL,
dieser wie sein Bruder Reinhard aller Wahrscheinlichkeit nach
nicht der Sohn eines schon vor 1122 verstorbenen Grafen.
Weitere Bedenken gegen die Identität des schon 1122
genannten Rapoto (I.) und des noch 1172 genannten Rapoto (IL)
ergeben sich aus den Altersverhältnissen ihrer Vorgänger.
Es hat gewifs schon an sich nur eine geringe Wahrschein-
lichkeit, dafs es ein und dieselbe Persönlichkeit ist, welche über
50 Jahre in Urkunden 1122 1 176 genannt wird'). Sodann
wird Erzbischof Konrad gewifs nicht vor dem 30. Jahre zu sei-
ner verantwortungsvollen Stelle an der Spitze des Erzbistums
Salzburg (1106 — 1147) gekommen sein und auch aus andren
Gründen wird seine Geburt schwerlich nach 1070 -angesetzt wer-
den dürfen'). Dann Cftllt die Geburt seines ältesten Bruders
(Wolfram IL) etwa 1065. — Ja, wenn man annehmen darf, dafs
schon 1071 bei der Stiftung des Klosters Banz, bei welcher die
beiden Brüder Wolfram l. und Otto l. als Zeugen fungierten,
eine eheliche Verbindung /.wisilien einem Abenberger Grafen
und der ßanzer Erbtochter ^) geplant gewesen ist, so wird seine
Geburt eher etwas früher anzusetzen sein.
In diesem Falle könnte nun der bis nach 1172 lebende
Rapoto gewifs nicht ein Sohn dieses Wolfram IL gewesen sein,
zumal dieser sich schon früh verheiratet haben mufs, da schon
') Vereinreite Ausnahmen kommen vor- so IViedrich II,, BiirL^f^raf von
ZoUem ^1243 — 12971, i^och wird auch er anfänglich mii seinem Vaier zu-
sammen genannt.
^) V. Meiller, Regesten der Brtbiachöfe Ton Salsbarg, S. 43a*
^) s. Scbmid Iii, 233 and 4s.
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II —
▼or 1071 seine Schwiegereltern, auf männliche Nachkommen
nicht mehr rechnend, über einen Teil ihrer Güter disponierten').
Selbst bei einer langen Lebenszeit mehrerer Generationen
nach einander pHegt doch die durchschnittliche Lebensdauer einer
jeden Generation höchstens 30 Jahre zu betragen)*, nicht mehr.
Auch danach erscheint die Lebenszeit Rapotos zu lang,
wenn anders angenommen werden mufs, dafs sein väterlicher
Grofsvater Otto zur Zeit der gelegentlichen £rwähnung bei Stif-
tung von Kloster Bans nicht mehr ganz jung gewesen sein kann.
Noch entscheidender spricht folgendes dafür. In einer
Urkunde vom 16. Mai 1147 (Hocker suppl. II, 75) bestätigt
Papst Eugen III. dem Abt Rapoto von Heilsbronn die Schen-
kung mehrerer Güter, so Welmanesteten, Grabe, Sahsbach, Wilere,
Eichbuche, Seiegenstadt, ikuche, welche cones Rabodo dem
monasterio Halesbrunensi gemacht hatte.
Eben dieselben Güter waren laut Urkunde bei Hocker,
Antiquitätenschatz von Heilsbronn suppl. 11, 71 von dem Vater
des. Grafen Rapoto^ bereits früher an eine cellula, welche
dieser in der Nähe von Abenberg errichtet hatte^), vermacht,
aber, von Rapoto reklamiert, durch Richtersprucb ihm wieder
zugesprochen worden. Wenn jetzt der Papst 1147 dem Kloster
Hetlsbronn diese Schenkung bestätigte, trotzdem erst bei der
Einweihung der Klosterkirche*) von Heilsbronn 1150 Graf Ra-
poto auf jene Guter definitiv vcrziditete, so folgt daraus, (hifs
der Papst an die frühere Schenkung gedacht und dieselbe als
rechtmäfsig hingestellt hat, mithin, dafs jene erste Schenkung an
die cellula bei Abenberg schon als die Grundlage jener späte-
ren angesehen wurde. Das war nur möglich bei wesentlicher
Identität der beschenkten Anstalt, der cellula und des Klosters.
*) Sein Schwiegervater, Mark^^raf Hermann, starb 1078.
") Von Heiriclu IV. Regierungiantritt bU «am Sturx Karls X. 1589
bis 1S30 sind nur ca. 240 Jahre, und 8 Generationen (Heinrich IV., Lud-
wig Xill., Ludwt}^ XIV., Dauphin, Herzog von Bourhon, Ludwip^ XV.,
Dauphin, Ludwig XV'I. und seine Brüder;. Etienso bei den ca. 240 Jahren
der letzten Hohenzollern 1640—1888 (der grofse Karfttm, Friedricli 1.,
Friedrich Wilhelm t., Friedrich IT , Friedrich Wilhelm II., Friedrich Wilhrlm III..
Friedrich Wilhelm IV., Kaiser Wilhelm. Kaiser Friedrich (9 Generationen).
•,Wie dieser biefs, zeigt die folgende Erörterung.
*) Schmid III, 37 ond 141.
V Schmid lU» 334.
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— 12 —
Da das Kloster nun aber erst 1132 gegründet ist, als
schon der Vater des seit U22 urkundlich vorkomnienden Ra*
poto (I) längere Zeit gestorben war, so kann jener Vater, der die
Schenkung gemacht, gegen den aber ein Rapoto bis 1150 remon-
striert hat, kein anderer sein als jener Rapoto. der seit 1122
vorkommt, d. h. Rapoto I. (1 122 — 1 132) mufs der Vater des
später vorkommenden Rapoto II. (1132 — 1172) gewesen sein.
Aufserdem liegen mehrere Anzeichen vor, dafs der um
1122 bis 1132 genannte Graf Rapoto ins Kloster gegangen ist.
Vor allem wichtig ist das Zeugnis des Totenkalenders
des St. Michael-Klosters in Bamberg, dem Graf Rapoto zweifel-
los wohl bekannt war Sihmid III, 47), zum 22. Mai: Rapoto
comes monachus Halesbrunnensis.
Zu demselben Tage berichtet der ältere Nekrolog von
Heilsbronn^): obiit Rapoto, comes, wozu von späterer Hand, die
auch sonst glaubwürdige Nachrichten bietet, hinzagefUgt worden
ist: de Abenberg fundator noster.
Rapoto I. ist also Hcilsbronner Mönch geworden. Er hat
dessen Stiftung durch reiche Schenkungen, welche sein Sohn
Rapoto II. zum Teil hernach bestritten hat, erst ermöglicht.
Nur so wird der Zusatz des Nekrologs fundator noster
erklärlich, Worte, die doch gewifs möglichst unpassend von dem
lange mit dem Kloster in Streit befindlichen Rapoto II. gebraucht
werden- (vul. Schmid, Hohenzollern III, 234).
So nur die Worte der Unterschrift des berühmten Ge-
mäldes: TTaec domus Ottonem colit et comitem Rapotonem.
Presul t'undavit, comes hanc opibus cumulavit. Von dem län-
gere Zeit mit dem Kloster streitenden und erst 20 Jahre nach
seiner Gründung nachgebenden Rapoto II. durfte dies schwer-
lich ein Heilsbronner Mönch gesagt haben. Auch ist dieser,
wenn anders der Hauptförderer jenes Klosters wirklich ein
monachus Halesbrunnensis wurde, nicht im Heilsbronner Toten-
kaiender erwälmt.
*) 33' Jahresbericht d. hisior. Ver. m .Vlitielfranken (1865) Beilage V.
') So auch ist es erklärlich, wenn Rapoto, der erste Abt Heils-
broniif, wihrend des 15. Jahrhandertt in den Kreisen des Klosters mit dem
Grafen Rapoto verwechselt wurde.
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— 13 —
Somit ist allein folgende Genealogie zuläfsig:
X
Wolfram I. (1071 — 1099). Otto I. (1071— 1099).
(advocatas Babenb.)
Wolfram III Wolfram 11. Otto 11 Krzlv Konrad von
aclvocatus Babenb. ,.1 1 ob;. Hedwig v. Banz. ^}^^J^l^i}^^jrJJ^7'-
Adalbert, Domherr ( 1 108). Rapoto I. Ouo III.
advücaluä Babenb.
(1122— 1 132) '
Adalbert,_ Konrad sen., sTgchter.
I " "
Rapoto 11. Reinhard, Bischof V. Hedwig (s, Schmid
C1132-— 1172) VVür2burg(i 171-1 183; III,45u. 237;
Konrad junior Friedrich]. ^1183 Bertha (1174),
f nach 1167. (verheirathetseit 1167). Aebtissin v. Kit^ngen.
Friedrich 11. f 1200. 8 Töchter.
Wenn so Rapoto, der 1132 ins Kloster Heilsbronn ein-
trat, dort als monachus gestorben ist, der in Urkunden seit 1132
weiterhin bis 1172 genannte Graf Rapoto sein Sohn und Erbe
war, so fällt auch ein helleres Licht auf einige andere Probleme.
V'or allem wird so die Hauptschwierigkeit aufi^ekUirt; Wie
kommt der Bischof^) von Bamberg zu so ausgedehnten Besitzun-
gen um Heilsbronn und im Rangau, iu der alten Grafschaft der
Abenberger?
Wenn Rapoto I. jene Güter bergegeben und bei seinem
Eintritt ins Kloster diese an den Bischof Otto von Bamberg
zum Behuf der Klostergründung geschenkt hätte*), so wäre es
V) Vgl. Stiftungsurkunde: item Halespranneo, Witramdorf, Erlehe,
Obrendorf, Velsen dorf, Be^emanncsdorf.
Eine entsprechende Hchenkung rinden wir bei v. Lang. Regesia
boica I, 147 in einer Urkunde von 11 36, Arnold von FreihakUch, »sancto
Michaeli tradtt pracdiutn stiam . . . eo pacto, ut inier fratres barbatos recl-
l>iatur«.
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~ 14 —
klar, wie Bischof Otto von Bamberg in die Lage gekommen
sein konnte» diese Orte erst zu besitzen, dann an Heiisbronn
zu verschenken.
So endlich lösen sich auch die Schwierigkeiten hinsichtlich der
Gräfin Hedwig von Abenbcig, der Gemahlin Hertholds III. von
Henneberg und Andechs*). Diese war offenbar eine Schwester
Konrads und Friedrichs von Abenberg, eine Tochter Rapotos II.,
trotzdem nach der Urkunde vom 27. März 1152 (Östereicher
Urkunden von Banz, XXXIII) Hedwig soror predicti comitis
Rapotonis heifst. Diese letztere Hedwig ist nämlich nach Schmids
richtigem Nachweis III, 264 ,,zttverläfsig*' ebenfalls eine Toch-
ter des Grafen Rapoto. Das Rätsel löst sich einfach so, dafs
diese Hedwig eine Tochter Rapotos I., eine Schwester Rapo-
tos II. war.
Somit ist die Existenz eines doppelten Rapoto von Aben-
berg gesichert.
Der eine war Gründer von Heilsbronn 1 132, der manche
seiner eigenen Güter dem Kloster Heilsbronn geschenkt und der
seine nächsten Verwandten, seine Neffen und Nichten zur Ent-
äufserung ihres Besitztums zu gleichen Zwecken vermocht hat.
Im Jahre 1132 wurde Rapoto II. Nachfolger seines Vaters
in der Grafsclmft Abenberg und scheint mehr in weltlichem Sinne
für die Bewahrung seiner Hausmacht gewirkt zu haben ^.
Nicht unwichtig scheint mir das zu sein, was sich hiefür
auch aus dem berühmten Heilsbronner Stiftungsgemälde er*
giebt«).
Dasselbe ist zwar offenbar jünj^^er als die Stiftung von
Heilsbronn, aber es erinnert, wie Stillfried »Heilsbronnc 187 be-
merkt, die Anordnung der einzelnen Teile auffallend an die älteren
Handschriftenbilder byzantinischen und romanischen Stils" und
geht augenscheinlich auf eine zeitgenössische Abbüdung zurück.
Ueber diese «. Näheres Schmid III, 252, v. Oefele. Grafea von
Andechs.
Die weibliche Nachkommenschaft ist hier tum Teil Übergangen.
So die fragwürdige „heilige Stilla."
Hocker, Anti {uitätenschatx, su S. 55: Slillfried, Kloster HeiUbronUi
187 und Abbildung 51.
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— 15 —
Sehr bezeichnend ist hier die Darstellung des gräflichen
Gründers Rapoto I. (1132). Dieser ist nicht nur mit langem
weifsem Bart- und Haupthaar dargestellt — was doch dann, wenn
derselbe Rapoto erst 1176 gestorben wäre, möglichst unpassend
wäre — Sündern ihm fehlen auch die den übrigen Grafen ge-
gebenen Attribute. Kr hat weder einen Panzer, noch ein Schwert,
nicht Beinschienen oder Kriegsschuhe, wie z. B. Graf Konrad.
Offenbar sollte bei der Darstellung von Rapoto I. möglichst
deutlich gemacht werden, dafs er im Begriffe stehe, aller welt-
lichen Macht zu entsagen und alle weltlichen Attribute abzulegen.
Ja, es erscheint von diesem Gesichtspunkt aus höchst wahr*
scheinlich, dafs der hinter dem knieenden Rapoto I. stehende
Kriegsmann mit gezüi:ktem Schwert, der seinem Vater wider-
strebende Sohn, kein anderer als Rapoto II. sein sollte.
Fassen wir das Gefundene kurz zusammen:
Das Haus der Grafen von Abenberg ist, soweit die doch
gewifs nicht sparsam überlieferten Angaben von Urkunden und
zeitgenössischen Chronikenangaben lauten, um das Jahr 1200
mit Friedrich IL, dem jungen Helden von Abenberg und Frens-
dorf^) ausgestorben.
Sein Oheim Konrad ist k6m anderer als der Conrad iunior,
der um 1167 gestorben ist und nebst seiner Gemahlin Sophia
offenbar als Wohlthäter des Klosters Heilsbronn gefeiert wurde,
mitbin Teile seines Erbes diesem Kloster vermacht, Grafschaft
und Titel von Abenberg aber seinem jüngeren Bruder Friedrich I.
hinterlassen haben wird.
Alle sonstigen Mitglieder des Hauses Abenl»erg sind ent-
weder in den geistlichen Stand getreten, oder sind als kinder-
los überliefert, oder haben ihr Erbe an die Kirche verkauft,
ohne männliche Erben hinterlassen zu haben.
Daraus folgt aber nebenbei für die Herkunft der Burg-
grafen von Nürnberg (1200 — 1417), die neuerdings wieder auf
das Abenberger Grafengeschlecht zurückgeführt worden sind,
etwas sehr Wichtiges, nämlich soviel:
') Aach Rapoto II. heibt mehrfach nach der Barg Frensdorf; vergK
Scbmid UI, 49, 279.
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— 16 —
Der 1192—1300 erwähnte Graf Friedrich von ZoUern,
derselbe, welcher damals zugleich Burggraf von Nürnberg
war, kann nicht zur männlichen Nachkommenschaft der
Abenberger gehört haben. Und femer: Kein Abenber«
ger kann vor 1192 Nürnberger Bur«^graf gewesen
sein. Denn sowohl der 1163 verstorbene Konrad von Aben-
berg, wie Friedrich I. und Friedrich TT. von Abenberg kommen
mehrfach in Urkunden neben dem Burggrafen Konrad von
Nürnberg^) vor.
Befinden sich trotzdem Stadt und Grafschaft Abenberg im
1 3. Jahrhundert (nachweislich seit 1246, s. Mon. Zoller. II, 48)
in der Hand der Burggrafen von Nürnberg, so kann dieses nur
durch weibliche Vererbung ^) oder durch Kauf vermittelt sein.
') Näheres s. bei Schmid III, 64 — 77.
~) S. 193 f. F.s ward in meinem Aiifsat- «Ist un^^er Kaiserhaus a',;s
Zoilernstamm entsprungen/« tZeilschnft lür Geschichte des Überrheins 1891)
{gezeigt, dafs wahrscheinlich eine Scbwestv von Friedrich II. von Abenberg
mit dem Sohne Friedrich HI. von ZoUem (1171—1200) vemShU war
(vergl. S. 207).
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Markgraf Casimir und der Bauernkrieg in
den südliehen Grenzämtem des Fürstentums
unterhalb des Gebirgs.
(Vom 26. April bis 21. Mai 1525.)
Von Dr. Carl JSger,
Reallebrar in Nürnberg.
Einleitung.
Der Zweck der voriiegenden Al^luindlung hat es notwendig
gemacht, im Interesse der räumlichen und zeitlichen Beschrän-
kung manches nicht so ausführlich zu behandeln, oft sogar nur
anzudeuten, was bei einer gröfseren Arbeit zu übergehen, sich
als lücken- und fehlerhaft von selbst verboten hätte.
Dahin rechnet der Verfasser das nur kurze Berühren resp.
als Bekanntvoraussetzen der Verhandlungen der Neustädter Tage,
der Unterhandlungen mit Rothenburg, welch* aUe, hervorgegan-
gen aus dem Wunsche der wachsenden Bewegung durch die
Kooperation der staatlichen Gewalten einen Damm entgegen
zu stellen, doch aus den bekannten Ursachen zu keinem Resul-
tate führten. Dieselben schienen um so eher nur kurz erwähnt
werden zu müssen, da beide eine ausführliche und ziemlich er-
schöpfende aktenmäfsige Darstellung — bei Lorenz Fries und
Thomas Zweifel — bereits gefunden haben, die aufserdem vor-
handenen Materialien aber nur eine geringe Ausbeute an Neuem
und Wichtigem geboten hätten.
Ebenso schien es erlaubt, das Verhältnis des Markgrafen
/u dem Schwäbischen Bund und die Korrespondenz zwischen
beiden nur an den wichtigsten Stellen hervorzuheben und den
übrigen Briefwechsel, der doch nicht viel mehr darzulegen im
Stande wäre als das längst bekannte Mifsverhältnis zwischen
den Pflichten und Leistungen der Bundesgüeder, nur andeutend
zu streifen.
8
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— 18 —
Andere Gesichtspunkte waren bei der zeitlichen Beschrän-
kung der Arbeit gegeben. Es finden sich weder die Gründe,
weiche die Erhebung der armen Leute in den fränkischen Ge-
bieten der Brandenburger hervorriefen — , d. h. deren Lage vor
de^Iben, deren Belastung etc. — , noch die nach Dämpfung
der Empörung erfolgenden Untersuchungen! Strafen und Ent-
schädigungen näher erwähnt, da dieser Versuch eben nur den
Aulstand selbst und zwar nur den Katni)!' in den südlit^licn ( 1 1 en/,-
ämtern des Ansbachcr Fürstentums, der den ersten .'vktvles f^rofsen
revolutionären Dramas bildet, zum Gegenstand haben sollte,
die erwähnten Materien aber, ebenso wie die Kreignisse in den
übrigen Ämtern, besondere Abschnitte zu bilden bestimmt er>
schienen.
Und nun noch einige Worte Uber die benützten Quellen
und HQfsmittel.
Die Arbeit beruht sclbstverständlicdi hauptsachlich auf archi-
valischer Grundlage. Die bei weitem reichste Ausbeute für
dieselbe bot natürlich die im k, Kreisarchiv Bamberg befindliche,
aus elf Tomen bestehende Serie der Ansbacher Bauernkriegs-
akten — citiert unter der Bezeichnung: A. S. T. I — XI — .
Dieselbe enthält einen reichen Schatz von Briefschaften —
Originalen, Concepten und Kopien — , von Berichten, Instruk-
tionen, Ratschlägen, von Schaden- und Entschädigungs- Verzeich-
nissen, von Urgichten und Straflisten etc. etc., leider weder
chronologisch noch sachlich systematisch geordnet.
Über die religiöse Stellung des Markgraten gaben manchen
Autschlufs die Brandenburger Religionsakten — k. Kreisarchiv
Nürnberg, citiert unter der Bezeichnung B. R. T. I. flf. — , soweit
dieselben benutzt werden durften. Manches Interessante fand
sich auch in dem Aktenmaterial der ehemaligen Reichsstadt
Nürnberg; besonders in den sogen. Briefbüchem (Nr. 87—90),
den Ratsbüchem und den weit reichhaltigeren Ratsprotokollen
der Jahre 1524 — 25 — alle 3 erwähnten Archivalienreihen be-
finden sich im Jvrci.saichiv Nürnberg.
Spezielle Aufschlüsse lokaler Natur gaben 1) der Anhauser
Akt, die Scbadens-Spezihkation des Priors Kainhart enthaltend.
I oS
— k. Kreisarchiv Nürnberg, bez. und citiert S. 12
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— 10 —
2) der Auhauser Akt, welcher aufser verschiedeoen Schaden-
berechnungen des Klosters auch die Entschuldigungen einer
grofsen Anzahl beteiligter Orte enthält — Kreisarchiv NOm-
berg, bej5. and citiert S, 12'/6 N. 11. Ein auf Crailsheim
bezüglicher Akt, welcher die Instruktion der späteren Unter-
süchuugskomniission daselbst, aber auch die Beschwcrdeartikel
der Gemeinde und Urgi( litcn Crailsheimer Verdächtiger enthält.
— Kreisarchiv Kürn])erg, bez. u. citiert S. V.L. 228. Nr. 48. —
Ergänzt wird er durch einen andern Crailsheimer Akt — eben^
daselbst S. V. L. 245. Nr. 5 — , der einige Urfehden gelange-
ner Bürger und Bauern enthält.
4) Das Hohenecker Salbuch — Kreisarchiv Nürnberg bez.
S. 10, R. 2. 52. — , welches einen Teil der Windsheimer Chro-
nik und zwar den, der den Bauernkrieg behandelt, enthält, ist
fiir diesen Teil der Bewegung von geringer Bedeutung.
Es würden sich noch verschiedene archivalische Quellen
anziehen lassen, welche berücksichtigt wurden, wie die Faszikel
der Bayreuther Serie, der Rothenburger und Bamberger Bauem-
kriegsakten, verschiedene Verzeichnisse Auiständischer und Ur>
fehden etc. , da dieselben aber, als entweder zeitlich oder räum-
lieh von dem Kern der AuiY;al)e zu weit entfernt, nicht citiert
wurden, kann deren Aufführung nach Nummer und Lagerort
füglich unterbleiben.
Bei Druckwerken hielt es der Verfasser für besser, nur
diejenigen hier aufzuführen, die als Quellenwerke einschlägig und
zu beachten waren. Es sind dies in erster Reihe:
Baumann, Quellen /.ur Geschichte des Bauernkriegs aus Rothen-
burg an der iauber, — citiert als Thomas Zweifel — ,
Baumann, Quellen zur Ges( hichte des Bauernkriegs in Ober-
schwaben — citiert als Baumann I«), beides Editionen
des Stuttg. Littr. Vereins — Nr. 139 u. Nr. 12Q — » dann
Baumann, Akten zur Geschichte des Deutschen Bauernkriegs
in ( )bersch\\ nben — citiert als Baumann II») — , femer
Schafiler und Henner, Geschichte des Bauernkriegs in Ostfraoken,
a) BaniDftnn QueUcn.
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20
von Magister Lorenz Fries, — citiert als Fries — , Edition
des historischen Vereins von Unterfranken etc.
In zweiter Reihe stehen die ferneren Editionen desselben
Vereins :
Die Stadt Wttrzburg im Bauernkrieg von Martin Cronthal, Stadt-
Schreiber daselbst, und
Geschiclite des Kitzinger Bauernkriegs von lüoronymus Hnmtiier.
Noch erwähnt mögen hier als hauptsächlich verglichen
werden :
W. Zimmermanni Geschichte des grofsen Bauernkriegs, — citiert
als Zimmermann I und II — Stuttgart 1856,
Bensen, Geschichte des Bauernkriegs in Ostfranken, — citiert
als Bensen,
Jörg, Deutschland in der Revolutionsperiode von 1522 — 26, —
citiert als Jörg — ,
Öchsle, Beitrage zur Geschichte des Bauernkriegs, — citiert als
Öchsle — .
Die übrigen zahlreichen benützten Druckschriften ergeben
sich aus den Anmerkungen, doch ist natürlich archivalischen Be-
legen stets der Vorrang gelassen.
Wenn wir die Kräfte des Widerstandes, welchen in der
grofsen Bauernbewegung von 1525 die Fränkischen Fürsten und
Herrschaften den die Grenzen ihn r Besitzungen überflutenden,
und — für den Augenbli« k unaufhaltsam — n;i( h der Insur-
gierung ganz. Frankens strebenden revolutionären ( Ii walten ent-
gegen zu setzen vermochten, genauer betrachten und nach ihrer
Einwirkung auf den Gang der Ereignisse würdigen, so ist un-
leugbar der politische und kriegserfahrene Fürst, Markgraf Ca»
simir von Brandenburg, derjenige, der durch seine diplomatische
Feinheit und Überlegenheit bei den Verhandlungen mit den
Bauem^Heeren sowohl, als durch sein, wenn es nötig er-
schien, mit der kühnen Entschlossenheit des bewährten Kriegs-
fürsten gewagtes, thatkräftiges Eingreifen mit bewaffneter Hand
am nieisten dazu beiträgt, die schwachen Reste staatlicher Auto-
rität zu wahren, die volle Ausbreitung der Bewegung dagegen
zu beschränken und schliefslich zu hemmen.
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— 21 —
Während von den Bistümern nur Würzbnrg einen für den
Verlauf des Kampfes allerdings sehr wichtigen, aber doch ntir
rein defensiven Widerstand — durch die tapfere Behauptung des
Frauenberges — leistet, Ramberg und Eichstädt aber schon dem
ersten Anprall der Empörung erliegen oder nur mit fremder
Hülfe gerettet werden, während die freien Städte des Reiches
teils, wie Rothenburg, der Bewegung zufallen, teils, wie Nörd«
lingen und Windsbeim, durch innere Zwiste wehrlos gemacht
sind; SU einer Zeit, während welcher es dem klugen,
nachgiebig erscheinenden Regiment der patnzischen Nürnberger
Staatsmänner nur mit Mühe geh'ngt eine zweifelhafte Neutralität
zu behaupten, ist Markgraf Casimir der einzige unter allen
Fränkischen Ständen , der. an der Spitze seiner kleinen, mit
Mühe zusammengebrachten Heerschaar, den grofsen Heeren
der Aufständischen Respekt einflössend und sie durch ge-
schickt geführte Unterhandlungen von einander isolierend,
sich nicht scheut, gegen seine nächsten und drohendsten Feinde
Gewalt zu gebrauchen.
Die heldenhafte Verteidigung der Würzburger Feste allein
würde nicht genügt haben, das grofse Fränkische Voiksheer —
so schlecht und vielköpfig auch dessen Führung war — am
Fortschreiten zu hindern. Ohne des Markgrafen siegreiches Vor-
gehen bei Ostfaeim gegen die Rieser, ohne seine spätere, gut-
gewählte Beobachtungsstellung bei Markt-Erlbach, welche eine
Teilung der Belagerungsarmee vor der Bischofsburg dem ener-
gischen Feinde gegenüber als höchst bedenklich erscheinen lassen
mufste, würde ganz Franken wohl schon vor Ankunft der Macht
des Schwäbischen Bundes verloren gegangen sein.
Nur der von ihm drohenden Gefahr verdankte es wohl
die reiche Noris, wenn die Bauern ihrer so sehr angefochtenen
XeutraataL nicht rascli mit den W'atTen ein Ende machten, nur
jener verdanken seine — (kirch (iie Verhandhingen mit dem
Dinkelsbühler und Jagst- Flau fen oder der Baniberger Landschaft
nur sehr problematisch gesicherten — treu i,a^l)1i(^bcncn oder
wieder beruhigten Amter ihre Ruhe und verhältnismäfsige Sicher-
heit, nur aus diesem Grunde liefs sich schliefslich auch das
Fränkische Heer zur Unterhandlung mit ihm herbei.
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— 22 —
Wie sein Vater Friedrich ein treuer Anhänger des kaiserlichen
beziehw. Österreichischen Hauses hatte er von Jugend auf, ob-
gleich er 1507 Dompräbenden genofs, dessen Fürsten gedient
und seine Sporen als Kriegsmann sowohl in deren Diensten als
in eigenen Fehden erworben. Noch war in Franken nicht ver-
gessen, wie er die Nürnberger in der Schlacht vor dem Walde
geschlagen, kaum noch zum Manne erwachsen. Im Lands-
huter Erbfolgekrieg in der grimmen Böhmenschiacht bei Schön»
berg that er unter Maximilians Augen den ersten AngriflT; bei
der Belagerung Kufsteins war er zugegen. Der so glorreich
begonnene und so resultatlos verlaufende Krieg gegen die Vene-
tianer fand ihn ab obersten Feldhauptmann in Tyrol. Für
seine überaus thätige Verteidigung versprach nicht nur der Kaiser,
ihm binnen 3 Jahren 54000 Gulden rheinisch auszahlen /u lassen,
sondern auch die Grafschaft selbst bedankte sich unter grtifsen
Lobeserhebungen auf das verbindlichste bei ihm^) Auf den
Reichstagen zu Worms und Trier führte er sich näher in die
reichsständischen Verhandlungen ein. £s ist bekannt, wie und
üach welchen Kämpfen Markgraf Casimir und sein Bruder Georg
— nach dem wegen Geisteskrankheit erfolgten oder vielmehr
erzwungenen Rücktritt seines Vaters — als Regenten an die
Spitze der beiden Fränkischen Fürstentümer ob und unter dem
Gebirg traten.
Da Markgraf Georg meistens als Freund und im Dienst
des Königs von Un^-^nr?) an dessen Huf verweilte, so war Mark-
graf Casimir der eigentliche Regent und Herr, aber auch er
mufste wegen der schlechten Finanzlage des Landes, trotzdem
er seit 1518 mit der Nichte Kaiser Maximilians, Susanna von
Bayern, vermählt war, suchen — wie es auf dem Baiersdorfer
Landtag ausgemacht worden — durch seine Dienste bei andern
Fürsten seine pekuniäre Lage zu verbessern.
Bei seinem stets bewiesenen Eifer für die Österreichische
Partei war es nur natürlich, dafs sich bei der Kaiserwahl des
Jahres 1510 das Augenmerk Karls vnn Spanien suwühi als seines
Bruders Ferdinand auf ihn richtete, als e> L-alt, die besten Unter-
händler mit den Kurfürsten auslindig zu machen.
Mit äufserstem Lobe erwähnen sowohl Karl als Ferdinand
die Verdienste, die er sich durch Klugheit und Famüienbeziehungen
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tun das Zustandekommen der Wahl des Spanischen Monarchen
erworben hätte. Viertausend Gulden jährliche Pension waren
ihm — dem Markgrafen — schon am 24. Dezember 1518 von
Karl versprochen worden, von dem Taije der Wahl an zu be-
zahlen. Arn 29. Juii von Barcelona aus sandte ihm der Kaiser
ein von Dank überfliefsendes, höchst gnädiges Schr ilMn^).
Auch sonst leistete er die wesentlichsten Dienste; als Landes-
hauptmann von Österreich lobt Erzherzog Ferdinand seinen Eifer
ßir das Erzhaus und seine Kriegserfahrung aufs höchste^.
Aufs neue bewies er seinen staatsmännischen Blick, als
er'un Jahre 1522 als Beisitzer des Reichsregiments vorschlug,
zur Erhaltung desselben und des kaiserlichen Kammergerichtes
einen »gemeinen Zolk auf alle fremden Kaufmannsgüter, sowie
auf die ausgeführten Deutschen Oüter zu legen, zweitens zu dem-
selben Zwecke dem Papste die Annaten und Pensionen vorzu-
enthalten, Mittel, welche sowohl Regiment als Kamnicrgericht
von dem guten Willen der Territorialherrschaften unabhängig
gemacht hätten. Als nach der Niederwerfung des kühnen
Sickingen das Regiment gestürzt wurde, war er natürlich auch
in Mitleidenschaft gezogen worden, zumal, da er besonders unter
dem Mifstranen der Städte und dem Hafs der Baierischen
Politik, deren hauptsächlichster Gegner unter den Fränkischen
Fürsten er als eifriger und vertrauter Anhänger des Habsburgi-
schen Hauses war, schwer zu leiden hatte*).
Bei Ausbruch der grofsen Volksbewegung stand Markgraf
Casimir in seinem vierundvierzigsten Lebensjaiire. Kein glänzen-
der Kampf- und Tumierheld wie sein Grofsvater und Vater war
er doch ein erprobter Krieger, ein tüchtiger Feldherr und Staats-
mann. Trotz des schweren und schmerzhaften Steinleidens, das
ihn damals quälte, war sein Geist und seme Willenskraft stark
und ungebrochen. Schon krank, schwachen Leibes zog er aus,
die Riesbauem zu schlagen^), indem er seinem System getreu,
um sie zu isolieren, mit denjenigen Haufen, von denen sie Hülfe
hätten erwarten können, erfolgreiche UnterhandluiiL^i-n anknüpfte.
Wie unernuidlich er in letzteren stets war, läl'st si« h aus den /u
seinem grofsen Kummer resultatlos verlaufenen Verhandlungen
mit Rothenburg und Nürnberg, aus den so oft beschickten und
doch endlich vergeblichen Neustädter Tagen ganz genau erkennen.
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Attfs beste war er bedacht, bei den Bauernheeren vertraute oder
wenigstens bekannte Personen — 2. B. in Rothenburg Stephan
von Menzingen, im Fränkischen Heer Florian Geyer, im Ell-
wanger Haufen die adeligen Bauernräte und Chorherren Wilhelm
von Hefsberg und Hans von Gültingen — zu benützen. \on
ihnen Nachrichten einzuziehen, bei Verhandlungen sich ihrer zu
bedienen.
Ebenso unermüdlich wie in seinen politischen, war er auch
in allen sonstigen Geschäften.
Nichts durfte ohne ihn entschieden werden, selbst bei
Kleinigkeiten wurde seine Entscheidung angerufen. Es findet
sich unter anderm wohl, dafs er genaue Anweisung erteilt'), wie
die Sommerkleidung seines Hofgesindes anzufertigen sei; dafs
die Räte bei ihm anfragen, ob das in grofser Anzahl zu Onolz-'
blich stehende Rimlvieh geschhu liLct und eingcsalzcn werden
solle, weil es sonst zu Grunde gehen mürste®): er entscheidet,
welclie Kost dem Abt des voriäufig zu Händen genommenen
Klosters Ueilsbronn gegeben werden soll Sehr oft finden sich
auf den Akten und anderweitigen Schriftstücken eigenhändige
Vermerke, auch Postscripta^^), sehr oft entscheidet er ohne
Jemand weiter um Rat zu fragen ^^). Trotzdem war er weisem
Rat» nicht unzugänglich, ja oft erinnerte er die Räte, wenn sie
ihm — besonders wenn er weiter entfernt — wichtige Sachen
zuschickten, ohne ihre Ansicht darüber auszusprechen, mit grofsem
Ernste daran, auch ihr Votum beizufügen ^-). Überhaupt tadelte
er Unterlassungen und Fehler ziemlic h streng, selbst seine Günst-
linge waren nicht sicher vor herbem Tadel *^), wenn sie etwas
vernachläfsigten, wie denn sein Charakter überhaupt zur Strenge,
ja Härte neigte^*).
Seine und seines Landes traurige Finanzlage nötigte den
Markgrafen zu äufserster Sparsamkeit, die nicht selten an Geiz
zu streifen schien. Er schreibt wohl einmal an Markgraf Georg,
dafs man ihn für einen kargen Mann halte, ^^der nicht könne essen
und Lunken sehen :.''') An den Hochmeister Aibrerht schreibt
er einmal, dalb er, um nur seinen «fursUichen Stand und Wesen«
zu erhalten, von Tag zu Tag mit grofsen Beschwerden Geld
aufbringen und entleihen müsse, dafs er für den Württemberger
Krieg monatlich ÖOO Gulden — auch wieder durch Anleihen —
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habe aufbringen müssen, und dafs er den Nttmbergem, die ihm
.wegen des in seinem Lande auf kaiserlichen Befehl — d. h.
eigentlich des Reichsregiments — angeordneten Zoll bereits
in seinem Lande Gewaltthätigkeiten zugefügt, fast wehrlos gegen*
über stehe Im Herbst 1522, drei Jahre später, schreibt
er diesem seinen Bruder, dafs er nicht im Stande sei, auch nur
500 Uuidcn, die man von ilim verlangte, zu zahlen^').
Die drückende Schuldenlast mit ihrer damaligen, über«
mäfsigen Verxinsung, die Markgraf Casimir teils von seinem
Vater vorfand, teils in Diensten des Kaiserhauses, das, so frei-
gebig es auf dem Papier mit Versprecliungen gewesen, sich sc»
zäh bei dem Versuch, die Forderung zu realisieren, erwies, noch
vermehrt hatte die schlechte Verwaltung und primitive Art
der Steuererhebung, die vielen Exemtionen des Adels und der
Geistlichen, die bedeutend gewachsenen Reichs- und Bundes-
Anlagen, die Habsucht seiner Brüder bei der Festsetzung ihrer
Deputate waren hinreichende Gründe, dafs er finanziell nie auf
einen grünen Zweig gelangen konnte.^ Nur erklärlich ist es des-
halb, dafs in diesen Nöten der Fürst mit äufserster Zähigkeit
auf seinen Rechten - oder was er dafür hielt - bestand, wenn
sich von irgend einer Seite neue üeldipiellen für ihn zu eröffnen
schienen, sei es, dafs er als »Herr des Krieges« die Ottinger
Uuterthanen schätzte oder als Landesfürst den armen Leuten
seines Adels — trotz ihrer Herren Widerspruch — Brand-
schatzungs- und Schaden-Gelder auferlegte ^').
Dafs unter sothanen Umständen che Anlagen des Schwäbi-
schen Bundes nur zögernd und trotz aller Mahnschreiben in
immer langsamer werdendem Tempo eingezahlt wurden, ja zuletzt
ganz und gar ausblieben, verstand sich beinahe von selber,
machten es doch die andern bedrohten Stände, besonders
in Schwaben, auch nicht viel anders, so dafs Nürnberg, auf
dem wie auf den andern Reichsstädten hauptsächlich die Geld-
macht des Bundes beruhte, tmd welches deshalb die Lasten
mit am scliwersten empfand sich durch seine Gesandten gar
bitterlich iiber (his Bevorzugen der Schwäbischen und die Zurück-
setzung der l'ränkischen Bundesstande — - aufser bei etwaigen
Zahlungsforderungen ^ beklagen liefs^").
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In diesem leidtgen, ewigen Geldmangel in der Zeit drohend-
ster Gefahr liegt ohne Zweifel auch der eigentliche Grund fttr-
das Verfahren, von gefangenen Aufrührern grofse Geldsummen
unter Tudesandrohun^ zu erpressen, bezw. für die Verschoiiung zu
nelimcn^'), ein Verfahren, das, so sehr es gegen das moderne
Gefühl verstöfst, doch einerseits in damaliger Zeit und auch
noch später zum Kriegsgebrauch gehörte, andererseits jedoch
auch mit in des Markgrafen unleugbarer, sich manchmal bis zur
Grausamkeit steigernden Härte begründet ist. *
Diese Neigung zur Grausamkeit ist jedoch oft so Ober-
trieben dargestellt worden, dafs hinter ihr Jeder andere Charakter-
zug zurücktritt, und Markgraf Casimir nur als blutiger Henker
gezeichnet erscheint. Dafs das blutige Kitzinger Gericht mit
seinen Massenblendungen stets einen bösen Fleck auf seinem Bild
zurücklassen wird, ist ebenso gewifs, als dafs der Markgraf son?t
weder den Schwäbischen Bund noch tlen frommen Bischof Kon-
rad von Würzburg» noch die verbündeten siegreichen Fürsten
zu Frankenhausen oder die kaum wieder restituierten Ehrbarkeiten
von Rothenburg und Mühlhausen und noch viele andere an
Härte und Grausamkeit übertrifft. Von religiösem Fanatismus
irgend einer Art war bei ihm, dem blofs mit den Faktoren der
Politik rechnenden Staatsmanne, natürlich schon gar nicht die
Rede.
Ohne sich den \V;ilirheiten der neu aufkuinmcnden Mei-
nungen geradezu zu vcrschliefsen, nahm er doch nur zögernd
und auf den Antrieb anderer an deren Entwickeluiig l eil, aber
wenn ihn auch seine vorsichtige Art und sein konservativer Sinn
nur langsam dem Druck der Bewegung und dem Anliegen seines
eifrigen Bruders Georg und seiner Landstände den Voistellungen
seiner von dem ränkevollen obersten Sekretarius Georg Vogler
aufgeforderten oder doch geleiteten Städte'^ nachgeben liefsen,
so erkannte andererseits sein politischer Scharfblick doch gar
bald, in welchen vorteilhaften Stand gegen seine Geistlichkeit
— besonders die Klöster — und deren Oberhirten, die Bischufe
ihn der Anschlufs an die reformatorischen Ideen versetzen nmiste.
Wenn er schon nach dem Ansbacher Landtag von 1524**)
befohlen hatte, das Wort Gottes lauter und rein zu predigen,
und wenn er sich während des Kampfes mit den Bauern diesen
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gegenüber stets darauf berief, dafs es der reinen Predigt des
Evangeliums halben in seinen Landen gar wenigen Mangel habe
und dafs er ein christlicher Fürst sei, so dafs manche der-
selben ein gutes Zutrauen zu ihm bekamen, so eilte es ilini doch
bei weitem weniger, die seinen Städten verhafsten alten Ge-
bräuche und Ceremonien abzuschaffen, als die in seiner Finanz-
not ihm so recht zu Pafs kommenden Klostergüter — vorläufig
unter dem Vorwand sie vor den Bauern zu schützen — , so weit
es noch der Aufruhr erlaubte, zu Händen zu nehmen und zu
inventarisieren. Das Ausschreiben, das er, nachdem die Waffen
der Herren über die armen Leute den Sieg davon getragen,
ergehen liefs, :»wie die vergangen emporung und aufnim den
merern tail durch ungelert und ungeschickte prediger und
predig entstanden«, nebst einein christlichen Unterricht, wie
fortan von rechtem wahren christlichen Glauben und rechter
wahrer christlicher Freiheit des Geistes gepredigt werden solle,
worin die Lehre von dem Glauben mit ganz besonderer Vorsicht
gelehrt und festgestellt wird, ist wohl mehr eine landesfürstlich-
polizeiliche Anweisung für die Prediger mit entsprechendem Hin-
weis für die Gemeinden, als eine evangelische Erklärung der
betreffenden Texte.**).
Dafs bei der genauen Verbindung des Mark^^Tafen mit dem
Kaiserhaus — Casimir ist noch auf dem Speirer Reichstag Kommissär
des Kaisers und stirbt im nächsten Jahre als dessen Fcldhauyit-
mann nach der Eroberung Ofens — dessen gewaltiger Kintlufs
seinen nur schwachen Drang nach evangelischer Wahrheit bei
weitem überwog, dürfte aus seiner Stellungnahme zu seinem
Bruder Georg und seinen Bemühungen, die alten Ceremonien
zu erhalten, ebensowohl hervorgehen, als aus seiner mehr ab-
wartenden, seinen politischen und persönlichen Verbindungen
Rechnung tragenden Haitun i?. aus seinem Verhalten gegen seine
evangelischen ( »eistlichen. g< n den Ansbacher Pfarrer Juhann
Rurer (oder Rohrer); sowie bei dem Streite des altehinbis/en
Pfarrers und Chorlierren Johann Dietrich und des neugläubigen
Predigers Vogtherr zu Feuchtwangen erhellen dürfte*'*), dafs
Casimir in unserm Sinne weder Katholik noch Protestant genannt
werden könne, am wenigsten wohl aber das letztere.
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I
Die Anfänge der Bewegung im Fürstentum
unterhalb des Gebirgs bis zum Ansbacher I^andtag.
a6. April.
Schon bei der von Forchheim im Mai und Juni 1524 sich
den RegaiLzi;rund hinab bis nach Herzogenaurach und über
das Nürnberger (lebiet ausbreitenden Empörung hatte Markg^raf
Casimir sogleich die Notwendigkeit erkannt, mit Bischof Weigand
von Bamberg und den Nürnberger Herren gemeinsam den
gefahrdrohenden Feuerbrand zu ersticken, und dies war, beson-
deis im Gebiete der Keichsstadt, mit seiner Hülfe fast ohne
Blutvergiefsen darcb den überaus entmutigenden Eindruck der
gewaltigen Rüstungen erreicht worden
Wie nun im Februar die Erhebungen der Bauernschaften
in Schwaben immer mehr und mehr anschwollen, und in Folge
dessen der Schwäbische Bund, der schon am 1 1 . das erste
Drittel der eilenden Hülfe (78 Mann zu Rois mit Spiersen> bin-
nen 14 Tagen abzusenden und das zweite bereit zu halten
befohlen hatte, immer dringender in fast täglichen Schreiben
bald um das zweite und dritte Drittel» bald auch um Geld, um
fremde Knechte annehmen zu können, mahnte, beeilte sich
der Markgraf, seine Lehensträger, Landsassen und Diener auf-
zubieten, von denen sich verhältnismäfsig nur wenige nicht
einfanden und entschuldigten, und jseine Klöster und Städte
zur Stellung der ihnen -ebiihrenden Hülfe an Mannschaft und
Geld anzuhalten, was ihn aber durchaus nicht abhielt, einige
Unklarheiten und Vetsohcn in den bün<lis< hcn Ausst lireilten
zu benutzen, um die Absendung seines Anteils an den verschie-
denen, sich fast überstürzenden Geldanlagen zu verzögern und
zu unteriasseut Zu gleichem Zwecke mufste ihm später die von
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den Bauern drohende Gefahr dienen. Er woUte seine geringen
Mittel beisammen und in der Hand behalten*^.
Am 13. März erliefs er an alle Amtleute, Kastner und
Vögte seiner Ämter, sowie an die Bürgermeister und Räte der
Städte ein Mandat, fleifsig Achtung und Erfahrung in ihren
Bezirken zu thun nach leichtfertigen Leuten, die sich unterstün-
den, Aufruhr und Empörung zu machen, sie in den Turm zu
legen und bis auf ferneren Bescheid wohl zu verwahren. Wären
sie derselben allein für sich nicht mächtig, so sollten sie es
sogleich melden» dann würde er persönlich oder auf andere
Weise dil&selben zu strafen wissen. Kurze Zeit darnach — etwa am
20. März — schärfte er dies nochmals ein, indem er zugleich
besonders darauf hinwies, dafs das Vorgeben der Bauern, sie
handelten nur für das Evangelium, falsch sei, da in seinen Lan-
den des\\ej,a^n kein Mangel zu finden, er viehnehr als ein
christlicher Fürst stets auf lautere Predigt desselben gehalten
und gedrungen habe-^}.
Aber schon sah sich der Fürst genötigt, Gewalt zu ge-
brauchen.
Um den Hesselberg und besonders zu Weilthigen im Ober-
amt Wassertrüdingen hatten sich die Bauern auf den Sonntag
OcuU — 19. März — zu einem »säusack,« einer Metzebuppe,
verabredet. Der Markgraf, der unter dem harmlosen Scheine
gar wohl die gefährliche Absicht erkannt hatte, beorderte so-
fort Wulf von Künsberg mit etliclien Pferden dahin, indem er
zugleich die Ottinger (irafen einlud, mit ihm gemeinsam dagegen
zu handeln und dem Amtmann von Hohen- und Wasser-Trüdingen,
Herrn Kaspar Schenk*), Befehl gab, mit Hülfe seines Amtes,
der von Lentersheim, der Reisigen und der benachbarten Öt-
tingischen Amtleute sie anzugreifen. Wäre jedoch die Bauem-
versammlung ihm zu stark, dann sollte er es melden. Der
Markgraf wollte für diesen Fall, wie er den Öttinger Grafen
vorschrieb, selbst mit Heeresmacht dahin aufbrechen**). Die
Bauern wurden jedoch zersprengt und so in Schrecken gesetzt,
dafs Casimir durch seinen Sekretär Antoni Graber bei dem
Rothenburger Rat mit Stolz auf den Erfolg, wenn man beim
*) SeiD ganser Titel wSre »Herr Kaspar Scheok von Schenkenstein
Rittar, Avtinaiiii etc.«
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Beginn der Empörung sofort einschreite, hinweisen zu dUrfen
glaubte»").
Um noch mehr Schrecken zu erregen, hatte er durch Herrn
Kaspar Schenk zu Wassertrildingen und Auhausen auf mehrere
hundert Pferde Quartier ansagen lassen,'*^) und am 24. März
schrieb er an die Ämter, dafs in Folge des Aufruhrs in der
Rothenburger Landwehr der schwäbische Bund sich entschlossen
habe und einen stattlichen reisigen Zeug, auch etliche tausend
zu Fufs nebst ziemlichem Feldgeschütz heraufverordnen werde.
Sie sollten sich mit Proviant versehen, sich auch selbst in Rü-
stung setzen, um ihm auf Befehl zuziehen zu können. Ja einein
Teil wurde bereits aufgetragen auf so und so viele Pferde der
imaginären Buiuieshülfe Quartier und Stallung bereit zu halten,*^
eine Mafsregcl, die kaum gutes Blut gemacht haben dürfte.^)
Schon am 29. März regte es sich wieder um den Hesselberg.
Die von Wittelshofen waren um die vierte Stunde des Mor-
gens durch den Bader von Gerolfingen, den >^ linden i);uirx und
»jung Kunla« daselbst aufuemahnt worden, zu ihnen und den
anderen Bauern von (jerolfingen, Aufkirchen, Rockingen, Len-
tersheim und ßeyerberg zu ziehen. Wenn sie es nicht thäten, so
sollten sie sehen, was ihnen daraus erfolge.
Schon in der Nacht um 12 Uhr hatten die Wittelshofer
ein grofses Feuer auf dem Hesselberge bemerkt, aueh die
Tronunel selilagen huren, doeli liefsen sie sich nicht so leicht
fortreilsen, wie wohl die Bauernfuhrer gedacht hatten. Sie woll-
ten es erst an ihre Herren, Dechant und Capitel zu ünolz-
bach, gelangen lassen, gaben sie den Gesandten zur Antwort.
Natttrlich wurde es dem Markgrafen mitgeteilt, der sofort die
nötigen Mafsregeln ergriff. Die geängsteten Wittelshofer wurden
mit dem Versprechen »Schirm und Schutzes« nach Hause entlas-
sen, und Hr. Kaspar Schenk erhielt den Auftrag, die erwähnten
Aufmahner, sowie 6 oder 8 andere, die auf dem Hesselberg
gewesen, .iniiehineti und nach \\ asisertrudnigL-n fuhren zu hissen.
Dort sollten sie mit Ernst verhört werden, warum sie sich /ai-
sanunen geiuttct und des Markgraten Unterthanen aufgemahnt
hätten, was ihr Ansclilag und Fürnehmen gewesen, auch von
wem sie in solchem »hilf, bestand oder trost haben,« sie müfsten
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es bekennen» »sie sagten es mit lieb oder mit Uid.c Ihre
Bekenntnisse seien »klar und lauter« schriftlich zu überschicken.
Um weiterem Aufruhr xuvonukommen, erhielt der Amtmann
den Auftrag, zu Gerolfingen und im ganzen Amt durch die
Amtsknechte von Stund an warnen zu lassen, sich nicht zu den
Aufrührern zu gesellen, sundern sich als fromme Leute gehor-
saiiiUch zu halten. Der Markgraf versprach dagegen, sie »gne-
dig hanthaben, schützen und schirmen«; zu wollen. Mit Nach-
druck wurde auf die Wichtigkeit, gute Kundschaft auf die Bauern
im B.ies und um den Hesselberg zu bestellen, auch verdächtige
Anzeichen gleich nach Ansbach zu melden, in der Instruktion
des Amtmanns hingewiesen. Herr Kaspar Schenk, der schon
von Gerolfingem und andern der Sachen berichtet worden,
und dessen Unterthanen zu seinem grofsen Zorne sich unter
den vordersten Unzufriedenen befanden, schickte eilends den
Vogt liaas Himmler — auch Hymler geschrieljcn — ins Amt
hinaus, sich zu Lentcrshcim und Kliingen der Sachen zu erkun-
digen. Derselbe fand die Stimmung im ganzen nicht ungünstig,
war man doch sogar nicht abgeneigt, die Aufständischen, die
etwa 30 an der Zahl auf dem Berge lagerten, mit (iewalt zu
'vertreiben. Zwei Ehinger Kundschafter brachten jedoch bald
die Nachricht, dafs sie eilends abgezogen und wohl, da .sie
gesehen, dafs ihre Hoffnung auf Anschlufs vereitelt, zu den
Bauern im Ries gestofsen wären. Stolz versicherte Herr Kaspar
in seinem Bericht hierüber, dafs er und der Vogt sich derma fsen
gehalten, tiais er nicht zweifle, >/dafs sich keiner von e. 1. ga.
zu disem mal thon werd -. Um die fj^ute Stimmum; und Hal-
tung zu erhalten untl /.u festigen, riet er bei der Auflage zur
Bestreitung der Bundischen Anlagen ein Einsehen zu thun.
Andererseits mufste, um auch den Schrecken wirken zu lassen,
des Baders Weib, der zu Gerolfingen sich zu den Bauern gesellt
hatte, mit ihren Kindern Haus und Gut verlassen und ihm nach-
ziehen, da* ja die Rädelsführer, zu denen ihr Mann auch gehörte,
zu den Rieser Bauern entkommen waren, darunter besonders
viele Unterthanen des Amtmanns selber, der sie, schon um
seinen Kifer zu beweisen, gar zu gerne gestraft hatte
Schon seit einigen Tagen bildeten sich nämlich im Ries
— bei Ueiningen sowie auf dem Ipf oder Nipf zwischen
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Bopfingen und Nördlingen — gröfsere noch vachsende Ansamm-
lungen von Bauern*^}.
Am 20. März, nachdem der bei Bopfingen gelagerte
Haufe in der Stärke von etwa 300 Mann sich mit den andetn
gelagert hatte, war die Zahl der Aufständischen etwa 2500, vuu
(liMK'ii jedoch mehr als die Hälfte nur zum Haufen genötigt,
ein grofser leil nicht mit Wehr und anderem gerüstet war.
Jörg Haberkorn, der Öttingische Hofmeister, der dies dem Mark-
grafen berichtet, fügt bei, er getraue sich, denselben mit 300
Pferden und etlichen Schlangenbttchsen »alle jre recht se thon.<
Er und sein Herr hätten sie besichtigt und hätten, wenn sie
gewollt, leicht bei 150 Mann erstechen können. Es sei lain
erschrocküch jemerlich volkc ohne alle Vorsicht. Die ipuben
von VVeiltingen c, schreibt er ferner, liefsen sich hören, dafs sie
täglich auf Verstärkung warteten und die Zerstörung der Klöster
beabsichtigten. Seine Herren wollten ohne die Stände nicht
gegen die Bauern handeln^*).
Bald aber stärkte sich der Haufe bis auf 800U, ja wenn
man Thomas Zweifel, dem Rothenburger Stadtschreiber, glauben
will, auf 15000 Mann Die Öttingischen Bauern, ja viele Bür-
ger von Otlingen selbst, auch die markgräflichen Unterthanen'
von Weiltingen, Aufkirchen und andern Dörfern der Gegend
liefen trotz allen Abmahnens ihnen zu**).
Hatte Markgraf Casimir auch schon von Anfang an alles
aufgeboten, um das Eindringen der aufrührerischen Bewegung
in seinen Grenzdistrikten zurückzuvs eisen, so sah er docli sehr
wohl ein, dafs es notwendig sei, dieser Gefahr au die Wurzel
zu kommen, und dafs dies nur durch offensives Vorgehen gegen
den grofsen Haufen im Ries zu erreichen sein würde.
Als daher die Öttinger Grafen unterm 9. April ihm einen
»sondern anschlag wider den grofsen häufen bauren im Riese
zu erkennen gaben, »wie zuvorderst mit der bundischen und
etlicher ander anstofsenden fllrsten hilf gegen denselben häufen
bauren vermittels göttlicher gnaden statlich furgenommen werden
süllci mit dci lütte, auch seine Hülfe dazu schicken zu wollen,
willigte er gerne ein und versuchte die Fränkischen Rischöfe
zu bewegen, sich endlich Uber die in dieser Aufruhr zu stei-
lende Hülfe zu vereinen, den Tag und den Ort zu bestimmen,
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an welchem jeder mit seiner Anzahl im Felde sein sollte. Würden
die Riesbauem geschlagen, so könnte man das Kricgsvolk
auch aiulorwiirts gebrauchen. Zu {gleicher Zeit schlug er vor,
die Kurfarsten und Fürsten von Mainz, Pfalz und Hessen um
Unterstützung^ anzugehen i.
Am 12. April beschlossen die auf dem zweiten Neustädter
Tag versammelten Räte, dafs man auch beim Schwäbischen
Bund um Beistand ansuchen sollte. Auch sollten schon am 18.
die vier Fränkischen Fürsten ihre »statliche verstendige kriegs*
räte« wieder zusammenschicken, um ttber die Art und Weise
des vorzunehmenden Feldzuges gegen die Rieser oder später die
Fränkischen Bauern einen endgültigen Beschlufs »on weiter
hintersichbringcn« zu fassen und sieh über die Verteilung
der Kriegslasten und die Aufbringung der nötigen Geldmittel
zu vereinigen*").
Es war diese dem bedächtigen Gange der Neustädter
Verhandlungen sonst so fremde Eile nicht mehr notwendig.
Schon am 14. April konnte der Markgraf dem Würzburger
Bischof mitteilen, dafs nachdem er seinen löheimen, den graven
zu Otingen ain statlichen raisigenzeug zugeschickt und inen die
stat Otingen, so inen abgefallen was, widerum erobern helfen,
das die bauren im Ries darob ain solchen schrecken entpfangen,
das sie sich alle von ainander /ertrent, den mererntails wider
anhaims gethan und ire herren um gnad gebeten haben«. Ks
sei also unnötig, gegen die Bauern die Bundeshilfe anzurufen
oder schon am 18. April wieder zusammen zu schicken, er lasse
es daher bei dem früheren Beschlufs bestehen, dafs die Gesandten
am Sonntag Quasimodogeniti (23. April) in Neustadt eintreffen
sollten*»).
Waren nun auch mit der Auflösung des Deininger Hau-
fens den allenfallsigen Aufstandsgelüsten der benachbarten Bran>
denburgischen Unterthanen Rückhalt und Boden entzogen, so
erkannte der scharfsinniL,e , alles erwägende Fürst doch an
der aller Orts sich zeiirenden Unzufriedenheit, den immer zahl-
reicher einlaufenden Meldungen von gefährlichen Reden, ja von
konspirierenden Zusammenkünften und Rottierungen, wie unsicher
die Lage geworden sei. Noch mit den Riesbauern beschäftigt,
hatte er (7. April) die Nachricht erhalten, dafs etliche Nürnbergische,
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auch anderer Herrschaften Bauern in Reichelsdorf — nicht weit
von der mächtigen Reichsstadt selbst entfernt — beisammen
gewesen seien und sich hätten hören lassen, sie wollten mit den
markgräfischen armen Leuten und anderen, die sie zu sich su
bewegen hofften, zwischen Fürth und Poppenreuth ob 2000
stark zusammenkommen und dann ihren »herschaften und obrig-
kaiLcii ire angcmaste bcschwcrdcn auch anzaigcn und dieselben
abpringen«, diesmal würde man nicht wie im vorigen Sommer
— Mai und Juni 1524 — gegen sie einschreiten und liandeln
können^^). Markgraf Casimir legte einen reisigen Zeug nach
Schwabach *^), um dem Weitergreifen der Bauern einen Damm
zu setzen und wandte sich an den Nürnberger Rat, dafs sie bei
den Ihrigen die Aufruhr und Empörung abstellen, auch dafttr
sorgen sollten, dafs sie nicht seine Bauern dazu reizen oder
bewegen würden. Weiter fragte er an, wefs er sich von ihnen
zu versehen habe, wenn er dem Bundesauftrag geraäfs mit Emst
gegen die Bauern handeln würde, ob sie ihrem Versprechen
und ihren Bundesptlichten nachzukommen gedächten"**).
Die Nürnberger Herren antworteten, dafs sie schon vor
Empfang des Schreibens ihr Augenmerk hierauf gerichtet, auch
zu wiederholten Malen in ihren Hauptmannschaften auf dem
Lande deswegen hätten warnen und abmahnen lassen, sie hätten
es auch diesmal wieder gethan. Aber, gaben sie ferner mit
grofsem Nachdruck zu bedenken, es liege auf der Hand, dafs
solange die Beschwerungen des gemeinen Mannes, besonders
der ungeheure Wildschaden und die übermäfsigen Bufsen in
genügen Frevehi nicht abgestellt oder gemildert würden, die
armen Leute daraus stets meinen schein irer unleidigkeit und
aufrurn und dainiacht iinsers achtens nit ganz on grund schö-
pfen« könnten und würden. Es wäre wohl gut, darin ein
Einsehen zu haben. Doch versprachen sie, ihrem früheren
Versprechen gemäfs sich zu halten, wie andere Bundesver-
wandte**).
Dem Markgrafen scheint dieses, wenn auch sicher den
Kern der Frage berührende, doch die verlangte UnterstüUung
mehr nebensächlich behandelnde Schreiben kein besonderes
Vertrauen auf den guten Willen der wohlweisen Herren ein-
geriöist zu haben*^).
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— 35 —
Doch ist es damals, wohl in Folge der Abmahnungen
der Stadt^') und der Mafsregeln des Markgrafen, noch nicht
sur wirklichen Empörung im tKnobleinslandf gekommen. Es
gelang dem Kadolzburger Kastner Peter Jaeger, die bereits dahin
aufgoin Lliiue Bauernschaft um Rolsstall, im Lhichcr- und Rohrer-
grund uiid gegen Heilsbronu zu wieder zu beruhigen, indem er
ihnen den Schutz und Schirm des Markgrafen, aber auch die
Abstellung des Wildschadens und anderer schon länger aner-
kannten Beschwerden in Aussicht stellte^®). Am 17. April
meldete Jaeger, dafs die Bauern im »Knobleinsland« und im
»Puchgruntc auf den nächsten Tag zu Poppenreuth zusammen-
zukommen beschlossen hätten, von jedem Dorfe zwei Ver-
treter. Was jedoch dort besprochen werden solle, wisse er
noch nicht. Von den Rofsstaller Bauern sei keine Empörung
zu fürchten, wohl aber seien die um Forchheim und Herzoj^en-
aurach unruhig und hätten sich, jedoch vergebens, in den Unter-
thanen der Bamberger Domprobstei, besonders um Fürth, Verbün-
dete zu werben versucht ^''^).
Die in der zweiten Hälfte des Aprils ausbrechenden Auf-
stände in den benachbarten Bamberger und Rothenburger Ge-
bieten, im Eichstädtischen und Pfalz-Neuburgischen, im Würz-
burger Bistum n. s. w., wenn sie auch vorerst keinen gröfseren
Zuzug von den markgräflichen Unterthanen erhielten, hatten
doch die Folge, die Bauern immer unruhiger und unzuverlässiger,
die Lage des Fürstentums immer zweifelhafter zu machen.
Waren aber so die Zustände auf dem Ilachen T;ande nichts
weniger als unbedenklich, so regten sich in den Städtchen und
Städten des untergebirgischen Fürstentums bald ebenfalls revo-
lutionäre Bestrebungen seitens der »gemeinde«: Beschwerden meist
lokaler Natur, oft weniger gegen die Fürsten als gegen den Rat,
die Geistlichkeit und die Beamten gerichtet.
Onolzbach freilich, die Haupt- und Residenzstadt, wo das
Hoflager des Markgrafen mit den sich allmählich, wenn auch
nicht im gewünschten ALifsc. satninelnden Streitkräften einerseits
schon die blofse Aulserung der Unzufriedenheit sehr gefährhch,
einen Ubergang zur That aber unmöglich machte, und wo
andererseits der eigene Vorteil der von dem Fürstenhause grofsen
Nutzen ziehenden Bürgerschaft zu dessen Gunsten stimmte, blieb
3*
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ao —
vorläu0g ruhig und gehorsam^. Dagegen war es schon am
31. Märs notwendig geworden» den Hausvogt, Christoph von
Fronhofen, Stephan von Birkenfels und Burkhard von Wolmers-
hausen als Untersuchungskommission nach Crailsheim abzuordnen,
wo es zu Mifshelligkeiten zwischen Amtmann, Vogt und Rat
einerseits und der Gemeinde andererseits, auch zu tleichtfer-
tigen« Reden gekommen war.
Als die Räte nach Beruhigung der Stadt — die gröfsten
Schreier waren eingesteckt worden — abritten, erhielten sie
Befehl, sich nach Feuciitwangen zu begeben und die dortigen
Vorkommnisse zu untersuchen*').
Die Feuchtwanger Gemeinde hatte gar manche Beschwer-
den'gegen den Dechanten und die Chorherren des dortigen
Stiftes. Die Verhinderung der lauteren Predigt des Evangeli-.
ums trotz des Landtagsabschiedes, das Ausführen des Ge-
treides der Geistlichen, während es dem gemeinen Mann mit
Hinweis auf die getahrhchen Zeitlaufe verboten wurde, hatten
böses Blut erregt, doch machte sich die Erbitterune i^unächst
nucli im Scherze laift. Kaspar Utzmann, Karl Dohier und Jorg
Histmaier schrieen in der Weinlaune herumziehend: »Welcher
den pfaffen dienen woU, der soll of den platz komen, den werd
man mustern und Itttzei gelts geben«. Darauf zogen sie wieder
ins Wirtshaus, sich dieses Spafses mit andern guten Gesellen
beim Weine erfreuend.
Bald aber wurde die Sache bedenklicher. Am 30. März
wollten einige unter dem Thore mit Gewalt den Geistlichen
einen Wagen mit Getreide nehmen, andere aber liefsen sich
hören, sie wollten keine Reisigen mehr einlassen, ja seihst dem
Markgraten wollten sie nur fUr seine eigene Person mit geringem
Gefolge das Thor öffnen.
Das klang freilich übel genug, doch zeigte es sich, dafs
die Sache weniger gefährlich war, als zuerst angenommen wurde.
Allerdings, dafs davon gesprochen worden, den Markgrafen nur
mit einer bestimmten Anzahl Reisigen einlassen zu wollen, konnte
nicht geleugnet werden, doch bat die Gemeinde aufs höchste,
ihr dies als ?aus grofsem Unverstand bescheen« zu vergeben
und versprach, seine f. gn. und deren Ritteiscii.ift in beliebiger
Anzald jederzeit ein- und auszulassen, und als :»die armen
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— 37 —
underthon frue und spot mit leib, eer und gut zu dreien» unter-
theaiglichen geneigt und getlielseiii sein zu wollen.
Da die Graviertesten >reich stattlich gesellen; waren,
und sich alle gar hoch erboten, so standen die Rate davon ab,
sie gefangen Markgraf Casimir zuzuschicken, doch wurden sie
sowie die ^Vorredner einer gemein«, Matthes Fieischmann und
der Bader Michel Gorderer, 2U Pflichten angenommen, sich
noch »heut dato (3. April) bei scheineter sonen für f. gn, zu
stellen«.
Wegen böser Reden wurde das »klein Huterlein« in den
Turm gelegt und auf zwei andere, »neu Schmidt« und »das
hauptmendleint genannt, die nicht daheim waren, sollte der Vogt
fahnden und sie gefangen nach Ansbach schicken. Der Rat
suchte seine Ergebenheit und l'reue durch die Eile, womit er
die Verdächtigen, sogar noch vor dem Vogt, festnehmen liefs,
an den Tag zu legen**). Am 3. April ritt der Hausvogt
und seine Begleiter nach Wassertrüdingen, um auch dort Ruhe
zu stiften.^)
Auch im Norden des Fürstentumes, in dem seit 1442 an
die Markgrafen von Würzburg verpfändeten, wichtigen, wein-
und gewerbreichen Kitzingen brach am andern Ostertag (17. Apr.)
um den Abend, sda es dunkel worden was-, die Unzufrieden-
heit in hellen Flammen aus. Mit iMühe stillte dies Mal noch
der Amtmann, Herr Ludwig von Hutten, durch Bewilligimg des
Begehrens, selbst neue Viertelmeister und einen Ausschufs
erwählen zu dürfen, der, dem Rat an die Seite gesetzt, die Inter«
essen der Gemeinde vertreten sollte, die erregten Bürger^*).
Und wie in Kitzingen, so gährte es in UfTenheim, in
Schwabach und Roth nicht minder, wie in Wassertrttdingen und
Crailsheim. Der Aufstand im Eichstädtischen und Pfalz-Neu-
burgischen eri^riff die Ämter Stauf und Landeck. Bis an die
Altniühl war alics in Bewegung. Und während so Casimir im
eigenen T,ande der Boden unter den Füfsen zu erzittern begann,
hatte er den Schmerz zu erfahren, dafs die von ihm weitrei-
chenden Blickes schon in den ersten Tagen des Aprils einge-
leiteten Neustädter Verhandlungen, durch die er ein gemein-
sames Vorgehen der Fränkischen Fürsten gegen irgendwelche
Aufstandsversuche ihrer armen Leute zu erzielen gehofft hatte,
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— 38 —
so gut wie resuUatlos veTliefen. Die schleppend Ungwierige
Art der Unterhandlung» bei welcher die Ausführung gefafster
Beschlüsse immer wieder verschoben und so die erst beabsich«
tigten Mafsregeln meistens durch die Ereignisse tiberholt und
unmöglich gemacht wurden, die kleinliche Eifersucht und das
kurzsichtige Mifstrauen der Bisrhöfe gegen den Markgrafen, der
sich erboten hatte, den Überbefehl und die Leitung der Opera-
tionen persönlich zu flbernehmcn, endlich tind hauptsächlich aber
ihre unzeitige Knauserei bei den verlangten Hülfsleistungen
machten Casimirs politisch und militärisch wohl angelegte Pläne
scheitern, bis zuletzt als einzige, unzulängliche Frucht der end-
losen Beratungen die Gesandten der tagenden Fürsten beim
Schwäbischen Bund einen Zusatz von 500 zu Rofs und 6000
zu Fufs, nach vorhergehender verblümter Abweisung, auf Bun-
deskosten anzunehmen, die Erlaubnis erlangten, eine Ver-
günstigung, die durch die Schwierigkeit, Leute ohne die nötigen
Geldmittel aufzubringen, fast imaginär wurde.^^)
Markgraf Casimir, wohl diesen zweifelhaften Erfolg schon
voraussehend, hatte jedoch bereits sich entschlossen, das einzige
Mittel zu ergreifen, welches, richtig angewendet, wenigstens
seinem Lande die innere Ruhe zurückgeben konnte, nämlich
mit seinen Ständen gemeinsam zu beraten, auf einem Landtag
ihre und des gemeinen Mannes Beschwerden, deren teilweise
Berechtigung schon früher anerkannt war, zu vernehmen und
womöglich durch Gewährung des Verlangten, auch durch Er-
leichterung der Lasten dem Aufstand Vorwand und Nahrung
zu rauben.
Wenn es gelang, den inneren Frieden derart wiederher-
zustellen und zu erhalten, so konnte sich der Fürst kühnlich der
Hofinung hingeben, an der Spitze seines getreuen Adels, der
geworbenen Reisigen und Knechte und seiner durch die Bewü-
hgung zufriedengestellten und beruhigten, von ihm ja längst
kriegerisch geübten, Landwehr dem allenfallsigen Anprall
fremder Bauernscliaren erfolg reicii widerstehen zu können.
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II.
Vom Ansbacher Landtag bis zur Plünderung
Anhausens und dem Ausstand um Crailsheim.
(a6. April ^ 6. Mai)
Auf den Donnerstag nach Quasimodogeniti 26. April)
liefs Mark£!:raf Casimir einen Landtag nach Ansbach ausschreiben:
j seiner gnaden ritterschaft und landsciuift rathe zu gebrauchen,
wie solcher entborung halb nit allein seiner gnaden, sunder
auch allen seiner gnaden grafen, henn, ritterschaft und land«
Schaft nachteil und verrath fürkommen und abgewendet werden
mochte.
»Auf solchem lantag haben die gesanten von mems gn.
hm. burgerschaft und beurschaft seinen gn. hm. etliche be»
schwerden austrucklich angezeigt und dieselben abzustellen ge-
beten, mit meidung, wiewol ethche der stet noch weiter und
raerer beschwerde liaben, so wollen sie doch sein gnaden dieser
zeit nit damit beladen, aber deshalb weiter gebeten, so diese
attfror gestilt werde, sie alf^dann in solchem femer reden zu
hören vnd sich dazu genediglich zu erzeigen c^^.
Diese sogleich vorgebrachten Beschwerdeaitikel waren
folgende: 9 Zum ersten, das das wildpret aufserhalb der hölzer
mög geschossen und abgethan werden, und fUr den Ion die haut
folgen ze lassen.^ Zum andern, das die priester und gaist-
lichen allenthalben in seiner gnaden gepieten mit den weltlichen
alle gemaine pürden tragen und darzu [sich! verpurgen und ver-
pflichten sollen, zum drittel] alle hölzer zu offen ,und jedermann
zu seinea gepeuen holzes ein notturft ze geben on gelt und
zum vierten den aufwechsel am gold nach ze lassen"), mit dem
erpieten, das si in ringerung und nachlassung dieser artikel ir
leib und leben bei irem gnedigen herren lassen, und ob sich
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mehr beswening fanden, dieselben nach Stillung diser aufrum
anzaigen wollen.«*^.
Diese allerdings sehr geroäfsigten Forderungen gewährte
der Markgraf auf der Stelle und Uefs deren Bewilligung Uberall
verkünden.
Auch die Rittcrscliaft konnte nicht umhin, auch ihren
Unterthancn alles nachzulassen, was der Landesturst den Seinigen
bewilligt hatte. »Nachdem aber etliche seiner gnaden, auch
seiner gnaden grafen, herrn und ritterschaft unterthon ze der
bauRschaft versamelten häufen geloffen weren, habe meines gn.
herrn ritterschaft und lantschaft seinen gnaden untertheniglichen
gerathen und gebeten, zu denselben versammelten häufen mit-
samt ine [sc. der Landschaft] ein botschaft xu schicken, und
solchen versamelten häufen anzeigen lassen, wie gncdiglich
sein fürstlich gnad mit seiner lantscliaft aller irer beschwerd
halb vergleicht und vertragen bete, mit bepere und bete, sich
seiner gnaden und derselben ritterscliaft unterthon 7\\ entsclilahen
und des dieselben, so sie darauf unverzogenlich wieder anheim
ziehen und sich als gehorsam unterthon halten, derhalb keines
argen gewarten und sicher sein selten, welch rede im mein gn.
herr auch also hat gefallen lassen und denselben noch vier zwen
des adels und zwen von seiner gnaden burger- und baurschaft
zu irer Versammlung (damals im leger zu Gerolshofen) ver-
ordnete^^)
Aufserdem scheint, nach der Donauwörther Chronik des
Johannes Knebel mit der Kloster^^eistliclikeit das Al>koniiiien
getrort'en werden zu sein, die geistliche Kleidung abzulegen.
Nach ihr wäre der Abt von Heilsbronn der erste gewesen, der
es verwilligt und dadurch viele Andere dazu bewegt hätte, darunter
Probst und Convent zu Langenzenn, wegen deren Casimir nach
gestilltem Aufruhr mit Bischof Konrad von Wttrzburg, der ihnen
bei Strafe des Bannes und von 200 Gulden befohlen hatte, ihren
Habit wieder anzulegen, in Streit geriet Der Abt von An-
hausen an der Wörnitz^"*) (I) habe es durchaus nicht hewilHgen
wollen, der PruLst von Solenhofen aber habe sich gar darüber
und über die Abschaffung der alten Ceremonien zu Tode ge-
grämt. Sicher ist, dafs der Markgraf damnis die Kloster zu
Händen nahm, inventarisierte und mit Verwaltern besetzte, —
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— 41 —
soweit ihm nftmlfch die Bauern diese Mühe nicht ersparten —
wobei dann den Mönchen ein Ab/.uus- oder Unterhaltsgcld ge-
reicht wurde. Am 2. Mai catliols der Fürst die Landschaft •^''V
Docli sollten alle Bewilliirinigm nirht viel helfen. Ah der
Landtag beschickt wurde, hatte überall noch die Ehrbarkeit und
die Ordnungspartei die Oberhand gehabt, von i h r wurden diese
gemäfsigten Beschwerdeartikel aufgestellt, sie erklärte sich mit
deren Bewilligung für wenigstens vorläufig zufrieden und ver>
sprach ihre Unterstützung gegen die Empörung. Den Leitern
der Bewegung wie dem gemeinen Manne dagegen schien das
Gewährte ungenügend. Den ersteren galt die ganze Ehrbarkeit
und das i Landtagen« nur als ein Hemmschuh der freiheitlichen
Bewegung.
Markgraf Casimir hatte gehotit, auf einem zweiten Land-
tage — er wurde auf den 8. Mai ausgeschrieben — das Werk
der inneren Beruhigung zu verfolgen und zu vollenden und ge-
meinsam mit seinen Ständen mit den fremden Bauemscharen
verhandeln zu können. Als aber die Landboten heimkehrten,
hatte sich die ganze Lage in den meisten Orten teils schon ge-
ändert, teils gewann die Revolutionspartei in nächster Zeit die
Überhand. Man wollte nichts mehr vom Beschicken des neuen
Landtags hören, sondern rief — wie in Uffenheim --- den Rats-
herren wohl zu, die Gesandten hätten nichts ausgerichtet als
Geld verzenrt.
Der eben ausbrechende Aufstand um Crailsheim, der durch
die Nähe des Fränkischen Heeres bewirkte Abfall von Kitztngen,
von Uffenheim, der Maindörfer, die Erhebung im Aischgrund
wie um Wassertrüdingen liefsen die kluge Nachgiebigkeit des
Fürsten nicht mehr zur Geltung kommen.
Hatte doch bereits während des Landtages der Aufstand
im Südüslen de^ Fürstentums im Amt Stauf und Landeck, ge-
nährt von den angrenzenden Pfalz-Neubur^isehen, Nurnberuischen
und Eichstädtischen Landesteilen, hellauf geflammt und wurde
erst nach des«:en Schlufs unterdrückt.
Schon seit dem 18, April*') war in dieser Gegend die
Erhebung erfolgt. Einen Tag später ^'') war in dem Pfalz-Neu-
burger Amt Lengenfeld der Ausbruch vor Augen, bald schlössen
sich der bunten Mannigfaltigkeit der Gebiete entsprechend
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— 42 —
Markgrftfische, Oberpfälzische, Ffalzgräfische, Eichstädter, Wolf-
steiner, Nürnberger und anderer Herrschaften, im Sulzgau arme
Leute der Empörung an.*^ Die Bauern Pfalzgraf Friedrichs um
Haideck, Hilpoltstein, ja selbst um Amberg und auf dem Nord-
gau,'^) die vier Reichsdörfer, die zur Reichspfliege der freien
Stadt Weissenburg gehörten — Petersbuch, Kaidorf, Bieburg
und Wengen, — sowohl wie die Eichstädtischen Orte, darunter
Spalt,'*) ja Bürger aus des Bischofs Residenz selber,^ die mark-
gräfischen Unterthanen im Amt Stauf und Landeck, sie alle
nebst vielen anderen brachten in kurzem den Haufen auf 5000
und mehr.'*).
Bereits am 2 1 . April hatten sie dem Bischof Gabriel von
Fyb sein Schlols Uber-Messing eingenommen,'*) den Pfleger,
Hans von Breitenstein nebst Familie gelangen und bei dem
Schlofs ihr Lager geschlagen.'®) Am 22. April waren die mark-
gräfischen Bauern zu Eysölden zu dem Haufen gestofsen, am
23. folgte das ganze Amt Landeck und Stauf. Utz von Knör-
ringen, der Staufer Amtmann, der dies noch am gleichen Tag
meldet, ftirchtete von einer Streifpartei berannt zu werden, doch
glaubte er das Schlofs wenigstens drei Tage halten zu können.
Sein Urteil Über die Bauern ist ebenso wenig schmeichelhaft,
wie das bekannte des Baierischen TIauptmanns Muckenthaler.
Knorringen nennt sie »ein nackets, eiends volk* mit »unver-
stendigen hauptleuten«.")
Bei Strafe des Brandes mahnte nun der Haufe weit und
breit zum Zuzug auf; so den Richter des dem Nürnberger Spital
gehörigen Schwimmbach schon am 21.^% Schwabach am 33.
und Roth am Sand am 25. April etc.'*). Markgraf Casimir, dem
unter anderm die Rother dies gemeldet, liefs sie die Antwort
geben, dals sie sich tiber einen Mangel an christlicher Predigi
nicht beklagen könnten, auch gegen ihren gn. hrn. nichts zu
klagen luitten und sich deshalb bei ihm als redliche, gehorsame
Unterthanen halten wurden. Zugleicli versprach er ihnen, sie
im Notfall mit Hülfe nicht zu verlassen. ^*^)
Sehr rasch war das Städtchen Grading zu ihnen gefallen.
Beibigries und Berching bedrohten sie. Durch ihre Einverständ-
nisse vermeinten sie mit Leichtigkeit Eichstädt, sowie das Ober-
land zu sich zu bringen, mit ihnen vereint wollten sie dann
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— 43 —
Herrn Gabriel aaf der Willibaldsburg belagern. Denn hauptsäch-
lieh diesem, weniger Pfalzgraf Friedrich oder dem Markgrafen
scheint nach Aussage ihres zeitweiligen Kanzlers, des Geistlichen
Herrn Endres, anfangs ilir Groll und die Eriiebung gegolten zu
haben.®^)
Als Ursacher der Erhebung kommen vor: Paulus Schuch,
der Pfarrer Nagel, Simon Plank, der im eroberten Messinger
Schlofs den Kastner der Bauern spielte, Lienhart Kater, UUes
Sohn, alle vier zu Eysölden — der Pfarrer und Plank waren
Nürnberger Hintersassen — . »Fürsten Wflhalm ist ein baupt-
mann gewest.« Weiter befanden sich unter den Vordersten
Michel Mendle und der »Schotlwirt.c Rnp von Thahnessing
wurde daselbst gegen seinen Willen zum obersten Hauptmann
gewählt. Er überwarf sich aber bald mit dem Haufen und
mufste entlaufen, er war kaum Leibs und (nits sicher vor seinen
Untergebenen. Ule Resch und dessen Sohn waren die ersten,
welche die Markgräfischen mit »Nähme«: und ungestümer
Drohung beschädigten. Der Bierbrauer zu Thalmessing schickte
mehr als 100 Eimer Bier auf den Berg dem Bauemheer zur
Labung und drohte den Bediensteten des Amtmanns mit Ge-
waltthätigkeiten. Ein Geistlicher Herr Endres — vielleicht von
Mindorf — wurde von ihnen ins Schlofs geführt, >do het er
inen zwölf artikel, derer sie ein verzeichnufs gehobt, abge-
schrieben,« wohl die bekannten zwölf Artikel behufs Weiter-
verbreitung.**)
Der Haufe blieb nicht müfsig. Er trat mit den sich bil-
denden Fränkischen Haufen in Verkehr®^) und plünderte lustig
die Sitze der geistlichen und weltlichen Herren, so die Klöster
Plankstetten,^) Rebdorf,"^), das Schlofs Liebeneck, ebenso
Bruneck und Dannhausen.^ Pfalzgraf Friedrich versuchte ver-
gebens, mit ihnen zu unterhandeln, auch Markgraf Casimir und
Nürnberg hatten ihre Vermittlungsgesandten bei ihnen. Zu-
gleich jedoch säumte der Herzog nicht, von Markgraf Casimir
und seinen Bairischen Vettern unterstützt, die nötigen militäri-
schen Vorkehrungen in aller Eile zu treffen.
Schon am 19. Aprü war nach Ellingen, zu dessen Sicherung der
Baierische Hauptmann Stephan vonSchmiehen gelegt worden,^^
den später der Amtmann von Schönberg Caspar von Secken^
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dorf mit seinen Reisigen auf des Markgrafen Befehl verstärkte.
Diesem scheint es gelungen zu sein^ mit den Weifsenburgern
den Aufruhr ihrer Unterthanen und Schirmverwandten zu stillen.^*)
So war wenigstens hier der Bewegung ein Halt geboten.
Am 25. April schrieb der l'üil/.graf ;in Markgraf Casimir
und an Iler/oi; Wilhelm von Baiern um schlcuniu;e Hülfe, am
2 7. versprach ihm ersterer 100 oder mehr Pferde zu senden.*®)
Bereits am 30. finden wir seinen Amtmann von Schwabach,
Wolf Christoph von Wiesentau, mit seinen Reitern bei Friedrich.
Er meldet, dafs derselbe nochmals in Person mit den Aufrilhrem
in Güte handeln woUe,^ schlage es fehl, so werde sich der
Herzog morgen nach der »Freienstattc legen, wo Herr Reinhart
von Neuneck und Caspar von Seckendorf zu ihm stofsen wür*
den, und Dienstags mit Ernst thätlich gegen die Bauern handeln,
er — der Amtmann — könne deshalb nicht vor Dienstag oder
Mittwoch nach Ansbach kuiiimcn. Der Herzog hal»e kein
Fulsvülk, auch kaum über 100 Reisige, doch sei ihm die Baie-
rische Hülfe — 200 Pferde und 300 Böhmische Knechte nebst
einem ziemlichen Feldgeschütz — als nach Dietfurt geschickt
soeben angezeigt worden. Wenn diese Truppen nicht länger
gebraucht würden, so würde der Pfalzgraf dieselben mitsammt
Herrn Reinhart von Neuneck und seinem Zug gerne zu
Markgraf Casimir beordern. Herzog Wilhelm hatte diese
Böhmen in aller Eile von Dachau nach Dietfurt geworfen, eben-
so vuu Landsberg und München aus Reisige unter Hans Ratz,
dem Pfleger von Ding(jltnig. Schon am 1. Mai waren die Städt-
chen Beilngries und Bcrchmg von den ßaiern besetzt.
So sali nun der Pfalzgraf eine ganz stattliche Macht zu
seinem Befehl, aber das Heer der Bauern wartete den Angriff
der vereinigten fürstlichen Scharen nicht ab, es zerstreute sich,
sei es aus Furcht, sei es in Folge von mifsverstandenen Ver^
trägen.
Es mufs zuletzt eine grofse Unordnung «nd grofse Zwie-
tracht im bäurischen Lager gewesen sein. \ icllciclit war es auch
den Umtrieben der Baicrischen Hauptleutc (gelungen, ein/.clne der
iiauernführer zum Verrat an ihren christlichen Brüdern zu be-
wegen. Es liefse sich sonst die (iefangennahme der Hauptleute
und Fähnieinführer auf und bei dem Obermessinger Schlofs
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kaum anders als durch — von Seite Pfalzgraf Friedrichs —
verräterisch gebrochene Unterhandlungen erklären, wie dies denn
auch die Nttrnberger Gemeinde letzterem unverhohlen Schuld
gab.^'') Doch ist es auch denkbar, dafs ein Teil der Aufstän-
dischen infolge des Vertrags, der dem Herzog das Sc hlafs
Hirs<-hberg^^ «.'ingeräunit hatte, sich /.ertrennt halie, der andere
aber — wohl aus den energischeren und gefährdeteren Elemen-
ten, darunter eben die Anführer und Leiter, bestehend — im
Lager beisammen geblieben, bei der Annäherung des fürstlichen
Heeres jedoch in der Nacht flüchtig abgezogen sei, so dafs bei
der Einnahme des Schlosses noch einige der Führer teils darin
betreten, teils auf der Flucht ergriffen werden konnten.^') Von
diesen liefs der Herzog nach ihrer Überführung sofort vierzehn
enthaupten.
Auch Greding und seine Besat/.iin<; ergab sich auf eine
»aljred, so Friedrieh gegen die ungeiiorsanien l)am:rn gemachte,
auch hier wurden acht gerichtet^';. Das Städtchen, seiner Mauern
beraubt, sollte für immer ein Dorf bleiben.
Viele der vornehmsten Anführer hatten zu Nürnberg ein
momentanes Asyl gefunden, viele Beteiligte mochten auch, wie
die Nürnberger Herren befürchteten'^, zu den andern Bauern«
häufen geflohen sein, bemüht, deren Rache auf ihre Überwinder
zu lenken.
Herzog Wilhelm von Baiern hatte gerne die Gelegcnlieit
benützt, die von seinen Truppen ijesetzten Eiclistädtisrhen Orte
als Kriet^skustencntschädigung /u annektieren oder wenigstens
brav Brandschatzungsgelder eintreiben zu lassen. Pfalzgrat
Friedrich trat dem, gemäfs der von ihm mit dem Bischof und
Markgraf Casimir getroflenen Abrede, dafs jeder seine Bauern
selbst strafen solle, energisch und mit Erfolg entgegen. Er
selbst hatte aufser einer bedeutenden Summe, die er von
Bischof Gabriel erhielt (1000 fl.), sich für seine Kosten an
den Wolfsteinischen und seinen eigenen Unterthanen im Sulzgau
entschädigt.®®)
Markgraf Casimir, dessen Reisigen nächst der Baicrischen
Hülfe es Bischof und Pfalzgraf zu danken hatten, dafs dem Auf-
stand hier ein so schnelles Ende gemacht wurde, Ii attc gehofft,
dafs ihm die Böhmen und Reinhart von Neuneck, der Pfleger
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von Lauingen, mit seinen Reisigen zugeschickt würden, aber
die ersteren weigerten sich im Anfang» wohl im Hinblick auf
seine mifsliche finanzielle Lage, zu ihm zu ziehen, und wur-
den dann wegen der am Lech drohenden Bauern nach Schon-
gau beordert. Herr Reinhart aber wurde von seinem Herrn,
Pfalzgraf PhUipp, angewiesen, bis Samstag (6. Mai) in Molin-
heim zu sein, und der Markgraf mufste sich mit leeren Ent-
schuldigungen und Vertröstungen abfinden lassen.^^
Dies war tur ihn um so unangenehmer, als er bis jcuL
nur von Wilhehn vun Baiern etwa 30 Pferde, vielleicht die unter
Stephan Schmieher zu Elhngen liegenden, hatte erhalten
können, während Eichstädt und Nürnberg direkt abschlägige
Antwort gegeben hatten, Markgraf Wilhelms von Baden ver-
sprochene Hülfe unterbleiben mufste, die Bittgesuche an Philipp
von Hessen bisher fruchtlos geblieben waren, und die Unter-
handlungen mit Rothenburg wegen gegenseitiger Unter-
stützung zu keinem Resultate führten. Zwar hatte der
Schwäbische Bund ihm und den übrigen Fränkischen Fürsten
unter dem 1. Mai erlaubt auf ßundeskosten /.u den bereits
gewährten 300 Pferden noch 500 Mann zu Rufs und öüüU zu
Fufs anzunehmen, aber siciieres, verlässiges Fufsvolk war zu
werben schwierig und kostspielig, ohne grofse (leldmittel fast
unmöglich. Der Auszug der Landschaft, der die Fufsknechte
hätte ersetzen können, kam teils gar nicht, teils war er unzu-
verläfsig, aber auch Reisige konnten nur nach und nach und
kaum je in dieser Stärke aufgebracht werden, da der leidige
Geldmangel die Annahme fremder Reiterei ebenso wenig begün»
stigte. Herzog Albrecht von Preufsen hatte zwar am 27. April
seinem Bruder Hülfe versprochen, aber seine Edellcute kuuntea
trotz aller Eile erst sj>äter kommen; um bei dem eben ausge-
bruclienen Aufstand um Crailsheim nützlich sein zu können,
kamen sie bereits zu spät.^^^)
Man wird nicht tchlt,'reifcn, wenn man den letzten Impuls
zur Erhebung in dem VurlfiKl und der Nähe des grofsen Ell-
wangen-Dinkelsbuhler Hautens sieht, der naturlich durch Send-
boten und Mahnschreiben den günstigen Grund zu bearbeiten
nicht unterliefs.
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Waren doch schon unter dem 27. April Craüsheun sowohl
als dessen Amtsorten Ingersheim, Hohnhardt und Onolzheim
Mahnbriefe zugekommen, deren Datum, der !Q. April, zu be-
weisen scheint, dafs man sie zurücku:ehalten, bis die Sicherheit
i/«'\vonnen war, ihrer Aufforderung durch die Bildung eines neuen
liautcns in der dortigen Gegend den nötigen Nachdruck geben
zu können»
Erschrocken wandte sich Vogt und Rat an den Mark-
grafen, der ihnen wie gewöhnlich riet, unter Hinweis auf die
von dem Landesherren gestattete lautere Predigt des Evange-
liums und, weil sie keine Beschwerden gegen ihn hätten, den
Zu^ug zu verweigern. Im äufsersten Notfalle werde er sie mit
ganzer Macht unterstützen und retten.
Der Rat, der erfahren, dafs etliche >aus den amten Onolz-
heim, Ingersheim und von Jagsheim« vorhätten, zu den Bauern
zu ziehen und der fürchtete, wie Ellwangen von seiner eigenen
Landschaft Überfallen zu werden, wurde auf sein kleinlautes
HQlfegesuch von Casimir durch kluge Erwähnung der treuen
Verdienste ihrer Vorfahren, sowie durch beruhigende Hindeutung
auf die Stärke ihrer Befestigungen, vur allem aber durcli noch-
malige Versicherung rettender Hülfe wieder so ziemlieh ermutigt. ^'^''i
i>orh war ihm diese Besorgnis nieht eben übel zu nehmen : er
war seiner Gemeinde nicht ganz sicher. Wie erwähnt, hatte es
dort schon früher Wetter geleuchtet.
In der Woche Misericordias domini (29. April) erhub sich
die Gemeinde wirklich. Sie vermeinte mancherlei Beschwerden
zu haben und verlangte deren Abstellung. Der Kat mufste den
Erregten zulassen, dieselben in Schriften zu bringen.
Unter den vielen aufgezählten Artikeln erscheinen als die
wichtigsten: Der hereingefiüchtete Adel sowie die Geistlichkeit
sollten zu den bürgerlichen Lasten herangezogen, hinfttro aber
kein GeistUcher mehr zum Mitbürger angenommen werden. Die
ilalfte der Viertelmeister begehrte die Gemeinde selbst setzen
zu dürfen, und sollten diese bei der Stadtrerhniing, bei der Ver-
gebung von Stadtdiensten, z. B. der Annahme des Stadthirten, bei-
gezogen werden Das übermäfsige Handlohn bei Verkauf von
Waldrechten sollte auf das alte Herkommen reduziert werden,
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der Waidenbetrieb nicht eingeschränkt, der »vetterleinsrathc
geändert werden u. s. w.*^)
Kurzo Zeit darauf — die Fordeningeti der Gemeinde
waren wohl grofst-n Teils angenommen worden, — kamen der
Hausvügt, Christoph von Fronhofen, und Stephan von Birkenfels
nach Crailsheim. Ks scheint ihnen gelungen zu sein, die Gemeinde
zu beruhigen und die Uauptschreier unschädlich zu machen und
so die Stadt fest zu erhalten. ^°^)
Bald schon nach den ersten Aufmahnbriefen hatte sich
die Landschaft erhoben.
Das zwischen Crailsheim und dem Hohenlohischen Städt-
chen Kirchberg — an der Jagst gelegene Aügustiner-Ere«
mitenkloster Anhausen fiel zuerst der Plünderungs- und Zer-
siörungssucht anheim.^^^
Der »weltgewandte, streitfertige und kluge«, aber bei den
Hauern wej<en seiner Härte verhafste Prior Johann Reinhart hatte
zwar in kluger Vuralinuni{ des Kommenden nucli zu rechter
Zeit die wichtigsten Urkunden und kostbarsten Schätze mit Hülfe
seines Netfen Wilhelm Götz in Crailsheim im Kiosterhaus und
im Gewölbe der Kirche, seines Ordens Privilegien aber im
KarmeUterkloster zu Rottenburg am Neckar gebdrgen, als der
wilde^ Sturm heranbrauste. Schwere Verluste jedoch konnte er
nicht abwenden.
Am ersten Mai in der Nacht überfiel ein Haufe Bauern
aus Rofsfeld, — welches der Pfaiicr autltrachte — , Maulaoh,
Triensbach, Unolzhcini, aus Ober- und Niderwinden das Kloster,
wobei es vorläufig hauptsächlich dem schmucken Viehstand und
den reichen Cctr. idcspeicliern galt, wohl ohne dabei einen
gelegentlichen 1 runk Klosterweins zu vergessen. Der von einigen
angelegte Brand konnte vom Gesinde noch rechtzeitig in Er-
mangelung von Wasser mit Milch und Wein gelöscht werden.'^")
Aber am nä( listen Tage strömte es scharenweis aus bei-
nahe allen Ortschaften des Crailsheimer Amtes — aucli einige
Burger der Amtsstadt selber waren darunter — verstärkt durch
den Zuzug Hohenlohisclier Hauern um Lendsiedel und Kirchberg
nach Anhausen. Das Kloster wurde völlig ausgeplündert und
verwüstet, auch zum grofsen Teile so mit dem Brande verderbt,
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dafs der Prior in seinen späteren Aufzeichnungen den Schaden
auf tiber 8000 Gulden berechnete. (Vergl. Beilage IV.)
Die Bauern Schüssen das fürstliche Wüdpret und fischten
dem geistlichen Herren seine Seen und Weiher — er betrieb
stets eine sehr bedeutende Fischzucht — und liefsen sich ihre
Beute zum kühlen Klosterwein gar weidlich schmecken.
Sie liefsen sich femer alles belieben, was nicht niet- und
nagelfest, bis zum Gras der Klosterwiesen, das sie abmähten,
und den »jungen geschlachten« Obstbäumen, die sie ausgruben
und hinwegführten. Dafs natürlich die gewöhnlichen Ver-
wüstungen, die Zerliuaimerungen von Altären und Heiligenbildern,
die Verderbung der gottesdienstlichen und andern Bücher etc.
nicht fehlte, versteht sich von selbst.
Des Klosters Hintersassen mufsten den Bauern geloben.
Höhnend, klagt Reinhart später, hätten sie zu denen von
Volkershausen gesagt: »Sie — die Bauern — sind itzo prior
zu Anhausen; die hof, weier, holz, sei alles ir, sie müssen
lehen von inen empfangen.« Wie diese durch Heinz Eberhart
und den Mefsner zu P>lleru lishausen, so wurde sein Müller durch
den fKernnuiller« /ai Neidenfels und den »vogt zu Gurlen-
schwaben«: — Burleswagen O.-A. Crailsheim — , sein Pfarrer zu
Wallhausen durch dessen eigene Bauern zu Gelübde gedrungen.
Noch in derselben Nacht [2. Mai] wollten sie vor Crails-
heim ziehen — es ging das Gerücht, Casimir wolle einen reisi-
gen Zeug hineinwerfen — , kaum wurde es noch hintertrieben,
der Pfarrer von Rulsl'eki wollte es später bewirkt haben. Der
Zustand um die Stadt war ein höchst bedenklicher.
»Und ist zu besorgen, das sich e. f. gn. uf derselben
e. f. gn. Unterdan ganz nit vertrösten [können]!, schreibt der
Crailsheimer Kastner Conz Preufs am 3. Mai an Casimir,
»dann jedermann in der stat und ufm land wegig sein will,
und ein mainung. Die bauem der amt Ingershaim vnd Onolz-
haim samt. e. f. gn. schulthaisen, den si genotliigt haben, und
die zu Wessershausen, Ußenbach, Withau, Oshald, Mistlau, 1 ni.
Jarhshaim, Roisield, Groningen [sind] alle hin weggezogen*. Er
rät, doch ja eine allenfallsige Übereinkunft mit den grofsen
Dinkelsbühler und Fränkischen Haufen sofort wissen zu lassen,
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damit Fried' werde und »die zu Creulsheim anhaimiach bleiben
wurden. €
Als die Antwort »der abschid«» den die Dinkelsbühler
Scharen den Gesandten Markgraf Casimirs gegeben, ankam,
wurde eine :^Copej*« sofort in die Ämter Ingersheim und Onolz*
heim gcscliickt, datiut sie des Markgrafen »furnehmen und nach-
lassung haben zu erkennen und desto eher daheim bleibenc.
Die Bauern nahmen die Schriit an, ohne sich dadurch im Weiter-
ziehen stören zu lassen.
Wie Heinrich Jörg von Ellrichshausen zu Schopfloch, halb
gezwungen halb freiwillig, mit seinen Bauern zu dem Dinkels-
bttbler Haufen, unter dessen Räten bekanntlich die Ellwanger
Chorherren Wilhelm von]^ Hefsberg und Hans von Gttltlingen sich
befanden, getreten war, so wurden hier Caspar von Creulsbeun
zu Erckcnbrechtshausen« und »Wilhelm Geyer zu Goldpachc
mit allen ihren Bauern zum Zuzug genötigt.
Der grofse Haufe lagerte am 2. Mai bei Gerbertshofen.
Er hiefs sich den »markgrafischen häufen« und forderte das
Städtchen Kirchberg und Lendsiedel selbst zu Zuzug auf, der
denn auch erfolgte und zwar zu einer Schar, die zu Roth am
See mehr als 600 stark lag. Unter den Vordersten der Erheb-
ung finden sich auch hier wieder Geistliche, die beiden Pfarrer
zu Lendsiedel. Es herrschte unter den markgräfischen Bauern
noch keine Entschiedenheit, ob sie zum Dinkelsbtthler Haufen
oder zu dem Fränkischen Heere sich wenden sollten, doch
schreibt Walthcr Büchelberg, der Vogt zu Kirrhberg, ani 6. Mai,
dafs die Bauern vorhaben, sieh nach Dinkelsbühl lu wenden.
Lobenhausen und Homberg wurden verbrannt, ebenso Schlofs
Sulz von den Gackstädtern.^")
Auch Crailsheim war schon am 2, Mai von dem mark-
gräfischen Haufen, der damals in seiner Nähe beim Hagenbof
sein Hauptquartier hatte, zum eiligen Zuzug nach Weipertshofen,
zwischen welchem Ort und Gerbertshofen er lagern wollte, auf-
gemahnt worden. Den Versprechungen des Markgrafen, seinem
Hinweis auf den eben beendeten Landtag und das auf ihn Be-
wilÜL^ie, auf die Verhaiidhmgcn mit dem Dinkelshühler llauien
und dem von Franken gelang es auch diesmal, die Stadt zu
erhalten. ^^^).
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Am 3. Mai schrieb sie an Casimir» wie die ganze Bauer-
schaft um sie her ra diesen beiden Haufen ziehe. Wohl seien
ihre Bürger auf Caspar Hicrsings, des inneren Bürgermeisters,
Versicherunr( , die Bauernheere hätten dem Markgrafen eine
friedliche Antwort zuteil werden lassen, zu Hause geblieben ;
dagegen dabei seien sie immer noch Überzugs gewärtig, auch
• ein Versuch bei dem Haufen zum Hagenhof, einen Stillstand zu.
erlangen, sei mifsglttckt. Sie bäten, doch ja ihnen die erwähnte
Antwort der Bauern zu ttberschicken, um sich darauf ihren Be-
drängern gegenüber stützen zu können.
Markgraf Casimir, der schon seit mehreren Tagen seine
Gesandtschaft sowohl bei dem Fränkischen Heere, als dem
Dinkelsbühler Haufen hatte und der gute Hoffnung auf den Er-
folg seiner Verhandlungen, besonders bei dem letzteren hegte,
beruhigle sie, indem er darlegte, dafs einerseits diese Bedrohung
wohl nur von einzelnen ohne Wissen der Hauptleute ausginge,
andererseits er bis auf nächsten Montag (8. Mai) die Mann-
schaften seiner treugebliebenen Ämter nach Ansbach beschrieben
habe, nach deren Eintreffen er wohl im Stande wäre, sie vor
Gewalt zu beschützen,^**)
So gelang es denn dem Rate, die Gemeinde daheim zu
erhalten, doch bald drohte eine neue gröfsere Gefahr. Der
Dinkelsbühler Haufe, durch das, vielleicht von den C'railsheimer
Eingeweihten mit Absicht verbreitete (ierücht, die Stadt habe
ihm zuziehende Bauernscharen weggenommen und halte sie in
harter Gefangenschaft, überhaupt auf Crailsheim erbittert ^'^),
forderte unterm <5. Mai durch »Hans Ottenwelderc mündlich
die Bürgerschaft kategorisch auf, >inen zu zuziehen und inen das
heilig evangelium und das wort gottes helfen zu erhalten, in
mafsen sie hievor auch zugeschrieben.«**^) Sie verlangten Ant«
wort bis zur Nacht, da sie gehört hätten, dafs die von Crails-
heim nächsten Montag dem Markgrafen zuziehen und ihnen feind
werden wollten.
Der Rat bat um Frist, er müsse es erst an seinen Herren
gelangen lassen, und sandte umgehend hierüber Bericlu nach
Ansbach. Die Räte, in des abwesenden Markgrafen Namen,
wiesen vielleicht nicht ohne Grund darauf hin, dafs »Ottenwel-
derf wohl mehr auf eigene Faust als im Auftrag der Bauern-
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fahret versucht habe, sie zu dem Haufen zu bringen, betonten
ferner die bereits eingeleiteten Unterhandlungen und dafs ja,
wie sie selbst wüfsten, ihr »gn. Herr als ein frumer, cristlicher
fürst das heilig evangelium allenthalben in seiner f. gn. landen
nit verhindert und also nit weniger dann jemand anders, das
selbig sovil möglich zu l'urdern und zu auffern, genaigt und be-
gierig« sei. Wurden sie, was die Rate nicht glaubten, trotzdem
angegriffen, würde mau sie mit Hülte nicht verlassen.*^**) Es
kam in der That zu keinem Angriff der Bauern auf Crailsheim;
denn schon hatte sich Markgraf Casimir entschlossen, wie ver«
langt, anf Grund der zwölf Artikel mit dem Dinkelsbfthler Hau-
fen zu unterhandeln und das Fränkische Heer auf diese Weise
zu isolieren, ein Vorhaben, das nur durch die bewaffnete Aktion
gegen die Riesbauern eine Verzögerung erlitt.
Der Dinkels bühler Haufe war hervorgegangen aus
der Vereinigung des Ellwanger Haufens *'^) mit der Bauernschaft
um Dinkelsbühl und mit dortigen Bürgern. Schon am 38. April
waren, wie der daniaiige Probst Melchior Röttinger in seiner
Klageschrift an den Schwäbischen Bund erzählt, in der Frühe
Scharen zum Ellwanger Haufen gehörig in das Benediktiner*
kloster MÖnchsroth, etwas südlich von der Reichstadt Dinkels-
bühl, gefallen und hatten es beraubt. Noch an demselben Mor-
gen beteiligten sich die Dinkelsbtthler Bauern, auch etliche aus
der Stadt, an der Plünderung. Nachmittags vollends zog eine
grofse Anzahl wohl bewehrt mit Trommeln und Pfeiflen aus
Dinkelsbulil in das Kloster und vertrieben die bisherigen In-
Sassen mit Gewalt. Die Monstranz, mit dem Heiliutunie, zwei
silberne Kelche und andere Kostbarkeiten wurden geraubt, die
Glocken und der Knopf des Turmes von Dinkelsbühlern hinweg
geführt/'^ die Altäre, der reiche Bilderschmuck in der Kirche,
die gemalten Fenster wurden zertrümmert, der Taufstein umge*
worfen, die Vorräte an Hausrat, Lebensmitteln, Getreide und
Wein gestohlen, verschleppt, teilweise auch gleich verbraucht
und verzehrt.***) Am Abend, als die Plünderer zur Sperrzeit
nach Dinkclsbnlil Iiinein wollten, liefs man sie. obglcicii \iele
Dinkelsbuhler dabei waren, nirht herein. Der Haufe lagerte
sich vor der Stadt auf den Wiesen. ^^'*) Schon am 29. ApriP"*)
in der Nacht brach der Ellwanger Haufe, den sie berufen hatten,
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unter dem obersten Hauptmann Bonifacius Hofmann von Ell-
wangen zu ihnen auf und lagerte mit ihnen den nächsten Tag
auf dem Brühl. An Proviant fehlte es nicht im ßauernlnger;
waren doch allein 42 Wägen mit Getreide im Kloster genonnnen
worden, auch mufste der Eliwanger Amtmann immer Lebens-
mittel nachschicken. Am nämlichen Tage wurde Mönchsroth
vollends verwüstet und verbrannt.^'*)
Markgraf Casimir hatte durch den Abt von Auhausen
Georg Truchsefs von Wetzhausen die Warnungen Georg Haber-
koms, des Öttingischen Hofmeisters, erhalten.
Schon fragte der Abt besorgt an, ob es geraten sei, auf
dem Kloster zu .verbleil)en. '-^"^ Noch galt es jedoch nicht ihm;
aber nicht weit von Auhausen zerstörten die Bauern die Schlösser
zu Dürrwangen und Wittelshofen, das Schwesterhaus zu Kem-
mathen, auch das Forstamtshaus zu Thannhausen.***) Von den
umliegenden Orten strömten ihnen zahlreiche markgräfliche
Unterthanen zu.
Gemäfs dem Landtagsbeschlufs und beunruhigt durch den
Aufstand um Crailsheim hatte der Fürst sofort zwei von Adel,
Thomas Kuedorfer, den Amtmann zu Thann, und Eucharius Zobel
zu Ramsdorf, nebst zwei Verordneten von der Landschaft zur
Unterliandlung mit dem Ellwanger Haufen in seinem und im Namen
seiner Ritterschaft und Landschaft abgeordnet. Als diese am l. Mai
in der Frühe von Feuchtwang nach Ellwangen ritten, erfuhren
sie den nächtHchen Marsch der Bauern nach Dinkelsbühl und
wandten sich sofort mitsamt Herrn Hans von Schwabsberg *^^)
dorthin. Sie wurden sofort ins Lager geführt, Ihnen erstlich von
den Verordneten der Bauern alle £hre erzeigt, aber da die ober-
sten Hauptleute abwesend waren, so mufsten sie von 10 Uhr früh
bis zur sechsten Nachmittagsstunde warten, während welcher Zeit
die Gesandten von unendlichen« Leuten gar manches zu er-
dulden hatten. Die Hauptleute, als sie kamen, horten ihr An-
bringen sehr höflich an und versprachen, ihnen bis nächsten
früh 10 Uhr Antwort zu geben. Den Haufen, dem man noch
immer zuzog, schätzten die markgräfUchen Abgesandten auf
4000 MannJ««)
Wahrscheinlich verzögerte sich die Entscheidung Uber
ihre Anträge im Bauernrat. Denn erst am 4. Mai konnten die
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Unterhändler dem Markgrafen den Bescheid des Haufens zu-
schicken.*'')
Die Hauptleute teilten dem Fürsten mit, dafs sie in ihrem
»höUen häufen« alle Unterthanen des Markgrafen und seiner
Ritterschaft etc. zusammeiibcrufcn und ihnen der Gesandten
VVerbun^f und Begehr vorgehalten hätten und diese folgende
Antwort gegeben: ^>In sei nit wissen, das ainicherlai artikel
von eur fürstlich gnaden und gemainer landschaft bewilligt und
gruntUch versichert und zugesagt seien, und deshalb [haben sie] uns
gebeten, auch aufs höchst als christeniich verpflicht bruder ersucht»
inen wie andern brudem die zwelf artikel gemainer baurschaft
helfen bei meniglich zu erhalten und volstrecken.« Da sie,
die Hauptleute und der übrige Haufe, ihnen nun ihr ernstliches
Begehren laut ihrer Eidespflicht nicht abschlagen könnten, so ,
baten sie den Markgrafen, wie andere Fürsten, Herren und
Städte bereits gcthan, den Seinigen ebenfalls die zwölf Ar-
tikel nachlassen zu wollen. ^^'^}
Casimirs Räten zu Ansbach dünkte es klüger» den Ge-
fahren, die von dem Aufstand der Riesbauem wie von dem
Fränkischen Heere her drohten,'^*) nicht noch eine neue bei-
zufügen. Sie rieten deshalb dem Fürsten, der damals sich be-
reits auf dem Zug gegen die seine Grenzen bedrohenden Ottinger
und Rieser Aufständischen befand, eine Unterhandlung auf Grund
der zwölf .Artikel nicht von der Haud zu weisen und sich da-
durch gegen die andern Raiiernheere freie Hand zu sichern. ^*°)
Da diese Ansit lit ganz mit den Plänen des Markgraten überein-
stimmte, wie er in ähnlicher Weise sich mit der gegen ihren
Bischof Weigand von Redwitz aufgestandenen Bamberger Land-
schaft Achtung der gegenseitigen Neutralität gelobt und so
seme eine Flanke gesichert hatte, ^'') so ist nicht zu zweifeln,
dafs er alsbald dem Vorschlag der Räte beistimmte.*"}. Es
ging demzufolge ein entsprechendes Schreiben, allerdings vor-
läufig noch im Namen des bisherigen mark gräflichen Gesandten,
welches für die Anset/.ung eines 1 ages den in Rede stehen-
den Verhandlungen die Anregung geben sollte, an den Dinkels-
bühler Hauten ab. Keineswegs zu früh, denn dieser, der unter-
dessen die Reichsstadt in seinen Bund gezwungen und dahin
gebracht hatte, ihm drei Büchsen mit Kraut und Lot, hundert
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Spie{se, zweihundert Mann nebst einem tapferen Hauptmann,
sowie die Übergabe des Deutschen Hauses nebst Klosters und
die Annahme der zwölf Artikel zu gewähren, stand bereits mit
den Riesbauern in näherer Verbindung. ^^^)
Am Tage des Abschlusses des Vertrags am 6. Mai stiefsen
die Aufrührerischen aus der Umgegend Crailsheims /.u ihm,
wurde die Stadt selbst nochmals zum Anschlufs aufgefordert.
Am 8. Mai erhob sich das Lager, durch das Abkommen mit
Dinkebbttiil im Rücken gedeckt und durch den markgräflichen
Zusug gestärkt, um su den christlichen Brttdem im Ries an
ziehen und mit ihnen vereint den Markgrafen heimzusuchen.
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UI.
Der Aufstand im nördlichen Ries und um Wasser-
trüdingen, die Plünderung der Benediktiner-Abtei
Auhausen an der Wömitz und die Ostheimer Schlacht.
24. April — 9. Mai.*)
Auch auf die erst seit kurzem wieder beruhigten Bauern
der Öttinger Graten hatte die so schnell anwachsende und mit
glücklichem Krfolg gekrönte Erhebung der Ellwanger Bauern
wieder aufstachelnd gewirkt. Schon um den 24. April finden
wir wieder Spuren von RottierUDgen . '•^') Bald genug kamen
auch direkte schriftliche Mahnungen der EUwanger Schar, mit
»hamasch und werenc auf zu sein. Der Haufe Uefs sich hören,
er wolle ins Bies fallen, zuerst aber sich vor Baldem und
Wallerstein, des Öttinger Hauses wichtigste Schlösser, legen. *'^)
Noch scheinen die Grafen nur den Ellwanger Haufen
gefürchtet, von der Masse ihrer eigenen Bauern sich jedoch
nocli kenier Gefahr vcrselu-ii zu haben. Sie hatten bei dem
ersten Anschein, dafs sich der Brand des Aufruhrs ihren Be-
sitzungen mitzuteilen drohe, sogleich an den Schwäbischen
Bund und an Markgraf Casimir um Hülfe geschrieben, suchten
zur Besetzung ihrer Stadt Öttingen in Augsburg Fufsknechte zu
erhalten,^'') streiften mit 40 Pferden auf Kundschaft gegen den
Ellwanger Haufen und mahnten endlich — 1. Mai^'") — ihre
Bauern auf, sei es, um mit ihnen zu handeln, dafs sie sich
ruhig verhalten sollten, sei es, um sich ihrer Treue zu versi-
chern und sie im Notfall gegen die drohenden Bauernhaufen
verwenden zu können. Wie in manch anderen Fällen wurde
auch hier das Aufgebot das Signal zum Ausbruch der Erhebung.
Dieses Datum benehs sieh auf den gaosen dargestellten Zeit-
raum und nicht auf die Ostheimer Schlacht allein.
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Die Grafen, die nur eine bestimmte Anzahl aus jeder Gemeinde
erfordert hatten, sahen sich bald von einem gewaltigen Haufen
umgeben, dessen sie nicht mehr mächtig waren. '^^)
Seltsamerweise scheint unter den Bauern der Gedanke
aufgetaucht zu sem, den Grafen die Kloster und deren Güter
einzugeben, wohl mit der stillen Voraussetzung, sie vorher
gehörig auszuräumen, wenn sie sich zu ihnen verbrüderten.
Ja wir finden sogar gegen die Grafen den Verdacht aus-
gesprochen, als ob sie den Ihrigen erlaubt hätten, einige
derselben zu plttndem, natarlich mit dem Hintergedanken,
dieselben dann für sich in Besitz zu nehmen.'*^
Sicher ist es, dafs die Aufrührerischen suchten, auf alle
mögliche Weise, selbst mit Droiiungcn den Ausschlufs der Gra-
fen zu erzwingen. Es mögen dabei wohl auch derbe, höhnende
Worte, wie die Aufforderung, dafs sie als »Christliche Brüder«
zu Fufs mit dem Haufen ziehen sollten, gefallen sein. Mit
Mühe gelang es Graf Ludwig dem Älteren unter dem Vorwand,
sich mit seinen Vettern beraten zu woUen, von ihnen zu kom-
men. Einzelne der gräflichen Diener, auch viele Ottinger 6ür>
ger wurden gezwungen, zu ihnen zu geloben.^*^) Das Kloster
und Gotteshaus Maihingen Sankt Brigitten-Ordens plünderten
und verwüsteten sie und verjagten die Mönche und Nonnen.
Der Äbtissin von Kirclilieim nahmen sie mehr als 40 Wägen
Getreide. Auch das Kloster Zimmern Citeler-, d. h. Cister-
ciens er-O rdens, das Benediktinerkloster Deggingen und die
Carthause Christgarten wurden ausgeraubt und teilweise zerstört.*'*^
Ottingen selbst hielt sich einige Zeit, obgleich es keine
oder nur geringe Besatzung hatte, und die Bauern sagten, sie
wollten tdas stettlin mit eitel kesen umwerfenc. Am 3. Mai
aber mufste es sich ergeben. Die Aufständischen bekamen in
der Stadt den Grafen Ludwig den jüngeren in ihre Gewalt
und zwangen ihn, zu ihnen zu geloben. Abends plünderten sie
das Deutsche Haus daselbst rein aus.^*^)
Gehoben durch ihre Erfolge drohten die Rie«?er, wenn die
von Wassertrüdingen die Klöster Auhausen und Heidenheim
nicht selbst einnehmen wurden, so würden sie kommen und
dieselben ausbeuten. Als die markgräfischen armen Leute in
den Ämtern Hohen- und Wassertrüdingen nebst den dortigen
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Unterthanen anderer Herrschaften dies vernahmen, thaten sie
sich zusammen und machten den Anschlag, die Klöster selbst
zu plündern.
Auch die Ueniciiiilc zu Wasscrtrüdiny;en war nicht abge-
neigt, den Ricsbaiiern zuvor/ukoinmcn, docli gelang es noch,
sie his auf des Markgrafen Bescheid zu beruhigen. Atjer Hr. Kas-
par Schenk, der Amtmann von Hohen- und Wassertrtidingen,
gab doch schon zu bedenken» dafs, wenn die Bauern die Plünderung
vornehmen würden, die Gemeinde dagegen davon ausgeschlossen
sein, und die Klosterhabe in fremde Hand kommen sollte, leicht
ein Aufstand der ärmeren Bürger zu besorgen sein dürfte, and
schlug vor, ihnen zu vergönnen, die Klöster dem »Markgrafen
und ihnen zu gute einnehmen zu dürfen; d. h. wohl, die Klöster
un l ilire ik'sitzürigen tür den Landesfürsten, die Vorräte, das
Vieii und die andere fahrende Habe für seine getreuen Wasser-
trüdinger in Beschlag* zu nehmen."*) Markgraf Casimir, der
in Geldsachen stets sehr genau, dachte jedoch Über die Zweck-
mäfsigkeit dieser Mafsregel anders. £r zog es vor, die Klöster,
die er schon vorher mit Schutzwachen besetzt hatte, in seinem
Namen einnehmen und deren Inhalt inventarisieren zu lassen.
Silber und Gold oder Kleinodien befahl er nach Ansbach zu
schicken, auch einen tüchtigen Verwalter, der keine Beschädig
gung der Klöster dulde, dahin zu verordnen. Den Mönchen,
wenn sich dieselben Arges besorgten, sei zu gestatten, zu flüch-
ten, den Kl oster hintersafsen neue Pflicht und Huldigung auf-
zuerlegen.
Aber die rasch fortschreitende Empörung machte die
Ausführung dieses Befehls unmöglich.
Am Freitag, den 5. Mal, schrieb der Abt von Anhausen
dem Markgrafen, dafs sich die Bauern von Ehingen, Röckingen,
den beiden Schwaningen, Geilsheim, Ostheim und Westheim und
andere um die zehnte Stunde zusammen gerottet hätten und
von Dorf Dort ziehend Alles aufmahnten, <las Dorf Auhausen
sowie die Wächter im Kloster daselbst unter der Drohung des
Brandes, Dafs unter solchen Umständen die Mahnung des
Abtes, die von Auhausen sollten auf nächsten Montag dem Mark-
grafen ihre auferlegte Anzahl Wehrmänner nach Ansbach schi^
cken, wirkungslos verhallte, war nur natürlich. Der Dechant
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von Lentersheim, der Pfarrer von Röckingen, Schwaningen,
Dambach, der Geistliche Hr. Michel von Geilshehn waren bei den
Bauern zu Osthehn und Obennegersheitn."^ Noch hielten Was-
sertiiulingcii und (iunzenhausen feston Stand. Aber das erstere
wurde noch am nämlichen, das andere den nächsten Tag auf-
gemahnt, und es war zu befürchten, dafs sie, besonders das
erstere, bei der zweifelhaften Stimmung der Gemeinde, sich
nicht lange wttrden halten können.'*')
Unleugbar war die Lage des Markgrafen damals bedenk-
lieh, ja gefiÜirUch su nennen. Die Fränkischen Haufen, im
Begriff sich vor Würzburg zu vereinigen, bildeten eine Macht,
die ihm bei weitem an Streitkräften überlegen war. Im Aisch'
und Zennergrund, in Kitzingen, im Uffenheimer, im Colmberger
Amt, in allen \\ ürzburgischem Gebiet benachbarten oder von
ihm umschlossenen Brandenburgischer> Bezirken erfolgte, durch
die Nähe des grofsen Fränkischen Bauernheeres erregt und
gedeckt, Abfall auf Abfall, Erhebung auf Erhebung. Und dabei
vermehrten sich des Markgrafen Widerstandsmittel keineswegs.
Die Böhmen und die Pfabs-Neuburger Reiter hatten eine andere
Bestimmung erhalten. Von den Übrigen Fränkischen Ständen
war keine Hülfe zu erlangen gewesen. Auch mit dem Annehmen
von Reisigen und Fufsknechten ging es langsam, noch am
17. Mai schrieb der Truchsefs Georg, dal's es ihm aus Geld-
mangel nicht möglich gewesen, ein Fähnlein Knechte für Casi-
mir aufzubringen.^*^ Der Markgraf betonte wohl später dem
Bunde gegenüber, dafs er in der Ostheimer Schlacht nur seine
eigenen Truppen gehabt habe, weil der erkannte Bundeszusatz
noch nicht zusammengebracht werden konnte. Bald zeigte es
sich noch, dafs Markgraf Cashnir sich auch auf die militärisch
ausgebüdeten Wehrleute seiner Landschaft nicht werde stützen
können. Immer zahlreicher liefen die Entschuldigungen der ver-
schiedenen Orte ein, teils waren sie schon von den Bauern auf-
geniahnt, teils lluü^ten sie iii Kurze des l'berzugs gewarten und
brauchten deshalb ihre T.eute /u Hause, oft baten sie sogar,
ihnen ^uch die zur Hutideshülfe L^estellten Mannschaften zurückzu»
schicken und bracliten so statt Stärkung Schwächung, statt Unter-
stützungen Entschuldigungen. Und dies waren die gutgesinnten,
treuen Orte, andere blieben einfach aus, wenn nicht eine
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vorsichtig vorbaueade Ehrbarkeit auf eigne Kechnung, wie in
Kitzingen, sich mit Hinweis auf den Zwang der drohenden 6au>
erohaufen zu rechtfertigen suchte.**®)
Wenn nun der Haufe um Dinkelsbühl, der ja schon länger
mit dem Uttinger hellen Haufen in Verbindung stand, rasch vor-
rückte und im Zusammenwirken mit den Rieser- und markgrä-
fischen Aufständischen — die Ämter Günzenhausen und Wasser-
trüdingen aufrollend — den Brand über die Altmühl in die
kaum beruhigten Gebiete um den Messinger Berg trug, welche
Macht wäre vorhanden und im Stande gewesen, diesem gewal-
tigen Stofse zu widerstehen ^*^*)
Nur ein ktthner und rascher Entschlufs konnte hier noch
Rettung gewähren, wenn es gelang die abgefallenen Untertha-
nen und ihre Verbündeten die Ottinger- und Riesbauern un-
schädlich zu machen, ehe sich mit ihnen der Dinkelsbühler
Gewaltshaufe vereinigen vermochte. Wer wagte zu bestimmen,
wie lange die ansgesponnenen Unterhandlungen den letzteren
hinzuhalten vermochten?
Markgraf Casimir fafste den Entschlufs, dieser nächsten,
drohendsten Gefahr die Gewalt entgegenzusetzen, nicht tollkühn
wagend — das lag nicht in seiner Natur, — sondern unter
genauer Erwägung der einzelnen Faktoren fUr den Augenblick
das Kleinere, die Sicherheit semer Residenz- und Hauptstadt
aufs Spiel setzend, um das Ganze zu retten.
Nur eine geringe Mannschaft konnte er, als die Notrufe
der bedrängten Städte und Klöster immer lauter und häufiger
erschollen, die Ciefahr immer drf>hender wurde, ins Feld stellen.
Mufste doch das durch den Abmarsch der meisten Streitkräfte
immerhin gefährdete Onolzbach wenigstens gegen einen Hand-
streich ausgiebig gesichert werden.***)
Markgraf Casimir suchte daher aufser der Besatzung und
der Bürgerschaft auch alle übrigen Streitfähigen für die Ver-
teidigung der Stadt zu sichern. Am 5. Mai liefs er alle tehe-
halten und igebroten dieiu-r« durch ihre Herrn auf Haud-
gelühde \ erj'jflirhten, so lanue sie ihr ^ pfleglich anu rM-n < in der
Stadt haben wurdrn, ihm treu und gewartig zu sein, verdächtige
Symptome von Verrat oder .\urruhrgelüsten sofort zur Anzeige
zu bringen. Nachdem der Markgraf, wie man von einem so
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versuchten KriegsfUrsten erwarten konnte, die Besatzung und
allenfallsige Verteidigung des Schlosses und der Stadt aufs
sorgsamste und genaueste angeordnet, seine BrQder die Mark*
grafen Johann Albrccht, den Coadjutor von Magdeburg und
Halberstadt, untl Wilhelm mit vielem Adel darin /-uruckgclassen,
dem Ritter Veit von Lentersheim, Amtmann von Neustadt an
der Aisch, einem erprobten und angesehenen Krieger, den Ober-
befehl in der Stadt selbst Ubertragen hatte, '^^) zog er am
Samstag, den 6. Mai, mit seiner kleinen Macht von Onolz-
bach aus, willens, Wassertrttdingen zu entsetzen. Da er von
Graf Ludwig dem älteren von Ottingen, der auf dem Weg zu
ihm stiefs, fälschlich berichtet wurde, dafs dort und in der Nähe
keine Bauemscharen lägen, so änderte er seine Marschrichtung
auf Merkendüff, nahm den Flecken zu neuer Huldigung und
Verpflichtung an, versprach den Inwohnern, ihr gnä(li''<'r Fürst
zu sein, und blieb denselben Tag dort liegen, bemüht, von dem
Stand der Dinge ein richtiges Urteil sich zu bilden. ^^^)
Ks zeigte sich bald, dafs fast die ganzen Ämter Hohen-
und Wassertrüdingen in BevvcL^amg waren. Von Ort /.u Urt gin-
gen oder ritten die Aufmahnboten,'^^) von der Amtsstadt aus
schickten unzufriedene Bürger in die einzelnen Dörfer mit der
dringenden Mahnung, vor deren Thoren zusammen zu kommen.
Gemeinde um Gemeinde fiel teils freiwillig, teils gezwungen zu
den Bauern. i'^^) Noch an demselben Tag erhielt der Markgraf
die Kunde, dafs jene Nachricht falsch gewesen, Wassertrttdin-
gen schon in der FrOhe von den Aufständischen besetzt
worden sei.'**)
Schon als der Hausvogt Christoph von Fronhofen und
Stephan von Birkenfels auf ihrer Untersuchungsreise nach Crails-
heim und Feuchtwangen auf dem Hin- und Herweg dort ein-
geritten waren, hatte sich eine Mifsstimmung der Gemeinde, ja
selbst des Rates gegen den dortigen Amtmann bemerkbar ge-
macht, gegenseitiges I belwollen und Hafs sicii gezeigt. Der
Hausvogt sprach den Bürgern glimpflich zu, ermahnte sie, sich
getreulich zu halten, auch die Gemeinde nicht für sich selbst be-
raten zu lassen, sondern alles mit Wissen des Amtmanns zu
handeln, und beruhigte sie so ziemlich. Kaum waren jedoch
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die Räte weiter geritten, als Herr Caspar Schenk, ein heftiger
stolzer, zu Schmähungen geneigter Mann, sich in den gröbsten
Beschimpfungen gegen die Bürgerschaft erging. ^*^) Dies klagten
die Heleidigten dem Ilausvogt nach seiner Zurückkunft. Dieser
suchte sie zu besänftigen, versicherte, der Amtmann meine es
so heftig nicht, doch '^oüe ihnen nacli Stillung des Aufruhrs ein
Tag gegen ihn vergönnt und die Sache dann untersucht wer-
den. Das nahmen sie an, doch blieb natürlich böses Blut zurück.
Mit den Bewilligungen des auch von ihnen beschickten
Ansbacher Landtags, schrieb spater der Rat, wären sie alle »wol
benugig gewest und mitainandcr ainig worden, genzlich still zc
sitzen und ze thon als from leut«. Sie beschlossen, kein frem-
des Gut herein flüchten zu lassen, damit die Bauern nicht gegen
sie gereizt würden. Als die Aufmahnschreiben der Öttinger
kamen, zeigten sie es Herrn Caspar an und beschlossen mit
ihm, den Markgrafen zu benachrichtigen, auch besonders seine
Meinung wegen der einzunehmenden Klöster zu erholen.
Aber nun zeigte sich ein Zwiespalt zwischen Rat und Ge-
meinde. Letztere, lüstern nach den reichen Vorräten und Habselig-
keiten Auhausens und Heidenheims, hatte sich während der Verhand-
lungen zwischen Rat und Amtmann auf eigene Hand auch versam-
melt. Die Herren gingen vom Rathaus hinab, sie zu stillen, bekamen
aber sehr böse Reden zu hören. Einzelne schrieen sogar: »Es
thut kein gut, man werf sie dann all' zum laden liinausi
Es war klar, dafs die Gemeinde sehr übel empfand, dafs ihr die
schon für sicher gehaltene Beute entgehen und sie obendrein
mit den Bauern in Feindschaft gebracht werden sollte. Hatten
doch die kommunisierenden Ideen der letzteren auch bei ihr
günstigen Boden gefunden, und viele der ärmeren Bürger hätten
gar gerne brüderlich mit den reicheren geteilt. So schrie z. B.
Hans Zymermann, als einmal Wolf Metzler, der äufsere Bürger-
meister, etliche aufrührischer Handlung halber rügte, hervor-
springend und sein Beil erhebend, ihm zu: »Nein, ir grofsen
hansen, ir muest mit uns tailn und nniest einer als reich sein
als der ander I« und fluchte übel dazu.***^) Die Mifsvergnügten
in der Stadt sahen sich denn auch bald nach bäurischer
Hülfe um.
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Am Donnerstag nach Walburgis schickten einige der Ver-
wegensten, Lienhart Schreiner, Lienlein Schuster, Wolf Schwarz,
Gilg — i. e. Aegidius — Vischer in der Vorstadt und andere,
die bei dem Wirt Balthasar Schuster, auch einem tlcr Un/;u(rie-
denen, zu Wein gewesen waren, Boten in die Landschaft, um
die ' )rtschaften ringsum aufzumahnen, Freitags nach Wasser-
trudingen zu kommen und gemeinsam nach Auhausen zu ziehen
und das Kloster zu plündern. »Hefner Henslein« eilte nach
Lentersheim, der »jung Schlossere nach Röckingen und Ehingen,
2u Opfenried gesellte sich zu ihm einer, namens »Mttlhensldnf .
Sie mahnten die Dörfer auf unter dem Vorwande, Rat und Ge-
meinde hätten sie heraus geschickt, sie sollten kommen, die
Klöster einzunehmen, wenn sie es nicht thäten, würden andere
kommen.*®^
Das Unterfangen der Verschworenen war aber nicht un-
bemerkt geblieben. War schon vorJier im Rate die Meinung
aufgetreten, die Bewohner der offenen Vorstadt in die Stadt zu
nehmen, wo man ihrer, unter denen viele Unzufriedene sich be-
fanden, eher mächtig, die > treuen unter ihnen aber vor den
Bauern sicherer wären, so forderten jetzt einzelne getreue Bür-
ger, darunter Claus Hofmann, Lorenz Kürschner und andere,
Herrn Caspar auf, sie festnehmen zu lassen und sie dem Mark-
grafen zuzuschicken.^^) Der Amtmann, der überhaupt wenig
Energie entwickelte, unterliefs es, doch wurden vertraute Boten
abgesandt, die Bauern abzumahnen und ihnen zu verkünden,
dafs ihre Erforderung keineswegs mit Wissen und Willen des
Amtmanns und der Stadt geschehen sei.
Trotzdem zogen am nächsten Tage die Bauern von allen
Seiten auf die Stadt, »uf der wisen heufend«, einher. Lorenz
Kürschner, der mit seinen Fellen beschäftigt, sie von der Mauer
aus bemerkte, rief noch zur rechten Zeit den Wächtern zu, die
Thore zu schliefsen. Amtmann und Rat schickten einige, da-
runter einen später als Haupträdelsführer bezeichneten Bürger,
Hans Bener, ^Schellenniendlein* genannt, zu ihnen hinaus,
liefsen sie ihrer Pflichten erinnern und ihnen erklären, dafs sie
— die Bürger — sich als fromme Leute bei ihrem Fürsten halten
wollten. Wenn sie abzögen, versprach man ihnen genugsam
Wein, Brot und Käse auf die Wiese zu schicken. Auch
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Hermann Hans Ochsenbach, der Amtmann zu Wald,*) wohl von
Markgraf Casimir zur Untersuchung der Lage nach Wasser«
trttdingen beordert, versuchte vergebens die Bauern zur Auf-
gabe ihres Vorhabens, die Klöster zu plündern, — dem Mark-
grafen selbst galt nach ihrer Aussage die Erhebung nicht — ,
zu bewegen. Tm Abziige schrieen sie dem Lorenz Kürschner,
der mit üchsenbach im Ring der Aufständischen gewesen und
auf der Mauer wartete, gar höhnisch zn: T^Die von Truhendingen
muesen bald bei inen seine. Eilends htt der Walder Amtmann
nach Ansbach, es seinem gnädigen Herren anzuzeigen. Ver-
gebens hatte er sich gegen Herrn Caspar Schenk und den Rat
erboten, das von Abt und Wächtern verlassene Auhausen wie-
der zu besetzen, wenn man ihm nur Leute zugäbe. Vergebens
war das Ancrl)ieten getreuer Bürger mit ihm zu ziehen, es war
ihm abgeschlagen worden. Amtmann und Rat, welch letzterer,
wie der innere Hürgermeister Wilhelm Wagner den Bauern teil-
weise nicht abgeneigt gewesen zu sein scheint, konnten sich
nicht zu diesem Schritt, der leicht zum Kampfe mit den Auf-
rühren! führen konnte, entschliefsen.
Noch in der nämlichen Nacht, Freitag, 3. Mai, zwischen
11 und 12 Uhr kam ein Schreiben der Bauern, von einem
Lentersheimer gebracht, in die Vorstadt. Hans Hechtlein, Claus
Hofmann und Hans Lazarus nahmen es in Empfang. Der Letz-
tere sattelte ein Pferd, um dem Markgialen, wenn nutig, den
Inhalt melden zu können, aber Herr Caspar Schenk weigerte
sich, den Brief vor morgens anzunehmen, so dafs sich der Zorn
der eifrigen Bürger in spitzigen Reden Luft machte.
Am nächsten Tag, 6. Mai, in der Frühe erschienen die
Bauern wieder vor der Stadt. Oer Amtmann, sich seiner Un-
beliebtheit bei der Gemeinde bewufst, vielleicht auch durch die
Sorge um seine B'amilie, die er nicht geflüchtet, ängstlich ge-
macht, liefs sich von einigen bewegen — er behauptete später
zwingen ■ — , zu dem Haufen vor das Thor sich zu gütlicher
Unterhandlung zu begeben. Lorenz Kürschner von Wasser-
*) Er hatte betm SchwSblschen Band den erkannten Znsatz erwirkt
und befand »ich auf der Heimreiie. Ob er bloft sufiUlig oder auf Befehl
Catimin die Verhandlungen mit den belagernden Bavertischaren In die Hand
nahm, Uefs sich nicht feststellen, doch scheint letieres wohl denkbar.
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trQdingen begleitete iho. Besonderen Mut oder anfsergewöhnliche
Thatkraft scheint Herr Caspar gerade nicht entwickelt zu haben.
Die Bauern, unter deren Vordersten wieder seine eigenen
Hintersassen 2u linden waren, versicherten» sie begehrten gegen
niemand als die Klöster m handeln. Darauf sagte der Amtmann,
nach Aussage der Wassertrüdinger, wenn sie ihn mit seinem
Leib und (iut siclicrn würden, wüllte er es in Gottes Namen
zngeben und sie einlassen. Die Bauern verspraclien es ihm
bereitwillig und kamen so in die Stadt. Nach Angabe des Amt-
manns dagegen hätten ihn die VVassertrüdinger schon bei den
Bauern allein gekssen, als er in die Stadt zurückgekehrt, hätten
sie ihm hinterrücks die Brttcke zum Schlofs abgeworfen und die
Bauern hereingelassen. Wahrscheinlicher aber bewog der Wirt
Balthasar Schuster, einer der Hauptanhänger der Bauern, auf
eigene Faust den Thorwart, zu öffnen. Die Bauern strömten
gegen die Abrede in Menge herein und besetzten die 1 höre.
Die Sehlulsbrucke wurde auf Befehl des obersten Hauptmanns,
des Schmalzmüllcrs von Röckingen, »Müithomanvc genannt, und
des Peter von Westheim, des Lienhart Sauler von Crailsheim
und anderer Ftthrer mit Wissen des Bürgermeisters Wilhelm
Wagner, genannt »Becka Wilhalm«, weggerissen und Herr Caspar
gezwungen, zu dem Haufen zu geloben. Balthasar Schuster,
der sofort nach dem Eindringen der Bauern zu einem der Haupt-
männer erwählt worden, nahm im Ringe derselben dem Amt*
mann, der später eine gar schaurige Geschichte von dieser Cere-
monie zu erzählen wufste,"*) die Pflicht ab.
Der Schmal/.iiiuUer, der stets als oberster Hauptmann auf-
tritt, und >Balthle wirtx nahmen die Büchsen vom Rathaus und
auf den Türmen in Beschlag. Die Bürger bewirteten die Ein-
dringlinge mit Fleisch und Wein. Zuerst wollten die Bauern ihr
Lager für die Nacht in dem Amtsgarten schlagen, dann aber
entschlossen sie sich nach Auhausen zu ziehen. Dem Wasser*
trttdinger Hauptmann mufste der Rat auf sein Verlangen 10
Gulden Zehrgeld mitgeben. Das Schlofs besetzten die Haupt-
leute bei dem Abzüge mit 50 Knechten und liefsen auch sonst
eine gute Anzahl ihrer liruder in der Stadt zurück.'*'') Der
grofse Haufe zog ins Kloster, um dasselbe in Gemeinschaft mit
den Öttiagern und Rieseru zu plündern und zu verwüsten.
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Ohne Zweifel war der Abfall WassertrUdingens, das bisher
gewissermafsen als Vorposten und Vorwerk gegen den . andrin*
genden Öttingischen und Dinkelsbflhler Haufen die Wömitz ge-
deckt hatte, ein nicht erwarteter, harter Schlag für Casimir, aber
auch von den Rftten zu Ansbach, die dem Markgrafen seinen
ik'fchlcn gomafs die wichtigsten Vorgänge zu unterbreiten hatten,
kamen iniiner inelir sieli häufende Hi()l)sp()st<.'n. Noch am Sams-
tag teilten sie ihm mit, wie sie berichtet, dafs Markt Bernjel,
Burgbernheim, Lenkersheim, Ipsbeim und deren ganze Umgebung
sich erhoben hätten und sich nach Krgersheim, wohl zu dem
»Fränkischen häufen c zu wenden beabsichtigten, dafs das Ge-
rücht gehe, dafs auch Markt Erlbach umgefallen sei. Des Hof-
meisters Carl von Hefsbergs Hausfrau meldete, dafs dessen
ganzes Amt Colmberg mit Ausnahme von Leutershausen und
Brunst abtrünnig geworden. Caspar Hiersing, der ältere Bürger-
meister, brachti! Nachricht von der neuerlichen, durch die
falsche Beschuldigung einer iTefangennahme etlicher hundert
dem Dinkelsbühler Haufen zuziehenden Bauern hervorgerufenen
Bedrohung Crailsheims. '^^^ Ein Kundschafter, namens »der
Herzog meldete den Anschlufs Kitzingens und die Erhebung
der Maindörfer. Auch in dem Eichstädtischen Herrieden waren
die Bürger aufgestanden, hatten den Graben vor dem Schlofs
abgegraben und sich hören lassen, sie wollten den Dinkelsbühler
Haufen einlassen.
Mit dem Aufruhr in Herrieden war aber auch ein wich-
tiger Übergang über die Altmühl für Markgraf Casimir ver-
loren, und die Gefahr lag nahe, dafs, wenn der Haufen vor
Dinkelsbühl in raschem Zuge an die Altmühl vordrang, die
Brücke bei Riedt abwarf und sich um Umbau und Herrieden
lagern wurde, auch Günzenhausen nicht widerstehen könnte und
der Markgraf mit seinem kleinen Heere, gezwungen jenseits der
Altmühl zu bleiben, wie in einem Sack gefangen wäre. Denn,
so stellten die Räte vor, von Onolzbach aus könnte ihm bei der
schwachen Besatzung keine Hülfe gebracht werden, ja, wenn
der Dinkelsbühler Haufe rechte Kriegsleute wären, so könnte
durch einen kuhneu Vurstois selbst die l lauptstadt in die höchste
Gefahr geraten.'^'*)
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Markgraf Casimir, ein geschickter und kriegsgettbter Heer-
führer, hatte auch gar keine Lust, sich dieser Gefahr auszusetzen.
Am 7. Mai, dem Sonntag Jubilate, rückte er in Günzenhausen
ein, sich den dortigen Altmühlübergang sirhernd. Den tlchent-
lichen Bitten Heidenheims, das schon niehroniah' von den Bauern,
zuletzt am Samstag den ^. Mai, unter Drohung des (Überzuges,
zum Anschiufs gemahnt wordea war, nacligebend, schickte er
von hier aus ein Streifkorps von 200 Pferden und 400 Fufs-
knechten vor, um die Stellung der Bauern aufzuklären und im
Notfall Markt und Kloster' zu Hülfe zu kommen.
Günzenhausen, welches, wie auch das dortige ganze Amt,
sich als treu und gut gesinnt erwies, liefs 50 Mann zu dieser
kleinen Schar stofsen. Aber auch Wassertrüdingen suchte der
Fürst wieder in seine Haixic zu bringen. Er sandte den Doktor
Jori: von Streitberg und Hermann Hans Uchsenbach dorthin,
um durch Unterhandlung zu erwirken , dafs ihm die Stadt
geöffnet würde. Mit dem übrigen Teil seines Heeres deckte er
Günzenhausen. Den Räten zu Ansbach befahl er, die ein-
treffenden Mannschaften der auf Montag einberufenen Landschaft
statt auf den Kammerforst (bei Ansbach) nach Eyb zu verlegen
und für ihre Verpflegung aufs beste Sorge zu tragen, auch über
die Bauern im Amt Hoheneck und im Zennergrund gute Kund-
Schaft zu bestellen. Käme er bis Montag zu Abend nicht nach
Ansbacli zurück, so sollten sie mit denjenigen von der Land-
schaft, die sie dazu für geeignet hielten unter Beiziehung
seiner beiden Brüder beratschlagen, wie man sich in diesen
schweren Läufen verhalten solle, besonders wie die Unterhand-
lung mit den beiden Haufen bei Dinkelsbühl und Heidingsfeld
weiter zu führen wäre.*'")
Unterdessen brachte der Zusammenstofs der nach Heiden-
heim vorgesandten Streifschar des Markgrafen — 200 Pferde,
400 Fufsknechte — , bei deren Entsendung der Markgraf wohl
eher an Ik'übachtung und Beunruhigung der Bauern als an einen
Entscheidungskampf gedacht hatte, mit den Aufständischen eine
höchst überraschende Wendung.
Am Samstag, dem 6. Mai, bereits hatten sich die mark-
gräüschen und Öttingischen Bauern» weich letztere den vielen
Aufforderungen der andern gerne gefolgt waren, zur Plünderung
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der reichen und grofsen Benediktinerabtei Auhausen vereint.
Abt Georg, ein Truchsefs von Wetzhausen, hatte sich noch tu
rechter Zeit mit seinem Konvent und der von Markgraf Casimir
ins Kloster gelegten Schutzwache geflüchtet. '^^)
Das stattliche, erst neuerbaute Konventshaus, die reich-
geschmttckte Kirche wurden auf das barbarischste verwüstet » die
Bilder der Heiligen wurden verstümmelt und vernichtet, die köst-
lichen Metall- und Steinarbeiten, die Grabdenkmäler, die Orgeln,
die herrlichen gemalten Fenster in Trümmer zerschlagen, die reich-
verzierten Bücher für den Gottesdienst, die seltenen Schätze
der überaus köstlichen, für die damalige Zeit höchst ansehn-
lichen, vielseitigen und reichhaltigen Klosterlnirherei "^') wurden
zerrissen, zerhauen, verbrannt und in die Brunnen gewf)rfen, die
Thüren im ganzen Kloster ebenso wie die Fenster zerschlagen,
ihrer Schlösser und Besehläge beraubt, wie denn überhaupt alles,
was an Hausrat, Waffen, Kleidern, Wertsachen, an Vorräten von
Getreide, an Wein und Bier, an Vieh, bis zu den Hühnern
und Tauben hinab, vorhanden, teils verderbt, teils geraubt,
teils, wie die Lebensmittel, verschwelgt wurde. In frevelhaftem
Übermute sollen die Aufständischen selbst nicht das heilige
Sakrament, die Hostien, geachtet, vielmehr »darein gehauen und
dassclbig einer dem andern zugeworfen« haben, so dal's es zu
Verlust gieng.^^^)
Zuletzt wollten die Ottingischen Bauern, besonders die
Hauptleute, die Brandfackel in die ausgeraubte Abtei werfen,
aber die markgräfischen Hintersassen und ihre Führer widersetz-
ten sich diesem Vorhaben standhaft, wohl mit Rücksicht auf
des Markgrafen ausgesprochene Absicht, die Klöster zu säkula-
risieren und aus Furcht vor seiner Rache. Ihre Bemühungen
trugen den Sieg davon. ^'■*)
Am Sonntag Jubilate, 7. Mai, nach Mittag brach der
Haufe, nachdem das Kloster rein ausgeleert, mit vielen von Beute
schwer beladenen Wägen über 8000 Mann stark auf, um seiner
Drohung gemäfs, Heidenheim, den Markt und das Kloster da-
selbst, anzugreifen und auszuplündern.
Den Üttingschen Bauern Hatterten gar mancherlei Kähn-
lein voran, Ottingen selbst, Rudelstetten, Wechingen, Markt-
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Offingen, Zebing, Hainsfahrt, Deiningen etc. hatten sich eigene
Feldzeichen machen lassen.
Als öttinger Hauptleute werden erwähnt: Stoffel Schneider
und Peck von Öttingen, die elf von Maihingen, wohl die ersten
Hauptleute. Caspar Hager von Holzkirchea und der Mayr von
Markt-Offingen. Der oberste Hauptmann der markgräflichen
Hintersassen war der Schmalzmüller von Röckingen, unter ihm be-
fehligten Peter Saaler von Westheim, Lienhart Sanier von Geils-
heim und andere. Das Wassertrttdinger Aufgebot ftthrte Balthasar
Schuster, ein Wirt von dort. Unter den Bauemrflten finden sich
Jörg Wflnbold von Westheim, Hans Reuchlein von Geilsheim,
Hans Pinsel von Hechlingen, Lienhart Wiedemann von Hüssingen
und andere. Ah Bauernredner fungierte Hans vom Thurm, als
Beutemeister wurde Hans Mayr, genannt »Schnürlein«, von
Hechlingen zu Auhausen gewählt.^^^ Quartiermeister mufste Hans
Bener, >das schellenmendlein« von Wassertrttdingen, werden;
»wir wollen dir dannocht ein amt anhengenc, hatten die Bauern
auf seine Weigerung, ihr Weibel su werden, gesagt. ^'')
Obschon den Bauern nicht unbekannt war, dafs der Mark-
graf zu Hülfe heranzöge, scheinen sie doch seine Truppen
nicht in solcher Nähe vermutet zu haben; denn ihre Marsch-
()r<laung war nicht die Ijeste,*^**") als sie ))lötzlich auf der Htihe
bei Rechenberg die Reisigen des raarkgräfliche;i Streifkorps er-
scheinen sahen.
Als Herr Siegmund von Hefsberg, der Obermarschall,
und Herr Ludwig von Hutten die Unordnung der Bauern be-
merkten, fielen sie mit den Reisigen hinten in den Zug und
würgten und stachen, während die Hauptleute der Angegriffenen
sich vergebens bemühten, eine Schlachtordnung zu bilden und
zwischen Ostheim und Westheim eine Wagenburg zu schliefsen.
Mit so ungeübten, unbehülflichen Massen raufste dieser Versuch,
während eines Angriffs eine so schwierige Bewegung zu machen,
mifslingen : das Geschütz und die Angst vor den einbrechenden
Reitern trennten die Wagtmburg, und mit Verlust wichen die
Aufständischen auf das Dorf Ostheim zurück, dessen Eingänge
und Strafsen sie mit ihren Wägen verbarrikadierten. Hier ge-
lang es denn auch den Führern wieder einige Ordnung herzu-
stellen. Sie führten ihre Haufen auf eine grofse benachbarte
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Wiese heraus und versuchten den Reisigen das Geschütz abzu-
laufen und abzudringen. Der gewaltigen Zahl der Bauern war
die kleine Schar der Reiter nicht gewachsen. Sie wich auf die
Höhe zurück, auf der das Geschütz stand. Unterdessen jedoch
kam den Markgrällichcn ihr Fufsvolk zu Hülfe. Dessen wohl
unterlialti'ncm Feuer und soiiu'ni und der Reiterei vereinij^ten
Andrang mufsten die Bauern wieder in das Dorf wcic lion. Hier
hinter ihren Wägen, hinter den Zäunen, welche Ostheim, wie
damals die meisten Dörfer» verhackähnlich umgaben, durch
Stellung und Zahl im Vorteil, hielten sie sich gegen das mark«
gräfliche Fufsvolk, die Reisigen waren bei dieser Art von Ge«
fecht von keinem unmittelbaren Nutzen. Auch die markgräf-
lichen Fufsknechte, denen die Munition ausgegangen, 'mufsten
nach hartnäckigem Kamj)fe zurück, und die Bauern versuchten
sogar ihrerseits, zum Angriff überzugehen. Da? I tnior der (ie-
schütze jedoch liefs sie eilends ins Dorf zurückrtiehen. Während
nun die ganze fürstliche Macht sich wieder auf der Höhe bei
dem Geschütze sammelte, ging Ostheim, sei es durch dessen
Wirkung, sei es, dafs die Fufsknechte während des Dorfgefechtes
den Feuerbrand hineingeschleudert hatten, in Flammen auf; die
Verteidiger mufsten es verlassen, ein Teil versuchte sich in einem
Wäldchen nahebei nochmals zu setzen, ein Teil sich durch die
Flucht zu retten, ein Teil war in dem brennenden Dorfe um-
gekommen. Als nun die Rcisi;4L-n und das Kufsvolk des Mark-
grafen die (ir(hiungslose Menge von neuem angriffen und ein
jämmerliches Würgen anhub, schrieen die l?aiuin um
Gnade. ^^^) Von Wassertrüdingen befand sich eine Gesandtschaft
bei dem Haufen, welche auf Anbringen Doktor Jörgs von Streit-
berg und Ochsenbachs das Verlangen Markgraf Casimirs, ihm
die Stadt wieder zu öffnen, vertreten sollte. Sie war kaum ein-
getroffen, als der Kampf begann. Die Gesandten, es waren
Claus Hofmann und Lorens Ktlrschner, von denen besonders
ersterer ein treuer Anhänger seines Fürsten, konnten keinen
Bescheid erhalten. Sie sollten warten, lucis es, bis man nach
Heidenheim kuaie. (.leich darauf ire«;rhnh der Angriff. Den
Bauern ihre Ordnung machen zu hehen, weigerten sie sicl», bald
waren sie sogar an Seite der Reisigen im Kampf gegen diesel-
ben begriffen. Als aber nun die Ordnung der Bauern sich löste,
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und der Kampf in ein Gemetzel auszuarten begann» baten sie
Herrn Siegmund von Hefsberg, das jämmerliche Würgen der um
(jiiade Flehenden abzustellen und der sicli Unterwerfenden zu
versclionen.^^'*') Wolf von Hefsherg und Michel lirofs von
Trockau. der oberste Hauptmann des l'ufsvolks, denen Lorenz
Kürschner von Wassertrudingen beigegeben wurde, unterhandel-
ten mit ihnen Uber ihre Ergebung, dafs sie in des Markgrafen
Ungnade und Strafe zu sein bekennen, doch des Lebens und
ewiger Gefängnis gesichert sein sollten. Fähnlein, Harnisch und
Wehren, sowie die gemachte Beute mufsten sie abliefern. Es
waren mehr als 3000, die sich dergestalt unterwarfen, mark-
grafische und Öttingische Bauern durcheinander. Ein grofser
Teil war, wie bei der geringen Anzahl der markgriif liehen Streit-
kräfte erklärlich, glücklich durch die Flucht entronnen. VAne
Anzahl von diesen hat sich wohl zu dem Dinkeisbühier Hauten
geschlagen, die grofse Masse aber, froh, der Gefahr entronnen
ZU sein, kehrte, besonders die Untertbanen des Markgrafen nach
dessen Verzeihung verheifsenden Abberufungsschreiben vom
11. Mai, reuig zu ihren Sitzen zurUck. Der Verlust der Bauern
wird verschieden angegeben. Wenn man die auf der Flucht Er-
stochenen und in den Flammen Ostheims Umgekommenen be-
rttcksichtigt, dürfte er 1000 wohl überschreiten. Der Verlust
der MarkL^räfliclien war gering, von Adel nur ein Kinziger, ein
Rabensteiner, geblieben. Grofs dagegen war die l'.eute, die sich
auf den eroberten Reiswägen, die später in Ansbach verbeutet
wurden, befand, an Harnischen und Wehren, sowie an geraubten
Gutem, die von den sich Unterwerfenden abgeliefert wurden.
In Wassertrüdingen hatte schon bei dem Erscheinen der
markgrflflichen Unterhändler die Ordnungspartei neuen Mut
geschöpft, den Einlafs der Gesandtschaft durchgesetzt und, da
die Anwesenheit der bäurischen Besatzung den sofortigen An-
schlufs verhinderte, die Absendung einer P.otschaft an den Hau-
fen, welche die Öffnung der Stadt für dm Marki;rafcti durchsetzen
•sollte, erzwungen. Die Gesandten machten, wie gesagt, die Sciilacht
auf Seite der Markgräflichen mit, dann eilten sie weiter nach
Günzenhausen, zugleich Kunde von der Niederlage der Bauern
und der reuigen Rückkehr Wassertrttdingens zu bringen. Die
Bauern in der Besatzung verliefen sich; die am meisten Kom-
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promittierten in der Bürgerschaft blieben teils in der Schlacht,
teils retteten sie sich durch die Flucht, wie t Schellenmendleinc»
Lienhart Deutzel und andere.
Der Markgraf blieb montags noch zu Günzenhausen liegen,
wohl um die Beruhigung der Ämter und die Unterwerfung der
sich ergebenden Aufständischen zu überwachen. hau])tsächUch
aber auch, um einen allenfallsigen Angriff des Dinkelsbtthler
Haufens die Spitze bieten zu können.
Noch vor der Ostheimer Schlacht hatte der Markgraf, wie
erwähnt, den surttckgelassenen Räten befohlen im Namen der
früheren Unterhändler, Thomas von Knedorf und Eucharius
Zobel, an den Dinkelsbühler Haufen seine Einwitligung zu
schreiben, auf Grund der zwölC Artikel an zu benennender Mal-
statt durch seine Verordneten mit ihnen hanileln /.u lassen.
Wollte er doch um jeden Preis freie Hand gegen das Fränki-
sche Heer sich verschaffen. Am 7. Mai teilten ihm die Ans-
bacher Räte mit, dafs seinem Befehl entsprochen werden würde,
auch iiefsen sie ihn wissen, dafs der ganze Aischgrund aufwegig
und Neustadt soeben von der Bewegung ergriffen worden sei.'^)
Am 8. Mai schrieben ihm seine Brttder, die auf seinen Befehl
jetzt zu allen Beratschlagungen zugezogen wurden, und die Räte,
dafs nur wenig Leute von der Landschaft eingetroffen seien,
auch wohl nicht mehr kommen würden. Wenn es ihm recht
• wäre, würden sie seinen früheren Hefehien i^emäfs ihnen vor-
stellen, dafs der Markgraf gesonnen wäre, mit dem Dinkels-
bühler Haufen, mit dem man bereits in Unterhandlung stehe,
ein Abkommen zu treffen. Man würde sich dann mit dem
»Haufen zu Franken c um so eher verständigen oder auch sich
seiner erwehren können. Für den Fall aber, dafs die Unter-
handlung fehl schlüge, müfste sich Ritterschaft und Landschaft
verpflichten, den Markgrafen mit Hilfe und Beistand zu stärken
und nicht zu verlassen, auch sollten sie angeberx, wie stark sie
in solchem Falle zuziehen wollten und könnten. Der Markgraf,
schrieben sie weiter, möge auch bestimmen, was mit den an-*
kommenden Wehrleuten der Landschaft zu geschehen habe. Um
den Eindruck, als ob der Kampf bei Ostheim mit den Unter-
handlungen bei dem Dinkelsbühler Haufen in Widerspruch stünde,
zu schwächen, hielten sie es für gut, im eigenen oder im Namen
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der bisherigen Gesandten, demselben eine beruhigende Erklärung
/.u geben — ein Konzept davon legten sie bei — , da sonst zu
befürchten, dafs diese Scharen dvm^h Höswillige, die den Krnst
und die Strafe fürchteten, zu Hülfe und Rache gerei/.t würden.
Sei es ja nicht einmal siclier» ob sich nicht noch andere Leute
zu ihnen schlagen würden — gemeint ist Nürnberg — , wie er
aus Herzog Friedrichs Brief wohl ersehen haben werde. AU
dieses dem Entscheid des Fürsten unterbreitend, baten sie um
gnädige Antwort.'*^)
Markgraf Casimir verschob seine Willensäufserung bis zu
seiner Rückkehr."^) Am Q. Mai zu früher Zeit erhob er sich
zu (Tunzenhausen, um über Eschenbach nach der Hani)tstadt
zurückzukehren. Dort hielt er mit 150 eroberten, mit allerlei
>Plunderschatz« reich beladenen Wägen und vielem erbeuteten
Vieh unter gror<^em, wohl nicht ganz uneigennützigen Jubel der
Bürger — es wurde alles auf dem Markt verbeutet und kam ihnen
also indirekt zu gut — seinen Einzug.
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IV
Markgraf Casimir und der Dinkelsbühler Haufe nach
der Schhicht bei Ostheim bis zum Crailsheimer Tag.
7.— 31. MaL
Der Dinkelsbühler Haufe war am Tage nach der Schlacht,
8. Mai, aufgebrochen, um ins Ries zu ziehen und dann, mit
den Ottinj^^er Aufständischen vereint, den Aufrulir weiter in die
umliegenden Gebiete zu tragen.
Auf dem Mnrs( hc scheinen diese Scharen die Niederlage
der Riesbauern erfahren zu haben und es mochte ihnen nicht ge-
raten dünken, nun allein mit dem siegreichen Markgrafen an-
zubinden. Sie schlugen ihr Lager bei Dannhausen — auch Thann-
hausen — etwa eine Meile südlich von Dinkelsbühl
Am 9. Mai antworteten sie auf die ihnen im Namen der
früheren Gesandten Thoroan Kuedorfer und Eucharius Zobel
zugeschriebene Einwilligung für den Markgrafen mit ihnen auf
Grund der /wulf Artikel /.u \ crluiiidelii. Aber sei es nun,
dafs sie den Sinn dieses Anerbietens nicht richtig auffafsten
oder dafs sie durch den Verhist, den ihre Sache durch die
Niederlage bei Ostheim erlitten, und, durch die aus derselben
zu ihnen Entronnen gereizt, glaubten, durch schroffes Auftreten
dem Fürsten imponieren zu müssen, genug, sie verlangten jetzt,
wettere Verhandlungen kurz zurückweisend, die unbedingte so-
fortige Annahme der zwölf Artikel. Sie wttrden, schrieben sie,
es gerne hören, »das e. f. gn. zu uns höllen häufen körn
zu fuefs, wie dan uns cristeliche bruder zugepürt. Das aber
wir mit e. f. gn. gnaden und gunsten künden taglaisten, kiinen
wir nit versten, suiulerh< h auf cur f. i^ii lietbitten der /weif artikel
obvcrmelt, [das e. f. gn.] ab ain huchverstcndi^er fürst aus
cristenlichen gemüet und bruderlicher lieb das licilig evangelj
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— 75 —
and gotlich wort [woU] hölfen aufrichten, reten und handhaben,
auch dasjenig thun, das dan etlich vom adel auch thon habenc.*^
Das letztere heifst wohl» sie würden es gerne sehen, wenn Mark-
graf Casimir, wie bereits einige von Adel gethan, die zwölf
Artikel in Bausch und Bogen annehmen, bezw. die auf ihnen
beruhenden Erleichterungen seinen Unterthanen gewähren und
sich zu dem Haufen vcrlirüdcrn wurde.
Die Antwort des Fürsten auf dieses so überraschende und
beleidigende Schreiben war eine ruhige und würdige. Er be»
dauerte, dafs sie die Unterhandlungen, zu denen sie sich den
Räten gegenüber doch selbst erboten hätten, nun nicht mehr
zulassen wollten, er sei als christlicher Fttrst immer noch geneigt,
einen Tag zu Nördlingen oder Dinkelsbühl zu beschicken, im
Falle sie sich doch noch entschlössen, das ihnen gethane An-
erbieten anzunehmen. Sollten sie aber auf ihrem abschlägigen
Bescheid beharren, so müsse er es eben auch dabei bestehen
lassen. Er ersuchte sie noehmals drinj^^end, alle seine und aus
seiner Landschaft ilinen freiwillig oder gezwungen zugezogenen
Unterthanen binnen acht Tagen nach Hause zu weisen, »dann
dieselben irs hinweglaufens kain not und ir irs enthaltens oder
aufmanens kain ursach habent.c Nicht allein diese, sondern
alle seine Unterthanen könnten versichert sein, wie er sich be-
reits erboten und kraft dieses Briefes noch einmal erbiete, was
von anderen Obrigkeiten mit der Bauerschaft beschlossen oder
gemacht und also dem heiligen Evangelium gemäfs nachgelassen
würde, dafs er und seine Ritterschaft dasselbe auch bewilligen
und annehmen, den Hinwepc^elaufenen aber ihr Vergehen, wenn
sie sieh bis zur bestimmten Zeit wieder nach Hause begeben
und ihn und die Sein igen auf dem Zuge mit der That nicht
angegriffen oder beschädigt hätten, vergeben und nicht strafen
wollten. Er wolle, schrieb der Markgraf weiter, als ein christ-
licher Fürst bei dem Wort Gottes, an dem auch den Seinen
noch nie etwas gemangelt, bestehen und bleiben.*")
Am ! i. Mai erging ein gleiches Mandat an alle, die zu der
Versammlung der Baurschaft, »erstlich bei Ellwangcn, nachmaln
bei Dinkelspühel und jetzt im Ries<, gelaufen, im Namen der
Markgrafen Casimir und <jeorg, als der ältesten regierenden
Uebrüder.!»*^)
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— 76 —
Um diese Zeit scheint im grofsen DinkeUbUhler Haufen der
Verfall begonnen zu haben. Er ging damals von Dannhausen
nach Ellwangen zurück. Hier kam es ztuu offenen Kampf eines
Teils desselben, zu dem namentlich die verwegensten und kom-
promittiertesten der markgräflichen Aufstandisc hcn ^^chortcn, mit
der Elhvanger Bürgerschaft, die sich gezwungen sah. mit den
Waffen in der Hand sich der PlünderunL^s- und /.ersturungsiicht
dieser >christlichen Brüder«, zu widersetzen.****) Der Hauptteil
zog von Ellwangen nach Lauchheim an der Jagst und schickte
vergeblich einige Fähnlein zur Berennung von Schlofs Baldern
ab. Er nannte sich jetzt den ihellen Haufen an der Jagstc
Er nahm die Verhandlungen mit dem Markgrafen wieder
auf und ersuchte ihn, binnen 8 Tagen zu »Kreuelfsen« einen
Tag auszusetzen und seinen Gesandten dazu freies Geleit zuzu-
schreiben (12. Mai). Der Ton dieses Schreibens ist, sehr ver-
schieden von der übermütigen und kalten Antwort des Dann-
hauser Haufens, ein friedfertiger und bescheidner, fast demütiger. ^^^'^
Markgraf Casimir erhielt das Schreiben des Jagsthaufens
erst am 14. Mai in seinem Lager zu Markt Erlbach, wo er
gegen das Fränkische Heer vor WUrzburg, mit dem er von
neuem in Unterhandlungen getreten war» eine Art Beobachtungs-
Stellung eingenommen hatte. Er nahm das Anerbieten gerne
an, setzte den verlangten Tag auf den Sonntag Vocem jucun«
didatis, 21. Mai, fest und versicherte die Gesandten seines
sicheren Geleits zu demselben, indem er bat, eine Anzahl,
6, 8, 10 oder 12, von »schiedlich verstendig personen. die es
allenthalben getreulich, cristlich und gut mainen und sehend auf
denselben zu verordnen, »domit dest stattlicher und austregUcher
gehandelt werden mög x.^^*)
Am 17. Mai schrieb er hierüber an seine Räte zu Onolz-
bach und befahl ihnen» zu dem Tag nach Crailsheim Jörg Adel-
mann von Adelmannsfelden, den Amtsverweser daselbst, femer
Hans von Neuenstadt und seinen Gerichtsschreiber Thoman Ciaiber
von seinetwegen, Hans von Redwitz für die Ritterschaft und
Caspar Hiersing, den älteren Crailsheimei' Bürgermeister, für ge-
meine Landschaft abzuordnen. Eine genaue Instruktion für alle
Fälle, ob nun auf Grund der zwölf Artikel verhandelt werde
oder niciit, fügte er bei. Da aber Markgraf Casimir gehört
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— 77 —
hatte, dafs der Haufe bereits sich zertrennt haben solle, so be-
fahl er, dals in diesem Falle, die Verordneten den Unterthanen,
die zu Crailsheim und den anderen Ämtern hinw eggelaulen, ver-
künden sollten, wie der Markgraf wohl wisse, dafs sie nur durch
andere zu solcher Aufruhr und Empörung verführt worden seien.
Sie würden wohl jetzt selbst einsehen, dafs das Vornehmen der
aufständischen Bauern weder christlich, erbar noch gut, sondern
gottloser Frevel und Mutwille sei. Dann sollten sie. die Ab-
gesandten, seinen Unterthanen gemäfs des Ausschrßibens noch-
mals Verzeihung und alles das, was andere Obrigkeiten den
Ihrigen nachlassen und gewähren würden, ebenfalls versprechen.
Sie würden es auf gütlichem Wege sicher erlangen, während so
viele andere hei dem Versuche, es mit (iewalt /.u erzwingen,
wie sie wohl sehen konnten, zum grotsten Teile zu Grunde
gingen. Würden sie sich hinfort als fromme und gehorsame
Unterthanen bei ihrem Fürsten halten, so wolle auch der Mark-
graf seinerseits dies gnädig gegen sie erkennen und sie mit
gnädiger und getreuer Handhabung, Beschützung tind Beschir-
mung nicht verlassen, sondern Leib und Leben und alles Ver-
mögen getreulich zu ihnen setzen.**')
Mit den Bauern um Ellwangen kam es in der That zu
keiner weiteren Unterhandlung. Nach dem vergeblichen Angriff
auf das Ottingische Selilols Baldern s( iieinen sich die Baucru
grofsen Teils nach Hause hegeben zu haben. Nur ein Kern mit
den Uauptleuten und Raten blieb zu Kilwangen bei einander.
Als es sich nun wenige Tage darauf darum handelte, dem Gail-
dorfer Haufen Hülfe zuzuschicken, wurde der vierte Mann wie-
der zu den Waffen gemahnt.
Am Mittwoch, den 17. Mai, war schon wieder ein ziem-
licher Haufe in der Stadt bei einander, aber noch am nämlichen
Tage machte Herr Reinhart von Neuneck durch dessen Besieg-
ung und die Wiedereinnahme Ellwangens, bewirkt durch die
Streitkräfte der jungen Pfalzgraten und des Proljstes selbst, den)
Aufstand imd dem Ellwanger Haufen als solchem em plötzliches
Ende.^y«)
Die einzelnen Bauemscharen, die sich in diesen Gegenden
immer noch sammelten, wurden von Pfalzgräüschen, Baierischen
und Bündischen Truppen unschädlich gemacht. Für die Lande
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des Markgrafen waren sie von keiner Bedeutung mehr und kön*
nen deshalb wohl hier übergangen werden.'*')
Am 20. Mai konnten die Räte zu Ansbacli ihrem Herren
anzeigen, dafs der Ellwanger Haufe zertrennt sei, ^^^) doch habe
der Bote, der die Bewilligung der Tagsatzung und das Geleit
überbringen soUte, seinen Auftrag etlichen früher zu demselben
gehörigen Hauptleuten aus dem Craitsheimer Amt, die auch »die
fordern brief« von ihm angenommen hätten, zugestellt, und
diese hätten' «igeschrieben, den Tag zu besuchen, und so wür-
den tlcun auch die 1 )c\ ( ilhiuichtigten Vcrtri'ter lics Fürsten und
der Landschaft morgen sich zu den Crailsheimer VerhandUingen
einfinden. Es war so aus dem Tape mit den Dinkelsbühlern
bezw. Ellwanger Bauern ein solcher mit den früher bei jenen
befindlichen markgräfischen Unterthanen aus der Crailsheimer
Gegend und mit den dortigen Bürgern geworden; denn nur
solche kommen in der That bei der nun stattfindenden Be-
sprechung vor.
Die schon erwälmten Verordneten des Markgrafen, seiner
Ritterschaft und l.ancJschaft verhandelten hicbei mit Bürger-
meister, Rat und der ganzen Gemeinde zu Crailsheim, sowie
mit den Verordneten der Bauerschaft in den dortigen Ämtern
nach der ihnen für diesen Fall gewordenen Anweisung. Die
Instruktion, wie mit dem Haufen an der Jagst zu handeln, welche
auf Grund der zwölf Artikel gestellt war und deren bereits
gedacht worden, fiel natürlich fort.^'^
Die Bürger wie die Bauern nahmen nach gehabtem He-
dacht des Markgrafen gnädiges Erbieten gerne an und erklärten,
sich daran genügen lassen zu wollen, doch hatten sie noch ver-
schiedene Beschwerden vorzutragen, um deren Abstellung sie
baten.
Die Bürgerschaft brachte folgende fünf Klagepunkte vor:
Fürs Erste baten sie abzustellen, dafs sie dem Fürsten an
zwei Orten zugleich mit ihren W'ätren und Kriejesleuten dienen
mufsten, nämlich beim Schwäbiäclu n Hund und bei dem Heere
Markgraf Casimirs selbst. Sie konnten diese doppelte Auflage
nicht länger erschwingen und bäten, ihnen wenigstens einen
Teil, den beim Bund, zu erlassen.
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— 70 —
Die Gesandten ersuchten sie mit Hinweis auf die grofsen
Kosten, welche der Markgraf selbst zu bestreiten habe, auch noch
weiter ihr Bestes zu thun, doch wollten sie diese Beschwerde
seinen f. Gn. anzeigen.
Zweitons zeigten die von Crailsheim an, dafs ihnen vom
>Frenkis( heil pauern-haufen« verschiedenliche Drohungen zuge-
kommen wären.
Die Räte erklärten, dies geschehe wohl von etlichen leicht-
fertigen Leuten auf eigene Faust, der »Frenkische häufe« habe
auch bisher nicht gegen seine f. Gn. Unterthanen auf solche
Weise gehandelt, auch stünde ihr Herr in gütlicher Unterhand«
lung mit ihm, und wäre das Beste zu hoffen.
Drittens beklagte sich die Gemeinde, dafs ihnen von dem
vorigen und jetzigen Wildmeister etliche »hutwaid« entzogen
w orden sei, nicht der Herrschaft, sondern dem jeweiligen Wild-
meister zu Nutzen. Da nun bei der anhaltenden Dürre ihr
Vieh, damals ein noch sehr wichtiger Besitzteil, an Weide
groben Mangel habe, so bitten sie, ihnen das Entzogene wieder
zuwenden zu wollen.
Da sich ihre Angaben als begründet herausstellten, wurde
ihnen bis auf f. Gn. Widerrufen oder weiteren Bescheid erlaubt,
diese Weiden zu betreiben.
Viertens, da Markgraf Casimir einen Juden nach Crails-
heim gesetzt, der sich allerlei heimlicher und gefährlicher Han-
tierung unterstehe, da auch »mancherlei gebeffel von juden teg-
ücli von ime zu- und abgehen, was bei diesen sorglichen Läufen
höchst bedenklich und beschwerUch, so bitten sie, ihn nach Aus-
gang seines Jahres wieder wegzuschaffen.
Der Jude verteidigte sich höchst nachdrücklich gegen diese
Vorwürfe, so dafs die Gemeinde schweigen mufste. Doch ver-
sprachen die Verordneten, auch diesen Wunsch an den Fürsten
zu bringen.
Die fünfte Beschwerde richtete sich gegen den Untervogt
Balthasar Ritter, auch den Wildmeister Ott Eisen, »welche sie
nier düiui in ainem stuck bei seinen t. f^n. mit ungrund ut's
höchst versagt heten, welichs dann zu dieser aufrur nit <lie
klainst ursach ü;ewest werec. Die (Gemeinde bat, ihren xMifs-
gönnern keinen Glauben zu schenken und, um Weiterungen zu
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vermeiden, für diese beiden Beamten andere fromme und red-
liche Personen zu verordnen.'^*')
Die Unterhändler suchten der Bürgerschaft auszureden,
dafs sie von diesen Beiden verleumdet worden, und versichere
ten, der Markgraf hätte sich noch niemals durch solche Einflfiste-
rungen gegen sie bewegen lassen, noch würde dies jemals
geschehen. Sie baten, diese Sache bis iKu h Stillung des Aufruhrs
ruhen zu lassen. Die Bürger liefscn es sich gefallen.
Auch die Hauern hatten, wie gesagt, Casimirs Erbieten
angenommen. Sie versprachen, sich künftig nicht mehr zu den
Bauernhaufen bewegen zu lassen. Wenn sie hinfort »mit oder
ohne ernste aufgemiüint würden, wollten sie es an seine f. Gn.
gelangen lassen und darauf vertrauen, dafs man sie mit Hülfe
und Rettung nicht verlassen würde. Für den Fall, dafs eine
solche Macht über sie komme, der sie nicht widerstehen könn-
ten, und es zu spät wäre, ihnen zu Hülfe zu kommen, wollten
sie entschuldigt sein, dicwcil sie zum tail m iiui Nor den wei-
den gesessen \vcren'<. Damu sie desto su ncrcr unbehelligt zu
Hause bleiben könnten, baten sie, sie nicht gegen die aufstän-
dischen Bauern gebrauclien zu wollen.
Die Gesandten versicherten, wenn sie sich ruhig zu Hause
halten und sich nicht wieder bewegen lassen würden, werde
ohne Zweifel der Markgraf darauf denken, sie des Zuges gegen
ihre Brüder zu entbinden.
Noch weit mehr als die Crailsheimer Bürger litt die um*
wohnende Bauerschaft an der nötigen Weide fSr ihr Vieh Mangel.
Es sei ihnen, so klagten ihre \'ertreter, bisher von lag
zu Tag gar vieles eutzogen worden. Mit dem Rolsfelder W eiher
habe mau ihnen eine grofse Weide genommen und ihnen dai'ur
trotz allen Versprechungen bisher nocli keinen Ersatz dafür
gegeben. Es sei ihnen allerdings vergönnt, ihr Vieii in die
Wälder zu treiben, aber auch dies werde ihnen an vielen Orten
gewehrt. Auch mache man in den Waldungen soviel »gereut«,
welches dann der Morgen um 25 Pfennmg ' jährlich verliehen
würde, dafs sie dieser neuen Keutungen halber in die Wälder
nicht zu kommen vermöchten.
Die mark^^Tat liehe Botschaft erklärte, für sich selljst darin
keine /Vndeiung thun zu können, doch wurde sie es au üireu
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gnädigen Herren gelangen lassen, der sich hierin gewifs gnädig
bezeigen werde. Da jedoch eine so grofse Dürre vor Augen,
und deshalb an der Weide überall bedenklicher Mangel herrschte,
so wurde den Bauern gestattet, dafs sie in des Markgrafen Höl-
zer treiben dürften, jedoch der jungen Schläge und der Reu-
tungen verschunen sollten, bis auf des Markgrafen ferneren
Bescheid.
Die Beschwerden über Ausschreitungen einzelner Reisigen,
von Homberg und Loben hausen ausgeübt, vermochten die Räte
nicht abzustellen, da die Kläger weder die Thäter noch den
Ort der angeblichen Frevelthaten bezeichnen konnten, doch ver*
sicherten sie, dafs dem Fürsten solch Beginnen aufs höchste
mifsfalle und er die Frevler, wegen deren die Bauernschaft sich
erkundigen möge, im Entdeckungsfalle gewifs streng bestrafen
werde.
Den Reisigen zu Ellwangen, die eine Brandschatzung von
der Bauerschaft dieser Amter verlangt luitten, diese zu geben,
wurde verboten. Vielmehr sollten sie sich genau erkundigen,
wer dieselbe verlange, und das Erfahrene dem Markgrafen mel-
den, dieser werde dann schon dafür sorgen, dafs diese Forde-
rung abbestellt werde.
Emige Dörfer um Crailsheim brachten noch etliche lokale
Beschwerden schriftlich vor.
Diese Schriften schlössen die Räte ihrem Bericht über die
stattgehabte Verhandlung bei und machten darauf aufmerksam,
dafs CS gut wäre, den Amtmann, Wolf von Reehberg, oder sonst
einen beliebten Beanuen als StclU t-rtroter nach Crailsheim /ii
senden, da an diesem ürcnzamtc für de» Markgrafen nicht
Kleines gelegen sei. Auch Jörg Adelmann von Adelmanns-
felden, der seitherige Amtsverweser, versprach, f. Gnaden zu
Gefallen dann bei diesem Verordneten sein Bestes zu thun.'^^}
Die Bürger und Bauern aber, wie Markgraf Casimir nach-
träglich befohlen hatte, nach Vertragung der Sache wieder neu
schwören und Erbhuldigungspflicht thun zu lassen, mufste unter«
bleiben, weil der mit diesem Befehl an die Kommission abge-
schickte Bote nicht nielir ^su rechter Zeit eingctrutfcn war.
Wenn aueh eiii/< liie Mitglieder der den ('railsheinier Tag
besuchenden Abordnung keinen sehr günstigen Eindruck von
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der dortigen Stimmung und wenig Vertrauen zu den Beteuerungen
der Ergebenheit und Treue, die ihnen so freigebig zu Teil
wurden, bekommen hatten, besonders wenn es sich zutrüge, dafs
der Markgraf in N^ot käme,^ so scheint diese Furcht wohl
Übertrieben gewesen zu sein. Finden sich doch später Crails-
heimer Mannschaften ebenso als wie Feuchtwanger, Gunzen-
Häuser und Wassertrüdinger in dem kleinen Heere vertreten,
mit dem der Markgraf nach Abbruch der Verl i i 11 uigen mit
dem Fränkischen Heere gegen die Aischbauern und ihre Helfer
zum Angriff' Uberging.
Wohl mögen noch einzelne UnverbesserHche aus diesen
Ämtern zu den Bauernhaufen gelaufen, wohl noch manch frevle
Reden gefallen sein, im ganzen und grofsen war der Aufstand
in den südlichen Gebietsteilen des Fürstentums gedämpft und
erloschen. Nach dem Crailsheimer Tage kam es dort zu keiner
allgemeinen Erhebung mehr. Vorsichtig die Umstände berück-
sichtigend hielt der Fürst die Strafe, die überhaupt hier sehr
gliiupriich ausfiel, zuriK k. Die Amncstit', welche den von den
Haufen reuig Zuriu kkchn iuloii /Aigcs.igl vvorden war, wurde ge-
wis'ienhaft geJialten. Wir linden wohl später solche Bürger und
Bauern im Heere des Markgrafen. .\ufs sorgfältigste vermied er
alles, was immer nur hätte reizen können, (ialt es doch die
glücklich erreichte Sicherheit vor einem Aufstand im Kücken
des kleinen roarkgräflichen Heeres, wenn es mit den Fränki-
schen Haufen bei Würzburg bezw. Heidingsfeld und den Aisch-
bauern zum Kampfe kommen würde, zu erhalten und zu be-
festigen.
Lud dieser kämpf seinen schon lange imaus!>leiblich yrc-
worden zu sein, l-ii'leii (hu h l'.iucrsehaft um Baiicisehari, Ge-
meinde um Gemeinde, Statlt um Stadt, Kitzingen, UHenheim
und Neustadt voran, zu den Bauern. Wie lange dauerte es, dann
wurden die scheinbar mit so guten Aussichten eröffneten Unter-
handlungen mit dem grofsen Fränkischen Heere wieder abge«
brochen. Wie bald nahte der zweite Teil des revolutionären
Dramas wilder, blutiger und grausamer als der erste.
Und doch befand sich Markgraf Casimir nach dem CraUs>
heimer Tage und nach der Zertrennung des Dinkelsbühler
Haufens in einer relativ viel guustigeren Lage, als es der i ali
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gewesen wäre, wenn die Bauern, unbekümmert um Unterhand*
lungsvorschläge, sich die Hand gereicht zum gemeinsamen An-
griff auf seine Streitkraft.
Was wäre aus dem Markgrafen, ja aus ganz Franken ge-
worden, wenn die Aulständischen mit ihren gewaltigen Haufen
vun beiden Seiten das einzige kleine Heer, das hier auf fürst-
licher Seite im Felde war, umklammerten und erdrückten? Der
Sieg der Bewegung im ganzen Fürstentum, der Anschlufs Nürn-
bergs mit seinen aufserordentlichen Httlfsmitteln wäre die not-
wendige Folge, den vereinten Streitkräften ganz Frankens aber
der Truchsefs mit dem Heere des Schwäbischen Bundes doch
kaum gewachsen gewesen, ganz abgesehen von dem gewaltigen
moralischen Eindruck, den ein solcher Sieg der Volkssache über-
all auf die bereits besiegten oder beruhigten, auf die noch
ruhigen uder bereits in Waffen stehenden Bauernschaften und
nicht zum wenigsten auf den Bund und dessen Heer selbst
machen mufste.
Den Zeitpunkt, wo diese Vereinigung möglich, ja geboten
erschien, kurzsichtig versäumt und übersehen zu haben, ist der
der grofse, verhängnisvolle, sowohl politische als militärische
Fehler der Bauern, dieselbe hintertrieben und glücklich verhin-
dert zu haben, das bewufste Verdienst Markgraf Casimirs. Seine
Ausdauer in den schliefslich stets auf diese Isolierung hinzielen'
den Verhandlungen, seine rasche und kühne Entschlufsnahme
im Notfall bilden einen scharfen Gegensatz m der nachläfsigen
Unentschlossenheil der bäurischen I)ij>lomatie und ihrer später
die weit überlegenen Kräfte der streitbaren Franken in jämmer-
licher Verzettelung zu Grunde richtenden vielköpfigen Kriegs-
eitung.
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Exkurs.
Die Ostheimer Schlacht üi Bezug auf ihre Datierung,
das gegenseitige Kräfteverhältnis in derselben und
die aus derselben hervorgegangenen Resultate.
Da nach dem Vorgang Bensens und Zimmermanns noch
manchmal das Datum der Plünderung des Klosters Auhausen»
sowie der Ostheimer Schlacht fälschlich auf den 9. Mai verlegt'),
und eine Teilname des Dinkelsbtthler Haufens an beiden ange-
nomnien wird, so scheint es geboten, die richtigen Verhältnisse
um so nachdrücklicher hervorzuheben.
In den Verantwortungen und \\ fismii^cn der in den Auf-
ruhr verwickelten U assertrüdin^er Burger, des Bürgcnncistcrs
Wilhelm Wagner, genannt >; Becka Wilhalm.., des Lorenz Kürscli-
ner und des Claus Hoffmann (A. S. T. iL 358, 373, 379} in
dem Berichte des dortigen Vogtes (A. S. T. III. 332} endlich
in dem Fttrbrtngen der Stadt gegen den Amtmann ^A. S. T. IV.
475) findet sich übereinstimmend der Sonntag Jubilate, 7. Mai,
als Schlachtta«; bezeichnet, ebenso wie als Plünderungstage des
Klosters sich der 6. und 7. Mai, Samstag und Sonntag, aus
diesen Akten und aus dem Auhauser Inventar (S. 12^. Nr. IL)
ergeben.
Überall findet sich hiebei der »Sonntag« herausgehoben,
und es ist klar, dafs sich gerade dieser Umstand dem Gedächt-
nis leicht einprägte.
*< Z. 6. bei Scbad, Die Reichsstadt Dinkelsbtthl im Bauernlcriej;«.
l'rogrftmm der kealschnle daselbst si8So>.
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^ 85 —
Auch bei Nicolaus Thoman und ihm folgend bei Holzwart
(Baumann-Quellen 1 ! 5 und 660), sowie in dem Briefe des Ulmer
Registrators Jakob Ramniiuger an die \Vürttemberi;er Regent-
schaft Baumanii-Akten 272'! findet «;ich stets richtit^ sonnta^^
Jubiiatei:. Gleicherweise hiulcn sich aucli in den übrigen Ver-
antwortungen der Wassertrüdinger Bürger, in den Strafakten des
dortigen Amtes, sowie in dem erwähnten Auhauser Akt, wenn
auch das Datum als solches nicht angegeben ist, doch die sicher-
sten Beweise hiefür, ebenso in der Korrespondenz des Mark-
grafen.^)
Zimmermann, der die Schlacht als ein unbedeutendes
Gele cht erscheinen lassen möchte, sagt, es Hege im Ansbacher
Arcliiv vom ^. l)is zum 12. Mai fast von jedem Tag ein Brief
des Markgrafen, oft mehrere, aber keiner, der einen Sieg oder
eine Schlacht berichte. Diese Beliauptung ist jedoch nur schein-
bar richtig. £s findet sich allerdings kein Brief Markgraf
Casimirs, der diese Nachricht enthält; denn er hat wahrschein-
lich gar keinen deswegen geschrieben, sondern den Sieg durch
seine vertrauten Boten, vielleicht »Ulrich trummeter«, mündlich
seinen Brüdern und Räten anzeigen lassen. Es erhellt dies aus
deren Antwort (A. S. T. I. 213), welche auf einen früheren
Brief des Markgraten vom 7. Mai (A. S. T. 1. 187), der wohl
vor der Schlacht geschrieben, diese noch nicht erwähnt, l'unkt
für Punkt eingeht, zugleich aber auch ihre Freude über den
günstigen Erfolg der markgräflicben Waffen ausdrückt, während
eines zwischenliegenden Schreibens nicht gedacht wird.
Es findet sich ferner die Kopie eines Entschuldigungs-
schreibens-) an den Dinkelsbühler Haufen wohl von gleichem
Datum wie das Schreiben der Räte, 8. Mai. (A. S. T. I. 129.)
Einen besonderen Jubel über die glückliche That in einem
Briefe an den Tag zu legen, hätte, wenn der Bote, wie dies
*> Ztt gleichem Resultate ist Mch Bibliothekar Dr. L. Mfliler zu StnU'
barg aof Tenchiedenem, jedoch «ach «rchivalbehem Wege ^ohmgt. Seine
Arbeit bat besondert den Baaemkrieg im Rieft tarn Gegenstände.
*) Eft ist nichi ^d.m sicher, ob diese Entschuldigung auch wirklich
abgegangen. Ober die dafllr nnd dagegen sprechenden Gründe vcrgl. Bei-
lage XVIll.
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— 86 ~
schon öfters geschehen, niedergeworfen worden wäre, leicht
schlimme Folgen haben können. Es lag ja auch dem Markgrafen
gar nicht daran» den Kampf und die Niederlage der Bauern
recht auszuposaunen und sich darüber erfreut zu zeigen. Das
wäre für die im Gange befindlichen Unteriiandiungen mit dem
Dinkelsbühler Haufen schwerlich von Vorteil gewesen.
Deswegen legt auch das Beschwichtigungsschreiben den
Hauptnachdnick eben darauf, dafs der Fttrst zum Kampfe ge«
zwungen worden sei, die Schlacht und ihre Resultate treten
mit Absicht in den Hintergrund.
Später dagegen, nach Wegfall dieser Rücksichten, zeigt
der Markk^raf seine Zufriedenheit mit dem Erfolge deutlicher,
so in seinem Schreiben an seinen Bruder (ieorg (A. S. T. X. 911,
In den sich mehrere Jahre hinziehenden Streitigkeiten mit den
Öttinger Grafen wegen der von deren Unterthanen, die bei
Ostheim gefangen, zu leistenden Strafgelder und den des«
fallsigen Verhandlungen vor dem Schwäbischen Bund, welche
beinahe den ganzen fünften Tom der Ansbacher Serie füllen,
findet sich überall die »Schlachte bei Ostheim hervorgehoben
.und betont.^)
Dafs dieses Treffen, nach den Begriffen der damaligen
Zeit eine Schlacht, gewifs nicht unbedeutend war. geht sowohl
aus der Anzahl der kämpfenden Bauern als aus ihrem Verlust
hervor.
Die höchste Ziffer der Aufständischen findet sich bei
Thomann und Holzwart, Baumann I. 116 und 690, welche
16000 Mann angeben;*) 13000 Mann geben an der Fischer von
HerHingen, Jörg 254, und Michel Grofs von Trockau (Anzeiger
für Kunde der Deutschen Vorzeit 1855, Nr. 4); 11000 Mann
sagt Cochläus ; 10000 Mann finden sich im Auhauser Inventar
(Kreisarchiv Nürnberg S. 12-^, Nr. 11); Uber 8000 Mann schreibt
Casimir selbst an Markgraf Georg (A. S. T. X. 91). — Im
Rother Stadtbuch heifst es : s^So hat unser gnediger her raarg-
M Es kommt lorl (A. S. T. v. 221-241 merkwürdiger Weise auch
eine falsche Dutierun<^ vor: Montaj; nach dem Sonntaj; Jubilate [8. Mail-
2) Ebensoviel hai der UaUer Chronist Joh. Herolt, Pfarrer tu Reinsberg.
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— 87 —
graf Casimir auch ein beer, den häufen bei Wassertrüdingen,
der bei achttausend ungeverlicb waren, vierzehn tag nach Ostern^)
geschlagen ctc.t.
Auch Thomas Zweifel, 314, und Abt Georg Truchsefs
(S. 12^-. Nr. 11. Fol. 1) haben diese wahrscheinlichste Zahl.
Bensen, 389, zählt nur 6000 Bauern.
Ihren Verlust gibt Bensen sicher zu hoch auf 4000 Tote,
Cochläus auf 2500 an.*) Am entsprechendsten scheint er bei
Baumaasi, 11. 1: 7J, in dem Scuicibcn des Registrators Rainminger
angeschlagen. lOOÜ Tote ohne die zu Ostheiin Verbrannten.
Zweifels .\ngabe, 400, ist entschieden zu niedrig, wenn man bei
ihm selbst liest, das gleich beim ersten Aagriß' der Reisigen
▼iel erstochen wurden, viel mit Ostheim verbrannten, viel
beim Fliehen aus dem brennenden Orte umkamen und viel in
dem Gehölze, wo sie sich nochmals zur Wehr zu setzen such-
ten, ihren Tod landen.
Über 3000 ergaben sich (Grofs von Trockau und wohl
ihm teilweise folgend Bensen). Nur der geringen Anzahl der
markgräflichen Streitkräfte ist es zuzuschreiben, dafs das Blut-
bad nicht gröfser wurde und so viele entkamen.
Markgraf Casimir selbst gibt 200 zu Pferd und 400 zu
Fufs als Stärke des Streifkorps an, wozu noch die 50 Mann
von Günzenhausen kamen (A. S. T. I. 187), auch in seinem
späteren Schreiben an Markgraf Georg (A, S. T. X. Ol) spricht
er von 600 zu Rofs und zu Fufs. Grofs von Trockau hat 200
Reisige und 500 zu Fuis; Thoman (Baumann I. 216) hat
400 Pferde und 500 Knechte. Die übertriebenen Angaben
Zweifels und nach ihm Bensens und Zimmermanns sind schon
bei der Anmerkung 21, zum Ausmarsch Casimirs, gewürdigt
worden, ebensowenig läfst sich ihre Behauptung von der An-
wesenheit des Markgrafen in der Schlacht rechtfertigen.
Das wftre der 30. April. Wir haben hier wieder eine Datunuver-
scbtebuag — von Sonntag tu Sonntag von 8 Tagen.
^) Herolt gibt 2000 Erschlagene an, ohne die in den Flammen Um-
gekommenen. Die Stfchkrifte Coiimirt sdiligt er auf «600 pferd und etliche
xn fah*' an.
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— 88 —
Markgraf Casimir war nicht in der Schlacht, sondern zu
Günzenhausen. Es ergiebt sich dies sicher aus A. S. T. I.
187, A. S. T. X. 91, aus T. V. JJl -24, aus den Aussagen
der VVassertrüdinger Gesandtschaft und aus i rockaus Bericht.
Da nun, wie gesagt, die Schlacht schon am 7. Mai statt»
fand, der Dinkelsbühler Haufe aber, laut Schreiben Dinkelsbtthls
an Rothenburg vom 6. Mai (Th. Zweifel, 297) erst am 8. Mai
von dort aufbrach, so konnte er natürlich auch an der Schlacht
gar nicht teilnehmen. Und in der That spricht auch Thomas
Zweifel — hierfür Bensen und Ziniaicrmann sonst Hauptqueüe —
nur von dem Haufen im Ries^), und erst bei Ziiiunermann Tl.
353, findet sich diese Verquickung der Dinkelsbüliler Scharen
mit demselben.
Der Markgraf richtete am 8. Mai, wie gesagt, ein Ent-
schuldigungsschreiben an die Hauptleute der letzteren wegen
seiner Handlung gegen die Rieser, Der Haufe lagerte sich uro
diese Zeit bei Thannhausen — Dannhausen ™ und trat mit
ihm in Unterhandlung. (A. S. T. I. 129. .A. S. T. I. 196.
A. S. T. I. 183 etc.)
Wenn Zimmermann Teile des bei Ostheim geschlagenen
Haufens sich vor das Öttingische Schlofs Baldem legen läfst,
ohne dafs der siegreiche Markgraf es verhindern kann, so be-
ruht dies auf demselben Irrtum. Allerdings wurde Baldem durch
Scharen des Ellwangen-Dinkelsbühler Hanfens vergeblich be-
rannt, aber dieser war ja, wie gesagt, gar nicht in der Schlacht
gewesen, zweitens geschah es erst am 12. Mai (A. S. T. I.
196 und A. S. T. I. 200, Schreiben Jörg Habcrkorns), als
Der Haufen im Ries auch der »helle hauten zu (Jiüngen« genaimt
(A. S. T. I. 174. Schreiben des Dinkelsbühler Haufens an denselben vom
5. Mai} stand allerdings in Verbindung inil ieUlerem. bs mögen auch
einzelne, ja vielleicht kleinere Scharen desselben sich ihm angeschlossen
haben, die Flttctuation «wischen den Haufen ist nicht sn leugnen, als Gan-
ses aber nahm letcterer, wie erwihnt, keinen Anteil an der Schlacht
"■') Diese Irrtümer erklären sich leicht, wenn man bedenkt, dab Zinuner-
ntann nicht die Originalien selbst, sondern nur die Aussttge in der Prälat
von Schmidschen Sammlung benfltst «n haben scheint* So erklären sich
Lesefehler, wie der schlimme bei dem Ahsug der Bauern von Schlofs Bal-
dem nach Ellingen — statt Ell w an gen IL 354 — sehr natürlich.
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— 89
Casimir schon lange wieder in Ansbach weilte «nd mit dem
Haufen in Unterhandlung iiotrcten war, drittens aber liegt Bai
dorn nicht nur zwei Stunden von Ostheim, sondern wohl vier
Mal soweit entfernt. Damit fallen auch alle daraus gezoge-
nen Folgerungen.
Wenn der gleiche Forscher meint, der Markgraf sei durch
eine Übereinkunft, sdafs einer des andern Gebiet respectire und
keiner gegen den andern etwas vornehme mit diesen Dinkels-
bühlern, Ellwangern und Riesbauern« ins Reine gekommen, so
waren die Letzteren, wie erwähnt, geschlagen, die Verhand-
lungen mit den andern aber sollten auf Grund der 12 Artikel
vor sich geben, kamen aber nicht zum Abschlufs» weil der
Haufe bis zu dem angesetzten Tage sich getrennt hatte. (A. S.
T. II. 171.)
Die Schlacht bei Ostheim wurde also am 7. Mai, dem
Sonntag Jubilate, des Nachmittags^) geliefert. Sie war be«
deutend sowohl durch die Anzahl der besiegten Aufständi-
schen und deren Verluste, als durch die von Markgraf Casimir
durch sie erlangte Beruhigung und Sicherung seiner Grenz-
ämter, durch die aus dem Siege folgende Kräftigung seiner
Stellunu i^egenüber dem Dinkelsbühler Haufen und dem Frän-
kischen Heer. Der Markgraf war persönlich nicht in der
Schlacht, ebensowenig nahmen die Dinkelsbühler Aufständischen
an ihr 'Teil, wenigstens nicht als Gesamtmasse, wenngleich schon
einzelne Bauern - oder selbst kleinere Scharen zu dem Öttinger
Haufen gestofsen und mit ihm zur Plünderung Auhausens ge-
zogen sein mögen. Denn der Gewalthaufe brach erst am Tag
nach der Entscheidung, am 8. Mal, aus seinem Lager vor
Dinkelsbühl auf.
') Nach dem ;>chon öfier erwähnten Schreiben des Registrators l\;un-
raingcr fand sie zwisch»*!' 5 und 6 Uhr statt iBaumann II. 272K Ks stiniml
dies ziemlich mit der Aussatje des Hjins Pinsel von Ilechlintjen (A. S.
'r. in. 2S5) ühercin. nach welcher um 9 oder 10 Uhr die Wahl der Maupt-
leute, VVeibel, Profosscn und Rulc angesetzt worden war. Er sei von eini-
gen Bauern als tauglich dazu angegeben worden, sei jedoch kaum 5 .Stun-
den ein BatterDfftt gewesen, d« dann schon die Entscheidung nnd Nieder-
lage des Haafens der ganseo S^che ein Ende maehte.
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— 00 —
Der vermeintliche Rückzug von dem Schlachtfelde und das
Erscheinen dieser Streitkräfte vor Schlofs Baldern beruht auf
der Verquickung des Dinkelsbtthler mit dem Öttinger Haufen
und diese wieder auf der falschen bisherigen Datierung der
Schlacht.
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Beilagen.
I.
Aujmahnschreibeti ati C nttlshtim ( /g. April).
^An ain ganz gemaind, <femaind geniainlichen (sicl) zu
Kreuelsa,^) unsera lieben mitbnieder in Christo.
Hauptleat, räth, ain ganzer heller häufen, jetzund ligende
zu Elwangen.
Unsern freundlichen gniCs bevor. Gunstigen, lieben mit-
brieder in Christo 1
Wir ermanen euch in craft dis l)rii:fs von stuudan mit
euern harnasch und wer zu uns /.u zit^heu, daz hailig evan-
geli helfen ufrichten, beschützen und schürmen.
Wa ir daz nit thett, würden ir uns bewegen, daz wir
lieber von euch vermiten wölten sein; darnach wissen euch
zu richten.
Datum Elwangen uf mitwochen nach Ostern*) anno im
25[ten].
Nest auch soUent ir dise geschrift eurer landschaft ver-
künden.
Originalschreiben in den Ansbacher Bauemkriegsakten
Tom III. Fol. 141.
IL
Au/maknsckreiiKH des „marggrmtischen" Haufen an dasselbe (2. Mai).
»Erwelte haubtman des markgrävischen haufens, versam-
melt bei dem Hagenhof entpiten euch in der ganzen gemain zu
Crailsheim unsern grufs zuvor in Christo Jesu. Liben bruder!
Es ist unser ernstlich beger an euch, das ir zu uns eilends
unverzüglich zu uns ihen Wetpertshofen zwischen 10 und
eilfen komen, vertan zu dem grossen häufen zu zihen, zu
aufem des heiligen evangeliums, welches ezlich unser bruder
') Kreaelsa dialektisch fUr Crailsheim
-) Das wäre der 19. April. Es liegt aber hÖcb?>t wahrscheinlich eine
DaUtnaverschiebun^ um 8 Tage Tor, da dies« AnfinahnschretbeB ja erst
am 17. April in CraiUheiin ttberreicht wird.
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— 92 —
gewaltigürli Ix^r.iiibt sein und zu erleichterung etlicher
beschwerd, da wir, ir und sie [mit] beladen sein, wie wir
uns genzlich zu euch versehen. Wo nit. wurden wir ernst-
lich gcursarht, wider euch zu handeln, daran ir kein L(e-
fallen haben wert, und darnach euer weder an leib und gut
verschonen. Darnaeh wist euch zu richten.
Geben zum alten hagen anno im 25. der mindern zal,
dinstag nach Walpurgis [2. Mai';,
Den erweiten aus der gematn und der ganzen gemain zu
Crailsheim, zwischen Weipertzliofen und Gebertzhofen, wo wir
eur warten im grund«.
Aufschrift: »An Mulhensle und den andern zu ihm aus
der gemein und der ganzen gemain zu Crailsheim. Gebt munt-
lich anwort!-^
Onginal-Scii reiben iu den Ansbacher Bauernkriegsakten
Tom m. Fol. 146,
III.
Crailsheima ßesckivcrtieartikel.
Verzaichnus etlicher artikel, so ein| gemain [zu Crailsheim]
beschwert ist.
Zum ersten, nachdem etlich vom adel in diser emporung
sich hieher zu gemainer statt Crailsheim gethun, villcicht
des furneniens sie liei uns zu enthalten, und sn sicli die
laift enden, wollten ^ie <>n alien beschwert! mit ircni guet
wider hinausziehen, doch unbedacht einer armen gemain,
das wir sie müssen bewai lica und teglieli ie länger ie mer
der huetcn. Aul sulichs ist einer gemain begcr, das sie
ietzo und hinfurern thun, was ein ander mitburger thuet
oder iedesroals sein geburnus darlegen.
Zum andern, das kainer vom adel noch andere durch
einen erbern rath sollen aufgenumen werden on einer ge-
main wissen; dann es soll kainer nichts gefreit sein, dann
wie ein ander burger.
Zum dritten, das kain priester, so bei uns in der gemain
sitzt, nirht«; L'et'reit sein sf»ll, dann wie ander mitburger,
und hinfuro thun sollen dasjenig. das ein ander mitburger
thuet, uikI u ue es aincni zu thun nit irelegen, das derselbig
nichts (iestminder das verorden udci icdesmais sein gebur-
nus darlege, doch ausgenumen der pfarrer und seine caplen,
die sollen aller beschwerd gefreit sein.
Zum vierten, das kain gaistlicher in disen iaiften zu kai-
nem mitburger angenumen werden soll.
Zum fünften, das kain burger um ein bürgerliche straf
in durn gelegt werden soll, wie bisher bescheen ist
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— 93 —
Zum sechsten, das die statknecht nit mehr gerechtigkait
haben im wasser und aller gemainrecht. wie ander burger.
Zum sibenden das ein erberer rat soll vier virtaiimaister
setzen und nachmals ein gemain die andern vier, und das
ein gemain in die vier virtail eingetheilt werden, dumit
em iglicher in der gemein wissens hah, in welches viertail
er gedailt sei und auf wen er heschiden sei.
Item, das kuin hirt furhin angenumen werden soll, dann
durch einen rat und durch die virtaiimaister, so ein ge-
main erwelen mirdet.
Item, das ein gemain mit dem statschreiber beschwert ist,
das er die mitburger, die sein nottdorfttg sein, es sei vor
dem rechten, das ainer kantschaft füren will, mit den qui-
tanzen, auch in allem seinem schreiben die mitburger uber-
nimt, änderst dann wie vor alter herkamen, wie dann et-
hchen wol wissen ist.
item, so man ein gemaine statreel.nnn^ thuet, ist der ge-
main lieb (?) und begernt, das ein erber rath die vier vir-
taiimaister, so ein gemain erwelen werden, darzu nem,
domit sie auch wissens haben, wie die rechnung gcscheen ist.
Item, das ein erber rath daran sei, das nichts, so einer
gemain zastendig, in das spital oder den edelleaten ver-
kauft werde, so vormals in die steur gehörig gewest, on
einer gemain wissen und willen.
Item, das ein IgUcher muller, so ir schwaderich auf ein
gemain gepaut haben, und was sie für fisch darauf auch
sunst im gemain wnsser fahen, das die muUer dieselbigen
fisch auf den markt tragen und nit hoher gehen oder ver-
kauft werden, und tl;is kain muller mehr haben snll on
ainer gemain wissen dann vier seu, und welcher das uber-
fur, st) soll die straf nach der gepur zu ainer gemain ge-
stellt sein.
Item, das auch ein erber rat furhin nichts mer aus der
gemain verwechseln sollen oder verendern on ainer gemain
wissen.
Item, nachdem etlich flecken, so einer gemain zustendig,
der castner innen hat, ist der castner des erbietens gewest,
das einer gemain zuvergleichen. Das ist bisher nit bescheen,
ist einer gemain will und erfordern, das der castner soliche
flecken einer gemain widerum unbeschwerd zusteUe.
Ttem, das ist einer gemain bpg»'rTi, das mit den
becken, met/Jern, muHcrn ein anders einsehen gescijeh,
dann wie bisher bescheen ist, desgleichen mit den wirten.
Item, nachdem der amtman sich eines reusenfachs im i;e-
main wasser unterfangen, ist einer gemain bit und Legern,
des guetiich abzusteen, nachdem es einer gemain nit zuer-
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— 04 —
leiden sei, und wue es hinfuro gestatt wurd, mocht es hin«
furo 2U einer ewigen gerechtigkait angezogen werden.
Item, nachdem etÜch hofstet hie sind, daran einer gemain
an steur und wach ein abgang geschieht, auch haben etlicb
mitburLjer alhie etlicli Hecken eini^ezcunt, das vormals ein
gemain zu offen Zeiten darauf zu treiben macht gehabt, ist
einer gcin.un bit und erfordern, das diejenif^u-n, so etwas
eingezeunt, \\ideri;ni zu offen zeiten offen iasscnj. domit
der trib ungehindert gescheh, wie vor alter herkumcn.
Item, nachdem etlich mitburger gcrten haben, so dem pfar-
rer zu Goldpach guitpar sind, und so dieselbigen verkauft
werden oder zu einem fall kumt, so sollen diejenigen, so
solliche gerten kaufen oder besteen, zu handlon geben> als
vtl das einer jerlich davon zu gult gibt, das vor alter nit
gewest; dann so vor alter ein gart bestanden oder verkauft
ist worden, ist zu besteen gelt nit mer geben dan ein vir-
tail weins ; ist einer 'remain bit und begem solichs abzu-
schaffen, domit diejenigen, wie vor alter herkamen, pleiben
mögen.
Und naclideni ir on/.weivel guet wissen tragt, das tinter
dem gemainen mau ein grofse red ist, das ir im rat ein-
ander so hoch und nahend gefreund sind, drum wollet fur-
hin in demselbigen ein pilligs einsehen haben, domit ir auch
wir solicher red entladen pleiben.
Dise artikel wollen wir in der gemain euch als ratsfreun-
den auf euer Verbesserung angezaigt haben.
Und ob hernach mer artikel funden oder zukunftiglich er-
wachsen mochten, das einer gemain beschwerlich oder nach-
tailig wer, dieselbiii^en wollen wir euch auf euer Verbesse-
rung anzuzaigcu vorbehalten haben etc.
Dieses Verzeichnifs findet sich bei den Akten der späte-
ren Untersuchungskommifsion unter Hans von Neuenstadt im
kgl. Kreisarchiv Nürnberg und ist bezeichnet: S. v. L. 228.
Nr. 48 (La.^er-NnmmerV Fs traut die Vermerke: »A« und
»Der gemaind zu Crailshemi gesteUte articul«.
IV.
Inventar des Schadens des Klosters Anhausen.
Bericht des Priors Johann Rainhart über die Plünderung
(i(!s Klosters Anhausen, den erlittenen Schaden und die haupt-
sächlichst hctheiligteu Urtschaftcn und Personen.
Ivuuvulut im kgl. Kreisarchiv Nürnberg, bez. Anhausen
S. 12. •
% 1.
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— 95 —
fitem am tag Philipi und Jacobi [1. Mai] ist Anhausen
angriflfen worden anno [etc. im] 25ten.
Item sie haben genomen für 150 guldin in Icelch» mefs-
gewand, alben, epistelrock, korkappen, mefsbuecher, 14
messin leuchter» zwue truhen mit altartaechem; das eifsen
gitter vor dem hailigen sacrament zuschlagen, herausge-
brochen, das sacrament hingenomen und vil hailthums in
claine truhlin uelegen.
20 guldin für kalk, ziegel und 5 wegen mit brittern in der
kircheu gelegen.
50 guldin für hild tafeln, cruciftx alles zerhauen und das
Margenbild ^) uf dem choralter.
100 guldin für der Bemberger, der Krailshaimer schilt und
stainin bild und wepner, dero 10 gewesen, zerhauen,
zerbrochen und für die kirchen geworfen.
250 fl. für die gestuel in der kirchen und puitpret, beheiter
mit schiessen, alles von aichem holz ergraben uf das
allerhubschest.
350 fl. für die fenster im rhoer und drei Capellen mit Ber-
nischem ^) gl.is sampL den grofsen eifsin Stangen ; etlich
vergult monstranzen.
1600 guldin für die kirchen zu bauen, decken und zwue
glocken.
15 fl. für die eifsin thur und eifsin truhen in der custerei.
Summa 2585 fl.
40 guldin für siben altarstein zerbrochen, das hailthum
daraus geworfen, die altar seind all von grund auf mit
gehauen quatranten gemacht.
100 guldin für 24 bet mit aller irer zugehorung, bettladen,
leilachen, pfulbin, kussin und decken.
2MÖ guldin für buecher.
30 guldin für 4 vischgoren, hamen, grofs und ciain, mit
allem vischzeug.
40 guldin für 4 hebeisen, 4 grols stcinz;ingc;n /.u grofsen
stainen ufzuziehen an den zugrn; eisiu piclicl, hauen,
vil grofs und ciain, alles zeug zu dem stainbruc h und
Schoren uf die weier 32 und 6 beihel, 6 eifsin keidel,^)
grofs eifsin hemer.
40 guldin für ein zentner schmer, 20 viertl fiaisch, erbers,^
') Marienbild.
3) Di« frfiheren ScbuUvögte dti. Kloster:».
*) Bem^Verona, Schmeller^Frominafiii 1. 278.
«) wohl Kelle.
*) «rben = Erbten.
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linsen, gersteD, gestampft efskeren, schönmel, hebrin
mel, ^(2 Zentner liechter. vier kupferin bronnenaimer,
aller schreinerzeug, zwai beschlagen viertl, 1 mets Kraiis-
heimer mafs.
250 guldiu hir ilinkel, kern, gersten, liabcrri; der nierer tail
ist küiiien -;ein Walhausen, Gachstat, Winden, Belgcn-
tal und Groningen.
150 guldin tur licrnisch fenstcr in meiner Stuben und kaniern
und noch vier Stuben, siben bebelter in der grofsen
Stuben mit schlössen und schlüsseln; die Stuben mit
eifsin glachen,^) 60 trinkgleser, 120 krausen.
Summa 900 fl.
50 guldin für 6 thur, zwingerthur mit grofsen dicken dilen,
mit starken grofsen eisin gla< ht n, eifsin hacken, drei
kellerthur, fünf stubenthur, iiausthur mit guten starken
sc blossen, zwifach rigel und 25 kamerthur mit schlössen
und glachen.
20 guldin für 16 tisch mit sideln, schrannen, schlössen und
glachen.
40 guldin lur zin und zine dciici, ptaaucii, dniuis, schusscl,
deller, zweien kuchenbehelter, messin leuchter, zw[u]
kuchenthur mit schlössen, kefslern (r)^), eisin loffel, durch»
schlag, faimlefel, messin backlöffel, 4 badzuber, wasch«
gelten, 6 vischgelten.
20 guldin für die bronnenkettin und eisin eimer, zugsail
ufm komhaus, 60 neu stark kuestrick, 20 streng in die
kamern, bindsailen zu weinwegen, 60 neu hairechen,
12 fletrel, 12 eisin mistgabeln, stainbern und worf-
schaufeln.
70 guldin für ka( in lufen mit stainin gewelben mit grofsen
eisin Stangen auch im backhaus; dergleichen ein ufen
gewelbt mit steinen suulen und kreuzbogen, als von
quadranten.*)
32 fl. für ein ganzen schmidzeug mit anbissen, blosbelg,
Zangen, hemer, auch ein ganzen weinablafszeug mit
schleuchen, blosbalgen mit aller zugehorung.
Summa 232 fl.
150 guldin für 20 fueder amat, hai, stroeschaib;*) 6 wegen
mit neuen laittcrn, vier schuttkarren, fünf beschlagen
wegen, ain karren; 200 clafter holz, 2000 feigen, 200
*l GlachcD — Gelenke-Beschläge.
') krausen = geringere Art von Trinkgeschirr, bes. f. Gebinde ttblicb.
kefslern es sind wohl Keasel gemeint.
*) als von quadrantcn — alles von Quadersteinen.
stroe-schaib ~ stroe-schäib = Bund Stroh, Schmcllei -Fiom-
mftiin II- 353.
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— 97 —
achsen, 3 pflüg, 6 seden, 3 scherr»^), 8 neuer pflüg,
weinlaitern, hailaitern, 10 steiglaitern.
30 guldin für mcl im backhaus und in der mulen, 4 mel-
rasten, den backtrock.
100 guldin fnr die weicr gefischt und al)grahcn.
3000 uulditi für (]as ( (mventhaiis, backhaus, kuchen. Schmiden,
scustall, rofsstaii, viehaus, neu haus, thorhaus, als vcr-
}) rennt.
150 iL acht ich für den abrauni der hofstettcn.
250 fl. fiir 12 schubochsen^ und 62 kue, stier, renphng,
jerltng.
5 guldin für honer, pfaben und tauben.
30 fi. für weinfesser uf 40 fueder ; fischfesser, zwaien aimem
3 vischleger.
40 H. für wein austrunken und ausgössen.
24 fl. für das oer, die zimhol,^^ den zaiger und vischwage.
40 fl. für die zimer iif den 2waien galpbronnen,^) so ver-
prent und eingeworten.
Summa 38 19 fl.
20 fl. für komet, settel, silen; 8 joch mit riemen und eisin
ent zu den deicliseln, 3 wagenkettin, spriefskettin, 3 be-
schlogen Nvög,^) 2 beschlagen silscheitter.
15 fl, für öl lind ein L,Tossen (ilhafen.
260 guldin haben ich und mein convent verzert und 'die]
ehalten, ®> an zerung mit den wcrkleuten und botenlonc
der arntleiit darufgangcu.
Summa 293 fl.
Summa totalis fccit 8241 ü. (siel)
Item der schefer zum Waltmansberg hat das holzschelin
gefischt zu Leukershausen.
Item die von Gackstat haben vil kom, dinkel haimgefuert,
gebeut an ander hausgeret.
Item Hainz Eberhart und der mefsncr zu EUerlchshausen
haben gesogt zu meinen hindcrsessen zu Volkhartshausen,
sie scind itzo Prior zu Anhausen; die hof, weier, holz sei
alles ir, gesagt, sie müssen leben von inen empfahen, und
dorauf haben sie ein weiel ufzogen und gefischt
V) 6 seden, 3 scherr venchrit'ben für 3 seden, 6 scherr.
',1 schubochsen " Zugochsen.
*) das oer =: die Uhr, zimbol = die dazu gehörige Schlagglocke.
Schmeller-Fromtnann I. 902
*) galpbronnen Zu<;bruiuieo»
•) wog = Wagscheite.
*; ehalten rz Gesinde.
7
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— Q8 — .
Item her Benedict^) hat mir gesagt, wie Jorgle von Mau-
lach ime gesagt hab auf dem Brickbei^, der pfarrer von
Rofsfeldt sei ein bofswicht, er wer wirdig an dem galgen
ze henken, dan er sei ein ursach und anheber, das die
bauren gein Anhausen gezogen sein.
Item der Kernmüller zu Neidenfcls ujkIJ der vol;L zu
(xuricnschwaben haben mein muller in meiner mullen gc-
fansfen. gezwungen, dafs er zu den bauern ziehen soll, auch
ime verboten, mir kein gult von der mulen m geben, kein
Herren zu suechen, dann sie. Auch zu Belgental haben
sie mir auch sechs undersesscn gezwungen und gesessen [sie!].
Item die pauren zu Walhausen haben mein pfarrer zu
gluben [drunjgen und angenomen, er soll keinen herren
Iiaben und gewertig sein dan inen und soll aus dem dorf
nit gen, dan mit wissen der dorfmaister, und was ime an-
lig, soll er die pauren ansuechen und sonst kein herrschaft,
dan sie sein itzo sein herren , und ist noch ir uh)bcr, und
das pfarlehen sei der ])auren und nit des pnOrs, und haben
dem pfarrer sein oclisi u genonuMi und gestotrhen und geessen.
Itcin die pauren von \\ allhausen, (ireiningen^^, Belgental
haben alle mein weisen mit gcwalt und über mein verput
abgefretzt. So sie mir die nit abgefretzt hetten, so wollt
ich sie gehait haben, und hetten mir gern 16 fuder hai
getragen.
Item da mich die paaren bei nacht und tag angriffen, ist
nit genug gewesen. Die haben mir die jungen geschlachten
opfelbaura, birbaum, nufsbaum ausgraben, dullstecken aus-
graben, haimbefurt, alle brandstutzen und scheurthor hin-
weg gefurt.
Item sie haben ein marggrefischen schilt in meinem stublin
funden, zerhauen und zum fenster hinausnewurfcn.
Anheuser feind der baurschaft, die midi bei na» ht angrif-
fen, der dorfer und weiler, wie hernach volgt am tag Wal-
burgis.
Rofsfelt hat der pfarrer daselbst ufbracht. Maulach,
Rudern, Trienspach, Onolzheim und zwei Winden bei der
[nacht] angriffen und brent, das mein gesind [mit] wein und
milch gelefst haben.
') »Caplan ofm l?rucV,herg«,
') Die folgenden wie überhaupt sämtliche Urte, welche in dieser
Klaj^e des Priors vorkommen, i^ethören cum frQheren mark gräflichen Ober Amt
CraUshdoi und sind leicht fe^i zustellen. Besondere Abweichun(,'en der Be>
nennun>; werden in den Anmerkungen erwähnt wrrden, z. U. Waltmansberg
=: Weiilmansbcrg; Gurlenschwuben - Burleswagen.
Greiningen — Gröningen; Rudern = Riedem; die zwai Winden
= Ober» und Ntederwinden.
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— 90 —
Ditz sein die mich beim tag angriffen» auch helfen brennen
und die weier gefischt:
Wallhausen, Triftshausen, Heni^stfelt, Michelpach, Gronin-
gen, ein glorken; Helrnesliofen, Misthui bei der Jagst,
Rodt*) hat ein glocken und iiu-r; Schaimbarh hnt weier
gi'fis( lit; Ottenbach auch weier gelischt mit etlichen flecken
hernach voli:^ent:
Volkhartshauscn, Kllerichshausen, Hörschhausen, Capehi,
VVestgcrtshausen, Goltpach, üefshalden zum tail, Locr,
Wegsefs, Mistlan zum taU, Waltroansberg, der schefer, Wast-
nau haben den sehe zu Leukertshausen abgraben.
Leukertshaiisen, Weitmansberg, Neidenfels, die zwen muU
1er, Belgental. Gackstadt hat mich mit allem am grofsten
angriffen an kom, dinkel und hausrat.
Gleichzeitiger Vermerk: Anheuser Scheden in der peurischen
aufrur.
Neuerer Vermerk: Wie das closter im pauc in krieg 1525
geplündert und durch wen es geschehen.
Diese Schadenspezifikation ist uns in mehreren (drei)
Exemplaren erhrilten, die nntcrcinrtnder nur hei einigen Posten,
deren Wertangabe aliL'rtiinL'>< Wcch'utend versrlnedeu ist, und in
der Aufeinanderfolge von einander abweichen.
Dem gegebenen Texte ist die späteste dieser Aufstel-
lungen zn Grunde irolcL^t, welche sich im kgl. Kreisarchiv
Nürnberg befindet und die iiezeichnung S. 12. tragt.
Die beiden anderen Exemplare finden sich in Tom VUX
der Ansbacher Serie der Bauernkriegsakten und zwar das ältere
fol. 585 ff.
Es be^Mnnt:
Item am t;i^ J'hilii)i und Jarobi [1. Mail haben die nach-
gcschriben tyrannischen iKiurcn, zum tuii \ cr/aiclicnt, disen
schaden an dem closter Anhausen merdisch, diebisch, un-
bewaret bei tag und nacht begangen, wie von jtem zu jtem
begriffen und an gelt angeschlagen, was iglichs wert und
erkauft worden mit vil mererm schaden unangeschriben etc.
anno etc. im xxvten gescheen.
Die nun folgende Auf/äldunu differiert bei folgenden Posten:
Statt 350 fl. für die Kirchenfenster etf. hat sie 400, da-
gegen fUr den Bau der Kirche nur 800 statt 1600; für
') Rodt ■= Rot a. See; Scii;uinbach — ScliciiiV);ioh ; ('upeln — Ma-
rienkapell; WeslgerishauscD ^ Wetschi^ershaiisen. Üb mit dem zweiten ^b.stlau
rielldcbt Mistlaa an der Laaben gemeint oder ob e» wie bei anders Orten
aar Wiederholnng?
7*
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— 100 —
Bücher statt 200 nur 100 fl. Für die Fenster etc. in des
Priors Stube rechnet sie 200 statt 150 fl. ; für d.is Zinn-
^'csrhirr etc. 30 statt 40; für die Oefen '^O <;t:itt 70; t'ur
das Schmiedezeug 24 statt 32; für das Mclil im Backliaus
23 statt 30 fl.; für die aus den ahjrelasscncn Weihern
gestulilcnen Fische nur 50 statt 100 fl. Kinc grofse DilVc-
rerenz ergii)t sich bei den Baukosten für das Conventhaus
und die anderen Oebäulichkeiten, 2000 fl. gegen 3000 fl.
der spätesten Aufstellung.
Der Scliluls tler Reeliuung lautet:
Sorna somarum pro totale farit 5638 guldin und <^0
guldin /erung zu Krailshaim. so sio nieh (?] einbracht, sider
das < loster verbrant worden, vvolit ich wol erspart haben
mit den meinen.
Der Text geht nun mit: Item der schefer zum VValtmers-
berg .... etc. fast gleichlautend mit den anderen Hand-
Schriften weiter.
Das Schlufsresultat dieser Berechnung ist jedoch falsch,
ebenso wie in dem vorne gegebenen Texte. Es mufs statt
5658 fl. heifsen 5588 fl. und 60 fl. far Zehrung. also als Haupt-
summe 5648 fl.
Die zweite etwas spätere Aufstellung findet sich, wie i^e-
sagt» ebenfalK in Tom YIIl und /war fol. 38Q fl". Sie beginnt:
Verzaichnus der paaren und irer hnndlunij bei tag und
nacht an Anluiu.sen began-en mit braut, rauberei, etc. am
tag i'liihpi und Jacobi [1. Maij geschccn, wie nachvolgt.
und stimmt mit der vorigen bis auf den Schluis Uberein. Die-
ser lautet:
Item 130 guldin hab ich und mein conventherr, her zu
Krailshaim, verzert, ane was noch wurdet, das ich mit mei-
ner haushaltung wohl erspart wolt haben, ane was ich da-
runter verritten.
S(mima [der letzten Posten] 299 fl. Somma sommarum
pro totale facit: 5718 guldin.
Item 40 guldin für die orgel im chur.
Das gibt also als Hauptsummc 5758 fl.
V.
Bericht des markgrtifischen Gesandten an den DinkelsbiüiUr Haufen (2, Mai),
Durcbleuchtiger, hochgcporner fürst, gnediger herl E.
f, gn. sind unser untertenig, schuldig, willig dienst in aller
unterthenigkait mit höchsten vleis ganz gehorsamlich zuvor.
Gnediger fürst und herl Als wir montags Walpurgis von
Feuchtwang zu morgens frue auf die vcrglcitung ausgerieten
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— 101 — : .
sein, in meinung zu den hau])tleutcn und häufen zu Klwan-
gen [/u ziehen], do sind etlich glaubhaftig person, die ain
gruntlirhs wissens des glaits, so uns von den hauptleuten
zugeschickt, uiitciweg zu uns komcn. anzaipinp: thon, wie
wir vc»ri:eltlich reiten; dann die iKiu|>tleiit und der häuf zu
P'.lw anucn sei bei nechthcher weil autgcstanden und /u dem
iJinkclspuelem hänfen '^ezotren, de«; sie gut wissen«; traL;cn.
[Waren wir] also gerieten, das wir uit weiter dan ain nieil
Wegs gein Elwangen gehapt und auf solche gruntliche Un-
terricht haben wir uns mitsamt hem Hans .... Absperg^)
gewendt und ufs nechst zu dem lager . . .*) Dinkelspuel
gerieten. Als wir zu inen in das here komen sind, haben
wir uns ange/aict, haben sie uns von stundan durch ir
verordenten in das leger gefurt, doselbst uns erstlicli alle
ere erzaigt, doneben uns zu erkennen geben, wie das die
obersten hauptleut nit vorhanden sind, und haben wir also
von zehen hera an bis auf die sechsten stund nach mitten
tag ir gewart. Was uns aber in derseibigen zeit von un-
endlichen leuten begegnet ist, wollen wir zu seiner zeit
solchs e. f. gn. auch anzaigen. Und alspald die hauptleut
kommen sind, haben sie uns gutwilliglich verhört und e. f.
gn. erbitten als von ainem cristlichen fursten, nachvolgens
der loblichen ritterschaft auch steten und landschaften sich
hochbedankt und auf unser Werbung dise antwort geben
und uns widerum auf heut dato von zehen hören für sie
beschieden, das wir also zugesagt haben. Dem gedenken
wir folt; ze thon und thon c. f. gn. hiemit zu wissen, das
der ganz häuf ob vier tausend stark ungeverlich sind, aber
stets zeugt man zu, Soh hs haben wir e. f. gn. zu unter-
thenigem gefallen nit wollen pergen und thon uns hiemit
e. f. gn. als unserm gn, hm. bevelen.
Datum Feucht Wang am dinstag nach VValpurgis [2. Mai]
anno etc. xxvten.
e. f. gn. unterthenig
Thoma Khuedorfer und Eucarius Zobel mitsamt den zweien
gesandten. [Den von der Landschaft Abgeordneten].
Adresse: Dem durchlauchtigen hochgebomen fursten und hem,
hern Casimim, marggrave zu Brandenburg etc.; unserm
gnedigen hern,
Vermerk: Kuedorfer, was ine unterwegen zu dem häufen paurn
bei Elwang begegnet sei.
Dieses Schreiben, Original, etwas defekt, findet sich Ans-
bacher Bauemkriegsakten Tom I, fol. 143.
'j Oefekle Stelle, es hti&t wohl »Hans von SchwalwpcTg.«
*) I»t «twa »bei« oder «vor« su ergänsen.
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• •••• • • •
» •••••• •
VI.
Brief des Gesandte an dm oöigm Hnu/m.
Den gestrengen, cdeln, vesten, erbern und besondera
haubtleuten und verordneten rethen des versammelten hau-
Ten der zeit bei Dinkelspuhel, unsern lieben freunden und
gueten günnern.
Unser freuntlich dinst und gueten willen zuvor. Lieben
freunt und gueten gönner! Nachdem wir bede nt-hen andern
von nnserm gn hcrn marirgraf Casimirn etc., seiner f. gn.
ritterschaft und landschaft mit Werbung an euch verunlnet
wuiden sein und derhalb eur antwurt zu Feu<~iitwang gewart,
die ir uns in ainer verschlossen schrill zugesandt, die wir
auch fuitcr ungeolTent genantem unserm gn. hrn. uberschickt
und derhalb weiters beschaids m Feuchtwang gewart. Die-
weil uns aber sein f. gn. daselbsthin geschriben, das euch
sein f. gn. uf solch eur gegebene antwurt widerum ain
Schrift gethon, haben wir uns daselbsten erhebt und aller-
erst uf heut dato personlich zu mein f. gn. kernen und sein
f. gn. underricht, das ir neben eur gegeben schriftlich ant-
wurt euch vil unterlhenigs gnets willens t,^egon sein f. gn.
erboten und euc h sonderlich vernemen lassen habt, 'das ir
sein f. gn. seibs und etlich [s. f. gn. reth] in soliclien Sa-
chen zu unverpuntlit hcn guthchen unterhandlern und mitlern
leiden mochtet und das wir sein f. gn. soliclis anzeigen
sollten. Wiewol ir nun ungezweivelt aus seiner f. gn. wider-
schrift genuglich vermerkt, das sein f. gn. nit anders gemuts
noch willens ist, dann sich als ain cristlicher loblicher fürst
gegen aller seiner f. gn. unterthonen und euch zehalten,
so hat sich sein f. gn. uf obgemelt unser anzeigen gegen
uns vernemen lassen, damit an allen christlichen und biU
Ilgen dingen an seinen gn. kein mangel gespurt werde, so
sei sein f. gn nit zugegen, [<\c -} sonder mog leiden, das ir
n. person aus euch uf aini n nemliehen, bestimblen tag gein
N. oder N. verordnet, dcigleii lien woU sein f. gn. uf cur
versi( herung auch etlich aus seinen f. gn. rcten dazu be-
schaiden, eur fiusleg gemclter Sachen iiali) weiter zu ver-
nemen und dagegen, was cristlich, erbar und gut ist, euch
auch nit zu verhalten. Und was dann nachmals durch soliche
seiner gn. verordnete ret und eur gesandte an sein f. gn.
gelang, darinnen woU sich sein f. gn. dermafsen vernemen
lassen, daraus meniglich vermerken mog, das sein f. gn. zu
allem dem, das cristlich, erbar, loblich und billig ist, ge-
willt und genaigt sei, doch das mitler zeit seinen gn. auch
derselben unterth on und verwanten, das ir und die iren
vou euch unbedraogt und unbeschedigt bleiben, wollten wir
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— 103 —
euch ttf soliche beschcene Handlung und eur gethone fursleg
un<?ernhalben freuntlichcr und gueter mainuntr nit verhalten,
und was dorauf cur will und mainung, des gewartcn wir
eur srhriitlichcn antwurt bei disem boten, die wir furter
an genantt'ri unscrn gn. hrn. mit besten fugen gelangen lassen
wollen, und was wir furderu, heUea und raten kouen, das
zu cristlichem und gutem friden dinstlich sein mag, darinnen
wollen wir kainen möglichen fleis spam.
Datum fehlt.
Thoman von Kuedorf, amtman zu Than und Eucharius
Zobel zu Ramsdorf
Dieses Schreiben, Konzept, findet sich Ansbacher Bauern-
kriegsakten Tom II. 175.
VII.
BeJtM Markgraf Casimirs an Anroch, »die ehalten und kntcht* in
Pfiicht nt nehmen.
Lieben getreuen I Wiewol uns nit zweivelt, das sich alle
unsere burger hie zu Onolzbach als frumm, cristlich und
eerliebend unterthonen bei uns crzaigen nnd holten werden,
so bedenken wir doch, das in diesen geschwinden gefer-
lichen leufen zimUch und billich sei, das nit allain die ver-
pflichten purger, sonder rin» Ii ire gebrotte diener und eehol-
ten (die gleicherweifs für burger gerechnet werden), das
best und getrcuest in unser und gmnainer stat obligend
bei uns thun, wie wir auch hinwiederum gegen inen ze thun
genaigt sind.
Und demnach bevelhen wir euch allen und iglichen be-
sonder bei den pflichten, damit ein iglicher uns und gemai-
ner stat verwant ist, das ein jeder seine knecht, diener und
eholten ime zu stundan an aids stat mit handgebenden treuen
geloben lassen [soll], das er, so lang er sein pfleglich an-
wesen in diser stat hoben werd, uns getreu und gewertig
sein, unser bestes furdern, schaden und nachtail warncmen,
auch was zu aufrur oder unainikait rairhen möge, dassclbig
seins bestens Vermögens furkoiuen oder so er es für sich
selbs allain nit furkonien kont, uns oder euch, dem vogt,
burgermaister und rath anzaigen woil, alles getreulieli und
ungeverlich. Verlassen wir uns also zu gescheen gcnzlich
zu euch zesamt dem, das es auch euch und ge mainer stat
als wol als uns zu eren und guten raicht, gnediglich gegen
euch zu erkennen.
Datum Onolzbach freitags nach Walpurgis anno etc. xxv.
[5. Mai].
Adresse: An rastner, vogt, burgermaister, rath und gemaind
zu Onolzbach.
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— 104 —
Vermerk: Wie den von Onol/hach bevolhen ist, ire ehalten
und kriecht auch in pflicht ze nenien.
Dieses Schreiben, Konzept, findet sich in den Ansbacher
Bauernkriegsakten Tom I. t'ol. 374.
VIII.
^Orditutig unc dm schloß und die stat lOnvlsbaih] in meines gn. hm.
marggraven Casimirs abwesen versehen werden soll.* Alm'?]
Krstlirh sollen und wollen bed mein L^nedit; licrrn marg-
graf b^hann Albrecht und marggraf Wilhelm tai; und nacht
im s< hlos sein und alle irer gnaden edclleiit und diencr
auiscrhalb der, so der pferd warten müssen, mit iren werben
und harnasch bei inen hoben.
Darzu sollen im schlos zu nachten liegen:
Karl von Hefspurg, hofmeister.
hr. Hans Truchses, ritter, hotmeister,
hr. Apel von Seck'endorf], ritter,
Cristof von Wuhncishausen,
Doctor Cristof Herwart,
Doctor Valentin Kiefer,
Cristof von Hausen,
Hans von Rewitz,
N. von Zeim
mit allen iren knechten, die sie bei sich hoben, auch all
melns gn. hm. mgf. Albrechts, hertsogs in Preusen edeU
leuten und knechten, sovil der hie sind und der pferd
nit warten bederfen. Und aus obgemelten vom adei und
doctorn soll alhvegen ainer vor mitternacht und ainer nach
mitternarht auf der mauern neben andern wechtern wachen,
uf welche das los jedesmal knint, getreulich und ungeverlich.
Item dazu soll allen schneidern, silbercamerern, keinem
und kueheu angesagt werden, auch alle nachtz iin schlos
zu ligen und sich nach der herrn und reth beschaid zc
holten.
Item neben den allen soll von anderm hofgesind oder
knechten, so im schlos ligen, alle nacht neben den andern
ordenlichen wechtern noch vier wachen, nemlich zwen vor
mitternacht und zwen danach, auch nach dem los, wie
obsteet.
Item da/.u sollen tags und nachts zween neben dem
schlosthurner uf demselben thurn sein, der lueli alhvegen
des nachts ainer vor mitternacht und danach ainer wachen
soll.
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— 105 —
Item der Welts, seuginaister, sull an ain igliche zinnen
auf die mauer verordnen ein t^olnden hackenpurhsen und
darzu iifitturftig kugeln, buUer und zochen, damit man so-
licii piu hsi'ii zur noudurft weiter laden und zur wehre ge-
brauchen nu)g, es sei ta^ oder nacht.
Item gemclter zeugniaistcr sull tag und nacht im srhlos
sein oder zum wenigsten des tags im zeughaus und die
nacht gewifslicb im schlos und nit weiter geen, damit man
ine allw t^g zur notturft finden und gebrauchen mog.
Item dazu soll man auch etlich burger oder knecht ver>
ordnen, die mit den hacken und andern buchsen schiefsen
können und sonderlich des nachts im schlos Ugen: auch
ainem iglichen angezeigt werden, an welichen ort er uf das
gescbutz zur notturft warten soll, es sei tags oder nachts.
Ordnung in der stot:
her Veit von Lentershaim, ritter,
Doctor Offner, canzler,
doctor Koel [v. Krel??],
Albrecht Galling,
Bernhart von Luchaw,
Fritz Steiner
sambt Hans von Rockingen, fufsknechthaul tir m, sollen mit-
samt den verordenten kriegsknerlitcn und aiuit-rn hofgesind,
so in der stot ist, tags und nachts in der stot sein.
Und wan sich tags oder nadits ein auflauf bcirüit, es sei
fenrs oder anders ge«;rhrais halben, sollen die alle mit iren
harnasch und werben auf hern Veiten von Lentersheim, rit-
ters, bcschaid warten und sich jedesmal vor dem schlos
versameln.
Item so sollen alle burger und pfaftcn, wann sich tags
oder nachts reurs oder ander sach halben ein geschrai
begibt, auf dem platz zusammenkumen und Albrechten
Gallings beschaids gewarten.
Und damit die stat tags und nachts dest pas verwart
werd, so sollen auch die burger uf iren kirchturn zu dem
thurner noch zwen man verordnen, die tags und nachts
wachen, und sonderlich allwegen ainer vor mitternacht und
ainer dannach.
Item so soll sich auch her Veit von Lentershaim, ritter,
mit dem vogt, den bürgern (?) und [dem] fursknechthaubt-
man unterreden und verainigen, wie die sach auf den an-
dern thurnen, raeuern und den thoren und auf den plet/.en
tags und nachts zum besten geordnet und bestellt werden
sollen.
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— 106 —
Und was weiter die notturft erfordert, das soll her Veit
auch verordnen, auch soHch alles einem iglichen und zu-
vorderst hcint allem hofgesiiid angesagt werden.
Vermerk : Ordnung, wie das schlofs und die statt Onolzbach be-
wacht werden solle.«
Diese Ordnung, Konzept, findet sich Ansbacher Serie der
Bauernkriegsakten Tom I. fol. 3 7 2. Doch ist es nicht ganz
sicher, ob sie sich auf die erste oder spätiM-c Alnvesenheit Mark-
graf Casimirs bezieht. Für die letztere Meimuig scheint der
Umstand zu sprechen, dafs in der Ordnung bereits der Edel-
leute Herzog Albrechts von Preufsen gedacht wird, der erst un-
ter dem 27. April, A. S. T. I. 114, seine Hülfe verspricht.
Andererseits jedoch läfst Markgraf Casimir am 5. Mai alle »ge«
brotcn dienert und Ehehalten in Ansbach vereidigen, und ist
es immerhin nicht unmöglich, dafs damals bereits ein Teil der
Hülfe eingetroffen, »sovil der hie sind«, und die Ordnung vor
der ersten Abwesenheit entworfen ist. Vergleiche Beilage VIX.
IX.
)gmf Casimir seigt seinen RtiU/i den Afarsch auf Gunstenhausen an,
(6. Mai.)
Cäsimir, von gottes gnaden etc. marggrave su Branden«
bürg etc.
Unsem gunstlichen grus zuvor. Lieben getreuen! Wir
haben eur schreiben uns bei diesem eurm gesanten zuge-
schickt vernomen und nachdem wir, wie ir wifst, willens
gewest sind, gein Wassertruhedingen zu ziehen und uns aber
graf Ludwig von Oettingen und andere underwegen zukomen
sind, die uns so\ il hiorirht haben, das niemant von ainichen
pauren zu ^\'asscrtruhendingen oder dortKclbstnm liefen oder
sein; demnacli haben wir furgcnoincn, hichcr i^ciii Mi'rkcn-
dorf zu ziehen und als wir hieher komen sind, haben wir
dcnsi-lben flecken iMirkendorf aispald in unser hand zu ver-
ptlichtigung und zu huldigen angenomen als ander unser
underthan, das wir als der landesfurst ir gnediger berr sein
wöUen etc.
Wie es aber sunst allenthalben weiter ein gestalt hat,
wissen wir euch noch zur zeit nicht grfintlich zu schreiben.
Darum so ir uns was weiter schreiben oder zuschicken
wollt, so wollen wir mit der hilf gots heint also hie ver-
liarren, tlas wollten wir euch uf eur schreiben und im pesten
unangezaigt nit lassen,
Datum Mirkendorf am samstag nach Misericordias domini
anno ete. 25. [6. Mai].
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— 107 —
Adresse : Den edeln unsern lieben und getreuen hofmaistern,
stathaltern und rethen zu Onolzbach.
Es trägt das Schreiben folgenden Vermerk:
Mein gn. hr. r>c!i reibt, wie es sein gn. im anzug gangen,
und wes sein gn. bericht sei.
Dasselbe, Original, findet sich in der Ansbacher Serie der
Bauernkriegsakten Tom I. fol. 179. Zu ihm gehören höchst
wahrscheinlich folgende Zettel:
Und auf Eucariussen Zobels Handlung wollen wir euch;
ob got will, morgen selbst antwort geben und uns derhalben
miteinander underreden.
Datum ut supra.
findet sich A. S. T. I. 172. und:
Auch lassen wir euch wissen, das uns hernach potschaft
zukomen ist, das die von VVassertruhendingen angefallen
ist [1], und haben die pauem heut frue eingelassen, wollten
wir euch auch nit verhalten.
Datum ut supra.
findet sich A. S. T. I. 173.
X.
Sfkrdben des Markgmfm an die RMe von GunsetiAausm (7, Mai),
Casimir, von gots gnaden marggrave zu Braiulcnburi: etc.
Unsern gunstlichen grus zuvor. Lieben getreuen \ VVie-
wol wir euch heut bei unserm trumetter allerlai zu em-
poten haben, nichz destoweniger geben wir euch gnediger
mainung zu erkennen, das die von Haidenhaim heut bei uns
sind gewest und uns angezaigt, das si von den pauern zum
merern mal sind gemant, wo si als gestern samstags [6. Mai]
nit zu ine ziehen, so wollen sie zu inen komen und inen
leib und guet nemen und ufs höchst gebeten, inen zu hilf
etlich raisig und fufsknecht zu schicken, so wollen sie thon
als from leut und ir leib und gut darzn setzen und bei uns
pleiben, wo wir aber das nit theten, so konnten sie sich
in kainen weg lenger enthalten, sunder sie müssen von stundan
zu inen ziehen, als auch darzu andere do umliegende dor-
fer auch thon wurden, also das die pauern wol tausent man
sterker wurden.
Dadurch sind wir bewegt, unsern weg uf heut gein Günzen-
hausen genomen und bei zwaihundert pferden und vierhun-
dert zu fuefs gegen die pauern um Haidenhalm, oder wo
man die betreten mag, geschickt, gegen ine zu handeln, was
got und das gluck ireben will; so pleiben wir henit hie zu
Günzenhausen in der stat, den pafs zu verwareu. Es haben
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108 —
auch die stat Günzenhausen fünfzig man mitgeschickt, und
die von Günzenhausen halten sicli ganz recht.
Der von Wassertruhendingen halben haben wir heut doc-
tor Jorgen von Streitberg und Ilerman Hansen Ochsenbach
zu ino veronK nt. mit ine zu li i iidelii, wie wir dann solchs
in rath funden haben, wie wir si wider zu gehorsam brin-
gen imirhten.
Und diewei! unser hindscliait uf morgen niontag -'8. Mai]
gein Onolzbach komen weiden, if;t unser bevekh, dieselbi-
gen gein Eib zuverordnen, damit sie ein pesser leger dann
uf dem perg zum ivanimerforst liaben ; wollet inen auch
genueglich flaisch und brot zuschicken, damit si deshalben
kainen mangel haben und darzu bestellen, das man inen
um Iren pfening von Onolzbach aus oder wo euch gut be-
dunk, trank und lieferung zuefUre.
Und nachdem die pauem im amt Hoheneck, auch an der
Zenn aufrurig und zusamen ziehen sollen, ist unser bevelch,
das ir sovil möglich eur kuntschaft über si bestellet und
ober inen lialtet, was ir fumemen sei, wo sie hinziehen
oder ob si selbst ein häufen machen wöUen, auch wie stark
si sein; dann, sopald wir liaimkomen und in rath finden,
gegen inen furzunemen, das wir dasselb uf furderlichst thon
mochten.
Und ob wir uf morgen montag /n nacht nit gein Onolz-
bach kommen konnten, so wollet niehtz de>tweniger mit
der landschaft, welche euch für gut darzu ansehen,
ratschlagen, wie diesem haudel zu begegnen sei, auch was
man den beden liaufen weiter für antwort geben soll, und
so wir anhaims komen, uns euren rath und gutbedunken
eroffent, weiter unser gemuet darauf zuvememen.
Auch ist unser bevelch, das ir solch unser schreiben un>
sem zweien bruedem auch anzaigt und si bede allwegen
[befragt], wann ir uns wider schreiben wollt, [es] in irem
namen thut, und sonderlich, wie vor angezaigt ist, wann ir
mit der landschaft handeln werdet, das ir si bede gemelte
unsere brueder zu solcher auch geprauchen wollet. Das
alles wollten wir euch, darnach haben ze richten, gnediger
mainung nit verhalten,
Datum Günzenhausen am sonntag Jubilate [7. Mai] anno
etc. 25.
Adresse: Unsern Helsen, getreuen hofmaister, stathalter und
reiben zu Onolzbach.
Vermerk (andere Hand): Mein gn. licr marggraf Casimir etc.
wegen der aulrurischen paurn.
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— lOQ —
Das Original dieses Schreibens findet sich in der Ans-
bacher Serie der Bauernkriegsakten Tom I. fol. 187, das Kon-
zept davon ebenda Tom II. 254.
Xa.
Sekretion der Räte an Markgraf Casimir vom gUicken Datum.
Gncdiger iurst und hcrrl Nachdem cur üirstlicli gna<len
heint mit irem raisigen zeug stt rofs und fufs uf Truhen-
ding gezogen sind, bedenken wir in unterthenikait als die
sorgveltigen, wann sich die versamlung vor Dinkelspühel
untersteen wolten, eur fürstlich gnaden ^ am hemider-
ziehen zu verhindern, das sie dasRclbig wohl thun [können];
dann so sie eurn f. gn. die brücken zu Rieth abwerfen und
sich der ende um Armbau*) und Herrieden legem, auch
dadurch eur gnaden stat Günzenhausen abfeilig machen
wurden, konten eur fürstlich gnaden nit über die Altmnl
komen und weren cur furstUch gnaden jesset der Altniul
wie in einem sack; dann do were unscrtiialbcn kain ent-
gegenziehe» oder rettung. Es stund alsdann auch wol dar-
auf, wann der häuf vor Dinkelspühel recht kriegsvolk were,
das sie sich understeen mochten, den nechsten für Onolz*
bach zu rucken in willen und mainung, do alle notturft zu
finden, das zaigen wir eurn f. gn. allain dämm an, das sich
eur f. gn. in dem allem zu bedenken wissen.
Dapei wollen wir auch eurn fürstlichen gnaden nit ver-
halten, das eur f. gn. knecht, der Herzog, heut zu uns
komen ist und hat uns angezaigt, diewcil man vom bcrg zu
Wür/buru in die stat mit ieur und anderm schief«, derhal-
ben die slat die \ersamlunu <ler [»aurn um rettung anf^e-
sucht, das die paurn durcli Kit/.ingen wider auf Ochscnlurt
gezogen sein und duseibst den nechsten für unser fraucn
bcrg zu ziehen [gedenken], und das eur gnaden untcrthan
zu Kitzingen den vorzug haben. Item das auch alle eur
gn. dorfer am Main wegig sein, und er aus derselben dor-
fer ainem mit not hab entreiten müssen, daraus nun eur
f. gn. ieichtlich abnemen, wefs sich eur gnad zu den ircn
vertrösten mögen, wolten wir eurn f. gn. in unterthenikait
nit bergen und bevelhen uns damit eurn f. gn. als unserm
gnedii::en herrn.
Datum am sanistag nach Misericordias domini um sibcu
höre vormittag anno etc. 25. [6. Mai].
Hofmaister und rethe zu Onokbach.
*) Ohrnbau, dftmaU Eichitädiiftch.
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— 110 —
Wohl hiezu gehöriger Zettel:
Gnediger fürst und herr! Ich hofmaister hab gestern
mein weib gein Coimberg geschickt, etlich geret herein ze
füren, als ir dann die paurn im ganzen amt Cohnberg all
weg f^eloffen und den negstcn nf Hagnau zugezogen, unsers
Versehens, furter zum liaufcn gein Franken [/.u ziehen , und
haben dem vogt ain hellcnbarten an lials gi-set/.t und in
genöt. das er mit in hat ziehen muessen, wollten wir eur
f. gn, unaagczcigt auch nit lassen.
Datum ut supra.
Adresse des Schreibens: • Unserni gnedigen fursten und herrn,
marggrafen Casimim zu Brandenburg.
Darunter »Cit<>-, Citoc und der
Vermerk (andere Hand): Räthe die versamlttng der paum vor
Dinkelspüchel betr.
Dieses Schreiben, Original, hildet fol. 176 des ersten Toms
der Bauemknegsakten Ansbacher Serie, der Zettel dagegen
fol. 177.
XT.
„Schelknmenä/eim anzeigen*' was die Bauern für Fähnlem gekaäi kaben.
Die aus der stat Oting haben ein fentein gehabt, gron
und weifs straim versetzt ; dos hat Wolf Nurmberger von
Olingen getragen und ist sein muttet banks halben graf
Jochims seligen Schwester gewest
Item ein fenlein roth und weifs hat Bartel von Rudel-
stetten getrogen.
Item ein fenlein ist komen aus dem dorf Wechingen,
reisscn sich zwen paum um ein fladen ; waifs aber Schellen*
mendlein nit, wer denselben getrogen hat.
Item die von Marktoffing, Zcbing, Aufkirch haben auch
fenlein da gehabt, hab aber der fendrich nit kent, so sei
im die farl) und das gemel an den feinlein abgefaUen.
Item die grafcu von ütingcn haben ein paurn gestraft
um l fl., sitzt zu Hainsfart, haist der jung Wagenhans, der
hat im ein aigens fenlein machen lassen» waist aber nit»
was es für ein färb het gehabt.
Und sagt Schellenmendlein sehis bedunkens, so haben
die von Deining das fenlein mit dem crucifix gehabt, und
wann es mein gn. hr. gern haben will, so vermaint er, [erj
wolt die fenlich all erfarn, desgleichen die fendrich.
Bezeichnet : SrheüemendleinF; anzaigen, sovil im Wissens, was die
paurn für fenlein gehabt haben.
Diese Aussage des Wassertrudiitgers Hans Bener [v. i'cner)
genannt »Schellenmendlein " steht Ansbacher Serie der Bauern-
kriegsakten Tom Iii. IUI. jV.
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— III —
XIL
Schadenspecißkatiün des Khsters Auhausen.
Der s« IkuI und mutwillig frevel, so die treulosen banren
zu Ahausen geübt haben sabatho et dominica vocem jocundita-
tis*) ^siclj anno [etc.] 25.
Item im chor zwei kostliche gestul zersrhlaL;en zu
trumern; ein vergult gittcr vor dem sacramciit, ein
köstlich gitter vor dem heiligen grab zerisscn; orgel,
bilder, crucifix, alles zerschlagen.
350 fl. mefsgewand, ornat, corporal, verguld kertzen, vil
messiger leuchter, altarducher, furheng, altarstein und
vil ander gotteszier geraubt, ob 350 fl. gekost.
Item grofs kostlich tafeln auf den altern, nemlich 7.
700 fl. ob 700 fl. gekost. Mer 7 mettel tafeln, 7 crucifix, vil
]MlrIer nuf pfosten und cateien^), alles zu flecken er-
schlagen.
Bei 7 schöner kleiner defelein mit heilthum und
köstlichem gcniol des heiliggrab, die urstend. Vil kost-
600 fl. lieber gemalter duchlein, den predigstul, des alten hern
grabstein, alles erschlagen und geraubt, des alles ob-
geschriben 600 fl.
500 fl. Item bei 40 grofse fenster mit geschmelztem glas
im chor, kirchencapitel, creuzgang, iiberei, sacristei,
capein, schlafliaus, welche mit 500 (1. nicht erzeugt sein
werden-, dan etliche 10, etlich 15, etlich 20 fl. ge>
standen haben.
200 fl. Item metle fenster üb 74 mit geschmelzwerk im re-
fent^), in der neuen und alten abtei, 6 stuhen und
Sülern, haben mitsammt den rann-n ob 200 II. gestanden.
lOO fl. Itein ob 83 claine fenster auf dem se.lilai'haus, libe-
rei, gewelwen, in celen und kamern und in allen ge-
machen wol verglast; sein mit 100 fl. nit gemacht
worden.
300 fl. Item gesankbucher, geschribne pirmente'^) und ge-
drückte mefsbücher, gradual, antiphonari, zwen neuer
kostlicher gcschribner und illuminirter pirmentcr psal-
ter und vil andere pirmente mettenbucher, mochten
mit 300 fl. nit also geschriben und erzeugt werden.
') Muls natürhch Jubilate heifsen, wie andere Abschriften desselben
Aktes richtig haben.
') catelen = ▼ielleicht comimpteit aus „Capitalen"; hier etwa gleich
mit Consolen.
*) refent -= revenier — Remter, Speises.ial der Mönche.
*) pirmente •= pergamentene.
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— 112 —
1500 fl. Item ein kostliche liberei ob 1200 buchern in allen
faculteten, welche den dechant seligen von Eistat und
und mich furwar o!) 1500 fl. gestanden haben.
D[ic] teufelskindcr haben den merer teil zerrissen,
zerhauen, verinx'iit und in die priinen li^ewnrfen. (iot
erhartnsl Judica dominc et noh tardare in saeculum
alterum !
Item etlich und hundert alle fast neu thuren mit vil
guten schlössen und paiidcn, alles erschlagen, zerrissen,
schlofs und band geraubt und gestolen, wie man sagt.
150 fl. So sein üb lü ganz, thur nit mer in dem Cluster ^ ob
150 fl, gekost.
Item diser obgeschribner und erzelt sched hat den
deufelskindern wenig nutz geben, es sei dan mit blei,
eisen und schlössen, sunder es aus des teufels gespenst^)
geübt worden
Was hernach volgt hat den
dreulosen buben nutz ertragen:
150 fl. Item ob 30 gerichter petstat mit petten, deckpetten,
leiiach, pfulben, küssen, debichen bei 10 und ander
vil decken ob 150 fl. wert.
200 fl. (sie) Item im convent petgewand und kleider auch con*
ventz hausrat, Schreiner- und pindzeuch, prenzeuch et
alia infinita, ISO fl. wert.
200 fl. Item ob 50 truhen und beheitern, zwu eisne truhen
in der sacristei und aptei, 3 grofs beheiter, alles mit
200 guldin nit erzeugt; hat der ein beheiter ob 30
guldin kost.
100 fl. Item 32 grofse puldret in der liberei mit ketten und
schlössen,^ haben bei 100 guldin gestanden und die
band, ketten und schlofs alles geraubt und erschlagen.
1000 fl. Item wein, korn, habern, dinkel, gersten, mel und
ander vorrat als fleisch, visch, sehmalz und salz und
ander kuchenspeis etc., vil mer dan dausent guldin
wert.
300 fl. Ttcm aller hausrat, gemalt disch, steine disi h, köst-
lich ot'en, sidel, kandel, sehussel, delor, vil kc ssi 1, vil
pfannen, venedisch gleser, gisfessci, disclitucher, hand-
tucher, vil leinwat, zugseiler, ein gezelt, ketten von den
prunnen, 5 schlagend hör, kuchengeschirr etc. sine
numero, ob 300 guldin wert.
') »aus des Icnfcl^ geb])ensl« verj^! Schmtfüer Kroniniann II. 671.
') '32 grofse |juidret in der liberei mit kelten und schlössen« sind
wohl Lesepulle zum Auflegen der datan befesligten •libri catcnali*.
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— U3 —
200 fl. Item pferd, kue bei 70 stucken, ob 60 seil» wegen,
pflüg, glockenseil und Ander seilwerk, heu, stro, unge-
troschen treid, hauen und schaufei mer 200 fl. wert.
Truding, Ehingen, Lentersheini, alten Druding,
Röcking, Geilsheini, Schodach, Oberniegersheim,
Westheim, Ahausen, Lening, Lochenbach, Uainsrurt,
Husiog, Urschhcim, Danpac h. Lcllenfeld:
Marggrävisch,
Ottngen« Untennegersheim, Dorastat, Ebing:
Otingisch.
Oschtheira — Rechenpergisch.
Kronheim: Kronhaiin[isch].
Schu: Rechenbergisch. ^)
Bei 10 tausend man angeschlagen etc. [etwa waren dabei].
Dieses Schriftstück trägt folgende Adresse:
Den gestrengen, hochgelerten, erbern und vesten meins
gnedlgen herren stathalter und reten zu Onoltzpach» meinen
lieben herren und freunden.
und folgenden Vermerk von anderer Hand:
Abt von Ahausen bit um Schriften an diejhenen, so das
closter geplündert und beschedigt haben, widerkening und
abtrag ze thon.
und war wohl die Einlage (oder die Kopie derselben) in dem
Bittschreiben des Abts Georg.
Ein anderes Verzeichnis der Schäden etc., das das erstere
ergänzt, findet sich in dem nämlichen Akt, es beginnt auf Seite 77:
Der schade und mutwillig frevel, so flit^ treulosen bauern
zu Auhausen geübt haben sabatho et dominica Jubilate
anno 1525.
Auf die Aufzählung des lebenden Inventars folgt in letzte-
rem noch:
Item schade und mutwillig frevel, welche üben nit an-
gezeigt, so die treulosen bauern zu Auhausen geübt haben.
Item den stock in der kirchen aufbrochen und etlich
geld darin gefunden.
Item kelch, glocken auf dem schlafhaus, vierzehen chor*
mentel, fünf epistelröck, ein kostlichen dalmatig rock.
Item scheübcn, eimer und ketten von prünen, sechs ge-
treidmefs zerschlagen und verprent, auch vil pritter, leden
und prennholz.
') Die hier angegebenen Dörfer, die nur eine sehr lückenhafte /u-
laimneintclltini; der BeteiHgunj; enehen 1afti«en, sind mit den vollutXndigeren
Veneichniisen Beilage Xlll. und Beilage XIV. su vergleichen.
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— U4 —
Item ob fünfzig eimer biers, ob '/s centnor wachs, ob
zwen centner ools; vil setel and zäun im marstall und pau-
hof, 24 lidcrc cimor.
Drei kupferc padscheüein, eisen werk und egen, vier und
zweinzig koppen, vii hUner und tauben; spies, armbruster,
helmparten, vier hackenpttchsen und etlich handpuchsen
und vil hämisch zu zweinzig man.
Item zwen hirschen und drei stttck wilds auch zwen
krenich.
Item triumph des keisers,') [hat] ob 20 gülden kost.
Item das heilig hochwirdig sacrament mit einem silberin
gevcfs ganz uncliristlirh enteret; wie mixn sa^t darein ge-
hauen und dasscll»ig einer dem andern zugeworfen, welches
audi nuch verloren ist.')
Trägt die Bezeichnungen: Die handUmg mit Ahausen.
Der bauern unchristHch frevel und schaden, so sie am
gotshaus zu Auhausen wider got und ire pflicht under des
fursten fenlein mifshandelt haben.
XIII.
Veranchnis der bei dem Anhauser Schaden beteiligten Orte.
llngeverhclic verzaichnus der iluri'er, aus den leut bei
der sehlacht zu Ostheim und beim schaden zu Anhausen
gewesen sein*).
Item die nachgeschribne dorfer und weiler iigen in un-
sers gnedigen herrn des marggraven etc. hohen obrikatt,
in welchen die graven von Oetingcn etlich hintersees haben;
dieselben gravischen wollen weder an prandschatzung oder
schadengelt nichtz geben.
Winsfeld, Samenhani, Au bei Günzenhausen, Korstetten,
Gnotzham — hat ein halsgericht. was in ettern*) begriffen
wirt, aber sonst aufserhalb des ettern gehört die hohe
Oberkail unserm gnedigen herrn zu^) — Obermegersham,
') Nach Durers Tnnin<>h des Kat&ers Maximilian, 1 lolzsichnitl.
*) Nacli der Aussage des L»ndvogtknechtes Caspar Gnmp hSiten
»I.inl.i Schnsier, putc! graoe Karls [r. OettingenJ«, und »vSchinidi Jorg«»
hfiilc v on M luern, i!as »sacramenlsgcvrf'^ oder monstranz zu Ah-iu-cn hin-
v,'cg gestolcn uud ein teil zu Werd [Donauworth] um 4 tl. verkauft einem
g(>Idsdtmi<U.« — Auhatuer Vertetchnis Oetttnger strafbarer Bauern von
Montag nach Oculi 1529, auf cini^elcgtem Zettel Kreisarchiv Nflrnberg.
*> Diese Überschrift ist im (Original Vermerk.
*( clter — eter Orlsmarkung, Zaun, Unu.aunung. Lexer Taschen-
wörterbuch 43.
Diese 7\vi, hen Striche j^csctzteii Beisäi«« liet <len einselnrn Orlen
sind die Margioalbemerkungen des Originals.
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— 115 —
Eicliach, alten Trühending, Oberschweininjj;, zwei Würmbach,
Schobdach, (rrilshain, Osthun, Westhani, Aurnham, Hech-
ling, iluesiiii^, Ursaui, rrcndel, Appeiipcrg, Wernfcld.
Vortermegersham, Heinsfurt — seind gehörig ins amt Hoh-
entroheding, aber die graven vermeinen solchs nit nachzu-
geben, welches der grösten irrang eine ist zwischen unsern
gn. hem und den graven — » Lemingen, Pürnham, Himerstal,
Uersing, Frankenhoven.
Auf ktrchen — aldo ist stock und galgen unsers gn. hern,
and [der] vogt zu Heidenham samt sechs setner schoepfen
zu Heidenham und sechs von Äufkirchen haben aldo von
wegen unsers gn, hern das peinlich recht zu besit/^en, aber
aufserhalb des ettem hat unser gn. her alle hohe obrikait
und straf — .
Ruffenhoven, Amelbruch, Beuerberg, Ehingen, Rjicking,
Grub.
Dise flecken liegen aufserhalb des Ries.
Item dortV-r und weiler aus dem Ries, so das düster Au-
hausen gcplundnt und in der sclilacht zu üsthaim gewest,
auch gcfengbch daselbst anucnonien.
Item in naclivolgenden dorfern haben die graven von
Otting die hohen obrikeit, derogleicheo uf.den hoven und
mulen :
Ötingen, Muningen, Haid, Schwersee — etlich dem come-
ter zu Otting und capitel zu Aistet, auch dem gotshaus Ahau-
sen , Zwergstroes, Meür?;gereuth, VVeching, Holzkirclieim,
Fcsscnliam, Rndclstctten, Bihel, Ostham an der Wernitz,
Hercldiiig, S( hratenhoven, Hoping, zwei Sorham, Dccking'en],
Altham, Appetzhoven — etlich Hüreniianiisch . Lcinham,
— Hürenhamisch gar — , Mcr/.ing, Balgi, Kdcihin, Moting,
Zifswang, Enking, Grolselfing, Deining, zwei Keimling, Her-
king, Holhin, Allerham — etlich des probst[s] zu Solen-
hoven — , Lepsing, Pfefling — vil dem cometur zu Ottin-
gen zugehörig — , Magerspein — etlich Httmhaimisch — ,
Schafhausen, Eringen, Baiding, Erlang, Utzmeming, Trochtel-
fmir — denen von Hausen und Hackhaim (?) zum 'tail zu-
gehörig — , Oberdorf, Aulhausen — der karthausen zu
Cristg;ntten zum tail zugehörig — , Kirchheim. Krauthatiscn,
Jack sin, Meisterstai, Muttenhaim, PÜaunlüch, Türgcuhaim,
Muntzing.
Ützlin^^ — die von Nordlingen haben den merern teil,
aber die graven haben die hochgericht — , Zipling, zwei
VVulting[enj, Wcssing.
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— 116 — .
Cleifsling — ist der merer teil der von Nordling, aber das
hochgcrirht ist der trraven, etlich seind gcwest zu Ostharn
in der srhiacht und einen man aldo verloren, etlich bei
dem häufen, do man Wittclshoven geplündert und verprent,
auch Kcnictten geplündert hat — .
Ensling, Marktolhng, Mineroffing, lUiling, Rauchstetten,
Fremting, Riielestetten, Elersprun, Sclioptloch, Ter^hin,
Segloch, Hausen, Hölting — liutiihannisch — , llerelbing,
Belshaini — dem comettur zu Elbing, auch dem closter
Ahausen zugehörig — , Ehing, zwei Erelbach, Dorastatt,
Heberg, Bentzenzimem, Dürnzimmern, Ntttting^ Bettendorf.
Utzwing, Meüng, Wengenhausen, Wallerstein» Birkenhausen,
Appenperg, Pfaffenhoven.
Volgen hernach die höfe:
Hundswinkel, Lohen, Schafhausen, Breitenloch, Eiters-
berg, Hofaenstat, Mairsprun, Ramstat, Gereuth, Harthausen.
Item müle an der Mauch gelegen :
Sulinger-, Leber-, Mittel-, Hagclmüle.
Item mttle an der Wernitz gelegen:
Dahe-, Faule, Ziegel«, Wenemüle.
Northausen, Hartliausen, Kercking, Utzwing, Zipling,
Sechtachhausen, Schneytten, Röting, Zewing — Hans Peck
zu Zewing ist ein haubtmann gewest, dem hat man zu
Wallerstein die äugen ausgestochen, — Northausen (r), Dan-
hausen. — Jorg von Danhansen ist ein haubtman gewest,
dem hat man auch zu Wallerstein die äugen ausgestochen. —
[Diese Dörfer] seind all zu Kemetten oder Wittelshoven
gewest.
Summa summarum, so seind allenthalben in obange/.aig-
ten dorfern die von adel auch prelaten und preletin mit
zinsparn und gultparn unttcrseescn eingemengt, doch die
hoch ohrikeit den graven von Otting zugehörig, uns anders
nit bewist.
Item die nm Hopfingen und KrierhhiMm (?) seind bei dem
Klwangischen und Dinkelsbulisrhen hauten gewest, haben
VVittelshoven plündert und verprent, auch Kemetten geplün-
dert.
Dieses Verzeichnis findet sich im Auhauser Akt, Nürnberger
Kreisarchiv, bez. S. 12--. Nr. 11, auf fol. 99. Vergl. auch
Beil. XIV.
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XIV.
Zweites, späteres Verzeichnis der Dörfer, die in der ,^umschiacht' bei
Ost hei tu ^eufescft.
Verjcaichnufs der dorfer, so in der paurnschlacht zuOst-
heim gewesen sind,
Nota: Erstlich am Oselbeig:
Rockingen, Ehingen, Lentershaim, Peurwerk, Burgk, Wis-
sat, Königshoven, Kematten, Wickelshoven, Amelbruch,
Durn, Sinbrun, UUeschwang, Werfshofen, Rufenhofen, Äuf-
kirchen, VVeilting, Veitswciler, Frankenhofen, Furnhaim,
Wassertruhendingen, Altentruheadingen, Unter« und über-
schwainingen, Gerlfingen, Ahausorj, Lcming, Grönheim,
Wiirmbach, Meg;ersheiTn, Geilshcim, Gnotzhcim, Osthcira,
\\ cstliciin, Sameiilu'im, Dittenheim, VVinsfclt, Hechlingen,
Aurnheim, Windischenhauscn, Ursa.
Nota: Dise obenangezeigten dorfer sind alle im amt
Hohen- und Wassertruhendingen gelegen.
Nota: Die vorgümciten Jbleckcn uf dasmal alle asze-
lassen, ^)
Die hcrnachbenante dorfer im Ries gelegen:
llirs]uun, ( )ttjngen, die stat, Muningen, Werhing, Holzkirch,
Yessenheim, Allerheim, Rudolzstetten, Ostheim un Ries ge-
logen, Heroltingen, Schrattenbofon, Grufsersarheim, Klein-
sarheim, Derkingen, das doste r, Grofselfingen, Althcim,
Appenzhofen, Lirhcim, Deiningcn, Lopsing, Herkheim,
Durrendmem, Pfefling, Hebperg, Ehingen, Hoholtrigen,
Belsheim, Hausen, Schopfloch, Schweisee, Megersheim,
Hainsfurt, Zipling, Marktoffing, Memingen, Utzmemingen,
Krauthausen, Hölheim, Pfalheim, Pflaumloch, Kirchen,
Ering bei Wallerstein, Birkachhausen, Maiing, Muntzing,
Seglingen, Fremting, Flochberg, Danhausen, Northausen,
Meckhügel, T.oeha, Biiellingen. Ensling, Geislingen, l^tzlin-
gen, Aufhausen, Zebing. Schneiten, l'rumach, Raustetten.
Ellersprun, Ruelestetten, Bercka: drei wciler.
Dieses Verzeichnifs steht A. S. T. V. fol. 168. Beilage
XIII und XIV. schienen die vollständigst erhaltenen Aufzeich-
nungen der beteiligten Orte m sein; beide tragen einen ge-
wissermafsen offiziellen Charakter. Eben deshalb sind sie aber
mit Vorsieht zu benutzen, da sie bcstinunt gewesen, besonderen
Zwecken zu dienen: nämlich Beilage Xlll. für Abt ijeorg, um
') Da es sich bei Feststellung dieser T.iste um die An'.prUchc :in
Üllinger Unterihanen handelte, so i>ind nalurlich besonders diese lu be-
rflcksichtigen.
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mugliclist viele Orte zum Schaticncrsatz aiihaiLcn /ai können,
Beilage XIV. dagegen, um möglichst viele Öttingische Unterthanen
als gegen Markgraf Casimir straffällig zur BrandschatsungS' bezw.
Strafgelddarreichung heranziehen zu können.
XV.
Schreiben der Markgrafi n Johann Albrccht umi Wilhttm an ihren Bruder
Markgrafen Casimir (8. Maij.
An meinen gn. hem marggraf Casimim etc.
Hochgeborner fürst, 'freundlich lieben brueder, als e. 1.
gestern [7. Mai] im hofmaistern und rethen geschriben und
unter andern bevolhen haben, ob e. 1. als heut [8. Mai]
nit wiederum hieher gein Onolzbach komen, das sie nichts
destweniger mit der erforderten landschaft, welche sie für
gut ansehen, ratschlagen, wie solichem handel zu begegnen
sei, auch was beiden häufen weiter für antwort gegeben
werden 'soll], und das sonderlich wir, e. 1. gebrueder, da-
bei sein sollen etc., sind wir heut mit gemelten e. 1. rethen
üb den Sachen gesessen, davon zu reden, was der iand-
schaft furzehalten und mit inen zu boratschlagen sei.
Und ist bei uns bedacht, das man erstlich etlich von der
ritterschaft und von der Landschaft, so für gut angesehen
werden, als ein ausschus erfordern und inen zuvorderst an-
zaigen mocht, was eur lieb von den zwaien häufen der
pauernversamlung für antwurt worden, auch darauf wider-
um von c. l. beden häufen und jetzt am jüngsten durch
Thoma von Kuedorf und Kuckariusen Zoliel dem häufen
zu Dinkelspuhel allein gutlicher handlung halben geschriben
sei, mit daneben sonrlcrürhem anzaigen, was c. 1. kriegs-
volk jetzt gegen den iiaufen im Ries, so e. 1. und ire uiiter-
thonen angriffen und beschcdigt, gehandelt und mit der
hilf gots ausgericht hat, (des dann wir und e. l. rethe mit
e. 1. bruederlich und untertheniglich erfreut sind), und das
wir darauf von e. 1. wegen begeren, das sie, die landschaft
oder der ausschus, davon reden und ratschlagen wolten,
wie diesem handel femer zu begegen were, damit unser
aller auch land und leut bestes furgenomen und gehandelt
werd.
Onrauf uns onzweivel die landscbail begegen und sagen
wurdet, das wir oder e. 1. rethe von <'. !. wegen erstlich
davon reden sollen, SO wollten sie furtcr ir gutbedunken
auch eröffnen.
Uii(i wK wul wir uns versehen, das i^ar wenig leut
von üci lan tschalt kunion werden, als auch noch
uf disc stund nimant komen ist, so will doch die not-
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— 110 —
torft erfordern, in solichem vor allen dingen e. 1. gemuet
und mainttng 2tt vememen, warauf e. l. halben geratschlagt
und gehandelt werden soll.
Dann obwol der almechtig jetzt gegen den paum im Ries
ein gluck und sig verliehen hat, derhalben sich auch e. L
vorgehabt gemuet etwas geändert haben möcht, davon wir
doch nit wissen, so wais doch auch niemant, zu was ende
solichs gelangen mocht, dieweil wir verncn^en, das nit allein
im land zu Franken, sunder auch im land zu Swaben noch
vil häufen in versamUmg seii\ sollen, wie wir vernemen,
das e. 1. von Wolfen von Kechberg der Swaben halben
bericht sind.
Und dieweil aber e. 1. jeder zeit beinern, so e. l. etwa«;
von Iren rcthcn nachgeschrieben wurdet, e. l. Iren rathe
und gutbedunken daneben anzuzaigen, so sehe uns und
e. 1. rethc, doch auf c. 1. gclallen und vcrpcsscrn, iur gut
an, wann das furhalten erstlich wie obgemelt von e. 1.
wegen geschehe, und die landschaft begem würde, mvor-
derst von e. 1. wegen von den Sachen zu reden, das dann
erstlich davon geredt und gehandelt werden mocht, die-
weil man sich mit dem häufen vor Dinkelspuhel gutlicher
handlung halben in schrift begeben het, das gut were, der-
selben handlung nachzuvolgen, ob mit denselben leidlich
und zimlirh mitel und weg mochten funden werden, und
so dasselbig geschee, mecht man mit dem iiaufen zu Fran-
ken auch dest ehe uberainkomen oder sich desselben dest-
bas auHialten.
Doch das auch jetzt entlich davon gehandelt und be-
schlossen wurd, ob e. 1. bei gemoltcn oder andern häufen
der paucrnvcrsainlung kainen leidlichen, bestendigen vertrag
nach gelegcnheit der Sachen erlangen konnten oder aber,
das e. L die iren oder diejenen, so e. l. zugehörig und ver-
want sind, von den aufrurischen paum mit der that in
ainich weg angriffen oder beschedigt wurden, das dann die
ritterschaft und landschaft mit hilf und beistand e 1. nit
verlassen, sonder nach allem irem vermögen getreulich zu
e. 1. setzen und jetzt anzaigen [würden], wie stark sie uf
weiter erfordern zu c. 1. ziehen. Das wollten wir samt e, 1.
gnediglich gegen inen erkennen, auch zu ^utein nimmer ver-
gessen und herwiderum unser leib, leben und alles vermugen
gnediglich und getreulich bei inen darstrecken ; uf ein so-
hciie mainung ungeverlich, nach e. 1. verpessern und ge-
fallen.
Wie es aber e. L mit dem landvolk, so jetzt auf e. 1.
erfordern ankeme, halten will, lenger ligen ze lassen und
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— 120 —
was in angezeigtem bedenken e. 1. gefeit oder nit, dasge-
ruchc uns e. 1. noch heint in der nacht oder morgen zum
aller f niesten lauter zu verstendigen, damit wir uns samt
e. 1. rethcn in berurter Handlung nach e. 1. willen und be-
schaid wissen ze halten, für ains.
Zum andern siclit auch uns und e. l. rethe nach gelegen-
heit der leuft und Sachen für gut an, sovern es e. 1. auch
gctallen wollt, das e. 1, dem vcrsamclten häufen vor Dinkels-
puhel e. 1. kriegsfolks handiung halben gegen den hänfen
gesteret bei Ostheim gehandelt schreiben oder Tho-
man von Kuedorf und Eükarius Zobeln auf ir jungst schrilt,
wie e. 1. wissen, weiter schreiben lassen mechten» schreiben
nach laut heiligender copei, damit sie nit gedenken, als ob
e. 1. mit solichem bewilligter gutlicher handiung ent^^egen
gethon oder on merklich uisaclicn solich thctlirh handiung
zu vergiefsung christlirhs bluets furgenomen hct, dann wir
beweisen, wo e. 1. dem häufen vor Dunkelspuhc 1 ein solichs
nit schreiben, und derselbig häuf durch e. 1. und ander
aufrurisch unterthuncn, so jetzt e. 1. ernstlich geniuet und
straf sehen, angesuecht werden sollten, inen wider e. 1.
rettung, hilf und beistant zu thon, in mainung dadurch ein
▼ertheiniger (?) oder sonst iren willen zu erlangen, das sie
nit allain dest ehe darzu bewegt werden, sonder auch ander
leut, darauf die nun die maist sorg steet, wie e. 1. aus her-
zog Friedrichs zugeschickten brief numer haben vermerkt,
zu inen ziehen möchten, doch stellen wir es alles auch zu
e. I. weitern bedenken und wolgo fallen, der wir nl/eit brueder-
lieh lieb und treu zu erzaigeu genzlich genaigt sind.
Datum fehlt, ist aber, wie aus dem Texte erhellt, der
achte Mai.
Joliann Albrcrht, coadjiitor etc., und Wilhchn gcbrueder
von gottes gnadcu marggrafen zu Brandenburg etc.
Zedula.
Wir schicken auch e. 1. hieniit, wie die ebtissin von
I^irkenfelt jetzt c. 1. und irem amtman zu Neuenstat an der
1 is( h geschrieben hat, und geben e 1. dabei zu wissen,
als e. 1. gestern antrezaigt ist, das e. I. knecht Hans Her-
zog und der Stauisclmeider [ob Eigenname r] heut über
der paurn Versandung bei Ergersheim geschicket werden
Sölten, das dieselben wider komen sind und angezaigt haben,
das die gepaurschaft im ganzen Aisch-, Ehe-, Zenner grund
alle hinweg geloffen, den merem theil bei Ergersheim ver-
samelt worden, aber nechten alle dem leger auf Ochsen^
furt und Wurzburg zugezogen sind, als man sagt in einem
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— 121 ~
häufen bei 200 stark und soU der grofs häuf zu Fran-
ken nechten von Ochsenfurt gein Haidingsfelt bei Würz^
bürg koroen sein, wollen wir e. t. auch freundlicher und
bruederlicher mainung nit verhalten.
Datum ut supnu
Dieses sehr wichtige Srhreibcnkonzept steht im ersten Tom
der Ansbacher Serie der Bauemkriegsakten fol. 213 ff.
XVI.
Schreib Markgraf Casimirs an die Räti, besonders der erfordeHen Land-
sckafi wegen, (g. Mai,)
Casimir, von gots genaden marggrave zu Brandenburg etc.
Unsern gunstlichen grus zuvor. Edier und lieben getreuen I
Wir haben euer schreiben, uns itzt neben und mit den hoch-
gebornen fursten, unsern freundlichen, lieben brudern, ge-
thon, darin ir alle an/.eit^t, was bei euch der erlorderten
landschaft halben l)eda( ht und u;ut sei etc., verrcrs inhalts
vernoraen und versehen uns, mit gots hilf unvcrzugenlich
bei euch zu Onolzbach zu sein und alda neben und mit
eurm rath und gutbedunken gemainer lantschaft furzuhalten
und anzuzaigen, was unsern halben gut und nutz ist. Doch
was sich nit verziehen lassen und unser selbs zukunft er-
harren will, das mögt ir der ankommenden lantschaft mit.
dem besten vleis, wie uns nit zweivelt. also furhalten und
inen demnach anzaigen, also unser zukunft aida zu gewar*
ten, für ains.
Zum andern wollen wir der sclirift halben, an die puuern
bei 1 >inkelsbuhel zu thon, zu unser lieimkunft auch verrer
mit euch darvon reden und alsdann schreiben unil lurnemen,
was allenthalben dinstlich und furtrcglich sein mag, und
schicken euch demnach bede copeien hiemit wieder hinüber.
Und nachdem wir uns itzo zum fruesten hie zu Günzen-
hausen erheben werden, gein Eschenbach zu ziehen, darzu auch
sunst mit merklichen gescheften in der eil beladen sind,
haben wir euch, als sich wol gepuret und not thet, nit allent-
halben volkummene antwort geben mögen, aber wir zwei-
veln nit, ir wifst euch in dem aiUm bis ZU unser heimkunft
oder notturft nach wol zu halten.
Und demnach wollet auch den unsern von der Neuen-
statt in unserm namen schreiben und bevelhen. die cbtissin
von Birkenfclt mit dem iren bei inen anzuiiemca und ge-
treulich ZU schützen und zu schirmen, und das ir der eb-
tissin dieselben antwort von unsern wegen auch gebt and
schicken euch darauf der ebtissin schreiben, an uns zu
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— 122 —
aigen banden gethon, hiemit su, euch destbas darnach haben
zu richten.
So wollen wir zu unser ankunft auch vemer mit euch
reden und ratslagen der schrift halben, so ir uns gestern
beim Conzen copeis weis hieher geschickt habt, dem pund
zu thon. Dieselben copei find ir auch hieneben gepundcn.
Datum Günzenhausen fru dinstags nach Jubilate [9. Mai]
anno etc. 25.
Adresse: Den edeln und unscm rethen und lieben, getreuen hof-
meister, stathaltern und rethen zu Onolzbarh.
Vermerk : Markgraf Casimir der erforderten landschaft und an«
ders halben.
Dieses Schreiben findet sich Ansbacher Serie der Bauern-
kriegsakten Tom I. foL 190,
XVII.
Schreiben des Thannhauser Haufen an Markgraf Casimir, (g. Mai.)
Dem durchleuchtigen, hochgebom fursten und herro, herrn
Casimir, marggrafen zu Brandenburg, unserm gnedigsten
fursten in Christo.
Durciücuchtiger hochgeborner fürst, gnediger herr!
E. f. gn. hat uns armen briider in Cristo ain srhrift m-
[:es:uit, in sulicher schrift wir uns orsclicn liaben und ver-
numen, e. f. >;nad gnaden als ein cristcnlii her fürst sich
erboten, in den zwelf artikcln güetlich und cristcnlich ze
handeln, das wir gegen e. f. gnad gnaden und gunstcn
änderst nit versehen, dan das zimlich. geburlich und cristen-
lich ist, hat sich auch e. f. gn. emboten [und] mitsampt
eur f. gn. ritterschaft und räthen ain maistat benempt, nem-
lieh gen Kttngshofen auf die haid oder an ander maistat
oder gelegen ort, dohin dann e. f. gn. gnaden ritterschaft
räthen \om adel oder ander erscheinen, des wir dann aus
cristenlicher mainung Lrt'rne hören, das- e. f. gn. zu uns
höln häufen körn 2U fuefs, wie dan uns cristeliche bruder
zugepurt.
Das aber wir mit e. f. gn. gnaden und frunsten künden
taglaisten, künncn wir nit vcrstecn, sonderlicii auf cur f. gn.
lierbitten der zweit arükcl obvcrmelt [und hoUen wir, dafs»
c. f. gn. als ain horhverstendiger fürst aus eristeiilielien
gemüet und bruderlicher lieb das heilig evangeli und gott-
lich wort hölfen aufrichten, rethen und handhaben, auch
dasjenig thun, das dan etUch vom adel auch thon haben.
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— 123 —
Das wollen wir [uns zu e. f. gn.] als sa ainem crist-
lichen und loblichen fursten getrösten; dan eur f. gn.
fraintlichen und gueten willen zu beweisen,, sind wir genz-
lieh genaigt.
Datum Thanhausen am Q. tag Mai im 1525. iar.
Hauptleut, räth und ganzer höUer häufen, ietzund zu
Thanhausen.
Dieses Schreiben, Original, findet sich Ansbacher Bauern-
kriegsakten Tom II, foL 183.
XVIII.
^'c/tra'h'/i t/t's Matki^mjcn (tu üen Dinkclshuhkr Haufen. (S. Mai.)
»Lieben besondeml Wir geben euch zu wissen, nach*
dem sich unser und ander bäum in und an unser stat und
amt Wassertruhending versamelt, unser stat Wassertruhen-
ding wegifr ijemacht, auch unsern amtman daselbst gefangen,
dar/ti auch unser closter Ahausen aus unsern banden zu
ircn banden genommen, geplündert und zum tail zerissen
haben, in willen und raainung, furter geweltiglich unser
closter Haidenheim auszuplündern, zu verderben und auszu-
tilgen, darzu sie dann den ganzen häufen im Ries versam-
melt, auch gebeten haben, inen darzu zu helfen, als dann
gescheen ist, sie inen auch alsbald zugezogen und ferner
gegen uns tind ander obrigkalt geweltiglich zu handeln
[unternommen], wie dann unsere unterthon in unserm amt
Hohentruhending und Haidenheim durch denselben andern
liaufen im Ries zu mer maln erfordert und f^emant sind,
inen zuzuziehen mit betrt)hung, wo das nit jt^^chehe, das
sie zu inen konien und inen leib und gut nenien wollen,
in mafsen uns dieselben unsere unterthon clagend angezaigt
und um rettung und hilf gebeten.
Nun haben wir uns gleichwol mit etlichen den unsern
zu rofs und fues am samstag negstvergangen [6. Mai] zu
Onolzbach erhebt, gein Wassertruhending zu ziehen und
unser stat daselbst zu retten. Als wir aber unterwegs be-
richt worden, das desselben tags noch niemand von auf-
rurischer paurschaft zu Wassertruhending sei, sind wir wider
gewendt. desselben tags gein Mirkendorf und gestern von
dannen in unser stat Günzenhausen gezogen, do uns aber-
mals durch die unsern im amt Heidonheim nlv^emelter ver-
samelten häufen drangsal und betrolmng an<:ezeiL;t und um
hilf j?ebeten [worden] ist, dardurch wir bewegt sein, zu
rettung gemeltcr unser unterthon etlich unsers kriegsvolks
zu rofs und fues von uns ze schicken, die ungcverlich ein
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— 124 —
halb meil von Ostheim auf die zwen obberurten hauten
(so uns und die unsern angezaigter mafsen mit der that
angriffen und beschedigt) gestofsen sind und mit inen aus
der not gctrofTen, dieselben mit der hilf gottes geschlagen,
gefangen und dahin getrungen, das sie ire fenlcin, were,
hämisch und was sie gehabt von inen gi'l»cMi haben, des
wir und die unsern lieber uberig lunl vertragen gcwest
weren ; dann wir je nit genaigt sind, oa mcrklichs verur-
sachen christlichs bluct üu vergierscn, sonder unser land
und leut als ein chnstlicher fürst mit der gnad und hilf
gottes zu behatten, zu hanthaben, zu schützen und zu schir-
men, als uns dann derhalben gewalt von gott als einer
christlichen obrigkait verliehen ist.
Das wollten wir euch allain darum anzuzaigen nit unter-
lassen, ob der handel änderst an euch gelanget, dieses un>
sers warhaftigen berichts ain wissen ze haben, und bcgcrn
noch wicvor gutlich bittend, ir wollet auf vorig unser aii-
succhen und erbar, cristlich erbieten unsere und unser /u-
geliorigen unterthoncn, so zu euch kumen sind oder noch
kumen möchten, von euch weisen und kains wegs bei euch
gedulden, auch uns und die unsern, auch derselben unter-
than nit beschedigen, wie wir uns zu euch versehen, so
wissen wir uns vorigem unserm erbieten nach wol gnedig»
lieh gegen den unsern zu halten und wir wollen solichs
gegen euch in gnaden erkennen, nochmals eur schriftlich
antwurt gewartend.
Datum fehlt, ist aber, wie aus dem Text sich ergiebt, 8. Mai.
An haubtleut und rete des vursameltcn häufen vor Dinkels-
puchel.
Auf dem Revers Vermerk (andere Hand): An die haubtleut
und ret der versanielten häufen vor Dinkelspuchel wegen
der versamelten paurn in und um statt und amt Wasser-
truhendittgen.
Dieses Ivnnzept mit dem Rupie > Casimir etc.<i:, findet
sicii Bauernkriegsakteu Ansbacher Serie, Tom 1. ü)l. 12^).
XIX.
üchreiben lüs Alarkgrajen an ikn Thannhiiuscr 1 laufen, (lo. Mai.)
An haubtleut, rethe und ganzen häufen, jungst bei Than-
hausen im leger gewesen.
Casimir etc. etc.
Lieben besondeml Wir haben eur schreiben, uns jetzt
auf die schritt, so unser amtman zu Thann, reihe und lieb
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^ 125 —
getreuen, Thoman von Kuedorf und Eukariiis Zobel zu
Ramsdorf, eur mit inen gepflegten handlung nach gethon,
alles innhalts vernomen und uns einer sollichen antwurt uf
das, wie ir selbst mit gedachten unsem rethen gercdt und
euch zu gutlicher handlung erboten habt, auch auf dcrsol-
bigen unser rethe bei uns gebrauchten vleifsigen handlung
und unsers erbarn, christlichen bewilligcns, cnich von ge-
dachten unsern rethen zugeschriben, gar nit \ ersehen; dann
euch je durch bemclte unser rethe nichts anders zugeschrie-
ben, dann was eurm selbst gethonem erbieten gemes durch
uns bewilligt ist. Daraus auch meniglich bei uns kain an-
ders spuren und erkennen mag, dann das wir als ein Christ*
lieber fürst zu christlichem frid und einigkeit genaigt sind.
Und so euch noch angezaigt gütlich handlung laut vil-
gemelter unser rethe zuschreibens gefiele, soll an demselben
bei uns auch noch kain mangel sein, uf einen nemlichcn
tag zu euch gein Nordlinp oder Dinkels])uhcl [zu senden],
damit meniglirli bei uns kain anders dann vorgemelt fürst«
lieh und ernstlich [oder cristlich^J gemuet spuren und er-
kennen mag.
Wann ir aber über das alles je uf eur jetzt gegeben ant-
wurt bcsteen [bleibt], das ir euch mit uns in kain gutlich
tagleistung, sonderlich auf die vorberurten zwelf artikel ein-
lassen wollt, so müssen wir es dismals auf solichen cum
abschlag auch besteen lassen, Jedoch begem wir abermals
gutlich bittend, ir wollet alle unsere und unser zugehörigen
Unterthon und verwante, so zu euch betrangt oder sonst
gelofTen sind, in acht tagen den nechsten nach dato ditz
V)riefs widerum on Verzug von euch anhaims zu unser ge-
huisani weisen. Als dann dieselben irs hinweglaufens kain
not und ir irs eathaltens oder aufniauens kain ursach ha-
l)ent, dann nit allain ir und dieselben unser und der un-
ser» hinwegyelutTen, sonder auch alle andere unser zuge-
hörigen Unterthon sollen sich des genzlich zu uns versehen,
in mafs wir uns dann vor erboten und hiemit in kraft ditz
briefs noch erbieten, was von andern churfursten, fursten,
grafen, herm und steten mit der pauerschaft beschlossen
oder gemacht und also den unterthan dem heiligen evan-
gelion gemefs narligelassen wurdet, das wir und unser ritter-
schaft dasseibig auch bewilligen, anncmen und thon, auch
sollirh der unsern und unser zugehörigen unterthonen hin-
weglaufen, wo sie sich, wie obstet, auf unser ( ristlirh, erhnr
und ubertlussig erbieten in bestimmter zeit wider anhaims
/u unser und der imsern gehorsam fugen und uns (»der die
uu.sern in solichcm zug mit der Üiat nit angnfcn oder be-
schedigt hoben, solich ir gethan hinwecklaufen in argem
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— \26 —
oder unguten nit rindt'n noch rechen, sonder inen solichs
gncdiglirh verzeihen und in allweg bei dem wort Rüttes,
daran aucli den iinsi'rn noch nie nichts gemangelt hat, als
ein cristUchcr fürst hcsteen wollen. Und wicwul wir uns
der bilUcheit nach keins andern versehen, dann das ir uns
in obgenieltem unserm erbarn, cristUchen und ziinblichen
ansuechen wiUfarn werdet, begern wir doch hiemit eur rich-
tigen, schriftlichen, verstendigeti antwurt bei disen boten.
Datum Onolzbach am mitwuchen nach Jubilate [10. Mai]
anno [etc.] 35.
Dieses Konzept findet sich in der Ansbacher Serie der
Bauernkriegsakten in Tom L fol. 196.
XX.
A/arAj^nij Ois/m/r Jordcrt seine Untcrthanen von dem Haujcn
Dinielsöukel, Ehtfong und im Ries" ad, (//. Mai,)
Casimir, von gots gnaden markgraf zu Brandenburg, zu
Stetin, Pomern, der Cassuben und Wenden herzog, burg-
graf zu Nürnberg und fürst zu Rügen, enbiten allen und
iglirhen unsern und unser zugehörigen tint(*rthf»nen tmd ver-
wn Ilten, so aus trangsa! oder in ander weg zu der ver-
sainlihnig der jiaurschaft, er.stlieh hei KUvang. nachmaln bei
Dinkclspuhel und jetz im Ries gclotfcn oder komen sind,
zu wissen, wo sich diselbigcn unsere oder unser zugehöri-
gen und verwanten unterthonen in acht tagen den negsten
nach dato ditz briefs widerum anhaims in unser und ander
unser zugehörigen als irer herschaft gehorsam fuegen,
auch hinfuro in unser und unser zugehörigen gehorsam ent-
halten, wie sich fromen, getreuen, gehorsamen, cristlichen
unterthonen zu thon gel)urt, und uns oder die unsern in
siillit hem zug mit der that nicht angriffen oder beschedigt
liahen, das wir und unser zugehoriLj: rittersfhaft dieselben
unser und ire nnterthon widerum gnctliglich annemen. ge-
melt ir geübt liinu eglauten in argen oder unguten nit andcn
noch rechen, sonder sie bei gleich^en^j recht und der billikait
gnediglich handhaben, schützen, schirmen und inen nichts
dcsterweniger aus gnaden alles das thon und nachlassen
wollen, das ander churfursten, fursten, grafen, hern und
stete mit der baurschaft beschliefsen, machen, thon oder
iren unterthonen nachlassen werden, uns auch in alweg bei
dem wort gots (daran dan euch den unsern nie nichts ge-
mangelt hat) als ein cristUchcr fürst halten und erzaigen.
Und darauf so bcgem wir an alle unsere und unserer zu-
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• — 127 —
gehörigen untcrtlion und verwante ernstlich, das sich ein
iY,'Hrlu»r nnf solich unser und der nnsern gnediL^, erbar und
cristlicii erbieten in bestimpter zeit wideruin anhaims tnci^en
und also anheinis unscrs weitern besi haids gewarten wulle,
in mafsen wir dann obberurter Versammlung hiebei auch
ges».hrieben haben. Und so ir euch dann in solichem als
gehorsam unterthone haltet und crzaiget, sollt ir an obge-
meltem unser und unser zugehörigen euer herschaft erbieten
(in craft dits brtefs gethon) kein zweifei noch mangel haben.
Wo ir aber soUcb unser gnedig, erbar und cristlich erbieten
nit anemen und darauf wiederum anheims ziehen [werdet],
sondern euch ungehorsam lieh haltet, könnt ir selbst beden-
ken, worzu ir uns \ erursachen wurdet, davor wir euch himit
gnediL^ürh j^owarnt haben woln. Und des alles /w mkunt
ist dieser l)rief mit iinserm und ini^ers üben mitrcgirenden
bruders marggral'cn Jorta^n gemam zurück aufgednu kten
secret verserretirt und L'eben zu Onol/.haeh am donerstag
nach dem sonuig Juljilalc nach Cristi unsers lieben hern
geburt funfzehenhundert und \m fun[f]undzwanzigsten jare.
Dieses Abturdcrunu^srh reiben, Kopie, findet sich in der
Ansha( her Serie der I'.aucniktiegsakten Tom VIII, fol. 521 und
Tum 1. fol. 341. Letztere Kopie hat als Überschrift nur s>Casi-
mir etc « und trägt den Vermerk:
Copci, wie mein gn, her seiner ;;n. leut und unterthon
bei dem häufen zu Dinkelspuhel, Klwang und im Ries ab-
fordert.
Vergleiche hiezu auch das Schreiben des Markgrafen an
den Haufen selbst. A. S. T. 1. 196. Beilage XIX.
XXI.
Der heJlc Haufen an tür ,Jax^", hei luiuchheim Heidend, schreib Mark-
graf Casimir zu^ einen Tag su Craiiskeim stu besenden. (J2, Mai.)
Ktc. Ktc. E. f. gn. beger, ain guetlichcn tag zu suchen,
haben wir vernonu n, liegen e. f. gn. hieruf undcrtheniglich
zu wissen, das un.s c. f. gn. ain tag ut.s üirderlirhset in
acht tagen zu Kreuelsen ansetzen mag und uns denselbigen
mit genugsamlich freien sichern glait bis widcrum an unser
gewarsam zuschreiben, wötien wir alsdan unsers hellen häu-
fen gelegenbait nach gcpttrlich, christelich und underthen(g>
lieh antwurt geben, haben wir e. f. gn. underthenigcr mai«
nung nit bergen wöUen; dan deren f. gn. cristelicher ge-
horsam! und weilfart zu erzaigen, weren wir willig.
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— 138 •
Datum in unsenn hörleger zu Lauchen am zwelften tag
mai im 25.
Hauptleut räth und gemainer heller häuf an der Jax.
Adresse: Dem durchleuchtigen, hochgehoinen fursten und herrn
Casimiro, markgrave zu Brandenburg etc., unsemi gnedigen
fursten und herrn.
Dieses Schreihen fnuiet sich Ansbacher Serie der Bauern-
kricgsakten Tom II. toi. 1Ö4.
XXil.
Mark^aJ Casitnir setzt den vcr langten Tag auf Sonntag Vocem Jucun-
ditatis Jcst. (jj. Mai.)
Unsem lieben, besondem haubtleuten, rethen und gc-
mainem hellen häufen, jungst im leger zu Lauchen beiein-
ander versamelt gewesen.
Lieben besondem ! Wir hoben cur widerschrift of jungst
unser schreiben gutlicher handlung halben gethan, welcher
cur Schrift datum steet in eurm lager zu Lauchen am 25. Mai
nechstverschinen, alles inholtz zu gutem gefallen vemomen,
und als ir uns handsetzt, in acht tagen den nechsten einen
tag gein Crailshaim zu bestimmen und eurn verordenten
unser genugsam [glait] zu schreiben, ernennen wir euch hie-
mit einen tag, nemlich auf sontag vocem jocunditatis schirst
zu obent in unser stat Crailshaim einzekumen, dahin wir
dann unser statlich, srliicdUcli retli verordnen wollen, mit
eurn gesanten von eurii \vt'"fn laut unsers vorigen zuschrei-
ben alles das zu handeln, das /.u ernstlichem') frid imd
ainikait dient, und scliickcn deninaeh eurn verordenten hic-
mit unsern offen, sichern glaitzbricl, wie ir vcnicmcn wer-
det, gutlich bittend, ir wollet eurs tails auch ungeverlich 6,
8, 10 oder bis 12 schiedlich, verstendig personen, die es
allenthalben getreulich, cristlich und gut mainen und sehen,
aus euch gein Crailshaim verordnen, damit dest stattlicher
und austreglichcr gehandelt werden mög. Und wiewol wir
solichen tag gern ehe angesetzt hetten, so ist uns doch eur
widerschrift erst gestern hieher in unser hoerleger zukamen
und uns unbewulst, wo euch dieser unser bot wider finden
mog, des woMct uns also entschuldigt holten, wollen wir
gnediglich ue^en eueli erkennen.
Datum in unsenn lioerlcKer zu Markterlbach am montag
nach dem sontag CantaLe anno etc. 25. (15. Mai.)
') oder »christlichem«?
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Dieses Konzept findet sich Tom III. fol. 157 der Ans-
bacher Serie Bauemkriegsakten und trägt als Kopf die Über-
schrift fCasimir« etc. Das Geleit findet sich ebendaselbst
Fol. 166.
xxm.
MarkgraJ Casimir an die Rate ivt^cn Ik ichickung tlcs Craiishcimcr Tages.
(jy. Mai.j
Casimir, von gottes namen marggrave zu Brandenburg.
Unsem gunstUchen grus zuvor. Lieben getreuen! Wir
schirmen euch hierin verschlossen, wie wir jiini^'st dem ver-
sanicltcn häufen an der Jagst uf ir hcwilli^iinic /u tcntlirher
iiandlung einen tage gein Creilsheim ernannt, aut h ire jiot-
sehaften doselbsthin verglait hüben, uf sonntag schirst zu
abcnt daselbst einzekomen.
Und wiewol uns angezeigt ist, das solcher häuf gar zer-
trent sein soll, so tragen wir doch desselben kain gunstlichs
wissen und schicken wir euch hiemit ein instniction, wie mit
gemelts häufen gesanten — wo die also gein Creilsheim
komen — des orts gehandelt werden soll, der andern In-
struction mit den paurn zu Franken zu handeln
gemefs gesteh, wie ir zu vememen habt, und bevelhen
euch, ir wollet zu solchem tag von unsern, unser ritter-
schaft und landschaft wegen die hernarhbenanten unsere
rethe verordnen, ncmlich Jorgen Adolnian zu Creilsheim,
Hansen von Neueiistadt un<l unsern gcrichtsschreiber 'l'ho-
njan Claibcrn von unsern, itcni 1 iansen von Rewiz von un-
ser ritterschaft und Casparn Hicsing von gemeiner land-
schaft wegen, also mit gemelts häufen gesanten die hand-
lung uf die zwelf getruckten artikel, die ir inen neben der
Instruction mitgeben solt, furzunemen und zu thun.
Wue aber der benirt häuf gar zertrent were und niemand
von desselben gemeinen haufens wegen erschine, so sollen
unser verordente rethe unsern uiiderthon, so zu Creilsheim
und andern unsern amten hinweggeloffen sind, dannocht
ni< hts desterminder sagen, wie wir gehört und vernomen
haben, das sie zu solcher auirur, emporung und ungehor-
sam durch ander jemerlich und unhillieh verfnrt sein, als
sie aucii selbst seilen, das der autrurischcn paurn lurnemen
und thun weder christlich, erbar noch gut und in summa
nichts dann ein unbestendiger, streflicher, unchristlicher,
gotloser frevel und mutwil ist, das wir als ein christlicher
fürst mit inen gnedigs mitleiden tragen.
Und damit sie unsern gnedigen willen spurten und er-
kenten, das wir mer zu gnaden dann zu geburlicher rach-
9
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— 130 —
sal gcnaigt sind^ so wollten wir alle unsere hinweggelofieae
underthon, wo sie sich wideruni anheims zu iren gutem
in unser gehorsam begeben, sich auch hinfuro als frum,
f,'etreii. eerh'ebend iindorthonen bei und gegen uns gehor-
saiiilich hielten, wiederum gnediglich zu gnaden und hulden
annemen. inen au<:h ihr ubertreten gnediglich verzeihen,
und itu'n dar/.ii irer angemasten heschwcrden halben alles
das tiiun und nachlassen, das ander chuitursten, fursten,
graven, hem, edelleut und stete diser landart mit gemei*
ner paurschaft zu thun oder nachzulassen beschliefsen und
annemen wurden, also das sie mit fried und ruhe alles das
erlangen und geniefsen sollten und mochten» das ander auf-
rurig mit schwerer und verderblicher wagnis irer und irer
weiber und kinder seelen, leib, lel)ens, eren und gnts zu
erlangen unterstunden, aber doch den merern theil darob
sttirben iin<l verdürben, und so sie sirli dann also, wie ob-
uenicit, ul unser gnedig, erbar, rliiistlich und uhertlussig
erbieten hinfuro als fromen, gchursaiuen underthunen bei
uns hielten, wolten wir es auch darzu gnediglich gegen
inen erkennen und sie mit gnediger und getreuer hand-
habung, beschutzung und beschirmung nit verlassen, son-
der wiederum unser leib, leben und alles unser vermögen
getreulich zu inen setzen, uf ein solche mainung, wie es die
rethe wol zu reden und zu handeln wissen, und was inen
hierauf in ainen oder andern wege begegnet, des sollen
sie uns zum furderlichsten lauter und gruntlicli zuberichten.
Verlassen wir tms also zu gesclieen genzlich zu «Mich.
Datum im herleger zu Markterlbach am mitwuch nach
Cantate etc. 25. (17. Mai.)
Dieses Schreiben, Original, steht A. ä. T. ilL t'oL 167.
XXIV.
/ns/rucfüm, wes uf des h<iufen an der Jagst angenmnm beiagttng
wegen meines gn. hem tnx\f. Casimir, seiner htterschaß und iand-
schaß gehandelt werden soll.
Nemlich su genants meins gn. hem gesandten gein Creils-
heim körnen und von gedachten haubtleuten, rethen und
verordenten zu verhör irer Werbung beschiden werden, soU
len die gesandten denselben haubtleuten, rethen und ver-
ordenten anfcnglich meins gn. hern, auch seiner gnaden
ritterschaft und gehör aiii> Ti landschaft gunstigen grus, gne-
digen willen und freundlich dinst sagen und darauf werben,
wie hernach volgt.
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131 —
Erstlich soll herkomen des bestimbten tags erzelt wer-
den mit roeldung, das sie die gesandten demselben nach
von wegen eins ( ristlichen, guten friden verordent sind, mit
dem bevel» ir der hauptleut und verordenten furbalten ze
hören, welcher niafsen ir meinung stee, mit meinem gn.
hern, seiner un. ritters( luiit und lantlsrhaft (wegen) uf die
/.weif artikel einen rliristiichen frid und vertrag anzunemen,
dagei^eii wollen sie sich \oii ineins j^n. liern. si-iner gn.
ritterscluUt uiul landschaft wegen dcraiarsen \crncnicn las-
sen, das an seinen gn., derselben ritterschaft und landscliaft
nichts christlichs» erbars und billigs mangeln soll.
Hier ündet sich folgende Randbemerkung:
Nota: Vor allen dingen davon reden, das on Verzug
in mittler zeit der gutlichen handlung ein stillstand geschaft
und gehalten werd bei einer nemlichen hohen straf und pene.
Der Text fährt fort:
Und nachdern sich tlie lieschclien tagssat/.uiiLT auf die
zwelf artikel erstreckt, wurd si« h tlamit ;^es hesclielic durch
ainen oder den andern theil) den anfnnir /u m.K lu n ge-
buren, und so es dann zum selben kunibt, und des luuifens
verordentc von den zwelf artikeln underschiediich reden
und handeln lassen wollen, solle von meins gn. hern und
der seinen wegen von einem jeden artikel in Sonderheit
geredt werden, wie hernach volgt:
Handlung von den zwelf artikeln.
Pfarrer Krstlich der pfarrer halb, das ilie durch die ge-
meind cim-s jeden pfarrvolks sollten erweit werden,
dieweil dann des gemeinen vulks < iiristlich leben nit
wenig an geschickten pfarrherm, die guter, chr»t-
licher leer und wesens sind, gelegen, und aber der
gemein man, dieselben zu erkennen und zu erwehlen,
nit allewegen geschickt ist, und damit dann die obrig»
kait ir erwelung allein [nit habe], auch nit untuglich
pfarrer aus gunst oder vorteil, wie je zu Zeiten bis
anhere geschehen, dem volk und ine seilest zu ver-
dumblicher er^t'rnus und verfuerung zuschicken, so
soll darauf geliaiulelt werden, tlas ein ]cdv zeitliche
Obrigkeit mit wi.s^cn und willen des ratiis oder ge-
richts desselben Hecken, darin die pfarrkirch ist,
und der gemeind erwelen und wider entsetzen mögen,
das auch durch dieselben pfarrer das wort gottcs
rain und lauter gepredigt werde, wie das der erst
artikel unter den zwclfen sonst vermag.
9*
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— 132 —
Zehent. Zum andern den zehent betreflfent, wiewol der sel-
big im alten testament aufgesetzt und das alt gcsctz
durch das neu erfalk ist, so erfindet sich doch nit»
das darum alles, das in altem gesetz geboten gewest,
im neuem testament zu gebrauchen verpoten ist;
wann on das dorft man der zehen gebot auch n^t
halten, auch keinen ubeltlu ter — die got im alten ge-
setz nit leben zu lassen gebeut — teten, noch andere
gerichtliche ubung gebrauchen. So erfind sich auch,
das — Math, am 23., Liicc 11 — Christus s]iricht:
»Wec euch schriftgclerten und i^hariseer, ir heuchler, ir
verzehent tlie mintz und den kumel und last dahinten
das schweres! im gesetz, nemlich das gericht, die
barmherzigkait und den glauben -, ditz soll man thon
und ihens nit nachlassen.«
Aus diesen jetzt gemelten worten Christi erscheint
gar lauter, das Christus den zehenten im neuen testa-
ment nit allein nit aufhebt oder verpeut, sonder neben
andern im gesetz begriffen nit unterwegen oder nach»
zulassen öffentlich lernet und vermanet.
Wollet aber dagegen gesagt werden, dafs der ze-
hent nach lant [remeits andern artikels allain zu not-
turftiger unterlialtung der pfarrer und die ubernias
dem gemeinen armen man zu gut und sonst nieniant
anders gegeben werden sollt es hett dann jemands
einen zehent von einer gemain erkauft, dem sollt
darum vergleichung und erstattung geschehen, da-
gegen ist anzuzaigen, das gar selten iemand erfun-
den wurd, der einen zehent von einer gemain erkauft
het. Aber nachdem der genannt geistlich stand vor
vil hundert iaren nit allein die zehent — die etwan
im alten i^csetz dem geschlecht Levi als dicner des
tem^H'ls und nitars verordent gewest — , sonder auch
(larzu mcchtiue her/oiithum und lurstenthum, land.
leut, stet, srhlos und andere zeitliche nutzung der-
niafsen erobert, dagegen etliche zeitliche obrigkeit
und die iren von denselben genanten geistlichen
Stenden vor vil hundert iaren here auch etlichen
zehent durch kauf, Wechsel oder harte verdienst zu
iren notturftigen Unterhaltungen an sich bracht haben.
Ko. 13. Derhalben und dieweil nun die zeitliche obrigkeit
I Timoth. 2 2u nottnrft der zeitlichen erbam regiment nit weniger
I Pelri's. weder die pfarrer oder Seelsorger zu verkundung des
evangeliums und raichung der sacrnrncnt von got ver-
ordent sind, auch darum das schwert furt und got
damit dienen, durum ine dan zoi und schufs (wclichc
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— 133 —
alle'ir zeitliche nutzung begreifen) gegeben und dar-
ztt in aller menschlicher Ordnung gehorsam irer unter-
thon gelaist werden soll, so wer offenlich wider gott-
liche Ordnung und bruederliche christliche lieb, ine
dieselben zehent mit gewalt abzetringen, als sie auch
on tlieselben oder stntliVher vergleichung mit sovil
anderer zeitlicher nutzung von der genannten geist-
licher ^uter ire stende zu beschutzung irer land und
leut, noch (hirch sollichen unversehenlichen abbriu Ii
Iren gläubigem brief, sigel und pflicht nicht halten
konnten.
Es haben auch die ienen, so soiichen zehent geben»
sich des als für ein unbillige 4}eschwerd nit zu be-
clagen, wann onzweivel kain paur« oder hecker-
geschlecht seine zehentbare gueter erstlich änderst
nit, dann mit soiichen geding, auch derhalb sovil
dester leichter oder wolfailer an sich bracht hat.
Aber des rlainen zehent halben aufserhalb des
wein'5 <j:etraids und heus mocht nit unzimlich dem
gemeine a armen man zu gut ein nachlassung bc-
schehen.
Eigcnleut. ^^^^ dritten die aigen leut betreffent ist auch gar
ein alter brauch und lang vor Christi gcburt noch
gar vil beschwerlicher weder zu tetziger zeit gewest,
und der zeit knecht genannt worden» noch danncst
ist solche knecht- und aigenschaft in gottlicher schrift
nit verworfen» noch vil weniger sich der mit gewalt
zu entledigen angczai^t, sonder spricht der apostel
zun Ephesem: »Ir knecht seit gehorsam eurn leib-
herrn mit forcht und zittern in ainfeltigkeit eurs her-
zens< ete.
Desgleichen befilt sant Peter in der andern ejiistel
am ersten capitel, tlas die knecht — so man letzt aigen
leut nennt — iren herrn und nit allain den gutigen,
sonder auch den imgeschlachten mit aller forcht ge-
horsam sein sollen.
Demnach geburt den knechten oder aigen leut
nit» sich solicher zeitlicher oder leiblicher aigenschaft
— dadurch doch die seel oder gewissen wider got nit
verpunden werden mog — mit gewalt oder der that
zu entledigen, aber dagegen geburt dem U ibherrn,
sich gocxen seinen leibaigen mannen nit haidnisrher,
sonder christlicher werk zu gebrauchen und sonder-
lich dieselben — wie etwa mifsbraucht wurd — nn
eelichen heiraten nit zu verhindern noch inen wider
got zu handeln zu gebieten. Und wes dieselben leib-
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134 —
herren Iren leibaigen leutea onbilligs zeitlicher be-
schwerd uf legen, dardurch ward der seel und gewis*
sen halben nit der leibaigen man oder knecht, son-
der derselb leibherr verletzt und gleicherwcis, wie
kainem Christen, in was Stands der ist. liri verd.ini-
li( lu r hc scliwernus der scelen gelmrt, sciiu- unter-
tbon odcv leibaigen leut noch andere christenmcn-
schcn mit unbilliciier beschwernus zu beladen, alsu
ziemet auch kainem unterthon oder leibaigen mann,
seiner zeitlichen obrigkeit in den dingen, die leib
und gut betreffen, frevenlich und geweltiglich zu
widerstreben, sonder derhalben gott die straf lassen,
der sie nit empfliehen werden, darum geschrieben
steet: »Die gewaltigen werden gcweltige pein leiden.*
Aber meinem gn. hern sei nit zuwider oder ent-
gegen, solicher leibaigen Icut halben von einer christ-
lichen ordnnni: utui inafs dermafsen reden zu lassen,
damit nit \crmerkt werde, das sein giiad ein unchrist-
licher Verfolger oder bctranger seiner leibaigen leut
sein wuU, und weliche soliche leibaigenschaft abkau-
fen oder aber dafür andere ierliche zins oder galt
geben wollten, darinnen wurden sich sein gnad gne-
diger, christlicher und billiger weis erzaigen, wie sich
dann mein gn. her davor gegen seiner gnaden leib-
aigen leuten erboten hetten und mocht jetzt von der-
selben leidlicher niafs reden lassen.
Wilprei und 7-um vierten das wildpret und visch betrelfent wurd
visch. des wildprets halben christlicd und h ein solich
einsehen c:ehabt, das es den ariiu-ii U'iiti-n /u scha-
den und narhteil nit geheut uiul dueh dannest
den ()lirigkn!t<Mi, so dem geniainen nutz getreulii h
vorstecn, land und leut schützen und schirmen, zu-
gelassen, das dieselben doch on des armen volks
grofsen schaden behalten mögen, darinnen dann mein
gn. her mafs machen zu lassen urbutig ist, als dann
sein f. gn. on das hie vor seiner gn. unterthonen er-
laubt het, das wilprct auf iren veldern und wismaten
zu schiefsen und damit iren seli;iden zu verkomen.
AlicM- der visch halben geburt sich diese unterschid
zu halten. Wo ein gemeinde von iren gemeinen visrh-
beelien l)etrangt, das inen die billich wider frei zu-
gestellt werden, wer aber visehbeeh von ainer gt--
meind oder .nuiern durch erbar kauf, wei:hsel oder
vertrag an sieh l)racht und das widerwertig nit be-
weislich angezaigt werden könnt, sollen inen dSe bil-
lich nit genomen, sonder wie andere crbHchc, zeit-
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— 135 —
Holz er
beireffent.
Dienst und
fron.
Nene
beschwening.
Ubersetzte
Frevel und
pues.
Entptirembt
wiseii
aod «cker.
liehe, zimbliche nutzung gelassen, dergleichen es auch
mit der burgerschaft und bauerschaft, die wol als vil
vischwasser als die herren haben, geliandelt werden
soll.
Zum funüi u die holzer belangend ist hillirli, wo
(lii sclt)cn aincr gemain genomen oder entzogen und
Süliclis hfw eist werden kone, das der geniaind solrhe
holzer frei wieder volgcu. Weliche obrigkait aber irc
hülzer erkauft oder durch ander erbar vertrag an
sich bracht hat und das widerwertig nit beweislich
ist, geburt sich, sie davon als wenig als von anderer
zeitlicher erblicher nutzung zu drmgen.
Und wo iederman alle hoher frei hett, wurden
sich vil Icut untersteen, dieselben von aigens gemefs
wegen zu verodigen, das es dem gemainen man als wol
als der ohri^keit beschwcr'i' 'i und unleidlich. Aber
mein gn. her were wievor orbutig, seiner gn. iintcr-
thon, die nit für sich selbst aigeti bauholz betten,
notturftig l)auli()l/. doch nach ungeverli< her anwcisung
seiner uiuitieii vorster aus gnaden zu ucben.
Zum seelisten der dienst halben wurd billich ein-
sehen geliabt, das dieselben nach zimblicher und
leidlicher mafs beschehen, damit es der obrigkait
und den unterthon treglich sei.
Zum sihendca werden neue beschwerung billich
unterlassen und, wo die erfunden, abgestellt.
/uni achten wurd billich nit gestritten, weliche
gueter hoher und mer, weder sie nach irem zimblichen
wert ertragen können, besetzt oder beschwert sind,
soliche uberige beschwerd [soll] auf zimblich maCs nach
erkanntnus erbarer, unparteiischer leut gestellt wer-
den, damit ein getreuer, vleifsiger arbaiter sich da-
rauf erhalten und seiner obrigkeit, was die ertragen
mögen, zu rechter, geburlicher zeit reichen kann.
Zum neunten der frevel halben werden auch billig
on neid und suechung aigens nutz tnit ( Ii ristlichen mit-
leiden und aliein um gemeins friden un<l nutz, willen
gebraucht, auch derhalb billit^ aller nei<i und hafs
vciiniten, und kan aller fue^lirlist 1 ies» l»el»en, so die-
selben nil anders, dann nach rechtlicher erkanntnus
gesuecht und genomen werden.
Zum zchenten ist billich, wo beweislich angezaigt
werden kann, das gemeinen oder sondern personen
von den Obrigkeiten wisen oder ecker empfrembt
sind, das soUchs laut des artikels abgestellt werde.
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— 136 —
TodsfAtt. Zum ailften mag der todfelMialben, wie von wegen
ander zeitlichen lang hergebrachten nutzung vorge«
Hielt ist, an disem ort auch gesagt werden, das die-
selben obrigkaitcn den bcsitzern dersen>en guter der-
niafsen christlich verlassen und sie die mit di?;em
geding treiwilliglicli angenomen und hergebracht ha-
ben, wo sich aber beweislich erlund, das derhailjcn
eine unbilüchc neurung aufbracht worden were, das
wurd billich abgestellt, wie solicher artikel anzeigt.
Vorbehaliuog Zum zwelften beschhi^artikel mit vorbehaltner en-
minder- und (^^.^11^ nach dem woit tjottes, ist nieins irj\. hern ge-
mernng nach , , ^ , . • j 7
dem wort "^^et und niaiiuiiiL: nit. dem wort guttcs zuwider oder
gottes. entgegen zu haiidchi, wo das nach rechten verstand
göttlicher schrtft mit grund angczaigt werden kan,
sonder mag sein gnad leiden, das demselben nach
alle vorgeende ailf artikel gemainiglich oder sonderlich
auf zimblich christlich weg und mafs gestellt werden.
Wo die gegenthail die zwetf artikel nit disputiern wurden.
Item so die gegentail die ailf vergcende artikel dismals
nit disjjutiern und erclern lassen, sonder soliclis uf ander
zeit nach laut des zwelften und letzten artikels durch vcr-
stendig und unparteisch personcn zu erkleren und zu ent«
Sebalden stellen wollten, das mag durch die gesandten bei
demselben auch gelassen werden.
Nota : Ob sie aber begern wurden, niitler zeit mit eine-
men zins, gult und zehent zu ruen, soll inen dasselbig aus
vorgemelten Ursachen billicher und fueglicher weis abge-
laint werden.
Was weiter zu bedenken und zu thon ist, so es zu ainem
vertrag kome:
Item so von einem vertrag zwischen meinem {jn. hern,
seiner gn. ritterschaft und gehorsamen landschalt an einem
und dem versamelten häufen, so jetzt au der Jagst ligt, am
andern theil gehandelt wurde, darinnen sollen die nachvol-
genden ding bedacht werden.
Item von weme und wie solicher vertrag von wegen der
versamelten baurschaft verstentUcher weis vcrschriben und
versichert werden soll.
Item das die unterthonen sich mit Zinsen, gttltcn und an«
dern nutzungen und gehorsam der Obrigkeit halten und er*
zeigen, auch sich desselben notturftiglich verpflichten.
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— 137 —
Item das sie von deswegen, das sie den versamelten
pauro zugezogen, versichert werden.
Item so sie aber furon streflick und verwurklich handeln,
das dieselbig straf biliicher. rechtmässiger weis furgenomen
und gebraucht werden mög, damit christlicher und brueder-
Ucher frid bei den unterthonen erhalten werd, das on ge-
burende straf nit gesrliehcn könnt, darum auch solic lie straf
der hosen zun Romi-rn am zu trost der lYotnen und
forcht der l)oshat"tigcn zu gebrauchen lauter zugelassen ist.
Item WCS mein gn. her an flecken oder guetern als
ein weltlicher fürst erblich eingcnomcu hat oder
noch einnemen wurd, dem genanten geistlichen
stand zugehörig, dawider soll die baurschaft und ire
helfer nichts handeln, sonder sein gnad dabei helfen hant-
haben, und mit denselben flecken gehalten werden, wie mit
andern irer gnaden unterthonen, als obsteet.
Item so andere versamelte häufen diesen vertrag zuwider
und entgegen wider meinen gn. hern, seiner gn. ritterschaft,
landsehaft und die iren handeln wurden, sollen diese häu-
fen, damit also der vertraf.: ^'■esrhirht. dasselbi^^ abwenden
oder meinem gn. hern seiner gn. ritterschaft und laiidschaft
vor demsen)en schützen, schirmen und hanthabcii helfen.
Item so die veroidenten von wegen der baurschaft ver-
sichert sein wollten, das raein gnediger herr, seiner gnaden
ritterschaft und die iren wider die baurschaft disem vertrag
verwant thetlich auch nit handeln sollt, im selben sollt aus-
geschlossen werden, was mein gnediger herr nach laut bun-
discher, verschriebner ainigung zu thon schuldig und ver-
pfiicht ist. Doch mögen die gesandten bewilligen, weliche
meins gn. hern verwante und unterthon den versamelten
häufen zu Inlf ziehen oder schicken wollen, das sie sein
gnad daran nit \eriiindern noch strafen soll.
Item wurden sie nit zulassen wollen oder a!)er beigeren,
das mein gn. her, der marggraf, eigner person btM inen sein
und helfen, auch geschutz oder volk zu rofs oder luefs zu-
schicken sollt, soll inen damit abgelaint werden, das sein
gnad solichs kaiserlicher mt. und pundischer Verpflichtung
halben nit thon konn. Wollten aber die verordenten von
wegen der baurschaft on diser stuck ains ie kaincn vertrag
annemen, soll solichs zuvor an meinen gn. hei:n wider ge-
langen.
Item wes sich dann andere mer stuck zutrugen, die die
gesandten für hesrhwerlirfi aiiselien. nit ablainen k<jnntcn
und doeli noch vermog di^er irer instruc tion nit entlieh zu
bewilligen maeht betten, sollen tiie gesandten, auch auf
liindcrsichbringen alles in n. tagen, zu oder ab zu schreiben,
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— 138 —
annemen, auch mittler zeit zwischen allen häufen ein frid-
licher anstand beredt und verschaft werden.
Item bei dem allen soll auch angezaigt werden, das mein
gn. her diser zeit nit aller seiner gn. graven, herren und
andern adel hab zusammenbringen und gemelts Vertrags
halben ir iedes insonderheit bewilligung erlangen können.
Und dieweil dann derselben etliche verprennt und besche-
(ÜLit sind, konn sich sein gnad ir nit anders mcrhtigen,
dann welirhc in alles das, so sich mein gn. her, marggraf
Casimir, gegen der baiirschaft zu thon verbilligt und ver-
schreibt, jet/o alUiie ck rgleichen nit auch zu thon bewIHigt
und derlialben den gesandten von irentwegen zu bewilligen
gewalt und macht geben haben oder dergleichen noch in-
wendig vierzehn tagen nach dato des gemachten und ge-
numen abschieds zu Crailsheim schriftlich oder muntlich nit
bewilligen, die sollen auch, wes mittler zeit solicher bewil-
ligung irenthalb thetlich gehandelt [worden], in disen ver-
trag nit gezogen, sonder derhalb bede theil unverpunden sein.
Nota: Und wetiche vom adel in solichen vertrag nit be-
willigen, der soll sich mein gn. her der marggraf nit anemen.
Item was nach vermög diser Instruction entlieh vergleicht
und vertragen werden kan oder aber gar oder zum tail
auf ein hindersichbringen angenomen wiird, soll alles nach
bester form in srhrift gestellt und durch die gesandten von
wegen meins gn. hcrn, seiner gn. ritterschaft und gehorsamen
landschaft, desgleichen durch die liaubtleut, rethe und \er-
ordenten der versamelten paurschaft verbetschirt und unter-
schrieben werden. '
Item es mag auch solicher abschied und vertrag nit all-
ein von wegen nn ins gn. hern marggraf Casimirs, sonder
darzu auch im namen niaiggral Georgen als der eltesten
regirenden gebruedere gestellt werden.
Nota: Kit che /.ü setzen [nemlich der Anschlufs Mark-
graf Georgs], dann wann sie es begeren.
Nota: Wes meins gn. hern marggraf Friedrich, tuni-
brobsts, halben durch sonderliche, pcrson oder aus inen
selbst furgeschlagen werden mog.
Diese Instruktion findet sich Ansbacher ßauernkriegsakteu
Tom Hl. fol. 13Ö tf.
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Anmerkungen^
l) Spiefs, Hrandenburgischc Münzbclnstij^amgen I. 195. Die Grafschaft
'l'yrnl läfst ihm — Mk^f ("asimir durch Leonhard von Fels,')
Hauptmann an der Ktsch und Burg^Tafen von Tyrol, verbindlichsten
Dank abstatten. 17. Juni 1508.
2; Archiv für Kunde Österreich. Ccschichtsqucllen I. Heft 2, 97 resp.
114. >Num cum sint electorum aniuü prcporandi et sulTragia ai>se-
cuianda, id autem fieri nequeat, nisi üitervenientibus personis et
magnts genere et quarum lides in maiestatem suam atque progeni-
tores nostros spectata est, que et grate ipsis sint, cum quibus con-
tractandum est et que Imigo rerum usu exercitato persuadere et
allicm possint Nos maiestati sue nominandas duximus du.is, quibus
magis aptas et ad hanc rem, (juam speramus, concutiorcs vix uUas alias
repetiri posse rredimus. videlicct revercndos dominos Wilhehmmi,
episcopum Argcntinenscm, et Chr\ stnphorum. rpisrnpmn Augusten
sem, nr ilUistrem principeni, ct>nbauguineuin unvfruui, dominum
Casymirum, marchionem Br an denbu r g c nsc in* etc.
Das Versprechen findet sich bei Spiefs I. 195 ff. Andere
Belobung^ und Dankschreiben Karls \. vom 28. Januar, dann eigen-
händig vom 2. Mai, vom 29. Juli, alle drei von Barcelona. Am
28. Mai t$2i verspricht Karl dem Markgrafen das erste bedeuten-
dere Lehen — wenigstens 30000 Dukaten an Wert- - Vergl. auch
Lang, Neuere Geschichte des Fürstentums Baireuth L 170.
3) Spiefs I. 207. Ober Casimirs Stellung zum Kaiserhaus vergl. auch
Mötler, Fränkische Studien IX. 3T0, ebenso das dorterwähnte Archiv
für Ost. (jeschtchtsqueUen 1. 2, 97, 114.
4) Jörg II, 8! f*tr
5) Bratultnburj4cr Kcligiunsakten Ttun II fol. 7. Kr erhcbl sich
»scliv^achen Leibes . um <lie Riesbaucrii /.u strafen. A S. V.X. 221 tf.
6) Menzingen vergl. I h. /wcifcl, wegen Florian Cicyer A. S. T. II. 200,
wegen der EUwanger Bauemräte Zimmermann II. 354.
7) Mkgf. Casimir an die Räte 23. Mai. A. S. T. I. 332.
8) A. S. T. X 59.
9) Markgraf Casimir an die Räte 4. Juni. A. S. T. I. 395.
to) So z. B. auf einem Brief an die Räte vom 10. Juni ein Vermerk
über den Tod Florian Geyers. A. 8. T. I. 401.
*) PeU ^ VöU.
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— 140 —
11) Diese Akten tragen dann den Vermeik »Dominus per se<. A. S. T.
VI II. 535, oder »dominus per se ita comisit« mit der Ortsangabe
»in der langen Stuben«. A. S. T. III. 291« 315 u. a. O.
12) So z. B. von Speter aus A. S. T. X. 94, 404 etc. Durch dieses
stete Hin- und Herschicken wurde der Geschäftsgang natürlich
ziemlich schleppend.
13) So taddt der Markgraf z. B. seinen Günstling Carl von Hefsbei^
hart wegen der mangelhaften Anstalten zu Schlofs Colmbei^, wo
letzterer Amtmann war. A. S. T. I. 236. 16. Mai.
14) Doch darf man, wie bereits X'^oi^'t, Markgraf Albrecht Alcibiades,
I. 17, Anmerkunj^ i bemerkt, nicht hierin — wie Jörg — dem Rit-
ter von Lang folgen, der überhaupt von Casimir nur ein Zerrbild
gibt. Mafsregeln, die entschieden den klugen und weitsehenden
Regenten erkennen lassen, die Einführung der Hrandenburgischen
Halsgerichtsordnung, die von Casimir entworfenen Berg und Wald-
«rdnungen, die mit ihrer Zeit vorauseilender Klugheit versuchten
Mafsvereinfachungen, sie alle werden mit der Lauge billigen Spottes
übergössen und ins Lächerliche gezogen. Andererseits werden ihm«
um ihn als blutdürstiges Scheusal erscheinen zu lassen, aufser den
von ihm selbst verhängten Strafen noch fast alle Exekutionen auf-
gebürdet, die der Schwäbische Bund in Franken vollstrecken liefs,
gleichviel, ob der Markt^raf bei diesen — clie übrigens fast alle
falsch und meistens übertrieben angegeben sind — überhaupt nur
anuescnd oder davon unterrichtet war Lang 1. 162 fT,, 10^ Dal's
Markgraf Casiinn'. der Träger der kaiserli» hen resp H abshuri^isi hcn
Politik in Franken, den Baierischen Herzogen und ihrem Kanzler
Hm. Leonhard Eck sehr unbequem und verhafst war, ist bei dem
damaligen diametralen Widerstreit der Habsburgischen und Wittels-
bachischen Politik in die Augen fallend und nur naturlich. Von die-
sem Gesichtspunkte aus sind auch die auf ihn bezüglichen Äufse-
rungen Ecks, wenn man noch seine — Ecks — bekannte Derbheit
im Ausdruck berücksichtigt, leicht in ihrem wahren Werte zu
erkennen.
15 Lang I. 213.
16 Voigt, Albrecht Alcibiades I. 5.
17} Ebendaselbst 13.
18) Vergl. X'nik't 19 ff., Lang 141 ff. Bei dem Antritt der Regierung
hatte Markgraf Casimir bereits 53600 (iulden Schulden. Wenn
provsen, Geschichte der Prculsischen Politik, Teil 11, Abt. 2, 456,
Anmkg. 456. die Spielschulden des Markgrafen auf allein 50000
C.nhlen angibt, so scheint das eine Verwechslung zu sein, wenn
man die .Strenge und .Sparsamkeit desselben bedenkt und damit
folgende Angabc - bei \'oigt, l'reufs. Gesch. y, 743, Anmkg. 1 —
über des Hofmeisters Albrecht Spielschulden vergleicht: »Albert fit
beaucoup de d(5penses ä Nuremberg et l'on remarque comme
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141 —
un grand ex€^s, qu'il y perdit 600 florins d'or au jeu« ce qui
prouve, que cette pas»on ruineuse n'etait alors si commune« etc.
Über die Zähigkeit des Kaiserhauses in der Regulierung' von an
dasselbe gestellten Geldfordeningen vergl. aufser Lang und Voigt
auch Droysen, Teil II, Abt. 2, 456.
19) Vergl. hierüber die Akten des mit Öttingen wegen der zu Osthdm
gefangenen Riesl)au<'rn und ihrer Schätzung geführten Prozesses
A. S. T. V'., wegen der Brandschatzung der armen Leute des Adels
A. S. T. VIII und IX.
20) Briefe des Nurnl^erger Rates an seine Gesandten zum Schwabisclien
Hund, an Ch. Kreis und ( I \'olkamer vom 3. April, an Cl. Volkamer
vom 6, Mai, an Ch. Krcfs vom 9 Mai und 15. Mai. Nürnberger
Brief buch 89, 72 ff., tyo, 183, 205 u. s. w.
21; Hierüber zu vergleichen A. S. T. II. 408, daim wegen des gefan
genen Engclfrichlein Schätzung T. 11. 415, auch T. III. 52, eines
anderen gefangenen Bauern halber T. VIII. t6, »des alten gefange-
nen mendleins« halb T. IX. 270, auch T. X. 96 etc.
22) Konzept einer Anklage-Schrift gegen Jöi^ Vogler. Brandenburger
Religionsakten, Tom I. 29.
,23) V. der Ltth, Brandenburgischen Reformadonshistorie, 43 ff.
24) Brandenburger R. T. II. Fol. 8, teilweise abgedniclct bei von der
Lith 133 ff.
35) Rurer weigerte sich, dem Landtagsabschied von 1526 mit seinen Be-
schränkungen der evangelischen Lehre nachzuleben, und da er — wohl
mit Unrecht sich vor Gcu akthäti},^keitcn, ja vor der Auslieferung
an \\'iir/.l)ur^ l)t'S(>r^Lii /u müssen j^'laiihtc, entwirli er heimlich,
so (lafs die Ansbachci (iemeinde des Seelsorgers sich plötzlich
beraubt sah. v. der Lith 185 ff.
Georg V'ogtherr, der evangelische Prediger zu Feuchtwangen,
hatte am Himmetfahrtsfeste nachdrücklich gegen die Anbetung der
Heiligen, auch gegen Kreuz- und Wallfahrten und andere Zeremo-
nien gepredigt und war deshalb mit dem eigentlichen Pfarrer, dem
eiürig katholischen Chorhenen Johann Dietrich, der ihm am Sonn-
tag Exaudi in einer sehr heftigen Predigt widersprochen, in einen
heftigen Streit geraten. Zugleich wendete sich Dietrich klagend
an den Markgrafen» dafs V'ogtherr, der verbunden sei, eine Kaplan-
steile 7.U \er\vesen und dafür bezahlt werde, sich weii:en\ mit dem
Sakrament auszureuten, Mefs zu halten etc. iJaraut befahl Casi
mir dem I'redi^'er V'o^fthcrr, wenn er Hie Besoldung einzielutu wi»lle,
auch alle Obliegenheiten des KaplananUes unweigerlich zu voll
strecken. Vt)gthcrr remonstrierte dagegen mit Hinweis auf seine
Predigerthätigkeit, die solche äufserliche Sachen vollständig
ersetze. Markgraf Casimir, der keinem von beiden Unrecht zu thun
wünschte, beauftragte den Amtmann Wolf Oflher, beide zu vertragen.
Dies scheint aber wohl mehr im Scherze geschehen zu sein, und
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— 142 —
Markgraf Ca»mir hat gewifs gewnfst, dafs dies ein Ding der Un-
tn<^tichkeic sein würde. Bei der Besprechung berief sich der Chor-
herr auf das kaiserliche Edikt wider Luthers Lehre, auf die päpst-
lichen Bullen etc. und warf Vogtherr vor, dafs er deutsche
Messe lese, das Abendmahl unter zweierlei (icstalt ohne vorher
f^( lunde Beichte gdx- er wolle ihn deshalb nicht länjjcr bei der
Pfarre — d. h als Kaplan — dulden. Da sich die (ie^ncr nirht
vertraj^en w ollu n, befahl ihnen Wolf Offner, ihre Beschwerden si hrilt
lieh einzureichen, diese schickte er dann .Mark^iat Casimir nach
Speyer und dieser scheint sie - ruhig hcjjen gelassen zu haben.
Doch mufs Vogtherr mehr Vertrauen zu ihm gehabt haben, weil er
sich noch im gleichen Jahre — Dez. 1526 — verheiratete, als sein
entflohener Amtsbruder Rurer — Brandenburg. R. T.II. Pr. N.36,
37, 38. — V. d. Lith 187 AT. gehegt zu haben scheint
26) Vergl- Nürnberger Ratsprotokolle von 1524, auch Jörg 143. Anmer-
kung 17. Wenn Jörg in der Unterdrückung des Aufstandes nicht
die Folge der Mafsregeln Markgraf Casimirs, des Bamberger I>is( hofs
und der Nürnberger sieht, sondern sie auf eine iden Aufstandigen
von kompetenter Seite zugekommene Weisung: man sei andenviirts
auf einen sofort, zu heu erkstelli^enden Losbruch norh ni( iu .L^etafst,
und die Mit\vibt.enden zu I'orrhheim hallen mit ihrem voreiligen
und übereifrigen Losschlagen eine hcK.hgefahrlu lic Ungcschicklich
keit begangen« zurückfuhrt, so ist das eben nur eine Annahme, für
die der Beweis schwer zu erbringen sein durfte.
27; A. S. T. IL f. 1-148 enthält eine Unzahl darauf bezügliche Schrei-
ben und Rechnungen.
28) A. S. T. IL 83. A. S. T. IL 251.
29) A. S. T. 1. 36. Schreiben des Markgrafen an die Öliinger Grafen
vom 17. März, A. S. T. 1. 38, an Herrn Caspar Schenk cod. dat.
A. S. T. I. 18. Zusage Graf Ludwig des älteren von Ottingen.
30) Thomas Zweifel 40. Wenn die dortige Datierung richtig wäre, so
hätten wir in dem zersprengten »wursthof« (v. 26. 28. Febr.) einen
Vorläufer der gestörten Einladung zu dem >s.'iusack* (v. 19. März).
Es unterliegt aber wohl keinem Zweifel, dafs beides dassdbe Ereig-
nis und die erstere Datierung ein V^ersehen ist,
311 A. S. T. 1.
32j Nach lifftuhemi sollten 8üü, nach Creghnijen 300, CraiisiuMm 500,
Beniberg und Werdeck 550, Coiinl)erv,' und 1 cntersheim 300, Holicn-
eck, Üergel und Hernlieim 400, 1 cueluuaag vmd NeustatU je el)en-
soviel I'fcrde kommen, desgleichen nach Lobenhau.sen. In die
übrigen Ämter wurde nur ausgeschrieben, in Bereitschaft zu sitzen.
A. S. T. IL 253.
33) Dafs ähnliche Mafsregeln nicht immer gut ausschlugen, vergl. Fries 67.
34) Bericht Herrn Caspar Schenks vom 30. März. A. S. T. IV. 122.
Brief des Markgrafen an denselben v. 29. März. A. S. T. III. 289.
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— 143 —
I
35) Bei Zinunermann I. 424 (f. findet sich fiir den Deininger Haufen
37. März. Bei Fries 8 heifst es: »so ist kuntschaft hieher komen,
das die bauren am Ries auch ufsein und sich uf ainem beT;^ ver-
samlet, den die marggravischen bauren sehr zuIauOcn sollen« etc.
unterm 21. März. Über den Verlauf des Aufstandes, der hier nur
soweit berührt wird, als er sich auf markgrätische Unterthanen ver-
breitet, vcrj;!. femer Bensen 386, Jörg 123 H", Ikiumann 1. 255 etc.
36) Brief Jih k Haberkoms an den Markgrafen v. 29. März. A. S. T. 1. 46.
371 Th. Zwriffl 157.
38; Auch au.s dcui Amte Flughngen traten einzelne in Verkehr mit den
Riesem, so ritt Linhart Freu in das Lager zu Deiningen. A. S.T. 1 1 1. 259.
Bericht des dortigen Amtmanns. Selbst einige Unterthanen Nüm-
bergs müssen sich zu ihnen geschlagen haben. Schreiben Nürnbergs
an die Geheimen des Rats zu Nördlingen. Nürnberger Briefbuch
89. tl6.
39) Fries 46. Schreiben Casimirs an Bischof Conrad vom 9. April.
40) Fries 72. Abschied der Riite vom 12. April.
Naher auf die \ rrj,n ])li( hen Neustädter Tagsatzungen wie auf
die frui htloscn ünterhandlungt n mit Rothenburg einzn^fhrn, schien
sirli nirht zu empfehlen, da tlieselljen bei Frirs und Zv\( if(»l in
grufbcr .AtisfiihrlichkeiL dargestellt sind, neu aber nur Unbedeutendes
hinzuzufin4( n i^cwesen wäre.
41; Schieiljcn des Markj^rafcn an llisi liof COnrad 14. April. Fries 93.
Auch gegen den Schwäbischen Hund rühmte sich Casimir seines
erfolgreidien Ehaschreitens gegen die Richer: »die grafen westen
sdbs» als sich die underthanen emporung vergangens iars erstlich
im Ries begeben hat, wie inen mein gn. hr. mgf. Casimir daze-
mal durch etlich der sdnen zu rofs und fufs ir stat Ottingen, so
tnen auch umfallen wollen, behalten helfen und dadurch dem \ er
samelten häufen zu Deiningen vor Nördlingen ain solch erschrecken
gemacht, das sie sich dazemal wider von ainander gethan und int n,
den graven als ircn licrrcn von neuem gehuldii^^t hettrn'. A. S.
T. V. 160. Mag nun ( .isiniir hiebei auch den Mund etwas voll
nehmen, und bei der Zerstreuung des Deinini^er Haufens noch ganz
andere Motive, wie der infolge der Kontrercvolution in Nurtllingen
im Lager eintretende Mangel, der Abschlufs eines \ ertrages v/immer
mann I. 424 ff.), mitgespielt haben, so wird man immerhin zugeben
müssen, dafs auf das nördliche Ries die Haltung und das Schicksal
von Otlingen von Etnflufs gewesen sein dürfte.
42) Schreiben des Markgrafen an Nürnberg v. 7. A|)rU. A. S. T. X. 8.
43) Schreiben des Markgrafen an den Schwabacher Amtmann v. 6. April.
nr* ^«
44) Wolf Christoph von Wiesentau, der Amtmann zu Schwabach, hatte
über eine diese Fragen behandelnde Unterredung mit den Nüm-
berger Ratsherren Groland und Nikolaus Haller einen die Haltung
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144 —
des Rates sehr günsdg bettrCeilenden Bericht erstattet. (28. Man.)
A. S. T. II. 159.
45) Dieses höchst merkwürdige Schreiben des Rates Vinn 10. April steht
Nürnberger Briefbuch 89. 114.
Die Kälte der Haltung Nümbeigs gegen Casimir erklärt sich
aus dem Mifstrauen der Stadt, die in ihm ihren Erbfeind erblickte.
Sie weigerte sich auch infolge dessen ihm 40 Pferde, die sie an dem,
dem Markgr<if( n vom Bund zuerkannten, Zusatz getrofTen hätten,
zuzuschicken und zahlte erst später eine Summe Geldes. Brief an
Nürnberger Bundesrat Ch. Krefs vom 3. April. Aus dem Nürn-
berger Brief buch 89. 72- 74.
46} Schreiben des Markgrafen an die Herzoge Wilhelm und Ludwig
von Baiern. A. S. T. I. 76.
47) Schon am 22 März war hesrhlossen worden, »in alle pfle^' «schreiben
und bc\ ( Ih thon, wo si gewar werden, d:is sich die paurn rotirn
und \ crsMinmlung machen wolten, «;ollen sit; solches fiirderlirh herein
zu wissen thun«. RaLspruiukullc 1524. Xlll. Am S. Apiil folgten
die weiteren Beschlüsse : »den hauptleuten von Enterndorf ir getliane
Zeitung zu bezalen und mit inen hinaus [einen] schicken, der den
Nümbers^schen bericht thue der aufrurigen paurschaft ungeschickten
Wesens und wie si ilzo schaden darob empfangen und inen gepieten,
sich irer handlung nicht anhengig zu machen, man wöU inen sovil
möglich vor sein«, »und dergleichen soll man auch drucken lassen,
[um] zetteln in alle hauptmanschaft ze schicken, doch zuvor beim
rath hören lassen«, Ratsprotokolle 1524. XIV., dann am 11 April:
»mit vleifs erfahren, wrr die sein, so die vcr^^m^'^en nacht zum ("l afts-
hof mit aini fenlein lerman umj^csla^en und die Icut zu dt ii paurn
ic ziehen aufgemahnt haben und, wo man (iicscllx n betreten nia^'',
die anzunemen und herein zc fum. Darneben m alle hauptm.m
schaft[eni befehlen, wo dergleichen lerman oder aufpot mcr ge
schehen, dieselben handzehaben, woll man von der einem ein
monatsold geben«. RatsprotokoUe 1524, XIV. und viele ähnliche
Beschlü^. Es legte der Rat auch reisige Diener in^die Haupt-
mannschaften auf dem Lande, um Aufwiegler festnehmen zu lassen.
Brief an Ch. Krefs etc. vom ii, April. Brief buch 89. 107.
48) Aufmahner waren ein Nürnbeiger Bauer von Gutsberg, > Pewerlein«
genannt, und ein Hintersasse des Nürnbei;^» r Geschlechters Muffel
von Weifsmannsdorf »Hense Stollein«. Sk ritten in die Dtirfer und
mahnten allenthalben auf, dafs >sie sich zustund an erheben und
ufs stä rkst iif Kurt tmd Kn<»l>l(«insland zu7irlieii "^srillti nl, dan welirhfr
das nit ihet, den v urdcn (ite pauem, dt 1 tili<;h vil tausend daseüist
bei häufen liycnidc, eic^t hlatfcn und vci preimen« . Auf des Kastners
Erkundigung stellte sich hei.ius, dafs zwar der l ag oder <lic l nier
rsdung von Reidielsdorf und Schweinau staitgt^fundcn, ein Bauern-
häufe aber gar nicht beisammen sei. Alles übrige, was er über die
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— 145 —
Unnihen erfuhr, beruhte auf Gerächten und Hörensagen. Doch
verhehlte er nicht, dafs wenn die Bauern vor Nürnberg im Knob-
lauchsland wirklich abfielen, auch für seine Amtsverwandten zu
fitrrhten sei. S( hreiben des Kastners Peter Jaegcr an den Amtmann
von Cadolzburg, Siegmund von Hefsberg, vom 12. April. A. S.
T. X. 32.
49; Schreiben des Kastners an Markgraf CasLoiir vom 17. April. A. S.
T. 1. 93.
50) Doch fehlte es auch in Ansbach nicht an Unzufriedenen. So bezeich-
net der Würzburger Kanzler, Johann Brieve, den Ansbacher Zustand
charakteristisch mit den Worten : »es ist zu Onoldsbach auch nit
glaslauter'. Fries 179. Die Ücibllichkeit mufsle übrigens später
daselbst auch an den bürgerlichen Lasten teilnehmen: »und haben
burger müssen werden, thon alle beschwerde mitmachen, raisen etc.,
wie ain anderer burger«. »Derhalben wir jetzunt gunstig burger
haben und friedsam gegen uns«. Schreiben Joseph Feyerabendts,
Chorherm zu Anspach. Oechsle 429.
51) Die Crailsheimer Gemeinde kl^fte darüber, dafs man sie fiilschlich
beschuldige, als ob sie sich »empören und ungehorsam halten«
wollte, auch, dafs der Amtmann vor Vogt, Burgermeister und Rat
sie mit hohen Schmähworten dessen beschuldige. In ihrer desfall-
sigen Eingabe vom i. April an Markj^raf Casimir beteuert sie aufs
wärmste ihre Treue und bittet, sich nicht durch solche Verleumdungen
gegen sie bewegen zu lassen. A, S. T. III 136. Der Fürst gab
eine gnädige Antwort, es seien viel leichtfertige Leute bemüht, Auf-
ruhr und Empörung zu machen, er messe aber keineswegs die Schuld
dem Rate oder der Gemeinde bei. Er habe nun einige seiner Räte
abgeordnet, sich dieser Sachen zu erfahren und die Schuldigen zo
bestrafen, nicht allein ihm, sondern auch der («emeinde zu gut, der
er, wenn sie — wie er nicht zweifle — getreulich bei ihm sich hal*
ten würde, seinen Schutz und Erkenntlichkeit versprach. »Antwort
der Gemeinde Crailsheim zu geben« vom 2. April. A.S. T. III. 137.
52) In der Entschuldigung, die »gros und klein gemeinde zu Feucht-
wang^< an den Markgrafen richtet, sucht sie sich zuerst wegen der
freveln Reden wegen nicht zu bewilligender Öffnung der Stadt für
den Markgrafen und die Reisigen zu rechtfertigen. Was wegen und
während des Hinausführen'^ des Getreides vor^^ekommcn, führen sie
auf die Unbilligkeit in der ikhandhm«,' der (ieij>Uichcn und dagegen
I der armen* aus der Gemeinde zuruek, es wäre wohl gut, U.ils man
' das Cieireide bei den jetzigen Zeiten zurückbehalte, damit die Stadt
I im Notfall versorgt sei. Dann beklagen sie sich, dafs Dechant und
Kapitel trotz Casimirs und des Landtagsschlusses Verordnung keinen
evangelischen Prediger gesetzt habe ; sie hätten beschlossen — wenn
^ dies nicht geschehe — selbst einen solchen zu berufen. Dafs sie
beratschlagt hätten, was zu thun, wenn die Bauern kämen und die
10
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— U6 —
Pfaffen strafen wollten, auch dafs die Pfaffen was sie aus der Stadt
geflüchtet wieder herein führen oder selbst draufsen bleiben sollten,
das wäre mit Wissen des Vogtes, H ür^-^e i ni e i sters und
Rates vorsorglicher Weise ^'eschchen. Sie bitten s( hlicfs-
lieh, dies alles nicht falsch auf/Aifasscn und beteuern ihre Er^^eben-
hcit. A. S. T. Iii. 240. Der Markgraf verbot ihnen eigenmächtig
gegen den Prediger vorzugehen; wenn er jedoch das Evangelium
nicht rein und lauter verkünde, sollten sie es an ihn gdangen lassen,
er würde das Nötige verfugen. Die Bauern über die Geisdichkeit
in die Stadt fallen zu lassen, verbot er bei Strafe Leibs und Guts;
sollten sie deswegen angegriffen und bedrängt werden, würde er sie
zu schützen wissen. Den Versuch, ihm sein Hoheitsixcht der .Stadt
Öffnung zu beschränken, wies er energisch zurück; idlcnfallsige Auf
rührer befahl er tjcrini^lich anzunehmen, um Unrat und Schaden
zuvor/ukuinnun. .Schreiben vom 4. April. A S T. III. 247. \'ergl.
ferner sein Schreiben an den Haus\ogt vt>iu ji. März. A. JS. T. III.
229. Dessen Bericht vom 3. April. A. S. T. III. 241. Casp.ii
Utzmans, Karl Dobers und Jörg Histniaiers Entschuldigung. A. S.
T. III. 252.
53) Seifried Plomblein — auch »Seuverle Plümble« genannt — , Amts-
verweser und Vogt zu Feuchtwang, an den Markgrafen. Schreiben
vom 6. April. A. S. T. III. 253. Casimir an Bürgermeister und
Rat zu< Feuchtwang 7. April. A. S. T. Iii. 254.
54) A. S. T. III. 241.
5$) Dieser erste Kitzinger Aufstand wird hier nur kurz gegeben, weil
Kitzingen, zur Wirkungssphäre des grofsen Fränkischen Heeres
gehörend, nur mittelbar hieher zu beziehen ist. Ausfuhrlicher bei
Hieron>'mus Hammer: Geschichte des Kitzinger Rauemkriegs, her-
ausgegeben vom historischen Verein für ünterfranken und Aschaffen-
bürg. 145 ff.
56) Fries 143, 169 ff.
57^ A S T. II. 224
58) Schon am 2<). Apiil einem .Sonntag, wurde es zu .Srhunbaeh öffent
lieh vom R.iihaus iierab vfrkiindet Nürnberg uoUic .-»(»iort, dafs
die licu illigung des WildpieL>.t hiebeab Auch auf seine 1^ ntcrthanen,
die unter markgrätiscliem Wildschaden schwer litten, ausgedehnt
weide, und wies, bis es sein Bundesrat bei den Ständen desselben
erlangt habe, einstweilen seine armen Leute an, dem Ansbacher Ab-
schied nachzuleben. Brief an Cl. Volkamcr vom 4. Mai. Brief-
buch 89. 166. Es scheint aber deswegen mit dem Markgrafen Streit
bekommen zu haben, so dafs das Wild vsieder zu schonen befohlen
werden mufste. Kamann, Nürnberg im Baucrnkncg, 17.
59 Der Aufwechscl am (■(»Id war damals höchst bcch utcml. In \iiin-
bcrg, wo die gleiche Beschwerde auftrat, wurde damals 1 dulden
rhcin. auf 8 d 12 ■«) und i Cjulden Stadtwährung auf 9 4 2 an
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Münze — als Ermäfsigung — bei Bezahlung des Krbzinses etc.
festgesetzt; ebenso sollte \on nun an das >Ungeld* zur Hälfte in
Miinyre, zur Haltte in Gold bezahlt werden dürfen. Nürnberger
Katsbuch i >. 1 6 i y .
60) Werbung iler niarkgräfischcn ( icsandtschuft an Nürnberg vom 23. Mai.
Nürnberger Ratsbuch 13. f. 14.
61) A. S. T. II. 224.
62) Baumann, Quellen I. 267.
63) Von der Lith, Reformationshistorie 142 C
64) Baumann 1., bei Knebel 267. Anhausen an der Wörnitz wäre
natörlkh Auhausen, und es wäre dann der Abt Georg Truchsefs
von Wetzhausen. Wahrscheinlicher ist aber der eifrige Vorkämpfer
des Katholizismus Prior Reinhart von Anhausen — Oberamt Crails-
heim — gemeint.
65^ .A. S. T. 11. 149. 151.
66; Zimmermann II 351 iJals ein suluntler Ausschufs der Landschaft
beieinander bleiben solle, findet sich nicht. Vielleicht ist der zweite
nicht zu Stande gekommene Landlag, der auf den 8. Mai aus
geschrieben wurde, gemeint, wo der Markgraf den Befehl gibt, mit
der Landschaft, »welche euch für gut darzu ansehen«, zu ratschlagen,
wie dem Aufruhr zu steuern wäre, auch was man beiden Haufen
für eine Antwort geben soll. A. S. T. II. A. S. T. I. 187.
67) Jörg 469 ff.
68) Ebendaselbst.
69; Amts\ erweser, Kastner etc. etc. von Schwabach an Markgraf Casi-
mir. Schreiben vom 22, April.
70^ Jörg 469 ff.
71; Bensen 387.
72) Zimmemiann 11. 346. 347, der f i^i wörtlich dem historisch di|)loma-
li-schen Magazin für (la-> X'.itei I and etc. 1782, 2. Hand, i. Stück folgt;
dort ;mch (\rr Aufiii.ihn« l)riei an Peter liäuerlein,' den (Irnfsvater
des Spalier herhaiUen \\ nlf;^. Af^iicola. Nach (iangauf. Hauern
krieg im tichsiadtiscliLu, Jalugang Will, des historischen \ ereins
in Mittel franken, wäre der Anschlufs zweifelhaft.
73j Die L'nruhen in Kichsi.ull begannen schon >in der fasten vor dem
pidmtagc«. Als Seele der Bewegung erscheint der TuchniaeluT und
Viertelmeister Hans Heule. Hans Zegelin von Limbach, Hans Spies
von Untermessing, Martin Stumberger von Forchheim wirkten für die
Bauern in der Stadt und standen mit ihm in Verkehr. Der Bischof,
Herr Gabriel von Eyb, zog sich, als die Bewegungspartei die
Oberhand erhielt, auf die feste Willibaldsburg zurück, doch scheint
es zu keiner eigentlichen Belagerung gekommen zu sein. Gangauf
S. 80 ff.
74) Bensen 387 und nach ihm Zimmermann II. 346. Baumann, Quellen
f 18. 713. 784. Gangauf hat 8000.
lO*
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— 148 —
75^ A. S. T. 1. lor.
76) Nach Knebel - Baunumns Quellen 252 und 254 Yw^t der Haufe
bx'i Kupniarsberj^' Kiippmansburg oder Kupmansberg nordwestlich
von C.rcdiiij;, siidwcstlit h von Thalmessing -- bei Gangauf auf dem
»Ruttmannsberg«. Dagegen tindet sich S. 86, 87 der CJbermessingcr
Berg und Obermessing als Lagcrort der Bauern. Es scheint dies
richtiger zu sein, da ja die Bauern das Schtofs Obermessin^ ein-
genommen hatten. In dem Briefwechsel Markgraf Casimirs mit
dem Amtmann von Stauf findet sich stets der »Messinger berge als
Standort des Haufens — A. S. T. X. 40 und 43 — ebenso bei
Th. Zweifel 277, auch im Schreiben Nürnbergs an Bischof Gabriel
über die Verhandlungen mit dem Haufen steht der > Messinger pei^g«.
Obermessingon «reihst haben Thoman, Holzwart und Cochläus —
Baumann Quellen iiS, 713, 784. —
Es scheint also i>ei Knebel und ( ianj^aul eine Verwechslung
von Thahne>^sin>^ mit ()ber- und Unlermessing vorzuliegen. Zim-
mermann II. 346 verlegt gar das Schlofs Landeck auf den Ober
messinger Berg.
77) Mtirkgraf Casimir sandte dem. Aniimann am 24. April Munition und
befahl ihm, wenn er von den Bauern bedrängt würde, zwei Feuer
im Schlosse nebeneinander aufstecken zu lassen: das würden die
Amtleute von »Stein« und »Haydeck« — an die er deshalb beilie-
gende Briefe übermitteln solle — an ihn, den Fürsten, gelangen
lassen, und er ihn entsetzen. A. S. T. X. 40^ 41, 43.
78) A. S. T. I. 101.
79) A. S. T. L 435,
80) Brief des Markgrafen an Roth mit der Vorschrift einer Antwort an
die Bauern. Rother Stadtbuch, 38. Jahresbericht des hist. Vereins
für Mittelfranken.
81) Doch daif man diese Aussage nur mit Vorsicht auffassen: später
mufste z. B. der Staufer Amtmann die Drohung hören, man wolle
k( inen Stein auf dem andern lassen, und zwar, nachdem der Auf-
ruhr bereits niedergeschlagen worden. A. S. T. III. 228.
82) Dieser Geistliche sagte unter andcrm weiter aus, Mahnbriefe hätte
er «in einige Florken ^esc hi lelx a, Anschlage auf das Srlilols SiAuf
und auf »llyseln — sohlen — hätte »Reit Jörg« und ci keine
zusammengemacht, da ihm der ersterc gar nicht getraut habe. Der
Amtmann zu Eysölden habe das Beste ins Schlofs Stauf geflüchtet,
man habe darüber geredet, aber keinen Anschlag gemacht, Grcding,
»Hirspergc und »Pcrchdngc — das heifst wohl die Bauern um
Perchting — und »doselbst den giund hinab« hätten einen Plan
auf Eichstädt gefafst. A. S, T. III. 19. Einer, den er nicht kannte,
sei gekommen und habe gesagt, wenn sie vor die Stadt kämen,
würden sie eingelassen v\ erden, eod. loc. Doch gelang es den
Dauern nicht, Eichstädt zu sich zu ziehen. Hans Gundelthaler, der
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^ 149 —
alle Westenmiiner, überbrachte ein Aufmahnschreiben der Haupt-
leute des Haufens zu Greding — wo sich meistens das Hauptquar-
-ticr und die Kanzlei befunden zu halien scheint, vergl. den Auf-
mahnbrief an Wolfgang Ayricolas (iiofsvatcr — vom 24. April,
aber trotz seiner liigm risclien V'orspici^elunKcn, als ob Nürnberg
und Weifscnhurg (k-n Bauern Hilfe zuschickten, Ktlang es dem
Rat, iHc ( li nicindc vom Anschlufs zuriicluuhaltcn, uiu so leichter,
da selbst Hans Heule, der von der mangelhaften Bewatlnung, der
schlechten Zusammensetzung und Disziplin des Haufens durch seine
Kundschafter unterrichtet war, klüglich vorzog, den GenuUiüglen zu
spielen, besonders seit Bischof Gabriel mit ihm in Beziehungen
trat. Gangauf 86. IT. Zum ersten Teil der Anmkg. veigl. A. S. T.
III. 228.
83) Der Pfarrer Nagel »hat brief aus dem Frenldschen her bracht, den
petu-en zugefuit, die leut geroant, der Erlacherin das ir genommen«.
A. S. T. Hl. 228,
84) PlanksteCten wurde den 25. April vom Untermessinger Haufen ge^
plündert. Jahrg. t6, 75 des bist. Vereins von Mittelfranken. Baumann
Quellen 713. Zimmermann II. 346.
85) Zimmermann II. 346.
86) Diese Eichstadtischen Schlösser hat Gangauf 84.
87) Jörg 465.
88) Schreiben des Markgrafen an Caspar von Seckendorf, Amtmann
zu Schernberg'-, jetzt zu Kllinj^'-en, vom 28. April. A. S. T II. 171.
Auch später gewährte Casunir dem Landkomtur durch eine Anzahl
Fufsknechtc Schutz A. S. T. X. 62.
89) Jörg 466. Casimir ersuchte er am 25. April zweimal um Hülfe. A.
S. T. I. 106, 108. Antwort des Markjyrafcn A. Ü. T. 1. uz.
90) Ober die ersten vergeblichen VerhandhmgeQ und die Antwort der
Bauern vcrgl. Jörg 466. Nach dem Schreiben Nürnbergs an Bischof
Gabriel vom 30. April — Brief buch 89, 1 54 — dagegen gaben die-
sdben den Gesandten der Stadt zu verstehen, »das si von unserm gn.
hm. hertzog Fridrich, pfalzgraf, marggraf Cazimim zu Brandenburg
und denen von Wolfstein deshalb auch angesucht sind, wolten also
den vier theilen guthcher handlung gestatten und uns in dreien ta-
gen mittel die si crli iden mochten, auch mafs und statt anzeigen,
defs i^ewarlcn wir iiocli« etc.
91) Wo!f von \\ ibcntau an Casimir, der ihn hei m.L;cf ordert, und dessen
Erlaubnis, bis Dünne rt>Uig bei Friedrich zu bleiben. Schreiben vom
30. April und I. Mai. A. S. T. II. 405, 406.
92) Jörg 466 ff,
93) Zunmermann II. 346.
94) Jörg 467, nach Gangauf hätte dagegen Scblofs Htrschberg sich
gehalten, und die Bauern bei dem Versuche, es zu nehmen, schwere
Verluste erlitten.
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— 150 —
95) Thomas Zweifel 277: »sein die paum all zerstreut und [uf] flüch-
tigen Alfs gesetzt, jedoch in ainem alten zerprochen schlofs
den hauptman der paum seil) vierd geAinden, die sind also im
feld enthaupt worden«. Vergl. dagegen über Obennessingen Bau-
mann Quellen 118, Anmkjj. 3.
96) Jörg 467. Jedoch sind in den 14 Enthaupteten wohl auch die 8
zu ("ifcding inbegrifTcn Vergl. Zweifel 277.
97) Diese acht Gerichteten fielen wohl nicht unter die Kapitulations
bedin^ungcn. Th. Zweifel 277: •defs^'^leichen etlich von den häufen
entlaufen in ain stctUia, genannt Cii e(liiiL;en, ))etrettcn worden und
derselben auch ungeverlich acht enthauptet, uiul das stettlin sicii
in gnad ergeben, das man ufgenommcn, jedoch solichs stctüin
von stund an abgebrochen und zu ainer gedechtnufs ain dorf
beleihen soll«.
98) Nürnberger Brief buch 89, 1 83. Schreiben an Ch. Krefs vom 9. M^.
99) Jörg 469 ff.
too) Schon am 4. Mai bedauerte Friedrich, dafs die Böhmischen
Knechte nicht ziehen wollten (A. S. T. I. 134), trotz setner Bemü-
hungen blieben sie auf ihrem Entschlufs. Schreiben Friedrichs
vom $. Mai, des Bairischen Hauptmanns Veit Auerberger zu Diet-
furt vom selben Datum. A. S. T. l. 148, 149. Reinhart von
Neuneck und Burkhard von Wolnv i-shausen beorderte Pfalzgraf
Philipp am 5. Mai zurück. A. S. T. I. 152. Reinharts Meldung
A. S. T. 1. 140 und 150. Auch Stephan von Schmichen wurde
zurückbeordert. Schreiben Auerher^eis vom 5. Mai. .'V. S. T. 1. 151.
Über die weitereu HcweguiiL;eti (Kr Bairischen Truppen j<>ri; 470.
101} Wilhelm uiul l.utlwig von Baitni uci-eni sk Ii als selbst (hin h
3 Rauernhaufen bedrängt (he scilangten !<( isi^t n m srhic kcn.
A. S T. 1. 72. Markgraf Cuhimir lafst sich an clcm .XngeboL der
Hälfte genügen. A. S. T. I. 74. Eichstädt schlägt ab, auf Bun-
desbefehl 30 Pferde zu schicken, da es selbst bedrängt sei. 6. April.
A. S. T. I. 208. Ebenso Nürnberg, mifstrauisch gegen seinen aJten
Feind, weigert sich, ihm $0 Pferde zugehen zu lassen. Brief an
Krefs vom 3. April. Briefbuch 89. 72 — 74. Später nach Nieder-
schlagung des ObcrmessinL;' r nnti Rieser Aufstandes Iii' ktc
ersteres h rni Fiihiilein Knechte. r2. Mai. A. S. T. 1. 208.
Auch die Stadt gab eine Summe (icides. Wilhehn von Baden ver
spricht Miilfe. A. S. T. I. 74. 1 lilfegesuche an l'hiHpp von Hessen
ergiuj^cii <un 30. April und 12. Mai. Ersteres wurde von den Hau-
ern aufgefangen. Friefs 154. A. S. T. I. 204.
Der Bundesabschied findet sich bei Fries 179, auch A. S. T.
1. 80 u. s. w. Herzog Albrecht versprach seine Hülfe von Liegnitz
aus 27. April. A. S. T. I. 114.
102) Schreiben Crailsheims vom 27. April mit Übersendung der Auf-
mahnung des Ellwanger Haufens vom 19. April [?] A. S. T. III.
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— 151 —
I V) und A. S. T. III. 141. Casimirs Antwort vom 28. April A. S.
T I 140. Wrgl. Beilage 1 und 11.
103^ A. S. T. X. 44. 47
104) V'crzai» Imufs etlicher artikcl, so ain gcmain beschwert ist«. S. V.
L. 228. N. 48. VerKl F^HlaK'e III.
Dies Verzeichnis wurde nac h bccndij^aeni Aufruhr dem Unter
äuchuiigskommissär Hans von NeucnijtHik mitgegeben, um nach
den Ver&ssem tu inquirieren. Es wurde 1^ Marx Moxell geschrie-
ben. Als die Thätigsten bei der Redaktion erscheinen: »Mulhens*
lin, Stephan Schuiger, Mertein Glaittrer, Sixt Mantel, Hans Rau-
schart« der alt Hofhans, Hans Kulman und sein söhn, der neu
Seiler, der alt Schwertfeger, Hans Fischer in der vorstadtc Von
»Linhart Smit< stammt der Artikel wegen des Vetterleinrates; er
setxtc ihn mit Wissen des alten Bürgermeisters Caspar Hiersing hinein.
Miilhcnslein und der f^ttenweldcr warm iil)crlKiiipt die wich-
tij^sten Anhänger der Bauern, während von der stadlischen Be-
wej<ungs])art{ i noch besonders Mathes Horn, der Wagner, erwähnt
wird. Da aber die Artikcl mit \'urvv i!9scn des Rates gestellt waren,
so kam er und die neuen Viertelmeisler, besonders Hans Neulcin,
— von dem erwähnt wird, dafs seit dessen Erwählung kein Tumult
mehr stattgefunden — noch glimpflich davon.
Eine Anzahl waren auch bei den Bauern gewesen, von denen
als die Graviertesten galten Glafs Mtchel und Hans Horscb. Auch
andere Crailsheimer befanden sich bei den Aufriihrischen, darunter
iScherbschucster«, Michel Scherer, der jedoch auf des Markgrafen
Abmahnen sofort heimzog, Lienh.ui Mayr, Clement*) und Hans
Bauniann. ein Schlosser >l,aiitei unnutzes gcsind. das nicht.'- hat
und ^eben kann«, nennt letztere Wolf von Recbberg, der Amt-
mann A. S. T. Hl 3! 8.
Eine andere Liste tler zu den Bauern ^alaufenen Burger,
nennt; »J.ikob Layster, ^'cnannt Sayler. >ein tlochtermann, Mathes
Zimmermann, der neu duchscherer, Scherben dochtermann, ein
Schuster« — wohl gleich mit >Schcrbschuester« — ßogner, P'uchs
Linhart, Hans Bayer, Hans Horsch, Bhstian Beltxner, Glafs Mi-
chel, neu Schlosser« — vielleicht Hans Baumann. — Bei den letz-
ten ist bemerkt: »die sein noch der abforderung uf gnad haim
zogen und sein jetzo zu thail bei meinem gn. hm. im seid«.
A. S. T. III. 209. Hans Horsch, Hans Baumann und Hans
Hummel, der sonst *Schcrbschuester« hiefs, scheint es gelungen
zu sein, durch den Nachweis, dafs sie auf die Abforderun','' hcim-
^e/o^i n, Sirariosi^kcit und tüc Krlaubnis, in Crailsheim zu bleiben,
zu erhalten. A. S. T. III. 223.
Die Supplikation des Peter Sirher, der zu AnhaiT^cn gewesen,
— die übrigen waren wohl meistens zu dem Dinkelsbuhlcr Hau-
*) wohl iilcntilch mit Ctcnent Ourncr, r. infra.
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— 152 —
fen gelaufen gewesen — und des Clement Durner, der beinahe ein
^an^cs \'iertcl in Crailsheim aufgebracht hatte, in das Ka«;tcnhaus
zu fallen und die Spiefse dort we^7unchmen, erfuhren \(>n Antt-
mann und Rat eine sehr ungunstij^e Begutachtung und wurden
wohl verworfen. A. S. T. III 223, 226. 227.
105) Bericht des K.isiners Conz Treufs. A. S. T. III. 212.
106) 7 Hans Todenniuller« \on Estlcsperg- — Ncstleinsbcrg^ - soll
allein nach Crailsheim und in die umliegenden Flecken sechs
Mahnbriefe ^ebraelil haben.
107) Das Kloster .\nliausen, Sankt Pauls ties Ilremiten, Augustiner Or-
dens, lie^t zvvis( hen Crailsheim und dem eheinalitf Hohenlohischen
Stadtchen Kirchberg, etwas östlich von beiden im Wurttembergi-
schen O.-Amt Crailsheim und wird in den meisten Berichten in
der verschiedensten Weise mit der bedeutend gröfseren und reiche-
ren Benediktinerabtei Auhausen an der Wömitz, etwas
südlich von Wassertrüdingen , verquickt, welche bekanntlich am
6. und 7. Mai von den Markgräfischen, und den Riesbauem
verheert wurde. Schon Knebel-Baumann, Quellen 256, 257, der
Anhausen statt Auhausen von den letzterwähnten Haufen heimsu-
chen läfst u. s. w., veHeirt es 267 an die Wömitz. ebenso Thoman
in seiner Weifsenhorner Chronik — Baumann, Quellen 115. — Jörg
spricht S. 235, 254 etc. von dem »Stechen bei .Anhausen«,
wenn er die Schlacht bei Ostheini meint. Seltisi Uaumann pas-
siert es - Th. Zweifel 271 — zu erklären, Anhausen, welches
die Bauerschaft um Crailsheim beraubt, liege an der Wömitz, dage-
gen mufs sich »Auhausen«, wie die Erzählung der Ostheimer
Schlacht ebenda S. 314 richtig hat, wieder bequemen, Anhausen
— aber leider wieder an der Wömitz tu werden.
Ober anderweitige Verwechslungen vergleiche Bossert: Üas
Kloster Anhausen O.-A. Crailsheim, Württemberg. Vierteljahres-
hefte etc. Jahrg. IV. 141 ff.
Die Hauptquclle für die Zerstörung des Klosters, die beteilig-
ten Personen und Ortschaften, sowie den ani^'orichteten Scliaden
bilden die Atifz( i( Immigen des d.imalii^t n Klostervorstandes * Io-
hann Kamhart, i)rior zu Anhausen, provincial sant l'aulsordcn» im
kgl. Kreisarchiv Nürnberg, bezeichnet S. 12. vgl. Beilage IV.
2 I,
108) Wenn Bossert, S, 146, den er-slen Kmiaii auf den 30. April fest
gesetzt, so ist dies nicht richtig.
Conz Preufs — auch Brewfs geschrieben der Cratlshetmer
Kastner, schreibt unterm 3. Mai an den Markgrafen: >E. f. gn. gib
ich unterdenigzu wissen, das etllch der aufnicrischen bauem uf mon-
tag zu nacht vergangen — [i. Mai] — gein Anhausen gezo-
gen sind, alles \ ihe genumme und das, was darinnen gewesen, zum
tait geplündert und uf dinstag darnach, was im closter übrig
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— 153 -
geblieben, alles genume und aii^;etragcn ; darnach ungeuorlich um
zwölf hnren dasselbi^'^ angezündet und verbrennt«. A. S T. Iii. 147.
Das ln\x'ntar des l'riors sagt 'Item am tag l'hilipi und
Jacob i ist Anhausen angriifen worden», also am 1. Mai.
Nach der Aussage des auch von Bossert — nach des Pfarrers
Johann HcroU Scli\va])isrli Halle r Chronik — erwähnten Maurers
Mirhrl ("»aymann derselbe wurde bereits 3. und 4 Mai darüber
gütlic h und |)einlic:h verhört. — ergibt sirli. -das die dorfer Jagsheim,
Onobheiu), Rudern und Ürienspach am nuuua^ — I.Mai — nacht
negst verruckt zu Anhausen gcwestu und dassclbig zum teil geplün-
dert, dorum die paum obgemelt am dinstag konien, dasselbig ver-
brennt und was sie noch darinne Ainden genomen und gesagt, es
sei besser, das sie solchs thun; dan das ander bäum thun solten«.
Als Augenzeuge bekennt er, 'Anhausen sei gestern dinstag um
den mittag ausgebrannt worden von den baura zu Groningen,
Lobenhausen, Jagstat und Kirchperg; wifs aber irer namen nit
anzuzeigen, aber doch von Groningen sind gewesen der merer teil,
als der muDer, Dieterle StefTele, Marx Decker, Caspar Reinwart,
Hetzel Hans. Hucttel StefTe, diese sind ime von Groningen bekannt;
von Kirchi)erg Hermann Stelle aus dem thal; von Jagstat Kuel-
man wirt: Lobenhaiisen [der] bader.
Item so ist Michel (laxman auch im Vlnster gewesen, do man
es ver[)rant hot, aber nit, das i r dazu wollen helfen oder rathen,
wie er dan auch nit geholfen lu t, sonder hob solchs nur ueiln
sehn, was sie das kloster zeihen wollen und also vcidcibcn, sei
auch in poden ganz und gar verprand, hab weder hilf noch
that daran«.
Als Hauptmann bezeichnet auch er den »kerenmüller, der
Fuchsin vogt zu Nc) defds«. »Hans von Rotenburg, ein meurer zu Sat-
teldorf, der hob das doster Anhausen zum ersten angezündet« . Diese
letztere Aussage machte er bei der peinlichen Frage am 4. Mai,
als er »peinlich besprecht worden, 6 mal 1er und zwei mal mit
dem stein aufgezogen«. Seine Beteiligung kostete ihm — nach
Herolt ~ ot)gleich er thäütche Beihülfe leugnete, den Kopf. Seine
Aussage A. S. T. III. 17.
Der Pfarrer von Kofsfeld hatte seine ("Icmeinde unter dem
Vorwand, der Prior >.^onne ihnen .sein \'ieh und die andere Habe
lieber als 1 reniden, er habe es ihm selbst gesagt, aufgeinahnl, ein
>kuchentleii»cli* zu Anhausen zu holen; er hatte auch unersucht
Mehl und Proviant auf den Reiswagen hergegeben und war der
Bauern Säckdmeister geworden. Die Zeugen sagen wohl, die
Bauern seien mehr von ihm genötigt worden zu ziehen, als er
von jenen. Er rühmte sich später verhindert zu haben, dafs »man
het die stat Krailshaim abgelaufen« ; mit wem er davon gehandelt,
erhellt nicht.
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— 154 —
Auss,i<Tcn des i t(>in Utz, Michel Beck und Fritz Feinawber
zu Kofsfcid. A. S. T. III. 2 [5.
Er kam auf Fürbitte Markgraf Johann Albrechts und unter
der W-rwarniin^, das anf^'plhun klar und lauter zu prcdi'^nMi.
auch si( h eines ehrbaren, christlichen Wandels zu bctleifsigen
wieder zu seiner Pfründe. A. S. T. II 276.
Aufser >der Fuchsin vo^t tu Nt ulcnlels, Linhart Kcrenmulier, und
Hurkhart von WOIincrshausens \()>^t. j,'enannt Ciauber« , die zu
Satteldorf, Kllcrichshauseu untl anderwärts aufniahntcn und von
denen der erste auch als Hauptmann vorkommt, findet sich noch
als solcher erwähnt Hans Einhart zu Ingersheim ~ er traute sich
später bei der Abforderung deshalb nicht heim — und einer, >ge-
nannt Mulhanle, Ist des alten Rodmüllors son gewest« — ein
Dinkelsbühler Hintersasse — als Trager von Mahnbriefen nach
>Creulsheim, amt Ingersheim, amt Onolsheim, gein Jachsen, Rofs-
feld, Diefenbach, Maurl u ]i u, s. w. Ob er identisch mit dem
tMulhenslin*, der in Crailsheim erwähnt wird.'?
Bericht des Kastners Com I'reufs \. S. T. III. 212.
Utz sclincll. der Heck von Hohnhard — er wird auch als
Glaser bezeichnet einer der I laiiiiLrädelsfilhrer, n.ihin die Früh-
messe daselbst ein und suchte andere, wie den Mulier von Stein-
bach, — am Wald — mit Drohungen gegen ihr Leben und Eigen-
tum zum Mithelfen zu zwingen, »im nemen und fumemen« war er
»der oberst<; trotz aller seiner Drohungen gelobten ihm doch
nicht alle. A. S. T. IIL 215.
109) A. S. T. in. 147.
HO) A. S. T. III. 205.
ili'^ Thomas Zweifel 271, 291 — 296. Zimmermann II. 349 verwechselt
Schlofs Sulz bei Kirchberg — wie auch der Haller Chronist
Herolt hat - mit dem Kloster Sulz. -- H. A. Kolhenburg.
2".' Sunden von Feuchtwang — \v( n dessen Schonung Mark
graf Casimir noch am 16. Mai an die Bauern schrieb. A. S. T.
1. 239.
112^ »Krwelte haubtmau des niarkgialischeu haulens versammelt bei dem
Hagenhof« an -Mülhensle und den andern, zu ihm aus der gcmain
erweh, und der ganzen gemain zu Crailsheim«. A. S. T. III. 146.
Begleitschreiben des Amtsverwesers. Jörg Adelmann von Adel-
mannsfelden, und des Rates vom 2. Mai. A. S. T. III. 145.
Warnung des Kastners. A. S. T. III. 144. Antwort des Mark-
grafen vom selben Datum. A. S. T. Hl. 143. Vet^l. Beilage II.
1 13} Bericht des Kastners vom 3. Mai. A. S. T. III. 147. Schreiben
des Katcs an Casimir vom selben Tag. A. S. T. X. 48. Dessen
Vertröstung vom 4. Mai. A. S. T. III. 206.
114) Heinrich Jörg \on Ellrichshausen, der am 30. April aufgemahnt,
am I. Mai mit seinen Bauern zum Dinkelsbühler Haufen gestofsen
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— 155 —
war und am 2. seinen Schwager Konrad von Ehenhdm — sei es
aus Neigung zur Sache der armen Leute oder aus grofser Angst
lichkeit — dringend aufforderte, sich auch anzuschliefscn, schrieb
am Freitag nach Walbitr^ns an Bürgermeister und Rat m Crriils-
hl im: >Es ist uf heut freitag für di gemainen ret im hellen häufen
furkommcn, vvi ir etlich hundert von einem häufen solt gefan^'^en
haben, di dem hellen häufen haben wollen zuzihen, dai\auf j bcgcrt,
in etlich fcnUch zu ordnen. \Vu dem also werc, het ir zu ge*
denken* was der hei häuf must gegen euch fumemen«. A. S. T.
III. 117, 119. Er hatte dieses Wamungsscbreiben eigendich erst
auf Anregung des Hans Horsch von Crailsheim verfafst. Vergl.
sein Zeugnis fiir letzteren. A. S. T. III. 221. Ellrichshausen ver-
suchte sich später \'on dem Verdacht der Bauemfreundschaft zu
reinigen. A. S. T. III. 120.
115) >ntt< invelder« wie >Mulhenslc« , an den die Briefe des »niarg-
gravischen Haufens« gerichtet, L,'^chnrten zu den mit den Ratiern im
Einverständnisse befindlichen BurK« rn. Nach fhescr Aufmahnung
ist er wieder »zu den bauern gezogen und gcrcdt, wir sollen ihun,
was wir wollen, er wollt wider zu den bauern zihen, sein kib und
gut bei inen lassen«. Bericht des Crailsheimer Rates an den dor-
tigen Kastner. 28. Juni. A. S. T. HI. 211.
u6) Amtsverweser und Rat an den Markgrafen. 6. Mai. A. S. T. III.
143. Antwort derselben an die Bauern. A. S. T. III. 155. Hof
meister und Räte zu Ansbach an Crailsheim. 6. Mai. A. S. T. III.
152. Wie Crailsheim dem Haufen schreiben soll. A. S.T. III. 153.
117) Die Ellwanger Bauern hatten unversehens die Stadt überrumpelt,
den StadtvQgt und den Amtmann auf dem Schlofs zu ihnen zu
geloben gezwungen. Um die Schlösser des Probstes — Ellwangen,
Thannenburg und Rötlein — unzerbrochen zu erhalten, mufste er
ihnen ob 1200 Gulden an Proviant« Wein, Vieh und Speise geben.
Öchsle 144.
118) .Schad, Dinkelsbiihl im Bauernkriege, Abdruck der Ottinger De-
duktion 266. Die Beschuldigung ist wie alle Schadenersatzansprü-
che mit Vorsicht aufzunehmen.
119 ibidem S. 8. .Abdruck aus der (Utinger Deduktion I. 109.
120) Thomas Zweifel. Schreiben des Hans Eberhart vom 2. Mai. S. 297.
t2l) Schreiben Jörg llaberkorns an Casimir. A. S. T. I. 103. Erweist
auf die Cefalu c im i \ ereinig ung mit den Altmühlbaucm und dem
Haufen am >l\upl)erberg< hin.
122) Schad 12, Öttinger Deduction 260.
123) A. S- T. I. 115.
124) Das Öttingische Dürrwangen hätte der Rieser Haufe gerne erhal»
ten gesehen. Vergl. das Antwortschreiben der Dinkeisbühler Ilaupt-
leute vom $. Mai. A. S. T. 1. 174. Die zerstörten Schlösser etc.
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— 156 —
bei Th. Zweifel 306. Schreiben Dinkelsbühls an Rothenbuii^ vom
7. Mai, darnach liensen 295, Zimmermann II. 349 etc.
125) Brief der Gesandten an ckn >Tarkj,a.ifcn vom 2 Mai. A. S. T. I.
14'^. An der Stelle des Zunamens des Kiiti-rs eine defekte Stelle;
vielleicht hcifst es nur • Aljs])cr>^ «. (?) Vgl. Beilage V.
126) A. S. T. I. 143. l titcr di n Baucrnrätrn vnr Dinkclsbühl befanden
sich auch die der lU wt-^un}.; anhan^MK' " ' Chorherren Wilhelm
von Hefsberg und Hans <iüklingen. Th. Zweifel 299.
127) Gesandte an den Mark^aafen vom 4. Mai. A. S. T. II. 172. Unter
dem gleichen Datum teilte ihnen Hans von Srhwabsberj^ zum
Wildenstein mit, dafs viele Bauern zu Markgraf Casimir ein gutes
Vertrauen hätten, auch zu Herrn Hans von Schwarzenberg und
anderen als einem christlichen Fürsten und dessen Räten. A. S.
T. II. 177. Auch bei der Unterredung der Gesandten mit den
Bauemräten tritt der Gedanke auf, den Mariegrafen tum »unver-
puntlichen, gütlichen Unterhändlern und nütlem« über die zwölf
Artikel anzunehmen. A. S. T. II. 175. Vgl. Beilage VI.
128) Original vom 4. Mai. A. S. T. II. 178, abgedruckt bei Thomas
Zweifel 288.
129) Die kurze trockene Antwort des Fränkischen Heeres siehe A. S.
T. 1. 133, bei Thomas Zweifel 289.
130) Hofmeister und Räte an Casimir vom 6. Mai. A. S. T. II. 180.
131) A. S. T. I. 89. 90. Casimir läfst durch Jörg von Strettberg zwi-
schen Bischof und Gemeinde vermitteln. A. S. T. I. 96. A. S.
T. I. 207 zeigen die \'^erordnctcn aus der Ritterschaft und von den
Städten und der Landschaft des Stifts Bamberg samt den Haupt-
leuten und Befehlshal)cm an, dafs ihnen die Empörung der mark-
gräflichen Unterthanen unlieb sei und sir dir ihrigen bei Strafr ab
gemahnt haben A S T ! 339. Knts>< Huldigung, dafs sii .Srhiols
Ermreuth nicht schonen ktnincn, da es .lul liamberger ( ii und steht,
(iegen markgräflschcs Eigentum l^egcliren sie nicht zu handeln.
27. Mai etc.
1321 Aus »Ulrich trumeters Instruction«, A. S. T. II. 256: >ltem, d.is
man das schreiben in des Kuedorfers und Zobels namen an die
haubtleut und ander verordenten des häufen bei Dinkelspuhl hin-
weg fertigen soll laut seiner gn. beschetd.« Das Konzept dieses
Schreibens A. S. T. 11. 175.
133) Schreiben an den Öttinger Haufen vom 5. Mai. A. S. T. 1. 174.
Bei Zweifel enthält der Vertrag die Stellung einer eigenen Schar
nicht. S. 307. Es sind wohl in dem Schreiben die bereits frei-
willig beigetretenen Dinkelsbühler gemeint, denen der Vertrag
Straflosigkeit sicherte,
134) 24. April, liensen 388. Zimivi' 1 mmn 11. 349 bringt ein Schreiben
der Fuldaer Bauern >an ihre Bruder bei Nördlingen« v. 25. April (?).
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— 157 —
135) Schreiben der Bundesräte an Markgraf Casimir» den Grafen loo
Pferde zu Hülfe zu schicken. 30. April. A. S. T. 1. 116.
136) Schreiben des öttingischen Hofmeisters Jörg Haberkom an Casimir
vom 30. April. A. S. T. I. 103 erwähnt keinen Aufstand ihrer
eigenen Bauern oder dessen Befürchtung.
137) Ibidem.
138) I. Mai bei Baumann, Quellen 115. Zimmermann II. 349.
139) Baumann, Quellen 255: »denselben meinten die grafen widerstand
zu thon, ee und sie in das Ries komen, forderten ire baurcn auf,
je aus aim dorf 10, aus dem andern 15, darnach es j^rols war.
Als die bauren das hertcn, liefen si all wider zusamfn und als st
mit iren herren gen Ma\ing kamen, d<> rtngcn si an m rothen
nach beurischer art, sclilugcn die schranken zu, forderten die grafen
zu ihnen mit ungeschickte Worten« etc. etc.
140) Jörg 217.
141) Baumann, Quellen 115, 255. Jörg 217. Zimmermann II. 350.
142) Baumann, Quellen 115, 256. Bei Zimmermann II. 350 findet sich
noch ein Kloster Roth.
143) Brief Herrn Caspar Schenks, Amtmanns zu Hohen- und Wasser-
trüdingen, an Casimir vom 4. Mai. A, S T. II. 149 T^rirf an
Cl. V'olkamer vom >^leichen Tage, Nürnberger Briefbuch 89. 166;
>Item so ist ain merklich haiif bei Dunkelspiibel aufge??tanden, zu
denen auch die Öttingisciicn und andern paurn un Kies widerum
iuii gewalt fallen und vor Otting liegen. Schiefsen hinein, das zu
erobern, steet daselbst eiger dann nie«. Die Gefangennahme des
Grafen: Baumann, Quellen 1 13, 256. Bensen 388. Jörg 217. Zimmer-
mann II. 350.
144) Schreiben Herrn Caspar Schenks an Casimir vom 4. Mai. A. S.
T. II. 149.
145) Befehl Casimirs an den Obigen, die Klöster einzunehmen. A. S.
T. II. 151.
146) Die Darstellung der ersten Rottierungen nach dem Bericht des
Abts Cicorg von Auhausen an den Markgrafen. 5. Mai. A. S.
T. I. 157.
147) Wassertrudingen erhielt noch in der Nacht vom 5. auf den 6. Mai,
Günzenhausen am 6. das Aufmahnschreiben von Megershdm datiert.
A. S. T. I. 138.
148} Fränkische Haufen nur als allgemeine Bezeichnung gegenüber den
Dinkelsbühlem tmd Riesem gebraucht.
149) Baumann. Akten 269.
150) Wassertrudin^en4. Mai A.S. T. I. 150. Günzenhausen A.S. 1'. I. 137.
Feuchtwangen A. S. T. I. 135. Kitzingen A, S. T. I. 123. 167.
151) Jörg Haberkom fufchtet dies bereits am 30. April. A. S. T. I. 103,
auch später begegnet man der Besorgnis vor einer Diversion
V. infra.
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— 158 —
iS2) Auhausen A. S. T. I. 157. Heidenheim $. Mai, A. S. T. III. 294«
vom 6. Mai, ibidem 296.
155) »Ordnung, wie das schlofs und die stat [Onolzbach in] meins gn.
hm. mgfn. Casinür abursens versehen werden sollt. A. S. T. I.
372. Vergl. Beilage Vil und VI II.
154) Thoman bei Baumann, Quellen 116: »um 400 pfert und 500 fufs-
knecht'. liericht des Michel Grofs von Trockau, obersten mark-
gräflichen Hauptmanns über das Fufsvolk. Anzeiger für Kunde der
Deutschen Vorzeit 1855, 77: »in die 700 stark zu fufs und rofs«
wohl von jeder Waffengattung an 700; denn nach demselben He
rieht schickt der Markgraf '200 zu n»fs und 50) zu tufs, Heidenheim
zu beschiilzen« , aus und hat -das aiuU r \()lk Ix i »^irh behalten*.
Leider hat der liericlit in der Kcdakiion der \ luhanilt lu n Abschrift
aus dem 17. Jahrhundert einigemiafsen an Originalität und Zuver-
lässigkeit verloren. Zweifel 314 hat »uf sechshundert zu rofs stark
und mit tausend fufsknechten on das landvolk«, Bensen und nach
ihm Zimmermann setzen 650 Reiter, 1000 Knechte und eine grofse
Anzahl Landvolks. Bei allen dreien ist das Fufsvolk sicher zu
stark angegeben, ganz abgesehen davon, dafs die Mannschaften
der Ämter — die bekanntlich erst auf Montag, den 8. Mai, einge-
rufen waren — *,'ar ni<'ht daln*! sv'm konnten und aiu h nicht waren
\'ergleiche aurli die Streiikrafie in der Ostheimer Schlacht bei diesci
155; Schreiben des Markgrafen an die Räte vom 6. Mai. A. Ü. T. 1.
179. Siehe Heilage IX.
156) So wurde Günzenhausen durch den »ainaugenden (»rotschen« von
Obermögersheim auft^cmahnl; Heitlenheim von Michel Stark und
Licnhart HechelUn \on ( »stheim : nach Westheim kam Hans
Flegelhut von ( »ciUhcim ; narh Ihi Idingen Kraft Kmill, diT Hader
\un t.>blhcim, nach Ursheiiii Mampeihaii und Hans Weber von
Hüssingen. Hohentrüdingen forderten Hans Huberbeck und
Hans Kaufsler zum Haufm: der Schmabmuller von Räckingen«
»Mülthoman« genannt, ritt in die Dörfer um den Hesselberg, der-
selbe schickte auch den Linhart Krebs zu dem Dinkelsbühler Hau-
fen. Martin Trescher von »Küfstiibach« — wohl Ku^enhof,
B.-A. Dinkelsbühl — untl der bereits rtw ahnte Linhart Krebs
ritten auch zum öttinger Haufen, natürlich um die Bauern nach
Auhausen zu bringen: besonders ist der letztere -gar ser in der
■•^rx-h geinul gewest untl nur das bc^t siehantlelt' . A. S. T. Hl. 306,
h' liicibtn der Rate an den Anilmann und Vogt zu Wassertrüdingen.
A. S. I". III. 329. Hericht des Kastners Hcrnhart Ruef. A. S.
T. HL 331. Ein weiterer Hericht des letzteren. A. S. T. HL 335.
Bericht des mit der Untersuchung beauftragten Kanzleischreibers
und Fiskals Panthaleon Ziegler. Ein oft angewendeter Kuns^riff
der Aufmahner scheint gewesen zu sein, die Ortschaften durch den
»geschwomcn Knecht« — eine Art Csemeindebüttel — , als wenn
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— 15Q —
es von der Herrschaft ausginget aufbieten zu lassen, so z. B. Len-
tersheim. A. S. T. III. 558.
157) Veigleiche die Entschuldigungen der einzelnen Orte im Auhauser
Akt. S. 12. -|- Nr. II. Kgl. Kreisarchiv.
158) A. S. T. I. 173-
159) Herr Caspnr Schenk sagte noch weiter, als ihm dir Bürger seine
Schmahiinjjen mit den Worten zurückwiesen : ^Lieber hcn anitmann,
was zeicht ir uns, wir sein arm lent«. >SiL n( m nit arm, mucssen
aber m)Ch ermer werden und wann er einen anseh, wollt er gern,
das ein schwert in im steck«. Er war in der Ihat böser Reden
halber so gefurchtet, dafs es sich findet, dafs sich deswegen nie-
mand zu ihm getraut habe. A. S. T. IV. 466. Nach seinen An-
gaben hätten damals Rat und Gemeinde einen Pakt mit einander
gemacht und zusammengdobt >und bei zwölf articuln ungefährlich
beschlossen ab/.csicüt n. die dann all ^'uren f. gn. zu abbruch und
scbmelerung oberkaiten zinsen und gülten raicheten, auch den
raisigen zeug nit einzulassen und die Schlüssel zu den thorn nit von
inen geben wollen* etc Ks waren dies wohl Beschwerden It^kaler
Natur, wie wir sie aiu h in I- ( lu hiv\ angen. Crailsheim etc. tindcn.
Die Schlüssel wollica allcrtling> die W'as:»^! ti udinger einmal dem
Amtmann verweigern, gaben sie ihm aber später doch und, als er
ne nicht annahm, dem Mausvogt. Als die Bauern vor Wa»er-
trüdingen lagen, verlangte sie der innere Büvgermeisler Wilhelm
Wagner auf Hans Hechtleins Rat, damit sie nicht die Bauern be-
kämen. Es wurde dies später ein Hauptanklagepunkt gegen ihn.
Die Streitigkeiten des Amtmanns mit den Wassertrüdingcrn dauer-
ten nach dem Aufstand fort. \'rrgleiche sein und der von Wasser
trüdingen Vorbringen. A. S. T. IV. 475 und466, sowie den darauf
gege!)enen Abschied. A. ü. T. IV. 487.
160) A. S. 1 . IV. 466.
161) Ibidem.
162) >Verzaichnus der, so sich vor andern zu Wassertruhend ingen in
der stat in der aufrur ubel gehalten haben« von Herrn Caspar
Schenk. A. S. T. III. 344.
163) Die Namen der Wassertrüdinger Bürger sinr! nicht immer ^<\U7.
leicht festzustellen, da dieselben einntal inii N or iinrl Frmiiliriiiia-
men be/ei( hiu t \\ i rileii, i in ander Mal nni Vornamen und deucrbc
bczeiclnmng vorkonum ii. z. J». liallhasar Schuster, der Wirth, als
iBaltle wirtc; Wilhelm Wagner, der innere Burgermeister, als
»becka Wilhalm« ; Gilg Schuler kommt vor als >(lilg in der Vor-
stadt«, als >Gilg Vischer« und als der »neu fischer«. Manchmal
wird auch ein Spitznamen beigefügt: »Hans Bener, genannt Schellen-
mendlein«, des Bürgenneisters Wagner Schwager. Die Aufmahner
und Boten A. S. T. III. 332 und A. S. T. IV. 502 etc.
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_ 160
164) Lorenz Kürschners und Claus Hofmanns Verantwortung. T. II. 273
und 279. Besonders letzterer ist ein entschieden gut gesinnter,
d&n M rkgrafcn getreuer Mann; es wird ihm deshalb auch sein
Teil an der Brandschatzung erlassen.
165) Über den Mangel an Thatkraft bei den markgräflichen Beamten
ärgerten sich selbst Claus Hofroann und Hans Lazarus so sehr,
dafs sie sagten, wenn niemand von ihres gn. hm. wegen etwas
thun wolle, so wollten sie sich auch nicht verderben lassen. A. S.
T. II. 279. 384. Herr Caspar hatte aber gar nicht vor, sich oder
irgend jemand verderben zu lassen Wie er vor das Thor zu den
Bauern gehen mufste, sagte er zu den init^chenden Bürgern; »Seit
keck, heben burger, wir wollen uns iiii verderben lassen; dan die
baurn sein eitel gut nachbaurn, und wollen lugen, wie mir mit in
umkomen«. Was war natürlicher, als dafs einzelne Bürger diesen
Stofsseufzer des Amtmanns, allerdings spottend, wiederhcdten?
Wolf Hechties Verantwortung. A. S. T. II. 365. Als ihm die
Bauern ftir sich, seine Familie und sein Gut gesichert, hätte er
alles gehen lassen, wie es wollte. »Der von Wassertruhendingen
furbringen contra den amtmann«. A. S. T. IV. 466. .So konnten
später die Bürger mit einem gewissen Rechte sagen: als dicbauern
vom amtmann eingelassen«. A. S. T. 11. 358, 361. A. S. T. III.
32 u s. w .\u( h dir vihrigen l^eamten thaten ihre Pflicht schlecht.
Bernhart Kuef, der Kasim r, hefs sich aus Angst nirgends finden,
als man Rat von ilun \vt)llte; Hans Himler - auch Hyauulcr — ,
der V^ogt, nahm 10 (.ulden Monat^jUi von dem Auhauser Abt, ihn
und das Kloster zu schützen, statt zuhause seines Amtes zu warten.
Der innere Bürgermeister Wilhelm Wagner scheint ein schwacher,
überängsüicher Mann gewesen zu sein, der es wohl nur darum mit
den Bauern hielt, um seine reiche Habe zu retten — er besafs über
1500 Gulden — , und sein Schwager, »das Schellenmendlein«, hat so
Unrecht nicht, wenn er darauf hin weifst, dafs jener wohl gewifs
den Aufruhr nicht gern gesehen habe, >ursach, die paurn wollten
pruedcr in christum sein ; welcher vil het, sollt mit dem andern
andern tailen<, >und was sein lux liste sorg, sie wurden n\ii im
tailen, daraus vermut sich' etc. A. S. T. III. 32. Über die Be-
amten vergl. A. S. T. Iii. 344.
166) »Haben sie ain grofscn weiten ring gemacht gehabt und mich
darein gefuert, mirh angcsprorhrn, 7U inen 7U geloben, das ich
mich zu thun witi< rsctzt und in« ii geantwort, ich sei euren 1. gn.
gelobt und ge^chworn, auch dcrstlbigen pflicht nit ledig; darauf ir
etlich im nng geschrien: »Will er nit geloben, so stecht zu, was
macht ir lang vil wescns mit im«. Darauf hab ich geloben mues- ^
sen und Balthasar Schuster die pflicht von mir genomen«. A. S.
T. IV. 475. »Verhöre und abschid zwischen dem amtman und den j
von Wassertrüdingen« etc. etc.
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— 161 —
167) Als Quellen für die Vorgänge in der Stadt dienen besonders die
Verantvvortunj^tn der Wassertriidinger Biirgcr, A. S. T.II. 358 — 92,
die Verzeichnisse der strafbaren Personen daselbst, A. S. T. II.
297. T. IV. 502. 511. T.III. 344 etc., die Verhörsakten zwis( hcn
Amtmann und Stadt, A. S. T. IV. 475, 466, 487, sowie Hans Beners,
»genannt Schellenmendleins«, Aassagen, A. S. T. III. 23. 28. 33 etc.
168) Mehrere Schreiben der Räte an Casimir vom 6. Mal A. S. T. I.
i39i »63, 176.
169) Die Befürchtung einer Diversion der Bauern, Schreiben der Räte
vom 6. Mai. A. S. T. I. 176. Vergl. Beilage Xa.
170) Schieiben Markgraf Casimirs an die Räte. A. S. T. II. 254. Von
Günzenhausen auch Tom I. 187. Sidie Beilage X.
171) Hans Gruebers Verantwortung A. S. T. II. 388. Später wollte
sich der Abt nach Nürnberg fluchten, der Rat schlug aber das
Gesuch unterm II. Mai ab. Ratsprotokoll 1525. I. >Dem abt von
Auhausen lainen, sich in disen leuften mit seiner person herein zu
thun«.
172) Sic wurde auf 1500 Gulden geschätzt und enthielt 1200 Bände »aus
allen facukctcn -. Mit den g^nttcsdicnsUichcn liuchcrn erreichte sie
soj^'ar einen W ert von löoo Gulden, wahrend Prior Reinhart von
.'uiiiausen, der allerdings ein besserer Haushalter und Landwirt als
Gelehrter war, für Bücher in seinem gewifs nicht zu niedrig
angeschlagenen Schadenveneichnis im ganzen nur 200 fl. einsetzt.
Allerdings fonden sich bei seinem Tode — Dezbr. 1 532 — bei ihm
noch weniger Werke vor, nämlich nur — sein Brevier 1 Bosseit 145.
173) Mauptquelle für die Plünderung des Klosters, sowie die beteiligten
3
Dörfer ist der Auhauser Akt. S. j - Nürnberger Kreis-
archiv. Die Liste der Dörfer vergliche auch A. S. T. V. 168.
Weiter zu beachten Knebel bei Baumann, Quellen 256, 257 und
Jörg 254. Aussage des Fischers von Herltingen. Vergl. Beilage
XII. XIII. XIV.
174) Aussnj^e Hans Beners, genannt >Schellenmendlein von« Wasser-
triidin^cn. A, S. T. III. 24. Er snfrt aus, der Stadtmüller habe
ihm angezeigt, dafs man w ilh ns sei, das Kloster m verhicmien,
und ihn gebeten, es zu verhindern ; ilanu seien beide gleich zu den
Hauptleuten geeilt, da seien ihm »Baltlc wirt« und Peter [Sauler
Wirt] von Westheim zwischen Kloster und Wirtshaus begegnet,
zu denen habe er gesagt: »Lieben hauptleut, der statmuller ent-
gegen bericht mich, wie man «dllens sei, das closter zu verprennen,
das woll got nit, das man meins gn. hm. closter verprenn oder
zcrrcifs; dann uir siiul dorum nit da, dann wo solichs geschee,
unser kainer dorft im land pleiben«. Da seien die Hauptleute mit
ihnen ins Wirtshaus ni den anderen Öttingischen Hauptleuten und
Bauern gegangen und hätten gesagt: »Wir Marggrafischen wollen
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— 162 —
keiner wege gestatten, das doster zu verprennen«, und besonders er —
Hans Bener — habe g^esaj^: >Mit nichtcn soll dieser stainhauf
zerissen oder verprennt werden, dann mein gn. hm., die marg^-
grafen, mochten noch ein tursiensitz doher machen, zu dem auf-
heben, so das I ; ;er hab«, und so sei das V orhaben abg-estellt
worden. Alaikgrat Casimir rechnete diese Verwendung den Be-
teiligten aas seinen Unterthanen später sehr hoch an.
175) 'Schellenmendlcins anzeigen, sovil im wissens, was die paurn für
fenlein gehabt haben«. A. S. T. Iii. 27. .Sumtliclie Aussagen des-
selben sind im Geleite, also freiwillig gemacht. Siehe Beilage XI.
176) »Schcllenmendieins« Aussage. A. S. T. Iii. 24.
177) Der Schmalzmüllcr als oberster Hauptmann bezeichnet S. 12 3/5
N. II. Er heifst dort »Schmalztlioma' , sonst auch »Multhoma«
oder »Schmalzmullei' . Über ihn und die andern markgräfischen
HauptleuLu und aimleinfuhrer vergl. A. S. T. III. 306, 329, 332,
335 etc., auch »Schellenmendleins« Aussagen A. S. T. Iii. 24 und
die der Wassertrüdinger vtde supra.
178) A. S. T. III, 24.
179) Wie die licciihnger auf dem Weg nach Auhausen waren, kamen
zu ihnen ein Bote des \'ogts und andere von Heidcnlieini mit der
Nachricht, dafs Markgraf Casimir zur tiulfe lieranzöge, aber trotz
dieser Nachrichten und Hans l^rads Erauhnung, bei Hohentrü-
dingen zu bleiboi, stiefsen sie doch zum Haufen, der natürlich die
Annäherung des Heeres so erfuhr. Aussage Hans Pinseb — auch
Buensels geschrieben — von Hechlingen. A. S. T. III. 385.
t8o) Baumann, Akten 271: »als die bauem an ainer kettin und on
sonder ordung« dahergezogen und die Wägen vor ihnen gefah-
ren sind. Nach Jörg 254 hätten sie einen verlornen Haufen von
1000 Knechte verordnet gehabt. Aussage des Fischers zu Herhingen.
lÜl) Über die Ostheimer Schlacht verbleit he den schon erwähnten Be-
richt dos markgräthclien obersten Hau))tmamis ul)er das l ulsvolk
Michel Grofs von Trockau ; dann Bensen 389, Zinunermann II. 353,
Th. Zweifel 314, Baumann, Akten 271, derselbe, Quellen 116, 690,
784 u. s. w. Ober die Datierung der beiderseitigen StreidcraAe
und Verluste, sowie über die Folgen vcsg^eiche den Exkurs.
182) Der von Wassertrüdingen Fürbringen contra den Amtmann. A. S.
T. IV. 466. Wdsung Lorenz Kürschners und Claus Hofmanns
von dort. A. S. T. Ii. 373, 379.
183) ibidem.
184) Sclneibdi der Räte an den Markgrafen. A. S. T. I. 180, 185.
>VVas Ulrich trummetem mitm einem gn. hem zu reden bevolhen«
A. S. T. II. 256.
185) Schreiben der Markgrafen Johann Albrccht und Wilhelm und der
Räte vom 8. Mai. A. S. T. 1. 213. Beilage XV.
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— 163 —
186) Scfardben Markgraf Casimirs an die R&te vom 9. Mai. A. S. T.
L 190. Vergl. Beilage XVI.
187) Sdureiben des Ansbadier Qioilierreii Joseph Feyerabend bei
Öchsle 429.
188) Schreiben des Haufois bei Dannhausen — auch Thannhausen
an Casimir vom 9. Mai. A. S. T. IL 183. Vergl. Beilage XVII.
189) Schreiben Markgraf Casimirs vom 10. Mai an die Vorigen. A.
S. T. I. 196. Vergl. die Beilagen XVIII und XIX.
190) »Copei, wie mein gn. hr. seiner gn. leut und unterthon bei dun
häufen zu Dinkdq>uhel, Elwang und im Ries abfordert«. A. S.
T. I. 34X. Siehe Beilage XX.
191) Brief des Ellwanger Amtmanns Nicolaus Birger vom 20. Mai bei
öchsle 414 <r.
»Als sie von Dinckel^ud wider alhere zogen bei fünf-
oder sehshundert marggrävisch bauren mit ihnen, die waren der
mainung und anschlags, das schlofs zu plündern, verprennen,
auch allen pfaffen und ktrchen das ir zunemen, fiden auch in des
capitcls und der chorheren Heuser, darin sie gar wuest haufshielten
und vil zusam claubten, mit inen himwcfrh/ufuren, /ersrhluj^^en offen,
venster, stalen kelch und mcfs^u wandcr, erhicwcn die bvu her in
des capitels Hberei. Da die burger s(ili( hs j^ewahre, thctt( n sie sich
mit ireni teniin zusam, schlugen in der stat um!), w clii he unter
ir fenhn wollen, selten zu inen iretten, bis hindennach der, so uf
der burgertail, nit vilweniger dann der marggrävischen waren,
zwangen die burger mit irem haufTen die marggrävischen, das
sie von stund zum thor hinaufs mufsten, besuchten sie auch. Und
namen inen, was sie bei inen funden, das sie also genommen
betten, zogen die marggrävischenn der mainung heraus, das schlofs
zu verbrennen. Aber die burger und vil meins gnedigen herren
bauren wollen des nit gestatten. Wo sie für das schlofs zogen, het
ich mit den jenen, die ich in der hcsat^iinf^' hete, zu inen ge-
schossen, und wcrcn die l)ur^Lr niii irLin fenlin liindn in die
marggranisrlicn g-efallen, doch warde sohchs geuench, das die
marggrävischen schcnilich Innwc^k zogen. Dabei es dann ctlich
tage bestünde, bis gar nach alle bauren ab und heimkommen,
allain etlich, die mit den haupüeuten handelten, weliche man dem
Gaibidorüschen häufen zuschicken solle. Ware die mainung, man
wolt alwegen aus den doHfem und flecken den vierdten man schi>
dcen« etc.
192) Will man eme Teilung überhaupt nicht annehmen, so wurde man
sdiliefsen müssen, dafs der ganze Haufe sich zuerst von Thann-
hausen nach EUwangen, dann von da nach Lauchheim zur Belage-
nmg Baldems, nach dem 12. Mai wieder von da nach Ellwangen
zurück sich verfugte; dafs dann erst die Mifshelligkeitcn der EU-
II*
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— 164 —
wanger Bürger mit den markgräflichen Bauern \-orgefaUen, darauf
erst die Hauern nach Hause j^'cj^'.mgen und schon am 17. Mai
wieder 7;usammenf»^cknmnK'n waren. Es würde sich dann auch der
verhältnisniafsig so friedfertige Ton di-s ScIirtihL-ns der Laut licimer
Versaniinlung nicht so einfach — nämlich, dafi. nach Trennung \ <m
den niarlvgräfischcn Verzweifelten, die gemäfsigtcrc i arlei das
Übergewicht erhalten und deren Einflufs bei der Abfassung des
Schreibens sich geltend gemacht habe — erklären lassen.
193) Schreiben des »hellen häufen an der Jax« an den Markgrafen.
t2. Mai. A. S. T. II. 184. Siehe Bdkfge XXI.
194) Antwort des Markgrafen vom 15. Mai. A. S. T. III. 157. Der
Geleitsbrief für die Gesandten der Bauern ist A. S. T. III. 166
Vcrgl. Beilage XXI I.
195) Schreiben Casimirs an die Räte zu Ansbach vom 17. Mai. A. S.
T. III. 167. Vergl. Beilage XX III.
196) Vergl. das Schreiben des Amtmanns Birger von Ellwangcn bei
Oechsle 414 flf.
197) Dafs die Riescr sclir bald zerfielen, und keine Ordnung mehr
taenschte, sowie Uber die letzten Ereignisse vergl. Jörg 471.
198) Hofmeister und Räte an Casimir. 20. Mai. A. S. T. III. 171. Es
war diese Nachricht lUr den Markgrafen um so angenehmer und
beruhigender, wdl ihm kürdich Nachrichten zugekommen waren
dafs dit I5auern um Dtnkelsbühl sich verbunden hätten, kein Schlofs
auf 30 Meilen ringsum stehen zu lassen. Casimir an Carl von Hefs-
berg und Veit \on Lentcrsheim vom 21. Mai. A. S. T. 1. 301.
199) Diese Instruktion, sehr interessant, weil sie auch den Verband
lungen mit dem Fränkischen Heere 711 (irunde lag, steht A. S.
T. III. 158 ff. und ist ^^egcbcn in iJeila^e XXIV.
200; Der Vogt hatte durch sein thörichtes Benelimen auch den Zorn
der Bauern — wie schon erwähnt — gegen Crailshdm «rregt
Über die ihm sonst vorgeworfenen Artikel vergleiche besonders den
Crailsheimer Akt, bez. S. V. L. 228. Nr. 48. Kreisarchiv Nürnberg.
201) >Relation ufs kurzst unser der verordent rete, so aus bevelh unseis
gn. hm. marggraf Casimirs zu Brandenburg des versamelten häufen
halben an der Jagst uf angesalztem tag zu Crailsheim gewesen
sind«. A. S. T. III. 180.
202; Thomas Ciaiber an Casimir. 23. Mai. A. S. T. III. 198.
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Peter Viseher-Studien.
Von A. W DÖbner.
Einleitung.
Der Name von A. W. D ö b n e r , weiland herzoglich Säch-
sischem Oberbaurat in Meiningen, ist auf dem Gebiet unserer
vaterländischen Kunstforschung wohlbekannt. Unter den Auto-
ren vornehmlich, welche sich mit der Thätigkcit Peter Vischers
und seiner Söhne befafst haben, wird er mit Ehren genannt:
»die Mulsestunden eines halben, vielbeschäftigten Lebens« hat
— um mit seinen eigenen Worten zu reden — der eifrige For-
scher und Zeichner diesem Gegenstande gewidmet.
Der Ertrag seiner Arbeit ist in einer Reihe von Aufsätzen,
vorzugsweise im Deutschen Kunstblatt und im Anzeiger tUr Kunde
der deutschen Vorzeit niedergelegt. Nach der Absicht des Ver-
fassers sollte aus ihnen mit der Zeit ein einheitlich abgeschlos-
senes Werk hervorgehen. Aber es war ihm nicht vergönnt,
diesen Plan völli-; zur Ausführung zu 1) ringen : noch che er mit
dem Druck eines fertig ausgearbeiteten Manuskriptes, betitelt
»Die Erzgiefserfamihe Vischer zu Nürnberg«, beginnen lassen
konnte, schied er (20. Dez. 1871) aus dem Leben. Der nahe-
liegende Gedanke der Hinterbliebenen, das Werk durch nach-
trägliche Herausgabe zu einem litterarischen Denkmal fUr den
Verstorbenen werden zu lassen, wurde durch äufsere Schwierig-
keiten anfänglich verzögert. Späterhin konnte von einer Ver-
öffentlichung des ganzen Manuskriptes nicht mehr die Rede sein,
nachdem sein Inhalt durch die inzwischen erfolgte Bergau'sche
Bearbeitung desselben Themas in Dohme's »Kunst und Runstlerc^)
und durch die Neuaufstellung des Gesamtwerkes der Vischer-
') Baad I, s. Abteilang. 37. Li«f«rang. R. Bergau, Peter VUcber
und «eine Söhne. Leipsig 1S77.
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— 166 —
sehen Giefehütte durch W. Bode^) entweder flberholt oder doch
zu einem Teile entbehrlich gemacht worden war.
Immerhin blieb von der Arbeit A. W. Döbners nach einer
neuerlich vorgenommenen Sichtung eine Reihe von Notizen und
kritischen Erörterungen übrig, wclclie unser Wissen von dem
Treben und den Werken P. Vischers, bezw. seiner Sohne um
neue Materialien bereichern, und diese sind es, welche, einem
von Geheimrat Dr. \V. Bode freundlichst erteilten Rate ent-
sprechend, durch den Sohn des Autors, Herrn Archiv rat
Dr. R. D d b n e r in Berlin, zur Verftigung gestellt, im Nach-
stehenden veröffentlicht werden.
Die Prüfung des vollständigen Manuskriptes, sowie die für
den Druck notwendigen Vorarbeiten hat der Unterzeichnete
übernommen. Dafs eine derartige Aufgabe immer gewissen
Schwierigkeiten begegnen wird, liegt in der Natur der Sache.
Es gilt dies im vorliegenden Falle namentlich mit Bezug auf die
Aussonderung des für den Druck Geeigneten, insoweit es sich
dabei nicht um bestimmte urkundliche Nachru hten, sondern um
Ergebnisse kritischer Forschungen handelt» welche unter Umstän-
den nur Gründe der Wahrscheinlichkeit für sich haben und nicht
absolute Geltung a priori beanspruchen können. Die Autorität,
welche der persönlichen Überzeugung A. W. Döbners auf dem
hier in Rede stehenden Gebiet überhaupt zukommt, wird die
• getroffene Auswahl in jedem einzelnen Falle rechtfertigen.
In der Wiedergabe des Dohnerschen Textes sind Ände-
rungen und Stre!rhun<jen auf das thanlichst geringste Mafs be-
schränkt worden, in dem ausdrücklichen Bestreben, an dieser
Stelle nur die subjektive Eigenart und Anschauung des Autors
zu Worte kommen zu lassen.
Frankfurt am Main.
Dr. H. Weizsäcker.
S. des»en Ueschichte der deutichen Plastik. Uerho 1887. S.
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I.
über das Gulinnaterial der Vischerschen Denk-
mäler.
Lepsius fuhrt im Eingang zu seiner Abhandlung ttber das
Sebaldusgrab ^) an: »es hätten sich die mit der Erzgiefserei be-
sciialtigten Nürnberger Meister Rothschmiede, auch Messing-
schmiede genannt, obgleich diejenige Metallmischung, die jetzt
unter dem Namen Messing verstanden werde, damals
noch nicht bekannt, vielmehr das von ihnen verwendete
Metall die wahre Bronze, orichalcum, wie sie die alten Denk-
male aufwiesen, noch allgemein im Gebrauch gewesen.!
Dem gegenüber mufs folgendes bemerkt werden:
1. In allen Urkunden, in welchen des in der Vischerschen
Hfltte verwendeten Metalls gedacht wird, ist stets nur von Mes-
sing die Rede. Der Messingbrenner Konrad Rösner lieferte Mes-
sing /:uiu Sebaldusgiabe, die Erben Peter Vischcrs verkauften
das Fuggergitter als Zeugmessing an den Rat zu Nürnberg
u. s. w.
2. Bei Gelegenheit einer Reparatur an der Bronzestatue
Ottos IV., Grafen von Henneberg (f 1502), des mutmafslich
ältesten Rundgufswerks aus Peter Vischers Werkstätte, wurde
auf Veranlassung des Verfassers ein Metallstttckchen aus dem
Inneren des hohl gegossenen Kopfes herausgenommen und durch
den Apotheker Herrn Schmeifser zu Meiningen einer Analyse
unterworfen. Diese ergab in 100 Teilen:
74 Gewichtstcüc Kupfer
24 „ Zink
1 „ Blei
1 Zinn,
erwies mithin dasselbe entschieden als Messing und keineswegs
als ächte Bronze, die anstatt des Zinkgehaltes etc. ebensoviel
Zinn hätte enthalten mttssen.
*) Die Nttrahergischen Kflnstler etc. Heft IV. Nflraberg 1831. S. 27.
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— 168
Es beruht demnach Wildeis Angabe^) vom Jahre 1822,
auf welche sich Lepsius bei obiger Notiz über die von den
»
Nürnberger Krzgiefsern gebrauchte Metallmischung beruft und
wonach das jetzt sog. Messing nach Eduard Ebners Angabe erst
ums Jahr 1554 in Nürnbenj: in Gi'l)rau( h gekommen sein soll,
ohne Zweifel auf einem Irrtum« um so mehr, als auch eine
zweite Analyse eines aus der erwähnten Statue entnommenen
BronzestUckchens, die ich der Gute des Herrn Professors Rei-
chardt zu Jena verdanke, obschon von der vorerwähnten nicht
unwesentlich abweichend, die Messingkomposition entschieden
nachweist.
Die chemische Untersuchung des Herrn Prof. Reichardt
ergab in 100 Teilen der Bronze:
Eisen
. . 0,978
Mangan
. . 0,151
Nickel ,
. , 0,334
Zink ,
. . 16,609
Cadmium
. . 0,318
Blei .
. . 1,141
Kupfer
. • 80,06Q
99,600
Zinn und Silber waren nicht vertreten. Das spezifische
Gewicht der Bronze betrug 8,47.
Herr Professor Dr. Reichardt fügt seiner gefälligen Mit-
teilung noch hinzu: >Im ganzen genommen schliefst sich diese
Bronze der Mischung der kupferreichen Bronzen an, wie man
sie, namentlich in neuerer Zeit, zu Bronzegufs verwendet. Die
geringen Beimischungen von Eisen» Mangan, Nickel, Cadmium,
rühren jedenfalls von Verunreinigung des Metalls her, dagegen
scheint Blei, dessen Menge über 1 Pro/vCnt beträgt, absichtlich
beigemischt zu sein.c
*) Nflmberger Taschenbuch II. S. 215.
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— . 169 —
n.
Die metalleaen Grabplatten in der Kurfürstlichen
Begräbniskapelle des Domes zu Meilsen.
Obwohl Bode (a.a. O. S. 141, 143, 1 56) und Bergau hinsichtlich derZuschrei
bung der Mehrsatil dieser Denkmäler an die Gufshütte der Vischer im
wesenüichen mit Döbner übereinstimmen, erschien es doch nicht unange-
bracht, den hierfolgenden ausführlichen Abschnitt seines Werkes als Ganzes
wiedemigeben. Die Argumente, welche Döbner seiner stilkridschen
Analyse zu Grunde legt, geben den bestehenden Vermutungen bczügUch
der Autorschaft neue Stützpunkte. Von Interesse sind aufserdem die
Beobachtung^cn des Verfassers über das bei Herstellung der genannten
Epitaphien zur Anwendung gelangte technische Verfahren.
In der Begräbniskapelle des Domes zu Meifsen, welche
vom Kurfürsten Friedrich dem Streitbaren für diesen Zweck ge-
stiftet und in den Jahren 1423 bis 1425 erbaut wurde, befin-
den sich rings um den mit der Reliefgestalt des Stifters auf
dem Deckel und mit Figuren und Wappen an den Seiten reich*
geschmückten Messingsarkophag Friedrichs des Streitbaren
9 Messingplatten mit den Bildnissen der Verstorbenen in den
Fufsboden eingelassen.
Auf den hohen Kunstwert mehrerer dieser Platten ist man
erst in neuerer Zeit aufmerksam gewunlcii, und es hat dazu zu-
nächst Ernst Förster in seinen tretTlichen Denkmalen, ganz vor-
züglich aber der Vorstand des Altertumsvereins zu Freiberg
Heinrich Gcrlach durch seine Abdrücke und photographischen
Darstellungen beigetragen. Die vorhandenen Messinggrabplatten
decken die Grabstätten folgender Personen:
1. Zu Häupten des Stifters ruht dessen zweiter Sohn Sigis-
mund, geb. 28. Februar 1417, Bischof zu Wttrzburg von 1440
bis 1443, t 34. Dezember 1457.
2. Zu Füfsen des Stifters Kurfürst Friedrich der Sanft-
mütige, geb. 22. August 1412, f 7. September 1464.
3. Rechts vom Sarkophag des Stifters Kurfürst Ernst,
Stifter der ?>ncstinischen Linie von Sachsen, geb. 25. Februar
1441, t August 1486.
4. Links Herzog Albrecht der Beherzte, Stifter der Alberti-
nischen Linie, des jetzigen Königshauses von Sachsen, geb.
27. Juli 1443, t 12. September 1500.
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— 170 —
5. Herzogin Sidonfe, des letzteren Gemahlin, Tochter des
Königs (ieorg Podiebrad von Böhmen, geb. 1449, verlobt den
11. Nov. 1459, vermahlt im Mai 1464, f 1. Februar 1510.
6. Herzogin Amalie von Bayern, Gemahlin Ludwigs des
Reichen, Tochter des Kurfürsten Friedrichs des Sanftmutigen,
geb. 13. April 1435, f 18. November 1502.
7. Herzog Friedrich, dritter Sohn Albrechts des Beherzten,
Hochmeister des deutschen Ordens, geb. 25. Oktober 1474,
f 14. Dezember 1510.
8. Herzog Johann, ältester Sohn Georgs des Bärtigen, geb.
24. August 1498, f IL Januar 1537.
9. Herzog Friedrich, zweiter Sohn Georgs des Bärtigen,
geb. 15. März 1504, f 2ö» Febr. 1539.
Aufser diesen 9 Grabplatten befinden sich noch in der
an die Hauptkapelle anstofsenden kleinen Kapelle:
10. Herzog Georg der Bärtige, Albrechts des Beherzten
Sohn, geb. 27. August 1471, f 17. April 1539.
11. Herzogin Barbara, Gemahlin des letj^teren, Tochter
Königs Casimir IV. von Polen, f 15. Februar 1534.
Von ganz vorzüglicher Schönheit und dem höchsten Kunst-
wert sind die beiden Platten Nr. 5 und 6, und wenn ich es
wage, beide dem berühmten Erzgiefscr Peter Vischer als unbe-
streitbares Eigentum zu vindizieren, so gescliieht dies aus folgen-
den Gründen:
Erzbischof Emst von Magdeburg, der Neffe der Herzogin
Amalie sowohl, als der Herzogin Sidonie von Sachsen, hatte
sich sein Denkmal in den Jahren bis 1495 von Peter Vischer
fertigen lassen und lebte bis zum Jahre 1513« Nach dessen
trefflich gelungener Ausführung hatte er gewifs allen Grund, den
Meister seines Denkmals auch für die Beschaffung der Denk-
nutlcr seiner T anten Amalie und Sidonie zu cin))fehlen, da er
beide überlebte und mit allen Angehörigen seiner Familie in
den freundlichsten lieziehungen stand. Wirkte doch sein Beispiel
selbst über sein Lebensende hinaus bc/ü<i!irh der Denkmäler
seiner beiden Brüder, der Kurfürsten Friedrich des Weisen und
Johann des Beständigen, die beide ihre Denkmäler aus der
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— 171 —
Vischerhütte zu Nttmberg erhielten, obschon zur Zeit der Fer-
tigung des ersteren der Meister Peter der ältere nicht mehr in
voller Manneskraft, bei dem letzteren sogar schon heimgegangen
war, während er beim Tode der beiden Herzoginnen in seiner
höchsten Blute stand.
Wie sollte man dazu kommen, unter solchen Verhältnissen
den Schöpfer ihrer Denkmäler an einem andern Orte zu suchen,
und wo hätte man emen würdigeren oder nur ebenbürtigen
Meister gefunden?
Die Art der Ausführung, die sich scheinbar als Gravierung
darstellt, war dem Meister Peter nicht fremd. Wir finden sie be-
reits auf der Fahne des Grafen Otto IV. von Henneberg in
der Kirche zu Römhild aus den 1480er Jahren*), auf welcher
das Hennebergische Wappen mit reichem Laubwerk durch ver*
tiefte Linien dargestellt ist. Wir finden sie in dem Denkmal
des liischofs Friedrieh von Krakau in der Domkirchc daselbst,
dessen Abstammung; aus der Hütte Peter Vischers aus dem
Jahre 1510 wohl nicht zu bezweifeln ist. Wir finden sie end-
lich in den Damastmustern auf fast allen Gewändern und Da-
maststoffen seiner Denkmäler und aus dem von Gerlach in des-
sen Schriftchen über die Grabplatten in den Domen zu Meifsen
und Freiberg *) ausdrücklich hervorgehobenen Unterschied der
ersteren von den letzteren, wonach die vertieften Linien der
Meifsener Platten »nicht scharfkantig in der Plattenober-
fläche, sondern in dieselbe abgerundet übergehend er-
scheinen«, geht hervor, dafs die Meifsener (iral)platten nicht
etwa eigentliche Gravierungen der Zeiclinunix in das harte Metall
darstellen, dafs vielmehr die Zeichnung in das weiche Modell
graviert, darüber eine Mutterform gemacht und über diese der
Gufs ausgeführt wurde. Die Platten, wie wir sie dermalen sehen,
sind daher nicht dem Kupferstich ähnlich durch Gravierung auf
das Metall entstanden, sondern es sind die graviert erscheinen-
den Lünen durch Gufs erzielt, mithin ganz auf dieselbe Weise
Otto IV , Ciraf v n ! fcnneberf^, f 1502.
') H. Gerlach, die mitlelallerlichen (p-avieiien melsini^enei) Grab-
plftttcn, liMbeiondcre in den Dom«& tu Meifsen und Freiberi?. Freiberg
1866. S. 8.
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— 172 —
dargestellt worden, wie die Damasttnttster auf den Vischer-
Denkmälera tu Bamberg,') zu Breslau,*) zu Magdeburg.^ zu Köm-
hild*) etc. Es würde daher ein grofser Irrtum sein, wenn man
daraus, dafs das Gravieren in Metall von der Vischerschen Werk-
stättc nicht erweislich L;eiiht worden sei, die Vischersche Autor-
schaft in Abrede stellen wollte, da Visc her für die gleichartige
Darstellung sich der weit bequemeren Methode der Gravierung
in das weiche Modell bediente und diese fast an allen seinen
Werken zur Anwendung brachte.
In späterer Zeit (1536) wiederholt sich die gleiche Me-
thode an dem in der Stiftskirche zu Aschafienburg befindlichen
Katafalk in voller Gleichmäfsigkeit, und dieser stammt aus der
Hütte des Johannes Vischer zu Nürnberg.
Femer ist die Art der Überdachung der Figur mit goti-
schem Laubwerk, wie bei der Herzogin Amalie, völlig ent-
sprechend den Denkmälern Georgs II. und Heinrichs III. im
Dome zu Bamberg. Auch wiederholen sich an dem Denk-
mal der Herzogin Sidonie in den Zwickeln oberhalb des Bogens,
der die Figur überspannt, die Kinderfiguren, die bekanntlich ein
charakteristisches Merkmal der Peter «Vischerwerke sind. Zu
beachten Ist aufserdem, wie beide Figuren, die Herzogin Amalie
wie die Herzogin Sidonie, vor einem hinter ihnen aufgespannten
damascierten Teppich stehen, über welchem man bei Sidoniens
Grabplatte in das Innere eines Gemaches blickt, wie man, bei
völlig gleicher Anordnung hinsichtlich des Teppichs, bei dem
Denkmal des Bischofs Johann von Breslau in das innere einer
Kirche blickt.
Was aber die Entstehung aus Peter Vischers Hand auf
das untrüglichste nachweist, ist der Umstand, dafs sich das
'1 Gr.ibniäler der Bamberger Bischöfe Heinrich III., i 150t, (die Grab-
platte 1492 — 93 in Nürnberg angefertigt); Veit I., t ^S^3i Georg U., f 1505
(fttr die Grabplatte 1505 und 1506 dem Peter Vischer Zahlungen geleistet).
^) GrAbmal det Bischofs Johaon IV. von Br«sUii, t 1 5<^t
ebenda (beteichnet mit dem vollen Namen Peler Vischer and der Jahrtahl 1496).
'1 Grabmal des Er/bischofs Ernst von Mai;deburL^, f 1503, im Dom
ebenda ( bezeichnet mit dem vollen Namen Peter Visebers und der Jahres*
zahl 1495).
*) Grabmal des Grafen Hermann VUL von Henneberg, t i535'
seiner Gemahlin Blisabeth von Brandenburg, f 1507, in der Stiftskirche sn
Kömhild.
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— 173 —
überaus reiche Muster in dem hinter Amaliens Figur ausgespann-
ten Teppich in völliger Gleichmäfsigkeit an den Gewän-
dem der Gräfin Elisabeth von Henneberg in der Stiftskirche
zu Ruinliild bis ins kleinste Detail wiederholt. Kine solche Über-
einstimmung wäre bei zwei selbständig schaffenden, niclit nach-
ahmenden Künstlern von solcher Bedeutunf^, wie sie für beide
Denkmäler anzunehmen sindi undenkbar, wäre es nicht ein
und dieselbe Person, die man als Verfertiger von beiden voraus-
setzen mufs. Dieselbe Dessinfigur findet sich gleichermafsen an
der Planeta des Bischofs Heinrich ni. im Dome zu Bamberg,
sowie des Bischofs Veit I. daselbst.
Wenn hiernach die Autorschaft Peter Vischers bezüglich
des Denkmals der Herzogin Amalie nachgewiesen sein dürfte, so
wird man auch bei dem vollkommen gleichartig aufgefafsten Denk-
mal der Herzogin Sidonie an keinen andern Künstler und um so
weniger an Albrecht Dttrer, der Tradition folgend, denken dür-
fen, als dessen gleichzeitige Arbeiten stilistisch zu beiden Denk-
mälern in keiner oder nur oberflächlicher Verwandtschaft stehen.
Die Herzogin Amalie steht auf der ihr gewidmeten Grab-
platte zwischen zwei achteckigen Postamentpfeilem mit goti-
schen Laubkapitälen; aus deren Deckplatten steigen gewundene,
mit einzelnen Blättern belaubte Äste auf, die sich zu Häupten
der Figur zusammenschlingen und reichbelaubte Zweige mit
Blumen und Bhittern treiben, in welchen rechts das Bayerische,
links das Sächsisclic \Vap])en sich eingefügt findet. Die herr-
lich gezeichnete Figur der Herzogin, tief verhüllt in einer Tracht,
aus welcher nur Augen und Nase unbedeckt hervorschauen, und
deren trefflich gezeichnete Hände mit dem Abzählen des Rosen-
kranzes beschäftigt sind, zeigt soviel Anmut und natürlich un-
gezwungene Bewegung, dafs sie sich vor früher gefertigten Grab-
platten, wie wir sie von Vischers Hand im Dome zu Bamberg
finden, rühmlichst hervorthut und nur in der gleich ausdrucks-
voll und trefflich modellierten Figur der Gräfin Elisabeth von
Henneberg wiederfindet. Ganz besonders zeigt sich an den
Figuren der beiden Herzoginnen Amalie und Sidonie die unver-
gleichliche Geschicklichkeit Peter Vischers des älteren in Ver-
wcndun^' der Hände, die er stets so einfach natürlich zu be-
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— 174 —
schäfügen weifs, dafs auch darin ein besonderer Grund für seine
Autorschaft gefunden werden kann.
Bei der Herzogin Amalie bedeckt das Obergewand mit
dem Schleier die ganze Figur und ist von oben bis unten zu-
geknöpft, bei der Herzogin Sidonie dagegen schaut das reichver-
zierte Unterkleid unter dem Obergewand zwischen den beiden
Wappen, die zu Füssen der Figur rechts und h'nks aufgestellt
sind, hervor. Der Faltenwurf ist mit grofsem Geschick gezeich-
net und neigt, zumal an der linken Contur zu Albrecht Dürer-
sehen Falten hin, allein wir finden dergleichen GeGtIte auch
bei Peter Vischer, insbesondere an dem Gewand des Erzbischofs
Emst von Magdeburg. Es steht mithin auch von dieser Seite
kein Grund der Annahme entgegen, dafs die Grabplatten der
beiden Herzoginnen dem grofsen Meister Peter Vischer ange-
hören. Zu Füfsen der Herzogin Sidonie l^efindet sich links das
Wappen des Königreichs Böhmen, da sie des Königs (ieorg
Podicljrad von Böhmen Tochter war, rechts das viergeteilte
Sächsische Wappen ihres Gemahls Herzog Albrechts des Be-
herzten mit dem Rautenkranz, dem Thüringischen und Meifs-
nischen Löwen, dann dem Adler von Pfalz-Thüringen. In dem
Kreuz der Vierteilung ist ein Schild mit dem Reichsadler und
auf diesem ein kleineres Schild mit 2 Löwen angebracht. Der
Reichsadler bezieht sich auf Albrechts Stellung als Reichsfeld-
hauptniann und Reichsstatthalter der Niederlande, die ihm Kai-
ser Friedrich III. verliehen, während in dem kleinen Wappen
mit den beiden Löwen das Wappen des Bürsten von i-'riesland
zu erkennen ist, womit Herzog Albrecht beliehen war. Die ein-
zeilige Umschrift um die Grabplatte der Herzogin Amalie lautet:
NACH . CHRISTI . GEPVRT . MCCCCCH . lAR . AM .
ACHTEN . TAGE . NACH . MARTINI . IST . GESTORBEN .
DIE . DVRCHLEVCHTE . HOCHGEBORNE . FVRSTIN . FRAW.
AMELEIE . H . L . VON . PEIRN . NACHGELASNE , WITWE .
(iürORN . VON . SACHSEN . DER . GUT . GN.
Diese Ins( hriit ist zu beiden Seiten von einer gotischen
Biatterborte umrahmt von dcr?;elben Zeichnung, welche bei der
Inschrift am Denkmal des Bischofs Johannes von Breslau wieder-
kehrt und schablonenmäfsig auf das Modell aufgedrückt zu sein
scheint. Besonders bemerkenswert in der Inschrift ist der Buch-
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— 175 —
Stabe n, der, wie auch nach mittelalterlichem Braudi nicht un-
gewöhnlich, die Stelle von C vertritt.^)
Die zweizeilige Umschrift um die Grabplatte der Herzogin
Sidoniet die noch von einem zierlichen Vierpafskäntchen um-
rahmt ist, heifst: »Anno dm. MCCCCCX am freitag des abent
unser fraven Hechtmefs ist gestorbn die hochgebome tugetlichi
furstin fraw zdena geborn vo behym, herzogin zu Sachsen land-
gravin in diringen und niarggruvm /u rncifsen wutvve die ge-
west ein gcniachcl des hochberumten fitsten herm Albrecht«;
herzogen zu Sachsen etc. Godt wolle der seien genedig und
barmherzig seyn f Amen.
Merkwürdig ist, dafs in dieser Inschrift der Buchstabe r
acht Mal wie i geschrieben erscheint, während er gleichzeitig
mehrfach wie r geschrieben ist.
Unter den Grabplatten des Domes zu Meifsen findet sich
eine weitere Erzplatte, den Herzog Friedrich, dritten Sohn Al-
breclits des I^chei/.ten, Hochmeister des deutschen Ordens, in
vertieften Conturen darstellend.^) In der irrigen Meinung, dafs
die Zeichnung auf die ursprünglich glatt gegossene Platte gra-
viert worden sei, pflegt raan diese Zeichnung dem Meister Al-
brecht Dürer zuzuschreiben, während die erwähnte, an dem
Denkmal des Erzbischofs Emst zu Magdeburg in der Sächsi-
schen Fürstenfaroilie bereits glanzvoll bewährte Bekanntschaft
mit Meister Peter Vischer auch hier auf dessen Hütte hinweist,
dies aber um so mehr, als der Hochmeister Friedrich zum Coad-
jutor des Kr^ji.thofs Ernst gewählt und zu dessen Nachfolger
als Krzbischof vom raj)St bestimmt und bestätigt war, auch die
letzten Jalire seines Lebens behufs seiner Vorbereitung zu die-
sem Amte infolge eines Breve des Papstes Julius 11^ in Magde-
burg und dessen Nähe verweilte, mit seinem Vetter, dem Erz-
bischofEmst, in den nächsten Beziehungen stand, dessen kunst-
reiches Denkmal sicher kannte und schwerlich einen andern
Meister für sein eigenes Denkmal sich zu wünschen veranlafst war.
Ich verkenne indefs nicht einige Unterscheidungsmerkmale,
die mir auf die Mitwirkung eines der bolme hinzuweisen schei-
nen, die Ja im Jahre 1510, in welchem Herzog Friedrich starb,
*) Vergl. die Grabtchrift Herzog AlbrcchU S. iSs.
8. 170 Nr. 7
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— 176 —
bereits am Sebaldusgrab thätig mitarbeiteten, sehr wohl also
auch hierbei thätig gewesen sein kennen.
Die Anordnung der Grabplatte ist im allgemeinen die-
selbe wie bei den vorbeschriebenen beiden Platten. Die Figur
steht vor einem hinter ihr ausgespannten daniascierteu Teppich,
der, wie bei der Herzogin Amalie und dem Bischof Johann von
Breslau au Ringen hängt, die über eine horizontale Stange über-
geschoben sind. Unter ihren Füfsen ist ein Parquetboden sicht-
bar und rechts und links von denselben sind Wappenschilder
aufgestellt.
Der ritterliche Hochmeister ist von einem gekräuselten
Halbkreisbogen überspannt, dessen Zacken, wie am Sebaldus-
grabe, in gotische Lilien ausgehen. Über dem Scheitel des
Bogens schweift sich dessen Kante in eine dreieckige Spitze
aufwärts. In den über demselben sich bildenden Zwickeln keh-
ren die den Vischerdenkmälern charakteristischen Engel, mit
Laubornament umgeben, wieder. Was mir aber auf eine von
Peter Vischer dem älteren abweichende Manier hinzudeuten
scheint, ist einmal die Behandlung der Haare an Haupt und
Bart, dann die nicht ganz ungezwungene Haltung des rechten
Annes und der rechten Hand, die im Vergleich zu der sonst von
Peter Vischer bewährten Virtuosität in diesem Punkte einiges
zu wünschen übrii, laist. Das Haupthaar ist fast perückenartig
gehalten und, wie der Kinn- und Backenbart, so fein gekräuselt,
dafs man dabei fast an die Kunst des Friseurs erinnert wird.
Der Ausdruck im Gesicht ist von der Innigkeit, die sich an den
beiden Herzoginnen in den wenigen sichtbaren Gesichtszügen
in unverkennbarer Weise kundgibt, weit entfernt, es spricht
sich darin vielmehr einige Gleichgllltigkeit aus. Der Kopf ist
blofs, ein Hehn nicht sichtbar. Aus allen diesen Gründen ist
insbesondere an einen Albrecht Dürer nicht zu denken, so kor-
rekt und sicher auch die Zeichnung der gan/.en Phitte ist.
Auch das Laubornament in den Zwickeln ist etwas eigentüm-
licher, von der Gotik al) weichender, in die Renaissance hin-
überneigender Art, während im übrigen gotischer Typus waltet.
Die Rüstung ist mit Vischerscher Einfachheit behandelt, das
deutsche Ordenskreuz ist auf der Brust angebracht, der Ordens*
mantel hängt in schönem Faltenwurf über den Rücken, die linke
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— 177 —
Hand stützt sich auf das Schwert, die rechte hält den Rosen*
kränz, beides in wohlerwogener Beziehung auf die weltliche und
geistliche Eigenschaft des deutschen Ritterordens, ein Dolch
hängt an der rechten Seite. Das Wappen zur rechten der
Figur ist das Sächsische, dessen Geviertteilung durch das deut-
sche Ordenskreuz bezeichnet ist. Zur linken der Figur ist das
Wappen mit dem doppelschwänzigen Böhmisclien Löwen auf
Friedrichs Mutter Zedena bezüglich angebracht.
Die Umschrift um Friedrichs Grabplatte lautet: Nach
Christi Geburt MCCCCC und x jar am züi tag des monats
decembris ist zu Rochlitz mit tode verschieden der hochwirdig
durchlauchtig und hochgebom f&rst und herr Friderich, tewti-
schr Ordens hochemaister choadjutor der ertzpischöfl. kirch zu
maydeburgk, herzogk zu Sachsen, lantgrave in thuringen, marck-
grave zu meifen, des sele got gnedig und barmherzig sey, des
leichnamb hie begraben leyt.
Es genügt mir nicht, die drei vorstehend beschriebenen,
durch Herrn Gerlachs treffliche Photographieen^) bekannt ge-
wordenen Grabplatten des Meifsener Domes der VischerhlLtte
zu vindizieren. Nachdem ich vielmehr, durch lebhaftes Inter-
esse für die Sache geleitet, nächst den vorgenannten, auch die
übrigen Grabplatten des Domes an Ort und Stelle sorgsam be-
trachtet und nach Mafsgabe der durch vielfaches Sehen Vischer-
scher Werke gewonnenen Anschauung auf ihr Geburtszeugnis
geprüft, war ich nicht wenig überrascht, daselbst eine wahre
Fundgrube Vischerscher Monumente zu entdecken. Nach meinem
Ermessen befinden sich nämlich aufser den genannten 3 Grab-
platten noch 7 dergleichen, und zwar drei aufeinander folgen-
den Generationen angehörig im Dome zu Meifsen, von denen
zwei, die Grabplatten der Bischöfe Sigmund von Wttrzburg und
Dietrich von Schönberg von Meifsen dem älteren Hermann
Vischer, die Grabplatte des Kurfürsten Ernst diesem unter Mit-
') Photographiecn von Original-AbdrUcken mittelaUerlicher gravierter
messingener Grabplauen. Herausgegeben von H. tierlach Freiberg i. S. 1867s
Vgl. aufserdem Creeny, a book of facsimites of monumental brassen
on the continent of Europe, o. O. 1884, mit Abbildungen der drei oben
genannten (S. 5^t 53)* ^owie der im folgenden aufgeführten Grabplatten vo,
Kurfürst Ernst von Sachsen (S. 4s», Herzo;^ Albrecht dem Beherilcn 18.50).
der Herzogin Barbara (S. 55) und der Herzöge Johann ;S. 55) und Fried-
rieh von Sachten (S. 57}.
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— 178 —
Wirkung seines Sohnes Peter des älteren» die Grabplatte des
Hersogs Albrecht des Beherzten dem letzteren ausschliefsUch,
dann die Grabplatten der Herzogin Barbara und ihrer beiden
Söhne Johann und Friedrich dem Johann Vischer mit gröfster
Wahncheinlichkeit zugeschrieben werden müssen.
Hermann Vischer, der Vater, war in Sachsen nicht unbe-
kannt, er hatte schon im Jahre 1457 den ehernen Tautlccssel
in die Stadtkirche zu Wittenberg gcHefert und da es der Werk-
stätten, worin Erzgufsarbeiten gefertigt wurden, damals kaum
mehr denn jetzt gegeben haben dürfte, so wird man wohl auch
zunächst an den durch die erwähnte Lieferung bereits bekannt
gewordenen Hennann Vischer in Nürnberg gedacht haben, als
es sich um ein Monument für den Erzbischof Sigmund handelte.
Die eherne Grabplatte des Bischofs Sigmund, Nr. 1 in der
Grabkapelle des Domes zu Meifsen, zu Häupten des Denkmals
Friedrichs des Streitbaren, entspricht in der Art und Weise der
Ausführung völlig den Grabplatten Georgs I. und II., Heinrichs
und Veits im Dome zu Bamberg^)-, Figur und Rahmen mit In-
schrift bestehen aus Bronzeplatten, die in eine Sandsteinplatte
eingelassen und aufgenietet sind. Die das Kopfstück des Rah-
mens bildende Ucberdachung besteht aus 3 Spitzbögen, Uber dem
mittleren zierliches liiafswerk, über dem rechten das Sächsische,
aber dem linken das bischöflich Wflrzburgische Wappen, und
entspricht in ihrer allgemeinen Form genau der Bekrönung der
Grabplatte des Bischofs Georg I. zu Bamberg. Auf den Reken
des Rahmens sind die Attribute der Evangelisten angebracht,
vom Vierpafs umrahmt, in conventioneller Form. Ebenso zeigt
die Figur die unzweifelhafteste Verwandtschaft mit den Grab-
platten zu Bamberg, einen Kopf voll Leben und Ausdruck, da-
bei aber ungeschickt behandelte Hände.
') über die Epitaphien Georgs Ii., Heinrich III. and VeiU L vergl.
oben S. 172.
Dm Grabmal Georgs L itt nach Dftbnen Annahme vor dem Todes-
jahre des Bischofs (1475» von Hermann Vischer dem älteren, Pi ter Vischcrs
des alleren \':<tcr, gearbeitet worden. Die Entstehung des Werkes in so
früher Zeit anzunehmen veraniaf&te ihn der Umstand, dafs das auf dem
Plattenrande angebrachte Todesdatnm andere Schriftittge aufweist, als der
übrige Teil der firabschrift und somit letztere samt der Platte vor erfolgtem
Ableben des Bischofs angefertigt zu sein scheinen. Bode lu. a. O. S. 141)
ttnd Bergau la. a. O. S. 4) neigen ebenfalls dazu, die Epitaphplatte Georgs X.
dem Hermann Vischer sususchreiben.
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Die Umschrift lautet; Anno domini mttCtJttH
heiligen Kristflg zu nacht ist der hochwurdig in got vater und
hochgcpom furste und her herre Sigmund bischove su wircpurg
herzog zu Sachsen lantgrave in doringen und margf^rave zu
miffeu ic (etc.) verscheiden der hie begrabe leyt dem got
gnedig siy.^)
Von ganz ähnlicher Beschaffenheit — Bronzeügur und
Umrahmung in eine Sandsteinplatte eingelassen, die Ecken mit
den Attributen der Evangelisten im Vierpafs geziert und diese
derselben Schablone entnommen, welche bei der Grabplatte
Sigmunds Anwendung geHinden — ist die Grabplatte Dietrichs in.
von Schönberg, Bischofs von Meifsen (1463 — 1476), im Schiff
des Domes daselbst*). Schon die gleichartigen Eckverzierungen
weisen auf denselben Künstler hin, welchem die GraliplaiLe Sig-
munds nnpchört, ebenso aber aucli die mehrerwähnte charakte-
ristische Eigenschaft, der ausdrucksvolle Kopf und die unge-
schickt behandelten Hände, die sich auch tiier wiederfinden.
Die Umschriftt lautet:
Anno dm. mctttlfjAli »k . Bona . sexta . fef . que . fuit . duo-
dedma . mefis . April . obiit . revered. In zfto pater et dös Dmil
Theodric** a Schonberg. Eps. hui^ eccl. cu^ imä requiescat. in
pace. Arnn.
Die beiden an letzter Stelle aufgeführten GrabplaLtcu sind
in flachem Relief, genau den Grabplatten der obengenannten
Bambergischen Bischöfe entsprechend ausgeführt und müssen
ihrer ganzen künstlerischen, wie technischen Beschaffenheit nach,
derselben Quelle, und 2war dem noch in engen Grenzen sich
bewegenden Hermann Yischer dem älteren sugeschrieben wer-
den. Ebendahin, jedoch auf die thätige Teilnahme eines sich
freier bewegenden und begabteren Künstlers hinweisend, glaube
ich die zwar nur skizzenhaft ausgeführte Grabplatte, die das
Bild des Kurfürsten Ernst von Sachsen mit ^VaI)pen inageben
in vertieften Conturen darstellt, rechnen zu müssen. Kurfürst
Ernst starb am 26. Aug. 1486. Die Zeichnung der Figur im
Kurhabit ist mit sicherer Hand, Ornamente und Wappen sind
') Aaffallen mals Id dieser Inschrift die vielleicht nar durch ein Vo^
sehen herbeigeführte oniiditige Angabe des Todesjahiet 147a «aftatt der
der richtigen Zahl 1457.
*) Vgl. F. A. Eberl, Der Dom sv Meiftca. Meiisen 1835. S. 119.
la»
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in trefflichster Weise, wie sie mit gleicher Virtuosität in allen
Arbeiten Peter Vischers wiederkehren, ausgeführt, der Damast
des Gewandes deutet entschieden auf anderweit bekannte Vischer-
sche Muster, der Löwe, auf welchem der Kurfürst steht, unver-
kennl)ar auf die Bestie der völlig gleichzeitig (um 1487) gefer-
tigten Statue des Grafen Otto iV. von Henneberg in der Kirche
zu Römhild hin.^) Die aus gotischem Laubwerk gewundene, die
Inschrift ringsum zweiseitig umrahmende Borte ist genau die-
selbe, welche die InschriiI auf der Grabplatte der Herzogin
Amalie von Bayern umzieht, deren Ursprung aus der Vischer-
hfVtte aus den oben angeführten Gründen wohl nicht zu be-
zweifeln ist.
Die Grabplatte des Kurlursten Ernst i.^t aus 16 Teilen
zusammengesetzt. Es beweist diese Zusammensetzung aus so
vielen Teilen, die den Gufs erleichtert, die Gravierung aber
unleugbar erschwert, dafs die Zeichnung auf dem Wege des
Gusses erzeugt wurde. Dieser verspricht dem in der Kunst
des Erzgusses noch weniger routinierten Meister ein sichereres
Gelittgen der ebenen Fläche, wenn das Gufsstttck geringe
Dimensionen hat, während die vielfach zusammengesetzte
Platte dem Graveur nicht entfernt einen Vorteil, vielmehr nur
Nachteil und Hindernisse bieten mufs. Diese Zusammensetzung
aus vielen kleinen Teilen deutet ferner auf einen im Erzgufs
noch ängstlichen, für das Gelingen besorgten Kunstler, der
seine Zeichnung auf das Wachsmodell mit sicherer Hand und
mit grofsem Geschick im Ornament und in der heraldischen
Zttthat gefertigt hatte, aber, wie es scheint, sich zum ersten Mal
in der Darstellung einer völlig ebenen schwachen Platte ohne
Relief versuchte, hin; darum glaube ich nicht ohne Grund an-
nehmen zu dürfen, dafs wir es hier mit einem der ersten Ver-
suche des damals noch jungen Peter Vischer im Plattengufs
zu tliun haben, während die Uttustatue zu Römhild sein ältestes
namhaftes Werk im Rundgufs darstellt.
Die Umschrift auf der Grabplatte des Kurfürsten Krnst
lautet :
Anno . Dm. 1486 die . 26. August . ob . illustrissim . prin-
ceps * ac . dms . dms . Ernestus . dux . Saxonie . sacri . rom . imperi .
*) S. o. S. 171.
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ArcliHuarescals . et . pinccps . electo . lautgraphius duringie . ac .
raarchio . misne . ciii. äma in pace . quicscat.
Weit voliendcter in der DarsteliuDg und weit kühner in der
Technik ist die Grabplatte des am 12. September 1500 gestor-
benen Herzogs Albrecht des Beheizten von Sachsen, Bruders
des Vorigen, welche dem Monumente seines Grofavaters Fried-
richs des Streitbaren zur Linken in den Fufsboden der Grab-
kapelle des Domes zu Meifsen eingesenkt liegt. Sie stellt den
Herzog in voller Rüstung dar, den Orden des goldenen Vliefses
auf der Brust, auf einer perspektivisch gezeichneten mit Laub-
werk und dem Regalieiiwappen gezierten Konsole stehend, hin-
ter welcher ein perspektivisch gezeichneter Parquetboden sich
verjüngt, das Schwert in der Linken, eine mehrfach gewundene
Fahne mit dem Reichsadler, auf welchem ein Schild mit zwei
Löwen angebracht ist, in der Rechten.
Die Rttstung ist einfach, wie alle Ritterrflstungen Peter
Vischers. Über dem mit aufgeschlagenem Visir dargestellten
ausdrucksvollen Kopf des Herzogs sind 3 mit Laubwerk gezierte
Wappenhelme angebracht, der Sächsische in der Mitte, der
Thüringische zur rechten , der Meifsnische zur linken. Der
Reichsadler auf der Fahne deutet wohl auf >Terzog Albrechts
Stellung als Reichsstatthalter der Niederlande (erblicher Guber-
nator im Dienst des heiligen Reichs, wie die Umschrift der
Grabplatte sagt), die beiden Löwen sind dem Wappen der Gräfin
von Friesland entlehnt, das Herzog Albrecht sich beilegte').
Die flbrigen auf der Grabplatte rechts und links der Figur an-
gebrachten Wappenschilder sind die des Hauses Sachsen; heraU
disch links oben dem Fahnenschilde gegenüber das Sachsen-
schild mit dem Raiitenkranz, dann folgen unter diesem Meifsen,
Pfalz-Thüringen, Pleifscn, Altenburg, Eisenberg, letzteres mit
der rautenförmigen Teilung, wie sie sich auch auf dem 1495
gefertigten Vischerschen Denkmal des Erzbischofs Ernst von
Magdeburg findet^), und rechts unter dem Reichsadlerschilde
') S. Gretsehd, G«»cMchte d.Slehsfoelien Volkes u. Staates, Bd. I S. 3S5.
') Das gewöhnliche gräflich Eihenbergisclie Wappenschild enthält 3
blaue Balken in weifsem Feld. Hier besteht es aus lauter Rhomben mit
vertikal stehenden Spitzen, der darüber stehende Helm ist zerbrochen, die
Helmder fehlt. ZafSllig aber wiederholt sich dassdbe "Wappen nebst an-
deren Schildern des Sächsischen Gesamt Wappens an dem Deckengewölbe der
»Emestinischen Kapelle" des Magdeburger Domes, in welcher das Grabmal er-
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Tliunngen, Pfalz-Sachsen, Landsberg, Orlamünde, Engern. Das
Innere der Platte ist rechts und links durch mit Laiibgewinde
gezierte Säulen begrenzt, auf deren Kapitellen ein gedrückter
Bogen ruht, hinter welchem man in seltsamer Perspektive Ge-
wölberippen, Gesimse auf Säulchen ruhend, Quadern und vor
dies«n, in der Kopf höhe der Figur beginnend, einen aufgehängten
damascierten, unten in Fransen endenden Teppich erblickt. Die
zweizeilige Umschrift der Grabplatte in lateinischen Majnskehi
heilst:
NACH . CRISTI . GEPVRT . FVNFZEHEN HUNDERT .
lAR . AM . SONOBENT . NACH . NATIVITATIS . MARIE . VM.
ZWOLFF . ZV . MITTAG . STARB . ZV . EMDEN . IN . FRIS-
LANT . DER . DVRCHLEVCHTICx . HOCHGEBORN . F\ R.^T .
VND . HER . HER . ALBRECHT . HERCZOG . ZV . SACHSEN .
LANTGRAF . IN . DVRINGEN . VND . MARGGRAFF .ZV.
MEISSEN . ERBLICHER . IVBERNATOR . IN . FRIS-
LANT . IN DINST . DES . HEILIGEN . REICHS . DEN .
GOT . GENAD . VND . WOL . IM . SEIN . GVT . WERCK .
EWIKLICH * BELOHNEN.
Der Buchstabe C ist in dieser Inschrift allenthalben in
der für jene Zeit selteneren Form, wie C geschrieben, genau so
wie in der Umschrift der Grabplatte der Herzogin Amalie von
Bayern, ein weiterer Hinweis aufser den bereits angeftlbrten
auf den mutmafslichen Autor.
richtet wurde, und ist dort mit einem Mohrenkopf mit fliegen 1 er Kopfbinde als
Hehiizier versehen Nun sagt (Hönn), »Des Chur- und Fürstlichen Hauses Sachsen
Wappen- und üeschlechts-UDtersuchung etc. (Leipzig 1704 S. 57) folgendes: >In
dem ▼om PHtochencken von Ltndenhof, weiland fttntKch Sicbmcheo Rat
und Oberamtmann zu Ichtershausen verfertigten und in dem Weimamchen
Getamtarchiv hinterlegten Sächsischen Wappenbuch zeij:;el sich anstatt des
mit obbesagten Streifen bedeckten Schildes ein rautenförmigtes oder auch,
wie ta» der Figur X zu sebeaden Wappen encheiot, ein mit krencweift ge>
sogenen und in der Mitte eines jeden rautigten Vierecks mit kleinen Hick»
lein versehenen Strichen ausgeziertes Schild und stehet auf jenes Ilelm eines
Mannes Rumpf, dessen Haupt mit einer Haube bedecket, nicht wohl aber,
wie Herr Spener meldet, mit einer gedrehten Krone, dessen Ende nmher«
fliegen, umbunden ist, gleichwie zwar sonsten insgemein auf diesem Eisen-
berßi«;chpn Wappenshelm eine Mohrin ohne Arme und Füfse. welche ihren
Kopf mit einer blau und weiCsen und ai&o denen Hehndecken gleichförmigen
Binde umwickelt za sehen ist.** Es unterliegt hiernach wohl keinem Zweifel,
(!ar^ das mit vertikal stehenden Raulen versehene Wappen«;chil(i das Wap-
pen der firafschaft Eisenberg bcdeulel und dafs es nicht etwa im Hinblick
darauf daia de« Erzbischofs Ernst Mutter eine Prinzessin aus Bayerischem
Hause war, auf Bayern betogen werden kann, zumal die sog. Bayerischen
Wecken immer schief liegen und niemals vertikal stehen«
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— 183 —
Nach einer im grofshenoglichen Archiv zu Weimar befind-
lichen eigenhändigen Quittuni^ des Hans Vischer vom 7. August
1534 lieferte dieser das für den Kurfürsten Johann den Bestän-
digen gefertigte Denkmal nach Wittenberg selbst ab und stellte
es daselbst auf;*) er, wie sein Vater, war daher der Familie der
Sächsischen Herzoge wohl bekannt, und so liegt die Vermutung
nahe, dafs man sich der bereits bekannten und bewährten Hatte
auch wiederum xuwandte, als es galt, der am 1 7. Januar dessel*
ben Jahres 1534 gestorbenen Gemahlin Georgs des Bärtigen,
der trefflichen Barbara von Polen, eine Grabplatte fertigen zu
lassen. Es wäre sogar nicht unmöglich, dafs Hans Vischer die
Reise nach Sachsen defshalb mit unternommen hätte, um sich
wegen der Lieferung einer neuen Platte mit Herzog Georg zu
benehmen, die früher gelieferten Platten, seit deren Fertigung
eine lange Reihe von Jahren verstrichen war, nach ihren Dimen-
sionen etc. zu prüfen, ttber Porträt und KostOme der verstorbe-
nen Herzogin sich zu unterrichten und sich so in die Lage zu
versetzen, eine befriedigende Arbeit liefern zu können. Diese
Annahme möchte wenigstens die damals beschwerUche Reise des
Rotgiefsers Hans Vischer, der sich defshalb auf mehrere Wochen
von seiner Werkstätte in Nürnberg entfernen mufste, besser mo-
tivieren als das biofse Aufstelleu einer fertigen Grabplatte, bei
welchem kaum ein Fehler begangen werden konnte, um dessen
Verhtttung willen Hans Vischer die weite Reise von Nttmberg
nach Sachsen unternommen hätte.
Da nun die gesamte Ornamentik an der Grabplatte der
Herzogin Barbara sowohl als an denen ihrer Söhne Johann, der
39 Jahre alt am 11. Januar 1537, und Friedrich, der 35 Jahre
alt am 26. Februar 153Q starb, die gröfste Verwandtschaft zeigt
mit der Renaissance-Ornamentik an den Denkmälern zu Aschaffen-
burg, insbesondere an dem sogenannten Katafalk der hl. Mar-
gareta vom Jahre 1536, an dessen Deckplatte sich Hans Vischers
omamentaler Stil am klarsten entfaltete, und der unzweifelhaft
ein Werk dieses Künstlers ist*}, so bin ich keinen Augenblick
S. Schuchardt. Veit Siofii, Peter Viseber nad Heut Vitcher nn
Deutschen Kunstblatt 1855, S. 129.
'> Ein sicherer Beweis dafür, dafs Jobannes Vischer der Meister die-
ses Katafalke» ist, sind Uber dem üe«iins der Westseite die beiden Engel,
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— 184 —
zweifelhaft, dafs die genannten 3 Grabplatten, obwohl keine
derselben eine Bezeic^hnung trägt, dem Hans Vischer zu Nürn-
berg zuzuschreiben sind.
Von keiner andern Werkstätte wird man gleich gewichtige
WahrscheinUchkeitsgrtlDde bezüglich der Autorschaft aufzubringen
vennögen ab von Hans Vischers Werkstätte in Nürnberg und
wird daher keinen Fehlgriff thun, wenn man an dieser so lange
festhält, als nicht bessere Gründe einer andern Werkstätte zur
Seite gestellt werden können. Es dürfte sich aus diesen Auf-
trägen für das Sächsische Fürstenhaus auch der langsame
Betrieb der Arbeiten an dem für das Rathaus zu Nürnljerg zu
vollendenden Bron/eiritter erklären, aus welchem dem Mei-
ster Hans Vischer so grofse Verlegenheiten erwuchsen.^)
III.
Zwei Gedenktafeln in der Stiftskirche zu EUwangen.
Hafsler machte^) auf zwei in der Stiftskirche zu Ellwangcn
befindliche Bronzegüsse aufmerksam und meinte, wenn man sie
Peter Vischer vindiziere, so würde man diesem Meister keine
Unehre anthun. Eine dieser Tafeln an der Westseite des süd-
lichen Querschiffes, 1,314 m Breite, 1,251 m Höhe, stellt die
Beweinung Christi dar, der vom Kreuze abgenommen in den
Armen seiner vom tiefsten Schmerz ergriffenen Mutter Maria
gehalten und auf deren langes faltenreiches Gewand niedergelegt
ist. Links von der Gruppe kniet der im Jahre 1452 als Abt
gewählte und 7 Jahre lang dem Stifte Ellwangen als Propst vor-
gesetzte Johannes von Hirnheim in betender Stellung, mit den
gefalteteten Händen den Hirtenstab umfassend, vor ihm das mit
dem Propsteiwappen, der goldenen Inftil im silbernen Felde,
welche sich an das dort angebrachte, von einem Lorbeerkranz umschlossene
BraadeDborgitche Wappen anldmen. Sie sind onit den jetst ihrer Flttgel
beraubten Engeln, welche an dem von Hans Vischer gefertigten und mit
seiner Marke bezeichneten Grabmal des Bischofs Sigmund von Lindenau
ij* 1544) i»> Merseburger Dom in der Krönung zu den Seiten des bischöf-
lichen Wappens gdagert sind, völlig konform und nach denselben
Modell gegossen.
'} Vgl. Baader, Beiträge zur Kunstgeschichte Nürnbergs 1860, S. 26.
~) Württemberg. Jahrbücher für vaterländische Geschichte etc. 186a,
Heft l. S. 99 f.
— 185 —
kombinierte Hirnheimische Wappen. Ein fliegendes Band mit
der Aufschrift: O mater Christi, fac propitium, quem gemiisti,
zieht sich von seinen Händen aus aufwärts Rechts kniet von
Hirnheiras Nachfolger, Albert von Rechberg, in gleicher beten-
der SteUiing, vor ihm das Rechbergische Wappen, ebenfalls mit
dem Probsteiwappen kombiniert \ das vor ihm auffliegende Band
trägt die Aufschrift: O mater dei, miserere mei. Beide Wappen
werden von einem zwischen ihnen stehenden Engel gehalten.
Den Hintergrund bildet ein damastartig verzierter Teppich und
ein gotischer Laubrahmen umgibt oben und zu beiden Seiten
die Platte, wie wir dies an sehr vielen Vischerwerken des 15.
Jahrhunderts gleichmäfsig vorfinden. Der Fufs der Platte wird
durch eine mit lateinischen Distichen beschriebene Tafel gebil-
det. Die Distichen lauten wie folgt:
Mille annis domini centum quater octoque ginta
Lapsis vigeno in lumine jononiy
Precelsus pater in Christo dominusque Joannes
Heros de Himhaim maximus astra petit.
Cum mille et centum quater X quoque quinquies ac tres
Post annos sanctum hunc rexerat abba locum.
Deinde Pio septem post brumas rite secundo
Pontifice hoc miserum clave regente salum
Huic, habitum mutans, primus devotus honestus
Collegio antistes prefuit atque bonus.
Deniqne priid entern vix uno vere peracto
Praepusituram aliuni legit habere virum
Scilicet Albertum de Rechberg usque vcreadum
Magnificum prestans hac hene donat herus
Qui anno milleno quingentenoque secundo
Virginei partus scandit ad astra poli
Quorum animae petimus felici Semper oratu
Gaudentes summa pace fnientur ave.
Ist die Relieftafcl, in ihrer ganzen Auffassung gotisch ge^
dacht und durchgeführt, dem Ende des 15. Jahrhunderts ange-
hörig, so scheint die Schrifttafel, wie sich aus den der Renais-
sance genäherten Schlufsomamenten der Zeilen schliefsen läfst,
einer etwas späteren Zeit, dem Anfange des 16. Jahrhunderts,
anzugehören. Gewifs liefs der Propst Albert von Rechberg die
Relieftafel sich und seinem Vorgänger zum Gedächtnis bei sei-
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— 186 —
neu Lebzeiten fertigen, während die Schrift nach dessen Tode
(1502) von Freundes Hand verfafst und gestiftet wurde. Letz-
tere, 9,406 m iiüch, bestciit aus gotischer Minuskelschrift mit
Initialen.
Trug schon Hafsler kein Bedenken, die Broii/.cgüsse zu
EUwangen der VischerhUtte zu vindizieren, tda Erzgiefsereicn
von ähnlicher Bedeutung wie die Vischersche in Nürnberg in
keiner andern süddeutschen Stadt jener Zeit vorlianden waren,
bei der ttberdies so geringen Entfernung Ettwangens von Nttm-
berg aber auch vor allem an diese bertthmte Werkstätte gedacht
werden mufste,c so kann auch ich demselben nur beipflichten.
Der tote Christus ist von ganz vortrefflicher Ausführung, der
Kopf von edelstem Ausdruck und bei seiner unverkennbaren
Ähnlichkeit mit dem lebenden Christus auf dem berühmten Re-
lief Henning Gödens zu Erfurt und Wittenberg*), an welches
auch die fliegenden Bänder mit Inschriften erinnern, gewifs kei-
nes andern Meisters Werk. Die von Schmerz gebeugte Maria
Ist in bejahrtem Alter dargestellt, den Leichnam Christi im
Schofse haltend, das Imke Bein knieend sur Erde gesenkt, mit
dem rechten den Gekreuzigten stfitzend. Von eigentttmlicher
Bildung sind die Strahlcnglorien, mit einer Perlenschnur
umrandet. Den erhöhten Rand um den Heiligenscliein finden
wir zwar auch an einem andern Werke Peter Vischers, an den
Nebenfiguren um den Bischof Johann von Breslau,*) die Perlen-
schnur dagegen ist ganz ungewöhnlich. Die Donatoren Johan-
nes von Himheim und Albert von Rechberg mit unverkennbar
individualisierten Portraitphysiognoroten bilden mit den Haupt*
figuren eine vortrefflich arrangierte Gruppe, wobei die fliegen-
den Bänder den Raum unterhalb der Kreuzarme in ausgezeich-
neter V^'eise ausfüllen.
Auch an den Wappen erkennt man die bcKaniite Vischer-
sche Virtuosität wieder, so dafs der Schluls auf die Autorschaft Peter
Vischers des älteren, und zwar zur Zeit des letzten Jahrzehntes
des fünfzehnten Jahrhunderts, aufser allem Zweifel liegen möchte.
') Epitaph des Propstes und Professor!^ an der Universität Wittenberg
Henning Goden if 1531) i» der Schiofskirche zu Wittenberg. Wiederholung
im Dom zu Erfurt.
•*) S, oben S. 172.
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— 187 —
Was diese Vermutung ganz besonders bestätigt, ist der
Uiiistand, dafs die Formen des hinter der dargestellten Srene
ausgebreiteten leppichs sich an der Grabplatte der Herzogin
Sidonie von Sachsen im Dome zu Meifsen, deren Entstehung
in der Vischerschen Werkstätte nicht wird bestritten werden
können, wiederholen.
Die zweite Bronzeplatte In der Stiftskirche zu Ellwangen
stellt die beiden Brüder Hartolf und Erlolf dar, die von ihnen
im achten Jahrhundert gestiftete Klosterkirche zn Ellwangen
hoch über ihrem Haupte cmporhaltend, beide im bischöflichen
Gewand, mit der Inful bedeckt, die Figur links den Hirtenstab
in der Linken haltend, die Figur rechts denselben unter dem
Arme festklemmend und mit beiden Händen an dem Kirchen-
modeli beschäftigt, wenngleich die Rechte es nur berührt. Zu-
nächst ttber dem First der Kirche wird der horizontale Stab
sichtbar, an welchem der hinter den beiden Figuren herabhän-
gende Teppich mit Schnüren befestigt ist und über diesem Stabe
stellt sich in zwei Rundbögen gotisches Mafswerk dar. Das
vorderste Glied dieses Mafswerks bildet ein Rundstab, der sich
in den obersten Ecken in einer Hohlkelüe kreuzt, während diese
Hohlkehle von dem die Insehrift entiialtenden, von zwei Strei-
fen eingeschlossenen Rand umrahmt ist. In seltsamer Weise
tritt der vorerwähnte Rundstab über den Teppich heraus, so
dafs der Teppich zwischen diesem Rundstab und dem Mafs-
' werk hängt und gleichsam in zwei Hälften geteilt an dem Plätt-
chen, welches an den Rundstab sich anschliefst, angeheftet er-
scheint. Der Rundstab durchschneidet das Kirchenmodell und
geht durch die Platte vertikal hindurch. An seinem Fufse lehnt
ein Wappenschild, in vier Felder geteilt, in zweien das Propstei-
wappen von Ellwanc^en. in den zwei andern je vier Lilien ent-
haltend, die durch diagonal sich kreuzende Balken getrennt sind,
vielleicht auf Frankreich bezüglich, von wo die beiden Stifter
einer Sage zufolge herüber gekommen sein sollen.
Die lateinische Inschrift, welche die Platte umgibt, ist in
gotischen Minuskeln geschrieben und heffst!
Hnnn . büuuntcc. intarnadunis . titt, Ixnu • rcgnatlU? ha-
volo . maunu . ct. piiunna . fvattibu« . cirnflntrtum . t\\,
i)iic . mpnaftsrium • ^Itetanucn . a . bsAto . itarinlfn .et« smlfn
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— 1B8 —
tito» » in « fnimtl0 . l^mc * i|tti«rmstito«.
Die Komposition, wonach die beiden Kirchenstifter als
solche sich darstellen sollen, ist ungemein spre« hend und die
Ausführung eines grofsen Meisters würdig. Die Kopfe der bei-
den Figuren sind in hohem Grade ausdrucksvoll. Die Anbrin-
gung des Teppichs als Hintergrimd für die Darstellung ist eben-
so wie die fast vdUige Bedeckung der Fttfse vollkommen der
Vischerschen Gewohnheit entsprechend* Ich kann daher der
Ansicht Hafslers nur aus voller Überzeugung beistimmen, wenn
er auch diese Platte der Vischerhütte vindiziert, der sie gewifs
mit vollem Rechte zugeschrieben werden mufs.
Die Zeit, in welcher sie gefertigt wurde, mufs in die letz- •
ten Jahre des 15. Jahrhunderts fallen, etwa um 1496, in wel-
chem Jahre das Denkmal des Bischofs Johann von Breslau ge-
fertigt wurde, welchem sie im Charakter sehr nahe steht.
Das Kirchenmodell scheint mit gröfster Treue die Kirche,
wie sie 2ur Zeit der Verfertigung des Denkmals aussah, darzu-
stellen, so dafs selbst der noch heute vorhandene bronzene
Löwenkopf an der südlichen Eingangsthür nicht vergessen ist.
Die obenerwidmie Sage läfst einen frankischen Prin/:ca
Hariolf auf der Jagd einen KWh verfolgen, -welcher ihn in
weite Ferne in einen endlosen, tiefen Wald bis in den Virn-
grund verlockte, wo ihm endlich dessen Erlegung gelang. Auf
feindlichen Boden geraten und allein in dieser Einsamkeit, auch
in Sorge, sich aus dem Walde nicht wieder herausfinden zu
können, gelobte er die Gründung einer Kirche auf der Stelle,
wo er das Wild erlegt hatte. Auf dieser Stelle in Schlaf ver-
fallen, soll er im Traum ein Glöcklein gehört haben, das ihn
in seinem Vorhaben l)estärkte, und worauf er die Seinigen wie-
der aufgefunden ]ia])cn soll. Er reiste darauf in seine Heimat
zurück, teilte sein Ciciübde seinem Bruder, dem Bischof Krlolf,
mit, der sein Vorhaben Inlhgte und das Gotteshaus in Gemein-
schaft mit seinem Bruder Hariolf ausführte.
Die Kirche wurde dem heiligen Vitus geweiht und das
damit in Verbindung erbaute Kloster dem Benediktinerorden
untergeben und unter Pippins des Kleinen und Karls des Grofsen
Schutz gestellt. Erlolf gab sein Bistum Langres auf und ver-
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— 180 —
lebte den Rest seines Lebens in Gemeinschaft mit seinem Bru-
der in EUwangen, welcher Ort sich um die Kirche ansiedelte.
Wappen der freiherrlichen Familie von Bibra im
Schlosse zu Irmelshausen bei Römhüd.
über einem Haupteingang im Hofe des Schlofses zu Irmels-
hausen bei Römhild, einer ehmals gräflich Hennebergischen
Besitzung» die sich aber bereits seit dem Jahre 1402 (nach an-
dern seit 1376) im Besitz der von Bibra befindet, ist ein von
Bronze gegossenes Wappen^) in Stein eingelassen, darunter die
Jahrzahl 1515, das nach Mafsgabe sowohl seiner trefflichen
Zeichnung und Modellierung, als seines vollendeten Gusses kei-
ner andern als der Vischerschen Giefshütte zu Nürnberg seinen
Ursprung verdanken kann.
Auf dem Schilde und auf jedem der beiden Flügel, wel-
che die Heimzier bilden, ist der wappenmäfsige Bieber ange-
bracht, heraldisch so trefflich gezeichnet, wie man ilm kaum auf
irgend einem noch so kunstvoll gravierten Stempel finden wird.
Der Wappenmantel besteht aus gotischem Laubwerk, zierlich
und schwungvoll beleiht, dabei den Bedingungen des Reliefgusses
so angcpafst, dais da^ Wappen nur als die Arbeit eines ausge-
zeichneten und kunstertalireuen Meisters gelten kann, nach mei-
ner Kenntnis Vischerscher Arbeiten aber unbedingt diesem Mei-
ster zugeschrieben werden mufs. Es ist kein Grund zu einem
Zweifel vorhanden, dafs die unter dem Wappen stehende in
Stern gehauene Jahrzahl 1515 mit dem Anbringen des Wap-
pens gleichzeitig ist, wälirend dessen Gufs wohl um einige Jahre
früher fällt; und da das benachbarte Römhild zwei Vischersche
Denkmäler^), das gröfsere vernuitlich im ersten Jahrzehnt des
16. Jahrhunderts, erhielt, so liegt es wohl nahe, dafs die guts-
herrliche Familie, wenn sie ihr Familienwappen in Erzgufs aus-
geführt sehen wollte, sich an keinen andern wendete, als an
V) Vgl. W. F'reiherr von Bibra, Reiträge rur Familiengeschichte der
ReicbsfreiheiTD von Bibra Bd. I. MUnchen i88o S. 103 nnd Anm.
-) S. oben S. 171, 172.
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— 190 —
den Meister, dessen Htttte ihr aus den in die nächste Nach-
barschaft gelieferten Werken bekannt sein mifTste.
Stil und Behandlung dos Wappens entsprechen vollkom-
men der Arbeit an dem Denkmal des Grafen Hermann von
Ilenneberg zu Römhild; eine näher h'cgende (iiefshütte als die
Nürnberger dürfte auch nicht namhaft zu machen sein. Die
Umstände sind mithin sämtlich derart, dafs sie die Vischersche
Autorschaft bestätigen, und dafs P. Vischer, der^ von seiner
Hände Arbeit lebte und 5 Söhne, auch wohl noch andere Ge^
hülfen, beschäftigte, dergleichen kleinere Arbeiten Übernahm und
ausführtet wie sie sich ihm darboten, ist selbstverständlich, mrd
aber auch durch anderweite Wappengüsse bestätigt.
V.
Epitaph des Deutschmeisters Walther von Cronberg
in der Marienidrclie zu Mergentheim.
Nach Mafsgabe seiner Architektur und seiner gesamten
Anordnung ist das Monument des Deutschmeisters Walther von
Cronberg (1526 — 1543) in der Marienkirche zu Mergentheim,
dem mit dem Monogramm des Hans Vischel bezeichneten Epi-
taph des Bischofs Sigismund von Lindenau im Dom zu Merse-
burg') so ähnlich, dafs dessen Ursprung aus der Giefshütte
Hans Vischers zu Nürnberg gar nicht bezweifelt werden kann.
Charakteristisch ist an diesen nach Peter Vischer des
älteren Tode gelieferten Produkten der Hütte, dafs aus ihnen
das Fabrikmäfsige mehr und mehr heraussieht. Hier wie dort
kniet die Hauptfigur — hier mit zum Gebet geschlossenen Iiiin-
den — vor einem Kruzifix. Hier wie dort ist es eine kapelien-
artige Nische, worin sich die Handlung begibt, hier wie dort
ist die Umrahmung der Nische von ganz ähnlichem Arrange-
ment Die Figur ist in Zeichnung tmd Modellierung trefflich
ausgeführt, insbesondare der unbedeckte bärtige Kopf von edel-
stem Ausdruck. Der Dargestellte trägt eine Schaube mit bret«
tem Pelzkragen, am Boden liegt das Barett, die gefalteten Hände
halten den Rosenkranz.
) S. oben S. 1^3. Antii. 2.
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— iQi —
Die Archivolte wird hier nicht wie am Merseburger Mo-
numente von Pilastern, sondern von sehr schlanken corinthi-
sierenden Rundsäulen getragen; die neben den Säulen sich an-
schliefscnden Anten sind in ihren Füllungen mit Rcnaissance-
ornamenten geschmückt, der Hintergrund der Nische mit zier-
lich gezeichnetem, am unteren Rande mit Fransen besetztem
Damastteppich bebangen, dessen Oberkante — freilich in un-
motivierter Weise — mit einer horizontalen Fuge abschneidet^
die Lttnette der Nische ist durch zwei Bögen geteilt, deren
Schenkel in der Mitte auf einem ebenfalls corinthisierenden Ca-
pitell ruhen, dessen kurz abgeschnittener Schaft in keineswegs
natürlich motivierter Auflösung: auf der horizontalen Fuge endet,
welche die Uberkante des Teppichs begrenzt.
In der Bogenabteilung links befindet sich eine Burg, viel-
leicht Cronberg, rechts eine Landschaft mit Baumgtuppen, in
der Mitte Uber beiden Bögen Gott Vater in Wolken thronend
mit Strahlenglorte und segnender Rechte, hinter welcher ein
Engel in seltsamer Weise den Arm vorstreckt.
Wie an dorn Monumente zu Merseburg, so sind auch hier
am Fufse und auf dem Kopfe der Anten 4 Wappen, hier sämt-
lich von Engeln gehalten, aufgestellt, während über dem Schei-
tel der Archivolte das Cronbergische Wappen mit dem Deutsch-
ordenskreuz kombiniert, wie es Walther von Cronberg fllhrte^),
mit drei Helmen und zugehöriger Helmzier angebracht sind.
Engel mit Flügeln stützen zu beiden Seiten das Wappen.
(Jenau wie an dem Denkmal zu Merseburg, so steigen zu
beiden Seiten der Archivolte, postamentartig sich an den Bogen
lehnend, zwei Dreiecke mit Gesimse auf, auf deren Fläche die
Jahrzahl 1539 angebracht ist.
Da Walther von Cronberg erst am 4. April 1543 starb,
so beweist diese Jahrzahl, dafs das Denkmal bei seinen Leb-
zeiten gefertigt wurde.
Die 4 Wappen sind jedenfalls den Familienbeziehungen
entsprechend: von ReifTenberg (rechts oben), von Hendschuchs-
heim (oben links i, vunDürckheim (unten links) und von Schon-
berg (unten rechts).
0 S. Siebmacher V, S. aS.
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— IW —
VI.
über den Verbleib des Fug^erschen Gitters.
Von dem Messinggitter, welches Peter Vischer nicht lange vor seinem
1529 erfolgten Tode für die Grabkapelle der Fugger in Augsburg nn-
gefertiiit hat und welches späterhin in den Rositz der Stadt Nürnberg
kam, um 1806 nach dem Übergang der Reichsstadt an die Krone
Bayern abgehrocht-n und versteigert zu werden, berichtet Heller in sei-
nen Zusätzen zu Neudörferi» liio^r.i|)hien dafs es nach dvm Verkauf
in den Schmelzofen gewandert sei. Im i'eter Vischerheft der »Nurn-
bei^schen KünsÜeri^ findet sich dagegen die Angabe, nur eine Thär des
Gitters sei auf soldie Weise zu Grunde gegangen, der Rest befinde sich
in Privatbesitz unweit Lyon; König Ludwig 1. habe einen, allerdings
vergeblichen, Versuch gemacht, ihn käuflich zu erwerben.*)
Um dieser Sache auf den Grund zu kommen, worüber
wohl alleiji der damals noch lebende, allen künstlerischen und
wlssenscliAftlichen Bestrebungen stets förderliche König Lud-
wig L von Bayern bestimmte Auskunft geben konnte, suchte
und fand ich Gelegenheit, durch Vermittlung Sr. Majestät des
Königs Otto von Griechenland eine authentische Mitteilung zu
erhalten. Herr Hofrat von Hüther, Hofsekretär Sr. Majestät
des Königs Ludwig I., schrieb mir unter dem 31. Mai 1867
folgendes:
>Se. Majestät der König Ludwig I. haben von dem Briefe
Kenntnis erhalten, in welchem Sie wegen des berühmten Bronze»
gitters, das bis zum Jahre 1806 im Rathaussaal zu Nürnberg
aufgestellt war, Nachfrage halten. Ich soll Ihnen nun im Auf-
trage Sr. Majestät 2ur Geschichte dieses Gitters mitteilen, dafs
AUerhöchstdieselben noch als Kronprinz zur Zeit der Restaura-
tion in Frankreich vielfach nachforschen liefsen. Eine Spur
führte endlich nach Lyon, leider war aber das schöne Gitter
bereits zersclilagen und in deu Ofen gewandert. Erst darauf,
und als einen kleinen Krsatz dafür, licfs dann Se. Majestät das
Gitter um den schönen Brunnen in Nürnberg erneuern. Das
Gitter existirt demnach nicht mehr.c
^) J. Heller, Betträge lur Kuiutgescbicbte L Bamberg 1835. S. 37.
2) a. a. O. S. 47.
^} Bezüglich des Verkaufs vergl. auch Lübkes Yeröfienüichung tu der
Augsburger Allgem. Zeitung 1873 Nr. 341, Beilage.
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— 193 —
VII.
Paul Vischer als Stücki^ei^r von Herzog Albrecht
von Preufsen i. J. 1538 nach Königsberg berufen.
Von Paul Vischer» dem vierten Sohne Peter Vischers des
älteren, besitzen wir aufser den durch Lochner veröffentlichten
Dokumenten eine urkundliche Notiz im kgl. Stadtarchive su Königs-
berg, wonach derselbe von Herzog Albrecht von Prenfsen als
Bttchsengiefser oder Stttckglefser eventuell verwendet werden sollte.
Die Urkunde lautet wie folgt :
>An PawU Viefclier, Peter Viefchers des Rotgieffers
Sonne zu Nürnberg, den 8. Marrii 1528.
Lieber Besonder. Wir liaben dein fchreiben, wie du
bericht, das wir etzlich gefchütz zu gieflen laTfen bedacht,
darztt wir eines Meiiters bedorffen würden, und dieweiU du
dann genaigkt wereft, diefe lande und mancherlei zu be-
fehen und auch die arbeitt deines vatters auff das mall
mäflick were etc. mit weiteren feinem ynhalt hören lefen.
• Und geben dir darauff zu vomemen, das nit ane, wir etz-
lich gei'chützc zu gicfi'cn lalTen bedacht, und nachdem wir
deinen vatter mit feiner arbeit kunftrcirh boren rhumen,
Wüllen wir uns vorfehen, du habft von dcmleibcn deinem
vatter auch etwas gefehen und begriffen, kennen wir wol
leiden, das du dich alher zu uns vorfu^efti So wollen
wir deine arbeitt anfehen und alsdanne mit dir reden und
handeln lafien, welchs wir dir auff dein fchreiben in ant-
wurtt gnediger meynung nicht haben verhalten wollen und
dir genedigen willen zu ertzaigen, sein wir geneigt,
^elicn zu Konigsiierk uts.«^)
Das kgl. Staatsarchiv zu Königsberg enthält eine weitere
interessante urkundliche Nachricht, welche damit in Zusammen-
hang steht.
Herzog Albrecht von Preufsen hatte im Jahre 1526 mit
einem Nürnberger Bürger Bastian Startz korrespondiert, der ihm
von Nürnberg einen Stttckglefser verschaffen sollte. Dieser
schrieb ihm von da unterm 30. Mai 1528:
■} Staatsarchiv Königsberg, 0»tpr. Foltani Nr. 26, S. ii^.
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— 1Q4 —
»* . . Verner To hat Jorg Clingenbeckg mit einem, der
fleh fttr eia pttxrengiefser aufgibt, gehandelt; hat Clingenbeckg
und ich nachmals nicht mögen zu Nürnberg in Erfarung komen,
das er sein Tag grob gefchütz gegossen het, allein Todeiigrcber
und l)ildwerckg, derhalhen E. F. G. zu inilt sein bericht wor-
den etc. Und solcher puxfenmeifler mit Namen Petter irifcher
heiftx etc.*)
Möglich, dals das Geschäft im Jahre 1528 flau ging, und
dafs die Inhaber aus diesem Grunde sich einem ganz neuen,
wenn auch verwandten Erwerbszweig zu widmen beschlossen.
Ob Paul Vischer die Reise nach Königsberg wirklich unter-
nommen und Stückgiefserei daselbst getrieben habe, ist unbe-
kannt. *)
VIII
Generalquittung des Hans Vischer über empfangene
Bezahlung für das Doppelgrabmal der Kurfürsten
Johann Cicero und Joachim I. von Brandenburg.
1530. Nov. 3.
Das urspriin^^Iirh in der Klostcrkirclic zu Lchnin befindliche, jetzt im
Dom m Berlin aulgci.iellte Doiipelgrabiual der Kurfürsten Johann Cicero
(t 1499) and Joachim I. 1335) ist vor 1524 durch Peter Vischer den
älteren begonnen und nach seinem Tode durch Hans Vi&cher, den älte-
sten der damals noch am Leben befindlichen Söhne, und Brben der
Gufswerkstatte, im Jahre 1530 vollendet worden. Die Höhe des Preises
ergibt die nachstehende, durch Herrn Archivrat Dr. R. Dobner
mitgeteilte, im kgl. ^ch. Staatsarchiv zu Berlin') befindliche Quit-
tung, welche Hans Vischer noch im Jahre der VoUendun:: tlrs Werkes
ausgestellt hat. Sic ist aus Augsburg datiert. DerCirund, weshalb sich
der Meister, vermutlich doch wohl während des Reichstags, dort auf-
hielt, ist nicht näher bekannt.
lieh Hanns Vischer vann Nvrmberg bekenne öfTellich mitt
diser meiner hantt schrief!t, das ich vonn meinem genedichen
*J Staatsarchiv Königsberg. Herzogliches Briefarchiv L 19. 106.
Ob Peter Vischer der allere oder sein gleichnamiijer Sohn, welch
letzterer 1528 starb, hier gemeiot sei, ist mit Bestimmtheit nicht festzustellen,
da der Todestag Peter Vischers des jün^ereo nicht bekannt ist.
Buld nach dem Tode des Vaters scheint er nach Maina gegangen
Txt sein, wo t 1530 als Bürger ansässig ist. Im selben Jahre wird er als
verstorben erwiihnt. (Vergl. Lochner in seiner Ausgabe des Neudörfer S. 31. 34.;
*; Geh. StaaUarcbiv Berlin R. 61, b. ao^ lit. V.
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— 195 —
heren dem caidinall vnd ercz bischoff von Mems vnd Magde-
bvrg etc. vnd marggiaffe Jocham zv Branebvrg, bede cvrfvisten.
838 fl. 3 ortt zv bezallen der grebnvs, die ich ireiti cvrfvrstl.
genaden gemachtt hab, cndrichtt viul bezalltt bin, vnd sag dar
ueber vor mich vnd meine mitterben bede cvrfvrstliche genaden
vnd der selbichen nachkomen vnd erben qvitt ledich vnd loss
in crafft dis prieffs one^) gefere vnd geben zv Avgspvrg ann
donncrstag noch aller heilly tag ano etc. 30.«
Über die Modalitäten der Zahlung, welche in damaliger
Zeit bei Oufswerken nach dem Gewicht berechnet zu werden
pflegte, berichtet der zugehörige, offenbar aus der kurfUrstlich
Brandenburgischen Kämmerei herrührende Zettel:
>Itcm ich pya dar py gewessen, dass dey begrebbnuss ge-
wegen ist, wycht XLI sentner LVIII den sentner hat der
rotgeser gerechent for XX fl., macht Vill<^ vnd XXXI fl. III ort
Xin 5. Dar an hat rottgeser entiangenn synen schryben nach
V<> fl. vnd fon myr UX«' fl. dor als VIII«: fl.» so blyfit dem rotp
sm3rt . . . himach schuldich 38 fl. 3 ort 139 mit samt der
vnkostung.
Vr. Korff. gn. vntertenyger amold (?) Wenk.«
*) Orlg. ome.
13*
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Die SeyMed Pflnzingische Kleiderstiftung.
Ein Beitrag zur Geschichte des Stiftungswesens in Nürnberg.
Von Georg Prhm. KrefSi Rechtsanwalt in Nflrnberg.
Am 8. März 1617 verstarb zu Nürnberg Herr Scvfried
Pfinzin;^^ von Henfenfeid auf Heuchling und Weigelshof mit
Hinterlassung eines am Tage vorher errichteten Testaments,
in welchem er folgende Bestimmung getroffen hatte ^):
Ferner ist mein Will und Mainung« das alle und jede
mir angehörigen Untertanen und Erbleut m Heuchling,
Herpersdorf, Wendelstein, Heroldsberg, Gttntersbühl und
aller andern Orten uf dem Land (jedoch ausserhalb Wei-
gelshofen) dem erbaren untl vcsten Sebastian Scheurl, des
grörscrn Rats allhier, meinem freundlichen, lieben Vettern
und Schwestersohn, nach meinem seligen Absterben gebür-
lich Aid und Pflicht laisten und schuldig sein sollen, ihme
ihr jährliche Gült und Zins zu gewöhnlichen Zilen und
Zeiten zu raichen, dargegen soll er, mein Vetter Sebastian
Scheurl, verbunden sein, über solche Gült und Einkom-
men uf dem Land, wie auch über alle Aigen, Gatterschaft
allhier in der Stadt jährlich uf St. Walburgen Tag jedes-
mals mit Zuziehung des Ehesten aus meinem Geschlecht
und Namen, welche ich ihme hiemit adjungiere und zu-
ordne, erbare und ufrichtige Rechnung zw thun und als-
dann sie bede von demselbigen Einkommen umb Gottes
Willen zur schuldigen Danksagung seiner mir erzaigten
vielfältigen Gut und Woltaten und mir verliehenen reichen
und milden Segens zuvorderst ein hundert Arme dürftige
Manspersonen von 50, 60, 70 und mehren Jahren alt,
*) Vgl. die Akten im Gran<11acher Archiv: Seyfriedt Pfintnng seligen
Te»t«mentum betrelTend 1617* welcher ge»torheii den 8. Martij.
— 197 —
danmter aber nicht allein hiesige Burger, sondern anch
Frenulc, soferne selbige sich ehrlich und wol verhalten
und dessen glaubhafte Zeugnufs haben werden, jährlich zu
ewigen Tagen uf den Tag Maria Magdalena einen jeden
mit einem Hembt, desgleichen wüUenem Klaid und Rock,
inmafsen bishero bei der Mttnzerischen Stiftung beschehen,
aufszustafifiren und zu klaiden, und dann nachmals sollen
sie bede einen meines Geschlechts, der dessen bedörftig
und zum studieren tauglich sein wird, jährlich nach Not-
durft vom angeregten Einkommen verlegen, von dem Ueber-
schufs aber, so nach Hindanrichtung dieser Legaten sich
jährlich erfiiKlct, soll obgedachten beden Administratoren
und ainem jeden insonderheit jährlich für seine Mühewal-
tung fünfzig Gulden in Münz erstattet und dann das
übrige alles jedesmals mit ihrer bcder einhelligen Consens
widerumb an sichere Ort lunb järüche Verzinsimg ange-
legt und den Armen vorgetragen werden. Sonsten soll die
Possession der darzu gehörigen Hermhäuser in ihre Wal
und Vergleichung gestellt sein. Soviel aber mein Sitz
und Gut zu Weigelshofen und die darzu gehörigen Zins
und Erblcut belanget, solches alles und jedes mit allen
seinen Rechten und Gerechtigkeiten, was mir daran eigen-
tümblichs zugehöret und nicht lehenbar ist, desgleichen
mein schöne, grosse, güldene Ketten, item meinen Reit>
klepper mit seiner Zugehörung schaffe ich obgemeldtem
meinem lieben Vettern Sebastian Scheurl zu guter Ge-
dächtnnrs. Und was ich dann ttber alles hievom Ver-
schafftes sonsten noch weiter hinter mir verlafs und mein
ist, es sei, was und woran es wölle, wie des Namen
haben mag, gar nichts ausgenommen noch inndaiigcsctzt,
das alles und jedes schicke und schaffe ich hiemit in
Aigetuni und Geniefs vielgedachten meinem lieben Vettern
Sebastian Scheurl und will ihm also dessen alles ttber
obverschaffte seine Legate insonderheit auch zu meinem
rechten, wahren, unzweifelichen Erben ernennt und eingesetzt
haben, mein jederzeit darbe! im besten zu gedenken.
Herr Seyfried Pfinzing war, wiewohl zweimal verhehraret,
kinderlos verstorben. Am 20. Juli 1568 als der einzige Sohn
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— 198 —
des Karl PAnzing von Henfenfeld, Heuchling; und Weigelshof
and der Eleonora Geuder von Heroldsberg geboren, hatte er
in seiner Jugend eine sorgfältige Erziehung genossen, an meli-
reren Universitäten die Rechtswissenschaft studiert und alsdann
grofse Reisen nach Italien, Frankreich und England unlernommen,
war aber seiner schwächlichen Gesundheit halber nicht in den
Staatsdienst getreten. Er verehelichte sich zuerst 1591 am
6. Dezember mit Maria Magdalena, der Tochter des Herrn
Julius Geuder von Heroldsbeig» drittem obristen Hauptmann
der Reichsstadt Nttmberg, und der Frau Maria, geborenen HaUer
von Hallerstein, verlor aber diese seine erste Frau schon am
19. Dezember 1593, nachdem sie ihm einen Sohn Julius ge-
boren hatte, der im jugendlichen Alter von i8 Jahren in Heuchling
starb. In zweiter Ehe war Seyfried Pfinzing mit Maria Maji^da-
iena, der Tochter des Herrn Hans Jakob Haller von Halier-
stein und der Frau Helene, geborenen Muffel von Eschenau,
vermählt; aber auch diese zweite Frau, die er am 26. November
1610 h^miührte und die ihm drei in jungen Jahren verstorbene
Kinder gebar, verstarb nach nur sechsjähriger Ehe am 14. März
1616. Nach Jahresfrist folgte ihr der Gatte im Alter von nicht
vollen 49 Jahren ins Grab*).
Das am Tage vor seinem Ableben errichtete Testament,
welches der Genannte des grofseren Rats, Herr Jakob Winkler,
nach den Angaben des Todkranken verabfafst hatte, trägt die
Spuren seiner übereilten Errichtung an sich. Seine Ausrichtung
begegnete auch den gröfsten Schwierigkeiten. Der Testaments-
erbe, Sebastian Scheurl, fand, dafs das vom Erblasser zur Aus-
richtung der Kleiderstiftung und des Stipendiums, sowie zur
Honorierung der Administratoren bestimmte Einkommen bei
weitem nicht ausreiche, um den Willen des Verstorbenen zu
vollziehen. Kaum 50 bis 60 Männer liätten so gekleidet wer-
den können, wie es bei der Münzerischen Stiftung der Fall
war, und er erbat sich deshalb ein Rechtsgutachten von der
*) Er Hegt in der Gruft Nr. 958 auf dem St. Johutinii>kirchhof begraben.
Vgl. C W. Nopitsch« Rede war Feier des xweihundertjähHgen Gedlchtnfeses
der Seyfried Pfinzingischen Stiftung gelegentlich der Verteilunc: r\c% stif
tungsmüCtigen Natural- und Geidalmosens an 100 arme Männer vom
S4. Jali tSao auf dem grofsen Saal des Ratbames tu Nflroberg gehalten.
Nttnbarg, ia der J. L. S. Lechaeritehen Bttchhandlnng, iSaa S. 5 ff.
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— 109 —
Universität Tübingen über eine Reihe von Fragen, die er der-
selben vorlegte, insbesondere darüber, ob es zulässig sei, den
Bewerbern statt der vollständigen Kleidung mit Hut, Strümpfen
und Schuhen, welche bei der Münzerischen Stiftung verabreicht
wurden, nur die im Testamente ausdrücklich genannten Kleidungs-
stücke, Hemd, Kleid und Rock, zu gewähren, oder ob der ein-
gesetzte Erbe verpflichtet sei, das Stiftungsvermögen aus dem
ihm zugefallenen Erbteil insoweit zu ergänzen, dafs es zur voll-
ständigen Ausrichtung der Stiftung hinreiche, wie es, wenn der
Erbe von Rechts- und ßilligkeitswesen hiezu nicht verbunden
sei, anzupacken wäre, um den Willen des Erblassers gleichwohl
zum Vollzug zu bringen, ob nicht wcni^^stcns die Verteilung des
Stipendiums und des Honorars an die Administratoren der Un-
zulänglichkeit der Stiftung halber unterbleiben dürfe, oder ob
man etwa die vom Erblasser der Stiftung gleichfalls zugewiesenen
goldenen und silbernen Trinkgeschirre mit des Stifters Wappen
zu Geld machen und den Eiiös verzinslich anlegen dürfe, weil
diese Stücke der Stiftung doch zu gar nichts nütze seien, oder
ob man die Zinsen des Stiftungsvermögens eine Zeit lang ad-
massieren dürfe, bis das Ivapital grofs genug geworden wäre,
um den Willen des Stifters vollständig vollziehen zu können.
Die Tübinger Juristenfakultät bejahte in ihrem Gutachten vom
30. August 1617 die erste Frage, verneinte dagegen die zweite-,
aufserdem fafste sie den Willen des Testators dahin auf, dafs
zunächst die Kleiderstiftung, nötigenfalls unter Reduktion der
Zahl der zu Bekleidenden, und nachmals erst das Stipendium
für einen jungen Pfinzing und das Salarium der Administratoren
auszurichten sei; die Veräufserung der Trinkgeschirre und die
Admassierung der Zinsen erklärte sie für unstatthaft.
Ganz anderer Meinung war der Älteste des Pfinzingischen
Geschlechts, Herr Martin Pfinzing von Henfenfeld, des engeren
geheimen Rats und Scholarch, der im Testamente dem Testa-
mentserben als Stiftungsadministrator beigegeben war. Er vertrat
ganz entschieden den Standpunkt, dafs Scheurl aus der Gesamt-
verlassenschafty insbesondere aus den im Testamente gar nicht
ausdrücklich erwähnten, auf der Losungsstube liegenden Kapi-
talien zu 23500 fl. — , die er zu dem »Aigen und der Gatterschaft
in der Stadt« rechnete, so viel zu den Gütern und Eigenzinsen
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200 —
hinzuzuthun habe, dafs der Wille des 1 estators vollzogen werden
könne. Er hielt den Scheurl auch nicht für berechtigt, etwas
von dem Mobiiiare, das sich in den Herrenhäusern befand, zu
veräufsem, war erbost darüber, dafs derselbe Feldschlänglein
und anderes Geschtttz, auf dem sich das Pfinzingische Wappen
befand und das von dem alten Seitz Pfinzing herrtthrte, an
fremde Leute verkauft hatte, und verlangte Inventarisation, ehe
die Kuh ganz und gar aus dem Stalle sei. Auch er verschaffte
sich Rechtsgutachten und zwar von den beiden Universitäten
Marburg und Heidelberg. Die letztere erstattete am 24. April
1618 ein Gutachten von kolossalem Umfang, während die erstere
am 2. Mai 1618 die gesteilten Fragen kurz und bündig beant-
wortete. Beide erklärten den Erben für verpflichtet, die Stif-
tung in vollem Umfang, soweit es die Verlassenschaft gestatte,
auszurichten.
Inzwischen hatte Herr Sebastian Scheurl die erste Rechnung
gelegt und mit folgender Zuschrift an Herrn Martin Pfinzing
tlbersandt:
Edler, ernvester, fürsirhtig weiser, grofsgünstiger licrr!
Euer Herrlichkeit sein mein willige Dienst und Grucs
bevor. Deroselben uberschicke ich hiemit eme Copiam derer
Rechnung, so ich auf künftik 1. Mai, wiis Gott, deren
von E. Herrl. vorgeschriebenen Form nach zu thuen scbul-
dik bin, benebens ganz dienstlich bittend, Euer Herrl.
wollen diese Copiam bevorab, weil dero Brueder und Vet-
tern beisammen seind, ihnen sämbtUch fürlegen und sich
mit ihnen underreden (weil ja E. Herrl. ohne derselben
Wissen nichts Schlüfsliches mit mir wegen Beklaidung der
armen Leut traktiren will), wie und wasgestalt die Exe-
cution dieses Legats ad pins rausas einmal ins Werk ge-
setzt, auch auf was Weise, weil die Einkommen, so darzu
verordnet worden, nicht reichen wollen, die Defalcation pro
rata geschehen möge, damit ihnen sämbtlichen kund
werde, dafs der Mangel nicht an mir hafte, wie ich dann
(im Fall wider Verhoffen die Stiftung wegen der noch
ttbrigen kurzen Zeit nicht könnte oder solte diefs Jahr
ihren Anfang nehmen) daran kein Schuld haben will, wie
etliche übel berichte Leut von mir argwolinen, als ob ich
— 201 —
dasjenige, so mich meines lieben Vettern sei. testament-
liche Disposition zu verrechnen verpflichtet, nicht herfürge-
ben wült; welches ich aber doch mit Gott und meinem
guten (iewisen änderst beweisen kann, dafs man mich aber
zu einem mehrern und also von dem meinigen etwas hie-
hero zu verrechnen bemüfsigen will, geschieht es absque
omni fundamento und will mich hiennit kttrziich erclärt
haben, das ich mich weiter nichts zu verrechnen verbun-
den erkenne, als was in dieser eingeschlossenen Rechnungs
Copia verzeichnet stehet. So £. Herrl. ich kürzlich habe
anmelden wollen, dieselbe dienstlich bittend, ihren Brüdern
und Vettern üü zulegen, damit ich nicht ferner mit der-
gleichen Einwürfen wider Recht und Billigkeit beschwert
oder in anderer Leut böse Gedanken möge gebracht wer-
den, E. Herrl. hiemit Gott zu Gnaden, deroselben aber mich
zu Gunsten empfehlend. Aus Nürnberg den 15. Marz
1618. £. £. un<^ Herrl. dienstgeilissener Sebastian
Schenrl.
' Indessen der edle, ehrenveste, fflrsichtige und weise Herr
Martin Pfinztng der ältere war durchaus nicht von nachgiebiger
Gemütsart. Seine umgehende Antwort liefs an Deutlichkeit nichts
zu wünschen übrig:
An Sebastian Scheu rl. Edler und Vester! Demselbigen
sein meine willige IJinst und Grues hinwieder; desselbigen
Schreiben und Beilage habe ich empfangen, verlesen, mit
Verwunderung verstanden, dafs er vermeiiTet, ich werde
flugs aus dem Stegreif diese seine Copiam mit Bruder
Georgen und Martin Seyfried Pfinzing conürmiren, gutspre-
chen und mir also andere darzu gehörige Sachen abdringen
lassen, dann ich aus seinem eilenden und wolgestelten,
zwar nachdenklichem Schreiben soviel verstehe, dafs er
dar/.u guten Redaciit und Ratgeber gehabt haben mufs, als
bin ich auch nicht zu verdenken, darauf mich auch wol
zu besinnen, weil mein Bruder, Herr Georg Pfinzing, nicht
hie, sondern zu Grafenthal ist, wann ich dann aus lieber-
sehunge der überschickten Copia soviel befinde, dafs das
Zinsgeld in der Stadt, als in der Losungstuben, nicht
darbei verrechnet wird, auch die wagenden Stuck aus
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202 —
Heuchlingen, die Nutzung von den Einkommen der Kern-
häuser, Wiesen, Weiem und was darzu gehörig, welches alles
aus dem Salbuch mufs verificfret werden, so schicke
ich ihme dicsclbigc wieder mit dem Vermelden, dafs ich
mit solcher nieht zufrieden, was den Schlufs anlanget, sein
kann, quoad formam aber recht befunden. Weil auch
daraus zu spüren , dafs er zu völliger Ausrichtung seines
lieben Vettern testamentlicher Disposition keinen Lust hat,
so ist die resolutio bald zu finden und darf nicht viel
mit meinem Bruder und Vettern Unterredens, nembUch,
dafs wir die Sachen vor meine Hein £. E. Rath und wo
derselbige uns hinweisen wird, austragen und ihres Ent-
schieds gewertik sein; würd sich wohl ein Weil die Zeit
verlieren, bis die Legata zu Werk gesetzt und ohne Defak ation
den Armen und andern Interessenten treulich ausgeteilet
werden mögen, darane ich dann nicht schuldig, sondern
er und sein beharrlich Widersetzen, dem Testament ein
völliges Genügen zutuen, alle Legate völlig zu vollziehen
und seines lieben Vettern endlichen Willen nachzuekom-
men, welches er dann wol tuen kann, ohne dasjenige,
was ihme verschafift und zu Erben darttber eingesetzt wor-
den ist , wie er dann die Fundamenta wohl wird ansehen
und zu verantworten haben , welche ine dazu compelliren
werden, dafs er ein völlig und kein gestümpelt Werk
daraus machen roufs , welches ich demselbigen hinwieder
zu freuntücher Antwort und Nachrichtung nicht unverhalten
lassen sollen, göttlichen Gnaden bevehlend. Actum Hen-
fenfeld den 16. Martij Ao. 1618. E. E. und W. dienst-
williger Marthi Pfinzing von Henfenfeld der elter.
Herr Martin Pfinzing liefs indessen doch lUnf Monate
lang auf die Ausführung seiner Drohung, die Sache an den Rat
zu bringen, warten. Im August 1618 hef die -»Unumbgänglichc
Clag und Beschwerung vvider Sebastian Scheuerl , Seyfrid
Pfmzings seiigen Testament bctretlcnd« , welche der Konsulent
Dr. Cliristoph Held verfafst hatte, und welcher Abschriften der
Gutachten der Juristenfakultäten zu Marburg und Heidelberg
beigegeben waren, bei dem Rate ein, iind dieser verfügte am
1 1. August, dafs sie samt den consilüs dem Scheurl »umb seine
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— 203
Gegennotdurftf zusustellen sei. Sebastian Schearl betonte in
seiner umfangreichen Verantwortung vom 7. Oktober vor allem,
dafs es nicht seine Schuld sei» wenn die Stiftung seines lieben
Vetters Seyfried Pfinzing am Maria Magdalenatag (22. Juli)
nicht zum ersten Male ausgerichtet worden sei, er habe sich
redlich bemüht , eine Verständigung mit den Herren Pfinzing
herbeizuführen, und sei auch jetzt noch zu Vergleichsverhand-
lungen bereit. Dagegen be harrte er auf seiner Ansicht, dafs
nach dem Testament nur die Renten aus den Gütern auf dem
Land und die Eigen- und Gatterzinsen in der Stadt der Stiftung
sugewiesen seien, die ganxe übrige Verlassenschaft aber ein>
schliefslich der Losungsgelder zu 23 500 fl. ihm gebühre, und
verwies auf seine Rechnung, wonach das Einkommen aus den
der Stiftung zugewieseneu Nachlalsbestandteilen ca. 700 fl.
betrage, während es in der Beschwerdeschrift nur auf ca. 374fl.
jährlich veranschlagt war. Die Verantwortung suchte mit grofser
Gründlichkeit Punkt für Punkt die Klage und die Rechts-
gtttachten zu widerlegen und schlofs mit der Bitte, £. £. Rat
wolle die Herren Pfinzing zur Annahme des proponierten Ver-
suchs gütlicher Verhandlungen anhalten.
Der Rat beschlofs am Q. Dezember 1618, Herrn Martin
Pfinzing darüber vernehmen zu lassen, ob er sich nicht den
Weg gütlicher Unterhandlungen wolle belieben lassen, dergestalt,
dafs jeder Teil gewisse Personen als beistände benenne, denen
der Rat aus seiner xVIitte und aus der Zahl der Konsulenten
etliche beigeben wolle, entw eder um den Vergleich zu versuchen
oder um die Sai ]ie schiedsrichterlich zu entscheiden. Darauf
liefs sich Herr Martin Pfinzing nicht ein; er liefs nichts unver-
sucht, die Ausrichtung der Stiftung in dem vollen Umfang, wie
sie der Testator im Sinne gehabt hatte, zu erzwingen. Zunftchst
veranlafste er die zeugschaftliche Vernehmung des Verfassers
des Testaments, des obengenannten Jakob Winkler, durch den
Notar Johann Jakob Wcigel; seine Aussagen änderten aber nur
wenig an der Sa<-hlntie. Wink 1er war am Freitag, den 7. März
1617, in die Wohnung des todkranken Herrn Seyfried Pfinzing
geholt worden, um dessen letzten Willen aufzunehmen; er traf
dort Herrn Wolf Harsdorfer und Herrn Hans Christoph
Scheurl mit ihren Hausfrauen, femer Herrn M. Christoph Reich,
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— 204 —
die Frau Gabriel Scheurlin und ihren Sohn Sebastian und bat
dieselben, sich fttr kurze Zeit zu entfernen, bis die letzte
Willensmeinung des Kranken aufj^enommen sei. Diese habe er
getreulich in seine Schreibtafel notiert; in drei Stunden habe
er das Testament concipiert und ingrossiert , alsdann aber in
Rticksicbt auf die zunehmende Scliwacldieit des Kranken ohne
Verzug in Gegenwart der Genannten verlesen wollen, was jedoch
auf Wunsch des einen der beiden Genannten, des Herrn Thomas
Tucher, durch diesen geschehen sei, der es deutlich und ver-
ständlich von Wort zu Wort verlesen habe. Die Stiftung sei
allerdings des Pfinzing Hauptanliegen gewesen, er habe es sogar
abgelehnt, seiner Schwester Scheurl im Testamente zu gedenken,
denn sie sei zuvor reich genug, habe er geäufsert; auch dazu
habe er sich nicht verstanden, das Gut Heuchling samt Zubehö-
rung seinem VetterSebastian Scheurl und dessen Kindern ?:i!;':uwen-
den, das alles müsse bei der Stiftung verbleiben. Der in der
Losungsstube angelegten Gelder habe er mit keiner Silbe
gedacht. Die 100 Männer habe Phnzing den Mttnzerischen
gleichgehalten wissen wollen. Das Notariatsinstrument über
diese Zeugenvernehmung brachte Martin Pfinzing mit einer neuen
umfassenden Erklärung an den Rat und liefs zudem am
23. September 16 IQ Herrn Sebastian Scheurl und Herrn Thema
Tucher als Testanientsexckutoren in die Vormundschaftsstubc
auf das Rathaus fordern, um sie in Gegenwart der Vormund-
herren Georg Volckamer und Lienhard Grundherr über die Ver-
zögerung der Testamentsausrif htung zur Rede zu stellen. Letz-
tere Mafsnahme hatte freilich gar keinen £rfolg. Herr Georg
Volckamer entschuldigte sicl^mit verwandtschaftlichen Beziehungen,
die ihm nicht gestatteten, in der Sache einen Bescheid zu geben,
Herr Lienhard Grundherr erklärte, er allein könne auch nicht
entscheiden. »Wasch mir den Pelz und mach ihn nicht nafslc
schrieb eine malitiöse Feder unter die Note über diese Verhand-
lung in die Pfinzingischen Akten. Krst am 15. April 1619 er-
ging ein weiterer Ratsverlais folgenden Inlialts:
»Uf Herrn Martin Ffinzings für sich und seine Brüder
und Vettern ubergebene Erclerungsschrifft, daz inen hoch-
bedenklich und gegen die Posteritet unverantwortlich sein
will, sich mit Sebastian Scheuerl über Seyfirid Pfinzings
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— 205 —
sei. Stiftung in gütliche 'Nfergleichun^ einzulassen, mit Bitt,
ime Scheurl anzuweisen , ermeltes Penzings Testament
quoad legata ad pias causas, stipendia und sousten zu exe-
quiren, damit den armen Legatariis nicht Ursach gegeben
werde» sich wider den instituirten Universalerben und
Executom, wie auch gegen dem sambtlichen Geschlecht der
Pfinzing als adjungirten ewigen Administratoren dieser
Stiftung zu beschweren, ist bevohlen, weil die Hern
Pfinzing vielleicht an den nominirten Underhendtem Beden-
kens haben möchten, inen anzuzeigen, daz sie selbsten zu
baden 'Fallen Leut zu Beiständen oder Compromissariis
erbitten mögen, denen wollen meine Herren jemand aus
ihrem Mittel zuordnen und also noch ein Versuchen tun,
ob sie zu gutlicher Handlung zu bewegen, auf den widri-
gen Fall aber des Herrn Pfinzing Schrift dem Scheurl
umb seine Antwort zuzustellen und alsdann die Sach bei
sambtlicher Consultation der Herrn Hochgelehrten, sovil
deren Frendschaft halben darbei sitsen können, zu bedenken
zuzustellen , ob ohne gerichtliche Weiüeuftigkeit aus der
Sachen zu kommen. c
Aber aucn dieser Schritt war umsonst. In einer in der
Ratssitzung vom 20. Mai 1619 verlesenen ferneren Erklärung
beharrte Herr Martin Ptiiizing auf seinem Standpunkt und bat
neuerdings, den Sebastian Scheurl mit allem Ernst anzuhalten,
dafs er dem klaren Buchstaben des Testaments nachkomme und
in allen Punkten die Bekleidung der hundert armen, dürftigen
Männer, sowie das Stipendium zur Erhaltung eines jungen
Pfinzing während seiner Studienzeit ausrichte; und da hierauf
nichts erfolgte, übergab er am 30. Oktober 1619 dem älteren
Bürgermeister Herrn Endres Imhof eine Vorstellung, die sofort
in der Ratssitzung beraten wurde und zu dem Beschlufs führte,
Sebastian Scheurl zur Gegenerklärung aufzufordern und beiden
Teilen ernstlich zuzusprechen, sich noch vor Ende des Jahres
zu verständigen, wie es mit der Exequierung der Stiftung gehalten
werden solle, da sonst der Rat sich ins Mittel legen und des
Testators Willen selbst vollziehen werde. Herr Sebastian
Scheurl beteuerte sofort aufs neue seine Bereitwilligkeit, die
Stiftung nach Mafsgabe der vorhandenen Mittel auszurichten.
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— 306 —
£s fragt sich indessen , ob die Energischere Sprache des Rats
zum Ziele geführt hätte, wenn nicht Herr Martin Piinzing am
9. Dezember 1619 das Zeitliche gesegnet hätte.
Seine Brüder Christoph und Georg waren für die Vor-
stellungen der Ratsdeputierten zugängiicher, und so kam es zu
zwei Unterredungen auf dem Rathause am 16. und 30. März,
die zu einem gütlichen Ausgleich führten. Von Ratswegen
waren dazu verordnet die Ratsmitglieder Christoph FUrer und
Sigmund Gabriel Holzschuher und die Konsulenten Dr. Georg
Heher und Dr. Hieronymus Fetzer, Von den Parteien waren
erschienen Herr Christoph Pfinzing mit seinen Vettern Karl,
Paul und Martin Pfinzing in Begleitung des Herrn Dr. Johann
Christopli Ölhafen und ihres Advokaten Dr. Georg Richter,
dann Herr Sebastian Scheurl mit Herrn Dr. Jakob Scheurl als
Rechtsbeistand und seinem Advokaten Dr. Paul Freher. Über
die Verliandlungen existiert eine vortrefiflirb ' Relation aus der
Feder des gewandten Pfmzingschen Anwalts Dr. Richter, aus
der sich der ganze Verlauf der umständlichen und schwierigen
Vergleichsunterhandlungen entnehmen läfst. Man einigte sich
zunächst darüber, dafs zur Ausrichtung der Stiftung eine Jahres-
rente von 1250 fl. genügend sei, während die Herren Pfinzing
1400 tl. verlangt hatten, Herr Sebastian Sclicurl aber nur
1000 fl. zugestehen wollte. Um der Stiftung diese Rente zu
sichern, sollte ihr Sebastian Scheurl das Gut Heuchling mit
seinen Zubehörungen um 10000 fl. abkaufen. Nach langem
Hin- und Herreden verstand er sich dazu, 8000 fl. dafür zu
geben, was die Schiedsrichter unter der Bedingung guthiefsen,
dafs die während der abgelaufenen drei Jahre auf 2000 fl. ange-
wachsenen Renten des Stiftungsvermögens zur Hälfte zur sofor-
tigen erstmaligen Ausrichtung der Stiftung an hundert arme
Männer am Maria-Magdalenatag 1620 verwendet, die andere
Hälfte aber zum Kapitale geschlagen werde und Scheurl noch
weitere 450 fl. ex projiriis zuschiefse, wovon 150 fl. auf das
Stipendium und 300 fl. auf die Nachzahlung der Administratoren-
gehalte verwendet werden sollten. Eine zweite, kürzere Relation
Uber den Vergleich brachten die Deputierten dem Rat in Vor-
lage, der mdessen am U.April 1620 noch einige Ergänzungen
anempfahl, namentlich sollte in die Vergleichsurkunde aufgenom-
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— 207 —
men werden, dars die armen Leute auch gute Strumpfe und
Schuhe erhalten sollten, ferner sollte (Ür den Schulmeister,
Organisten, SchaUci , Mefsner, Bettelrichter etwas ausgesetzt
werden, das dieselben zu erhalten hätten, wenn die gekleideten
armen Leute in die Kirche geführt würden. Der Vergleich
sollte allen Penzing, die zur Zeit verheiratet seien, zur Unter-
schrift vorgelegt und alsdann vom Rat konfirmiert werden, die
Bekleidung der armen Leute sollte im Augustinerkloster statte
finden und die Stiftung von allen Kanzeln in der Stadt und
auf dem Lande verkündet werden. Diesen Anordnungen des
Rats wurde, wie es scheint, bis auf die Aussetzung einer Gabe
für den Schulmeister , Organjsten u. s. f. Rechnung geLragcu.
Am 7. und 14. Mai 1620 wurde von den Kanzeln herab zur
Bewerbung um die Stiftung aufgefordert; die Aufforderung hatte
folgenden Wortlaut:
Zu wissen sei hiemit menniklich, nachdem von weiland
dem edlen und festen Seyfried Pfinzing seligen zu einem
järlichen ewigen Almosen geordnet und verschafit worden,
hundert alte, arme, dürftige Mannspersonen, sowol Bürger
und Inwoner alhier, als auch eines erbaren Rats und dero
Burger Undertanen uf dem Lande, so sich jeder Zeit
wohl und ehrlich gehalten, auch eines gottesfürchtigen, erbaren
Lebens, Wesens vnd Wandels beflissen, auf nechstkummende
Maria Magdalenatag mit einer Bekleidung auszustaffieren,
demnach so mögen alle und jede, so solches Almosens
bedürftig (darunter jedoch nicht verstanden oder dieses
Almosens vehig werden sollen diejenigen, so anderwärts mit
derMttnzerischen Stiftungsbekleidung järüch begäbet werden)
entweder uf Mittwoch den 14. oder nechsten Mittwoch her>
nach den 2t. des Monats Junii bei denen darzuverordneten
Executoribus im Augustiner Closter alhier anzaigen, von ihren
Herrschaften 1' Urschriften, insonderheit aber glnubwürdige
besigelte Urkunden, daz sie sich in ihrem Leben, Wesen
und Wandel wol vnd ehrlich, auch gottesförchtig und fromm
verhalten haben, mitbringen und auflegen und darauf solcher
Almosen halben widerumb Beschaids gewertig sein.
So trat denn die wohlthätige Stiftung drei Jahre nach dem
Tode des Stifters ins Leben. Kleine Irrungen, die es noch ^
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— 208 —
wegen der Unterschrift der Vergleichsurkunde mit Herrn Georg
Pfinzing gab» wurden durch den energischen Ratsverlafs vom
1. Juni 1620 beseitigt. Die Aussöhnung «wischen den Familien
Pfinzing und Scheurl wurde später durch eine Heirat Itckräftigt,
Herr Sebastian Srheurl gal) 163 7 seine Tochter Eleonore Herrn
Karl Pfinzing von Henfenfeld und Gründlach, dem Sohne des
beim Vergleichsabschlufs beteiligten Karl Pfinzing, zum Weibe.
Die Verwaltung der Stiftung führte nach Scheurls Ableben immer
der älteste Pfinzing bis zum Aussterben des Geschlechts. Der
Reichsschultheifs Johann Sigmund Pfinzing von Henfenfeld und
Gründlach, der letzte seines Stammes und Namens, verordnete
in seinem Testamente vom 20. Dezember 1763, dafs die Admini*
stration der Seyfried Pfinzingischen Stiftung mit dem von ihm
gestifteten Fideikommisse nach dem Tode seiner Witwe auf deren
Brüder Johann Sigmund und Joiiann Georg Haller von Haller-
Stein und deren männliche Descendenz übergehen soUe. Das
geschah denn auch; die Pfinzingische Kleiderstiftung wurde von
den genannten Herrn von Haller und den Söhnen des erst-
erwähnten verwaltet, bb Nürnberg bayerisch wurde. Durch
Entschliefsungen des k. b. General* Landes «Kommissariats in
Ansbach als Stiftungskuratelstelle vom 4. Juni und 9. Juli 1807
wurde zwar die Austeilung der Stiftung in der hergebrachten
Weise für dieses Jahr noc h genehmigt, es wurde aber zugleich
angeordnet, dafs das für das nächste Jahr schon bereit liegende
Tuch zu einem noch zu bestimmenden Zweck liegen zu
bleiben habe und für 1809 keine weitere Bestellung bei dem
Tuchmacher zu machen sei. Mit Entschliefsung vom 17. Sep-
tember 1809 forderte das Generalkommissariat des Pegnitzkreises
eine Anzeige darüber ein, ob und auf welche Art die durch die
Seyfried Pfinzingische Stiftung auf den Maria Magdalenatag ver-
ordnete Bekleidung von 100 armen Männern im Jahre 1808 und
1809 vollzogen worden sei, und als darauf die Stiftungsadinmi-
stration an die erwähnten Entscliliefsungen erinnerte , durch
welche die Ausrichtung der Stiftung bis auf Weiteres eingestellt
worden war, erfolgte am 28. September 1809 der Befehl, die
Stiftung nochmals in der bisherigen Weise auszuteilen, jedoch
alle diejenigen, welche nicht auf bayerisclien Territorium und
^ nicht fah Bezirke des Pegnitzkreises wohnten, auszuscheiden und
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- 20Q —
vidimierte Abschriften der Stiftungsbriefe nebst den Akten ttber
die näheren Verhältnisse und eine etatsmäfsige Übersicht ttber
den Rechnungsabschlufs vorzulegen. Die Vorlage der Etatsüber-
sicht verzögerte sich bis /.um 1. Dezember 1810; aus dorselben
war zu entnehmen, dals die Jahrcseinnahme 3812 fl. 32^U kr.»
die Jahresausgabe 3085 fl. 5^/* kr. und der Lberschufs 727 fl.
27 kr. betrug. Im Jahre 1810 wurde die Stiftung nicht aus-
geteilt. Inzwischen war infolge des organischen Edilcts vom
16. Oktober 1810 das k. Kommissariat der Stadt Nttmberg mit
der Beaufsichtigung der Stiftungen in Nttmberg betraut worden,
und mit allerhöchster Entschliefsung vom 30. März 1811 wurde,
weil sich diese Stiftung ihrem deutlich ausgesprochenen Zwecke
nach durchaus zur konsolidierten Verwaltung eigne und der mit
dem Stifter nicht einmal direkt verwandten von Hallerischen
Familie keinerlei Anspruch auf isolierte Verwaltung zustehe, die
Extradition der Stiftung an die allgemeine k. Stiftungsadmini-
stration angeordnet und die alljährliche Austeilung derselben dem
quiescierten Stiftungsadministrator Sörgel als Spezialkommissär
ttbertragen. Ein am 30. Juni 1812 von dem Kommunaladmini-
strator Samuel Karl Christoph Freiherrn von Haller an das
Stadtkommissariat gerichtetes Gesuch, ihm wenigstens die Aus-
teilung der Stiftung, die seine Vorfahren stets als ein Familien-
klcinud betrachtet hätten, zu Uberlassen, wurde schnöde ab-
gewiesen.
Ais dann später infolge veränderter Organisation die Ver-
waltung der Stiftung an den Stadtmagistrat Nürnberg über-
gegangen war, gelang es den Bemühungen des Magistratsrats
Karl Wilhelm Nopitsch, denselben Herrn von Haller trotz seiner
Verstimmung ttber die Entziehung der Administration zu bewegen»
ein in seinem Besitz befindliches, von Joachim von Sandrart auf
Kupfer gemaltes Porträt des Stifters Seyfried Pfinzing der Stadt
Nürnberg für ihre Kunstsammlungen zu schenken. In dem von
den beiden Bürgermeistern Lorsch und Sörgel unterzeiclineten
Dankschreiben des Magistrats vom 13. Oktober 1820 erkennt
derselbe in der Schenkung einen Beweis jener ausgezeichneten,
patriotischen Gesinnung und Anhänglichkeit an die Stadt, wovon
die Freiherrl. von Halleiische Familie von uralten Zeiten her
unzählige Beweise gegeben liabe. Es existiert ttbrigens auch ein
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— 210 —
trefflicher Kupferstich von }. Sandrart» der das Brustbild des
Seyfried Pfinzing, gehalten von zwei Stiftungsmännem» darstellt,
darüber das Pfinzinglsche Wappen mit den Wappen der beiden
Frauen Geuder und Haller zur Seite, und mit der Unterschrift:
Herr Seyfried Pfin/.ing von Henfenfcld viT Heuchling
und Weigelshoflf, so von seiner Verlasscnschaft jährlich
hundert alte Männer zu kleiden gestiftet, ist gebohren
den 20. Juli A^" 1568 und gestorben am 8. Martii
1617, J. Sandrart sculpsit A ° 1675.
Zur Feier des zweihundertjfthrigen Gedächtnisses der Stiftung
hielt der obengenannte Rechtsrat Nopitsch gelegentlich der Ver-
teilung derselben am 24. Juli 1820 eine Rede, die im Druck
erschienen ist. Die Stiftung wird auch heutigen Tages vom
Magistrate alljährlich ausgeteilt. Ihr Vermögen ist auf mehr als
380 OÜÜ Mark angewachsen, so dafs nur ein Teil der Zinsen
desselben zur Erfüllung des eigentlichen Stiftungszwet kes nötig
ist, während der Rest derselben zur Armeuunterstutzung über-
haupt verwendet wird.
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>
Kleinere Mittellungen.
Bernhard Hartmann f.
Das letzte Heft der »Mitteilungenc hat an der Spitze der
Abhandlungen und Quellenpublikationen eine Arbeit von Bern-
hard Hartmann Uber Konrad Celtis in Nttmberg gebracht. Der
vortreflUche Verfasser dieser Studie weilt nicht mehr unter den
Lebenden. Wiewohl fast zwei Jahre seit seinem Hinscheiden
vergangen sind» können wir uns nicht versagen, seiner in Dank-
barkeit in diesen Blättern zu gedenken. Er war ein Überaus
eifriges und tluLti^j;os .Mitc;lic(l unscros Vereins, einer der tüch-
tigsten Mitarbeiter an unseren Puljlikationen, in den letzten
Jahren seines Lebens auch Mitglied unseres Ausschusses und
als solches Mitglied unserer Redaktion «ikommission. Wiewohl
nicht Nürnberger von Geburt, war er doch erfüllt von lebendigem
Interesse fllr die Geschichte der alten Reichsstadt, deren Er-
forschung und Darstellung er stets gerne trotz seines anstren-
genden Berufes und trotz reger und ununterbrochener wissen-
schaftlicher Thätigkeit auf juristischem Gebiete einen Teil seiner
Mufsestunden zuwandte. Dankbar gedenken wir der genufsreichen
Stunden, die er uns durch seine Vorträge bereitete. Sie legten
nicht nur Zeugnis ab von dem scharfen Verstände, dem uner-
müdlichen Forscherfleifse und dem vielseitigen Wissen Hartmanns,
sie waren auch Muster eines guten Geschmacks und einer
eleganten Darstellungsweise. Zuerst trat er im April 1880 mit
einem Vortrag über die wirtschafUichen und politischen Bezieh-
tmgen Nürnbergs zur Republik Venedig unter uns auf. Im
Oktober 1883 sprach er über das Nürnberger Handwerk im
14. und 15. Jahrhundert. Im Februar 1885 folgte die treffliche
Arbeit über Altdorf in seiner akademischen Vergangenheit,
welche im VI. Heft unserer Mitteilungen* abgedruckt ist und
eine Zierde dieser Publikationen bildet. Kleine Kulturbilder von
besonderem Reiz waren die im November 1886 gehaltenen
— 212 —
Vorträge Uber einen Justizmord im achtzehnten Jahrhundert und
über das Lob des Nttmbergischen Frauenzimmers. Endlich aber
haben seine Vorträge ttber Konrad Celtis ün Kreise der Nürn-
berger Humanisten» die im Jahre 1888 gehalten wurden und im
VIII. Heft der Mitteilungen veröffenth'cht sind, mit Recht die Auf-
merksamkeit geleiirtcr Kreise auf sich gezogen. Sein Hinsch nicn
hat eine schwer auszufüllende Lücke in unsere Reihen gerissen.
Bernhard Hartmann war am 22. Dezember 1839 zu Würz-
burg geboren und wandte sich nach Vollendung ;;ciner Studien
und der vorgeschriebenen Vorbereitungspraxis der Advokatur zu.
Zuerst als Rechtskonzipient bei Advokat Streit in Wttrzburg
thätig, siedelte er Ende der sechziger Jahre nach Nürnberg ttber,
um bei seinem Schwager Frankenburger als Konzipient einzutreten.
Dort nahm er bald thäti^^en Anteil an allen öflfentUchen Angelegen-
heiten, that sicli dutvli ^rundliches Wissen und rednerische
Begabung hervor und trat mit an die Spitze der liewegung fUr
Freigabe der Advokatur. Im Oktober 1873 erfolgte seine
Ernennung zum kgl. Advokaten in Nürnberg; bald darauf ver-
ehelichte er sich mit einer Tochter des Hofrats Dr. Rosenthal
In Wttrzburg. Trotz der rasch wachsenden Praxis, die nicht
geringe Anforderungen an seine Arbeitskraft stellte, blieb er
seiner Neigung zu wissenschaftlichem Studium und schrift-
stellerischem Schaffen treu. Eine Reihe von Kommentaren, die
er verfafst hat, sind in der Juristenwelt hocligescii n/t. Im Jahre
1879 erschien der Kommentar /um bayerischen Zvvangsenteig-
nungsgesetz, im Jahre 1882 der zur Wechselordnung. Die grofste
Anerkennung und Verbreitung hat sein Kommentar zum Anfech-
tungsgesetze gefunden, von dem er selbst vier Auflagen erlebte.
Weich hohes Ansehen er unter seinen Kollegen im ganzen Reiche
genofs, zeigt der Umstand, dafs er vom deutschen Anwaltsverem
in den Ausschufs fttr Begutachtung des Entwurfs eines bttrger-
'liehen Gesetzbuches gewählt und mit der Begutachtung ver-
schiedener Materien des Entwurfes betraut wurde. Er recht-
fertigte aurli liier da.s in ihn gesetzte Vertrauen und verdiente
sich durc Ii seine scharfsinnigen Abhandlungen den Dank des
Anwaitsstaudes.
Regen Anteil nahm er von jeher auch am politischen
Leben; er gehörte der deutschfreisinnigen Partei an und war
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— 213 —
Mitglied ihres Landesausschusses in Bayern. So entfaltete er
eine vielseitige, rastlose Thätigkeit, bis ihn ein schweres Nieren-
leiden auf das Siechbett warf. Am 5. Februar 1891 erlag er
demselben nach eben erst vollendetem 51. Lebensjahr.
Die Feder ist der fleifsigen Hand entfallen, der Mund
verstummt, dem wir so gerne zugehört. Der Verein hat einen
treuen Freund, einen gewissenhaften Forscher, emen allzeit
dienstbereiten Mitarbeiter an ihm verloren. £r wird ihm ein
dankbares Andenken bewahren. — ss.
Das Missale des Propstes Dr. Anton Krefs.
Im Besitze der Nürnberger Patrizierfamihc Krefs von
Kressenstein befindet sich ein Missale, welches ein Glied des
genannten Geschlechts, der bekannte Propst Dr. Anton Krefs,
im Jahre 1513 der St. Lorenzkirche, der er vorstand, geschenkt
hat und welches auf Bitte des Geschlechts infolge einer Anord-
nung des engeren Rats im Jahre 1617 oder um diese Zeit an
dasselbe zurückgegeben wurde. Das Mefsbuch ist ein wahres
Meisterwerk der damals in Nürnberg in so hoher Blttte stehenden
Kleinmalerei und deshalb wohl einer näheren Besprechung wert.
Es besteht aus einem starken Folioband von 38 cm Höhe
und 2fS cm Breite, ist in roten Sammt gebunden und mit ver-
goldeten Kcken, Bukein und Schliefsen beschlnwcn. Die Vorder-
seite des Deckels ist überdies verziert mit fünf vergoldeten
Medaillons in erhabener Arbeit, von welchen das mittlere das
Lamm Gottes, die vier anderen die Embleme der vier Evange-
listen darstellen, in der Mitte der Rückseite ist das Kressische
Wappenschild und auf dem Spruchband darüber die Jahressahl
1513 angebracht. Der Künstler, von dem der prachtvolle Ein-
band des Buches herrührt, ist nicht bekannt. Es findet sich in
dem Testamente des Propstes vom 28. August 1513 nur die
Bestimmung::
»item ich will auch, das mein pergamenes mefspuch, das
(ich) hab schreiben lassen, soll bei sant Laurentzenkircben
pleiben, dazu schick ich filnfzik gülden, das man es damit
beschlachen lassen soll.c
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Die Testamentsvollstrecker, zu welchen der Propst Herrn
Hieronymus Ebner und Herrn Hans Imhof, seine besonders
guten Freunde, und Herrn Christoph Krefs, seinen Bruder,
bestimmt hatte, haben die letztwillige Verfügung gewissenhaft
und in würdiger Weise vollzogen.
Der Inhalt des Buches besteht aus 47 nicht foUierten und
193 folüerten Pergamentblättern, von welchen 202 beschrieben
sind. Der wunderbar schön und gleichmäfsig geschriebene Text
ist wohl von demselben Vikar Friedrich Rosendom geschrieben,
welcher ein anderes, weniger prachtvolles, in den Jahren 1507
bis 1510 entstandenes und noch heute in der Lorenzkirche
befindliches Mefsbuch in zwei Teilen im Auftrag des Propstes
Dr. Anton Krefs geschrieben hat. Auch unser Missale zerfällt
in zwei Teile, zwischen denen der trelTliche Künstler, welcher
es mit in der That prachtvollen Titelbildern und Initialen aus-
geschmückt hat, seinen Namen eingezelclmet hat. Es heifst dort:
Jacobus Eisner, civis Nurenbergensis, hunc librum
iiluminavit anno domini 1513.
Zwei Vollbilder und drei Initialen zieren den ersten Teil,
zwei Voin)ilder, fünf Initialen und eine Schlufsvignette den zweiten.
Das erste Vollbild auf der Innenseite fh^s ersten Pergament-
blatts stellt die Dreieinigkeit dar Gott Vater, Gott Sohn und
Gott heiliger Geist in Gestalt von drei einander vollständig
gleichenden gekrönten Herrschern im Purpurmantel, die Welt-
kugel in der Linken, die Rechte zum Schwur erhoben, sitzen
unter dem Thronhimmel, indessen Engel anbetend vor ihnen
knieen und Engelköpfe in den Wolken schweben. Ein breiter
Goldrand, verziert mit gotischen Blattornamenten, umgibt das
Bild; zwischen die Blattornaniente sind leicht und zierlich ein-
zelne Blumen und Vögel eingestreut, am unteren Rande des
Bildes zieht ein Fuchs in einem Schlitten zwei Häslein über
eine grüne Wiese. Das Bild ist von merkwürdiger Farbenpracht;
spurlos sind die fast vierhundert Jahre an ihm vorübergegangen,
seit denen es existiert. Ganz wundervoll ist namentlich das
Gold behandelt.
Gegenüber diesem Bilde auf dem zweiten Blatte hat der
Künstier den Stifter des Buches abgebildet. In einer Kapelle,
deren Fenster den Ausblick auf eine reizend gemalte Landschaft
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— ' 215 —
gestattet, kniet der Propst am Altar, angcthan mit dem für seinen
Stand charakteristischen Zobelpelz und der roten Kappe, das
auf einem grünen Kissen ruhende Mefsbuch in der Hand.
Hinter ihm steht der heilige Laurentius mit dem Koste. Auch
dieses Bild ist mit einem breiten Goldrand, Yon dem sich gotische
Blattomamente wirksam abheben, umrahmt. Zur linken Seite
ist ein Täfelchen angebracht, welches in goldenen Lettern auf
blauem Grund den Spruch trägt: Delicta juventutis mee et ig>
norantias meas ne memineris Domine. Am unteren Rande
halten zwei (Greifen einen Lorbeerkranz, der das Krefsische
Wappen umschliefst. Auch dieses Bild ist von einem Farben-
schmelz und einer Zartheit, die geradezu überraschen.
Das nächste Blatt enthält den Titel, der folgendermafsen
lautet: Anno salutis Christiane quingentesimo dedmo terdo supra
millesimum Antonius Krefs, juris utriusque doctor, ecdesie sancti
Laurentii Nurenberge prepositus, hunc librum pro decore cultus
diuini et ad laudem dei, beatissime virginis BCarie atque beati
Laurentii, martyris, prefate ecclesie contuUt.
Drei prächtige Initialen auf pag. YII v,, XIX v. und XLll.,
ein I), ein E und ein B, von denen das erstere die Geburt
darstellt, bilden den weiteren Schmuck dieses Teiles. Auch an
ihnen bewundern wir nicht nur den sichern Strich des Künstlers,
die Reinheit, das Ebenmafs und den Schwung der Linien, sondern
auch die kunstvolle Behandlung der Farben, ihre Frische und
ihren Schmelz.
Christus am Kreuze mit Maria und Johannes stellt das
Titelbild des zweiten Teiles dar. Engelgestalten mit den Sym-
bolen der Leiden Christi umschweben auf breitem Goldrande
das Bild. Prächtig ist auch hier nicht nur die Zeichnung,
sondern auch die Behandlung der Farben. Nur die Fleischfarbe
hat bei einzelnen der Figuren gelitten, unversehrt sind dagegen
die farbenprächtigen Gewänder geblieben, zumal das blaue
Gewand der Maria und das rote des Johannes. Überall verrät
sich die aufserordentliche Geschicklichkeit des Künstlers in der
Behandlung des Goldes. Die Landschaft, welche den Hintergrund
der Kreuzigunj^sgruppe bildet, ist steifer als diejenige auf dem
zweiten Bilde, gleichwohl aber von grofsem Reize und merk-
würdiget Zartheit.
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— 216
Das gegenüber befindliche Ülatt, das von reizend gemal-
ten, einzeln zerstreuten Blumen aller Art auf Goldgrund umrahmt
ist, enthält als Hintergrund der initiale T die Scene. wie Abraham
im Begriffe ist, seinen Sohn Isaak zu opfern und der Engel das
Schwert erfafst. Am unteren Rande halten zwei KindergesuUen
mit Schmetterlingsflttgehi und Larvenschwänzen das Krefsische
Wappen, darüber trägt ein Täfelchen auf blauem Grund in gol-
denen Lettern die Inschrift: Antonius Kres, juris utriusque doctor»
anno salutls 1513.
Von den Initialen, welche dieser Teil enthält, S auf
pag. C, C auf pag, CXV, T auf pag. CXXII, C auf pag. CXXIX
und G auf pag. CXXXI, sei noch besonders das erstgenannte S
hervorgehoben.
Wenn Johann Neudörfer in seinen Nachrichten von Künst-
lern und WerUeuten Aber den Illuministen Jakob Eisner be-
richtet, dafs zu seiner Zeit keiner hier war, der das gemalte
Gold so rein machet, wie er, so wird man ihm nach Betrach-
tung des Mefsbuches diese Versicherung gerne glauben. Wir
wissen über Jakob Elsner leider sonst nur wenig. Der eben
angeführte Gewährsmann erzählt uns, dafs er ein bei den ehrbaren
Bürgern sehr gern gesehener Mann gewesen sei, der auch des
Lautensch lagcns kundig und deshalb mit den grofsen Künstlern
im Orgelspiel Sebastian Imhof, Wilhelm Haller und Lorenz
Staiber sehr befreundet gewesen sei. Sie seien mit anderen
guten Gesellen täglich um und bei ihm gewesen und er habe
sie conterfeit und ihnen schöne Bftcher flluminiert und ihnen
die von Kaisem und Königen verliehenen Wappen und Kleinodien
in ihre Wappenbriefe gemacht. Elsner starb nach Lochner im
Jahre 1546.
In dem biographischen Denkmal, welches Dr. Christoph
Scheurl dem Propst Dr. Anton Krefs gesetzt hat, wird des
Mefsbuches Erwähnung gethan. Es heifst dort: Domach schenket
er sant Lorenzen ein mefsbuch, darinnen sein patrone ihn, ab-
contrafeet, mit diesen Worten: »Herr wollest nit eingedenk sein
der sünd meiner jugentc der heiligen unteilbaren dreifaltigkeit
antworten, welches buch er mit sorgrältigen vleis und kostlikeit
im wert villeicht hundert gülden zubereiten liefs.c
lier Stüter des Buches selbst war ein trefflicher, bei seinen
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Zeitgenossen hochangesefaener Mann. Wir können uns von ihm
und seinen Lebensschicksalen eine genaue Vorstellung machen,
weil nicht nur Christoph Scheurl in seiner >vita Reuerendi Patris Dni
Anthonii KrefTen, J. tJ. D. et praepositi Sancti Lawentii Nurem-
bergensis* austuiirlich darüber berichtet hat, sondern aucli man-
cherlei den Propst betreffende Briefe, Aufzeichnungen, Inventare
und Urkunden auf uns gekommen sind. Es verlohnte sich,
daraus ein vollständiges Lebensbild zusammenzustellen, schon
um deswillen, weil wir dadurch auch Uber die kirchliche Ver-
fassung und das hochwichtige Institut der Propsteien in der
alten Reichsstadt Ausführliches und Zuverlässiges erfahren wttrden.
Es ist bekannt, dafs die zwei Pröpste zu Nürnberg fast bischöf-
liche Ehren genossen.
Anton Rrels war am 3. Februar 1478 gebor*.n als Sohn
eines gleichnamigen Vaters, der als alter Genannter dem Rate
seiner Vaterstadt angehörte, und der Frau Katharina, einer
geborenen Lölfelholzin. £r besuchte die Lateinschule und sein
Fleifs und seine Gelehrsamkeit trugen ihm schon damals den
Spitznamen iPQlffleincein. Später bezog er mit Hieronymus Ebner,
dem nachmaligen Losunger, die Universität Ingolstadt, wo da-
mals zwei Nttmbeiger Dr. Sixt Tücher, der spätere Propst und
Vorgänger Antons bei St. Lorenz, und Dr. Gabriel Paumgärt-
ner dozierten. Bald aber zog es den strebsamen Jüngling nach
Italien an die berühmten Hochschulen, wo die humanistischen
Studien im vollen Flore standen. Wir finden ihn 1408 in Pavia
als lieifsigen Zuhörer des berühmten Rechtslehrers Jason Maynus.
Der Ausbruch der Pest und die Kämpfe Herzog Ludwigs Moro
von Mailand mit Ludwig XII. von Frankreich vertrieben ihn
von dort und er bezog die Universität Padua, von wo er jedoch
später wieder nach Pavia zurückkehrte. Zahlreiche hochinteres-
sante Briefe aus jener Zeit, von denen ich einen kleinen Teil
vor Jahren im Anzeiger für Kunde deutscher Vorzeit und in
den Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürn-
berg veröffentlicht habe, sind vorhanden. Auch die Kollegien-
hefte, die Anton Krefs damals nachschrieb, kann ich noch
vorlegen. Während er noch in Italien dem Studium der Rechte
oblag, wurde er in seiner Heimat auf Betreiben seines Freundes
Hieronymus Ebner zwi Propste der St. Lorenzkirche gewählt.
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Kaum 25jährig entsrhlofs sich Antun Krefs nur ungern zur
Annahme des zwar hohen, aber verantwortungsvollen Amtes. Er
machte in Siena den Doktor, verschaffte sich in Rom die kirch-
lichen Weihen und Übernahm am 11. April 1504 die Propstei.
Nur neun Jahre sollte er derselben vorstehen. Erst 35 '/s Jahre
altp starb er am 7. September 1513.
Christoph Scheurl schildert ihn als kleinen, mageren und
unscheinbaren Mann mit weifser Haut, frühzeitiger Glatze und
blauen, lebhaften Augen. Wir dürfen wohl annehmen, thifs
das Bild von ilim im Missale auch portraitähnlich ist. In gleicher
Weise ist er auf dem Epitaphium von Peter Vischers kunstge-
übter Hand dargestellt, das in der Lorenzkirche seinem Ge-
dächtnisse geweiht ist. Seinen scharfen Verstand und seine
Gelehrsamkeit, seine Demut und Frömmigkeit, seine milde, wohl-
wollende Art, seme Sittenstrenge und seinen unsträflichen Wandel
schildert Christoph Scheurl in wannen Worten. Uro Kirche und
Schule zu St. Lorenz hat er sich grofse Verdienste erworben,
wie ihm das insbesondere auch der Rektor bei St. Lorenz Johannes
Cocliläus m seinen Schriften bezeugt hat. Scheurl riihmt ihm
auch besonderes Wohlgefallen an Kunst und Künstlern nach,
woraus sich denn auch erklärt, dafs er das MeCsbuch so künst-
lerisch hat ausstatten lassen.
Als das Buch an die Familie zurückgegeben wurde, dich-
tete der Diakon bei St. Sebald M. Christoph Reich folgendes
Distichon ad nobilifsimos Dn. Krefs:
Quem vobis peperit pietas et Kressia virtus
Servate incolumes perpctuiquc iibrum.
Frhr. v. Krefs.
Des Meisters Veit Stöfs Urkundenfälschung.
Über die bekannte Thatsache, dafs der grofse Nürnberger
Künstler Veit Stöfs sich durch eine Urkundenfälschung die
Strafe der Brandmarkung zuzog, enthält Dr. Christoph Scheurls
Scheurlbuch im 69. Titel Folgendes, was zur weiteren Auf-
klärung jenes Vorfalls dienlich sein durfte :
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Maister Veit Stöfs, pildenhauer, hat bei /acoben Ponern,
seinem mitbur^^er, 1265 gülden Ugen. Dem waren Hanns
Sterzetl, Otli Rueswurm und gesellschaffter schuldig, wel-
cher sa( licn ubel stund. Das west er in geheim, darumb
er Kosen sein geld aufsaget und im, als er nit west wo-
hin mit, vertreuhVh riet, das Startsetln und Rueswurm zu-
zustellen. Dadurch ward er seiner schuld besalt. Nach
dem si aber entmnnen und sich Stöfs betrogen befand,
zurichtet er ainen neuen Schuldbrief, contrafettet Poners
handschrift so naturlich und kunstlich, dann er vast ein
sinnreich man was, das Poner selbst daran zweifeln must
und dcro scluverlich vernainen könnt.
Nun lict aber Stois diser schweren Sachen halben
Scheurln ^) auch mit bürgerlichem rechten furgefast und
15 zeugen wider in gestellt, warauf kan ich nit wissen,
dann das si all seinem furbringen widerwertigs und etUch
aus seinem mund sagten, er het einen brief von ainem
numj zuvegen bracht, dem must er, so er di sach ge»
wunne, ein grofse summa gelts [geben?], darttber er doch
die zeugen von neuem zu hören und Scheurh) seine bucher
in gericht zu Inngcn, aufzulegen begcrt. Weichs Scheurl
den eitern Herrn iedem in sonders mundlich und inge-
main schriftlich und so vill weiter an/.aiget, das ainer
unter inen ein ttbelteter sein must, des er sich aber rain
wust. Darumb wolten si den suchen und strafen, dorften
si sein nach Ordnung der recht nit verschonen, mit ange-
heffter bit, si geruthen dergestalt zu handien, damit di
warhait an tag bracht und das (Ibel gestraft wurd, oder
zum wenigsten si baid mit hohen gelübden zu bestricken
und burgschaft zu ncraen , leib und gut nit zu verrücken
bis zu entlichem austrag des handels.
In solchem ward Poner von Stosen forderung mit gericht-
licher erkanntnis gelediget, davon er appelliret und doch
di appellation durch ein vertrag falln liefs und im ain
bekanntnus gab, das er sich geirrt het und er im nichts
schuldig wer. Gieng in der frauen bruder closter zum
*) I>r. Christoph Scheurls Vater.
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— 220 —
prior, seinem sun» doctor Eudresen Stosen, jetzo pro-
vintialn, begeret an einem rat gelaitp damit er sich
selbst noch mer verdechtig machet. Dann als im das ver-
sagt, und er unbenottet wider heraus ging, ward er am
tag Barbare den 4. Decembris anno 1503 durch di
parken und stirn gebrannt. Dadurch sich die rechtfer-
tigung gegen Scheurln selbst entschid und urtailet.
über ein Nachspiel, das diese Sache in dem Prozes55e
hatte» welchem Christoph Scheurl I wegen Beleidigung des Rats
unterzogen wurde schreibt Dr. Christoph Scheurl im Scheurl-
buch p. 104 Folgendes:
als meine herm damit nichts ausrichten konnten, Stetten
si im fragstuck , als ob er Veiten Stofsen zu seinem
falsch behulflich gewesen wer, villeicht aus Ursachen, das
er sein und Jacobn Ponern rcchtvertigung auf ir beider-
seits bitUch ersuchen, aber unbewust des falschs, gutlich
▼ertragen, so doch Stöfs lauter bekennt und beharrt,
das er ainich und on meniglichs rat und zuthun den
falschen brief und zum zehenden mal mit aigner hand
geschriben, ee er di schrift Poners handschrift vergleicht
hett. Diser peinlichen frag vermainet mein vater zu ent-
pfliehen , darumb das er ainem rat zugefügter schmach
und nit derhaibcn gelangen wer, und aljer di kaiserlichen
recht verordneten, nimand peinlichen anzuziehen umb
Sachen, darumb er nit cinkommeu were, wurd doch glei-
cher weis unschuldig befinden.
Dr. A« Prhr. v. Scheurl.
Otto Freiherr Stromer von Reichenbach f.
Am Morgen des 11. September 1891 durchflog die Stadt
Nürnberg die schmerzltche Kunde , dafs Freiherr von Stromer,
ihr erster Burgermeister, aus dein lieben geschieden sei. Wie
ein Hlitz aus heiterem Himmel traf diese Nachricht die gesamte
Bürgerschafti ja seine nächsten Freunde. Ueno nur einzelne
Vgl. 4iew MitteUnageD 5. Heft (1884) & 13 ff.
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— 221 —
hatten geahnt, dafs die seit einiger Zeit bei dem Verstorbenen
aufgetretenen Erscheinungen körperlichen Unbehagens- die An-
zeichen eines ernsten , tückischen Leidens seien, das einmal
rasch zum Ende führen konnte. Nun iiatte ein Herzschlag
plötzlich und unerwartet dem unermüdlichen Wirken und Schallen
des Mannes ein Ziel gesetzt, der nahezu ein Vierteijahrhundert
lang an der Spitze der Verwaltung seiner Vaterstadt gestanden
war und dessen Name mit der Geschichte ihrer Entwicklung
und ihres grofsartigen Aufschwungs in diesem Zeitraum unauf-
löslich verknüpft ist. Weder ein Kurgebrauch in Karlsbad im
vorausgegangenen Monate, noch eine Nachkur in dem dem
Verstorbenen besonders teueren Familiensitze zu Grünsberg
bei Altdorf hatten das Fortschreiten der Arterienverkalkung zu
hemmen vermocht, gegen welches ungeahnt die Lebenskraft
und Energie v. Stromers seit geraumer Zeit vergeblich an>
gekämpft hatte. So sank er, eben erst sechzig Jahre alt gewor-
den, in das Grab, viel zu frtthe fttr diejenigen nicht nur, die
ihm im Leben nahe gestanden waren, sondern vor allem fttr
seine Vaterstadt, um welche er sich grofse und unvergefsliche
Verdienste erworben hat.
Dieser Verdienste in unserer Zeitschrift zu gedenken, ge-
bietet, abgesehen v on seiner Bedeutung für die neueste Geschichte
der Stadt, die Dankbarkeit. Denn wie er mit ^/nn/cv Seele an
seiner Vaterstadt hing und allem, was ihr zur Ehre und zum
Nutzen gereichte, seine vollen Sympathien entgegenbrachte, so
war er auch dem Vereine für Geschichte der Stadt Nürnberg
ein teilnehmender, stets wohlwollender Gönner. Mit herzlicher
Freude begrOfste er seine Gründung, bereitwillig ttbemahm er
trotz der Mühen und Lasten semes Amtes die Funktion eines
Attsschufsmttgliedes und Jahre lang nahm er regen Anteil an
den Veiliaiiülungen des Vereins. Namentlich auch im Rate der
Stadt trat er mit der ihm eigenen Energie und Lebhaftigkeit
für unsere Bestrebungen ein. Verbot ihm auch die Inanspruch-
nahme seiner ganzen Kraft für den Dienst der Stadt die per-
sönliche Beteiligung an den wbsenschaftlichen Arbeiten des
Vereins, so verfolgte er sie doch mit lebhaftem Interesse, jeder
Zeit anregend und ermunternd und die wärmste Vorliebe fttr
die Geschichte der Stadt bekundend. Darum dürfen wir, ob-
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Schoo wir heute noch nicht imstande sind, das reiche Lebens-
werk des vortrefflichen Mannes erschöpfend darsustellen, nicht
unterlassen, in diesen Blättern seiner zu gedenken und in Um-
rissen wenigstens sein Lebensbild zu zeichnen.
Otto von Stromer entstammte einem jener ältesten der
vormals ratsfähigen Nürnbergischen Geschlechter , von welchen
heute nur noch acht blühen. Zahlreiche Gheder des Geschlechts
haben ihre Dienste in den fünfhundert Jahren, während welcher
die Stromer im Rate safsen, der Reichsstadt gewidmet; mancher
tüchtige Bürgermeister war unter ihnen. Hier sei vor anderen
Ulman L Stromer genannt, gestorben 1407, der Verfasser des
fllr die Nürnberger Geschichte hochwichtigen »Püchel von mei-
nem gesiecht vnd von abentewer«, dem wir die ersten chroni-
kalischen Aufzeichnungen über die Geschichte Nürnbergs ver-
danken und der den Eintritt Nürnbergs in den Schwäbisclieu
Bund veriiiittelte. Der Verstorbene hielt namentlich seinen
Ahnen Wolf Jakob Stromer hoch, den im Jahre 1614 verstor-
benen Baumeister, unter dessen Leitung verschiedene, der Stadt
zum Schmuck und zur Zierde gereichende öffentliche Bauten
errichtet wurden. Der Senator Karl Christoph Stromer er-
heiratete 1730 durch seine Gemahlin Katharina Eleonora, ge-
borene Reichsfreiin Haller von Hallerstein, die Güter Holen-
stein und Grünsberg. In dem in anmutiger Gegend an der
Schwarzach nahe dem Stadtchen Altdorf, der vormaligen Nürn-
bergischen Universität, gelegenen Grünsberg, einst dem mäch-
tigen Rittergeschiechte derer von Rindsmaul zugehörig , lebten
die Eltern Otto von Stromers , der k. Hauptmann a. D,
Friedrich Freiherr Stromer v. Reichenbach und seine Gattin,
Karoline, geborene MöUenthiel, in stiller Zurückgezogenheit, bis
sie um der Erziehung ihrer Kinder willen nach Nürnberg Über-
siedelten; in Grünsberg war auch Otto von Stromer am
7. August 1831 geboren worden; dort hatte er eine glückliche
Jugendzeit verlebt, deren Eindrücke in dem gereiuen Manne
nachwirkten und die Anhänglichkeit, die er bis an sein Lebens-
ende dem Landsitze bewahrte, sowie seine Vorliebe für das
Landleben und die Landwirtschaft erklären. Nachdem er das
Gymnasium in Nürnberg absolviert und sich an den Universi-
täten München und Berlin dem Studium der Jurisprudenz
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223 —
gewidmet hatte, trat er bei dem kgl. Landgerichte Altdorf in
die Vorbereitungspraxis, die er am kgl. Kreis- und Stadtgerichte
Nürnberg fortsetzte und vollendete. Im Jahre 1855 unterzog
er sich dem Staatsexamen, fand dann als Accessist am kgl. Appel-
lationsge richte in Bamberg Verwendung und erhielt die erste
Anstellung am 25. August 1862 als Assessor am kgl. Stadt'
gerichtc Nürnberg. Seine Tüchtigkeit im Richteramtc, seine
Leutsehgkeit im Verkehr mit dem Publikum, sein Freimut und
seine durch und durch liberalen Anschauungen erwarben ihm
in hohem MaCse die Sympathien seiner Mitbürger. Als daher
der damalige erste Bürgermeister der Stadt, Herr von Wächter,
seinem Ansuchen gemäfs zum Regierungsdirektor ernannt wurde,
ward der erst sechsundreifsigjährige Stadtgerichtsassessor zu
seinem Nachfolger auserkoren. Am 19. Juli 1867 wurde er
vom Kollegium der GemeindebevoUmächtigten zum ersten
Bürgermeister erwählt, am l'J. September desselben Jahres in
sein verantwortungsvolles Amt eingesetzt. Durch viernndzwanzig
Jahre stand er an der Spitze der Stadtverwaltung, und wenn
heute unsere Stadt trotz ihres enormen Wachstums in diesem
Vierteljahrhundert nach jeder Richtung hin in Ansehung ihrer
Einrichtungen und ihrer Verwaltung vollkommen auf der Höhe
der Zeit steht, ja manche ihrer Schwesterstädte überflügelt hat
und zu den bestverwalteten gezählt wird, so ist das in der
Hauptsache unstreitig sein Verdienst. Der neue Bürgermeister
von Nürnberg war ein Mann der That, mit durchdringendem
Verstand, durchaus praktischer Kichtiiiig und ungewöhnlicher
Energie. Rasch fand er sich in die neuübernommene, wahrlich
nicht leichte Aufgabe; mit rastlosem Eifer orientierte er sich in
allen Zweigen der Stadtverwaltung und dieser rastlose £ifer
erlahmte nicht» so lange er an ihrer Spitze stand. Er war ein
selbständiger und unabhängiger Charakter, der seine eigenen
Wege zu gehen gewohnt war, und sich am liebsten auf die
eigene Beobachtung und das selbstgebildete Urteil verliefs. Er
prüfte aufs gewissenhafteste ; was er aber einmal für recht und
gut erkannt hatte, an dem hielt er fest mit einer oft staunens-
werten Zähigkeit. Ein durch unermüdlichen Fleifs erworbenes
reiches Wissen, verbunden mit einem eminenten Gedächtnisse,
verlieh ihm eine Sicherheit, gegen die schwer aufzukommen
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— 224 —
war. Dabei verstand er es vor/.uglich, seine Anschauungen zu
vertreten; er war ein schlagfertiger Redner, sprach mit Nachdruck
und Wärme, oft frappierend durch originelle Wendungen und
Ausdrücke» immer mit grofser Offenherzigkeit und Unerschrocken-
heit, und seine Reden verfehlten selten ihre Wirkung.
Sein regsamer, lebhaiter Geist kümmerte sich um alles,
was um ihn her in der Welt vorging. Auch das Geringfügigste,
das er als nützlich und zweckmäfsig erkannte, erschien
ihm wichtig genug, um ziiui Vorteil der Stadt verwertet zu
werden. Zahllos sind die Anregungen, die seiner Initiative ent-
sprungen sind , und so oft er auch auf liet'tigen Wider-
stand stiefs, in der Regel ergab sich mit der Zeit, dais
er mit weitschauendem Blick das Richtige erkannt hatte. Es ist
unmöglich, hier dem umfassenden Wirken des ausgezeichneten
Mannes im einzelnen nachzugehen. Geradezu erstaunlich ist die
Menge der Einrichtungen und Schöpfungen, die auf seine An-
regung hin oder unter seiner Leitung entstanden sind. Durch-
drungen von der Überzeugung, dafs Stillstand Rückschritt bedeute,
drängte er unablässig vorwärts. Kr hatte volles Verständnis für
die unter dem Einflüsse total veränderter Verkehrsverhältnisse,
riesigen Wachstums der Bevölkerung, verfeinerter Lebenshaltung
und hundert anderer Ursachen stets sich ändernden und mehrenden
Bedürfnisse der Gegenwart. Von seiner Pietät fUr das Alther-
gebrachte und von den Vätern Ererbte liefs er sich nicht ab-
halten , den Ansprüchen der Neuzeit im weitesten Mafse
Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und ihr überall Spielraum
zu verschaffen, wo sie ihr Recht verlangte. Häufig ist ihm das
verdacht worden, oft mit Unrecht. Mag auch mancherlei in
dieser Richtung in Nürnberg gesündiL':t worden sein, man darf
nie vergessen, dals eine in der Verjüngung begriffene, mächtig
aufstrebende Stadt sich nicht blos als Reliquie der Vorzeit
behandeln und als Schaustück für Fremde unter den Glaskasten
stellen lassen kann, sondern Raum und Verkehrswege haben
mufs zur Entfaltung der Kräfte der lebenden Generation. Ein
Freund des Einreifsens und Zerstörens war Stromer um deswillen
noch nicht; er suchte zu erhalten, was erhalten werden konnte,
und war sich wohl bewufst, dafs eine Stadt mit der Vergangen-
heit Nürnbergs an diese übcraii anzuknüpfen suchen müsse, wenn
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sie zu neuem Glanz und Ansehen eniporbltthen wolle. Er lernte
einsehen, dafs in der Stadt Dürers die Kunst eine Stätte haben
müsse, wenn sie ihren Traditiunen treu bleiben wolle, und er
that durch Aufbringung besonderer Fonds für Runstzwecke und
Anregung künstlerischer Schöpfungen mehr für die Pflege der
Kunst in Nürnberg, als irgend ein anderer zu seiner Zeit.
Es ist klar, dafs ein Mann von so selbständiger Richtung
und solcher Eigenart, wie Stromer, oft in Kollision geriet mit
den Ansichten anderer. Er hatte schwere Kämpfe durchzu-
kämpfen, oft wurden seine guten Absichten verkannt, und heftiger
Tadel, schonungslose Kritik blieben ihm nicht erspart. Auch
seine politische Richtung erschwerte ihm seine Stellung; nie
ordnete er sich einem Parteiprogramm unter, sondern ging auch
auf politischem Gebiete stets seine eigenen Wege. Kr war ein
glühender Patriot, ein durch und durch liberaler Mann, aber
abhold allem Doktrinarismus. Am nächsten stand er der national-
liberalen Partei, deren Verehrung für den eisernen Kanzler er
aus innerster Überzeugung teilte, und die ihm sympathisch war,
weil sie das praktisch Erreichbare anstrebte. Aber seine von
den Ansichten der Mehrzahl seiner Mitbürger abweichende
politische Auffassung vermehrte die Zahl seiner Gegner und der
Angriffe, denen er ausgesetzt war. Er wehrte sich tapfer seiner
Haut; in jüngeren Jahren half ihm auch sein köstlicher Humor
über manche Anfechtung hinweg. Später aber gingen ihm die
unablässigen Anfeindungen doch sehr zu Herzen. Nach sei-
nem Tode freilich hat man unumwunden anerkannt, dafs er
stets und unter allen Umständen so gehandelt habe, wie er es
im Interesse der Stadt und der Gesamtheit am besten hielt und
dafs diese Rücksicht die einzige gewesen sei, der er Zeit seines
Lebens Eintluls auf seine Handlungen gestattet habe. Dem
Lebenden hat man diese Gerechtigkeit nicht widerfaliren lassen.
Aber das Wort ist vollkommen wahr: Stromer hat niemals eine
andere Rücksicht gekannt, als die auf das Wohl und Gedeihen
der Stadt, deren Oberhaupt er war; die Sorge fUr sie beschäftigte
Oin nicht etwa nur bei Amt und in den Dienststunden, bei Tage
und bei Nacht gehörte ihr sein ganzes Sinnen und Trachten,
seine ganze gewaltige Arbeitskraft. Er war ein edler Mensch
von seltener Treue und Gewissenhaftigkeit. Humanität und
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Wohlwollen gegen jedermann war ein Gnindzug seines Wesens.
Wer immer ein Anliegen auf dem Herzen hatte, konnte sicher
sein, freundliches Gehör bei ihm zu finden. Einen guten Rat,
ein ermunterndes Wort, einen tröstlichen Bescheid hatte er fttr
jeden, der seine von Hilfesuchenden belagerte Amtsstube betrat.
Tausende wissen davon /.u reden, wie er im Stillen für sie sorgte
und manches Unheil abwandle, ein wahrer Vater der Stadt.
Nun ruht er in der (.iruft seiner Väter auf dem Johannis-
kirchhofe inmitten der berühmten Nürnberger, der letzte Bürger-
meister von Nürnberg aus altpatrizischem Geschlechte. Seine
Schöpfungen aber verkünden den Nachgeborenen seinen Ruhm.
Prhr. von Krefs.
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Literatur.
Die Herkunft der Burggrafen von Nürnberg, der Ahn-
herren des deutschen Kaiserhauses von Christian Meyer.
Aasbach. Druck und Verlag von C. Brttgel & Sohn. 1869. 8*^.
80 S«
Die Könige von Preufsen sind HohenzoUern, nicht
Abenberger. Widerlegung der Schrift Christian Meye rs über
die Ahnherren des deutschen Kaiserhauses von Ludwig Schmid,
Verfasser der Ȋltesten Geschichte des erlauchten Gesamthauses
HohenzoUern.« Berlm 1892. Verlag von J. A. Stargardt. 8^
113 S.
Die Behauptung Meyers, dafs die Burggrafen von NUm-
berg Nachkommen nicht der Grafen von ZoUern, sondern der
fränkischen Grafen von Abenberg seien, ist keineswegs neu.
Schon 1745 hatte der Erlanger Professor und Hofrat Goden-
dam oder Gadendam dem markgräflichen Hofe in Ansbach
eine Al'liaiKllung übergeben, worin er die urkundlich nachweis-
baren Ahnen der Könige von Preufsen auf das Urafengeschlecht
der Abenberger zurücktührte. Seine Aufstellungen wurden in-
defs von dem damaligen Professor Christ aurückgewiesen. Auch
der Brandenburgische wirkliche Regierungsrat oberhalb des Ge-
birgs und vorderster geheimer Archivar zu Flassenburg Philipp
Ernst Spiefs leitete die Markgrafen von Brandenburg von den
Abenbergem ab. Aber erst in unserem Jahrhunderte spitste
sich die Frage der Abstammung der Könige von Preufsen zu
einer Art literarischen Fehde zu mit dem Schlachtruf: »Hie
Zollern!« »Hie Abenberg!« Für die Abenberger Abstammung
traten ein der Bambergische Archivar Österreicher, der be-
kannte bayerische Historiker Ritter Karl Heinrich von Lang,
der eher geneigt war, das Preufsische Königsbaus auf die Aben-
berger als auf die ZoUem zurückznflihren, Dr, C. Höf 1er, ehe-
maliger Vorstand des historischen Verems zu Bamberg, der
15*
— 228 —
den gleichen Standpunkt einnahm, der bayerische Landrichter
H. Haas, der 1853 in einer besonderen Schrift die Könige
von Preufsen als' Nachkommen der Abenberger reklamierte,
Eduard !"cntsch, der in der Havaria den Haasischen Aus-
führungen beitrat, mit noch grufscrer Kntschiedenlieit der Ad-
vokat J. N. Seefried in Gräsbach in einer 186Q erschienenen
Schrift, dem der Geschichtsschreiber des Kloster Heilsbronn,
Pfarrer Muck, folgte, u.a. Bemerkt sei auch, daCs die beiden
berühmten Preufsischen Staats- und Rechtslehrer Eichhorn und
V. Lancizolle sich für die Abenberger Abstammung aussprachen.
Auf der anderen Seite stehen Graf v. Stülfried-Alcan-
tara, Märcker und Riedel, dann aber der Tübinger Professor
L. Schmid in dem dritten IJande seiner ^Ältesten Geschichte
des erlauchten Gesamthauses der königlichen und türstlichen
Hohenzüllern« (Tiihjni^aMi 1888). Mit S» hniids sorgfältigen
und ersc höpfenden Untersuchungen hätte man die Frage nach
der Herkunft der Burggrafen von Nürnberg und der Könige
von Preufsen füglich als abgethan betrachten können. In dem
obenangeführten Werkchen des Breslauer Archivars Christian
Mefer ist trotzdem dem Tübinger Historiker ein Gegner ent-
standen, der mit Gründen allgemeiner und besonderer, geschieht-
lieber, genealogischer und sphragistischer Natur den alten Straufs
wieder aufnimmt.
Als ersten und vornehmsten Beleg für seine Ableitung
füJirt er an, dai's seit Mitte des 13. Jahrhunderts sich der ge-
samte alte Hausbesitz der Grafen v<<n Abenberg in den Händen
der Burggrafen von Nürnberg befunden habe und folgert dann
weiter, dafs diese dem Geschlechte der Abenberger, das nicht
ausgestorben sei, angehört haben müssen.
Femer wird die Wappenfühnmg der Abenberger, die zwei
übereinanderschreitende Leoparden im Schilde hatten, auf die
Identität des Abenbergischen mit dem Holien)ohis( heu Cjcschiechte
zuru( ki;efuhit. Die Unterscheidung in den Farben — die Aben-
berger führten 7.we\ silberne Leoparden in blauem, mit silberneu
Rosen bestreutem Felde, die Hohenlohe dagegen zwei schwarze
Leoparden in silbernem Felde — wird dadurch zu erklären
gesucht, dafs die jüngere Linie eines alten Stammes sich oft
lediglidi durch die Veränderung der Schildesfarben oder Bei-
uiyiii^üd by Google
— aap —
fügung gewisser Abzeichen zu unterscheiden gesucht habe. So
wären demnach die Abenberger stammverwandt mit den
Hohenlohe, aus deren Geschlecht Maver dann die ältesten
Nürnberger Burggrafen nimmt. Weiter aber sollen die Grafen
von Abenberg als Schirmvögte der Bamberger Kirche »entweder
gleichzeitig oder — was wahrscheinlicher ist — späterhin ein
zweites Wappen, nämlich den schwarzen Löwen im goldenen
Felde, das Wappen des Bistums Bamberg,« geführt haben,
»namentlich als Burggrafen von Nürnberg.«
Aus der ganzen Ausdelmung des Rangaues oder der
Herrschaft Abenberg folgert Meyer dann, -^dafs die Nürnberger
Burggrafschaft unmöglich einem anderen, den Abenbergern noch
dazu völlig fremden (Geschlecht zugestanden haben« könne. Die
Rangaugrafen würden nimmermehr an dieser für sie in militäri-
scher, politischer und kommerzieller Beziehung gleich wichtigen
Stelle die Festsetzung eines fremden Herrengeschlechts geduldet
haben. Auch die Ortschaften im Rangau, welche die Burggrafen
des 12. Jahrhunderts mit ihren Angehörigen an das Schotten-
klostcr vermachten, und die, nach Meyer, als alte Eigengüter
der burggräflichen Familie angesehen werden dürfen, weisen ihm
darauf hin, dafs die Nürnberi,^er Burggrafen zur Familie der
Grafen von Abenberg gehört haben. Dasselbe gilt ihm von
den Lehensbesitzungen der Burggrafen des 12. Jahrhunderts.
Das ist im grofsen Ganzen, von kleineren Beweismomen-
ten, die wir hier nicht anführen können, aber im Verlauf der
Besprechung zum Teil kurz berühren werden, die Beweisführung
Meyers. Sie hängt mehr oder weniger in der Luft, stützt sich
fortwährend auf Hypothesen und was schlimmer ist, auf unbe-
wiesene oder gar unrichtige Voraussetzungen. Sie fällt in dem
Auifenblirk \ ollständig über den Haufen, da das Aussterben der
Abenberger im 12. Jahrhundert b(! wiesen wird.
Es war zu erwarten, dafs die Meyersche Schrift auf den
lebhaftesten Widerspruch stofsen würde, Zunächst wandte
sich Wilh. Soltau in Bd. VI, Neue Folge, Heft 2 der Zeit-
schrift für Geschichte des Oberrheins gegen die von Meyer
wieder aufgenommene Aufstellung und kam hauptsächlich auf
Grand des vonSchmtd im 3. Bande seiner Ȋltesten Geschichte
des Gesamtliauscs der königlichen und fürstlichen Hohenzollern«;
. y 1. ^ . y Google
— 230 —
(TQbingen 1888) gebotenen Rüstzeugs su demselben Ergebnisse
wie dieser.
Dann alier stellte Schmid seihst in einer besonderen, im Ein-
gang genannten Schrift die Abkunft des Preufsischen Königshauses
aus dem Zollernschen Gräfe ngeschlechte mit durchschlagenden
und unwiderleglichen Beweisgründen fest. Was er frülher schon
auf das klarste dargelegt, hier fafst er es gegen den neuerstan^
denen Feind bestimmter, genauer und schärfer. Er widerlegt
zunächst die Aufstellung, dafs nicht allein die Nürnberger Burg-
grafen des 13. Jahrhunderts und der Folgezeit, sondern auch
jene des 12. Jahrhunderts zu dem Geschlecht der fränkischen
Grafen von Abenberg <j;ehört hätten. -Die Burggrafen des
12. Jahrhunderts stammten aus dem österreichischen Geschlechte
der Grafen von Raabs. Weiterhin tritt er Meyers Behauptung,
die Gemahlin des 1192 — 1200 auftretenden Burggrafen Friedrichl.,
eines nach Meyer gebomen Abenbergers, sei eine gräflich ZoUem-
sche Erbtochter gewesen, und von ihr habe jener den Titel
eines Grafen von Zollem angenommen und mit der Grafschaft
weitervererbt, mit Erfolg entgegen.
Aus den Urkunden und Siegehimschriften des 13. Jahr
Imihlc-rts erbringt er dann den unumstoislichen Beweis, dafs iie
Burggrafen seligst sich als Zollern betrachtet, dafs Burggraf
Friedrich II, dadurch, dafs er 1265 den gevierten Zoüernschild
übernommen, seine ZoUernsche Abkunft anerkannt, dafs auch
die Zeitgenossen der Nürnberger Burggrafen des 13. und
14. Jahrhunderts diese als Namensvettern der Grafen von Hohen-
zollem angesehen haben. Weiterhin führt er, als nicht unwich-
tiges Beweismoment »die bis daher nicht gewürdigte sogenannte
Freisinger Genealogie des 12. Jahrhunderts« ins Treffen.
Auch später noch, als die Burggrafen von Kaiser Karl IV".
(1363) in den Reichsfürsteiistand erhoben waren und die Kur-
würde von Brandenburg erlangt liatten (141 7\ erkannten sie
die Stammesgeraeinschaft mit den Zollern stets an und be-
kräftigten diese Überlieferung auch thatsächlich.
Die beiden letzten Abschnitte des Schmidschen Buches,
beschäftigen sich mit dem »Grafenhaus Abenberg im letzten
Viertel des 12, Jahrhunderts« und der Burggräfin Hildegard von
Nflrnberg«. Hier liefert er den für die vorliegende Frage so
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überaus wichtigen» frtther übrigens schon von ihm mit höchster
Wahrscheinlichkeit erbrachten Beweis, dafs die Grafen von
Abenberg um 1200 ausgesturben, den auch Wilhelm Soltau
unter Aufstellung einer genaueren Genealogie dieses Geschlechts
bis hinauf in das Ende des 11. Jahrhunderts in fler Kingangs-
abhandlung dieses Heftes gleichfalls erbringt. Bezüglich der
Burggräfin Hildegard, die Meyer nicht unterzubringen weifs
und von der er wieder behauptet, dafs nur sie den Aben-
bergischen Hausbesitz an die Burggrafen von Nürnberg und
swar unter Burggraf Konrad (1163—1190) hätte bringen kön-
nen, was er weiterhin wieder verwirft, weist S c h m i d nach, dafs
sie, von Geburt eine Abenbergerin, sich mit dem genannten
Burggrafen Konrad vermählte. Aus dieser Verbindung aber
erklärt sich der Anfall der Grafschaft Abenberg an den ersten
Burggrafen von Nürnberg aus ZoIlemschemGeblüte, den lochter.
mann Konrads, des letzten Burggrafen aus dem Geschlechte
der Grafen von Raabs, und Hildegards, der Tochter und £rbin
des Grafen Rapoto von Abenberg. Durch Hildegards Vermäh-
lung wurde dieser Anfall wahrscheinlich nur eingeleitet, »bis
nach dem Tode des letzten männlichen Sprossen des Geschlechts
(1190- 1200) mit dessen Stammburg der ganze Nachlafs« an
Burggraf Friedrich von Zollern » beziehungsweise dessen Söhnet fiel.
Wenn wir zum Schlufs noch bezüglich des lange dauern-
den und nach Unterbrechungen stets von neuem wieder auf-
genommenen Streites wegen der Abenberger oder Zollernschen
Abkunft der Burggrafen von Nürnberg und des Preufsischen Königs-
hauses das Fazit ziehen, so müssen wir bekennen, dafs die
Frage nunmehr endlich und endgihig zu Gunsten der Zollem
entschieden und diese in ihre alten Rechte als Burggrafen von
Nürnberg für immer wieder eingesetzt sind. Gegenüber dem
systematischen Vorgehen Schmids gibt es kciii Katrinnen.
Schritt für Schritt wird dem Gegner das Feld abgewonnen und
dann der verhängnisvolle Kreis geschlossen. Es mufs als das
Verdienst Schmids anerkannt und festgehalten werden, dafs
die Frage, welche nun schon fast l^/t Jahrhunderte die Federn
der Historiker in Bewegung setzt, nunmehr ihre kaum noch
angreifbare Lösung gefunden hat*
Mff.
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^ 232 —
Altnürnberg in seinen Gottesdiensten. Ein Beitrag
zur Geschichte der Sitte und des Kultus von Max Herold,
Herausgeber der ^Siona«. Gütersloh, Druck und Verlag von
C. Bertelniann, 1890. 8". VIll und 333 S.
Wieder hat ein interessantes Gebiet des Kulturlebens im
alten Nürnberg seinen Bearbeiter gefunden, und wenn Kiner
berufen war, die Geschichte des kirchlichen Lebens der Reichs-
stadt in seiner reichen Mannichfaltigkeit darzustellen, so war es
gewifs der geistvolle Herausgeber der >Siona«, der seit bald
zwanzig Jahren mit unverdrossenem Eifer und entschiedenem
Erfolg bemüht ist, durch die von ihm herausgegebene Monats-
schrift das Verständnis für die alten, prächtigen, gottesdienst-
lichen Formen und Gebriiui he der Vorfahren neuzubeleben und
sie seiner Kirche zurückzugewinnen. Mit der wohltliuenden
Sicheriieit, die nur dem Spezialisten eigen ist, der sich auf sei-
nem Forschungsgebiete vollkommen auskennt und nicht müh-
seliger Studien bedarf, um das Erforschte zu deuten und ver-
ständlich zu machen, vereinigt sich in dem Verfasser eine nicht
minder wohlthuende Objektivität und historische Treue, die sich
freihält von einseitiger Bevorzugung des ihm Sympathischen; und
zu der speziellen Fachkenntnis tritt bei ihm eine respektable
Vertrautheit mit der Geschichte der Stadt im allgenicinen und
eine warme Pietät für ihre Vergangenheit hinzu. So folgen wir
ihm mit wachsendem Interesse und dankbarer Aufmerksamkeit,
wenn er uns durch Nürnbergs heilige Stätten führt und die
Einrichtung der Gottesdienste in ihrer Mannichfaltigkeit und
Eigenart in den verschiedenen Jahrhunderten im Mittelalter, wie
in der Reformationszeit und herauf bis zum Ausgang des vori-
gen Jahrhunderts, die Ceremonien in Kirchen und Klöstern, bei
Prozessionen und Trauerbegängnissen, Taufen, Hochzeiten und
Leichen schildert. VVir werden nicht müde, ihm zu folgen,
wenn er uns die Gottesdienstordnungen des siebzehnten Jahr-
hunderts bis in die kleinsten Kinzelheiten zergliedert und erfah-
ren mit Staunen, wie wenig sich in der gut protestantischen
Stadt Nürnberg die äufsere Ordnung des Gottesdienstes von
derjenigen zur katholischen Zeit unterschied, wie gut man es
verstand, durch Beibehaltung oder geringfügige Abänderung der
alten gottesdienstlichen Gebräuche und Ceremonien, Kirchen-
. ijui. u i.y Google
— 333 —
gesänge und Kirchengewänder Abwechslung und Reiz In die
Gottesdienste zu bringen, und wie erst der gemütlose Rationa-
lismus des ausgehenden 18. Jahrhunderts mit diesen alther-
gebrachten gottesdienstlichen Einrichtungen unbarmherzig auf-
räumte. Wir lassen uns gerne von ilim belehren über die Be-
deutung des Kirchenjahrs als eines kunstvoll und bewufst geord-
neten Ganzen und verfolgen an den dargebotenen Proben mit
Interesse, wie bei den Gottesdiensten im alten Nürnberg der
spezielle Tages- und Zeitcbarakter bis in die kleinsten Einzel-
heiten scharf ausgeprägt war. Wie Recht hat der Verfasser,
wenn er sagt, dafs sie in ihrer Verwendung den Beweis liefern,
eines wie reichen und vielgestaltigen Gebrauchs das göttliche
Wort fähig ist, das man nicht allein predigi'n, sondern auch
lesen, lehren, beten, mit grofsem P'.rfolg singen, ja hauen,
schnitzen und malen kann. An Predigten war um deswillen
im guten Nürnberg doch kein Mangel; die Summe aller Pre-
digten, welche in einem einzigen Jahre in der Reichstadt
gehalten wurden, betrug nicht weniger als 3756. Kein Wunder,
dafs die Prediger auf die merkwürdigsten Themata verfielen,
wovon ein hübsches Beispiel angeführt wird. Weiter fesselt der
Verfasser unser Interesse durch die Schilderung der musikali-
schen Andachten in der Marienkirche, verschiedener musikalisch
reich ausgestatteter Festgottesdienste in der Egydicnkirche,
durch seine Mitteilungen und Betrachtungen über die Kirchen-
chöre, wie nicht minder durch seine Bemerkungen über offene
Kirchenthüren, seine statistischen Notizen über die Kommuni-
kanten zu verschiedenen Zeiten und endlich durch die Schilde-
rung der Einwirkung des Rationalismus auf das gottesdienstliche
Leben im Ausgang des achtzehnten Jahrhunderts. Der Inhalt
des Buches ist zu reichhaltig, als dafs er in wenigen Sätzen
annähernd vollständig wiedergegeben werden könnte. Es wird
jedem, der es in die Hand nimmt, Ann-gung und Belehrung in
Hülle und Fülle und allen, die es mit dem kirchlichen Leben
der Gegenwart Krnst nehmen, reichen Stoff zum Nachdenken
bieten. — ss.
Martin Behaim. Von Siegmund Günther. Zeichnungen
von Otto E. Lau, Bayerische Bibliothek, begründet und her-
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— 234 —
ausgegeben von Karl von Reinhardstöttner & Karl Trautmann.
13. Band. Bambec, Bucbnerische Verlagsbuchhandlung, 18Q0.
S^ 86 s.
Von berufenster Seitt; wird hier dem Ijeriihraten Seefahrer
und Kosmographen aus Nürnberg ein neues biographisches Denk-
mal errichtet, das in höchst anmutender Form alles enthält, was
wir von dem bedeutenden Manne zur Zeit wissen können. Auf
Grund ausgedehnter archivalischer Forschungen und mit souve-
räner Beherrschung der gesamten einschlägigen Literatur bespricht
der Verfasser zunächst Herkunft, Geburtsjahr und Kindheit
Martin Behaims. Sodann wird die mit dem Jahre 1477 begin-
nende Lehr- und Wanderzeit des erst Aclit/clmjährigen ein-
gehend und umsichtig untersucht und /um erstenmale festgestellt,
dafs der junge Mann von 1479 bis 14H4 in Antwerpen selb-
ständig ein Agentur- und Speditionsgeschäft betrieb, das ihn
wiederholt auch nach Lissabon führte. Die dort sich anbahnen-
den Beziehungen zur nautischen Junta geben Anlafs, auf die
Stellung Martin Behaims zu den exakten Wissenschaften und
sein Verhältnis zu dem Hauptvertreter derselben in dama-
liger Zeit, Rej^'iumontanus, einzugehen. Es wird gezeigt, dafs
Martin liehaim vermutlich durch Vermitthmg des Jakobstal)es (?)
und der verbesserten Ephemeriden Regioinuntans der Seefahrt
der Portugiesen wichtige Dienste geleistet liat und deshalb noch
im Jahre 1484 berufen wurde, als nautischer Astronom die Ex-
pedition Diogo Caos an die Westküste Afrikas (bis zum 22.^
südl. Br.) zu begleiten. Nach einer Darlegung der geographi-
schen Ergebnisse dieser Reise werden die weiteren Schicksale
Martin Behaims in Portugal in der zweiten Hälfte der achtziger
Jahre kurz berührt, um dann den letzten wichtigen Abschnitt
im Leben des Helden, seinen Nürnberger Aufenthalt von 1490
bis 1493, und den während desselben hergestellten Erdapfel
wieder einer ausführlichen Erörterung zu unterziehen. Mit der
Wiedergabe der spärlichen Nachrichten, die aus der Zeit von
der Rückkehr nach Portugal (1494) bis zu dem im Jahre 1506
erfolgten Tode erhalten sind, schliefst das treffliche Werk, das
für alle künftige Behaimforschung Grund- und Eckstein büden
wird, P,
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— 235 ^
Un poCte Allemand au XVI. Siftcle. ßtude sur la Vie
et les Oeuvres de Hans Sachs par Ch. Schweitzer, Profes-
seur Agrege de l'Universite, Docteur de Lettres. Paris, Bcrger-
Levrault et Cie., cditeiirs. 8". XXT et 47Q p. 1889.
Der Vcrfr^^ser hat sich die Aufgabe gestellt, die Kreise
der literarisch gebildeten Franzosen mit Hans Sachs bekannt
za machen, womit er, falls es ihm gelingen sollte, jedenfalls eine
Lücke in der Literaturkenntnis vieler ausfüllen wird. Mit
vollständiger Beherrschung seines Stoffes, dessen gründlichem
Studium er eine Reihe von Jahren gewidmet hat — m. s. das
eingangs seines Buches mitgeteilte, von ihm benützte und ver-
arbeitete Quellen- und sonstiges handschriftliche, gcdrurkto,
bibliographische, biographische und geschichtliche Material cuis
den Bibliotheken und Archiven in Zwickau, Berlin, Dresden,
Nürnberg, Leipzig, Göttingen u. s. w. — verbindet er eine
ebenso elegante Diktion wie blühende Sprache und, ohne pedan-
tisch gelehrt zu thun, die Gabe belehrender und unterhaltender
Darstellung, die oftmals geradezu poetisch genannt zu werden
verdient, so z. B. bei seiner Schilderung Altnürnbergs und seines
eigentümlichen mittelalterlichen Lebens. Es sind im ganzen
dreizehn Kapitel, auf welche der Inhalt des Buches verteilt ist.
Das erste, betitelt Biographie, bringt eine knapp gehaltene, aber
völlig ausreichende Lebensbeschreibung des grulsen Dichters,
aus welcher hervorzuheben sein dürfte, in wie selbständiger und
geschickter Weise der Verfasser bestreitet, dafs Hans Sachs
eine genauere Kenntnis der lateinischen oder gar der griechi-
schen Sprache sich in den damaligen Schulen seiner Vaterstadt
erworben haben könne, oder dafs er während seiner Handwerks-
burschenreisen weiter als nach Bayern, Franken und an den
Rhein gekommen und an Kaiser Max' 1. Hof Jägerbursche ge-
wesen sei. Aus den drei folgenden, den gescliiehtlichen Hinter-
grund darstellenden Kapiteln: Nuremberg, La Keforme, Politique
et Evenements contemporains, tritt dann das Bild de< Meisters
um so plastischer und individueller heraus. Das 2, Kapitel ins-
besondere wird jeder Nürnberger mit wahrem Vergnügen lesen.
Kapitel 5 handelt von den Werken Hans Sachs' im ganzen und
gibt eine prinzipielle Charakteristik derselben, während das sechste
den Dichter als Moralisten schildert und das siebente sich zu
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— 236 —
einem höchst interessanten Essay über den Meistergesang Uber«
haupt erweitert. Hierauf geht der Verfasser in den Kap. 8 — 12
in die eigentliche Darstellung des dichterischen Schaffens von
Hans Sachs ein und zeigt in wohlgclungoner Ausführung >le
pocte hünioristique, £ »morale de la pucsic liumoristique,« >le fast-
nachtspieU, »drames bibliques et profanes« und »genres diverse
sind sie überschrieben — eingehend« wie er nicht nur an dich'
terischer Fruchtbarkeit, sondern auch an po^ischer Erfindungskraft,
Tiefe der Empfindung, Beherrschung der Sprache und des Reims,
Gedankenreichtum und sittlich-religiösem Gehalt und ungesuch-
ter Popularität alle seine Zeit- und Zunftgenossen mächtig über-
ragt. Er hat nicht nur zeitgeschichtlich, sondern i)leil>end Wert-
volles geschatlen, er hat sogar bahnbreclicnd lur die. s]):itere
Entwirkhing der dramatischen Dichtkunst gewirkt, ein monu-
mentuni aere perennius hat er sich in seinen Schriften gesetzt.
Im 13., dem zusammenfassenden ächlufskapitel, — betitelt »con-
clusion« — wird dem Leser zunächst eine sehr sorgfältig ausge-
arbeitete bibliographische Studie Über Hans Sachs' Werke
und dann ein resümierendes Urteil über ihn geboten. Er ist
dem Verfasser nicht nur als Mann und Christ, als Dichter und
Schriftsteller überhaupt eine bedeutende Erscheinung, nein, er
gilt ihm als eigentlicher Repräsentant seiner Zeit und. in seiner
Bildung und Vo]kstiinil:(~hkeit zwischen dem Gelehrten- und
Bürgerstand seines Jahrhunderts stehend, als Dolmetsch und Ver-
mittler für beide, weshalb, nachdem noch sein literarisches
späteres Schicksal, lange Zeit unverdienter Vergessenheit anheim-
fallen zu müssen, beklagt, um so freudiger die — durch keinen
Geringeren als Goethe mitherbeigeßihrte — Rehabilitation des
grofsen Dichters in unserm Jahrhundert begrüfst wird.
Der Wert des an und ftlr sich schon trefflichen und wert-
vüUeu liuches wird noch erhöht durch eine Zugabe, welche den
Schwank ^ Der einfältig niüller mit den Spitzbuben« im Wort-
laut, dann eine gleichfalls wörtlich wiedergegebene Anzahl von
bisher nicht herausgegebenen (Gedichten, dann ein Facsimile der
Handschrift des Meisters vom Jahre 1550, einen Abdruck eines
Meisterliedes »in der silber weis zu praunau«, gedichtet und
mit Noten versehen, und eine fleifsige Studie über seine Sprache
und Metrik enthält.
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— 237 — .
Sein Bild vom Jahre 1545 begrttfst den Leser als erstes
Blatt des Buches, welches in grofs 8^ herausgegeben, durch Drucke
Papier und einfach vornehme Ausstattung auch äufserlich sich
sehr günstig präsentiert.
Wir hegen den leibhaften Wunsch, dafs der Verfasser seine
eingangs ersv.ihntc Absiciit in Frankreich erreichen, dafs aber
sein Werk auch in Deutschland die wolilverdiente Anerkennung
ünden und fleifsig gekauft werden möge. Kd.
Hans Sachs von Eduard Goetze. Zeichnungen von
Peter Halm. 19. Band der bayerischen Bibliothek, begründet
und herausgegeben von Karl v. Reinhardstöttner und Karl
Trautmann. Bamberg. Buchnersche Verlagsbuchhandlung.
1890. 8<>. 76 S.
Hans Sachs. Sein Leben und seine Dichtung von Ernst
Karl Lützelberger, weil. Stadtbibliothekar. 2. Auflage, neu
bearbeitet und vermehrt von Dr. Karl Fronunann, k. Profes-
sor am Neuen (rymnasium zu Nürnberg. Verlag von Hermann
BaUhorn 1891. 8^. 238 S.
Beide Schriften Über den berühmten Sohn der ehemaligen
freien Reichsstadt Nürnberg haben ihre eigentümlichen Vorzüge*
Die erstgenannte flicht in die klare und anschauliche Darstellung
der Lebensschicksale Hans Sachs' die Schilderung seines dichte-
rischen Schaffens ein. So lernt der Leser den Menschen, den
Bürger, den Dichter zumal kennen. Und zwar nach diesen drei
Seiten aus dem und im Zusammenhange mit seiner Zeit und
seiner Vaterstadt, mit welcher er ja auf das innigste verwachsen
war, in seiner persönlichen und dichterischen Eigenart. Auch
sein unverdientes Geschick, bald nach seinem Tode der völligen
Vergessenheit anheimzufallen, selbst in Nürnberg — noch 1828
erwähnte der verdiente Bürgermeister Johannes Scharrer in einer
von ihm IML'S vcrfafsten offiziellen Festschrilt über die Blütezeit
Nürnbergs von 1480- — 1330 den Namen Hans Sachs gar nicht —
wird besprochen, sowie seine Wiederauferstehung unter seinem
Volk und seinen Mitbürgern und das ihm infolge davon 1874
hier errichtete Denkmal. Zu besonderem Schmucke gereichen
dem Büchlein die 16 beigegebenen zum Teil nach alten Stichen
— 238
wiedergegebenen Illustrationen, darunter das dreimalige Porträt
des Dichters nach Bros am er (51. Lebensjahr), nach Jenicheo
(73. Lebensjahr) und nach Andreas Herme ysen (60» Lebens»
jähr)*.) Zur Information des Lesers dienen aufserdem 81 erläu-
ternde am Schlüsse beigefügte Anmerkungen. Druck, Papier und
sonstiL;c Ausstattungen sind der rühmlichst bekannten Firma
Knurr & Hirth in München würdig.
Die andere Schrift zerfällt in zwei Hauptteile» von denen
der erste eine gedrängte Darstellung des Lebensganges und des
po^schen Schaffens des Dichters gibt. Der zweite enthält eine
geschickt und geschmackvoll zusammengestellte Auswahl aus
dessen Dichtungen in vier Abteilungen, überschrieben: »Meister-
gesänge und Lieder«, » Spruchgedichte <^ , »Schauspielec und
»Disputation /wisrhen einem Chorherrn und Sohuhmacherc .
Dazu kommt dann noch im ersten i eile das sogen. y-Valete«,
die Summa all seiner Gedichte von 1514 bis ins 1567. Jahr.
Sämtliche Proben samt letzterer Dichtung sind in der Original-
sprache und Schreibung H. Sachsens gegeben. Wenn schon
hierin ein grofser Vorzug fllr die Einführung in das Verständnis
des Dichters liegt, welches überdies durch beigegebene Wort-
erklärung erleichtert wird, so hat Prof. F rommann sich um den
Leser auch noch ein weiteres Verdienst dadurch erworben, dafs er
in der Vorrede für den mit der alten Sprache wenijLr »Vertrauten (i
sehr praktische und dankenswerte »Winke* und Erklärungen ihrer
grammatikalischen Kigentümlichkeiten bietet. P'.benso dankens-
wert ist es endlich, dafs am Schlüsse des ersten Teils Goethes
Lobgedicht: »Hans Sachsens poetische Sendung«, welches soviel
zur Wiederwürdigung und Ehrenrettung des grofsen Nürnberger
Dichters und Meistersängers beitrug, angefügt ist. Noch sei
bemerkt» dafs auch dieses Büchlein die schon erwähnten Por-
träts Haus Sachsens io seinem 51. und 82. Lebensjahre enthält.
Kd.
Altnürnberg. Schilderungen aus der älteren reichs-
städtischen Zeit bis zum Jahre 1350 von Ernst Mummen ho ff.
Zeichnungen von Lorenz und Wilhelm Ritter. Bayerische
*) Soll wohl heiCien Sa. Lebeatjahr. Anm. d. Redaktion.
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239 —
Bibliothek, begründet und herausgegeben von Karl vonRein-
hardstöttner und Karl Trautmann. 22. Bd. Bamberg,
Buchnersche Verlagshandlung, 1890. 8^. 106 S.
Ausgestattet mit siebzehn reizenden Illustrationen nach
Naturaufnalimcn der trefflichen Nürnberger Künstler Rittor,
Vater und Sülm, wird uns hier aus der Feder des uiierinüdlich
tleilsigen Nürnberger Stadtarchivars ein Bucli liber Nürnbergs
früheste Geschichte geboten, das wir der weitesten Verbreitung
fttr wert erachten. So viel auch Jahr aus Jahr ein über die
vielbertthmte Stadt geschrieben wird, an Bearbeitungen gröfserer
Abschnitte ihrer Geschichte, die mit der auf sorgfältigem Quellen-
studium beruhenden Zuverlässigkeit den Vorzug anziehender
Darstellung vereinigen, sind wir herzlich arm. Das angezeigte
Buch entspricht tliesen Anforderungen nach bei(U;n Richtungen
liiu in hohem Mafse. Stadtarchivar M uinmen hoff , der seit
Jahren mit den Vorarbeiten für ein ürkundenbuch der Stadt
Nürnberg beschäftigt ist, war in der Lage, das gesamte Urkunden-
material über die früheste Geschichte der Reichsstadt neu zu
prüfen und so manchen Irrtum zu beseitigen, der da und dort
noch festgehalten worden war. Er versteht es aber auch vor-
trefflich, die Ergebnisse seiner Forschungen zu einer fliefsenden,
leicht lesbaren Darstellung zu verarbeiten. Es wäre zwecklos,
die älteste (Teschichte der Stadt hier in kurzen Zügen wieder-
zuerzählen. Wir müssen uns darauf iteschränken, einzelnes
hervorzuheben, was dem Buche zum besonderen V orzug gereicht.
Dazu rechnen wir die lebendige Schilderung der Gegend und
des Bodens, auf dem in verhältnismäfsig später Zeit die Ansiede>
lung entstanden ist, die urkundlich erst im Jahre 1050 genannt
wird, samt der neuen Erklärung des Namens Nürnberg, den
Verfasser auf Nure, Nurung, gleich Neuland oder Rodung, zu-
rückführt, femer die umfassende Wiedergabe des Inhalts der
kaiserliclien Privilegien und Freiheitsbriefe, die sich unseres
Wissens in gleicher Vollständigkeit und Genauigkeit in keiner
früheren Darstellung der ältesten Geschichte der Stadt hndet,
dann die Betrachtungen, die Verfasser über den Sitz der Burg-
giafen auf der Burg und die custodia portae anstellt, seine
Mitteilungen über das Stadtregiment der ältesten Zeit und die
Stadtsiegel, sowie die rasche Entwicklung, welche das Gemein-
— 240 —
wesen unter der wohlwollenden Regierung Kaiser Ludwigs des
Bayern genommen hat. Ansiehend ist die Geschichte des
Handels und der Handelsbeziehungen der Stadt in dieser frtthe-
sten Periode geschildert, ganz besondere Anerkennung verdient
aber die eingehende Behandlung, welche der Reichswald und
seine grofse Bedeutung für die Stadt, die (beschichte seiner
allmähli« lieii Ei vverbunu diircli dieselbe, das Zeidlerwesen und alle
mit diesL-ni Reichsbiencngarten im Zu^^ammenhang sti-hcuden
Verhältnisse in dem Buche gefunden hal cn. Zum Schlüsse
bietet uns der Verfasser eine topographische Beschreibung der
Reichsstadt, wie sie sich in der Mitte des 14. Jahrhunderts
gestaltet hatte, die an Anschaulichkeit und historischer Treue
wohl das Beste ist, was in dieser Beziehung bisher geschrieben
wurde. Wir können diese kurze Anzeige nur mit dem Wunsche
schliefsen, dafs der Verfasser in Erfüllung des Versprechens,
das er aut der letzten Seite des Buches gcgel)en hat, der Lese-
welt recht bald zeigen möge, wie die Stadt nach Verlauf von
etwas mehr als audeitlialb Jahrhunderteu den Erwartungen ent-
sprochen hat, die man nach ihrer bisher geschilderten Entwick-
lung auf sie setzen durfte. — ss.
Henry Thode, Die Materschule von Nürnberg im
XIV. und XV. Jahrhundert in ihrer Entwickelung bis auf
Dürer. Frankfurt a. M., H. Keller, 1891. Gr. 8^ 332 S.
Immer wird es zu den anziehendsten Aufgaben der histo-
rischen Forschung gehören, den Spuren einer Entwicklung nach-
zugehen, weiche dem Erscheinen einer gewaltigen, die Zeiten
beherrschenden Persönlichkeit vorausliegt; denn für eine ganze
Reihe von Fragen, zu denen eine solche Erscheinung auffordert,
finden wir eben in jener die Beantwortung. Wir lernen es
verstehen, warum gerade dieser Boden, aul" dem wir jene Per-
soiilirhkeit antreften, geeignet war, sie hervorzubringen, warum
das Ziel ihres Strebens gerade in dieser Riclitung liegt, warum
gerade diese Merkmale und diese Charakterzüge besonders
stark ausgeprägt sind, und lernen zugleich auch das, was uns
vorher vielleicht als Mangel erschien, als mit dem Organismus
eng verbundene Eigenschaften kennen, die sich unter diesen
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— 241 —
bestimmten Lebensbedingungen mit Notwendigkeit ergaben.
Wenn es wahr ist, dafs alles Grofse in der Welt das Werk
^^cnialer, mit geheimnisvoller Kraft begabter Menschen ist, so
ist doch nicht zu leugnen, dafs ihr Ers( lieinen kein zufälliges
und willkürlii:hcs ist, sondern vielmehr stets in engstem Zusam-
menhange zu den äulseren Verhältnissen und deren Vorbedin-
gungen steht. So legte denn auch die Gestalt eines Dürer,
dessen J^eben und Werke, dank der emsigen Tbätigkeit einer
Reihe tüchtiger Forscher, bis auf die feinsten und kleinsten
Züge in voller Entfaltung vor un$ ausgebreitet liegen, solche
und ahnliche Fragen nahe, ohne dafs es jedoch bisher gelungen
wäre, volles Licht in das Dunkel zu tragen, in das die Ge-
schichte der \ urdurerischen Malerei in Nürnberg gehüllt ist.
Weder gelang es, für die vielen Malernamen, welche mit Beginn
des 14. Jahrhunderts in Nürnberg auftauchen, die Persönlich-
keiten zu finden und den reichen in Kirchen und Sammlungen
verstreuten Bildervorrat auf diese zu verteilen, noch war man
imstande, eine objektive Schilderung jener Persönlichkeit zu
geben, um die man die meisten Bilder der vordürerischen Zeit
Zeit zu giuiipieren gewohnt war, nämlich des Wolgemut. Wie
viele Hypothesen umspinnen diesen Künstler, wie schwankend
und widerstreitend sind die über ihn gefällten Urtiilel Nur
einzelne mit fest ausgeprägten künstlerischen Merkmalen ver-
sehene Malereien aus dem Beginne und aus der Mitte des
15. Jahrhunderts ragten aus dem Dunkel heraus und weisen,
leuchtenden Sternen gleich, dem Suchenden einzelne Stellen
des sonst nur schwach oder gar nicht beleuchteten Weges, der
aus den Anfängen der Nürnberger Malerei zu der sonnigen
Höhe Dürers führt. So bildete eine Reihe der dem 14. Jahr-
hundert angehörenden Werke schon den Gegenstand eingehen-
der Untersuchung, su finden wir in den Werken eines Hotho,
Waagen, Schnaase u. a. ganz vortretfliehe Bemerkungen ülier
die wichtigsten Nürnberger Malwerke des 15. Jahrhunderts und
feinsinnige Charakterisierungen des ihnen eigentümlichen Kunst-
Charakters, aber eine wirkliche Aufhellung des Weges fand nicht
statt. In der gründlichsten und umfassendsten Weise ist neuer-
dings der Versuch hierzu in dem vorliegenden Werke gemacht
worden, und mit Freude und Befriedigung nehmen wir bei der
16
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— 242 —
Lektüre desselben wahr, wie es dem Verfasser ernst ist mit
seiner Arbeit, wie er mit Emsigkeit und Fleifs alle Thatsachen
sammelt und ordnet» alle Ansichten prüft, alle Mifsstände in
Betracht zieht und jede Möglichkeit erwägt, um zur Klarheit
und Wahrheit hindurchzudringen, mit lebhaftem Interesse folgen
wir den Schilderungen, die er mit sicherem Blick für das Cha-
rakteristische und Schone eines Kunstwerks und mit empfäng-
h'chem und weitem Sinn für die eigentliche Aufgabe der Kunst
in anregender riüssiger Sprache von den Werken und den Mei-
stern, für die er uns begeistern will, entwirft, und überzeugt
von der logischen Beweiskraft einer ganzen Reihe der in dem
Buche enthaltenen Erörterungen legen wir dieses aus der Hand.
Aber abgesehen von einzelnen Punkten, die für uns objektive
Gültigkeit gewonnen haben und anderen, die zu lebhaften Wider-
spruch auffordern, sind viele Fragen doch noch als offene an-
zusehen. Dafs die l Jinge sich in der ,i;eschiUlertcn Weise ver-
halten haben können, dafs z. 15, diese lUlder um diese be-
stimmte Persunhclikeit gruppiert werden können, leugnen wir
nicht, aber dafs zwingende Gründe vorhanden wären, diese
Möglichkeit zur einzigen zu machen, sehen wir nicht ein, ja es
beunruhigt uns, in der Form der Gewifsheit Dinge vorgetragen
zu finden, die nur hypothetischen Wert haben, da die Beweis*
momente fehlen. Wir unterschätzen nicht den Wert und die
Bedeutung der Hypothese, wissen wohl, welche Dienste die
Pliantasie dem Verstände zu leisten vermag, aber die Erhebung
eines hypothetischen zu eiuein aj'odiktisehon (Trteil vermag doch
nur dann zu befriedigen, wenn bestiinmte Thatsachen die Reellitat
der erträumten \S ahrheit erkennen lassen. Der Stoti , den das
Buch behandelt, erlaubt bei dem Mangel fast jeden sicheren
Beweismomentes nur eine hypothetische Behandlungsweise, ist
also, da das Endresultat nur ein bedingtes ist, ein ziemlich tmdank-
barer. Das ist wohl auch der Hauptgrand dafür, dafs die-
sem Kapitel Nürnberger Kunstgeschichte bisher noch keine
Spezialbel)andlung zuteil geworden ist. Soweit es möglich war,
ist es dem Verfasser bis auf einzelne Punkte gelungen, das
Thatsächliche fest/u st eilen.
Nachdem er in kurzen Zügen tiie in Xüraberg, l orchheim,
Heilsbronn und Bamberg befindlichen Malereien des 14. und
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— 243 —
»
aus dem Beginn des 15. Jahrhunderts gekennzeichnet hat, wo-
bei noch ilas Kpitapli des 1412 verstorbenen Johnnn von Hohen-
lohe in der Klostcrkirclie zu BerUn liiitte genannt werden kön-
nen, wendet er sich gleich dem ersten der grofsen Malwerke
des 15. Jahrhunderts su, das aber mehrfach den Gegenstand
des lebhafbesten Interesses gebildet hat, dem Imhofschen Altar
in der Skt. Lorenzkirche zu Nürnberg» charakterisiert in meister-
hafter Weise dessen künstlerische Eigenart und weifs uns mit
beredten Worten für den Verfertiger desselben zu begeistern,
der *ZM jenen grofsen genialen Künstlern gehört, welche, von
den hergebrachten Gewohnheiten sich befreiend, in ein direktes
und unabhängiges Verhältnis zur Natur treten — zu jenen er-
lauchten, zur Herrschaft berufenen Geistern, die, so verschieden
geartet sie sein mögen, auf so verschiedenen Gebieten sie sich
bethätigen, in so verschiedenen Formen sie sich äufsern mögen,
doch in dem Einen alle verwandt sind: in der Begabung mit
einer ungemeinen Kraft starker, unmittelbarer Anschauung der
Natur, einer Kraft, deren durchaus notwendige Bethätigung dann
das eigene Schaffen ist.« Unsere volle Zustimmung geben wir
wie dieser C. luuMklcrisierung auch den Erörterungen, welche die
innigen Beziehungen dieses Meisters zu der älteren von Italien
beeinflufsten Prager Schule darlegen, dagegen müssen wir die
in Bezug auf die Datierung des Werkes als ein zwischen 1418
und iA22 entstandenes und auf die Angabe, dafs der mit seinen
Frauen dargestellte Donator Kunz oder Konrad Imhof sei, er-
hobenen Zweifel entschieden zurückweisen, da sie durchaus unbe*
rechtigt sind. Verfasser traut dem Zeugnis Hilperts nicht, dafs
Kunz Imhof der Stifter sei, und stöfst sich daran, dafs
Biedermann in seinem Geschlechtsregister den Konrad Imhof
nur mit zwei Frauen anführe, bemerkt aber, dafs diskutierte
Gründe die Entstehung des Werkes in den ersten Jahrzehnten
des 15. Jahrhunderts unzweifelhaft machten. Jene aus den Do-
natorenwappen gefolgerte Datierung ist aber gar nicht zweifelhaft,
sondern unzweifelhaft richtig. Der älteste Zeuge dafür, dafs
der Dargestellte mit dem erwähnten Kunz Imhof identisch ist,
ist der von 1491 — 157Q lebende Andreas Imhof, dessen im
Imhofschen Familien-Archiv bewahrtes Geschlechterbuch die
Notiz enthält: »Ein Altar in solcher Capellen (nämlich der
16*
— 244 —
Lorenzkirche) , so Conradt Im HoflT, der die 4 Weiber gehapt,
machen lassen, aber dazumal nur 3 weiber gehabte Dreimal
verheiratet gewesen aber war dieser Mann nur in der Zeit von
1418 — 1422, denn 1418 heiratete er zum 3., 1422 zum vierten
Male. Auch hierfür sind urkundh'che Belege vorhanden, sowohl
im erwähnten l'aniihenarchiv, als auch in einiT im ('ierm;inischrn
Museum bewahrten, um 1670 geschriebenen handschrilthchen
Genealogie der Familie Tucher, Imhof und Haller, nach der die
erste Frau eine Töflerin oder Hörlin, die zweite, welche 1413
starb, eine Rothllaschin» die dritte, mit der er sich 1418 ver-
mählte und welche 1421 starb, eine Schatzin, und die vierte,
deren Wappen sich nicht auf dem Altarwerk findet^ die er 1432
I heiratete, und welche 1438 starb, eine Volckamerin war. Damit
aber ist die Richtigkeit jener Datierung ein für allemal festgestellt.
Nicht so sicher scheint uns dagegen die Richtigkeit der von
Thode aufgestellten Behauptung, der Meister des Imhofschen
Altares sei identisch mit dem in den Urkunden einige Maie ge-
nannten Meister Berthold, der unter anderem als Restaurator
der Rathausmalereien erwähnt wird. Unmöglich ist*s ja nicht,
doch scheint uns die Annahme auf so schwachen Stiitzen zu stehen,
dafs es in hohem Grade gewagt ist, diesen Namen ohne weite-
res zu adoptieren. — Ohne Zweifel war der Meister des Imhof-
schen Altares eine bedeutende, den Gang der Malerei in
Nürnberg wesentlich bestimmende Persönlichkeit, und es ist eine
gan^e Reihe von Werken um diese herum zu gruppieren, aber
viel zu gering sind die Vergleichs- und Anhaltspunkte, um zu
unbestreitbaren sicheren Resultaten gelangen zu können. So
erscheinen uns Werke wie der ja auch vom Verfasser zu ver-
schiedenen Zeiten verschieden beurteilte Deokarusaltar zu Skt.
Lorenz und der sogen. Bamberger Altar im Münchener National-
museum, die Thode neben dem Imhofschen und dem diesen
/.w:ir nahestellenden aber unseres Eraehtens liandwerksmaisiLicr
durchgeführten Deichslerst lu-n Altare in Berlin als charakte-
ristische Arbeiten Meister Berthulds anführt, einer jüngeren
Künstlergeneration anzugehören, welche weniger auf plastische
Ruhe, als vielmehr auf malerische Bewegtheit zielt, während der
prachtvolle Altar in der Sakristei von Skt. Jakob, der demsel-
ben Meister zugeschrieben wird, uns als Werk einer weiteren
. ijui. u i.y Google
Entwicklung erscheint, welche die gröfsere Lebendigkeit des
Deokarusaltars mit der stillen Grösse des Irohofschen Altares
zu \ rrschiuelzen sucht. Dieser Altar ist nicht, wie 'I'hodo an-
niinint, identisch mit dem von Murr in Skt. Jobst tresehenen,
sondern war eine Haüersche Stittung und befand sich bis Mitie
dieses Jahrhunderts in der heil. Kreuzkirche, wo ihn Waagen sah,
der ihn »nach den schon knittrigen Ausgängen des Gefältes«
gegen Mitte des 15. Jahrhunderts ansetzt. Auf jeden FaU steht die-
ses Werk dem Meister des Tncheraltars näher als dem des Imhofschen,
wenn er auch eher die Milde dieses als die Kraft jenes besitzt.
Das dem Meister des Tucheraltares gewidmete Kapitel ist
einer der Glanzpunkte des Buches. In meisterhafter Weise
wird aus den Eigentümlichkeiten dieses Werkes, das mehr als
eines ahnen lässt, dals die Nürnberger Malerei zu etwas ganz
besonderem berufen ist, sowie aus diesem verwandten Werken,
unter denen die herrliche Maria als Himmeiskönigin in der
Klosterkirche zu Heilsbronn hervorragt, Art und Wesen des
Meisters abgeleitet und mit begeisternden Worten auf die
Schönheit und Erhabenheit seiner Kunst hingewiesen, so dafs
auch der der mittelalterlichen Kunst ferne Stehende dafür er-
wärmt wird. Ganz unbegreiflich erscheint es daher, wenn in
dem Drange, auch für diese Bildergruppe einen bestimmten
Meister zu finden, ein aus dem Jahre 1440 stammendes, mit
dem Namen Pfenning versehenes Kreiuigungsbild im Belvedere
zu Wien dieser Gruppe zugesellt wird, und der bisher so gut
wie unbekannte Meister Pfenning zu einem der bedeutsamsten
Vorgänger Dttrers in der Nürnberger Malerei gestempelt wird.
Unzweifelhaft triflt eine ganze Reihe der zur Begründung dieser
Annahme angeführten Ähnlichketten zu, aber was wollen diese
mehr im Charakter der Zeit als in der Eigentümlichkeit einer
Künstleri)ersoiilichkeit l)egründeten Aufserlichkeiten sagen gegen-
über den Mängeln, welche in Re/u^ auf geistigen ('»ehalt und
Komposition das Pfenningsche Bild im Vergleicli mit dem
Tucheraltare aufweist. Wollte man annehmen, l>eide Werke
stammten von einem Meister, so müfste notwendigerweise das
Wiener Bild dem Tucheraltar vorausgegangen sein, denn dieser
ist das Werk eines vollausgereiften, zielbewufsten Künstlers,
während das Pfenning sehe Bild durchaus den Stempel des
Jugendlichen an sich trägt. Da dieses aus dem Jahre 1440
stammt, so würde der Tucheraltar in die fünfziger Jahre fallen.
Das aber ist unmöglich; seinem Kunstcharakter nach kann er
kaum über das Jahr 1440 hinausgehen. Pfenning gehört der
dem Meister des Tucheraltars, der einen energischen Realismus
vertritt, nachfolgenden Generation an, die zu Gunsten eines aus-
gesprochenen Naturalismus auf Monumentalität verzichtet, aber
noch nicht die Kraft hat, sich von den alten Typen loszulösen.
Ob er ein Nürnberger Meister war, ist fraglich; seine Typen
machen es wahrscheinlich, doch ist auffallend, dafs sein Name
nicht in den Bürgerverzeichnissen vorkommt. — Wenn die Jahres-
zahl 1447 auf dem Breslauer Altare keine Fälschung ist, was
anzunehmen wir freilich keinen äufseren Grund haben, so ist
uns dieses Werk ein Ratsei, da es in Kumposition, sowie Auf-
fassung und Behandlung der (iestalten an die Kunst zu Ende
der fünfziger und der siebziger Jahre erinnert. Im Jahre 1447
erscheint wenigstens die Nürnberger Kunst noch nie ht auf einer
so weit vorgeschrittenen Entwicklungsstufe. Es bedurfte erst
der Berührung mit der niederländischen Kunst, uiti ihr diese
Klärung zu geben. Dadurch wurde sie dem Naturalismus, dem
sie- mehr und mehr verfiel, entrissen und jenem gesunden Rea-
lismus entgegengeführt, der in Dürer seinen herrlichsten Beken-
ner und glänzendsten Vertreter fand. Die Bedeutung Hans
Pleydenwurffs als des wichtigsten Vermittlers zwischen der Nürn-
berger Kunst und den Niederländern erkannt und in das rechte
Licht gesteilt zu haben, ist Thodes Verdienst. Unterstützt von
unwiderleglichen Thatsachen, weifs er uns davon zu überzeugen,
dafs eine Reihe, früher fälschlich dem Wolgemut zugewiesener,
von einzelnen Forschem freilich aber aus der Liste seiner Werke
gestrichener Arbeiten diesem Meister angehören und er hat damit
nicht wenig zur Klärung der so verwickelten Wolgemutfrage bei-
getragen Ob Pleydenwurff wirklich der Begründer dieser neuen
Richtung war, wie Tliuiie annimmt, ist mindestens /.wcitclhaft.
Aber lu dem vor PK-ydenwuriis Wirken ausgefulirten Loffelholz-
altare zu St. Sebald gewahren wir den deutlichen Einfiufs der
Niederländer, aber ohne Zweifel war Pleydenwurflf ein entschie-
dener und mutigerer Bekenner jener damals die ganze deutsche
Malerei beherrschenden niederländischen Kunst als seine Vor-
— 247 —
gänger. Hans Pleydenwurff wird unzweifelhaft die Ehrenstelle,
welche Thode ihm in der Kunstgeschichte angewiesen hat, be*
haupten, dagegen dürfte die Erhebung seines Sohnes Wilhelm
Pleydenwurff auf Kosten Wolgemuts überall berechtigten Zwei-
feln begegnen, wie überhaupt das schroffe Urteil Thodes über
Wolgemut in jeder Hinsicht übertrieben und unbegründet ist.
Da lesen wir, dafs aus Wolgemut der >Geist der Lüge, nicht der
Geist der Wahrheitc spräche, da wird er uns vorgestellt als »gewand-
ter Regisseur, der alles nur auf den Effekt und wirkungsvollen, ober-
flächlichen Schein hin angelegte, da wird er als »Philister«, »falscher
Prophet«, als »ein jeden höheren Aufschwungs unfähiger Mann«
gekennzeichnet etc. Man meint Kent, den getreuen Diener
Lears /a\ huren, wie er seinen Zorn an dem gleisnerisehcn Os-
wald ausläfst und auf die Frage Cornwalls : »Wesliaib nennst
Du ihn Schuft, was that er Dir« antwortet: »Mir mifsfallt sem
Gesicht. 1 Hier freiUch gefällt uns dieses Argument aufser-
ordentlich, aber in unserem Falle lassen wir es nicht gelten.
»Kalt und hart sind diese Züge, und grämlicher, zu gereizten
Ausfällen geneigter Egoismus spricht aus ihnen«. Mit diesen
Worten endet Thode die Charakterisierung des ihm unsym-
pathischen Kopfes, von dem Thausing sagt: »Die hochgebaute
Stirn und das grofse Auge verraten den regen Geist, die scharf
gebogene Nase und das breit vorspringende Kinn berichten noch
von seiner rastlosen Thatkraft niclit ohne lieiniischung eines
milden Zuges um die Lippen«. Aus der Physiognomie gezogene
Schlüsse sind immer gewagt. Wir geben zu, dafs Thausing in
der künstlerischen Lobpreisung Wolgemuts viel zu weit geht und
daher auch aus diesem Bildnis zu viel zu seinen Gunsten her-
ausliest, auch uns scheint es berechtigt, ihn auf ein niederes Niveau
herabzurUcken, aber ihm nun gleich jede künstlerische Selbständig-
keit, ja jedes künstlerische Gefühl abzusprechen, heifst denn doch das
Kind mit dem Bade ausschütten. Wolgcnuit war kein \ orwartsdrin-
gendes lienie, aber ein tüchtiges, das Können seiner Zeit beherr-
schendes und die verschiedenen künstlerischen Strömungen zusam-
menfassendes Talent, das für die verschiedenen Stimmungen wohl
den rechten Ausdruck zu finden wufste. Gerne erkennen wir die
künstlerische Überlegenheit und .das durchgebildetere Schönheits-
gefühl Hans Pleydenwurffs an, aber mit dem besten Willen vermögen
— 248 —
wir nicht den ungeheuren Abstand zu erkennen, den Thode
zwischen ihm und Wolgemut konstatiert. Auch in Wolgemuts
Bildern ist Seele und (>ciimt, wenn auch un Chdtakter etwas
herber und rauher ist. Wie zart ist doch seine Empfindung für
das Landschaftliche, dem auf allen Bildern Wolgemuts eine be-
sondere Sorgfalt zugewendet ist, und wie viel Lebenswahrheit
spricht aus seinen Köpfen! Freilich ist die Liste der von uns
fttr Wolgemuts gehaltenen Arbeiten eine andere» als die von
Thode aufgestellte! der dttrre und trockene Schul- und Werk-
stattbilder, wie der Tod der Maria und anderer den Stempel
der Gesellenarbeit tragende Bilder im Germanischen Museum
als Werke des Meisters anführt, dagegen den mit wunderbarer
Empfindung gemalten Auszug der Apostel in der Pinakothek
zu München, der unseres Erachtens ebensogut von Wol'^emut
heriihrt, wie den Hofer Altar, mit dem er manches gemein hat,
und den bisher als Hauptwerk des Meisters geltenden Perings*
dörffer Altar von der Liste streicht und letzteren dem Wilhelm
Pleydenwurff zuweist, Warum der Meister, der die freundliche
Geburt Christi und den ergreifenden Tod der Maria des Hers-
bmcker Altars tmd die prachtvollen Flügel des Halierschen
Altares in der heil. Kreuzkirche zu Nürnberg gemalt hat, deren
Schtjnheit Thode billig anerkennt, nicht der Schöpfer des Periugs-
dortfer Altares sein könne, ist uns absolut unerfindlich. Aber
obgleich dieses Werk das einzige ist, das Neudörfer bei einer
Besprechung Wolgemuts mit den Worten: »sein Gemäld aber
ist die Tafel in der Augustinerkirche gegen die Schustergasse,
welches der Peringsdörffer hat machen lassen«, anführt, so soll
doch Wilhelm Pleydenwurff der Schöpfer dieses und anderer
Werke sein, die nach Thodes Ansicht zu gut für Wolgemut sind.
Und das alles, weil der Vergleich von Wolgemuts frühestem
und letztem Werk, dem Zwickauer Altar und der Predella des
Schwabacher Altars deutlich zu erkennen gälte, dafs wir es mit
dem Werke eines mittelmäfsig begabten Künstlers zu thun hätten,
der sich in den 27 Jaliren, die zwischen der Entstehung dieser
beiden Werke liegen, nicht fortentwickelt, sondern vielmehr ver-
schlechtert habe. Dafs das zweifellos von Wolgemut ausgeführte
Schwabacher PredeUabild schwächer ist, als der Zwickauer Altar,
ist zuzugeben, ebenso die Verwandtschaft der Typen, aber warum
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— 249 —
mufs dann die Linie zwischen diesen beiden Werken eine gerade
gewesen sein, warum kann sie sich nicht in auf- und abste^^en-
der Richtung bewegt haben: Als VVulgeinut das Schwabachcr
Altarstück malte, war er ein Greis von 73 Jahren. Der Fall,
dafs Schöpfungen des Alters sich mit denen der Jugendperiode
berühren, ist doch nicht vereinzelt und kann daher auch nicht
auffallen. Am allerwenigsten darf man daraus einen Schlufs auf
die dazwischenliegenden Perioden ziehen. Wollte man annehmen,
Wolgemut habe sich vom Zwickauer Altar aus in abschüssiger
Bahn bewegt, die im Schwabacher Bild ihren Endpunkt hat, so
milfsten auch Werke, wie der berühmte Hallersche und der
liersbrucker Altar iliin abgesprochen werden, Dafs Wilhelm
Pleydenwurff, den wir ja ans der Schedchchcn Weltchronik als
tüchtiL,'en Mitarbeiter VVolgemuts kennen, bei der Ausfuhrung
des Peringsdörffer Altares, in dem wir die vielen Schülerhände,
die man darin schon zu entdecken geglaubt hat, nicht finden
können, in ausgedehntem Mafse thätig gewesen, ist ja mög-
lich, die Malerei ist fast durchweg eine wärmere und zugleich
duftigere, als wir sie sonst bei Wolgemut gewohnt sind, aber
der Gesamtcharakter des Werkes ist doch ein derartiger, dafs
Zweifel an der Urheberschaft Wolgemuts nicht berechtigt sind.
Sehr berechtigt war es hintregen, den Hauptaltar der Kloster-
kirche in Hcilsbronn dem Uolt^emut abzusprechen, da hier ein
ganz anderer Künstler zu uns spricht. Es ist das Werk eines
zwar schon von Dürer beeinflufsten, aber mit merkwürdiger
Zähigkeit an den Typen der älteren Nürnberger Malerei fest-
haltenden Meisters, der demnach einer archaistischen Kunstweise
huldigt, die Wolgemut ganz fem lag. Nach Thode war er ein
Schüler Wilhelm Pleydenwurffs. Zu der Erhebung dieses Malers
aus der Stellung eines Wolgemutschen Gehilfen zu einem diesen
weit überragenden Meisters fehlt unseres Kraehtens jeder An-
haltspunkt. Thode geht hierin sehr weit und führt unter anderm
die Mängel, welclie der Titelholzschnitt der Schedeischen Chronik
im Vergleich mit der schöneren Originalzeichnung aufweist,
darauf zurück, dafs diese von Pleydenwurff stamme, dann von
Wolgemut umgezeichnet, dabei verdorben und erst nach dieser
Umzeichnung geschnitten sei. Die Keulenschläge, die Wolgemut
bekommt, sind so furchtbar, dafs man unwiUkürlich dazu getrieben
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wird, sich su seioein Anwalt aufzuwerfen, wobei man sich frei-
lich hüten miifs, ihn aus übergrofsem Mitleid Über Gebühr
herauszustreichen. »Seingrülster Riihiuostitcl bleibt«, wie Springer
treffend bemerkt, -^dnfs ihm Albrechl Dürer seine künstlerische
Er/,ieiiung verdankt.« Aber auch diesen mufs er nach Thode
dem Pleydenwurff abtreten. Um dies zu begründen, wird die
bekannte Inschrift auf der im Britischen Museum befindlichen
Handseichnung aus Dürers Jugendzeit: »Das ist och alt, hat
mir albrecht dttrer gemacht, £ er zum maier kam» in des wol*
gemut' hus etcc dahin zu deuten versucht« dafs Dürer nicht zu
Wolilgemut selbst, sondern tu einem seiner Maler und zwar
zum Wilhelm PleydenvvnriT in die Lehre gekomnien sei. Wäre
dem in Wahrheit so <^x'\vesen und hätte Pleydenwurff den ihm
zugeschriebenen Einflufs auf Dürer ausgeübt, so hätte dieser
dies sicher in seinem Tagebuch vermerkt, wo aber nur steht,
dafs er in den drei Jahren, die er bei Michel Wolgeraut diente,
gut gelernt habe, aber viel von seinen Gesellen leiden mufste.
Fordert somit manche Behauptung in dem Thodeschen
Buche unseren Widerspruch heraus und bedürfen einzelne An-
gaben unzweifelhaft der Korrektur, so ist doch die Arbeit als
eine aufserordentlich erfreuliche zu bezeichnen. Gibt sie doch
nicht nur dem Nürnberger Lokalforscher die mäclitigsten An-
repungt-n, sondern ist sie doch auch recht da/ru angethan, weitere
Kreise, zunächst für die Nürnberger, dann aber überhaupt für
die ganze deutsche Malerei des ausgehenden Mittelalters, also
für ein wichtiges Kapitel deutscher Kunstgeschichte zu interes-
sieren und zu erwärmen. Dazu sind derartige Spezialunter-
suchungen im allgemeinen wenig angethan. — Sehr wertvoll
sind die Beigaben, zunächst die zahlreichen autotypisch aus-
geführten, also das Original mit allen stilistischen Eigentümlich-
keiten wit:derL;rl)t'ii(lt'n A IjbiKlnngen, welrlic eine Narhi>rurung
der stilkritischcn iK-incrkimgcn ermöglichen, und dann die mit
gröfstcr Sorgfalt zusammcDgestellten Verzeichnisse der urkund-
lich genannten Nürnlterger Maler des 14. und 1 5. Jahrhunderts,
der im Buche behandelten Gemälde, und zwar einmal nach den
Meistern und einmal nach dem Orte der Aufbewahrung geordnet,
und der wertvolleren und untergegangenen Bilder der Nürn-
berger Malerschule des 14. und 15. Jahrhunderts. Diese
— 251 —
ermöglichen eine ungemein schnelle und leichte Orientierung
und gewähren ein überaus anschauliches und klares Bild in dem
Reichtum und der Mannigfaltigkeit des in dem verdienstvollen
Buche behandelten Stoffgebietes. P. J. R^e.
Albrecht Dürer von Anton Springer, Mit Tafeln und
Illustrationen im Text. Berlin, G. Grotesche Verlagsbuchhand*
lung 1892. 8«*. 184 Seiten.
Ein Dttrer-Aufsatz Springers aus früheren Jahren schlofs
mit dem Satze: »Ein gebildeter Deutscher sollte wie einen
Goethe so auch einen Dürer genau kennnenc. Die Forderung hatte
fraglos ihre Berechtigung, aber der >gebildete Deutschet konnte
sich bisher sehr wohl mit der Bemerkung entschuldigen, dafs
es weitaus schwiericrer sei, zu einer näheren Bekanntschaft mit
1 )ürer zu ge!anij,en als zu einer intimen Kenntnis (loethes. Ganz
abgesehen davon, dafs naturgemäfs die Werke Dürers weniger
leicht zugänglich und wohl auch weniger leicht geniefsbar als
literarische Werke, fehlte es dem giöfsten Künstler Deutschlands
an einem Interpreten, der den Gebildeten in ein wirkliches Ver-
ständnis seines Lebens und seiner Kunst einführte. Selbst Thau-
sings verdienstvolle Dürer'Btographie hatte das nicht geleistet,
was ihr Verfasser beabsichtigte. Die gelehrte Welt glaubte mit
ihrem Beifall kargen zu müssen, und die etwas schwerfällige
Darstellun*,' niachti' das Werk fiir ein gröfseres Publikum wenig
anziehend. Jetzt aber hat Anton Springer selbst dafür gesorgt,
dafs seiner Forderung keine Entschuldigung mehr entgegen-
gehalten werden kann. Kurz vor seinem Tode hat er eine
Dürerbiographie abgeschlossen, deren Plan er Jahrzehnte lang
mit sich herumgetragen, und die alles das leistet, was man von
einem Lebensbild Dürers fordern darf.
Springer wollte kein populäres Buch schreiben, aber die
schlichte Eleganz seines Stiles, der warme Tun und die Leljen-
digkeit des Vortrags, die plastisehe Gestaltung der einzel-
nen Lebensabschnitte sichern dem Buch in den weitesten
Kreisen ein entgegenkommendes Interesse. Und gleichwohl
werden auch die Fachgelehrten mit ihrem Beifall nicht zurück-
halten. Springers Albrecht Dürer ist die reife Frucht mühe-
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— 252 —
voller, gründlicher Studien, aber der Ballast gelehrter Anmer-
kungen und weitlänfiger Einzeluntersuchungen ist abgeworfen;
nichts stört den ruhigen, klaren Strom der Darstellung. Der
Verfasser beabsichtigte in einem kritischen Anhang m wichtigen
1 ra^cn der Dürerforschung Stellung zu nehmen; der lud ver-
hinderte die Ausführung. So mag es für den flüchtigen Blick
den Anschein gewinnen, als habe Springer sich die Arbeit
etwas leicht gemacht, als reproduziere er nur, was die Wissen-
schaft vor ihm festgestellt. Wie wenig das aber der Fall, wird
jeder, der in der Dürer-Literatur auch nur einigermafsen zuhause
ist, sofort bemerken. Springer fufst uberall auf eigenen Studien,
und gar manche, vielumstrittene Frage erhält in seiner Darstel-
lung eine neue, oft durch die Schlichtheit der Lösung imponie-
rende Antwort. I beraus wohlthuend berührt die wissenschaft-
liche Sachlichkeit, mit der er auch an Fragen herantrat, die seit
langem zu erbitterten Wortkämpfen Anlafs gegeben haben, wie
z. B. die äteliung Dürers zur Rcformatioo. Hier wie an so
manchen anderen Stellen des Buches zeigt sich Springer von
neuem als der glänzende Historiker, dem über die enge Begren*
zung seines Spezialgebietes nicht der Blick für das Kulturganze
eines Zeitalters abhanden kommt. Geradezu meisterhaft ist die Ein-
leitung, die in grofsen Zügen die Bedingungen der Zeit schildert,
in der Dtirer lebte und dann Dürer aus dieser Zeit mit innerer
Foigcriciitigkcit herauswachsen läfst. Springer;, ganzes Bemühen
ist überall darauf gerichtet, den Kuiistler begreifen zu lehren,
begreifen selbst da, wo dem modernen ^mne fremdartige selt-
same Züge erscheinen. Und dafs ihm das gelingt, dafs er die
individuelle Natur Dttrers in ihrem Reichtum und ihrer Gröfse
jedem Leser völlig verständlich macht, das ist ein Ruhroestitel,
der die ungewöhnliche Bedeutung des vorliegenden Werkes
genugsam kennzeichnet.
Dafs die Ausstattung eine mustergiltige und speziell die
zahlreichen Reproduktionen nach Handzeichnungen, Kupfer
Stichen und Holzschnitten den hö< hsten Anforderungen genügen,
ist bei dem Weltruf der Verlagsnrma selbstverständlich.
Dr. Th. Voibchr.
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- 253 —
Von neueren, auf die Geschichte Nürnbergs bezüglichen
oder mit ihr im Zusammenhang stehenden literarischen Erschei-
nungen, deren Besprechung wir uns für eines der nächsten
Hefte unserer > Mitteilungen vorbehalten, fuhren wir noch an:
Albrecht Dfirers Aufenthalt in Basel 1492 — 1494, Von Daniel
Burkhardt. G. Hirth, 18Q2.
Albrecht Dürers Leben und künstlerische Thätigkeit in
ihrer Bedeutung für seine Zeit und die Gegenwart. Von
Dr. A. von Eye. Verlag und Druck der Kunstanstalt (vor-
mals Gustov SeiU) A. G. Wandsbeck, 18Q2.
Albrecht DCIrers venetianiacher Aufenthalt 1494 — 1495.
Mit 7 Lichtdrucken. Von Dr. Gabriel Terey. Strassburg, J. G.
Ed. Heitz, 1892.
Das alte Nürnberger Kriminal- Verfahren bis zur Einführung
der Carolina. Nach Ratsurkunden erläutert. Inaugural-
dissertation. Von Hermann Knapp. Berlin, 1891. Druck von
Leonh. Simon.
Das Bayerland. Illustrierte Wochenschrift für bayerische Ge-
schichte und Landeskunde. Herausgegeben von G. Leber.
Druck und Verlag von R. Oldenbouig in München. 3. Jahr-
gang, 1892.
Der Reichstag von Nükmberg anno 1480. Inauguraldisser-
tation, verfafst und der hohen philosophischen Fakultät zu
Heidelberg zur »langung der i iuKtorwürde vorgelegt von Karl
KUäfner. WUrzburg, Kohl & Heckerische Buchdruckerei. 1892.
Drescher, Carl. Studien zu Hans Sachs. Marburg, N. G. Elwert-
sehe Verlagsbuchhandlung. 1890. L 1891. Neue Folge.
Geschichte Bayerns von Sigmund Riezler. l — III. Band.
Gotha, Friedrich Andreas Perthes. 1878. 1880. 1889.
Geschichte der Münzstätte der Reichsstadt Nürnberg. Von
C. 1*. Irebert. Nürnberg, L. Schräg, 1891.
Gregor Heimbarg. Von Paul joachimsohn. Historische Ab-
handlungen aus dem Münchener Seminar. Herausgegeben
von Th. Heigel und J.Grauert. Heft 1. Bamberg, Büchner, 1891.
HohensoUerische Forschungen. Jahrbuch fdr die Geschichte
des deutschen Kaiser- und preufsischen Königshauses. Heraus-
gegeben von Dr. Chr. Meyer, k. pr. Staatsarchivar I. Cl.
— 254 —
Erster Jahrgang, erster und zweiter Halbband. Berlin, Verlag
von Hans LUstenöder, 1892.
Schumann , Dr. G. Hans Sachs. Ein deutscher Handwerker
und Dichter. Nach seinen Dichtungen für das deutsche Volk
dargestellt. Neuwied und Leipzig ISQü.
Stammbaum der Gesamtfamilie Glafey ^einscldieisiich 189U).
Zusammengestellt durch Gottlob Glafey. Nürnberg, 1891,
Zum Gedächtnis des fürstlich Oettingen-WaUersteinschen
Domfinenrats ond Vorstandes des f&rstUchen Archivs
und der Kunst- und wissenschaftlichen Sammlungen in
Maihingen Herrn Dr. phU. Wilhelm Christian Eberhard
Friedrich Preiherm LÖfielhols von Kolberg, gestorben
den 15. Mai 1891. Als Manuscript für Freunde gedruckt.
Wirersuchen die Herren Verleger, neue, auf die Geschichte
Nürnbergs bezügliche oder mit ihr im Zusammenhang stehende
literarische Erscheinungen, deren Besprechung in dieser Zeit>
schrift gewünscht wird, uns rechtzeitig zugehen zu lassen.
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Literatur-
UND
Kunst-Anzeiger
DER
MITTEILUNGEN
DES
VEREINS FÜR GESCHICHTE DER
STADT NÜRNBERG.
X.
' 0^ Anzeigeii finden im Literatur- und Kunst -Ansdfer der Mit-
teilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg wirksamste
Verbreitung. Preis der Vollseite Jl 30.— , der halben Seite 20. — ,
der viertel Seite Jt 10. — . Aufträge nimmt die Verlagsbuchhandlung
I Joh. Leonh. Schräg, Nürnbcrg,K6nigsstrassc 15 entgegen. Dieselbe Firma
besorgt aiu Ii tlcn litcrarisrhen Tausi In rrkehr des Vereins fürGeschichtc
I der Stadt Nürnberg und vermittelt ßeischlüsse auf Buchhändlerweg.
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j ♦ iLü * G * EI + * * III * * i^« ♦ Cä * ^□i * o ♦ a * ^" * "=53
— « Q. Hirth's Kunstverlag In München.
Albrecbt DOrer's Aufenthalt in Basel 1492— UM
von Dr. Daniel Burckhardt,
C^ODMmtor der Oflcndidwn Kuoilnininhiqg in ButL
7 Bogm hoch 4°, mit 15 Text -Illustrationen und 50 Lichtdrucktafehi.
Ladenpreis elegant broch. J6 20.- .
Auf Grund noch völlig unbekannter kümtlensdier Akt«o, di« hier nun «nten Male
gubUfieit rind, wird der Nachweis geleistet, da« der grcMM NHrnbeii^ Mebter DSier vom
Spädahr 1492 bä FrOhJing 1494 in Basel w^te, da«* somit die adion seit lanüreni zur kunst-
Kescllditlicnen Thatsache eniobenci Hypothcae von einer ersten Reise Diircrs nach Venedif; unhalt-
bar geworden ist. Die Publikation bringt ausserdem iMKh ein eigi-nli-indi^ci-s Sthnfutiirk 'U-
jungen Dürer /um .\l>ilr»ck, aus welchem die Anwevnlurt de« KQnt>ilcr!> ia UjLsel während der
gcnanntfii Jahre zur l'lv idcn/ hervorgj'ht , il.iv- dir Mutm.is-ung von Ruroohr, dlM AlbfOdlt
Dürer als Zeichner tür iiaslerischc Omsincn thät^ gewesen «ei, sich bewahrheitet.
Die köstlichen FederxcichnuageB (flimtKch inOriginalgrüsse reproduziert), «raldie
in der Sdiriit rar Publikation gelang, werdeDt von ihrem hoben kumtwinenschaftiidien Wert
abgewihen. stets als hultntyechicfatiidies Denkmal m betradilea sein.
Pdter Flötner Daeh seinen lanheidinHnsen und Hoiiseiinittett
von Dr. phil. J. Reimers,
t. Z. Direktor des Provinziaknuaeums in Hannover.
16 Bog-en hoch 4" mit 93 Illustrationen. Ladenpreis brochiert 6 tü.
Die vorliegende ArWit fuhrt uns einen Nürttber>;er Künstler der ersten Hälfte des
16. Jahrhunderts vor, von dem bis dahin sehr wcnif; liekannt geworden war. Die eingehende
Beqtrediung dar Werke Fltftner's, die zahlreichen Uluatiationen, emrie die aosi&hrlicbe Bnchreib«
niig der einiebien Werke des Menten, dürften ifieae Sduift in einer willkommenen Gabe machen
r"ir ^ r! n, v. 1 - -' -f- r-r* i1 ^ dfkfirativfn Kunst dii« i6. Jabrhund«Tts l>-->< ^mI^jch will.
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Im Verlag von C. Brügel & Sohn in Ansbach ist erschienen und
dturdi jede Buchhandlung zu liehen r
Erinnerungen
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Fniakeo «nd gibt der Zutaamengeharigkeit cwiacben Nord und SOd dt*s I>euttchen Vaterlandes
beredten Auidiitck. Paeoadeim Wert bieten die beigegebenen Abbildungen.
Verlag m Emst Wasmnth, Arohitektnr-Bnchhandliuig j
Malerische Aneichten aus Nürnloerg
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In Praclntbat:ici. — T=>reie MVc. 33.— . '
^ ^ Vorrätig in allen Buch- und Kunsthandlungen.
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und künstlerische Thätigkeit
in ihrer Bedeutung
für seine Zeit und die Gegenw£Lrt
voo Dr. A. von Cy«.
Gross Quart mit einer Heliogravüre nach dem Dürer-Original in
der Münchener Pinakothek: das Porträt Dürer s und einer Chromographie:
das Porträt Hieronymus Holzschüher von Dürer nach dem Ohgixial im
Kgl. Museum in Berlin.
■«•lAii^icmi CMMiliNr« i«henet i« Mk. - Nftch Art if u t be'MiMr L«i«r|amar ta
Calleo )tu Mk. — in L«der ii Mk.
Wiu die groiSf itali<-nbcbe OrdxaU : Leonardo da Vinci, Rafaet Saati und Michel
AnKelo den Ländern jenaeitB der Alpen, das wurde und bradite neben wenigen Genooeo
Albrecnt DQrer den Bewohnern des Xordens. tHlrer gab um eine Wiedergeburt, aber er holte
sie nicht TiIm t die AIjk u, sinitlem schöpfte sie aus ilcr tirfetcn und eigenstrn X.iUir •^•incs Volkes n l
trat in diis>T l^f/ictmtiK s<i s«'1hRfänd!^ .iiif, rt.Tss aii<h ein länRcrcs Vcrweili'ii aui klajsaisclu'ni Ho»U ü
ihn in Bwtu^ .ml •^■inc Kunst M) i^iit SS ii- iiiilH-rUhrt lifv-i.
5yt-\n I.clwn und »eine künstlerische i hätigkeit in ihrer Bedeutung lür die damalige Zeit und
die Gegen vs .LI t >chtldert Dr. A. von Eye unter Berücksichtigung der Rnultate neuester Forsch-
ungen. — Der VeHaMcr, ab DQterken'ner beriUimt und vieliacb dtiert, hat sein LieUiiuntfaema
menterhaft dnrchgefiihrt und der IjMtrmtU hier daa wertvolbte Werk 3ber den berOhaiteitett KBattler
Deutichlandi daifehoton.
Wir bringen das in unserem Verlage erschienene
BILDNIS
des
Hieronymus Holzschüher
Bürgermeisters in Nürnberg 1509,
1526 gemalt von
^Ibrecht i)ürer
in empfehlende Erinnerung.
— Das Ori^^nal im Kgl. Muaenm tu Berlin kostete 350,000 Maik. —
Die nMdall«>Beprr»«!uVtii II fn OrtfiaalgrrMNe (&0< : ttT' ( Ki > und in QrlglMilnilm«B
mit UlaKtliür wie Im Berliner Mutieam luü Mk.
ta 1t Cm. hrciteH fdufanm Bahn«« nH QeMreriai* mter «Um fO n.
Ohne Bahnen aaf Ueitpaneel 71 Vark.
Über die FacsimUe-Reproduktion urteilt Dr. von Eye fcdgendermassen:
(»Der mmriniilentlk'hen Ausbildnng , welche die ChromofFaphte in den lelaten Jahren und
naineatli^ in Gustav W. Reitr Artistischer Anütiilt «u Wandslx-ck gewannen, war es vorbehalten,
den Cm iiuss <1i -i Itciii n Kunst\s ( rkrs ili n üu '.-ti n Kreis«*n zugänglich zu in.n li<-ii. Mit citu ni Auf-
wand)- Sun Mitti lii , SM! '-■i- in m lUstid» ictii IhLuke nur dem Faihniamu Ii ■ :ith',i!li-ti , nn'- i-im r
KÜnstltTM h.ift, <lir i;<-ti.>ii \s ii Inn HerntelKir c riiit")» Originale« v<im ersten l 'i>ti-ik,'Tuiuli' hi- ;'nr l« t/'..'ii
I^wr die KariHone zu ber»*<-hnen wusste , mit einem Krfdlge endlich, der den iJev,! ii, d^ss in
der genannten WerkAtatt kunsttivhnis» he Schwierigkeiten kein Hinaffois mehr bi- n ti mul geistige
Kräfte wirken, denen keine Höbe der Kumt unnuEänglich, hat jc>ne nunmehr da» llildnis des lliero-
nymut Holnrlniher In Or^nalicrOise und der Ahnn^eit eines Facsimile wiederi^Kvben . Durch dies«*
LetstuufT ist ohne Zweifel die Chromographie, der man bis dabin nur den Rang rinea Stkifkindee ein»
zurStmien geneigt s«hi«'n, volbHlndiK lei;itimi»Tt und in die Reihen der wirklich hernürfien venrtelÄl-
ti^^riMli n Kiiriüte eingetreten. Welt inr wie es früh«-r zum 1*11 Ai r T ill w.n, tmr .nif iiiocha-
tus. hcm W'i-ijf tu repriidtuieren. h.it 111 tum-ier Zeit, und vor/ugswem» m der Kunstanitalt zu Wands-
)n-( k . ein \'<'ri.ihri'n sii )i in rauv gebildet, »Iiis sa-i\-«- Mittel nicht .indeii bnucht , als der Maler den
I"ms<-1 <!«T K "T ti i-vitttla-r Jen firalwtichel oder du- K ulicnirulfl."
Kunstanstalt (vorm. Gustav W. SeiU) A.-G., Wandsbeck.
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Verlag von Heinricb Keller in Frankfur! a. M.
vm Eswvmem, Dr. Aug., Mittelalterliches HauslMich. Bilder-
handschrift des 15. Jahrhunderts mit vollsiandigem Text
und faksimilierten Abbildmii^^cTi. Klein Folio . . Mk. 36. —
vm Essenwein, Dr. Aug., Kunst- und Kulturgeschichtliche
Denkmale des Germanischen Nationalmuseums. Eine
Sammlung von Abbildungen h«rvorragcnder Werke aus
sämiÜc hen Gebieten der Kultur, zusammeng^cstellt und allen
Freunden der deutschen Vorzeit gewidmet. 120 Holz-
schnittafeln mit 2 Blatt Text Quart cart. . . Mk. 27.—
von Essenwein, Dr. Aug., Hans Tirols Holzschnitt, darstellend
die Belehnung König Ferdinands I. mit den Österreichischen
Erbiändern durch Kaiser Karl V. auf dem Reichstage zu
Augsburg am 5. Sept. 1 530. Nach dem Original im Besiti
der Stadtgenieindc Nurnberj^. 18 Tafeln mit 8 Seiten
( )nginal Tf.'xt und 4 Seiten ^"orr^ :lp Imp'-rial I"f>l!o Mk. 45. —
von Essinwein , Dr. Aug. Die farbige AussiaUung des
sehneckigen Schiffes der Pfarrkirche zum HI. Gereon
in Köln durch Glas- und Wandmalereien. 36 Farben- und
Schwamirucktafeln. 2 1 Seiten i ext in grusstem Folio-
Foniiat. 80x64 cm in Mappe Mk. 240.—
von Hejner Alteneck, Dr.J. If. Eisenwerke oder Ornamentik
der Schmiedekunst des Mittelalters und der Renaissance.
2 Bände. 168 Kupfertafeln mit i ext . . . . ä Mk. 42.—
von Hefner AUeneck, Dr. J. H., Trachten, Kunstwerice und
Gerätschaften vom frühen Mittelalter bis Ende des 18 Jahr*
hunderts nach gleichzeitigen Originalen. Zweite vermehrte
und verbesserte Auflage. 720 Farbendrucktafeln mit Text,
to Bände Kl. Folio in Cartonmappe .... Mk. 1200. —
10 Bände in Halbfranz }j;tbunden > 1300. —
von Hefnn- AUcHiCk, lh\ J. H., Ornamente der Holzsculptur
von 1450--1820 aus dem königl. bayer. Nationahnuseuin zu
München. 4oLichtdrucktafdnm.Text Folioin Mappe Mk. 32.—
vm Hefner Altencck, Ih / H., Deutsche Goldschmiedewerke
des 16. Jahrhunderts. 30 Tafeln in reichem Gold und
Farbendruck mit Text Kl. Folio in Mappe . . Mk. 75. —
von Hdner- AUeneck, Dr J. H., Orlglnalseichnungen deutscher
Meister des 16. Jahrh. zu ausgeführten Kunstwerken fiir
Könige \-on Frankreich u. Spanien u. andere Fürsten. 18
Lichtdruckliifcln u. 3 Bogen Icxt. (.r. Folio in Mappe Mk. 25. —
Riehi, BetHkolä, Professor Dr., Deutsche und italienische Kunst-
Charaktere, ('.r. dktav. 254 Seit, mit i6.\hbild. Mk. 7.60
Thodc, J/e/tn-, Die Malerschiile von Nürnberg im XIV. und
XV. Jahihunderi in ihrei Entwicklung bis auf Dürer.
Cir. Oktav. XVI, 332 Seiten mit 32 Iltustrationen Mk. 12.—
In Halbfranz k< Kunden » 15-^
IVarnecke , /•'. , Heraldisches Handbuch für Freunde der
Wappenkunst, sowie für Künstler und Gewerbetreibende.
6. Auflage. Gr. Quart. VI, 52 Seiten u. 36 Tafeln mit 3 [3
Handzeichnungen von E. Döpler d. J. Elegant cart. Mk. 20. —
Gebert, C. F., Geschichte der Münzstätte der Reichs-
stadt Nürnberg. Mit einer Abbildung des alten Nürnberger
^ Münzhauses, 2 Münzmeisterporträts und 6 Munzabbildungen. 8 '. , fi6.^ .
Mummenhoif, Das Rathaus in Nürnberg. Mit
Abbüdungen nach alten Originalen, Mafsaufhahmen etc., sowie nach
A. V. Essenweins Entwürfen von H. Wallraff. Im Auftrag und
mit Unterstützung der .Stadt Nürnberg, herausgegeben vom Verein
für Geschichte der Stadt Nürnberg. Lex. 8". 25.-, geb. 28.— .
Nürnberg. Festschrift, dargeboten den Mitgliedern und Teilneh-
mern der 65. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher
und Ärzte vom Stadtmagistrate Nürnberg. Herausgegeben im
Auftrag desselben von Dr. W. Beckh, Dr. F. Goldschmidt, E. Hecht.
Mit vielen Abbildungen und l'lancn. gr. 8". J6 5. — , geb. «Äö.- .
Quellenschrift^ und Abhandlungen zur Staats-,
Kultur- und Kunstgeschichte der Reichsstadt
Nürnberg. I. Kamann, Johann. Die Fehde des Götz von
Berlichingcn mit der Reichsstadt N'iiinl)erg und dem Hochstift
Hamberg 1512 1514. Ein iJeitrai; /iir ( leschichte der öfVcntlirhen
Zustände Frankens nach dem ewigen Landfrieden und zur Charak-
teristik des Kitters mit der eisernen Hand. 8^ M
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Wik. Stiriirlt Ii Btriii cncliei Urzllcl
fiie Könige von iFGussea
sind Hohcnzollorn
niel it )ei il )er{>>;er.
Widfrlfgnn;.' (hr Sflirift Chri.stian MfvtTs
ober die Aliohrrrrn An diDtsciieD kiiiHerkauNrs
von Ludwig Schmidt
Vrrfiiwrr der ..Sitpstm f?Mc!i!rMp des rrlatirhten
< ii-^.imlll.lH-..'- ri , -Ml I 1 ."
Preis Mk. 2.50. Alle Buchhandlungen
des In- n. Anslandes nehaen Bestellunatn an.
Verlag von C. Bertelsmann in GQtersloh.
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Von M. Herold, Pfarrer in Schwabacli.
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Verlag von Max Niemejer^ Halle a. S.
Dürers schriftlicher Nachlass
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Inbalt: I. RcichssUüt NUrnbcrx. — H. Die lugcndxeit Dürers. -- III. Dürers
V\-rheinitung und erste künstleruche Thä%keil. — IV. D«' Kcist- nai h Wnodig. — V. Dürer
auf der Htfhr seiner Kunst als Maler. — VI. DQrrr ab Mdrtcr im Zt-iolincn und Kupfer-
•tedien. VII. Die diri grossen Holncfanitt-Folgen. — VIll. Dürer und Kaiier Maxioiifan
der Errte. — IX. Die Rebe n.ich drn ^ederianden. — X. Die letiten Leben^ilire pfire». —
Xf . nürt r und dir Rolormiition. — Xll. Die Nachwirkung Dürrns auf dif iqwtorc Zeit.
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Hans Sachs und seine Zeit
Ein Lebens- und Kuiturbild aus der Zeit der Reformation
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Erstes Kapitel: Die Reirlntadt Kihmbcff im fBiiixelinl|en Jahrhondert.
Zivdlc»
Dritln
Vi»Tt«"s
Fünft»-«
Ni-unte»
/ehnle»
Elftes
ZfriÜfles
Anhang :
li.ins Sachs in die Hrimat und Heirat.
: y<itn \h-'i:t.rn^r-^;ini^ /UI Krli ir ;uation.
|)< i \ ii!kMlich{»'r tU r K«*tonnation.
( "l.iulu n^i. stigkoit im Sturm.
: Hichtung und Ix'bcn.
> : Ilausfrii-dc. Fli-iat aad Gbuibenatmir.
: Die Meistersinger.
> NOmbery in Kot.
> : Die Sihaunpit'lp des Haut Saclw und die thentmliiichen Auänhnmgm.
« : r^etrtt» I^-brns/cit.
I. < icsiirjf{w»-i'*fn der Mfist<Tli«sl«»r.
II. Dif Schul« irdnuni; dor NümlHTK'T M. l^it i«^!ni{or vom Jahn* »S-JO«
III. Klajjspruiii di'r Siadt Numborn,
IV. Gedirhl von der Hinunctialirt Markgraf Albrecbts, ($57.
V. Gedieht auf den Tod von Hans Sachsens vKeben abgesrbieden Grmahel
Kunigiind , i s'o.
\'I. Da.s Valrtc «xlt-r Sumtn.i aU' meiner dediiht , >5W-
\'II. Kleine Ivrisihe (li-dichte. aus dw Diehl«'rs Handschnnett.
\'III. Aus Hciiu-in hatidxhnltlirhen Generalregis^ter.
.\nmerktitn;eti, ICrjränzuu^ren und Nachweise sü den Kaffttoln 1— la.
N'anien- und S.ichr**){ist«T. ! i'cr.tiiir.
Ulf rr«ii 1« I., ii f rif .-Uiieibl. U I. Iii aicl ieSürftfiagti ti J« 1. 1.26 ii Mein*
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Verlag von J. J. Weber in Leipzig.
das sind NQrnberglsche Novellen aue alter Zelt.
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Ihausint;> I )i'uiTlii< ijjr.ipliii- >;i-lir'rt /u den r( lt>tfn im>l Im iii vi»lli-ii<irtv'.i :i At lii iti ii .tut
kmisti^cschicbUtcbcin Grbirt. Zeugnis dallir ist ikr L'nisUnil, da» da» W erk in i-incr engliücbcn
vmä eiaer ftaailMiclieo Übenetnne mdden.
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Photographie nach dem Otigioal von K. Jaeger.
Facsiinilcfotinat auf Carton . Mk. 30. — | Foliofonirn; .ivJ rartun Mk. j. —
Impciialfuriiiat ,, ,, ... i». — K;*bincH(>; m. • , ut „ .... „ t. —
Kaiser Otto III. in der Gruft Karls des Crossen.
(Wmndgemilde in Germanischen Mu.seuin in Nürnberg)
TOD Wilh. von Kaulbach.
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Illustrierte Geschichte der Stadt Nürnberg'
von dem ersten urkaodlichen Nachweis ilires ücsielieus bis auf die atucüic i^eii
von JOH. PAUL PRIEM
v.'ei.ai.d Cuatcä der 3t,aci': .■; ..c*hsk zu Kura-srg.
Zweite Aeflage. - Herausgegeben von Dr. EmII Relelie
Anmlmt an der Stadthiblindiek und am Stadt. Archiv in Nnrnbrix»
lit ii«iMllliftriUMW.— UMmamn sM.^>, oonpleU Preis M^.—t gebiiii<ett.lf 12.-
Vcf lag der Joh. Phil. Raw'scheo Buchhandlttog (j. Braun) in Niiroberg.
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Bildnis Kleeber^^^s,
gemalt von Albrecht Dürer.
Mitteilungen
des
Vereins für Geschichte der Stadt
Nürnberg.
NÜRNBERG.
VERLAG VON JÜH. LEUNH. SCHRÄG.
(In Kommission.)
1893.
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Königi. itajer. HoJbuchilnirkiTi i Ku I'. ). itifUng-Hicu, Xiirnlu-rig,
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Inhalt
Abhandlungen und Quellenpublikationen:
Hans Kleberg, der =gute Deutsche«, sein Leben und sein
Charakter Osrhildert von Dr. Richard Ehrenberg, Altona l
Zur Nürnberger Kunsticrgeschichte. Von Dr. E. Wemicket
Herlin 52
Nürnberg in der Milte des dreifsigj.ihrigen Krieges. \'on
Dr. Stefan Donaubauer, Nürnberg 69
Beiträge zum Briefwechsel des älteren Hieronymus Baumgärtner
und seiner Familie. Von Univ.-Prof. Lic. Dr. Nikolaus
Müller. Berlin 241
Kleinere Mitteilungen:
Die Wietieraufrichtung (k r I.,iti«l\vciit im Jahre 1499 und den
folgenden Jahren uiul die svciiere Wc^rin kiint,-^ der Fraisrh-
säulen von der .Siadt 1. j. 1504 — Anlussu zu Irrungen
zwischen dem Markgrafen Friedrich von lirandenburif und
Pfalzgraf Ruprecht wegen der Landeshoheit um Nürnberg.
Von Emst Mummenhoff 267
Beiträge zur Geschichte des »freien Handwerks« der Maler.
Von Emst MummenhofT 271
Der Rat der Stadt Nürnberg als Taufpate« Von Max Kohn 278
Literatur:
Das alte Nürnberger Kriminalverfahren bis zur Einfuhrung
der Carolina. Von Dr. Hermann Knapp. Berlin, 1891. 8^ 160 S. 281
.Mbrecht Dürers Leben und künstlerische Thätigkeit in ihrer
Bedeutung für seine Zeit und die Gegenwart. VonA. v. Kye.
Kunstanstalt X ornials Gustav W. Seitz) A.-G. Wandsbeck.
1892. 2". 136 .S . 283
Albrrrht Dtirrrs Aufenthalt in Basel 1492 — 1494 \'nn Dr.
Daniel iJurkiiardt. München und LtMpzij,'. (1. Hirilis Kunst-
verlag. 1S92. 4'. 49 Seiten, 15 Tf\t-lIlustrationf*n und
49 Tafeln in Lichtdruck 2i>5
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IV —
Seite
Albrecht Durcrs Venetianischer Aufenthalt 1494 — 1495.
Dr. Gabriel von T<?rey. Strafsburg, D. H. Ed. Heitz. 1892.
4**. 30 Seiten, 7 Lichtdrucke 285
Die Fehde des Götz von iierlichingen mit der Reichsstadt
Nrämberg und d«m Hoch^fte Bamberg 151t — 1514, Ein
Beitrag zur Geschidite der öffentlichen Zustände Frankens
nach dem ewigen Landfrieden und zur Charakteristik des
Ritters mit der eisernen Hand. Von Johann Kamann.
Nürnberg, Verlag von Joh. Leonhard Schräg, 1893. 8*.
VI 11 und 138 Seiten 289
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Hans Klebergf, der „gute Deutsehe".
Sein Leben und sein Charakter
geschildert von
Dr. Richard Ehrenber^t Altona.
L
ÜeutsclK' und KranzosoM luibcn an Han^ Rieberg aus
Xuiiilicrg, dem inerkwürdigeii Manne, der unter König Franz I.
von l'"rnnkreieli in Lvon eino so grutse Rolle gespielt hat. oftmals
ihren liistorischen und psychologischen Scharrblick versucht, ohne
dafs es geUmgen wäre, über seinen Lebensgang und über seinen
Charakter ins Klare zu kommen.^) Die umfangreiche Literatur,
welche sich mit Hans Kleberg beschäftigt hat, ist derart durch-
setzt mit unrichtigen und zweifelhaften Angaben, sie enthält
selbst so unvereinbare Widersprüche, dals eine kritische, durch
zahlreiche und wesentliche neue Nachrichten ergänzte Behand-
lung willkommen sein wird, trotzdem sie immer noch kein ab-
schlielsendes Urteil ermöglicht.
Schon Klcbergs Abstammuni^ ist dunkel und ungewifs.
Nach seinem am 9. Oktober 1528 abgeschlossenen Khevertrag
mit Felicitas Pirkheimer*) war er der Sohn von Hans Kleberger
Die bisherige Ltterfttur vergleiche am Schlüsse. Meine neuen Er-
niiiirlungen ^nul folgenden Archiven entnommen- Dem Nürnlier^^er Stadl-
urchive, den Freiherrlich Tucherschcn und inihofächcn Kamilienarchiven, dem
lierner Siadtarchive, dem Ainjsburf;er Stadtarchive. Ich statte den Verwal-
tungen dieser Archive meinen Dank ab Auch der Tochter de.s leider jflngst
entschlafenen D!cht<-r> l'.rn^t l*asque hin ich zu Danke verpliiclitet, weil
&ie mir die auf Klei>erg bezüglichen Notizen und sonstigen Materialien, wekhe
Pasqtt6 bei Abfassung seines Romans benutxt hatte» freundlichst siir Verfügung
stellte. Dieser Roman enthält natttrlich viele freie Erfindungen, aber daneben
vortrefTliche, {^elrene Schilfler«n;^en ;ui < der Zeil Klebergs und eine in hohem
(irade intereüsanle Cbarakteriülik desselben, aus der auch der Historiker
lernen kann. Hoffentlich erscheint die Ersählong bald in Bttchform.
-I Der Vertrag behndet sich unter Lochners Urkunden-Abschriften
auf dem Nürnberger Stadtarchive 'II. 951, ist aber von mir nur nach einrr
Kopie des Herrn Majors von Imhof benutzt worden. Die Angaben Kraffis
in der Wiener Zeitung vom 13. Oktober 1843 sind offenbar dieser Quelle
entnommen worden.
I
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^ 2
und Agathe Zeidlerin. In Ergänzung dieser doch gewifsi authen'
tischen Angabe wird nach nürnberger Ermittelungen neuerer
Zeit berichtet, Kleberg sei aus einem alten, aber nicht patrizi-
sehen Geschlechte hervorgegangen, sein Vater sei seit 15 12
Genannter des Gröfseren Rats gewesen und 1519 gestorben.
Damit scheint es nun aber gar nicht tibereinzustimmen,
dafs Willibald rirkhciiner, der Schwiegervater KIcbergs, in
seiner spater noch ausfuhrlich zu erwähnenden Anklageschrift
gegen Kleberg sagt, dieser habe ursprünglich Scheuhenpflug
geheifsen, sei geringen schiechten Herkommens gewesen und
von auswärts nach Nürnberg gekommen. Vielleicht wird sicli
in Nürnberg selbst mit Sicherheit feststellen lassen, wie diese
Angaben mit jenen anderen zu vereinigen sind. Aus der Ferne
kann ich nur eine Kombination versuchen, die indefs auf That-
Sachen fufst.
Dafs Klebergs Herkunft eine niedrige war, geht aus seinem
ganzen l.ebensL: inge und Verhalten mit Sicherheit hervor. Wir
werden /.ahlreiche Belege dafür kennen lernen. Moglii herweise
haftete aber auf seiner Familie auch ein wirklicher Makel. Denn
ein Wechsler Wilhelm Scheuhenpflug war im Jahre 1427 unter
Hinterlassung grofser Schulden mit Weib und Kind aus der
Stadt entronnen.^) Vielleicht war Hans Kleberg der Ältere ein
Nachkomme dieses Mannes, hatte einen neuen Namen ange<
nommen, um die böse Erinnerung an den alten zu verwischen
und hatte sich dann mit seiner Familie wieder nach Nürnberg
begeben.
Andererseits ist aber auf die Thatsarhe hin/\i\veisen, dafs
in Bern, wo unser Hans Kleberg 1521 das Bürgerrecht erwarb,
nicht nur ein Haus »der Kleberg« existierte, sondern auch eine
Familie dieses Namens, die im Jahre 1556 mit Valentin Kleberg,
Apotheker und Herrn von Blumenstein, im Mannestamme aus-
starb. Ob dieses berner Geschlecht mit den nürnberger Kle-
bergs zusammenhängt, wird sich an Ort und Stelle vielleicht
ermitteln lassen.
Nicht ganz zweifelsfrei ist auch die .\ngal)e, K1el)ergs Vater
sei 15 19 gestorben. Wenigstens heifst es in dem Testamente
Hegel, Slädtechroiüken I. 374.
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— 3 —
des Sohnes, dieser habe sich mit seinem Brader Wolfgang wegen
ihrer Erbteile am 15. Juli 1516 verglichen; indefs kann das ja
auch schon zu Lebzeiten des Vaters geschehen sein.
Mit Sicherheit läfst sich feststellen, dafs Klebertc um das
Jahr 1486 geboren wurde; denn nach den Umschriften eines
im Jahre 1526 von Albrecht Dürer gemalten Bildes, sowie zweier
im gleichen Jahre geprägten PorträtmedaiUen Klebergs war die-
ser damals 40 Jahre alt.
Femer erfahren wir durch Willibald Pirkheimer, dafs
Kleberg frühzeitig im Handelshause derlmhofs thätig war. Wie
aus Imhofschen Pamilienpapieren hervorgeht, trieb die seit dem
Jahre 14Q0 bestehende Handelsgesellschaft der Brüder Peter,
Hans, Kunz, Ludwig und Jeronimus Iinliof namentlich nach ItaUen
Handel, beschickte indefs auch mit ihren Faktoren die aufblühen-
den Messen Lyons. Dorthin kam Hans Kleberg; doch wissen
wir über die erste Zeit seines lyonneser Aufenthalts gar nichts.
Ebensowenig liefs sich bisher ermitteln, wann Kieberg aus
der Imhofschen Handlung austrat. Wir wissen nur, dafs er
jedenfalls schon um 1525. wahrscheinlich noch viel früher, ein
bedeutendes eigenes Geschäft betrieb, dessen Mittelpunkt Lyon
war. Diese geschäftlichen Besiehungen waren es auch, welche
ihn an das französische Interesse fesselten. Denn obwohl er
sich vielleicht zunächst der Reformation anschlofs — wenigstens
studierte sein Bruder Wolfirang 1527 in Wittenberg, al)cr Hans
Kieberg selbst bekannte sich in seinem Testamente zum katho«
lischen Glauben — , so hören wir doch nirgends, dafs er jemals
eine Äufserung that, welche auf eine entschiedene religiöse Über-
zeugung schliefsen liefse» und Willibald Pirkheimer beschuldigte
ihn sogar der völligen Glaubenslosigkeit. Sicherlich hat ihn
nicht der Protestantismus ins französische Lager getrieben. Über-
haupt hat ja das Geldinteresse bei der Parteigruppierung im
16. Jahrhundert eine ungemein bedeutende Rolle gespielt, und
zumal das politische Verhalten der oberdeutschen Städte ist
ohne genaue Kenntnis dieses wichtigen Faktors gar nicht zu
verstehen.
Wenn Kieberg im Jahre 1521, wie schon erwähnt, Bürger
der Stadt Bern wurde» so war das in damaliger Zeit bei den
oberdeutschen Rauf leuten, die nach Lyon Handel trieben, nichts
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^ 4 —
Ungewöhnliches: Sie wollten eben in dem zwischen Kaiser
Karl V. und König Franz I. von Frankreich entbrennenden
Kampfe ihren Geschäften möglichst unbehelligt nachgehen, was
ihnen, sofern sie das Bürgerrecht einer eidgenössischen Stadt
erwarben, am leichtesten möglich war. Klebe rj< ging aber weiter:
er stellte sich jedenfalls sehr bald ganz auf die ^cite Frankreichs
Vateiiandsvcrrat dürfen wir ihm darum nicht vorwerfen; denn
die Begriflfe Nationalitat und Patriotismus waren zwar in Frank-
reich — der Abfall ßourbons wurde ja tliatsachlich als Verrat
gebrandmarkt — , dagegen noch keineswegs in Deutschland zum
allgemeinen Bewufstsein gekommen.
Wenn aber von französischen Schriftstellern wiederholt
behauptet worden ist, Kleberg habe im französischen Heere
Kriegsdienste genommen, und sogar dem Könige in der Schlacht
von Pavia das Treben gerettet, so sind das Fabeln. Um dies
zu beweisen, genügt es freilich noch nicht, die friedfertigen
Devisen auiiufuhren, welche 7.wei im Jahre 1526 zu Nürnberg
geprägte Porträtmedaillen Klebergs tragen: >Melior est s pien-
tia quam arma bellica« und »Non in armis et equis, scd in
virtute dei nostric. Vielmehr könnte man aus diesen Devisen
eher auf eine vorhergegangene kriegerische Lebensperiode Kle-
bergs schliefsen, zumal auf der einen Medaille ein Harnisch
nebst Schwert und Streitaxt abgebildet ist. Beweiskräftiger ist
schon die Thatsache, dafs bisher aus zeitgenössischen Quellen
nicht das Geringste zu Tage gekommen ist, was auf eine un-
mittelbare Teilnahme KIcbergs an jenen grülseii Weltereig-
nissen schliefsen Hcfse. Nunmehr kann ich auf Grund einiger
von mir aufgefundener Akten mit Sicherlieit feststellen, dafs
Klebcrg in den Jahren 1524 und 1525 wenigstens zeitweilig mit
seinem Handel beschäftigt und in Lyon anwesend war; er kann
also in dieser Zeit sich schwerlich aktiv am Kriege beteiligt
haben. Wohl aber hat er der französischen Sache auf andere
Weise wirksam gedient.
Am Freitage nach St. Markustage, dem 29. April 1524
schrieb der Berner Rat an Hans Kleberg nach Lyon' , er habe
aus dessen Mitteilungen ersehen — auch der Bcruer Bürger
^) Bemer Stadtarchiv: Deatscbe Miuivbttcher.
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— 5 —
Daniel Gundelfinger, Kaufherr zu Lyon, hatte dem Rate ähn-
lich berichtet — , was ihm wegen der zwei Böhmen begegnet,
und wie der Priester Conrad Holzhalm ihn angreife. Der Rat
wünscht, letzterer mugc den iClcberg in Ruhe lassen, und iiber-
sendet ihm offene Briefe an alle Stände des Römischen Reichs,
sowie an einige eidgenössische Orte, um die Festnahme des
Priesters zu veranlassen. Im gleichen Sinne schrieb der Rat
auch nach Luzem, wo der Priester »seinen Sinn und Wandel
haben soll«. Aus diesen Briefen ersehen wir, was vorgefallen
war: Kleberg wurde nämlich von Holzhalm beschuldigt, zwei
Böhmen, die Briefe an die kaiserlichen Befehlshaber in Italien
bei sich hatten, dem Seneschal in Lyon denunziert zu haben,
so dafs sie gefangen genommen wurden. Kleberg läugnete die
Richtigkeil dieser Beschuldigung. 'IVotzdem liefs Hol/.iiaUn gegen
ihn allerlei Drohungen und trutzige Srlirifton ausgehen, erklärte
ihn für einen Verräter und Bösewicht, ja bedrohte ihn sogar
an Leib und Leben.
Der Bemer Rat erklärte seinerseits, die Beschuldigung sei
unwahr. Wenn sie aber selbst begründet sei, so wolle ihm be«
dünken, Kleberg habe »zu diesen Läufen« recht gehandelt.
Übrigens hätte der Priester still geschwiegen und den Kleberg
sogar für einen frommen Biedermann erklärt, wenn er von ihm
eine kleine Geldsumme erlangt hätte. Der Rat ersucht alle, die
den Brief lesen würden, den Holzhalm l)ei Betreffen festzuni li-
men und nicht eher 1( js/uhi^^eii \>\> er seine Beschuldigung
widerrufen haben würde, alles auf Kosten Kiebergs.
.Aus dem Jahre 1525 gelang es mir ferner im Freiherr«
lieh Tucherschen Archive zu Nürnberg einige von Tucherschen
Faktoren in Lyon herrührende Nachrichten über Kleberg zu
ermitteln. So schreibt Lienhard Rottengatter aus Lyon am
21. August 1525, also grade ein halbes Jahr nach der Schlacht
von Pavia, Kleberg habe ihm gesagt, es seien Zettungen da
wegen der zwischen den kriegführenden Fürsten geplanten Hei-
raten. Dagegen bericlitet Wolf Tücher aus Lyon am 30. No-
vember Ij2j, Rlcberg sei jetzt nicht dort anvve«=cnih
Am 15. August 1j26 schreibt ein Tucbcrscher Faktor aus
Antwerpen, Kleberg sei <lort angekommen; narh seiner .An-
gabe habe er von Strafsburg durch Lothringen nach Lyon reisen
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— 6
wollen, aber wegen Seuchen seinen Reiseplan geändert. Der Faktor
fügt hinzu »darf sein oder nit.< Wir treffen hier zum ersten
Male auf das Mifstrauen. das Kleberg bei seinen Landsleuten
zu Uberwinden hatte, und das ihn durch sein ganzes Leben ver«
folgte. Wie eng seine Interessen schon damals mit der franzö-
tischen Sache verknüpft waren, ersehen wir daraus, da(s der
gerade in Paris anwesende Lorenz Tucher am 6. Do/eniher 1526
nach Nürnl)erg schreibt: »Der Könif: nahet pey Paris, Clepcrg
soll doselben am hoff sein, als man schetzti.
IL
Im Jahre 1526 spätestens, vermutlich noch früher begin-
nen die Beziehungen Klebergs zu Felicitas, der Tochter Willi-
bald Pirk he im er 8. Wir kennen diese Beziehungen nur aus
der Erzählung des gegen Kleberg von jeher eingenommenen,
später gegen ihn mafslos erbitterten grofsen Staatsmannes und
Humanisten, dessen ("h.irakterbild i)ekanntlich nicht frei
tiefen Schatten ist. Seine Mitteilungen über Rleberg müssen
wir mit Vorsicht aufnehmen; indefs machen sie, solange Pirk-
heimer von der Zeit vor der Verheiratung Klebergs mit Felici-
tas spricht, teilweise den Eindruck der Wahrheit, zumal wenn
er keinen Grund hat, Kieberg anzuklagen.^)
Pirkheimer erzählt zunächst, »Hans Scheuhenpflug, so sich
Kleperger nennetc , sei nach Nürnberg gekommen, als der erste
Ehemann der Felicitas, Hans Imhof der Jüngere, an der Wasser-
sucht darniederlag. Da habe Kleberg den I'leifs und che Mühe
gesehen, welche Felicitas init ihrem Manne gehabt, und des-
halb, sowie weil sie nocii jung und hübsch gewesen sei, eine
sondere Zuneigung zu ihr gewonnen, doch — fügt Pirkheimer
hinzu — nicht aus rechter Liebe, sondern mehr damit er seine
Begierde mit ihr bttfsen könne, wie sich das in der Folgezeit
deutlich gezeigt habe.
Am 2. Juli 1526 starb sodann Hans Imhof, wodurch Feli-
citas Witwe wurde. Sofort schrieb Kieberg an ihren Schwager
Endrcs Imhof, er sei geneigt, sie zur Ehe zu nehmen. Endres
NUrnberger StadtM-cliiv, Kontepte von Pirkheimers Hand. Dvaus
ist im Anzeiger ftlr Ktt&de der dentBchen Voneit l86o, 433 (F., das Weteot-
Uehste mitgelettt worden.
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— 7 —
gab die Werbung an Felicitas, und diese an ihren Vater weiter.
Der aber schlug sie rundweg ab, und zwar, wie er selbst berichtet,
nicht allein weil Scheuhenpflug von schlechtem Herkommen ge-
wesen sei, sondern auch weil ein böses Geschrei an ihm gehaftet
habe: denn es sei offen kundbar, dafs er ohne alle Gottesfurcht
i,ciebt, nichts von Jesu Christo und .scuier werten Mutter ge-
halten habe, überhaupt mehr ein Jude als ein Christ gewesen
sei, dazu sein Gut mit Wu( her gewonnen habe und sonst mit
allen Lastern behattet gewesen sei, so dafs er biUigerweise von
jedem redlichen Manne gemieden werden sollte. — Irgend einen
Beweis für diese furchtbaren Beschuldigungen bringt Pirkheimer
nicht bei, und das allgemeine Gerede der Nürnberger ist um
so weniger ein ausreichender Beweis, als dieselben von jeher
gegen Kleberg eingenommen waren. Hier können wir also zu-
nächst lediglich ein >non liquet« aussprechen.
Pirkheimer erzahlt weiter, Kndres Imhüt" habe den Kleberg
von seiner Werbung abzubringen versucht, der aber habe sol-
ches nicht verstehen wollen, sondern sei auf seinem Begehren
verharrt, worauf die Sache abermals an ihn, den Pirkheimer,
gelangt sei. £r habe nun s damit er nit seyn seibs werec, seine
Freunde und Verwandte zu Rate gezogen, »aber pey denselben
nit finden können, dafs dem Scheuhenpflug zu willfaren sey,
aus Ursachen hiefor zum teyl gemelt, defshalb ist es pey forigen
abschlahen verplieben.c
Kleberg hielt sich, nach Pirkheimers Bericht, um diese Zeit
in Augsburg auf. Er soll sich einer abschlagigen Antwort nicht
versehen, sondern gemeint haben, rime sult seyns gelts halb
nichts versagt werden.< Als nun der widrige Bescheid zu ihm
kam, war er keineswegs gewillt, sich dabei zu beruhigen, son-
dern ergriff neue Mittel, um seinen Zweck zu erreichen.
Zunächst sandte er, wie Pirkheimer berichtet, einen Juden
nach Nürnberg und brachte es durch den Nürnberger Caspar
Nutzel, dessen Sohn damals bei Kleberg die Handlung lernte,
zu Wege, dafs dem Juden ein Geleitsbrief nach Nürnberg ge-
wahrt wurde, denn ohne einen solclien durfte damals kein Jude
dorthin kommen. Oer Abgesandte soll sich nun für einen Arzt
ausgegeben und mit Brieten von Kleberg Einlafs in das Imhof-
sche Haus gewonnen haben. Bei Felicitas habe er sich, wie
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— 8 —
ihr Vater erzählt, als Wahrsager eingeführt nr auch die hend
beschaut und ir gesagt, sy weid den Scheuhenpflug zu der ee
nemen, der werd sy also halten, dafs sy pesser leben haben
werd, dann ob sy die keyserin werec.
Kurz darauf kam Kleberg selbst nach Nürnberg, kehrte
bei den Imhofs ein und brachte seine Werbung nunmehr direkt
bei Felicitas an. Sie aber erklärte, sie könne ohne Zustimmung
ihres Vaters und ihrer Freundschaft in nichts willigen : auch sei
sie mit vier Kindern beladen, Kleberg fände wohl Jungfrauen
oder kinderlose Witwen genug; sie könne von ihren Kindern
nicht lassen, ihm aber möchten diese beschwerh'ch sein. Kleherg
antwortete indefs, ihre Kinder sollten seine Kinder sein, aurli
habe er so viel Tugend von ihr gesehen und vernommen, wie
sie ihren vorigen Mann gehalten; er sei selbst bei Jahren und
»were im lieber und nutze eyn vernunftige und erfarne wittib,
dann eyn jungen anzogen junckfraut. Er versprach der Felici»
tas femer so viel, . »wenn er ir« — raeint Pirkheimer — »das
halb gehalten hett, wer ir gnug gewest, aber das end hat zu
erkennen geben, dafs all* seyn versprechen eyn gedieht und un*
warheyt gewest ist«.
Durch solche Versprecluingen besvog er Felicitas zu einer
halben Zusage. Ais aber der Vater sich nach wie vor ableh-
nend verhielt, ging er endlich selbst zu ihm. Pirkheimer er-
klärte offen, er habe allerlei Ursachen, um derentwillen es ihm
beschwerlich sei, in die Ehe zu willigen. Aufserdem aber gab er
einen ganz neuen Grund für seine Weigerung an. Er erklärte
nämlich, er würde seine Tochter keinem Manne geben, der
sein Anwesen nicht in Nürnberg habe; Felicitas habe hier auch
zu leben und solle nicht in die Frenule ziehen.
Nun war Kleberg damals schon seit einiger Zeit durch
Caspar Nutzel mit dem Nürnberger Rate wegen Erwerb des
Bürgerrechts in Verhandlung getreten, man hatte sich aber nicht
einigen können. Jetzt erklärte er dem Pirkheimer, er werde
schon Mittel und Wege finden, um die Sache zum Abschlufs zu
liringen. Er wolle sich ganz in Nürnberg niederlassen und nicht
wieder fortziehen, tieshalb grade wolle er sich verheiraten, was
er soQSt gcwUs nicht gethan hätte.
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— 9 —
So ging die Rede hin und Jier. Endlich beschied Pirk- ^
heimer den hartnäckigen Weibei:, wenn er in Nürnberg bliebe
und das Bürgerrecht gewänne, so solle ihm verstattet sein, die
Sache weiter zu betreiben. Das nahm Kleberg zu Dank an und
brachte nun in zwei Tagen die Verhandlung mit dem Rate zum
Abschlufs.
Pirk'heinier nnifsio jetzt, ubwuhi mit schwerem Herzen,
seine Kinwilligung geben, veranlafste seine Tochter aber n<M h-
nials dem Rlebcrg zu sagen, wenn er beabsichtige wieder i'uri-
zuziehcn, so möge er sie unbekümmert lassen, denn sie ge-
dächte keineswegs, die Heimat aufzugeben. Kleberg versprach
ihr wiederholt, er wolle in Nürnberg bleiben und sie nicht
zwingen, einen anderen Ort aufzusuchen. Pirkheimer ruft zu
Zeugen dieses Versprechens die alte Frau Hans Imhot und Kn*
dres Imhof an.
Klcberg hatte also sein Ziel erreicht: am 0. Oktober 1328
wurde sein Ehevertras^ mit Felicitas Pirkheimer unterzeichnet,
lievor wir aber den kurzen Verlauf und das traurige Knde dieser
Veri)indung erzählen, müssen wir zunächst noch eine Weile bei
dem Bisherigen stehen bleiben.
Aus Pirkheimers Bericht geht nicht hervor, wann die ge-
schilderten Begebnisse vor sich gingen. Wir können indefs fest-
stellen, dafs sich Klebergs Werbungen über zwei Jahre, nämlich
von 1536 bis 1528 erstreckten.
Wie schon erwähnt, starb Hans Imhof, der erste Mann
der rciieitas, am 2. Juli 1526. Pirklu-inn r selbst erzählt, Kle-
berg habe gleich nach diesem i odestaile seine Werbung auf-
genommen, und dafs er 1526 in Nürnberg war, wissen wir durch
ein Bild, sowie durch zwei Porträtniedaillen von Kleberg, welche
in Nürnberg hergestellt wurden und die Jahreszahl 1526 tragen.
Diese Kunstwerke erheischen unser lebhaftes Interesse, weshalb
wir etwas näher auf sie eingehen wollen.^)
') Vergleiche insbesondere den Aiif=;;it, \ n Alhr.ji Iii KralTi in der
Wiener Zeiluni^ vom 13 Okiober 1842. Kmige eigiin/eutle Milleilungcii
entnahm ich dem handschrihlichen Nachlasse Ern&i Hasqtte's Dab«! befindet
sich auch eine I'h i^to.;rnphte de.-> Klehergschen Portr-nls von Albrecht Dürer.
Das Sludiiinv dieser Kopie sei jedem, der sich fiir den merk würcU-^on Mann
iniercssiert , aufs dringendste empfohlen. In der Beschreibung; des Bildes
bin ich hauptsächlich Kr.ifTt gefolgti der die Angalten »links« und »rechts*
vom Bilde, nicht vom Beschauer aus rechnet. Thausing sagt in
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— 10 —
Das ßildais Klebergs ist von keinem Geringeren gemalt
als von Albrecht Dürer. Es befindet sich in der k. k. Ge-
roälde*Gallerie £u Wien, wohin es die Erben von Willibald
Imhoff einem Sohne der Felicitas Pirkheimer aus der ersten
£he, schon im Jahre 1588 an Kaiser Rudolf II. gesandt
haben. Es ist eine fleischfarbene Büste mit der Umschrift
E [ffigics Juani Ivlebergers norici an[no] acta tis' suae XXXX.
Darauf folgt ein Zeirhcn, das ^an;^ w'w ein Handlungszeirhcn
aussieht. In der Ecke oben links befindet sich Dürers Mono-
gramm mit der Jahreszahl 1526. In der rechten Ecke oben
steht das astronomische bezw. Kalenderzeichen des Sternbildes
>der Löwecy umgeben von 6 Sternen. Vielleicht hängt dieses
Zeichen mit Klebergs Horoskop zusammen. Unten rechts
im Bilde ist das Wappenschild Klebergs mit dem Wappen
abgebildet: ein dreigiptliger goldner Berg im roten Felde, auf
der mittleren Erhebung drei grüne dreiblättrige Kleepflanzen,
unten links ein Helm mit Helmzierde: bärtiger Mann, in jeder
Hand drei Klee pflanzen.
Einen wundt-rharen Eindruck ntaciit auf den, der andere
Porträts aus dem 16. Jahrhundert kennt, der Kopf; der Ge»
Samteindruck ist nämlich ein vollkommen moderner. Das
Haar ist kraus und schwarz, der Backenbart klein, nur wenig
über das Ohrläppchen hinausreichend, das übrige Gesicht bartlos,
der Mund klein und festgeschlossen, das Kinn energisch vor-
springend, die Nase lang und grade. Wunderbar ist vor allem
der durchdringende Blick der i^^radeaus gerichteten, weitgcuirnc-
ten Augen, die in der Ferne etwas zu sik Iumi srheinen: der
Bli< k eines unahlalsig spekulierenden Cieschattsmannes aus dem
letzten Viertel des 19. Jahrhunderts. Verschlossenheit und
seinem Dürerwerke Hd. II. 2. Aufl. S. 271: »Johann Kleberger ist auf an-
tike Weise als Büste gemalt in einer runden grauen Einfassung auf grünem
Marmorgrunde... "Naturfarbe, die starke Modellierung det Fleisches und
die r>reiviertel?tellun>; de> K-; ''" ' -hen mit der angestrebten Medaillen-
form in unlösbarem Wtder;>piuche. Die Anordnung ist mUbsam vorbereitet,
die Aittfflbrimt,' trocken. Das Ganie wenig ansprechend und jetst flberdies
noch <lttrc1i Ü r la in >: arg entstellt« gleicht einem verunglückten Versnche,
erzwungen «lurch die Wiii; clic des Bestellers.« .\uf der Photographie ver-
schwinden dici»c atörendcn Mangel der Technik und es bleibt nur der grofse
Eindruck des wunderbaren Kopfes übrig. Erfreulicherweise hat sieh der
Verein für Geschichte der Stadt Nürni)crg bereit ericlart, eine Kopte des
fiildes der gegenwärtigen Abhandlung beixugeben.
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höchste Energie sind in dem Bilde vor allem ausgeprägt. Von
Herzensgüte ist darin keine Spur zu bemerken. Dagegen lauert
hinter der leicht gefalteten hohen Stirn und den grofsen, dun-
keln, trockenen Augen ein Rätsel, das bei längerem Anschauen
nur immer undurchdringlicher wird. Dieser Mann könnte wohl
auch mit furchtbarer Schuld beladen gewesen sein.
Auf den beiden Porträtmedaillen ist Klebergs Physiognomie
ganz ähnlich dargestellt wie auf dem Bilde. Vielleicht sollte
dieses als Vorlage für den Stempelschncider dienen, oder Dürer
hat die Medaillenstempel selbst hergestellt; indefs zeigen die
Medaillen den Kopf im reinen Profil, das Bild in dreiviertel
Vorderansicht.^)
Die eine der Medaillen befand sich vor 50 Jahren in der
Sammlung des Grafen Franz von Eitz, k. k. (Generalmajors und
Dienstkämmerers des Erzherzogs Karl. Sie trägt auf dem Avers
aul'ser dem Kopfe noch die Legende: Joan[nesl Kleberger
Nurmb[ergensis] an[no] aet'atis] s.[uae] XL. Dann folgt wieder
das vermutliche Handlungszeichen und endlich die Jahreszahl
MDXXVL Der Revers zeigt oben die Legende: Melior est
sapientia (juam arma bellica VIIIL (d. Ii. 9. Kap. des Predigers),
ferner nochmals das zuletzt erwähnte /eichen, sowie jenes an-
dere, welches den »Löwen , der Astronomen bedeutet, darunter
') Nachträglich fand ich noch im königlichen Museum zu Berlin ein
l)isher unbrkanntes kleines Reliefbildnis Klebergs, das als Modell für eine
Medaille gedient haben wird. Es gibt die eigenartigen Gesichtszüge Kle-
hergs besonders gut wieder und wird deshalb nach einem mir freundlichst
von Herrn Professor Dr. von Sali et, Direktor des kgl. Münzkabinets in
Berlin, Uberlassenen Abgüsse hier reproduziert.
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— 12 -
ein Harnisch mit Schwert und Streitaxt, Schild und Heim, beide
mit dem Wa)>pen Klebergs.
Die zweite Medaille ist aus der Imhofschen Sammlung in
den Besitz der Nürnberger Stadtbibliothek übergegangen. Avers:
Joanincs] Kleberger Nurmb f ergensisj an[iu)^ aet^atisj siuacj XL
siib i)Ot[ontissiino: nioiia rcha] Karolo V. an[nol imp orii^ s[ui]
Revers ; i iophac mit Klebcrgs Wappen und der Umschrift:
Nun in armis et equis scd in virtute Dei noslii.
Im Jahre 1526 hat sich Kleberg also jedenlalls in Nürn-
berg aufgelialten und vielleicht hat er Bild und Medaillen lür
die Felicitas anfertigen lassen. Aber ein Teil dessen, was Firk-
heimer erzählt, kann erst in den Jahren 1327 und 1528 ge-
schehen sein. In beiden Jahren hielt er sich zeitweilig in Nürn-
berg bei Endres Imhof auf, wie aus dessen Rechnungsbuche
hervorgeht.
Im Jahre 1328 dauerte Klebergs Autciitiuik in Xumlirr^f
vom 4. August bis zum 26. November. Kr zahlte tKin Kndrcs
Imhof an Kostgeld für diese Zeit täglich einen (jukien, zusam-
men also 114 fl., ferner für einen Handhogen und 2 Köcher
mit Pfeilen zu machen 5 fl. 5 s, Die Hochzeit fand am 0. Ok-
tober 1528 statt, und Kleberg zaiilte an £ndres Imhof einen
Kostenbeitrag von 10 fl. für das Hochzeitsmahl, wogegen Imhof
ihm und seiner Frau Goldsachen im Werte von 70 fi. schenkte.
Auch geschäftlich trat Kleberg in diesen Jahren mit der
Familie Imhof wieder in engere Verbindung. Endres Imhof be-
gründete am |j. Okiober 1 527 mit seincui Vetter (.iabriel eine
Handelsgesellst:hart, der Kleberg das ganze Gesellsihaftskapital
von 3436 rt. 17 s. zu 5 "/« jahrlicher Zinsen vorstreckte, und die
hiermit gleich in den ersten 0 Monaten 12" o, in den folgenden
2 Jahren 22>/t^Vo gewann. Im Jahre 1526 lieh Kleberg ferner
an Endres Imhof 600 fl. und verschaflfte ihm auch sonst viel
iTclegenhett, (ield zu verdienen. Dadurch hat er sich wohl die
wirksame Fürsprache von Endres bei seiner Schwägerin und
deren Vater erworben.
Sriii nunVJlciid i^t es, dafs Pirklicimcr .i:.ir nichts von einer
riiatsaclK- i'iualint, die doch fiir Klebcrgs \\ erl>ung be<leutsam
i:<'\viseii s'in 11111!"'^. und die von anderer Seite heriiluet wird:
F elicitas soll naiuiich nach dem l üde iiires ersten Mannes sicii mit
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— 13 —
Hans Derrer verlobt, dieser aber soll steh beim Hochzeits*
feste, am 1, Juli 1528, oder nach einer zweiten Version kurz
vor der Hochzeit, auf der Reise, durch einen Sprung aus dem
Fenster so verletzt- haben, dafs er Tags darauf starb.*) Wir
tluui wühl gul, diese Berichte einstweilen als unbeglaiibigt zu
behandelfi.
In Bezug auf das Verhalten Klebergs >;i geiuibor Feürit.is
während ihrer kurzen Khe besitzen wir zunächst eine Nachricht,
die aus dem Imhofschen Kreise zu stammen scheint. Dieselbe
besagt, Kieberg sei bald nach setner Hochzeit »mit List« von
seiner Frau gezogen und habe sie sitzen lassen. Hinzugefügt
wird, Kleberg solle einen wunderlichen tollen Sinn gehabt haben.
»Das gute Wetbc, heifst es weiter, »härmte sich und gab baUl
seinen Geist auf«.
Abgesehen von dieser ganz, olicrilächlichen Mitteilung ist
noch ein austuhrlicherer Heri« ht uhcr das eheliclie Verhältnis
zwischen Klcbcrg und seiner Frau auf uns gekommen. Der-
selbe rührt aber wiederum von dem aufgebrachten Schwieger-
vater her und lautet daher für Klcberg belastend.
Pirkheimer klagt den Kleberg in einer 152Q oder 1530
abgefafsten Eingabe an den Nürnberger Rat an, er wolle »ohne
alle redliche Ursache« Nürnberg verlassen, und da seine Frau
unter Berufung auf Klebergs früheres Versprechen sich weigere
ihm zu folgen, so beabsichtige er, sich ganz von ihr abzuson-
dern und zu scheiden. Pirkheimer sagt, jener kunnc keine red-
li<-he Ursache seines Vorgehens anführen. Denn dafs man ihm
in Frankreich Geld schuldig wäre, sei xkein neuer Zufall« ; viel-
mehr sei das früher auch schon der Fall gewesen. Der Felici-
tas aber könne er gewifs keinen Vorwurf machen; denn sie
habe ihm bisher nur zu viel Unterthänigkeit und Gehorsam be-
zeigt, was indefs wenig bei ihm verfangen habe. Kleberg habe
überhaupt keinen vernünftigen Grund (Ür sein Verhalten. Er
sei nicht bei rechter Vernunft, wie auch sein tägliches Handeln
geau^cnd erwiese; er sei eines Arztes bedürftig, mIci ilui an-
ders als aus der .*\pothcken purgiret.'<
Kleberg hatte den Rat ersucht, ihn seiner Burgcrpllicht
M Vgl. die am Scblusse Qiiter Nr. 7 und 9 BufgefUhrten literarischen
Er»eagnis»ei
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zn entlassen. Pirkheimer bat dies nicht zu bewilligen; denn
sonst werde Kleberg fortziehen, seine Frau sitzen und sie mit
der Zeit gar ohne Unterhaltsmittel lassen, wenn sie ihm nicht
nachziehen wolle. Da er überdies nirgends (d. h. wohl nir-
gends in Deutschland) ein Anwesen luil)c, auch an keinem Orte
lange zu bleiben vermöge, so werde Pirkheimer ihn nirgends
belangen können, was um so bedenklicher sei, als Kleberg
HOO fl. Heiratsgut mit seiner Frau erhalten habe, und als letz-
tere ebenfalls ihr Bürgerrecht verlieren werde» so dafs ihr in
Nürnberg selbst verboten werden könne, eigenen Rauch (Haus-
halt) zu führen.
Pirkheimer ersuchte deshälb den Rat, den «ungebührlichen
Mutwillen c Klebergs nicht zu gestatten und sein Gesuch nicht
zu bewilligen, ehe der Privatstreit zwischen den Gatten hier in
Nürnberg ausgetragen, und Felicitas ihres Heiratsguts sowie des
weiteren Unterhalts versichert wortlen sei. Pirkheiniers Bitte
wurde indeis nicht gewährt^ vielmehr entliefs der Rat Kleberg
seiner Bürgerpflicht gegen Zahlung von 200 fl.
Die Quittung über diese Zahlung ist vom 5. Mai 1530
datiert. Am 29. desselben Monats starb Felicitas. Und jetzt
scheint Pirkheimer gar im Ernste die Absicht gehabt zu haben,
seinen Schwiegersohn des Giftmordes anklagen zu wollen.
Wenigstens besitzen wir von seiner Hand das nicht vollendete
Konzei)t AU einer Anklageschrift unter dem Titel « Ursach, wu-
rumb /u vermuten ist, dafs Hans Scheuhciiptlug. so Kleperger
gchcyfsen will seyn, seinem weib vergeben hab«. Aber
in dieser Schrift ist nur ein Bericht über den Anfang der Be-
ziehungen Kiebergs zu Felicitas enthalten; sie bricht ungefähr
da ab, wo jene Eingabe Pirkheimers an den Nürnberger Rat
zu erzählen beginnt. Also wird Pirkheimer selbst wohl nicht
gewagt haben, mit seiner furchtbaren Anklage offen hervorzutreten.
Nun ist in dem Rechnungsbuche des Endres Imhof schon
unter dem 21. Juli 1529 der Posten gebucht: »Der Klebergerin
ein stück leiubat, als sie aus tlein \\ iMpa«! kam, geschenkt,
kostet 3 t1. f) s. 0 Felicitas war alsu schon 10 Monate
vor ihrem Tode leidend, was ja auch übereinstimmt mit jener
vorhin erwähnten anscheinend aus Imhofschen Kreisen stam*
inenden Nachricht,
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- 15 —
Wenn danach Klebeig den Tod seiner Frau gewifs nicht
absichtlich herbeigefllhrt hat, so wäre es vielleicht doch mög-
lich, dafs ihr Leiden durch sein Verhalten hervorgerufen wäre,
was die mehrerwähnte anonyme Nachricht behauptet. Indefs
auch dies ist sehr unwahrscheinlich. Wir besitzen nämlich zwei
Briefe, welche kurz nach dem Tode der Frau Klebergs von
gemeinsrhaftliclien Freunden Pirkhciincrs und Klehergs geschrie-
ben worden sind. Danach erscheint das Veriialten des schwer
beschuldigten Gatten in wesentUch anderem Lichte.
Der erste Brief ist geschrieben am Q. Juni 1530 von
Christof Krefs an seinen Schwager Endres Imhof und berich-
tet von vergeblichen Bemühungen, Kleberg zu anscheinend
gröfseren Geldzahlungen (^vielleicht zur Rückzahlung des Heirats-
gutes?) zu bewegen. Kleberg erklärte, er habe der Felicitas
im letzten Jahre Geschenke im Werte s un über lüüO il. gemacht,
habe auch ihre Kinder erster Ehe bei sicli gehalten, wofür ihm
nie gedankt wt^rden sei. Ferner sei der von ihm beigesteuerte
Teil au Hausrat besser, als die andere Partei angebe. Er habe
also mehr gethan als seine Schuldigkeit und wisse bestimmt,
wenn er gleich all' sein Gut hergebe, dafs er damit keinen Dank
erlangen, sondern nur zum höchsten geschmäht werden würde.
Doch wolle er den hinterlassenen Kindern gern das Beste und
Getreueste erzeigen.
Noch erheblich günstiger für Kleberg lautet ein Brief, den
Hans Paumgärtner am l'^.Juiii 1530 aus AiiL^slnir^ an Willibald
Pirklieimer richtete. Paumgärtner war durch Krefs, der dem
Pirkheimer näher stand, aufgefordert worden, jene Bemühungen
bei Kleberg zu unterstützen. Er schreibt, es wäre ihm herzlich
leid, wenn Klcberg, wie Pirkheimer behaupte, seine Frau nicht
also gehalten habe, wie sich gebühre. Dem sei nun wie ihm
wolle, jedenfalls habe er, Paumgärtner, bei Kleberg nie
etwas anderes wie grofse Liebe zu seiner Frau ver-
merkt. Derselbe habe auch nach seiner Aussage ihren Kindern
erster Ehe ihretwegen viel Gutes gethan. Paumgärtner bittet
demgemais Pirkheimer, seinen Unwillen gegen Kleberg fahren
zu lassen und ihm sowie Krefs anzuvertrauen, worin den hinter-
bliebenen Waisen etwas liutes erwiesen werden könne; das
werde Kleberg gewiCs nicht unterlassen.
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— 16 —
Das Streben der Vermittler, den Streit zu sclilichtcn, hat
die Art ihrer Darstellung augenscheinlich mitbestimmt. Auch
konnten sie wohl hauptsächlich nur den Eindruck wiedergeben,
den sie jetzt, nach dem Tode der Felicitas, von dem Verhal*
ten Klebergs erhielten. Dennoch lassen ihre Äufserungen mit
Sicherheit erkennen, dafs Pirkheimers Anklagen mindestens mafs»
los üljertriebon waren. Ob sie jeder Begründung entbehrten,
wird sicli vicllt-icht sp.lter, wemi wir einen ticl'crcn Einblick in
Kle))ergs Charakter gewonnen haben werden, mit einiger Wahr-
scheinlichkeit ermitteln lassen.
III.
Wir müssen jetzt wieder einige Jahre zurückgehen. Die
Ehe Klebergs mit Felicitas Pirkheimer und sein längerer Auf>
enthalt in NUmberg war nur eine Episode in seinem Leben.
Seine wichtigsten Interessen wurzelten nach wie vor in Frank-
rcicli, seine politische Heimat war die Schweiz.
Als die Stadt Genf ihm 1527 ein Hnu^ vcikaufto. bezeich-
nete sie ihn in deni ^städtischen Reuistei als " ma::;iius «livcs
Allemanus comniürans Lugduni«, und einige Jahre später wird
er in demselben Register »nol ilis J. C'l. burgensis Bernae, habi-
tator Lugduni« genannt, wie denn Kleberg später auch selbst
in seinem Testamente den Rat von Bern als seine Obrigkeit
aufgeführt und um dieselbe Zeit andere Dokumente als t Bürger
zu Bern und Lyon« unterzeichnet hat.
Wie Pirkheimer in seiner Beschwerde beim Nürnberger
Rate eruahiU ", h atte lvlel)erg in l'rankreich Schuldtorderungen
au>sLelicn, die ihn vernnbf'iterv wieder nach Lyon ;'u reisen.
Unter diesen Forderungen S[)ieltcn jedenfalls schon danuil?» solciic
nn König Franz I. von Frankreich eine grufse Rolle, wie
wir das aus einem sehr merkwürdigen Briefe ersehen, den der
Rat von Bern am 6. Juli 1527 an den König richtete.
Klebcrg hatte dem Könige (vermutlich im Jahre 1526)
eine Summe Geldes geliehen, welche binnen fünf Jahren in vier
Terminen zurückgezahlt werden sollte. Der erste dieser Ter-
minc fiel in das Jahr 1527. Als aber Kleberg die Rückzahlungs-
rate ciakassieren wollte, zeigte ihm der Vertreter des Königs
in Lyon Maitre Martiu einen Brief, laut welcliem er nichts
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— 17 —
zahlen sollte. Über diesen Wortbruch machte der bemer Rat
dem Könige Vorstellungen in aufserordentlich freier Sprache.^)
Er meinte, wenn das Verhalten des Königs allgemein bekannt
werde, so mttfste solches ihm nicht allein in der Schweiz, son-
dern auch bei den Städten des Reiches schaden, was den
Rat betrüben würde. Er ermaiini deshalb den König, dem
Kleberg die faUii^en 1 8, 1 87 Goldkronen zu bezahlen. I)ersell)e
sei dem König ja als treuer Diener und Anhänger der
französischen Sache wnl^lbekannt.^) Der Rat versteigt sich
sogar zu der Drohung, Kleberg werde bei Nichtzahlung die
Hilfe mächtigerer Personen anrufen.
Das hier in Rede stehende Darlehen war eins der ersten
gröfseren Geldgeschäfte dieser Art, welches der König mit
einem deutschen Kauliuanne abschlufs. Es wurde ohne Zweifel
s( hlielslich berichtigt, und Kleberg hat dem Konig später noch
weit gröfsere Summen teils selbst geliehen, teils von seinen
Landsleuten verschafft.
Aus dem Jahre 1532 besitzen wir einen Brief Klebergs
an den Rat der Stadt Genf. Dieser Brief läfst uns ihn als
einen äufserst weltklugen und liebenswürdigen, vielleicht auch
— wir werden das noch zu untersuchen haben — als einen
gutherzigen Menschen erkennen.
Kleberg besafs i» (»enf an der Rhone ein Grundstück
oberhalb einer Mühle, die dem um Genf sehr verdienten und
angesehenen Besan^on Hugues gehörte. Auf jenem Grundstücke
hatte Klebergs Bruder in dessen Auftrage eine Anlage vorge-
nommen, welche der Mühle nachteilig war. Es entstand ein
Streit, in dem Klebergs Bruder von den Mtthlknechten thätlich
angegriffen wurde. Mit Bezug hierauf schreibt Kleberg, er habe
seinen Bruder angewiesen, jedermann in Genf, Grofsen wie
Kleinen, dienlich und angenehm zu sein^ denn er wolle von
') »— — de cjuoy nous merveiiiions i^uc si peu d'effccl douncs k vuus
promesses, coiisid^rant que cella nest point vottre proufiit ne honnettr, de
revocqaer ce que par avant ordonnes par bonne$ lettres et sceaux^.
*' qu'il e^t tous jour-. esic bon francoys et servileur de vnsire
Magerte«. Wenn der König den Kleherg befriedigt, *nous fere& plaisir ei
accompleres von« promecses et preteruerei le dict Cleberger de remettre
cette jnite qaerelle a aaltrei pla» fort que luy n*est, pottren estre
acquU^a.
s
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— 18
allen Genfern geliebt sein.') Andererseits beschwert er
sich aber die Drohungen und Gewaltthätigkeiten des Mühlen-
besiueis und seiner Leute. Aber er erklärt, er achte und liebe
■ den Besannen trotzdem, er wolle lieber, dars sein am Flufse
belegener Garten, zu dessen Schutze er jene Anlage hatte vor-
iielinien lassen, ganz fortgerissen werde, ehe er den Besannen
erzürnte. Dieser möge also nur Ruhe geben, bis Kleberg selbst
nach Crenf käme, was in kurzem der Fall sein werde. Kleberg
bittet schliefslich den Rat, iiin dem Uesan<,un herzlichst und er-
gebenst zu empfehlen ; »denn — so endigt der Brief — i c h w i 1 1
sein Diener undFreund sein, mag er wollen oder nicht.
Dafs Kleberg auch mit geistigen Gröfsen seiner Zeit in
Verbmdung stand, beweist ein Brief, den Erasmus von Rotter-
dam am 20. Oktober 1532 aus Freiburg i. Br. an ihn schrieb,
und in dem von zwei vorhergegangenen Unterredungen zu Basel
die Rede ist.
Das Mifstrancn der Nürnberger gegen KIcberg hinderte
nicht, dafs sie seine guten Dienste im Notfalle gerne gebrauch-
ten. So geschah es z. B. Ende des Jahres 1535, dafs WoH
Tucher in Lyon seinen Bruder Sebald, der in Savoyen gefangen
safs, entledigen wollte. Er wendete sich an Kleberg, und die-
ser gab ihm eine Fttrschrift an Fockt in Bern, der ein guter
Freund des Herzogs von Savoyen war.
Im Februar des Jahres 1535/36 erteilte König Franz I.
dem >Jean Cleberg, dit le bon AUemand. banquter, demeu-
rant ä Lyon i das t ian/.osische Staatsbürgerrecht. ^) In diesem
amtlichen .Aktenstücke begegnet uns zum ersten Male der schone
Beiname Kleber^s, weit früher, als er bisher aus anderen Nach
Die Weisung an den Bruder lantet nach Ktebei^ Angabe »defiiire
Service a ung chascun de la ville de Genefve, taut petitz comine yrans, et
pareilleinent de un part, je le vouldroye bien faire pour estre aym^ de ious
ceulx de Genefve«.
2) aCar je veulx estre son servitear et amy vettlle U ou non*. Schon
vorher hatte rr ijesjirnchen »de la ;^rant amour que je luy porte» und hatte
erklärt »j'est^mc plus I'onnc&letc et uug tel personnaige que je ne lais pas
mon dommaige«. Freilich kann dies blofs Weltklugheit sein, aber ebenso»
wohl auch edle Gesinnung. Wir werden spiter noch Anlafs nehmen hierauf
surttckz u k o m m en .
*) Catalogue des Actes de Frangots l. Nr. S329. Leider ist der
Anfang dieser Regesten noch nicht erschienen { tonst wttrde man vielleicht
noch mehr Belege fUr die Besiehungen Klebergs zur fransösischen Krone
beibringen können.
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— tQ -
richten bekannt gewesen war. Danach ist die Behauptung des
Baron Raverat'), dafs von dem ibon Allemand« zuerst im
Jahre 1573 diu Rede ist, riclitigzustellen, und die Schlufsfolge-
rungen, welche der Haron Raverat hieraus /ieiu, werden hintällig.
Kleber^' hatte den Beinamen »der gute Deutsche« seiner
grofsen VVohlthätigkeit zu verdanken. Insbesondere gehörte er
zu den Uauptgründern der im Jahre 1533 entstandenen weit*
bekannten und sehr bedeutenden Wohlthätigkettsanstalt »L'aumdne
g^niSralec, auch »La Charit^ c genannt, der er im ganzen 8045
Livres spendete» eine für damalige Zeit ungemein grofse Summe.
In den Registern der Anstalt wird er als erster und bedeutend-
ster Geber aufgeführt, zwar ohne dafs sein Name ausdrücklich
genannt wird — das scheint er 5>i< Ii verbeten zu haben — ;
aber dafs der ^hoinme de bien, niarchant allemant' , der als
unermüdlicher Förderer der Charite auftritt, unser Kleberg war,
ist gewifs, und konnte auch durch einen Verkleinerer Klebergs
aus neuester Zeit nicht geleugnet werden'). Im Jahre 1536
wurde der Beiname »le bon Allemand« in Lyon augenschein-
lich schon ganz allgemein auf Kleberg angewendet, und dieser '
war also gewifs dort eine sehr beliebte Persönlichkeit. Dagegen
besitzen wir aus ganz derselben Zeit eine nürnberger Äufsenmg,
welche beweist, dafs er von .seinen 1 -aiuisleuten noch immer eher
gefurchtet und gemieden, als geliebt wurde.
Am 2. März 1536 nämlich schreibt Lienhard Rottengatter
aus Lyon an Lienhard Tucher: »Klebergers halb habe ich
hie von den gesellen vemomen, er sol dem Vincentz Pirkhamer
aUerlay bevolhen haben, euch zw schreiben oder anzeigen, als
sam ir ein ungunstig hern an im solt haben, davon lang
zw schreiben wer, und hab deshalb ein schwer hertz gehabt mit
im zw reden, besorget würdt mich nit wollen hören, sol die
ursach sein, als er am jüngsten zu Nürnbersf ist ^ewest, sol
Anton TiK her in nit empfangen haben und in auff der
gassen geflohen. Nit dester minder pin ich gestern tVu im
wcxel (le change, die lyonneser Börse) pey im gestanden und
'j L'homme ilc la röche. Lyon i8S6. S. 5. Übrigens wird Kleberg
auch in seinem eigenen TesiAmente und in anderen Aklen&tilcken mit sei-
nem Beinamen aufgeführt.
*} Pr^is htstoriqne sur Jew Qeberger S. 8 ff. Raverat I. c. S. 29.
8*
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— 20 —
von im empfaDgen worden» hab im eur grQfs erpotten; hat er
euch und mir freuntUch gedankt» hab kein onwillen mügen spüren;
wirt bericht, etlich gesellen haben im zusamen ein vererung thonc.
Am deutlichsten geht hieraus hervor, dafs Kleberg sich
bei den nürnberger Ivaufleuteii doch in gewaltigen Respekt zu
setzen gewufst hatte; aber die Reibereien dauerten fort. Denn
am 29. Dezember 1j37 sc hreibt Anton Turher aus Lyon nach
Nürnberg: »Ich will euch nit verhalten, nachdem ich herkCimen
pin und an christtag pin ich mit Wolff Tucher zu fesper gangen
zu den cordeUiern (cordeliers), fand ich den Cleberger» aber er
wolt mir nit zusprechen» und von Sebald Tucher [hab ich] zu
lenff vemomen» dafs er im angezaigt hab, ich sey zu Nürnberg
nit zu im komen und mit im gered und er hab mir 300 fl.
Gold wollen schenken, aber deshalben hab ers' unterwegen
gclosseii, und er woU gedenck, die (ieiider sein es ursach
gewest, und er wo 11 inirs wol eingedenk, sein, wie wol als
mir Sebald Tucher sagt, er hab ims ausgeredt, wie wol ich
nit darnach frag seiner person halben; allein ob er einem
heimlich durch ander leut ein bankett mocht schenken»
das traw ich im wol zu«.
Ob hier die dunkle Anklage gegen Kleberg wegen Ver-
giftung seiner Frau noch spukte» lasse ich dahingestellt. Jeden-
falls erkennen wir» dafs man ihm in Nürnberg noch Übelwollte,
dafs er deshalb sehr empfindlich war und die Beleidigung durch
einen Landsmann nieht so leicht vergafs, wie die ilnu von jenem
genfer MühlenbesUzcr zugefugten Krankung^en.
Am 19. Februar 1535 heiratete Kleberg zum zweiten Male
und zwar wiederum eine Witwe, Pelonne de Bonzin» die von
ihrem ersten Manne» Jean d^ la borge, bereits einen Sohn»
Namens Ettenne hatte. Im Jaiire 1538 schenkte sie dem Kleberg
ebenfalls einen Sohn, der den Namen David erhielt. Dies war
der einzige Nachkomme Klebergs, von dem wir bis jetzt Kunde
haben. Die romantische Legende, welche Pelonne de Bonzin
mit dem alten als ■'Tour de la belle Alleinande« bekannten
Bauwerk in Lyon in Verbindung bringt, können wir als völlig
unbeglaubi^t hier übergehen.
Aus dem Jahre 153b be.>itzen wir nur einige dem berner
Archive entstammenden Nachrichten Uber Kieberg. Am 5. Mai
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— 31 -
1538 schrijb ihm nämlich der berner Rat in aufserordentlich
herzlichem Tone, ja fast devot» es müsse jemand ihn, den Rat,
bei Kleberg verunglimpft haben; er hoffe, die alte Freundschaft
wetde dadurch nicht gestört werden. Und am 3. Juni dessel-
ben Jahres bedankte sich der Rat des höchsten für ein ihm \un
Kieberg gewährtes Darlehen von 3000 Kronen. Endlich er-
folgten noch in den Jahren 1530 und 1542 Anfragen des Rats
bei Kleberg wegen gewisser Münzverbältnisse ^ für unseren heu-
tigen Zweck sind diese Anfragen ohne Belang.
IV.
Wir sind jetzt bei Klebergs letzten Lebensjahren angelangt,
und damit erst heginnen die Nachrichten Über ihn reichlich zu
fliefsen ; besonders diejenigen, welche ich neuerdings aufgefunden
habe, werden es ermöglichen, manches Rätsel in Klebergs Cha-
rakter und Lebensschicksalen der cadgiltigen Lösung näher zu
bringen.
Zunächst erfahren wir aus einem schon früher aufgefun-
denen Briefe des französischen Königs an Kleberg Näheres über
dessen Finanzgeschäfte. Am 11. Dezember 1543 schrieb ihm
der König, er habe gemäfs seinem Versprechen den Sieur Saint«
Martin nach Lyon geschickt, um alle Geldsummen zurückzuzahlen,
welche Kleberg teils selbst dem König geborgt, teils ihm von
den anderen Kaufleuten der deutschen Nation darlehens-
weise verscliatiL hatte. Dies war eine Seite der Thätigkeit
Klebergs, welche sich für die deutschen Kaufleute als sehr ver-
hängnisvoll erweisen sollte; wir kumnien l)ald hierauf zurück.
Schon am 30. September 1543 hatte Franz L d -n Kleberg
zum Lohne für dessen grofse Dienste zum ivalet de chambre
ordinaire du roi« ernannt. Augenscheinlich war dies nur ein
Titel, der besondere Pflichten nicht mit sich brachte. Kleberg
selbst wendete ihn nicht ohne Stolz gegenüber seinen Lands«
leuten an; denn eine im nürnberger Kreisarchive (Lit. 41 fol. 148)
befindliche Quittung Klebergs aus dem Jahre 1544 beginnt fol-
gendermalsen: :&Ich, Hans ( iebcrg, von C'liainp, Herr zu Castel-
lard und Villamondt. des a 1 le r ch rist 1 i «• Ii s te n Königs zu
Frankreich ordentlicher Cammerknecht, Bürger zu Bern
und Lyon«, Angesichts der hochmütigen Behandlung, der unser
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— 22 —
Mann Seitens der nürnberger Geschlechter ausgesetzt war, dür-
fen wir mit ihm wohl wegen der eigentümlichen Hervorkehrung
des »Kammerknechtesf nicht aUzustreng ins Gericht gehen.
Die herrschaftlichen Güter Chitelard und ViUeneuve,
welche — wunderbare Ironie des Schicksals — dem abtrünnigen
Connctable vun Bourbon konfisziert w urden waren, kaufte Kleberg
1543 oder 1544 den mit ilirer Veraufscruug beauftragten kuiiig-
lichen Kommissaren ab. Am 20. März 1545 erlaubte der König
den ^Jean Clcberg, dit le bon Allcmandc die Ausübung der
(Gerichtsbarkeit in den genannten beiden Herrschaften'). Das
Gut Champ bei Lyon hatte Kleberg, wie aus seinem Testamente
hervorgeht, von einem Fräulein von Balmont gekauft; später
arrondierte er es durch weitere Erwerbungen.
Sicher gehörte Kleberg jetzt zum französischen Adel,
wie er denn wiederholt als »noble homme« aufgeführt wird.
Somit war er den nui nber^er Patriziern ebenbürtig; i^ewürdcn.
Dagegen sind die Angaben über den ihm vürgcl>lich verliehenen
deutschen Adel zuverläfsig falsch, weil er sonst ganz bestimmt
diesen Adel auch in NHirnberg geltend gemacht hätte.
Im Frühjahre 1544 kam wieder eine Gelegenheit, bei der
die Nürnberger Klebergs Dienste gut gebrauchen konnten. Den
deutschen Kaufleuten sollte das Geleit aufgesagt werden, um sie
gefügig für neue Anleihen zu machen. Bei dieser Gelegenheit
hielt sich — wie Lienhard Rottengatter den Tuchers berichtet —
Kleberg gar wohl »und thett auch gern, wan er dcrfft, das erfindt
sich im wercke und in sein schreiben. Hett ims nit /wge-
traut. Werden im vill hrieff hereingeschrieben. Wan es euch
für gut anseht, wirdet im ein cleins briefflcin von der rerom-
mandassion danksagung zwschreiben, würt im woU gefallen»
mocht auch zw gutt spriessen«. Das geschah, worauf ein an-
derer Vertreter der Tucher, Jakob Reuter, berichtete »Herr
Hans Cleberger sagt wunder, wie es im so wol hab gethan, das
ir im auch geschriben habt«. Er Hefs den Tuchern sagen, »was
er pisher gethan hat, hab er gern gethan, er woU noch thun,
(las soll man sich zw im versehen. Leib und gut wo 11 er
pey den Teutschen lassen und pey inen pleiben*.
<) Acte» de Franvoi* I- IV. Nr. 14381.
Danach ist der mebrcitierte aPr^cishi»toriqae« S.6/7 richtig «Mtelleo.
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— 23 —
Der Berichterstatter hatte alle Ursache hinzuzufügen: »Gott
lafs ihn also beharren U Und wir haben Grund zu vermuten,
dafs Kleberg in seinem Innern die notgedrungene Annäherung
der nürnberger Geschlechter nach ihrem wahren Werte beur-
teilte, (lafs dcmgemäfs auch seine eigenen Freundschaftsbeteue-
rungeii nicht aufrichtig gemeint waren, trotz aller Feindesliebe,
die er bei anderen Gelegenheiten bekundete. Cierade damals
arbeitete er daran, die Nürnberger immer tiefer in die Finanz-
geschäfte der französischen Krone zu verstricken, während er
wahrscheinlich recht genau übersehen konnte, dafs Frankreich
für die ungeheuren Kriegsanleihen der damaligen Zeit auf die
Dauer nicht aufzukommen vermochte.
Am 28. Januar 1545 schreibt Jakob Reuter aus Lyon:
»Die ursach ist allein, euch besonders zw schreiben, das die
vergangne tag der her Hans ('lel)t;rger zw mir im wexel [ge-
komen ist\ hielt vieler und anderley sach | halber Unterredung],
doch unter ein andern ward von im an mich verlangt und he-
volen, euch zw schreiben, euch zw nutz und von deswegen,
das er euch aüweg für gut freund geacht hat (i) und
noch hat, wo er euch lieb und dienst kinde tun, wer er alzeit
geneigt, und [hat] mir in der gestalt anzeigt, die vergangne tag
wer zw im komen derjenig, der bevel hat von dem koning von
Frankreich ein soma gelts ein zeit auffzwnemen, auch die finan-
tzen jetz würden wider angehen, als nemlicli jetz auff zwkuntftig
ostern würdt der koning von Frankreich ein soma gelts bedorffen.
Darumb wer derjenig zw im komen. der den bevelch von dem
koning hat, heifst Marthein de Froys*), derselb sitz hie mit heiifs,
und zw dem obgemelten her Cleberger begert, er soll sich zw
seiner gelegner zeit mit seinen freunden bereden, ob sy im
geneigt seien, ein gute soma gelts auff zwkunftige ostermefs-
zalong furzwschtrecken. Solchs soll wol vergewist und ver-
schriben werden zw gelegner zeit wie man es dan wurdt an-
nemen und zw danck die hauptsoma sampt das interest woll
zalt soll werden, alsdan je pilsher noch geschehen, auch noch
kein klag vor äugen ist. Also aus guter maynung und gctrcw
lest euch der her Cleberger zw wissen thun durch mich, ob ir
1} Mattre Mtrtin, vgl« oboi S. l6 nnd ai nnd Acte» de Fran^oit L
t. IV. Nr. I43$7-
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— 24 —
auch villeicht ewer gelegenheit nach wer, dafs ir auch ein
soma gelts her in die ostermefs zalong wolt provediern.
so woU er das ewer sampt dem seinen und ander
guter herren gelt als mit einander underpringen, und
solchs verschriben werd einem wie dem andern, als dan je und
je geschechen ist, auch zw seiner zeit gute zalong »(eschechen
soll. Darein erpcut sich der her Cleberger ganz hoch gegen
eiu Ii, auch ser freuntlich eurb zw dienen, wie andern guten ge-
sellen und freundt. Er hab schon ein 40000 V (ecus, Gold-
kronen) oder mer von den andern guten herren und
freundt, und er auch ein gut soma well legen von dem seinen
— — — , auch jets so fridt ist, so werdt die gefar nit mer
als grofs sein, wan wie er sagt, was er sich noch pisher
understanden hett, das hob er mit guten eeren und on
alle nachredt hinauspracht und an ein endt pracht, darumb
solt ir kein scheuchen haben, auch on sorg sein . Darauf
hab ich im seines guten willens aiiff das allerhöchst bedankt,
auch im anzeigt, ich well euch es na« h der leng schreiben. —
Nun bedunkt mich, doch auff ewer ]icsser meinong, es wer etwas
damit zw waggen; — war, [dafs^ do ist nichts jetz zw verlieren, dic-
weil doch fridt jetz zwischen K. M. und koning ist ; war entlich
[ist, dafs] vill andre werden darmit sein, nemlich die pesten
hewsser, alfs peidt Welss.er, Ebner, Herbert, Weik-
man, Imhoff, Ingoldt, Prechter, Sigelschein, Weier^)
sampt anderen; war entlich, da wer ein nutz zw erholen,
der göttlich und pillich wer — — . Diejenigen, die in
diessen schweren leufften haben dem koning geliehen, die sein
all wül zalt worden sampt irem grolsen nutz.«
Der geschäftseifrige junge Faktor mochte den Ver-
sicherungen Klebergs glauben. Aber Lienhard Tucher, der
damalige Hauptleiter der grofsen Tucherschen Handlung, war
noch ein echter Kaufmann vom alten Schlage, der mit den neu-
modischen Finanzgeschäften so wenig wie möglich zu thun haben
wollte. Am 24. Februar antwortete er dem Jakob Reuter, er
') Hier sind nehei^ n*^rnnerrrer mich nlmer, autjsbur^^^er nnrl strafs-
burger Firmen genannt, doch nur solche, welche mehr im prolest an lisch-
franxösitchen Lager standen oder doeli — wie die Weiser — zweifelhafte
Freunde des Kaisers waren. Die ] r haben sich niemals an de» An-
leihen der französischen Krone beteiligt.
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— 25 —
habe »das freiintlich' anpieten und gesinnen von unsenn guten
freunt und gttnner (das klingt wie Ironie) hem Hansen Cleber-
gers nach lengs vernomen, das wir von im auch gants danck-
parltch und trewHch mainent angehört, und zweyffelt uns gar
nit, das wir disser zeit oii sünderc aor^ unter des vorgemel-
ten nomen ganti: bctiuemlich und sicher ^uten luiL/ kiinten er-
langen, SU Westen wir uns auch umb seiner gunst und woltadt
woll mit im 7a\ vergleichen. Darauff haben wir uns und mein
Vetter (Lorenz Tucher) mit einander unterredt und in bewe-
gung allerley ursach uns entlich entschlossen, mit sol-
chen heubtern (d. i. Potentaten) weder für uns selbst noch
durch mittel anderer personen mit solchen handlungen
nit einzwlassen. Das wollst im also von unsem wegen mit
pester bescheidenheit anzaigen, aber nichts desto weniger nemen
wir sein angepottene gunst und genaigt guten willen gantz freunt-
lich und hoch danckparlirh an*.
Reuter bestellte, wie er am 21. März schreibt, alles der
erhaltenen Weisung gemäfs an Kieberg, worauf dieser erklärte,
»er hab es vorhin sampt wol gewist, nichts dester minder hab
er es euch wollen zw wissen thun, vermeint, ir und die Im-
hoff seit zw ser sorgsam, aber nichts dester minder so hab
er sampt andern teutschen jetz difs zallong dem koning zw
leichen ein 50000 V sol (^cus de sol, Sonnenkronen) funden,
das wurdt jetz difs zallong crieut, wurdt der hcrr Cleberger, peidt
Welfser und die Herbert. ;im h W eiknuuin sein und villci* lit
sonst andre raer. So werden im die Vtalliener auch ein lOOOOO V
leichen — «. Reuter \v;u indefs damals auch selbst keines-
wegs mehr so geneigt, Klcbcrgs Ratschlag für befolgenswert zu
halten; denn er schreibt weiterhin: >Au(f difs mal ist dem
koning nit seer wol zw leichen, wan wie gesagt wurdt, dafs er
ein prestlos mensch ist, soll em offen schaden haben, das frist
imer zw umb sich, und kein remedium nit helflfen will noch kan,
also dafs heimlich gesagt wird, er werdt über 6 in 8 inunctt
nit künden leben, also uitheillen in die doetores und balttiei.
Darumb wo er solt abgehen, so darff aisda n ein anders
regiement werdi^n, und die jetz ctwan wol am hoff sein,
dern alsdan das widorspill werden, wan solchs verendert sich
tcglich, wie wol sy hie teglich purgschaft verheifsen und presentiern
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— 26 —
wern, ein jeder will nun ein scheuchen haben, dafs der
koning also ein kranck und schwach mensch ist, und im
das leben abklndt ist wordene.
So schlimm kann es mit dem König gewifs nicht i^estan-
den haben; denn er lebte noeh zwei Jahre. Indefs muls K-leberg
die Bedenken der Kaufleute dem Könisfe selu)n am 5. März
niilgeteilt haben; derselbe antwortete ihm am 11. März, er habe
mit Dank bemerkt, wieviel Mühe Kleberg sich wegen der An-
leihe gebe, und da die Kaufleute wollten, dafs der Dauphin sich
mit verpflichten möchte, so solle Kleberg sie benachrichtigen,
dafs König und Dauphin hiermit einverstanden seien; man solle
nur das Geld bereit halten.^)
Aber noch ein anderes Bedenken war zu beseitigen: Gar
zu gerne benutzten säumige Schuldner, besonders Fürsten, das
kirchliche Zinsverbot, um sich ihren Verpflichtungen zu ent-
ziehen, oder die Glaubiger wurden gar wegen Wucher ver-
klagt. Um die Raufleute hierüber zu beruhigen, erklärte der
König feierlich, dafs die »Geschenkec^ welche er dem Johann
Kleberger, genannt »der gute Deutsche c, und anderen fremden
Kaufleuten auf den lyonneser Messen oder anderwärts zur Be-
lohnung der ihm für seine Kriege gewährten Darlehen gemacht
habe oder machen werde, als wirkliche Schuldverpflichtungen und
Zinszahlungen anzusehen seien, ohne dafs die Kaufleute deshalb
irgendwie behelligt werden könnten.
So kam denn die Anleihe zu Stande. Zu derselben Zeit
und wahrscheinlich, um die deutschen Kaufleute L^etugiger zu
machen, als sie sich von dem Geldgeschäfte zurückziehen woll-
ten, wurde ihnen die Auflegung eines neuen hohen Zolles an-
gedroht. Auch hierbei spielte Kleberg eine grofse Rolle. Wie
nämlich der Nürnberger Christof Ebner dem Tucherschen Faktor
erzählte, und wie dieser am 27. April 1545 nach Hause schrieb, er-
klärte Kleberg dem Ebner »hie auf dem teutsch platze^
^) Arcbives biäloriques et ätalistiques du d^partement du Khüne
V. 398.
^) iDont«; so nannte man sehr gern die Zinsen, um ihre eigeinliche
Natur zu verberf.^en. Der königliche firlafs ist registriert in den Acte« de
Fran^ois 1. Nr. 14466.
*) Meines Wissens erhallen wir hiedurch zum ersten Male Kunde von
einem besonderen öRentlichen VersamnlungspUtse der Deutschen ia Lyon.
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frei und öffentlich, wann er wollt, mit 30 Worten wollt er uns
allen verhelffen, dafs den zoll nit zallen derfTen. Der Brief-
schreiber fügt hinzu »30 wort sind wenig, aber offtmal hat er
^^esagt, ja mit 30 wortten, nur wollt er [siel nit prauchen.
Darauff Ebner zw wegen prnrht. das all von dem Reich, als
aus Augspurg, Ulm, Stralsburg, so vill uns zwsamen
haben künden finden und pei einander gewest, von dem
£bner abermals dergleichen mit vill andern umbstendt vemomen
gehört, darauff, anff sein und unfser aller rat einig worden,
unfser etlich ausgeschossen, als nemlich dapey gewest Michel
Imhoff, Augustin Fümberger, Hans Welser diener. Jacob Jeger,
Kiffhaber p. Weickman, Hans Zangmaister, Christoff Ebner,
Jorg Ilobrecht und ich, sindt /.u Clebcrger gangen, hat Jcger
die redt für gemeine von dem reich oder den kauff-
leutten gethan^), und in mit hohem titel gejicten, das er
uns verhelften wolle, das den zuU nit zallen derffen ; hat unfser
fttrpitt woU gehört und vemomen, sein antwurtt wer grob
zw schreiben, aber sein beschlus war, er hab eim jeden das
vergangne jar in generali gedreut (?), in mafsen das keiner
wifs (f), und wan er nit gethan het, wer es ubel zwgangen, auffs
heflftigest wie er nur furgiebt oder furgeben hat klinen; aber
da sey kein erkenntnus von den reichsstetten, sey gleich,
Nürnberg, Augsl)urg, Ulm, Strospuig und wer die sein inügcn,
das Im von t-iner oder andern danksagung ges(liril)en
wer. tr beger weder goldt noch silber, allein das im drei /.eill
von einem erber Ratt geschrib.en wer worden, damit sein sun
nach im befundt, das in von Stetten umb sein dienst
dank geschriben wer worden, und kindt nit gedencken, ob
die diener schuldt seyen, die hinen sindt gewest, das nit hinaus
in oberlandt angezeigt haben oder sie draufsen so grob unver-
stendig seyen. Er woll hie ein frantzos sein, sollen sy
daufsen teutsch sein — mit vill aier Worten. Im endt
für hin woll er sich unsser in generali gar nit mer an-
nemen, weder clein noch grols, das soll man sich zw im ver-
') J c o b Jt-'-^er war ein besonderer Freund Klebergs; bei der Aus-
stellung seines Testaments war er als Zeuge zugegen; auch beim franrösi'
schell Hofe mufs er gut angeschrieben gewesen sein, da er wiederholt die
Interessen der deutschen Kauflente dort vertrat.
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- 28 —
sehen, auch ein jeder von im schreiben müg. Aber 2 oder 3
seine gut frUnd well er des 2olls halb verhelfen, und wer
im Hb und dienst thät, dem well ers auch thun, er
kindt änderst nit vermeinen, dan man sech in daufsen
für ein nattdler (?) oder rothschmidt an«.
Dieser (ttr die Charakteristik Klebergs äufserst bedeutsamen
Ansprache wcrtlen wir später noch etwas näher treten. Zunächst
sei aber mitgeteilt, cials Kleberg sicli doch erweichen liefs.
Wahrscheinlich war «^ein Zorn überhaupt nur eine -geschickte
Maske, wie denn sein ganzes damaliges Verhalten den gebore-
nen Diplomaten erkennen läfst Kurz, am 13. Mai 1545 schrieb
der Augsburger Rat an den von Nürnberg wegen der ZoUsache
(die von den Eletchstädten als eine sehr gefahrliche Beemträch-
tigung ihrer Privilegien behandelt wurde), man wisse, »wie Hans
Kleberg, den Teutschen zu gut, in dieser sachen viel guts ge-
handlet und dem ansehen nach, darin er gegen die kttnig»
liehe würde steen soll, noch verhotTenlich fruchtbars ufs.
richten mocht. Ob ime nun unib vergangne muhe zu dancken
und umb ferrere handlung zu abbringung berurts zols ze schrei-
ben ratsam sein wolle, stellen wir zu K. W. wolgcfallen und
bedencken; dann soviel wir berichts empfangen, mag er diese ding
nit wenig furdern oder hindern, er soll sich aber gutwillig
crbotten haben«.
Auf diesen Brief antwortete der Nürnberger Rat am
10. Mai: »Soviel aber E. W. gutbedunken einer danksagung
halben an herrn Hansen Klcber^er betrifft, wollen wir inen nit
verhalten, das wir albcreit auff ansuchen etlicher unse-
rer kauffleut ein dan<-k srh rifft an bemelten Kleberger
vertigen lassen und gepetten haben, liintur auch das best zuthun,
raöcht nit nachteilig sein, das E. W. solchs 'gleichergestalt iheten«.
In der That wurde der Zoll abgestellt. Vermutlich aber
werden die deutschen Kaufleute dem Könige das gewünschte
Anlehen vorher haben bewilligen müssen. Jedenfalls hatte
Klcberg seine persönliche Genugthuung erlangt: er hatte es
durchgesetzt, dafs die stolzen nürnberger Geschlechter sich gründ-
lich vor ihm demütigen mufsten.
Auch aus dem Jahre 1546, dem letzten Leiu-nsiahre Kle-
bergs, besitzen wir eine ganze Anzahl ihn betreuender Nach*
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richten. Am 2i. März schreibt Gabriel Tucher seinem Vater
Lienhard: »So hat der Hans Clcberger vorgestern auch ein
prief, als er furgibt, vom konig empfangen, darin er anzeygt sol
haben, er werdt auf kiinftig ostermess ein gutte suma t^elts
bederfen, dem milg er sanipt seinen mitverwandten aachtrachten»
und wo sich mangel am underschreibca hab, so soll nians Im
anzeigen, so well er die underschreibung machen, wies der herr
Kleberger haben well, also das sie venneinen, der Moussier le
I)olvin(Dauphui) wer sich auch underschreibenc. Ob diese Anleihe
zu Stande kam, liefs sich bisher nicht mit Sicherheit feststellen.
In demselben Briefe schreibt Gabriel Tucher: >So werdt
ir vorlengst vernomcn liaben, wie man den liciii Klebergcr
zu einem Kathern hie gemacht hat, solcher hat aber
keiner wellen sein, soll auch nie in Rat hinkumen sein..
Thatsächlich war Kleberg schon am 10. Dezember 1545 zum
Schöffen oder Ratsherrn der Stadt Lyon gewählt worden, wie
sein noch im dortigen Stadtarchive befindliches Diplom beweist.
Er suchte die für einen Ausländer doppelt hohe Ehre abzu-
lehnen, indem er sein Alter, die Sorgfalt, welche die Erziehung
seines jungen Sohnes erfordere und die Geschäfte, mit dem ihn
der König betraut habe, zur Geltung brachte. Man nahm seine
Weigerung zwar nicht an, doch hat er in der That niemals einer
Sitzung des Magistrats beigewohnt.
Am 23. April 1546 war er in Genf. Die Stadt wollte
ihm zu Ehren ein Festmahl geben; aber er zog sich davon zu-
rflck, worauf die Stadt ihm stattdessen eine Ehrengabe sandte,
wie sie sonst nur bei den vornehmsten Personen übh'ch war.
Auch seine letzten Briefe an die Stadt Genf zeugen von einer
grofsen Gesinnung, die bei dem sechzigjährigen Manne gewifs
nicht mehr blofse Weltklugheit oder Liebenswürdigkeit gewesen
sein kann. So schrieb er am 15. Mai 1j46, ei habe sicii
stets bestrebt, einem Jeden gegenüber sich so zu ver-
halten, dafs man Anlafs haben möge, ihn zu lieben.*)
In einem, nur zwei bis drei Monate vor seinem Tode geschrie-
benen Briefe ersuchte er ferner den genfer Rat, einem Men-
schen, der in Klebergs Garten Bäume abgeschnitten hatte und
') »Aussi nie ai-je toujours efforce de vivre avec uu chucun de fa^un
qii*OD eftt occMion de m'aimer«.
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verdächtig war. Ihm auch Fische gestohlen zu haben, die Strafe
zu erlassen.
V.
Von dem Ausgange dieses reichen und merkwürdigen
Lebens besitzen wir einige Berichte aus der Feder eines wenig
wohlwolleiulcii Mannes, des in Lyon weilenden Paulus Tuciier.
Die Nürnberger hatten zwar von ihrem ehemals verachteten
Mitbürger Dienste angenommen und ihm dafür widerwillig ge-
dankt. Aber ihre Empfindungen gegen den, weichen die Fran- .
zQsen den »guten Deutschent • nannten, waren darum nicht
freundlichere geworden. Die Verachtung war wohl verschwun-
den* oder hatte sich selbst in Respekt verwandelt. Aber das
Mifstrauen war geblieben; es hat Kleberg sogar bis über seinen
Tod hinaus verfolgt.
Am 4. September 1546 schreibt Paulus Tucher: »So ist
der Hans Cleberger vor drei wuchen hie kranck worden und
soll noch kranrk Hgcn, mag sein (»der nit, aber im nit jeder-
man glauben gibt, sonder etiich sagen wollen, er sey vor b tagen
verschiden, das ich auch sorg hett, Gott woU im und uns allen
gnedig sein, wiewol man noch kein grundt nit davon weys.
Vermeinen etiich, wu im also wer, das mans also verpergen
wolt, so gescheg es von wegen der zallung; wan ir vtt under
sein namen dem konig gelt gelihen haben, fürchten vileicht, der
konig mocht ins nit halten. Man wil niemantz zu im hine'in
lassen, ei nie in (allein) C hristo ff K bner und | ikob Ji u r
und (' Ii ri Stoff i- reihamer, solche sindt seine zeugen uln r
sein testamr?it, solche 3 sagen noch all, er sey noch beim leben«..
Dus nürnberger Kaufleute in Lyon hatten damals noch
andere schwere Sorgen, von denen Paulus Tücher in demselben
Briefe folgendermafsen berichtet: »Ist ein weil ein grofse sag
von den von Nürnberg hie gewest, wie sie sich so ubel halten
und dem keyser munitzion zuschicken, ist von etlichen
teutschtzen das maul wol davon gepiert < r) worden, des sich vileicht
nichts bederft het, in sonder von dem Kleberger, hat
auch gesagt, er wolt alles darumb gelten, das er nit
von Nürnberg wer, und sonst von nmlorn teutschen auch,
iuiben auch gesagt, man mug jetzuncier wol spuren, wer jetz-
unüer 2 jar vergangen die anfenger mit dem kaiser sindt ge-
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— 31 —
west, wider den konig su ziehen c etc. Das war vermutlich
alles Gerede und Geklatsch, auf das kaum viel Wert gelegt
werden kann. Dagegen wissen wir aus erster Hand, dafs K.le-
berg bestimmt war, in dem damals sich zuspitzenden Gegensatze
zwischen dem Kaiser und den deutschen Protestanten eine er-
hebliche Rolle zu spielen, wns indefs sein Tod veroitehe. Knde
August reiste nämlich Jakol) Sturm im Auftrage des Schnial-
kaldischen Bundes nac h Lyon, um dort durch Klebergs Vcr-
mittelung für den Bund eine grofse Anleihe aufzunehmen» ohne
welche es ganz unmöglich war, dem Kaiser wirksam zu wider-
stehen. Sturm kam am 1. September in Lyon an, fand aber
zu seiner Bestürzung Kleberg schwer krank vor und mufste
deshalb unverrichteter Sache wieder abreisen. Die Strafsburger
Kriegsräte meldeten das denen des Bundes mit dem Bemerken,
dafs *am selben Mann viel j^elegen« sei, und schlugen an
seiner Stelle deorg Weikniaa aus Ulm, den wir bald als
einen der besten Freunde Klebergs kennen lernen werden, zur
Betreibung der Anleihe vor. Die weitere Entwickelung dieser
Angelegenheit gehört nicht hieher.
Zwei Tage nach jenem Briefe des Paulus Tücher, nämlich am
6. September J 546 starb Hans Klcberg. Sein Tod wurde aber erst
8 Tage später bekannt. Tucher schrieb am 14. September: »So ist
es erst auf adi offenbar worden, das der Hans Cleberger mit todt
verschiden ist, Gott der her wol im gnedig sein, wie wol noch
etlich vermeinen, er sey ein acht tag darvor verschiden. Sol
ein 07 000 V reich sein gewest, und scini juni;eii sun sol er ein
60^)1)0 \ verlassen haben, und nach seinem abgang so hat ers
den 5 steten im Teutschland verschaft, den armen leutten im spittel,
hemlich Augspurg, Ulm, StraCsporg, Fem, Zurch, solche 5 stet
solens als nach seins suns abgang erben. Man hat sein
schon gar vergessen, hat in auch mit einer latternen
zu grab tragenc.
Diese einfache Art der Bestattung beruhte — was Tucher
unbekannt war — auf einer testamentarischen Anordnung, wo-
nach Kleberg begraben sein wollte- in der Kirche des Klosters
Notre Dame de Comfort, an (U r Stelle, wo bereits mehrere
Deutsche begraben lagen, und zwar solle die Beerdigung Nachts
mit einer Laterne, ohne irgendweichen Prunk stattfinden. Auch
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solle nur eine gewöhnliche Messe gelesen werden.') Letztere Be-
stimmung beweist» dafs Kleberg mindestens in seinem Alter sich
wieder zur katholischen Religion rechnete, was er in seinem
Testamente auch ausdrücklich erklärte. Aber über den Glau-
ben seines Sohnes entstanden, wie wir sehen werden, später
ganz ähnliche Zweifel, wie sie Willibald Pirkheüner trüher be-
züglich des Vaters geäussert iiatte.
Wir entnehmen der angeführten Testamentsbestimmung
zunächst nur die Gewifsheit, dafs Paulus Tucher Unrecht hatte,
wenn er die unscheinbare Bestattung Klebergs in einem fUr sein
Andenken nachteiligen Sinne deutete.
Das Testament, dessen Wortlaut wir besitzen, ist am
35. August 1546 am Krankenbette Klebergs durch den Notar
Pierre Dorlin verfafst wurden. Als Zeugen waren zugegen drei
Deutsche, welche Paulus Tucher richtig aufführt: Jakob Jeger,
Christof Ebner und Christoff Freyhamer, ferner 6 Franzosen:
Mathieu Athiaud, Dr. jur. königl. Rath beim Parlament von
Dombe, Blaise Volet, ein dem Kleberg befreundeter Kaufmann
aus Lyon, Nicolas Dorlin, gewifs ein Verwandter des obenge-
nannten Notars, Jean Gras und Jean Barbier, welche beiden letzt-
genannten als xClercsc aus Lyon aufgeführt werden.
Kleberg wird genannt »noble homme Jehan Cleberger,
surnomme >le bon Alleniant , seigneur de Champ prcs Lion,
de Villeneuve, du Chastellard et de Chavanien en Dombes,
bourgeois de Berne et de Lion, valet de chambre ordinaire
du roi nostre sir« demeurant ä Lion«.
Klebert4 erklärt, er sei keinem Mensclicn etwas sehuUlig,
aufser seiner geliebten (iattin. Deshalb solle man auch nieman-
dem etwas i^ahlen, möge sich melden, wer da wolle, aufser
') «Veult et ordo&ne estre poric en &epulture de nuyt, avec une
lanternt et «ans aacune pompe fuueraille, laquelle il prohibe
et d^fend autant qu*il peult. et sans y esire appellee ancune proeet»
>;ir>n ne aultres as<?cnibl^es, exccplco la procession du diel couvent (!e Nostre
Dame de Coniort ; mais seulement veuli et ordonne que le jour ou ie iende-
main de »on trespas soit dicte et c#1ebr^e en la dicte esfli»e et couvent
de Nostre Dame de Confort une messe haulte a diacre et soub-diacre, a la
inaniirre accoustumöe de Toffice de trespassc s, entant par iceUe me^se et
uultreü divins Service» i^u'ils feront pour le leutede de son dme, comme pour
le droit de s^puUure, qa*oii devra payer en sa paroiwe, veult estre pay& et
employ^ jtttqn'i la somme de dsa etctt» d'or au toleU«.
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— 33 —
denen, die einen vom Erblasser ausgestellten Schuldschein vor-
weisen oder die im Hauptbuche Klebergs etwa doch als Gläa-
biger anfgeßlhrt sein soUten.
Seiner Gattin vermachte Kleberg in GemäCsheit des Ehe-
kontrakts vom 19. Februar 1535: 1 1 OOÜ Livres, welche er ihr
selbst geschenkt hatte, damit sie diese Summe ihm als Heirats-
gut in die Ehe bringen solle, und die sie ihm dann sofort zur
nutzbringenden Verwendung wieder geliehen hatte. Aufserdem
erhielt Pelonne alle Juwelen, Gold- und Silbersachen, sowie den
Hausrat und die Besitzung Champ bei Lyon, endlich noch eine
Leibrente von 400 Livres. Diese weiteren Legate erhielt sie
»pour les bons et agr^ables Services et bons traictemens qu'elle
luy a faitz, et afin qu'elle ayt plus grande eure, soUicitude,
atYection et amytie envers David, leur fils«.
Die Armen der »grande aumdne generale« von Lyon wur-
den mit 4000 Livres bedacht.
Seinem Bruder Wolffgang hatte Kleberg schon früher eine
Leibrente von 80 a. bei der Sudt Ulm gekauft. Jetzt erhält
er nur 2150V 39 s., ferner den Siegelring Klebergs und einige
kleine Silbersachen. Will er mehr haben, erklärt Kleberg, so
soll er gar nichts erhalten, und das Geld soll den Armen von
Bern zufallen^;. >I)cnn,« fährt der Erblasser fort »alle meine
Güter habe ich selbst durch die Gnade Gottes erwor-
ben und nichts davon ererbt, vielmehr mich wegen der
väterlichen Erbschaft schon, laut Vertrag vom 15. Juli 1516,
mit meinem Bruder auseinander gesetzt, weshalb mein Bruder
nichts von mir zu fordern hat«.
Der Stiefsohn Etienne de Laforge erhält wegen seines
guten, liebevollen Verhaltens gegen den jungen David Kleberg
*) Wir sahtn bereit*, dafit Wolffgang Kleberg ein unruhiger, streit-
süchtiger Mensch gewesen zusein scheini. Nach seines H-:1ers Tode schrieb
ihm der Berner Rat nach Strafsburg, da er von Hans Kleberg tum >üfs-
ricliter« des Testaments eingesetzt sei, so möge er baldmögllellst Bach Bern
kommen; wegen des »Unfalls*, so ihm früher in Berner Gebiete widerfahren
— auch hier handelte es sich wohl wieder nm einen Streit mit bedenk-
Ucbem Ausgange - solle er sichere« Geleit haben. Wolffgang antwortete,
er könne wichtiger Geschäfte halber nicht kommen, Übrigens befand sich
der Bemer Rat im hrtaroe, wenn er glaubte, Wotfgang sei Testamenls»
Vollstrecker.
3
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- ^ —
2000 ecus, sowie alle Rüstungen und Waffen, endlich auch die
Bttcher Klebergs.
Seinem Diener Georg Berger aus Offenbnrg bei Strafsburg
hinterläfst Klebexg 400 ecus, die aber nicht dem Berger selbst,
sondern seiner Mutter und seinem Kurator ausgezahlt werden
sollen, um von ihnen zum Besten des Berger verwendet zu werden.
Der schon genannte Hlaise \ ulci L-rluilt wegen verschiedener
von ihm geleisteter Dienste 300 e* us. Die Hausmagd Anne
wird mit 50 ecus bedacht, eine andere Magd Namens Anto-
inette, mit einem Heiratsgut von 25 ecus, der Lehrer des Sohnes
Jehan Chafel erhält 20 ^cus, damit er um so eifriger sei, den
jungen David zu unterweisen. So werden noch anderen im
Hause beschäftigten Personen kleine Legate ausgesetzt. Dem
Sohne von Davids Amme wird sogar die stattliche Summe von
200 tfcus zugesichert, wegen der Freundschaft, welche er für
David hatte-, doch sollte der Betrag erst ausgezahlt werden,
wenn der Legatar 21 Jahre alt sein würde.
Johann Rieger (oder Richter), ein in Lyon w(jhnen(ier
deutscher Kautmann, erhält 100 ecus und sein Sohn, suhald er
20 Jahr sein wird, weitere hundert. Die Witwe und die Kinder des
verstorbenen Orgelbauers Gaspard in Lyon sollen 20 öcus er-
halten, Dr. Athiaud und der Notar Dorlin jeder 100 6cm u. s. w.
Endlich werden als letzte Legate je 100 dcus aufgeführt, welche
den mehrgenaqnten deutschen Freunden Jeger, Ebner und Frey-
hamer ausgesetzt werden.
Die Gesamtsumme aller Legate betrug allein an Geld-
kapitahrn in runder Summe 13000 erus. Alles Übrige erhält
als UniversaK'rl)e der einzige Sohn Daxiil. l'as ganze Vermögen
wird also sicher beim Tode Klebcrgs groiser gewesen sein, als
Q7000 €cus, wie Paulus Tücher es nach der allgemeinen An-
nahme schätzte. Hans Kleberg gehörte ohne Frage zu den
reichsten Kaufleuten seiner Zeit; wir werden an anderem Orte
Gelegenheit nehmen ^ die Gröfse und Kaufkraft dieser Kapital-
ansammlungcn näher zu würdigen.
Kleberg traf ferner die Bestimmungen, dafs sein Vermögen
vorzugsweise im Mannesstamme vererbt werden, «ials stets tier
älteste Sohn alleiniger Krl)e sein und die anderen Kiii<ier ab-
finden, endlich, dafs nichts von dem Vermögen vcräulsert wer-
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35 —
den solle, ehe der Erbe 25 Jahr alt sein wQrde. Für den Fall
aber — das war die von Tucher erwähnte Klausel — , dafs
David Kleberg oder ein späterer Nachkomme des Erblassers
kinderlos stUrbe, sollte den fttnf Städten Bern, Zürich,
Augsburg, Ulm und Stralsburg die ganze Erbmasse — jeder
Stallt ein Fünftel — zufallen, aufser den beiden Herrschatten
Cluitcllard und Villeneiive, über welche jeder Nachkomme des
Erblassers nach freiem Ermessen sollte verfügen können.
Wegen dieser Klausel entspann sich alsbald eine lebhafte
Korrespondenz zwischen den zu eventuellen Erben eingesetzten
Städten, wo man vielfach (Urchtete, die Witwe Klebergs möchte
mit dessen Vermögen so verfahren, dafs die substituierten Erben
leer ausgehen wftrden. Wir werden sehen, dafs in der That
etwas Ähnliches geschehen zu sein schehat.
Zu Testamentsvollstreckern bestellte Klel)erg seine Frau,
ferner den aus Ulm gebürtigen Kaufmann Georg Wciknuian m
Lyon, >son grant et ancien amy«, endlich seinen Stiefsolin
Etienne de Laforge. Die beiden Letztgenannten sollten während
ihrer Verwaltung, d. h. bis zum 25. Lebensjahre Davids, jährlich
ein Gehalt beziehen, das für Weikmann auf 100, für Etienne
de Laforge auf 300 Livres festgesetzt wird. Die Testaments-
exekutoren sollen dem Universalerben nach Beendigung der
Administrationszeit gehörig Rechnung legen. Femer haben sie
daftir zu sorgen, dafs David Kleberger bis zum Alter von 14
Jahren >en bonnes lettres latines et l)ünnes meurst unLcrwiesen
wertlen un<l alsdann bis zum Alter von 21 Jahren die Rechte
studieren soll und zwar auf einer von ihnen auszuwählenden
Universität; nur diejenigen Spaniens und Italiens schliefst
der Vater aus.
Die Testamentsexekutoren sollen die vorhandenen Geld-
kapitalien und Ausstände so weit wie irgend möglich in Grund-
besitz anlegen«
Endlich verbietet Kleberg, von seinem Vermögen auf Ge-
richtsbefehl irgend ein Inventar oder eine Beschreibung anzu-
fertigen; denn ein soKlus Inventar sei schon in seinem llaupt-
buche von ihm selbst nioder^escliricben worden; nur die Testa-
mentsexekutoren selbst sollen unter Mitwirkung des Notars
Dorlins ein Inventar aufnehmen; das sollte so gelten, aU wenn
3*
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— 36
es auf Gerichtsbefehl angefertigt worden sei, eine Bestimmung,
die vielleicht bezweckt haben wird, das Veimögen den Griffen
des Fiskus zu entziehen.
Aus jeder Bestimmung des Testaments leuchten Ordnungs-
sinn und weise Voraussicht hervor, und neben grofser Liebe
für die Frau, sowie besonders für den einzigen Sohn, neben
dankbarer Freundschaft für nahestehende \Linner, neben Wohl-
thätigkeit und Fürsorge für die treuen Diener, — doch auch
ein herbes Gerechtigkeitsgefühl, das mafsvoll die Gaben abwog
und zu weitgehende Ansprüche im voraus abwies, auch dies eine
echt deutsche Eigenschaft. Wenn Kleberg ferner fänf deutsche
Städte als eventuelle Gesamterben substituierte, so kann man
hieraus wohl auf einen Rest von HeimatsgefUhl schliefsen. Viel-
leicht aber wollte er damit nur dem nicht mitbedachten Nürnberg
einen letzten Arger anthun. Jedenfalls beweist der Ausschlufs
Nürnbergs, dafs Kleberg bis an die Schwelle des Todes die ihm
von seinen eiiemaligen Mitbürgern zugefügten Kränkungen nicht
vergafs.
VI.
Die Nürnberger haben ihrerseits ebenso hartnäckig an
♦
ihren feindseligen Empfindungen gegen Klebeig festgehalten.
Wir ersehen das besonders deutlich aus einem Briefe, den Paulus
Tucher am 29. November 1546, also fast 2 Monate nach Kle^
bergs Tode seinen Verwandten in Nürnberg schrieb. Darin
heifst es : ^ S o ist der Hans C 1 e b c r g e r nach seinem
absehidt hie auch von stund an vergessen worden
Wie ir meldt, das er wenig gelt und er anderen gesel-
len dem könig gelihen hab gehabt, hat es nit on ur-
sach thun. £r hat sein gelt vil lieber daussen in
steten ligen gehabt, wie wol er auch 3 gros her-
schaft hie rein kaufs (schuldenfrei?) hat gehabt.
Er hat ander dem könig zu leyhen wohl hinein
kinden fürn und sich daraus machen. Hat dennoch
der könig vermaint, das gelt gehör im villeicht
a 1 1 s zu; ist / u besorgen, es m c c h t mit der z e y t
seinem erben h i e r u m b e t w a n vil wider g c n o m e n
werden.«
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— 37 —
Diese letzte Äufsetung eines Zeitgenossen Über Hans Kte-
berg, eine Äufsening, die gewifs die Meinung zahlreicher ande«
rer Nürnberger wiedergab, bedarf zunächst einer sorgfältigen
Zergliedening. Auf die erste Angabe Tuchers, Kleberg sei gleich
nach seinem Tode vergessen worden, müssen wir nachher zurück-
kommen, nie Mitteilung, Kleberg habe selbst dem Könige
nur wenig Geld geliehen, hat sehr viel Wahrscheinüchkeit für
sich. Thatsächlich wird auch aus lyonneser Quelle berichtet,
Klebergs Vermögen habe bei seinem Tode gröfstenteils aus
haaren Geldkapitalien bestanden, welche nach Vorschrift des
Testaments in Grundbesitz angelegt wurden. Die Witwe kaufte
nicht weniger als 14 Herrschaften, von denen eine allein 32000
Livres kostete.^) Wir dürfen hieraus schliefsen, dafs Kleberg
bei seinen Bemühungen, die Nürnberger an den französischen
Anleihen zu beteiligen, allerdings darauf ausging, sie »hineinzu-
führen*, und die Folgezeit hat bewiesen, dafs dies ihm nur zu
gut gelungen ist. Auch die Tucher und die Imhof, welche
Kleberg als izu sehr sorgsam« bezei< hnet hatte, Hefsen sich
später verleiten, an den Anleihen Teil zu nehmen; doch sind na*
mentlich die Tucher durch den Eintritt der furchtbaren Finanz-
krisis nach König Heinrichs des Zweiten Tode bei weitem nicht
derart in ihrem Wohlstande erschüttert worden, als die meisten
anderen grofsen nürnberger Familien.
Wenn endlich Pnulus i'ucher die Vermutung aussprach,
der König werde das hinterlassene Vermögen Klebergs antasten,
so ist dies in der That vielleicht geschehen; das Vermögen ist
jedenfalls irgendwie bald wieder zerronnen. Zunächst entstanden
allerlei Streitigkeiten zwischen der Witwe, ihrem Sohne erster
Ehe und dem Bruder Klebergs. Dann wurde Lyon Schauplatz
religiöser Wirren. Die reformierte Partei bemächtigte sich der
Stadt im Jahre 1562, worauf zahlreiche Katholiken und die
meisten Fremden ilüchtetcn. Manche derselben begaben sich
merkwürdigerweise nach (rcnf, obwohl dies doch ein Haupt-
mittelpunkt der neuen Lehre war. Unter ihnen befand sich auch
der damals 24jährige David Kleberg, der in denf von sei-
nem Vater Grundbesitz ererbt hatte. Er wurde aber trotz aller
I) Pr^cis historique S. 7.
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— 38 —
frttheren Freundschaft zwischen der Stadt und seinem Vater bald
von den kirchlichen Autoritäten emsthaft aufs Korn genommen.
Das genfer Konsistorium beschlofs, in anbetracht des Um-
stands, dafs unter den Zugewanderten sich viele Deutsche be-
fänden, »welche nicht von unserer Religion zu sein scheinen,
und von denen zu fürchten ist, dafs sie weder Papisten
noch Evangelische sind, soii<lcrn eher Atheisten,
besonders Kleberg und ein Verwandter desselben, die
weder Glauben noch Gesetz und überhaupt keine
Religion zu haben scheinen« — , so solle man sie wegen
ihres Glaubens befragen und nach Befinden gegen sie vorgehen»
besonders gegen diejenigen» welche von der Kirche zu Lyon
ausgestofsen seien.*)
Am 2t. November 1562 wurde 9 noble David de Clebergue,
natif de Lyonc vor das Konsistorium gefordert. Er sollte näm-
lich in Gemeinschaft mit keinem Geringeren als Calvin bei einem
Zwillingspaare, das dem Barun des Adrets geboren wurden war,
zu Gevatter stehen. Das Konsistorium erklärte ihm, das ginge
nur dann, wenn er zuvor ^die christliche Religionc bekennen
wolle. Darauf erklärte er feierlich, dafs er fortan der »Idolatrie c
nicht mehr anhängen, sondern die wahre Lehre des Evangeliums,
wie sie in Genf gelehrt werde, befolgen, darin leben und ster*
ben, auch sich näher in ihr unterrichten lassen und am heiligen
Sakrament der Kirche teil nehmen wolle. Davids Stiefbruder
Etienne de Lalurge wer ebenfalls in Genf; inan verlangte aber
von ihm kein (ilaubeasbekenntnis, in der Erwartung, dafs er
bald in seine Heimat zurückkehren werde. Bald daraut bemühte
sich Calvin aufs neue, den David Kleberg, der noch immer
nicht vom Verdacht der Ungläubigkeit gereinigt war, aus der
Stadt zu entfernen; doch gelang es ihm, die Erlaubnis zur vor-
läufigen Verlängerung seines Aufenthalts zu erlangen.
Um dieselbe Zeit nun geriet David Kleberg in pein-
lichste Geldverlegenheit, und zwar mufs dieser Verfall des grofsen
Vermögens ein ungemein rascher gewesen \ denn schon 1 563
mufste David eins seiner genfer Grundstücke einem i.iaubiger
verkaufen, der ihm u. a. sogar die Mittel zum Lebensunterhalte
\) M^moires de la Soci^t^ d'histoire de üen^ve IX. 441.
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— 39 —
vorgestreckt hatte. Am 26. August 1563 machte Etieone de
Laforge ein Testament» worin er David Kleberg zu seinem Uni-
versalerben einsetzte und seinen swei (natürlichen) Kindern nur
Legate vermachte. Trotzdem war Kleberg schon 1 565 genötigt,
der Siibhastierung eines weiteren seines genfer Besitztums zuzu-
sehen, damit ein (rläubiger befriedigt werden konnte. Vergeb-
lich bat er um Aufschub unter Berufung auf die W'ohlthaten,
welche die Genfer von seinem Vater erhahen hatten.
Von dem weiteren Verlaufe wird wenig berichtet. Wir
hören nur, dafs David Kleberg sich verheiratete» dafs er auch
2 Söhne und 1 Töchter hatte, dafs aber die Familie trotsdem
bald ausstarb, und dafs die Reste des Vermögens ein Jahrhun-
dert später der »Aumöne g^n^ralec von Lyon zufielen. Ist das
richtig, 5o wären die fünf Städte, welche Kleberg als Erben sub-
stituiert hatte, um ihr Recht betrogen worden. Indefs können
wir hierauf nicht eingeh(Mi, da wir ja nur das Lehen Hans Kle-
bergs schildern und seinen Charakter aufhellen wollten. Dieser
letzteren Aufgabe müssen wir jetzt noch eine Betrachtung wid-
men, ehe wir uns schliefslich der lyonneser Tradition zuwenden,
welche den »guten Deutschen« mit dem wunderbaren Standbilde
»der Felsenmann« in Verbindung gebracht liat.
VIL
Klebergs Charakter? Dafs wir es hier nicht mit einer
einlachen, sondern mit einer ungewohnürh verwickelten Natur
zu thun haben, leuchtet ohne weiteres ein. In Klebergs Ver-
lialten ist so viel Rätselhaftes, so manches, was inbesondere den
Xurnbergern des 16. Jahrhunderts unerklärlich sein mufste, dafs
Pirkheimers Vermutung, Kleberg sei gar nicht bei rechter Ver-
nunft, und die anderweitige Mitteilung, er habe »einen wunder-
lichen, tollen Sinne gehabt, auch uns begreiflich erscheinen.
Klebergs Gehirn war ohne Zweifel sehr gesund; aber Kopf und
Herz müssen bei ihm eine weit feinere, empfindlichere Struktur
gehabt haben, wie bei seinen Landsleuten, bei denen es zwar
ungewuimlich viele si;irke, ja eiserne Charaktere gab, auch
sehr begabte und gelehrte .Männer, die indefs meist den ge-
meinsamen Zug einer grofsen Schlichtheit und Durchsichtigkeit
aufweisen. Von den Deutschen, welche auf der Bühne der
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^ 40 —
Geschichte damals eine RoUe spielten, macht hiervon wohl nur
Moritz von Sachsen eine Ausnahme, dessen Charakter mehr den
Ywälschen« Typus trägt: Klebergs Natur zeigt eine Mischung
välscher und deutscher Eigenschaften, wie sie im 16. Jahrhun«
dert schwerlich oft vorkam und deshalb unser lebhaftes Interesse
erregt.
Vor allem: Wie ist die Liebe, welclie man in Lyon dem
5^ guten i>eutschen <: entgegenbrachte, wie die herzliche Hoeh-
achtung, deren er sich auch in Genf und Bern erfreute, wie
sind diese Empfindungen /u vereinigen mit der Feindseligkeit,
welche er sein Leben lang in dem heimatlichen Nürnberg zu
ertragen hatte, mit dem unaufhörlichen Mifstrauen seiner Lands-
leute, mit den furchtbaren Anklagen, die der eigene Schwieger-
vater, ein als Gelehrter und Staatsmann weitberühmter Ange-
höriger einer alten, hochangesehenen Familie, gegen Äm schleu-
derte? Vergegenwärtigen wir uns zunächst klebergs ursprüng-
liche Lige.
Kr war von ^geringer, schlechter Herkunft.^
Pirkheimer sagt es, und dafs hierin ein wichtiger Schlüssel für
die Feindschaft zwischen Kleberg und den nürnberger Geschlech-
tem liegt, geht hervor aus des ersteren Äufserung gegenüber
der nürnberger Deputation des Jahres 1S45, iman sollte fast
glauben, die Nürnberger sähen ihn für einen Nadler oder Roth-
schmidt anc. Auf die Möglichkeit, dafs an Klebergs Herkunft
ein wirklicher Makel klebte, wurde bereits hingedeutet. Jeden-
falls mufste schon die Thatsache, dafs er von den Mitgliedern
der grofsen Familien, mit denen er im Handel und Wandel
täglich verkehrte, selbst als er grolse Reichtümer erworben hatte,
noch lange Zeit über die Achsel angesehen «rurde, seine Em-
pfindlichkeit und seinen Stolz fortwährend verletzen. Kleberg
war sehr stolz, vielleicht auf sein Geld, wie der übelwollende
Pirkheimer meinte (»ihm sollt* seines Gelds halber nichts ver-
sagt werden c), aber sicher auch auf die grofsen Gaben, mit
deren Hülfe er selbst nicht nur so reich, sondern auch so an-
gesehen in fremden Landen geworden war. Die Kmpündlii hkeit
gegenul)er den ihm verächtlich t)ehandcln(ien Anton Tücher, die
Alt, wie er den Nürnbergern bei den verscliiedensten Anlässen
das Gewicht seines Einflusses und seiner sozialen Stellung in
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— 41 —
Frankreich zu kosten gibt, wie er sie durch geschickte Rede
veranlafst» ihn in der Zollangelegenheit uro Httlfe zu bitten
und wie er sie dann doch heftig abweist, wie er wiederholt
über die Undankbarkeit der Deutschen sich beschwert, — alles
das beweist, dafs gekränkter Stul/,, man koiuiU- fast sagen: ge-
kränkte Eitelkeit mächtige Triel)fedem seines Verhaltens Ljegcn-
uber den Nürnbergern waren. Auch das Prunken mit dem
Wappen» noch ehe er in Frankreich geadelt war, darf hier er-
wähnt werden.
Die nürnberger Geschlechter verziehen es nicht, dafs ihnen
der verachtete Plebejer über den Kopf wuchs; dies war ohne
Frage ein Hauptgrund jener Feindschaft. Umsomehr Wert legte
Kleberg darauf, als Gleichberechtigter in ihren Kreis einzu-
dringen. Ich glaul)e mich nicht zu irren, wenn dieses Motiv
auch hei der luirtnäckigen Werbung um Felicitas Firkheimer
eine groi'se Rolle spielte, womit irb indes keineswegs sagen
will, dafs es das einzige Motiv war. Sicherlich liebte er Feli-
citaSf was von Unparteiischen bezeugt wird ; sicherlich hoffte
er, der mehr als 40jährige, in der erprobten Frau eine gute,
sorgsame Gattin zu gewinnen, heiratete er doch zum zweiten
Male ebenfalls eine Witwe, und sagt doch Firkheimer selbst,
Kleberg habe Felicitas lieb gewonnen, als er sie ihren ersten
Mann so treu pflegen sah. Aber dies alles schliefst nirht aus,
dals der Wunsch, eine Patriziertochter /,u freien, vielleicht
das Hauptmotiv der Heirat war.
Klebergs Liebe zu Felicitas hat dann augenscheinlich
einen harten Stöfs erlitten, als sie sich weigerte, ihm nach Frank-
reich zu folgen. Freilich hatte er vor der Hochzeit versprochen,
dies gar nicht zu verlangen. Aber damals mochte er sich in
seinem leidenschaftlichen Bestreben, die lange vergeblich nach-
gesuchte Verbindung endlich durchzusetzen, wohl einbilden, er
werde seine Frau später schon überreden, ihm in seine zweite
Heimat zu folgen, wohin ihn die Gefährdung seiner wichtigsten
Vermögensinteressen gebieterisch rief. In dieser Hoflnung
täuschte er sich; denn Felicitas war anscheinend eine kalte, be-
rechnende Natur und dabei stark im passiven Widerstände. Sie
hatte Kleberg nicht aus Liebe geheiratet, sondern wegen der
glänzenden Zukunft, welche er ihr versprach. Vielleicht hat sie
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ihm gegenüber gar die Patriziertocbter herausgekehrt. Bald
wurde sie zudem schwer leidend» wobei es ja nicht ganz aus-
geschlossen ist, dafs der Zwist mit dem ungeliebten Gatten ihr
Leiden hervorgerufen hat. Sicherlich aber war auch andrerseits
ihre Krankheit nicht uecignet, den rastlosen, thätigen Mann,
der an das reiche gioisartigc l-el)cii in Lyon und am franzosi-
seilen Hofe, an viele Reisen unfl kühne kaufmannische Ope-
rationen gewöhnt war, in den kleineren, festgefügten, vielleicht
sogar etwas spiefsbürgerlichen Verhältnissen der deutschen Reichs-
stadt festzuhalten. Auch peinigte man ihn gewifs unaufhörlich
mit Geldforderungen. Denn Pirkheimers heifses Bemühen, selbst
nach dem Tode seiner Tochter noch möglichst viel aus dem
reichen Eidam herauszupressen, läfst mit Sicherheit vermuten,
dafs er solche« früher noch mehr gethan hatte, was mit Klc-
liergs Angaben übereinstimmt. rberiuiupL erscheint der grofsc
CJelehrtc auch in dieser ganzen Angelegenheit als ein recht
kleiner, auf (icldgew inn sehr erpichter Mensch. Da er mit
seinen Forderungen nicht durchdrang, ging er aus Wut gegen
Kleberg mit vagen, ungeheuerlichen Anklagen vor, die auf ihn
schliefslich zurückfallen mufsten. Kleberg aber hat den Irrtum,
den er beging, als er Felicitas heiratete, schwer zu büfsen ge-
habt: Sein guter Name wurde Jahrzehnte lang in der Hehnat
beschmutzt, von der er sich nun vollständig lossagen mufste.
Aufser der ganz haltlosen Anklage, die Felicitas vergiftet
AU haben, aul'ser dem Vorwurfe, gegen sie wortbrüchig gewur-
den zu sein, worüber i( h mich soeben ausgesprochen habe,
lirachte Pirkheimcr nun noch zwei greifbare Anklagen \or: Er
beschuldigte Kleberg, sein Vermögen mit Wucher gewonnen
zu haben und ein Mensch ohne Glauben und Gottesfurcht
zu sein.
Zweifellos hat Kleberg Wucher im kanonischen Sinne ge-
trieben und hierdurch sein Vermögen erworben. Noch immer
haftete ja an dem, der Geld auf Zinsen auslieh, ohne dies mit
den alten Mittelclien des Rentenkaufs, des trockenen Wechsels,
der Darlciuis/.ahlung in Waren u. s. w. zu verschleiern, ein ge-
wilscr Makel. l nd wenngleich der ganze deutsche Bürger-
staiid si hon seit Jahrhunderten tield auf Zinsen auslieh, so galt
doch das blofse »Finanzen« als Lebensberuf, besonders wenn
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dabei hohe Zinsen genommen wurden, noch als anrüchig,
weniger in dem vorgeschrittenen Augsburg» wo die ersten Fa>
miiien seit Anfang des Jahrhunderts schon mehr und mehr den
Warenhandel aufgegeben hatten, als in dem immer noch viel
solideren Nürnberg. In Lyun dagcj;en war das Geldvcrleihen
schon ein ständiger Erwerbszweig, wobei die dort in grf)lscr
Zahl ansäfsigen Florentiner als Vorbilder und Lehrmeister
dienten, sie, welche schon seit dem 13. Jahrhundert in ganz
Europa grofsartige Wuchergeschäfte betrieben hatten. In den
auf unsere Periode folgenden Jahrzehnten sind aus den Nach»
kommen dieser florenttner > Wucherer c zwei französische Köni-
ginnen und so manche Ahnherren vornehmster französischer
Adelsfamilien hervorgegangen, während ihre Landsleute immer
noch die Finanzen Frankreichs beherrschten. Kleberg aber
war meines Wissens der erste Nürnberger und neben Jakob
Fuguer der erste Deutsche, welcher ein grosser Finan;skünstler
moderner Art gewesen ist.
Wenn Pirkheimer nun endlich Kleberg beschuldigte, dafs
er ohne alle Gottesfurcht gelebt, nichts von Jesus Christus
und der Mutter Maria gehalten habe, Überhaupt mehr ein
Jude als ein Christ gewesen sei, so sehen wir in den letzten
Worten wohl schon die gleich darauffolgende Wucheranklage
durchschhnmem. Was aber die Beschuldigung der Glaubens^
losigkcit anlangt, so war man damit zw jener Zeit rasch bei der
Hand, wenn man persönlirhen Feinden etwas anhängen wollte.
Indefs ist es ja wahrscheinUch, dafs Kleberg, wie er überhaupt ein
merkwürdig modemer Mensch war, auch schon farblos in leli-
giöser Hinsicht gewesen sein kann. Äufserlich blieb er jeden-
falls Katholik und ist als solcher gestorben. Kbenso bekannte
sein Sohn, gegen den sich dieselbe Anklage der Glaubenslosig-
keit richtete, auf Befragen der kirchlichen Autoritäten, dafs er
den Glauben — nur war es jetzt nicht der katholische, sondern
derjenige Calvins — für den allein seligraachenden halte, was
freilich si-ine Inquirentcn noch nicht betriedigt /u haben scheint.
Aus alledem scheint hervorzugehen, dnfs Kleberg kein gläu-
biger Christ im strengen Sinne der (ianiaiigen Zeit gewesen
ist; dagegen ist er. wenigstens in der letzten Periode seines
Lebens, nach seinen Worten und Handlungen zu urteilen, ein
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edler Mensch gewesen. Wir haben hinreichend Beweise seiner
ethischen Lebensauffassung geliefert, so dafs wir hier einer
weiteren Ausführung überhoben zu sein glauben.
Kleberg war ein edler Mensch, aber doch immer nur ein
Mensch. Deshalb hat er die von ihm selbst wiederholt mit Wort und
That anerkannte Sittenlehre, seinen Feinden zu verzeihen, den
eigenen Landsleuten gegenüber, die ihn tödlich beleidigt hatten,
nicht zu befolgen vermocht: er hat die Beleidigungen der Nürn-
berger bis an sein Lebensende nicht vergessen. Dagegen hat
er sich in Lyon nicht nur als musterhafter Gatte und Vat r als
treuer Freund setner Freunde, sondern auch als Helfer der
.Armen, als ein Menschenfreund im grofsartigsten Mafsstabe
erwiesen. Sein Beiname »der gute Deutschet ist wohlverdient.
Freilich kann, wir wiederholen es, ein Teil der edlen
Handlungen, die von ihm berichtet werden, aus blofser Lebens-
klugheit hervorgegangen sein. Denn Kleberg besafs ein fiii
einen Deut^« Ikmi seiner Zeit höchst ungewöhnliches Mafs feinster
Weltgewandtheit und gesciiicktester Di])loniatie, Hie sich selbst
f^SLnz augenscheinlich bis zur Neigung für die Intrigue steigerte,
wie das namentlich bei der Werbung um Felicitas und bei dem
Verhalten Klebergs gegenttber seinen Landsleuten deutlich zu
Tage tritt. Wenn er diese, wie sehr wahrscheinlich ist, auf*
hinterlistige Art in die Anleihen der französischen Krone zu
verstricken, sich selbst aber zu salvieren suchte, so wollen wir
ein solches Verfahren gewifs nicht entschuldigen. Und noch
andere Kontraste barg seine eigentümliche Natur.
Gegenüber seinen Landsleuten erwies sich Kleherp ^^Is
stolz bis zur Eitelkeit. Dagegen lehnte er in Lyon und Genf
die ihm angetragenen Ehrenbezeugungen ab Freilich hatte er
dafür gewifs triftige Grunde, vielleicht auch solche egoistischer
Art. Wäre er aber so unüberwindlich eitel gewesen, wie er
manchmal im Verkehre mit den Nttrnbergem erschien, dann
hätte er gewifs auch in Lyon und Genf sich in seinen letzten
Lebensjahren nicht so bescheiden zurückzuziehen vermocht. Mög-
licherweise hat sich indes jene Härte seiner Natur mit anderen
unedlen Kigenschattcn im .\ltcr ahgeschlitTen. Was ihm da-
gegen blieb, ist ein schon früher erwähntes lierlies Gerechtig-
keitsgefühl wegen Mein und Dein, das schon in dem Ver-
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hältnisse zur Felicitas hervortrat, indes niemals in Knauserei
ausartete. Auch von Verachtung der Menschen hat sich Kle«
berg freizuhalten gewufst, trotzdem er diese oft genug von
ihrer schlechtesten Seite kennen gelernt haben wird.
Was endlich Klebergs Mangel an N a t i o n :i Ige fühl be-
trifft, so ist es charakteristisch für die in Nürnberg — und
nicht nur hier, sondern in ganz Deutschland — hinsichtlich
dieses Moments herrschende Auffassung, dafs der Todfeind
Klebergs nicht daran dachte, ihm seine lebhafte Parteinahme
für Frankreich zum Vorwurf anzurechnen. Was ihm dann in
Nürnberg widerfuhr, hat ihm die Heimat vollends entfremdet,
so dafs er den Nürnbergern ein Jahr vor seinem Tode erklärte,
er wolle ein Franzose sein. Und dennoch hat er fünf
deutsche Städte in seinem Testamente zu eventuellen Universal-
erben eingesetzt, und in Lyon hiefs er »der gute Deutsche.:
So ist denn fast in allen Punkten an diesem merkwürdi-
gen Menschen eine Do|>pelnatur zu bemerken, wobei es
charakteristisch ist, dafs seine guten Eigenschaften sämtlich
dem Auslande sich zukehren, das ihm zweite Heimat geworden
war, während von dem Geburtslande aus betrachtet, der Janus-
köpf Klebergs fast nur feindselige, verzerrte Züge aufweist.
Gewifs eine Erscheinung, welche die höchste Aufmerksamkeit
verdient, weil sie einen Typus darstellt, dem seitdem unzählige
Sühne der deutschen Erde angehört haben.
VIII.
Paulus Tucher berichtete aus Lyon sowohl gleich nach
dem lüde Klebergs, wie zwei Monate später, man habe seiner
sogleich vergessen. Tuchers Zeugnis ist zwar bei seinem
Übelwollen gegenüber Kleberg nur mit grofser Vorsicht zu
gebrauchen, indes andererseits, wie wir gesehen haben,, auch
keineswegs ganz unglaubwürdig. Freilich wissen wir nicht, ob
seine Mitteilung, man habe Kleberg sogleich vergessen, sich
nur auf die Deutschen oder auch auf die Fran/.osen l)c/ieht^
doch ist Letzteres das Wahrst heinli( here. Wie ist es nun aber
damit zu vereinigen, dafs eine 1 radition vom iguten Deutschen in
Lyon bis auf den heutigen Tag fortlebt, dafs man ihm dort
bald nach seinem Tode eine hölzerne Statue errichtet haben
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— 46 —
soll, dafs diese Statue, die schon im vorigen Jahrhundert
ausdrücklich und zwar im Anschlüsse an die volkstümliche Tra-
dition als diejenige Klebergs bezeichnet wurde, vor 50 Jahren
durch eine solche aus Stein ersetzt, und dabei Kleberg in Wort
und SchniL als ein Wohlthäter Lyons gefeiert worden ist:
Neuerciings hat freilich ein lyonneser Schriftsteller, der Raron
Raverat, stark bezweifelt, dafs jene Holzstatue dem Kieberg
errichtet worden sei ; doch seine Beweisführung ist nur ein
Versuch, der die Frage in keiner Weise entscheidet. Leider
bin ich ebenfalls nicht im Stande, jenen Widerspruch zu lösen;
doch wollen wir sehen, ob wir der Lösung nicht wenigstens
etwas näher kommen können.
Zunächst läfst sich feststellen, dafs Klebergs Verdienst
um die Begründung der »Aumöne generale c nicht in Vergessen-
heit geriet. Im Jahre 153Q, also noch bei Lebzeiten Klebergs
Avurdc eine Schrift gedruckt, welche sich mit jener grofsen An-
stalt unter dem Titel; »Police de 1 aumosne generale« beschäftigte.
Darin wird Kleberg zwar ohne Nennung seines Namens, aber
so deutlich, dafs er nicht zu verkennen ist, als erster Geber
aufgeführt. Mit ganz ähnlichen Worten, wenngleich wieder ohne
Namennennung, bezeichnet ihn der Historiker Paradin in seinem
grofsen 1573 erschienenen Geschichtswerke als Hauptgrttnder
der 9 Aumöne gdndrale«. Paradin wohnte in Lyon schon bei
Leijzeiten Klebergs, den er vermutlich kannte. Auch scheint
er jener Publikation über die »Aumöne generale < nahegestan-
den zu haben. Dagegen trifft dies nicht zu auf den wesentlich
späteren lyonneser Historiker Rubys, der von dem »guten
Deutschen c in ähnlichen Ausdrücken wie Paradin spricht, ihn
aber, obwohl mit dem falschen Vornamen D^nis, ausdrück-
lich nennt und Bern als seinen Geburtsort bezeichnet'). Rubys
schöpfte also augenscheinlich nicht mehr wie Paradin aus erster
M Paradin, Memoire de Phistotre de Lyon. 1573, p. 287 nod
da/u die table s v. »he bon allemand«. Vgl. damit die Stelle aus der
»l'olice de l'auinosne i^cncr.ile« von 1539 in dem Prccis bistori<|ue sur J. Cle-
berger p. 8. Der Zweifel Kaveral's, (1. c. p. 6), ob I'aradin auch wirk-
lich Kleberg meint, wird sehoa darcb die Beieicknung >Le boa allemandc
in der »table« Paraditis widerlegt. Vgl. femer Rabys, Histoire de Lyon.
1604.
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— 47 —
Hand, konnte aber ohne Frage noch gute niUndliche Über-
lieferungen benutzen; auch reicht seine Utterariscbe Thdtig-
keit bis in die Zeit Paradins zurück. Dafs man damals Kle-
' bergs Wohlthaten noch nicht vergessen hatte, ist jedenfalls
gewifs.
Seit Rubys wird freilich Kleberg weder mit seinem wirk-
lichen noch mit seinem Beinamen in der Littcratur weiter ge-
nannt, bis im Jahre 1757 der Abbe Jacques Pernetti ihm in
seinem Buche »Lyonnais dignes de memoire c einen Platz ein-
räumt. £r bezeichnet als seine Quelle ausdrücklich die Tra-
dition, weshalb Klebergs Gestalt denn auch von Sagen um-
sponnen, der Bericht von seinem Leben mit Irrtümern durch-
setzt, die Erinnerung an seine Wohlthaten undeutlich und ver-
schwommen erscheint. Wenn wir indes bedenken, dafs seit
Klebergs Tode über 200 Jahre verflossen waren, als Pernetti
die Tradition aufzeichnete, darf man sich darüber wundern,
dafs in diesem Berichte immerhin noch so viel Wahrheit ent-
halten ist. Pernetti sagt:
»Jean Fleberg, der Stadtrat im Jahre 1546 wurde und
die Schlösser Villeneuve und Amblerien erwarb, als sie dem
Connetable Bourbon konfisziert worden waren, ist noch würdiger
erwähnt zu werden unter dem Beinamen »gute Deutsche«,
welchen er und seine Frau trugen. Sie waren von Geburt
Schweizer und thaten soviel Gutes in dieser Stadt, wo sie
wohnten, dafs sie jenen Beinamen erhielten..; Nun aber fährt
Pernetti fort: -l>ie Tradition behauptet, dafs die Figur,
wclclie in dem Stadtteile IJourgncuf steht und unter
dem Namen ^der Felsenmannc bekannt ist, vom Volke
als Zeichen seiner Dankbarkeit dem guten Deutschen
errichtet sei, der alle Jahre eine bedeutende Geldsumme ver-
wendete, um arme Mädchen auszusteuern. Der Geldbeutel, den
der Felsenmann in der Hand hat, deutet in der That seine
Freigebigkeit an. Wenn die Figur in Stücke zu fallen
droht, läfst die Bevölkerung des Quartiers eine neue
anfertigen, die sie an demselben Plat/.e errichtet,
nachdem sie dureh die gan/.e Stadt sfefiihrt worden
ist. Aümählich iiat sie den Nameu des Felsen angenommen,
auf dem sie steht«.
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— 48 —
Man hat in Lyon neuerdings viel darüber gestritten, ob
dieser Bericht Pernetti's Glauben verdient oder nicht. Wir
wollen hier zunächst alles Thatsächliche anführen» was darauf
Bezug hat:
Im Jahre 1594 erschien in Lyon ein satyrisches Buch von
Benoit Dutroncy, betitelt »Formulaire rdcrdatif deBredin leCociu.
In diesem Buche wird die Statue y*der Felsenmaiin ziemlich
deutlich erwähiU, oline dafs indefs eine sichere Anspiehing auf
Kleberg vorkommt, und ohne dais aus dem stark an Rabelais
erinnernden Wortschwalle ersichtlich ist, wen die Statue eigent»
lieh vorstellte, die unter dem Namen »Fier-ä-Bras le Furieux,
seigneur de la Roche-sous-Tunes« handelnd eingefllhrt wird.
Immerhin ist dies die erste nachweisbare Erwähnung des »Felsep-
mannesc» der auch auf keiner der früheren Stadtpläne Lyons
sich angegeben findet. Erst als Menestrier in seine 1696
gedruckte »Histoire consulaire de Lyon« einen alten Stadtplan
vom Jalire 1550 aufnalmi, wurde die Statue in denselben nach-
trat^lich einge/.eichnet. Hieraus geht also nur hervor, dals sie
höchst wahrscheinhch schon 1594 und sicherlich 1696 vorhan-
den war. Im Jahre 1716 wurde sie erneuert, und jetzt hören
wir, dafs sie von Holz war und einen abstofsenden Eindruck
machte. Dann folgt der schon angeführte Bericht Fernettis vom
Jahre 1737, tmd seitdem sind wir Uber die weiteren Schicksale
der Statue ziemlich gut unterrichtet.
Im Jahre 1820 wurde die Erneuerung des Standbildes für
unautschieblicli erachtet, und zwar nahm sich /unai'hst die Innung
der Lastträger dieser Auftjabe an, indem sie unter ihren
Mitgliedern kleine Beträge sammelte. Die Verwaltung der lyon-
neser Hospitäler setzte zum gleichen Zwecke eine Geldsumme
aus, und ein Mitglied des Verwaltungsrats veröffentlichte sogar
eine kleine Schrift, worin der Wunsch geflufsert wurde, die Holz*
Statue durch eine solche von Bronze oder Marmor ersetzt zu
sehen. Doch blieb es noch bei einem ganz roh aus Holz ge-
schnitzten und ebenso roh mit grellen Farben bemalten Stand'
bilde, das zuerst von den Lastträgem durch die ganze Stadt
gezügi-n und dann aul ihrem aiten Felsenplatze am Ufer der
Sanne auf!;eslellt wurde. Dreifsig Jahre S])äter konnte man noch
die überbleibsei dieser leti^ten HuUstatuc bewundern. Ais man
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— 49 ~
im Jahre 1820 auch das alte l'iedestal ausbessern wollte, fand
man darin eine kleine Bronzeinedaille mit dem Brustbiide eines
Mannes in der Tracht des 16. Jahrhunderts. Die (Gesichtszüge
weisen unverkennbare Ähnlichkeit mit denjenigen des Königs
Franz I. auf.
Endlich bildete sich um das Jahr 1842 in Lyon itnter den
Auspicien der Stadtverwaltung ein Comitee, um Hans Kleberg
ein Steinmonument tü errichten. Man eröffnete eine Subskrip-
tion und sandte einen l'rcund der Sache, den Tribunalrat Elisee
Piegav, nach Nürnberg, um sicli ein authentisches Bildnis Kle-
bergs zu versrhatTen, Pieiray fand in Nürnl)erg nur die oben
beschriebenen zwei kleinen Medaillen, und erst als er zufällig
in Wien die k. k. Gem<äldegallerie besuchte, entdeckte er dort
zu seiner Freude das Dürersche Bildnis Klebergs. Danach
wurde dann die Statue möglichst getreu durch den Bildhauer
Bonnaire hergestellt und am 16. September 1849 feierlich unter
Beteiligung der Stadtverwaltung enthüllt.
Gleich der alten Holzstatue trägt die neue Figur in der
rechten Hand eine (ieldbörse Aber jene war wie ein altrÖmi-
scher Ritter kustuinicrt, während die jetzige Steinstatue die Tracht
der Zeit Klebergs aufweist. Sie führt noch jetzt im Volksmundc
den Namen »l'homme de la röche* und ist ein W ahrzeichen
der Stadt Lyon. So volkstümlich ist die Statue noch jetzt, dafs
z. B. in Paris in der Nähe des Palais Royal ein Patissier als
Schild und Zeichen seines Geschäfts die vergoldete, lebensgrofse
Statue eines römischen Ritters» der in der einen Hand eine
Lanze* in der anderen einen Geldbeutel trägt» hat anbringen
lassen mit der Umschrift »A Thomme de la röche de Lyon.«')
Aus alledem ucht soviel jedenfalls hervor, dals man Kle-
berps \\ uhithaten in Lyon nicht gleich nach seinem Tode ver-
gessen iiat, dafs vielmehr »der gute 1 »eiitsc he im Gedac htnisse
der Bevölkerung fortlebte, dafs ferner in der Mitte des 18. Jahr-
hunderts die Tradition vorhanden war, die unter dem Namen
>rhomme de la röche« bekannte Holzstatue, die erst gegen
Ende des 16. Jahrhunderts erwähnt wird, solle den »guten
Deutschen« vorstellen, dafs diese Tradition seit der Aufzeich-
'"1 Dieses intcrc^^^antc l adenscbild sab Ernst Pasque, als er iro Au»-
älellungsijabre 1889 Paris besuchte.
4
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— 50
nung Pcrnetti's auch in der l.itor.Uiir ul»er\\ ioi;en<l (ihiuhcn fand
urui von den Bcliörrfen cl)cnUiUs als wahrhe!t>m'iii.il> i nucin »m-
nicii wurde. Bisher ist thatsüchlit h kein irgendwie UurchscliUgen-
der Beweis für das Gegenteil geh'efert worden.
Wenn Pernetti berichtet, die Statue sei vom Volke als
Zeichen seiner Dankbarkeit dem guten Deutschen errichtet wer*
den» so wird diese Angabe ebenso wie dasjenige, was Pernetti
über die jedesmalige Erneuerung der Statue sagt, durch die
Vorgänge des Jahres 1820 vollständig bestätigt; auch zwanzig
Jahre später ning der Plan zur Ki iicuci ung der Statue wiederum
aus der Mitu- der ärmeren Br\ olkri iing hervor. Die luinisi hc
K-riegstracht der alten Statue entbj»richl U iiier durchaus den
Neigungen der Renaissance, und der Fund der Medaille im
Sockel des alten Standbildes beweist ebenfalls, dafs letzteres
unter der Regierung Franz I. oder etwas später entstanden
sein mufs. Unter solchen Umständen haben wir, trotz allem
romanhaften Beiwerke, das sich im Laufe der Zeit an jene
Tradition ansetzte, nicht das Recht, sie als unglaubwürdig zu
erklären. Vielmehr werden wir, bis sie bündiger als bisher
widerlegt wird, daran festhalten müssen, dal.s ilas Standbild
•der l'elsenmann in der Thal den) >uuteii Deutschen , von
der dankbaren lievulketung Lvons geset/.t worden ist, und zwar
wie es scheint von tler minder bemittelten Bevölkerung; denn
unter den reichen Kanfleuten Dyons scheint Kleberg, wenn wir
Paulus Tücher (ilauben schenken dürfen, in der That gleich
nach seinem Tode vergessen worden zu sein.
Biähengti Literatur über üans Kleberg.
1) Les Lyonnais dignes de memoire. 1757. II. 262.
2) »Henri Flcberguc ou rhomme de la röche.« Melodramc historique
fn trois actcs. L>(mi i.Sio.
3, 1. honimc de la ro< lic^ in den: C onlcs du solitaire des Alpes, par
Isidc^rc ilc Ro( Iinnont. Marseille 1^32.
4 Biof^rapliic iini\t'isi>llf. Sup|»l. [..W ill. 1841/1
5) De I..iic\ ssonnii re, Rccherchcb hibluri4aes sur k dcj)Hitcmcnt de
\ Ain. \". 201.
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— 31 -
6; I'recis histnnf|m' sui [{ an CIchcrLier, surnomme Ic. bon Allcmand et
vul>;aireniciu afipelc I luurmic de la röche, j)iiblie par la commis
sion du inonunient t|ui doit lui ctre erigc. Lyon 1S41.
7; Wiener Zeitung, vom 13. Oktober 1842.
8> Nouveaux documents sur Jean Kleberger. Lyon 1843.
<), (Strickers) Germania II. 179 (1848}. IIL 253 (1849).
to) Counier de Lyon, 16. et 19. September 1849, Journals des Debats,
20. September 1849.
lt> Archives historiques et statistiques du d^artement du Rhone. \'. 298.
12; Galifle, Materiaux pour riiistoire de (ienevc. IL Introd. XXI L ff.
13) Heyer in den: Memoires de la Societ^ d'histoire de G^n^ve IX
(1835) 421 ff.
14' .'Xn/rij^-^pr für Knnfle (■leti(s( lu-r \'i)i2eit. 1860. S. 433 ff.
15'' I'. Stumpf, I )enk\viii (l!.i;c l'.ayi rii. 1865. S. 95.
16 Le KartMi Kaverat, I. iHuninc de la ruclir. I/.on 1S86.
17; Ernst l'astjue, Hans Klcberg. Der Koinan des *iion Allcmand«
und der »Belle Altemande«; veröffentlicht im Feuilleton der Harn«
burger Nachrichten. April-Mai 1891.
4'
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Zur Nürnberger Künsiiergeschiehte
Von Dr. £. Wemicke, Berlin.
Nachstellende /usamiiieiistcllun-on hcrulicn in der Haupt
Tiinssc niif Ausziii^en aus zweierlei Kategni icn von I rkundenhüchcrn
des Nürnberger Stadtarchivs — Cloiiservatorium und Libri littera-
runi — , von mir unter C. bezw. L. citiert, deren Benutzung mir ira
September 188Q mit dankenswertestem Entgegenkommen ge-
nehmigt wurde. Es war mir namentlich darum zu thun gewesen,
ergänzendes Material zu dem damals gerade seiner Vollendung
entgegenreifenden Rosenberg'schen Werke, iDer Goldschmiede
Merkzeichen!^) in der Voraussetzung zu sammeln, dafs der
gen. Herr Verfasser auf Feststellung persönlicher, Familien- und
Vermögensverhaitnissc der von ihm mit ^Merkzeichen« belegten
Meisicr t^rrinm'ii oder gar keinen Wrrtli wurde gelegt )ial>en.
Es ist mir denn aucli geglückt, in mindestens 12 Fällen nach
dieser Richtung hin einiges zu ermittein und auCserdem eine
Reihe von Goldschmieden und Berufs verwandten ohne nach'
weis bare Arbeiten aufzustellen. Der Notwendigkeit, auch
solche Künstler zu verölFentHchen, hat Rosenberg inzwischen
im 1. Hefte seiner Nachträge, wo er von Antwerpen handelt*),
Rechnung getragen.
Die Reichhaltigkeit des mir zu Gebote gestandenen Ma-
terials gestattete nicht, andere A ntulin iitren kunstgeschichtliclicn
Inhalts aufser Acht zu Iusncii, uml ^uniit ervsx'iterte sicii mein
Kollektancum zu einem derartigen Uinfangc, dafs ich auch
Über andere bildende Kunstler Nürnbergs Mitteilungen zu ma-
chen vermag, ohne ein Recht in Anspruch nehmen zu wollen,
damit in allen Stücken Neues gebracht zu haben. Druckwerke,
namentlich Joh, Neudörfers Nachrichten von Künstlern und
'> Frankfurt a. M. Verlag von II. Keila 1S90. licspruchcD vou
mir in der *Sch)esisclien Z«Uung> 26. 7. 1890.
') Nicht im BuchbandeU
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— 53 —
Werlcleuten , ed. Lochner, imifsten selbstverständUch mehrfach
ebenso herangezojjen werden wie sonstige Litteratur.
Wenn ich als geborener Schlesien sclion früher bemüht
gewesen war, Anschlüsse der dortseitigen Runstgeschichte zu.
derjenigen von Nürnberg zu erreichen, wie es gewisse Artikel
in meinen t Beiträgen zur schlesischen KUnstlergeschichte« im
»Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit« einigermafsen be-
künden werden, so kann ich im vorliegenden Falle gleich mit
einem Nachweise darüber beginnen, wie gegen Ausgang des
Mittelalters zwischen Breslau und Nürnberg ein Austausch der
Meinungen über Angelegenheiten der (ioldschmiede stattgefun-
den hat, was aut" gewisse Vorgänge schliclsen läTst.
S. IV Klose, Darstellung der inneren Verhältnisse der
Stadt Breslau von 14jH bis 1526, berichtet nämlich zum Jahre
1519 folgcndermafsen: > Unter den Goldschmieden in Breslau
war eine Zwietraclu entstanden wegen eines Steines, der in
Gold gefafst und von etlichen ein »Flofs« genannt wird, damit
man Leute nicht bewahren, noch vor einen Stein geachtet wer*
den sollte^. Weil sich nun etliche auf die Goldschmiede in
Nürnberg berufen und gesagt, dafs man solche Arbeit bei ihnen
und anderswo auch pflegte zu machen, und solclie Steine in
<jok\ zu versetzen, so schickten sie ihn tleni Rate zu Nürnberg
zu mit der Bitte, sie möchten ihre Meister solrlicn Rini{ mit-
samt dem eingeleibten Steine wohl besic htipen und probieren
lassen, ob er billig vor einen Stein geai htct und in Gold ver-
setzt werden soll und ein gut Mann damit den andern gewähren
möge und sie des eigentlicli verständigen, damit sich ihre Gold-
schmiede darnach zu richten hätten, c
An anderweitigen kunstgeschichtlichen Beziehungen späterer
Zeit mangelt es nicht. So enthält das im ersten Jahre des
grofsen deutschen Krieges begonnene Gesellenbuch der Breslauer
( iulds« iiiiiicde vereinzelt Namen von Haiidwerksgenossen au :
Nürnberg und Augsburg, welche um 1620 bei renommierten Meiäterii
') Script, rcr. Silej»iac. Iii. 137.
Vielieicbt ein ftiif TSvschong gerichteter Industriezweig, wie ihn
beispielsweise ein Schwcidnilzer ( ioldsclmue«! Scbrii^'el 1539 »einen Znnft-
genossen in (^(Tcnem Hrrefe .mpries 1 • Anzci;.:er« 1875 Sp. 148t.
*) Im Uc&itz der iviatikenkusse für Lioldarbeiier, Graveure elc. in
Breslau.
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54 —
wie Tobias Voygt, Georg Sauermann'), Fabian Nitsch, Hans
Volignad, Heinrich Alberti, Gottfried Vogel und Kaspar Droger,
Künstlern, denen man in Rosenbergs Werke unter »Breslau«
zum i'cii begegnet, in Arbeit gestanden haben.
Die von H. Lutsch im amtlichen Auftrage herausgegebene
Statistik der Kunstdenkmäler Schlesiens führt hin und wieder
Cultgeräte und Kleinodien mit dem Nürnberger Stempel, auch
in Verbindung mit Monogrammen, an, ohne bedauerlicherweise
sich auf nähere Angaben einzulassen.
Im städtischen Museum zu Bautzen habe ich zwei Arbeiten
Nürnberger Goldschmiede angetroffen; die eine: ein Aufsatz in
Ananasform mit dem Wappen der Stadt und einer Darstellung
des Königs Matthias. Das Urheberzeichen — Fisch — bezieht
sich wohl auf Meister i'ranz Fischer, weicher dem Vernehmen
nach ein ähnlich gestaltetes (iefäfs für die Breslauer Fleischer-
innung )>grofser Bänke« gefertigt hat; die andere: ein Ananas-
pokal, bezeichnet mit den verschlungenen Buchstaben HR, darf
als Werk des Hans Reiff angesprochen werden, welcher im
Verzeichnis der »Goltschmit Zeichen« ') zwischen zwei Meistern
aus den Jahren 1609 bezw. 1611 mit dieser seiner Marice auf*
geführt wird.
Was die allgemeinen Verhältnisse der Nürnberger Gold*
schmiede anlangt, so sei noch verwiesen auf die allerdings sehr
späten Auslassungen über sie in Hdschr. Norica 214/15^'). wo
von ihren drei » Facultäten < , der Verfassuni;, dem Meisterstück,
dem Schauamt etc. gehandelt wird. Ihnen einen Wert des
Ahers über 1650 hinaus beizumessen, liegt eine Veranlassung
nicht \ or, und kommen dieselben hierbei nicht weiter in Betracht.
Ich gestatte mir, den eingangs bezeichneten Bemerkungen
zufolge mit denjenigen Meistern den Anfang zu machen, welche
ich in Herrn R Osenbergs Nachweisungen wiedergefunden habe.
üoldschmiede mit nachweisbaren Arbeiten.
Julius Hueter, Bürger und des gröfseren Rats, veräufsert seine
Behausung in St. Sebaiduspfarrei in der Zisselgasse zwischen
dem Bierbrauer Christoph Schiller und Peter Lose an Chri-
'i Lin nacli Nürnberg hinweisender Name.
Abschrift im Nttrnb. Stadt-Archive.
*) Ebend.
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— 55 —
stoph Jammitzor (so buchstäblich, während im Rei^ister
»Janiit/cr steht 'j, Bur<;«.Tn und Goldschmieden, und dessen
Frau Ciara lur 1750 Gidn. k 15 Batzen oder 60 Krz. 1603
April 4. Die Restzahlung erfolgte am 28. März 1606
(U 115 f. 40 a).
Hans Zeiher, Goldschmied, und seine Frau Margareta verkaufen
ein Haus am Potiersberge an den Plattschlosser Martin Henicke
1604. EbendersL'lbc kauü im nämlichen Jahre ein Haus in
der Lodergasse (L. 116 f. 175 und 182 b).^)
Hans Winckler , Goldschmied, und seine Krau Katharina verkaufen
ihr Haus gegenüber dem Zeughause am Graben an den Saiten*
macher Nik. Degar 1604 (L. 116 f. 170a).
Goldschmied Franz Doth wohnte 1603 in St. Sebaldus'Pfarrei
(L. 115 f. J01a).3)
l*etcr Schützinger') und seine Frau Magdalena werden 1605
namhaft gemacht (L. 117 f. 64a).
Joachim Seitzmayer^) und seine Frau Anoa kaufen ein Haus
im Fischergäfslein beim Kürschnerhause am 28. Februar 1606
(L. 117 f. 140a).
Tliomas St Oer und seine Hausfrau Elena kaufen im Mai 1604 das
Haus beim Ticrgartncrthor »zum geharnischten Mann<: von dem
Schlosser Heinrich Pfeiffer um 625 Gldn. (L. 115 f. llQb).
Endres Rosa^) und seine Frau Elena kaufen ein Haus in der
Lorenzerpfarrei 1610. Die Quittung über den vollendeten
Erwerb erfolgte 1613 (L. 122 f. 191a und 238).
Martin Dimling') und seine Frau Margareta kaufen ein Haus
in der Judengasc^e von dem Pferdehändler Heiiuit h Niderei
1603 (L. 116 f. 58 a).
') Bei Chr. »(lojnitrer' in der Ziv^elgasse nahm 1617 der Bildhauer
Leonh. Kern von Forchlenberg. als er nach Nürnberg berufen worden war,
Wohnun^j. Klemm, WürUemberg. Buumeiitter etc Sep.-Abdr. der Wllrtt.
Vierteljahrhcfte i88a. S. 186. Näheres «ehe bei Mammenhoff, da» Kathau«
iti Nürnberg S, 137 n lU.
^) Ein Baumeiäier Kaspar Zeiher am bchluä!>e des 16. Jahrhü. bei
Klemm a. a. O. S. 165.
*) Bei kosenber;; Nr. 137S «Dotte«.
*) Bei K. Nr. 1281 iSchutzing« 1593-
•| Durch diese urkundlich belegte Namensform erledigt sich Rohcu-
beri^s Vermutung •Seitzmair (SeiUmann')« a. a. O. S. 276.
Bei k. Nr. 12S8 lautet der Vr.rn mu- Adam* statt »Andreas«.
Ebd. Nr. 1292 »Dumling«, Meister iS9V.
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— 56 —
David Stechmesser, Mitglied des gröfseren Rats, und Lorenz
Ott, beide Goldschmiede, verkaufen als Vormünder der drei
unmüntligen Söhne des verstorbenen GuUlschmieds Adam
Vischel die Behausung in St. Sebaldusptarrei gegenüber
dem Rosenbade, %an einer Seite an das Haus des Gold*
arbeiters Georg Praunacker stofsend, sonst aber an zwei
Seiten eckfrei,« an den Goldschmied Franz Fischer^) als
den leiblichen Bruder ihrer Pflegekinder und seine Frau
Magdalena um 980 Gldn. 15 Batzen am 21. Januar 1603.
Quittung über Zahlung der gesamten Summe erfolgte am
29. Mai 160Q iL. 116 t". 17 b ft).
Goldschmied Michael Haufsner^) und seine Frau Margareta
kaufen ein Haus in der oberen Schmiedgasse 1 603 (L. U 5 f. 32 a).
Jeremias Ritter,*) Goldschmied, und Peter Schleich, Flachmaler,
nebst ihren Frauen Margareta und Maria verkaufen ihre Erb-
gerechtigkeit auf ihrem Grundstück in der Lorenzer Pfarrei
unter den Hutern an den Ringleindrelier Georg Stieber 1610(C,
122 f. 221V — Unbekannt ist R..->cnl)cr^ üjlgendes Mitglied der
Ritters« hen Familie gel)lieben. dessen Thatigkeit mogli« licrw eise
durch die Bezeichnung seiner Stellung näher bestimmbar wird:
Hans Ritter, Bürger von Nürnberg und zur Zeit in Wien selshaft,
Sr. Majestät in Ungarn Hofgoldschmied und MUnzeisen-
Schneider, bekennt für seine Person und an Stelle seiner
abwesenden Frau Anna, dafs er ihre eigene Behausung in
der Lorenzer Pfarrei »auf dem Steige der neuen Gasse zwischen
dem Hafner Stephan Mayer und dem Nagler Nikolaus Pistner«
veraulscrt luil)c an den Winctenmaoher lians \\ irsrhing um
325 Gldii. guter Münze a 1j Batzen am 27. Dezember 1610
(L. 122 f. 235a).
Ein Christoph Ritter, Bildhauer und Goldarbeiter in Nürnberg,
verfertigte nach Lipowskys Bair, Künstleriexikon II, 43 audi
aus Wachs kleine Figuren, die er mit Beihilfe seines Schülers
Georg Schweigger ins Grofse arbeitete, und die alsdann von
\V. G. Herold aus Metall und auf einem der gröfsten Plätze
') R, bestimmt S, 280 di? Zeil meiner Thäligkeit auf 1600-c. 1660;
1646 steht er unter den (joKKschmicden in lltUchr. Norica 2l6.
Bei R. Nr. 129S, Meister i6oi.
*) Ebd. Nr. 1309; 163J in Norica a 16.
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— 57 —
in Nürnberg sollten aufgerichtet werden. — Da dieser Meister
Ritter erst 10/6 im Alter von 66 Jalircn starl), so ist er von
dem bei Rosenberg unter Nr. 1224 aufgeführten, vor 166U
verstorbenen Goldschmiede Wolf Chrst. Ritter zu trennen.
I>ie zu Breslau im 16. und 17. Jahrhundert auftretenden
Maler Philipp und Christoph Ritter gehören der Nürnberger
Kttnstlerfamllie dieses Namens jedenfalls nicht an.
Goldschmiede ohne nachweisbare Arbeiten.
Feter Kr äfft, Goldschmied aus Nürnberg, in Breslau 14S1
erwähnt
Hans P lecher, bekennt: Als Johannes der Fischer zuBressat,
sein und seiner Geschwister Vormund, etlich (reld von ihret-
wegen hinter Harhara Ksclienloerin zu Niirnbeig gelebt hat,
dafs ihm dieselbe E. 23 Fl. ausgerichtet habe.
1484. sabb. p. Matthiae (28. 2.). (C. 14S4 f. 13b).
Kunz Schackan bekennt sich zu einer Geldschuld von 5 Fl. gegen-
über dem Sebald Bierkhairaer (I), -die er ihm wöchentlich ab-
bezahlen will.
1484. 3. an. Job. Bapt. (22. 6.). (C. f. 35b).
N'iclas Dorer,-) klagbar gegen die Eckeshenueriu 14bJ i^C.
1484 f. 42 a).
Derselbe 1515. Vormund der Kinder eines Hans Prechtel
(C. 1514 f. 96a).
') Schultz, 'roprirrrapliie Breslaus im 14. u. 15. J.tlirhunderl in der
Zeitschrift f. Gesch. Schlesiens X, 249, wo noch mehr Nürnberger niiuihafl
t^ciuacht werden, die mit Breslau in C^eschäftsverkehr standen. — Ein Martin
Kr:üh unter den üoKlschmieden der Norica 3l6 i.J. 1543. (Ein Goldschmied
Hans Kraft, der zn^k-iLh SieinpcUciii^eider war. w ird mehrfach in den J.iliren
1514 bis 1533 erwähnt. In dem noch ungedruckten Manual bücblein des
Nürnberger Ratsherrn Christoph Krefs heir«t es tnm Jahre 1514 •Item Hans
Krafften hab ich j^'eben an montag nach ludica von meiner ketten za
inachen i'/* '1- ""d für gold, so er tTiir dartu gelihen hat, i'/^ - tut
alles 3 tl.« und aus dem Jahre 1533 findet sich die weitere Notii 'Item ich
hab Hans Krafften goltschmid geschenkt, darum dafs er mir 2 eisen, mein
contrafat pildnus und das Wappen in di stenpfen geschnitten hett, nemlicb
I dupl dnciiten imd 4 i\. an gold." Ai, f^er lern werden in den Aufzeiclmungen
des Christoph Krefs aus den Jalireii >53i 1535 Kylsling der Cioldschmi<k
und Lorens Tnimk der Goldscbnaidt genannt. Anm. der Red.)
•i BetrcfTs dieses «l>orer« und noch weiter /u erwähnender 'Diirer'
habe ich, als der Special forschung fernstehender, alles Weitere anheiiii*
zugeben
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— 58 — .
Xiclas Dorer. Sohn eines \ erstorbenen gleichnamigen Vatci.^.
und sein Sc hwager, der (ToMsehinietl Martin Wagner, vverd^'n
/.MiTi 7. Sept. IjIj erwähnt. Nach dem Folgenden hiels die
Schwester des Dorer Barbara (C. 20 f. 162 a).
Hermann Laisner bekennt sich gegen Albrecht Durcr zn einer
Schuld von 2 Sch. Mark, 1 Ort und gegen Hansen Schmuttermayr
von 5 Gldn. Werden die Abzahlungen bestimmt.
1487. vigil. Egidü (31. 8.). (C.)
Albrei Iii, iiuliischniied, verlautbait, (hifs ilnn Hans Kolb 44 Gldn,,
so er ihm um Waare, die er zu Dantzka (Danzigr) von ihm
erkauft, schuldig gewesen, bezahlt habe. 1516 November 22.
(C. 1515 f. 131 a).
Hieronymus Buttensdorf er und sein Bruder Wenzel. 1484
(C. 1484 f. 56a).
Conrad Prem, Goldschmied. 1487 (C. 272b).
Hans und Kunz Messerer, Goldschmiede, 1514 Dezember
(C. 20. ab 29. 11. 1514).
Gunther Kuffner, Goldschmied, bekennt für sich und seine
Krben, dem Goldschmiede Hans Huter 18 rh. Gldn. schuldig
/.u sein; die gelobt er ihm in Uestimmten Fristen und mit
Arbeit /,u bezahlen, dergestalt, dals er ihm an solcher SciuiUl
in Ö Wochen ein silbernes :Matiellein : ') von 8 Loten und
darnach alle Vierteljahre, bis die 18 Gldn. bc/ahlt werden,
all weg eins in gedachter Gröfse machen wolle. 1516 30. Juli.
(C. 1515. fol. 94a).
Brigitta, Witwe des Goldschmieds Ludwig Krug, heiratet den
Goldschmied Nicasitis Krisch (Handschr. Nachtrag von
I.ochner in seinem I lamicxc in] lar nach Signatur <1. d. 1j4'>
2 7. 2., wclrltc den Kliekuiiti akt enthaltj. Vorstehende Bri-
gitta bekennt unterm 26. Sept. 1551, wie sie zur Besserung
ihres Hauswirtsi, N. l"risch, und in Anbetracht dessen, dafs
er »die silberne i afel, so er dieser Zeit unter Händen,
desto stattlicher und bälder könne fertigen und ausmachen
au.s ihrer Erbgerechtigkeit in der Bindergasse (am Theresien*
platz) SOCiuldcn an (ieorg Raiger verkauft habe (L. 66 f. 92 b).
') Kleinertii» 1 tinkj^efub an:) edcleiu Metall unil nitl l'U^äen, vgl. Anz.
f, Kde. d. deuUch. Vorzeit 1878, Sp. 108, Am». 9.
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4
_ 59 —
Wolf Reichel und N. Marderer, beide Goldschmiede; ihrer
Wohnungen am Obstmarkte wird 1550 gedacht (L. 66 f. 17 a).
Jörg Schultheifs, Panzermacher, und riiomas Schweitzer,
Goldschmied, werden im gleichen Jahre ebendort, f. 31 b, erwähnt.
Über Hausverkauf seitens eines Goldschmieds Jörg Ernst und
seiner Frau Anna handeln Signaturen L, 66 f. 12a und
56a, 1550/51.
Jakob Ho ff mann wird bereits 1551 L. 66 f. 104b. erwähnt
(Vgl. Lochner p. 127).
Hans Königsmüller, Goldschmied, und Hans Schmidt, Plattner,
Vormünder der drei Kinder des Plattners Hans Mair, ver-
kaufen deren Anwesen an den S< hncider Martin (ircshlciii
und den (ioldschmied Jobst Müllner, als Vormunden von den
acht Kindern des f »Silbcrausbcreitersc Lorenz Gleen. 1551
(L. 66 f. 107).
Hans Mörlein und seine Frau Margareta; Hauskauf am Markte
bei St. Sebaldus. 1551 (L. 66 f. 128b).
Caspar Pauch 1552 (L. de anno 1550 f. I28a). Dorothea,
Witwe des Goldschmieds Wolf Wagenmair; Hypothek auf
ihr Haus beim Sonnenbad, dem Judenhofe gegenüber
(ebd. 228b).
Hans (iesell und seine Frau Justina verkaufen ihre Heliausung
in St. Sebalds Pfarrei im Nei^clcins'^arslein i dem Huclidrucker
Sebastian Heulsier um lüüü Gulden. Iü03 (L. 115 f. 13 a).
Johann Matthias Lorch, Goldschmied zu Fürth » trifft seinen
Erben gegenüber Bestimmungen hinsichtlich des Gasthofs >zum
grünen Storch« daselbst. 1603 (L. 115 f. 20b).
Hans Stromaier, Bürger und ( loldarheiter. und seine Frau
Maria, kaufen 1603 ein HauH in der äufseren Laufergasse
(L. 115 f. 46a).
Jakob Murmann verkauft sein Haus beim Kettenbrunnen am
Katharinengraben 1603. Seine Witwe Sara (luittiert über
völlige Be/.ahlung 160H. 25. 4. (L. 115 f. 100a).
Die HinterbUebenen des Sehneiders Jakob Weifskopf verkaufen
ihr Haus am alten Viehmarkt an den Goldschmied Melchior
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— 60 —
Ktttterell und seine Frau Katharina um 2100 Gulden. 1604
(L. 115 f. 109a).
Oswald Kysslcr und seine Frau Katliariiui kaufen ein Haus im
kiainergafschen den 4. November 1608 122 f. 241a).
in Xorica 216 wird zum Jalire 16BQ ein Joliann Eyfsler an-
gefülirt; vermutlich ist derselbe identisch mit dem Goldschmiede
Johann Leonhard E., den Rosenberg Nr. 1 3Q0 als Geschworenen
des Jahres 17 23 kennt
*
Meister der Eleinknnst.
Von solchen habe ich nachstehende notiert:
Sebastian Mofskau, Diamantschncider, ISIj [C. 1514 f. 9Qb).
Hans Peck, Dianiantschneider, und seine Krau Barbara ver-
verkaufen sechs Zinshäuser am Spitzenberg 1551 (L.66f. 137 a).
Hans Maier, Geschmeidmacher. ^) und seine Frau Barbara kaufen
ein Haus bei St. Jakob von dem Steinmetzen Lorenz Schach,
Die Zahlungen erfolgen von 1603 bis 1605 (L. 115 f. 49a).
Hans Castenbein, Siegeigruber, kauft em Haus 1603 (L.
115 f, 54a).
Melchior P rettet, Juwelier und Bürger, und seine Frau Helena
verkaufen dem Juwelier Sebastian Rothe und dessen Frau
Maria ein Haus in der Lorenzer Pfarrei »auf dem neuen Bauet.
Abzahlungen von 1603 bis 1610 (L. 115 f. 74 a).
Hans Supiiol, Ciranalciisteinsclmeider, und seine Frau Katharina,
erwähnt 1603 (L. 116 f. 71a), verkauft 1604 statt des l*:iul
Punackeri als \'ormund des Kindes des f Steinmetzen Hans
Roseuhamer, ein Haus in der Johannisgasse (ebd. f. 184 b).
Hans H ert wi gs, Etsenschneiders, Hausverkauf 1603 (L. 1 1 6 f. 1 20a).
Martin Lochner, Juwelier,^) und seine Frau Katharina ver-
kaufen ein Haus auf dem l'unersltcrgc 1604 (L. 116 f. 15ja].
Georg PetzoUit, Gold- und Silberschneider, Hauskauf 1610
(L. 122 f. 200).
') Nach Beyschlag) Beitr. zur nördlinf^ischen Geschlechtskunde S. 220
sinU (jeschmeidgierser Mctullurliciler in .Messini; besonilcrs , wie sie in Nürn-
berg unter dem Namen (ie^chineiileni.iulii i rin cii^t-nes Hainlwerk bildeten.
Ob Uie Juwehere Iriibercr Jahrhunderte biois 1 laudier gewesen sind
oder nicht, ist eine noch offene Fra^e. i.ochner a.a.O. 177 erwähnt eine»
Sebald Koburger, der einen Jowelenhandel betrieb (f I54i)<
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— öl —
Hans Sesar, Bürger und Wappensteinscbneider, verkauft die
Erbgerechtigkeit auf seiner Behausung in der neuen Gasse
gegenüber dem Sandbade Mefeter Peter Carl, dem Zimmer-
nKinnc. ' , und dessen Frau N'ctunica, seinL-ni lielion Stiefsclnvalicr
und seiner recliten Schwieger, am 21. Januar — l^isula,
Frau des tioldschmieds David Strauch, und ihre unver-
heiratete Schwester Anna, beide Tochter des verstorl)cncn
Flachsteinscbneiders Heinrich Sesar, werden gelegentlich eines
Hausverkaufs namhaft gemacht den 13. November 1606
(L. 122 f. 224b}, Ursula, Krau des Geschmeidleinniachers
Jakob Wiidt, 1610 angefahrt (L. 132 f. 183a).
Franz Kili;, Geschnieidcniachcr und ßurger, verkauü ein Haus
1606 .L. 122 f. 2l8b).
Jörg Ziegler, Rohrgoldspinner, 16Q8 erwähnt (L. 122 f. 263a).
Maler.
Von ihnen heifst es in Norica 214: „Ob zwar die Maler, sonder-
lich die was vor anderen können, ihre Kunst kein Handwerk
lassen sein, haben sie doch ihre /usammenkunft und setzen
sich darwider, so ein neuer, der h allhitr niederlassen und
es inil ihnen nicht halten und arbeiten will, wie sie auch des-
wegen drei Vurstcliier haben und haben schon lange Jahre
ein Meisterstück (so sie zwar nur ein Probstück nennen) ge<
macht: mancher eine Landschaft, ein anderer eine Historie,
einer etwas im Prospekt . . . und solches wird hernach auf
das Rathaus verehret. Ich habe auch gesehen bei ... .
Wüttig^) eine schöne Malerei, mit geschnittener Wolle klar
alles gemalt und ihren Schattierungen, als ob es mit einem
Pinsel gemacht wäre, auf Leinwand gemalt, rauh, glatt, rein
' i Der bekannte Erbauer der Flciithhrücke, nach Lipowsky S. 38 fl.
, SU lUUing 1541 j^ehoren, 161 7 <u Heidelberg in karpßltUchen Dicnsien
gestorben, vg\. I.ochner a. a. O. 214. Näheres über ihn gibt MummenholT
a. a. ü. S. 90, ii6, 167, lüS, 179, 191, 340, 341, 343«
•) üeber die Maler, ihre Stellung und Verhältnisse in Nürnberg s.
Mummenhoff, Handwerk und freie Kunst in Nürnberg in der Bayer Gewerbe-
zeitung 1S91 No. 9 u. insbesondere N'o 24
Vielleicht der später behandelte Harth. Wittig, welcher um 1650
nach Nürnberg gekommen sein soll. Alsdann wttfde auch die Zeit su be-
fttimmen sein, in welcher obige Eintragung erfolgte.
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— 62 —
wie ein Teppich, so das HauptJuhanmsBaptistä*)prä$entieret, in einer
zinnernen oder silbernen Schüssel liegend, welches mitLust zu sehen.
Die Illuministen gcliören zu den Formschneidern, Brief- und
Schachtclnialern, mit denen sie es allzeit gehalten, und zwar
nicht mehr als einer, Hans I honuis Fischer; weil er al'cr von
dem Handwerk nichts gelernt, haben sie ihn nicht unter sich
genommen, ob er's zwar sehr begehret."
Von den über Nürnberger Hand werk ssachea handelnden
Handschriften Norica gibt die ältere das Malerwappcn: in weifs
drei rote, die jüngere: in blau drei weifse Scliildchen, beide Male
zwei zu eins gestellt. Die Illuministen bedienten sich folgenden
Emblems: in weifs drei geschrägte Pinsel und darunter drei Paletten.
Erhart S( Ii rcuiniel, Maler und Bürger zu Nürnberg, c-rkiatt,
sein Haus /u Ingolstadt zwis* iicn jft/t und Jakobi verkaufen
und es mit der Kaut'summe nach Inhalt des mit der Anna
Maurer abgeschlossenen Vertrags halten zu wollen. 1484
Donnerstag nach Marci (29. 3). Derselbe bezeugt zwei Jahre
später, dafs er seinem Weibe, der vorgenannten A. Maurer,
100 Gulden auf einem Hause in Ingolstadt vermacht habe
(C. 1484 f. 24 und I40b).
Hans Sieumund von Ket/.,-) Maler, bekennt, dals ihm Meister
'I hninas (iram von Kotherjburg im Auftragi* der t irmciride zu
Gammesleld ^) 15 (iulden für eine Tafel (Altargemälde), so
er derselben (Gemeinde und ihrem (iotteshause gemacht, bar
ausgezahlt habe. Sonnabend nach Gregorü (13. 3.) 1484.
Eine andere Signatur d. d. 1485, Donnerstag nach Andrea
(1. 12), bezeichnet den Maler als »Herr Hans Siegmund
von Ketz<^). 1487 Freitag nach Franciska (5. 0.) ver-
spricht er, dem Hans Muerer, als Anwalt des Turban Becke
von Lauf, iif) (.uklen auf den .\nsi)ruch einer Tatcl;. wegen
in zwei Katen bezahlen zu wollen (C. 1484 f. 17, 132 und
264a). Er .scheint demnach ein vielfach in Anspruch ge-
nommener Kunstler gewesen zu sein.
Für Beziehun^'cn n:\chSchlc.sien dürfte sonst die Wahl des (iegen-
Standeis der llcr/scliild des Ihc-I .ucr Bisluinswappen- ontscboidend »eio.
~) Gr. u. Kl. Külz, rfumioiier in Schwaben bei (iünzburg.
*f a Stdn. von Rothenburg gelegen. 8ch)ofs und Dorf.
*) Atis&toller der betreiTenden Urkunde ist Hans Freydanki Pfarrer t«
Auheim an der Ai&ch iC. 1484).
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— 63 -
Jorg G logge ndon — nach Lochncr S. 141 lUuminist — wird
1484 erwähnt (C. t 38 b).
Lionhard Herdegen, Pfarrer zu ( iraveiisteiiibuig, Ijekcnnt, dafs
ihm Fritz Ntit/cl. Taschner, und Niclas von Breslau, Rild-
srhnit/.er, als für K luiiuuiiden, ('(^n^ad S« hons Witwe, seine
Schwester, einen silbernen Becher, 14 bes( lihueiie LotTel, 10
rheinische Gulden und dazu 3 Gulden der Brüdcrs( haft tu
Schwabach gegeben hätten. 1484, Freitag nach Sebaldi, ver>
lautbartMarx Schön, Maler, dafs ibm die beiden Vorgenannten,
als Vormund der Kunigunde, 20 Gulden, seinem Sohne Marx
6 Gulden, seiner Tochter Apollonia Rott auch 6 Gulden
gegeben hätten (C. 1484 f. 48a und 49b). Bei der
blofsen Angabe des Vornamens und der iicrkunfi war
es nicht möglich, den Niclas v(jn Breslau mit einem der
in A. Schultz, (lescliii hte der Breslauer Malcrinnung, Krwähnten
in Verbindung zu bringen. Es ist tür mich aber keinen
\n«j;enblick zweifelhaft, dafs derselbe identisch ist mit dem bei
Lochner S. 171 behandelten Maler Nikolaus Schnitzer, der
infolge einer besonderen Fertigkeit diesen Zunamen bekommen
haben mag. — Da sein Sohn Siegmund Stadtpfeifer und In-
strumentenmacher war, so gehören wohl zu den Kpigonen
der Familie die 1609 erwähnten Trompetenmacher Anton
und Jobst Schnitzer (L. 122 f. .)5a).
Michael Tachauer ^aus Dachau), Kartenroaler, arbeitete für
einen gewissen Jorg Rauh 1485 (C. 148Q f. 75 a).
Wolfgang Kammer, Maler, und seine l'iai: Helena, Tochter
des Schneiders Hans Vogel, erwähnt 1485 (C. 1409 f. Hüb),
In Sachen Veit Stöfs' contra Krhard Schon, eine Restschuld von
14^ Gulden betrcflend, befindet sich eine Signatur d. d. 1515
12. November in C. 1515 auf der ersten Seite.*) — • Des
*) Zum Jahre 1514 w«rd der Maler Hans IMatner in den Aufzeich-
nungen des Christoph Krefs erwähnt. Er hat im Auftrag des Propstes D.
Anton Krefs für die neue Kapelle zu Kraftshot eine l afe), den St. Christoph
vorstellend, i^cmull, wofür ein Honorar von 25 1I. bedungen war. Am I'alni-
sonnlag 1514 wurde die Tafel aufgerichtet und Plattner erhielt den Re;>t
seines Lohns mit ts fl., dann 3 % für seine Frau und 60 Dir seinen
Knecht Trinkgeld. Auch in den Jahren 1531 — 1535 wird Platner als Maler
genannt. Anm. d. Ked.
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— 64 —
Wiliwaldt (I) Stöfs und seiner Gattin Barbara wird L. 66 f.
iOOa zum Jahre 1551 gedacht.
Bcrnhardtn, Sohn des weiland Bildschnitzers Augustin Schmidt
und dessen ebenfalls verstorbenen Hausfrau Barbara, bekennt
mit seinem Curator Liohard Motschidler vor den SchöfTeUf
dafs Katharina, P'rau des Caspar Krefs, und Matthes Neu-
nuiltner als seine Vurauiiuler ihm über »ihr Empfangenes und
Ausgegebenes« Rechnung gelegt hätten, 1517 Januar 2.
(C. J515 f. 144a).
Hans Holtschneider bezeugt, dem Stephan Paumgartner 10
Gulden Hauszins schuldig zu sein 11. Mai 1517 (C. 1515
f. 192 b).
Brigitta, Tochter des Malers Hans Seibold, sagt aus, dufs sie
sich mit dem BierbrauerirescUcn Hans Hetzer iini iiire Junsffern-
schaft gebracht und ein Kind mit ihm gezeugt habe, wofür
sie im ganzen 1 1 Gulden erhalten. 1516 Mitwoch nach Neujahr
(4. 1.). (C. 20 f. 214a).
Alexander Rieser, Bürger und Maler in N., f vor 1582.')
Johann Lindtiicr, desgl., 1639.^)
Bartholomäus Wittig von Üels in S( hlosicn kam ums Jahr lö50
nach Nürnberg, wo er sich als Maler habilitierte und seine
Erzeugnisse meistenteils nach Italien verschickte. Malte auch
einen Teil der Rathausfa^ade in Nürnberg, f 1684; in Breslau
hatte er bei seinem Landsmann Michael Duquesne seine Lehr«
zeit 1629 angetreten und war 1634 freigesprochen worden.*)
In den Rechnunt;en über den Schlofsbau zu Aschaflrenl)urg
ir)76 bis 1679 wird zweimal der Maler Johann Paul Auer
(.\wer) namliaft gemacht, von dem das »ßaierische Künstler-
lexikon« d. Js. lölO angibt, dafs derselbe aus Nürnberg
stammte, in Kegensburg bei dem älteren G. C. Eimart und
in Venedig bei Peter Liberi gelernt, sich besondere Geschick-
lichkeit in Historien und Landschafl£n in des Liberi Manier
erworben habe ; gestorben sei er 51 jährig zu Nürnberg 1687.
■) A Schultz, Unters, z. Gesch. d* schU». Mal«r 11500-1800; Bres
lau 1S82 s 127.
eben<1. S. toi.
Lipowsky a. a. 0. II, 173 ff. und Schultz a. a. U. S. 174.
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65 —
Die vorbeseichneten Rechnungen enthalten Uber seme dort-
seitige Thätigkeit folgendes: 1676 Oktober 16. Joh. P.
Awem, nettangenommenen Malern, welcher in » Förth c für
Pinsel und Farben ausgelegt 12 Gulden; 3Q. Oktober ejsd.
in fresco, als er mit seiner Arbeit fertig worden, 900 Gulden. —
In demselben Jahre wird übrigens unterm letzten Dezember
eines Hofmalers Jost Bickarth gedacht, /u dessen Familie
gehörte möglicherweise ein Mnler Hermann Pi<-kh:irt, vvelclier
am 20. März 1727 eine Tochter in der Breslauer Dompfarrei
taufen liefs (f 1737). Ob ein genealogischer Zusammenhang
mit dem kurfärstUch-mainzischen Hofmaler Franz von Pekert
(um 1733) besteht, bliebe zu ermitteln.^)
Franz Xaver Karl Falko, 1724 zu Breslau geboren, Sohn des
dortigen lurstbischöflichen Hofmalers Anton F. (alias Polcke)
und seiner Mutter Magdalena, welche zuerst 1714 in den
Taufregistern der Breslaiier Domparochie vorkommen, besuchte
die Malerakadcmie, ging dann nach Italien und wurde 1752
Hofmaler in Dresden. Er starb 1767, wahrscheinlich in Prag.
Über ihn und seinen gleichnamigen Sohn, welche beide mut-
mafslich auch für Nürnberg gearbeitet haben, verbreitet sich
Lipowsky II, 3 if.')
Bankfinstler.
Norica 215 bemerken: ,,Das Steinmetzen-Handwerk ist ein ge*
meines Handwerk, sehr künstlich, und kommen im Sommer
welsche Maurer aus Italien, so sonderlich in Franken ganze
Bauten, auch wohl Kirchen annehmen und mit gutem Contento
der Bauherrn verfertigen, wie sie denn eine schöne Kirche zu
Bamberg, oberhalb dem Münchsberg, zu St. Gertraudt gen.,
gebauet, so sich wohl sehen läfst."
Hans Fragler, Nik, Baumgarttner, Hieronymus Hubner, Erhart
Auer, als geschworene Bauleute und Meister, Hermann Kirsner,
als geschworener Werkmann, geben ein Gutachten ab wegen
eines zu nahe ans Nachbarhaus gesetzten Saustalles 1485
Freitag nach Blasü (4. 2.). (C. 1464 f. 72b).
') aSchlesiens Vorzeit« iS88 S. 9 und 13.
A* Scbolu a. a. O. und •Schlesiens Vorteii> a. a. O. s. v. «Polcke«.
5
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66 —
Meister Eucharius Gafsner, Stadtmeistcr , Meister Hermann
Kirsner, Kuns Praun und Jorg Oesterlin sagen aus, dafs
Kunz Oefner die 6 Gulden, welche er dem Hans Hetzeldorffer
auf den Bau und die Arbeit schuldig gewesen, zu geben nicht
verpflichtet, dagegen letzterer der Arbeit oder des Baues,
so er sollte gethan haben, auch ledig sein solle und Oefner
Macht haben, seinen Bau beliebig vollenden zu lassen, 1485
Sonnabend nach Bartholomäi 27. 8). (C. f. lila).
Michael Paunigarttner, Endres von Watt, Hans von Til und
Sebald Schreyer, Meister Jakob Grym, Steinmetz,') Meister
Jakob, Zimmermann, als geschworene Bau> und Werkleute,
geben folgende Erklärung ab: Als Hans Bidermann vor etlicher
Zeit dem Ofner, seinem Nachbar, habe anbieten lassen, eine
Giebelmauer zwischen ihren beiden Häusern nach der Stadt
Recht m errichten, die errichte Ofner mit ihm oder vergönne
ihm, dieselbe .:u bauen, 1487 ((". 1484 f. 203b).
Barbara, Witwe des Steinmetzen Hans von ü rings, erwähnt
1516 (C. 1515 f. 121b).
Meister Hans Paum von Horb, Steinmetz und Bttrger, kauft
1551 ein Haus, dessen Preis er 1554 völlig bezahlt hat
(L. 66 f. 75a).
Vielleicht wäre hier ntx b nnterr.ubringen der 1486 vorkommende
Utz Thoraan Maurers Sohn von Gmünd (C, 1484 f. IBöa).
Klemm kennt Baiikünstler des Namens Thoman, welche in Ulm
und Schwäbi9ch-Hall thätig waren.*)
Oiefoer.
Hans Frey, Rotschmied, bekennt, dafs er dem Pilligrin (Perej^rin')
von Florenz 40 grofse, 2 1 mittlere und 42 kleine Leucliter,
an Wert 13 Gulden 6 Schillinge, und aufscrdem 10 rh,
Gulden schuldig sei; und so er ihm noch 10 Gulden oder
ihm dafür Messing überantworte, so wolle er dem Besteller
für solche 20 Gulden nach seinem Gefallen Leuchter in vor-
bestimmtem Anschlag und dazu die obgedachten Leuchter in
') vgl. Lochner S. 324
a. a. O. ä. 161.
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— 67 —
8 Wochen liefern. 1486 Mittwoch nach Johannis ante
portam latinam (10. 5). (C. 1484 f. 156 a).
Die Bezeichnung tRotschmied«, die vuistchende Erklärung
und das, waf5 Neudürfcr über die Fertigkeit des Hans Frey in
Herstellung von »allerlei Hildern aus Kupfer« anführt, lassen
uns denselben als ausübenden Künstler und nicht als blofsen
Händler mit dergleichen Kunsterzeugnissen betrachten. Dafs
wir es in vorliegendem Falle mit Dttrers Schwiegervater
zu thun haben y dürfte einem Zweifel wohl nicht mehr
unterliegen.
Heinz Bolwiser, Rolsehmied, verpflichtet sicli 1486 Dienstag
nach Sebaldi (22. 8.1. innerhalb der näc listen 3 Wochen aus
67 Pfd. »Zeugs«, die ihm der Jude Morchonus übergeben, 4
Mörser, 4 Strempfel, 60 Pfd. schwer, zu giefsen. Als Maclier-
lohn sind pro Pfd. 8 Pfennige angesetzt (C. 1484 f. 174b).
Der eingangs Erwähnte ist jedenfalls identisch mit dem Kot-
giefser Heinrich Bolb^-ser, welchem der Magistrat von Görlitz
unterm 7. September 1502 eine Bescheinigung darüber aus-
stellte, dafs er der Stadt etliche Jahre als Bttchsentneister
ehrlich, fromm und gehorsam gedient habe, nunmehr aber
anderswo Unterkommen finden wolle. \) — Ein 1516 erwähnter
Kunz Bühviser ist mutmafslich ein naher Verwandter von jenem
Meister Heinrich gewesen (C. vom November 1515 f. 62 a).
1516 wird des einer Apollonia Komier gehörigen Hauses in der
Lorenzer Pfarrei am Katharinengraben zwischen Peter Visoh er
und Petronella Nachtigall gedacht (C. 20 f. 214a).
Meister Haus Behaim und Jakob Kopfinger werden unterm 6.
Februar 1517 als Verweser von des verstorbenen Peter
Glockengiefser Geschäft bezeichnet (C. 1515 f. 159b).
Würfel» Nachrichten zur Erläuterung der Nürnberger Stadt und
Adelsgeschichte U, 715. 18., handelt von einem Alchymisten
Dr. Erasmus Schildkrot, einem geborenen Engländer, der, aus
Königsberg in Preufsen nach Nürnberg gekommen, dort bei
dem Rot- und Bild^ielser Matthäus Landauer*) in der
') Görlitzer Stadtarchiv, libr. missiv. 150a — 1506, abgedr. »ADseiger
f. Kunde d. deutschen Vorzeil« 1877 Sp. 176.
') Über ihn Lochncr ft. O. S. 16. — DuOtat am den alphabe-
tischen Register ad 116 vermochte ich nicht festsostellen.
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— 68 —
Beckschlagergasse (Stifter des Brttderhauses zu Allerheiligen,
f 1515) gearbeitet haben soll.
lastnuiieiiteiiiiiaolter.
Würfel a. a. Ü. I. S. 23Q gibt an:
1460 circa festum omnium sanctorum (1. Nov.) fiebat et proba-
batur nobis (sc. monasterio s. Egidii) unum novum Organum
per magistrum Stephanum de Bratislavta, qui erat egregius
magister in ista arte. — Ebenderselbe Meister errichtete nach
Beyschlag, Beiträge zur Nördlingischen Geschlechtskunde
I, 49 — dort Stephan Lastendorfer von Breslau genannt —
1466 eine neue Orgel für die Georgenkirche in Nuidliiii^t n.
Mit diesem Orgelbauer ist natürlich niemand amiores i^cnu-int,
als Stephan Kaschendorf , über dessen Thati:,kcit lur flie
St. Elisabethkirche in Breslau in den Jahren 146*) bis 1464
die Script, rer. Silesiacarum III, 134 ff. sich verbreiten. Dafs
er innerhalb der Jahre 1496 und 1499 auch zu Schweidnitz in
Schlesien gearbeitet haben mag, geht aus Urkunden des
Pfarrarchivs der sogen. Jesuiterkirche daselbst hervor.^)
^> Zeitschrift f. Gesch. Schlesiens XII, 506 «Silesiaca aus Drackwerken«.
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I
Nürnberg in der Mitte des dreifsigj ährigen
Krieges.
Von Dr. Donaubauer, Nürabeiigr.
Vorwort.
Die Jahre 163J und 1632 nehnn'n in der Geschichte der
freien Reichsstadt Nürnberg eine ganz hervorragende Stelle ein.
Allbekannt sind die kriegerischen Ereignisse, welche sich
im Sommer 1632 bei Nürnberg abspielten. Viel Neues kann
darüber wohl kaum gebracht werden. Ganz anders aber ver-
hält es sich mit der Zeit von der Breitenfelder Schlacht bis
sum schwedischen Lager vor Nürnberg. Was sich hierüber
selbst in den Werken der Spezialhistoriker Nürnbergs findet,
gibt kein Bild von der Geschichte der freien Reichsstadt in jener
Zeit und kann ein solrh(.'s nicht geben, da das sehr reiche archi-
valis( ho Material nicht irenügend verwertet, noch wcniucr
aber verarbeitet ist. Wohl mufs zugestanden werdm, der
Nürnberger Gelehrte Gh. G. von Murr bringt zur Geschichte
des dreifsigjährigen Krieges manch wertvollen Beitrag aus den
hiesigen Arcliiven, und Freiherr von Soden liefert in seinem
Werke: »Gustav Adolf und sein Heer in Süddeutschland», wo*
rin er vorwiegend Nürnbergs Geschichte behandelt, geradezu
eine Fülle von archivalischem Stoffe. Allein Murr bringt eben
nur Beiträge, und Freiherr von Soden ^ilit zwar sehr viel, aber
lange nicht genug. Er hat nur Material zum Baue herbeiirchracht,
den Bau selbst aber nit ht ausueführt, Kritik- und /.usainmen-
hanglos reiht er, was er im Nürnberger Kreis- und Stadtarchiv oder
in einzelnen Werken gefunden bat, in einer für den Leser durch-
aus ungeniefsbaren Form aneinander. Bei der Menge des archi-
valischen Stoffes aber, den er liefert, hat er doch Aktenmatcrial
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unberücksichtigt gelassenp ohne welches ein volles Verständnis
jener 2^it nicht wohl möglich ist. Er hat die Spezialakten des
30jährigen Krieges gar nicht und die Beratungen der Hoch-
gelehrten nur selten hciiutz-t; beide aber sind für die Kenntnis
und für die Beurteilung der Politik des Rates von grofser Wichtig-
keit. Auch dafs er das im Reichsarchiv und Geheimen Staats-
archiv in München auf Nürnberg bezügliche Material nicht kennt,
das einen bedeutsamen Aufschlufs über die Stellung Nürnbergs
zu Bayern gibt, muCs seine Arbeit als eine lückenhafte erschei-
nen lassen.
Es ist mir nicht möglich, den Mängeln desjenigen Werkes von
Soden, welches für mich in Betracht kommt, in allen Einzelnheiten
nachzugehen; denn das würde viel zu weit führen. Doch glaube
ich, mag Nachfolgendes zum Beweise meiner- Behauptungen ge-
nügen.
Zu den Angelegenheiten, welche den Rat der freien Reichs-
stadt Nürnberg in jenen Tagen ganz besonders beschäftigten,
gehört die Spezialallianz, deren Geschichte ein lehrreiches
Kapitel der Nürnberger Politik ist. Soden aber erwähnt die-
selbe nur gelegentlich. Seite 161 und 164 gibt er uns zu
wissen, dafs Nürnberg Mitte Januar die Spezialallianz noch
immer nicht abgeschlossen hat, Seite 182 gedenkt er der-
selben bei der Beschreibung des Heilbronner Tages nur
mit folgenden Worten: Aufser des abzuschliefsenden Bünd-
nisses mit dem König von Schweden wurde au( h wegen
der Kupfermünze u. s. w. verhandelt. Seite 229 und 260 spricht
er davon, dafs der König die mit Nürnberg auszugleichenden
Angelegenheiten durch den Rat Sattler betreiben liefs — es
war dies am 31. März 1632 — und führt dann auch an, was
auszugleichen war; von der Spezialallianz resp. dem Revers
schreibt er nichts. Seite 252 erzählt er nur: Am Schlüsse des
(fränkischen) Kreistages ttberg:ab Chemnitz den Ständen ein
Memorial, in welrhem er sie abermals um einen Revers bat,
wie ihn die N urnbeiger ausge<^tellt. Die »versic herungs vnd
revcrsnotuk, welciie »uniifsis nominibus, den Nürnbergischen
gleichlautend war«, bringt er aber nicht.
Aus diesen dürftigen Notizen wird wohl niemand auf die
Bedeutung der Spezialallianz schliefsen.
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— 71 —
Bei der Beschreibnog des Heilbronner Tages pag. 181
bis 185 führt er die Erinneruikgen der Nttmberger Abgesandten
auf, die vorwiegend militärischer Natur waren, sowie die Forde-
rongen des schwedischen Gesandten, betreffend die Einftthrung
kupferner Münzen, neuer Accisgeider, die Regelung resp. Kr-
liöhung der Geleitstaxe und die Verstärkung der Garnisonen in
den Städten und erwähnt hiebei auch die Stellung der Städte
zu diesen Forderungen. Gerade das Wesentliche aber ubergeht
er. Er berichtet nichts von den Verhandlungen über die
Spezialallianz, von dem Verlangen der Städte nach Frieden, von
deren mannigfachen Wünschen, von dem Beschlüsse, dafs wegen
des Bündnisses mit Schweden eine Apologie abzufassen und
Gustav Adolf ein schriftliches Gutachten über den Frieden und
die Beschwerden der Städte zu unterbreiten sei.
Süden - i^t Ulis nichts über die Stellung Nürnbergs zu Bamberg
und Hävern ::u Wniter 1631/32 und erwähnt nicht einmal die Forch-
heimer Künterenz am 30. Dezember 1631; auch die Irrungen mit den
brandenburgischen Häusern sind viel zu wenig betont.
Eine sehr wichtige Angelegenheit, weiche dem Kate
viele Sorgen bereitete, war die Eröffnung neuer Geldquellen.
Es wurden eine sogenannte Kriegssteuer, eine Extraordinari-
Interimssteuer, ein Pferde-, Vieh- und Viktualienaufschlag ein-
geführt u. a. m. Soden schreibt darüber nur folgendes: Der
Rat begehrte von der Bürgerschaft eine aufserordentliche Kriegs-
steuer, jedoch nur in Guldengroschen zu 65 kr. Jeder Kauf-
mann mufste von seiner Besoldung einen Guidengrosclien und
von seinem Vermögen von je 100 fl. l fl. geben; selbst die
Dienstboten wurden nicht ausgenommen. Da wäre es denn
doch viel besser, nur im allgemeinen von Einführung neuer
Lasten zu sprechen, als aus einer Verordnung nur ein Bruchstück
herauszugreifen.
Ausführlich ist die Beschreibung des fränkischen Kreis-
tages, besonders desjenigen Teils, der von den Truchsessischen
Forderungen liandelt. Die Stellung Nürnbergs und der übrigen
fränkischen Kreisstande ist aber auch hier nicht i^enugend klar
gelegt. Um nur eines anzuführen, Soden sehrciht betreffs der
Ernennung des Grafen Kraft von Hohenlohe zum Generalkom-
mandanten des fränkischen Kreises pag. 253: »Die Stände
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beriefen sich auf die ReichskreiSYeifassuiig und die Exekutiona-
Ordnung, ohne jedoch dem König die militärischen Anordnungen
SU verwehren!. Warum aber die Stände auf des Königs Be-
gehren nicht mit Ja antworteten, davon sagt er nichts.
Auch die Korrespondenz zwischen dem Rate einerseits,
Tilly und dem Kaiser anderseits ist durchaus ungenau, wälirend
die Berichte des Ratsschreibers Andreas Baier und des Bürgers
Droschel ganz ausführhch gebracht werden. Und doch sind
gerade diese Schreiben von grofsem Werte. So interessant je-
doch es wäre, Sodens Art, Geschichte zu schreiben, auf Grund
der oberwähnten Korrespondenz zu beleuchten, so mufs ich mir
dies leider versagen, denn der Umfang meiner Arbeit gestattet
ein solch näheres Eingehen nicht. Ich beschränke mich daher,
die Seitenzahlen anzugeben, wo Soden der diesbezüglichen
Schreiben gedenkt, nämlich pag. 89, 131—133. 135, 165, 198
und 199.
Was Süll ferner folgender Satz auf Seite 34 besagen: Der
Kaiser ersuchte nun die Stände, sie mochten die Kreishiife der
72 Monate ungesäumt je eher, je lieber bezahlen, für diesmal
aber nur 6 Monate in die Kasse liefern 1 Daraus kann man
doch nicht klug werden. Des Kaisers Wille war, dafs die Stände
den auf 1 Jahr festgesetzten Termin auf 6 Monate abkttrzten und
in jedem Quartal die HäUte, also 36 Römermonate, ablieferten.
Mehr zur Begründung meiner Behauptungen anzuführen,
ist wohl nicht nötig; doch bietet eine Fortsetzung der Beweise
keine Schwierigkeiten. Es lag mir ja nur daran, auch meiner-
seits festzustellen, dafs man die Werke des Freiherrn von Soden
nur mit Vorsicht benützen kann, und dafs auf dem Gebiete, auf
welchem Soden gearbeitet hat, sich für den Geschichtsfreund
noch ein reiches Feld der Thätigkeit bietet.
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Einleitung.
Es war am Abend des 6. Juli J630, als Gustav Adolf an Gu.uva<IoU>
Sicgemcug
der Spitze von 13000 Mann auf der Insel Usedom landete. durch
Seine Hoffnung jedoch, die Fürsten nnd Stttdte des evangeli- D«Ä<*iaiMi.
P( lion Deutschlands würtlen sich ihm freudig anschlielsen, war Haitmi« der
eine trügerische; fast alle bewahrten, nieist aus Furcht vor dem «"vangcUsch«!
Kaiser, eine abwartende Stellung, Aber irnmer weiter drang
der nordische König vor, und binnen mehr denn Jahresfrist
hatten sich mit ihm die zwei mächtigsten evangelischen Fürsten
des Reiches, die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg, ver-
einigt. Ganz Oberdeutschland war aber noch in kaiserlicher
»Devotionc.
Auch Nürnberg hielt äufserlich an der Treue gegen den
Kaiser fest. Im Herzen freilich wünschte die weitaus überwie-
gende Mehrzahl der protestantischen Bevölkerung Nürnbergs
den schwedischen Waffen den besten Erfolg. Wenn in der
»Copia eines N.t von Nürnberg ein Evangelischer lebhaft
gegen Schweden und den Leipziger Bund sich äufsert und für
den Kaiser eintritt, so stellt er sich in Widerspruch mit seinen
Mitbürgern, und es ist hier wohl anzunehmen, dafs em Katholik
unter evangelischer Maske ficht. ^)
Auch Nürnberg war von den Leiden des dreifsigjährigen RdigiBM
Krieges nicht verschont geblieben, es war in seiner relitfiösen l»"* p"''*'*^**^'
Überzeugung schwer verletzt worden und empfand schmerzlich, NOrobei^,
was den evangelischen Brüdern im Reiche Schlmimes widerfah-
ren und noch widerfuhr. Fast ein volles Jahrhundert war im
Deutschen Hause und den dazu gehörigen Kirchen zu St. Jakob
und St. Elisabeth der katholische Gottesdienst nicht gestattet
l) Kgl. Hof- und Staatsbibliothek in Müncli«*n Copia eines Schrei-
bens N. N. von Nürnberg an N. N. von Leipzig unterm 24. Juli a. St. oder
3. Aug. a. St. Earop. 361/31.
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worden, und ein Ordenspriester, der sich im Jahre 160t einge-
schlichen, hatte auf Befehl des Rates die Stadt alsobald wieder
verlassen müssen. J)cr Prozofs, welcher Nürnberg beim Reichs-
Kammergerirht erwuchs, wurde 1625 von diesem hinweg an
den Reiehshofrat gcljrarht, und während die Streitsache hier
anhängig war, wurde im Deutschen Hause und in einer neu
hergericiiteten Kapelle Messe gelesen, auch zogen 1628 heim-
Höh zwei Kapuziner aus Würzburg ein.
Am 22, Oktober 1630 abßr erfolgte ein kaiserliches Urteil,
welches die Ausübung der katholischen Religion im Deutseben
Hause und in den beiden Kirchen zu St. Jakob und St. Elisa-
beth dem Orden zuerkannte. Der Rat beruhigte sich jedoch
mit diesem kaiserlichen Bescheid niciit, sondern that sofort
Schritte, um eine Abänderung desselben zu bewirken. Allein
die Bittschrift Nürnbergs fand am kaiserlichen Hofe eine sehr
ungnädige Aufnahme, und auch der Ratskonsulent Dr. Fetzer,
der in dieser Sache nach Wien abgeordnet wurde, konnte
nicht das Mindeste erreichen. Vielmehr wurde der Stadt NUm-
berg in einem neuen kaiserlichen Erlasse vom August 1631 auf-
erlegt, innerhalb 14 Tage von Zeit der Einhändigung des Schrei-
bens an Bericht zu erstatten, ob man nunmehr gewillt sei, dem
im Oktober 1630 ergangenen Urteil sich zu fügen, widrigenfalls
scharfe Kxekutiou auf dem Fufsc folgen würde. Nun mufste
der Rat sich freilirli zur Nachgiebigkeit bequemen. F,r ver-
sprach, dafs er dem Orden den katholischen ( >ottcsdienst im
Deutschen Hause und in der Kapelle zu St, ülisabeth gestatten
wolle, wofern der Eingang in dieselbe gegen die Strafsen
der Stadt zu vermauert und in den Hof des Deutschen
Hauses gerichtet würde, tmd dafs er fttr St. Jakob einen
besonderen Platz aufserhalb der Stadt dem Orden Uber-
lassen werde.
Docli aucli diese Nachgiebigkeit hätte dem Rate nichts
genutzt, wären nicht Ereignisse eingetreten, uie dem Kaiser es
geraten erscheinen Uelsen, das letzte, entscheidende Wort auf
eine gelegenere Zeit zu versparen.
Diese sogenannte »Teutschherrische Sachec war nicht der
einzige religiöse Streitpunkt, der zu Gunsten der Katholiken
seine Erledigung fand.
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Eine Meile von Nürnberg entfernt, lag ehedem das Frauen-
kloster Pillenreuth. Schon 1537 waren dort die Nonnen aus-
gezogen, also lange vor dem Augsburger Religionsfrieden. Durch
kaiserliche Verfügung vom August 1628 aber wurde dieses ehe-
malige KU)Ster dem Rischof von Eichstätt restituiert, der auch
in der Nürnbergischen Pfarrei I5echthal, zwei Wegstunden von
Eichstätt gelegen, einen katholischen Priester einsetzte, für des-
sen Unterhaltung Nürnberg noch obendrein aufkommen mu&te.
lu Lonerstadt waltete seit 1528 ein evangelischer Priester
seines Amtes. Im Oktober 1629 fielen jedoch auf Befehl der
beiden Bischöfe von Bamberg und Würzburg etliche Beamte
mit einer gröfseren Anzahl bewaffneter Männer in die Kirche
ein und schafften den evangeh'schen Priester hinweg. Nörnbergs
Unterthanen wurden iii den ijisiumern Bamberg und W ür/.burg,
in der Oberpfalz und in Tfalz-Ncuburg durch allerlei Gewalt-
mittel zur kathulisc 1k n Religion gezwungen.
Die Erbitterung aber, welche diese Gegenreformation er-
zeugte, wurde noch gesteigert durch die Drohungen von katho-
lischer Seite.
Der »Teutschherrischec Kanzler erklärte zu Regensbui^
ungescheut, Nürnberg müfste auch die Kirchen zu St. Sebald
und St. Lorenzen herausgeben, und Pasquillenschreiber fanden,
die Stadt müfste entweder die Reichskleinodien und Reliquien,
welche sie vor Zeiten von Kaiseru und Tapsten uberkuauucn
hatte, ausliefern oder kathohsch werden.
Der am Wiener Hofe alhnachtigc Jesuit i^amormain gab eine
ausführliche Instruktion, wie die Gegenreformation in Nürnberg
durclizufübren sei, und der Reichshofratspräsident äuCserte beim
KoMegialtagein Regensburg, der Kaiser werde im Regiment der evan-
gelischen Städte eine Änderung vornehmen und allenthalben die
Hälfte des Rates mit Katholiken besdKzen. Diese Drohung aber war
sehr ernst aufzufassen; denn der Kaiser sah die Städte nur als
Patrimonialgüter an. Was den Städten Schlimmes bevorstand,
das bewies der Frankfurter Konipositionstag, auf welchem die
kaiserlichen Kommissäre si( h fiemuhlcn, (h"e höheren evangeli-
schen Stände von den Städten dadurch zu trennen, dafs sie den
letzteren keine »jura territorialia« zugestehen wollten. Darauf aber
war das tjus religionisc gegründet, und auf diese Weise wäre
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Kricipdiaiig'
es um alle Kirchen und Klöster in den Reichsstädten geschehen
gewesen.
Was jedoch noch das Allerschlimmste fQr die Protestanten
war, alle Religionssachen wurden an den kaiserlichen Hof ge-
wiesen, wo es keinen evangelischen Richter gab und wo der
Bescheid immer zu Ungunsten der Evangelischen ausfiel. Aber
auch in Angele,u;enheiten, die mit der Religion nichts /.u thun
hatten, wie Prozefs- und Testamentssachen, wurden die Katho-
liken auffallend bevorzugt.^)
Dazu wurden die Kriegslasten immer höher, und die Ver-
armung der Bevölkerung nahm stetig zu.
Die in dm Vom Jahre 1620—1631 hatte Nürnberg trotz aller Ver-
jöio— i6ji sprechungen und aufgerichteten Recesse seitens der kaiserlichen
erUttaneii und Hgistischen Truppenführer mehr als 100 Durchzüge teils
ganzer Armeen, teils unterschiedlicher Regimenter und Kompag-
nien auszuhalten. Und was dies bedeutet, ist für jeden klar,
der da wcifs, wie verwildert die Soldateska bereits in der ersten
Hälfte des 30jährigen Krieges war. Wohl suchte Nürnberg
durch Geldzahlungen sich von der schweren Bedrängnis loszu-
kaufen, doch mit wenig Erfolg. So hatte es 1623 100000 fl.
an den Herzog von Friedland gezahlt, ohne damit etwas zu er-
reichen, denn die Durchzüge und Erpressungen hörten auch in
diesem Jahre niclit auf. In welche Unkosten die Stadt Nürn-
berg gestürzt wurde, davon können wir uns einen unbefahren
Begritf maclien, wenn wir bedenken, dnf«; ein einziger Durciuug
des Markgrafen Hans Georg im Jahre 162 7 80000 fl. verschlang,
die neunmonatliche Kontribution, welche Nürnberg nach langen
in Wien gepflogenen Verhandlungen entrichten mufste, vom
Juni 1629 bis Ende Februar 1630 180000 fl. betrug und* die
Gesamtausgabe für die Schönburgischen Reiter in Fürth während
51 Wochen sich auf 55716*fl. bezifferte.'}
Ein Ende dieser Drangsale aber war nicht abzusehen, sie
wurden luiL jedem Jaiire grölscr.
2. K^l. Kreisarchiv in Nürnberg. Tom. XVF. fol. 277 — 342. Be-
schwerden der Stadt Nürnberg (Konzept). Tom. IX. fol 319 bis 322, Schrei-
ben des Rates an die Deputierten nach Frankfurt. — Städtisches Archiv
in Nürnberg. Akten dt% deauchen Orden» 2** (129^135).
3. K^l. KreUarcbiv in Nürnberg. Tom. XVI. 277-342.
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— 77 —
Im Jahre 1631 wurde Nürnberg trotz des mit dem Obersten ^
rinBcrischo
von Schönburg getroffenen Recesses von Schönburgischen und Ein.
Cordubachischcn Regimentern hart betroffen. Und als es dem q««rt>«Moj.
Leipziger 5^rhlnsse, in welchem die evangelisclien Stände Deutsch-
lands dem ivaiser die Kontriljution verweigerten und, um den
Durcluug der kaiserlichen und ligistischei^ Truppen zu verhindern,
Kriegsvolk warben, nicht in der vom Kaiser anbefohlenen Weise
entsagte, da erschien am 8. August lö31 Obrist Altringer mit
7 Comet Reiter und 5 Kompagnien FuCs, denen am folgen*
den Tage noch 26 Kompagnien zu Fufs samt 2 Stäben und 7
Kompagnien Reiter samt 2 Stäben folgten, welche bei Fürth
lagerten. Obrist Altringer verlangte, dafs man das geworbene
Kriegsvolk abdanke unii /u des Kaisers Diensten vermöge oder
doch schuoren lasse, dafs es nicht mehr gegen diesen diene,
dem Leipziger Beschlüsse schriftlich entsage und die Kontribution
abtrage, die man kraft des mit dem Herzog von Friedland ge-
troffenen Akkords noch schuldig sei. Der Rat setzte ntm einen
Recefs auf, der jedoch bei Altrtnger keine Gnade fand. Dann
suchte er durch Unterhandlungen doch etwas für sich zu erreichen.
Allein alles vergebens. Er mufste schliefslich völlig nachgeben
und dem kaiserlichen Kommissär eine schriftliche Entsagung
uberreichen, in welclier alle von AlUinger gestellten Bedingungen
erfüllt waren, worauf dann dieser am 30. August die Nürnberger
Gegend verliels. Nürnberg aber hatte grofse Summen Geldes
nutzlos aufgewendet-, das Proviantamt allein schätzte den Proviant,
welcher für das Altringerische Kriegsvolk geliefert worden war,
auf circa 42969 fl.
Nun will ich mich hier Über die Beschlüsse der evan-
gelischen Stände auf dem Leipziger Konvente in keinen
kritischen Erörterungen ergehen. Es ist mir auch, was die
religiösen und politischen Beschwerden Nürnbergs betrifft, nicht
möglich, klar zu legen, auf welcher Seite man sich mit
mehr oder weniger Grund auf das Recht berufen konnte,
ob auf der Seite Nürnbergs oder der Katholiken. Aber
soviel ist gewifs, dafs durch die immer drückender werden-
den Kriegslasten , vor allem aber , dafs durch die im
Reiche durchgeführte Gegenreformation die Erbitterung der
Protestanten immermefar stieg, ja dafs sich allgemein der
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Glaube verbreitete, die Katholiken würden, wenn sie völlig die
Macht in die Hände bekämen, die Evangelischen ausrotten.
Wohl mag das Schreiben, welches angeblich am 8. April 1628
aus Prag an einen katholischen (ieistlichcn in HiUlcshoim ab-
geschickt worden und in evanejclisrhc 1 lande geraten war,
erdichtet sein^ es mag somit auch eriuudcn st-in. dafs Kayserliche
Majestät im bemelten Jahr dem Rom. Papst in dessen Abgeord-
neten ein Eyd gethan, ehe ihr Hnupt nicht ruhen zu lassen, bifs sie
alle ketzerische Land und Königreich m Catholischen Religion ge-
bracht hettec; es mag eine Fabel sein, dafs der Kaiser vor 33 Jahren
gesagt hatte: »wenn der Türck für seiner Schlaff Kammer wer, so
wolt er von im ablassen und die Lutherischen verfolgen! — es
wurde geglaubt , weil die Thatsachen dem 2U entsprechen
schienen.*)
L Kapitel.
Von der Schlacht bei Brcitenfeld bis zum
Würzburger Vertrag.
Noch immer trugen die Kaiserlichen stolz ihr Haupt. Der
Papisten Sachen gehen allezeit vorwärts, die Inländischen, die
uns helfen sollen, fallen zum Kaiser, die Ausländischen bleiben
aus; »vnser sach steht auflfSawfedem«, mag gleich nichts mehr
schreiben. Adieu, Üott mit uns Nürnberg — also wird aus
Nürnberg na<:h Leipzig in der bekannten Copia geschrieben.
jubct dn Da. verbreitete sich in ganz Deutschland die Kunde von
rv in^MiiMh. n ^^jg^ glänzenden Siege Gustav Adolfs und des mit ihm verbUn«
Uber den sic^ detcn Kurflirstcn von Sachsen über Tilly bei Breitenfeld. Der
GustavAdu» Jubel dcs evangelischou Deutschlands war unbeschreiblich.
bei
Breiteiifcid. Immer und immer wieder erschienen Flugschriften, welche den
herrlichen Sieg priesen, die Liga aber und Tilly verhöhnten.
Katholiken. ^'^"^ Reihe solcher losen Drucke hndet sich im Germanischen
Museum in Nürnberg.
4. Kgl. Kreisarchiv i: Nürnberg. Berichte an den Ratskonsttlenten
Dr. Fetzer in Wim. Tnm. Vlll 425—4271 428 n 420, 416—418, 445-449,
441 — 443. StadtrechnuDg des Jahres 1631. — K^l. liof- und Slaal»hiblioiliek
in Mflnehen. Arlanibaens, Arm« Suecica: Colloquiutn politicum Aber die frag;
»Waramb soll ich nicbl Schwedisch sejro?« i£urop. 8. 4.
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Um von den vielen nur einige anzuführen, da führt eine
Flugschrift den Titel: »Sächsisch Confect Sampt dem darauff
gefolgten fränckischen FrüstUckc, eine andere ist betitelt: »Der
jauchzende Bothe, So den 6. Septembris, Anno 1631 früh aus
dem Tyllischen Läger vor Leipzig nacher Franckfurt am Mayn
abgangeiu, eine dritte: :^Tyllisch Kloster Gelübde. c
Da heifst es in dem Drucke: »Sächsischer Trompeter,
Welcher ist aufsgesand worden, den Ligistlschen General TylU
nachzufragen;, in der 25. Strophe:
»Ihr bösen Geister in der Hellen,
Habt jhr bey euch nicht solchen Gesella,
Der Arme vnschuldige Leut
Gemachet hat zu seiner Beut,
Sie grawsambst peinigt vn geschändt»
Beraubt, geplündert vnd abgebrändt^c
Die Antwort auf diese Frage lautet:
»Ein solcher Vogel ist allhier,
Der mufs büssen im ewigen Fewr,
Sein Mord, sein Brand, sein Tyranney,
An Christi Gliedern verübt ohne schew.
Erwartet seiner Gesellen bahr,
Götz» Pappenheim, vnd Lefsina schar. €
In der i Wohlbestalten Pritzsch Schulec, die allerdings
etwas später entstanden sein mag, aber ergeht die Aufforderung
zum Kampfe gegen Tilly in folgender kräftigen Weise:
»Frisch drauf, frisch drauf, pritzsch jmmer zu,
Sonst kommet Deutsc hland nicht zur Ruh,
Pritzsch jmmr prit/sch, vnd verdien an denen,
Die Deutschland auf die neige bracht,
Ein ewiges Lob durch deine Macht,
Die Pritzsche bringt den Feind zuschanden.«
Dagegen war die Bestürzung der Katholiken eine
unL;oheuere. Man fürchtete, Gustav Adolf wolle seine Hand
nach der deutschen Kaiserkrone ausstrerken; hiefs es doch all-
gemein, er habe vor der Schlacht bei Breitenfeld Münzen aus-
geworfen mit den deutschen Versen:
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»Zween Kurfürsten will ich wehren,
Römischer Kaiser will ich weren,
Bayern mufs mir sterben,
Den römisc:hen Kaiser will ich verderben, c^)
NurobcfK» Grofs war die Freude der Nümbe^er Bevölkerung ttber
Freude Biier ^jgg Königs Sieg. Das Bild Gustav Adolfs wurde zum Zeichen
den Siojf
CiustavAdüife. der Verehrung von vielen Protestanten am Halse getragen, und
der Rat liefs es unter die »Herren Altern* verteilen.*)
Offen trat jedoch der Rat mit seinen Sjrmpathien fili den
Haltung Schwedenkönig nicht hervor, er vermied es auch nach der
des KaU's.
Schlacht bei Breitenfeld ängstlich, beim Kaiser irgendwie Anstofs
zu erregen und in den Verdacht zu gelangen, als ob er für
Schweden Partei ergreifen würde. So gab er den Abgeordneten
zum Frankfurter Kümi>ositionstag, die vermeinten, es sei nur
einer von ihnen in Frankfurt nötig, am 26. September die Ant-
wort, sie möchten sich norh etwas gedulden, xlamit von den kaysl.
herren commissarien ewer \ nzeitig abraisen nit mifsdeutet, vnnd
wir in vngleichen verdacht gezogen werden. < Er erteilte dem
Spiefsmacher Krtttzer die Erlaubnis, 300 Piken für den Obristen
Pappenheim nach Frankfurt zu schicken. Und am 9. Oktober noch
erging das Verbot, eine über den Sieg des Königs von Schweden
in Sachsen gedruckte Zeitung in Nürnberg nachzudrucken.^
Doch Nürnberg konnte in dieser abwartenden Stellung nicht
verbleiben. Es wurde gar bald vor die Entscheidung gestellt,
ob es zum Kaiser und zur Liga oder im Verein mit den ül)rigen
evangelischen Ständen des Reiches zu Gustav Adolf halten wolle.
pj, Dass die Entscheidung nicht gegen den Schwedenkönig
M.i«<>ni^fae ausfallen konnte, ist klar. War ja von katholischer Seite so vieles
JZ^, ge«d.ebeD, w» « den pH>te8t«rti«:hea GemUten. Erbittenmg
und Hafs hervorgerufen hatte. Und eben jetzt wiederum, da
der Rat in die ersten Verhandlungen mit Gustav Adolf einge-
5. GermanUches Maseum in Nürnberg. TTistorische Blätter 516, 484,
495) 490 5^^' — Siehe auch Julius Üpei und Adolf Cohn, hi$turts»che
Gedichte und PrOMdantdlungen. G. Droysen, Gnstkr Adolf, II. Band, pag.
408 — 411. K4' AllgcmcincM Reichsarchiv in München. Fase. XXX.
Fol. 71. Bericht des KurbajrerUchen Hofratea Dr. Johann $l{ickhlin an
Maximilian I.
6. Soden, Gnetav Adolf nnd sein Heer in SttddeatschUnd» l.Baad,p«g. 3.
7. Nürnberger Kreis archtv. Brief bttch des Jahre» 1631* peg. 354»
Ratserlisie vom 4. und 9. Oktober.
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— 81 —
treten war, erschien ein kaiserlicher »Pressreuter« vor Nürnberg,
um die nach der Meinung des kaiserlichen General kommissärs
Wolf Rudolf von Ossa noch nickständige Kontribution von
30 000 fl. herauszupressen. Über die Bezahlung dieser Kontri-
bution waren lange V'erhandluni^eii mit den kaiserlichen Kommis-
sären gepflogen worden, doch ohne irgend welchen Erfolg.
VVolt Rudolf von Ossa gab von seiner Forderung nichts nach,
obwohl der Rat augen«?rheinlirh im Rechte war. Dieser hatte
nämlich am 24. Mai/3. Juni 1630 mit Wallenstein einen Akkord ge*
schlössen, dafs Nttmberg gegen Zahlung einer monatlichen
Kontribution von 20000 fl* vom letzten Juni 1030 bis 1. Juni
1631 (a. K.) von allen Einquartierungen, Muster- und Sammel-
plätzen befreit sein solle, aufser es erfordere dies unumgänglich
der kaiserliche Kriegsdienst, in welchem Falle die Kommissäre
und Obersten einen kaiscriichen Spezialtjefehl vorzeigen nml'sten.
Üssn nher bestand darauf, Nürnberg müfste die monatHche
Kontribution v on 20000 tl. bis zum 16,/26. Juli 1631 bezahlen, also
noch 30000 fl. bis zum 16. /26. Juli entrichten, von welcliem Tage
an dem Kaiser auf dem fränkischen Kreistage neue Mittel be-
willigt worden waren.
Eben war Dr. Heher von seiner Reise zu Ossa zurück-
gekehrt, da nahm in der Nacht vom 4. auf den 5. Oktober
Alessandro Massont, der sich einen Quartiermeister im fränkischen
Kreis nannte, mit j Cornet Reiter und 300 ^^anu zu Fuls in
den Ortschaften bei Nürnberg Quartier und forderte am Morgen
des 5. Oktobers den Rat brieflich auf, die schuldigen 31000fl.
zu begleichen. Der Rat war aber keineswegs gewillt, diesem
Ansinnen nachzukommen; er stellte vielmehr durch seine Abge-
sandten, den Ratskonsulenten Dr. Heher und das Ratsmitglied
Albrecht Haller, an Massoni noch am gleichen Tage das Ver-
langen, er möge alsobald abziehen, da man bereits an den
Kaiser abgeordnet habe, der Nürnberg in seinem Rechte sicher-
lich schützen würde. Doch Massoni berief sich auf Ossas Befehl
und drohte überdies, die Pässe und Zufuhren zur Stadt zu
sperren und die Handelswaren aufzuhalten, falls man sich weigere
zu zahlen, was man schuldig sei.
Der Rat mufste nun wohl oder übel nachgeben. Die
Verhandlungen mit Ossa und Massoni führten aller Voraussicht nach
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82 —
nicht zu dem gewünschten Ziele, sie verlängerten nur die Einquar-
tierung und stützten die Stadt in neue, immer wachsende Unkosten;
ein günstiger Entscheid des Wiener Hofes stand aber sehr in Frage,
und auch im besten Falle verging darüber geraume Zeit* So
beschlofs er denn, eine gewisse Geldsumme bar zu erlegen und
des Restes halber auf geraume Fristen zu handeln, jedoch mit dem
ausdrücklichen Vorbehalte, dafs die erlegte Summe an den dem
Kaiser im ]nVi bewilli!j;ten 72 Monaten abgezogen werden solle.
Während so der Rat auf der einen Seite mit Massoni zu einem be-
friedigenden Abkommen zu gelangen suchte, that er anderseits sein
Möglichstes, um einen günstigen kaiserlichen Bescheid zu erwirken.
Schon am 4. Oktober, gleich als der Ratskonsulent
Dr. Heher Bericht erstattet hatte, erging an Nürnbergs Vertreter
in Wien, den Ratskonsulenten Dr. Fetzer, der Auftrag, er möge
mit Hilfe des kaiserlichen Kommissärs Hans Anton Popp einen
kaiserlichen Befehl wider Ossa und den Oberkommissär Johann
Adolf von Wolfstirn, sowie ein kaiserliches Protektorium wider
derartige Pressuren zu erlangen sik hen, welcher Auftrag schon
am nächsten Tage wiederholt wurde.
Massoni aber kam zum Schrecken des Rates mit einer
neuen Forderung; er begehrte nämlich, dafs Nürnberg die
Kontribution von 32 000 Thalern, die es zur Unterhaltung der
Schönburgischen Kompagnie hatte hergeben müssen, an ihn ent-
richte. Darüber war aber der Rat mit Grund sehr aufgebracht
und erstattete unverweitt an Dr. Fetzer Bericht. Zugleich bat
er auch den Kaiser um »specialordinanz« , dafs das Kriegsvolk
weggeführt und Nürnberg künftighin mit weiteren Einquartierungen
niclit beschwert werden solle.
Auch den Vermittlungsvorsrlihig des Rates nahm Massoni
nicht sofort an, sondern erklärte, er müsse sich erst Bescheid
von Wolfstirn erholen. Dieser Bescheid liefs auch nicht zu
lange auf sich warten und war nach dem Sinne des Rates; denn
es war der Vorschlag desselben gut geheifsen.
Gezahlt aber hat Nürnberg nichts. Massoni zog nämlich
Anmerkuug. Nürnberg hatte an den Obersten AUringer 25000 fl.
bezahlt und sich verpllichtct, dem Heriog von Sachsen Lauenburg 24000 fl.
zu entrichten Summa 49000 fl. Für den halben März, fUr April und Mal
betrug die rückständige Kontribution 50000 Demnach hatte es noch
1000 i\. 2U begleichen, nach ü^sas Meinung aber 31000 ll.
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— 83 —
schon in der Nacht vom 14. auf den 15. Oktober nach Farrn«
bach, wohin die Reiter am vorhergehenden Tage aufgebrochen
waren. Er fürchtete wohl, es könnte in Erfüllung gehen, was
der Hauptmann zu Neustadt an der Aisch, Balthasar Jakob von
Srhlammersdorf, auf Befehl seines Herrn, des Markgrafen Christian
von Bayreuth, ihm anzeigte: »Er solle deslogiren oder erwartten,
dafs einer komme, der Ime füfs mache.«
Diese Massonische Einquartierung hatte für Nürnberg nicht
unbedeutende Kosten zur Folge. Die Stadt hatte mehrere Tage
für den Unterhalt der Truppen sorgen müssen; aufserdem waren
16 Pferde samt den Proviantwägen, die Massoni bei seinem
Abzüge mitgenommen, für immer verloren, zu geschweigen des
Schadens, den die Soldateska verursacht hatte. Und dies alles
geschah zu einer Zeit, da Nürnberg in wichtigen Verhandlungen
mit Schweden stand; also sehr zur Uii/eit. Dies mochte auch
der Kaiser einsehen. Denn am 18. Oktober erliels er an den
General Ossa den Befehl, er mö<;e der Stadt Nürnberg keine
weiteren Bedrängnisse mehr zufügen. Irgend weichen Einfluis
hatte das Schreiben j 't/t freilich nicht mehr,* denn die WOrfel
waren bereits gefallen.^)
Bald nach dem glänzenden Siege bei Breitenfeld überstieg
der Schwedenkönig Gustav Adolf, angelockt von dem Reichtum
der Bistümer am Rhein und Main, den Thtlringer Wald und forderte v«n
die evangelischen Stände Frankens auf, 'sich ihm anzuschliefsen.
Schon am 6. Oktol)er, einen Tag nach der Ankunft Mas-
sonis, traf der erste sthwedische Abgesandte ein, Rittmeister
Marx von Rehlingen, und machte dem Rate folgende Eröffnung:
Gustav Adolf hofife, Nürnberg werde »ehestes mit Ihr Maytt sich
conjungiren, vndt dem geroeinen euangelischen wesen zu guth
also einstellen, dafs ein guth exempel daran zu nehmen haben.«
Dem König sei es nicht möglich, diesen Krieg allein zu führen,
während der Feind mit Leichtigkeit eine neue Armee auf-
') Kgl. Kreisarchiv in Nflraher^. Ton. XII, 154 01, Achats H«hen
Rcl itlrn über .seine Verrichtuni^ 1>ei Os.s;i in Saarburg. Tom. XII, 524 526,
Bericht an Dr. Ketzer in Wien. Tom. VTII, 557 u. 558, Bericht an Dr.
Fetzer in Wien. Tom. VlU, 546, Dr. Felzers Bericht. Tom. VIII, 522—524,
525, 530 u. 531, mehrere Schreiben an Dr. Felzer in Wien. Briefbnch
400 fi" , Schreiben des Rates an Kaiser I rrdinand II. Tom. VIII, 561,
Kaiserlicher Befehl an Ossa. — Katserlasite vom 5., 6., 7., 9., lo. u. 14.
Oktober. — Soden, Krieg»- nnd Sittengeschichte, IU.T«il. pag. 106 a. 107.
Soden, Gnstav Adolf nnd sein Heer in Sttddeutschland, I. Band, pag. 16— 18.
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Der
schwctliM he
RittineisUT
— 84 —
bringen könne. Derselbe werde einen Unterschied machen zwischen
denen, welche unverzüglich ihm unter die Arme greifen, und
denen, welche i durch temporisieren vndt neutralisieren die so
theure Zeit verliehren.« Die einen werde er lals freindt vnd
alliirtec, die Neutralisten aber »ftlr abtrünnige vndt ärger alfs
den feindt sclbsteu halten vnd tractiercti. «
Der Rat war nun in j^rofser Verlegenheit. Wohl wünschte
er den schwedischen Waffen den Sieg-, allein die Klugheit gebot
ihm, sich Gustav Adolf nicht vorschnell in die Arme zu werfen.
Kaiserliche und ligistische Truppen waren ja nicht weit von
Nürnberg entfernt, eine Belagerung hätte die Stadt, auf eigene
Kraft angewiesen, wohl schwerlich ausgehalten; dazu kam, dafs
die Stadt erst vor kurzem dem Kaiser in einem Reverse unver-
brüchliche Treue gelobt hatte. Anderseits aber konnte man
Gustav Adolf nicht aus der Hand gehen. Denn man war Über-
zeugt, dafs er seine Drohungen auch ausführen wurde; dazu
konnte und wollte es der Rat jedocli unter keinen Umstanden
kommen lassen, schon deshalb, weil der gemeine Mann durchaus
schwedisch gesinnt war. Wie aber war das richtige Mittel zu
finden, um der Gefahr auf der einen, wie auf der anderen Seite
zu entfliehen? Vorerst konnte man sich ja noch helfen, indem
man einer bindenden Erklärung auswich und Marx von Rehlingen
generaliter und wegen der grofsen Gefahr einer schriftlichen
Erklärung mündlich abfertigte. Die Antwort, welche er erhielt,
lautete in der Hauptsache: Man habe den Sieg des Königs mit
Freuden vernommen und Ititte (intt, er mösre demselben auch
t'ernerhin Cdürk vcrieiln-n. Erst unlängst habe Nürnberg sich
gegen Sachsen erklärt, dafs es alles timn werde, was dem evan-
gelischen Wesen förderlich und vor Gott und der Nachwelt
verantwortlich sei. £s würde aber noch mehr thun, und wenn
andere höhere Stände >mit mehreren specialiteten sich heraus
lassen solten, wolte ein löblicher magistrat alhie auch nicht die
letzten seyn, vnd zu allem, was mügltch vnd verantwortlich, sich
erbotten habenc. Mit mehrerem jedoch inoch zur zeit« sich
liLTaus/ulassi-n. sei Ijc: der dcfalir, wclvhc iiuui \uni Kaiser und
von den betKii hliarten katholisclicn Ständen zu befürchten habe,
Majestät mehr iiindeilicli als zum Nutzen. Man erbiete sieh
Übrigens, »eine vertraute person in gelieim« 2um König abzu-
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— 85 —
ordnen und ihn noch mehr zu versichern , dafs man beim evan-
gelischen Wesen verbleiben wolle.*)
Marx von Rehlingen, der wohl nur die Aufgabe hatte, den Verhand-
lungen mit
Rat auf die schwedischen Forderungen vorzubereiten, gab sich ,«,it.n
damit zufrieden und reiste nach Ulra weiter. Doch kaum hatte schwcdiM->uM>
er die Mauern Nürnbergs verlassen, traf ein zweiter schwedischer Hotrat
Abgesandter ein, Hofrat Dr.Martin Chemnitz, der die » Werbungenc
Cbcntttitt.
des ersten mit mehr Nachdruck wiederholte, indem er auf »kate-
gorischec Antwort drang und drohte, dafs alsobald schwedische
Truppen vor die Stadt ittcken würden, falls man sich nicht sofort
entschliefse, dem König eine diesem genehme Antwort zu er-
teilen. Allein zu einer entscheidenden Antwort liefs sich der
Rat auch jetzt noch nicht herbei, vielmehr verlangte er von
Chemnitz darüber Auskunft, wie Nürnberg im Notfalle gegen
Bayern geschützt sei und sich dem Kaiser gegenüber entschul-
digen soUe, und gab diesem zu verstehen, dafs es diese Ent-
schuldigung um so leichter zu finden hoffe, wenn Gustav Adolf
katholische Stände zuerst zwinge, auf seine Forderungen einzu-
gehen und ^egen Nürnberg mit »etwas Gewaltc vorgehe. Im
übrigen verwies man denselben auf die Konferenz mit Bayreuth
und den Heüsbronner Tag und vermachte ihm, um ihn etwas
milder zustimmen, ein ansehnliches Geschenk. Und der Hofrat
Dr. Martin Chemnitz bes< hlols denn auch, emstweilen /u warten,
bis in Heilsbronn die Vertreter Nürnbergs, Bayreuths und Ans-
bachs Stellung zu Schweden genommen hätten, und da er wohl
merkte, dafs der Rat »etwas Gewalt« abwarten wolle, erklärte
er: »er vermerckt meiner herren behutsahmkeit, wolle mit einem
aignen curier den Sachen recht zu thun wifsen, nicht zweifelndt,
der König würde ein schreiben an ihn herm gesandten, vnserer
herm halben, abgehen lafsen.t*®)
Tn/.w is( hen hatte Hans Jakob Tetzel. Mitglied des geheimen llans jakob
Rates, seine Reise nach Bayreuth angetreten. Noch am Tage ^^^^^^^^ ^^^.^
der Abreise, den II. Oktober, kam er dort an und suchte als- denibrami.n-
bald den markgräflicheu Rat Dobenecker in dessen Schreibstube
" ~ Dobenecker.
*) Kgl. AIIp;emeines Reichsarcbiv in Mttnch«i. Schwedische Kriegc-
akteo, Fase. XXXVI. 318.
Mttnchener Allgemeioes Relchsarchiv. Schwediiche Kriegtaktco,
Faic XXXVI 318. — Nflrnberger Kreisarcbiv. Ratserlafs am la Oktober.
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86 —
auf. Von diesem erfuhr er denn, dafs 3 schwedische Abgesandte,
von denen zwei bekanntlich in Nörnberg bereits eingetroffen
seien, der dritte aber auf dem Wege sich durtlün befinde, seinen
Heren, den Markgrafen Christian, zur Krklärung aufgefordert
hätten, ob er des Königs Freund oder Feind wäre. Custav
Adolf läge sehr viel an den evangelischen Ständen des Kreises.
Denn da Tilly bei Frankfurt ein Heer sammeln wollte, würde
er, falls die Evangelischen im Kreise sich selbst schützten, auf
den Feind losgehen; widrigenfalls aber müfste er den Marsch
nach dem evangelischen Franken richten. Er erhielt ferner im
höchsten Vertrauen die Mitteilung, dafs der Markgraf, wenn er
sich auch wohl bewufst sei, welche Gefahren eine bejahende
Antwort in sich berge, doch den Kntsrhhirs gefafst habe, sich
zur Zufnedenheit Sr. Majestät zu erklären, da es eine heilige
Sache gelte und der König erklärt habe, er werde sich dem
Willen der Stände fügen, wenn sie nur annehmbare Mittel
erdenken.
Schliefslich schlug der Rat Dobenecker im Namen des
Mui kgrafen vor, dafs Vertreter cler Mai kgrafcnschalien Bayreuth
und Ansbach und der freien Reichsstadt Nürnberg si( h zu einer
Beratung zusammenfinden sollten und zwar am besten in Ansbach,
wohin ja die NUrnbergischeu Abgesandten von Lichtenau aus
leicht gelangen könnten.*^)
Abradnubl- Nach dieser Besprechung nahm Hans Jakob Tetzel in
Dobeneckers Wohnung die Abendniahl/.eit ein, zu der sich auch
der schwedische Abgesandte Bernolph von Crailsheim einfand,
der unter anderen; folgendes aufserte; In wenig Tagen werde ein
Warnuugs- resp. Absageschreiben erfolgen, und wenn dies nichts
fruchte, Majestät die evangelischen mit Krieg überziehen.
Wünsche man, dafs der König Krtegsvolk in den Kreis schicke,
könne dies in 3 Tagen geschehen, aber zum Schaden des
Kreises und der Evangelischen. 9Wolte man, dafs Ihre Mt die
stände durch schreiben betrohen vnd absa;^cn solte, würden Sie
iE^UtnDnben-
ecken Haus.
") Nürnhcrtjer Kreisarchiv. Tom. XII. 177 187. Relation Wafs Ich
Innen vnlerscUricbencr bey Ilru. Caspar Dobenecker tri. i>ran(lenl>urgischen
gehaimen Seeretario tu Ba)rreuth verrichtet. Den 1 ./i 1 . October 1631 . Erlafs
der Herr«» CUern am 10. Oktober — Gustav Adolf ... I. Band, pag. 23^28.
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- 87 —
es auch, vnd in summa alles thun, was den ständen reputirlich,
vnd am gefelltgsten sei.c Dem König sei wohl bekannt, dafs
der gemeine Mann allerorten im evangelischen Franken, so
besonders auch in Nürnberg, schwedisch gesinnt sei, dals aber
im Rate der treien Reichsstadt Nürnberg lose Leute d. h. Ver-
räter seien.
Am nächsten läge reisten Tetzel und Crailsheim nach
Nürnberg. Crailsheim blieb daselbst, um mit dem Rate wegen
eines Vorlehens zu verhandeln, Tetzel aber begab sich mit dem
Ratskonsulenten Dr. Heinrich Hfllfs nicht nach Ansbach, wie
anfangs geplant war, sondern nach Heilsbronn, zur Konferenz,
die am 15. Oktober stattfand und zu der sich fttr Ansbach Graf
Friedrich von Solms, fttr Bayreuth Geheimer Rat Moritz Kanne
einfand.
Hier wurden die Gründe für und gegen das Bündnis
ganz eingehend erwogen.
Wie leicht, so sagte man sich, kann der König bei seiner ^^'^
H«Ib]ironner
»gewöhnHchen Keckheit« ums Leben kommen, wie leicht Frank- KonfereD«.
reich sich zu Gunsten Bayerns und der Katholiken einmischen,
und welches Unheü steht den Evangelischen bei einem Stege
der Katholiken bevor! Die Neutralität aber böte die gröfsten
Vorteile. Nürnberg wttrde an Kredit »vnd indeme fast königliche
deposfta anvertrauet würden, wie auch der italienischen vnd
anderer ( uiniiiereien halben, sciir zuneiiHien, hiegegen aber über
alle mafsen abnehmen.«
Anderseits aber hiefs es j Gott versuchen % wenn man diese
Gelegenheit aufser acht liefs. Gustav Adolf, des war man sicher,
wUrde ehestens die Befehdung verkttnden >vnd in verbleibung
gratification auch sonst einen ernst demonstrirn«. Ein Wider-
stand gegen ihn war aber ausgeschlossen, da ja die Stände auf
kaiserlichen Befehl hatten entwaffhen mUssen und durch die
kaiserlichen Kouimissare /u Grunde gerichtet worden waren«,
ganz abgesehen davon, dals der schwedi.sclien Macht nichts
widerstehen konnte. Und schlieisHch war man sich einig, dafs
ja jedermann befugt sei, ipro redimenda vexa sanguinem quivis-
modo zu redimim.f
"I Nürnberger Kreisarehtv. Tom. Xll. 177—187.
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— 88 —
Man beschloCs daher, dem König nicht gans aus der Hand
7.U gehen und ihm »72 oder 92 monat aequipoHentefp ohne be-
namsung der monat pro redimenda vexa absque legibus confoe-
derationis zu bewiüigen.c Diese Geldhilfe hoffte man beim
Kaiser damit verantworten zu können, dafs man sie als Brand-
schatzung hinzustellen gedachte, zu welcher man sirli schon des-
halb habe verstehen müssen, weil sonst ein allgemeiner Aufruhr
zu befürchten stand.
Verband- Tctzel und Dr. Hülfs waren aber von Heilsbronn noch
lunj^n des
Kitttneiate» nicht zurückgckebrt, so hatte sich der Rat mit Gustav Adolf im
V. CraiUicim geheimen bereits tiefer eingelassen. Der Rittmeister von Crails-
mit XurnlxTH . , , . a
wc^u eines heim vv;ir mit Tetzel nacli Nurntu rg gereift, nicit um wegen
Voricheiw fär eines lUuulnisses /wischen Nurnber^j und dem Koniix ver-
GtistavAdoll.
handeln, sondern um den Rat zu vermögen, dals er •] 't^i Konig
mit einem Vorlehen von 200000 Thalcrn beispringe. Mit dieser
Forderung aber kam Crailsheim dem Rate, der sich in Geld-
angelegenheiten überhaupt sträubte, so lange und so gut es ging,
natürlich sehr ungelegen. Doch es half nichts. Crailsheim blieb
fest, er weigerte sich sogar, bis nach dem Heilsbronner Tag zu
warten, da ja sein Anbringen ein »particularwerck« sei. Der
Rat erreichte nur soviel, dafs statt der verlangten 200 000 Thaler
die Summe 100 000 fl. auf seinen Kredit bei der Burgerschaft
aufgebracht und statt des fehlciKU n Betrages eine Menge Tuch,
Leder und 100 Ctr. Pulver geliefert werden mufsten.
Verhandelt wurde die Sache nur im Rate der Herren
Eltern und sollte ganz geheim gehalten werden. Vertrauens-
personen erhielten den Auftrag, »in höchster gehcimbc auf
Kredit des Rates sich bei der Bürgerschaft um Geld zu bewerben;
vertraute Mittelspersonen mufsten wegen des Tuchs oder Leders
Erkundigung einziehen »in höchster geheimb, vnd vnvermerckter
dinge«, wie damit aufzukommen sei; w< l; n des Pulvers wollte
man uoi^en den Zeugmeister iiml jedermann sich also ver-
nelutien lassen, dafs dasselbe für den Kreisobersten gehöre.
Nflnberger Kreisarchiy. Tom. XII. 204 — ato. Relation der den
5./ 15. Octobr: 163t zu Ileihbrunn mit Herrn Grafen von Solms und beim
Morits Kannen gehaltenen Cooferentz. Dasa die Nebea<Kelation.
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— . 89 —
Trotz dieser Vorsichtsmarsregeln jedoch blieb die Sache nicht
geheim; denn der Kaiser erfuhr alsbald hievon.^*)
Gustav Adolf war unterdessen immer weiter in Franken f^^usta^AdoUf
vorgedrungen, er hatte Königshufen genommen, Schwemturt Vordrinjjm
gezwungen, eine schwedische Besatzung nufznn'>bmen , am »n FranU-n
15. Oktober Würzburg erobert und 3 Tage später das Schlofs Aufnahm©
Marienburg erstürmt. daaeihrt.
Dieses rasche Vordringen des Schwedenkönigs wurde in
ganz Franken mit Freuden begrttfst. Wohl gingen die Herr-
schenden aus politischen Erwägungen nur zögernd daran, sich
mit dem Schwedenkönig weiter einzulassen, das evangelische
Volk in seiner groften Masse hätte solche Erwägungen sicher-
hch nicht gekannt, iu der Konsultation der Hochgelehrten vom
30. Sept./ 10. Okt. 163 1 heifst es, es sei nicht geraten, den grofsen Rat
wegen eines l'üiidnisses mit Seins eden schon jetzt /usammen-
zuberufen, denn es stehe aufser rage : »das die maiora der ge-
nannten, paucissimis exceptis, simpliciter vnd mit groser ayl
allerdings vff das ja verlauten wird.c Die 3 schwedischen Ab-
gesandten fanden »allenthalben , insonderheit zu Nürnberg, die
Leute, vom höchsten bis zum niedrigsten, gegen den König
vnd das gemeine Evangelische Wesen trefflich wol afiectioniret.c
Die christlichen Kirchen aber im fränkischen Kreis be-
grufsten den König bei seiner Ankunft in demselben in fol-
gender seliwungvollen Weise:
Held! O seyt gegrüst, Ihr Grone alier Printzen,
Defs Lob erschollen ist in aller Welt Provinzen I
Gegrüsset seyt O Heldl kein Mensch aussprechen kan.
Was Ewer ankunfft hier für frewde richtet an.
Gleich wie ein starcker Hecht das arme Täublein jaget,
Vnd keine ruhe hat bifs er es abgenaget:
S( j gten Christi Herd defs Papsts beschome Thier,
Verfolgten sie ohne mafs vnd plagtens für vnd für.
Ansehen liefs es, als weit vns allzusammen
Einäschern mit macht defs newen Fewersnammen^
Der Pfaff war i'ewerzeug, der Jesuit bliefs an,
**) MUochener Aligemeines Kcichsarchiv. Schwedische Kriegsakten,
F«se. XXXVI, 318« — Nttrnberger Kreisftrchiv. Erliste der Herren Eltern
vom 14. and 15. Oktober.
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— 00 —
0ie Rhäte schürten zu, das Volk hatt lust daran.
Gcgrüsset seyt O Held! O Sonne der Regenten!
Die jemals sind gewest in aller Welte Enden,
Der Gottesforcht Saphicr, der 'l iigond Hyaciut,
Der Zeit Topasier, derglcicii man nirgend find.
Gegrüssct ^eyt O fTeld! den Gott vns zu thut schicken,
Dafs er sein arme Herd soll in der Not erquicken.^^)
In Nürnberg galt es nun, Stellung zu den Heilsbronner
Beschlüssen zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, ob man
allein oder mit der Kreisdelegation an den König abordnen
wolle, was an Ulm und die Städte Schweinfurt, Rothenburg,
Windsheim und VVeifsenburg zu schreiben sei, ob man die
Angelegenheit alsogleich an den grofsen Rat bringen solle
oder nicht.
iu>s,i.]ü.sM cieii Sofort traten die Ratskonsulenten oder, wie es damals
dcrRücuidir hiefs, die Hochgelehrten zu längeren Beratungen zusammen,
der \i>R(<.ni mn schwcbcnden Fragen aufs gewissenhafteste zu prüfen.
jILub ivuci Und gingen auch in Einzelnheiten die Meinungen auseinander,
undDr.Hdit- {n der Hauptfrage waren alle durchaus einig, alle erklärten sich
mit den Heilsbronner Beschlüssen einverstanden; der Rat, so
erklärten sie. könne schon aus dem (i runde nicht anders ent-
sclieideii, da sonst ein Aufruhr der s<-h\vedisrh -esiniUen Hurger-
schaft drohe. Alsobald erging denn auch an den Markgraien
ein Schreiben, in welchem der Rat diesem seine volle Zustim-
mung zum Heilsbronner Beschlüsse mitteilte und sich verpflich-
tete, »so balt die angetrohete scharffe Königl. bevehdungs-
schreiben ankommen würde«, zur Kreisdelegation abzuordnen,
und in dem er denselben zugleich bat, eine Instruktion verfassen zu
lassen, sowie die Zeit und den Ort zu benennen, wann und wo
die Abgesandten zusammentreffen sollten. i)ie Hochgelehrten
wurden beauftragt, den an die Genannten c!. i. den uinfsen
Rat aufgesetzten Vortrag zu revidieren, weil man furchtt te. es
könnten der Befehdungsbrief und auf diesen die landesverderb-
'*j Nürnberger Kreisarcliiv. Tom. XII 202 und 203, 215 u. 216. —
M iitichcnrr A!l;:;emcines Reichsarchiv. Fase. XXXVl 31 S. — - l^gl- Hof- lind
Staatsbibliothek in München. Salve Kegiuni, Lurop. 361/9.4. — Chemnitz,
kgl. Schw«discheii in Teutschland geführten Kriegs Erster Teil pag. 317. —
Soden, Gastar Adolf und sein Heer in Sttddeutschland, l. Band, pag. 39.
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— 91 —
liehe Gewalt nur allzubald einireffen, und Dr. Richter hatte sofort
die Speciatinstruktion für die Naraberger Delegierten abzufassen.
Von einer schriftlichen Mitteilung an die 4 fränkischen
Städte wurde vorerst abgesehen, da eine solche Nürnberg nur
arge Ungelegenheiten bereiten könnte. Und da die Entschei-
dung, welche \iirnl)erg in ein paar Tagen treffen murste, von
unendlicher Wichtigkeit war, ja bei derselben es sich gewisser-
mafsen um Sein oder Nichtsein handelte, so erhielten die
Prediger die Weisung, das Volk zu gottseligem Wandel und
zum Gebet zu ermahnen, es wurden Betstunden anbefohlen und
alle öffentlichen Lustbarkeiten verboten.'^
So war alles aufs genaueste vorbereitet, sodafs auf das KonJcnm
königliche Drohschrciben alsbald die entscheidende Antwort er- «i^r ai>ki «.rd.
neton drs
folgen konnte, als am 22. Oktober der Hofrat Dr. Martin r.-u,.,, t
Chemnitz sicli beim Kate um Audienz anmeldete.
Clmiinilz.
Das Verlangen, welches der Hofrat im Namen seines
Königs an die Delegierten des -Rates, Hans Jakob Tetzel und
Dr. Heinrich Hülfs, stellte, entsprach nicht dem, was man in
Heilsbronn zu bewilligen sich geeinigt hatte. Dort wollte man
ja Gustav Adolf nur eine gewisse Summe Geldes gewähren,
d. h. die Kontribution von 72 Monaten, zu welcher man sich
im Juli 1631 dem Kaiser gegenüber verstanden hatte, nunmehr
einfach an den König entrichten, docli »oline benamsung der monat
pro redimenchi vexa abse(]ue legilnis confoederationis.« Chemnitz
aber forderte, Nürnberg möge soviel Kriegsvoik werben, als es sich
beim Leipziger S« lilusse herbeigelassen, und dieses Kriegsvolk dem
König und den evangelischen Ständen schwören lassen; er
begehrte, dafs es sofort eine Abordnung an Gustav Adolf er-
gehen lasse, mit der er selber reisen wolle. Auch widerriet er,
das königliche Befehdungsschreiben abzuwarten, vor dessen
Eintreffen der Rat keine Entscheidung im Sinne des Anschlufses
an Gustav Adolf zu treffen beschlossen hatte; denn ein solches
komme jetzt dem Koni^ bedenklich vor. Er wolle daher das-
selbe in ein Memorial bringen. Wünsche jedoch der Rat eine
Nürnben^er Krei«iarchu-. Toni. XII 221 225, Ratserlafs am
18. Oktober. Tom. Xil 226—236, Consuliaiio habita der Hochgelehrten.
Tom. XII 253. Schreiben «n den Merkgrafen Christian. Tom XII 341^245,
R^taerlafs am 20. Oktober.
»
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— Q2 —
wirkliche Fehdeankündigung, so werde diese erfolgen^ jedoch
zu seinem Schaden.
Diese Eröffnungen kamen den Nürnberger Deputierten ge-
wifs Uberraschend. Sie Kefsen sich aber darüber in keine wei-
teren Erörterungen ein, sondern baten nur wegen des Handels
ihrer Sladi um Xeutralität.
Von einer solclicn aber wollte Chemnitz durchaus nichts
wissen, und er wies aul die schlimmen Folgen hin, welche
Nürnberg zu erwarten hätte, wenn es sich auch fernerhin wei-
gern würde» des Königs Willen zu erfüllen.
In diesem Falle, führte er aus, wird der König die Nürn-
berger feindlicher als die Katholiken behandeln. Er wird keine
Messe» keinen Handel gestatten, es hätten denn seine Krieger
vorher alles genau durchsucht, er wird des Rates Land und
Leute verschenken u. di;!. m. Er machte ferner aufmerksam
auf die Macht Ciustav Adolfs, der unlängst 55 030 Mann l)e-
soldet hätte, und die trostlose Lage der l i^a ; er wies hin auf
die Katholiken, die keine Schwierigkeiten mehr machten, und
auf den Fürsten von Darmstadt, der jetzt auch dem König
kontribuiere. SchUefslich aber hob er noch Gustav Adolfs
Fürsorge für die Städte hervor, deren Bestes dieser im Auge
habe und von denen er diejenigen, welchen er gewogen sei,
mit Garnisonen verschonen wolle.
Damit schloss die Konferenz, über welche Dr. Heinrich
Hülfs sofortigen 15ericht erstattete, der mit den denkwürdigen
Worten schlofs: »Der allerliDchste gebe gnade, dafs alles mit
den wenigsten bcschwernufsen al>L;ehe, weiln es doch am endt
ein gezwungenes werck, welchem auch sogar Chur Saxen, wie
sehr es auch daselbs cunctirt, nich hatt entgehen können«.
Nun mufste der Rat rasch handeln. Noch an dem-
selben Tage erliefs er eine Reihe wichtiger Verord-
nungen und erhielten die Hochgelehrten den Auftrag, sofort
die Instruktion für die Abordnung zum König zu vollenden,
ihre Gutachten über den Bericht des Ratskonsulenten
Dr. Heinrich Hulu abzugeben und den Vortrag an die
Genannten einer nochmaligen Durchsicht zu unterziehen; denn
schon am nächsten Taire yvm rathlaitenszcit i sollten die In-
struktion, die Gutachten und der Vortrag abgehört werden.
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— 93 —
An die Genannten sollte die Sache aber erst gebracht werden»
wenn die Nürnberger Abgeordneten zum Frankfurter Kompo-
sitionstag zurQckgelLehrt wären und man Näheres Ober die Ver-
richtungen der beiden brandenburgischen Häuser Bayreuth und
Ansbach in Wiir^iburg bei Gustav Atlolf in Erlahrung ge-
bracht hätte.
Doch schon am folgenden Tage, den 23. Oktober, hef ein
■chrriben des
in sehr scharfem Tone gehaltenes Schreiben des Hofrates Dr. Dr. Martin
Martin Chemnitz ein, in welchem dieser im wesentlichen wiederholte, ^bemniu.
was er bei der Konferenz ausgeführt hatte. Er wies abermals
auf das furchtbare Strafgericht des Königs hin, wenn Nürnberg
vorzöge, neutral zu bleiben, versprach der Stadt anderseits jedoch
auch dessen ktaitigcn Schutz, ja dafs derselbe ihr iiütigcufalls
mit Gefahr des eigenen Lebens beistehen würde, um sie bei
ihren Rechten und l'reiheiten zu erhalten. Zum Schlüsse aber
verlangte er eine rasche annehmbare Antwort; sonst würden dem
Rate vom König weit schärfere Schreiben zugehen, und die
hiezu kommandierten Truppen ungesäumt ausführen, womit die
Stadt bedroht werde. Was aber die Feindschaft des Königs
bedeuten würde, düvon hatte man bereits einen Beweis erhalten.
Denn zwischen Marktbreit und Ochsenfurt und im Spessart waren
Nürnberger Kaufleute von schwedischenSoldatenausgeraulH wurden
und hatten einen angeblichen Schaden von ca. 4QÜ0ü0t1. erh'ttcn.'®)
Nun hatte der Rat, was er wollte. Er konnte in seiner
Verantwortung beim Kaiser sich darauf berufen, dafs er nur der
Clewalt nachgegeben habe; zugleich aber war ihm mich der
Schutz des Königs gegen feindliche Bedrohung nachdrücklich
versprochen. Dafs der Rat jedoch noch am 22. Oktober der
Ansicht war, er könne neutral bleiben, kann als ausge-
schlossen gelten.
Noch selbigen Tages, den 23. Oktober, wurde daher den Zi^nimcn-
Genannten angezeigt, dais sie morgen iruh »von zeit des rath- 'o^l^ntcn"
Nürnberger Kreisarchiv. Tom. Xli 266—272, Eyifcrtige ReJatio
d«r Conferentz S» den (12.) 2a. Oetobris mit d«m hemi Chemnicio ge<
halten worden. — Sodeii, Gustav Adolf und sein Heer in Sttddetttschland,
pag 54 ff-, 60 u. 61.
"j Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XII 272-276 (auch Tom. XUI,
»74 ff., Konsept"), Schreiben dei Hofrates Dr. Martin Chemnitz. RatserUr«
am 14. u. 17. Oktober. — Soden, . . . pag. 60 u. 6t.
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— 94 —
läutenss bei ihren Pflichten im Rathaussaale zu erscheinen hätten
und keiner ohne erhebliche Ursache ausbleiben dürfte.
Das Droh- Soweit WRT die Sache gediehen, a!s am frühen Morgen
•chrcilx-n tl«'s
König», des 24. Oktobers das oben erwähnte und erwartete I )rolischreibcn
des Könis:s durch einen Trompeter überbracht wurde, (lustav
Adolf liefs eben, wie der Gcschiclitschreiber Bogislav Philipp von
Chemnitz sagt, >weil Er wol vermerckte, dafs sie das compelle
intrare gespielet hatten, vnd zu dem, was sie innerlich von
Hertzen selbst begehrten, gleichsamb gezwungen sein wolten,
einen scharffen Absag-Brieff an sie ergehen« und erfüllte damit
den Wunsch des Rates, der, weil er nicht neutral bleiben konnte,
den Zwang begehrte.
Der Freiheit zu liebe, schreibt der Konii;, besonders zur
AbschatVung der Bedrängnisse der An- und Glaubensverwandten,
zur Hersteilung des Religions- und Profanfriedens und zur Ver-
sicherung der eigenen Reiche habe er den Krieg so geführt,
dafs die Last desselben baldigst in der Feinde Land versetzt
werde. Um aber zum Ziele zu kommen, rechne er auf die
Hilfe der Evangelischen. Nürnberg habe wohl seine Siege mit
Verwunderung vernommen, jedoch gar nichts gereicht, sondern
nur die Macht des Feindes verstärkt. y,Es obliege aber seinem beruff
vnd konigl. amptec, ein wachsames Aui^e zu haben, dafs ?durch der-
gleichc gerelirliche proceduren, die gemeine evnnwelische wohlfart
lenger nicht verkurtzet werde, die zeit, gelegenheit, vnd vnsere von
Gott verliehene mittel, auch an sich selbsten kein neutralisiren
ertragen können, sondern eine aufrechte, redliche, christliche vnd
reale dexteritet erfordern« . Er habe sich daher der Stadt genähert,
um deren kategorische Entschliefsung zu vernehmen und zu
erfahren, ob er sie als feindlich oder freundlich betrachten solle.
Alsogleich erliefs der Rat eine Vorantwort an den König,
in welcher er demselben mitteilte, dafs er schon vor der Ankunft
des Drohschreibens beschlossen hätte, die Sache an die Genannten
zu bringen und an Majestät abzuordnen.
Nürnl)er«,'er Kreisarchiv. Tom. XII, 276, Ralserlafs am 23, Ok-
tober Till. 1, 280 282, Dr* i!i-.c!irc'i'»en des Kohil:?- Tom. XU, 40 504,
Gutachten üer Genannten. Tom. XIU, 263 — 265, Drohichreibcn .au den
MarkgrafcD Chrisiian 1 Konzept). — Gustav Adolf ... I. Band, pag. 63 a.
64. ~- Chemnitz, des ächwedischen in Dentsehland geführten Krieget, I. Teil,
pag. 217 u. 218. Tom. XU, 306, Voraniworl an den König.
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— 95 —
Die Genannten fanden sich zur festgesetzten Stunde ein. ^^"^ vort«g
Nach Verlesung des an Dr. Chemnitz gerichteten königlichen Genannten.
Beglaubigungsschreibens, des von Chemnitz überreichten Memo-
rials, des königlichen Drohschreibens, sowie des von Dr. Richter
verfafsten Vortrages an die Genannten wurden die Stimmen und
Gutachten i^x'saminclt und aufgezeichnet.
Bevor jedoch hier vom Resultate der Alisliinnuing die
Rede ist, erfordertes die Genauigkeit, etwa'^ näher auf den Vortrag
an die Genannten einzugehen. Abgefafst war derselbe bereits am
19. Oktober von Dr. Richter, das erste Konzept erlitt aber manntg-
fache Veränderungen. Auch das zweite wurde mehrfach verbessert.
Es wird wohl nicht tlberflttssig sein» wenn auch nur ganz im
-allgemeinen, das Wesentliche der Veränderungen hier anzuführen.
So erscheint im II. Konzept auf ausdrücklichen Befehl des
Rates, ob und wie weit Gustav Adolf als ein ausländischer und
weit entsessener Herr künftig und auf alle Falle die liiesige
Bürgerschaft in Ruhe und Sicherheit erhalten könne, und dafs
man von jeher solch \ orhabcn ausländischer Fürsten für sehr
mifslich gehalten habe. Ausgelassen ist jedoch, dafs die höheren
Stände mit den Städten keine Gleichheit halten wollen oder gar
auf deren Unterdrückung sehen; dafs dieselben wohl mehr auf
Vergröfserung ihres Gebietes zum Schaden der katholischen
Stände ausgehen, als auf die Erledigung der evangelischen
Drangsale; dafs Frankreich gar leicht den Katholiken zu Hilfe
eilen könnte. Das erste, weil es die Genannten nicht zu wissen
brauchten, das zweite, da es nur eine Vennutung, und das dritte,
weil es ein Secretuni. Dies das Wichtigste der Abänderungen.
In dem Vortrage selber, wie er am 24. Oktober an die
Genannten gehalten wurde, waren ganz eingehend die Gründe
für und gegen den An^chlufs an Schweden vorgeführt; es sollte
dadurch den Genannten, wenn in der Folge ihre Abstimmung
sich als unheilvoll für Nürnberg erweisen würde, jeder Anlafs
genommen sein, den Rat zu bezichtigen, dafs derselbe über die
wahre Lage der Dinge sie nicht genügend aufgeklärt hätte.
Die Gründe sind allerdin^^s meist nicht neu und können es nicht
sein; es sind in der Haupts u !ie dieselben, wie die in Hoilsljronn
angeführten. Des Zusammenhangs wegen halte ich es jedoch
für angezeigt, auch Bekanntes zu wiederholen.
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— 96 —
In der Einleitung spricht der Verfasser von den Fort*
schritten des Schwedenkönigs, von dessen Absicht, den Krieg
zur Herstellung des so lange ersehnten Friedens fortzusetzen,
von den »Werbungen! der 3 schwedischen Abgesandten, die im
Namen ihres Königs erklärt hätten, dieser werde, wenn man ihn
mit (leid und anderem mUorstutze, sich als Freund bezeugen
und die Stadt s( hut/cn, andcri'alls aber die Nürnberger ärger
als die Papisten verlulgen', dann führt er das bedrohliciie Memorial
des Hofrates Dr. Martin Chemnitz und das Drohschreiben des
Königs an »mit Ihrer königl. May. aigner band vnterschrieben.«
Hierauf folgen die Grdnde für und gegen den Anschlufs
an Schweden, von welchen hier in Rücksicht auf den Raum
nur die wichtigsten gebracht werden.
Erst jüngst, heifst es in dem Vortrage, hätte man dem
Leipziger Schlüsse entsagt und in einem Reverse dem Kaiser
Treue versprochen. Lasse man sich daher jetzt mit Gustav
Adolf ein, so würde der Kai<ier zum hefti^ston l>cleidigt und
di(^ Stadt durch die Katholiken aufs aufserstc bedroht; Blockierung,
Belagerung, Sperrung des Handels u. a. m. stünden ihr In Aus-
sicht. Auch sei nicht abzusehen, wie der König als ein weit
entsessener Potentat die Stadt in Sicherheit erhalten könne,
stets habe man dergleichen Vorhaben ausländischer Herrscher
fUr sehr mlfslich gehalten, und zu alledem beruhe die Sache nur
auf 2 Augen. Und ginge auch der Schwede als Sieger hervor,
so bliebe man doch nach allen Opfern ohne Schadenersatz, und
müfsten unersthwiiifrürhe Geldopfer weiter bcvvilligt werden.
Auf der anderen St'ite alier crfilte es den Glauben und
hiefse es Gott versuchen, wenn man nicht gleich anderen
Ständen Gustav Adolf die Hand bieten wollte. Bei einem
Widerstande gegen Schweden wäre auch Nürnberg aufs äufserste
gefährdet; denn der Macht Gustav Adolfs könnte niemand
mehr widerstehen. Hätten sich doch auch Sachsen und Branden-
burg mit ihm verbündet, bäten selbst mächtige hohe katho«
lische Stände um Neutralität, und hätten andere katholische
Stände sich ■ accomodirt« . Auf die Katholiken aber könnte
man sicherlich keine Iluünung setzen. Dieselben wurden der
Stadt, wenn i»ie hart bedrängt würde, gewifs nicht beistehen;
vun ihnen wäre weder Dunk noch Schonung zu erwarten^
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— 07 —
bei ihrem Siege wäre es um die Atigsburgische Konfesston
im Reiche geschehen. Überdies hätte man bei dieser Sache
nicht auf Menschenaugen, sondern auf Gottes gnädige Vorsehung
zu sehen. Was endlich den Verzicht auf den Leipziger Schlufs
anbelangte, so wäre derselbe erzwungen, und hätte jeder das
Recht, im äufsersten Notfälle Blut, Leib und Leben zu retten.
Ist in diesem Vortrage den Genannten auch genau dar-
gelegt, welch schlimme Folgen ein Zusammengehen mit Gustav ^
Adolf fUr Nürnberg haben könnte, die Gründe für ein solches Gnauiten.
sind doch die bei weitem gewichtigeren. Und war die Abstim-
k
mung schon von Anfang an keine zweifelhafte, durch den Vortrag
wurden die Genannten gewtfs nicht anderen Sinnes.
Sie gaben denn auch in der Zahl von 290 auf die
2 Fragen: 1 . >Ob meine Herren sich, dem allgemeinen evangelischen
wesen zum besten, mit königlicher Mayt. in Schweden, vff gewiese
mafs, gleich anderen evangelischen Stenden vereinigen vnd ver-
gleichen sollen? 2. Was sie, alfs gehorsame bürgere, vfif solchen
fall zu beflirderung dieses schweren vnd hochwichtigen werckhs
thun wollende taufser etzlichen gar wenige die Antwort, »dafs
man in dieser, Gottes ehr vnd die gewissensfreiheit concer-
nirenden sach, sich königlicher Mayt. in Schweden keineswegs
entziehen, sondern vielmehr deroselben, anderen evangelischen
Stenden gleich, sich begerter conjunction nach aller möglichkeit
ah die band gehen solle.«
Es fehlte übrigens auch nicht an Genannten, die der Ab-
stimmung am 24, Oktober ferne blieben; unter denselben mag es
wohl manchen gegeben haben, der wegblieb, um nicht Farbe
bekennen zu müssen. Die Fehlenden alle wurden in die Ratsstube
erfordert, um da über die 2 Punkte befragt zu werden. Aber
noch am 30. Oktober hatten einzelne Genannte nicht ab-
gestimmt.
Durch diese Abstimmung der Genannten war der Rat
gebunden, Gustav Adolf an die Hand zu gehen, das Wie aber
war ihm freigestellt. Aus der weiter unten folgenden Instruktion,
wie auch aus den späteren Verhandlungen mit dem König
"I Nttmberger KreisarcMv. Tom. XII. 936—341, 1. Kooiept. Tom.
XII. 246—353, lt. KoosepL Tom. XII. sSa— 388, III. Konzept.
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Iiiittriiktioa
werden wir erfahren, dafs er sich nicht beeilte, sich tiefer mit
demselben einzulassen.
Die Abordnung an den König jedoch wurde keine Minute
verzögert.
Hans Jakob Tetzel und Dr. Georg Richter wurden sofort,
nachdem die Genannten ihre Stimme abgegeben hatten, beauf-
tragt, nach Würzburg zu reisen, wo sich der König dieser Zeit
befand. Ihre Instruktion war bereits vorlier von Dr. Ri( liter
verfafst und n^ch eingehenden Keratungcn mit geringen Ab-
änderungen genehmigt worden. Die Abordnung geschah, wie es in
der Instruktion heifst, ^'nach dem exempel anderer evangelischer
vnd katholischer stände dieses creyfses, au Verhütung grösem vn«
heylfs vnd abwendung der angedroheten feindlichen proceduren. c
Die Instruktion aber der beiden Abgeordneten lautete
Ai>Ke<.ni ihrem wesentlichen Inhalte nach also:
net«n Hau y^^^ erste Sollten die Abgeordneten sich bemühen, dafs
Jakob Tetz» ! °
und Dr. Nürnberg bei dem gelassen werde, was man dem ersten
5^*"^ schwedischen Abgesandten zur Antwort gegeben. Sie sollten
nur im allgemeinen versichern, man werde Gustav Adolf, soviel
nur immer möglich und die Pflicht gegen Kaiser und Reich
zulasse, unterstützen, dafür aber den König bitten, er möge
Stadt und Land in Schutz nehmen, bei ihren Rechten erhalten,
den Handel sicher treiben lassen und Fafszettel wider sein und
der Interessenten Volk ausstellen.
Dafs damit durchzudringen wäre, hegte der Rat sicherlich
bot hst geringe Hoffnung. Es entsprach aber dieser Teil der
Instruktion der Politik desselben, sich nur langsam, gleichsam
bchritt lür Schritt, vorwärts drängen zu lassen.
Fürs zweite, wenn hicmit nichts zu erreichen wäre, sollten
Tetzel und Dr. Richter allen f leifs anwenden, dafs Nürnberg Zeit
gelassen würde, sich mit einer oder der anderen ausschreibenden
Stadt — worunter Uhn, Frankfurt und Strafsburg verstanden
sind — zu beraten. Majestät wäre dies nützlicher, und Nürnberg
könnte sich eher beim Kaiser verantworten.
*•) NQmber^er KretsarchW. Tom. XII. 294— 298, Katierlafs. Tom.
XII. 522 und 523, Ratserllsse am 28 und 30. Oktober. Tow. XU. 294 IT.,
Erlafs (ter lUrreu Eltern «iD 24. Oktober. Tom. XII. 463—504, Gutachten
der Genunuteo.
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— 99 —
Damit war Zeit gewonnen und mit dem Zeitgewinne mög-
Hcherweise eine Klärung der Verhältnisse.
Wenn aber auch das nicht verfangen sollte, »auf solchen
eufsersten falle hatten sie die Weisung, den Vertrag zu schliefsen,
wie folgt:
t. Die Person des Kaisers ist auszunehmen, und die
Reichsverfassung, besonders der Religions- und Profanfriede, hat
als Grundlage m dienen. 2. Der Vergleich darf die Stadt als
einen unmittelbaren Reichs- und Kriegsstand in keiner Weise
in ihren Rechten und Freiheiten beeinträchtigen. 3. Er darf der
Stadt in ihrem Gehorsam gegen Kaiser und Reich, wie in ihrem
Verhältnis zum fränkischen Kreis nicht nachteilig sein. 4. Da
derselbe zur Erhaltung und Fortpflanzung des evangelischen
Glaubensbekenntnisses dient, darf der Stadt nicht nachteilig sein,
was sie* Kaiser und Reich kraft rechtskundiger Kapitularien
schuldig ist.
Die 4 ersten Punkte betreffen also das Verhältnis Nürn-
bergs zu Kaiser und Reit h, sowie zum fränkischen Kreis, an
welchem dieser Vertrag keine Änderung herbeiführen darf.
Nun folgt, was Nürnberg von Ciustav Adolf verlangt:
5. Nürnberg will alle Vorteile geniefsen, welche den
Kurfürsten und anderen Ständen vorbehalten worden sind;
6. verlangt Salvaguardien und Pässe, deren man sich auch gegen
andere evangelische Stände bedienen kann. 7. Der König soll
die Reichstadt und deren Bewohner, ihr Hab und Gut aufs
beste verteidigen und nötigenfalls mit Succurs zur Stelle sein;
8. keinen Waffenstillstand oder Frieden schliefsen, ohne dafs
die Stadt ihrer Privilegien und Rechte versichert werde, wenn
nötig »in sperie*:; 9. allen religiösen und politischen Ijeschwerden
abhelfen und die Stadt gegen fernere Bedrängnis versichern;
endlich 10. es bei den evangelischen Ständen dahin richten,
dafs sie die Stadt mit Kontributionen, Vorlehen u. s. w.
verschonen*
Dafür wirbt Nürnberg eine erschwingliche Anzahl Kriegs*
Volkes, besoldet dieses ebenso wie das schwedische und läfst es
dem Magistrat gebührlich schwören. Dieses geworbene Kriegs*
volk wird nicht allein zum Besten des Königs und der evan-
gelischen Sache verwendet, sundern hat aueii demselben die
?•
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— 100 —
Stadt als Rückzugspunkt frei uod offen su erhalten, soweit es
ohne Gefahr sein kann.
Der Vergleich soll auf ein Jahr geschlossen werden, Ver-
längerung, Verbesserung und Aufkündigung beiden Teilen frei
stehen. Zur Abschliefsung des Vergleiches sollen die Abgesandten
sich des Hofrates Dr. Chemnitz bedienen oder irgend eines
anderen küniglichen Rates uiul im Falle nutzlicher Folge : danck-
barlicher recompens Vertrustung thun*. Bei allem aber, was
über die Instruktion hinausginge, sollten sie sich erst Rat erholen.
Wozu der Rat der freien Reichsstadt Nürnberg sich hier ver-
stehen will, deckt sich allerdings nicht mehr mit dem Heilsbronner
Beschlüsse, ist aber weniger, als Dr. Chemnitz am 22. Oktober
forderte. Er läfst sich nur herbei, eine »erschwingliche Anzahle
Kriegsvolk zu werben, das nur der heimischen Behörde, nicht auch,
wie Chemnitz verlangte, Gustav Adolf den Eid leisten soll.")
itf«cb werden Dagegen ist der Rat niciit zurückhaltend mit seinen
der freien
Ko'rh.-tuii Wünschen, deren Krfulhing er vom Könige hofft. So erwartet
Nürnberg, gj. y^jj jjjjj^ Abhilfe aller Beschwerden, deren es nicht wenige
gibt. Er will die Versicherung vor der angedrohten Reformation
der Kirchen und Klöster in Stadt und Land, Abschaffung aller
Neuerungen seit 1620, besonders des vom deutschen Orden
eingeführten Messelesens und der gesuchten Reformation der
St. Elisabeths- und Jakobskirche. Er begehrt Repressalien für
die Handelsleute, welche eines Teils ihres Vermögens in katho*
lischen Ländern durch Konfiszierung verlustig gehen oder ihre
Reichs- und andere Lehen verlieren. Andere Wünsche betreffen
die Sicherheit de«; Handels, die Belassunt? der vun Kurl)a\ern
beanspruchten böhmischen Ämter, Abhilte wegen besorgenden
Unheils vom Rothenberg und aus der Oberpfalz, sowie wegen
Sperrung der Viktualien aus der Oberpfalz. Auch bezüglich der
mannigfachen Irrungen mit den beiden brandenburgischen Häusern
Bayreuth und Ansbach erhofft er durch den König Beilegung auf
gütlichem Wege.**)
"i Nürnberi;er Krcisurchiv, Ton' \I' 29S 11,06. Kon?f[>l. Das
Original findet sich nicht vor.) — Soden, tiuslav Adolf uuü sein Heer in
Suddeutschland, I. Band, 68— 70.
'^j Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XU. 289 — 291, Beschwer den der
freiere Tvoichsn:\."t Mimherjj;. ü'jri-cri'; rhne inar»:;ebuDg vnnd vff VCrbefsC-
ruug« von einem Kutskonäuienten zusaaimengei»telU.
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Kaum waren jedoch Hans Jakob Tetzel und Dr. Geoig
Richter nach Wttrzburg abgereist, als aus Bayreuth eine In- iJ^ti,
struktion eintraf, die fttr alle schickenden Stftnde, also fttr die
Markgrafschaften Ansbach und Bayreuth und die freie Reichsstadt
Nürnberg, gelten sullte.
Gänzlich verarmt, so beginnt dieselbe, haben wir »fiehent-
Uch vnd inniglich nach dem frieden geseufzet«, doch hegen wir
zu Gott dasi Vertrauen, dafs er Se. Majestät zum Friedensstifter
und Vermittler geschickt habe. Die Stände, heifst es dann
weiter, bezeugen, »dafs ihnen niemals in den sinn gekommen
noch kommen werde, von Kay. ihrem Oberhaupte sich abzu-
sondern noch derselben an ihrer devotlon etwas zu verringernc ;
sie bitten Se. Majestät, dies in bestem aufzunehmen und ihnen
am gebührlichen Orte verantworten zu helfen. Sie stellen ferner
die Bitte, Majestät möge, da er nur die Rettung der evangelischen
Kirrhe und Herstellung des Friedens wolle, in solch »dapfern
Eifert verharren.
Die Stände haben nichts übrig als das Leben und können
die bewilligten Reichs- und Kriegssteuern »ohne abbnich des
gehorsams und grofse Gefahr nicht verweigemt \ sie leben daher
der Zuversicht, Majestät werde sie mit Kontribution und Kon*
föderatton verschonen. Der König weifs ja, dafs die Stände
ihm »affectionirtc sein mttfsten, und dafs er von denselben nichts
Schlimmes zu befahren liätte. Würde er auf diese ihre Bitte
eingehen, so wäre ilmi der herzlichste Dank sicher, auch konnte
er ihrer Devotion gewils sein.
Wenn aber der König nicht darauf eingeht, so ersuchen
die schickenden Stände, den Vergleich so zu mildern, dafs er
von ihnen aufs beste verantwortet werden kann, und sie in nicht
noch gröfseres Unglück kommen. Fttr die Stände ist aber
gerade die eigene Werbung von Kriegsvolk sehr bedenklich, da
der Kaiser strenge verboten hat, ausländischen Potentaten
Quartiere und Musterplätse zu geben. Sie werden jedoch dem
König Pafs und Repafs verwilligen, sowie den Rückzug unter
der Bedingung, dafs dadurch keine Neuerungen eingeführt und
ihnen selbst die Orte, die sie zu ihrem Unterhalte brauchen,
nicht geninnmen werden. Dazu werden sie, wenn es anders
nicht möglich ist, 4 — 6 Monate der Keichsmatrikel nach aller-
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längstens 6 Monaten entrichten, welche Bewilligung aber nicht,
als gegen den Kaiser gerichtet, aufgefafst werden und zu keines
evangelischen Standes Nachteil sein darf. Das um die Geldhilfe
fjeworbene Kriegsvolk wird, wenn der König weiter zieht, dem
Kreis zur Verteidigung gelassen, die (ieneralc und OiTiziere
werden von den kontribuierenden Standen vorgesclilagen und
sind diesen und dem Kreisobersten, dem Marki^^rafcn Christian
von Brandenburg - Bayreuth , verpflichtet; das Oberkommando
hat der König.
Dagegen erhoffen die Stände vom König, dafs er sie mit
Duirchzttgen, Einquartierungen u. s. w. verschone und, falls dies
nicht möglich, die aufgewandten Kosten von der Kontribution
abziehe, dafs er sie bei ihren Rechten und Freiheiten schütze
und erhalte, von niemandem bedrängen lasse, keinen Frieden
schliefse, in welchen nicht die Stände mit inbegriffen seien, und
Salvaguardien erteile.
Was diese Instruktion nicht enthielt oder zu Heüsbronn
niciit beraten worden war, hatten die Abgesandten »ad referen-
dumc zu nehmen, was sie verrichtet, in eine Relation zu fassen
und diese, sowie den aufgerichteten Recefs bei ihrer Rückkunft
einzuantworten. Dies der wesentliche Inhalt der sehr langen
Instruktion.
Was man nach derselben Gustav Adolf bewilligen will, ist
wenig genug, an Geld noch weniger, als man zu Heilsbronn
übereingekommen war; hiezu kommt noch die an diese Geldhilfe
geknüpfte Bedingung bezüglich des geworbenen Kriegsvolkcs.
Aus^esi^rochen ist hier allerdings, im Gegensatze zum Heils-
bronner Beschlufs, dafs man Gustav Adolf Pafs und Kepafs,
sowie den bedingten Rückzug verwilligen werde. Doch liätte
man gegebenenfalls dies dem König Überhaupt nicht verweigern
können.
Allein gerade deshalb mochte die Instruktion dem Rate
gefallen; ohne längeres Besinnen erklärte er sich mit derselben
einverstanden und fertigte sie mit gewöhnlicher Siegelung aus.
Dann sendete er unverzüglich einen Eilboten an Tetzel und
Dr. Ricliter, sie niut hten warten, bis die anderen fränkischen
Delegierten einträfen, die Instniktifin würde ihnen nächstens
»copeylich« zugeschickt. Gleichzeitig sendete er aucli die In-
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stittktioD zu gleichmärsiger Siegelung nach Ansbach. An den
Markgrafen aber schrieb er, dafs er der Meinung gewesen, es wäre
von Bayreuth bereits eine Gesandtschaft an den König abgegangen,
weshalb er denn auch sich entschlossen hätte, selbständig vor-
zugehen; nunmehr würden jedoch l'cUcl und Dr. Ricliter ver-
ständiL t. so lange zu warten, bis die übrigen fränkischen Delegierten
angekommen wären.**)
Die - Nürnberger Abgeordneten waren aber bereits zur ^
Audienz gelangt, als der Eilbote ankam. Schon am 28. Oktober NibiiberBer
um 1 Uhr nachmittags standen sie vor dem König, > cujus prae- Ai>g<-san<iu-n
bei Gustüv
sentia äuget famam«, wie es im Bericht heifst, im Beiseln vieler Adolf,
vornehmer Offiziere. Der König hörte sie stehend und ent- Vcriand-
blüfsten Hauptes an und versprach in der Antwort Nürnberg miidcnRäun
seinen vollen Schutz; man niüciiLo sich nur vor der Ankunü König»,
des Feindes nicht furcliten und die Stadt beizeiten verwahren.
Von dem jedoch, was er im besonderen von Nürnberg
erwartete, sprach Oustav Adolf nicht. Doch sollten darüber
Tetzel und Dr. Richter nicht lange im unklaren bleiben.
Denn kaum waren sie in ihre Wohnung zurückgekehrt, so
wurden ihnen von den zwei schwedischen Rflten, Dr. Martin
Chemnitz und dem Generalkommissär Heufsner, folgende 3
Fragen vorgelegt: 1. ob die Stadt mit festen Werken ver«
sehen sei, und ob wohl der König jemand von seinen Leuten
schicken müsse*, 2. ob es wegen der (Jefahr des Tiilyschen
.Anmarsches auf Nürnljerg nütii; sei, dals der König jemand
sende, der mit Rat und That helfe-, 3. ob die Stadt selbst
werben oder sich dessen vom König verselien wolle. Nun aber
enthielt die Instruktion der beiden Nürnberger Abgesandten
darüber keine Bestimmung, weshalb sich denn auch Tetzel und
Dr. Richter in ihrer ausweichenden Antwort darauf beriefen;
aufserdem aber wiesen sie noch auf einen Städtetag hin, auf
welchem man alle Fragen eingehend beraten und alsdann einen
endgültigen Beschlufs fassen würde. Doch die schwedischen
Räte liefsen nicht nach, auf eine bestimmte Antwort zu dringen,
'*) Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XII, .^3S— 1,40, des Markgrafen
Schreiben an Nürnberg. Tom. Xll. 320- 341 und iom. Xll 341 — 356,
die Bayreuther Instruktion Tom. XII, 366. 362 und 364, Schreiben de«
Rates an Tetsel and Dr. Richter, an den Markgrafen «nd die Regierung
in Ansbach.
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indem sie erwiderten: Ein Städtetag sei wohl wegen eines
Bündnisses am Platze, jetzt aber trete die Gefahr an Nttmberg
heran, und müsse man sich daher beizeiten entschUefsen, was
man zu than gedenke >vnd müste man nur fein gerad heraufs-
gehen, vnd sich mit referiren vff andere nit lange vfihalten, dann
Ihrer königl. Mt nichts mehr zuwidere.
Allein Tetzel und Dr. Richter blieben fest. Sie erklärten,
man wäre ja in der Frage »Anrc fest entschlossen, in der Frage
»De modo?f aber würde man die Konferenz abwarten. Damit
schlofs die Besprechung.'^)
Ankunft Da jetzt aber auch Moritz Klum für Bayreuth und Oberst
MonteKbans f^j, An^barh eini^etroffen waren, bestand ijetiründete
und dfs
Ubcmrn Hoffnung, dafs die Bündnissa( lie und was damit zusammenhing,
doch nocli im gesamten Krcisnaaien behandelt und geregelt
werden konnte.
Bullich.
stdiuDK des Inzwischen waren auch die bekannten 3 Forderungen
Rateaxudmj ^^^j^ Nürnberg berichtet worden. Sie kamen dem Rate, wie
dcrs.hwc. man sich leiclit denken kann, sehr ungelegen; denn ein volles
dischen RUf. pj^^^r^-iiL-n auf dieselben bedeutete ein offenes Zusammeni^ehen
mit liustav Adoh" und war der zaudernden und vorsichtigen
Politik des Rates ganz entgegen. Schon mit Rücksicht auf den
Kaiser wollte derselbe ja seine Angelegenheiten selbständig
ordnen. Es mufste daher sein ganz besonderes Bedenken er-
regen, dafs Graf Heinrich Wilhelm von Solms, der als früherer
Vogt von Kadolzburg noch obendrein den HaCs der Nürnberger
Bürgerschaft auf sich geladen hatte und somit schon persönlich
unannehmbar war, mit seinen geworbenen Truppen Nürnberg zu
Hilfe j^eschickt werden sollte. Da galt es denn rasch /u handeln
und dureli selhstiuidige Regelung der Angelegenheiten die richtige
Antwort auf die 3 Fragen zu erteilen.
Ungesäumt beschrieb der Rat den Obersten Leublhng und
den Oberstlieutenant Pullmann, schritt unverzüglich zur Werbung
bis auf 2000 Mann und begann mit der Versicherung der Stadt,
**) Kfirnbergcr Krcisarchiv. Tom. XIU. 356—361, s. Berieht ««■
Würzburg. Tom. XIII 365 fT. — Soden, Gustftv Adolf und leio Heer in
öäddeutschland, pag. 74 -76.
Nürnbcriier Kreisarchiv. Tom. XIII. 356- 361.
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indem er Zwinger und Thore verwahren, Geschütze aufHlhren
und die Thttren, welche in die Stadtmauern gingen, vermauern
liefs. Im übrigen aber sann er nach, wie er den Grafen Solms
am besten ablehnen könnte. Doch brauchte er sich nicht lange
zu besinnen.^') Denn kurze Zeit nach dem eingelangten Berichte
Tetzeis und Dr. Richters lief auch ein Schreiben des Königs ein, s.hrcib.n
in welchem dieser sich erbot, im Falle Nürnberg belagert werden
sollte, was jedoch nicht zu glauben, die Stadt >in höchster eyl-
fertigkeit vnd mit aller macht zu succuriren< und für die Wohlfart
derselben »dafs eufserst aufzusetzen c, indem er zugleich aber auch
meldete, dafs er den Grafen Heinrich Wilhelm von Sohns ver-
mocht hätte, isich in eyl aufzumachen vnd euch als ein hoch-
erfahrner Soldat, vnd defsen trew vnd eyfer zu -gemeiner wohl-
fart vnfs genugsam bekant, vnsertwegen mit raht vnd that zu
afsistiren.« Auf dieses Schreiben folgte alsbald ein zweites,
in welchem der König den Rat ersuchte, Solms »die
trumel in ewer statt offen rühren, vad darbey Soldaten werben
zu lassenc.''^)
In Würzburg waren unterdessen die Verhandlungen mit Der
Gustev Adolf zu einem gewissen Abschlüsse gelangt. Am 2.
November 1631 (23. Oktober alten Kalenders) kam ein Vergleich
zustande, der von dem König, den Bayreuthischen und Nürn-
bergischen Abgesandten unterschrieben wurde. In diesem ver-
sprach Gustav Adolf, er werde der gedachten Stände Land und
Leute »wider vnsere vnd ihre ligirte feind entweder durch
diversion oder durch würcklichen succurs vnd entsatz mit aller
macht, auch auf den Fall bedorffens mit emploijrung vnserer
aigenen person getreulich tefendiren vnd schützen.« Bayreuth
und Nürnberg aber verpflichteten sich, nach Verlauf von 14
Tagen 24 Monate einfachen Römerzugs, in 3 Monaten hernach
ebensoviel und 4 Monate nachher abermals 24 Monate nach
Anlage eines jeden Standes der Reichsmatrikel nach zu entrichten;
was für Nürnberg die Summe von 106 560 fl. bedeutete. Doch
wurde bestimmt, dals, wenn ein Stand sein Kriegsvolk selber
NClniberger Kreis»rchiv. Tom. Xll. 405 — 407. Ratseriais am
30, Oktober.
Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XIU. 343 and 365, Schreiben
des Königs.
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— 106 —
werben und dem Kreis zu dessen Bestem überlassen würde, die
hielUr aufgewandten Unkosten von der Quote abgezogen werden
sollten. Auch gaben die Abgeordneten die Erklärung ab, bei
ilircn }Iei rcn daluii zu wirken, dafs in Bälde eine Spc/.ialallianz
mit Gustav Adolf aufgerichtet würde, zu welchem /.we« ke der
Kreisoberst die Fürsten und Stände des fränkischen Kreises zu-
sammenbeschreiben sollte. Wer im Laufe von 2 Monaten sich
zu dieser SpezialalUanz nicht verstünde, sollte als öffentlicher
Feind betrachtet werden, es wäre denn, dafs er die offenbare
Unmöglichkeit nachwiese.")
Steihmg Von Ansbachischer Seite war bei der Unterzeichnung des
Aittbüciit. Vertrages niemand zugegen. Doch hatte Graf Friedrich von
Solms dem König das Wort gegeben, dafs die Ansbachische
Vormundschaft ebenfalls unterzeichnen würde. Graf Friedrich
von Solms war übrigens schon vorher seine eigenen Wege ge-
gangen, im guten Glauben, man würde in Nürnberg und
Bayreuth sich genau an die Heilsbronner Beschlüsse halten, hatte
er für Ansbach mit Gustav Adolf verhandelt und sich zu der in
Heilsbronn bewilligten Geldhilfe verstanden. Deshalb weigerte
er sich auch, die ihm von Nürnberg aus überschickte Bayreuther
Instruktion zu unterzeichnen.'^)
ZufHedeniieit So war denn in Würzbiurg einstweilen ein Vergleich zu*
Stande gekommen, der sich im wesentlichen mit den Heilsbronner
XiirnWr>;cr
Dt-iegierun Bcschlüssen deckte. Die Nürnberger Abgesandten waren froh,
mit den Ab- ^^jg es ..ihnen gelungen, '»difsmal beim ersten gradu vnd in
m waraburg. gcneralibus zu verbleiben vnd vrt dasjenige zu sehen, was vn-
langsten zu Hailfsbrunn für gut ist befunden worden«, und dafs
es nicht dazu gekommen war, wozu sie auf den äuisersten Fall
instruiert gewesen, »eine clausulirte alliance oder vergleichung
zu schliesen«, somit also die Möglichkeit vorhanden war, die
vom König mitgeteilte Allianzformel, welche die Gesandten be-
reits in vielen Punkten zum Besten der Stände geändert hatten,
noch weiter zu verbessern.'^)
**) Nürnberger Kreisurchiv. Spezialftkten des jojXhrigen Krieges,
Saal I., I.adc 223, Nr. 10.
u. ^'j Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XIII. 393 ~ 402, IV. Relation
der Nürnberger Delegierten. Tom. Xli. 39li Schreiben des Grafen Friedrich
vun Sohns unicrm 29. Okiober. — Soden» Guslav Adolf und sein Heer in
Suddeutschland, pag. 78 - ho.
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Anders freilich dachte der König. In einem Briefe, den unntfncden.
er am 5. November aus Wttrzburg an den Kurfürsten Johann '''"^
Königs mit
Georg schrieb, tritt seine Unzufriedenheit klar zu tage. Wir ^en
hätten uns versehen» so schreibt er, dafs bei dem Werlte von «vangcUschen
den interessierten evangelischen Kreis verwandten, Fürsten und Franken*.
Ständen uns dergestalt beigestanden würde, >das Wir dem feinde
infcruenti victoria begegnen t ; . . . >hal)en aber wieder all ver-
hoffen erfahren müssen, das Wir noch dieser Zeit bey einem
vnd dem andern sehr schlechte oder fast gar keine Handreichung
gespürt, sondern theilfs sich mit den aufsgestandenen langwirigen
. Pressuren vnd daher erfolgter Armuth, theils aber mit deme
entschuldigen wollen, dafs Sie dem Leipzigischen Schlüfs bey*
pflichtig, dahin ihr quotam zu entrichten von E. Ld. ernstlich
angestrengt vnd also mit do^jpelter ruhten ganz nit gestrafft
werden konten.«
Doch begnügte sich der König für jetzt mit den 72
Monaten; mit den Städten Strafsi^urg, Frankfurt, Nürnberg und
Ulm gedachte er aber eine besondere Allianz abzuschlielsen,
da sie mehr Geld hätten und gröfsere Sicherheit böten, als die
Fürsten und Grafen. Überdies konnte Ja die Spezialallianz,
welche zwischen den Räten des Königs und den Vertretern
Nürnbergs in Würzburg der Gegenstand eingehender Beratungen
gewesen war, nicht zu lange hinausgeschoben werden.")
Da nun die beiden Konzepte der Spezialallianz, das Nürn- ir,^ beiden
bergerund das schwedische, bei allen späteren Verhandlungen als Kimzeptedcr
S|>f/i.i!-
Nürm dienen, so ist es gewifs schon jetzt angezeigt, etwas MUm.
näher darauf ein/,uu;ehen.
Als Gründe für den Abschlufs der Vergleichung sind darin
angegeben: Man hat von katholischer Seite — »die päbstisch
ligirte feind vnterm fürwand kayserlichen namens vnd authoritet«
— die Evangelischen wider die kaiserliche Kapitulation, die
Reichskonstitutionen, den Reltgions' und Profanfrieden beschwert,
trotz aller gegenteiligen Zusagen durch Kontributionen u. s. w.
fast ganz zugrunde gerichtet, in ihren Rechten, selbst an ihrem
guten Namen verunglimpft» und uns genötigt, dem Leipziger
Schlufs zu entsagen wider die RcicUskonstitutiunen, > alles zum
* ') Schrift st iic!.o f i stav Adolfs riimeist an cvan^j. Fttrsten Deulsch-
landit, herausgeg. von G. Droysen, Stockholm (1877). &.
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— 108 ~
zwecke, vns der freiheiten in religion: vnd profansachen zu be-
rauben vnd vns vnter das päbstische joch zu bringen«, und uns
kein anderes Mittel mehr übrig gelassen, »als welches gott auch
denn vnvemttnfiligen thieren gemein gemacht» gewalt mit gewalt
zu steuern« . Deshalb hat N. sich auch mit dem König von
Schweden verglichen (weil er die Neutralität nicht dulden will)
i vnwidcrnifrlichcn zur crh.utuiig des so teuer erworbenen vnd
bilshero conscrvirtcn religion- vnd prophanfriedens«. Docli soll
der Kaiser ausgenommen werden jederzeit vnd in alle weg in
crafft der heylsamen Reichs Constitutionen, als der gesambten chur-
fUrsten vnd stände vorgesetztes oberhaubtc ; eine Forderung, die
beim König freilich nur Zorn erregte und nicht durchzusetzen war.
Und nun zu den einzelnen Punkten des Vergleiches! Sie
lauten in der Hauptsache. Die Stadt begibt sich in des Königs
Defension und verspricht, solange dieser Religionskrieg — Tom.
Xin, 243 ff. blofs »Krieg« — währt, ihm »mit leib vnd blutt
nach bestem vermögen c bei/Aispringen, untergibt und anvertraut
ihm »die völlige vnverhinderte Direction« in diesem Kriege,
gewährt ilim treien Pafs und Repals, auch freie Werbungen im
ganzen Gebiete, wird die Pässe, besonders die Stadt nach er-
heischender Kriegsnot besetzen, »in summa alles gegen haitung
guter ordre vnd disciplin thun vnd lassen, was die ratio belli
erfordert.« Sie gestattet den Einkauf von Gewehren, Munition
u. s. w. im Umfang ihres Gebietes und erbietet sich, solches
auch aus dem Zeughaus zu liefern, natürlich gegen Wiederer*
stattung wenigstens des Wertes, wie sie denn überhaupt gegen
Bezahlung die notwendigen Lebensmittel und den nötigen Kriegs-
bedarf verabfolgen wird.
Dem Feinde wird die Stndt Pafs und Rcpafs, sowie die
Werbungen verweigern, su- wird »seine trouppen, wo die gleicii
anzutretfen, so viel möglich trennen vnd schlagen.«
Sie wird ohne Wissen und Willen des Königs sich in
keine Freundschaft oder« Verbündnis« einlassen, »so dieser
zu wieder« — Tom. XIII, 243 ff. fehlt: »so dieser zuwieder«
— oder vom Vergleiche abweichen oder auch einen Frieden
eingehen, sondern mit dem König >wider ihre vnsere vnd der
evangelischen warheit feinde treulich für einen mann stehen«.
— Tom. XIII, 243 ff. fehlt »der evangelischen warheit feinde«.
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Sie wird mit Beistand des Königs auch andere Stände zur Ver-
gleichung vermögen und den, der sich innerhalb 2 Monaten
weigern wird beizutreten, nicht anders denn als Feind behandeln.
Dieser Vergleich soll der Stadt an ihrer »Reichs- und
Kreisimmedietetc» an ihren Rechten und Freiheiten als einem
unmittelbaren Reichs- und Kreisstand »vff keine weifs noch weg,
zu ewigen zeiten nicht schädlich noch vctiar.glich seyn.«
Dagegen nimmt der König die Stadt in seinen .sj^erial
Schutz, schirm vnd prutection« wider alle Feinde, die des Königs
und der Stadt, erhält sie bei ihren Rechten und Freiheiten und
verspricht, da der Feind sie bedrängen sollte, ihr denselben
entweder »durch eine tiversion vom Halse ziehen, oder da er
sich dadurch nicht solte wollen abwenden lassen, nach allem
vermögen vnd mit euserster macht auf vnsere costen durch
succurs vnd entsatz, auch mit emploijrung vnserer aigenen person,
verfolgen vnd abtreiben, sie auch auf keinerley weifs vnd weg
deserirn wullcn.« Die vuni König /.ur Hilfe entsandten OtTi/iere
und Soldaten sind den Ständen untergeben und deren Kommando
unterworfen.
Der König läfst sich das Gedeihen der Stadt, besonders
deren Handel angelegen sein, verstattet den Nürnberger Bürgern
und Handeisleuten, deren Güter in katholischen Ländern konfis-
ziert worden, Repressalien in seinen und der Verbündeten Ländern
und hilft allen religiösen tmd politischen Beschwerden der Stadt
ab. Er sorgt für gute Disziplin der Soldaten und wird die
Stadt >in ihren hoch: frey: vnd gerechtigkeiten, in gaist- vnd
weltlic:hen Sachen, Privilegien, aigenthumb, recht, gerechtsamen
vnd iierbringen kein praejudiz oder beschwerde zufügen, noch
anderen zu tliun nachhängen«. Er wird es bei Sachsen und
anderen Ständen daliin richten, dals sie Nürnberg mit Gesuchen
um Vorlehen verschonen. Er wird, was andere Stände bei
Abschlufs dieses Bündnisses sich vorbehalten haben, auch Nttm-
berg zugestehen und mit seinen und der Stände Feinden keinen
Frieden eingehen, >es seyn dann auch Sie N. N. allerdings
befriedigt, claglofs gestellt vnd mit darein geschlossen worden, c
Dies alles verspricht Gustav Adolf »als ein christlicher
kunig vnd beschi;t/,er der evangelischen warheit.« — Tom. XIII,
243 ti. lieilst es: »christlicher getrewcr Buudtsverwaudtcr*. —
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— 110 —
Das ist der wesentliche Inhalt der AUianz- oder, wie die
Nürnberger sagten, Vergleichungsformel. Dafs zwischen den
beiden Nürnberger Abgeordneten und den schwedischen Räten
in wesentlichen Dingen Meinungsverschiedenheit bestand, zeigen
schon die paar angeführten Differenzpunkte. Es ist nicht gleich-
gültig, ob this Bündnis nur so lange in Kraft bleibt, als der
i-Religionskriog^ oder der )>Krieo:' währt, man sich ohne
Wissen und Willen Gustav Adolls in gar kein Bündnis oder nur
in kein Bündnis einlassen will, so diesem zuwider.« Es ist
gewifs ein grofser Unterschied, ob der Kaiser bei diesem Bünd-
nis ausgenommen wird oder nicht, von Bedeutung, dafs im Ver-
gleiche Aufnahme findet, man habe diesen nur deshalb einge-
gangen, weil Gustav Adolf von Neutralität nichts habe wissen
wollen, nicht unwesentlich, ob man eine Allianz mit Gustav
Adolf schliefst oder einen Vergleich resp. Versicherungshandel.
Soweit waren die Verhandlungen mit dimi Srhwedeiikonig
resp. dessen Raten ^^cdiehen, als das drohende Kriegsunf.^ewitter
über Franken hereinbrach. Graf Tilly rückte mit den Resten
seines geschlagenen Heeres heran, um die Werbungen fUr Gustav
Adolf im Frankenlande zu verhindern und die ungehorsamen
Stände zu züchtigen.
Bevor ich jedoch zur Schilderung des Tillyschen Einfalls
ins Nürnberger Gebiet übergehe, halte ich es für geboten, das
Verhältnis Nürnbergs zum Kaiser und zu den benachbarten
katholischen Fürsten von Zeit der Ankunft der schwedischen
Abgesandten bis zum Würzburger Vertrage etwas näher zu
beleuchten.
VoniiitiKo in Kaum war Marx von Rehlingen in Nürnberg eingetroffen,
bMmdt'n ^^^^ auch alsbald in Amberg bekannt, von wo die wichtige
a^-^M ii Kunde nach München gebracht wurde. Berichte über Vorgänge
J« sciiir^«! Nürnberg gingen der Regierung von Amberg von verschiedenen
in A.nUfR Seiten zu, so durch den Richter zu Weifsenohe, Wolf Andreas
Ku.tdli^ ^y^^Z* kaiserlichen Obersten Voit in Erlenstegen, vor allem
Max aber durch den Schultheifsen Mathias Rosenhamer von Neumarkt,
*'itn!htc*^" an welchen der Kurfürst Max die Weisung hatte ergehen lassen,
Da» ~ ■ ■
luiiitorliclK> Nürnberger KreUarchiv. Tom. XIL 415 421, Nr. i, mehr im
^f;l^ln- Sinne Niirnhert's und Tr.m. XITT. 243— 240, « Ev*-ntual-Concept XU WUrtsburg
»chanbcn. vfl^reaeUel.« Tom, Xlll. 393 40a, IV, K«lalioii,
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— 111 —
er möge, weil er in der Nähe von Nürnberg sei, »eine gewiese
verlrautte personn auf sonderbare spesa erhandeln, c Auch der
Kaiser erfuhr gar bald, dafs Nttrobeig mit Gustav Adolf in
Verhandlungen getreten sei und sich von ihm, dem Reichsober-
haupte, immer mehr abwende. Schon am 20. Oktober schrieb er
daher an den Rat der freien Reichsstadt Nürnberg, es sei ihm
mitgeteilt worden, dafs der Schwedenkönig einen Rittmeister an
Nürnberg abgeschickl }ial)C, um dieses zur Ergreifung der \\ atVen
zu vermögen, und dafs jenem von etlichen Nürnberger
Bürgern und Handelsleuten ein starker Wechsel ausgestellt
worden sei.
Er erinnerte den Rat an seine Pflichten gegen Kaiser und
Reich, an die vielen Versprechungen, die er ihm und den kaiser-
lichen Kommissären gegeben, besonders aber daran, dafs er bei
Entsagung des Leipziger Schlusses ihochbeteuerlich versprochen,
den im reich öffentlich angeschlagenen vnd publicirtcn kaiserl.
Avocatoriis et monitoriis in allem vollkommlich zu pariren.c
Dann wies er darauf hin, dafs Gustav Adolf das Reirh cjhne
rechtmäfsige Ursaciie angegrilien habe und deswegen auch vom
gesamten kurfürstlichen Kollegium für ein Feind desselben er-
klärt worden sei, und forderte den Rat auf, >ihr wollet Ihme
auif sein ansuchen vnd Werbungen weder glauben geben, noch
weniger seinen vnrechtmefsigen actionibus vnd feindlichen atten-
tatis in ainigerlei weg beypflichten, insonderheit aber weder ihme,
noch seinem auff des heil, reichs boden zu defsen eufsersten
höchsten gefahr, tifsolution vnd verderben eingeführten kricgs-
volckh ainigc hülflf, es sei gleich an \olLkh, ueUlt, proviandt,
munition oder rustungen, nicht laisten, snndern \miis vnd der
gehursaniben, vnns alsistirender getrewer chur: türsten vnd ständt
armaden, welche zu ewer vnd der ewerigen rettung vnd tefen-
sion diesem feindt verhofTentlich baldt vnter äugen ziehen vnd
demselben mit beystandt des allmechtigen Gottes aus besagtem
craifs vnd volgendts von des reichs bezirckh mit macht wider
ab: vnd zuruckh treiben wirdt, in vnterthenigsten bestendigen
trewen, ewrem vermögen nach, an die handt stehen vnd euch
hievon keineswegs abfilhren oder ein andres persuatiren lafsen.«
Zum Schhisse aber verlangte cler Kaiser des Rates >nochmahlige
schrititiiche crclerung vnd vnwaigcrliche paritiou* und drohte
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— 112 —
mit der kaiserlichen Ungnade und der in den »kayserlichen
mantatis einverlatbten straffen vnd poenent.^)
^ Diese Erinahnunt^ Ferdinands II. zur Treue brachte und
kaiMTÜrhi-ti
Kommisiiärs koniitc den Rat von dem nunmehr betretenen Weeje nicht ab-
Han* Anuin bringen, ebensowenig wie das Srlireibcn des kaiserliclien Kommi-
von P<»|ifi
i rm. Vin- särs Hans Anton von Popp aus Wien unterm 15. Oktober, in
ungcn zur welchem derselbe ankündigte, er werde am 25, Oktober in Arn-
berg eintreffen, den gewünschten Kreisschlufs bekannt geben und
dasjenige, was der Kaiser angeordnet habe, zur Stände »suble-
vamen efifectutren,« so wenig als Popps spätere Mahnungen und
Bitten, dem Kaiser den Gehorsam zu bewahren, sowie dessen
Versicherungen, dafs er bevollmächtigt sei, sie bei den kaiser-
lichen Rechten und Gerechtigkeiten, bei dem Religions- und
Profan frieden zu erhalten. Immerhin mochten aber diese steten
Aurtorderuni^en zur Treue die zögernde Haltung des Rates
gegenüber den Wünschen des Schwedenkönigs noch mehr be-
kräftigen und dazu beitragen, dafs Nürnberg sich gleich ängstlich
als bisher hütete, beim Kaiser und den Katholiken Anstofs
zu erregen.
Der Rat vermied, wenn es irgendwie anging, den Weg der
schriftlichen Mitteilung ; bei ihm fand keine evangelische Stadt
Frankens den i^ewünschten Aufschlufs, wie sie sich Gustav Ado''
gegenüber \erhalten solle, keine Hilfe selbst in der gröfst«
Not. Er hielt gute Nachbarschaft mit den angrenzenden katho
lischen Staaten und suchte insbesondere mit dem Bischöfe von
Bamberg auf friedlichem Fufse zu verbleiben.
Diese vorsichtige Haltung hielt der Rat auch gegenüber
dem kaiserlichen Kommissär Popp fest.*^)
^ Am 24. Oktober kam Popp in Amberg an, und um Mitter-
Kreisacbluai. nacht desselben Tages schrieb er nach Nilrn!)erg an Hans Jakob
Tetzel, er habe »alles erlangt, was die herren desiderirt« *, an
den Rat selbst aber sandte er Original und Kopie des Kreis-
'*) Münchcner All^'emeines Kcichsarchiv. Tom. CLXXI. 215, CI. 396,
CI. 32. — Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XIII. 331 — 333. Copia Schreibens
der Rom: Key: MU; An Bargermeister vnd Raht der Statt Nürmberg vom
ao. octobr. 1631.
Nürnberger Kreisarchiv. Popps Schreiben, Tom. XIII. 30$,
338 UDd 339.
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— 113 —
Schlusses mit der Bitte, er möge das erstere an den Bischof von
Bamberg nach Forchhcini schicken. Zugleich ciuKilintc er diesen,
in kaisTrlichiT ■»Devotion« zu bleiljcn, und bat um sicheres
Geleit narh Nürnberg, um da seine Kommission ablegen zu künncn.
Nun war der Kreisschlufs, wie Popp geweidet hatte, für
die Stände allerdings günstig. Der Kaiser, dem gerade jetzt
daran gelegen sein mufste, diese bei gutem Willen zu erhalten,
begnügte sich mit den von den protestierenden Ständen bewilligten
72 Monaten einfachen Römerzugs, stellte aber an die ausschrei-
benden Fürsten, den Bischof von Bamberg und den Markgrafen
Christian von Bayreutli, das Ersuchen, zu sorgen, dafs die er-
betene Kontribotionshilfe der 72 Monate je eher, je bälder in
die Kasse geliefert und die dazu weit ausgesetzte Zeit auf 6
Monate abgekürzt werde, das Zahlungs/.iel al)er von Quartal zu
Quartal sei, also dals in jedem Quartal die liälüe einbezahlt
und 36 Monate sofort in die Kasse abgeführt wUrden.
(Die Bewilligung erfolgte am 26. Juli 1631.) Dagegen versprach
der Kaiser, die Stände bei ihren Rechten und Privilegien zu
schützen und Sorge zu tragen, dafs dieselben möglichst verschont
würden, dafs bei Einquartierungen, Durchzügen und Musterplätzen
den Reichskonstitutionen gemäfs verfahren und gute militärische
'4^ucht gehalten würde. Doch stellte er bei den Umtrieben der
vchweden, wegen deren statt 40000 Mann dreimal soviel er-
forderlich wären, weitere Forderungen in Aussicht und sprach
die Zuversicht aus, dafs die Stande auf ferneres Anhalten »Vnns
hinfürters weiter an die handt zu gehen genaigt sein werden .
Allein die protestierenden Stände Frankens waren jetzt
nicht mehr geneigt, die bewilligten 72 Monate zu zahlen, w^eshalb
der vom kaiserlichen Kommissär so sehr gewünschte Kreistag
durchaus nicht in ihrem Interesse lag. Popp wurde daher unter
allerlei Vorwänden hingehalten.
Nürnberg war in dieser Sache insofern in einer günstigen
Lage, als ja der Kreistag vom Bischof von Bamberg und vom
Markgrafen ("liristian ausgeschrieben werden nuifste, <las Nicht-
zustandekoinmcn desselben ihm also nicht direkt zur Last gelegt
werden konnte. Allein Stellung zur Sache mulste es dem kaiser-
lichen Kommissär gegenüber doch nehmen; denn dieser bat
immer dringender um Geleite nach Nürnberg, um hier seine Kom-
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114 —
hiission ablegen zu können. Und der Rat luihiu diese, wie er in
ähnlich gelagerten Fällen immer es machte, indem er eine aus-
weichende Antwort gab, ^^an habe, so schrieb er, weil die
Lage immer gefährlicher werde, an den Bischof von Bamberg
abgeordnet und werde nicht versäumen, nach der Rückkehr der
Abgeordneten Näheres zu berichten. Seine wirkliche Meinung
aber in der ganzen Angelegenheit war« der Markgraf möchte
einen engeren Kreiskonvent der evangelischen Stände Frankens
ausschreiben, da es nicht geraten sei, dafs ein Stand fllr sich
den Kaiser und Popp beantworte, und man Ansbach nnd Bayreuth
nicht trauen dürfe.**)
Nürnbergs Vorsicht dcs Ratcs zeugt auch, wie bereits er-
Vcrkchr mit ^vühnt, dcssen Verkehr mit den evangelischen Städten Frankens.
den
ovatigtiischcn bequemes Mittel desselben war, dafs er die anfragenden
Keichwtädten Städte an den Kreisobersten, den Markgrafen Christian von
K.mseq««t« Bayrcuth, wies, dessen Sache es ja vor allem wäre, in allen
Ablehnung Angelegenheiten, die den Kreis beträfen, Rat zu erteilen.
der
Darlehens' nicht dazu Verstand, anderen bedrängten
v^i^' Ständen die gewünschte Auskunft zu geben, so gewährte er auch
keine Hüfe. Die Rothenburger konnten, als Tilly sie bedrohte,
trotz aller Bitten weder ein Vorlehen noch Hilfstruppen bekommen.
Mag nun ein solches Verhalten auf den ersten Anschein
nicht zu biliigen sein, es ist wohl erklärlich, wenn man die
(iründe erwägt, welche Nürnberg liiebei leiteten. Schriftlich
einen Rat zu geben, vermied der Rat mit Recht aus Besorgais,
es könnte der Brief aufgefangen werden, in welchem Falle man
es entweder mit dem Kaiser oder dem Schwedenkönig verdarb.
Ein Darlehen verweigerte er den Erfurtern, Rothenburgern, dem
Herzog Wilhelm von Sachsen-Weimar und, wie wir in der Folge
erfahren werden, allen Bittenden konsequent aus dem Grunde,
weil die Stadt Nürnberg selbst immer gröfsere Ausgaben machen
mufste. Hilfstruppen aber konnte er den Rothenburgern schon
^) Nürnberger Kreisarchiv. Topps Schreiben, Tom. XIII. 288 und
2Sq, 306 und 307. Tom. Xllf. 279 Copia Schreibens der Köm: Kay:
Mit. An die Anschreibende i'ürälen deU fränckhiachen Craii>ei>. Wien 10.
Stv- 1631, die bewilligte 73 Monath CraifihUIfr betr. Tom. XIII. 318, Popp«
Schreiben aus Amber;.; im den Rat, und Tom. XIII. 322, I?rief an Tetzel. Weitere
Korrespondenz: Tom. XIII. 325, 338, 342, 344. Tom. Xlü. 337, Gutachten
der Hochgelehrten. Tom. Xlll. 347, KaUeriaOi und Gutachten de« Dr.
Heinrich Httlfa.
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deshalb nicht schicken, weil er sich hiedurch als Feind des
Kaisers erklärt bätte.*^
Zur Verantwortung beim Kaiser sollte auch das gute Ein-
vernehmen mit Bamberg dienen. Bereitwilligst sandte der Rat «»
Philipp HaiLsilutllct und Dr. Ülliat'cn zur Konferenz nach Förch- pje
heim al), wohin der Hist hof Nürnberg und Bayreuth eingeladen ForcliHeim«r
hatte, um mit ihnen über die allgemeine Lage und die zu er- am
greifenden Mafsregeln zu beraten, sowie ihre Meinung zu hören, Oktubcr.
ob er die Festung Forchheim dem Schwedenkönig überlassen
solle oder nicht. In Wirklichkeit freilich war der Bischof nicht '
gesonnen, Forchhelm dem Könige einzuräumen. Ihm war es
nur darum zu thun, »damit durch derfselben zuthunc — Nürn-
bergs und Bayreuths, welch letzteres jedoch keinen Vertreter zur
Konferenz schickte — »der könig diese begerte etnraumung bei
noch vorstehendtem weüttem tractat desto eher widenimben
schwinden vnd fallen lassen mochte i und die Sache wenigstens
Sü lange liinausgezogen würde, bis der vertrustete Suk'r rii> von
700 Mann Kufsvolk, und 300 Reitern aus der OberpfaU ankäme.
Wenn daher die Nürnberger Abgesandten meinten, dem Anscheine
nach würde der Bischof Forchheim den Schweden überlassen, so
täuschten sie sich.*^)
II. Kapitel.
Vom Würzburger Vertrage
bis zum Abzüge des TiUyschen Kriegsvolkes aus dem
Nürnberger Gebiete.
Auch nach dem Wut /barger Vertrage suchte Nürnberg den Kümix-rgs
Frieden mit den katholischen Narbbarstaaten aufrecht zu halten. B«»*»«^»
•lurh n.'icll
Der Vertrag verpflichtete es ja noch nicht direkt zum Kampfe ,i,
tu-m
gegen die Liga, und dann stand ja auch der Bischof von Barn- wuizburger
Vertrage mit
berg, der nördliche Grenznachbar Nürnbergs, in Unterhandlungen
mit Gusta.v Adolf. Herrn von £rkh, der am 8. November dem
tlon
katholischen
N.trhb.xr-
*') Nürnberger Krenarchiv. Tom. XII. 187, Schreiben aus Schweinflirt «aaten in
am II. Oktober, Tom. XII. 202, Nürnbergs Antwort. Briefbuch i'^'Si, fol. l"n<«Kn zu
418. Aufserdcni Tom. Xlll. 311 n. 312, 326—328, 271, 329, 311-317,
466, 469 u. 470.
**) Mttnchener Allgemeines Reichsarchiv. Tom. Cf. fol. 214 a 406,
Tom. LXIV. fol. 424. — Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XIII. 371 — 377,
Bericht des Um. Philipp Harfsdörffer und Dr. Tobias Olhalen, 3. November 1 631.
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~ 116 —
Rate gegenüber erklärte, seine Soldateska wollte die 4 nach
Herzogenaurach gehörigen geraubten Pferde nicht zurückgeben,
weil der Bischof von Bamberg ein ofTenbarer Feind sei, wurde
daher bedeutet: »Meine herren können den herrn bischoff fUr
keinen Feind erkennen, noch weniger seiner f. gn. vnterthanen
ex hoc capite dafs ihrige vffhaltenc. Wollten die Nürnberger
die Katholiken für keine Feinde erkennen, sie wurden jetzt als
solche \'om Kaiser und dcu mit ihm Verbündeten angesehen;
denn dal's sie sich mit Gustav Adolf immer tiefer eingelassen
hätten, stand fest, darüber erhielt der Kaiser von verschie-
denen Seiten Mitteilungen.^)
Die betn Am 26. Oktober hatte Popp dem Kaiser die Gefahr »durch
Kaber Ende aigcncr Staffeta mehrers remonstriert« und am 27. Oktober hatte
Anfällt' Kurfürsten Maximilian berichtet, »dafs die stendte von
November ihr Maytt: durch neue vorgenombne Werbung mitist sich de nouo
«•inliiufcnilen ii-.ii i - i-j*
iiij,.^ abgewendet, dem Schweden mehrers anhengig gemacht, ja die
d.n Aiischiufs nofahrli^^kciten so weith erwachsen, dafs, wo nicht durch eine
evangduchen ncwe eüfierige gegenwerbung^ einer fliegendten armada dem feindt
suindr begegnet, derselbe sich baldt defs schwäbischen craifs gleichfahlfs
iiMvA^. alfs des fränckischen impatroniren möchten c. Am 30. Oktober
aber schrieb Kurfürst Max an den Kaiser, dafs die Protestanten
in Franken sich zur bewilligten Kontribution umsoweniger ver-
stehen würden, als sie »von neuem mit gefehrlichen vnnd wider-
werttigen sachen vmbgehen«.')
s iirciWn de«. 1 >ars unter diesen Umstunden das Sehreiben des Rates an
Kau-» an den ,i^.n Kaiscr unterm 8. November, in welchem man die veriangte
schriftliclie F.rkläruno:, man werde dem König von Schweden
keinerlei Betstand leisten, nicht abgab, also den Hauptpunkt
ganz umging, und in dem man nur ganz inständig um Frieden
bat, als Bestätigung der eben angefahrten Berichte diente, ist
einleuchtend. Dem gegenüber erzielten der Hinweis auf die
grofsen Opfer, die man für die kaiserliche Sache gebracht, und
auf den Schaden von 400000 fl., den Nürnberger Kaufleute durch
kaiserliches und schwedisches Kriegsvolk erst kürzlich erfahren
Nttrnberger Kreisarchiv. Ratserluf« am 8. November.
Kgl. Geheimes Staatsarchiv in München. Fränkischf Kreissachen,
schwarzer Kasten 140/1, M, 228. Kaiserliche Korre:>pondenx, schwarzer
Kaitlen ^, fol. 272.
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hatten, sowie die Berufung auf die freundnachbarlichen Bezieh-
ungen zum Bischof von Bamberg sicherlich nur geringe Wirkung.
Ja, gerade diese scheinbar so freundschaftlichen Beziehungen
zum Bischof, die der Rat in dem Schreiben an den Kaiser so
sehr betonte, wurden am Wiener und Münchener Hofe nach
ihrem wahren Werte taxiert. Wir können dies entnehmen aus
einem Schreiben des Kurfürsten Max an Kaiser Ferdinand unterm
16. November, in welchem es hei ' st, der Markgraf liabe die
protestierenden Stände zu einer Konferenz nach Nürnberg be-
rufen, »ohne Zweifel zu dem endte, wie sye sich noch mehrers, alfs
bifs anhero beschehen, gegen den Schweden accomodirn, etwan auch
gemelten bischofen zu Bamberg darzue disponieren mögenc.*}
Für diesen ihren Abfall sollten die evangelischen Stände Eiai»i\
daher alsbald bestraft werden. Anfangs November erschien « Franken.
Tilly als Rarher mit seinen verwilderten Scharen, die in un-
menschlicher Weise hausten und überall Entsetzen verbreiteten.
Da er nämlich infulge des erbärmlichen Zustandes seiner Truppen
Gustav Adolf in seinem weiteren Vordringen am Main nicht
hindern konnte, so mufste er sich darauf beschränken, dessen
starke Werbungen und Sammelplätze in Franken zu verhindern
und zu trennen.
Am 9. November hatte Tilly Rothenburg in seiner Gewalt,
am 11. öffnete ihm Windsheim die Thore. Von da zog er weiter
ins Ansbachische, gegen den Willen Pappenheims, der dafür war,
dafs man einen i^posto vnt pafs am Maync suche oder doch
wenigstens Nürnberg, »fontem mali«, zum Gehorsam bringe und
dann die Winterquartiere nehme, an welchen Vorschlag er aller-
dings das Aber knüpfte, dafs hiezu die »reformation der officier
vnt bagagtenc unbedingt geboten sei, welche »Reformationc aber
ohne »gelt schwer, gefährlich vnt schier vnmöglich€.
In Nürnberg war man sich der Gefahr einer Belagerung
wohl bewnfst. Deshalb hielt der Rat mit der Aufnahme der
vor der verwilderten Soldateska nach Nürnberg sich Flüchtenden
möglichst zurück. — Zu den Schutzsuchenden gehörten auch die
Markgrafiii Sophie von Ansbach, Gral Tricdrich von Solms und
*) Nürnberger Kreisarchiv. Dm Schreiben dei Rfttet, Tom. XIUL
470 ff. (Kopie). — K::;!. Geheimes Staatsarchiv in Mttachen. Kaiserliche
Korrespondenz 1631, schwarzer Kasten ^, fol. 334.
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2 Grafen von Hohenlohe» die selbstverständlich eingelassen
wurden — . Deshalb traf er auch die mfassendsten Vorkehrungen,
um dem anrückenden Feinde gerastet gegenüber treten za können.^)
schuumab- Beim Ein- und Ausfiufs der Pegnitz wurden 2 hohe Boll-
regehi des werke aufgeworfen. Auf die Basteien ringsherum wurden die
Rates vor tlor ^» i t rw ,
dutch Tilly schweren Geschütze aus dem Zeugnauso gestellt, und 300 Buchscn-
diohendcn ineister mufsten auf den Basteien und Türmen wachen. Am
BiticuinHiife Stadtgraben wurden die Vormauerlein und um die Gärten die
bei Gustav Mauern abgebrochen, damit man frei hinausschiefsen könne. An
die BUrger aber erging die Aufforderung, bei den Befestigungs-
arbeiten entweder freiwillig Hand anzulegen oder jemand auf
ihre Kosten hiezu zu verordnen. Das Haller- und Wöhrder-
thUrlein wurden bis auf weiteres zugesperrt und nur das Neue
und Thiergärtner Thor eines ums andere wechselsweise offen ge-
halten. Und da viele Katholiken aus Bamberg und anderen
Orten ihre Zuflucht in der Stadt nehmen wollten, ward die
Aufnahme Fremder ohne Erlaubnis des Rates bei einer Strafe
von 50 fl. verboten.
Das Wichtigste aber war, Gustav Adolf hatte der Stadt
seinen Schutz versprochen, im Falle dieselbe belagert würde. Seine
Hilfe fttr die Stunde der Gefahr zu erlangen, war daher eifriges
Bestreben des Rates. Schon am 13. November ordnete er
Wilhelm Strafsburg an den König ab, »iedoch allein vnder dem
praetext deren den hiesigen kauflleuten abgenommenen gütherc.
Strafsburgs Instruktion war mündlich. Doch wissen wir in der
Hauptsache, wie sie gelautet hat, aus dem Gutachten des Dr.
Heinrich llüirs, aus welchem ich hier als charakteristisch nur
anfuhr(M\ will, dafs Stralsburg den König um Verschonung
Bambergs bitten mnfste, damit auch Nürnberg durch die Kaiser-
lichen leidlich behandelt würde. Neben der Instruktion bekam
der Abgesandte auch noch ein Empfehlungsschreiben des Hof-
rates Dr. Martin Chemnitz mit auf die Reise, in welchem dem
König die mifsliche Lage der Stadt geschildert und dessen Hilfe
^1 Geheimes Staatsarchiv in München. Katsediche Korrespondenz,
schwarzer Kasten f, fol 33 ? — ^^ünchener Allgemeines Reichsarchiv. Tom.
CLII. fol. 401, Pappenheims Schreiben an Maximilian I. unterm 1 1. November
aus Windsheim. Tom. CLXVII. fol. 311, Brief Tilly» an den Kurfttnten
Max über den elenden Zustand seines Heerc$* — Nürnberger Kreisarciliv.
KaUcrlüä^e am 2. und 12, November.
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erbeten war. Die Berichte aber hatte Strafsburg nicht an den
Kaiser, sondern an den Kanslisten Andreas Baier su richten,
mit dem er sich wegen eines Schlüssels verglichen hatte.
Auch die Abordnung von Jobst Christoph Krefs, der
späterhin seine Vaterstadt allein oder mit anderen ständig beim
König vertrat, wurde bereits jetzt angeregt, schliefslirh aber bis
zum Kreistag verschoben. In wie hühem Ansehen Krefs in
Nürnberg stand, das können wir aus einem Gutachten der Rats-
konsulenten Dr. Hülfs und Dr. Richter entnehmen, welches
übrigens auch noch in einer anderen Hinsicht beachtenswert ist.
Es heifst da: t weil h^. Krefs ein verstendiger wohl qualiftcirter
mann vnd den passionibus nicht vntergebenc, wird er die Wohl-
fart der Stadt »vfs eufserst vmb so viel mehr beHlrdem, weil
ime Selbsten bewust, dafs man su abwendung eufsersten vnheilfs
thun müfse, woran man vor etlichen wochen so wenig gedacht,
alfs der hfj. bischoff von Wiirtzburg hat wissen mögen, dafs ime
sein gantz stifft mit hecresmacht eingenommen würde«.
Das war vor dem 14. November.^)
Die Gefahr wurde jetzt drohender und drängte den Rat, Forderungen
sich ungesäumt zu entscheiden, ob er im Vertrauen auf Gustav
Adolfs Häfe sich durch Tilly belagern lassen oder einen Akkord anv%escndrn
mit ihm eingehen wolle. Ein Hinausschieben der Entscheidung
in dieser Frage war nicht möglich schon infolge der Forderungen xoBunUkre.
der anwesenden schwedischen Obersten, Kommissäre und Offiziere, ^^j^^^,^
welche am' 13. November an den Rat das Ersuchen gestellt Di« t Fragen
hatten, er möge sich »pure resolviren«, ob er, wenn Tillv die '\l ^'"^'f"
Stadt belagern sollte, beständig bei dem König verbleiben wolle, Wilhelm von
und wenn ja, dies demselben zu wissen machen und um dessen
Beistand bitten, und welche aufserdem vom Rate die bestimmte
Erklärung forderten, dafs dieser keinen Akkord mit Tilly eingehe,
es seien denn sie mitin begriffen, die Aufstellung eines Kriegsrates
und endlich Aufschlufs darüber begehrten, wie man sie zur Hilfe
Nürnberger Kreisarchiv. Tum. XIU. 508—512, Erlafs der Herren
Eltern aber die Abordnung an Giutftv Adotf, «owie de« Guteehten der Hoch»
gelehrten. Tom. XIII. 517 u. 524, Ratserlässe am 12. und 13. November.
Tom XIII 500 <;o2, Riitserlafs atn 10. November und Gutachten der Rats-
kon&uleaten Dr. iiuils und iJr. Richter. Tom. XUI. 50S, Gutachten des
Dr. Heinrich Httlfs «ber die Abordnung^ *n Gactav Adolf. Erlliee der Herren
Eltern am 7., 11. und 14. November Ra'scrlafs am 13 November, l^IaTs
der Herreu vom Au&»cliufü am 7. November. Leublfingische Chronik» pag. 390.
Solm.
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— 120 —
gebrauchen und unterhalten wolle. Auch dem Grafen Heinrich
Wilhelm von Solms roufste auf seine 2 Fragen, ob der Rat bei
dem in VVürzburg gofafstcn Beschlüsse beharren wolle und wie
ein »consilium bellicum« zu bilden sei, eine rasche Ant-
wort werden.*)
Beratungen £s traten (leuu auch die Hochgelehrten sofort zusammen
der Hoch-
golohrtcn. ob und verfafsten ihre Gutachten, in denen die Frage» ob man Tilly
NüniHri: Widerstand leisten solle oder nicht, ganz eingehend erörtert
widenlaod Würde. Alle aber kamen zu dem Schlüsse, man mQsse im Ver-
leisten soUe fraueu auf Gustav Adolfs Hilfe einen Akkord verweigern; denn
»das man sich darbei des bewusten herrns succurs zu getrösten
hat«, sei das Beste. Damit waren auch die Fragen beantwortet,
welche die schwedischen Kommissäre und Offiziere an den Rat
geriolitet hatten, und war die Hildung eines neuen Krief^srates
für nut wendig erklärt, /u- lei< h aber ein})fahlen die Hochgelehrten
auc h, w enn 'I'iily käme, »die gradus« in acht zu nehmen, welche
Dr. Heinrit h Hülfs fttr diesen Fall bereits aufgesetzt hatte, d. h.
alles zur Rechtfertigung anzuführen, was hiezu dienen mochte, und
im übrigen die Verhandlungen möglichst in die Länge zu ziehen.^)
w-s R..t.'s derselben Meinung wie die Hochgelehrten war auch
E^lschlufs zu
erDttKcheai bescblofs emstHchen Widerstand, erteilte den
Widentuide. schwedischen Offizieren und Kommissären einen günstigen
nl^en Beschcid und forderte den Obersten Leublfing, wie die Kriegs-
Krirgamtet. verordneten auf, in Kruai^uni; zu ziehen, wie der Kriegsrat
anzustellen sei, ^darait kayserliche Mayt am wenigsten dardurch
oftendiret werde«.
Auch dem ürafen Heinrich Wilhelm von Solms, den man
mit seinem geworbenen Kriegsvolk in der Stärke von 2000 Mann
nicht entbehren konnte, wurde auf seine 2 Fragen eine befrie-
digende Antwort, und es wurde an ihn auch das Ersuchen
gestellt, er möge seine Truppen mustern lassen, in seinen
jetzigen Quartieren bei Fürth aber so lange behalten, bis man
sie an andere Orte verschaffen oder sich deren bedienen könne.
'j Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XIII. 530, Forderunfjen der schwe-
dischen Obersten etc. Tom. XIII. 5 ^7 u. 548, Consultatio habila über die
vom Grafen lieinrich Wilhelm von Solms proponiertca 2 Fragen.
') Nflmberger KretsarchiT. Tom. XIII. 547 n« 548, Consultatip hablta
über die vom Grafen Solms proponierten 2 Frai^^cn. Tom. XIII. $31'— 538,
539 -544i Tom. XIV., 6—8, GulAchten der iiochgdehrteo.
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— 121 —
> vlT welchen fall es meinen Herrn schweren vnd im Gostenhoff
einquartirt, jedoch von meinen Herren allein vorlehenswcis, vff
schwedische rapitulation vnd abzug der 72 monate vnterhalten,
mit gebürlichcm commifs aber vff meiner herren costen versehen
werden solle«. Durch diesen Beschlufs war Graf Heinrich
Wilhelm von Solms für die Verteidigung Nürnbergs geworben
und damit geschehen, was von Anfang an die Ansicht des Rates
war: Solms solle nicht, wie er sich einbildete, der Stadt Oberster
werden und da kommandieren, sondern derselben »nur mit ein>
rathen an die hand gehen vnd, da man seiner hulff bedürftig,«:
sich hiezu gebrauchen lassen. Auch in den neuen Kriegsrat k:ini
(iraf Sohns daher nicht; ihm sollte nur referiert werden, »wals
je zumahlen vorgienge«. In denselben traten aufser den bis-
herigen Kriegsverordneten nur noch die Obersten Balthasar
Jakob von SchlammersdoriT und Klaus Konrad von Bullach.
Das Direktorium hatte der Rat dem Grafen Georg Friedrich
von Hohenlohe zugedacht; doch dieser weigerte sich, »aufs
gewiesen und erheblichen vrsachen,« es zu übernehmen, gab
aber zugleich viele nützliche Erinnerungen, wie dafs man des
Solmsischen Kriegsvolkes sich -^in alleweg bedienen solte«, und
verspraclj, auch fernerhin Nürnberg mit Rat und That bei-
zustehen.
Am 17. November erschien der neue Kriegsrat in der
Kriegsstube und gelobte, der Stadt Wohlfahrt zu beraten und
alles, was vorgehe, geheim zu halten, »vnnd was etwann getzaiget
vnnd eröffnet wurdt, nimmermehr zu hiefsiger statt schaden,
durch sich Selbsten oder jemandt anders zu gebrauchenc. Die
beiden Obersten aber erklärten, sie würden täglich auf dem
Rathause sich einfinden, »benehmlichen hiesiger statt defension*
wefsen vnnd gantz und gar nicht deroselben ijarticularia zue
consultirn, vnder welchen dann ein vnterschiedt gehalten vnd
hiefsiger bereits bestellter kriegsrath (der alte kriegsrath) in
seinem efsc verbleiben solte«.^)
•) Nflrnbergcr Kreisarchiv. Edafs der Herren Ehern am 1 5. November.
Relation der Wiir/l nr^rer Abgesandten, Tom. XIII. 393 ff Tom. XHl.
418 — 422, Relation jobüt Christoph Kressens iHier '^eiin- \'errichtun^ bt"i dem
Grafen Solms in Kadolzburg. — Soden, Gustav Adolf ... 1. Band, pag.
91 — 93. — Nttroberger StAdtarehitr, Protokoll der Kriegntub« am 15. No-
vember 1631, fol. 3 ff.
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— 122 —
noytUandi KauRi vsiT der neue Kriegsrat gebildet» erschien TiUy in
Nüi^bcrg Nürnbergs Nähe. Am 18. November traf ein Schreiben aus
Schwabach ein, dafs die ganze Tillysche Armee gegen die Stadt
in.irscliicrc, und Tags darauf lief durch diese die Kunde, das
kaiserlirlie Kriegsvolk kämpfe bereits mit den Solmsischen
Truppen bei Schweinau, also in unmittelbarer Nähe.
Doch Nürnberg war gut gerüstet. Denn es hatte sich schon
seit mehreren Tagen fUr den Fall einer Belagerung vorgesehen.
Die Vorkehrungen aber zum Schutze der Stadt wurden noch
vermehrt, als Tilly wirklich heraakam. Es wurde bei liurgern,
Inwohnern und Schut/-vcrwandtcn Haussuchung {^ehalten, ob
diese mit tauglichen Maus- und ( )bcrpcwehren versehen seien,
und wurden dieselben ermahnt, sich mit einem Vorrat von Vik-
tualien gefafst 2U halten und im Falle der Not auf den ver-
ordneten Plätzen zu erscheinen. Die Posten vom Laufer- bis
zum Vestnerthor wurden mit Bürgern besetat, die übrigen mit
geworbenen Truppen. Auf der Lorenzer Seite hatte vom Ein-
bis zum Ausflufs der Pegnitz Oberst Leublfing mit dem Obersten
von Schlammersdorf das Kommando, auf der Sebalder Seite
Oberst lUdlac h mit dem Oberstlieutenant von Giefsberg. Das
Solmsische Kriegsvolk wurde auf 3 — 4 Tage, bis man über
den Marsch des Feindes sich Gewifshcit verschafit hätte, im
Gostenhof einquartiert.
Auch die Befestigungsarbeiten wurden jetzt mit aller Energie
in Angrifl genommen, und abermals erging die Verordnung, sich
zur Mehlbereitung der Handmühlen zu bedienen, wie denn auch
• die Rorsinuhlen bereits eingerichtet waren. Den Meti:gcrii wurde
strenge tinbefohlen, mit dem Fleische sparsam unizugehen, und
die i^üsunger mulsten sich schlüssig machen, ob sie nicht das
feile Vieh aufkaufen, alsobald schlachten und in Salz richten
lassen wollten. Die Bäcker erhielten die strenge Weisung, fleifsig
Brot abzubacken und niemandem überflüssiges Brot zu verabreichen.
Nunmehr wartete der Rat bezüglich der Abordnung Jobst
('hristoph Kressens auch niclit mehr den Kreistag ab; noch am
18. Nin einher reiste dieser, mit mün(i!i< her Instruktion abgefertigt,
zu Gustav Adolf ab. Mit 1 illy aber gedachte man, »gradatim
zu procediren,« um Zeit zu gewinnen.
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Doch mufsten die Verhandlungen begonnen werden. Denn
General Ossa hatte aus dem Hauptquartier bei Ansbach an den
Rat da» Verlangen gestellt, dieser möge etliche Abgeordnete au«
seiner Mitte au ihn abschicken und 100 000 Laib Brot ä 3 Pfd.
für die kaiserliche Armee abbackcu. Nun kam dem Rate ein
Zeitgewinn zu gute, den er nicht hatte voraussehen können.
Ossa hatte nämlich einen Pafszettel Uberschickt, der nur \<>n
Generai Altringer unterschrieben war und nicht auf Kepafs
lautete. Mit Fug und Recht konnte daher der Rat vorerst einen
richtig ausgefertigten Pafszettel verlangen.*)
Das drohende Ungewitter zog aber für diesmal an Nürnberg '^'">^
Verlangen
vorüber. Tilly marschierte nach Günzenhausen» von wo er einen ■ «j^r
ordentlichen Pafszettel schickte und den Rat aufforderte, aus R^»»»«!-
sciner Mitte :in ihn ai)ZUürdnen. Auch Ossa bestand auf der
Zusendung 100 000 Laib Brot.
Aul'ser der Angst vor einer Belaf^erung beschäftigte den
Rat in diesen Tagen noch eine andere Sache.***)
Am 20. November fand nämlich auch der engere evan-
cvangeliMJie
gelische Kreiskonvent in Nttnibeig statt. Er war vom Mark- eiA'
grafen Christian von Bayreuth einzig und allein zur Vollziehung ^^t*
dessen einberufen worden, wozu man sich in Würzburg verpflichtet
hatte. Wegen der Kriegswirren war derselbe jedoch recht
schwach besucht; aufser Nürnberg war nflmlich auf demselben
nur noch ]5ayreuth vertreten. Der Bischof von Bamberg hatte
die Ik'schickung des Konvents anfangs zugesagt, dann aber
wied.'f abgeschrieben. Als Vertreter ( lustav Adolfs waren Graf
Heinrich W ilhelm von Solms und der Hofrat Dr. Martin Chemnitz
zugegen. Dafs unter diesen Umständen der Konvent ohne
eigentliches Ergebnis war, braucht nicht erst gesagt zu werden.
Der Abschlufs der Spezialallianz wurde verschoben; die bayreuth-
ischen Gesandten gaben allerdings die Erklärung ab, derMark-
^ NflU-nbei^er Kreitttrehiv. Rmtterlksse «m 17., tS. und 19. November.
Tom. XIV. a — 4, (iutachten des Dr. Heinrich IlQlfs am 15. November. Tom,
XIV. 39 41, Cutachten der Hochf^'elehrten. Ttmi. XIV. 53 6t, Consnltalio
habita am 18. November, l om. XiV. 81, Obsas Schreiben aus Ansbach. —
Nttrobcrger Stadtarchiv. Protokoll der Kriegsttube am 19. November,
Schwarz-Amber^'cr Xorika-Sammliing. Geschichten, diesi liiin i ". Jahrhundert
ereignet haben, und Nürnberger Chronik von Volckamer 77,2". — 523.4°-
"*) Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XIV. 231, Tillys Schreiben aus
Gantenhatuen. Tom. XIV. 354, Osmw Schreiben ans Gaasenbaqseo. Tom.
XIV. 119, Ratserlaf» am 25. November.
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graf werde ?ad partemK eine Spezialallianz schliefseD. Für ihn
lag ja die Sactie anders. Wurde jedoch in der Hauptsache nichts
erreicht, im einzelnen brachte der Konvent manches, was fiir
Nttmberg von einem gewissen Werte war. So mag die bestimmte
Zusage der schwedischen Abgesandten, der König werde die
Stadt »gewies vnd ohnfehlbarc entsetzen, und deren Mitteilung,
Gustav Adolf glaube nicht, dafs Tilly eine Belagenin- vornehmen
werde, es sei denn Verräterei im Spiele, zu einer gewissen
Beruhigung gedient luihen.
Kam der engere Krciskonvent überhaupt noch zustande, die
Konferenz der Städte Nürnberg, Frankfurt, Ulm und Strafsburg,
an weicher dem Rate viel gelegen war, konnte gar nicht stattfinden.
Dr. Herpfer reiste wohl am 8. November nach Heidenheim ab,
kehrte aber, da Heidenheim und Umgegend vom kaiserlichen
Kriegsvolk besetzt war, unverrichteter Dinge wieder nach
Hause zurttck.
Doch so wichtig die Frage der Spezialallianz an und für
sich war. jetzt trat sie in den Hintergrund. Denn der Rat hatte
nur die eine Sorge, die eine Pflicht, wie er Nurnl)erg vor dem
durch kaiserliches KrieL'^^\ Ik drolienden Unheil am besten zu
sichern vermöchte; ihn beschäftigte zunächst die Frage, wie und
wen er an Tilly abordnen solle. Wohl war Tilly ja abgezogen,
allein seine Wiederkunft war wahrscheinlich. Die Verhandlungen
mit ihm konnten daher nicht verzögert werden.*^)
Abordnung Nun gingen aber bezüglich der verlangten Abordnung die
Meinungen weit auseinander. Die Kriegs räte waren der Ansicht,
ms Iillyscfae ^ *^
Haupt- man solle dem Tillyschen Trompeter ein Schreiben mitgeben
quartier, ^^^j -j^^ übrigen erklaren, von den Ratsherrn lasse sich keiner
wegen der % orkommenden Feindseligkeiten s^obrauchen.
Die Hochgeieiirten — mit Ausnahme Dr. i'uscheleins, der für
die Abordnung einer Katsperson war, — und mit denselben auch
Dr. Martin Chemnitz und Graf Heinrich Wilhelm von Solms,
sowie die in Nürnberg anwesenden Delegierten des Kreises gaben
ihr Gutachten dahin ab, man möge einen qualifizierten Kriegs-
" Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XIV. 47 u. 48, Ratserlafs am
20. November, Tom. XIV. 73-77, kclalion Uber die Verhandlungen des
Kreiskonvents. Tom. XIV. 18, Schreiben an den Bisehof von Bamberg
iKopie). Tom XIV. 15, des Bischofs Schreiben. Tom. XIV. 49, des Bischofs
Schreil'en. Tom. XIU. 461 - 465, Dr llerpfers Keluiton.
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125 —
offizier an Tilly schicken, der alles »ad referendumc zu nehmen
hätte. Ein solcher könnte sich mit Unkenntnis der wahren
Sachlage entschuldigen^ auch gewänne man dadurch Zeit, was
unter den bcwantlten Verhältnissen schon ein wichtiger Vorteil wäre.
Der Rat selber ging seinen eigenen Weg. Kr entschied
sich für die Abordnung Dr. 1' etzers, der eben erst von Wien
zurückgekehrt war, wo er Nürnberg am kaiserlichen Hofe
vertreten hatte; ihm sollte jedoch ein kriegsverständiger Offizier
zugeordnet werden. Am 26. November erhielt derselbe den
Auftrag, sich zu Tilly zu begeben und alles >ad referendumc
zu nehmen. Nur sollte er noch so lange warten, bis der
brandenburgische Rat Agrikola angekommen wäre, welcher jede
Stunde eintreffen konnte. Agrikola habe nämlich geschrieben,
er habe vom kaiserlichen Kommissär Popp ein Paket Schreiben
mitbekommen, woran den Ständen sehr viel gelegen sei und
welches denselben zum Nachteil sei hiuterlialteu worden;
enthielte doch dasselbe, wie er in Erfahrung gebracht habe,
den kaiserlichen Befehl, Tilly solle die Feindseligkeiten ein-
stellen, wenn die Stände mit den 72 Monaten zuhielten. Wie
leicht also konnte der Rat aus diesen Schreiben Wichtiges
erfahren l
Kaum aber hatte der Rat die Abordnung Dr. Fetzers
beschlossen, wurde er auch wieder in seinem Entschlüsse wankend.
Doch die Hochgelehrten traten mit aller Entschiedenheit dafttr
ein, dafs man die Abordnung vorsieh gehen lasse, da man dieselbe
in einem Schreiben an Ossa beriMts zugesagt hätte, und ohne
diese die Feindseligkeiten nur noch ärger würden. So wurde
denn noch am gleichen Tage Dr. Fetzer aufgefordert, seine
Reise zu Tilly anzutreten und sich das Geschäft »seiner bekannten
discretion vnd dexteritet nachc angelegen sem zu lassen. Das
von Dr. Georg Richter an Tilly aufgesetzte Schreiben, für den
Fall, dafs die Abordnung unterbliebe, diente ihm zur Instruk-
tion.'^) Es lautet seinem wesentlichen Inhalte nach:
Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XIV. 119— 130, RatseHafs am
25. November, d.TraufTolgende Beratung der Hochgelehrten und Gutachten
der Kriegsräle. Tom. XIV. 134— 137. Katscrlafs am 26. November. Tom.
XIV. 140—144, RatseHafs niid Gutachten der Hochgelehrten am 87. No-
vember. Erlafs der Herren vom Austchns» am zf, November. Tom. XLV.
79, Schreiben an Ossa am 21. November.
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— 126 —
Instruktion Die AbordnuHg habe sich verzogen, weil man erst äber
ne't^T''^ Forchheim geraubtea Ntlrnberger Kaufmannsgüter £x-
I3r. Feder, celleoz hätte Sicheres mitteilen wollen. Bitter müfste man be-
klagen, dafs die Feindseligkeiten immer gröfser wttrden, sodafs
sie gegen öffentliche Feinde nicht ärger sein könnten. Lich-
tenau sei vom kaiserlichen Kriegsvolk l)esetzt, die armen Unter-
thanen seien all des Ihrigen beraubt. Jemand, der hätte ab-
geordnet werden sollen, sei, als er auf die Stadt zugeritten, aus-
geplündert worden. Einem Handlungsdiener gegenüber, der sich
wegen der zu Forchheim geraubten Kaufmannswaren bei ihm
angemeldet, hätte der Oberst Graf von Pappenbeim die ärgsten
Drohungen wider Nürnberg ausgestofsen, ihm sogar Magde-
burgische Behandlung verheifsen und es meineidig und rebel-
lisch genannt. Und dies alles müsse Nürnberg Uber sich ergehen
lassen, obwohl es soviel für den Kaiser aufgewendet habe, was
von diesem selbst und dessen Kommissären bezeugt wor-
den sei. Es sei daher auch gewifs, dafs der Kaiser kein Ge-
fallen an den Kxcessen wider Nürnberg trage. Ciehe doch sein
Wille dahin, dafs die Zusammenkunft der fränkischen Kreis-
stände befördert werde und dieselben weiter nicht beschwert,
sondern beim Kreisschlufs gelassen werden. Was der Rat an
den Bischof von Bamberg und den Kaiser geschrieben, das sei
aus den betreffenden Beilagen zn ersehen. Nürnberg bitte da-
her, Excellenz wolle sich mit dem begnügen, womit der Kaiser
sich zufrieden gegeben habe, und den Beschwerden abhelfen.'*)
Tui>TiMarsib In/wischcn war Tilly Nürnberg wieder näher gekommen
vorNttrnbenj. und hatte sein Hauptcjuartier in S( liw.ihach aufgeschlagen. Von da
Anstait.-n zur rückte cr gcgcn Nürnberg, worüber der Rat durch einen Brief
Sicherung Amtmanns Veit Stieber in Schwabach noch am späten Abend
des 28. Novembers verständigt wurde. Am Abend des 29. No-
vembers, es war an einem Samstag, zeigte sich auch des Feindes
Zugordnung bei Lichtenhof am Saume des Waldes.
Kaum hatte der Rat von dem Anrücken des Feindes Nachricht
erhalten, berief er sofort den Kriegsrat zusammen und lud auch
Graf Georg Friedrich von Hohenlohe und Graf Heinrich Wilhelm
von Solms ein, in der Kriegsstube zu erscheinen und als erfah*
"} Nürnberger Kreisarchiv. Tom XIV. 145— [49. Inslruktion Dr. Fe«
tcers. Iltesu auch Tom. XiV. 2 (f., Bedenken des Dr. Heinrich Htttfs,
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^ i2l —
rene Offiziere nützlirlic Ratschläge zu erteilen. Auch erliefs
er zur Sicherung der Stadt eine Reihe wichtiger Verorthiiingen.
An alle Bürger erging der Befehl, in den ihnen angewie-
senen Vierteln sich mit ihren mannbnren Söhnen» Knechten,
Dienern und den Fremden, die bei ihnen wohnten, auf den
LAnnplätzen einzufinden, damit man sehen könne, wie stark man
sei und wie sich jeder ins Gewehr schicke. Zur Verschanzung
des Gostenhofs, wie auch der Stadt selber mufsten 2000 Mann zur
Arbeit sich einstellen, und am 1 . Dezember hatte der Waldarotmann
Stromer bereits 3000 Mann beisammen, die sich alle zum Schan-
zen sehr willig erwiesen. Die Brücken bei Wohrd wurden ab-
gebrochen, und die Sohnsisrhe Soldateska hatte sich in die
Laufgräben unters Geschütz zu begeben.
Auch an Lebensmitteln war kein Mangel. Seit Wochen
hatte der Rat Sorge getragen für einen grofsen Vorrat an Mehl
und Brot. Strenge war das Vorschleichen des Brotes verboten,
eine Reihe neuer Backöfen war eingerichtet, und selbst der
Mttnzmeister hatte seine Münzstätte ausräumen mttssen. Die
Bauern, welche sich in die Stadt geflüchtet hatten, durften nicht
müfsig herumstehen, ihnen war befohlen, an den Handmühlen
zu arbeiten; ihre Pferde wurden an die Rofsmühlen gespannt.
Das Eierbrot war ganz, abgeschafft, auch mit Herstellung des
weifsen Brotes mufsten die Bäcker zurückhalten. Und als Tiily
bei Nürnberg lagerte, wurde eine Cieneralvisitation des (»etreides
vorgenommen, der vorhandene Vorrat genau aufgezeichnet und
den Bäckern strengstens anbefohlen, denjenigen Bürgern, welche
selbst Getreide hätten, Brot nur um Getreide, nicht aber um
Geld zu verkaufen.
Alle, denen man mifstraute, wurden scharf beobachtet;
denn Verrat wurde gar sehr befBrchtet. Schon als Tilly zum
erstenmale bei Nürnberg lagerte, richtete man ein besonderes
Augenmerk auf die Fremden und erliefs an die W irte das strenge
Verbot, ohne spezielle Erlaubnis der Behörde keinen Gast langer
als drei Tage zu beherbergen. Und ein paar Tage darauf
wurde verordnet, fremden Boten oder wer sonst mit Briefen
ankomme, solle man die Briefe unter den Thoren nicht abneh-
men, sondern ihnen jemand beigeben und sie an den Bürger-
meister weisen, der die Briefe schon an den gehörigen Ort
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— 128 —
liefern würde. Am 2Q. November aber fafsten die Herren
Eltern, »dieweiln, leiderl zu besorgen, das durch verrätherey
hiesiger statt sehr werde zugesetzt werden«, folgenden hier na-
türlich nur der Haii|>tsa( hc iiacli angeführten Beschlufs:
1. Man soll unter den Thoren fleifsig acht L;elten auf die
reisenden Personen, sie examinieren und ihnen jedesmal l'ro-
visuner oder Soldaten an den Ort ihrer Einkehr mitgeben.
2. Savioli, welcher vor der Breitenfelder Schlacht Tiüys Bucl)-
halter gewesen war, soll zur Rede gestellt werden, was er bei
diesem zu verrichten gehabt. 3, Dem Hauskommentur sollen
etliche Soldaten ins Deutsche Haus einquartiert werden. 4. Die
Italiener sind in Handgelübde zu nehmen, dafs sie ohne Wissen
und Willen des Rates nicht hin wegreisen. 5. Der Postmeister
hat alle Felleisen, ehe solche fortgesendet oder ausgeleert werden,
in die Kriegsstube zu h'etern; durt sind dieselben durch Cieor^
ImholT, einen Gerichtsscliolien und zwei der fremden Spra< licn
kundige Kaufleute zu eröffnen; die Briefe, so als verdäciitig
erscheinen, sind zurückzubehalten, die Übrigen aber fortzu-
schicken.
Was aber noch schwerer wog als alle diese Mafsregeln,
Nürnberg hatte zu seinem Schutze das Solmsische Volk, bestehend
aus 2000 Fufssoldaten und ein paar hundert Reitern, sowie
3000 Mann geworbenes Kriegsvolk; zu seiner Verteidigung
stand die gesamte männliche Einwohnerschaft über 18 Jahren
unter Waffen.
<justavAdoi£i Ni< lit unvorbereitet und unijerüstet sollte also der Feind
bMommte jj^, Stadt treffen. Doch dns Wichtigste war, Gustav Adolf hatte
Nürnberg zu der Siacit wiederholt schriftlich und mündlich in nachdrücklich-
«imu<n. g^g^ Weise seinen Schutz versprochen. Eben zu dieser Zeit
war auch Jobst Christoph Krefs zurückgekehrt und erzählte,
was er in Obernburg beim König verrichtet hatte »vnd mit
was hochbetheuerltchen worten Sie meine herren wegen defs
vertrösten succurs nochmaln vergewiesert«. Auch kamen ver-
Nflmbergcr Kreisarehir. Ratserlässe am 14., 16., 22.« 34. und
25. November, sowie i. l'e-ember. Erlafs (Ur H<rrren Ehern am 29. No-
vember. LeublüogiscUe Chronik. — Nürnberger Stadtarchiv. Protokoll
der Kriegsstttbe am 28. November, Chronik, Geschichten, die sich . . «
77, 2" pag. 9. ~ Soden, Gustav Adolf und sein Heer . . . L Band, pag.
13s und 136, 142.
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schiedene Schreiben des Königs, welche Krefs mitgebracht hatte,
2ur Verlesung, in denen der Stadt Nürnberg der kräftigste Bei-
stand zugesichert war, falls es überhaupt zur Belagerung kom-
men sollte, woran jedoch sehr tu zweifeln sei.
Im Schreiben vom 18. November aus Würzburg und 22.
d. Mts. aus Obernburg sagte der König wohl seinen Beistand
bestimmt zu, meinte aber, dafs eine Belagerung nur zu Titlys
Ruin ausschlagen mlifste.
Im Schreiben vom 23. November aus Obernburg äufsert
der König seine starken Zweifel an einer Belagerung Nürnbergs
durch Tilly in folgender kräftigen Weise: Wir können » bei ge-
staltsahme dieser Winterszeit vnd seines eigenen zustandes vnfs
so gahr nit einbilden, dafs solcher auf ewre Stadt, selbige zu
attaquiren, angesehen sey, dafs Wir vielmehr glauben, Tilly
werde . . . ewer statt vielmehr zu fliehen, alfs sich derselben zu
nähern suchen«. Es ist jetzt keine Zeit, Belagerungen anzu-
fangen, Ttllys Armee ist in voller Verwirrung, zum Teil neu
zusammengerafft, die Soldaten sind nackend und blofs und aus
Mangel an Geld und guten Quartieren zur Meuterei geneigt,
liir aber seid >in summa so qualificirt, dals Tilly bedenckens
tragen solte, liineinzugehen, wann schon die plorten otlen
stundende.
Mufsten diese Schreiben einerseits sehr zur Belebung des
Mutes beitragen, so mochten sie auf der anderen Seite wieder
die Besorgnis hervorrufen, der König könnte denn doch Nürn-
berg für zu stark halten. Wie dem aber auch sein mag, der
Rat liefs nichts unversucht, um für den Fall einer Belagerung
den königlichen Schutz zu erlangen.*')
Alsbaid erhielt der Ratsschreiber Andreas Baier den Auf- R,itc des
trag, Gustav Adull auizusuciien, und ain I.Dezember reiste der R»»« n™
Hill«- l)fi
Bürger ] )ros( hei, welcher bereits vorher in geheimer Sendung GusuvAduif,
beim Kunii* gewesen war. diesem nach. Dessco
Vfrlinllien
An Wilhelm Stralsburg aber hatte der Rat schon am g«^,enaber
28. November geschrieben: >dafs du diese bedrangnus vnd
kaia«rliclion
höchste Gefahr deroselben in möglichster eyl gantz beweglich Kommuaar
vortragest vnd zu erkennen gebest, auch bittest, dafs Sie, dero
"j iSürnberger Kreisarchiv. Sjiczialakten des dreifsigjährigen Krieges,
Saal I, Lade 197, Nr. 25. Tom. XIV. 153— 155. Ratserlafs an 29. November.
9
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130 —
Vertröstung nach, diircli genügsamen succurs diesen gewalt ab-
wenden vnd vnfs in dieser noth vnd gefahr beystehen vnd
schützen, auch hierinn ob summum morae periculum keine zeit
verlieren woUec.
Auch an den Markgrafen Christian und dessen Kanzler
Feilitzsch wandte sich der Rat mit der Bitte, sie möchten die
grofse (lekihr, in der Nürnberg schwebe, y^so tags, so nachts i
tlcm Kurfürsten von Sachsen und Gustav Adolf melden, um deren
Hilfe für die bedrängte Stadt bitten, sowie den Kreistag be-
fördern, von dem man doch triiticr scMi'^t nichts meiir hatte wissen
wollen. Jetzt galt eben jedes Mittel, das zu Nürnbergs Rettung
aus grofser Gefahr beitragen konnte. Man betonte deshalb
auch dem kaiserlichen Kommissär Popp gegenüber, wie sehr
man das Zustandekommen eines Kreistags wünsche, blofs um
sich den Anschein zu geben, als wolle man den gegen den
Kaiser eingegangenen Verpflichtungen auch fernerhin gerecht
werden.**)
Und nun zu den Verhandlungen des Rates mit Tillv!
Dr. Jakob Am 28. Novcmbcr war Dr. Fetzer in Tillys TIaui>t(iiuirtior
zu Schwabach und wandte alles auf, um Nürnberg zu rechtfertigen.
H»pr Allein Tilly und dessen Kommissär Rupp blieben bei ihren
sdiwäfaach. schweren Beschuldigungen Nürnbergs, und es war augenscheinlich,
1 itiy« dafs es der Stadt übel ergangen wäre, hätten sie die Macht
Fonfcrungea. 1,05^35^^^ dieselbe zu züchtigen. >Ces sont des faintises,c so
sagte unter anderem Tilly auf Dr. Fetzers Entschuldigung, > l'an 1610
vous avez envoy^z d'argent et vos gents contre TArchiduc
Leopold, pour ruiner la maison d'Austriche, et toutes les troubles
sont cstez fomentez par les villes Iniperiales, il en faul laire .
Alle Einwände gegen Tillvs Forderungen halfen nichts. Er be-
stand darauf, dafs Nürnberg den (Irafen Solms gefänglich ein-
nehme und ihm ausliefere, ihm alles geworbene Volk überlasse,
den Proviant für die kaiserliche Armee verscbaife und 4 Rats-
'•) Nürnberger Kreisarchiv. Brief buch 1631 fol. 513. Schreiben an
Wilhelm Strafsburg am a8. November. Erlafs der Herren Ehern um 3$.
November bezüglich Droschels Relation. Tom. .W. f 1, 742 (Soden . . .
pftg. 14t — t43H Rclaliun des Rat$scbreibcr$ Andreas l^aicr. Tom. XV.
238 AT. (Soden, pasr. 143-145), Hans Droscheis Bericht. Erlafs der Herren
Eitern am 1 Ii - embor. Katsvcrl-isse um und 30 November. Schreiben
an den Markgrafen uiul dessen Kaiuler Feihlsch, Tom. XIV. i'^"^ 197 und
288. Brief buch 1631 fol. 516, Schreiben an den kaiserlichen Konimiääär Popp«
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Personen »cum liberac an ihn abordne und — verlangte sofortige
Antwort.
Nun konnten diese Forderungen TÜlys dem Rate keine
Überraschung bereiten. Da aber von ihm eine unverzügliche
Erklärung verlangt war, so liefs er vorerst durch den Tillyschen
'i'runipcter eine Vorantwort überbringen.
Die eigentliche Antwort auf Tillys Forderungen durfte
jedoch keinen Augenblick verzögert werden, denn Tilly war
jetzt ganz in Nürnbergs Nähe gerückt. An eine BewilligUing
dessen, was der kaiserliche Heerführer wollte, war nach Lage
der Dinge natürlich nicht zu denken; eine solche hätte einen
vollständigen Bruch mit Schweden bedeutet. Deshalb beschlofs
der Rat auch» die Fordeningen rundweg abzulehnen; nur bezflg-
lieh der Lieferung des Proviants wollte er sich zu einem Zu-
geständnis herbeilassen. Um aber ja sicher zu gehen, nahm er
nochmals das (iiitachten des Kriegsrates und der beiden Grafen
Hohenlohe und Solms ein, welche beide erklärten, dafs der
Feind wegen des nahenden Winters eine Belagerung nicht vor-
nehmen könnte, derselbe »dörffte zwar sein hail versuchen vnd in
der furj angehen, dem roüste man aber mit dapferkeit begegnen«.
So wurde denn tapfere Gegenwehr besclüossen« und als
sich am 30. November Tillysche Truppen bei Lichtenhof blicken
liefsen, sparte man auf TUrmen und Basteien kein Pulver. An
Tilly aber überbrachte Dr. Fetzer in dessen Hauptquartier zu
Reichelsdorf am 1. Dezember ein Schreiben, das Dr. Richter
verfafst hatte.
In diesem Schreiben sucht der Rat nachzuweisen, dafs es
für ihn unmöglich sei, Tillys Forderungen /u bewilligen.")
Es stand nicht, heifst es in demselben, in unserer Macht, Dr. Feutrim
des Grafen Solms Werbungen auf dem Lande zu verhindern, ^J^^JT*
wenn wir nicht anders auf wiederholte und ganz äufserste Be- q«»«^'^ zu
drohungen des Schwedenkönigs hiesige Stadt und Landschaft ^^ti^J
ganz ruinieren und in fremde Hand kommen lassen wollten. Wir ^
") Nürnberger Kreisarchiv. Tüm. XIV. 284, iillys isclireiben aus
Schwabach. Tom. XIV, 153—15$, Ratserlafs am «9. November. Tora. XV.
249 ff., Schreiben (!e< Rates an Gustav Adolf, Mitte Dczciuher. Hiiefhucli
1631, fol. 514, Vorantwort an Tiliy am 29. November, l om. Xl v. 109 — 1S5,
Bedenken der Hochgelehrten am 29. November. Tom. XIV. 191 193, Kats-
edab am 29. November. — Nürnberger Stadtarchiv. Protokoll der Kriegs-
stabe am 3a November. Soden, . . . pag. 136.
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132
mufsten daher »gleich anderen catholischen vnd evangelischen
Stenden aus der noth eine tugend machen«. Da wir das Kriegs-
volk haben abdanken müssen und uns Güter im Werte von
400000 fl. (Anmerkung 1) ausgeplündert worden waren, so wäre
ja Stadt und Landschaft auf einmal verderbt gewesen. Das aber
wäre beim Kaiser nicht zu verantworten. Denn ihm wird die
Erhaltung der Stadt sicherlich mehr gefallen, zumal in solcher
Not yo.der dn«? Recht hat, »sanguinem suuiii (luuvis modo zu
redimirn«, und Kaiserliche Majestät jüngst hat vernehmen lassen,
dafs wir beim schwedischen Einbruch in den Kreis »dem könig
in Schweden nicht schwören vnd dann auch keine gamison von
ihm einnehmen soltenc. (Siehe Anmerkung 2.) Wir leben daher
der Hoffnung, Excellenz wird wie der Kaiser uns bei dieser
Erklärung und Entschuldigung bleiben lassen »vnd durch be-
harrung vnmöglicher ding vnd solcher puncten, deren wir zur
reit nicht mächtig, nicht vrsach geben, dafs vfT dem widrigen
tali der könig in Schweden erst hiehero gelocket vnd hiesige
statt vnd landsrhalTt in vnverscluilte hostiliteten vnd cuserste
ruin gesetzt, oder diesem vnd andern benachbarten craifsen
vnd derselben vornehmen Stenden zu unfelbarem nachtaii ander-
weit occupirt vnd besetzt werde«.
Was den Grafen Solms betrifft, so hat sich derselbe er-
boten, wegzuziehen, wenn auch das Icaiserliche Kriegsvolk abziehe.
Proviant aus der Stadt zu liefern, ist unmöglich; doch soll aus
dem I^ndgebiet auf den Abzug des kaiserlichen Kriegsvolkes
solcher beschafft werden, obwohl des Kaisers Wille ist, dafs die
Stande Uber die 72 Monate nicht beschwert werden dürfen.
Kine AburdnuiiL: mit Vollmacht ist bei den Städten nicht Hor-
koinnicn, überdies nimmt auch die (jclahr auf dem Lande
stundlich zu, »raisende personen, vngcacht sie £. Gr. £xc.
Anmerkung i. Das Frankfurter GeleiUchifT wurde zwitehen Markt-
breit und Ochsenfnrt von schwedischem Kriegsvolke angehalten nnd aus-
geraubt. (Ratsverlufb am 24. Oktober.) Auch im Spessart wurden Nürnberger
Kaufleute von schwedischem Kriegsvolke ausgeraubt. yTom. XII., 31 3,Ratserlafs.)
Anmerkung 2. Oberst Löbel gab Or. FeUer, als derselbe in Wien
Abscliietl nahm, im Xamen des Kaisers die Erniahnun«j mit auf den ^Veg, er
nT .L; ' 'Uihin wirken, daf^ Nürnberg in kaiserlicher Devotion bidbe »vnd sich zu
cmiictiimiiig einiger schw •«^i-chen «Tuarnison oder iaistung eines aydts dem*
»elbi^en künig nicbi wollen bewegen lafsen«.
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— 133 —
pafssedul bey sich haben, werden vff den strafsen geschwind
niedergemacht, also dafs auch kein both mehr sich hinaus
wagen willc.
Wir bitten also iim Beschleunigung de« Abzugs, um Spezial-
sal\ aguardien für diu Amter unJ Rückgabe Lichtenaus, sowie
Restitution der zu Forchheini i^eraubten Kaufmannsgüter im
Werte von iOOOOOfl. und hegen auch die sichere HotTnung,
Excellen/. i werden an solchen exorbitantien, welche den otfent-
lichen hostiliteten nicht vngleich seind, kein gefallen tragen«
sondern dieselben vielmehr alles ernsts absuschaßen vnd zu
verhüten, auch der soldatesca abfllhning neben obbedeuter
restitution gnädig gemaint sein«. Einen Erfolg hatte natürlich
das Schreiben des Rates nicht. In seiner Antwort beschuldigte Tilly
den Rat des Meineids und anderer schweren Dinge.*®)
Euere Entschuldigung, sagt Tilly, dafs ihr des Grafen Tiii>-s
Solms Ankunft und Werbungen auf dem Lande nicht habt ver- r^^J^'^
hindern können wegen der Drohungen des Schwedenkonigs
»lauift der vernunfft, expeiien/. vnd besserer Wissenschaft gantz
suewieder«. Es wurde ja nichts Feindliches wider euere Stadt
vorgenommen, sondern die Solmsischen Truppen haben »iren
vrsprung durch die mitel, so ir ihme eingeraumbt, bey euch vnd
in der Stadt Nürnberg genohmen vnd alda geworben worden,
wie dan dieselben sich noch vf gegenwertige seit vnd stundt
darin aufgehalten vnd protegijrt werden«. Auch euere Berufung
auf die Katholiken ist nicht stichhaltig. Diese haben sich, soviel
sie gekonnt, gesetzt vnd gewehrt, haben zum Teil Land und
Leute verlassen müssen. Ihr aber habt >Hjhnnötiger wcii"se vnd
ohne wiederstandt, vnd zwar wieder keine dergleichen khriegs-
macht, besondern nur etzliche wenige trouppen, wieder aidt vnd
pflichten, ja wieder Gott vnd alle biUigkeit, vnd aswar vf eintzigen
respect vnnd leedige commination aufsländischer potentaten euch
eingelassen«; ihr habt, was gar wohl hätte vereitelt werden können,
vorgenommen und verhandelt, »ja dardurch dem feindt auch gar
zue aufspring; vnnd vergadderung seines volkhs in eueren gebiet
gelockhet vnd ihme räum verstattet, allso dafs durch dergleichen
commination vnd aigen willige verliandtlung dem schuldigen respect
Nttrnberget KreisMchiv. Biiefbuch 1631, fol. 518 ff.
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— 134 —
Antwort
des Rates
auf Ttllyf
■chweve
Beadmldif
uiifen.
vnd gehorsamb gegen Irer khay{. may^. vnd deroselben khaifser*
liehen autboricet vnd hochheit» auch sonsten durchgehendt dafs
privatum dem publice wiederrechtUch zu praeferijm vnd vorzu-
ziehen intendijrt vnnd gesuecht worden<. Ihr habt GeneraU
wachtmeister Freih. von Altringer einen schriftlichen Revers ein-
i;oaiit\vc)rtct, und der kaiserliche Reichshofrat und Kommissär
Hans Anton von Popp hat im Namen des Kaisers euch die
Versicherung gegeben, *dafs ir nehml)lii h vf allen fahl ir vom
feindt angefochten werden selten» euch auf iedes euer anmelden
vnd erfordern zeitliche vnd genuegsambe assistenz wiederfahren
solle f. Alles Unheil, das dem Reich erwachsen mag, fällt daher
euch zur Verantwortung. Was euer Anerbieten bezüglich des
Proviants betrifft, so ist dasselbe wertlos; denn es sind f habschafft
vnnd mobiUienc in die Stadt gebracht worden. Was aber endlich
euere Entschuldigung wegen der verlangten Abordnung anbelangt,
so habt ihr euch tnit entblödet«, solche an Gustav Adolf zu
schicken; es hätte euch also nicht »gegen Irer kay£. may£. be-
denckhlich fallen sollen, zumahlen ihr ^^ar nit von einem aufs-
lendischen potentatcn, besondern aintzig vnd allein von Ihrer
khai^. may^. alfs dem höchsten haubt dcpendieret vnd ihret
wegen aller euer habender Privilegien, immuniteten vnd freyheiten,
mit welchen von deroselben ihr alleinig vnd kheinem aufslendischen
potentaten begabt vnd begnadiget seindt, zue gemessen vnd
zu erfreuen €.
Es wird daher die Erwartung ausgesprochen, Nürnberg
möge sich des schuldigen Gehorsams gegen den Kaiser erinnern
und die »actiones ; su einrichten, dafs sie diese künftig beim
Kaiser verantworten könne.
Man kann nicht behaupten, dafs dieses Schriftstück an
Derbheit es hätte fehlen lassen; der Rat war daher auch nicht
wenig erbittert und beschlofs, unverzüglich darauf zu antworten
und die allzustarken Bezichtigungen zurückzuweisen.*')
In dem neuen Schreiben, verfafst von Dr. Richter, wird
nochmals darauf hingewiesen, dafs es nicht in Nürnbergs Macht
gestanden habe, die Werbungen des Grafen Solms zu verhindern,
weil man das Kricgsvolk habe abschaffen müssen, die schwedische
") Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XIV. 204 — 206, Ratserlafs am
I. liezember. Tom. XIV. aoS — 211, Tillys Schreiben aus Keichel$dorf.
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— 135 —
Kriegsmacht zu stark sei und Nürnberg an den Orten, wo die
Werbung vor sich gegangen, »die freyfsUche obrigkeitt nicht
zustehe. Eine Beförderüng habe von Seiten Nürnbergs nicht
stattgefunden, wie denn fremde Werbungen noch heutigen Tages
in NQmberg nicht gestattet würden. Die Drohungen seien keine
leeren gewesen, Nürnberger Burger h;itten in der That durch
schwedisches Kriegsvolk einen Schaden von 400 0üütl. erlitten.
Alle Unpartciisclien, heifst es dann weiter, mögen richten,
ob es besser gewesen wäre, wenn wir trotz der unmöglichen
Gegenwehr »aufruhr vnter der burgerschaft verursacht vnd zu
gentzlichem ruin anlafs gegebene, den Feind hieher gelockt und
den benachbarten Ständen grofses Unheil zugezogen hätten, als
dafs wir nach dem Beispiel anderer katholischen und evangelischen
Stände nicht nur das i privatum«, sondern vor allem das » publicum c
in acht genommen und, >was zur Wohlfahrt mehr dienlich, vnfs
angelegen seyn lassen«.
Niemals ist von Kaisern oder Kurtursten, »bei denen die
tijuticatio aigenth'ch bestellet-^, Nürnberg als eid- und pfiicht-
brUchig bezeiciinet worden, Nürnberg, das auch jetzt wieder
durch Jahre hindurch das Aufserste für den kaiserlichen Kriegs-
dienst aufgewendet hat. Was die Lieferung von Proviant betrifft,
ist nicht einzusehen, warum derselbe gerade aus der Stadt
kommen soll, und was die Abordnung anbelangt, so hat sich der
Kaiser öfters mit Dr. Fetzer begnügt, und ist an den Schweden-
könig eine irathspottschaft mit plenipotentz« niemals abgegangen.
Zum Schlufs aber wird abermals die Bitte ausgesprochen,
Tilly möge auf seinen I'(~)riierungen nicht weiter l>esteiien, zumal
der kaiserliche Kommissär Popp zum K reisk(<n\ etite erwartet
wurde, und mit seinem Kriegsvolke abzieiicn, widrigenfalls man
vor Gutt, Kaiser und allen Ständen des Reiches entschuldigt
sein wolle, wenn andere Ungelcgenheit Nürnberg und anderen
diesem benachbarten Ständen daraus erwachsen sollte. Daran
reiht sich noch die gleiche Bitte wie zu Ende des vorigen
Schreibens.
Nun waren in der That Tillys Anklagen zu starke.
Ob der Rat die Werbungen des Grafen Solms, welcher
vor Monaten mit seiner Familie in die Stadt gezogen war,
unterstützt hatte, wie Tilly behauptet, ist sehr zweifelhaft; gewifs
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136
aber wissen wir» dafs er den Grafen nicht herbeiwünschte.
Seine Hilfeleistung freilich nahm man und mufste man schon in
RQcksicht auf Gustav Adolf, der denselben ja der Stadt zu
Htlfe geschickt hatte, in der Zeit der Gefahr in Anspruch neh-
men. Wir wissen auch, dafs der Rat, wenigstens noch eine
Zeit lang, neutral bleiben wollte. Da er das iiiciit konnte, er-
bat er vom König > etwas Gewalt«, und dieser kam dem Wun-
sche bereitwillig entgegen.
Geschickt ist ferner der Hinweis, dafs durch Tillys fort-
gesetzte Feindseligketten gegen Nürnberg den benachbarten
katholischen Ständen schweres Unheil erwachsen könnte. Gerade
dem Bischof von Bamberg und nicht minder auch dem Kur*
fttrsten Maximilian von Bayern mufste viel daran liegen, dafs
Gustav Adolf fern bliebe. Nicht umsonst wandte sich
daher auch der Rat an den Bischof, er möge bei Tilly für
Nürnbers; ein gutes Wort einlegen, und wohl nicht mit Unrecht
meint Dr. Tüschelein, der Bischof von Bamberg habe in Rcirhels-
dorf »mitiora consilia« eingegeben. Wenn übrigens bestritten
wird, dafs man eine »rathspottschafft mit plenipotentz« an den
Schwedenkönig abgeordnet habe, so ist dies Wortklauberei.
Tetzel und Dr. Richter sollten an den Rat nur berichten, wenn
Dinge zur Sprache kämen, worttber sie nicht instruiert wären.
Auf Grund ihrer Instruktion schlössen sie jedoch den bekannten
Würzburger Vertrag ab, und sie waren auch bevollmächtigt, im
alleräufsersten Falle die Spezialallianz ein^iugehen.
Wie dem aber auch sein mag, der Rat rechtfertigte sich
eben, so gut er konnte, und war sicherlich über/engt, dafs es
beim blofsen Wortgeplänkel nicht bleü)en würde, wenn Tilly
die Macht besäfse, Nürnberg zu strafen.^")
DrrTiUysche Was die Bedingungen waren, welche Nürnberg hätte ein*
Akkord, g^j^^n mo^sen, wenn es, durch die Annäherung der kaiserlichen
Truppen erschreckt, sich in einen Akkord eingelassen hätte,
darüber gibt eine Urkunde des Allgemeinen MUnchener Reichs-
archivs Aufschlufs.
Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XIV. 2x2—214, Dr. i üschcicins
Gutachten. Tom. XIV. 219 fT. (Briefbvch 1631. fol 530 Q, Antwort des
Rates auf l'illys Schreiben aas Reichelsdorf. Tom. XIV. 216, Dr. Tttsche»
leins üulächtea.
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— 137 —
Ich lasse sie hier im Auszuge folgen.
1 . Die Stadt hat das schwedische, wie überhaupt das dem
Kaiser feindliche Kriegsvolk ;in Tilly auszuliefern >vnd darmit
Ihre Exe: den khaifscrlichen lierrn generalen vnd grauen von
Tilly weiters gewähren vnd verordnen zue lassen«. 2. Sie hat
vom Kriegsvolk, das es :»zu behueff ihrer statt geworbene, den
Überschufs, so die Zahl der ihm ehedem vergünstigten
Garnison Oberschreitet,alsbald abzudanken; sie mufs eine kaiserliche
Garnison in die Burg einnehmen und nnterhalten, bis dem Reiche
wieder der Friede gebracht ist; sie darf mit des Reiches Fein-
den in keinerlei Weise in Verbindung treten. 3. Die Stadt hat
unverzüglich den Rest der Kontribution zu 20000 fl. den Monat
vuai 1. luni ah bis jetzt zu zalilen, was mit Einschlufs des
Monats November die hübsche Summe von 120000 fl. betrug.
4. Sie nnifs zur IJnterhaltuni^ des kaiserlichen Heeres 200000 fl.
herleihen und alsbald in die kaiserliche Kasse abliefern, welche
Summe jedoch von der künftigen Kontribution abgezogen werden
soll; desgleichen mufs sie, ebenfalls auf Abzug, 20000 Ellen
wollenes Tuch, 10000 Ellen leinenes Tuch und 10000 Paar
Schuhe für die kaiserliche Armee sofort abgeben. 5, Sie hat
aufserdem 100 gute Wägen samt Pferden und allem Zubehör,
500 Ztr. Pulver, 1000 Ztr. Lunten und 500 Ztr. Blei zu liefern.")
Dies sind gewifs keine geringen Anforderungen an Niirn- Tiu>^Al«uj;.
berg. Doch was wäre der Stadt erst widerfahren, wenn Tilly
sie im Sturm erobert hritte! Allein um eine Belagerung vor-
zunehmen, fühlte sich Tilly zu schwach. Nachdem er vier Tage
mit seiner 14000 Mann starken Armee vor Nürnberg gelegen
war, zog er am 3. Dezember in zwei getrennten Heerhaufen
ab, wovon der eine über Roth nach Schwaben, der andere
in der Folge durch die Oberpfalz nach Böhmen marschierte,
jetzt aber mit verheerender Gewalt über die Nürnberger Ämter
sich ergofs.'^
*') Münchener Allgemeines Keichsarchiv. Tom. CLXVil, fol. 466 ff.,
Nttrnbcr^tche accordspiincteB, wie «ie ftQ die sUtt von vaiu begcret worden.
Etzliche puncteB« Signatum Schwabftch vnder ohhochgedaelites Herrn 1 /c«
neraln vnd ()rat»ens von Tilly Exre. aigcnen handtzeichen vnd daaebeos
ftxrgcikteltem insigcl am 29. Nouembris ao. 1631.
**) Ntttnberger Kreisarcbiv* Ratterlafs «m 3. Deiember. — Soden,
GnsUr Adolf ... I. Teil. pag. 139.
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138 —
Der K-impf Vom äufsereii Feinde war die Stadt Nürnberg befreit;
s^^umatni S^f^^^ inneren Feinde aber, die sogenannten Verdächtigen,
Vonttditigvn. tobte der Kampf weiter. Es ist bereits hingewiesen worden,
in welcher Weise der Rat einem Verrate zu begegnen suchte;
wegen der Wichtigkeit dieser Sache halte ich es ftir angezeigt,
nochmals darauf zurttckzukommen und mich des weiteren darüber
zü verbreiten.
Da der Rat fiirc hti'tc, es könnten dun !i Vcirräterei die
Retten oder Seile abgeschnitten werden, liefahl er, in die närli-
sten Häuser bei den Brunnen Seile und Kimer 2U tUuu, damit,
wenn eine Feuersbrunst ausbräche, man anderweit versehen
wäre. Dann wurde ein Proklama erlassen: »dafs wer eine
schädliche vnd verdechtige persohn in hiesiger statt vermuthen
wird, solche in der kriegsstuben bej Vermeidung gleicher straff
in geheim anzeigen, vnd derselbe vnuermelt verbleiben solte,
welches auch einem E. E. rath zu femerm nachdenckhen vnd
ordinirung zue referiren^. Am 1. Dezeniber wurde Savioli auf
den Turm gesperrt. Die Wirte durften von nun an die Italiener
nicht mehr beherbergen; die, welciie sich bisher in Wirtshausern
aufgehalten hatten, mufsten sich zu denjenigen von ihren Lands-
leuten begeben, welche ein eigenes Haus besafscn; alle Wel-
schen aber wurden in Handgelübde genommen, dafs sie in der
Stadt und ihren Häusern verbleiben und keine Güter hinweg-
schicken würden.
Auch gegen drei angesehene Bürger der Stadt ging der
Rat vor; es waren dies Martin Karl Haller, der als Genannter
entschieden gegen den Anschlufs an Schweden gestimmt hatte,
der < )tKMst Voit und Sebastian Welser. Sic wurdt u ials ge-
fehrliche painotcn v nd schadliciie icuth* auf verscliird. ne Türme
gesperrt, und es wurde den Turmhiitern strenge betohleu, ohne
des Rates P'.rlaubnis »nicht einigen menschen zu ihnen zu lassen«.
Martin Karl Haller hatte sich verdächtig gemacht durch seine
Reden und insbesondere dadurch, dafs er einem gewissen Husan,
der sich für einen kaiserlichen Kommissär ausgab, sich aber
nicht legitimieren konnte und sehr wahrscheinlich ein Spion war,
Unterschlupf in seiner Wohnung gewährt hatte. Voit hatte schon
mehrere Jahre her dem Rate wegen seiner bösen, giftigen Reden,
wegen seiner Korrcspuiulenz mit Nürnberg übelgesinnten Pcr-
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— 130 —
sonen und seiner gehässigen Berichte viel in schaffen gemacht.
Sebastian Welser aber fiel vor allem sein Verkehr mit Voit und
dafs er mit diesem alle Schanzen umritten hatte, asur I>ast.
Aufser diesen dreien galten noch als besonders verdächtig
Ambrosi, Gallina und der Postmeister Ehinger; von lefatterem
wird später noch die Rede si!in. Als den Herd der Verschwö- '
rung aber betrachtete der Rat das Deutsche Haus. Am 26. No-
vember er^MHg an den Hauskommentur der Befelil, jeden Tag
ein Verzeichnis der Fremden einsuliefern, die bei ihm ab- und
zureisten, und drei Tage später ward ihm die Mitteilung, man
werde ihm etliche Soldaten zn seinem Schutze — in Wirklich-
keit war es zu seiner Beaufsichtigung — im deutschen Hofe
einquartieren. Am 13. Dezember wurde denn auch das Deut-
sche Haus mit einer Wache belegt.
Nun ist gewifs die Frage am Platze: war dieses Vorgehen
gegen die sogenannten Verdachtigen, besonders die Italiener,
nicht zu weitgehend? Verräterei konnte der Rat ja auch in
keinem einzigen Falle nachweisen : er mufste allen als verdächtig
Eingezogenen wieder die Freiheit schenken. Den Obersten
Voit allerdings hätte er gar zu gerne in Haft behalten; doch
auch ihn mufste er auf direkten Befehl des Kaisers da-
raus entlassen. Allein die Vorsicht des Rates erklärt sich,
wenn wir erwägen, dafs Gustav Adolf diesen oft vor Verrätern,
worunter er vor allem die Italiener verstand, gewarnt hatte;
wenn wir ferner bedenken, dafs der Rat nur zu gut wufste, wie
alles, was in Nürnberg vorging, seit geraumer Zeit an kurbaye-
rische IJeanite berichtet wurde.
Zur« Beweise, auf welche Art man bayerischerseits gerade Kur-
in jener Zeit sich Kenntnis von den Vorgängen in Nürnberg zu J^^"*^***"
Spion ügB in
verschaffen suchte, diene, was folgt: NDmberR.
Am 20. November schrieb der KurfUrst Max I. an den Ober-
sten Lindlo und die Regierung von Amberg, es möge die Korre-
spondenz zwischen dem Kriegsverordneten Siegmund Gabriel
NUrn1)erfjer Kretsarchiv. Rateerlässe am 24., 25 , 26. und 27. No-
vember und am 4. und 13. i^ezcmbcr. Erlässe der Herren EUlern am 29. No-
vember und I. Desember. Hiezu attch Tom. XIV. 47 und Tom. XVI. 377
ff , Gravamina der Stadt Nürnberj^. — Nürnberger Sta liarchiv. Voickamer«
sehe Chronik 523, 4^ Protokoll der Kriegssiube am 24. November.
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— 140 —
Holzschuher und einem seiner Unterthanen wie bisher durch
den Schultheifsen von Neumarkt mit guter »dexteritett befördert
werden. Und der SchuUheifs berichtete an die Regierung in
Amberg: Holzschuher kann im Trunk nicht viel verschweigen.
Ich habe daher seinen WatTenkneciit Hans Pogner von WofTeii-
bach, wie seinen Skribenten so weit gebraclu, clafs sy sich
mit hohen bedeuern erbotten vnd mit handtgegebener trewe
angelobt, sowohl mindt: als schriftlig, doch alles vnd yedes-
mahls mit meinem vorwissen, den offterwehnten Holtzschuher
zu lockhen vnd, wafs er oder die seinigen sich vernehmben
lassen, getreulich zu auisiren«.
Der Waffenknecht scheint aber aus Siegmund Gabriel Holz-
schuher nicht viel herausgelockt zu haben; denn seine Berichte
zeichnen sich wohl durch Weitschweifigkeit aus, sind jedoch
meist ohne jegliche Bedeutung. Über die Thätigkeit des Skri-
l)enten konnte ich im Münrhener Reic.hsarchiv überhaupt keine
Anhaltspunkti' finden. Es sei hier nur erwalmt, was l'ogner
am 29. November berichtete: In Nürnberg, schreibt er, >sey
grofses trauern vnd wainen, vnd förchten sy serc. Gustav Adolf
schreibe alleweil, er wolle ihnen Hilfe schicken, es komme aber
keine an.
Viel wichtiger als dieser Bericht des WafTenknechtes, dem
ein gewisser Wert jedoch nicht abgesprochen werden soll, ist
der Extrakt eines Schreibens aus Nürnberg an den kurbayeri*
sehen Sekretär Schäfer unterm 27. November. Es hi-if^t da:
»Die Stadt ist bei dein LautTerthor vnnd bei dem Spitlerthor,
gejjen dem Frauenthor am schwcehisten, khain besser mitl,
dann bei der nacht die /.wo vorstedt, als Wöhr vnd GostenhoflT,
welche gleichwol mit volkh besetzt, yberfallen; im Gostenhoff
iigt die Solmische reutterey vnnd fuefsvolkh, beneben solchen
wachten alle nacht ain oder 2 fänndlein starkh volkh, hat aber
khain thor, Wörth hat thor, jedoch schlecht vnd khainen graben,
sonndern nur schrankhen«. »Der pöffel ist aller schwedisch,
vnnd niemandt mer khaiserisch, also dafs mit dem pöfel nichts
zu handeln«.'*)
") Münchencr AU^'cmeines Reich«;j»rchiv. Tom. CIAXII. Fol. 4,
Tom. CLXXXL l-ol. 17, Tom. CLXli. l ol. 19 und Tom. CLXXIL Fol. 161.
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Doch kam es, wie bereits erwähnt, zu keiner Belagerung Unter-
Nümbergs, und man möchte nach dem, was Gustav Adolf an J^^^
den Rat geschrieben hatte, Überhaupt annehmen, Tilly habe «ine
Nürnberg blofs schrecken wollen. Allein ein Schreiben des ^y^J^
KurfilTSten Max beweist uns, dafs der kaiserliche Heerführer es für beabricbtiKt
möglich hielt, Nürnberg in seine Gewalt zu bringen. Max T. spricht
in diesem seinen Zweitel aus, dals ::clie inipresa geu,en Nürn-
berg« gelingen wenle, da es ^sehr sj)ath im Jalir* und der
schlecht gekleidete Soldat bei dieser Kälte nicht »in campagna
zu halten sei ohne endtliche consumption«, zu geschweigen der
Schwierigkeiten, die eintreten würden, wenn Gustav Adolf der
Stadt zu Hilfe eilte. Weü aber die Sache nun einmal ange-
fangen sei und man das Nürnberger Gebiet »zum wüntterquartier
gebrauchen muefs«, stellt er das Ganze Tilly anheim »vnnd ein
solches vmb souii mehr, wann auch ja diese impresa in efiectu
vnd zu dem principaliter fllrgezihtten zweck nit reussiren solte,
so werden doch durch solchen zug verstandnermassen die noth-
wendige wünterquartier occupirt«.
Die treibende Kraft bei diesem Anschlage auf Niirnl)erg
war wohl Pappenheim, An Max I. schrieb er, er getraue sich,
die j^Impresac mindestens in 9 Tagen >zue endt zu richtenc,
freilich — müfste »das werck also mit artilleri vnd arbeit vber-
setzt seine, dafs an einem Tage geschieht, was sonst nicht in
einer Woche. Und aus Schwabach berichtete er am 35. No-
vember von grofsartigen Werbungen in Franken und dafs er
ein Mittel erdacht habe, wie Nürnberg, söhne schwerdtstreich,
auch ohne lange bloquierung E. curfürstl. Dhlt. mit wenig volckh
in die hendt zue lieffern. Mit 2000 pferten vnt 5000 mann zu
fuefs getraut ich mirs zue thuen«.^*'')
So leicht jedoch, wie Graf Pappenheim sich die Sache Bcwcwdaiür,
dachte, war sie lange nicht. TiUy handelte klug, als er von ^'j^^^
Nürnberg wegzog; denn hätte er die Stadt wirklich belagert, Krh-rrnn^
so war dieser schwedischer Hilfe sicher, Generalfeldmarschall ^j^^*^^^
Horn nämlich zeigte Jobst Christoph Krefs zwei Handbrieflein
des Königs vor, in denen ihm befohlen war, alle seine Truppen
Münchener Allgemeines Reichsarchir. Tom. CLXVII. Fol. 4^5.
Kurfürst Max I. an Tilly. Tom. CLII. Fol. 402, rapj>enheim an M:«x f
Ton). CLII. Fol. 407, Pappenheim an Max 1. SchwabacU, den 23. November.
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— iA2 —
■
nach Nürnberg marschieren zu lassen, bis dieser selber komme«
Und dem Nürnberger Bürger Droschel gegenüber äufserte der
König, er wolle Nürnberg nicht im Stiche lassen, sollte es
ihm auch Blut und Leben kosten. An den Herzog Wilhelm
von Sachsen^Weimar schrieb er aber aus Höchst am 6. Dezember,
er habe Nachricht, dals der Feind Nürnberg belagere. Die
Stadt sei aber dem Feinde nit ht zu gönnen, jdahero Wir auch
gi'n/.lirhen resolvirt, sie vnnerlengert zu entsetzen .. Der Herzog
möge daher die Stadt Krturt besetzen und mit dem Reste des
FuCsvolkes und der Reiter den Marsch nach Schweinfurt neh-
men, »so dafs sie wo möglich in 12 tagen, alldieweil £. Ld.
sich mit. stücken nit beschweren dorfen, alda sein vnd sich mit
Vnfs conjungiren mögen«.")
Sehünmu» TUly war wohl von Nürnberg weggezogen, allein die Lage
Lage Nürn- Stadt War auch jetzt noch eine sehr mifsliche. Sie war rings
borgs auch
nach dem vom fcindHchen Kriegsvolke umschlossen, selbst gegen Schwaben
hin durch die zu Weifsenburg, Ruth und Lichtenau liegenden
kaiserlichen Truppen; aus dem Landgebiet, wo die Tillyschen
Scliaren in barbarischer Weise hausten, waren keine Lebens-
mittel zu bekommen. Eine Hungersnot stand bevor, wenn die
kaiserlichen Truppen, wie es anfänglich geplant war, ihre Win-
terquartiere in den Nürnberger Äibtem bezogen.*^
Die Ge- Auch mit dem Grafen Tilly, der mit der Hälfte seines
fangennahcnc ^^^j^^ j^^th nach Schwabcu nahm, hatte der
des jungen "
Füitten von Rat noch mauch unerquickliche Angelegenheit zu verhandeln. Be>
^e^n* sondere Verlegenheit bereitete ihm die Gefangennahme des jungen
Wuchtmci- Fürsten von Anhalt und dessen Wachtmeisters Dien, suwie des
, ^ Hieronymus Altheinier von Trient, welche Geschichte zu uner-
und des •'
Hieronymus quicklichen Verhandlungen schon Anlafs gab, als Tilly noch bei
von Titent N^™herg lag. Der Hergang ist kurz folgender: Am 30. November
war der junge Fürst von Anhalt mit seinem Wachtmeister auf
die Stadt zugeritten, aber von Solmsischen Reitern, die sich für
Wegzuge
nUys.
^) Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XV. 338 — S41, DroscheU Bericht
über seine Verrichtung bei Gustav Adolf. Tom. XV. 253 -263, Hr Jobst
eil. Krefsens Relation. — Soden, Gusav Adolf ... I. Teil pag. 144 und
154 fr. •- Droysen, Schriflütucke von Gustav Adolf zumeist an evangelische
Fürsten Deutschlands. Stockholm 1877. 8.
Nürnberger Sladlarchiv. Protokoll der Kricgwtube am la and
11. Dexember.
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— 143 -
schwedische ausgaben, gefangen genommen und beraubt worden.
Er hatte den Ritt unbesorgt unternommen, da sein Wachtmeister
auf die Frage, ob man sicher in die Stadt reiten könne, von
Dr. Fetzer zur Antwort erhalten hatte, er könnte dies ohne
Furcht thun, da Nürnberg weder des Kaisers nochTillys Feind
wäre. Die heidt n Gefangenen fanden natürlich allen Schutz
bei l illv, der ihre sofortige Freilassung begehrte und jetzt mit
nocii L^rofsi'rer Feindseligkeit gegen Nürnberg verfuhr,
Der Rat hätte nun rne alsobald Tiliy widerfahrt. Aber
der Fürst und dessen Wachtmeister waren die Gefangenen des
Grafen Solms, ohne dessen Willen sie nicht freigegeben werden
konnten; der Rat hatte dieselben nur auf den Wunsch des
Grafen im offenen Gasthaus interniert. Es blieb ihm daher
nichts übrig, als Solms im guten zur Freigabe des Fürsten, der
noch obendrein einen schwedischen Pafszettel bei sich hatte,
und des Wachtmeisters zu vcriiiuuen. Und der Graf liefs sicii
denn auch durch den Grafen Holienlohe und den Hofrat Dr.
Martin Chemnitz hiezu bestimmen zur grufsen Beruhigung des
Rates, welcher nunmehr sofort an Tilly berichtete, die Ge-
fangen nr\ hm e sei nicht auf Befehl und mit Gutheifsen des Magi*
strats erfolgt, er habe jedoch bei Solms die Sache dahin gerichtet,
dafs der junge Fürst von Anhalt, wie dessen Wachtmeister sofort
die Freiheit erhielten.
Anders lag die Sache bei Altheimer, der seit 21. November
auf Verlangen der Adeligen, die er gebrandschatzt hatte, ge-
fang< n -ch^ilten wurde. Der Rat crljot sich, auch dessen Frei-
lassung, soviel in si inrr Macht stünde, zu befördern; aber diese
könnte erst erfolgen, wenn Altheimer, was er geraubt, zurück-
erstattet hätte. Er lag nocli lange in Haft.^^)
I)o( h wns wog diese leidige Sache gegenüber der schweren n, t ii -r-
Sorge, die dem Rate das furchtbare Elend der Nürnberger
'''^1 Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XIV 232, TiMys Schreibfn aus AmXmn,
Reichebdorf am 2. Dezember. Tom. XiV. 229 und 231, Rutacriaib und
Dr. Richters Gutachten am 3 Detember. Tom XIV. 235 und 236, 240 bis
243, RauerlSss« am 4 Dezember. Tom XIV. 244 und 245, Schreiben an
Tilly den 4. I>e7ember. Tom. 293 und 294, Tillys Schreiben aus
Rolb, den 6. Dezember. Brief buch 1631, fol. 553 ff.. Schreiben des Rates
an Tilly am 9. Detember (Tom. XIV. 310—314). Tom. XIV. 314, Rat«-
erlafs um 9. Dezember. Brten>uch 1631, fol. 525 ff., Schreiben an Tilljr
den 3. Dciember. Katserlaf» am 21. November.
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144
Landbevölkerung bereitetep gegenüber den schweren Verlusten,
welche viele Ratsmitglieder erlitten, die aus dem Landgebiete,
das nun von der Soldateska völlig ausgezogen wurde, ihre Ein»
künfte bezogen l Und, was besonders schlimm war, der Rat
konnte beim redlichsten Willen seinen Unterthanen auf dem
Lande nicht helfen. Er hatte nur die Weisung an die Pfleger
ergchen lasst-n, wenn den Stadtehen etwas Feindhehcs zugemutet
werden sollte, so lange um tiintion >; /.u bitten, bis sie die
Sache an den Rat hätten gelangen lassen, und, wenn das nicht
helfen sollte, >vmb linde vnd geringe quartier zu bitten vnd des
eufsersten gewalts nicht zu erwartten, sonderlich wan stuck vor-
handen«. Wenn aber die Huldigung begehrt werden sollte,
hätten die Pfleger auf die dem Rate schuldige Pflicht und Treue
sich zu berufen und, wenn es anders nicht sein könnte, sich
als gezwungene Leute in die Sache zu schicken, so gut es mög-
lich, und zu erklären, dafs sie hiesigem Magistrat als der vor-
gesetzten Obrigkeit an seinen Rechten dadurch nichts vergeben,
sundern vielmehr sallo /ui^rlabsene notturfft vorbehalten haben« .
So waren denn die Hewohner auf dem Laniie srhut/.h.is
allen (Jrausamkeitcn der Tillyschen Soldateska preisgegeben,
die plünderte, sengte und mordete, Frauen und Jungfrauen
schändete und aufs härteste mit den Pflegern und Beamten ver-
fuhr. Oberst Holke aber, Graf Sulz und mit ihnen andere
Offiziere wehrten diesem wilden Treiben in keiner Weise; ihre
Sorge war, möglichst viel Geld aus der verarmten Bevölkerung
herauszupressen. Es würde zu weit führen, wenn ich auf die
langen kläglichen Berichte, die aus den Amtern (jräfenberg,
Lauf, Hersbruck, Altdoit, Englthal, \ elden und Hiljxiltstein
eintrafen, hier eingehen würde; aucii würde ich für den, der
die Geschichte des dreifsigjährigen Krieges nur einigermafsen
kennt, nichts Neues bringen. Deshalb beschränke ich mich auf
die Anfuhrung dessen, was der Rat in dem unten folgenden
Schreiben an den Kaiser und in der Instruktion des Jobst Chri-
stoph Krefs über die Zuchtlosigkeit der kaiserlichen Truppen
sagt. So heifst es in der Instruktion : Die Tillysche Armee hat
sich rings um die Stadt s logiert«, den Handelsleuten Waren im
Werte von etlichen tOOO fl. abgenommen, alle Dörfer und
Flecken ausgeplüadeii, die Weiber geschändet, Bürger und Land-
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— 145 —
leute ermordet, viele Dörfer und Herrenhäuser in Brand gesteckt
(Anmerkung 1.) »auch mit raitlung, anhenckung pulvers, so
sie angezündet^ ja auch mit liechtem vnter den achseln ge>
brant, ärger dann barbarisch mit den pflegern vnd beampten
verfahrene. Und an den Kaiser schreibt der Rat» dafs der
I tiiid sich der Städtlcin und anderer Orter bemächtigt, dieselben
teils gcljrandschatzt, teils aus^epliindert hat, »auch vnfsern
ptlegern zu l)esa>;teni Hilpoltstein, naelulem sie vorher auf das
greulichst gemartert, endlich gantz jämmerlich vmbgebraelit
(Anmerkung 2.) vnnd ermordet hat. Auf dem feldt seind die
weibspersohnen vnd kinder vnter der arbeit feindtlich angefallen,
geschändet vnd, nach vblem tractiren, gar vmbgebracht worden,
mit etlichen vnterthanen hat man gantz barbarisch verfahren, des
plUndems vnnd raubens haben auch die siechheufser vnd die
darin kranckh liegenden persohnen nicht entvbrigt bleiben mögen c.
Doch wäre es ungerecht, Tilly alle Ausschreitungen seiner
Soldaten zur Last zu legen. Wir diirfen ihm glauben, was er
an Nürnberg schreibt: er trage durchaus kein Gefallen an den
Insolcntien seiner SoUlaten und würde die Verbrecher exem-
plarisch bestrafen, wenn dieselben aufkämen. Auch ist gewifs
nicht ganz ohne Berec htii^unf,', wenn er meint, die Unterthanen
hätten ihr Unglück vielfach selbst verschuldet, da sie den Kriegern
nicht mit einem Stück Brot an die Hand gegangen wären.'*)
Dieser verwilderten Gäste los zu werden, war daher das schnibea
eifrige Bemühen des Rates. Zunächst wandte er sich an den ^
Anmerkung i. Das Tillysche Kriegsvolk hat bis zum lo. Dezember
»vff (lein waldt Sclcildij^ zu Neunhof, Gründlach, Bucb, Behringersdorf u. s. w.
22 Häuser, 20 Stiidel, 2 Kästen, I Lochhaus und i Tanzboden abgebrannt,
im i^anzen also 46 /.inuiier ohne die Backofen und Schweinslälle ; »vflT dem
waidt Laurentzi« zu Schweinau, Feucht, Wetiendorf u. s. w. 70 Zimmer; zu
Ober-Aspach 22 Zimmer.
Anmerkung 2. Nach der Mitteilung des Pflegers zu Betzenstein
hätte der Pfleger von Hilpoltstein seitt Schickial lelbit verschuldet, da er
5 Schtttse unter das Tilljptche Kriegsvolk abgegeben hatte.
*•) Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XIV. 2So~-ass, aS>— 254*397— 303,
Berichte aus Lauf, En^elthal und Hersbruck. Katserlafs am 8. Dezember.
Briefbuch 1631, fol. 566 und fol. 573 ff. {2 Schreiben an den Grafen Sulz).
Tom XIV. 258 ff., Schreiben des Rates an den Kaiser. Erlafs der Herren
Eltern am 9. Desember. Spezialakten des 30jShrigen Krieges, D 3031 und
S I, L 197, Nr. 22. ~ Nürnberger Stadtarchiv. Protokoll der Kriegsstubc
am II. Dezember. — Soden, Gustav Adolf ... I. Teil, pag. 146—150.
IG
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~ 146 —
Kaiser, weniger, weil er die Erüillung seiner Bitte, Kais. Majestät
möge den Befehl zum Abzug des Tillyschen Kriegsvolkes geben,
erhoffte, sondern um TiUy mit seinen Klagen zuvorzu>
kommen.
Er berichtet am Anfange über die Besetzung Lichtenaus
und die dabei verabten Feindseligkeiten, ttber Ossas Verlangen
nach Ratsabordnung und Lieferung von 100000 dreipfOndigen
Laib Brot, Tillys Begehren, der Rat möge aus seiner Mitte eine
Abordnung nach Günzenhausen ergehen lassen, die bald nach
Schwabach bestimmt wurde, und dessen feindliches Vorgehen
dicht vor der Stadt und den Vorstädten, jdarwidcr wir,
aus eufserst gedrungener noth, vns vnvmbgänglich von den
hohen wehren defendiren mUfsen«. Dann fährt er weiter: Tilly
hat Forderungen gestellt, die der Rat unmöglich erfüllen konnte,
nämlich »des bochwolgebornen grafen vnd herm, herm Heinrich
Wilhelm von Solms etc. frl. brandenburgtschen rhats vnd ampt-
mans zue Cadolzburg persohn, welcher vor etlichen monathen
sambt seiner gemahlin und gantzen haufswesen wegen der
gefahr auf dem landt zu vns in die Stadt sich begeben, gefäng-
lich aiuuiieiimen vnnd aufszuliefern, wie auch desselben ge-
worbenes volckh, welches vf der Tillischen soldatesca starckhen
anzug vnnd feindliches proccdiren gleichfals zu vnfserer statt
sich reterirt, von vns aber bis dato in die statt nicht eingelafsen
worden, abzuschaffen« ; er hat begehrt, dafs wir 4 Personen aus
dem Rat an ihn abordnen und Brot aus der Stadt ver-
schaffen sollen.
Wir entschuldigten uns wegen der verlangten Abordnung
mit der Unsicherheit der Strafsen, wiesen nach, dafs wir des
Grafen Solms Ankunft und Werbungen auf dem Lande nicht
verhindern konnten, dafs wir endlich bei der starken schwedischen
Kriegsmacht, zumal auf die Drohungen des Schwedcnkonigs
»bereit die thätHchkeit würcklilich erfolgt?, nach dem Beispiele
anderer katholischen und evangelischen Kurfürsten und Stände,
um hiesige Stadt zum Besten des Reiches vor dem Untergange
zu bewahren, »dasjenige erwählen müfsen, was dieser zeit am
sichersten vnnd besten sein möge«. Hiegegen erboten wir uns
aber, Brot aus den Ämtern fUr die Tillysche Armee herbei-
zuschaffen.
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— 147 —
Allein dies alles verfing bei Tilly niclit. £r bestand nicht
nur auf der Krrüllung seiner Forderungen, sondern gab uns eine
igants ehrnrilhrige antwort« zurück, darin wir, »als ob wir wider
aidt vnnd pflicht, wider Gott, E. kayfsl. mayt vnnd alle biliich>
keit vDuerantwortlich gehandelt hätten, vngescheucht vnnd sum
heutigsten bezttchtiget worden«. Er verfuhr immer feindseliger
gegen die Stadt, es wurden die Zufuhren gesperrt, zu Forchheim
Nürnberger Kaufleuten Waren im Werte von 100000 fl. von
PappenhciniisrlRMi Reitern geraubt, das Kriegsvolk sengte,
mordete, scluuuicte Frauen und Jnnn^frauen, kurz, vcriibtc Greuel
aller Art. Und dies alles widcriuhr uns, obwoiii wir berichteten,
was der kaiserliche Kommissär Popp wegen des Kreistages und
der 72 Monate an uns hatte gelangen lassen, und dafs es des
Kaisers Befehl sei, es sollten die Stände Über die bewilligten
72 Monate weiter nicht beschwert werden; obwohl wir uns er-
boten, »da es zu ermeltem craifsconvent kommen würde, gleiche
bürden neben andern ständten zu tragen«.
Nun ist Tilly zwar von der Stadt weggezogen, aber die
Ämter bleil)en besetzt.
Mit diesem gewaltsamen Vor^elieii ist aber sieherlich
Kaiser und Reieh nicht gedient, und was es ferner ^>bey hohen
potentaten für nachdenckhcn, sonderlich bei dem bereit so nahe
vnnd starckh anwesenden könig in Schweden, caufsiren möchte«,
ob nicht dadurch das Reich in die äufserste Gefahr gestürzt
»vnnd gleichsam alles in die asche zu legen anlafs gegeben werde,
das haben E. kayfsl. mayt. nach dero höchst erleuchtem ver«
standt ohne vnfsere geringfügige erinnerung allergnedigst zu
ermefsen«.
Doeh wird Kaiserh'elie Majestät, wie wir zuversichtlich
hoflfen, bedacht sein, thifs die Ämter wieder in den vorigen
Stand f^i'setzt, die geraubten Kaufmannswaren zurückgegeben
werden und der zugefügte Schaden erstattet werde. Wir hotten
dies um so gewisser, als Nürnl>erg bereits die grüfstcn Opfer
für die kaiserlichen und katholischen Kriegszwecke gebracht hat,
als auch die höheren und mächtigen katholischen und evange«
lischen Stände auf Neutralität zielen oder sich in die Sache
schicken, so gut sie können, und »mit contribution, brandt-
schatzung oder durch andere mittel sich vnnd die ihrigen auf
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— 148 —
das beste, als sie mögen, salviren vmul vor gätU/li("her ruia zu
erhalten ic suchen, was Majestät gcwifs besser und dem Reich
erspriefslicher, »als da ohne vntcrschiedt die gehorsamben
ständte alles vber vnnd vber solten gehen lafsen«. Ks wäre
doch sicherlich ganz unbillig, >wan wir, an vnserm geringen vnd
wenigen ortt, defsen solten zu entgelten haben oder defswegen
vngleich vnnd so schwehrlich beschuldiget werden, wan wir, gleich
andern vnnd evangelischen ständten, zu abwendung grösem vnheils
dasienige geschehen lafsen, was wir zu verwehren nit vermögen c.
Besonders schwer und bitter aber empfinden wir den Vor-
wurf, als ob wir Eid und Pflicht gebrochen hätten. Nie ist
solches von unseren Vorlahren gesagt worden, ralso auch wir,
mit Gottes gnädigem bestantlt, von vns nimmermehr wollen
iafsen gesagt werden, noch dergleichen schändtUcheu nahmen
vnfsem nachkommen hinterialsen«:.
Zum Schlüsse wird die Hoffnung und Bitte ausgesprochen,
Majestät werde das ernstliche Mifsfallen wider dergleichen em«
pfindliche Beschuldigungen erweisen, Nürnberg bei hergebrachten
£hren, Stand und Namen schützen, »vngleichen berichten c, ehe
die Stadt gehört worden, nicht glauben, noch sich »durch vn-
gleiches fQrbringen einiges menschen, wer der auch sein möchte,
zu kayfserlicher vngnaden wider vns sich verlaiten lafsen«.
iJiese Rechtfertigung des Rates wegen seines Verhaltens
gegenüber Gustav Atiolt' ist ähnlich wie die bei Tilly. Hier
wie dort findet sich der Hinweis auf die grofsen Opfer,
die Nürnberg für die kaiserliche Sache gebracht, auf die Droh-
ungen Gustav Adolfs, wegen deren man gleich anderen evan-
gelischen und katholischen Ständen sich mit ihm habe abfinden
mttssen, um Nürnberg vor dem Untergange zu erretten; hier wie
dort beruft sich der Rat auf den Kreistag, hebt hervor, dafs er
die Werbungen des Grafen Solms nicht habe verhindern können,
dafs durch Tillys feindseliges Vorgehen Gustav Adolf herbei-
gelockt wurde. Und was der Rat schreibt, ist den Worten nach
wahr*, aber er verschweigt eben die Hauptsache. Das braucht
hier nicht erst lan^e bewiesen zu werden. Wir kennen ja sein
Verhältnis zum Grafen Sohns; wir wissen, was es mit den Droh-
ungen für eine Bewandtnis hatte; es braucht nicht ert^t gesagt
zu werden, dafs die katholischen Stände sich denn doch anders
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— 149 —
zu Gustav Adolf stellten als das protestantische Nürnberg, das
ja dem König den Sicij: wüiisclite, aber nur aus (iruiidcii der
Klugheit sich nur gezwungen mit ihm immer weiter cinlicls^ dafs
die Versicherung, man werde, wenn es zum Kreistage kommen
würde, gleiche Bürden wie die anderen tragen, eine heuchlerische
war, da man ja wohl wufste, dafs es nicht dazu kommen wUrde.
Wir wissen aber auch, dafs der Rat nach Lage der Verhältnisse
nicht anders handeln konnte, als er gethan.*®)
Die Antwort des Kaisers Uefs nicht lange auf sich warten. Antwort in
Sie war kurz gehalten. Der Kaiser erklärte nur, er müsse sich stimmil^drt
erst informieren, bevor er einen Entschlufs fassen könne, er- WiencsrHuii»
innertc den Rat an die ihm »geleistete Tilicht, forderte denselben
auf, alles abzustellen, was dieser Pflicht zuwider gehandelt wurden,
seine I reue im Werke sehen und sich zu einem anderen nicht
verleiten zu lassen.
IVie die Information bei Tiliy ausfallen würde, das läfst
sich aus dem, was dieser an den Rat geschrieben hatte, leicht
beurteilen. Doch war der Rat von Anfang an der Überzeugung,
dafs ihm alle seine Entschuldigungen wohl schwerlich nutzen
würden, und die Oberzeugung raufste noch befestigt werden, als
Dr. Fetzers Agent in Wien, Low, berichtete, dafs Nürnberg nach
wie vor »die Kinnehmung dos Graüm Solms« und dafs man auf
die Tillyschen Truppen Feuer gegeben habe, als schweres Ver-
brechen angerechnet würde. Gleichwohl wollte er die Sache
nicht auf sich beruhen lassen, schon mit Rücksicht darauf, dafs
das Kriegsglück wandelbar sei und der Sieger leicht der Be-
siegte werden könnte, und gab daher den Hochgelehrten den
Auftrag zu erwägen, wie »das Schiefsen mit groben Stückenc
und »die Einnehroung des Grafen Solms« zn entschuldigen sei.
Doch die Hochgelehrten wufsten auch keinen Rat; denn die
beiden Vorschläge des Dr. Heinrich Hülfs, in welcher Weise
das »Schiefsen mit groben Stückenc cntscliuldigt werden kunnte,
waren doch zu eigenartig, als dafs sie die Billigung des Rates
hatten finden können. Der erste Vorschlag lautete: Man hat
nicht auf die kaiserlichen Soldaten, sondern auf die, welche
unter die Kanone kommen wollten, geschossen und zwar ab-
*»j Nimherger Kreiiw«htv. Briefbnch 1631, fol. 542 ff. (Tom. XIV.
258 367). Aoch Tom. XIV. ftis.
NOrnbetK.
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sichtlich zn hoch und zu niedrig; wollten ja doch etliche Kom-
pagnien zu Solms Übertreten, welche dadurch abgehalten wurden
und eo ipso merkten, dars man ihrer nicht begehre. Und der
zweite: Man hat mit den K'foben StUcken spielen lassen, weil es
des gemeinen MariiKs halber zum Generalausfall und zur >tota-
lischen sedition* hatte kunimen können.
Während aber so der Rat narhsann, wie er am erfolg-
reichsten sicii beim Kaiser verantworten konnte, hatte er Jobst
Christoph Krefs bereits an den König abgeordnet, um durch
diesen seinen hohen Beschützer aus seiner mifsiichen Lage befreit
zu werden. Denn nicht beim Kaiser, sondern bei Gustav Adolf
suchte er jetzt sein Heil.*')
Abanioang Am 11. Dczcmber, 2 Stunden nach Mitternacht, hatte
chrbtilS seine Reise angetreten. Am 12. Dezember war er bei
Kiefi an Generalfcldmarschall Horn in Würzburg eingetroffen, welchem
oü^At^if Lage der Stadt Nürnberg in grellen Farben schilderte
und den er bat, beim König seinen Kiiitlufs dahin geltend zu
machen, dafs derselbe eine Diversion etwa gegen Augsburg oder
Bayern vornehme, welche Diversion besser sei, als wenn er
Kriegsvolk nach Nürnberg verordne, da lüedurch nur »moles
belli« dorthin verlegt würde.
Wie der Rat Hilfe bei Gustav Adolf und Horn suchte, so
begehrten auch diese manch wichtige Auskunft über den Feind
von Nürnberg.
Am 12. Dezember traf ein Schreiben des Generalfeld-
marschalls Horn ein, worin dieser mitteilte, er habe vom Kuiiig
den Befehl erhalten, wegen der Anselilaue des 1 eiiules mit dem
Rate zu korrespondieren. Kino f><^lche Kurrespondenz ul»er
hielt der Rat für allzugefährlich*, denn ihm lag ja daran, dafs
alle Verhandlungen mit Gustav Adolf (rcheim blieben. Deshalb
benachrichtigte er Horn aisobald brieflich, Krefs wäre das Nötige
in dieser Beziehung aufgetragen worden; im übrigen schilderte
er in ganz ausHihrlicher Weise den Tilly sehen Einfall ins Nürn-
berger Gebiet. Schreiben ähnlichen Inhalts ergingen auch an
Xiinilier^cr Krt.-is;irchiv. Antwort dc> Kai-cf^, Tom. XIV. 423.
Tom. XIV. 414, Katserlals am 3. Januar- Tum. 427, Katseriais und
Dr. Richter» Gutachten. Tom. XIV. 419, Dr. Fctzers Schreiben an den
Aijenien Low Tom. XIV. 388, der A^-ent Lö«r «n Dr. Fetter. Tom. XII.
437— 452« Gutachten des Dr. lieiiiricU llülf«.
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Gustav Adolf, an die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg,
an den Markgrafen Christian von Bayreuth und die freie Reichs-
stadt Ulm.
Doch früher, als man glaubte, wurde das Nürnberger
Landi^ebiet vuni Feinde befreit. Am 20. De/.ember vciiiefscii
die kaiserlichen Truppen die Amter, um durcli die Oberpfalz
nach Böhmen zu marschieren; nur Lichtenau blieb noch bis
Ende März 1632 vom Feinde besetzt. Nürnberg konnte jetzt
wieder freier aufatmen.^^)
III. Kapitel.
Vom Abzüge des Tillyschen Kriegsvolkes
bis zum Heilbronner Tag.
Jobst Christoph Krefs war durch eine Nebeninstruktion uaeniiiick-
noch eine zweite Aufgabe gestellt, nämlich beim König den Y«^^is
Abzug der Solmsischen Truppen zu erwirken, die der Stadt twiichetideiii
Nürnberg grofse Dienste geleistet hatten, als Tilly dieselbe be- ^'^if^^
drohte. Graf Heinrich Wilhelm von Scjlms war, wie wir wissen, Rcichwtidt
Nürnberg von Gustav Adolf zur Verteidigung geschickt worden ^^IJ^^
gegen den Willen des Rates, dem der Graf aus persönlichen c.r.f.nn.nn-
und politischen G ründen nicht genehm war. Allein zurückweisen "^^^Jj^"'
konnte man die Hilfe des Grafen nicht; das verbot schon die
Rücksicht auf Gustav Adolf, wie auch das eigene Wohl, da ja
die Gefahr einer Belagerung durch Tilly immer drohender wurde.
Man beschiofs daher, den Grafen und seine geworbenen Truppen
in der Zeit der Bedrängnis zur Hilfe anzunehmen, und liefs dies
auch demselben wissen; später verstattete man auch den Solmsi-
schen Soldaten Quartiere im Nurnlierger Landgebiete. Dem Cirafen
Solms selbst, wie dessen Ciemahlin und Kindern liatte man s<-h(in vor-
her Zuflucht in der Stadt gewährt. Als aber Tilly mit seinen verwilder-
ten Scharen Nürnberg näher kam, da machte der Rat aus der Not
Nürnber^jer Kreisarchiv. Erlafs der Herren Eltern am 12. Dezember.
Tom. XV. fol. 253 ff., Relulion des Ab-e>andten Jobst Christoph Krof..
Brief buch 1631, Schreiben an Ulm, die Kurfürsten von Sachsen und Branden-
burg, «n Ga»t»v Adolf und den Marlcgrafen von Bayrettth. (Siehe auch Tom.
XIV. fol. 271— 275. fol. 338— 343, fol 249^251) - Nttmberser Stadtarchiv.
Protokoll der Kriegwtnbe am 10. und 11. Dezember.
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eine Tugend und bediciuc sich des Grafen und seiner geworbenen
Truppen. Doch trug er Sorge, dafs dessen Eintlufs kein zu
grofser würde: Direktion und Kommando blieben beim Kriegs-
rate, dem Grafen wurden die wichtigen Angelegenheiten nur
mitgeteilt, selten ging man ihn um Rat an*
Nun möchte man meinen, die gemeinsame Gefahr hätte
die gereizte Stimmung, welche zwischen dem Rate und dem
Grafen Solms von Anfang an bestand, wenigstens eine Zeitlang
verscheucht. Allein selbst als Tilly bei der Stadt lagerte,
herrschte kein ti iciliichcb Verhältnis. Stets beharrte Oraf Sohns
auf seinem Schein, dafs er vom König der Stadt zur Hilfe
gesandt sei, und beschwerte sich wiederholt, dafs man ihn auf
die Schreiben des Königs, die seine Person beträfen. einiger
resolution vnd antwortt niclit ge würdiget c. Der Rat aber hütete
sich wohl, die gewünschte Erklärung zu geben; denn er wünschte
nichts sehnlicher, als dafs Solms mit seinem Volke, wenn er
der Stadt keine Dienste mehr leisten könnte, abziehe. Er ant-
wortete daher ausweichend, indem er sich damit entschuldigte,
dafs er vor Abschlufs der Kapitulation, wie er die SpezialalHanz
damals benannte, keine definitive Antwort erteilen könne. Doch
später ging auch dies nicht mehr. Denn als Tilly fortgezogen
war, hielt Graf Solms immer dringender um raschen Vtjllzug der
Allianz an, wozu er nicht i^lofs das Recht, sondern sogar die
Pflicht hatte; denn er und der Hofrat Dr. Martin Chemnitz
hatten vom König die Mission erhalten, den Abschlufs der
Spezialallianz zwischen Nürnberg und Gustav Adolf zu befördern.
Daerluelt er denn endlich am 15. und 18. Dezember den Bescheid,
den er nicht mifsverstehen konnte: Man erkenne des Königs
Fürsorge für die Stadt dankbar an, hätte sich auch, als Tilly
dieselbe bedrohte, des Grafen tmit Rat und That« bedient und
werde bei seinem Abzüge sich mit »wiircklichem danckx be-
zeugen. Nun sah Graf Solms ein, dafs seines Bleibens in
Nürnberg nicht mehr sei, und trug nun vollends kein Bedenken
mehr, dem Rate Unannehmlichkeiten und Verlegenheiten aller
Art zu bereiten.
Besonders unbequem wurde Solms dem Rate durch sein
Vorgehen gegen das Deutsche Haus und dessen Hauskommentur.
Der Hauskommentur stand ja im Schutze der Stadt, und die
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Rücksicht auf den Kaiser und die katholischen Nachbarstaaten er-
heischten xur Zeitnoch Vorsicht und Vermeidungeines offenen Bru-
ches. Dann aber hatte der Rat den Grafen in Verdacht, dieser wolle
sich das Deutsche Haus vom König ausbitten. Da er nun selber
in Bälde in den Besitz desselben zu gelangen hoffte, so mufsten
ihn schon dcshall) die Forderungen des Grafen Solms sehr un-
angenehm berühren, lier das eine Mal Quartier im Deutschen
Hause nehmen, dann seine Pferde im Deutschen Hofe unter-
bringen wollte, dann wieder an den Kat das Verlangen stellte,
er möge den Hauskommentur zur wöchentlichen Zahlung von
300 Thalern Service zwingen» weil er vom König ausdrücklich
auf den Deutschen Orden beschieden worden sei. Direkt ab*
schlägig bescheiden konnte der Rat den Grafen mit Rflcksicht
auf den König jedoch auch nicht. Er bediente sich daher meist
des Grafen Hohenlohe und des Hofrates Dr. Martin Chemnitz,
damit diese vermittelten, und was die letzte Forderung l)etraf,
gab er Solms zur AniAurt, er möge sich noch etwas gedulden,
bis er sich > bej begebender gelegenheit alles ausstants bey dem
teulschen orden erholen könte«.
Und dann, wie sehr erschwerte die Anwesenheit des
Grafen Solms und seiner Truppen die Verantwortung beim
Kaiser, wie sehr verschlechterte sie die Stellung Nürnbergs zu
den katholischen Nachbarstaaten t Alle Ausschreitungen der
sQgellosen Solmsischen Soldateska in katholischen Gegenden,
aller Schaden, den sie allda stifteten, gingen auf Rechnung
Nürnbergs und hatten nur Repressalien zur Folge.
Doch nicht blofs eine Plage für die Bewohner angrenzender
Staaten wurden die Solmsischen Truppen, sie waren es in noch
höherem Mafse für die Nürnberger selber. Tag für Tag liefen
K-lagen ein, und schon am 20, November wurden die Herren
Bürgermeister ersucht, man möge von nun an den Rat mit den
Beschwerden über das Solmsische Kriegsvolk verschonen und
dieselben in die Kriegsstube verweisen. Die Ausschreitungen
nahmen aber immer zu, und es kam so weit, dafs die Salzhändler
kein Salz mehr zur Stadt bringen konnten wegen »stetes raubens
vnd plündemsc des Solmstschen Volkes. Wie grofse Schuld
jedoch dem Grafen Solms an den Excessen seiner Soldaten
beizumessen ist, das läfst sich schwer beurteilen. Er selbst
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versprach dem Rate Abhilfe, soweif dies in seiner Macht stündCi
und bei dem unerquicklichen Verhältnis, das zwischen ihm und
dem Rate herrschte, war auch für die Bedürfnisse der Soldaten
nicht in genügender Weise gesorgt, wie uns Hofrat Dr. Martin
Chemnitz mitteilt, der am 30. Dezember äufserte, dafs das Volk
deshalb ?»sehre schwürig, weiln es bifshero an gelt vnd anderer
nottiirrtt so Jarnsen mangel gelitten .^)
Ab*ug de« Bei (Iciii immer iinleidlirher sich gestaltenden Verhältnis
KricKsvolkcs zwischen Nürnberg und dem Grafen Solms ist es daher natürlich,
dafs des Rates eifriges Bemühen dahin ging, von Gustav Adolf
den Befehl zum Wegzuge des Solmsischen Kriegsvolkes zu er-
langen. Schon am 27. November, also zur Zeit, da sich das
Tillysche Hauptquartier in Schwabach befand, wurde Dr. Martin
Chemnitz ersucht, in diesem Sinne seinen Einflufs geltend zu
machen. Krefs aber wurde angewiesen, alles, was in seinen
Kräften stünde, zu thun, dafs der König in den Abzug des
Solnisischen Volkes willige; denn Graf Solms sei zu hit/ig und
unerfahren, bei der Bürgerschaft vcrhafst und bilde sich ein
»Dominium absolutum« ein, dessen Truppen aber hielten sich
zum Rauben und Stehlen gleichsam berechtigt und blockierten
die Stadt. Der König berief denn auch schliefslich den Grafen
ab. Bevor es jedoch zum Wegzuge des Solmsischen Kriegsvolkes
kam, mufste der Rat aus Furcht vor einer Meuterei der Übel
verpflegten Truppen sich dazu bequemen, ein Vorlehen von
10000 Thalern zu bewilligen, dessen Auszahlung jedoch eist an
dem Tage, da Solms die Nürnberger Gegend verliefse, erfolgen
sollte. Am 8. Januar endlich zog Graf Solms mit seinen ge-
w()rl>enen Truppen von Nürnberg fort. Der Stadt war das
Sulmsische Kriegsvolk teuer zu stehen gekommen; die Unter-
haltungskosten wie der durch dasselbe verursachte Schaden
Nürnberger Kreisarchiv. Erlafi der Herren Eltern mm 36. und
27. November. Erlafs der Herren vom Ausschüsse am 27. und 30 November,
kalserl.^sse am 15. De/embcr (Tom \IV. 1,^,0 \u ^511, am 18. Dezember
(Tom. XV. 247 u. 248}, am 20. November (i om XIV 44 u, 48 , am 24.
and 36. Dezember, üufttftv Adolfs Schreiben aus Wttrtburg, Tom. XIV. 43.
Tom XIV 73—77, Relation über den engeren Kreiskonvent in Nürnberg.
Pom. XV. 209 ff., Harfsdörffcrs und Dr Ölhafens Relalion. Tom. XIII.
418 ff.jKrc&sens Sendung bei Solms in Kadolzburg. Tom. XIII. 422, Ratserlafs.
Erlafs der Herren Eltern am 13 November. Ratserlafs am 14. November.
Nürnberger St adtarchiv. ProlokoU der Kriegs.4tube am i $. November, 1 1. tind
17. Dezember,
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wurden auf die Summe von 84 890 fl. veranschlagt, welche
Summe freilich von den bewilligten 72 Monaten abgesogen
werden sollte.
Graf Heinrich Wilhelm von Solms war nun allerdings fort,
aber der Rat lurchtete seine Raclie. Denn Solms war beim
König hochaiigesehen und kannte die zögernde Haltung Nürn-
bergs gegenüber den Wünschen des Scliwedenkönigs mehr, als
dem Rate lieb war. Am guten Willen aber, Nürnberg zu schaden,
fehlte es ihm keineswegs. In der That berichtete auch Dr. Martin
Chemnitz von bedrohlichen Reden des Grafen. Doch wufsten
demselben Jobst Christoph Krefs und Dr. Chemnitz wirksam
entgegenzuarbeiten. Auch in einer andern Hinsicht beschäftigte
Solms den Rat noch in unlieber Weise. Er verlor nämlich das
Deutsche Haus auch jetzt nicht aus dem Auge und begehrte
nach wie vor vom Hauskommentiir die Erle^'un<; der wöchent-
lichen Kontributiun. Einen Erfolg hatte dcrdraf natürlich jetzt
erst recht nicht, aiifser dafs der Rat no( h mehr in seinem
Glauben bestärkt wurde, Graf Solms wolle Besitzer des Deutschen
Hauses werden, und infolge dessen sofort die nötigen Schritte
that, um diesem zuvorzukommen. Damit jedoch der Groll gegen
Nürnberg sich mindere, erhielt Solms ein Geschenk im Werte
von 1833 fi. ö Sch. 8 h.')
In Bestallung wurde nunmehr Oberst Balthasar Jakob von BegiMmg
Schlammersdorf genommen, der jedesmal dem Kriegsrate beizu- ''' Jj^/,'^",^^"
wohnen hatte, mit dem Rate das Generalkommando besafs und jakob von
jalulich 1200 Thaler, wenn er aber im Orte selbst sich befand, SchUmmen-
dorf«
aulserdcm noch jeden Tai; 30 tl. bezog. )
Inzwischen war auch Jobst Christoph Kreis zurückgekehrt Uoruht de*
und hatte über die Verhandlungen mit Horn und Gustav Adolf „i^tc^'TiJlt
Bericht erstattet. Am 19. und 27. Dezember hatte er Audienz ( i>Hsto{,).
beim König, dem er Nürnbergs Anliegen vortrug, wie wir diese "^„^ ^
aus der Instruktion kennen. Def König hörte ihn gnädig an, VerrichtunR
- — — - bei (lust.iv
'/ Nürnberger Kreisarchiv. Krlässe der Herren vom Ausschufs am AdoU.
37 November, 30 Dezember und 21. Januar. Erlar« der Herren Ehern am
31. Dercmber. Kaiserlässe am l. und 20. Januar. Spezialakten dei joj.ähri^'cn
Kriet;cs, S I, L 107, Xr. 23 tind S I, L 220, Nr 6 Briefbuch 1632, fol. 40.
Tom. XV. 253 ff, Joüsi Christoph Kressens Relation am 13 Januar, ätadt*
rechnung des Jahres 1631. fol. 143. — Narnberger Stadtarchiv. Protokoll
der Kriegsstube am 1. Januar.
Nürnberger Stadtarchiv. Protokoll ^ler Kriegsstabe am 19. Januar.
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entdeckte dann in ausfQhrlicher Weise seine Absichten und
Pläne, wie dafs er um Windsbeim eine Armee bilden werde, die,
um Nürnberg Luft zu machen, ins Bambergische marschieren
müfste. Von Nürnberg aber begehrte Gustav Adolf, dafs es an
seiner Hcfestigunj^, die nach dem Gutachten des Grafen Hohen
lohe, worin es heifst, dafs * hiesige stattmauern aueii an den
besten orthen grossen gewalt des geschützes nicht pastant«,
noch sehr zu bessern war, tleifsig arbeite, dann mogUchst viel
Kriegs Volk werbe und ihm überlasse; denn viel Soldateska inner-
halb der Mauern der Stadt wäre nicht zum Nutzen, sondern zum
Schaden. Er verlangte ferner einen Plan Nürnbergs und erbot
sich, seinen Hauptingenieur und Generalquartiermdster Über die
Kavallerie und Infanterie, Franz von Treturain, zu schicken.
Mit bestimmten Forderungen trat Gustav Adolf jedoch erst in
der letzten Audienz, welche er Krefs kurz vor seiner Abreise
gewährte, hervor, indem er das VcrlangiMi stellte, Nü.rnl)erg
möge 1500 — 2000 Mann ins Quartier zu Windslieim schicken,
2 Tonnen Gold d. h. 200000 11. vorstrecken und kupferne
Münzen einführen, welche Einfuhrung ihm besonders am Herzen
lag, denn er sprach darüber eine volle Stunde.
Das waren nun Forderungen, die der Rat nicht wohl be-
willigen konnte. Erst vor kurzem hatte er ja dem Bischof von
Bamberg beteuert, wie sehr ihm an einem freundnächbarlichen
Verhältnisse gelegen sei, und jetzt sollte er die Hand bieten,
den Bischof aus seinem Lande zu vertreiben! Und was mufste
erst der Kaiser dazu sagen, dem gegeniU)er er sich immer auf
die äufsersten Drohungen Gustav Adolfs heriefl Wie konnte er
ferner die P>ewilligiing eines Vorlehens von 300 000 fl. verant-
worten zu einer Zeit, da er im Werke war, der Bürgerschaft
ganz bedeutende neue Lasten aufzuerlegen I Was endlich die
Einführung kupferner Münzen betraf, so waren hiebei Beratungen
mit verschiedenen Ständen, ja Kreisen nötig, und mufste die
Erinnerung an die Kipper- und Wipperzeit entschieden ab-
schreckend wirken.')
* Nümher^yer Kreisarchiv. Tom, XV. 253 ff., Toni XV. 263 — 267,
Kressens Relation und Nebcnrelation. Tom, XV. 283 — 280, Katserlässe am
15. und so Janvar. Tom. XV. S73— 283, Bedenke» der Kriegsverordneten. —
Nürnbert^'^er Stadtarchiv. Protokoll der Kriegsstube am fo, und 1 1. Dezember —
Soden. (Juaav Adolf und sein Heer in ötiddeaUcbland, 1. Teil, pag. 154-165
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Allein eine direkte Ablehnung war nicht geraten, ja un- instniktiun
mäglicb, wenn man sich den König gewogen erhalten wollte; M^d^
auch eine lange Verzögerung der Antwort ging nicht an. So netot> j >i
mufste sich denn Jobst Christoph Krefs, da eine schriftliche ^'^g**'
Erwiderung viel zu gefährlich war, übrigens auch der König an bez^iKiich der
den Rat nichts Schriftliches hatte gelangen lassen, abermals ^^„1,^^
aufmachen, um Nürnberg setner tbekanten dexteritetc nach zu KaniK»:
entschuldigen, dafs es zur Zeit nicht des Königs Begehren erfüllen
könne. Denn wegen Kinfülu ung kü])ferner Mün/en niufstc Nürnberg wU*.
«lieh erst mit den übrigen ausselireil)enden Städten ins Benehmen ^^I^^Tf
setzen und die Konferenz in Heilbronn abwarten, wo man sich Münzen und
»nach möglichsten dingen ferneres resolviren werde«. Die ^^'^eT*^
Bewilligung eines Vorlehens von 200000 fl. wäre unter den Vwieheo».
jetzigen traurigen Verhältnissen nicht möglich; Nürnberg hätte
ja besonders im letzten Jahre unendlich grofsen Schaden durch die
Kriegsdrangsale erlitten und trotzdem für die evangelische Sache
das Äufserste aufgewendet, indem es bereits 3 Termine der 72
Monate erlegt und etliche 1000 fl. vorgeschossen hätte, abgesehen
davon, was auf das eigene und das Solmsische Kriegsvolk auf-
gegangen wäre. Was dann die Überhissung von 1500 — 2000
Mann beträfe, so wäre aueh diese zur Zeit, so gerne es der Rat
woUtei nicht ausfuhrl>ar- denn die Stadt wäre rings von Feinden
eingeschlossen, ihr drohten Belagerung und andere Feindselig-
keiten, auch wäre die Befestigung noch lange nicht vollendet.
Wenn jedoch der Feind die Gegend verlassen oder Horns
Armee bei der Stadt sich gelagert hätte, so wttrde Nürnberg
freudig den Wunsch Seiner Majestät erfüllen; im Übrigen aber
würde man mit der Werbung und Befestigung aufs eifrigste
fortfahren. Der Hauptgrund freilich mufste verschwiegen werden ;
der Rat weigerte sich vor allem deslialb, geworbene Truppen
nach Windsheim zu schicken, weil, wie es in dem Gutachten
der Hochgelehrten und Kriegsräte heifst, 5>diese vberlaCsung
meinen herrn vbel zu verantworten sein«. Thatsächlich war ja
Nürnberg im Januar 1632 nicht so von Feinden bedroht, als es
glauben machen wollte.
Jobst Christoph Krefs hatte aber noch eine viel schwieri*
gere Aufgabe übernommen; er sollte auch- in der Frage der
sogenannten Rekompens und des »Spezial • Versicherungs-
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— 158 —
Handels«; die Intentionen des Rates zur Durchführung
bringen.*)
i^>« Es ist bereits die Rede gewesen, dafs der Rat sich Hoff-
.ompcD!.. ^^^^ machte, das Deutsche Haus in Eigentum xu erlangen, wenn
Gustav Adolf Sieger bliebe. Er handelte hierin nicht anders
als die ttbrigen evangelischen Stände, die für die Opfer, welche
sie der Sache ihres Glaubens brachten, durch den König am
feindlichen Gute reichlich entschädigt zu werden trachteten.
Dem König aber hr^uhten diese Schenkungen jederzeit den
Gewinn, dafs er die Hesclienkten nur um so fester an sirli kettete.
Nun bestand zu jener Zeit die wenn auch geringe tiortnung,
es icönnte trotz aller Schwierigkeiten ein Universalfriedc zustande
kommen. Da galt es denn, zur rechten Zeit auf dem Plane zu
sein, um nicht zu kurz zu kommen.
Der Rat der freien Reichsstadt Nürnberg säumte aber auch
nicht, mit seinen W ansehen sich rechtzeitig an Gustav Adolf zu
wenden. Am 15. Januar, kurz nachdem Krefs von seiner Reise
zum König zurückgekommen war, wurden die Hochgelehrten
um ihr Gutachten auigefordert, ob nicht bei Majestät um Ein-
räumung des Rothenbergs, Abgrenzung eines gewissen lUv.irks
zwischen den Müssen Schwarzach, Schwabach und Rednitz zur
Befreiung aller Streitigkeiten mit den brandenburgischen Häusern,
um Zueignung der Ordens» und anderer geistlichen Häuser in der
Stadt samt dem, was auf dem Lande hiezu gehörte, und endlich
um Zusicherung der böhmischen Ämter, welche von Kurbayem
beansprucht wurden und worüber gerade Prozefs schwebte,
anzuhalten sei.
Die Gutachten der Hochgelehrten aber waren für den
Rat nicht el)en ernniLigend. Di. Heinrich Hülfs nämlich sagte:
Kothenberg ist ein kurpfälzisches Landsassen- und Lehensgut, es
geliort 12 Ldelleuten, die Oberleiiensherrse.haft hat Ijöhmcn, das
Einkommen ist ein geringes. Was das Deutsche Haus anbelangt,
so will ja der Rat darauf eine »protectioc, »protectores s können
aber nicht lusurplrn«. Bei den geistlichen Gütern heifst es:
»quod quisque juris«; es würde auch den Evangelischen nicht
*> Nürnberger Kreisarcliiv. Tom. XV. 353 — 363, Instruktion hrn.
Jobst Clirisloph Krefsrn .An Könijjl. Ml. zu Schweden, 22. [anuarij Anno
1032. Tom. XV. 301, 302, 308, Cberlus^uiiij von Krici;3Volk beir.
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— 159 —
gefallen, wenn man ihre Güter in katholischen Ländern ausböte.
Dr. Herpfer hielt die Abgrenzung des genannten Bezirks für
ein Werk, das selbst einem römischen Kaiser nicht möglich sei.
Fuhrt man, so warnte er, die ganze Sache nicht hinaus, wird
solches alsdann «pro crimine laesae Maiestatis in supremo gradut
gehalten werden. Dr. Richter aber meinte treffend: Zuvor mufs
die Alii.tii/: in Richti^'kcit sein; sonst liat es den Anschein, als
verfolge man nur Privatvorteile. Doch die ganze Sache fallen
zu lassen, da;^ii rieten aucli die Hoch^^elehrten nicbt.
Der Rat bescbloCs denn, in der Kekompenssache recht behut-
sam vorzugehen, um nicht beim König in üblen Verdacht zu
gelangen. Er gab Krefs den Auftrag, die Rekompens »erkanter
seiner texteritet vnd beiwolmender tiscretion nachc zu betreiben,
dafs nämlich den Beschwerden mit dem deutschen Orden und
dem Rothenberg abgeholfen, »vnd solche stuck nicht in andere
hend gebracht, von denen gemeine statt vnd landtschaflft naher
grosser vngelegenheit ziigewarten haben wurde x, und Nürnberg
die bisher den l>eiden brandenburgischen Häusern zustän(h'gen,
]e(UK:h bestrittenen Regalien >dcs glaitens, fraisch vnd wildban«
innerhalb der 3 Gewässer Schwarzach, Regnitz und Schwabach
erhielte, deren wenige Untcrthanen bambergisch wären und ohne-
dies das meiste Geld nach Nürnberg lieferten.")
Wohl der wichtigste Punkt der Kiefsischen Instruktion aber
war der Spezial- Versicherungshandel, dessen Abschlufs der Rat ^j|[|it'(!^v
so lange als möglich hinausziehen wollte. Doch hätte er die a<)o».
Spezialallianz wohl schon eingehen müssen, wären nicht durch
Tillys Einfall ins Nürnberger Gebiet die Verhandhingen darüber
zum Stillstand gebracht worden;, im Würzburger Vertrage war
ja ausdrücklich bestimmt, dafs jeder evangi'Hsclie Stand Frankens
als Feind des Königs angesehen werden sollte, wenn er sich
niclit im Laufe von 2 Monaten zu dieser Spezialallianz verstünde.
Kaum aber waren die kaiserlichen Truppen von Nürnberg weg-
gezogen, wurde diese Frage dringender, und der Rat mufste sich
zu einem Entschlüsse aufraffen, da Graf Heinrich Wilhelm von
•j Nürnlierjjer Krci&archiv. Tom. XV. 311 u 312, Erlafs der Herren
Eltern ftm 15. Januar. Tom. XV. 269— 273, katserlafs am l 5. Januar. Tora.
XV. 312, Dr. Richters Gutachten. Tom. XV. 340-350, GutacMcn des
Dr Heitrich Hülfs. Tom XV. "i;?;, Dr. llorpfer* Gutachten. Tom. XV.
353 — 3^3t loslruklion des Abgeordneicn Kreis.
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Solms und der Hofrat Dr. Martin Chemnitz wiederholt den Ab-
schlufs der Allianz begehrten und eine Entschuldigung fürderhin
auch nicht mehr 2U linden war. Zwar die Ermahnungen des
Hofrates hatten weniger zu bedeuten; denn dessen Eifer fUr die.
Sache des Königs war durch sogenannte »Verehrungen« zu
miiulern, wie denn der Rat demselben am Q. Dezember, nach-
dem er >um abfolgung eines säubern pferdes sicli tecte« ange-
meldet hatte, 200 Thaler »verehrte , weil er »bifshero in viel
weg gute officia gelaistetc. (Siehe Anmerkung!) Anders lag
freilich die Sache bei dem Grafen Solms; doch dessen Tage in
Nürnberg waren gezählt. Vorerst nun holte der Rat das Gut-
achten des Dr. Heinrich Hülfs ein, der die ganze Sache wie
immer sehr gründlich behandelte und eine Menge Grttnde iür
und gegen den raschen Vollzug der Spezialallianz anführte, von
welchen ich hier jedoch nur die wichtigeren erwähnen will, da
die Rücksicht auf den Umfang der Arbeit ein näheres Eingehen
auf das Gutachten nicht gestattet. Für den alsbaldigen Abschhifs
der Spezialallianz. sjjrach nach der Ansicht des Dr. Heinrich
Hülfs: Der König kann ohne dieselbe die Stadt am Kreuze
hängen lassen, er kann die Handelswaren in Ober- und Nieder-
sachsen pfänden und Nürnberg das lange Zaudern entgelten lassen,
wenn er dereinst römischer Kaiser werden sollte, welche Wahl
sehr wahrscheinlich sei, da Sachsen, Brandenburg, Böhmen und
Pfalz sicher, Mainz und Trier aber »pro redimenda vexat wahr-
scheinlich ihm ihre Stimmen geben würden.
Gegen den raschen Abschlufs der Allianz aber wandte er
ein: Der König von Schweden ist dem Reich »mit pflichten nicht
verwandt«, der Kaiser aber »exceptu Religionis ; ein hochcrleuch-
teter Fürst; auch haben die Vorfahren sich gerade dadurch einen
guten Namen gemacht, dafs sie >Wenceslao remoto«: Respekt
bewiesen. Und dann hat man erst kürzlich dem Kaiser ge-
schrieben, dafs man Gustav Adolf sich nicht verpflichten werde,
welche Schreiben von Dr. Chemnitz also begutachtet worden
seien. Ja, ein rascher Vollzug der Allianz könnte leicht einen
Angriff der kaiserlichen und ligistischen Truppen zur Folge
haben und den König herbeiführen, dem man alsdann gewähren
A n m e rk n c:;. Im f^anzen wurden Dr. rhcmnitz Geschenke im Werie
von 2043 n. verehrl. ^Spezialakten des 3ojähri|{en Krieges, Sl, L 217, Lil. C.)
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— 161 —
mttfste, was man bisher den Kaiserlichen verweigert habe,
während man bis Jetzt »in terminis« geblieben und imit dem
meta sich excosiert, so mit den 4 tonnen gold, ober: vnd
niedersächsischen efiecti vnd besorgender sedition nicht gar de
nihiloc. Zu alledem aber: was würde erfolgen, wenn der König
plötzlich mit Tod abginge I
Auch ist die Temporisierung nicht gefährlich. Der König
mufs ja schon im eigenen Interesse die Stadt i^succurirenc, und
Dr. Chemnitz wird den Rat jederzeit vom Stande der Dinge
unterrichten und sicherlich dem König gegenüber hervorheben,
was Nürnberg für die evangelische Sache geleistet hat. Ja, der
König könnte sogar Mifstrauen gegen Nürnberg schöpfen, wenn
es so rasch die Hand gegen Ferdinand II. sinken liefse. Und
warum soll NQmberg sich nicht Zeit lassen, eilen doch auch die
Hansestädte nicht mit dem Abschlufs der Allianz; und wenn
auch etliche Fürsten die Partikularallianz unterschrieben haben, so
gilt bei ihnen: »operum esse instar pecuniae«. Weit besser ist es
ciaher, >omittendo« als »committcndo c gegen den Kaiser sich
m vergehen und erst, wenn die königliche Armee herannahe,
wie die Frankfurter yin timore Dci« zu akkordieren, zumal der
König durch den Würzburger Vertrag bereits hat, was er noch
besonders sucht.
Auf jeden Fall, rät Dr. HttUs, soll man die Wiederkunft
des Abgeordneten Krefs abwarten. Wenn sich alsdann die
Sache fUr den König gut anläfst, ist es ja das Beste, die Spezial-
allianz auszuliefern; ist aber die Lage für diesen ungünstig, hat
man umsomehr zu »temporisieren«. Hiebei wird Dr. Chemnitz,
wie zu erwarten steht, gute Dienste leisten »in huttnung künftiger
ergetzungc. Unterdessen aber ist es angezeigt, mit Ulm und
vielleicht auch mit den Hansestädten zu kurrespundieren.
Der Rat schlofs sich denn auch der Meinung des Hoch-
gelehrten Dr. Hülfs an. Er wollte erst die Rückkehr des Ab-
geordneten Krefs abwarten und dann, wenn irgend möglich, die
wichtige Angelegenheit vor einen Städtetag bringen. Denn durch
ein gemeinsames Vorgehen mehrerer Städte war die Verant-
wortung beim Kaiser erleichtert und der Abschlufs der Spezial-
allianz nach der Natur der Dinge wieder auf einige Zeit hinaus-
geschoben. Dafs aber diese so überaus wichtige Sache bei der
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Städtezusammenkunft Gegenstand der Beratung sein sollte, davon
war weder im Schreiben vom 20. Dezember und 15. Januar an
Ulm, noch auch im Schreiben am 15. Januar an Frank-
furt die Rede. Als Zweck einer solchen Konferenz wurde
nur angegeben, man wolle das vom König verlangte Gutachten
bezüglich der Friedensvorschläge des Landgrafen von Hessen
beraten, sowie über des Königs Begehren, man möge Lübeck
zur Allianz vermögen, schlüssig werden. Angedeutet jedoch
wurde die Allianz ganz allgemein mit folgenden Worten: xdafs
demnach eine hohe vnd grofse notturfft sein wolle, sich etlicher
gewieser hohen wichtigen puncten halben, so der zeit einfallen,
mit einander in vertraulicher mündlicher conferenz durch die
vnserige sonderbar freundlichen zu vnderredenc.
Als aber Krefs zurückgekehrt war und von der Unterredung
erzählte, die er mit dem schwedischen Rate Sattler gehabt hatte,
sah der Rat ein, dafs ein längeres Zaudern nicht mehr geraten
sei, zumal auch die Lage für den König immer noch günstiger
wurde und die günstige Erledigung der Rekompenssache zur
Voraussetzung den AbschUifs der SpczialaUianz hatte. Sattler
hatte sich nämlich sehr ereifert über den unzeitigen Respekt
der Nürnberger gegen den Kaiser und dafs die Allianz
immer noch nicht abgeschlossen sei. »Gleich also,€ so sprach
er, 1 machten es auch die franckhforter; die machten dem könig
ein grofs dicentes, wollen gern schwedisch sein vnd auch
kayserisch bleiben, der kayser vnd könig aber sein zwey pura
contraria«. Ja, der Rat war sogar bereit, für sich die Allianz
sofort al>zuschliefscn, wenn Dr. Chemnitz einen weiteren Auf-
schub nicht mehr für ratsam halten würdo.
Wie die Antwort ausgefallen, darüber fmdet sich in den Akten
kein Aufschlufs; doch scheint sie nicht gerade ungünstig gelautet zu
hnhfn. Denn Krefs wurde instruiert, er möge sich bemühen, dafs es
bei dem zu Wtlrzburg begriffenen Konzepte verbleibe, hervorhebeni
dafs Nürnberg an der Verzögerung nicht schuld sei, und sich auch
sofort erbieten, wenn die gesamte Allianz der 4 ausschreibenden
Städte nicht erwartet werden wolle, eine solche (Ür Nürnberg abzu-
schliefsen. Der Rat habe ja schon im Oktober vorigen Jahres kein
Bedenken getragen, die Allianz auszuhandigen, wenn nur die
beiden Brandenburg sich hiezu verstanden hätten. Doch habe der
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— 163 —
König selber damaU eine solche nicht begehrt, sondern durch
seine Räte ankündigen lassen, man möge dieselbe entweder mit
den Kreisständen in Nürnberg oder auf einem Konvent der
4 ausschreibenden Städte -~ Nürnberg, Frankrurt, Strafsburg
und Ulm — Ins Reine bringen. Das sei jedoch wegen des
Tillyscheii Anmarsches nicht möglich gewesen. Kaum aber habe
das kaiserliche Kriet^svolk die Ämter verlassen, sei am 30. De-
zember ein Schreiben an Ulm ergangen, worauf erst am 9. Januar
die Antwort eingelaufen sei: Stialsburg wolle wegen Unsicherheit
der Strafsen sich 7.11 einer Konferenz nicht verstehen, Ulm aber
werde warten, bis dieses bessere Gelegenheit fände. Daraufhin
habe nun Nürnberg eine Tagfahrt nach Heilbronn benannt und
stehe in Erwartung, wie dieser Vorschlag aufgenommen würde.
Um den König aber in dieser Sache, wie in anderen
Angelegenheiten Nürnbergs Wünschen wilUali: ger zu machen,
hatte Krefs diesem ein Verzeichnis all der Unkosten vorzulegen,
die allein auf das Solmsische Kriegsvolk aufgewendet worden
waren. Darnach betrugen dieselben die Summe von 84Ö9U fl.
19 kr. Da nun von der zu Würzburg bewilligten Summe von
106 560 fl. erst ein Drittel, also 35 520 fl., verfallen waren, hatte
Nürnberg bereits 49 370 fl. 19 kr. mehr bezahlt, als es nach
dem Vertrage schuldete.
Auf der Reise zum König mufste Krefs noch eine kleinere
Angelegenheit beim Fcklniarschall Horn erledigen; hiebei hatte
er es so einzurichten, dafs er zu gleicher Zeit mit Oeneralnuijor
Balthasar Jakob von Schlammcrsdorf bei diesem eintraf. Beide
waren beauftragt, Horn auseinanderzusetzen, dafs es Nürnberg bei
der Nähe des Feindes schlechterdings unmöglich sei, die verlangte
Anzahl Musketiere nach Neustadt a. d. Atsch abzuschicken.^
So war Nürnberg Schweden gegenüber im wesentlichen noch Die Scndmg
immer bei den Verpflichtungen stehen geblieben, welche ihm
der Würzburger Vertrag auferlegte. Es hatte nur den ersten BaMiasar
_ Jakob von
'1 Nttrnbercer Kreisarcbiv. Tom. XV. 353— 363, Instruktion des T .
Abgeoriltuten Krefs. Tom. \V. 232, Kntsedars am Ii. Dezember Tom. ri.*:.»««!.
XII. 437—45«, <^utachten des Dr. Ileinricli flülfs am 14. I^ocrnber. f^rief-
buch 1631, fol, 574, Schreiben an Ulm. briefbuch 1632, M. 10 und 11,
Sebreiben an Krankfurt und Ulm Tom. XV. 269, S94 und 295, Rutterlflsse
am 15. und 20. Jannar. Tom. XV. 253 ff., Rel:ition des Abgeordneten Ktcf»
am 13. Janaar. Spezialakteo des 30 jährigen Krieges, S. I, L. 197, Nr. 23.
II»
Christoph
Krofs 7IIIU
("ii-iior.ilteld-
Horn,
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— 164 —
Stfllunf; zu
Schritt gethanj auf welchen freilich der zweite nicht lange mehr
ausbleiben konnte.^
Nürnbnci Mit dieser abwartenden Stellung gegenüber Gustav Adolf
stand ganz im Einklang das Bestreben des Rates, mit den
katholischen Nachbarstaaten in Frieden su leben» ein Bestreben,
das von Bamberg und Bayern vollauf geteilt wurde; denn die
friedlichen Beziehungen waren ja allen in gleicher Weise
zum Vorteil.
Zur Zeit des Tillyschen Kinfalls waren vom Bamberger
Kriegsvülke, besonders von der Forchheinier Besatzung, viele
Feindseligkeiten verübt worden, die man nicht mehr allein auf
Rechnung der Raub- und Beutelust der damaligen Soldateska
setzen kann, und der kurbayerische Hauptmann vom Rothenberg
setzte die ganze Umgegend durch seine steten Ausfälle in
Schrecken. Aber auch das Solmsische Kriegsvolk unternahm
so manchen Beute- und Streifzug ins Bambergische, und da das-
selbe denn doch einmal in Nürnbergs Sold stand, wurde dem
Rate zur Last gelegt, was dieser nicht andern konnte. Iiier wie
dort, in Nürnberg und in i>.iiul>erg, wurden fortwalirentle Re-
pressalien geübt. Der gegenseitige Hafs wurde innner grofser
und stieg in Nürnberg aufs höcliste, als man erluhr, wie übel
der Pfleger Roggenbach von Gräfenberg und die Seinen von
bambergischen Kriegsvolke behandelt worden waren. Vater,
Mutter und Sohn, sowie ein Diener waren vollständig ausgeraubt,
gröblich mifshandelt und im jämmerlichsten Zustande nach Bam-
berg geschleppt worden j am schlimmsten kam noch der Pfleger
weg, der lange Zeit in grofser Lebensgefahr schwebte.
Doch niilsfiel dem Bischof von Bamberg diese Heldenthat
seiner Krieger in hohem Grade, und er that in der Roggen-
hachischen Sache, was er konnte. Ihm war überhaupt viel fiaran
gelegen, mit Nürnberg wieder in ein gutnachbarliches Verhältnis
zu gelangen. Deshalb erbot er sich auch. Nürnberger Wein
und Getreide, welche zu Bamberg in Verwahrung lagen, gegen
Austausch der zu Nürnberg zurückgehaltenen bambergischen
Waren zu verabfolgen, und lud Nürnberg zu einer Konferenz
nach Forchheim ein. Der Rat aber, dem «die Sicherheit der
*) Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XV. 301, 302 und 305. Briefbuch
1631, 22. Januar, tul. 38, Schreiben an Horn.
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— 165 —
Strafsen und die gute Korrespondenz mit den benachbarten
katholischen Ständenc nicht minder am Herzen lag wie dem
Bischof, zögerte keinen Augenblick, dorthin abzuordnen, und
gab Paulus HarfsdÖrffer und Dr. Tobias Ölhafen alsobald den
Auftrag, nach Forchhelm zu reisen, allwo die Konferenz am
30. Dezember stattfand und, wie bei der gegenseitigen Sehnsucht
nach Frieden nicht anders zu erwarten war, den besten Verlauf
nahm. Die Waren, welche hier wie dort mit Beschlag belegt
worden waren, sollten in Bälde beiderseits zurückerstattet und
die als Geiseln zurückgehaltenen Personen in Freiheit gesetzt
werden, das Kriegsvolk aber sollte die strenge Weisung erhalten,,
alle Feindseligkeiten von nun an zu unterlassen.
Die Nürnberger Abgesandten liefsen es sich noch besonders
angelegen sein, den Rat von aUer Schuld wegen der Aus*
schreitungen des Sobnstschen Kriegsvolkes zu reinigen, dessen
Abzug eifrig betrieben würde und dessen Einquartierung um die
Ringmauern man wegen der starken Drohungen nicht hätte ver-
hindern können. So schied man beiderseits von einander
scheinbar im besten Einvernehmen, und der Dompropst, welcher
nach allem, was in den Akten sich über ihn findet, als der
eigentliche Leiter der bambergischen Politik erscheint, beteuerte
noch: »er wolle gewifslich lieber todt sein, dann dafs er in
einigen Widerwillen vnd mifsverstandt mit meinen herm ge-
rathen solte«.
Das Kriegsvolk freilich hielt den Frieden nicht in der
Weise, wie es von der Obrigkeit gewünscht war; doch unter-
blieben eine zeithing gröfsere Ausschreitungen. Auch die Ab-
fülgung der gegenseitig zurückbehaltenen Waren verzögerte sich
noch mehrere Wochen,')
Em ähnliches Verhältnis wie mit Bamberg bestand um xarnberg»
diese Zeit mit Bayern. Wie aus Forchheim roannigfac he Streif- steihwg «u
Züge ins Nürnberger Gebiet unternommen wurden, als Tilly
•j Nürnberger Kreisarchiv. ioi«. XIV. 403, Abordnung der Herren
Pavlu HarTsdörffer und Dr. Tobias Ölhafen. Ralteflaf« am aS. Desenher.
Tom. XIV. 397 — 403, Instruktion der Herren llarfsdörfTer und Dr. Ölhafen.
Tom. XIV. 409 — 417, Relation der beiden Mürnberger Abgesandten. Kats-
erliste am 9., 16., 17. u. 20. Dezember, am 6. u. 28. Januar. Brief buch
1631, Korreapondeos awisc)ien Nürnberg und dem Bischof von Bamberg am
9. imd 27. Dezember, liriefbuch 1632, Schreiben des Kates am 10. Janaar
an den Bischof von Bamberg.
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seinen verheerenden Marsch durch Franken nahm, so hier von
der bayrischen Besatzung auf dem Rothenberg. Kurltirst Max
hielt von solchen Räubereien und Plackereien ebensowenig wie
der Bischof von Bamberg und wünschte gleich diesem gute
Nachbarschaft mit Nürnberg, umsomehr als er in Neutralttäts-
verhandlungen mit Gustav Adolf stand. Er schrieb deshalb am
20. Dezember an die Regierung von Amberg: Mit Nurnlurg
bleibt es bei der den 3. Dezenilicr zugi."l\'rli;.(ten Resolution,
kraft deren ihr daran zu sein habt: »damit ermelte statt oder
die irige durch die in der obern Pfalz ligende soldatesca (ausser
es machten die von Nürnberg selbst mit hostiUteten den anfang)
mit straiffen oder in andere weg nicht gravirt werden«. Auch
die Herausgabe der in Forchheim geraubten Nürnberger Waren,
welche 2U Ingolstadt und Stadtamhof in Verwahrung lagen, be«
fahl er »ohne entgeldt vndt weüthem vffenthalt«. Auf seinen
Befehl verlangte die Amberger Regierung ein Verzeichms der
»Pressuren«, der Abnalmu- und Plünderungen des } Liuj)tnianns
von der Feste Rothenberg, damit gcbulirondc Restitution erfolgen
könnte, und erbot sich, in der Oberpfalz dem Handel freien
Lauf SU lassen, wenn der Rat im Nürnberger (»ebiet das Gleiche
verfüge. Doch, so sehr die Obrigkeit alle Ausschreitungen der
Soldateska vermieden wissen wollte, die gegenseitigen Beutezüge
hörten auch hier nicht ganz auf.'^
Besetzung Im Frieden mit den katholischen Nachbarstaaten, das
^ ilreh " Nürnberger Gebiet frei vom feindlichen Kriegsvolke» so war
kaitcTiicbes Nürnberg ins neue Jahr eingetreten. Wie gerne hätte der Rat
Kn^otk Liclitenau vom Feinde befreit gesehen! Al)er alle 15e-
bis
Eade März, müluingen, den Hauptmann Arbogast von Aiullau zum Ab/.ugc
zu bewegen, wnren erfolglos; auch die lütte an den Kurfürsten
Max, er möge 1 illy vermögen, dafs dieser die Räumung Lichtenaus
verfüge, hatten nicht die gehoffte Wirkung. Maximilian erklärte,
>dafs selbiges volckh nicht der liga, sondern kayserlicher mayt
'") Nürnberger Kreisurchiv. Bneflmch 1631, iol. 533, 571, 575, 59a
und 594: Sehreiben an den Hauptmann vom Rothenberg am $. Dexember,
an die Reijjerung von Amberj:^ am 18. Dezcm1>er, Schreiben an Muximilian I.
am 20. Dezember, an die Ke^^icriing von Amberg am 24. Dezember und an
den Hauptmann vom Rothenberg am 25. Dezember. Brief buch 1632, fol. 46
und 55, 2 Schreiben an die Regier' ng von An.!. erg. Briefbucli 1631,
fol. 612, Schreiben an den Kurfürsten Max 1. ixatscrlafs am 8. Januar. —
Münchener Allg. Relchs:ircliiv. Tom. CLXXK. lol. 327.
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BonohdiiKcii
zu
ünuiilcn-
buf» Bay-
reuth und
Aa«bach>
immediatö zustendig vnd vnter defs obristen Ahringers commando
seyec. Erst Ende Marz verliefsen die Kaiserlichen Amt und
Schiofs Lichtenau.**)
Waren die Beziehungen zu den katholischen Nachbarstaaten Narniwfsi
geraume Zeit hindurch ftufserUch gute, zwischen NOmberg und
den beiden braiidcnburgisclien Häusern Ansbach und Bayreuth
kam CS ^war, was ja nach Lage der Dinge ausgeschlossen war,
zu keinen krie^erischen Feindseligkeiten, aber es bestand die
alte Abneigung und das alte Mii'strauen in ungemiuderter Stärke
fort. Unausgetragene, seit vielen Jahren schwebende Streitsachen
Uefsen ein freundnachbarlicbes Verhältnis auch dann nicht auf-
kommen, als die gemeinsame Sache sie auf die Seite Gustav
Adolfs geftthrt hatte. Vor allem war die Befestigung Nürnbergs dem
Markgrafen ein Dom im Auge; denn das Befestigungsrecht wurde
der Stadt von Brandenburg stets bestritten. Der Markgraf ver-
säumte daher auch nicht, schon im Oktober 1631 durch seine
Abc^eordneten bei Gustav Adoh" zu erwirken, i'dafs hiesige statt
einen revers von si< h geben solte, die werck nach dem krieg
alsobaiden widerumb zu temolirn«.
Am 20. Januar 1632 aber verlangte der bayreuthische
Gesandte Moritz Khan vom Rate einen Schein, dafs die Fortih-
kation dem Haus Brandenburg und dessen Rechten nicht nach*
teilig sei. Den Schein lieferte Nürnberg natürlich nicht aus,
vielmehr berief es sich auf den Vertrag von 13Q1, durch den
es bestens »fundierte sei. Gustav Adolf aber mischte sich in
diese Streitsache nicht ein.^*)
Und nun noch einiges über die Stclluug Nürnbergs zum
Kaiser! Hier war die Pohtik des Rates in den GrundzUgen die
alte geblieben; nach wie vor behielt derselbe die Verantwortung
beim Kaiser fest im Auge und suchte daher alles zu vermeiden,
was geeignet war, diese zu erschweren.
Nürnberg
und
der Kaiier.
") Nürnberger Kreisarchiv. I3riefbiich 1631, fol 607 u. fol. 622 und
623, 2 Schreiben an den iiauptmann Arbogasit von Aniiluu. liriefbuch 1631,
fol. 633, Schr«ibea «n Maximilian I. «m 10. Janaar (3t. Deiember). Rats-
erlafs am 29. Februar. Brief buch 1632, fol. 178, lo Ai-ril.
'*) Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XV. 373 — 375, Gutachten des
Dr. llUlfs am 26. Januar. Tom. XIII. 393 flf., Bericht der Abgeordneten
Hans Jakob Tetsel und Dr. Richter aus WAnborg. Tom. XV. 307 u. 308,
Ratserlafä am 20. Januar. Tom. XV. 369—3731 Consultatio habita am
a6« Januar. Brief buch 1633. fol. 178.
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— 168 —
Auf den Befehl des Kaisen entliefs der Rat sofort den
Obersten Voit und den Postmeister Ebinger aus der Haft; die
Furcht vor diesem war vor allem der Grund, weshalb er sich sträubte,
dem Generalfeldmarschau Horn Nürnberger Kriegsvolk zu Uber-
lassen. Nur aus Rücksicht auf den Kaiser und Tilly schrieb er noch
Ende Januar 1632 an den kaiserlichen Kommissär Popp, er
erwarte ein Krcisausschrcil>cn und werde zum Kreistage abordnen,
obwohl er wufste, dafs ein solches Kreisausschreiben nie eriuigen
wurde noch könnte und kein evangelischer Stand Frankens im
Sinne hätte, dem Kaiser weiter zu kontribuieicn; hiedurch ver-
pflichtete man sich ja, wie Dr. Hülfs meinte» zu keiner Kontri-
bution, »man gewönne widerumb etwas zeit« und hätte, wenn
Tilly herbeirttckte, »den praetext, dafs man des creyfses aus-
schreiben erwarthetc.
Doch unterliefs der Rat jetzt jede längere Rechtfertigung.
So bat er in dem Schreiben, das er am 17. Januar an den
Kaiser abschickte, diesen nur, er möge demjenigen, was irgend
wiederwertiges wieder n ns möchte vorgebracht werden, vnser
vngehört, keinen glauben zustellen, sondern sich allergnedigst
versichert halten, dafs diejenige gravamina, wie E. K. M. wir
dieselbigen der notturftt nach vmbständiglich vorgebracht haben,
nicht allein laider im werckh also fttr gangen«, und erklärte am
Schlüsse, alle seine Handlungen so ehkzurichten, dafs vermöge
der Reichskonstitutionen Stadt und Gebiet »vor eusersten vnd
anbedrohten ruin möge conserviret vnd erhalten werden«.
Wie der Rat nach aufsen hin alles aufs beste zu ordnen
suchte, war er auch bedacht, die Stadt selber so zu versichern,
dafs sie einem feindlichen Angriff gewachsen wäre.*')
Anstalten deü: Er ücfs CS scinerscits nicht fehlen, die Befestigungsarbeiten,
Rates nr |^^. ^j^jj^^j ^jigher »schläferich daher tanken«, in ein rascheres
NümberKH Tempo ZU bringen. Da nämlich mit der Bürgerschaft, »als
Ab^^aer mehrerntheilfs kinder vnd magd zu solcher arbeit«
kaiMTiioh. n schickte, nichts auszurichten war, bestellte er auf das Gutachten
des Kriegsrates im Dezember 600 Bauern, die täglich 8 kr. und
**) Nürnberger Kreisarchiv. Brief buch IÖ31, 31. Dezember (a. K.',
foL 6»7; Briefbttch 1632. 3. Februar, fol. 57. Brief bncfi 163a, foL 71
vTom. XV. 399). Tom. XV. 373, Ratserlaft am 26. Januar. Tora. XV.
373 ff., Gutachten des Dr. HUlf«. Tom. XV. 314, Schreiben an den Kaiser
uut 17. Januar.
1 nippen.
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- 169 —
2 Pfd. Brot bekommen sollten, und verordnete des weiteren,
dafs jeder Bürger, so oft die Ordnung zum Schanzen ihn träfe,
10 kr. entrichten solle, falls er nicht um die bedungenen 3 Pfd.
Brot arbeiten wolle. Damit aber die Befestigung in der richtigen
Weise geschehe, ubcigab er Gustav Adolf, um dessen Ansicht
einzuholen, einen Plan der Stadt Nürnberg und bat diesen, er
möge, wie er versprochen, den Hauptingenieur und General-
quartiermeister über die Kavallerie und Infanterie nacli Nürnberg
schicken. Des weiteren wurde die Bürgerschaft auch fernerhin durch
den Lieutenant Simon Schubert im Gebrauch der Waffen unter-
wiesen und die Werbung neuen Kriegsvoikes eifrig weiter betrieben.
Auch die Verfolgung der sogenannten Verdächtigen, wo-
runter man alle Katholiken verstand, dauerte fort. Doch mufste
der Rat den als verdächtig Eingezogenen wieder die Freiheit
schenken; den Obersten Voit und den Postmeister Ehinger setzte
er allerdings erst, wie wir wissen, auf direkten Befehl des
Kaisers auf freien Kufs. Am liebsten hätte der Rat noch den
Obersten Voit behalten, der, wie die Korrespondenz zwischen
dem Kurfürsten Max und dem General Cratz ausweist, auch bei
den Katholiken nur geringes Ansehen genofs.
Mit ganz besonderer Aufmerksamkeit wurde das Deutsche
Haus bedacht; galt es ja als der eigentliche Herd der Ver-
schwörung. Die Ausgänge desselben wurden mit Schildwachen
besetzt, und in das Haus wurde eine Wache von anfänglich 15,
später 45 Mann unter dem abwechselnden Kommando 3 ver-
schwiegener OlTiziere gelegt, die aui .LÜes genau acht zu geben
hatten, was vorging, und alles Verdiichtige anzeigen mufsten.
Am \\ eihnachtsfeste aber wurden die Namen aller aufgezeichnet,
die in dasselbe zur Messe gingen. Wie grofs das Mifstrauen
gegen das Deutsche Haus war, beweist das Gewicht, welches
man der Erzählung eines 9]ährigen Jungen beilegte. Der Knabe
wufste nämlich zu erzählen, es sei dort »eine rote thttr, dardurch gehe
man zu einem gewölb, so vnter der erden sey vnd darin man
vff einem knöbel fahren mttfse, in demselben sei ein groser
vorrath an pulver vnd dergleichen sachenc. Doch fand man
von all dem im Deutschen Hause nichts.
Allein, konnte man auch keine \'err:lterei nachweisen, die
Angst vor einer solchen und, damit verbunden, die gröfstc
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Wachsamkeit schwand keineswegs. Das beweisen zwei bedeute
same Erlässe der Kriegsstube« welche im Monate Februar er-
schienen. Darnach wurden die Thorwächter strengstens ange-
wiesen, unter den Thoren auf jedermann genau acht zu geben,
und wenn ihnen jemand verdächtig erschiene, denselben alsbald
unter Begleitung eines Musketiers in die Kriet^sstube zu schicken.
Bei der KrDtTming der Thore am Morgen durften die Zöllner
die äulsersten i latter und Palüsaden ni( ht eher aufmachen, !>is
alle Personen aus der Stadt gelassen waren-, bei dieser Aus-
lassung durfte nicht ganz geöffnet werden, sodafs immer nur
eine Person hindurchgeben konnte. Auf dieselbe Weise wurde
es auch bei der Einlassung und den äufseren Staketen gehalten
und zwar morgens und abends. Den Provisonem wurde be-
sonders eingeschärft, auf verdächtige Leute ihr Augenmerk zu
richten, und jede Nacht wurden Streifen in Garküchen und
Wirtschaften veranstaltet.'*)
tiniühninjc Eine andere wichtige Frage nach dem Abzüge des kaiser-
liehen Kriegsvolkes aus den Ämtern war, wie die nötigen Geld-
Abgaben, mittel zur Bestreitung der stetig sich mehrenden Ausgaben
beschafft werden könnten. Das Ärar war erschöpft, und die
einfache Losung reichte nicht mehr hin. Dies wurde von Dr.
Georg Richter den Genannten ausftthrUch dargelegt mit der
Aufforderung, auf Mittel und Wege zu sinnen, wie man zu einem
ergiebigen Cleldvorrat gelangen könne. Das Resultat des Nach-
denkens des grofsen und kleinen Rates war die Kinführung
neuer bedeutender Lasten.
Am 13. Januar wurde eine aufserordentliche Steuer in
Form und Gestalt einer einfachen Losung auf folgende Weise
festgesetzt: 1. Jeder sollte von dem Seinigen die einfache
Losung bezahlen* 2. Alle Inwohner, Schutzverwandten, vor
allem die Italiener, auch die, welche sich im offenen Gasthause
'*) Nürnberger Kreisarchiv. Katseriässe am 12., 16., 17, iS., 20.,
94. und 35. Detember, «m IS« und 28. Januar. Erllsse der Herren Eltem
am 26. und 30. Dezember, am i. Januar. Brief buch, 10. und 24. Januar
1632, 2 Schreiben an den Kaiser. Tom. XV 260 Rcl.uion des Abj:;enr<l-
ueten Krefs am 13. Januar - - Nürnberger Suuiarchiv. Protokoll der
Krieg»lttbe am 9., 14., 15., 17. und 33. Dezember, 6. und 14. Febniar. —
Münchener Allgemeines Reiohsarchiv. Korrespondenz /wischen dem KurHlntcn
Max und Ueneral Cratz, Tom. LXXXII. fol. 355 u. fol. 405.
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— 171 —
aufhielteOf sollten das doppelte Schutzgeld entrichten. 3. Alle
fEhehaltenc, männliche wie weibliche, ob Bürger oder Nicht-
bürger, mufsten ktinftighin von ihrem Lohne 1 fl* bezahlen.
4. Ein Handlungsdiener hatte fortan von seiner Besoldung 1 A.
vorneweg, dann von je 100 fl. 1 II. ab«iHefem, sein übriges
Vermögen aber gleich den anderen Burgerti im versteuern.
5. Den Standes- und Adelspersuncn wurde angezeigt, mau ver-
sehe sich zu ihnen, sie würden ebenfalls »von allen ihren ver-
mögen, intraden vnd einkoramenc gutwillig von je 100 fl. 1 tl.
zum Wohle der Stadt beisteuern.
Am 3. Februar wurde Bürgern und Fremden die Auflage
gemacht, bei allen ihren verkauften Waren von 100 fl. je 1 fl.
und zwar in Münze zu bezahlen, welche Anlage man Extraordinari-
Interimssteuer nannte. Doch sollten diejenigen Städte und Örter,
welche infolge gewisser Privilegien bisher zollfrei waren, es auch
l'urderhin bleiben. Dann wurde den Fuhrleuten, welche Handels-
waren, Wein und dgl. in die Stadt und aus derselben führten,
bekannt gema« ht, dafs sie von jedem Pferde 15 kr., für ein
Pferd aln r, das Salz, Stahl, Eisen, fremdes und böhmisches
Bier führte, 6 kr. zu entrichten hätten. Doch erhielten hiebei
die Thorschreiber die Anweisung, eine >discretionc zu gebrauchen
und von den Fuhrleuten, welche nur wenig Ladung hätten, nicht
das volle Pferdegeld zu verlangen. Für die Kaufmannswaren
aber, welche durch die Stadt »per transito« gefahren wurden,
mufste bezahlt werden, was von den Marktvorstehem und
Handelsleuten für die einzelnen Waren, die sie in 4 Sorten
geschieden hatten, festgesetzt worden war.
Am 9. Februar erfolgte die neue Bestiininunjii, dafs
für Waren, die von Bürgern und Inwuhnern an andere
Orte verkauft würden, von je 100 fl. 20 kr. abgeliefert
werden müfsten.
Hieran reihte sich Mitte Februar ein Viktualienaufschlag.
Doch blieben »schmaltz, ayr, butter, käs, vnfslit, kraut, ruben.
köhl und dergleichen, als deren der gemeine vnd arme mann
zu seinem täglichen vnterhalt vnd narung vnentperlich vonnöten
hat, frey vnd vnaufsgesetzet^.
Zu dieser Verordnung, den Aufschlag auf X iktualien betref-
fend, kamen in den Monaten Februar und März noch weitereErlässe.
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— 172 —
Von nun an mufsten die Fremden, welche sich in Wirts-
häusern aufhielten und offenes Gewerbe und offenen Handel
trieben, von je lOOfl. ihrer Einnahme 1 fl. bezahlen; hatte jeder
von je 100 ff., so er erloset, 1 fl.» von je 100 Schillingen 1 ge-
treulich bei seinem Eid und seinen bürgerlichen Pflichten in das
Zollamt SU liefern; wurde den Krämern und Handwerksleuten,
die neben den Werkstätten »offene Kräm«: hatten, auferlegt, von
je 100 fl. 1 fl. zu entrichten.
Ende März endlich wurde ein Viehaufschlag beschlossen.
Von jedem Ochsen, der in den 2 Fleischbänken oder von den
Bürgern zuhause geschlachtet würde, sollten fortan 2 fl., von
einem Schaf oder Kalb je 3 Batzen, von einem gemästeten
Schwein 1 fl., von einem kleinen und ungemästeten '/t fl. ge-
nommen werden; doch war in den Freibänken, wo die armen Leute
einkauften, der Aufschlag bedeutend niedriger.
Gewifs, keine geringen Opfer, welche der Rat von der
Bürgerschaft forderte.**)
Konaeijuentc Dafs Nümbcig, \vcl( hcs go/wungen wurde, auf solchem
Abldinimg Wejre die Mittel für die steigenden Bedürfnisse zu beschaffen,
aller ^ *
Daridirns- konsequcnt jedes Gesuch um ein Darlehen abwies, w ie sehr das-
gcsuchc. selbe auch begründet sein mochte, kann uns demnach nicht
weiter überraschen.
Solche Ablehnung hei freilich dem Rate nicht immer leicht,
besonders schwer aber wurde sie ihm gegenüber dem Kurfürsten
von Sachsen. Der Kurfürst hatte sich ja auf dem Leipziger
Konvent eifrig der Städte angenommen, um die evangelische
Sache sich grofse Verdienste erworben und konnte als der
mächtigste evangelische Fürst des Reiches der Stadt Nürnberg sehr
viel nützen oder schaden. Anderseils ;ibcr war er Nürnberg nuch
85 000 fl. nebst beträclulirhen Zinsen schuldig. Wiesehr daher
auch der sächsische Oesandte Hans von Blnnffidorf sich
bemühte, ein ausgiebiges Vorlehen zu erhalten, der Rat blieb
fest auf der Ablehnung eines solchen bestehen, er willigte nicht
einmal in Blanfsdorfs Vorschlag, man möge ihm gestatten, dafs
Nfiniberg«r KranrchW. Tom. XII. 453, Rataerlaft am ta. De>
zember. Tom. XII. 455 — 462, Dr. Richters Vortrag an die Genannten.
ErlSssc der Herren Ehern am 13. Januar, 3 und 14. Februar. RatserlSsse
am 26 Januar, 3., 9., 16. und 17. Februar und am 2., 9., 17. UDd26.Min.
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— 173 —
er auf Kredit des Rates eine gewisse Summe Geldes bei der
Bürgerschaft aufnehme , obwohl dieser Vorschlag auch von
Dr. Richter befürwortet worden war.
Schwer mochte dem Rat auch fallen, den Rothenburgern
ihre wiederholte recht eindringliche Bitte um ein Darlehen ab-
zuschlagen. Kinmal abgewiesen, baten die Rothenburger, welche
durch die Tillyscbe Eroberung in die äufserste Not geraten
waren, nochmals ganz flehentlich um einDarlehen von 4000Thalem.
Aber ihre Bitte wurde abermals abschlägig beschieden mit der
Begründung, dafs man auch andere StAnde mit ihren Gesuchen
abgewiesen hätte, die nun alle sich beleidigt fühlen mttfsten,
wenn Rothenburg allein berücksichtigt würde. Trotzdem aber
gaben die Rothenburgci die liütinuiig iiu ht auf. Doch auch das
dritte äufserst dringende Gesuch ertuhr kein besseres Schicksal.
Dafs unter diesen Umständen weder der Herzog Wilhelm
von Sachsen, noch die Stadt Ochsenfurt mit ihrer Bitte Gehör
fanden, ist sonach selbstverständlich. Geradezu kühn aber war
das Gesuch Bayreuths, dem Markgrafen Hans Georg mit einem
Vorlehen von 6 — 8000 Thalem an die Hand zu gehen, wenn
es überhaupt ernst gemeint war und nicht blofs als Folie diente,
um die Furtifikationssachc zur Sprache bringen zu können. Henn
niemand hatte es um Nürnberg weniger verdient als der Mark-
graf Haas Georg.
Werfen wir jetzt einen kurzen Rückblick auf die Zeit vom
Abzüge des Tilly sehen Kriegsvolkes bis Anfang Februar, so
können wir dem Rate der freien Reichsstadt Nürnberg das
Zeugnis nicht versagen, dafs er that, was in seinen Kräften
stand, um den kleinen Staat vor drohendem Unheil zu bewahren.
Wenn er dabei die alte zögernde Politik bcibelialten zu müssen
glaulile und weder mit dem Kaiser ganz brechen noch weniger
aber es mit Gustav Adolf verderben wollte, wer könnte ihm dies
bei ruhiger und gerechter Würdigung der schlimmen Lage, in
der er sich befand, verargen? Handelte es sich ja gewisser-
mafsen um Nürnbergs Existenz; denn der Kaiser konnte ja
immerhin noch die Oberhand gewinnen.
Alter nun (Iranisten die Verliältnisbe nach vorwärts. Am
10. Februar schrieb Jobst Christoph Rrefs aus Frankfurt, dais dem
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Rate, um Verdacht und andere Ungelegenheiten zu vermeiden,
wohl nichts anderes ttbrig bleibe, als Kriegsvolk abzufolgen.
Der Ausbruch der kriegerischen Feindseligkeiten stand mit
dem kommenden Frühling in nahezu sicherer Aussiebt, und auch
der Beginn des Heilbronner Städtetages war nunmehr auf Mitte
inatmktioii Februar festgesetzt.*^)
der NOm*
»„•rir- r Der Rat besthiimtc sofort als seine Vertreter Georg Christoph
.M^^es.nd,c„ Volkamer, Johann Christoph Tucher und Dr. Johann Christoph
zum
Henbnmner Herpfer, denen er eine ausführUche Instruktion mit auf den Weg
gab. Da jedoch die Verhandlungen in Heiibronn zur Genüge
den Standpunkt klar legen, welchen die Nürnberger einnahmen,
so halte ich ein näheres Eingehen auf dieselbe hier nicht für
geboten. Ich beschränke mich hier nur auf die Anführung des
auf den Abschlufs eines Bündnisses mit Schweden Bezüglichen,
weil dies zur weiteren Kennzeichnung der Nürnberger Politik dient.
Es heifst da: Bezüglich der Konföderation sollten die De-
legierten Nürnbergs mitteilen, dieselbe sei für den Rat, wie gerne
sie man auch vermeiden möchte, nicht zu umgehen; man würde
sich aber um so lieber hiezu verstehen, wenn auch andere Stände
solche für nötig erachteten. Bezüglich ider questio quomodo?«
aber sollten sie sich wohl in acht nehmen, »dafs wie im leip-
zigischen sciilufs, also auch jetzt die kays: mayl^: vnd derselben
land vnd leiit aufs^enommen vntl im vbrigen gehörte formula
auch Solisten verclausulirt werde, daniit besorgende offension
bey kays: mayl(,. vnd den cathulischen Stenden soviel immer
möglich verhUetet werde. Insonnderhcit aber mehrcrwehute
**j Nttinberger Krewarchiv. Tom XV. 178, 184 u. 185, Dlanfsdorfs
Schreiben an den Kai mi 5. November. Tom W. 187, T 89 u. 190, Rats-
er!ä«;«;e. Tom. XV. 107 - 206, Ulanfsdorfs IJegehreii, auf Kredit des Kate>
bei der Bürgerschaü (Jeld aufbringen zu dürfen , Dr. Richters Gutachten,
3 Rataerl&sse. Tom. XIV. 208-210, Dr. Kichiers Schreiben an Blanfsdorf
den I. Dezember. Tom. XIV. 213 u. 214. Schreiben an den Kurfürsten vnn
Sachsen. Tom XIV 110 und III, 11} ' lul 115.326-328, 36b, Korrespon-
denz zwischen Nürnberg und Rothenburg. Tom. XIV. 333. Ratterlafs am
12. Dezember. Brief buch 1631 fol. 610 und 614, Schreiben an Herzog
Wilhelm zu Sachsen und die Stadl Ochsenfnrt. Tom. XV. 307-309. des
branden burgi&chen Rats Khan angebrachte funkle. Tom. XV. 365 -373,
Consultatto habita den t6. Januar. Erlafs der Herren Eltern am 13« Februar.
Tom. XV. ig, Schrei!>en aus Ulm, angekommen am 7, Februar. Tom. XV.
28, zweites Schreiben ans Ulm. — Soden, Gustav Adolf .... L Teilt pag.
109 und 1 10.
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bflndnas, wofern es bef königl. majl^: in Schweden zuerhalten,
auch solchergestalt zu restringlro, wofern die ligistische stendt
bey irer mayl^: die begerte neutralitet erlangen sollen, dafs
alfsdann auch die evangelische stätt solcher coniuncHon halben
ferner nicht mehr gehalten oder doch die gelt contribution vnd
aiukre hülff betr. zu einem mehrerm aifs die catholische nicht
verbunden sein sollen«.^')
Wir werden bald sehen, wie diese Verklausulierung von n«r
den übrigen Städten aufgenommen wurde. ifiübmn
lag.
Die Konferenz nahm am 16. Februar ihren Anfang.
Zu derselben hatte der König seinen Sekretär Nicodemi
abgeordnet, der im Namen seines Herrn begehrte, die Städte
sollten kupferne Münzen einführen, die /olle erhöhen und sich
mit Majestät als dem »üirectorio« verbünden. Im Verlaufe der
Sitzungen traf noch Dr. Chemnitz als zweiter scliwedischer Ab-
geordneter ein, um alles aufzubieten, dafs die Städte in die Ein-
führung kupferner Münzen willigten.
Die Strafsburger aber stellten folgende Punkte zur Be-
ratung: 1. Gegenseitige Mitteilung der Städte, was sich der
Religionssachen halber bei ihnen zugetragen, welche Kriegs*
pressuren sie von kaiserlicher Seite zu erdulden gehabt und wie
man es mit dem Konig xon Schweden geh.ilteii habe. 2. l'.e-
ratung darüber, was Gustav Adolf auf dessen Schreiben, wie
man zum Frieden geh\ngen könne, zu antworten und was Majestät
bei den Friedensverhandlungen des gemeinen evangelischen Wesens,
als auch der Beschwerden halber an die Hand zu geben sei und
ob solches schriftlich oder mündlich zu geschehen habe. Aufser-
dem gaben sie noch ein Schreiben bekannt, das sie auf An-
regung des Königs von Schweden an Lübeck hatten abgehen lassen.
Daraufhin erfolgten nun die Mitteilungen der einzelnen
Städte, von denen ich hier nur hervorhebe, was die Stellung
der Städte zu (iustav Adolf betritft. Am schlimmsten Nun allen
war Frankfurt weggekommen. Es hatte sich dazu verstehen
müssen, mit Gustav Adolf einen Verglcicli cinzugeiien, der es
fest an diesen band und ihm die besonders harte Verpflichtung
Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XV. 43—50, Memorial nnd In*
•tniktion, ft. Februar 163a.
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— 176
auferlegte» eine schwedische Garnison von 600 Mann in Sachsen*
hausen so unterhalten, sowie dem König die hi der Stadt be-
findlichen feindlichen Güter zu überlassen. Viel besser waren
Strafsburg, das sich nur erboten hatte, dem Könige >pro pos-
sibilii die Hand zu bieten, und Ulm, das dem Rittmeister
von Rehlingen gegenüber nur seine Freude über die Erfolge des
Königs geäufsert hatte, weggekommen. Was Nürnberg betrifft,
sind die Dinge bekannt. Mit Strafsburg hatte aber aurh der
König von Frankreich in nähere Verbindung zu treten versucht
und für sich und sein Kriegsvolk den Pafs über die Brücke
und durch die Stadt, sowie Lieferung von Proviant gefordert.
Doch war ihm nur das letztere bewilligt worden, den Pafs sollte
nur er selber mit seinem Gefolge haben.
Nach dieser gegenseitigen Mitteilung trat man in Beratung
ein über das Anbringen des schwedischen Abgesandten, »ob nicht
eine unanimis et communis coniunctio der wolgedachten 4 Stetten
mit ihr kon. may. könnte getroffen vnd aufgerichtet werden, vnd
allso die zwev statt, so nocli liinderstelHg — mit Nürnberg hielt
also der Koing die Saclie schon für richtig — vnd ihre affection
nur in generaltbus tcrniinis bifshero contestirt haben, zuc mehrerer
alliance mit ihrer M. zu bringenc. Ein solches Gesamtbündnis
sei, erklärte Nicodemi, viel besser, »damit nicht mit eines jeden
theils gröfsern gefahr von einander zergehen vnd zertreuet werde c.
Nur zur Rettung der Evangelischen und Wiederherstellung der
wahren Religion sei ja der König ins Reich gekommen und er
strebe nur darnach, »wie das reich redressirt vnd in seinen
rechten bestand geset/et \ nd dannenhero quasi a fönte ac ori-
gine dcro aigene vnd die bena< hl)arten euangclischen in ruhe
vnd sirherlieit lu'inarher ktinnten gcst't/t werden«.
Damit stand als erster und wichtigster Beratungsgegenstand
die Bündnisfrage auf der Tagesordnung, und es mufsten daher
die Vertreter der einzelnen Städte hiezu Stellung nehmen. Dafs
die Konföderation, wie bedenklich sie auch sei, nicht umgangen
werden könne, war die Meinung aller; von einem GesamtbUnd-
nis wollten aber vor allem die Strafsburger nichts wissen, da
die Interessen der Städte zu verschiedenartig seien. Damit
stimmten jedoch wieder alle überein, dafs die Pflichten, womit
man dem »Reiche zugetliansL, ausgenommen werden müfsten
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(Anmerkung), damü man bei der ReichsunmiUelbarkeit gelassen
würde, und dafs unbedingt eine Apologie verfaTst werden mttfste,
weshalb sie sich mit dem König eingelassen hätten. Die Frank-
furter hoben noch besonders hervor, dafs die Konfiskation
feindlicher Güter durch den König für die Städte den gröfsten
Schaden bringe und dafs man auch andere Städte zu diesem
jiumlais bewegen müsse, welches lainig vnd allein zu der
evangelischen Stätten defension wider vnrechtniessigen gewallt
geschlossen würde s. Die Nürnberger aber brachten noch eine
Reihe von Erinneningspunkten vor, welche vorwiegend mili-
tärischer Natur waren und, soweit sie von Belang sind, an einer
anderen Stelle noch Erwähnung finden.
Zum Abschlufs ehies Bündnisses aber hatten die städtischen
Vertreter keine Volhnacht bekommen; denn der Konvent war
ja nur wegen der Friedensvorschläge des Landgrafen von Hessen
und verschiedener anderen Punkte einberufen worden, nicht aber
wegen einer Konföderation mit Gustav Adolf, wenn freilich
auch aufser den Xurnbergern jeder Abgesandte sicherlich
wufste, dafs diese zur Diskussion kommen würde. Dem könig-
lichen Abgesandten wurde daher die Erklärung abgegeben, man
könnte wegen des vorgeschlagenen Gesamtbündnisses einen
Entschlufs nicht fassen, da man hierttb.er nicht instruiert sei,
doch würde man zuhause den Bund mit Schweden in jeglicher
Weise fördern; ein Gesamtbttndnis jedoch sei wegen . der -ver-
schiedenartigen Interessen der Städte nicht am Platze.
Daraufhin erläuterte Nicoderoi das Wort Gesamtbttndnis
dahin, dafs darunter nicht zu verstehen wäre, es sollten alle
4 Städte das gleiche Bündnis mit (lustav Adolf abschlicfsen,
Sündern dafs auch die Städte, welche ein solches nocli nicht
eingegangen wären, nunmehr mit dem König > richtig würden«.
Dann überreichte er eine ^KonfoederationsnotuU, welche in
einer grofsen Anzahl allerdings meist unwesentUcher Punkte von
der städtischen Konföderationsnotul abwich, die in Nürnberg
verfafst worden war.
Obwohl nun eine genaue Vergleichung beider immerhin
von einigem Interesse wäre, so kann hier doch deshalb davon
Anmerkunf^. Ulm und NUrnberg verlangten, dafs der Kaiser und
seine Erblander auszunehmen seien.
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Abstand genommen werden, weil der i^esentliche Inhalt des
Würzburger Konzeptes bereits bekannt ist und Strafsburg wie
Ulm in der Folge ihre besonderen Allianzverträge abschlössen,
ohne sich an eine der beiden Konföderationsnotule zu binden.
Es mag daher genügen, wenn ich nur die wichtigsten Differenz-
punkte anführe, und dies umsomehr, da ja die stark »verklau-
sulierte BundesnotuU nicht einmal den Heifall der Vertreter
der übrigen Städte fand, weniger weil sie mit einzelnen Klauseln
nicht einverstanden gewesen wären, sondern weil sie überzeugt
waren, dafs dieselben nur des Königs Zorn erregen würden
und nie und nimmer durchgebracht werden könnten.
Die Nürnberger tiefsen denn auch folgende beanstandeten
Punkte fallen, trotzdem der Rat auf diese grofses Gewicht gelegt
hatte: 1. dafs die Allianz auch von Sachsen und Brandenburg
gefertigt werden solle, welche Weitläufigkeiten dem König sehr
zuwider waren; 2. dafs, wenn der König mit der Liga sich ver-
gleichen wurde, das Bündnis aufhören sollte oder doch die
Stände zu einem mehreren als die Katholiken nicht gehalten
werden sollten und 3. dafs der Kaiser und dessen Erbländer
auszunehmen seien. Auch die von Nürnberger Seite vorgebrachten
militärischen Erinnerungspunkte wurden für Überflüssig gehalten,
da sie ja ohnedies in den Artikelsbriefen enthalten wären.
So durchberaten und rediviert, wurde der städtische Ent-
wurf dem schwedischen Abgesandten zur Annahme empfohlen.
Aber der Differenzpunkte waren auch jetzt noch eine grofse
Zahl. l'nd da Nicüdemi nicht mit sich iiandeln lassen wollte,
sondern auf der unveränderten Annahme seines Entwurfes be-
stand, sn miifste eine Einigung von allem Anfang an al«; aus-
geschlossen gelten. Doch gingen die Verhandlungen ihren Lauf,
und die städtischen Vertreter blieben nicht im Unklaren darüber,
was er an ihrem Entwürfe auszusetzen hatte. Nicodemi gab
nämlich den Vertretern Nürnbergs gegenüber, die ihm das
städtische Konzept überreichten, eine sehr ausführliche Kritik
desselben. Er rügte unter anderem das Wort i Kapitulation!
als »odios«, beanstandete die Klausel» Inder die Reichspflichten
ausgenommen worden, sowie die Stelle: »so haben seiner kon.
maj. etliche hohcrr stende die völlisje vngehindcrte dirckLion
dieses kriegs vnd solang derselbe tauret, mit gult vorbedacht
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vbergeben vnd anvertrauet, dabei wir es auch vusers thails aller-
dings bewenden lafsen«. Ihm gefiel nicht, dafs die Städte dem
Könige Lebensmittel und Kriegsbedür(msse nur folgen lassen
wollten, 1 soviel sie entrathen könnent, weil durch diese Klausel
man sich jederzeit seiner Schuldigkeit entziehen könne. Er
sprach sich mifsßllUg aus, dafs in dem städtischen Entwürfe
fehle, man werde des Feindes Truppen, wo diese gleich anzn-
treffen seien, soviel als mugli« Ii trennen und schlagen, dann dafs
ausgelassen sei, die »ausschreibenden* werden die sogenannten
*na( hsiuendenf evangelischen Reichsstädte zu gleicher Allianz
vermögen; er gab endlich seinem Zweifel Ausdruck, der König
werde den Städten das ijus confiscandic zugestehen und in deren
Wunsch willigen, dafs von geistlichen und weltlichen in der Stadt
gelegenen und dem Feinde gehörigen GUter nichts verschenkt
noch vergeben werden dtlrfe.
Die Nürnberger widerlegten nun die Einwände Nicodemis,
80 gut sie konnten. Sie entschuldigten unter anderem die Aus>
nähme der Reichspflichten, weil darauf die Freiheit der Städte
und deren Privilegien gegründet seien, die 2 erwähnten Aus-
lassungen aber begründeten sie damit, dafs die tausschreibenden«
Städte mit sich selbst genug zu thun hätten.
Über diese Konferenz mit Nicodemi erstatteten die Nürn-
bergischen Abgesandten den übrigen städtischen Vertretern ein-
gehenden Bericht.
Nun entschlofs man sich städtischerseits nachzugeben und
nur in folgenden 4 Punkten fest zu bleiben. Dieselben sind:
I« dafs die Städte sich verpflichten sollten, ihre städtischen
Mitglieder zu gleichem Bündnis zu bewegen, was in keinem
anderen zu finden sei; 2. dafs die Städte dem König das Direk-
torium »cxpresse« übertragen sollten; 3. dafs der Konig die
dem Feinde gehörigen in der Stadt gelegenen Ciüter verschenken
könnte; 4. dafs endlich den Städten das »jus confiscandi« nicht
zustehen sollte. Die 4 Punkte waren in der That auch für die
Städte von solcher Wichtigkeit, dafs der Widerstand der städtischen
Abgeordneten wohl erklärlich ist. Denn was Nr. 1 betrifft, so
wurde den Städten eine Verpflichtung auferlegt, der sie kaum
gerecht werden konnten; Nr. 2 hätte sie verpflichtet, bei
Schweden auszuharren, wenn auch Kursachsen zurücktreten
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würde; durch die Forderung in Nr. 3 konnten den Städten
-ärgere Besitzer aufgedrangen werden, als die Katholiken bisher
gewesen; das »jus confiscandic aber hatten die StAdte seit un-
vordenklichen Zeiten, und gerade auf Grand dieses Rechtes
gedachten sie sich am feindlichen Gute zu erholen.
In einem kurzen Memorial legten die städtischen Vertreter
die Gründe ihrer ablehnenden Haltung nieder, die mit den oben
angeführten, aufsematürlich in Nr. 2, zusammenfallen, und über-
rciclitcü dasselbe dem schwedischen Abgesandten mit der Bitte,
er niuge dahin wirken, dafs beim König keine »oöensio« ver-
ursacht werde.
Raschere Erledigung fanden die übrigen Forderuni^en des
schwedischen Abgesandten, nämlich die Einführung von Kupfer«
münzen, Erhebung von Accisgeldern, Regelung der Convoy- oder
Geleitstaxen und Verstärkung der Garnisonen in den Städten,
damit dem König im Bedtlrfnisfalle etwas Kriegsvolk abgefolgt
werden könne.
Allgemein war man gegen die Einftthrung kupferner Münzen,
so sehr sich aucli Hufrat Dr. ALutin Chcninit/. l)cniuhte, alle
Hedenken zu beheben", denn man war überzeugt, dafs hiedurch
die diirc^hs Reichsniüiuenunsvesen 162J und 1622 geschlagenen
Wunden wieder aufgerissen würden und alleiniges Vorgehen in
dieser Sache unthunlich wäre, dafs vielmehr ganze Kreise sich
hierin vergleichen und mit Holland, Frankreich u. s. w. Ver«
handlungen gepflogen werden müfsten. Im Übrigen aber mochte
wohl bei allen feststehen, dafs der König hiebei nur seinen
Privatvorteil im Auge habe, d. h, sein schwedisches Kupfer mit
mehr Nutzen verwerten wolle.
Auch sprach man sich ge^a'n tiie Kiiiiuhrung von Accis-
gehlern aus, weil durch eine solche nur eine l'cuerung aller
Lebensmittel erfolgen würde. DdcIi wurde von Dr. Chem-
nitz diese Angelegenheit dahin ausgelegt, dafs darunter eine
Auflage auf Weine gemeint sei, welche von einer Stadt in eine
andere verschickt würden. Bezüglich der Convoytaxen berief,
man sich auf das königliche Patent vom 8. Januar 1633 aus
Mainz und 12. Febraar 1632 aus Frankfurt, worin der König
bei schwerer Strafe verbot, Kaufleute mit ihren nach Frankfurt
bestimmten Handelswaren aufzuhalten oder ihnen etwas mit
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Gewalt abzunehmen, und des weiteren auf die Erklärung,
welche der König in Frankfurt abgegeben hatte, dafs nämlich
von den »Ordinari-Mersleuten« nicht mehr genommen wer-
den sollte, als Herkommen wäre. Wer aber Convoy nehmen
wollte, <U^r hätte für einen Fufssoldaten 6 kr., für einen Reiter
10 kr. die Meile zu bezahlen. Was schliefslich die Verstärkung
der Garnison und Überlassung von Kriegsvolk an den König
betraf, so verwies man den Gesandten auf das Konzept der
Konjunktionsnotul. Gemeint ist hier wohl die Stelle, in der es
heilst: Man werde Majestät freie Werbungen in Stadt und Land,
den Pafs und Repafs in und durch die Stadt mit ihrem Gebiet
verstatten, die Passe, besonders die Stadt, wenn es die Not
verlange, besetzen, »in summa alles gegen haltung gutter ordre
vnd disciplin thun vnd lafsen, was die ratio belli erfor-
dern möchte c
Hierauf trat man in Beratung ein über den zweiten Teil
des Strafsburger Ausschreibens (»quoad deliberationem«), ob die
Städte dem König zum Frieden raten sollen, wie demselben die
Meinung der Städte beizubringen und was ihm wegen des evan-
gelischen Wesens an die Hand zu geben sei.
Nun sehnten sich ja alle nach Frieden. Dafs man also dem
König h.e/u raten müsse, darüber herrschte volle Kini^^keit,
Auch clarül)er war man sicli sofort klar, dafs die Meinung
der Stiidte (uist.iv Adolf in einem Gutachten, mit dessen Ab-
fassung Strafsburg betraut wurde, niedergelegt werden solle. In
diesem Gutachten sollten aber auch all die Wünsche dargelegt
werden, deren Erfüllung man vom König erbofite.
Der Wünsche gab es nun sehr viele. Und gingen im
einzelnen auch die Meinungen auseinander, in folgendem herrschte
Einigkeit:
Das Restitutionsedikt ist zu kassieren; den Städten dürfen
die »jura territoriahax nicht abgesprochen werden, damit sie die
Stifter und Klöster, ausgenommen die reichsunmittel baren, refor-
mieren können; es ist besonders zu erläutern, dafs die Städte
»Jurisdictio ecclcsiasticai bcsitzeu, wie denn Uberhaupt die
Städte in Religionssachen allen übrigen Ständen gleichzustellen
sind. Vor allem aber ist ein unparteiisches Gericht unbedingt
notwendig, und dürfen dem Reichshofrat keine Religionsangelegen-
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heilen mehr tat Entscheidung gelassen werden. Daneben hatten
die einzelnen Städte wieder ihre besonderen Anliegen. So
hofften die Nürnberger vom König die Aufhebung der in der
»Teutschherrischen Sache c ergangenen Urteile.
Dies das Wesentliche über die religiösen Beschwerden!
Hinsichtlich der Beschwerden und Wünsche aber in poU>
tischer Beziehung wurde von Strafsburg vorgebracht: Es ist sehr
zu beklagen, dafs der Kaiser die Städte nur für Patrimonial-
gttter hält und denselben das tjus armorum et foederamc nicht
zugestehen will; die höchste Absurdität aber ist, dafs die Evan-
gelischen »invito Caesarisc den Katholiken sich nicht widersetzen
(iuilen. Selir notwendig ist die KcrurinaUun des Justizwesens;
der kaiserliche Reiehsliofrat soll künftig nur Rcichslchenssachen
zu beraten haben und auch in solchem Falle evangelische Bei-
sitzer neben den katholischen gebrauchen. Was die »Kriegs-
rekompens« anbelangt, so ist eine solche nur billig, und können
die Evangelischen wegen der ausgestandenen Kriegsdrangsale
mit gutem Recht die geistlichen Guter beanspruchen. Auch
mufs man, wenn ein Friede zustande kommt, auf Versichenings-
mittel bedacht sein, wozu dienen möchte: »Das von den evan-
gelischen aine ewige bündnus mit der kön^. Mt in Schweden
getroffen würde, vnd müsten ihre Mt jhederzeit ainen freien
j>afs aus Schweden ins reich haben. Sölten aber ihre Mt sich
im reich fermiren, so were es vmb soviel desto bessere.
Wie die Vertreter der Übrigen Städte sich zu dieser letzteren
Ansicht Strafsburgs stellten, ist aus den Akten nicht ersichtlich;
in den Übrigen Wünschen waren sie jedenfalls mit Strafsburg
eines Sinnes. Nach Erledigung dieser wichtigen Sache traten
die städtischen Abgeordneten in die Beratung über die Gegen-
stände von mehr untergeordneter Bedeutung ein: die Lübeckische
und Windsheimische Sache, das Kirchengebet und die Anfra^^c
Nürnbergs, ob der Kurlurst von Sachsen auch von den übrigen
Städten Geld begehrt habe.
Über dieselben war ein Beschlufs rasch gefafst.
Den Windsheimern wurde der Rat erteilt, sich gegen den
ihnen zugemuteten Revers su lange als möglich zu sträuben, da
derselbe eine Unterwerfung in sich schliefsei die Städte selbst
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aber beschlossen, in dieser Sache beim König die nötigen
Schritte ztt thun und ihn um Abstellung zu bitten, damit dem
städtischen Wesen »hierin nicht praejudictrt werde«. An Lübeck
erging im Namen der 4 Städte das Ersuchen, sich an Gustav
Adolf anzuschlicfseii. Was den Kurfürsten von Sachsen betraf,
so erfuhren die Nürnberger, dafs derselbe sicli an ihre Statit
um Hilfe gewandt hätte. Die Gebetsangelegenheit endlich,
welche durchaus nicht so gleichgültig war, als auf den ersten
Blick erscheinen mag, wurde in der Weise zur Zufriedenheit
aller erledigt, dafs man beschlofs, wie bisher auch fernerhin der
evangelischen Fürsten in den allgemeinen Gebeten zu gedenken.
Denn ein Gebet (Ur Gustav Adolf bedeutete ja, wie es in der
Instruktion der Heilbronner Abgeordneten hieis, »eine publicam
confessionemc, dafs man dem König von Schweden gegen den
Kaiser »ohne scheu zugethanc, und war um deswillen bedenklich,
sweil hierdurc h selbe syncerationes, deren man sich kays. mayt^.
bifsiiero gcburlich gebraucht, vmbgestossen vnd gentzlich auf-
gebebt werden«.
Damit war der BeratungsstoiT bewältigt, und es wurden
die Sit/iingcn am 25. Februar geschlossen.
Das Ergebnis der Konferenz war ein solches, dafs der
König sich nicht zufrieden geben konnte. Und in der That
äufserte er sich auch in bitteren Worten besonders Über Nürnberg,
von dem er jedenfalls mehr Entgegenkommen erwartet hatte,
als in dem wohlverklausulierten Entwürfe zu Tage trat. Die
Forderungen der beiden schwedischen Abgeordneten wurden
meist abgelehnt, bezüglich der Kuntoderation aber, die man in
Bälde schliefen wollte, war in wesentlichen Dingen eine Einigung
nicht erzielt worden. Die städtischen Abgesandten freilich hatten
im gegenseitigen Meinungsaustausch gröfsere Klarheit gewonnen,
was fär Interessen und wie sie dieselben bei Gustav Adolf ver«
treten könnten. Als nächstliegendes Resultat der Konferenz
blieb nur der Beschlufs, an den König baldigst eine Gesamt-*
abordnung der 4 Städte ergehen, sowie durch den Strafsburger
Ratskonsulenten Dr. Schmidt ein Gutachten und eine Apologie
abfassen zu lassen. In dem Gutachten sollte der König die
Meinung der Städte erfahren, ob ein Friede zu schliefsen und
wie ihren Beschwerden abzuhelfen sei; in der Apologie aber
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sollte ausführlich dargelegt werden, warum sich die Städte mit
dem König verbandet hätten.^^
IV. Kapitel,
Vom Heilbronner Tag bis zum fränkischen Kreistag.
Kinflufs der Der Vollzttg der Spesialallianz mufste, wenn nicht unerwartete
^ vülbl'na-^ Ereignisse eintraten, in Bälde erfolgen. Aber noch Ende Februar
iimgen hielt man es geraten zu zögern; denn die Neutralitätsverhand«
zwischen lyj^ggn zwischen Gustav Adolf einerseits, Kurbavern und der Liga
Gl!«it.TV Adolf *-> » , CJ
und iior Litfa aiidcrscits koiiiitcn immerhin, wie geringe Hoilaun,, auch bestand,
Hilf dm ^^^^ unerwarteten AusLjant: eines Friedens haben. Dann aber galt
Politik. der Kampf Gustav Adolfs nur dem Kaiser, und Nürnberg geriet in
eine durchaus schiefe Stellung. Nur gegen die Liga und nicht gegen
den Kaiser wollte es ja zur Rettung der evangelischen T.chrc
und zur Wiederherstellung des Friedens Gustav Adolf die Hand
bieten; stets war das Verlangen des Rates, dafs beim Abschlufs
der Spezialallianz der Kaiser und dessen Erbländer auszunehmen
seien. Und im Würzburger Konzept, das noch immer als mafs«
gebend betrachtet wurde, heifst es ausdrücklich: iweiln die
päbstische ligirte feind, vnterm fürwand kayserlichen namens vnd
authoritet, welche soviel vnfs N: N: betrifft, in crafft der lieyl-
samen reichsconstitutionen, als der gesambten chur-fürsten vnd
Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XIV. 454—476, Kelatio hinc-inde
factarum communicalioniim, habitarumque dcliberationtitn von der 4 aas-
•chreibendt-n Stätten Abgeordneten, b«t dem den 6 Februarii diücs scheinen*
den 1632 Jahres ei ofTiielem Stfittag. 'l'oni. XV , 75, Copia Propnsitio des
schwedischen Gesandten. Tom. XV. So— 84, Copia Kesolutionis, so dem
kgl. schwedischen Gesandten Dienstag, den 8. Febraar, crtetlt worden. Tom.
XV. 84—90, schwedische Bundesnotul. Tom. XV. 91 -^qS, städtische Bundes-
notul 'Vom. XV. 98 — loo, schrifili' hos Anbringen, «io dem k. Deputierten
bei Übergebung des Kapilulatiunskoozepts zugleich ist zugestellt worden.
Tom. XV. 100 Q. toi, des kgl. Abgesandten Replik. Tom. XV. 103-105,
der städtischen Ab ; '»rdneten feniere Erklärung. Tom. XV. 107 — in, der
süddeiitsehen .XU m' • Inoten .Antwort auf die vom schw -"Hachen Alij^eordnet en
vt>rgebrachlen lernercu 4 l'ropositionen. Tum. XV. 1 1 2 1 21, Anbringen de;»
schwedischen Abgeordneten Dr. Chemnitt wegen Einflihning kapfener Mflnxen.
Tom. XV. 134, kg! ne;;laubigungsschroiben für Dr. Chenmitz. Tom. XIV.
405, Kopie des kgl. Schreibens an Nürnberg wegen der Friedensvorschläge
des Landgrafen von Hessen aus Mainz, den 2. Janu.ir. Tom. XIV. 391,
Schreiben des Königs uus Mains dena Janaar 163a. Briefbuch 1632, fol. 77,
Schreiben an die Heilbronner Abgeordneten am 13. Februar. Ratserlafs
am 3. April.
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stände vorgeset?;tes oljerhaupt, ieder zeit vnd in alle weg aufs-
genommen sein solle« uns bedrängt und fast zu Grunde gerichtet,
deshalb haben wir uns mit Gustav Adolf verbttndet. Deshalb
empfahl auch Dr. Heinrich Httlfs in seinem Gutachten über die
politische Lage am 24. Februar: >dafs man vieler vrsachen
halber temporisiren vnd wahrnehmen solle, wie es mit den Neu-
tralitetpuncten abgehen mögte. Interim bleibe man in guther
vcrfafsung, man certire im 'vbrigen de dampo vitando, wecke
nieniandt aus dem schlaf, rcservire in mente alles, was vorzu-
behalten ist; imitire hicriiinen ettlichermafsen die Onspachische
regiening (Anmerkung); behalte die offene band vnd nehme
sich mit kundtschafft vnd anderer nachforschung halben, sonder-
Uch aber ob nicht Rex Sueciae nur £um schein biswefln mit den
frantsösischen gesandten einen straus oder Widerwillen fUrgehen
lafse, in guthe acht«. Die Neutralitätsverhandlungen waren auch
mit ein Hauptgrund, warum der Rat auch jetzt noch kein
Kriegsvülk dem König überlassen wollte, obwohl Krefs geschrieben
chatte, man werde mit der bisherigen Entschuldigung nicht aus-
reichen und könne nicht anders, als dafs man, um Verdacht und
andere Ungelegenheit zu vermeiden, »das einmal gethane ver-
sprechen adimpliret.
Doch diese abwartende Stellung konnte Nürnberg nicht
länger mehr behalten. Der Kriegstanz begann, nachdem die
Waffen eine Zeitlang geruht hatten, in Franken von neuem, und
der Rat mufste Farbe bekennen. Nunmehr war auch das äufser-
lieh friedliche Verhältnis mit Bamberg und Bayern nicht mehr
aufrecht zu erhalten.')
Bereits im Januar 1632 wurde in i?aniberg und Bayern Niirnb»rKs
das M iistrauen liegen Nürnberg immer gröfser. Denn man hatte ^ „
" ^ " Stolliiii.,' /II
Kenntnis von den starken Werbungen der Nürnberger, ihrer Uayem un.i
. BamlxTK.
Anmerkung Ansbach halle den Wilrzhurj^'er Rezi;fs nicht untei schrielien,
für den König biälier nichts geleistet, die Tiliy&cUe Armee im NovemLier 1631
veqirovtantiert und die Wiltbarg abgetreten. (Tom. XV. 373 ff., HOlft' Be-
denken am s6. Januar.)
Nürnberger Kreisarchiv, l'um. XVI. fol. i6a und 1Ö3, Gutachten
des Ratskontalenten Dr. Heinrieh Httlfs. Tom. XVI. 160, Erlaf« der Herren
Eltern am ai. Februar. Tom. XVI. 144 148 und 149 — 156, («utachten
der Krie^'sverordneten und Hochgelehrten. Katserlafs am 19. Februar» Tom.
XVI. 157 und 158.
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— 186 —
Korrespondenz mit Schweden und von Horns Ankunft in Nürn-
berg; man kannte den Inhalt eines Briefes, der von Georg
Paumgaittner nach Regensburg abgeschickt und in die Hände
des SchulthelCsen von Neumarkt geraten war, welcher nun nichts
Eiligeres zu thun hatte als den Brief, dessen »vberschrifft herab-
(gerissen gewestc, an Tilly zu senden, der Regierung zu Amberg
aber eine Kopie zu übermitteln.
In diesem Briefe berichtete Paumgarttner, dafs Horn am
30/20 Januar nach Nürnberg kommen würde; »man vermaint, es
sollen ime 1 m mofsquetirer von der statt zugestos<;en werdenc.
Auch lieferteer von Horn folgende Beschreibung: >£r ist ein ser
sittsamer beschaidener herr, mittelmessiger Statur vnd ronn von
leib, sieht einem verattnStigen herrn gleich«. Fttr Nürnberg aber
war dieser Vorgang insofern nicht ohne Bedeutung, als der
Brief sicherlich dazu beitrug, in Tilly und Cratz die nicht mehr
zu erschütternde Ül)crzeugung hervorzurufen, der Rat habe
Gustav Adüh' und Horn mit Truppen und Kriegsbedarf ausge-
holfen und thue es noch. Welches im übrigen jedoch die Ab-
machungen zwischen Horn und dem Rate waren, darüber findet
sich in den Akten kein Aufschlufs. Sicher ist, dafs der Rat
ihm bei der Eroberung Bambergs und Höchstadts keinen Beistand
gewährte; ob aber nicht unter der Hand von Bürgern unter
stillschweigender Zustimmung des Rates dem Generalfeldmarschall
Vorschub geleistet wurde, ist freilich eine andere Frage. Wie
dem aber auch sei, bei Tilly galten die Nürnberger als offene
Feinde.
Gleich Tilly betrachtete nunmehr auch kuriurst Max die
Nürnberger als solche. Noch am 18. Februar hatte er an Cratz
geschrieben: »Mit denen von Nürnberg würdt es sich balden
selber eröffnen, ob man sie für freunde oder feinde zuhallten
habec. Mit der Abnahme der Sachen ist nichts gedient. Gerne
jedoch möchten wir müssen, woher ihnen das viele Kriegsvoik
so häufig zukommt. Aller Zweifel aber mochte schwinden, als
Max I. die Antwort des Obersten Cratz las: »Nunmehr vor
äugen vnd sehr wol zuersehen, das die Nürnberger offenbare
feindt sein, indem sie dem feindt ohne scheue mit stucken,
numition vnd \ olck starcke afsistenz laisten, wo aber ihnen dafs
vülck so heuftig zuckombt, ist noch zuer xeit schwerlich zuerfahren«.
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Bei so bewandten Verhältoisseii mufste daher auch die
Berufung Nürnbergs auf Maximilian I. gegenüber Tilly, der die
zu Günzenhausen abgenommenen und nach Lichtenau geführten
Nürnberger Waren nicht zurückerstatten wollte, vollständig ihren
Zweck verfehlen. Der Kurfürst war jetzt mit Tilly der Ansicht,
dafs man, ohne erst den erbetenen und erwarteten Befehl des
Kaisers abzuwarten, die Waren der Nürnl>erger anlialten müsse,
da sonst dem Kaiser und den Katholiken noch mehr Schaden
zugefügt würde.
Wie feindselig jedoch auch Tillys Gesinnung gegen Nürn-
berg war, zu einer Belagerung der Stadt, womit dieselbe iür das
Frühjahr 1632 bedroht war, sollte es nicht kommen. Tillys
Plan war zunächst nur, Bamberg von den schwedischen Truppen
zu säubern. Da ihn aber hiebei der Weg durchs Nürnberger
Landgebict führte, so hatte dieses wieder stark /u leiden, fulir
abermals in die Nürnberger Stadtbevölkerung kein geringer
Schrecken, und kam es zwischen I'illy und Gustav Adolf zix
einem ungefährlichen Wortgeplänkel.*)
Gleich bei seiner Ankunft in Neumarkt am 2. März schrieb Korrwpon-
Tilly an den Rat, er habe eine Anzahl Bandelierrohre nötig, g^^tn
weshalb er an einen Bürger der Stadt Nürnberg das Ersuchen 1% and dem
gestellt habe, ihm solche gegen Bezahlung zu liefern. Da nun
der Rat hiebei nur verrichte: »wie es seine obliegende schuldtig-
kheit gegen allerhöchstgedachter khay. may. zur befUrdemng
dero khriegsdiensten erfordert«, so hoffe er, dafs derselbe ihm
hiebei behilflich sei. Was jedoch die Sperrung des Handels
betreffe, habe der Rat keinen Grtmd sich r.u beschweren. Da
er dem Generalfeldmarschaü Horn bei der Einnahme des Stiftes
Bamberg allen Beistand geleistet habe, so müsse er die Schuld
sich selber zuschreiben, dafs die aufgehaltenen Waren nicht resti*
tuiert und die Ämter beim Marsche nach Bamberg betroffen würden.
') Münchener Allgemeines Reichsarchiv. Tom. CLXXVIII. 272, 302,
354 und 379, 380 und 381. Tom LXXXIL fol. 87. Schreiben des Ubcriten
Öatt ausAnerbacli in derOberpfftls am S3, Februar an Muximilian I. Tom.
LXXXII. fol. 413, Schreiben des Kurfürsten Max an Craiz am iS Pebraar.
Tom. CLXXVI fol 388, Tillys Schreiben vom 2. März un Max I. Tom.
CLXXVI. fol. 391, Schreiben Maximilians an Tilly den 9. Mörz. Tom.
CLXXVn. fol. 393, Maximilians Selvdben an Herrn von Starshansen. —
Nürnberger Kreisarchiv, liriefbuch 1632, fol. iio» Schreiben an TUljr am
28. Februar. Ratscriaf» am 18. Februar.
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— i88 —
Hiemit aber hatte Tilly zuviel behauptet. Denn die Be-
schuldigung, der Rat habe bei der Einnahme des Stiftes
Bamberg dem Generalfeldmarschall Horn Beistand geleistet, war
thatsächlich unrichtig.
Der Rat wies deshalb den unbegründeten Vorwurf sofort
mit aller Entschiedenheit zurück und bat um AbfUhrung des in
Stadt und Amt einquartierten Kriegsvolkes »absque malcficiüi.
Bezüglich der Bandelierrohre aber gab er die Erklärung ab, dafs
ein Hans Crcniarh^-r, an den das Schreiben gericlitet sei, sich
in Nürnberg nicht finde. Es sei wohl ehedem ein ranicn
hier gewesen, der einen Sohn Michel Cranich hinterlassen habe.
Dieser wolle jedoch das Schreiben nicht annehmen, da er sich
nicht erinnern könne, dafs ihm solche Kommission aufgetragen
worden sei.
Allein Tilly blieb bei seiner unrichtigen Behauptung. Sein
neues Schreiben aus Neukirchen war nichts anderes als eine
»widerholte objectio vnd bezüchtigung« . Es sei doch, schrieb
er, notorisch, dafs Nürnberg den Feind des Kaisers mit Werbungen
und Kriegsvolk, auch Munition und anderem unterstütze, dafs
Horn in Nürnberg gewesen sei, dafs kein kaiserlicher Oftizier
sich allda blicken lassen dürfe, »dafs nit woll abzusehen oder
suverspüren, welcher gestaldt solche vnd dergleichen im offenen
tageliecht vorhandene sachen zu bemilntehi oder suverdruckhen
werent. Was dann die Unterthanen auf dem IJande betreffe,
so seien dieselben so behandelt worden, dafs es hoffentlich su
ertragen sei. Wie der Rat aber Treue und Gehorsam gegen
den Kaiser, wozu er ihn nochmals ermahne, beobachte, das
beweise auch, »weihi auch der pantehehr halben, mit welchen
der handellsmann Cronach interessirt, kheine richtige Erclerung
ervolget«.
über diese wiederholten ungerechten Vorwürfe war der
Rat nun nicht wenig entrüstet; doch beschlofs er, vor der Ant-
wort auf dieselben erst den Verlauf der Dinge im Bambergischen
abzuwarten.')
*) Nürnberger Kreisarchiv. Tillys Schreiben an iNümberg, Tom. XiV,
561. Tom. XIV. 564, Tilly« Schreiben an einen Bürger Nttrabergs. Ant^
wort des Rates, Brief buch 1632, fol. ti9. ToBi. XIV. 568—572, Tillys
Schreiben aus Neukirchen. Ratserläs<;e am ii. und 12, Min. — Soden,
Gustav Adolf .... 1. Teil, pag. 190 und 191.
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— 189 —
Inzwischen aber hatte der Rat nichts versäamt, um die Ansahen
Stadt vor drohender Einnahme zu sichern. Er hatte das in den ^^„^"^
Ämtern liegende Kriegsvolk wie den Landesausschufs in die g«icen d«n
Feind
Stadt kommen lassen, die Bfirgerwache wieder eingerichtet und
den Pflegern den strikten Befehl erteilt, alles Getreide aus den
Ämtern wieder in die Stadt zu schaffen. Den Müllern war der
Auftrag gewortlen, andere und weitere Beutel ein/.u/,iehon und
von nun an, bis die Gefahr vorülier, kein weifses Melil, sondern
nur Roggenmehl zu mahlen; man bediente sich wie im November
und Dezember 1631 wieder der Rofs- und Handmühien, um
einen grofsen Vorrat an Mehl zu erhalten. An Generalfeldmar-
schali Horn aber hatte man alsbald, da die Meldung eintraf, die
ganze Tillysche Armee marschiere auf Altdorf zu, einen Eilboten
mit der Bitte abgeschickt, Horn möge der Stadt im Notfälle zu
Hilfe eilen. Auch die Schanzarbeiten wurden nunmehr wieder
energischer betrieben. Recht vorwärts war es damit nie ge*
gangen, wie schon der Befehl an die Deputierten zum Schanzen
beweist, der denselben einschärft, Sorge zu tragen, dafs es dabei
fleifsig hergehe ^vnd nicht dafsjenige, so heut gebawet worden,
morgen widerumb zu hauffen falle oder sonsten, zu defs ge-
meinen mannes bösen vnd schimpflichen nachreden, ab- vnd hinweg
gerifsen werden müfsec . Denn auch unter den Bauern, die man neben
den Bürgern zum Schanzen gebrauchte, waren viele faule Gesellen.
Tilly dachte jedoch, wie bereits ist erwähnt worden, fttr
jetzt nicht an eine Belagerung Nürnbergs.^)
Schon am 6. März verliefs er Lauf, kam noch an dem* Kaucrikhe
selben Tage nach Neukirchen, und eroberte am 9. Bamberg. Die B««fcn"*m
Stadtbevölkerung kam alscj wieder mit dem Schrecken davon, Kevwse
schlimmer jedoch waren die Ämter daran. Die Städtlein I>auf
und Hersbruek erhielten kaiserliche (iarnisonen und mufsten,
wie auch Stadt und Universität Altdorf, in einem Reverse dem
Kaiser Treue geloben. So versprach die Bürgerschaft von Lauf,
mit der Garnison friedlich zu leben, und wenn dieselbe feindlich
angegriffen werden sollte, es sei, von wem nur immer, mit ihr
Stadt und Schlofs zu verteidigen und ihr Überhaupt so beizu>
stehen, wie sie gegen den Kaiser und die Generäle es sich zu
*} Nürnberger KreUarchiv. Raiserlässe am 3., 4., 5., IS. und 17. MSrs
(auch sun 26. Februar).
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— 190 —
verantworten getraue. Sie gelobte nach Abzug der Garnison
1 keine andere, durch was praetext solches an sie bcc:crt werden
soltes, auf/.unehmen, nufser wenn es der kaiserliche Kriegsdienst
erfordere, sondern Stadt und Schlofs selbst /.u beschützen, auch
dem kaiserlichen Kriegsvolke keine Verhinderung zu thun und
endlich gegen die Benachbarten nichts Feindliches vorzunehmen.
Der Rektor und die Professoren aber der Stadt Altdorf gingen,
um die Bestätigung der vordem erteilten Salvaguardia zu er-
langen, die Verpflichtung ein, sich mit ihren Scholaren und
Studiosen dermafsen zu verhalten, wie sie gegen den Kaiser
und dessen Generale letzt vnd ins kilnfftig aller vndcrthenigst
sich zu verantwortten getrauen«.
Nun waren die Reverse nicht ohne Bedeutung; denn ein
Bruch derselben konnte für die Städtlein ein schweres Straf-
gericht zur Folge haben, wenn dereinst abermals kaiserliche
Truppen in diese einsogen. Dafs aber die Bürgerschaft dieselben
zu halten gedachte, kann als ausgeschlossen gelten; sie hätte
dies auch nicht gekonnt, wenn es gewollt hätte, denn die Reverse
waren vom Rate in Nttmberg nicht legalisiert.^]
Die Machte schon die abermalige Nähe des Feindes dem Rate
Spoziauiiiaof jjgjng geringen Sorgen, so kam in den Märztagen 1632 noch
nnr h (irT
iiciibronncr eine andere Frage in das letzte Stadium, mit welcher mau sich
Xonineiu. g^hon scMt langem eingehend beschäftigt hatte.
In Heiibronn hatte man sich mit dem schwedischen Abgesand-
ten Nicodemi über einen gemeinsamen Konföderationsentwurf
nicht einigen können. Und in der That, für die Städte standen
wichtige Interessen auf dem Spiele. Gingen sie des Konfis-
kationsrechtes zu Gunsten des Königs verlustig, und stand diesem
das Recht zu, die in den Städten liegenden katholischen G&ter
zu verschenken, so waren sie tief geschädigt. Deshalb beschlossen
sie auch, hierin nicht nachzugeben, solange ein Widerstand über-
haujn m(i;j:lich sei, und noch waren die Verhandlungen nicht
geschlossi-n, so wurde Krcfs von Ileilbronn aus aufi^efordert,
alles aufzubieten, damit diese Sache zu einem für Nürnberg
günstigen Ende gelange.
Nürnberger KraiMchiv. Tom. XIV. 503 u. 504, Rcven der Sudt
I a if. Toni. Xl\' 490 11 491, Revrrs (!(?r Universität Alldorf. — Münchener
Allgemeines Reichsarchiv. 1 om. CLXXVII. fol. 453, Revers der Stadt AU>
dorf. — Soden, ... I» Teil, pag. 192—195.
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— 191 —
Die Erledigung dieser zwei Punkte im Sinne der SUdte
sollte auch eine der wichtigsten Aufgaben der Gesamtabord-
nung sein. Doch kam es, sehr gegen den Wunsch Nürnbergs,
zu keinem gemeinsamen Vorgehen. Am 1 1 . März waren
die Hochgelehrten zu einer Konferenz zusammengetreten, um
die Instruktion zu beraten, die den Delegierten nach Frank-
furt an die Hand gegeben werden sollte, und schon am 12. März
langten 2 Schreiben des Abgeordneten Jobst Christoph Krefs
an, welche die Sachlage völlig änderten. In dem einen Schreiben
berichtete Krefs, dafs Gustav Adolf mit dem Konzept der Allianz
sehr unzufrieden sei, dafs Ulm sich seither verglichen habe und
Nicodemi nach Strafsburg abgeordnet worden sei, um die Allianz
in Richtigkeit zu bringen, und dafs der Rat sich jetzt auch nicht
länger mehr aufhalten, sondern jemand »cum libcrai an den
König abordnen solle. In dem zweiten aber teilte er mit, dafs
der König auf Nürnberg selir schlecht zu sprechen sei und der
schwedische Rat Sattler ganz bedrohliche Reden geführt, ja,
sogar von einem General gesprochen habe, »deme freyes com-
mando in hiesiger statt verstattet werden soltet; zugleich aber
riet er. man möge, um Gustav Adolfs Ungnade abzuwenden,
alsobald zur Vollziehung der Allianz abordnen und in des Königs
Begehren wegen der kupfernen MUnzen willigen.
Da war nun freilich »das Temporisirenc nicht mehr an-
gebracht. Denn es konnte »ein franck furtischer procefs wider
die herren vürgcnommen vnd schwere conditiones vffgetrungen
werden '.. Zu alledem war Tilly in der Nähe und eine Belagerung
immerhin zu befürchten. Bei wem anders aber als beim König konnte
der Rat Hilfe suchen und erhalten? An Krefs erging daher sofort
der Befehl, er möge den König bitten, dafs dieser Zeit und Ort be-
nenne, wann und wo die Nürnberger Delegierten eintreffen sollten.*)
Anmerkung. Die Korrespondenz zwischen Krefs und dem Rate
erfolgte auf privatem Wege. Die Schreiben des Abgeordneten Krefs gelangten
nlmlieh »11« raent an NSmberger Bflrger.
Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XV. 138 140, Schreiben aus Heil-
two&D an Krefs. Tom. XV. i$$f-iS9> Rfttserlaf« am 6. MXrt. Tom. XV.
240, Ratserlafs am 16. März. Erlafs dti Herren Eltern im 12., 13. und
15. März. Tom. XVI. 186 ff., Erlässe der Herren vom Ausschufs am 23. März.
Tom. XV. 159 u. 160, Dr. Herpfers aufgesetzte Punkte. Tora XV. 165—168,
Dr. Herpfen Bedenken. Tom. XVI. 11—19, Bedenken der Hochgelehrlen
nm II. u* IS. Min.
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— 192 —
GoMa* Eine Woche war vordber, und Krefs hatte immer noch
A ioir^zuRan ^j^^ geantwortet. Der Rat dachte nicht anders, als der Brief
die Donau.
ForirninRcn sci TcrloreD gegangen, und Dr, Richter miifste ein neues Schreiben
.i,ss,iben an ausfertigen, gleichen Inhalts wie das erste. Kaum war jedoch
di-n Rat ilcr
frden tlassclbc abgegangen, als uiu J3. März 2 Schreiben aus Kit/.ingen
RdduMadt
Ntilll1j6lt{»
eintrafen. In dem einen, das der König sendete, wurde dem
Rate die Mitteilung, dafs Krefs gewisse Forderungen anzubringen
habe^ in dem zweiten aber, das Krefs abschickte, war das Ver-
langen gestellt: der Rat möge Dr. Chemnitz zur Aufbringung
von 200000 Thalem behilflich sein and dem König, der den
Krieg an die Donau verpflanzen wolle, mit 3000 Mann, 4
halben Kattaunen samt Zubehör, sowie Munition und 2^ug
aushelfen.
Diese Forderungen waren nun so hoch, dafs der Rat nicht
gewillt war, sie Gustav Adolf, so sehr er demselben entgegen-
kommen wollte und jetzt auch entgegenkommen mufste, im vollen
Umfang zu bewilligen. Uorh that er sein Möglichstes, indem
er sich herbeiliefs, 1500 — 2000 Mann zur königlichen Armee
Stofsen zu lassen und die 4 halben Kartaunen samt Zubehör,
sowie Munition und Zeug zu verabfolgen. Krefs wurde davon
alsofort benachrichtigt und ihm des weiteren noch der Auftrag
erteilt, den König wegen der Abordnung abermals um Bestim-
mung der Zeit und des Ortes zu bitten.
Inzwischen kam der König mit seiner Armee immer näher,
und es war wahrscheinlich, dafs derselbe auch in Nürnberg seinen
Kinzug lialten werde. Es wurden daher sehon frühzeitig alle An-
stalten zum festlichen Kmj)fang desselben getroffen. Auch dieMifs-
stininuing des Königs gegen Nürnberg war nun gewichen; denn
der Rat hatte endlich das »Temporisiercni aufgegeben und sich
ZU bedeutenden Opfern verstanden. Dazu gestalteten sich die
Verhältnisse fdr den König immer günstiger; die Allianz mit
Strafsburg und Ulm war geschlossen, und gegen Tilly konnten
40000 Mann ins Feld gestellt werden. Diese veränderte Stim-
mung des Königs mochte Nürnberg auch insoferne zugute kommen,
als derselbe nun nicht weiter mehr auf der Bewilligung eines
Vorlehcns liest. md, si( Ii mit 2000 Mann Nürnberger Kriegsvolk
begnügte un«.l betreffs der Alli;in/ sieh nachiriebitr /.eigto, indem
er äufserte: »es würde die alliancc nicht viel dicentes bedUrtlen,
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— 193 —
Nürnberg sollte ihme blofs einen revers geben vnd ihrer freundt-
schafft versicliern, auch dafs er allezeit sein retirade dahin haben,
pafs vnd repafs suchen könte, wollten sie dieselbe hergegen
sttGcurim vnd bey ihren freyheiten manutenimc.
Am 27. Mar/, traf Jobst Christoph Krcfs scll)er in Nürnberg
ein, um dem König alsofort Ikstiinnites ühcr die Bewilligungen
des Rates mitteilen zu können, lind so sehr der Rat sonst
zauderte und handelte, diesmal zeigte er sich freigebiger. Kr be-
willigte für die Bedürfnisse der königlichen Armee 200 Ctr.
Pulver, 100 — 120 Ctr. Blei, 10-- 12 Fuhren Schaufeln, Spaten
und anderes Schanzzeug, machte sich mit 200 Simra Hafer,
400—500 £imer Bier, mit Fleisch und Weto für den König und
die Offiziere, sowie 80000 Pfd. Brot gefafst. Alle Pferde, welche
in den Dörfern ringsherum zubekommen waren, wurden in die
Stadt gebracht; in der Stadt selber wurden die Fuhrleute mit
ihren Pferden zurückgelialten; den Kaiitleiitcn, welche zur Frank-
furter Messe ziehen wollten, riet man eifrig hieven ab, und man
beschiofs, wenn dieselben dennoch fortziehen wollten, 50 — 60
Fuhrleute mit ihren Pferden nicht fortzulassen. Doch knUpfte man
an die Bewilligungen die Bedingung, dafs dieselben von den
72 Monaten abgezogen werden sollten.
Und da der Einzug des Königs nunmehr als nahezu sicher
galt, so traf man noch gröfsere Vorbereitungen als bisher, um
ihn, den nordischen Helden, so glänzend als möglich zu empfangen
und zu bewirten und alles fem zu halten, was die allgemeine
Festesfreude stören könnte. Vier Italiener mulsten sofort den
Wirt bezahlen und die Stadt verlassen, Hambergern und Forch-
beimern blieben die Thore vers« blossen.
Nunmehr war auch das Band mit dem Kaiser zerrissen und
der Bund mit Schweden besiegelt.')
Noch am 19. Februar hatte Kaiser Ferdinand II. dem Dc» Kauert
Rate befohlen, dafs von deponierten Geldern und Sachen, so ^'r^*"^*"
von Gustav Adolf linventirt vnd beschrieben worden«, nichts Mm
veräufsert werden dürfe. Am 10. März 1632 aber wies er den
Bf!» Jissi.iili
NiimbtTg.
Nürnberger Kretsarchiv. Erlässe der Herren Eltern am 17., 24. u.
38. März. Eriaiä der Herren vom Ausschuls am 23. M&rz. RaUerlafs am
17. Min. Tom. XVI. Fol. 191, Extralct am Kref»' Schreiben vom 24. März.
»So viel die vorhabende .Mliancc mit Königl. May: in Schweden beiriflt*. —
Soden, (iu»tAv Adolf und sein Heer .... I. Teil, pag. Sil — 219.
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— 104 —
Rat auf die am 12, September 1630 im Reich pabliderten
»avocatori, inhibitori et monitorl Mandaten! hin und auf seine
spezielle Ermahnung im Oktober 1631, Gustav Adolf keinerlei
Hilfe zu leisten, sondern die Armee des Kaisers und der ihm
getreuen Stände zu unterstützen, was »eüre vnderthcmVste schul-
digste so offt durch abordnungen mündt: vnnd auch schrifttlich
gerhümbte deuotion<. Er drückte sein Befremden aus, dafs
Nürnberg ganz verdächtige und unzulässige Werbungen zu Gunsten
des Feindes vornehme, diesem mit Geschütz, Munition und dergl.
allen Beistand leiste und alles unterlasse und verhinderei was
der kaiserliche Kriegsdienst erfordere. Dann drohte er mit den
schweren Strafen, die denjenigen treffen würden, welcher den
Feind des Reiches unterstütze, verbot aufs strengste, dem König
irgend welche HUle, >es seye durch waserley wege eswöllex, /u
gewähren, befahl alles zu thun, was zum Abbruch der scliwedischen
Machinationen und zur Beförderung des kaiserlichen Kriegsdienstes
sei, und verlangte schliefslich nochmals die >vorhin begerte ent-
liehe schriftliche erclärungc.^)
Antwort d« Antwort auf das erste Schreiben wurde dem Rate nicht
K .tos auf .Ii.- schwer; denn Gustav Adolf hatte nie an denselben das Verlangen
Schrerbm. gestellt, deponierte Gelder zu beschlagnahmen. Die Beschlag-
nähme, so schrieb man dem Kaiser, wäre erfolgt, weil die Stadt
bedeutende Summen zu fordern hätte; was bezüglich der Schön-
burgischen Verlassenschaft ja auch der Fall war. Anders lag
die Sache beim zweiten k l ;^^ l liehen Ermahnungsschreiben, welclies
man in Nürnberg allgenicin als Vortrab der Achterklärung an-
sah. Über dieses wurden längere Beratungen gepflogen, denn
die Abfassung verlangte grofses Gescliick, Nun versprach sich
allerdings der Rat von einer Rechtfertigung sehr wenig. Allein
er wollte die Beschuldigung, er habe den Feinden des Kaisers mit
Geschütz, Munition u. dgl. ausgeholfen, nicht auf sich sitzen lassen
und fürchtete schlimme Folgen, wenn er einem Kaiser nicht
antworten würde. Deshalb befahl er, ein Entschuldigungsschreiben
zu begreifen und die ungerechte Anklage zurückzuweisen, »ehe
ferners etwas würckliches mit kon. Mt. in Schweden gehandelt
werdec, obwohl die Hochgelehrten meinten, es dürfte dafür ge-
*) Nflmberger Kreis«rchiv. Brief bnch 163s, fol. 140. Tom. KVI.
33a— aas. RaUcrIaft und Gntaehten d«f Hocbgelebit«n, Tom. XVI. 244—347.
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hatten werden, »alfs wenn man der kay, may. nur die äugen
damit erfüllen wollte, cum ciiigendus habeatur pro dnctoc.
Nach AbschluTs der Spestalallianz sollte das tScriptum
Apologeticumc folgen, wanim Nürnberg endlich gezwungen worden
sei, >aus der notli eine tu^endt zu machen vnd sich iiiiL dem
könig in Schweden etwas näher zu conjungirnc.
Das sehr umfangreiche Schreiben aber, welches als Datum
den 20. März trägt, in Wirklichkeit aber erst um den 27. ab»
geschickt wurde, lautete nach seinem wesentlichen Inhalte :
Wir haben nicht unterlassen, unsere Stadt mit Gebiet vor
dem endlichen Untergänge zu bewahren, uns und die Unserigen
bei den hergebrachten Rechten, Reichssatzungen und Freiheiten
noch längere Zeit zu erhalten und Ew. Majestät Mandate und
Schrdben, isoviel in vnserm vermögen vnd crttfften«, zu beo-
bachten; wir haben auch bisher weder schwedische Ciarnison
aufgenommen, noch dem König einen Eid geleistet, *inmassen
E. kayscrl. may: vor diesem sonderlich alierL,nicdigst vnfs erinnern
lassen«. Kriegsvolk, Geschütz und anderer Kriegsbedarf ist von
uns bis jetzt nicht abgefolgt worden, und was die schwedischen
Werbungen betrifft, ist »das maiste ausser vnserm gebiet ge*
schehenc. Alles jedoch abzuwenden, ist »vnnfs, denn geringem,
vnmöglich gewesene ; wie dies ja auch andere evangelische und
katholische Stände nicht hindern konnten. Denn ein Wider-
stand wäre uns sehr verderblich geworden ; wir hätten Garnison
einnehmen und den Eid leisten müssen, oder es wäre unsere
Stadt und Landschaft mit Feuer und Schwert angcdrohtcrmafsen
eingeäschert worden, zumal es bei den blofsen Drohungen niclit
verblieben, »sondern vermittelst des völligen anzugs vnd der
vor äugen geschwebten gefahr bereit ein würcklicher anfang
mit grosem vnd der vnserigen schaden gemacht wordene. Wir
hegen daher die Hoffnung, Majestät werde uns entschuldigt halten,
dafs wir die Werbungen fpro tempore« müssen geschehen lassen
und dadurch gröfseres Unheil verhütet haben und »sedem belli
von diesem creyfs bifshero abgewendet, zumal E. kayserl. may:,
wie auch denn ligistischen officiern vnd wcrbern, wir die Werb-
ungen bey vnfs ieder zeit frcygclassen vnd verstnttel^.
Von Herzen wünschten wir. dnls dasjenige, was wir bisher
verhütet haben, auch fernerhin verhütet werden könnte. Durch
«3*
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— 196 —
Tfll^ feindseliges Vorgehen aber sind »die Sachen dahin kommen,
dafs hierdurch der könig in Schweden, sambt seiner groTsen
kriegsmacht zu hiesiger statt nur desto mehr gelocket vnd dar-
durch zu anderm vorhaben, so sonsten noch wol hette verbleiben
mögen, verursacht wordene. Wir sind daher in schwerer Sorge,
dafs wir fernerhin nicht mehr abzuwenden vermögen, was Mifs-
güustige Ulis zugemessen haben, auf welchen Fall nicht uns die
Verantwortung trilTt, sondern diejenigen, welche »vnter dem
praetext E. kayserl. may : allerhöchstgeehrten namens vnd doch
ohne anweisung habenden befehlsc die Beschwerden gegen uns
immermehr gehäuft haben.
Wir leben demnach der Zuversicht, Majestät werde An-
ordnung treffen, dafs der Friede wieder gebracht werde, und
verfügen, dafs das Tillysche Volk abgeführt, der den Städtlein
auferlegte Revers kassiert, die aufgehaltenen Kaufmannswaren
herausgegeben und wir weiter nicht beschwert werden. Wir
sprechen zum Schhisse die Bitte ans, Majestät möge ;;vngleichen
berichten!; keinen (ilaul)en scheiiKt u und nicht gestatten, ^dal's
wir mit der vfl" vngleiches berichten angedrohete schwere poen
vbereylct vnd dem heyi. reich zu defselben mercklichem prae-
juditz entzogen vnd allerdings vntüchtig gemacht werden. Hier-
durch wird verhofifentlich femers anreytzen der königlichen
würden in Schweden, so nunmehr in medituUio imperli mit
grofser heeresmacht sich befindet, gegen vnfs verhütet vnd viel
anders grösers vnglück abgewendett.
Dies die Rechtfertigung des Rates; sie ist nicht neu, derselbe
Gedankengang ist uns S( hon in früheren Schreiben begegnet.
Allein wenn auch das eben angefulirie Schriftstück treradc nichts
Neues bietet, SO mag eine kurze iieleui htung desselljcn nicht
ohne Interesse sein, weil sie uns einen neuen Jüeitrag zur Kenn-
zeichnung der Nürnberger Politik liefert.
Vor dem 30. März hatte der Rat Gustav Adolf mit Kriegs-
volk, Munition und anderen Kriegsbedarf allerdings nicht aus-
geholfen, wohl aber Geld und Vorlehen ^bewilligt und schwedische
Werbungen, wie er ja zugestehen musste, im Nümbergischen
gestattet; am Tage aber, da das Schreiben fortging, hatte man
4 halbe Kartaunen, Munition u. s. w. dem König vcrheifsen.
Der Rat steht auch jetzt nicht mehr in schwerer Sorge, er
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— 197 —
könne nicht abwenden» was ihm MifsgUnstige »zugemessene haben,
er ist dazu fest entschlossen. Die im Schreiben angedeutete
Allianz mit Schweden wurde durch Tillys Zug gegen Bamberg
und die Annäherung Gustay Adolfs wahrscheinlich befördert,
denn sonst hätte der Rat wohl auch jetzt noch »temporisiertc.
Allein gezwungen war man zu derselben schon durch den
Würzburger Rczcls am 2. November, und gerade dun h Tillys
Einfall Ende des Jahres 1631 war der Absclilufs der Spezial-
allianz hinausgeschoben worden; überdies stand der Kntschlufs,
dieselbe auszuliefern, wenn der König unbedingt darauf
dringe, schon im Oktober 1631 fest. Wenn es dann heifst,
das feindliche Vorgehen Ttll]rs gegen Nürnberg führe den
König herbei, so ist ja dies in gewissem Sinne richtig. Die
Nürnberger selber aber waren es, welche diesen in der Zeit der
Gefahr herbeilockten, da sie ja nur bei ihm Hilfe suchen und
finden konnten. Doch im März 1632 war Nürnberg nicht emst-
lich gefährdet; der König zog herauf, um den entscheidenden
Schlag gegen den Kurfürsten von Bayern und dessen Feldherrn
zu führi:n. Einen Kid hatte Nürnberg bisher Gustav Adolf
allerdings nicht geleistet, es hatte auch keine schwedische Garnison
aufgenommen; aber es hatte sich gegen die allüberall im Reiche
am 12, September 1630 publicirten Mandate verfehlt und die
bestimmten kaiserlichen Ermahnungen zurTreue am 20.Oktober und
10, März nicht beachtet, und das wog denn doch schwerer als die gele-
gentlichen Mabnworte, die der Oberst Lobel im Namen seines Kai-
sers an Dr.Fetzer bei dessen Abschied richtete. Ligistische Werber hat
man jedenfalls seit November 163 1 in Nürnberg nicht mehr geduldet.
Was daim endlicli die Drühun<,^en des Schweilenk()nii;s anbe-
langt, so brauche ich hier niclit weiter mehr darauf zuriick/.ukommen.
Wahrheit also spricht aus diesem Aktenstücke nicht. Allein
diese konnte der Rat auch nicht sagen. Und so that er denn,
was er nach Lage der Dinge thun konnte; er entschuldigte sich, so
gut es eben ging, und liefs auch hier wiederum nicht aufser Acht»
dafs schliefslich doch noch der Kaiser siegen könnte.')
*) Nürnberger Kretsarckiv. Briefbacb 163s, 13. Mirt, fol. 400. RaIs-
erlafs und Gutachten der Hoch^ekhrl. n am 24, Mär/, Tum. XVI. 24 ; 2\-j.
Tom. XIV. 586, Ratserlafs und Dr. Richters Gutachten. Tom. XVi. 321 tT.
and Brief buch 1632, fol. 140 ff., Schreiben an Kaiser Ferdinand II. Erlafs
der Herren vom Autschuft am 23. Min. Speualakteii des 3ojihrigeii Krieg«,
S. I, L. 197, Nr. 23.
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— 1Q8 —
Ant«^>rt d.^ YaA SU gleicher Zeit, da man bei dem Kaiser sich su recht-
Kdtcs auf
Tüiyi fertigen suchte, wurde auch an Tilly ein Schreiben abgeschickt,
Sthrribenaus j^}, ^ntwoTt auf desseD Beschuldigungen, mit denen er von
onterm Ncukircheu aus den Rat überhäuft hatte. Der Rat antwortete
6. Mi«, ii^er nicht aus Furcht vor Tilly, der Bamberg wiederum in seine
Gewalt bekommen liatto, sondern weil er die Berichtigung Tillys,
es sei Horn alle Hilfe von Nürnberg aus geleistet worden, nicht
auf sich sitzen lassen wollte; und zwar liefs er das Schreiben
^egen den Rat der Hochgelehrten und Kriegsräte, welche der
Meinung waren, ein solches wUrde gar nichts nützen, könnte
aber sehr wohl schaden, ausfertigen. Furcht brauchte der Rat
ja vor Tilly nicht mehr zu hegen; denn er wufste, dafs der
König mit seiner ganzen Armee gegen diesen zu Felde ziehe.
In diesem Schreiben iat die vorige Entschuldigung wiederholt
und auf die schlimmen Folgen hingewiesen, welche die beharrliche
Besetzung der Ämter, die Wegnahme der Handelswaren, sowie
andere schwere Bedrängnisse und harte Bedrohungen nach sich
ziehen könnten. Der König, so heifst es, würde dadurch ver-
ursacht, >mit dero starcken armee hiesiger statt, so wir biefshero,
dem röm. reich zum besten, vor fernerm vngemach vnd anderer
vngelegenheit durch Gottes gnad erhalten, ie lenger ie mehr sich
zu nähern, vff welchen fall dann wir bey ohallerhöchstgedachter
kay. Mt. vnd der gantzen erbaren weit entschuldiget sein, da
wir etwan zu andern bifshero, Gott lob, verbliebenen vnbeliebigen
dingen Sölten genötiget sein, vnd die Verantwortung den ver>
vrsachem, so erroeltekön. schwedische armee durch vbermachte
drangsalcn vnd andere anreitzungen dieser orten gelocket, vber-
geben haben wollen, defswegen nerhst vorbehält aller zugelafsenen
notturfft hiemit in bester form be/.eugend*. Daran schlofs sich
die Bitte, Tiüy möge die weggenommenen Nürnberger Kaulmanns-
waren herausgeben, das Kriegsvolk aus den Städtlein abziehen
lassen »vnd also ferners vnheil, so dieser orten dem röm. reich
vnd sonderlich andren benachbarten Stenden zu nachthail ent«
stehen möchte, wol mainend verhüten c.
Das Wesentliche in diesem Schreiben war die Drohung
mit Gustav Adolf, welche aber nur das Sündenregister Nürnbergs
beim Kaiser vergröfserte und den Kurfürsten Maximilian I. noch
mehr gegen die Stadt reizte. Denn kaum hatte Tüly diesem
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— 199 —
das Schreiben des Rates zugesendet, so Uefs er davon eine Ab-
schrift nehmen und schickte sie dem Kaiser mit folgenden Be-
gleitwoTten: Majestät haben ^us der Kopie des von Nürnberg
an TÜly abgegangenen Schreibens zu ersehen: »dafs besagte
von Niemberg Selbsten den feindt der orthen hergelockht vnd
solcher durch ihr anstiSten sich daherauf begeben habe, daraufs
abzunemmen, wie sie gegen euer Mt. vnnd dero getrewe assis-
tirende chur- Fürsten vnd ständ gesindt seind«.**^)
Wenn aber der Rat femer die Bitte aussprach, Tilly möge Fdnriiichc
die kaiserlichen Garnisonen aus den Städtlein abziehen lassen, "°
SO wufste er, dafs jetzt beim Anzüge Gustav Adolfs einer solchen Gebiet.
Bitte es nicht mehr bedürfte und nur ein Mächtigerer den
kaiserlichen und ligistischen Feldherrn hiezu bewegen könnte.
Denn alle bisherigen Vorstellungen bei Tilly und dem Kurfürst
Max 1. waren vergeblich gewesen. Max I. gab zur Antwort,
Tilly werde wulil Ursache gehabt haben, in die Städtlein kaiser-
liche (larnisonen zu le^^en, damit nielit der Feind sich dieser
Orte bemächtigte und ihm so der Rückweg abgesclinitten werde,
«wollen auch nit zweiflen, ihr werdet solches bei angcdeüter
beschaifenheit (Ur ein notturfft befönnden vnnd zu bezaigung
euerer gegen ire kayl: mayl: tragender devotion dessen nit be-
denncken tragen, wer gleichwol besser gewest, das es dergleichen
nit bedörfit hetec. Tilly aber höhnte, dafs die Besetzung der
Städtlein zu Nürnbergs Heile geschehe, was zu vernehmen, dem
Rate allerdings »frembd vnd bekümnierlich« vorkam, ftihrte
bittere Beschwerde, dafs ein Quartiermeister auf dem Rückwege
von Lauf erschossen worden sei, und drohte mit scharfen Gegen-
mafsregeln.
Inzwischen brandschatzte der Rittmeister Lorenz von Heim-
statt die Umgegend von Lauf, indem ihm die Bewohner von
Leinburg, Rötenbach und anderen Orten den Proviant zum
Unterhalt der in Lauf einquartierten Soldaten lietern mufsten,
Nürnberj^er Kreisarchiv. Tom. XIV. fol. 57S u. 580, Ratserl afs
am 16. Mär« und Gutachten Dr. Richters. Tom XiV. 585, Ratserlafs am
9. MSrt. ErHifs der Herren vom Aussehuf« am 9$. Mlri. Brief buch 1633,
fol 144 fr. iTom XIV. 5S9 fT.\ Schreiben des R;ites an Tilly. — Geheimes
Staatsarchiv in München« Kaiserliche Korrespondenz, schwarzer Kasten
426/1.
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— 200 —
und seine Reiter und Musketiere beunruhigten einen grofsen
Teil des Nürnberger Landgebietes.^^)
De« Ksniss Doch iittD kstm Gustav Adolf immer näher. Am 30. Män
Anknnft hd seiuen Weg nach Fürth, und als er in Farrnbach an-
30. Mänt. gelangt war, luden ihn Generalmajor Balthasar Jakob von
Schkimmersdorf, C)berst Johann von Leublfing und iiaiis Jakob
Tetzel ein, Nürnberg zu besuchen. Der König sagte deo Eintrug
in Nürnberg zu und stellte aulserdem das Verlangen, der Rat
möge 200000 Pfd. Brot für die Truppen nach Schwabach ver-
schaffen, 1500 — 2000 Mann in Bereitschaft halten, den Ofiisieren
zur Bezahlung des Mustermonats 3000 Thaler vorschiefsen und
noch dazu über 500 kommandierte Soldaten abfolgen, welche
Forderungen denn auch alsbald bewilligt wurden, denn ein Feil«
sehen und Markten war jetzt nicht angebracht. Die Nacht vom
30. auf den 31. März blieb der König bei seiner Armee auf
freiem Felde.
Gmuv Mittwoch, den 31. März, hielt der König seinen Kinzug
«ugia Nürnberg, Am frühen Morgen wurden die 9 Fahnen, jede
NürniH TK am 300 Mann stark, aufgeführt. Dann begab sich eine Ratsdeputation
ji. Man. ansehnlicher Begleitung zur Stadt hinaus, um Gustav Adolf
zu empfangen, den sie zwischen 8 und 9 Uhr antraf. Der Zug
ging herein zum Spittlerthor durch die Stadt hindurch hinauf auf
den Egydienberg, wo im Imhofischen Hause zur glänzenden
Bewirtung des Königs alle Anstalten getroffen waren. An der
Spitze desselben gewahrte man die Deputierten des Rates und
nach diesen viele drafen, Freiherrn, Ritter u. s. w., an die sich
200 Reiter schlössen. Hernach folgten 6 Trompeter des Königs
und ein Heerpauker, der sich durch die ganze Stadt hindurch
hören liefs. Nach diesen wurden des Königs 12 Leibrosse ge-
führt, auf welche der königliche Hofmeister Bernolph von Crails-
heim kam. Nach Crailsheim sah man Gustav Adolf selber,
majestätisch in Gestalt und Haltung, begleitet von dem länder-
losen König von Böhmen, dem Herzog Ernst von Weimar,
Herzog August von Sulzbach und vielen Rittern, Edlen und
"} Nürnberger Kreisardiiv. Briefboch 1632, 16. und a$. Min, fol.
i34> 143 und 148. Tom. XIV. 599— S94i Schreiben «nTUIy. Spesialakteo
des jojShrii^Tcn Krieges, S. I, L. 223. Nr. 11.
'"^ Nürnberger Kreisarchiv. ErUfs der Herren Eltern am 31. März.
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— 201
Herren samt einer ansehnlichen Kavallerie und einer Schar von
Bedienten. Das Ganze beschlossen 2 Kompagnien schwedischer
Dragoner mit einem Trompeter.
Wohl zierten den Zug nicht eine Menge Trabanten, nicht
die vielen Sänften, Maulesel, Kammerwägen mit fürstlichen, gräf-
lichen und adeligen Frauenzininieni, nicht eine ansehnliche Leib-
garde. Nürnbert!;, in dessen Mauern die Kaiser so oft geweilt,
hatte manch glänzenderen Kinziig gesehen. Und doch hatte
derselbe eine so grofse Menge Volkes aus nah und fern herbei-
gefllhrt, wie kaum ein an(^■rer, und wohl nie war die Begeiste-
rung, der Jubel der Bevölkerung gröfser gewesen als bei diesem.
In allen Gassen, durch welche sich der Zug bewegte, standen
Bürger und Soldaten in voller Rüstung; Fenster, Läden und
Buden, ja auch die Brunnen waren dicht mit Schaulustigen be-
setzt, und gar manchem füllten sich, ak er die Heldengestalt
des Königs gewahrte, die Augen mit Freudenthränen.
Im Imhuüschen Hause angelangt, wo sich der gröfsere
Teil des Rates eingestellt liatte, um bei der Tafel persönlich
aufzuwarten, wurde der König durch Christoph Fürer und Georg
Christoph Volkamer empfangen und beglückwünscht, und es
wurden ihm die Geschenke Übermacht, die in Wein, Fischen,
Hafer, 4 halben Kartaunen mit der dazu gehörigen Munition,
einem Himmels- und Erdglobus, die, 'zugleich Trinkgeschirr, in»
wendig vergoldet und auswendig schwarz eingelassen waren, und
einem Rotschimmel bestanden. Der König zeigte sich ob dieser
reichen Geschenke hocherfreut und dankte in einer längeren
Rede, in der er den Rat ermahnte, fest hei der evangelisc hen
Sache aus/uluirren gegenüber dem listigen und mächtigen l' cinde,
dessen Sinnen und Trachten darauf gerichtet sei, die Evangelischen
auszurotten und sich der * Vorfahren würdig zu erweisen, die in
der ganzen Welt berühmt gewesen, und in welcher er sich auf
den augenscheinlichen Schutz Gottes berief, der ihn zu diesem
Werke ausersehen habe, ihn, der Land und Leute verlassen, utp die
evangelische Lehre zu retten und die deutsche »Libertät« zu erhalten.
Vervielßlltigt ist diese Rede des Königs, wie auch die
Beschreibung des Einzugs damals durch den Druck. Auch der
Geschichtsschreiber Chemnitz und (. hronikenschreibcr führen
dieselbe ausfuhrlich an, manchmal mit Zusätzen, die von ihrer
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~ 202 —
reichen Phantasie seugen. So läfst Volk&mer den König also
sprechen: Ich suche nicht einen Fufs breit im Reiche zu ge-
winnen oder 2tt behalten, sondern wenn alles durch Gottes
Gnade wird versichert sein, insonderheit dafs das Evangelium
ohne Anstofs bleibe, so werden ich und die Meinigen sich wieder
nach Hause begeben.
Doch so selbstlos, wie Volkamer ihn sich denkt, war Gustav
Adolf keineswegs, und wenn er auch immer nur die reh'gii)se
Seite seines Feldzuges betonte, eine solche Lüge sprach er sicher-
lich nicht aus.
Während der Tafel zeigte sich der König gans freundlich,
auch sprach er mit lauter Sümme, dafs man ihn im ganzen Saal
vernahm. Und wie in einer Chronik erzählt wird, hätten die
Offiziere beteuert, den König niemals so lustig gesehen zu haben
und dafs ihm alles so wohl geschmeckt habe. Doch blieb er,
da er noch an demselben Tage nach Schwabach gelangen wollte,
nur kurze Zeit in Nürnberg. Schon zwischen 2 und 3 Uhr
brach er wieder auf, nahm seinen Weg /um Hallerthüriein
hinaus, besichtigte rings um die Stadt bis zum Spittlerthor alle
teils neu aufgebatitcn, teils angefangenen Aufsenwerke und reiste
dann nach Schwabach weiter, wohin er schon am frühen Morgen
die Armee vorausgeschickt hatte, zu der am 5. April auch die
bereits erwähnten 2000 Mann aus Nürnberg stiefsen.^')
Der Revcn Bei der Anwesenheit Gustav Adolfs in Nürnberg kam auch
*^ eine Angelegenheit, welche dem Rate schon seit langem viel
G«isciirevet». j^^pf^gj^^jj-g^j^g,, vcTursacht hatte, zu einem gewissen Abschlufs, näm-
lich die Spezialuilianz. Auf die P'.rklarung des schwedischen Rates
Sattler, der König wolle keine >grose wcntlautTtigkeit«, sondern
allein durch einen Revers der Herren »trcw vnd bestendigkeit«
sich versichern, brachte nämlich Dr. Richter einen Revers zu
Papier, der auch die Zustimmung Sattlers fand. Tetzel und Krefs
Nürnberger Kreisarchiv. Wills Museum Noricum Nr. I. «Kiine
Beschreibung Königlicher Majestät Ein- and Abntg in Nürnberg, so geschehen
den 21. März 1632 (a. Kai.) zwischen 9 und 10 Uhr Vor- und 2 u. 3 Uhr
I^achmitlag der kleineren Uhr*. Chronik. Beschreibung der Stadt Nürnberg»
Geschichten, die sich in dem XVII. Seculo ereignet t6oi —1670 ; die Volckftme«
rische Chronik (Schwarz-Amberger Noricasammlung 77 2" u. 523 — Hiezu
Soden, C]u-sl;iv Ado!f und sein Heer in Süd letttschland, I.Teil, pag. 219- 223.
— WiUs Museum Noricum Nr. 1$. Chemnuz, der schwedisclie in Deutsch-
Und gefahrte Krieg, pag. 305 — 307. — Nttriiberger KreisarchiT. Erlais der
Herren Eitern «in 4. April.
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— 203 —
aber erhielten den Auftrag, dem König nachzureiten, ihm die
»Konföderationsnotulc su übergeben und sich um deren Geneh-
migung möglichst su bemdhen. Was dann die 72 Monate an-
beträfe, so sollten sie sich zu den hiebevor bewilligten 73 Mo-
naten nochmals erbieten und solche Bewilligung auf das ganze
Jahr richten, jc(lü< h dabei ausdrücklich bedingen, dafs Nürnberg
über dieselbe nicht beschwert werden dürfte.
Damit fand denn auch der von Dr. Richter aufgesetzte
Entwurf eines Bündnisses seine Erledigung. Ich halte es daher
auch nicht für geboten, auf das Richterische Konzept näher ein-
zugehen, und beschränke mich darauf, aus demselben nur die
sogenannte > clausula salutaris< hier zu erwähnen, weil diese zu
längeren Erörterungen Änlafs gab und bezeichnend für die Nürn-
berger Politik ist.
Die eine Hälfte der Hochgelehrten nämlich, Tüschelein,
Hulfs, (JUiafcii und Hcrpfer, wollten ausdrücklich aufgenommen
haben, man sei gezwungen worden, sich mit Gustav Adolf zu
verbünden, weil derselbe sich sonst hätte der Statlt bemächtigen
können; die andere Hälfte, Richter, Fetzer, Hartefsheim und
Praun, war dagegen. Die eiAen begründeten ihr Verlangen
damit, dafs man ja den Zwang am kaiserlichen Hofe ttoties
quoties contestirt vnd fllrgeschutzet hättet; die anderen aber
machten geltend, dafs der Krieg zur Erhaltung der evangelischen
Religion und der deutschen Libertät geführt würde und es somit
tein seltzaro ansehen c hätte, «dafs man bekennen will, man
were zur beytrcttung mit gewallt gezwungen worden x. Und in
der That haben beide Ansichten auch ihre Berechtigung. Allein
was mufste Gustav Adolf zu einer solclien Klausel sagen? Der
Rat entschied sich daher, von der richtigen Erwägung ausgehend,
dafs dieselbe beim Kaiser nur sehr wenig zur Entschuldigung dienen,
der König aber höchlich beleidigt würde, für deren Weglassung.
Durch den einfachen Revers aber war noch manch andere
Klausel, die der Rat im Hinblicke auf die künftige allenfallsige
Verantwortung beim Kaiser als wichtig erachtete, hinfällig ge-
worden. Leider konnte ich die so wichtige Originalurkunde
trotz aller Bemühungen nicht auffinden: auch eine diesbezügliclie
Anfrage bei verschiedenen Archivbchr^nicn, wie in .Stockhohn,
Wien, München und Bamberg, blieb ohne Erfolg. Aus Stock-
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hülm wurde mir zur Antwort, die Urkunde der Spezialallianz sei
wahrscheinlich bei dem grofsen Brande, der im Jahre 1697 das
königliche Schlofs verzehrte, vernichtet worden.
Scheint so das Original nicht mehr vorhanden zu sein, so
besitzen wir wenigstens eine Abschrift der »VersicberungsnotuU
und des > Reverses c, wie diese zu Anfang lauteten; über die
kleinen Abänderungen freilich, die später noch erfolgten, fehlt
uns ein genauer Aufschiuls. Unter dem Beratungsstoff des
fränkischen Kreistages nämlich finden sich die »Versicherung vnd
reversnotul« , von denen es heifst, dafs sie »omifsis nominibus denn
Nürnbergischen gleichlautend i , w ofür uns auch noch folgendes
bürgt: In der fünften Sit7A!ns^^ des fränkischen Kreistages nämlich
richtete Hofrat Dr. Martin Chemnitz an diejenigen, welche mit
dem König »vermittelst gewifser revers vnd gegen Obligation,
noch nicht verglichen t die Aufforderung, dies nunmehr nachzuholen,
ivflf mafs vnd weifs, wie bereit von der Statt Nürnberg geschehen,
so den Anfang gemacht«. Auch der Geschichtsschreiber Bogislav
Chemnitz bringt pag. 307 und 308 den Revers der Stadt Nürn-
berg bis dorthin, wo von den speziellen Verpflichtungen die
Rede ist, genau so, wie er den Delegierten zum fränkischen
Kreistage vorgelegt wurde.
Ich gebe hier Versicherungsnotui und Revers ihrem ganzen
Wortlaute nach wieder.
Des Königs Versicherungsnotui.
Wir Gustaff Adolph vonn Gottes gnaden, der Schweden,
Gotthen vnndt Wenden könig. p
Alfs wir bey vnnfsere dem gemainen euangelischen Weesen
zue guet vbemommene expedition mit vniser arm&e p ange-
langet vnnd wefsen wier vnnfs zue N. zuuersehen, versichert
sein wollen, N. N. daselbsten vnnfs vntterthenigst zuegesagtt
vndtt versprochen, dafs sie l>ev vnfs getreulich stehen vnnd
hallten, vnnfs vnndt \ iisere rron nun vnd khunfftig zu ausführung
des vbernoramenen kricgfs nicht alleine nach eüssersten vermögen
vnndt in specie mit einer gewiefsen monatlichen Gelldthülffe
beyspringen vnndt assistenz leisten, sondern auch vnnfs vnndt
vnnser arm^e, wie, wann vnndt so oflt es die nohtturflft erfordert,
vnnd wir vonn N. begehren werden, eine sichere retirada, neben
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freyem pafs vimdt repafs inn: vnndt durch ihre p jheder zeite
verstatten, hingegen solliche vnfsere vnnd gemeinen euangelischen
Weesens feinden versagen vnnd ihnen sonsten keinerley weise
vorschucb, hülff, noch vortheil thuen, vielmehr eüsserst manu-
teniren, zu dem ende bcy antringondcr noth vnssere soklatesca
einnehmben, die ihrigen aber jhot/t allso forth vnnfs srhwehren
lassen vnndt innfs gemein beym werckh erbar vnndt autrichtig
sich bezeugen vnndt dafs thuen vnnd laisten wollen, wafs vnfserer
Icriegsdirection gemeefs nutzlich vnndt vortregUch sein möchte,
alles wetttherfs besagtes vnnfs ihrer N. hierüber anfsgestellten
reversalen.
Dafe wir hingegen gedachten N. gnedigst zuegesagt vnd
versprochen, zuesagen vnnd versprechen auch hiemitt in craftt
dieses, dafs wir ihre p vntterthanen vnndt verwanthen, wie bifs*
hero allso aiuli noch ferner, nechst befreyhung aller kriegls-
prcssuren, wieder vnfsere vnnd ihre feinrle vor allen feindtlichen
drangsahlen vermittelst Gottes geneedigen beystandtes königlich
defendiren vnd schützen, darbey sie ihre p bey ihres reichs
immedietet, Jurisdiction vnndt allen andern rechten vnndt frey-
heitten inn geist: vnndt weidlichen sachen, wie dieselben her-
gebracht vnndt nahmen haben, nichts aufsgenommen, gnedigst
erhallten, in specie die einnehmung vnnfserer soldatesca, welliche
bey obhandener feindts gefahr auflT vnnser guetfindung vntter
vnfserm directorio geschehen möchte, ihnen so wenig allfs die
pflichtte ihrer Soldaten, welliche sie vnfs gelaistet, hierwiedcr
gemeint, noch ihnen vnnd ihren Statuten, an ihren priuilegien
praejudicirli' h sein lassen, sondern wie vnfser Soldaten inn gueter
disciplin vnndt inn abschiag der V)e\villigten contribution auflf
vnfsere costen vnterhallten, allso dafs directorium zue ihres stats
conservation führen, so dann mit Gottes hiilffe ihrer bifshero
vielfelltig wieder defs römischen reichfs fundamental Satzungen
zuegefttegeten schwehren gravaminum nach vermögen entledigen
vnndt ander wettth wiederumb zue gueten auifnemen ergetzen,
innsonderheit aber auch bey dtefsem zue Gottes ehre vnnd er-
halltung der teutschen libertet inn religion vnd prophan sachen,
dem gemeinen euangelischen wefsen im rttmisi hen reich /r.in
besten, wieder dersell^cn vcrfolgcrc t.lni.stiii h lürgcnomniencn
krieg keinen frieden schlicfseo wollen, es sei dann, dafs er-
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melldte p dero p vnod landschatften sambt allen vnd jeden
ihren angehörigen vnndt zaegethanen darinnen mit begriffen
vnndt oberwehndter ihrer drangsahlen vnnd gravaminam ent-
lediget vndt versichert sein. Zue vrkhundt haben wir difs mit
aignen handen p.
Revers,
Wir bekheniicii lucmit öffentlich für viiiifs, vnnfscre nach-
kliuiiimen, Stätte, landtschafft alfs der durchleuchtigst, grofs-
mechtigst fürst vnndt herr, herr OustatT Adolph, der Schweden
p vnnfser genedigster khönig vndt herr mit seiner königlichen
armte bey vnnfser p angelanget vnndt wefsen ihre königliclie
majestett bey ihrem fUr defs geroainen euangeUschen Weesens
wohlfarth vbemommenen krieg sich sue vnns vnnd vnnseren p
zueversehen hetten, aigentlichen versichert sein wollen, dafs wier
demnach zuegesaget vnndt versprochen, zuesagen vnndt ver-
sprechen htemitt in crafft diefs fttr vnfs vnndt vnnfsere nach-
khomroen bey vnnfseren waaliren wortcn, trawen vnndt glauben,
an aidts statt, dafs wier bey höclistgedachter ihrer königlichen
mayestett getreulich stehen vnndt hallten, deroselben vnndt der
Crohn Schweden nun vnndt innis khüntTtig zue aufsführunge
deis vbemommenen kriegfs nicht allein nach ettsserstem ver-
möegen beyspringen vnndt afsistens latsten, sondern auch zue
dero Versicherung so wohin fttr sie selbsten, als dero arm^e,
wann vnnd so offt efs die nohtturfll erfordert vnndt sie vonn
vnnfs begehren werden, ihre sichere retirata neben freyhen pafs
vndt repass inn: vnnd durch vnsere p jheder zeit verstatten,
hin gegen solliches ihre königliche mayestett vnndt vnnfseren
feinden versagen, auch sonsten ihnen kcinerley weifsc vorschueb,
hülffe noch vortheil thuen, viell\veni*;er aber ihnncn vnnfsere
(i eingeben, noch ihre guarnison einnehmben: sondern dieselbe
wieder sie mit eUsserster macht hallten, vnnd da die nohtturft
erforderte, dafs wegen obliegender gefabre wier ihr königlich
mayestett volckh einnehmben würden, weiches dann auff sollichen
fall nach ermefsen ihr königlichen mayestett p vnndt vntter
dero directorio vnwaigerlich geschehen solle, vnns neben dem-
selben defendiren vndt diefsfahls mit gedachtter königlichen
soldatesca getrefilich heben vnd legen, zue defsen mehrer ver-
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sicherunge auch vnnfsere aigene solHatesra, die wir ietzt vnndt
khunfitig zue vnnfser guamisonen haben, ihr konigUchen inayestett
neben vnnfs mit aidte verpflichtet sein lafsen.
Dann auch in specie ihr königlichen mayestett p monath-
Itch, so lange der krieg wehret, so viel monath einfachen römer«
zuegfs, allfs sich ihr königliche mayestett p mit dem fränckischen
craifse khunfftig vergleichen wird, nach der reichfs matricul gegen
gebührender quittung allhier inn Nurmberg an gueter gangbalirer
wehrung aus zehllen vnndt erlegen vnndt innfs gemein im werekli
erbar vnnd auffrichtig bezeugen, thuen vnndt leisten wollen, was
ihr königlichen mayestett kricgsdirection, dem gemainen euange-
lischen weesen im reich zum besten, nützlich vnndt fUrtreglich
sein würdt, dafs jhenige aber, wafs wier vber vnnfsere ordinär!
guarnison an volckh selbsten vntterhallten oder khunütig, da
der feindt vnnfserer p anfechten würde, auflf der königlichen
mayst. soldatesca verwenden oder anderer kriegsnohtturflTt vonn
geschütz, munition, proviant vnndt dergleichen ihr königlichen
mayestett darschiefsen würdten, soll jheder zeit gebührlichen
defalcirt vnndt abgezogen, auch sonstcn alles dafs vnnfs kcjnig-
li("h gehii'^tft werden, worziie sich liöidistgedachtc ihre konigliclu^
mayestett inn ihrem aufsgestellten revers sub dato im königlichen
hauptquartier N. genedigst erbotten vnd anhaifsig gemacht haben.
Zue vrkhundt p.
Beendet jedoch waren damit die Verhandlungen über die
sogenannte Speziatallianz noch nicht.^*)
Zu gleicher Zeit kam auch die »Rekompenssachec ins Schenkimg««
Reine. Am 15. April brachten Tetzel und Krefs die in Nord-
heim am 9. April ausgefertigte Schenkungsurkunde zurück.
Nürnberg gelangte hiedurch in den Besitz des Deutschen Hauses
samt all dem, was auf dem i.ande hiezu gehörte, erhielt alle in
im grofsen Gebiete der freien Reichsstadt befindlichen Güter
des Feindes zugesprochen, wurde Herr aller Bambergischen und
Dompröpstischen Unterthanen zwischen den 3 Wassern Rednitz,
Schwarzach und Schwabach, die nun ihren Zehent nach Nürnberg
**; Nürnberger Kreisarchiv. Katserlafs am i. April. Tom. XVI.
300, Ratserlafs am 30. Hin. Tom. XVI. 207 ff. Bedenken der Hoch-
gelehrten Tom. XVI 211 ff., Dr. Richters aufgesetzte Konföderationsnotul.
Tnm. XVI. 391 tT , 394 ff., 400 ff, 404 ff., Uer Revers unter dem Beratungs-
slotT des fränkischen Kreistages.
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— 208 —
liefern mufsten, und bekam Aussicht auf alle Gerechtsame, welche
bisher den beiden Brandenburg zustanden; denn Gustav Adolf
versprach ausdrflcklich, allen Emflufs bei den brandenburgischen
Häusern geltend zu machen, dafs diese auf die beanspruchten
Rechte zu Gunsten Nürnbergs verzichteten. Es hatte somit er-
reicht, was es schon seit längerem anstrebte.
(lerade die 2 Forderungen, auf welche man städtischerseits
in Heilbronn das gröfstc Gewicht gelegt hatte, das Konfiskations-
recht und damit verbunden die Erwerbung der in der Stadt
gelegenen und dem Feinrlc geht)rigen Güter waren ihm bewilligt
worden. Der Herd der Verschwörung, als welcher das Deutsche
Haus galt» war aufgehoben; denn mit der Besitzergreifung des
Rates konnten auch der Hauskommentur und die zwei Kapuziner
nicht länger mehr in Nürnberg bleiben. Sie verliefsen daher
auch in der Nacht vom 3. auf den 4. April, begleitet von einem
Trompeter und einigen Musketieren, die Stadt. Denn noch
bevor die Schenkungsurkunde ausgefertigt wurde, am 3. April,
verfügte sich der Hofrat Dr. Martin Chemnitz mit Notar und
Zeugen ins Deutsche Haus, nahm das bisher dem Deutsciien
Orden anvertraute und zum Nachteil des Rates geführte Siegel,
alle Dokumente, Privilegien und Saalbücher in Beschlag, liefs
ein genaues Verzeichnis aller Mobilien, sowie der nach Ellingen
geflüchteten Rechnungen und Amtsbücher aufnehmen und liefs
Thüren, Truhen und Schränke verschliefsen. Alsdann erschien
er mit einem grofsen Bund Schlüssel im Rate, setzte diesen in
den Besitz des Deutschen Hauses ein und erklärte die darin be-
findlichen Gelder und Wertsachen im veransrlilagtcn \\ erte von
9833 fl. 1') kr. als dem König verfallen, wovon in Abrechnung
kommt, was l'r. Chemnit;^ und sein Hiener mitnahmen.
Allein so recht froh sollte der Rat der neuen Schenkungen
nicht werden. Denn es war an dieselbe die leidige Bedingung
geknüpft, Nürnberg habe hiefür 100000 Thaler resp. 150000 fl,
zu bezahlen, und dann war der neue Besitz ein durchaus un-
sicherer; nur bei einem vollständigen Siege Gustav Adolfs konnte -
man hoffen, in demselben zu bleiben. Auch das Mifstrauen und
die Abneigung zwischen Nürnberg und den beiden branden-
burgischen Häusern wuchs noch mehr^ statt sich zu mindern-,
denn Ansbach und Bayreuth wollten, wie wir in der Folge
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erfahren werden, nicht ein Jota von ihren Rechten aufgeben.
Bezeichnend für die Gesinnungen, die man gegen einander hegte,
ist folgender Vorgang: Am 17. März schrieb Dr. Heher, der
frQher in Narabergs Diensten gewesen, mit dem Beginn des
Jahres 1632 aber Beamter des Königs geworden war, Gustar
Adolf habe auf Betreiben des Markgrafen Christian der Regierang
in Wttrzburg befohlen, dafs sie dem brandenburg Ischen Rate
Agricola die im letzten markgräflichen Kriege zu Plassenburg
gelegenen und ins Würzburger Archiv gebrachten Dokumente
und Akten hesii htigen und, was Brandenburg gehörig, nach der
Flassenhurg schaffen lasse. Nun sei seine Meinung, der Mark-
graf wolle nur die zwischen Nürnberg und den verbündeten
Stiftern bestandenen »arcana vnd andere secreta« erforschen.
Dies könnte aber die bisherigen Differenzen nur erneuern und
dauernd machen, wie er sich durch einen oberflächlichen Ein-
blick in die Akten Oberzeugt habe. Daraufhin erging an Dr.
Heher sofort das Ersuchen, er möge sich angelegen sein lassen,
»wann je diefse inspectio documentorum nicht gahr verhindert
werden khöndte, dafs doch die acta der damahlfs gewefsener
dreyer bundtständtc ad interim beyseithfs gethan werden vnnd
deren perlustratio ihme Agrirolae nicht gedeyen mogtec. In
der I hat wufste auch Dr. Heher zu verhindern, dafs Agricola
Einsicht in den Akten bekam.
Natürlich mufste sich auch das Verhältnis zu den katbo>
lischen Staaten und im besonderen zu Bamberg, mit dem man
bereits im März wieder auf denselben Standpunkt geraten war,
den man im November und Dezember 1631 eingenommen hatte,
noch mehr verschlechtem. Denn alle dem Feinde, also auch
Bamberg, zugehörigen Güter im ganzen Gebiete der freien Reichs-
stadt Nürnberg waren nunmehr dem Rate verfallen, und die
bislier bambergischen Unterthanen /.wischen den 3 Wassern
mufsten diesem huldigen. Und der Rat säumte auch ni( lit, seine
neuen Rechte geltend zu machen. Der Dumpröpstische Kastner
Joliann Prager durfte kein Getreide verkaufen, auch vom Gelde,
das er gelöst und in Händen hatte, ohne Erlaubnis des Rates
nichts weggeben. Man legte den bambergischen, eichstädtischen,
ebrachischen und anderen Verwaltern tvermittelfs anglobens an
aydtstatt« auf, weder Getreide noch etwas anderen abzufolgen,
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liefs ein genaues Verzeichnis (Irr fciiuilirlu-n Clüter herstellen und
den Depositären den Schwur abnehmen, dafs sie alles, was dem
Feinde zugehörig, in strenger Verwahrung halten würden. Der
Hauptmann Michel Imhoff aber, welcher hatte verlauten lassen,
ein kaiserlicher Oflizier hfttte in der Stadt 20000 Thaler liegen,
erhielt die Aufforderang, bei seinem Eide »in hechster geheim
vnd vertrauen c nähere Auskunft zu geben, t damit man sich
derselben bei diefser geltklemb gebrauchen möge«. Wie hoch sich
übrigens der Wert der feindlichen Güter belief, die man zum
Teil sich sofort anzueignen, zum Teil aufzubewahren tredachte,
iSfst sieh nicht bestimmen. Der Wert der geflurhteteu Güter
wenigstens sc.heint nicht zu hoch gewesen sein. Denn in
einem Ratserlafs, aus dem allerdings der Ärger über die be-
gehrte Summe von 150000 fl. sprechen mag, heifst es, man
solle schlüssig werden, ob man dem König, welcher »solche
geflehnete gütter vber die mafsen hoch aestimirn, gegen er-
lafsnng oder moderation obbertthrter starcker gelltsummen ledig-
lich cedirn vnd vbergeben wolle«.
Dazu kam noch, dafs an Nürnberg immer gröfserc An-
forderungen gestellt wurden. Dies sollte der Rat gerade jetzt
wieder auf dem fränkischen Kreistage erfahren. ^'^j
V. Kapitel.
Vom fränkischen KreivStage bis zur Ankunft Gustav
Adolfs im Juni 1632.
m
Der fränkische Kreistag fand statt, damit endlich auch der
ganze Kreis »mit ihrer königlichen würden richtig werde«, die
Mittel, welche zu Würzburg dem König von einem Teil der
fränkischen Kreisstände bewilligt worden waren, nunmehr auch
Nürnberger Kreisarchiv. R.userlime am 27. und 3a Min, 4., 6.,
15. und 22. April und am 8. Mai. Erlässe der Herren Eltern am 31. März
und I. April. Erlafs der Herren vom Auuichufs am 10. April. Tom. XVX.
37s und 373. Kopie des köniflichen Donattonsbriefes. Spezialakten des
30jährigen Krieges, S I, L. 220, Nr. 15, Bedenken d.-r Hochgelehrten. S. I,
L. 220, Nr. 15, l>elr Anfrage an Michel ImholT. — Soden, (iusl.iv Adolf un l
sein Heer in Siidiieuiscliland, I. Teil, pag. 230 -233. — Murr, Beiiriige zur
Geschichte des 30j£hriKeii Krieges.
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— 211 —
von den übrigen nachträglich genehmigt, sowie die Lasten fest-
gesetzt würden, die jeder Kreisstand künftighin tragen miifste.
Die £röffnung desselben ging am Freitag, den 33» April, vor
sich. Er war beschickt von Coburg, Henneberg, Erbach, Wert-
heim, Schweinfurt, Bayreuth und Nürnberg. Die Stände hatten
teils ihre eigenen Vertreter gesandt, teils liefsen sie sich durch
andere vertreten. NOmberg ordnete zu demselben Christoph
Volkamer, Hans Christoph Tucher und Dr. Georg Richter ab;
als Abgesandte des Königs fanden sich Dr. Martin Chemnitz und
Wolf Dietrich Truchsefs von Wetzhausen auf Sternberg ein. Graf
Kraft von Hohenlohe, welcher ursprünglich bestimmt war, Gustav
Adolf zu vertreten, erschien nicht, es lief viel mehr im Laufe der
Verhandlungen ein Krediüvschreiben auf Dr. Martin Chemnitz ein.
Die erste Sitzung machte die fränkischen Kveisdelegierten
mit dem bekannt, was der König von ihnen erwartete. Die
Anforderungen aber, welche an dieselben gestellt wurden, waren
keine geringen. Es sollten 1. diejenigen Stände, welche sich
noch nicht verglichen hatten, dies in Bälde nachholen. 2. Es
sollte Abreclmung ;,^ehalten werden über die früher bewilligten
und teilweise be/.ahlton 7 2 Mon;ite, wobei jedut ii bis zum Ent-
scheid des Königs ausgcsct/,t blieb, o!> hiebei, was an Geld, Brot,
Wein, Bier, Fleisch, Hafer, Munition u. s. w. vorgeschossen worden
war, von der bewilligten Kontribution abgezogen werden sollte.
3. Die Stände sollten sich entscheiden, ob und wie kupferne Münzen
einzuführen seien, 4. wie man die in feindlicher Gewalt befind-
lichen Orte des Kreises befreien kdnne und 5. wieviel jeder
Stand Soldaten hiezn stellen wolle. Sie sollten 6. angeben, was
an Munition, Proviant und anderen Kriegsbedttrfnissen bei ihnen
vorhanden und brauchbar sei, 7. die Beschwerden über die Sol-
datesk.i. anbringen, damit denselben abgeholfen werden könne,
8. sich um Salvaguardien melden und Q. sirh darüber erklären,
wie es mit dem Ankauf der abgenommenen Pferde, des Rind-
viehes und anderer Waren zu halten sei. Sie sollten ferners
eine neue Kontribution von 1 2 einfachen Kömerzügen im Monat
entrichten, also doppelt soviel, als in Wttrzburg festgesetzt worden
war, und dem Obersten Wolf Dietrich Truchsefs die Mittel zur
Eroberung Kronachs, Forchheims und der Stadt Bamberg liefern,
die ganz bedeutend waren. Weitaus die gröfsten Opfer aber
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verlangte noch tlie Kr<)l>«Tiing der starken Festung Dorchheim,
und diese sollte Nürnberg allein bringen.
Nun war der Rat bereits unterrichtet, dafs ihm neue Lasten
aufgebürdet werden sollten. Denn der König hatte am 4. April
aus Monheim an denselben geschrieben» er habe Wolf Dietrich
Tmchsefs beauftragt, dafs er ein corpus susammenbringen und Forch-
heim angreifen solle, und mit dieser Mitteilung zugleich die Hoff-
nung ausgesprochen, Nflmberg werde Tmchsefs aufsein Erfordern
ein paar tausend geworbene Soldaten zuschicken und sonst mit dem,
was zur Belagerung nötig, aushelfen, da es de t Soldaten in der Stadt
nicht bedürfe, sondern vns damit ohne einzige eure gefalir
afsistirn könnet, an matehalien vnd kriegsberaitschatt't aber zum
vberflufs versehen«. Eine Überraschung also konnte diese so-
genannte Truchsessische Forderung nur bezüglich ihrer Höhe
bringen. Und in der That war, was Nürnberg leisten sollte,
sehr viel und stand in keinem Verhältnis au dem, was von den
übrigen Ständen begehrt wurde. Tmchsefs verlangte nämlich
6 halbe Kartaunen, womnter allerdings auch jene 4 waren,
welche die Stadt dem König zum Geschenk gemacht hatte, und
2 Mortiers; aafserdcm 160 Ctr. Pulver, 30ü Ctr. Lunten, 200
Musketcnkugeln, 300 Pferde zur Artillerie und das nötige Schanz-
zeug. Nürnberg sollte dies selbst nach Forciiheini schatTen, den
Zeiigmeister, sowie Personen zum Minieren, Petardieren und
Feuerwerken stellen, als Proviant für das Kriegsvolk die in der
Stadt liegenden Vorräte an Getreide, welche der Dompropstei
Bamberg, dem Kloster Ebrach und dem deutschen Orden ge-
hörten, verwenden, auch alle GeldgeßtUe derselben imd Überdies
noch die im deutschen Haus vorhandene Barschaft, welche
übrigens bereits Chemnitz mitgenommen hatte, hiezu beigeben.
Wie sehr daher auch die KrohiTung Furchheiins gerade in
Nürnbergs Interesse lag, an eine Pcwilligung der '1 ruchsessischen
Fordeningen war nicht zu denken. Wolf Dietrich Truchsefs wurde
von den Nürnberger I^elegierten zur Antwort man könne zwar
eine bestimmte Erklärung nicht abgeben, da Hohenlohe noch
nicht angekommen und sie ungenügend instmiert seien, doch könne
Nürnberg unmöglich leisten, was von ihm gefordert werde. Daraufhin
liefs Truchsefs die Sache fallen und beschränkte sich darauf, den
Beistand der Stände zur Eroberung der anderen Plätze zu erwirken.
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Nicht viel besser als Wolf Dietrich Trucbsefs erging es
Dr. Martin Chemnitz*, auch er erreichte für seinen König sehr
wenig. Von seinen 5 Forderungen, in welche er Se ursprüng-
lichen 9 zAisammengczogen hatte, wurde nur die erste Forde-
rung, dafs diejenigen, welche sich mit Majestät vermittelst Re-
verses und Obligation noch nicht verglichen hätten, dies »vff
mafs vnd weifs, wie bereit von der statt Nürnberg geschehene,
thun sollten, zu seiner Zufriedenheit erledigt. Die Stände gaben
nämlich die Erklärung ab, sie wtttden die »Notul« ihren Herren
einhändigen, worauf diese sich also vernehmen lassen wUrden,
dafs der König befriedigt sein könnte.
Bezüglich der ttbrigen 4 Forderungen aber zeigten sich
die Kreisstände sehr zurückhaltend; dieselben blieben mehr oder
minder in der Schwebe. So versprach man nur, dem König,
welcher wollte, dals sämtliche Stande Frankens die von der
freien Reichsstadt Nürnberg und der Markgrafschaft Bayreuth-
Kulmbach am 2. November in Würzburg bewilligten 7 2 Monate
in Bälde entrichteten, Bericht zu erstatten darüber, was der eine
oder andere Stand bereits bezahlt hätte.
Betreffs der Einführung kupferner Münzen verwies man
Dr. Chemnitz auf das Unheil, welches das Kupfermünzwesen
1622 verursacht hatte, betonte, dafs ohne Zuthun anderer Kreise
schwerlich etwas zu machen sei, und erbot sich schliefsUch, fleifsig
nachzusinnen und dann zu berichten, was man thun wolle.
Gegen die Bewilligung vun 12 einfachen Römerzügen im
Munat, auf welcher Cliemnitz fest bcharrte, wehrte man sich mit
aller Macht, da ja die meisten Unterthauen *inn grundt ruiniret«>
den übrigen aber zu schwer talien würde, die Kontribution allein
zu tragen, wozu dann noch die fortwährenden Überfälle aus dem
Bambergischen kämen und dafs tauch bifshero vonn ihrer könig»
liehen mayestett in Schweden soldatesca selbst bey denen evan-
gelischen solliche insolentien vnnd exorbitantien vorgangen vnnd
noch verübt werden, dafs herrschaft vnndt vnttherthanen endt-
lichen, wo solliches nicht abgeschaffet, inn eufse^ste armuth ge»
stürtzet würden«. Doch licfs man sich endlich zu 8 — 0 Monaten
unter der Bedingung licrbci, dafs die Beschwerden der Stande
Abhilfe fänden und, was man zum Unterhalte der Soldateska
und in andere Wege darschiefse, von der Kontribution abgezogen
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— 214 —
würde, und sprach zugleich die Hoffnung aus, dafs auch die
katholischen Orte im Kreise, deren sich der König bemächtigt,
zur Beisteuer herangezogen wUrden. Eine bestimmte Erklärung
sollte Gustav Adolf auch Uber diesen Pimkt innerhalb 3
Wochen erhalten.
Über die 4. Forderung endlich, man möge das Landvolk
in eine gewisse Verfassung stellen und die Mittel an die Hand
geben, wie Forchheim in Bälde okkupiert und eingenommen
werden könnten, ging man eine bindende Verpflichtung nicht
ein, wie sehr man auch die Einnahme dieser Orte, besonders
Forchheims wünschte, von dem es hiefs: tes würde in keiner
historien geglaubt werden, dafs der einzige ortt einem gantzen
creyfs so beschwerlich zusetzen soltec. Bian versprach, nur zu
thun, iwafs immer müglichen, auch deCs craifses vnnd eines
jheden stanndes nutzen vnnd selbst algene wohlfartt erforderte,
und hielt damit den fränkischen Kreis auch fernerhin in grofser
Unsicherheit.
Einen weiteren Gegenstand der Beratung bildete die Stel-
lungnahme zur königlichen Ernennung des Grafen Kraft von
Hohenlohe zum Generalstatthalter und Oberkommandanten im
fränkischen Kreis. Schon am 7. März teilte der König aus
Frankfurt dem Markgrafen Christian Hohenlohes »bestallung vnd
authortsirungc mit, indem er schrieb: Wir haben den Grafen
Hohenlohe zum Generalstatthalter und Oberkoramandanten im
ganzen fränkischen Kreis bestellt, lihme gnädigste commission
gegeben, dafs er vnsem kriegsstatt dirigiren vnd alles, was zu
haltung guter disciplin, ordre vnd Justiz: (doch einem jedwedern
standt defs fränckischen craifses an seiner Jurisdiction vnd des-
selben geruhigem vnpracjiuiirirlich), auch abstelliing der bisher
verübten desordre vnd enormen excessen dienlich, in acht nehmen
vnd zu werck richten soll vnd mag«. Graf Hohenlohe selbst
aber richtete am 10. März an den Markgrafen das Ersuchen,
es möge ihm von jedem Kreisstand »alfs von fürsten, grafen
vnd herm vnd den reichs Städten vff der stände costen eine
wohlqualificirte pcrsohn alfs consilarii adjungiret werdent .
Nun berührte die Ernennung des Grafen die Kreisver*
fassung, wie das Kreisoberstenamt; auch entstanden dadurch dem
Kreis neue Lasten. Eine Geneigtheit, hier auf des Königs Be-
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— 215 —
Begehren einzugehen , fehlte daher gerade bei Brandenburg*
Bayreuth, dessen FUrst ja Kreisoberst war.
Man gab daher auch in dieser Sache eine zu nichts ver-
flichtende Erklärung ab, man wollte dem König in dem, was er zum
Besten des Kreises verordnen werde, nicht einreden und wüfsteihra
auch für seine Sor^^falt Dank, im 1 alle das Generalkommando im
Kreis »nur vber das in diesem crc) fs liegende konigliclie kriegsvolck
vnd dahin gemeynt wäre, damit die creyfsstände von der soldatesca
nicht beschwert, sondern gute justitia gehalten würde ^c. Sollte
aber das Generalkommando dabin verstanden werden, dafs es von
Kreises wegen zu bestellen wftre, so hätte man in der Kreis-
verfassung und den Exekutionsordnungen bereits das vqrge*
schriebene Mafs, »davonn die craf fsstände noch zue zeite nicht
gern weichen oder diefselbe anderweuth extendiren lafsen wollten c .
Damit war die Tagesordnung in der Hauptsache erledigt,
und ich besc hränke mich daher, bezüjj;lich der untergeordneten Be-
ratungsgegenstände nur anzuführen, dafs man an den König
das Ersuchen stellte, es mochte das Reichskamniergericht in
Speyer, dessen »originalia vnd hoch iroportirende documenta
vnd actac durch die schwedische Garnison in nicht geringer
Gefahr stünden, »bey seinen erlangeten Privilegien vnnd frey-
heitten gelassen vnd manutenirt werdenc.
Am 38. April wurde der Konvent geschlossen. Sein Re-
sultat entsprach durchaus nicht dem, was der König wünschte.
Man hatte lange Debatten geführt, alles reiflich erwogen und
die Absichten Gustav Adolfs, den fränkischen Kreis durch die
Eroberuni^ Hambergs, Forchheiins und Kronarhs zu befreien,
gelobt; aber mau geizte mit den Mitteln. Su blieb denn auch
fernerhin der fränkische Kreis in grofser Unsicherheit, und
Forchheim, dessen Besitz in den Sommermonaten von grofser
Wichtigkeit gewesen wäre, vom Feind besetzt. Allein wir
dürfen den Ständen nicht ungerecht werden. Der König hatte
viel gefordert, mehr, als die fränkischen Kreisstände gewähren
■
konnten. Wie sollten Weifsenburg und gar Rothenburg, das
durch die Tillysche Eroberung so sehr gelitten hatte, die von
Nürnberg und Bayreuth bewilligten 72 Monate nachzahlen und
dazu sich verptlichten, eine neue, noch viel höhere Kontribution
zu entrichten!
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Wcil'TC VCT-
bandlungcn
adt Got&v
Adolf in
Mai i6j2.
DaaCeiMions-
General-
kommando
«Ics Ciralcn
Kotienlobe.
So wäre die Hauptlast, da auch von den übrigen Standen,
mit Ausnahme von Biandenburg-Bajrreuth, nicht viel 2U erwarten
stand, Nürnberg aufgebttrdet worden; ihm sollte die Eroberung
der starken Festung Forchheim obliegen, wozu ganz andere
Mittel erforderlich waren, als zur Eroberung HainbL-rgs und
Kronachs. Diese Last aber war dem Rate zu schwer; er
erbot sich nur, zu leisten, was die anderen höheren Stande
leisten würden, ein Erbieten, das unter den gegebenen Ver-
hältnissen sehr geringen thatsächUchen Wert besafs.^)
Nun aber war mit Sicherheit anzunehmen, dafs der König
über die fränkischen Kreisstände und im besonderen über
Nürnberg höchst ungehalten sein und dafs auch Tnichsefs die
Nürnberger in ein sehr schlechtes Licht stellen würde. Daher
beschleunigte der Rat die bereits beschlossene Abordnung des
Hans Jakob Tetzel und Jobst Christoph Rids an Ciustav Adolf,
»deroselben die beschaffenheit nechst der am tag ligcnden
impossibilitet woU vor äugen zu stellen vnd dabey meine
herren vfT das beste entschuldigen zu lassenc und im übrigen
Nürnbergs Interesse so zu vertreten, wie der wesentliche Inhalt
der nachfolgenden Instruktion besagt:
1. Die Abgesandten sollen den König zu seinen Siegen
beglückwünschen, für die Schenkungen sich bedanken und ihn
i) NOrnberger KreiiarchiT. Schreiben des Markgrafen Christian,
Tmb. XVI. 34 B^lauhigmigssehretbeB der Kretsdelegierten, Tom. XVI*
424, 425 und 426, 428. Tom. XVI. 344- 346, Relation, was bei diesem
Kreiskonvent der evangelischen Stände U'aktiert und geschlossen worden.
Tom. XVI. 349 35I1 !• Sitsung. Tom. XVI. 388 und 389. Copia eines
königlichen Schreibens aus dem Feldlager vor Augsburg. Tom. XVI. 348,
Forderung der StSnde, Lieferung von Brot, Wein, Bier u. s, w. in Abrech-
nung zu britigen. Tom. XVI. 351 — 350, Was inii dem brandenburgischen
Gesandten wegen der Truchsefsischen Fordemngtn konferiert worden war.
Tom. XVI. 357—361, II. Sitzung. Tom. XVI. 380 und 381, Erlafs der
Herren vom Ausschufs. Tom. XVI 382 und 383, Ratserlafs am 26. April.
Tom. XVI. 362, III. Sitfung. Tom. XVI. 384—418, IV. bis VII. Sitsvng.
Tom. XV[. III 124. Kreisabschied. Tom. XVI. fol. 37, Gustav Adolfs
.Schreiben 1 Kopie 1 .uis Frankfurt, den 7. März. Tom. XVI. 38 und 39,
Hohenlohes Schreiben aus Frankfurt den 10. März. Tom. XVI. 34 und 35,
des Markgrafen Schreiben aus Plassenbnrg den 6. April. Tom. XVI. 480
und 482, Schreiben aus Speyer unterm 20, April. Tom. XVI. 761 des
Mark(:^rafen Schreiben. Tom. XVI. 77 und "S, R,itserlafs am 13. Mai.
Tom. XVI. 82- 84, .Schreiben an den Mariegrafen Christian am 17. Mai.
Spezialakten des jojihrigen Krieges, S. I, L. 224, Nr. s$i Copla der könig-
lichen Maiestät zu Schweden Schreibens, 4. April. — Sodeni Gustav Adolf
und sein fleer in Süddeul&cbland, pftg. 245 ff.
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versicfaem, dafs Nürnberg, gleichwie es bisher sein Absehen
darauf gehabt, dafs die Religion augsbttrgtscher Konfession und
die deutsche Freiheit erhalten werden mögen, »also dafs auch
nochmahln beständig gemeynt seyen, bey ihrer königlichen
may^: solcher gestalt auch ins künfftig alles getreulich
beyzusetzen«.
2. Bezüglich der Rekompens der 100 000 Thaler sollen
sie sich bemühen, dafs statt obiger 100 000 Thaler oder
150000 fl. die von dem Vorlehen zu 100000 fl., welches vor
etlichen Monaten bei der Nürnberger Bürgerschaft aufgebracht
worden sei, noch restierenden 82 000 fl. abgezogen würden und
der Rat die übrigen 68000 fl. nach Absug dessen, was über
die bewilligten 72 Monaten dargeschossen worden. Nürnberger
Bürgern gut machen dürfte. (Anmerkung.)
3. BetretTs der Allianz haben sie anzubringen, dafs man
CS bei demjenigen »heg rieft" vnd aussfertigung, so von dero-
selbcn ansehnlichen herrn residenten alhier, vns fürgewiesen
worden, vnterthänigst allerdings verbleiben lasse, vmb deren
würckliche ausshändigung vnsere abgeordnete vnterthänigst zu
bittenc. Man habe nur bei der Klausel »versprechen bey
vnsern wahren worten, ehren, trauen vnd glaubenc die nach-
folgenden Worte »an aydsstattc ausgetossen, weil eine solche
Eidesformel niemals vom Rate, noch auch dessen Vorfahren
begehrt worden und obige Worte auch »ohne aydsstattc bereits
>vim juramenti effectivam sonderlich gegen i'.ott vnd im ge-
wiesen, darautf bei diesem gantzen werck fürnemiich zu sehen,
in sich begreißenc,
4. Die beiden Abgesandten haben dahin zu wirken, dafs
der K'önig, wie er versprochen, all seinen Einflufs bei Branden-
burg aufbiete, dafs dieses die prätendierten Rechte fallen lasse,
und überdies demselben anzudeuten, dafs diese Rechte nicht
von Wichtigkeit seien und Nürnberg bei dieser Cession nur
Ruhe und Frieden suche. Wenn jedoch diese Information
Anmerkung. Im R«tsei'las$e vom i8. April hdrst es in diesem
Betreffe: Tetzel nnd Krefa möchten mracben, ob nicht der König der
Summe von 68000 II. baJber sich bd anderen fQrstlichen Personen, von
denen Nttmbeig noch Gdd sa fordern hfitte, «nweisen Hefte — eine Zn-
mmang, die sehr verwunderlich ist.
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nichts helfe» mögen sie die Sache nicht weiter betreiben, sonr
dem von anderen Mittehi der Rekompens handeki.
5. Sie sollen Gustav Adolf vermögen, dafs er den König
von Böhmen zum Verzicht auf diejenigen Amter, welche die
Vorfahren vor mehr den 100 Jahren erobert hätten, veranlasse,
und endhch 6. wegen all dessen, was aiif dem Kreistage ver-
handelt worden, besonders aber wegen Nichtbewilligung der
Truchsessischen Forderungen die gebührliche £nt8chuldigung
einwenden.
Tetzel und Krefs waren demnach vor keine kleine Auf-
gabe gestellt, sie hatten ihre diplomatische Gewandtheit aufs
neue zu erproben. Ihre Aufgabe war um so schwieriger, als
der König auf Nürnberg, über weiches der Oberst Truchsefs
sich sehr ungünstig geäufsert hatte, gerade jetzt wieder schle< ht
zu sj)rechen war. Sie niufsten daher auch die Mifsstimniung
des Königs schwer emphnden, als sie von deroselben am 6. Mai
auf freiem Felde in Audienz empfangen wurden, umsomehr als
ihre Instruktion ebenfalls nicht nach dessen Sinne war.
Doch gelang es ihnen, wenn auch nicht in allem, so doch in
manchem bei Gustav Adolf des Rates Wttnsche durchzusetzen. Vom
Vorschlage Nürnbergs freilich bezüglich der 100000 Thaler
wollte derselbe nichts wissen, es mufsten ihm 68 000 fl. be-
zahlt werden. Nachgiebiger zeigte sich der Kunif, jedoch in
der Allianzsache. Wenn er iiu< Ii seinen geheimen Rat Sattler,
bei dem wolil aucli die »Verehrungen« des Rates ihre Wirkung
thun mochten (Anmerkung!), sehr scharf anlicfs, in dem Revers
»noch etliche vnd ncmbliche die wortt: solang der krieg wehretc
rügte» »ihme auch, dafs er solche hineingebracht, hart zuge-
redt vnd tacitö beschuldigt, alss wann er mehr vf Nürnberg,
alss sein dess königs selten tnclinirt werec, so erklärte er sich
schliefslich doch mit dem Nürnberger Revers einverstanden; die
Ausfertigung aber sollte nicht eher erfolgen, »biss zuuor von
kunigl. mayt selten die obligatio reciproca vngeendert ihnen
eingehcudigt worden«. Doch kam diese Angelegenheit nicht
so rasch ins Rciue, als man denken mochte. Das beweist uns
Anmerkung'. Während Chemnitz nur Geschenke im Werte VOn
ao43 Ii. bekam, betrugen die „Verehrungen" Sattlers 3000 iL
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ein ErhUs yom 14. Juni, welcher besagt; »weile ofil höchst*
gedachte königliche mayt den hiesigen revers wttrckÜch accep-
tirt, soll man denselben gegen reveis von herm Gemnttio»
welcher denselben beyhanden, noch vor ihrer mayt ankunffl
forderlich abforderni — und des weiteren am 15. Juni ein
Schreiben TeUels, in welcliem dieser rät, i^dafs man rnitt
der alliance vnd deren abforderung nicht viel aufzüg mehr
machtet.
Nichts zu machen war wiederum in der sogenannten
Cessionsangelegenheit, in der man, wie Sattler ausdrücklich be«
merkte, »mehr nit thun alss bitten c konnte. Die markgrädichen
Gesandten stellten die Rechte und Güter zwischen den drei
Wassern, welche Nürnberg vordem um 80000 fl. hätte an sich
bringen können, als sehr bedeutend hin, und der branden'
burgisclie Rat Seiwitz legte sich »eüfserst darwider«, ja, er er-
klärte eine solche Überlassung einfach als unmöglich. Die
brandenhurgischen Häuser gaben sell)st dann nicht nach, als
ihnen die Schenkung etlicher eichstädtischer Amter nur mit der
Einschränkung zugesichert wurde, man versehe sich zu ihnen,
dafs sie der Stadt Nürnberg die begehrten »jura zwischen den
3 wassern cediren«; als der König sie brieflich dringend zur
Nachgiebigkeit ermahnte; als ihnen durch Chemnitz, der das
Cessionswerk zu betreiben hatte, angedroht wurde, es würden
die 6 gewünschten Bamberger Halsgerichte »anderweit vnd so*
gar bei gelegenheit an die statt Nürnberg <!: verschenkt, falls man
sich beharrlich weigere, hierin de-, Königs Willen /u erlullen.
Im übrigen aber kann man wohl annehmen, dafs Gustav Adolf
diese Sache nicht sonderlich am Herzen lag und die Drohungen
gegen die beiden Brandenburg nicht so schlimm gemeint waren.
Der Rat sah nun selber ein, dafs auf eine Nachgiebigkeit des
Markgrafen Christian nicht gerechnet werden könne, und
richtete sein Augenmerk auf eichstädtische und bambeigische
Ämter.
Was endlich die neue Kontribution und die Forderungen,
welche Truchsefs im Namen des Königs gestellt hatte, anbe-
langt, so kamen für jetzt die Verhandlungen nicht zum Al>-
schlufs. Der Rat erbat sich nur, 1000 Mann zur Eroberung
Forchheims abzulassen.
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Auf dem Kreistage war noch eine andere Angelegenheit
in der Schwebe gelassen worden, das Generalkommando des
Grafen Kraft von Hohenlohe und die Beiordnung je eines Ad-
junkten von selten Brandenburgs, der Ritterschaft und der
Städte. Doch Gustav Adolf war nicht gewillt, die Sache be-
ruhen zu lassen. Er traf in Augsburg am 13. Mai die Ver-
fügung, )^dafs solche beyordnung mit chistcm beschehe vnd
also dasjeniire. so defs creyises verfafsung keines weegs zue
nachtheil, sondern zum besten angesehen, gebiihrcndt befördert
werden möge«. Und Hohenlohe schrieb aus Neuenstein am
24. Mai an den Markgrafen, es bestünde durchaus nicht die
Absicht, in das Amt des Kreisobersten einzugreifen.
Allein der Markgraf Christian beeilte sich keineswegs, dem
königl. Befehle nachzukommen. Er berichtete wohl an Namberg,
das er um Gutachten in dieser Sache ersuchte, er werde die Absicht
des Königs möglichst befördern helfen, knüpfte daran aber den
bedeutsamen Zusatz: »dann den reichst vnd creifsverfafsungen
gemeefs wir immer thuen können vnd vermögen«. Der Rat
gab jedoch kein Gutachten ab und konnte dies auch nicht
wohl. Seine Meinung war ja, dafs die ganze Angelegenheit,
die nur 7?ad Interim« anzusehen sei, bei gutem Willen zu einem
befriedigenden Abschlufs gebracht werden könnte, zumal die Un-
kosten nicht beträchtlich seien; allein das wollte und brauchte er dem
Bilarkgrafen Christian nicht zu sagen. So erbat er sich denn vor-
erst Aufschlufs darüber, ob auch die Regierung von Ansbach
einen Adjunkten stellen wolle; daraufhin werde er sich er-
klären und dem allgemeinen Schlufs nicht entziehen. Am
gleichen Tage, es war am 7. Juni, teilte er auch Graf Hohen-
lohe mit, er werde wegen eines Adjunkten mit den fränkischen
Städten sich benehmen und vergleichen. Wer weifs, wie lange
die Sache sich noch hingezogen hätte, wäre nicht jetzt der
Kriegsschauplatz in die Nürnberger Gegend verlegt worden.*)
^> Narnberger Kr«isHrcluv. Ton. XVII. fol. ti und ts, Kopie des
königlichen Schreibens aus Augsburg am 13. Mai. Tom. XVII 95 und 96,
sowie Tom. XVII, 115 uod 116, Hohenlohes Schreiben aus Neuenstein.
Tom. XVII. 90, des Maifcgrafen Schreiben (Kopie) aus Tlassenburg am
25. Mai. Tora. XVII. iii, RatterUfs am 3$. Mai und Gutachten des Dr.
Heinrich Hülfs. Tom XVII. 122 und 123 , Ratserlafs am 3. Juni,
Tom. XVll. 130, Ratserlat» am 5. Juni Tom. XV U. 136 und 137.
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— 221 —
Wie Nürnbeig nach dem fränkischen KreisUg sich mit ^^^^
Gustav Adolf in der Weise abzufinden trachtete» dafs ihm mdg- sünde» im
Uchst wenig neue Lasten entstünden, so wurde es natttrlich ^/"^'^^
auch von den flbrigen Ständen gehalten. So erklärten sich die ■Helte, in dm
Städte meist dahin, »dafs sie, wafs sie vber die vnterhaltung
der soldatefsca vnd anderer vncosteii thun könnten, an ihnen
nichts erwinden lalsen^. Von ihnen konnte ja, wie wir wissen,
überhaupt nichts geholt werden. Doch dies focht den schwe-
dischen Pfennigmeister Georg Forstenhäuser wenig an. Da es
des Königs Wille war, dafs alle fränkischen Kreisstände die in
Wttrzburg bewilligten 72 Monate bezahlten, so gmg er alsofort
daran, die Kttckstände zu erheben. Er verlangte von Rothen*
bürg die Nachzahlung von 27360 fl., was um so merkwürdiger
erscheint, als Rothenburg gerade wie Weifsenburg von der Be*
willigung einer solchen Kontribution überhaupt nichts erfahren
hatte. Dafs er freiHch nichts erhielt, sei hier noch der Voll-
ständigkeit halber angefügt.
Inzwischen aber wurden die Zustände im fränkischen
Kreise immer trostloser. Die zügellose Soldateska des Obristen
Paul Khevenhttller und Markgrafen Hans Georg raubte und plün-
derte, kurz, verübte Greuel aller Art, statt, wie es ihre Aufgabe
war, die Festung Forchheim zu erobern.*)
Und waren schon während des Winters die Strafsen und Die Aus-
Wege im Nürnberger 1-andgebiete durcli räuberisches (icsindel '^TsohC*
mit und oiine Uniform unsicher genug, war die Landbevölkerung in «leak*. Grobe
steter Gefahr, an Hab und Gut grofse Einbufse zu erleiden, "^^fU^!^***
jetzt war es noch ungleich schlimmer geworden. Wohl gingen iMäe.
Schreiben «n den Markgrafen nnter dem 7. Juni. Tom. XVII. 144 und
I4S> Schreiben an Hohenlohe den 7. Juni Tom. XVII. 145 und 146,
Schreiben an die fränkischen Städte. Erlafs der Herren Eltern am 12. Mai
und am 14. Juni. Erlaf« der Herren vom Ausschufs am 19 Mai. Rats«
erlaf» nm 33. Mai. Tom. XVII. 306 und 307, Ratserlafs am 22 Juli und
Gntachten der Hochgelehrten. Spezialakten des 3ojfihrigen Krieges, S. I,
L. 224, Nr 23, Relation der beiden Abgesandten Tetzel und Krefs am
7. Juni. Tetzelt .Schreiben am 15. Juni. — MUnchcner allgemeines Reichs-
archiv. Fase. XXXVI. foU 318 AT., Instmktion der beiden Abgeordneten
T«ttd und Kreis am 39. April.
') Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XVI. 107 und 108, Ratserlafii am
2. Juni. Tom, XVI 91 nr., Rat;,crlafs am 23. und Richters Gutachten am
94. Mai. lincibuch i6j|2, fol. 231, Schreiben an Weifkeoburg am 24. Mai.
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— 222 —
Gustav Adolf und auch Kurfürst Max I, mit aller Schärfe gegen
die Ausschreitungen der Soldateska vor; auch von Tilly gilt
im aUgemeinen, dafs er an den Exzessen seiner Soldaten kein
Gefallen trug. Kaum in Franken angekommen, erliefs Gustav
Adolf aus seinem Hauptquartier in WUrzbnrg ein gedrucktes
Mandat wider das »aufsstreifende kriegsvolck« , in welchem
Offiziere wie Soldaten mit Leib- und Lebensstrafe bedroht
werden, wenn sie Städte, adelige Häuser, Flecken und Dörfer
Partien- und truppenweise feindlich überfallen und ausplündern
oder andere Feindseligkeiten verüben würden, und in welchem
an Bürger und Inwoiiner die Aufforderung erging, sich solcher
streifenden Rotten zu bemächtigen und zu fernerer Verordnung
an den König zu berichten.
Doch fehlte viel, dafs diese und andere strenge Verord-
nungen von der Soldateska auch beachtet wurden. Der König
konnte nicht überall einschreiten» wo. gegen seinen Befehl ge-
handelt wurde, das Wenigste erfuhr er.
Selbst mitten im Winter hörten die Plackereien im Nfim-
ber^^^er Landgebiet nicht auf. Da waren es besonders die
Khevenhüllcrischen Reiter, iihc.v welche bittere Klagen gefülirt
wurden. Auch das hin- und widerziehende schwedische Kriegs-
volk, das zu Höchstadt und Bamberg lag, machte die Gegend
bis in die unmittelbare Nähe der Stadt unsicher.
Mit dem beginnenden Frühjahr nahm das Plündern und
Rauben immermehr zu» und es mufsten zur Sicherheit der
Strafsen beständige StreifzQge unterhalten werden. Das Un-
Wesen wurde so arg, dafs man sich entschlofs, wieder den
Glockenstreich einzuführen, der freilich nur dann einen wirk-
samen Schutz der Landbewohner bilden konnte, wenn auch
alle luMiac hbarten Stände ilin mit Strenge durrhführlon; da die
Obrigkeiten unter einander gemengt waren, so war es ja einem
Verbrecher sonst leicht, zu entkommen. Allein eine soIcIjc
Vereinigung war in damaliger Zeit nicht sofort zu er/.ielen; es
konnten viele Wochen vergehen» bis man sich geeinigt hatte.
Der Rat liefs daher das Mandat drucken, um es in die
Dörfer zu verschicken. Am 10. Mai kamen die ersten
Exemplare aufs Land. Der wesentliche Inhalt desselben ist
folgender:
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— 223 —
AUe Fremden, zu Rofs oder zu Fufs, welche in Her-
bergen, Bürger- oder Bauemhäusem einkehren, haben über sich
genaue Auskunft su geben, welche sofort der Behörde mitgeteilt
werden mufs. Wenn Leute gefangen, erwürgt, geplündert,
Wagen oder Rarren aufgehauen werden oder an Hofstätten
verdächtige Reiterei gesehen wird, so mufs im nächsten Dorfe
Sturm gelautet, und sobald der Stiirrnschlag angeht, von einem
Orte zum anderen Sturni j^eschlagcn wenlen zur Warnunjz für
jedermann und den Vögten, Richtern, HauptUniten tmd anderen
Unterthanen, welche Pferde haben, zum Zeichen, dafs sie sich
aufmachen, auf den ersten Glockenstreich zueilen und, sei es
Tag oder Nacht, auf dem Hufschlag oder der Fahrt folgen
sollen. Auf den Glockenstreich müssen die Unterthanen den
Furchen, Gräben und Schranken zulaufen, die letzteren an-
schlagen, die ersteren verwahren, und darf niemand durch-
gelassen werden aufser die streifenden Rotten und wer sich
auf der Naclieile befindet. Sobald die Nachricht in ein Dorf
kommt, dafs Leute, Karren und Wagen beschädigt seien, mufs
dies den l'tlegi'rn u. s. w. angezeii^t werden, die sich mit ihren
Leuten alsbald zur Verfolgung aufzumachen haben und diese
auch in das Gebiet der Einigungsverwandten ausdehnen müssen,
so lange, bis sie an die Thäter kommen. Verdächtigen Leuten,
all den vielen Reitern und herrenlosen Knechten, die in der
Kriegszeit mit Rauben, Plündern und Totschlag sich zu nähren
pflegen, darf niemand Unterschlupf geben; die Unterhälter
werden für die schlimme That eines Übelthilters verantwortlich
gemacht. Furchen, Gräben, Schranken und Pässe sind der-
mafsen zu verwahren, dafs Verdächtige und Übelthäter nicht
durchkommen können.
Wie vordem aber setzte man die Streifzüge auf dem
Lande fleifsig fort, liefs die vielen fremden Offiziere und Sol-
daten, welche vielfach unter dem Schein irgend einer Verrich-
tung plünderten und raubten, nicht in die Stadt und wies die-
selben zu ihren Regimentern; »frembde ankommende personen
wurden beschatdenlich examiniert«.
Auch Gustav Adolf that jetzt wie immer das Seine, um
der Zügellosigkeit der Soldaten zu steuern. Er ernannte Graf
Hohenlohe zum Generalstatthalter und Oberkommandanten im
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— 224 —
fränkischen Kreise vorzugsweise auch zu dem Zwecke, damit er
»die bifshero verübte desordre vnd enormen excessen« al)stelle,
und aus dem Hauptquartier zu Moosburg schickte er am 13. Mai
eine Verhaltungs- und Verpflegungsordonnanx, welche in allen
Kreisen durchgehends »pro normac w halten sei und Offizieren
wie Soldaten jedesmal und so oft denselben Quartier ange-
wiesen wttrde, mit der strengen Weisung zuzustellen sei, dieser
durchaus nachzuleben. Die Verpflegung sollte von der Zeit der
wirklichen Beziehung des Quartiers beginnen, der Stattluilicr und
die Räte sollten die Ausschreitungen der Soldateska spezifiziert
von den Klas^enden erfordern; neben dem Proviant oder der
Kost wurde für Offiziere und Soldaten, damit sie weniger Ur«
Sache »zu exorbitiren« hätten, »ein gewisses zehentägliches oder
wochengelt« bewilligt. Obristen und Offiziere durften nicht
nach Belieben Quartier nehmen oder behalten, sondern hatten
sich nach dem Befehl des Generalstatthalters zu richten; auch
der Musterplatz durfte fllrderhin keinem über drei Monate
offen bleiben.
Nach dieser gedruckten Verhaltungs- und Verpflegungs-
ordonnanz bekamen ein Oberst und sein ganzer Stab über ein
Regiment zu Pferd von 12 Kompagnien alle 10 Tage 80 Thaler,
ein Oberst über 8 Kompagnien erhielt für sich und den Stab
00 Thaler, und so ging es in Stufen abwärts bis zum Reiter,
der alle 10 Tage aufser der Hausmannskost oder dem vorge-
schriebenen Proviant 1 fl. erhielt. Ein Oberst Uber ein Regi-
ment zu Fufs erhielt fUr sich und den Stab alle 10 Tage eben-
falls 80 Thaler, ein Lieutenant 3| Th. 3 kr., ein Sergeant
If Th. 17 kr., ein Korporal 1 Th. 7 kr., ein Spielmann 84 kr.,
ein Rottmeister 77 kr., ein gemeiner Soldat 56 kr., ein Muster-
junge 42 kr., ein PasseNolant, d. h. ein sogenannter blinder
Soldat, der bei der Musterung statt eines Fehlenden eingereiht
wurde, ebenfalls 42 kr.
Bezüglich der Verpf1( gung blieb es bei der in Frankfurt
den 4. März erlassenen Ordonnanz. Dieselbe gewährte einem
Obersten und den Seinigen täglich 13 Mahlzeiten, jede der-
selben aus 12 Gerichten bestehend, wovon eines ins andere
nicht mehr als ^ Tlialer kosten sollte, und aufserdem täglich
10 Pfd. Brot, 10 Mafs Bier nebst Servis, worunter Holz, Licht,
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— 225 —
Wohnung, Sals und Haber verstanden wurde. Fttr einen
Lieutenant waren 4 Speisen k ^ Th., 4 f£ Brot, 3 Mars Bier
und Servis, für einen Unteroffizier 3 Speisen zu je 6 kr., 2 fl*
Brot, 1^ Mafs Wein nebst Servis, für einen gemeinen Soldaten
2 S" I^rot, 1 Mafs Wein und 1 ff Fleisch oder die Hausmanns-
kost bestimmt. Getränke und Haber wurden nach der vorge-
schriebenen Feldmafs gereicht; im Weinland bekam der Soldat
Wein, im Bierland Bier. Aufserdem waren noch für jedes
Servis- oder Bagagenpferd täglich 10 flf Heu und alle 10 Tage
4 Büschel Stroh festgesetzt.
Von Seiten der Obrigkeit war demnach geschehen, was
geschehen konnte. Allein was halfen alle Verordnungen, wenn
niemand da war, der sie durchführte! Die Reiter des Obersten
Khevenhüller und Markgrafen Hans Georg verübten gerade im
Mai, wie der Kat an den Oberkommissar Heufsner berichtete,
»solliche ohnuerantworttliche insolentien, dergleichen bey an-
dern vielfelltigen durchzügen, sowohln des keyfserischen alfs
ligistischen volckhs, fast niemahls geschehene . Alle Schritte des
Rates zur Abstellung dieser Exzesse waren jedoch vergeblich.
Er wandte sich an Heufsner und Truchsefs, der die Ober-
leitung des Ganzen hatte, sie möchten die »deslogirung« der
KhevenhttUerischen Reiter verfügen, er nahm Zuflucht bei Hofrat
Dr* Martin Chemnitz, welcher Tmchsefs, Khevenhüller und den
Markgrafen Hans Georg brieflich ermahnte, für bessere Zucht
seiner Soldaten zu. sorgen, und als Ohrist Paul Khcvenhiiller
in Nürnberg weilte, bat er denseil »cn inständig ) nicht allein
vmb restitution aller almamb, sondern auch zugleich vnib
abstellung solcher hochschädlichen plackereien«. Die Ubristen
konnten eben nicht abhelfen, selbst wenn sie wollten, da sie
über ihre Soldaten keine Macht hatten. Der Markgraf gestand
dies selbst zu, indem er dem Rate auf dessen Klagen über die
Soldateska zur Antwort gab: »Köndten aber vor dismahl nicht
remetiren, alldieweil sie bey diefsem neugeworbenen volck
keinen respect betten vnd ihre ordinnantzen wenig observirt
vnd in acht genommen würden«.
Als aber die Klagen des mifs handelten Landvolkes, das
vielfach seine 1-eldarbeiten nicht mehr verrichten konnte, immer
ärger wurden i als es soweit kam, dals im Grätcnbergischea ein
>5
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— 226 —
aligemeiner Aufstand wider die Soldateska drohte und sich zu
Pretzfeld, Ebermannstadt und Kirchenehren bach nürnbergische
Unterthanen mit den Protestanten gegen die Schweden, d. h. den
zu Diensten des Königs geworbenen Soldaten verbanden: da
wurden die Beschwerden in ein gewisses »libellt gebracht, und
Tetzel undKrers erhielten die Außbrderung, dieselben entweder
beim König selbst oder an einem anderen Orte vorsutragen.
Placker und anderes licderlii he Gesindel spannte man, wenn
sie nicht etwa eine härtere Strafe verdient hatten, in die
Springer und liefs dieselben nicht eher los, bis sie die aufer-
legte Arbeit vollendet hatten.
Dafs eine solche Soldateska unter der Leitung von
Obersten, von denen keiner seiner Sache gewachsen war und
jeder that, was er wollte, nichts ausrichten konnte, ist sonach
selbstverständlich/)
Vor- Während aber so die Zustände in einem grofsen Teile
a^M^ RXC Frankens durchaus im Argen lagen, wurde die Gefahr eines
sum Srhiitse feindlichen Einfalls immer gröfser. Im April 1632 hatte Wallen-
ij"^/*^,"^u stein das ül)erk(jmniando der kaiserhchen Armee übernommen
XürniKTK. und war in Böhmen eingerückt, das nun die Sachsen räumten.
HaituiiK l^^^r* nahm er seinen Weg nach Westen. Ein unvermuteter
•eiben. Uberfall Nürnbergs durch den Herzog von Friedland konnte
leicht erfolgen, und Gustav Adolf warnte Tetzel und Krefs aus-
drücklich davor.
Es wurden daher die Befestigungsarbeiten wieder eifriger
betrieben. Trotz aller Verordnungen des Rates waren diese
auch im Frühjahre nur langsam vorwärts geschritten; denn die
Bürgerschaft zeigte die alte Unlust zum Schanzen. Nachdem
*J Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XVI. fol. 167 und 168, Ralserials
am 27. Februar. RatserlSsse am 4. Februar, 8., 10. und 13. MSrz. Ton.
XVI. 469 und 470, Kutserlafs am 21. April und Gutachten des Dr. Hein-
rich Hülfs. Tom. XVI. 472 und 473, Ratserlafs am 22. April und Gul-
achteu der Kriegsverordneien. Tom. XVI. 439, Ratserlafs am 10. Mai.
Tom. XVI. 440—450, Eines E. Rabts der Stadt Nflrnberg Mandat den
Glockenstreich und Nacheyl belangend. Tom. XVII. 18 (T., Verhaltungs-
und Verpflegungsordonnanz, 13. Mai. Tom. XVI. f« ! 342 AT., Mandat au;
Au. Ratserlä&se am 14., 15. 19., 23., 24. und 2y. Mai, am i. (Tom. XVII.
114 nnd 115) und s. Juni» Spesialakten des 30jährigen Krieges, S. I.
L. 223, Xro. S; S^. I, L, S20, Nro. 15. - Soden, 'Uislav Adolf ....
I. Teil, pag. 261—263. — Arlanibaeus, Aruia Succica, pag. 158. —
Nürnberger Stadl archiv. Protokoll der KriegMlube am 21. und sS. Januar.
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— 227 —
endlich am 19. April die 2 Aufsenwerke beim Ein- und Aus-
flufs der Pei^nitz fertig geworden waren, mufske die Arbeit gans
eingestellt werden, da es an Zaunstecken fehlte, aod am 4. Mai
erschienen von 40 bestellten Fuhren gar nur 2.
Nach der Warnung Gustav Adolfs konnte es aber in der
bisherigen lässigen Weise nicht mehr weiter gehen, und es er-
gingen wieder scharfe Verordnungen. In 8 bis 10 Tagen
sollte das neue Befestigungswerk beim Kin- und Ausflufs
der Pegnitz, wie auch zwischen dem Spittler- und Frauen-
thor fertig sein, es sollten von einem Werke zum anderen Lauf-
gräben gehen, die Gräben an der Gostenhöfer Schanze breiter
nnd tiefer werden u. a. m. Den Wirten und Bierbrauern, die
2um Befestigungswerke ihre Pferde nicht ablassen wollten, wurde
bei Strafe von 20 fl. die Auflage gemacht, in jeder Woche
einen Tag lang einzuspannen; alle Fuhrwerksbesitzer roufsten
wöchentlich eine Fronfuhr machen. An die Bürger aber wurde
der strenge Befehl erlassen, entweder taugliche Personen zu
srlii( ken oder das nötige Schanzgt'Ul zu reichen. Man setzte
die Werbungen eil'rig fort, verstärkte jede der 7 Kompagnien
auf 300 Mann und sorgte Cur Vermehrung des Vorrates an
Munition und Hafer.
Auch vorsichtig bheb der Rat nach wie vor. Das beweist
uns dessen Stellung zu Bamberg und dessen strenge Zensur,
die er über alle Druckschriften ausübte. Den Buchdruckern
wurde am 20. April »künffiig bcy laistung ihrer pflicht ernst-
lichen vnd bey meiner herren vnaufsbleiblichen schweren straflf
verboten, ohne vorhergehende gebührende censur oder sonder-
bare verwilligung meiner herren nirhts zutru* ken;<; Buch- und
Kunsthändler durften keine Pasquillen frei halten; und lange
vor diesen Beschlüssen, am 12. Dezember, war verordnet wor-
den: »den beeden Zeitungsschreibern ist beuohten vnd ernstlich
comraentirt worden, ainige zeitung von sich ntt zuschreiben, bifs
solche vor in die kriegstubcn geltfert vnd für guet gehalten
werden mögen c.
Dem Bürgermeister und Rate der Stadt Bamberg, die
unterm 17. April ihr äufserstes Befremden aussprachen, dafs
Nürnberg an dem Überfalle des Stifts sich beteiligen wolle,
obwohl »der fürst al/,eit friedtiichen sich ^u er/.aigcu nie
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aufsgesetzt vnd an deren angehörigeu Wohlfahrt vnnd comercicn
zubefürdem niemals hinderlich gewesene, gab er keine klare
Antwort, sondern führte, freilich erst lange nach dem Eintreffen
des Bamberger Schreibens, bittere Klage über die aus dem
Stifte erfolgten Feindseligkeiten, drohte mit Widervergeltung,
sprach den Wunsch nach dem vorigen friedlichen Zustande aus
und gelobte sich so zu bezeugen, »wie es allenthalben wol ver-
antwortlich vnd zu erhaltung vnnscres eine zeit hero sehr be-
k liiimmerten vnd angefoclitenen Stattwesens höchstnothwcndig
sein wird«. Er gab diese ausweichende Antwort vor allem des-
halb, weil er die Wahrheit nicht sagen und sich auch nicht für
einen Feind erklären wollte; denn den Schaden hätten hievon
nur die Nürnberger Kaufleute gehabt')
Eiobeiting So war das Ende des Monates Mai herangekommen,
wci&enbucvi Drohende Wolkctt stiegen im Süden und Osten auf, immer beun-
KaiMjriich.n. ruhigender huiteten die Berichte über kaiserliche und bayerische
Truppenansammlungen.
Am 22. Mai zog von der Wilzburg herab, die eine kaiser*
liebe Besatsung hatte, eine grofse Anzahl Kriegsvolks und be-
schofs die Stadt, die von der Bürgerschaft aufs tapferste ver-
teidigt wurde, bis gegen Mittemacht; dann zog sie wieder ab.
Neun Tage nachher rückte neuerdings der Feind vor die
Stadt, dii'smal in der Stärke von 8000 Mann, und beschofs
dieselbe von allen Seiten. Wohl wehrte sich die Bürgerschaft
aufs mutigste. Aber sie konnte sich gegen die feind-
liche Übermacht auf die Dauer nicht behaupten und muiste am
6, Juni eine Kapitulation eingehen, in welcher der C'.arnison der
Abzug mit Sack und Pack versprochen wurde. Doch der
Akkord wurde vom Grafen Johann Philipp Cratz nicht gehalten»
und die Bürger wurden ausgeplündert und hart bedrückt.
Nürnberger Kreisarchiv. Katserlässe am 7., 19., ao. und 26. April;
am 4., 10., 13. und 15. Mai, Erla(s der Herren Eltern am 12. Mai. Tom. XVI.
fol. 496 und 497, die (Urttlich bamb. Hoff : Cammerräih, auch Bürgermeister
nnd Rat von Bamberg an Nürnberg unterm 7 Mai. Tom. XVII fol. 25
.und 26, Bedenken der Kriegsverordneten. Tom XVil. 39—41, Ratserlar»
vnd Bedenken dei Dr. Heinr. Hlllfs. Tom. XVII. fol. 76— jS, Bedenken der
lloch^ckhrlen. Tom. XV II. 42, Ratserlafs am 9. Juni. Tom XVII. 43-46,
Schreiben an Bamberg den 9. Juni — Nürnberger Stadtarchiv. Protokoll
der Kriegsstube am 12. Dezember.
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— . 229 —
Bei der Eimuthme Weissenburgs geriet auch der Nürn-
berger Hauptmann Albrecht Pömer in Gefangenschaft und wurde
dem Akkord zuwider nach Regensburg geführt. Auf die Kunde
näiiiücii, in welch gefährlicher Lage sich Weissenburg befinde,
hatte der Rat 200 Musketiere, Munition und sonstigen Kriegs-
bedarf zu Hilfe geschickt und sich der Weissenburger auch
dadurch angenummen, dafs er Truchsefs, KhevenhüUer und den
Markgrafen Hans Georg alsofort benachrichtigte.^)
Unterdessen wuchs auch in Nttmberg die Angst vor dem Nambn^
Feinde immer mehr; denn von allen Seiten liefen drohende '^"'^!
' dem 1-fiuuc
Gerüchte über feindliche Truppenbewegungen ein. Unter anderem
berichtete auch der Markgraf Christian, dafs sich um Auerbach
in der Oberpfals sehr viel kaiserliches Kriegsvolk sammle.
Alsbald wurde daher Gustav Adolf hievon verständigt und
gebeten, Nürnberg, auf welche Stadt der Feind seinem Ansehen
nach den Marsch richte, ydurch eilenden starken sucrurst bei-
zustehen, und wie damals, als Nürnberg durch Tilly sehr gefährdet
war, so wurden auch jetzt wieder eine Reihe von Mafsregeln sum
Schutze der Stadt getroffen. »Die milchwöck, bretsen vnd
ander milchbrodc wurden abgeschafft, alie ankommenden Frem-
den genau aufgezeichnet und täglich nur vier Stadtthore geöffnet,
die man aufs beste verwahrte und besetzte. Die Bäcker durften
an die Fremden nicht mehr als um */t fl. Brot verkaufen, unter
den Thoren wurde strengste Aufsicht gehalten, dafs kein Brot
oder Getreide hinausgebracht würde, und was der Verordnungen
noch mehr waren.
Noch andere hochwiclitigc Punkte standen zu dieser Zeit
auf der Tagesordnung. Tetzel und Krefs waren eben zurück»
gekehrt und hatten Über die Verhandlungen mit dem König und
dessen Räten Bericht erstattet. Sie hatten das königliche Lager
eher verlassen, als es anfangs ihre Absicht gewesen; denn als
der schwedische Rat Sattler sich ihnen gegeMber äufserte, dafs
Schlammersdorf dem Generalkommandanten Truchsefs an die
•) Nürnberger Kreisarchiv. T.m XVII. 84-86, Schreiben aus Wei»*
.«enhurfj am 22. Mai. Tom. XVTI. 89 untl 90, Schreiben an den Obersten
Sperreuth. Tom. XVil. 105 und 106, Schreiben an den Markgrafen am
a6. Mfti. Tom XVIL 106 and 107, Schreiben an Sperretitb «m 26. Mai.
Tom. XVII. 109 und iio, 124 und 125, 125^127, Schreiben an Sperrenth
am 17. Mai oad 2. Juni. Spesialakten des 30 jährigen Krieget. S. 1, 1«. 293, Nr. 9.
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— 230 —
Seite gesetzt werden solle, und sie merkten, es «rürden neue
Anforderungen an Nürnberg gestellt, schien ihnen der Aufenthalt
im königlichen Lager nicht mehr recht geheuer. Allein kaum
waren Tetzel und Krefs in Nürnberg angelangt, als der Rat
volle Aul klärung über die neuen Forderungen des Königs erhielt.
Hie Schlam- ^rn 5. Juni schiicb tlor Konig aus Mcnimiiigcii, ilafs er
KamauMtm. Generalmajor von Scnlamniersdori verordnet und denselben aus-
drücklich beauftragt habe, >dafs er ncmblich bifs zu ankuntlt
vnsers general leutenants, herzog Wilhelm zu Sachsen Id., inn
selbigen löblichen craifs defs von tag zu tag embrechenden
vnnd darinn Liegenden feindts vorhaben bestem seinem
judicio nach vnd vermögen steuern, die von vnsem widerigen
theil noch bifs dato besetzte plätz occupim vnd zu solchem
ende vber vnser zu rofs und fuefs inn erwehnten frftnckischen
craifs befindtliche soldatesca das gubemo vnd commando bifs
vir iernere Verordnung haben solle c. Er befahl in diesem
Schreiben allen Statthaltern, Regierungen, Offizieren und Sol-
daten, wie dem von den Fürsten und Ständen in diesem Kreise
bewilh'gten Kriegsvolk und Ausschufs, dafs der Kommission
Schlammcrsdorfs »satsames beniiegen bosehehosc, und sprach
am Sciüusse zum Rate die zuversichtliche Iloifnung aus, »dafs
ewere bifshero rühmlich verspürten eifTer nach ihr annoch nichts
vnterlafsen, sondern nochmahlfs mit ewerm geworben vnd
erkiesten landvolck neben all anderer kriegsbereitschaft willich
erweifsen vnd ewer bifshero getragenen betrangnufs neben
Sperrung der Commerden vndt victualien aller mUglichkeit nach
wenden vndt offnen werdet«.
Gencrahiiajtjr von Srhlanimersdorf aber liefs sich verlauten:
Zum Heere, welches in diesem Kreise geluldet werden sollte,
wurden auch, da es nötig, andere Heerführer stofseu, und was
ein Stand mehr heri^eben würde, als die »proportio erfordert«,
das sollte demselben wieder erstattet oder an der künftigen
Kontribution abgezogen werden. Nürnberg möchte daher eifrig
mit der Werbung fortfahren; der König wäre ja erbötig, das
Werbegeld wieder zu erstatten oder an der Kontribution
Namb«rger Krd««rchtv. RaUerlässe am 2., 5., 9. und 12. Juni.
Foin. XVII. 131 lind 132, Schreiben an den König am 5. Juni. — Spestal-
nkten de» 30 jährigen Krieges. S. I, L. 224, Nr. 23.
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— 231 —
abzuziehen. Es sollte so viel wie m(^lich geworbene Truppen und
den Landesatisschufs neben dem königlichen Kriegsvolke und
dem anderer Stände unter sein Koinniaiulu geben und mit
diesen für den Unterhalt des Heeres Sorge tragen. Mit Stücken,
Geschütz neben allem Zubehör und aller Munition sollte Nürn-
berg, da es in der Nähe wäre, aufkommen, bezüglich der Ar-
tilleriepferde aber sollten die benaclibarten Stände das Beste
thun. Zum Rendez-vous wäre die Gegend von Erlangen be>
stimmt; Ntlmberg sollte, bis die Benachbarten das Ihrige von
weitem herbeigebracht hätten, Brot und Mehl liefern.
Schliefslich sprach Schlammersdorf noch die Hoffnung aus,
»man werde sein vergUchenes tractament auch erfolgen lafsenc
Was Schlammersdorf im Namen Gustav Adolfs begehrte,
das war im wi'sentliehen eine neue Auflage der Truchsessischen
Forderungen. Die Antwort des Rates war denn auch dieselbe,
wie sie Tru( hsefs geworden war, trotzdem Nürnberg jetzt in
viel gröfserer Gefahr als damals schwebte. Man erbot sich
nämlich, das Seinige zu leisten, wenn auch andere Stände das
Ihrige dabei thun würden. Und da Schlammersdorf seine Besoldung
bei Nürnberg suchen wollte, erhielt er den weiteren Bescheid,
man müfste den mit ihm getroflfenen Akkord einhalten, würde
aber, falls er hiesige Stadt und Landschaft so viel wie möglich
verschonte, »ihme mit einer annemblichen recompens an die band
gehen«. Man verstand sich für jetzt nur dazu, dafsman Schlammers-
dorf durch mehrere Tage hindurch 4000 ^7" Brot abfolgen liefs.
Der Rat war eben der Meinung, dafs die ganze Kriegs-
last Nürnberg aufgebürdet würde und bei allen Opfern, die
man brächte, der Erfolg doch recht zweifelhaft wäre, da die
Obersten unter sich uneins und das neugeworbene Kriegsvolk und
der Landesausschufs durchaus untüchtig wären, ja noch mehr, dafs
gerade durch diese kriegerischen Vorbereitungen der Feind ins Land
gelockt und veranlalst werden könnte, vor Nürnberg zu rücken.^
*| Tom. XVII. 158 und 159, Copia Königlich Schwedische Com-
mifsion vff Herrn General Major Schlammers^lorlT gerichtet. Tom. XVII.
157, des Königs Schreiben an Nflmberg aus Memmingen untenn 5. Juni.
Tora. XVI 500 und 501, Rf'ation <1es RatsmitgUedes Hanns Christoph
Tucher und Erlafs der Herren vom Ausschufs am lo^ Juni. Tom. XVL
513 und 514, Schlnrnmendorffs Schreiben an den Rat. Tom. XVI. Sos bis
5x2, 514 and 515, 517 und 518, Gutachten der Hochgelehrten und Kriegs-
▼erordneten. Ratserlaft am 18. Juni.
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raistavA<i<.ift Doch nahmen die Ereignisse jetzt eine Wendung, welche
^MdT'*' die Schlammersdorfische Kommission unnötig machte. Der
Fnuiken. König» im guteu Glauben» der Friedlflnder würde seine ganze
. f'*'"*', . Macht auf den Kurfttrsten von Sachsen werfen, eilte herbei,
AnkunU bei ' '
Fürth, um seinem Bundesgenossen zu helfen. Am 15. Juni war er in
Weissenburg, am 16. zog er gegen Schwabach und am 17. hielt
er grofsc Heerschau bei Fürth.
Nürnberg mufste nun die schwere Last auf sich nehmen,
für die königliche Armee zu sorgen. Gleich auf Kreisens
Schreiben aus Pleinfeld machte es sich mit 60 — 70000 (( Brot,
3000 Eimer Bier, Fleisch für die Offiziere und allem Nötigen
für den König selber gefafst.
Aber diese Sorge war nur die geringere. In immer stär-
kerer Anzahl kam das friedUtndische und bayerische Kriegsvolk
um Neumarkt an, und die Stadt Nürnberg wurde hledurch
immermehr bedroht. Zog der König, wie Krefs berichtete,
nach Sachsen, su waren Blockierung und Belagerung zu befürchten,
Stadt und Landschaft konnten gänzlich ruiniert werden, zumal
die Wilzburg, Forchheim und der Rothenberg fast alle Passe
und allen Handel gesperrt hielten, Proviant und Munition merklich
abgenommen hatten, die Befestigung noch nicht vollendet war und
zu aUedem der König auch noch alles Kriegsvolk aus dem
Kreise abführen wollte.
Der Rat beschlofs daher, Christoph FUrer und Gg. Chri-
stoph Volkamer an den König sofort nach dessen Ankunft bei
Fürth abzuordnen. Sie mufsten Gustav Adolf das Memorial
überreichen, welches von Dr. Richter so kurz als luu^Hch be-
griffen worden war und denselben um Rat bitten, »wie man in
aincm vnnd anderen sich zuuerhalten, die Sachen bei so be-
schattener gelegenheit in acht genommen, aucli geraainc statt
vnnd dero zugethane conseruirt vnnd wegen so öfTters erwiefsener
treuejrflferiger zusetzung nicht in vor äugen schwebender gefahr
gelassen werden möchte«. Fürer und Volkamer wurden noch
am 17. Juni vom König empfangen und berichteten alsbald
nach ihrer Heimkehr, dafs der König »gegen hiesige statt sich
sehr wohl affectionirt erwiefsen, die allegirte gefahr so hoch
nicht aestimirt, sondern dafür gehalten, dafs hiesige statt dieser
zeit schwerlich werde atta(|uirt werdenc. Immerluu jedoch riet
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er, sich auf Widentand gefafst zu machen; lauteten doch gerade
jetzt die Berichte immer drohender. Sulzbach hatte sich ergeben
und bayerische Besatzung aufgenommen, in Ambeig waren 18000
Mann bayerisches Kriegsvolk angekommen.
Gewifs, Nürnbergs Lage in diesen Tagen war keine
beneidenswerte, und schwer war die Verantwortung, welche auf
dem Rate lastete. Allein so unermtldlich auch des Rates Wirk-
samkeit war, derselbe fand bei einem grofsen Teile seiner Mit-
büi^^er nicht nur keine Anerkennung, sondern wurde schmählich
verdächtigt. Dies beweist uns ein Erlafs der Herren Eltern»
in welchem folgende Stelle vorkommt: »dafs insgemein dieser
tagen öffentlich von meinen herren viel böser reden getrieben
vnd sie beschuldigt worden, alTs betten sie dem kayser viel
geldes in saltzschruben zugeschicket, defswegen sie dann bey
dem könig zu Schweden in grose vngnad gerathen vnd von
seiner mayt zum theil schwerlich würden abgestralTct werden.^)
Immer rascher drängten sich nun die Ereignisse. Am Nach- GusiavAdoiu
mittaf( des 19. Juni kam der König abermals nach Nürnberg und
in nuniDciy
nahm Absteigequartier im Imhofischen Hause aui demEgydienberg. am lo. «m<i
Kaum angelangt, empfing er Christoph FUrer, Georg Christoph ''''
Volkamer und Dr. Richter und gab diesen gegenüber seine Ansich-
ten Uber die künftige Umgestaltung des deutschen Reiches kund.
Nun ist es mir allerdings nicht möglich, Uber die hoch-
interessanten Verhandlungen wesentlich Neues zu bringen; doch
kann ein näheres Eingehen auf dieselben nicht umgangen werden,
schon deshalb, weil die Stellung Nürnbergs zu den Ansichten
des Königs für uns von Wichtigkeit ist.
Kine l l>erraschung allerdings wurde den Delegierten des
Rates niciit bereitet. Denn schon am Abende des 18. Juni
teilten die schwedischen Räte Sattler und Chemnitz dem Rate
der freien Reichsstadt Nürnberg mit, dafs Wallenstein mit Kur-
sachsen wegen des Friedens in Unterhandlungen stehe und den
Evangelischen weitgehende Zugeständnisse vorschlage. Die
Evangelischen sollten nicht allein, was sie vor dem Passauer
•) Nürnberger Kreisarchiv. Tom. XVII. fol. 175 und i-i>, 177 ff.,
Ratserlässe am 16. Juoi. Tom. XVII. 210 — 212, Memorial au den König.
Rfttserlafs am 18. Juni, Erlafs der Herren Eltern am sa. Jani. Tom. XVU.
186 — iSS, Ratserlufs am 19. Juni. — Soden, Guktav Adolf and sein Heer
in Suddeutschlaad, I. Teil, pag. 197 und 19S.
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Vertrag und Augsburger Religionsfrieden eingenommea, sondern
auch, was nachher geschehen, behalten, ja, wenn das nicht
genug wflre, es sollten ihnen auch die örter, so sie neulich
okkupiert hätten, gehören; man wäre sogar geneigt, das religiöse
Bekenntnis in den Erbländera freisugeben. Sie forderten
denselben auf, über folgende 4 Punkte eine Erklärung ab-
zugeben :
1 . Ob dieser Zeit ein Friede zu schliefsen sei.
2. Auf welche Weise und unter welchen Bedingungen ein
solcher einzugehen sei und was für Versicherungsmittel dabei in
acht zu nehmen seien«
2. Wie der König fttr das, was er für die evangelische
Sache gethan, belohnt werden solle.
4. Wenn Kursachsen oder ein anderer evangelischer Stand
mit dem Kaiser einen Partikularfrieden schliefsen würden, »was
vff solchen fall hiesige statt thun wolle, ob sie es lenger mit
ihrer rnay. zu hallten oder zu den gedachten fUrsten zu tretten
gedächten« .
Der Konii:. so versicherten die schwedischen Räte, wäre
nun sehr zum Frieden geneigt; allein ein solcher müfste be-
ständig und sicher sein. Die Staaten und Plätze, welche er
von feindlicher Gewalt befreit hätte, als Mecklenburg, Pommern
u. s. w., würde er den rechtmäfsigen Herren zurückgeben, aber
tdiejenigen iura superioritatis vnd lehenschafiltenc behalten,
welche vorher im Besitze des Feindes gewesen; »die andere
Örtter aber, so sie von denn pontificijs erobert, alfs Würtzburg,
Meyntz etc. gcdfirliteii ilire may. zu behalten«. Im übrigen
würde der Konig nicliL ^rigorose« darauf beharren, sondern
wollte zuvörderst das Gutachten der evangelischen Stände ver-
nehmen »vnd zwar in specic, nicht in genere«.
Die Ausstellung eines solchen Gutachtens aber deuchte
dem Rate sehr schwer. Ohne sich mit den anderen Städten
ins Benehmen gesetzt zu haben, wollte und konnte derselbe dem
König resp. dessen Räten eine bestimmte Antwort nicht geben;
anderseits aber war es ihm gerade jetzt sehr darum zu thun,
sich des Königs Gewogenheit zu erhalten. Er bemühte sich
daher, die Antwort /u \ er/.ugern, indem er auf einen Städtetag
antrug, der ja thatsaciüich auch bei einer solch wichtigen An-
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gelegenfaeit geboten eischien. Allein davon wollten Chemnitz
und Sattler nichts wissen, da hiebei nichts herauskomme, »vnd
dörSle Chur-Sachsen wol ein halbes jähr disputim, in wefs
namen das ausschreiben geschehen solte oder welcher gestalt
vnd in quo respectu ihre niay. solchen convent sollte be-
suchen lassen«.
Trotzdem blieb der Rat fest, er lit-fs sich eine feste und
klare Antwort nicht abringen, indem er nur eine mündliche Er-
klärung gab, die ihn zu nichts verpflichtete. Da er aber für
sehr wahrscheinlich hielt, dafe der König sich damit nicht be-
gnttgeo würde, setzte Dr. Richter auf Beschlufs des Rates fol-
gende Erklärung auf:
Ad. 1. Nürnberg ist viel zu gering, hier Rat zu erteilen
und den höheren Ständen vorzugreifen oder ohne die anderen
freien Reichsstädte zu handeln.
Ad. 2. Zu Heill^ronn ist ausführlich von den Vcrsiche-
riingsinitteln die Rede gewesen, und sind die Städte el)en jetzt
damit besciiäftigt, hierüber ein Gutachten an den König abzu-
fassen. Die Städte verlangen vor allem, dafs alle narh dem
Absterben des Kaisers Mathias wieder die Evangelischen in
Religionssachen ergangenen Dekrete aufgehoben, ihre religiösen
und politischen Beschwerden abgeschafil, das Jus reformandi
jedem Stand, also auch den Städten im Stadt* und Landgebiete,
freigelassen werde und neben genügsamer Versicherung auch
gewisse iconservatores pads« zu solchem Frieden bestimmt
werden.
3. Nürnberg zweifelt nicht, dafs alle evangelischen Stände
sich darin einig seien, es nuisse dem König xwürcklirlie re* oni-
pens« geschehen, »da dann auch burgermeister vnd rath der
stat Nürnberg an ihrem wenigen ort vf das eUserste wollen
cooperirn helfen c.
4. Die Evangelischen, vor allem der Pfalzgraf August,
werden wohl neben dem König das Äufserste thun, um eine
Separation zu verhindern.
So stand die Sache, als die Deligierten des Rates vor
Gustav Adolf beschieden wurden.
Der Friede, erklärte der König, wäre wohl ein liobes (int,
aber er müfste beständig und sicher sein, Wohl erböten sich
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jetzt die Katholiken zu allem, kämen sie jedoch wieder zur
Macht« so würden sie die Evangelischen anfs äufserste be-
drucken, »ja ihre may. wolten lieber glauben, dafs ein blofs
papyr wider eine halbe carthaune helffen solte, alfs dafs man
vnfs dergleichen frieden vnd stattliche versprechen halten
würde«. Man dürfte sich daher ja durch die süfsen Friedens-
worte nicht bethören lassen, dazu könnte er selber, da er nur die
Rettung und die Freiheit der Evangelischen, nicht seinen Nutzen
und seine Ehre suche, nicht raten. Vielmehr wäre zur dauern-
den Sicherstellung der Evangelischen ein corpus formatum belli-
cum mit einem Capo unumgänglich notwendig. Wollte man
Sachsen die Ftthrung übertragen, so hätte er nichts dagegen*,
Brandenburg aber hätte sich dermafsen feindlich wider ihn be-
nommen, dafs er den Kurfürsten, wäre er nicht sein Schwager,
von Land und Leuten wQrde vertrieben haben, »dafs er mit
einem stecken hette müssen davon gehen«. Wohl hätte er auch
mit Sachsen wegen des Stiftes Magdeburg Differenzen, doch
wäre hier eine Verständigung eher zu hoffen als mit Branden-
burg wegen Pommern, das er unbedingt wegen der See haben
miifste. Er wünschte daher zu wissen, was die Städte thun
würden, ob sie sich selbst schützen und ein Corpus formatum
mit einem Capo errichten oder sich mit dem König verbünden
und fllr einen Mann stehen würden. Dem König dürfte man
»nullo alio nexu obligat seync als »vinculo Confoederationist
und dafs man sich mit ihm verbünde als »sociusc; auch wäre
nicht seine Absicht, »novas leges imperii« vorzuschreiben* Wer
bei diesem corpus niciu luiLthun wollte, sollte nur fern bleiben.
Mit Hilfe der Städte wäre er dem Feinde gewachsen; hielten
Nürnberg, Ulm, Frankfurt, Strafsburg, Erfurt und Augsburg zu
ihm, so würden die Fürsten umsoweniger von diesem »Corpori«
ablassen. Was endlich die Rekompens beträfe, so wäre es doch
billig, dafs er die den Papisten abgenommenen Länder behielte
und in denjenigen evangelischen Staaten, die er den recht*
mäfsigen Herren zurückgegeben hätte, die »jura superioritatisc
erhielte, welche zuvor der Kaiser gehabt hätte. Übrigens
würde er in diesem Punkte nicht strikte auf seinen Forde-
rungen beharren.
Nachdem Gustav Adolf in dieser Weise seine Ansicht
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(Iber die politische Lage geäufsert hatte, forderte er die Nüra-
berger Delegierten auf, sich zu erklären, was Nürnberg thäte,
wenn Kursachsen oder ein anderer Stand mit dem Kaiser
Frieden schliefsen würden.
Die Nürnberger Abgesandten sprachen sich nun dahin aus,
dafs sie auch ihrerseits das Corpus formatum als sehr nötig
erachteten und dafs sie als Cajio niemand anderen wüfstcn als
den König «?elber, dafs eine Rekompens billig wäre, tiie dieser
de jure j^enlium und nach dem Beispiel anderer fordern könnte,
und dafs man nicht glaubte und hotfte, Sachsen würde sich
separieren. Sie beteuerten ihre Anhänglichkeit an den König,
hielten aber zugleich auch mit ihrer Meinung nicht zurück, dafs
die Städte ohne die Fürsten su schwach wären.
Ehe es aber zu einer Antwort des Königs kam, trat der
geächtete Kurfürst von der Pfalz ins Gemach, und die Audienz
war beendet. Sie fand ihre Fortsetzung am Sonntag, den
20. Juni, nach der Predigt, welche der König in der Lorenzer-
kirche angehört hatte, und dauerte 1^ Stunden, Zu dieser
Audienz hatten sich auch die beiden T.osunger eingelunden.
Die Nürnberger wiederholten ihre gestrigen Worte und
gaben die Versicherung, dafs sie von dem nicht aussetzen
würden, was zum Besten der evangelischen Sache »immer mttg>
Uch vnd dienliche.
Daraufhin erwiderte nun Gustav Adolf, er sehe ein, dafs
die Nürnberger den jetzigen »Statum imperii Romani et quo
loco res nostrae Stent« nicht recht verstünden, und brachte
wieder seine tags vorher geäufserte Meinung über den Frieden
und das Corpus formatum vor. Er wolle nicht, fuhr er weiter,
dafs man die "Constitutiones imperiii miteinander autTiebe, son-
dern dafs man eine »corpus in corpore, nämlich ein Corpus
formatum Evangelicorum per se subsistens in ipse corpore im-
perii Romani« errichte, wobei auch für das Corpus ein Paria*
ment nötig sei, dem der Capo präsidieren müsse.
Des weiteren beklagte er sich bitter Über die Disciplin.
losigkeit der Soldaten und dafs man ihm alles verheimliche;
freilich mttfste man auch den Soldaten die nötigen Bedürfnisse
geben. Er rügte, dafs man noch immer einen Unterschied
machen wolle zwischen Kaiser und Reich, welche Unterscheidung
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doch nur 9imaginaria vnd philosophicac sei und man für die
grofse gemeinsame Sache keine Opfer bringen wolle. Etliche
Stände hätten zwar zu Würzburg 72 Monate bewilligt, doch das
wäre lange nicht genügend; von einigen wäre auch das Wenige
nicht erfolgt.
Die Nürnberger erklärten nun eine gesamte Deliberation und
hiezu eine Städtezusammenkunft als durchaus notwendig. Der
König war denn auch damit einverstanden und teilte noch
mit, er werde mit den Fürsten verhandeln, die Städte >^uiilen
in Frankfurt /.usanimcnkonimen und unter dem Vorsitze des
Reichskanzlers üxensUerna tagen. Nürnberg, so schlofs er,
sollte bedenken , was ein Corpus auszurichten vermöchte,
das Poromern, Mecklenburg, Ober- und Niedersachsen, PfaU,
Franken, Schwaben, den Rheinstrom bis an die Weser und die
vornehmsten Reichsstädte umfassen würde.
Nach dieser Audienz folgte eine festliche Mittagstafel und
darauf ein Tanz von 3 — Q Uhr. Dann ging es wieder zur
Tafel. Gegen Mitternacht fuhr der König wieder in sein (^)u:irtier
nach Furth zurück. An dem Rate war es nun, die vom König
gewünschte scliriltliche Mittething der mündlichen Aufserun^en
alsobaki abzugehen. Deren kurzer Inhalt ist dem Sinne nach
folgender; Wir halten das Corpus beHimm sehr notwendig und
als Capo niemand geeigneter als Majestät; wir werden zur
Städteversammlung nach Frankfurt abordnen und dahin wirken,
dafs der König zu seinem Zwecke komme. Wir leben der Zu«
versieht, der König werde die Stadt auch fernerhin beschützen,
damit dieselbe durch die angedrohte und nahende Gefahr nicht
ganzlich ruiniert werde.
Diese Erklärung bchagtc je(h)cli den ktiniglichen Räten
sehr ulmiIi;. Sie hielten diesell*e zu kurz und zu all-
gemein und rügten insbesondere, dal's das Corpus formatum
nur bellicum, nicht auch politicum genannt sei, dafs man
nicht beigesetzt habe, dafs es auch nach geschlossenem
Frieden »einen wegs alfs den andern bestendig bleiben soltec,
dafs von der Rekompens »in specie« nichts beigefügt sei, »und
dann auch allerdings aufsgelassen hettcn, was dann hiesige ^tatt
vf den casum separationis aHorum bey ihrer may. zu thun
gesinnet«. Sie begnügten sich auch nicht mit den Einwendungen
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der Nüraberger, die Differenten bestünden zum Teil mehr in
Worten als in der Sache, zum Teil aber wUrde sich ailes in
Frankfurt finden, weshalb denn die Nürnberger die erste Reso-
lution, jedoch ungesiegelt, Übergaben, die allerdings länger, aber
inhaltlich ebensowenig bindend war die zweite.
Damit schliefse ich die Beschreibüng dieser denkwürdigen
Vorhandlungen. Sic sind weniger interessant durch die Stellung-
nahme Nürnbergb zu den Plänen Gustav Adolfs, welche ja, im
Grunde genommen, nur abwartend und zurückhaltend sein konnte, *
sondern weil sie uns des Königs Meinung und Willen über die
künftige Gestaltung des Reiches offenbaren.
£in evangelisches Deutschland innerhalb Gesamtdeutsch-
land mit Gustav Adolf an der Spitze, dieser selbst durch den
Besitz den der Papisten abgenommenen Länder, wie Würzburg,
Mainz u. a., durch Pommern, das nach dem Aussterben des da-
maligen Herrscherhauses ganz an die Krone Schweden fallen
sollte, durc h Mecklenburg, wo er an Stelle des Kaisers die
1 loheitsrechte ausübte, ein mächtiger deuts( her Reichsfürst —
das bedeutete eine gänzliche Uniw ;ilzungderpoiitischenVerhältni«;sc.
Ob Gustav Adolf auch die Hand nach der deutschen
Kaiserkrone auszustrecken gedachte, wer vermag dies mit Be-
stimmtheit zu bejahen oder zu verneinen?
Er selbst hat davon nichts gesagt. Aber seine Räte,
Katholiken und Protestanten glaubten daran. Pline Stimm«
Welche Absichten man von katholischer Seite dem König ,
zutraute, darüber gibt uns eine Flugschrift Aufschlufs, deren £r* Laffer über
scheinen in etwas spätere Zeit fällt, die aber gleichwohl hier '^^J"]^^^^
Platz finden niat;. Es heifst da: Gustav AdoU' wird deutscher
Kaiser, der als solcher wegen Fortsetzung des Krieges nach
Italien seine Residenz in Augsburg hat, und erhalt die F'r/his-
tümcr und Bistümer Magdeburg, Salzburg. Hamberg, VVürzburg,
Niimbert^er Kreisarchiv. Tom. XVII. 190 ff., Relation, was clt-s
Ivönig» Abgesandter niünciiich vorgebracht. Tom. XVil. 194 IT., Bedenken
der Hochgelehrten am 19 juni. Tom. XVIL 300 — 304, Ratserlafs »m
19. Jaikl und Resolation rom. XVIL ao6 IT., Ratst rlafs. Tom. -XVIL
234 — 247, Relation, was bei beiden Audienzen der Kl;I. Maj zu Sch.vcilon
den 19. und 20 Juni „allhier angebracht vnd beaDlworlel worden", l um.
XVIL 219, Ratserlafs am 21. JnnL Tom. XVIL 223 und 224, schriftliche
Resolution. — Soden, Gustav Adolf und sein Heer in Si:«ldeiitschl;ind,
pag. 295 — 309. Auch Droysen, Brovt^r n. n. — Nürnberijer St i lt u ch i vv
Chronik, Geschichten, die sich un Wli. Jahrhunderl ereignet haben. 77 2".
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Passau und Halberstadt, das Herzogtum Ober- und Nieder-
poromern, die Stadt Wismar in Mecklenburg, die Königreiche
Böhmen und Ungarn und alle Erbländer des Hauses Österreich.
Der Pfalzgraf Friedrich bekommt seine Erbländer wieder
und dazu sämtliche Erbländer des Kurffirsten Max I. nebst dem
Bistum Kcgcnsburg. Pfalzgraf August zu Sulzbach wird Herr
von Mainz, Speyer und Worms und erhält nach dem Absterben
des Kuiiurstcn von Trier die junge Pfalz-Ncubuig und Jülich.
Kurköln und Münster werden zu den Generalstaaten geschlagen,
Kurtrier aber koninit an den Herzog von Holstein^ iottorp. Die üb-
rigen Bistümer werden ebenfalls unter protestantis( he Fürsten verteilt.
Damit wäre das evangelische Deutschlaad fertig, der
Katholizismus ausgerottet. Doch es sollte anders kommen«
Jetzt stand Gustav Adolf auf dem Gipfel seiner Macht; ge*
lang es ihm auch noch, seinen neuen grofsen Gegner, den Herzog
von Friedland, zu besiegen, so stand ihm menschlichem Er-
messen nach nichts im Wege, seine Icühnsten Pläne zu verwirk»
liehen. Allein bei Nürnberg brach sich seine Macht, und noch
war das Jahr nicht zur Rüste gegangen, hauchte er seine Heldcn-
seele auf dem Lützener Sddachtfeide aus, und mit ihm sank
der stolze Bau, den er aufzuführen gedachte, in TrUmmer.*')
Schhift. Hiemit schliefsc ich meine Arbeit.
Die Geschichte der von mir geschilderten Zeit bietet zwar
kein allgemeines Interesse ; denn die freie Reichsstadt Nttrnberg
war ja nur ein kleiner Stand, dessen Stimme bei den grofsen
schwebenden Fragen nicht ins Gewicht fiel. Aber ist der Beitrag
zur Geschichte des dreifsigjährigen Krieges auch nur ein kleiner,
so ist er, glaube ich, doch nicht ohne geschichtlichen Wert.
Wir erhalten durch ihn Aufschluls über die Pi^litik. einer evan-
gelischen Stadt, deren Bürgerschaft ganz schwedisch gesinnt war,
deren K.at aber nur zögernd, gleichsam Schritt für Schritt, das
Band mit Gustav Adolf immer fester knüpfte und immer sein
Augenmerk darauf riclitete, sich die CinadenthUre beim Kaiser
offen zu erhalten. Und was hier von Nürnberg gilt, mag mehr
oder weniger auch von anderen Reichsstädten gelten.
"} Öffentliche Bibliothek in Dresden. Extracl-Schreibeni, als
Ditpotitio RomaBi Imperij in nonam fonnam Saeeicam. Hist. Germ. c. 554i 7S.
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Beiträge zum Briefwechsel
des altern Hieronymus Baumgärtner
und seiner Familie.
Von
Lic Dr. Nikolaus Müller, Univ.-Prof., Berlin.
Nur wenige Männer spielen in der politischen, kirchlichen
und Gelehrten -Geschichte Nürnbergs im Jahrhundert der Re-
fürmation eine solch wichtige Rolle wie Hieronymus Baumgärtner
der Ältere, geboren im Jahre 1498, gestorben im Jahre 1565,
dessen Name mit vollen vierzig Jahren Niirnbergischer Geschichte
enge verwachsen ist. Schon vor seiner Verheiratung in den
Rat der Stadt gewählt, eine £hre, die bis dahin keinem andern
2U Teil geworden, bekleidete er eine Reihe von Ämtern, nm in
seinen reiferen Mannesjahren sogar in das Septemvirat und
Triumvirat einzurücken. Aber nicht nur in dem doch immerhin
engen Rahmen der Verwaltung seines heimatlichen Gemeinwesens
machte sich sein Einflufs geltend ; die hervorragende Rednergabe
und das diplomatische Geschick Baumgärtners bewirkten, dafs
er bereits in den zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts mit
schwierigen auswärtigen Missionen betraut wurde. Bis zu seiner
tragischen Gefangenschaft vertrat er seine Vaterstadt auf fast
allen Städte-, Bundes- und Reichstagen, und dadurch fand er
Gelegenheit, auch auf die Gestaltung der Reichspoiitik kräftig
einzuwirken.
So bedeutend indessen auch die Thätigkeit, die Baumgärtner
bei der Leitung der innem und äufsem Angelegenheiten Nflm>
bergs entfaltete, und so grofs seine Erfolge nach diesen Seiten
waren, so nennt doch die Geschichte noch andere Namen, die
«sich gleich oder ähnlich grofse Verdienste erworben. Einzig-
artig und epochemachend zugleich war dagegen seine Wirksam-
keit auf dem Gebiet des Nürubergischen Kirchen- und Schul-
wesens. Während der gelehrte Christoph Scheurl trotz aller
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humanistischen Neigungen mit dem römischen Kirchentum nie
völlig brach und der edle Ratschreiber Lazarus Spengler trotz
seines mannhaften Eintretens in Wort und Schrift fttr die Sache
des Evangeliums den Sieg der Reformation in der fränkischen
Reichsstadt höchstens anbahnen half, veiliefs Baumgärtner schon
in seinen Stucicntenjahrcn die Fahne des Humanismus, um sich
offen Luther zuzuwenden, und benützte er seine Wahl zum De-
putierten bei dem für die Einführung der Reformation in Nürn-
berg entscheidend gewordenen Kolloquium im März 1525, um
Wittenberg zum endgiltigen Sieg über Rom zu verhelfen. Wurde
infolge der Geisterschlacht im grofsen Rathaussaal aber nur das
Gebäude der Refonnation in seinem Rohbau fertig gestellt, so
fiel weiterhin Baumgärtner die Aufgabe zu, dasselbe zu vollenden,
und dies namentlich seit dem Jahre 1533, als Nürnberg eine
besondere Behörde, ein Dikasterium errichtete, das wie ander-
wärts die Konsistorien mit der Leitung der kirchlichen und
Unterrichtsangelegenheitcn betraut wurde, und Raumgärtncr als
> Kircheni)f1eß:er« an die Spitze dieser neuen Abteilung inner-
halb des Rates berief. Seine Energie, der freilich Übereilung
und Schroffheit fremd waren, und seine Milde, die sich jedoch
von Schwächlichkeit frei hielt, liefsen Baumgärtner den wichtigen
Posten, dessen Rechte und Pflichten an die Befugnisse und
Obliegenheiten eines Kultus- und Untenichtsministere und Kon-
sistorialpräsidenten der Neuzeit erinnern, lange Zeit hindurch zum
Segen seiner Vaterstadt versehen. Mit den Wittenbergern, nament-
lich mit Luther und Melanchthon, persönlich befreundet,
erbat er sich in allen wichtigen Angelegenheiten von diesen Rat
und Unterstützung, ohne jedoch damit die örtlichen Verhältnisse
Nürnbergs mit ihren besonderen Bedürfnissen aus den Augen
zu verHeren und seine Handlungsfreiheit preiszugeben, kein
Wunder, dafs sich in dem Gebiet der fränkischen Stadt unter
seinem £influfs ein Kirchen- und Schulwesen herausbildete, das
in vielen Stücken den Stempel der Originalität trägt.
Die Thätigkeit Baumgärtners als Kirchenpfleger war eine
Oberaus vielseitige. Er berief und leitete die Kirchenversamm-
lungen der Nürnberger Geistlichen, betrieb die Abhaltung von
Kirchenvisitationen, arbeitete an der Herstellung der Gottesdienst-
ordnung und der Ausgestaltung der Rirciienv erlassung, besetzte
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die erledigten oder neu geschaffenen Kirchen« und Schulstellen,
sorgte fflr einen tüchtigen Nachwuchs von Predigern und Schul-
männern, Indem er tachtigen Studenten durch Verleihung von
Stipendien ihre wissenschaftliche Ausbildung erleichtern half,
errichtete eine Bibliothek als ein wirksames Förderungsmittel
gelehrter Studien u. s. w.
Trotz dieser arbeitsreichen Thätigkeit fand jedoch der
Nürnberger Patrizier noch Zeit genug, um sich fttr die wissen-
schaftlichen Bestrebungen auf dem Gebiet der Theologie, Philo-
sophie und Philologie zu interessieren und diese mit freigebiger
Hand zu unterstützen. ^
Das beste Bild von der ausgebreiteten und erfolgreichen
Wirksamkeit wie von der edeln Persönlichkeit Baumgärtners
überhaupt gewährt sein Briefwechsel, den eine Biographie des
Mannes wird vor allen andern Quellen zum Ausgangspunkt nehmen
müssen Leider hat die Zeit den Briefen Baumgärtners selbst so
Übel mitgespielt, dafs von ihnen nicht allzu viele die Gegenwart
Überkommen hat, während dagegen Dank seinem Sammelfleiis
eine verhältnismäfsig grofse Anzahl von den an ihn gerichteten
Schreiben uns aufbehalten ist, so mehr als 300 Nummern aus
der Feder Melanchthons, weiter Briefe von Theologen, wie
Luther, Justus Jonas, Wenzel Link, Veit Dietrich,
Georg Maior, Paul Eber, Victorin Strigel, von Philo-
logen, Historikern, Medizinern und Dichtern wie Joachim Ca-
merarius d. Ä., Johannes Stu rm, Nikolaus Gerbel, Kaspar
Peucer, Eoban Hefs, Johannes Stigel, von dem Herzog
Albrecht vonPreufisen und dem spätem Bischof Julius Pflugu.a.
Im Folgenden bringe ich eine Reihe von Schreiben als
Beiträge zum Briefwechsel des ältem Hieronymus Baumgärtner
und seiner Familie in chronologischer Reihenfolge Z4im Abdruck.
Neun weitere Originalbrietc von Baumgartner an Melanchthon —
vom 30. Aj-ril 133::!, 24. September 1 53Q, 7. Juli 1548, 3. Juli 1549,
4. August und 1. Dezember 1553, b. April 1554, 10. Januar 1558
und 8, April 1559 — entnommen aus einem Sammelband der
von Wallenbergschen Kirchen-Bibliothek zu Landeshut in Schlesien,
') Es itt fludn« Abitcht, späterhin dae Monographie ttberBanmgiitncr
SU liefern.
|6*
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gedenke ich in meinen Nachträgen zur Melanchtbon-Korrespon-
denz in Bälde Teröffentlichen zu können.
FUr den Abdruck der nachfolgenden Stttcke werden im All-
gemeinen dieselben EditionsgrundsäUe angewendet, die mich bei
meiner Bearbeitung der Lutherschen Schriften im 8. Bande der
kritischen (Weimarer) Lutherausgabe leiteten. Wegen Mangels
entsprechender Typen werden bei Brief Nr. V anstatt ,,a" und
„o" mit übergeschriebenem „e": „ä" und „ö*' gesetzt.
1.
Hieronymus Baumgärtner») an seine Frau^).
Kegensburg. 1541. Mai 19.
Adr. Meiner freuntlichen lieben Hausfrauen, Siby IIa Hie-
ronymus Baumgartnerin, zu Nurmbeig.
Mein freuntlich grus zuvor, freuntliche liebe hausfrau, wiis
mich noch bey guter gesontheit, des gleichen hoff ich von euch
allou auch zuvcrnemcu. Ich luib dir neulich bey dem Ileiiitzle
gcschriben, hotT, es sey dir worden, und wullcst Heis furwcnden,
das dir bey der Ulrich Hallerin'') ein baretlein auts lurder-
Hchst last machen, daran ich aufs wenigst ein gülden ersparen
will: dann bey dem Hans Ebolt und Hans waltzen hab ich
frag gehabt, sy sein aber hie nit dartzu gerust, das sy an iren
schaden mir ettwas wolfails konten geben. Ich besorg, ich
werd weder zum Stingelhamer^), noch zum Muckentaler«)
können reiten, dann wir alle tag auff handlang müssen warten,
und doch die zeit vergeblich verKeren: dann wie es sich noch
bis her anlast, wirt diser rcichstag noch vor S. Barthini es lag
oder villeirht Michaelis sein endt nit erlani;en. Ich vcrhoff
aber, ich woll in kurtz erledigt wer<len . aufs w enigst ein Zeit-
lang heim fureiten. Ich weis dir auch nit zuschreiben, was
ich guts verhoff von disorn tag, allein das höh von noten ist,
Gott den AUmechtigen mit ernst zubitten, das er seinem wort
und namen die eer geben wöll und den Widersachern ire an-
schleg zunichten machen. Dann warlich menschlicher vemunft
nach zurechnen, ist es nie ferlicher gestanden dannjetzo. Gott
geb sein genad dartzul Mukentaler hat mir geschriben, er
woli bald zu mir hieherkommen, des bin ich allso gcwertig.
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— 245 —
Der Schrenck') ist hie, hat aber so vil zaschaffen, das er bis
her nie mit uns hat essen können. Will des pfeffermete gegen
mir nit vorgessen. Hiemit got befoHien. Datum Regenspurg,
doncrstag 19. Maii 1541.
Hiero. Baumgartner.
Wenn der Schaffer gelt will haben, so lass dir gelt vom Hein-
rich Holtzschuer^) bringen, oder laCs es dem Schurstab^)
antzeigen, das er im daselben schaff, so vil er bedarff, was d«
suiibt /.u der wochenliclicn ausgab den kirchenk^. bedarfst, hast
du dann grob gellt, so gib in das, wo nit, so bitt den schur-
stab, das er dir gellt aus dem Kloster lais bringen.
Gib der Schurstabin disen Brief allein, das es niemandt
seh, ob es gleich ein tag oder 2 verzogen wirdt, bis du selbs
zu ir kombst.
Original. 1 Blatt in Folio. Siegel erhalten.
[Berlin, Kgl. Bibliothek, Meusebaclische Sammlung.]
a) Baumgärtner vertrat auf dem Reichstage in Regensburg
die Stadt Nürnberg als deren Abgeordneter. Daneben hatte er
aber noch von Herzog Albrecht von Preufsen den Auftrag er-
halten, dessen Gesandten, Christoph von Kreitz, mit seinem
Rath zur Seite zu stehen , ein Auftrag, zu dem sich der
Herzog vorher die ausdrückliche Erlaul>nis der obersten Behörde
in Nürnberg eingeholt. Mit Rücksicht auf dieses besondere
Mandat erstattete Baumgärtner im Jahre 1542 dem preufsischen
Fürsten Bericht über das Resultat des Regensburger Tages.
Vgl, Voigt im »Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit c«
N. F. 2. Jahrgang (1854) S. 133 f.
b) Die Adressatin des Briefes, mit Baumgärtner seit dem
23. Januar des Jahres 1326 verheiratet, war die zweite Tochter
Bernhard Tichtels (Dichteis) von Tutzing, herzoglichen Pflegers
zu Starnberg im Jahre 1528^), der wegen seiner Hinneigung zur
Lehre Luthers im Jahre 1524 im Falkenthurm zu München in-
*) Ein Bernhard Tichtl erscheint als Pfleger von Tutzing und Möring.
Vgl. Oberbayerisches Archiv f&r vaterliadische Geschichte. 22. Band. S. ti.
Nr. lo. S. 14 Nr. 3« Ob hier aber unser Tichtel gemeint ist, Ifilst sich
nicht enUcheiden.
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^ ^46 ^
temiert und erst nach wiederholtem Verhör, geleistetem Wider-
ruf und Zahlung einer Strafsumme von nicht weniger als
2000 Gulden im Jahre 1525 frei gelassen wurde^ ). Tichtel war ein in
den nttrnbergischen Handelskreisen wohlbekannter Mann, wie
auch das mannhafte Eintreten des Bundesrates Krefs zu gunsten
des Gefangenen zeigt'*). Als Besitzer bezw. Pächter von Kupfer-
bergwerken erscheint Tichtel wiederholt in Kontrakten, darunter
auch in einem Vertrag, den er am 24. Januar 1531 mit seinem
Schwiegersohn, dessen Verwandten Bernhard Baumgartner und
andern wegen Ausbeutung des Kupferbergischen Bergwerks ab-
schlofs'). Diese Be:^ichunfTon zu Nürnberg und vielleicht auch
seine Sympathie für die Reformation erklären aber unschwer
die Thatsache, dafs Baumgartner sein Schwiegersohn wurde.
c) Ulrich Haller wurde im Jahre 1517 zum Genannten
des gröfsem Rates in Nürnberg bestellt und gehörte diesem
bis 1532 an. Vgl. J. F. Roth, Verzeichnifs aller Genannten des
gröfsem Raths u. s. w. S. 61. Vermuthch starb er in dem zu-
letzt erwähnten Jahre. Darnach kuiinte Ulrich Hallerin seine
Wittwe sein, Sie selbst wird namhaft gemacht in >Mitteihingen
des Vereins für die Geschichte der btadt Nürubergc. 3. Heft
(1881) S. 164.
d) Die adelige Faraihe St ingelheim ist im 16. Jahrhundert
zahlreich in Ober» und Niederbayem vertreten. Es begegnen
Glieder dieses Geschlechtes in Siegershausen» Weichbouen, Turte-
ning, Khirchberg, Hausbach, Kelbach. Vgl. Oberbayerisches
Archiv für vaterländische Geschichte 42. Band (1885) S. 22
Nr. 19; S. 38 Nr. 11; S. 39 Nr. 17; S. 45 Nr. 10 und 11; S. 50
Nr. 6 und Register zu Band 21—30 S. 262.
e) Unter Muckentaler ist der Verfasser der nachstehenden
Briefe Nr. III und IV zu verstehen. J)er lU-iname Werners be-
zieht sich aut das Gut vSondersdorf oder Sandersdorf, das lange
Zeit im Besitz der Familie Muckenthal (Muggenthal) war. Vgl.
Oberhayerisches Archiv u. s. w. 33. Band (1874) S. 285. Unser
*) Vgl. V. A. Winter, Geschichte der Schicksale der v i gelischen
Lehre in und durch Baiern u. s w. i Rand S 1S2 ff. J. K.Jörg, Deutsch»
land in der Kevolutions-Periode von 1522 bis 1526. S. 345 f.
*) Vgl, Jörg «. «. O. S. 346.
*) J. F. Roth, Geschichte dei NOnhergischeii Handels i. Theit
S. 37a ff.
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— 247 ^
Muckental, der auch a. a. O. 42. Band (1885) S. 19 erwähnt
wird, war von 1525 bis zm seinem am i. Oktober 1557 erfolgten
Tode Pfleger in Vohburg an der Donau. Vgl a. a. O. 26. Band
(1877) S. 142. Dafs Werner von Muckental der Schwager
Banrngärtners war» lassen dte Briefe III und IV erkennen. Er war
seit dem Jahre 1524 mit der ältesten Tochter Bernhard Tichtels,
Monica, verheiratet. Vgl. v. Frey, bayr. Adelsbeschrei! uml^ des
Johann Franz (Erker>. Bischof von Freising, Handschrüt der
Müncbener Hof- und Staatsbibliothek Cod. bav. 2290.
f) Bartholomä Schrenk, auch Bartholomä der
Schrenkh u. s. w. genannt, Sprosse des alten Mflnchener
Patriziergeschlechtes der Schrenke, dessen einer Zweig von dem
sächsischen Rate, Dr. Johannes Schrenk, im 15. Jahrhundert nach
Sachsen und Meifsen verpflanzt wurde, teilt mit seinem Grofs-
vater, Urgrofsvater und Ururgrofsvater den gleichen Vornamen.
Er wurde als ältester Sohn Kaspar Schrenks von Notzing zu
Egmating und Elisabetha Hoferins am 6. Januar 1 499 geboren ^).
Freymann^) bemerkt, dafs Bartholomäus Sch. in seiner Jugend
Frankreich besucht habe, und rühmt ihn als guten Fechter und
Tumierer, Nach derselben Quelle besafs er »ain sondern Ver-
standtauf das Geschütz, kam dardurch umb ain Aug«. V.Prey")
bringt den Verlust des Auges in Zusammenhang mit der Teil-
nahme Schrenks am Schmalkaldischen Krieg. Schrenk erscheint
als bayerischer Rat und Zeugmeister und als Proviantmeister
Karls V. In München war er zweimal Kastner, und zwar in den
Jaliren Ijjj und 1564, aufscrdcni versah er das Ptlcger-Anit in
Eckmühl bei Rcgcnsluirg in seinen spätem Lebensjahren. Wie
Baumgärtner, so hi-i ratete auch er vinc Tochter Hernhanl
Tichtels von Tutzing, und zwar die dritte, von v. Prey als Elisa*
Das Geburtsjahr ergibt sich aas einer Silbcrtne<1ai11«, die auf der
Vor.lor^c1te -Ii e Umschrift trägt : «BARTHOLOMEVS SCHRENCK /ETA 1 IS.
SV.l-I.XXX. und auf der Rückseite die Umschrift zeigt: »OMNIVM RERV.M.
VlClSSiTVDÜ.AN.MDXXlX.« (abgebildet ioi Überbayer. Archiv für valeiv
l&adiscbe Geschichte, lo. Bd. (1849—50.) Taf. III Kr. 7). Damach ist die
Angabe, wonach Bartholomäus Schrenk eist im Jahre 1508 geboren wurde,
io von Frey a. a. O. und ebenso in Johann Wolf Freymann, Stammbuch,
Handschrift der MOnchener Hof- und Staatsbibhothek Cod. bav. 1993, sv
korrigieren.
*) Vgl. Anm. I.
*> Vgl. S. 346 r. Aam. e.
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— 248 —
beth bezeichnet^), die aber schon am 13. Mai 1535 mit Hinter-
lassung einer einzigen Tochter, Juditli. starb. Die in iinserm
Brief erwähnte i rau ist Sibylla Meittinger von Augsburg, ge-
storben am 31. August 1587. Aus dieser zweiten Ehe gingen
14 Kinder hervor, darunter auch der Rat Erzherzog Ferdinands
von Tyroi, Jakob Schrenk, der Verfasser des Ambraser Helden-
buchs. Bartholomäus Sehr, besats in München ein Haus im
Rosenthal. Er starb am 11. Februar 1576. Vgl. Oberbayerisches
Archiv für vaterländische Geschichte 10. Band (1849—50) S. 178 ff.
12. Band (1851—52) S. 176 «f. 21. Band (1859—61) S. 47.
26. Band (1865—66) S. 98. 28. Band (1868-69) S. 17. Kurz
erwähnt wird Bartholomäus Srhrenk in einem Hrief von Simon
Minervius in München an Baumgärtner und in einem Schreiben
von Johannes Schrenk an Baumgartner, datirt Patavii 1534.
Vgl. Programm des Bonner Gymnasiums 1877, S. 22. 24.
^) Heinrich llül zschuher, von der ältern grünen Haupt-
linic der Patrizierfamiiie Holzsciiuhcr, kam im Jahre 152 7 als
Genannter in den ^röfsern Rath, wurde 1527 Assessor und
Schöffe am Land- und Bauerngericht, 1529 am Stadt- und Khe-
gericht, erlangte 1533 die Pflege beim Landalmosen u. s. w.
£r starb am 28. Januar 1559. Vgl. Roth, Verzeichnifs u. s.w.
S. 68. Biedermann, Geschlechtsregister des Hochadeligen Patri-
ctats zu Nürnberg Tabula CLXXXtL
h) Bei Scliurstab hat Haumgärtner Leo Schurstab im
Auge, wie Briet Nr. II an die Hand gibt, der von 1519 bis 1558
Mitglied des Rats in Nürnberg war und am 10. November 1559
starb. Sein Name erscheint neben dem Siegmund FUrers und
Hieronymus Baumgärtners unter dem »Rathsverlafsc vom 8. Sep-
tember 1525* worin Melanchthon gebeten wurde, nach Nürnberg
2ur Einrichtung eines Gymnasiums zu kommen. Vgl. Siebenkees,
Materialien zur Nürnbergischen Geschichte. 1. Band. S. 333.
Die Erwälinun^ Schurstabs an unserer Stelle steht zweifeilos in
\ir<äch]{rhem Zusammenhancr mit sc inem Amt als Pfleger und
Einnehmer des allgemeinen grolsen Almosens der Stadt Nürn-
') Vi^l. vorher Frpymann a. a. 0. n«?nnt ihren Vornamen nicht.
Woher die Angabe im Oberbayer. Archiv a. a. O., dafs sie Felicitas ge>
hei&eti habe, »taimiit, ut mir nnbekuitit.
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— 24Q —
berg. Als Mitglied der Kommission, der die Verwaltung dieses
Teiles der Annenpflege übertragen war, wird er wiederholt in
Urkunden aus den zwanziger und dreifsiger Jahren des 16. Jahr-
hunderts genannt, so 9. JuU 1525, 30. Mai 1528, 18. November
152Q, 15. März ttnd28.April 1530, O.November 1531, 25.Juml534.
Vgl. Waldau, Vermischte Beiträge, 3. Band, S. 468 f., Roth,
Vcrzci( hnifs u. s. w. S. 67, Derselbe, Geschichte und Beschreibung
der Nürnbergischen Karthause, S. 247 f., S. 302 i'., 306 f., 304 f.,
Verzeichnifs u. s. w. S. 70 f., Geschichte u. s. w, S, 251 tf.,
Waldau a. a. O. 4. Bd. S. 511 f.
II.
Hieronymus Baumgärtner an seine Frau.
Regensburg. 1541. Mai 22.
Adr. Meiner freuntlichen Hebenn hausirauen, Sibylla
Hieronymus Baumgartnerin» zu Nurmberg.
Freuntliche liebe hausfrau, wifs mich noch bey i^utcr gc-
sontheit» desgleichen verhoff ich von dir und dem gesind auch
zuvernemen. mir hat der peter has gesagt, wie mich mein
Schwärt ze Barb*) hab lassen gruessen mit anzetgung, wie sy
ein braut und der Grunn therm Carl^) der Breutigam sey.
Das hat mir der Gruntherr selbs auch geschriben, drumb
wünsch ich in vil glucks zu der lieirat. Ich besorg, es werd
die kreutzwochen iibel /ugccn auf der haller wisen'^'l, ist anders
bey euch ein netter wie bov uns, da es nichts tliuct dann
regnen und windig seyn. Liebe hausfrau. Ich schreib hiemit
dem Leo Schurstab*'), das er dir woll gelt schaffen, damit
du den schaffer und andere könnest zu frid stellen: verhoff, es
soll geschehen, und schreib nur alle ding ileissig an, und nim
dir wol der weil dartzul Ich kan dich noch nit vertrösten,
wann ich hoffnung hab heimzukommen, versih mich aber, in
kurtz einen beschaid zuerlangen Mitler zeit unnd alle wegen
seyt Gott befolhenl Datum Regens bürg, Sontag in der Creutz
Wochen 1541.
Hieronymus Baumgartner.
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— 250 —
Original. */« Folio-^i^^tt- J^iegel erhalten.
[fierlin, Kgl. Bibliothek» Meusebacbsche Sammlung.]
a) Wolf gang Schwarz, vielleicht der Vater der Barbara,
gelangte im Jahre 1513 in den gröfsem Rat. Vgl. Roth, Ver-
zeichnifs u. s. w. S. 58.
b) Karl Grundherr fehlt in Biedermann, Geschlechtsregi-
ster des Hüchadeligen Patriciats zu Nürnberg. Wohl wird hier
(Tabula LXV. LXXII) ein Karl Grundherr, der Sohn von Paul,
erwähnt; aber da dieser erst im Jahre 1535 geboren wurde, so
kann er nicht an unserer Stelle gemeint sein. Überdies war
er zuerst mit einer Krefs und sodann mit einer Haller ver-
heiratet Näheres siehe zu Brief Nr. IX.
c) Ueber die Hallerwiese vgl. Waldau, Vermischte Beiträge
zur Geschichte der Stadt Nürnberg. 2. Bd. S. 465 ff.
d) Ueber Schurstab vgl. oben S. 248 f. h.
e) Am 9. Juni 1541 war Baumgartner wieder nach Nürn-
berg zurückgekehrt. Denn an diesem Tage läfst ihn Meianch-
thon dwTch Veit Dietrich grüfsen. Vgl. Corpus Ref. vol. IV.
p. 393 sq.
III.
Werner von Muckental*) an Sibylla Baumgärtner.
Vohburg. 1544. Juli 8.
Adr. Meiner freindtUchen Lieben geschweyen, Siwilla
Jeranymufs paungartnerin, zu Nurnburg.
Mein freindtlich und gepurlich dienst zuvor, freindtliche
Liebe geschwey, ich hab dir zway mal geschriben, waifs aber
nit, ob dir dye brief worden sind. Liehe scliwey, icli wolt auch
gern wifsen, ob du nit wcst, wer dein haulswirt gelangen het.
got wol ime sein gnad vcrleichen, damit er wider zu dir und
deinen kindem kumb. ich hab pey mir gehört, er sol dir und
deinen hem geschriben haben, ine seiner gefencknufs zu ent-
ledigen'*), wan es also wer, wolt ich warlichen von hertzen gern
hom, wir piten auch alle got für in, damit in got seiner fenck-
nufs endledig, ich pit dich auch freindtlich, du wellest dir dein
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251
kumbernurs aufs dem sin schlagen und gott dem almecbtigen
bevelchen: der waifs ime wol zu than. dan es ye nit hilft,
wan ich dir und deinem haufs wirt seiner gefencknufs halben
kindt helfen und ratten mit Leub und gut, wellest mich dar inen
niL sparn und michs vvifsen lafsen, wil ich willig sein, ich hab
ain schreihen den 22. Junius von dir entpfangen, dar auf ich
dir wider gcscliriben, wais aber nit, ob dir das schreiben wor-
den ist. wellest mich aufs vest wifsen lafsen, wie die sach deines
haufswirtz ste, damit sey gott dem allmecbtigen bevoicheni
Datum vochburg, den 8. Julius anno xlüii^.
Wernher von Muckeutal zu Sanderstorf,
pfleger zu vochburg.
Original. 1 Blatt in Folio, Siegel erhalten«).
[Berlin, Kgl. Bibliothek, Meusebachsche Sammlung.]
a) Uber Muckental vgl. oben S. 246 f. e.
b) Nach seiner Gefangennehmung durch Albrecht von Rosen-
berg durfte Baumgärtner nicht frflher als am 13, Juni seinen
Angehörigen ein erstes Lebenszeichen zukommen lassen. »Donners-
tags 12. Juni! in der Nacht faert man mich in ain Schlofs, alda
ich zu morgens die ersten brief hieher schryb, wiewol ich das
dat erst auf 2 1 . Junii setzen muefst, wie mir dann die brief also
bey hanndcn gelassen wurden, bifs uft' 21 dito, da nam er die
unnd ryt damit hinwegk«, erzählt er in seinem am IQ. August
1545 an den Rat in Nürnberg gerichteten Bericht über seine
Gefangenschaft und Befreiung. Vgl. 33. Jahresbericht des histo-
rischen Vereins von Mittelfranken (1865) S. 110.
c) Das Siegel zeigt einen aufsteigenden Marder, das Wappen-
tier der Muggenthaler. Vgl. Oberbayerisches Archiv, 29. Bd.
S. 131.
IV.
Werner von Muckental'') an Sibylla Baumgärtner.
Vohburg. 1544. Juli 22.
Adr. Meiner frcindtlichen Lieben geschweyen und Schwestern,
Sibbila Jeranymus pauagartneiin, zu Nurnburg.
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— 252 —
Mein freindtiich und gepurlich dienst zuvor. freindtUcIie
Liebe Schwester und geschwey, es ist mir den tag 21. Julius ain
schreiben von dir zukumben, dar inen ich vernomben, wie du
von deinem haufswurt, meinem fr. Lieben schwagern, ain schreiben
gehabt^), hab ich warlichen von hertzen gern gehert, damit man
doch wais, wo er sey, wirt ime mit der zeit, des der wir ge-
hoffen, got wirt dich und ine nit verlasen, auch hab ich vernonien,
wie ine a lere cht [so!] von Rosenberg pockspurg*^) halben
nider geworfen soll hal)cn, acht auch, dar inen werden deine
hern nit feurn, damit er zu erledigung seiner gefencknuls paid
kumben werd: dan man wirt schon mitl und weg suchen, was
ich ime meinent halben Mocht helfen und ratten, wolt ich war-
lichen kain Mue und fleis sparet, es wer pey meinen gn. hem
von pairn oder sunst. ich hab auch vorlangst gehert, es so .
in ainer von Rosenburg haben nidergeworfen habe, aber nitt
gewislich gewist: dar umben hab ich dier nit wollen zu schreiben,
es hat ain doctor ludwig von Nurnburg, so zu meinem gn.
hern hertzog geriteii, zu Sand e rs t u r 1" ^es.i^t, vor dreyen vvoclien
sol dir d<Mn haufswirt geschiilien haben, wie ich in diinein
schreiben vernomben, ist es nit. froindtlidie T-icbe srhwestcr, du
wellest dich wol gehaben, die weil man wails, wo er ist, oder
wer in hat hat, hof ich zu got, es werd weg gefunden, damit
er pald erledigt werd. es sind mir neulichen zway schreiben von
dir worden, an das, so du mir yetz gethan. du schreibst mir, ich
sol dich wisen lasen, was doch pey mir hie die sag sey, es sey
pey dir mancherlay, her ich warlichen hiepfor wenig dar von
sagen, ich pin im willens» in kurcz ain mal ain Ridt zu dir
hin ein zu than. Sey getrost und bevilchs got dem allmechti-
gen, der wirts als zum pesten wenden und schicken und sein
genad vcrieichen, das er pald erledii^t werdt. mein jungfs gesin
lasen dich vast trösten und gar freindtlichen griesen. Damit
sey got bevolenl Datum V oh bürg, den 22. tag Julius anno 44.
Wernher von Muckental
zu Sanderstorf, pfleger
zu Vohburg.
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— 25a —
Original. 1 Blatt in Folio. Siegel erhalten.
[Berlin, Kgl. Bibliothek, Meusebachsche Sammlung.]
a) Vgl. oben S. 246 f. e.
b) Vgl. oben S, 251 b.
c) Boxberjc. Vgl. Lenz, Zeitschrift für Kirchengeschichte
IV. Band (1881) S. 155.
V.
B. Schrennckh^) an Sibylla Baumgärtner.
München. 1544. Juli 30.
Adr. Der Erbamn und thttgenthaftenn frawen, sibilla
Hieronimtts pawngartnerinn, meiner freündtlichenn liebenn
Schwester zw hanndtenn, inn Niernnberg.
Ernnvestf tlüii;cnnthafte freündtliche liebe Schwester, deinn
unnd deiner khindor gesündthaitt hörtte ych gernnn; wifs mich,
meine haiisfraw und khiiuicr f,a^siindt, gott hab lob! dir tag yst
mir ein schreibenn von dicr zw khomnienn, wölliches innhallt
unnd die geschieht der erbarmlichenn Nideriag unnd weckh-
fieriing deines liebenn haüfswierts ych zuvor warllich mit be-
schwärttem hertzenn vemomenn, und trag defsseinent halbennn
mit dier, demen liebenn khindemn ein trewlichs hcrtzlichs mit
leydenn, und watsfs gott, dafs mir zürn höchsten laidt umb in
yst, ganntz erschrockhenlich hie hörenn einenn solHchenn hoch-
müett, da die khay. Ma. sampt andemn potenttattenn umb die
weg sindt zw gcduldenu. frcündtliclic liebe Schwester, ych sollte
dier ya biliich vorlonngst hahennnn geschribenn, dich zw trustcnn:
so hab ich doch immerzw und täglich liotfnüng gehabtt, güette
zeittting unnd erledigilng deines hailCswierts zw vernemenn, dich
allso der tzeitt vonn newem nit wöllenn betriebenn, mich allso
auch gegen dier enntscbüldigt habenn will, die wöUest gttett-
willig unnd freündtlich von mir aüfTnemmenn. dann dtt solltest
mir warllich glawbenn, wo es mir menschlich miglich wäre, dafs
ych khflndte oder wöste, deinem liebenn hawfswiert, meinem liebenn
Schwager, so ime zw seiner erledigünng diennstlich unnd erspriess-
Hch seinn mochte, zw ratten, hellffeii, aih Ii dicr und deinen
khindorcnn mit allor frcundtschaft zw diennenn. Dafs ych
soUiclics allzcitt an meinem vermigenn, fleifs, mie unnd arbaitt
nit will lassen er winden, dci's solltestu dich gänntzlich zw mir
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- 254 —
getröstenn und versechetin. dann wie dü meldest, dafs dein
lieber hawfswiertt ein grosse clag hab inn der statt Niernn-
berg, liebe Schwester, er hatt solliche clag nit weniger hie
irnnd inn Attgspfirg, wem er nttr bekhandt yst; attchvonnun-
bekhanten, so nflr von ime herenn sagenn, wöllichenn er allenn
vonnn hertzenn erbarmt, und sonderlich, wie wol ych täglich
vonnn Niemberg, Aügspürg und mer orttonnn schrcibcnn hab,
aüch hie am hoff bin, nit khan hörenii, nocli vememmenn, wöl-
licher enden er und dtirch wen gefierit wordenn oder noch ge-
fänngkhlich ennthailtenn wierdet, lebenatig oder todt sei, wöl-
liches wol zw verwUndernn yst, man so gar khaynn wissenn
habenn mag, so bin ych doch der tröstlichenn ho£fnttng sw gott,
meine herrenn vonnn Niernnberg^), einn erbarer Ratt, werde
nicht anderlassenn, deinen liebenn hawfswiertt widerflmb sw er-
ledigen, versicherenn und ime aller ding schadtlos halltenn, wöl-
liches ycli ime, dter unnd deinen khindernn, attch gemeinner statt
Niemberg wo! wolte ve^;Omien und defs zw vememmenn ein
hcrt^liche freidt bette, gott wolle es gnedigkhlich schickhenn,
wie dü dann alles seinem gottlichenn willenn ergeben hast, da-
rann dü recht vor gott handist und thüest, alls einn verstenndig
weih. Wafs habenn wier aüff dissem erdtrich annderst vonn
dem höchstenn stanndt bifs aüff denn wenigistenn, allainn wider-
wärttigkhaitt, sorgföUtigkhaitt, betrtiebtnüs, khttmemtts, hertsenn
laidt, disses alles an anzall; und wo wier nit hettenn Cristfim,
unnssemnn erlösser und seligmacher, die ewig werenndte hoff-
nüng, die swflttcht inn onnsserennn anligenn zw seinen gottlichenn
genadenn, umb tröstlidie ergötzligkhaitt zw entpffachenn, mies-
tenn wier in dissem zergänngkhlichenn ollendtcnn Icbenn ver-
zagenn unnd vcrzweiftlcnn. AUsu aber, ob wier schonn sein
Creitz aüff unnfs neninienn und ime helffen tragen oder narh-
volgen sollen, wiert er unnfs doch nit mer aüflerlcgenn, dann
wier zw tragenn und zw geduldenn wissenn und, so es seynn
zeitt yst, widerümb mit gnadenn entkdenn, erhörenn und er-
qUickhenn wierdett: wöllenn unfs allso alle mit einannder seuiem
göttlichenn wiUenn, seiner gottlichenn genadt und barmhertzig-
khaitt bevolchenn habennn. mein hattsfraw und ych lasfsenn dich,
deine liebenn khinder freUndtlichenn griesfsenn. Datüm minchenn,
dennn 3ü, tag yulii anno 44, « c^k^^«««i,w
° D, ocnrenncKJi.
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— 255 —
Original. 2 Butter In Folio. Siegel erhalten«).
[Berlin, Kgl. Bibliothek» Meusebachsche Sammlung.]
a) Über Schrennckh vgl. oben S. 247 f. f.
b) Die Nürnberger wendeten sich bereits am 23. Juni 1544
an Philipp von Hessen mit ihrer Bitte um seine Hilfe zur Be-
freiung Baumgärtners. Vgl. I.onz, Zeitschrift für Kirchen-
geschichte IV. Band (1881) S. 154 Anm. 4.
c) Das Wappen der Familie Scbrenk ist ein Pfeil in einer
schrägen Strafse. Vgl. Oberb. Archiv 10. Bd. Tafel III Nr. 7.
Siebmachers Wappenbuch 2. Bd. 1. Abt. S. 57 und Tafel 59.
VI.
Veit Dietrich an SibyUa Baumgartner.
(Nürnberg. 1545.)
£rbare und tugenthaffte frau. Ich schicke euch hie ein
trostbuchhn, das wollet bisweilen lesen und euch damit trösten,
bis Gott» wie wir hofifen, gnedige hilff schaffet; und ich bitt,
beschwerets euch nit, das ichs in eurem namen hab lassen
drucken, denn ich anders damit nichts gesuchet, denn das ichs
öffentlichen bezeugte, wie mir eur und eurs lieben herrn Unfall
ein treulich leid ist, und ich gern mit eim grossem, wo ichs ver-
möcht, euch trösten und furderlich wolt sein. Der gnedige Gott
wolle euch, wie bisher, weiter trösten und erhalten, bis wir eines
froUchen tages und bottschafft erleben, Amen.
Veit Dietrich.
Original. Folio-Blatt. Adr. fehlt.
[Berlin, Kgl. Bibliothek, Meusebachsche Sammlung.]
Der vorstehende Brief bildet ohne Zweifel das Begleit-
schreiben SU der an SibyUa Baumgärtner ttbersendeten Druck-
schrift und ist darum wie diese zu datieren:
>PASSIO. I (Döcr liiftort vom Uy^cn Cbrifti 3hcfit '
©nfors f^cvlanöf. (ßcpicc^igt J)m\-l> l>itum Dietrid? 3U
Hurnhcra M.D.XLV. Darunter Hol/schnitt mit
der Kreuzigung Christi. Druckbogen a bis $ und 2(
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— 256 —
und ö. Am Schlufs (Blatt ^36*) ein Holzschnitt mit der
Verklärung Christi und darunter: »Psaimo LXXXIX. |
XDoI beut voiä bos joitd)^ tan, |c In Oktar. —
Blatt an* — hu^ enthält die Widmung, beginnend: »Der
Erbam und tugenthafftigen Frawen Sibilla Jeronymus
Baumgartnerin. < und schliefsend mit: »Vitus Dietrich
Prediger inn der Sebalder Pfarrkirche. t
Exemplar in Berlin. Kgl. Bibliothek £, 1914.
Neben diesem Druck von 13 Predigten Dietrichs ttber
die Passionsgeschichte nach dem Evangelium St.Matthäi
existiert noch ein anderer, der mir jedoch nicht zugäng-
lieh ist. Vgl. Strobel, Nachricht von dem Leben und
den Schriften Veit Dietrichs S. 115. — Veit Dietrich,
die Hauptkraft Baumgärtnors der Durchführung uiul
Befestigung der Reformation in Nürnberg, hatte diesem
und Bernhard Baumgärtner bereits im Jahre 1538 zu-
geeignet: »Enarratio Psalmorum LI Miserere mei Deus,
et CXXX. De profundis clamavi. Per D. Mart. Lutherum
nunc recens in lucem aedita. Adjecta est etiam Sa-
vonarolae meditatio in Psalmum LL M,D.XXXVni.c
Vgl. Strobel a. a. O. S. 55 und Lutheri Exegetica
opera Latina. vol. XIX. (Erlangae) p. 1 sqq.
Unser Brief gehört in die Reihe der Trostschreiben, die
anläfslich der Gefangenschaft Baumgärtners seiner schwergeprüften
Frau zugesendet wurden, von Luther am ö. Juli 1544 \^l)c W ette,
Lutliers Briefe, Sendschreiben u. s. w. 5. Theil S. 672 f.), von
Melanchthon am 9. Juli 1544 (Corpus Rrforniaturum vol. V.
p, 438 sq.), von Brenz am »Sambstag nach Hilariii 1544 (Pressel,
Anecdota Brentiana S. 239 ff., von Georg Maior am 9. Juli 1544
(Waldau, Neue Beiträge £ur Geschichte der Stadt Nürnberg.
1. Band. S. 330 ff.).
VII.
Hieronymus Baumgärtner an seine Frau.
Windsheim. 1545. August 3.
Adr. Meiner freuntlichenn lieben Hausfrauen, Sibylla
Hieronymus Paumgar tne rin, zu Nurmberg.
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— 257 —
HertzUebe Hausfrau, ich bin aus gottes millten genaden
frisch und gesont bis anher komen und verhoff, mit des selben
hillf morgen das nachtmal mit freuden mit dir und unsern herts
lieben kindletn zu empfahen, und, so ferr die milaun zeitig, so
wollest mir ein gut stuck oder /.wey lassen kauffen, daran nit
allein wir, sonder auch die kindlein sich mit uns erfreuen mögen,
gott woll uns aus seinen gewonlichen gnaden völlig mit freuden
zusammen hellffen, Amen. Datum wiasheim in eyl nach dem
gar aus, montags 3. Augusti 1545.
Hiero. paumg.
Original. Folio-Blatt. Siegel erhalten.
[Berlin, Kgl. Bibliothek, Meusebachscbe Sammlung.]
Nachdem es Baomgärtner endlich geglückt war, aus seiner
langen Gefangenschaft befreit zn werden, trat er den Weg nach
Nürnberg an, indem er zunächst mit Albrecht von Rosenberg
nach Nasihausen ritt. Hier wurde er von den beiden Edel-
leuten Sebastian und Valentin Rildt erwartet, die ihn in seine
Heimat geleiten sollton. Von den zwei ihm in die Wahl ge-
stellten Reisewegen über Würzburg oder über Windsheira wählte
Baumgärtner den letztern. So gelangte er denn am 1. August
nach UnterschUpf und am folgenden Tag nach Mergentheira,
vor dessen Thoren Rosenberg von ihm >ain gut — gelimpfflichen
abschid nam«. Montag, den 3. August kamen Baumgärtner und
die beiden Rudt nebst ihrem Gefolge bis nach Windsheim, und
hier schrieb der von seiner Familie so lange Getrennte unsem
Brief, der Frau und Kind seine unmittelbar bevorstehende An-
kunft ankündigen sollte^). — Am 4. August^) ritt IJaumgärtner
durch das Vestner Thor in Nürnberg ein. Um allen Ovationen
zu entgehen, beriet der bescheidene Mann, wie er selbst er-
zählt''^i, schon auf dem Weg mit einem der beiden Rüdt, >wie
und weicher gestalt (er) auff das aller gehaymest möchte herein
kumenc; aber alle Vorsichtsmafsregeln vermochten nicht die
*) BaumgSrtner tcMIdert wie die Geschichte seiaer Gefangentcheft,
so auch die seiner Heimreiüe in dem erwihnten »Kurz Begriff« u. s. w.
33. Jahresbericht des historischen Vereins von Mittelfranken S. 105 — 123.
•( Waldau, Neue Beiträge lur Geschichte der SiaUl Nürnberg, i. Hand,
S.313 nennt fälschlich den 3. Aogiist
Kon Begriff a. a. O. S. 123.
ir
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— 258 —
Freude und den Jubel der Nürnberger über die endliche Heim-
kehr eines ihrer besten Mitbürger zu dämpfen oder gar hintan-
zuhalten. Wie der »zulauffc bei seiner Rückkehr in Nürnberg
sich im Einzelnen äiifserte, d&rUber berichteten Baumgärtner und
Veit Dietrich an Melanchthon am 5. August 1545. Vgl. Corp.
Ref. vol. V p. 837 sqq.
vni,
David Baumgärtner an Hieronymus Baumgärtner.
Baumgarten. 1557. April 16.')
.... Und hab mit meinem prüder Hansjörigen deines be-
gers halben geredt, haben erstlich gern gehört, dein son**) in
studio sich allso hellt, Auch daryn well procediert, dar/.u wir
pillich hellTesoUen, und da nun in in [sie] frangkhrcich schleichen
willt . wellen wir zway jar yedes jar hundert tailer im zu hilff
geben und reichen ....
Datum Paungarten den xvi. Aprill Anno etc. im Ivii.
Dauid Paungartner.
Gleich Nach (Istern schigkli ich Meinen Son, so von
6. Januarii im i x. jar, mit ainem nigen praeccptor und ainem
jungen, so auff ine wartet, gen Ingolstat....
Original. 2 Blätter in Folio. Siegel erhalten.
[Berlin, KgL BibUothek, Meusebachsche Sammlung.]
a) Hieronymus Baumgärtner empfing diesen Brief, wie er
auf der Adresse bemerkte, »1557 18. Aprilis«.
b) Siehe Brief Nr. IX, a.
IX.
Hieronymus Baumgftrtner an David Baumgärtner.
(Nürnberg.) 1557. Aprü 20.
Edler und vester freuntlicher lieber vetter, dir seien mein
willige dinst jeder xeit zuvor 1 Dein schreiben des datum
16. Aprilis hab ich empfangen und bedancke mich dein und
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— 259 —
deines herm brueders guct willigen erbietens zum höchsten, will
dir aber daneben nit verhallten, wiewol ich willens gewest« meinen
son*) noch ein Zeitlang in Ten tsc blanden zuerhallten, damit
er dester gefasster ad altiora studia in Franc kr eich kommen
und die dester furderlicher zum ende bringen, und ich des Un-
kosten« entladen werden mochte, so haben sich doch mittler
Zelt inciiics juugsten Schreibens solche gcle^cnheit zuegctragen,
das h. paulus Gruntherr^) und unser Ratschreiher wilbald
Gebhart*^) irc sun mit einem geschickten praecepture in Franck-
reich zuschicken sich entschlossen gehabt, derhalben mich ge-
dachter mein son durch schritten zum höchsten gebetten, ine
von diser geselschaift, dabey er alhie und anderswo von seiner
jugent auferwachsen, nit abzusondern, sonder mit inen zuziehen
ime hilflich zusein, welchs ich uflf gehabten Rat ettlicher guter
herrn und freundt, so der knaben gelegenheit und des wesens
in Franckreich bessern bericht dann ich haben, mir gefallen
lassen, allso das sy im namen Gottes sambt einem geborncn
franl/.üscn, der docli hic bur^er uiui liaussessij( , meins Ver-
sehens heut datum von Strasburg aus in Frankreich zu-
raisen anlahen sollen. Gott woU seinen segen und genad darzu
verleihen, und nach dem es allso dein will, das ich dich hinturo
tuitzen und des worts herr mich enthallten soll, will ich es allso
lassen bleiben, wiewol sich meinethalben ein anders geburet.
Deinem son wünsch ich zum ersten anfang seines studii
und hinfuro alle gluckliche wolfart, und thue uns alle hiemit
in Gottes sclmtz und schirm befelhen. Datum dinstags den
20. Apr. 1557.
Ortgmal. V4 Folio-Blatt, ohne Adresse.
[Berlin, Kgl. Bibliothek, Meusebachsche Sammlung.]
a) Hieronymus Baumgärtner der jüngere war das dritte
unter den sieben Kindern seiner Eltern und deren einziger Sohn.
Sein Geburtstag ist der 11. Juli des Jahres 1538. Mit Hilfe
der Astrologie, die Baumgärtner so wenig verschmähte wie
Melanchthon, prophezeite der aus Nürnberg stammende Arzt,
Erasmus Flock, das zukünftige Schicksal des sechsjährigen Knaben,
indem er dem Vater am 3. April 1544 mitteilte: (Flock) con-
siderasse tempus et coelum, quod filio Hieronvmo nascente
' 17*
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— 260 —
luxerit. Hanc lectionem potaisse eligi commodius ad ingenii
nobilissimas dotes. Natum ess« iudicat (Flock) hoc tempore
divina Providentia; namque patriae eum fore oraaroento ingentes-
que in eam coUaturum utilitates, florentem eum gubematu-
ruroc tt. s. w. Vgl. Bonner Programm a. a. O. S. 17. Nach
Beendigung seiner Vorstudien bezog der Sohn wie einst der
Vater die Universität Leipzig, deren Wahl zweifellos dadurch
bedingt wurde, dafs der Mann, mit dem der ältere Baumgärtner
seit früher Jugend innig befreundet war, Joachim Camcrarius
dort wirkte. Mit seinem alten Freund setzte sich auch der
Nürnberger Patrizier, wie der Briefwechsel des Camerarius er*
kennen läfst, in Verbindung, um seinem Sohn und dessen
Studtengenossen eine freundliche Aufnahme tn sichern. Und
sie fanden nicht nur diese, sondern auch nachhaltige Förderung
ihrer Studien, wie ebenfalls aus den Schreiben des Camerarius
erhellt"). Als »Hieronimus Baungartener Noricusc wurde der
Name des angehenden Studenten im Sommer-Semester 1554 der
Leipziger Matrikel einverleil»t. Wie der obenstehcnde Brief er-
kennen läfst, sollte der Sohn Hieronymus im Jahre 1557 nocii
länger auf einer deutschen Hochschule verweilen : aber die Ab-
sicht von Paul Grundherr und Wilibald Gebhardt, ihre Söhne
zur weiteren Ausbildung nach Frankreich zu schicken, veranlafste
auch Baumgärtner, seinen Sohn schon jetzt mit jenen eine Studien*
reise nach Frankreich antreten zu lassen^. Ueber die Reise
selbst, welche sich auch auf Italien erstreckte, geben einige
Briefe nähern Aufschlufs. Am 30. Januar 1558 weilt Hieronymus
in Paris, von wo aus Georg Stctner an Baumgärtner berichtet.
>Ex requisito Geuderorum et D. Bosii patriam rt^petentium scri-
bere. Studia in eodem esse. Mutasse lucum, cum nunc sint in
suburbio, sed uon hospitem« lautet die Inhaltsangabe des be*
Als Uuumgärtner starb, konnte Camerarius dessen Sohn in einem
Trostschreiben mitteilen, dafs er jenen vor mehr als 51 Tnhren kennen p;e-
lernl habe. Vgl. Joaclunn Catnerani Bapenbergensis epiklolarain fam. libri VI,
(FniDCofurti 15S3) p. 333. Dftraach sind die falschen Angaben in den bio>
graphischen No;izen über Baumgärtner zu korrigieren.
^) Vgl. Camerarii epist. fam. 1. c. p, 269 s^q., wo wtederhoU auf »vestri
Üben«, oder »pueri« d. h. Hieronymoi Baumgftrtner den Jüngern und den
Sohn von Grundherr, Bezug t^enommen wir<i.
•) Grofse l^c: tin Nürnberger Tatri^ier sind nicht« Seltene«. Vgl. Mit-
teiluQgcD für Geschichte Nürnberg». 3. lieft, S. 73.
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— 261 —
treffenden Schreibens. An Neujahr 1559 befinden sich die
Reisenden in Südfrankretch; in einem Brief desselben Verfassers
an den gleichen Adressaten, datiert iBitarigibusc, wird gemeldet:
»Mutasse aSrem se a quartana Uberatum. Filium Hieronymum
pristlnae sanitati restitutum rediisse Bituriges. Morbum filii re-
quisivisse maxiiiias exi)cnsas.c Gegen Ende des Jahres 1559 war
Hieronymus in Padua angekommen, von wo aus er unterm
30. November seinem Vater Mitteilung machte: »De statu aca-
demiae et professoribus. Se uti famiUariter Joachimo Caracrano
Equum non posse vendere. Mittit rationes expensarum. Cupit
se conferre in patriam ob dolores cordis et capitis, c Vgl. Uber
diese Briefe Bonner Programm a. a. O. S. 24. 23. — Mehrere
Jahre nach dieser Reise ins Ausland verlobte sich der jttngere
Baumgartner mit der Nümbergerin Klara örtel. Vgl. die auch
für die Zeitgeschichte interessante »Eheberedung Hieronymus
Baumgärtners des Jüngern mit Clara örtlinc im Anzeiger für
Geschichte der deutschen Vorzeit. N. F. 3. Jalirgang (1855) S. 25 ff.
57 ff. Die Vermähhing fand am 25, Januar 1564 statt.
Wie sein Vater, so wurde auch er schon vor seiner Verhei-
ratung als Genannter in den gröfsern Rat berufen, dem er von
1563 bis zu seinem Tod am lö. Dezember 1602 angehörte. Im
Jahre 1564 erhielt er das Amt eines jungen Bürgermeisters.
Vgl. Roth, Verzeichnifs u. s. w. S. 87. Die Errichtung der Uni-
Yersitftt Altdorf wird besonders ihm zugeschrieben^ Seine letzten
Ämter in Nürnberg waren diejenigen eines vordersten Losungers
und eines Reichsschultheifsenamts-Verwesers. Vgl. über ihn die
äufserst dürftigen Angaben bei Will, Gelehrten-Lexicon, 3. Theil
S. 124 L und die Ergänzung dazu von Nopitsch.
b) Faul Grundherr von Altenthann, geboren im Jahre
1497, gestorben am 28. Juli 1557, ward im Jahre 1524 Mit«
glied des Rats in Nürnberg, 1524 junger Bürgermeister, 1525
Pfleger des Komburger Steinbruchs, 1526 Kriegs-Herr, 1532
2Jeuchhau8-Herr und Viertelsmeister am Milchmarkt, 1535 Oberster
Zeuchherr, 1j36 alter liurgernieister, 1 j37 Septemvir. Vgl. Roth,
') Joachim Camerarius der Jüngere, der später in Nürnberg als Arzt
wirkte, trat seine Reite nach Padua am $. Oktober 1559 an and kam da-
selbst am 2. November an, wie er in den (ungedruckten) Annalen seines
Vaters angibl. VgL Müacben, Hof- u. Staatsbibliothek, Cod. Cam. o. XXVI.
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— 262 —
Verzeichnifs u. s. w. S. 66. Biedermann, Gescblechts-Register a. s. w.
Tabula LXV. Waldau, Vermischte Beiträge 3. Bd. S. 472 f.
Unter seinen zehn Kindern war das jüngste Karl, geboren am
19. Mai 1535, gestorben am 24. Dezember 1625. Im J. 1566
erfolgte seine Aufnahme in den gröfsern Rat. Vgl. Roth» Ver>
zeichnifs u. s, w. S, 88. Nach Biedermann a a. O. Tabula LXXII
wurde er weiterhin im J. 1556 Assessor am Land- und Bauern-
gericlit, 1577 alter (ienannter und euer-Herr, 1599 vorderster
alter Genannter ii. s. w.
Seine Immatrikulation an der Universität in Leipzig er-
folgte im Sommer-Semester 1554. In der Matrilcel wurde er
eingetragen als »Carolus Gruntherre Noricusc.
c) WilibaldGebhardt der Ältere gehörte in den Jahren
1551 bis 1562 dem gröfsern Rat in Nürnberg an und war als
Ratschreiber thätig. Vgl. Roth, Verzeichnifs u. s. w. S. 80. — Ehe
der jüngere Gebhardt die Hocliscliule verliefs, promovierte er in
der Juristenfakultät ztun Doktor. Auch er war Mitglied des
gröfsern Rates in Nürnberg, und zwar in den Jahren 1568 bis
1582. Vgl. Roth, a. a. O. S. 89.
X.
Hieronymus Baumgärtner an Kaspar Peucer-^j.
(Nürnberg.) 1563. April 4.
Adr. K^regia eriiditione prneditn D, Casparo Peucero,
Medicinae i^oetori, aniico sua vissim- 1. \" i 1 1 e n b er gae.
S. D. Est ita, ut scribis, Doctissinie Peueere, Totos iam
sedecim annos gravissime quassata est haec civitas, primum
Smalcaldico hello, mox Marchico, postremum fame et pe-
stilentia'') praeter innumera alia, quorum singula vel Veneto-
rum urbem labefactare poterant» inter quae omnia ita nos con-
servavit benignus pater, ut et hodie qualitercunque consistamus
citra uUam vel in Ecclesia, vel Republica mutationem. Et siquid
interdum, ut fit, intcr eruditos dissensiunculanim, id placide et
citra lumultuni disciissum. Ktsi autem hoc tempore miris arti-
bus turbas dare nostrae ecclcpiiac nioliuntur Illyricus et Gallus*^),
tarnen initia ipsis i'uere parum auspicata, qua de re malo vos
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— 263 —
ex Andraea^) cognoscere, quam multa scribere. Andraeae
Bohemi«') causam, quam mihi tarn accurate commendas, Ita egi,
ttt non dttbitem me eSecturum aliquid, quod tarnen propter non-
nullas causas, priusquam hinc abiret Andraeas, non potuit con-
fici. Scribam autem brevi, quid effecerim. Haec habui, quae
ad amicam et eraditam tuam epistoiam responderem, plura ad
te scribere gesticns, si per senectam et negotia liceat, et sum
aliu<iui scribendis litcns p.iulo desidiosior. Quam ob rem veniam
dabis brevitati. Vestrain Kcclcsiani et scholam nosque omnes
Christo servatori commeudo. Vale, pridie Nonas Aprileis MDLXiJUL.
Hiero. Paumgartner.
Original, i Blatt in Folio. Siegelspur erhalten.
[Landeshut, v. VVallenbergsche Kirchenbibliothek Hs. 1, 2
Blatt 40.J
a) Die innige Freundschaft, welcheBaumgärtner mitMelanch-
thon verbaud, vererbte sich auch auf den Schwiegersohn des
letztern, den Professor an der Universität zu Wittenberg, Kaspar
Peucer, der in den kryptocalvinistischen Strcitigkeiton bekannt-
lich eine grofse Rolle spielte. Wahrend bisher von den Briefen
Baumgärtners an Peucer fast nichts zum Vorschein gekommen
ist, verdanken wir dem Sammelfleifs Baumgärtoers die Erhaltung
einer gröfoem Reihe von Schreiben des Wittenberger Gelehrten
an ihn. Ganz oder zum Teil sind bis jetzt veröffentlicht der
Brief Peucer» vom 27, März 1538 und ein anderer, um die*
selbe Zeit geschriebener, sodann die Briefe vom 1. August und
17. August 1558, I.Juni, 22. Juni und 13. Dezember 1550, 26. Juli,
I.August, 12.August, 20. Augustu. 1 . Dezember 1 560, 13. März 1561,
30. April und 16. Dezember 1562, 11. Juni, ante cUniact. acad.,
13. August und 5. Dezember 1563. Vgl, Strobel, Miscellaneen
Literarischen Inhalts, 4. Sammlung S. 78 -8ft. Corpus Ref.
vol. IX. p. 5 77, 504, 668 sq. Bonner Gymnasial-Programm 1877,
Unser Brief beantwortet Peucers Schreiben vom 16. De-
zember 1562. Vgl Strobel, a. a. O. S. 85 f.
b) Die Pest wtttete in Ntlrnberg im Jahre 1562 und An-
fang 1563; in einem Jahre starben Über zehntausend Personen.
Vgl. J. F. Roth, Yerzeichnifs aller Genannten des gröfsem
Rathes S. 86.
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— 264 —
c) Gemeint ist der Theologe Matthias Flaciiis Illyri-
cus, der nach dem Verlust seiner Professur zu Jena im Februar
1562 über Nürnberg nach Regensburg zog, um dort in der Nähe
seines Gesinnungsgenossen, des Predigers Nikolaus Gallus,
Aufenthalt zu nehmen. Vgl Freger, Matthias Flacius Illyricus,
2. Hälfte S« 228 ff.
d) Andreas, der in zahlreichen Briefen von und an Melanch-
thon als »nunciust oder s tabellariussi erscheint (vgl. Corpus
Reformatorum, Briefwechsel Mclanchthons), versah lange Zeit
hindurch den Botendienst zwischen Süd- und Norddeutschland,
besonders zwischen Nürnberg einerseits und Leipzig und Witten-
berg anderseits. Beispielsweise findet sich sein Name auf der
Adresse eines Briefes des Wittenberger Reformators vom 12. De-
zember 1545 (Corpus Ref. vol. V. p. 902); und er erscheint auch
als Überbringer des letzten Briefes von Melanchthons Hand an
Baumgärtner, datiert 4. April 1560 (»per Andreamc, wozu recepi
oder redditae zu ergänzen ist, Corpus Ref. vol. IX. p. 1085).
Andreas besafs das Vertrauen seiner Auftraggeber in so hohem
Mal'sc, dafs er da, wo schriftliche Mitteilungen zu gewagt und
gefährlich erschienen, als mündlicher Berichterstatter eintreten
mufste. In seinem Brief vom 23. Mai 1551 (Corp. Ref. vol. VII.
p. 790 sq.) ersucht Melanchthon den Nürnberger Freund, Baum-
gärtner, Andreas beim Mieten einer Wohnung behilflich zu sein.
Die Bemerkung, dafs Turmwohnungen, wie eine solche für den
Boten erbeten wird, an arme Leute vermietet zu werden pflegen,
läfst erkennen, dafs dieser selbst ein armer Mann war, — Hie
und da erscheint als Briefbote ein Andreolus, z. B. Corpus
Ref. vol. IX. p. 577, Joachimi Camerarii Bapenbergensis episto-
larum familiaiiuni iibri VI. (Framrofurti 15i3J)p. 278 und s avSpetoXo;
NoricusK in einem Brief von Johannes Stigei an Melanchthon,
handschriftlich in Landeshut, Kirchenbibliuthek Hs. 1, 2 Blatt 294
(von mir copiertj. Im (iegensatz zu dem nc'rans;,n^l)er des Cor-
pus Ref. mochte ich nicht in Andreolus den Sohn des altern
Boten erkennen, vielmehr diesen selbst, zumal die drei erwähnten
Schreiben ganz verschiedenen Jahren angehören, 1558» 1556
und 1553, während deren und nach denen auch Andreas ge«
nannt wird.
e) Andreas Behm, Behem, Beham, Bohemus, der
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— 265 —
Sohn von Sebald B.^) wurde am 12. April (Frettags vor Palma-
rum) 1 53S geboren. Seine Aufnahme als Student an der Hoch-
schule zu Wittenberg erfolgte am 11. Oktober 1558, wo er als
»Andreas Behm Noribergensisc inscribirt wurde. Vgl. Förste-
mann, Album Acadeniiae Vitebergensis p. 350. Üb damit die
Notiz bei Will-Nopitsch, Gclehrten-Lcxicon V. Theil S. 78, wo-
nach er schon am 5. Juli nach Wittenberg aufbrach, m Kinklang
zu bringen ist, steht dahin. Ehe Behm seine Universitätsstudien
beendigte, erwarb er sich in der Artistenfakultät in Wittenberg
den Magistergrad, und zwar am 28. Februar 1363.^ »Andreas
Bohemus Norinbergensis«, wozu eine spätere Hand : »Ludirector
ad D. Laurentinm Noribergaec hinzufügte, lautet die hierher-
gehörige Eintragung im Dekanatsbuche. Behm befand sich unter
denjenigen Studenten, welche durch Stipendien ihrer Vaterstadt
auf der Universität unterhalten wurden. Da Mitte Dezember 1562
indessen die Zeit, für welche ihm die Unterstützung gewährt war,
zu Ende ging, so wandte sich Peucer für ihn an Baumgartner mit
der Bitte um Wicderverleihung des bisherigen Stipendiums oder
um Gewährung eines andern Stipendiums, indem er zugleich der
sittlichen Führung und der wissenschaftlichen Tüchtigkeit des
Fetenten hohes Lob spendete. Als unser Brief an Peucer ab-
ging, hatte die Bitte noch nicht erfüllt werden können. Dafs
sie aber gewährt wurde, erhellt aus einem Brief Behms an Baum-
gärtner vom 11. Juni 1563, worin gedankt wird »pro addittone
et prorogatione stipendiit. Vgl. Bonner Gymnasialprogramm
a. a. O. S. 15. — Wie ein Kmpfehhm^ssohreihen des Witten-
berger Professors, Sebastian Dietrich aus Windsheini, an Baum-
gärtner erkennen läfst, wurde Behm im Jahre 1559 vom Fieber
so sehr heimgesucht, dafs er es mit einem Luft- und Ortswechsel
versuchen mufste. Vgl, Bonner Programm a. a. O. S. 25 f.
Nach der Angabe Peucers währte der Krankheitszustand länger
als ein Jahr.
Die erste Anstellung Behms in seiner Vaterstadt wurde
von Paul Eber betrieben, der Baumgärtner auf ihn. als eine zur
V Ob der Vater identisch ist mit dem Kaufmann Sebald Behaim?
Vgl. Roth, Geschichte des Niimbergischen Handels, i. Theil, S. 309.
') Wm-Nopitsch a. a. O. i. Theil S. 90 tt. 5. Theil S. 78 nennen
fiUschltch den s. M&rt 1562 als Promotiontlag Behms.
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— 266 —
Übernahme eines Schulamts geeignete Persönlichkeit» aufmerksam
machte. Vgl. Ebers Brief vom September 1563 im Bonner Pro«
gramm a. a. O. S. 16. Zum Abschied Behms von Wittenberg
verfafste sein Freund und Landsmann Salomon Albertus, Pro-
fessor an der Universität zu Wittenberg, ein Abschiedsgedicht.
Vgl. ürationes D. Salomonis Albcrti Vitaebcrgae 1590
Blatt X fT. *Pro felici discessu ad M. Andream Hohomura
reducem in patriam, anno eodem«. [— 1563]. Die i'hätigkeit
Behms kam namentlich den Schülern zu St. Ägidien, St. Lorenz
und St. Sebald zu gute. Vgl. darüber die Angaben bei Will-
Nopitsch a. a. O.
«
Kleinere Mitteilungen.
Die Wiederaufricbtaog der Laadwefar i. J. 1499 und den
folgenden Jahren und die weitere Wesröckuog der Freisch-
Säulen von der Stadt i. J. 1504 — Anlässe zu Irrungen
zwischea dem Markgrafea Friedrich voa Braadeoburg und
Pfalzgraf Ruprecht wegea der Landeshoheit um Nürnberg.
Durch die Wiederaufrichtung der Landwehr um die Stadt
1499 und in den folgenden Jahren fühlte sich Markgraf Fried'
rieh von Brandenburg, wenn auch ohne allen Grund, in seinen
landesherrlichen Rechten gekränlct «nd er widersprach auf das
lebhafteste einer Mafsrc'ucl. welche die ( )berlierrli( hkeit der
Stadt in dem sie unmittelbar umgebenden liebicte auf das un-
zweifelhafteste bekundete. Diese Rechte nahm er für sich selbst
in Anspruch. Einen weiteren Streitpunkt zw ischen Nürnberg und
dem Markgrafen lüldeten dann die neuen Stöcke oder Säulen,
welche der Rat i. J. 1504 zur Aufhängung des enthaupteten
und dann gevierteilten Strafsenräubers Hennann Reichenauer
an den vier Hauptstrafsen eine Viertelmeile von der Stadt ent-
fernt und demnach weiterhinaus, als wo sie bisher gestanden,
hatte aufrichten lassen^). Es kam zu langwierigen Verhand-
lungen vor dem schwäbischen Bund, der in seinem Spruch vom
17. binuii 1507 aussprach*), die Nürnberger sollten die auf-
gerichteten Stucke , daran sie ihrer verurteilten Ü!)eltluiter
Stücke henken lassen, sowie die liluckhauslein und Schranken
vor den Gräben innerhalb dreier Monate hinwegthun und die
Gräben einziehen. Das war für den Rat ein äufserst harter
and schlimmer Spruch, wenn er auch hinwiederum gestattete,
so oft sich der Fall in Zukunft ereignen sollte, andere Stocke
'1 Hist. dipl. Nor. II S. 773.
Hist. dipl. Nor. II S. 769.
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vor den Thoren ungefähr in der Entfernung, da das Hoch*
gericht des Galgens stünde, zu setzen, und wenn auch das
bundische Urteil den immerhin tröstlichen Zusatz enthielt, dafs
isolch obberttrt abthun der stöck, auch niderlegen der plock-
httuslein und einziehung der gräben gemeiner Stadt Nürnberg
an ilirer rocht und gcrcrhtigkeit ganz unvergriUciiiicli und un-
schcdlich seine solle, »also dafs sie defshalben ir recht und ge-
rechtiL'kcit suchen mögen.« Aber andererseits war wieder die
Drohung ausgesprochen, die Bundesversammlung wolle für den
Fall, dafs in bestimmter Zeit jene Stöcke nicht abgethan, die
Blockshäuslein nicht niedergelegt, die Gräben nicht eingezogen
wären, auf einem weiteren Bundestag die Hülfe lUr Markgraf
Friedrich mäfsigen d. i. veranschlagen, wie sich nach des
Bundes Einigung gebühre. Man darf sich nicht verhehlen, dafs
der Rat hier im Kern seiner landeshoheitlichen Rechte ge-
troffen erscheint, während andererseits der Spruch trotz aller
Einschränkungen, die er enthielt, zur ßegrurniung der Landes-
hoheit des Markgrafen bis an die Nürnberger Stadtthore an-
gezogen werden konnte und in der That auch später angezogen
wufde. Die Berufung, welche die Stad( beim Kaiser einlegte,
war wirkungslos. König Maximilian genehmigte am 4. März
den bündischen Spruch. ^} Käme er nicht zum Vollzuge, so
würde weither Aufruhr, Unwillen und Empörung im hett. Römi*
sehen Reich erwachsen und ihn in seinen sonstigen Untemeh»
mungen hindern. Defshalb und aus anderen merklichen Ur*
Sachen vermöge er zu dieser Zeit die Berufung m'cht anzu-
nehmen und gebiete der Stadt, dem Bundesabschied Folge
zu leisten. Dem hatte sicli der Rat /u fügen. Er that es,
wenngleich mit Widerstreben und unter Protest. Am 22. März
wurde in einem wohlversammelten Rat »mit einem grofsen ein-
helligen merernc von gemeinen Nutzens wegen und um merk-
lichen Nachteil und Schaden, der einem ehrbaren Rat und ge-
meiner Stadt Nürnberg daraus bei königlicher Majestät, dem
Bund zu Schwaben und anderen Orten erwachsen könnte, gar
wohlbedächtlich beschlossen*), dafs man nicht auf Grund des
'I HiM. dipl. Nur. II S. 771.
^) RaUbuch Vlll io\. 341.
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Entscheids der Hauptleute und Räte des schwäbischen Bundes,
sondern des Mandats und Gebots der Römischen königlichen
Majestät die Blockwerke vor der Stadt neben der X^ndwehr,
die in dem letzten bairtschen Krieg aufgerichtet worden wären
und bis jetzt gestanden hätten, niederlegen, die Gräben ein-
ziehen und die Stucke, daran eines verurteilten Übellhäters
Stücke gehangen, abthun wolle. Ks geschehe dieses, so erklärte
der Rat nochmals ganz ausdrücklich, unter sonderer Protestation
vor Notar und Zeugen, dafs er es thun wolle in Kraft solchen
Mandats und nicht etwa auf den Entscheid der Bündischen hin.
Am Montag in der Marterwoche solle die Einlegung, aber iniit
pestem fug und on grofs- geschreic vollzogen werden, zugleich
aber auch dem lürstlichen Hauptmann im Bund sowie dem
Markgrafen das königliche Mandat ungeHihr zwei Tage vor
seiner Ausführung durch einen Boten unter der königlichen
Bütenbüchse überantwortet werden. Dadurch sollte dem Bund
und dem Marktrrafen zu Gemüte geführt werden, dafs man nur
dem Befehl des Königs und nicht etwa jenem des Bundes m
weichen gewillt sei. Wie selir dem Rat diese Angelegenheit
am Herzen lag, beweist der Instand, dafs er in einer wei-
teren Sitzung am 27. März nochmals darauf zurückkam Die
Niederlegung der Stöcke, Tttrmlein und Schranken solle am
nächsten Montag, aber ohne die Hölzer und was sonst dazu
gehöre, zu zerbrechen, vollzogen werden. Dem jüngeren
Bürgermeister Endres Geuder aber wurde der Auftrag erteilt,
»von wegen und im Namen eines ehrbaren Rats« am gleichen
Tage noch vor Notar und Zeugen zu protestieren, dafs man
die Niederlegung der Stöcke, Plockwerk und Schranken, sowie
die Einziehung der Gräben in keiner anderen Weise oder Ge-
stalt thun wolle, denn auf der königlichen Majestät zugeschickte
Mandat. Diesen Protest erhob denn auch der damit betraute
Endres Geuder noch am selben Tage in der alten Kanzlei des
Rathauses vor Notar und Zeugen*). Man nahm es übrigens
mit der Beseitigung der Landwehr nicht allzu genau. Als am
13. April im Rat wegen der niedergelegten Blockhäuser und
*i Ratsbuch 8 fol. 344.
'j Hist. dipl. Nor. 11, 770.
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der Gräben Bericht erstattet worden war, kam die Ansicht zum
Durchbruch, dafs die Niederlegung fast deiDgemäfs, wie das
königliche Mandat es vorgeschrieben hätte, defshalb solle man
an der alten Landwehr nichts mehr abthun oder einxiehen. Sie
blieb im wesentlichen bestehen. Dafilr spricht auch die Weisung,
die spftter (1508) von Ratswegen an den Stadtbaameister erging,
er solle anordnen, dafs die Schranken an der Landwehr nicht
also zu Scheitern gingen, sondern in ihrem Wesen erhalten
blieben.
Auch mit dem Pfleger und dem Kästner zu Altdurf, den Be-
amten Pfalzgraf Ruprechts von Landshut, kam es 1504 zu
Differenzen, die aber von keiner Bedeutung wurden, denn es
dauerte ja nur noch eine kurze Frist, dafs der Rat in die landes-
herrlichen Rechte des Pfalzgrafen beziehungsweise seiner Söhne
hier wie in weiteren Gebieten eintrat. Ein Schreiben, das der
Rat am 26. Februar 1504 an Jörg von Mistelbach, Pfleger, und
Hans Reichel, Kastner zu Altdorf, richtete, gibt darüber näheren
Aufschlufs. Bemerkt sei noch, dafs es sich in dieser Streit-
sache um die Freischsaule haiulelte, welche der Rat auf der
Regensburgerstrafsc jenseits des Sicchgralicns hatte errichten
lassen. Wir lassen den Brief des Rats seinem Wortlaute nach,
wie er im Briefbuch Nr. 51 Bl. 240 enthalten ist, hier
folgen:
1504 Februar 26,
Jorigen von Mistelbach, pfleger und Hannsen Reichel,
castner zu AltdorfT.
Erber und vester, auch lieber castner. Euer schreiben
uns iungst gethan betrefTend Herman Reichenauer, den
wir bei kurz vergangen tagen umb versrliuhlt sacheti mit
ernstlirlien rerbton gestrafft, aurh sein korper vicrtailen
und dieselben viertail auf des rcichs strahscn aufstecken
lassen, haben wir mit euerm begern vernomeu. Vnd als
ir in cuerm schreiben anziecht, das des genielten tetters
viertail ains auf des durchleuchtigen hochgebomen fursten
unsers gnedigisten herren pfalzgrauen und churfürsten etc.
glaits Strassen* und halsgericht gesteckt, sei wir nicht ge*
stendig, das gedachtem unserm gnedigisten herren pfalz-
grafen das halsgericht der ende zugi^horc, sonder stet
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uns on mittel zu, wiewol sein fürstlich gnad verraaint uns
daran eintreg zethun. Aber dits viertail des gestrafften
habea wir an das ort lassen henken, nimand sein ge>
rechtigkait damit zescbmelem oder auszepraiten, sondern
andern der gleichen mifstätigen personen zu atner forcht
und ansehen, . sich vor solchem -übel wissen zuverhütten.
Wollten wir euch gutter mainung nicht verhalten, Datum
2 a post Mathie anno etc. quarto.
Briefbuch Nr. 51 fol. 239, 240.
Im Register steht noch: Jorigen von Mistelbach pfleger
und Hannsen Reichel castner geantwurt des aufhenkten viertails
jhenhalb des siechgrabens.
Brost Mummenboff.
Beiträge zur Geschichte des »»freien Handwerks**
der Maler.
In den 1890 und 91 in der »Bayerischen Gewerbezeitungt
erschienenen Aufsätzen Uber »Handwerk und freie Kunst« habe
ich auch die Entwicklung der »freien Kunst« der Flach* und
Ätzmaler, oder wie wir sagen würden, der Maler und Radierer
auf Grund des mir bekannt gewordenen urkundlichen Materials
darzustellen gesucht und dabei nachgewiesen, dafs sie ein eigcnt-
liches oder geschworenes Handwerk mit geschworenen Meistern
an der Spitze und einem Meisterstück trotz aller Anstrengungen,
die sie beim Rat machten, nicht erreichen konnten, sondern
sich mit Vorgehern, die die Angelegenheiten iiirer Vereinigung
zunächst zu regeln hatten und dem Probestück — der dritten
Stufe des freien Handwerks oder der freien Kunst — zu be-
gnügen hatten. Auf die bedeutenderen Maler, die etwa von
den Niederlanden oder sonstwoher nach Nürnberg kamen, ver-
mochten sie anfangs keinen Zwang auszuüben. Der Rat wollte
sie als freie Künstler behandelt wissen. Als sich 1700 die
Maler Johann Kramer und Johann Daniel Preissler bei Rat
darüber beschwerten, dais sie von den Nürnberger Malern, uut
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denen sie sich nicht vergleichen iiefsen, in die Zunft ^) genötigt
würden, gab dieser seine Ansicht dahin kund (26. Aug. 1700),
daCs swiscben Virtuosen, welche ihre Meisterschaft durch Reisen
erlangt und gemeinen Malern billig ein Unterschied zu machen
sei. Aber schon bald verlieCs der Rat auf das Drängen der
Nürnberger Maler den Seither eingenommenen Standpunkt. Ein
Ratsverlafs vom 20. Januui 1701 schon schreibt vor, jene Virtuo-
sen, worunter auch der Murrer, Cramcr, Preilsler u. a., sollten
von dem Leichtragen und der Übernahme der Vorgeherstelle
befreit bleiben, jeder von ihnen indes jährlich 3 Gulden in
die Lade geben und ein Kuns^ und Probestück liefern, das
aber von ihnen nur den Rugsverordneten vorzulegen sei. Den
Aus gelernten wurde eine gewisse Höhe der Tafel (des
Bildes) vorgeschrieben und dabei die Anordnung getroffen, dafs
nicht eine Inventton oder Geschichte nach vorgelegten Zeich-
nungen von »unterschiedlichen Personen gemachet, sondern
unterschiedliche Begebenheiten einer Historie auf die Tafeln
gebracht, so dafs damit ein oder mehrere Zimmer« behängt
werden könnten. Den fremden, den Bürgersrhutz in Nürnberg
suchenden »rechtschaffenen Malern« aber sollte die Invention
freigestellt und sie in nichts gebunden sein.
Am längsten sträubten sich Leonhard Kramer und Daniel
Preifsler gegen die Anfertigung des Probestücks. 1703 ging
der Rat mit gröfserer Strenge gegen sie vor. Der Beschlufs,
den er am 20. April des genannten Jahres fafste, bestimmte,
das Rugsamt solle ihnen die Anfertigung ihrer schuldigen Probe-
stücke, iie auf das Rathaus gehörten, und die Leistung ihres
Beitrags für die Malertruhe — ujici /.war sei ihnen zur Erfül-
lung der letzteren Verpfliclitung eine Frist von 14 Tagen ein-
zuräumen — »bei Androhung einer sonst erfolgenden Strafe«
auferlegen. Dem Murrer wurde die Finschreibung seiner jungen
beim Rugsamt nach abgelegter Probezeit anbefohlen und dem
Preifsler die Annahme so vieler Jungen — er hatte damals
vier — » darniedergelegt c. Aufserdem enthält dieser wichtige
Ratsverlafs, worauf hinzuweisen wir nicht unterlassen wollen, noch
' /ittn crstenin.-ile kommt hier das Wort „Zonft** in einem amtUchea
Schriftstück vor.
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eine bemerkenswerte Verfügung an den Batimeister : weil
nämlich die von ihm vorgeschlagene Wiederaufrichtung einer
Akademie für eine sehr nützliche Sache befunden worden ^ so
wurden ihm die hier künftig zu treffenden Anstalten iheim«
gestellt und rekommandiert, t
Aufscr diesen für die Entwicklung der Malerurdnung
wichtigen Nachrichten erfahren wir nocli einzelne kulturhistorische
Kinzelhciten ül>t"r das damals übliche Bemalen der Fa^aden und
Innenräume der Häuser, über die Streitigkeiten, die defshalb und
aus anderen Veranlassungen zwischen Malern und Tünchern aus«
brachen, und anderes. Einen Ratsverlafs vom 3. September 1701
habe ich endlich noch beigefügt, der den bekannten Nürnberger
Maler und Kupferstecher Johann Andreas Graff betrifft, der
durch seine zahlreichen Nürnberger Stiche allgemein bekannt ist.
Man sieht aus ihm, wie sich der Rat um alles kümmerte, was
vorging, und war es auch noch so gering, andererseits aber
auch, wie ihm ein bedeutendes historisches Interesse nicht ab'
gesprochen werden kann.
1695 August 22.
Nachdem unter andern dieses vorkonnnen, dafs verschie-
dene Burger ihre Hauser von aufsen mit Aufwendung vieler
Kosten sehr prächtig^ mahlen und renovieren liefsen, welches
denen Fremden sehr in die Augen falle und zu vielen gehäs-
sigen und wiedrigen Vorbildungen Anlas gebe, als ist der Herr
Baumeister ersucht, die Mahler und Tttncher dahin zu bewegen
und . ihnen zuzusprechen, dafs sie die Leute von solchen unnö-
thigen Kosten und Übermahlung der Häuser, so durch unan-
ständige Witterung bald verderbet werden können, abmahnen
und hingegen dahin disponiren, dafs sie es allein bei Einfassung
der Fensterstöck bewenden lassen mögen.
RV 169J/96 H. 6 f. 31. Bauamt.
' Nach V/ill; (1^:^1501116 der Nürnberger M;i1eral<a(lemie zum Ge-
dächtnis ihrer loojähr igen Dauer entworfen. AUdorf 1762 S. 10, wurde die
Akadem!« Im Jabre 1699 »durch allerhand oberherrlich zuerkannte Vorteile
und Freiheiten zu neuem Wachstum« erhoben. Man sieht indefs aus dem
oben Mitgeteilten, daf» Jene AnordnuDgen i, J. 1703 noch keine Frfichte
getragen hatten.
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1701 Januar 20.
Der Herrn Rugsdeputirten Gutachten der Mahlere Be-
schwerden wider die Virtuosen, so sich ihrer Ordnung nicht
unterwerfen wollen, dann den Notar Höflich, Hemme und an-
dere, Sü sich diil aiierlci zur Mahlerci gehörige Arbeit legten,
femer wieder die Tüncher, so des Spanisch-Wand-l ruchtinalilens
und anderer ihnen gehöriger Dinge sirh unterstünden, soll man
nachgehen, gedachte Virtuosen, worunter der Murrer» Cramer,
Preifsler nnd einige andere ihres gleichens zu rechnen, von dem
Leuchtragen, Übernehmung der Vorgeherstelle, ^) doch dafs jeder
derselben jährlich 3 Gnlden in die Laden gebe, auch von allen
durchgehends ein Kunst- und Probstück, so denen Herrn Rugs-
verordneten, soviel die Virtuosen betrifll, vorzulegen, verfertige :
denen ausgelemten eine gewiefe Höhe der Tafel geben und
darauf sehen, dafs nicht eine Invention oder Geschieht aus vor-
gelegten Zeichnungen von unterschiedlichen Personen gemachet,
sondern unterschiedliciie Begebenlieiten einer Historie auf die
Tafeln gebracht und danüt ein oder mehr Zimmer behenget
werden können, denen fremden, den Schutz hier suchenden
rechtschaffenen Mahlem aber die Invention freistellen und sie
an nichts binden lassen.
RV. 1700/1701 H. tl fol. 2, 3. Rugsamt.
1703 April 20.
Johann Leonhard Kramern und Daniel Preifsler, beeden
Mahlcrn, soll man die Fertigung ilirer zu liefern habenden
Probstücke, so auf das Rathaus gehören, neben der Bezahlung
der Maler Truhen zu thun habenden Beitrags, zu welchem
letztem ihnen 14 Tag anzuberaumen sind, mit Androhung einer
sonst erfolgenden Straf auferlegen; dem Johann Murrer bedeuten,
seine Jungen gleich nach der Probzeit in dem löbl. Rugsamt
einschreiben, dem vorgedachten Preifsler die Annehmung so
gar vieler Jungen, deren er izo vier haben solle, darniederlegen,
Vnd weil die von des Herrn Baumaisters Herrl. fürgeschlagene
Wiederaufrichtung einer Academie für eine sehr nutzliche Sache
befunden worden, seind dero Herrl. die hier /.u künftig zu
machen haluMide Anstalten heimgestellet und roronunandiret.
RV 1703/4 H. 1 fol. 68, 69. Bauamt. Rugsamt.
ergiiuen: befreien*
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1703 April 20.
Denen Tünchern, über welche die Mahler sich beschweret,
dafs ihnen von densellien viel Eingriffe geschehen, soll man in
dem löbl. Rugsamt bedeuten, dafs sie mit Ubertünchung der
Häuser olme einig Hauptgesims und Einfassung der Fenster auf
welsche Art sich vergnügen lassen und weiter nicht greifen, die
Häuser hingegen mit Ordnungen der schön gemachten flinf Haupt-
seulen mit allerhand Gefriesen, Engelsköpfen, Larfen und Fratzen-
gesichtem, item Venierung der Häuser mit allerhand Laub und
künstlichen Füllungen, ingleichen der Solerdeck an Kutschen und
Chaisen denen Malern allein überlassen, endlich ihren Erbieten
nach alles Verguldens, desgleichen der Sonnenuhren sich ent-
halten; denen Mal^-rn aber anzeigen, sich wegen kostbarer Mah-
lung der Häuser dem am 22. Aug. 1605 ergangenen Veriafs
gemäs sich zubezeigen und mit Forderung des Lohns die Bürger-
schaft nicht zu übernehmen*, die Ordnung der Wanderzeit auf
drei bis vier Jahr dergestalt einrichten, dafs alle ihre Lehrjung,
wann sie die Lehrzeit erstanden und zu Gesellen gesprochen
werden, sich auf diese obbestimte Zeit in der Fremde aufhalten,
kein Mahler aber seinen Jungen ausschreiben lassen solle, wel«
eher nicht einen solchen Rifs gemachet, der von solchen Leuten,
die in der Zeichenkunst erfahren seind, approbirt und darüber
Parere, ob ein solcher zum (Gesellen tüchtig und daiür passiren,
auch zur Acadcmie gelassen werden könne, ausgestellet werde.
Ebend. fol. 71, 72. Rugsamt.
1712 Mai 7.
Den Brabandischen iVlahlern, welcher seine mitgebrachten
Schildereien in dem Kreuzgang des Predigerklosters auszulegen
und zu verkaufen bittet, soll man damit auf die gewöhnliche
Mefszeit verweisen, auf machende fernere Instanz ihm deren
Aufhängung unter dem Rätbaus oder im Ballhaus zu erlauben.
1712/13 H. 2 fol. 39. Burgermeister junior.
1712 October 24.
Über Johann Georg Faber von Sachsen Meiningen Mah-
lers Bittschrift, dafs ihme disen Winter alhier sich aufzuhalten
zu dürfen, um die Akademie zu besuchen, soll man den Preifsler
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und Schuster als Inspektores derselben am löblichen Rugsamt
hören, auch besonders daselbst die Vorgehere der üiahlerei ver*
nehmen, ob ihnen dieser Mensch bekannt seie und wider sein
Gesuch was einzuwenden haben? Da nun mit ihren guten Willen
dessen Aufbahme geschehen könnte, ihme auf ein halb Jahr
gegen Anbictung einer Rccogiiition von 1 oder 2 Guldcn-
groschen den Schutz verwilligen, andernfalls aber die Sach
nochmaleu fürlegen.
RV. 1712/13 H. 8 f. 57. Rugsaint.
1722 Juni 17.
Den in des Malers Johann Andreae Gebhards mit denen
Tttnchern wegen Renovir- und Malung der Häuser habenden
Strittsache von denen Herren Verordneten an der Rüg gethanen
Vorgeschlag soll man nachgelien und beeden Theiien ihre gegen
einander ausgestofsene Bedrohungen und gebrauchte Anzüglich-
keiten ernstlich unterstofsen, anbei aber denen Tünchern be-
deuten, s]' h in Verfertigung ihrer Arbeit haubtsäc.hlich nach
denen bei den Actis hefindlichen Rissen zu richten und bei
einer namhaften Straff vun 25 fl. sich der runden und gewun-
denen, absonderlich der freistehenden mit allerlei frischen Farben
und auf Marmorarth gemahlten Säulen, item der künstlich aus-
gezierten Gefriesen, antiquen GefäCsen, Urnen, Armaturen,
Engelsköpfe, Larfen- und Fratzengesichter, ingleichen Verzierung
der Häuser mit allerhand künstlichem Laubwerk zu enthalten und
solche den Mahlern allein zu überlassen, jedoch würde man,
was die nach der Architektur aufgezogene platten Säulen oder
Pilaster samt deren liaui)tgesimse anhingt, wofern sie Tünchcr
solche nur mit ihren Erdfarben verfertigen und denen Mahlern
ihre Inventiones nicht sogleich nachmalen würden, es eben so
genau nicht nehmen, denen Malilern hingegen ebenfalls bedeuten,
dafs sie denen Tünchem ihre Nahrung nicht entziehen und die
inwendige Austunchung der Gemacher denenselben allein Über-
lassen und übrigens dem den 20. April 1703 ergangenen ober-
herrl. Verlafs in allen Stücken beobachten sollen. Jedoch dafs
dieses alles mit offener Hand geschehe.
RV. 1722/23 H. 3 fol. 112, 113. Rugsamt.
Bauamt.
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1730 Juli 31.
Die dem Johann Friedrirh Waltern, jun^am Meister des
Tüncherhandwerks, atiferlegte 6 fl. Straff wegen eines von denen
beeden Gebhardten Mahlern eingek labten Nahningsemgriffs soll
man beharren und anbei dem difsfalls bereits unterm 17. Juni
1722 emanirten und publidrten oberherrlichen Decreto beharr-
lich inhaeriren und nachgehen, übrigens aber auch denen Mahlem
bedeuten, dafs sie es, was das Mahlen und Renoviren der Ge-
mächer innerhalb denen Häusern und das Laubwerk betriffet,
so gar genau nicht zu nehmen hätte.
RV. 1730/31 H. 4 fol. 108. Rugs-Amt
1750 Januar 28.
Auf das bei dem lobl. Rugsamt unterm 18. Nov. nup.
vorgegangene der Mahler Beschwerde contra den Tüncher-
iiieister Joh. Fried. Wal( her betreffende ist ertheilet : den Be-
klagten auf sein Eingeständtnus ad Prot. d. 18. Nov. und auf
die vorgängige oberherrliche Verlässe d. 20. April 1 7 03,
d. 17. Juni 1 722 und 3 1. Juli 1730 £U verweisen, mithin
Ihme in deren Conformitaet su bedeuten, dafs gleichwie der
Tüncher sich ehehin selbsten erboten, des Verguldens sich zu
enthalten, ihnen hiernechst auch die Anweisung beschehen, die
freistehende mit allerhand frischen Farben- und Marmorart ge-
mahlten Säulen , item die künstlich ausgezierten Gefriese,
aiitikit (jefafse, Urnen, Armaturen , Engelsköpfe, Larven und
Fratzengesicliter, ingleichen Verzierung der Häuser mit aller-
hand I-aiibwerk denen Malern allein zu ul^erlassen; also sich
ein Tilnchermeister mit Fertigung der nach der Architektur
aufgezogenen Glattsäulen oder Pilaster samt deren Hauptgesimsen
und zwar mit Erdfarbe begnügen zu lassen und dabei zu be-
friedigen habe, dafs es mit Mahlen und Renoviren der Gemä-
cher innerhalb denen Häusern und dem Laubwerk so gar genau
nicht genommen wttrd. Wannhero, was die Beharrung der
andictirten Strafe anbetrifft, solches dem löbl. Rugsamt zu
überlassen, zugleich aber noch dieses mit angefüget worden,
von denen Mahlern und lienen i ünchern gewisse Projekte zu
einer und der andern Urdnungs - Verbesserung und Setzung
gewisser Schranken nach denen zeitherigen bei denen Ge-
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Werbern und Professionen nach der^Iode geänderten Umständei/
zu erfordern und billigen Dingen nach durch Geben und Nehmen
ein Ganzes zu machen.
RV. 1749/50 H. 11 n 45, 46. Bau- Amt.
Kugs-Amt.
1701 September 3.
Johann Andreas Grafen, Perspectivmahlern, soll (man)
erlauben, die von Steinen neiiaufgeführte liruckon bei der
Parfüfserkirch abzuzei( hnen und in Kupffer auf seinen eigenen
Verlag zu bringen, darneben ihm die Verschleifsung der £xem-
plarien, so gut er kann und mag, freilassen; dafem er auch
dieselbe bei Rath austheilen lassen wird, ihm eine Recompens
aus dem löbl. Losungsamt geben.
Hiemächst aber ihm auftragen, die säuberste Monumenta
in denen Kirchenfenstern, defsgleichen alte Gemähtde auf dem
Rathhaussaal abzuzeichnen und ebenraäfsig in das Kupffer zu
bringen, vorher aber bei dem iobl. Losungamt nachsehen
lasst.'n, ob nicht schon einige Blatten von denen neltcn den
Fenstern stehenden und andern crablcmatibus vorhanden seien
und des Berichts erwarten.
Ältem-Verl. f. 59 f. 149.
Losungamt. Bauamt.
Kirchenamt.
Ernst Mummenhoff.
Der Rat der Stadt Nürnberg als Taufpate.
Als dem Herzog Ferdinand Albrecht von Braunschweig-
Wolfenbüttel-Bevern am 28. August 1714 ein zweiter Sohn
— Anton Ulrich — geboren wurde, trug er dem Rate der
Stadt Nürnberg die Patenstelle an.
Dafs dieses ehrende Ansinnen gerne angenommen wurde
und dafs auch der Rat dem Patenkinde gegenüber sich generös
zeigte, beweist folgender Auszug aus der Stadt-Rechnung von
1714 fol. 89:
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Airs von ihr dhlt. berzog Ferdinand Albrecht zu Wolftenbattel-
Bevem zu dero neugebohmen prinzen Anton Ulrich ein hoch-
edler rath allhie zu gevattera gebetten wurde, ist zu einem
pathongcschenk in einer silbern schachte! dahin geschickt und
verehrt worden
ein güldene neu-inventirte medaigle von 50 duc ä st
4^1^8 th. 1. z 204 fl. 18 sl. 8 hl.
Vor 6 silberne von dergleichen gepräg, item vor die
silberne Schachtel, den stock und anders darzu l.z. . 1 53 Ü. 5 sL 4 hl.
Femer sind von vorgedachten pathenpfennigen noch
b stuck geprägt und gegeben worden
1 stuck herrn Chr. FUrers herrL, solches dem regierenden
herzog von Wolffenbüttel zu überschicken.
1 stttck vor herrn Boerner, ober, hoffte.? daselbst, der bei
dem h. tauff-actu eines hochedlen raths stelle vertietten.
1 stuck vor herrn Chr. Gottl. Volckamcrn zur gegen-
beliebung wegen gezahlter interesse 1. z.
1 stuck vor herrn los. rath. Jac. Wilh. Imhoff als eründer
dieser medaigle u.
1 stuck in die untere losungstuben auffzuheben, th. diese
5 St. 1. z« sammt separirung des Stocks 68 ft. 7 sl.
Die goldene Medaille, welche der Rat fttr den Täufling
anfertigen Uefs, ist vor einigen Monaten bei Auflösung der
gräflich Trautmannsdorff'schen Goldmünzen-Sammlung in den
Besitz eines hiesigen Münzsammlers gelangt. Sie ist ein Werk
des bekannten Medailleurs Vestner und wiegt 172 Gramm
= 50 Ducaten.
Die Vorderseite zeigt ein auf eine rriumphplorte zu-
eilendes edles Rofs, n^it den beiden Inschriften
>Ad Palmae Cursurus Honores« und
>£st in Equis Fatrum Virtusc.
Die Rückseite enthält in 23 Zeilen Schrift eine schwülstige
Verherrlichung des Hauses Braunschweig und das Gelübde des
Rats anläfslich der Taufhandlung.
Imhofi' beschreibt die silberne Medaille, welche für den
Hofstaat und sonstige Beteiligte geschlagen wurde. Das Exemplar
Iii i.üld, welches nach Obigem als IJnicum bezeichnet werden
darf, scheint ihm nicht bekannt geworden zu sein.
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— ^80 —
Dafs Prinz Anton Ulrich von Braunschweig-Bevem im
Jahre 1739 die Prinzessin Anna von Mecklenburg, Nichte der
russischen Kaiserin Anna heiratete, nach dem Tode der letzteren
mit seiner Gemahlin die Reichsregentschafl führte und schliefs*
lieh als blinder Verbannter in der Krim starb, ist bekannt. Ob
er aber jemals während seiner Lautbalm seine Paten-Stadt
besucht hat oder mit ihr in sonstige Beziehung getreten ist,
wäre wohl interessant zu wissen.
Max. Kohn.
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Literatur,
Das alte NOrnberger Kriminalveffahren bis zur £ii>
fllhnang der Carolina« Von Dr. Hermann Knapp. Berlin
1891. S^. 160 S.
Auf Grund ausgedehnter, man kann wohl sagen erschö-
pfender arrhivalischer Forschung unterzieht der Verfasser eine
der wichtigsten Seiten des alten Nürnberger Kechtslebens einer
gründlichen Untersuchung,
Nach kurzer Skizzierung der ältesten Stadt- und Ciehchts-
verfassung gelangt zunächst das ursprüngliche Verfahren in
Strafsachen bis 2ur Einführung der Tortur sur Darstellung. Es
wird geceigt, wie der Rat seit Ausgang des 13. Jahrhunderts
in den Filllen, da es sich um Sicherung des Stadtfriedens ban«
delt» selbständige richterliche Kompetenz neben dem Schultbeisien
besitzt; wie er dagegen im ordentlichen Ungerichtsrerfahren
noch ganz von diesem abhängig ist. Die von dem Verfasser
zum erstenmale hervorgezogene höchst interessante Ordnung
des U't/.tercn Prozesses, die um die Wende des 13. Jahrhs. auf-
gezeichnet ist, bietet Anlafs zu einer ausführlichen lichtvollen
Darstellung desselben. — Eine einschneidende Änderung ergibt
sich mit Einführung des Verfahrens auf Leumund durch ein
Königsprivileg des Jahres 1320. Der Rat erhält nun eine mit
dem Schultheissen konkurrierende Gerichtsbarkeit, der Formalii-
mus des alten Accusationsprosesses fällt grofsenteils, die Beweis-
mittel werden auf Urgichti Schub und wohl auch Kundschaft
von Amtswegen beschränkt. Den notwendigen Ausbau gewinnt
dieses Verfahren durch die I railegien von 1323, r>31 und
1370, in welchen dem Rate das Recht erteilt wird, für ständig
einen Mann aufzustellen, der bei Versagen des Schultheissen
die Rolle des öffentlichen Anklägers und zugleich Richters
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übernimmt. Leider knüpft sich an diese Neuerungen als natür-
liche Folge die EinfUhning der Tortur, die bereits in der zweiten
Hälfte des 14. Jahrhunderts in ausgedehntem MaTse an-
gewendet wird.
Der Abschnitt schliefst mit einem diplomatisch treuen
Abdrucke der ältesten Halsgerichtsordnung (c. 1300).
Die Darstellung der zweiten Periode bis zur Einfülirung
der Carolina wird abermals mit einer Srliilderung der Stadt- und
Gerichtsverfassung eingeleitet. Als wichtigste Momente treten
hier hervor die Erkaufung der HohenzoUernburg im Jahre 1427
und die Erwerbung des Blutbannes auf Grund eines Privilegs
Kaiser Friedrichs in. vom 14. Juni 1459. Der Rat gelangt
hiedurch in den Besitz der ungeteilten Herrschaft über den ge-
samten Stadtboden und wird mafsgebender Faktor in allen
Zweigen der Rechtspflege und Verwaltung. Peinliche Straf-
sachen gehören nun ausschliefsHch vor sein Forum, während die
Frevelsachen seit 1470 dem Fiinfergerichte zutaUcii. Der
Schultheifs aber gerät in völlige Abhängigkeit vom Rate, wird
von ihm angestellt und verj>fii(:htet und verliert jede kriminelle
Bedeutung. — Es folgt die Darstellung des Sicherheitswesens
der Stadt; die hieher gehörigen Funktionen der Kriegsherren,
der Söldner, der Viertelmeister» der Stadtknechte und Büttel,
der Stadtschützen, der Wächter, der Bettelrichter werden er-
örtert, die Veranstaltungen und Mafsnahmen zur Überwachung
und Verfolgung der »schädlichen Leute« und der Verdächtigen
anschaulich vorgefahrt. — Hierauf geht der Verfasser auf die
Einleitung des eigentHchen Strafverfahrens ein, fixiert die recht-
liche Stellung des Anklägers und berührt auch das klageweise
Vorgehea \ on Amtswegen. — Ein Kiilturbild von grofsenteils
düsterer P'ärbung entrollt er ims in der Beschreibung des Loch-
gefängnisses unter dem Rathause, das die Untersuchungsgefan-
genen beherbergt, und in der Schilderung der Tortur, welche
nunmehr zum Mittel- und Schwerpunkt des ganzen Beweis-
verfahrens geworden war. Hieran schliefst sich eine Bespreche
uung der übrigen Beweismittel dieser Periode, der Kundschaft,
der Schau und des Zeugnisses, sowie eine Darlegung der
Mafsnahmen je nach dem Ergebnisse der Inquisition. Besonders
instruktiv sind in diesem letzteren Kapitel die Ausführungen
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— 283
aber die rechtliche Stellung der drei Freiungen in der Stadt
(St. Egidien, Burg, Deutsches Haus) und Über das Verhalten
des Rates gegenüber dem vielgeübten Losbitten von Misse-
thatern — Dem fürmcllen Abschlüsse tles ganzen Verfahrens,
soferne es zw einem Todesurteile gekommen war, dem Rechts-
lage, ist das letzte Kapitel gewidmet. Auf ihm allein kommen
die arclmistischen Formen des alten Ungerichtsverfahrens noch
Jtur Anwendung, aber ohne wesenhaften Kern, lediglich im Sinne
der schreckhaft feierlichen Ceremonie. Nachdem der Autor
die hieher gehörige, in ihrem Ursprünge anf das Jahr 1459
zurückzuführende Ordnung auf Grund dreier nicht ganz flberein-
stimmender Vorlagen aus den Jahren 1478, 1481 und 1483
kritisch erörtert und mit dem ältesten Rechtsgange verglichen«
geht er auf die Verhandlungen über, welche 1526 zum Erlasse
der dritten Halsgericlusordnung führten, der letzten vor der
Einführung der Carolina, und schliefst mit der Beschreibung
der verschiedenen Arten der Exekution.
Beigegeben ist der trefflichen Schrift noch ein Abdruck
der mittleren Halsgerichtsordnung nach dem Manuscripte von
1485 mit den Varianten von 1478 und 1481, sowie der jüng-
sten von 1526. P.
Eye» A.von, Albrecht Dürers Leben und künstlerische
Thätigkeit in ihrer Bedeutung für seine Zeit und die Ge*
genwart. Kunstanstalt (vormals Gustav W. Seitz) A.-G. Wands-
bek. 1892. 2. 136 Seiten.
V. Eye hat das hohe Verdienst, die dritte Blüteperiode
der Dürerforschung eingeleitet zu haben. Ist auch sein »Leben
und Wirken Albrecht Dürers c durch andere Arbeiten, besonders
durch die Thausmgs aberholt, so wird man doch heute noch
gern zu diesem frischen, ideenreichen Buche zurQckgreifen.
Diesem Werke nun hat v. £. das oben genannte kostbar aus-
gestattete nach Jahrzehnten folgen lassen. Es ist wohl nicht
für den Forscher, sondern in erster Linie für das grofse Publi-
kum bestimmt. Denn gefördert wird durch \ . E.s Ausfiihrun-en
das Verständnis Dürers nicht, Neues dürl'cn wir in scim in
Buche nicht suchen. Als populäres Werk scheint es mir aber
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fieinen Zweck auch nicht ganz zu erfüllen. Denn der Stil
bewahrt besonders anfangs einen ktthlen wissenschaftlichen
Charakter und der oft etwas weitschichtige Satsbau gewinnt
durch den grofsen Druck nicht an ÜbersichtHchkeit. — Die
Ergebnisse der neueren Forschung sind nicht in vollem Mafse
vom Verfasser verwertet worden, einige sachliche Ungenauig«
keiten laufen hie und da mit unter. Nürnberg besitzt beispiels-
weise niclit 8, sondern nur 7 Briefe Dürers an Pirkheimer. In
London befinden sich 2 (nicht einer), endlich ist ein zehnter
im Besitze der Firma J. M. Heberie in Köln. Die Bildnisse
Kaiser Karls d. Gr. und Sigismunds werden schon seit Jahren
im Germanischen Nationalmuseum, und nicht mehr im Rathause
aufbewahrt. Trotz mancher Mängel mufs man indessen su*
geben, dafs jeder wissenschaftlich genügend vorgebildete Leser,
dem es darauf ankommt in Kür/.e ein anschauliches Bild von
Dürer zu erhalten, seinen Zweck durch das Buch völlig errei-
chen wird. Dafs von E. uns in den meisten Fällen als durch-
aus selbständiger Forscher und Beurteiler entgegentritt, ist bei
seiner Bedeutung für die Dürerforschung selbstverständlich.
Anerkennend möchte ich hier auch noch hervorheben, dafs der
Verfasser trotz aller Schmähungen der Ehrenritter der Frau
Agnes gegen Andersgläubige einen gesunden, aller Romantik
fernen Standpunkt vertritt. Beiläufig sei erwähnt, dafs der
Gegenstand auf der Melancholie links neben der Kugel, wie
Rettberg richtig vermutete, ein Tintenfafs darstellt, und nicht
etwa ein Bandmafs oder dergl., wie von anderen Seiten an-
genommen wurde. Die Unklarheit entsteht dadurch, dafs die
F'ederbÜchse , welche durch Bänder oder Schnüre mit dem
Tintenfassc und dem aufschraubbaren Deckel desselben ver>
bunden ist, nur in ihrem oberen Teile sich auf dem Bilde
darbietet.
Im Anhange bietet der Verfasser einen Abdruck des Tage*
buches der Reise in den Niederlande, Dttrers Briefe an Heller
und verschiedene andere Briefe. Weshalb das Tagebuch voll-
ständig abgedruckt ist, eumal in einer Form, die durch die
Leitschuhsche Ausgabe längst uberholt ist, bleibt mir unklar.
F. Fuhsc.
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— 285 —
Albrectat DQrers Aufenthalt in Basel 1492^x494 tod
Dr. Daniel Burckhardt München a. Leipzig. G. Hirths
Kunstverlag. 1692. 4. 49 Seiten, 15 TexMUustrationen und
49 Tafeln in Lichtdruck.
Albrecht DQrers Venetianischer Aufenthalt 1494 — 1495
von Dr. G abriel von Tdrey. Strafsburg. J. H. Ed. HeiU.
1892. 4. 30 Seiten, 7 Lichtdr.
Beide Arbeiten weisen genau dasselbe Format auf,
V. T.s Untersuchungen sollen als berichtigende Ergänzung dem
Werke B.8 sich anschliefsen. Den Brennpunkt bildet die hypo*
thetische 'erste Reise Dürers nach Venedig. Die öffentliche
Kunstsammlung zu Basel besitzt einen Holzstock: St. Hieronymus
in seiner Zelle, auf dessen Rückseite von Dürers eigener Hand
geschrieben steht: »Albrecht Dürer von nörmergk«. Dieser
Htcrüiiymus hat bereits in der 1492 bei Kelsier in Basel er-
schienenen zweiten Ausgabe der Hieronymusbriefe (und /.war
hier zum erstenmale"^ Verwendung gefunden. Ein berechtigter
Grund, diesen Holzschnitt Dürer abzusprechen, liegt nicht vor,
wir müssen ihn mit B., glaube ich, unbedingt als Jugendarbeit
des Künstlers anerkennen. Daraus ergiebt sich, dafs Dürer
1492 — und das deckt sich auch mit dem Berichte Scheurls —
sich in Basel aufhielt. Mit Zugrundelegung dieses Hieronymus
nun hat B. eine Anzahl weiterer Holzstöcke und Holzschnitte
die um jene Zeit in Basel entstanden sind, untersucht, und er
kommt zu dem Resultate, dafs eine grofse Reihe von Iloiz-
sclinitten (zum Ritter von Turn, Seb, Brauts Narrenschiff und
Terenz Eunuch und Andriaj Dürer zuzuweisen sind und dem-
gemäfs ein Aufenthalt Dürers in Basel von Sommer 1492 bis
Anfang 1494 angenommen werden mufs. In den erwähnten
Holzschnitten zeigt sich keine Spur von italienischem, wohl aber
von Schongauerschem Einfluss. Vor dem Baseler Aufenthalte
kann Dürer also nicht in Italien gewesen sein, am t8. Mai
1494 befindet sich bereits wieder in Nürnberg, am 7. Juli
desselben Jahres verheiratet er sich. Damit fällt nach B. die
Annahme, dafs Dürer während seiner Wanderschaft auch Italien
aufgesucht habe. Es kann nicht meine Aufnal)c sein, alle die
Einwände, weiche die Kritik gegen ii.s Hypothesen erhoben
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— 386 —
hat, zu wiederholen. Dafs Dttrer von 1490^1494 nicht in
Italien gewesen sei, scheint mir nach B.s Ausführungen von
höchster Wahrscheinlichkeit, wenn ich auch nicht in sämtlichen
Holzschnitten, die B. Dürer zuschreibt, des jungen Künstlers
Hand zu erkennen vermag. Vielleicht wird der Verfasser selbst
manche Einscliiiinkungcn in dem versprochenen genaueren Ver-
zeichnisse von Dürers Werken in Iiasel tretTcn. Bemerkt sei
noch, dafs der Name eines zweiten Holzschneiders »Dominicas
Formysen«, wie schon Alfr. Schmid im Kepert. f. K. B. XVI,
H. 1 und 3 S. 139 hervorgehoben hat, verlesen ist. Doch
auch »Fomynsterc kann meiner Meinung nach das Wort nicht
heifsen, der zweite Buchstabe ist keinesfalls ein o, sondern ein e.
Zu einem anderen Punkte, den Alfr. Schmid a. O. S. 137 an-
zieht, möchte ich bemerken, dafs die erwähnte Bamberger
Handschrift J. H. Msc. art. 50 nicht dem lö., sondern dem
17. Jahrhundert angeliurt, die sog. Hauersclu' I)ürerbiograj<hic
enthält und für eine erste itaUenisc he Reise nichts lieweisen
kann. Ich werde demnächst an einer anderen Stelle auf die
Geschichte der Dürerforschung im 16. und 17. Jahrhundert
näher eingehen und die Gründe meiner Behauptung näher ent^
wickeln,
V. T^rey stimmt B. völlig darin bei, dafs Dürer von 1490
bis Anfang 1494 Italien nicht besucht habe, um aber die erste
venezianische Reise überhaupt zu halten, verlegt er sie in die
zweite Hälfte des Jahres 1494 resp. in das Jahr 1495. Der
erste Teil der Schrift wendet sich gegen die Annahme, dafs
Dürer im Sommer 1506 seinen Aufenthalt in Venedig durch
eine Reise nach Tirol unterbrochen habe, an der Hand der
Auslassungen in den Briefen an Pirkheimer, um darzuthun, daf^
Scheurls Ausdruck: >Qui cum nuper in Italiam rediissetx ♦'ich
unbedingt auf einen in früheren Jahren stattgehabten Aufenthalt
Dürers in Italien beziehen müsse. Der zweite Teil des Auf-
satzes sucht in der künstlerischen Entwickelung Dürers, In seinen
Kunstwerken den Beweis für eine erste venezianische Reise.
Das von v. T. in geschicktester Weise zusammengestellte Ma-
terial zeugt von ftufserst fleifsiger Arbeit und feiner Beobach-
tungsgabe. Er stut/.t sich luf die ;^von Ephrussi mit Unrecht
in die Jahre 1505 — 1507 verwiesenen Zeichnungen in der
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— 287 —
Albertina und den Uffiden. Femer die Zeichnimgen nach Credi
be! Baron Schickler in Paris, dann die venezianischen Costttm-
Studien der Albertina, beide letzteren mit Dürers Monogramm
und der Jaiiroszahl 14Qj vorsclien, und die / Apollo und Dianac
Zeich nunc: im Briti^sh Museum r.. Der italienische EinÜuls in
diesen teilweise direkt entlehnten Werken ist derart, dafs er
nach V. T.s Ansicht sich nur aus einem Aufenthalt Dürers in
Italien selbst erklären läfst. Der Verfasser äufsert am Schlüsse:
»Und erst, wenn wir eine erste italienische Reise von 1494 — ^95
gelten lassen, wird sich der Satz . . . ohne Zwang erklären
lassen : >Das Ding, das mir vor eilf Jahren so wohl gefallen
hat, das gefällt mir jetzt nicht mehr ; und wenn ichs nicht selbst
sähe, so hätte ich keinem andern geglaubt etc.c Die Ausftlh-
run-cn v. T.s haljcn unzweifelhaft viel bestrickendes, und auch
andere Kunsthistoriker sind unnlihangicj von ihm gelegentlich
der Besprechung des Burckhar(.lts< lien F»urhes zu ahnlichen
Resultaten gekommen. Man erkennt daraus, welch frucht-
bringenden Anstofs B.s Arbeit gegeben hat. Meiner Ansicht
nach ist aber auch durch v. T.s Ausführungen diese Frage nach
einer ersten venezianischen Reise keineswegs abgeschlossen.
Dafs der Ausdruck iredirec sich auf eine 1 1 Jahre früher statt-
gehabte Reise Dürers nach Italien beziehen soll, ist mir im
höchsten Grade unwahrscheinlich. Selbst wenn wir »rediisset«
durch »wiedergekommen wäre übersetzen wollen, ist die Un-
natürHchkcit nicht beseitigt. Kine derartige Wendung iiafst
nicht auf die vorliegenden Verhältnisse. Man würde heute doch
amKnde auch niemals von einem Kunstler, der in seiner Jugend
eine kurze Studienreise nach Italien gemacht hat, sagen, wenn
er es als gereifter, berühmter Mann wieder aufsucht: sals er neu-
lich nach Italien wiedergekommen war.c Aus Scheurls Worten
ist auch nicht herauszulesen, dafs Dürer erst bei seiner Abreise
von den Venezianern gefeiert sei« Bei einer Wendling wie:
»qui cum nuper in Italiam rediisset: tum a Venetiis, tum a
Bononiensibus artificibus . . . consalutatus est alter Apellesc
hat man doch zunächst an einen Empfang zu denken, v. T. war
zu der Auslegung gezwungen, weil wir ja zur ( icnügc aus Dürers
Briefen wissen, dafs der Künstler keineswegs einer liel enswür-
digen Aufnahme seitens seiner Fachgenossen im Anfange seiner
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— 388 —
Veneziftoischen Aufeathaltes sich erfreuen hatte. Der Ver-
fasser berücksichtigt auch immer nur — entsprechend seinen
Vorgängern — eine Reise im Sommer 1506. Sollte eine solche
aber nicht noch im Herbst stattgefunden haben können? Im
Oktober 1506 will Dürer nach Bologna reisen, um nach Venedig
noch einmal zui ückzukommen. 1507 befindet er sicli noch in
Venedig. Wir wissen von diesem AusJluge nichts Näheres,
wissen nicht, ob ihn der Künstler verschoben, zunächst eine
andere Reise unternommen hat. Damals war Dürer in Venedig
als Künstler bereits berühmt und ein feierlicher Empfang nach
kürzerer Abwesenheit hätte nichts auffallendes, ebensowenig der
Ausdruck iredire«. — Unnatürlich bleibt mir auch, trotz aller
gegnerischen Einwände, dafs Dürer im ersten Jahre seiner Ehe
die Heimat verlassen haben soll. Der Vater hat ihn zurück-
berufen von der Reise, er soll ansässig werden, nachdem Lehr-
und W ander/eit beendet sind. Im Hochsommer 1494 wird er
verheiratet, wohnt wahrscheinlich noch mit im Hause seiner
Kitern. Es ist also /.iinächst Aufgabe des Kunstlers, an Ort
und Stelle festen Fufs zu fassen, »ein Geschäft z\i begründen«.
Was nun sollte ihn gerade in dieser Zeit veranlafst haben, sein
Weib, das er doch auch zu erhalten hatte, zu verlassen? Eine
» Geschäftsreise c konnte für ihn damals ein Ausflug nach
Venedig nicht sein, denn dazu war er noch zu unbekannt und
für Italien auch zu wenig ausgebildet.
Doch auch der zweite Teil der v. T^reyschen Ausfüh-
rungen vermag mich nicht völlig zu überzeugen. Wir kennen
bisher den Kunsthandel in der damaligen Zeit nur sehr wenig.
Von Dürer wissen wir, dafs er in die Niederlande nicht nur
Kupferstiche und Holzschnitte, sondern auch Gemälde mit-
genommen hat. Ist es nun nicht möglich, dafs z. B. auch Jacopo
de' Barbari 1495 eine ähnliche Reise nach Nürnberg machte,
dafs Dürer auf diese Weise, ebenso wie Pirkheimer, eines
seiner Gemälde sah, an das er P. nach U Jahren erinnert?
Wie gesagt, so lange wir Über die Verhältnisse des Kunst-
marktes nicht näher unterrichtet sind, können wir ein ab-
schliefsendes Urteil nicht fällen. Auch v. Tcreys Unter-
suchung scheint mir nur ein Glied in der Reihe von
Arbeiten zu sein, die bisher zu dieser Frage geleistet
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— 289 —
sind und weiter geleistet werden mUsseo, bevor wir einen
allerseits befriedigenden Abschltifs erhalten.
F. Fohse.
Die Fehde des Götz von Berlicbingen mit der Reichs-
stadt Nürnberg und dem Hochstifte Bamberg 151a — 15 > 4«
Ein Beitrag zur Geschichte der öffentlichen Zustände
Frankens nach dem ewigen Landfrieden und zur Charak-
teristik des Ritters mit der eisernen Hand von Johann
Kaitiann. Nürnberg, Verlag vüu Johana Leonhard Schräg.
1893. S\
Gleich SU Beginn des Jahres 1893 ist in unserer Stadt
ein neues literarisches Unternehmen ins Leben getreten, das
bei dem ausgesprochenen Zwecke der Erforschung und Darstel-
lung der Vergangenheit der einst hervorragendsten Handelsstadt
im sudlichen Deutschland eine wohhvolleDde Einführung bei den
Mitgliedern unseres Vereins in hohem Mafse verdient. Die
Johann Leonhard Schrag'sche Verlagsbuchhandlung , seit ihrer
Gründung im Jahre 1810 unablässig und mit greisem Erfolge
bestrebt, die Geschichte der Reichsstadt auf ihren versi hiedenen
Gebieten zu pflegen und zu fördern, hat das 1. Heft einer
geplanten gröfseren, in zwangloser Folge erscheinenden Samm«
lung von 1 Quellenschriften und Abhandlungen zur Staats-,
Kultur- und Kunstgeschichte der Reichsstadt Nttrobergc hinaus-
gegeben, welches die Fehde des Götz von Berlicbingen mit der
Stadt Nürnberg und dem Hochstift Bamberg auf Grund der
authentischen Quellen schildert. Schon 18 74 wurde dem Bilde
des Kitters mit der eisernen Hand, den poetische Lizenz, um
nicht zu sagen Willkür, unseres Dichterfursicn als ersten und
vornehmsten Vertreter des fränkischen Rittertums und als Hort
des Rechtes und der Ehre gefeiert, von berufener Hand die
romantische Larve vom Antlitz gerissen und er in seiner wahren
und tiaur^sten Gestalt als einer der schlimmsten »Strauchdiebe
und Buschklepperc gezeigt Aber trotzdem ist diese neue Ab-
handlung kerne vergebliche Arbeit, sondern auf das Freudigste
zu begrüfsen« Verfolgt sie doch auf Grund eines aulserordent-
Mch reichen, vielfach neuen Quellenmaterials, das die Staats-
arciu\c ui Müacliea, Nürnberg, Bamberg und Wüizburg bergen,
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— 200 —
die Fehde zum erstenmal bis in ihre Einzelnheiten hinein, stellt
ihre Bedeutung in den allgemeinen Zeitverhttltnlssen fest, verteilt
in gerechter Abwägung Licht und Schatten und ftlhrt die Gestalt
des iRitters mit der eisernen Handc in ihrem ganzen kläg-
lichen Eigennutz, ihrem elementaren Hang zur Vergewaltigung
des Rechts und der Aufhebung der staatlichen Ordnung, in
ihrer rüden (iewaltthätigkeit und Roheit, wie sie in Wirklich-
keit war, vor Augen.
Götz von Berlichingen war allerdings ein Kind seiner Zeit,
so wie er trieben es viele, ja gelegentlich wohl alle seine
Standesgenossen. Was ihn aber hier im Schlechten besonders
auszeichnete, war, dafs er aus der Fehde ein einbringliches
Geschäft machte, dafs er sich förmlich zum Verfechter der be^
recht igten oder unberechtigten Forderungen und Interessen
Dritter anbot, aufdrängte und aufwarf. Die Ritterschaft war
dazumal von der Höhe ihrer Bedeutung und Aufgaben herab-
gesunken, einmal aus dem einfachen Grunde, weil sie nnrh der
Einführung der Fcuerwatfen keine eigentliche Aufgabe mehr zu
erfüllen hatte. Dazu kam, dafs die Jb'amiliengüter der Ritter-
schaft immer mehr zersplittert worden waren. So standen sich
denn als zwei unüberbrückbare Gegensätze, gefördert durch die
damals immer mehr einreifsende Geldentwertung, der rapide
finanzielle Niedergang des Rittertums auf der einen Seite und
auf der anderen seine ungezügelte Lebenslust und die unbezähm-
bare Begierde nach Geltung und Besitz schroff einander gegen-
über. In seinen Vorrechten von den Fürsten immer mehr be-
schränkt und nicht fähig , sich von engherzigen Standes-
vorurteilen loszumachen, klammerte sich der grüfste Teil dieses
Adels in seinem Kampfe gegen die Ordnung, welche der ewige
Landfriede schaffen wollte, an das alte Institut der Selbsthilfe,
das immer zügellosere Formen annahm, mit dem Mute und der
Thatkraft der Verzweiflung an. Schlimm war es da, dafs die
zur Aufrechthaltung der staatlichen Ordnung geschaffenen In-
stitute, wie Landfriede, Reichskammergericht und Schwäbischer
Bund, sich als zu schwach erwiesen oder, wie es beim Schwä-
bischen Bund der Fall war, durch anderweit srestellte Aufgaben
von ihren wahren Zielen abgelenkt wurdeii. Die Zeche aber
hatten da, wie von jeher, meist die grofsen Reichs- und
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— 201 —
Handelsstädte zu zahlen. Für Nürnberg kam zu diesen ungün-
stigen Momenten noch das weitere, dafs die Fehden des Raub-
rittertums gegen die Stadt und ihre reiche Kaufmannschaft von
ihren mifsgUnstigen Nachbarn und politischen Rivalen, den
Markgrafen von Brandenburg'Ansbach , fortwährend begünstigt,
geschürt oder doch nicht ungern gesehen wurden.
In dem Boden einer solch wirren imd zuchtlosen Zeit
mnfste eine Natur wie die des Götz üppig gedeihen und bei
ihrem Ungestüm und gewaltthätigen Eintreten fQr die Interessen
eines dem Untergang geweihten Standes eine Gefahr fttr die
Existenz der staatlichen Ordnung werden.
Mit Nürnberg stiefs Götz zum crstonmale in dem blutigen
Kampfe zusammen, der wegen der Handhabung des Affalter-
bacher Kirchweihschutzes im Jahre 1502 entbrannte und unter
dem Namen der »Schlacht am Walde« — auf der Ebene
zwischen Lichtenhof und St. Peter — bekannt ist, die zu Un-
gunsten der Stadt Nürnberg entschieden wurde. Doch war
diefs immerhin ein offener, ehrlicher Straufs. Nicht viel an-
deres als Strafsenraub aber war es, als Götz 1505, angeblich
um einen beeinträchtigten \ iciiiteiber , Ulrich Beck von
Kitzingen, zu seinem Reclitc zu vcMhehen, der Waldstroincr-
schcn Familie, die von ihrem Landsitze zum Gottesdienste nach
Nürnberg fahren wollte, auflauerte, zwei Waldstromer nieder-
warf und als Gefangene auf seine Burg Jagsthausen brachte.
Zu seinem grofsen Leidwesen muiste der Ritter seine Beute
ohne alles Lösegeld wieder fahren lassen, da Markgraf
Friedrich als Lehensherr der Waldstromer diese in Schutz nahm.
Der eigentliche Gegenstand der Darstellung Kamanns ist
die Fehde, die Götz 1512 gegen die Reichsstadt erottnete auf
Grund von Vorfällen, die 6 Jahre weit zurücklagen und ihn
zudem nichts angingen. Der Tod, den Georg von Geislingen
1506 auf der Höhe von Altenfelden bei Allersberg bei einem
Zusammenstofs mit Nürnberger Reisigen durch einen Armbrust-
schufs erlitt, konnte ebensowenig wie die Verwundung und
Gefangennahme seines gefangenen Herrn} des Eustachius von
Lichtenstein, Pflegers von Hiltpoltstein und Lehensmannes des
Pfalzgrafen Friedrich, einen Anlafs zu einer Fehde des Götz
19'
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303 —
gegen Nfirnbeig abgeben. Kaiser Maximilian wenigstens scheint
die Rechtfertigung des Rats in dieser Angelegenheit ftSr durch-
aus genflgend befunden zu haben, und als des Geislingers
Bruder Georg, der 1510 — also ganse 4 Jahre nach jener
That — eine hohe Sühne verlangt hatte, nach deren Vcnrei-
gerung die l'"ohde gegen Nürnberg eröffnete, wurde er vom
Kaiser in die Acht erklärt. Mit einer Reihe otlenkundigcr
Placker trat üoU jetzt für den geächteten (ieisHnger ein, hob
Nürnberger Warenzüge auf und überfiel namentlich am 2'2. Mai
1511 einen reichen Nürnberger Zug an der Brücke zu i^engfeld
im Würzburger GebteL Durch dieses Eintreten für einen offen'
kundigen Placker aber war er selbst der Reichsacht verfallen.
Ebensowenig begründet war seine Klage gegen Nürnberg
wegen Friedrichs v. Lidwach, eines markgräflich Ansbachischen
Dieners, der nach Götz von einem KUrnberger Rebigen Hans
Kalbersberger »oder einem andern Knecht« »aus Wissen,
Willen und Geheifs« des Rats schuldlos niedergeworfen, lange
in reiclisstädtischem Gefängnis zurückgehalten und zuletzt um
hohes Lösegeld der Haft entlassen worden sei. Diese Klage
stützte sich auf ein leeres Gerücht. Kalbersberger hatte sich
nach allem, was bekannt ist, nus persönlicher Rache auf eigene
Faust Lidwachs bemächtigt und das dazu noch zu einer Zeit,
da er gar nicht mehr in Nürnberger Diensten stand. Ja,
Friedrich v. Lidwach wollte nichts von dem Schutze, den ihm
Götz aufdrängte, wissen und bat ihn ausdrücklich in einem
Briefe, er möge ihn bei seinem Handel aus dem Spiele lassen,
worauf ihm indefs Götz erwiderte, er wisse sicli gegen die
Nürnberger wohl zu halten, Lidwach brauche sich darum nicht
zu kümmern, da er seine Handking-en nicht zu thun habe.
Aus den Quellen geht hervor, dafs Götz namentlich von dem
Ansbacher Rate Hans v. Seckendorf in seiner Fehde gegen die
Reichsstadt aufgehetzt wurde und er darin bei den Markgrafen
selbst auf Unterstützung rechnen durfte. Es ist diefs leicht zu
begreifen. Die FamHie der Seckendorf war nebst dem frän-
kischen Adel mit Nürnberg auf das erbittertste verfeindet, well
die Reichsstadt kurz zuvor — Januar 1512 — den Sebastian
V. Seckendorf, einen Hauptptacker, zum schimpflichen Tode
hatte fülucn lassen.
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Es war GöU Oberhaupt keinesweg« um das Recht und
den ScbntB der Schwachen 20 tfauo, mir der tieCe Haft gegen
die Retcbsstadt und dat Hochitift Bamberg and pure Raab-
und Beutelast trieben ihn in den Kampf. So kam es denn sn
dem grofsen Überfall der von der Leipziger Messe zurück-
kehrenden Nürnberger und anderer Kauilcutc bei den sogen.
Weichseigärten zwischen Neuses und ForcKheim am 18. Mai
1512, V70 130 verkappte Ritter unter Götz v. Berlichingen den
Kanfmannszug abschnitten, ihn entwaffneten und ausraubten.
Bis auf 19, die Götz entliefs, wurden die Gefangenen auf ver-
schiedenen Bargen des Adels im Spessart, der Rhön and sonst
untergebracht. Die Grausamkeit, womit der tonst als so edel
geschilderte Ritter seine Gefangenen behandelte, ftbersteii^
alles Mafs.
Wir müssen es dem Leser Uberlassen, sich hierüber sowie
ttber die Mafsregeln des Rats, die Verhandlungen auf dem
Reichstage zu Köhl und Trier, der Adelsversammlung zu
Schweinfurt und beim Reichskammergericht zu Worms im Buche
selbst des näheren zu unterrichten. Am 5. Juli 1512 wurde
Götz mh seinen Spiefsgesellen vom Kaiser Maiciniilian von
l ouni 11 aus in die Acht erklärt. Aber das machte auf Götz
kc irx n Kijidnick. Er kümmerte sich um keine Verhandlung
und erschien aut keinem Tage. Auf den Vcrtr.iL:, der 1513
auf das persönliche Eingreifen des Stadlhauptmaiins Ulrich
Arzt und des Markgrafen Kasimir in Abwesenheit des Götz in
Nördlingen so Stande kam, worin sich 15 angesehene Ritter
aar Zabhmg von 5000 fl* an die geschädigten Kanflente and
für Götz zu einem Sjäbfigen Reilefdienst, den er dem Bischof
von Bamberg mit 300 Idann leisten sollte, verpflichteten, ant-
wortete er mit einem ementen Überfall anf einen nach Frank-
furt reisenden Kaufmannszug am hellen Mittag nächst der
Tauberbrücke zu Mcrgeutheim.
Anf dem Tage an Linz kam man endlidk auf den Aoswcg,
da G6ta and seme Helfer die Entschädigung nxdit leisten
konnten, den Bischof von Wftrzbarg Lorena Bibra und seine
Verbündeten die Zeche zahlen zu lassen. Seit 1513 zu einem
Kontra bunde vereinigt, der seine Spitze zeitweise gegen den
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Schwäbischen Bund richtete» hatten sie sich dem Placke r-
tinwesen gegenüber mehr als zweideutig verhalten. Sogar die
höchsten Beamten des Bischofs hatten den Plackem indirekt
ihren Schutz angedeihen lassen und Götz von Berltchingen selbst
Unterschlupf gewährt. Gerade im Würzburger Hochstift safs
ein Adel, der gern vom Stegreif lebte. Dazu kam, dafs der
Bischof von Wtirzburg die meisten der den geächteten adeligen
Friodbrcchern abgesprochenen Güter, die vorzugsweise in seinem
Gebiet gelegen waren, auf Grund eines kaiserliciicn Mandats
vom Jahre 1512 in Verwaltung hatte. Mit der Bezahlung der
vom Kaiser Maximilian auf 14 000 11. ermäfsigten Entschädigung,
welche Nürnberger Angaben zufolge aufser von Würzburg vom
Kurfürsten von der Pfalz» dem Herzog von Württemberg, dem
Kommenthur der Deutschherm zu Mergentheim und Götz
von Berltchingen, der 2000 fl« zahlte, aufgebracht wurden,
schlössen die langwierigen Verhandlungen wegen dieser Fehde,
die Gefangenen wurden der Freiheit zurückgegeben, die Ur-
heber aber entgingen der verdienten Züchtigung: nicht einmal
die Beute und das Schatzgeld gaben sie zurück.
Und bei den zerrütteten Zuständen des Reiches, dem
kläglichen Regimente unter Kaiser Maximilian, den selbst-
süchtigen und centrtfugalen Bestrebungen der Stände war es
auch kaum anders denkbar. So l^lieben denn uuch die Mandate,
die der Kaiser unmittelbar nach Sciilufs der Verhandlungen im
Jahre 1514 zur Befestigung des Landfriedens erliefs, ohne alle
Wirkung. Es blieb, wie es war. Götz war vielmehr wegen
seiner Hartnäckigkeit, womit er die Fehde geführt, wegen der
List und Verschlagenheit, womit er sie durchgesetzt, in der
Achtung seiner Standesgenossen nur gestiegen, er war populär
geworden und wurde von den unzufriedenen Elementen des
Reiches auf den Schild erhoben.
Es wäre sehr zu wünschen, dafs der V^erfasser der be-
sprochenen Schrift, der uns darin eine ebenso anziehende
als lehrreiche Schilderung der Fehde sowohl, als auch der
Zustände der Zeit selbst geboten und durch eine reiche
Auswahl des wichtigeren bisher ungedruckten urkundlichen
Materials erläutert und erhärtet hat, sich entschliefsen könnte,
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— 29$ —
uns noch mit einer eingehenden Biographie des Götz von
Berlichingen cu beschenken. Bei den eingehenden Studien,
die er nach dieser Richtung gemacht hat, wäre er als der
Erste berufen, das ganze Leben und Treiben des »Ritters
mit der eisernen Handc auf Grund der Quellen zu beleuchten
und klarzustelleA.
Ernst Mummenhoff.
Von neueren, auf die Geschichte Nürnbergs bezüglichen
oder mit ihr im Zusammenhang stehenden literarischen Erschei-
nungen, deren Besprechung wir uns für eines der nächsten Hefte ,
unserer »Mitteilungen: vurbehalten, luhren wir noch an:
Aus dem Briefwechsel der Nürnberger Patrizierfamilie
Ffkrer von Heimendorf mit dem Kloster Gnadenberg in
der Oberpiidx 1460 — 1540. Von Johann Baptist
Kam an n. Separatabdruck aus den Verhandlungen desHisto-
rischen Vereins der Oberpfalz und von Regensburg. Bd. XLV.
Die Entwicklung des Nürnberger Volksschulwesens bis
zum Jahre 1892 in den Grundzügen dargestellt von Professor
Dr. F. Glauning. Nürnberg 18Q2.
D&rers schriftlicher Nachlass auf Grund der Originalhand«
Schriften und teilweise neu entdeckter alter Abschriften
herausgegeben von Dr. K. Lange, a. o. Professor der
Kunstgeschichte an der Universität Königsberg i. Fr., und
Dr. Ft. Fuhse, Bibliothekar am Germanischen National-
museum zu Nürnberg. Mit einer Lichtdrucktafel und 3 Text-
illustrationen. Halle a. S. Max Niemeyer. 1893.
Geschichte der Stadt Nürnberg von dem ersten urkundlichen
Nachweis ihres Bestehens bis auf die neueste Zeit von J o h.
Paul Priem, weiland Gustos der Stadtbibliothek zu Nürn-
berg. Zweite Auflage. Herausgegeben von Dr. Emil
R e i c k e, Assistent an der Stadtbibliothek und am städtischen
Archiv in Nürnberg. Mit vielen Illustrationen. Nürnberg,
Verlag der Joh. Phil. Rawschen Buchhandlung (J. Biaun.)
18Q3. Erste bis achte Lieferung.
Hans Sachs und seine Zeit. Ein Lebens- und Kulturbild
aus der Zeit der Reformation von Rudolf Genee. Mit 160
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— 206 —
in den Text gedruckten Abbildungen^ vielen Facsimiles nach
den Handschriften und Notenbeilairen von Meisterltedern.
Leipzig, Verlagsbuchhandluni< von J. J. Weber. I6Q4.
Nurnbcg. Festschrift, dargeboten den Mitylictiern und Toil-
nehmern der 63. Versammlung der Gesellschaft deutscher
Naturforscher und Ar/.te vom Stadtmagist rate Nürnberg, her-
ausgegeben von Überarzt Dr. W. Beckh, Dr. med. F. Gold-
schmidt, Architekt E. Hecht. Mit vielen Abbildungen und
Plänen. Nürnberg, 1892. Jobann Leonhard Schräg (in
Kommission).
Die Herren Verleger sind ersucht, neue, auf die Ge-
schichte Nürnbergs bezugliche oder mit ihr im Zusammenhang
stehende literarische Ersclieinungen, deren Besprechung in dieser
Zeitschrift gewünscht wird, nn den I. Vorstand des Vereins»
Justizrat Frhrn. von Krefs in Nürnberg, zu übersenden.
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LlTERAlUR-
UND
Kunst-Anzeiger
DER
MITTEILUNGEN
DES
VEREINS FÜR GESCHICHTE DER
STADT NÜRNBERG.
Anzeigen finden im Literatur- und Kunst - Anzeiger der Mit-
teilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg wirksamste i |
V'crhrcittinj^. Preis der Vollseitt? . // 30. — , der hallK-n Seite ,// 20. ^ |
der viertel Seite Jl 10.-. Auftr.ii^e niinint die Verlagsbuchhandlung
Joh.Lconh. Schräg, Nürnberg, KÖnigsstr. 15 entgegen. Dieselbe l'irma |
besorgt auch den liieraribchen Tauschverkehr des Vereins für Geschiclitc I
der Stadt Nürnberg und vermittdt Beischlfisse auf Buchhändlerweg.
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^HinoiiinsiH
Im Selbstverlaare des Verfassers erschien:
I. >Die Papiermühlen im Gebiete der Reichs-
stadt NQrnberg,' von Edmund Marabini,
München, Thierschstrasse 8
nach aiduvaliidien Quellen ; mit i Karte and Aber too Abbildungen.
Ladpfil'it'is *' ; - ■
Maoh gealgender Anzahl von Bestellungen erscheint:
II. >Die Papiermühlen im ehemaligen Burg-
grafenthum HQrnberg,«
im Ansriilusse an Band I ; mit 2 Karten und 100 Abbildongen.
Ladenpreis 4.50 — Subskriptionspreis nur ,4(i 3. — .
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J. L. SOBBAQ'e VerlaflT* VVaetibww»
Verlag von J. J. WEBER in LEIPZIG.
Hans Sachs und seine Zeit
[in Lebens- unil
aus der Zeit der Relornatioi
von Rudolph Genöe.
Mit 150 in den Text gedruckten AbbiKlunueii. Kacsimili'- n.» h den Handsrhriiten und
NotcnlK'il.ijji-n \on Mcistcjclicilt'rn.
l'icris 10 Mark, in Ori},'inal-LtMnciiI)and 12 Mark.
Ist auch in 8 Lieferungen zu je i Mark 25 Pf. zu bezichen.
Inhalt:
Die Ri-i( lisst.idt Niirnbcri; im Hinl/ohntrn ]
J.ibrliiinclprt. — jutJiTiil unil WaiiiliTM li.ill «K-s
ll.iri's S, 11 Iis. — Rückkehr dos Han* S:i< hs in ibi-
Ib iiti.ir und Moirat. - Vom McMst«Tj;rs.inj; zur
Ki'liiriii.ition. DiT V<ilks<lirhtcr der Kt-l'unTiation.
— ( ilaulH*nstcstiKk(Mi im Stunn. — Dichtung und
Leben. — Hausiricde, Ut ifs und f«laul>onstieuc. —
Die Meiatemcgrr. — Nürnberg in Not. — Die
Schauspiele de« Hans Sad» und die tbeatralischen
AuflRibnuisca. — Leute Lebenszeit.
Anhant;; Oi-s.inKwi i'^n drr Mejtfcriieder.—
Dil- Siluilutdiuinjj diT NiiriilK'incr Meisterslnippr
vom Jahn- i =, ;'>. — Klai^vpnu li doi Stadt Niirnb<'r>;.
i^^i. -- ( ii dii fit von der HimiufKaliri Markgraf
Albrctht*, 1557. — Gedicht auf den Tod von
Hans Sachsens lieben alujesthieden Geinahel
Kuiii^und , 1560. — Das »Valetc: oder Summa
all meiner Godiditt, 1567. — Kleine lyriidie Ge-
dichte, aus des Dichten HaadidirifteD. — Aus
seinem handacfarifUichen Geneialrrgieter.
— -m NO RICA m —
das eind N ürnbargi sehe Novellen aus alter Zeit.
Naote einer Handeotirlft de» le. Jaturtiunderte
von Professor Dr. Aug. Hagen.
Sechste Auili^e. Preis 6 Mark, in Original-Leinenband 7 Mark.
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Nürnberg, PUelnweldenmühle 12
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Nürnberger Denkmünzen,
ferner Medaillen aller Art, die Bezug haben auf hohe Fürstlichkeiten,
politische Persönlichkeiten, berühmte Männer, Ausstellungen, hervorragende
Gebäude, Hochzeiten, Geburten, Taufen etc.
iSoeben ©rsclilerieri :
Illustrierte Geschiclite der Stadt Nürnberg.
Voa dem ersten arkandlichen Nachweis ihres Hestehcns bis auf die oeneste Zeit
von JOH. PAUL PRIEM
Zweite Auflage. Herausgegeben von Or. Emil Reicke
CaüM der StadtbibGodidc und am sdUl. Arddv In NBrabefig^.
Hü es. m IlhntnltMea, 3 YollUldera, 1 Flu nnd 1 Eirte. Preis II.—, gelinidrii Jilt-
Verlag der Joh. Phil. Rav'schen Veriagsbucliliandiiing (|. Braun) In Nürnberg.
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Inhaber: August Zemsch
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Originale von Albr. DOrer und anderen Meistern.
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Hans Doesch, Direktor am ( iennaniM lu-ti Mtm-uui. iVcis kpit. in httcheleganter Lcinwand-
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and vellttlndig kestenles zur Ansicht gesandt
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im Zusammenhang mit der deutschen Reichs- und Volksgeschichte
von Ludwig Röeel.
Bftt dt^fem Tlldbild und einem Mslor»clMni Ftan der Stadt.
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wichtige und hervorragende Erscheinung.
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Verlag von Joh, Leonh. Schräg in Nürnberg.
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Gebert, C. F., Geschichte der Münzstätte der Reichs-
stadt Nürnberg.^ Mit einer Abbildunij des allen Nürnberger
Mttnzhauses, a Münzmeisterportrats und 6 Mönzabbildungen. 8<*. Jf 6.— .
Mummenhoff, E., Das Rathaus in Nürnberg. Mit
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A. V. Essenweins Entwürfen von H. Wallraff. Im Auftraj.^ und
mit Unterstützung der Stadt Nürnberg, herausgegeben vom Verein
Air Cicschichte der Stadt Nürnberg. Lex. 8". ^// 25 — , g^cb. ,7/ 28 — ,
Nürnberg. J-estschrift, dargeboten den Mitgliedern und ieihieh
mcrn der 6$. VersamniUmg der (lesellschaft deutscher Naturforscher
und .\r/.tr vnni St;i(hni.i;.:istr.itt^ Nürnbcri^. 1 Iriau'-L^CL;«"!)«;-! im
Auftrag desselben von Dr. W. Beckh, Dr. F. Goldschmidt, E. Hecht.
Mit vielen Alibildungcn und Planen, ^r. S '. ^7/ 5.— , gel) Jl 6. — .
Quellenschriften und Abhandlungen zur Staats-,
Kultur- und Kunstgeschichte der Reichsstadt
Nürnberg. I. Kamann, Johann. Die Fehde des Götz von
Berlichingen mit der Reichsstadt Nürnberg und dem Hochstift
Bamberg 1512—1514 Ein Beitrag zur Gest hiclite der öffentlichen
Zustände Frankens nach dem ewigen Landfrieden und zur Charak-
teristik des Ritters mit der eisernen Hand. 8^ 3 —
Primiiert mit Ehreadiplomcn und Medaillen, v
Nürnberg
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Lieferant mehrerer Museen.
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Mitteilungen
des
Vereins für Geschichte der Stadt
Nürnberg-
Elftes Heft.
NÜRNBERG.
VERLAG VON JOll. LKONH. SCHRÄG.
(In Kommission.)
1695.
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Käoigl. üaycr. Uofbuchdrurkrrci C>. P.J. UicUng-LHcu, HÜmbcrg.
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(
Inhalt
Seile
Abhandlungen und Quellenpublikationen:
Hans Tuchers Buch von den Kaiserangesichten. Heraus-
gegeben von Dr. Paul Joachimsobn, München .... t
Auszüge aus den päpstlichen Rechnungsbüchem des 15 Jahr-
hunderts für Nürnberger Geschichte. Von Franz Milten-
berger, Giebclstadt 8t
Briefe eines Nürnberger Studenten aus Leipzig und Bologna.
(1S56 1560.) Mitgeteilt von Georg Freiherr von Krefs,
Nürnberg 97
Lienliard Nunncnbcck. Nach dem am 20. iJczeiiibcr 1894
im Verein für (icschirhtc der Stadl Niinibcig j^tlialttncn
Vortrage von Dr. Ihcodor 11 anipc, Nürnberg 173
Kleinere Mitteilungen:
Dr. Adolf Frhr. von Scheurlf. Von Georg Frbr. v. Krefs . 191
Hof buchhändler Sigmund Soldan ^. Von Georg Frhr. v. Krefs 195
Instruktion an Sixt OeHiafen, was er im Namen d« s ICaiscr
Maximilian I. dem Churflirsten tu Maintz wc^en des Kais.
Siegels in antwort anzeigen soll, .Samstag post miserii ordiani
anno domini 1502. (16. Ai)rin. Von Sigmund v. Üelhafen. 197
Die Stiftung der Nürnberger Kauflcute für den St. Sebalds-
altar in der St. Bartholomäuskirche zu Venedig. Von
Georg Frhr. v. Krefs 201
Ein Nürnberger Stammbuch aus dem 16. Jahrhundert. Von
Georg Frhr. v. Krefs 211
Krypten und GeschlecKtergrufte bei St Sebald. Von ChrisK^h
Frhr. v. Tucher 213
Literatur:
K. Lange und F. Fuhse, Dürers schriftlicher Nachlass auf
Grund der Originalhandschriften und teilweise neu ent-
deckter alter Abschriften. Mit einer Lichtdrucktafel und
8 TextiUustrationen. Halle a. S., Max Niemeycr, 1893.
8*. 420 S Von Dr. Paul Johannes R^e 22 t
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— IV —
Die Brandenburgisch-Niirnheryische Kirc henvisilation und
Kirchenordnung. 1528 1533. Auf ('.rund der Akten dar-
gestellt von H. Westerniayer, Pfarrer. Erlangen, Fr. Junge.
1894. 8°. 152 S. Von M Herold
Festschrift zur 250jährigen Jubelfeier des Pegnesischen
Blimienordens, gegr. in Nürnberg am 16. Oktober 1644.
Herausgegeben im Auftrage des Ordens von Th. Bischolf
und Aug. Schmidt. Mit vielen Abbildungen. Numbetg 1894,
Johann Leonhard Schräg. 8*. XII und $32 S. Von
F. Fuhse
»Nürnberg«. Festschrift, dargeboten den Mitgliedern und
Teilnehmern der 65. Versammlung der Gesellsthaft
deutscher Naturforscher und Ar/te \nm Stadtn'iaj,nsirat
Nürnberg. Heraus^'cgeben im Auftrage desselben vom
Oberarzt Dr. W. beckh, Dr. med. F. Cioldschniidt, Architekt
E. Hecht. Mit vielen Abbilciungcn und l'ianen. Nürn-
berg, 1892. Johann Leonhard Schräg (in Kommission).
8». VIII u. 558 S. Von ... SS
Soziale Kampfe vor dreihundert Jahren. Altnümbergiscbe
Studien von Bruno Schönlank. Leipzig, Verlag von Duncker
und Humblot 1894. 8*. XII und 21s S. Von Dr W. Silber-
schmidt
AU- Nürnberg. Geschichte einer deutschen Stadt im Zu-
sammenhang der deutschen Reichs- und Volksgesrlilc hte
\'on Ludwig Rösel. Mit einem Titelhl.itt tmd einem
historischen Plan. Nürnberg, 1895. I"nedri( h Kornsche
Ruchh.indlung. 8". X u. 686 .S. Von . . . ss. . .
Die Hans Sachs-Literatur zur 400jährigen Jubelfeier. Von
A. L. St
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225
233
241
U3
246
248
Hans Tuehers
Buch von den Kaiserangesiehten,
herausgegeben von
Dr« Paul Joachimaohn, München.
Einleitu ng.
Von dem >Buch von den Kaiserangesichtenc,
das ich hier veröflfentliche, ist in diesen Blättern schon einmal
die Rede gewesen.
In den > l'rkundlichen Beiträgen zur Geschichte der
Bücherei des Nürnberger Rates, 1420—1538. von H. Petz*)
nehmen einen besonders grofsen und wichtigen IMat/. die Nach-
richten ein, welche sich auf die grofsen 1486 durch Hans
Tucher den Aelteren vorgenommenen Bücher-Ankäufe beziehen.
Vor allem sind die Erwerbungen aus dem Nachlasse Dr. Hermann
Schedels bedeutsam, weil sie die Ratsbibliothek aus einer scholasti*
sehen in eine humanistische umwandeln. Unter den Rechnungs-
eintrag cti Hans Tuchers stehen nun auch die folgenden^:
(zu 1486] »Item so habe ich geben von 32 kupffern
keifser-angesicht zw vergulden dem Albrecht Durer 2^« vngrisehe
gülden, machen 3 gülden Rheinisch 6 sl. 8 hl.; vnd für Q silbern
keifser-angesicht, die wigen 2 lott ^ quent» dafür ich dem
Parteimes Egen beczait 1 gülden vnd davon zw vergulden
} gülden; me für ein silbern pfenyng, ein abgufs von einem
denar, darumb der herr Jesus Christus verkaufilt ist worden,
kost 68 dl. Also hab ich geben in suma für die 41 keifser-
angesicht vnd zw vergulden mitsami)t dem silbern denar, kost
alfs in suinuia .... Rhein fl. j sl. '1 hl. 2.«
und ferner ^zu 1487j:
') Hcfi VI .S. 123—174.
I
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»Item am 13 tag Febrer becsalt ich dem Niclas Fincken
für das pach zw den keifser-angesichten zw schreiben; davon
gab ich im ... . Rhein, fl. 2 sl. — hl. — .
Es handelt sicli also uin eine Münzsammlung, die sich,
wie ein dritter Eintrag lehrt, »in der librey in einer grofsen
taffeil hängend« befindet, im ganzen 42 Stück umfassend.^) Der
Rat läfst dieselben durch den Vater des grofsen Dürer und
Bartholomaeus Egen vergolden, und der Hüfsschreiber Nicolaus
Fink schreibt auf Tuchers Befehl ein »Buche dazu. Was es
aber mit der Sammlung im einzelnen und mit dem Buche selbst
für eine Bewaodnis habe, läfst sich erst aus der Handschrift
ersehen, die uns in cent. IV. 90 der Nürnberger StadtUibliothek
vorliegt. Es ist ein sehr schon geschriebener rer*j;amentcodex,
unzweii'elhaü das Originalexemplar, aiif das sich der obige P^in-
trag bezieht. In den Dcekel ist auf<?en eingeprefst: ■ Ktlidie
ke\ fer angefleht«. Auf dem inneren Ruckdeckel steht: »Hanns
Tucher fenior«. Darüber ein Schwert mit der Inschrift: »Pour
lialte mantinirc. Darüber »1487«. Unter dem Namen ein vier-
geteiltes Wappenschild, an den Seiten daneben ein fünffaches
Kreuz und ein gezahntes Rad.*) Auf den mllfsig breiten
Rändern des Textes hat eine zweite Hand mit kleinerer Schrift
eine Reihe von gröfseren oder kleineren Nachträgen hinzugefügt,
die im Nachstehenden als Anmerkungen gedruckt sind."'') Schon
aus der Ueberschrift und der Vorrede des Buches ersehen wir
sodann, dafs l ink ollenbar nur der Abschreiber ist. Uer Verfasser
scheint — auf den ersten Blick — Tücher selbst zu sein. Wir erhal-
ten zugleich alle wünschenswerten Aufschlüsse Uber die Entstehung
der Sammlung selbst. Sie ist nicht, wie zu vermuten nahelag«
von den humanistisch gebildeten, in Nürnberg ansässigen Ge-
lehrten zusammengebracht, sondern sie stammt von einem Mainzer
') Doch müssen einige doppelt vorhanden gewesen sein, da die nach-
stehende iieschieibuug nur 38 Münzherrn bietet, auch wenn wir die ersten
CooBoln mits£Uen.
Alle drei Stücke kommen gerade so auf dem Vorsatzblatt von
cj^m. 24 vor. £"5 sind, wie mich Herr Justizrai Froihrrr v. Krefs freundlichst
belehrt, die Insignien der Ritter vom heiligen Grabe s. Röhricht u. Meisner,
Dte. Pilgerreiien nach dem bt Lande 32^, vgl. ebenda 96.
') Die chronologiscbe Reibenfolge der eintelnen Abschnitte ist ein
paar Mal gestört, doch ist im Text dann auf die richtige Stellung verwiesen.
Im Abdruck habe ich entsprechend amgestellt
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— 3 —
Cartheoserprior.*) Von ihm erhielt sie Herr Ste ff anFridolin 1,
aus dem schwäbischen Städchen Winnenden gebürtig, Lesemeister
bei den Minoriten und Prediger am I rauenklostcr St. Clara, der
sie dann mit andern die man ze wegen pringen mochte und
»mit ain wcni^ iVhriftlicher er lerung^ dem Rate geschenkt hat.
Was ist nun mit dieser »schriftlichen Erklärung« gemeint: Sind
das nur Notizen, die Tucher verarbeitete, oder ist es unser Buch
selbst? Da wir sowohl von Stephan Fridolin als von Tucher
noch andre Werke haben, so werden wir darüber ins Reine
kommen können. —
Hans Tucher der ältere ist der Sohn des Endres Tucher»
der Enkel des Hans Tucher am Milchmarkt, von dem alle
Zweige des Tucherschen Geschlechts sich ableiten. -) Er ist im
April 1428 i<ehüron.^; Sein Bruder Endres ist als Verfasser des
Baunieisterbuches und wahrscheinlich auch einer histurisciien Auf-
zeichnung^) bekannt. Hans selbst hat wahrscheinlich die Ab-
fassung einer Fortsetzung der nürnbergischen Jahrbücher bis
1469 wesentlich beeinflufst ^) und aufserdem im Jahre 1477 ein
umfangreiches Saalbuch über die Besitzungen seiner Familie
angelegt.*) Schon vor den Büchererwerbungen für den Rat
nahm er Interesse an den neuen Erzeugnissen der Buchdrucker-
kunst. Wir erfahren aus einem Briefe Hermann Schedels, dafs
er schon 1470 von X cnedii; einen gedruckten Plinius mitbrachte.')
Bekannt alier ist er vor allem durch seine Rcschrciljung der
Fahrt nach dem heiligen Lande, die er im Jahre 147Q mit
Sebald Rieter und anderen Begleitern unternahm.^) Die Be-
^) Seinen Namen habe ich nicht feststellen können, da die einschlägigen
Werke von T", udcn-is und Joannis (s. diesen in Rerum Mogunliac. SS. T. II
p, 831 Uber das Klobler selbi>t, es hiefä St. Michael prope Moguntioam) versagen.
') S. die Stammtafel in St. Chr. X, 38 ff., wo auch die nötigen
literarischen Verweise.
') S. die Einleitung der Reisebeschreibiing*
*) St Chr. X, 9 ff-
») 1. c. XI, 446 ff.
") Kern, Das Ge.schlecht der Tücher inNttmberg im 37. Jahresbericht
d. bist. V. f. Mittelfr.mken 120.
^/ S. meine Ausgabe von Hermann Schedels Briefwechsel in der
Bibliothek d. litt. Vereins Bd. 196 S. 186.
*i S, Röhricht und Meisner, Dte I';!i,'ei reiNcn nach dem heiligen
Lande 1880, ]>. 11 1 .;. Röhricht, Dte. Pilgerreisen 1889, p. 172 —4, wo
auch der Briet Tuclicra an seinen Vetter Anton aus Jerusalem nochmals
abgedruckt ist. Kamann in dieser ZeitscbriA, Heft U. — Ueber das
VerhUtms der verschiedenen Ausgaben unterrichtet P an ser, Annale» I, 129.
t*
Digitized by Go -v,!'-
Schreibung erschien bereits 1482 in Augsburg im Druck, aber
noch im selben Jahre veranstaltete Tucher in Nürnberg selbst
eine Ausgabe, wie das Schlufswort erklärt: »Wie wol difs puch-
lein(s) in kurcs verfchinnen tagen gedruckt ift, yedoch nach dem
das nit mit folichem fleifs vnd auffTehen als wol not geweffen
werc befchchen vnd doch dy matcrij des felben j)uchleins an
ir felbft luftig ift, darumb vnd zu widerbrin[g]ung vorigs vuileifs
ift der, io difss puchlein czu drucken geftifft hat, bewegt worden,
das mit allem Üeyfs zu Uberfehen vnd alle tadel vnd mangel . . .
hinweck zunemen . . .
Die Beschreibung hat, wie Tucher einleitend bemerkt, vor
allem den Zweck, als ReisefUhrer zu dienen, und so finden wir
neben Schiffahrtscontracten und genauen Reiserouten auch Vor*
Schriften fttr Beschaifung von Proviant und Gepäck, für Gesund*
heitspflege — darunter auch ein Recept von Dr. Hermann
Schedel — und vieles andere. Das ist denn auch von Späteren
vielfach benutzt worden. Noch heute ist sodann die Schilderung
des heiHgen Landes und besonders des Weges nach dem Sinai
und nach Alexandrien von nicht geringem Interesse.
Leider aber ist es nicht erlaubt, einfach nach dieser
Schilderung ein Bild von der Person des Autors zu entwerfen.
Denn wir besitzen auch eine Reisebeschreibung seines Mitpilgers,
Sebald Rieter, die in vielen Punkten wörtlich mit der Tuchers
übereinstimmt, während andererseits eine Menge kleinerer Ab-
weichungen verbieten, eine einfache Abschrift anzunehmen.^ Da
es für uns von Wert ist, eine möglichst deutliche Vorstellung
von Maus Tuciier zu gewinnen, mag hier eine kur^e Erörterung
dieses noch nicht völlig geklärten Verhältnisses gestattet sein.
') B] c8. Man s«-he zu der ganzen di&tetischeo Auweitung die
Entwürfe bchedels in cim. 441 f. 187—89.
*) Röhricht und Meisner, DasReisebneh der Faroili« Kieler (Btbl.
d. litt. Vereins in Stuttg. Bd. 168) Hier sind auch die Abweichungen des
Tui liei >chen Texte«» t^röfslenteils anmerkuTis^'-swcisc noliort. T^och ist es be-
dauerlich, duU den Herausgebern niciil der 1 ext der Nürnberger Original-
ausgabe, »ondera nur der des Feyerabeoduehen Rebbachs sur Verfttgong
staTid, .So fallen dio Varianten 45", 86^, 89", ioi*\ loS'' nur Kcyerabcnd
zur Last, bei andern zeij^t besonder» die Wortstellung Aenderurgen, S. 49"
und 118* ist durch Auslassung der Text unverständlich geworden. — Eine
Aeufserung Tuchers zum l$. Februar 1480, die auf Aufzeichnungen in Aegypten
und während der Heimreise deuten soll» kann ich nichi finden, doch i»t die$
ja an und für sich recht glaublich.
Digltized by Go
— 5 —
Die Reisebeschretbang zetiäM auch äufserlich in zwei
Teile, die Fahrt nach Jerusalem und die nach dem Sinai. In
dem ersten Teil unterscheiden wir wieder die Reise bis Jaffa
und die eigentliche Pilgerfahrt im heiligen Lande mit der Be-
schreibung der heiligen Stätten, Die Fahrt bis Jaffa ist tage-
buchartig erzählt, und die Texte Tuchers und Rieters stimmen
so genau zusnmmon, dafs uns auch mit der Annahme zu Grunde
liegender gemeinsamer Aufzeichnungen nicht geholfen ist. Viel-
mehr mufs der eine den bereits vollständig redigierten Text des
andern vor sich gehabt haben, und zwar mufs dies Tucher
gewesen sein. Das beweisen weniger die mannigfachen sachlichen
Zusätze seines Textes, denn diesen stehen wieder, allerdings viel
seltenere, Auslassungen gegenüber, wie z. B. bei der Beschreibung
der Insel Lesina [Rieter 43], auch Veränderungen der Anordnung, wie
bei der Beschreibung von Ragusa [Rieter ebenda], für die ein
rechter Grund nicht zu ersehen ist, als vielmehr die kleinen,
rein sprachlichen Veränderungen. Tucher liebt die Verdeutlich-
ung, besonders bei Worten, die er tur ungewöhnlich oder minder
verbreitet hält So fügt er zu >^parcke« h'mru t>oder schiff leint,
zu »gewelbc und »loch«, und er bemttht sich vor allem, die zahl«
reichen italienischen Ausdrücke der Kaufmanns« und Schiffahrts-
sprache zu erläutern. So setzt er gleich am Anfang für die
Worte Rieters tnolo, spessa und tributoc das deutsche »fchifflone,
fpeyfe vnd zolle« [Rieter 37^^], oder statt »thimon« iruder« [47*],
statt xgalliotten« »schiffleut«. Nun waren diese Ausdrücke aller-
dings allen Kaufleuten i^lcirh gut bekannt, wie sich ja sogar in
die Tuchers( hen Jahrlniciier die italienische Datierung einge-
schlichen hat, ^) aber es ist doch nicht anzunehmen, dafs Rictcr
eine Vorli^e, welche die Verdeutschungen schon enthielt, wieder
verwälscht hätte. Ebensowenig, dafs er so kleine Zusätze
Tucliers weggelassen hätte, wie die in der offenbar formelhaft
überlieferten Beschreibung der Reliquien in Venedig und Padua:
»das pilde von unser lieben frawen mit irm lieben kindec oder:
vwer das pild einest mit rechter andacht an sehe.«
Anders steht es mit dem zweiten Abschnitt des ersten
Teils, der Beschreibung der heiligen Statten in und bei Jerusalem.
ü, St. Chr. XI, 447»
Digitized by Google
— 6 —
Schon bei der Schilderung der Ankunft in Jaffa entfernt sich
i ucher von Rieter, und wird von hier an überhaupt seibstäiuiiu.
Rieter schildert die persönlichen Erlebnisse nur ganz summarisch
und übergeht die Beschreibung der heiligen Stätten vorerst ganz
mit dem Hinweis auf ein »lateinisches püchlein, das mein Sewatt
Rieters vater seliger da von verczaichnet hatt« [p. 56], Dann
aber [p. 62] setzt er doch mit einer Beschreibung der »kirchfertte
und heylig stette« ein und zwar igleich lauttend meins vaters
Sewalt Rieters seligen püchleinc aber mit Zusätzen. Dieses
Büchlein des älteren Rieter von 1464*) hat nun auch Tucher
beniit/.t, aber so, dal's er die dort i^cgebcuc^ Beschreibung an
die tagebuchartig fortgeführte Erzählung seiner eigenen Wande-
rung anschUefst, wobei er häufig die Reihenfolge der geschilderten
Orte verändern mufs» und dann seine eigenen Zusätze macht,
die von denen des jüngeren Rieter unabhängig sind.") Eine
Ausnahme machen die Stücke von den »sybenerley glaubenc im
Tempel und von den Kirchfahrten nach dem Thal Mambre,
Nazareth, Beirut und Damaskus [Rieter 75 ff. und 82 fT.]. Diese
stimmen ^vio(ier L;enau mit dem jüngeren Kictcr und sind offenbar
aus diesem abgcsciiricben, wobei zu beachten ist, dafs diese
>Kirrhfahricn eben von Tücher und Rietcr nicht gemacht
wurden. Rieter hat die Notizen seines Vaters darüber [ibid.
p. 29 —33] offenbar nach Erkundigungen ergänzt. Aus dem
Buche des älteren Rieter hat Tucher dann auch, um dies gleich
vorwegzunehmen, die seinem zweiten Teile beigegebene Reise-
route durch die ganze Welt unter dem Titel: tltem hernach
Voigt vnd zeigt II keyferthum vnd XX criftenliche konigreich/ die
in der gantzen criftenheit feine und die Abmessungen des heiligen
Grabes [Rieter p. 16] entlehnt. Bei diesem al)cr hat er alle
Malse sori^fältig an Ort und Stelle kontroliert und seine eigenen
Angaben dafür eingesetzt. Er hatte neben den Aufzeichnungen
Rieters noch die eines andern Nürnbergers, des Martin Ketzel,
zur Hand, die durch Adam Krafts Stationen berühmt geworden
sind. In demjenigen Exemplar seiner Reisebeschreibung, das
Ebenfalls in Röhricht und Meisners Ausgabe 14 -36.
*) Einen Beweis liefert die Tempel beschretbung [Rieter 7$], woTncher
bei Erw.Hhnung der Köniysgräber den AiisdnicK des älteren Rietei »ligen
begraben in wolgezierien '^»rf!jern< [p. 22] beibehält, während der jüngere
ändert: «in staincu erhaben greberu«.
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— 7 —
Hartmann Schcdel besafs,^) befindet sich auf einem eingeklebten
Zettel eine Notis darüber: »Item der Keczel hat das heilig grab
lalTen abmachen auff dem fpitelkirchoff nach dem hie; i£t wol
ein meynung aber nyndert geleich dem hiygen: Das kepelein
dar vor hie i(t meiner fchuch XII lang von der mitten pifs zu
der thttr in wendig vnd \(t halbs in etm rund form, vnd get die
tlmr mitten in das heilig grab, vnd ist das kcppelein hinten, als
man erfst hin ein geht, XIII fchuch prait. Su ift die thür, als
man in das lieilig grab gct, meiner fpan 2 vnd ein vodere
fpan weit vnd hoch 4 fpan vnd ein vodere meiner fpan. Die
dierk der mauer in das heilig grab 3 meiner fpan, die leng des
grabs 8 meiner fpan vnd ein vodere fpan. Das grab ift prait
4 fpan vnd 3 vinger prait. Das grab ift 3 fpan vnd em twerhe
hant hoch. Preit inwendig des keppelein mit dem grab 8 fpan
3 vinger prait. Der ftein vor dem grab ilt ein fchuch ob der
erden vnd ift geflirt III fpan in die virung vnd ftet gleich in
der mit 4 fpan von der thur. Datum VI. Augusti in Jerusalem
1470 ;. Schcdel schrieb sich diese Notiz offenbar aus Tuchers
eigenem Exemplar — - Manuscript oder Druck — ab, wo sie als
Kaudbemerkung gestanden haben mag. —
Mit dem 16. August 1479 trifft Tucher wieder mit der
Tagebuchaufzeichnung des jüngeren Rieter zusammen.') Auch
hier hat er die von diesem gesondert gegebene geographische
Beschreibung [Rieter 81 — 82] in seinen Text hinein verarbeitet,
doch scheint er hier nicht den dieser zu Grunde liegenden Text
des älteren Rieter [p. 31], sondern bereits die erweiterte Auf-
zeichnung des Sohnes selbst vor sich gehabt zu haben. ^)
In beiden Reisebeschreibungen findet sich dann eine Auf-
zeichnung des Landwegs nach Jerusalem [Rieter 61], die sowohl
') Inc. c. a. 265 4° der Münchner Hof- und Staatsbibliothek, s. auch w. n.
Rieler p. 59*. Die daselbsl 59' angezogene Stelle wäre besser zu
77,2 zu ziehen gewesen. Eine DatumdiiTerenz zwischen Tucher und Rieter
ist nicht vorhanden, dft der ZuMmmenhang ein anderer iit.
^) Der Beweis liegt Mer in der Schilderung des Brunnens des H^tsa,
wo es bei Tucher hcifst: »Wir giengen wider abwartz vnd vnten am perg
ift der Hufs des prophetcn Helifei. Der felbig pach was gefaltzen md
fawer, das nyemant weder menfch noch viech des trinckm mochten«. »Den
pach der felb prophet durch den willen gotes fufs vnd wolfchmeckende hat
gemacht«. Vgl. da/u Rieter 60, 24 u, 81, 19. T?eim ^nt»"-'"n V'pter [31]
fehlt die Stelle, was allerdings aus späterer Verkiirzung herruiircn Kuun.
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— 8 —
Tucher als Rieter von einem Juden in Jerusalem erfaliren haben
wollen, und ein Abrifs der Geschichte des heiligen Landes seit
den Kreuszügen/) die Tucher nach seiner ausdrücklichen Ver-
sieberang im Kloster monte Sion aus der Chronik der dortigen
Mönche herausgeschrieben hat. Man wird ihm das glauben
dttrfen, wenngleich auch hier eine Notis des älteren Rieter
Anregung gegeben haben kann.*)
Der zweite Teil der Reisebeschreibung schildert den Weg
nach dem Sinai und die Heimfahrt über Ägypten. Das Ver-
hältnis der beiden Texte ist dasselbe, wie am Anfange. Es ist
ganz klar, dafs Tucher Rieters Text vor sich hatte und denselben
erweitert. Nur so erklärt es sich, dafs Tucher z. B. die Mit«
teilungen Rieters Über Cairo, welche dieser nachträglich —
nachdem er schon die Fahrt nach Alexandrien erzählt hat —
anfügt [p. 123], an richtiger Stelle einsetzt. Auch die Ab-
weichungen in der Beschreibung Alexandriens werden so ver<
ständlich, da Tucher zuerst die Stadt selbst und dann erst ihre
Umgebung schildert, also offenbar das ganze Material bereits
Überblickt.^ Ganz ähnlich ist es schon vorher beim Finritt in
Gaza, wo Tuclier wiederum einen NaclitraL^ Rieters an die
richtige Stelle gebracht hat.^) Bedenklich könnten in dieser
Annahme nur einige starke Auslassungen Tuchers machen.^)
Im allgemeinen werden Tuchers Zusätze je länger, je
zahlreicher, und ganz selbständig ist dann seine Schilderung der
Rückfahrt von Alexandrien nach Venedig, nur ein paar wörtliche
Bei Rtetci nicht gedruckt s. aber S5*.
• ' p. 22.
V^l Ricter 123 mit dem Tiichereinschub 120*, der V)ei Röhricht-
Meisner nur z. T. gedruckt ist. Bei der Beschreibung Alexandrias bietet
Tucher dgentlich nur eint Angabe mehr ate Rieter, Aber das Cistemen-
trinkwawer.
*) Rieter 87,24. Tuchers Text lautet: »Vnd man vberfchlecht die
aufsfjabe zu gemein iarcn, dr die v<'t!ichc koft XXIV taiifent ducaten werd.
Den felben tag zugen wir vnd kamen <ies nachts gar Ipat gen Paleftin oder
GaUera der ftat, wann vns der gleitimann mit willen twa or im veld auf
hielt vnd beforgot. wo wir hey lag in die ftat zugen, der herr da felhft
mochte vns ein barillen mit wein nemen, ai» tu seilen der geleychen den
pilgram vor auch gefchehen ift«.
*) Sie sind bei der Rieterausgabe nicht ca ersehen, es sind s. B.
102,6 und allda — verschwindt; 103,14 Item an dem perg — mit in tragen;
T05.2 V. u. Item zun zeyten — 106,4 grofs aafhei>en; 107,6 Item der
bruder - pey inn zu tragen u. s. w.
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Uebereinsfcimmttngeii lassen vermuten, dafs ihm auch hier schon
Rieters Bericht vorlag,'} der ihm aber augenscheinlich nicht
genügte. Was Tucher endlich hier, wie beim ersten Teil, an
guten Lehren für Ausrüstung und Verproviantierung der Pilger
beifügt, beruht gröfstenteils auf den Reiserechnungea die wir
bei Rieter in extenso finden.^)
Für den gröfsten Teil seiner Beschreibung hat also Tucher
das Rietersche Manuscript vorgelegen. Ob Rieter dieses ganz
selbständig verfafst hat, oder ob Tucher auch daran einen
Anteil hat, würde sich nur durch Auffindung des Tucherschen
Originalmanuscripts oder doch wenigstens einer Handschrift, die
vor dem Druck von 1482 liegt, entscheiden lassen.*) Es bleibt
ja immerhin möglich, dafs l'uchcr die stilistischen Änderungen
und Verdeutlichungen erst zum Zwecke der Druckpublikation
vornahm, wie denn gerade die selbständige Bcsciircibung der
Heimfahrt auffallend viel italienische Ausdrücke zeigt, auch
würden sich einige seiner Auslassungen so ganz gut erklären —
mit Sicherheit aber dürfen wir Tucher nur die Zusätze zum
Rieterschen Texte zuschreiben, und auch diese sind zahlreich
genug, um ein Urteil Uber seine Person zu ermöglichen.
Kmiges haben schon Kcjhricht und Meisner hervcirgelioben,
SD die niercantilen und naturwisscnschaftlichenlntcrcssca rurhcrs.'*)
Den erstercn verdanken wir u, a. eine interessante Beschreibung
des Pfefferhandels der Venetianer in Alexandria und des darauf
basierenden »cottimo«,^) den letzteren Schilderungen des toten
und des roten Meeres, der Wüste Tih, der Volksart der Araber,
Kieler 133S wo es bei Tucher lieifsi : >Vnd wir füren im namen
gottes defsnats mit fchoncm wettet vnd gatem fcnlften winde«.
*) Ueber das Cotttrmetronnuliur fttr den Patron vgl. Röhricht,
Pilgerreisen 167,
•) Mir sind bekannt: a) cgm. 24. prachiijj mit Tuchers und Rieiers
Wappen gerif^rt, i'Pfichrit'lien 1489 für Hlt/ivl; >ii;nuind . Baiern von Paul
.Scwer profefs und korpruder zu Vndeosdorti. Der Text scheint mit dem
ersten Au^shurger Druck von 14S2, den ich nicht vor mir habe, xu stimmen
Von der Nürnberger Ausgabe weicht er vielfach ab. — h) vindob. 302I
kennzeichnet sich schon durch die Schlufsschrift aU Copie eines Atigsburger
Drucks. — British Museum. Addit. msä. 1S386.
*) Kieler 4.
Bei Kieler 151^ einsuichieben.
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— 10 —
der Gazellen und vieles anderen.*) Tucher sucht sich den An-
schein eiae$ kritischen Berichterstatters zu geben; bei Schilderung
der Taubenpost in Alexandria unterscheidet er, was er selbst
gesehen hat und was er nur vom Hörensagen weifs.^) Manches
läfst er fort, weil es »gar feltzam vnd vngelaubtich zehoren ifl:
den, die das vor nit gefehen haben« .*) Daneben mutet es uns
freiUch komisch an, wenn er von dem Wurme Thiro erzählt, von
dem der Theriak komme,*) oder wenn er von den Krokodilen
— den Namen kennt er nicht — saL;t, sie seien T^gleich gefchaffen
als die eidechfen oder lintwurm, dann das fy nit lliigol haben. «•'^i
Besonders merkwürdig sind seine genauen Angaben der Himmels-
richtungen, so wenn er von dem Stern, den die Pilger in der
Wüste sahen, sagt, er »gieng autf sud sud ost«,*) und wir erfahren
denn auch, dafs er bei Besteigung des Berges Sinai einen Compass
bei sich trug.') Vorher schon erzählt er, dass er den Mönchen
am Berge Sion eine Sonnenuhr verfertigte, und er bemerkt dabei,
dafs sie in diesem Lande besonders brauchbar sei, da es so
wenig regne/)
Historische Notizen sind spärlich, doch berücksichtigt Tucher
auch die neuesten ErciL;nisse, wie den Frieden von Seutari 1479,
der zwischen ihrer Hin- und Rückfahrt die Besitzverhältnisse an
der daimatischen Küste verändert hatte. ^) Von Paris und Helena
erzählt er etwas ausführlicher als Rieter, doch sind seine An-
spielungen auf die heidnische Götterwelt nicht entfernt so häufig,
wie etwa bei dem Ulmer Dominikaner Felix Fabri, der 1480
und 1483 im heiligen Lande war. — Bei der Darstelhmg ist
') Kieler 69 [wo die Ergänzung aus Tucher ei zu notieren wäre]:
90'; 91**; iio'.
^) 1. c. lay*.
3) 1. c. 40"
*) Tucher ei'.
*) Rieter lao».
•) Rieter 95».
') l. c. 104'
") Tucher dj: >lcli machet auch den munchen an dye kirchen aut
dem perg Syon ein funnen or, de fy allweg fehen rottgen, vmb welche zeit
es am tag ift, fo die funne fcheint Zu der ore fy grofs frcud vnd geuallen
hrtffn Es rec^ent j^nr feltrn im iar dafelbst ii;in nur im nouember vnd
december. Ich machet in die oren gegen den mittag an die kirchen, lo
hoch, das die XII ftunden zeygen mag vnd iu an vt) enden im clofter
dienetf do fy Ii' f^hen mugen«.
^) Tücher 17' vgl. Kieter
Kieler 49".
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— u —
Tuchers Streben vor allem auf die Deutlichkeit gerichtet, die er
gern durch Heranziehung von Gegenständen erzielt» die dem
Leser bekannt sind. Der Vergleich der Breite des Nils mit
dem Rhein, des Katharinaklosters am Sinai mit dem Heils-
bronner Hof und der Ausdehnung Alexandrias mit Nürnberg steht
auch bei Rieter,*) Tucher eigentümlich ist aber die durchgeführte
Vcrgleichung der Kirche dos heiligen (irabes mit der Sebaldus-
kirche, und wenn er auch etwas ye/wungene Voraussetzungen
daljei machen nuifs, so hat er doch dem Lokalkundigen unzweifel-
haft die Vorstellung erleichtert. — Wir erfahren endlich auch
etwas von seinen früheren Reisen, bei Erwähnung der Marter«
Säule Christi bemerkt er, dafs er vormals andere Stücke der-
selben in Lyon und in Rom gesehen habe,*) und vom Nil sagt
er, derselbe sei »stäts trüb, wie der Tiber zu Roma istc.') —
Nach alledem war also Tucher ein Mann von Weltkenntnis
und offenem Back, dem wir eine Arbeit wie das Münzbuch
schon zutrauen können. Und Kiniges scheint diese Annahme
sehr zu bestätigen. So erinnern wir uns bei den zahlreichen
Citaten aus dem Corpus juris, die das Münzbuch bietet, an die
— freilich nicht sicher verbürgte — Nachricht, dafs Tucher
auch das Register zu der 1479 erschienenen Reformation des
Nürnberger Stadtrechts gemacht haben so]l,^) und die antiken
oder humanistischen Autoren, deren Benutzung wir bei einer
Quellenuntersuchung des Mün/buches nachweisen können, stehen
fast allein der Liste seiner Büchererwerbungen. Aber dennoch
müssen Tuchers Ansprüche vor den weit besser begründeten des
Franziskauerpaters Stephan zurücktreten.
>) Rteter 95: «»S*; «S»
Tucher cl: »Von difer ffulen luili ich auch vorni.ih ;^uey ftuck
gefehen, eins von difer leng vngeuarlich ifi tu Korn in lant Hraxeda kirchen
bcy Maria maior. Das ander Anck das mag ein wenig lengcr fein, das hab
ich gefehen zu Lyon in Frankreich oben auff dem perg tm tburn zu fani
Jiifio g^enant. Also das ich Hans Tacher der eller drea ftuck von difer
leiden geichen hab ■>
Kieler 115»
*} Will, Nürnberg. Cjelelirtenlexikon IV, 74. Ich hübe tu der Aus-
gabe selbst nichts darttber finden können,
Z.B. der Boccaccio oder der Valerias Maximus /u ^Kn Aristoteles-
citaten der Einleitung s. d. »Translacio nova Leonardi Aretini super iibro^
morales ArbtotUii»« i^ciz 1. c. 15S.
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12 —
Stephan P'ridolin erscheint bereits 1479 in Angelegen-
heiten seines Ordens thätig, in diesem Jahre wurde er in Corsika
von Seeräubern gefangen genommen. Aus der Zeit seiner
Nürnberger Predigtwirksamkeit sind uns dann umfängliche und
nach dem Urteil der Kundigen auch wichtige Oberreste von
Predigten und geisthchen Unterweisungen erhalten. Uns interessiert
hier vur uilcm, dafs Fridolin der Verfasser des ^•)Schatzbehal-
ters« ist, jenes geistlichen dculsrhen Erhauungshiirhs, das 1401
bei Anton K.oberger gedruckt wurde und mit Schcdels Welt( hronik
das wichtigste Denkmal vorreformatohscher Büchcrillustration in
Nürnberg bildet.')
Die spätmittelalterliche Predigtliteratur in deutscher Sprache
hielt sich wenig an die alte» einfache Weise der Mystiker, sie
suchte ebensosehr wie durch kräfMge Sprache auf das Gemüt,
auch durch Gelehrsamkeit auf den Verstand des Zuhörers zu
wirken. Und /.war dienen dem Geistlichen hier nicht nur die
scholastischen Autoren: »wer weit nit lesen Juuenalem, Perfium
vnd ander der geleichen poeten, die auch dem volck werden
gepredigt?« sagt Albrecht von £yb in seinem Sittenspiegel.
Solch ein gelehrter Prediger ist auch Fn<folin, und die nach
allen Seiten betrachtete Geschichte des Heilands giebt ihm
Gelegenheit, sein Wissen in christlicher und heidnischer Gelehr*
samkeit darzuthun.') Lesen wir nun freilich eine seiner ersten
Äufserungen der Art: ; Vnd von wem hat das der herr gelitten?
Hat er es nit gelitten von den knechten der knechten, der die
roiliehe vnfleter waren, dz ich ir vnreynigkeyt, die ich aufs den
geschrifften der römifchen fchreiber vnd beiunder des Gaij Sue-
tonij Tranquiili in den büchem ' von dem leben der keyfer der
^) V;jl zum Fulgenden N.Paulus, Der Franziskaner Stet>han t ridoiin
in den Historisch politischen Bllttern Bd. 113 S. 46$'^4S$,
Fridolins Autorschaft bezeugt eine Inschrift in Inc. c. a. 2609 2^
der Mündiner Sta.ushiblioihck, auf die bereits Binder, Charitas Pirkheimer
lun!rew!<*sen hat. Vgl. übrigens Blatt N4 des Schatrbehalters, von
dem Iii. Franziskus, und Blatt Vi, wo von den Nürnberger Kirchen die
Rede ist.
*) Ein bemerkenswertes Beispiel der Kritik Scbatzbehalter Bl. hs':
> Merck hie, wt der hochredend leser Petrus von Rauenna, wie wol man das
fant H^rnhart zu fchreibt, denn es fieet ofTt vntter feinen predtgetti es ist
aber nil fein we^fe, alfo zereden, ipncbt*.
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— 13 —
leiben seit gewifslichen weifs, ntt getarr fchreibenc^) — so
erscheint uns zweifelhaft, ob ein solcher Mann Lust haben
konnte, die Gestalt derer, »die fo grofsmechtig in difer werlt
vber annder gewefen (ind€, wie das MQnsbuch in der Vorrede
fagt, so sorgfältig zu beschreiben. Aber nicht lange darauf spricht
Fridolin von Vifellius,. und da heifst es denn genau wie im Münz-
buch von laiii, er sei /.ein rafsler oder fpiclcr, ein frafs vnd ein
trunckenpolt? gewesen [Schatzbehalter 151. A6j, hei Titus wird
das charakteristische »amor et deliciae generis luimani« genau
wie im Mtinzbuch mit >die iicb vnd wolluft menfchlichs ge-
schlechts« gegeben [Schatzbehalter Blatt B6'], und eine ganze
Reihe weiterer wörtlicher Übereinstimmungen') machen es dann
unzweifelhaft, dafs der Text unseres Münzbuchs in allen
Hauptpunkten von Stephan Fridolin herrührt.
Wir erfahren denn auch sonst noch mancherlei von Fridolins
klassischer Gelehrsamkeit aus dem Schatzbehalter. Er bietet
einen Stammbaum der Seleuciden, erzählt nach Livius die Ge-
schichte von den Horaticrn und Curiatiern, er gibt eine interes-
sante Zusammenstellung der »gelert vnd künftenreich leut yn
weltlichen künften«, der >hantwercks leutt:< und dazu der »aben-
teurer, sauberer vnd bofshafftigen menfchen«, die zur Zeit der
Geburt Christi gelebt haben, er erörtert die Abfolge der Reiche,
wobei wir erfahren, dafs die Römer durch die «Gothier«, diese
durch die »Frank reichere besiegt worden sind.') Er citiert die
Commentarien des Julius Caesar, den Vergil, Valerius Maximus,
') Schalsbehalter Blatt yi'; vgl auch z5: »Aber die maieslat fchinehen,
wie grofs das geachtet werd, das ich ^elchweig, wa«? <!te keiferlichert reclil
dar von letzen C vnd if. ad legem Jultam maiestaiis vnd de iniurijs et
Ubellts famMis. Mann merek es aufs dem, das sa den seilten der felben,
die Tnfers Herren fpolteten, wer des keyfers vnter dem Crifiiis geporn
ward -- püd an cyiiem fnif^erlein odeV fünft an ein vnerbere ftal, ya auch
an die biat menfchlichcr tioldurffligkeit als zu ftülen trug, dem galt cs> da^
lebenn. Merck wie grofs die menfchen ir menfchltcbe matestat gefcheizet
haben: tnt;; num die pild der icpifer nit. Co w/ cs ferlicli viul f>>rglich, trug
man fie denn vnd hielt fie nit in groflen eren - fo das man auch die not-
durft in gegenwertigkeit fölcher pild nit getorft thun — fo was es aber ferlich.
Vnd wer waren fie, der pild man alfo erenn vnd förchten must? Wer waren
fie ircs lehetis h;ilb all? fölcln-, (h. ich nit i^efchreiben gelnrr; fie waren
fölciie, der gietchcn man zu vnfern zeitten in teulfcben landen verprent vnd
auch nach kayferlicben rechten verprenneo foU.t
-) Ic habe sie mit einigen sinnverwandten Stellen beim Abdruck des
Mfinzbuchs an ihrem Oito unter den Text gesetzt.
'/ Scbalzbehaller Blatt Ti', Lz', A$, Ü5.
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— 14
den Aristoteles sehr häufig.^) £r gibt bemerkenswerte Beispiele
von Kritik, oflTenbar ist ihm sogar das Griechische nicht ganz
unbekannt.') Wie ihm die klassische Gelehrsamkeit auch über-
lieferte Vorstellungen stört» sieht man vielleicht am besten aus
seiner Beschreibung der Attribute der Apostel [Blatt T2'l, wo
er von ^fant Matheis mit dem beyhel« meint: di doch nach
meinem won ein helmpart follt fein, als man den alten Roniisciieii
ratherren vor trug, von (ier auch der Romer itifter Komulus
Qiiirinus genennt ift, darumb dz er nach der Sabiner fprach
quiris heyffet, in latein bipennis vnd fünft francifca, dz ift römische
axt» mit der die Römer richten«.')
Aber im wesentlichen ist das »Bttchlein«, wie Fridolin
sagt, - es ist ein Foliant von 352 Blättern — ein mittelalter-
liches Kibauungsbucii, die Münzbesclireibung jedücli weist schon
durch die Art ihrer Entstehung auf den Frühhumanismus hin.
Das Sammeln von MUnzen hatte ja überhaupt erst der
Humanismus aufgebracht. Petrarca wird als erster Sammler
genannt, in Deutschland haben Pirkhetmer, Peutinger und Rai*
mund Fugger den Ruhm, zuerst diesen Dingen planvolle Beachtung
geschenkt zu haben. Eine Münzgeschichte nun in modernem
Sinne oder auch nur im Sinne der Al)handlung Pirklieimers,
weither die alten Stücke nach (lewicht und Wert mit der
Nürnlierm'r Münze verglich,"*) ist Fridolins Arbeil nicht. Er will
vielmehr nur dem plastischen Bilde der Staatsmänner und Kaiser,
die so grofses vollbracht liaben, das geistige hinzufügen. Ueber
das Technische, über die Münze selbst gibt er nur selten Aus>
kunft, und wir können deshalb kaum feststellen, ob auf dem
9geprech« wirklich immer die Köpfe derer standen, von denen
') L. c. T6', X4', B3 u. s w Sonst werden noch citiert PlatO
Boethius de consolatione, Apollonius Tyr., P cudo-Turpin.
S im Münzbuch die Erklärung von -.SLl)aste' und »Foliticus» dazu
Schatzbehuiter iiialt Ol : »Denn was Gott der herr in die natur gepßantzt
b«l, das mag nyeinaut aufsreuten, als das fUncklein, das kriechtreb finderefi«
[Vgl. Diefenbach, Glossar, s v.] heift«. R3 die ■projiortio fer.iuallera *
«kriechifch enuoHa«. Zur Kritik s. besonder» Blati S3 und die chrono-
logische Uerechnung T3.
•) Nach Uldor, Etymolog. IX, 2, 84 und XVIII. 6, 9.
*) B. Ptrckheimeri Opera ed. Goldast 23$ Vgl. G. E. Waldao,
Vermischte Bcyträge z. G. d. Stadt NUmberg 1 786, p. 4S7: »Wer batt« wohl
bey uns dos erste Mttnscabinet?«
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— 15 —
er uns erzählt. Von den ersten Consuln, Brutus und Collatinus,
würden wir es ihm trots aller Versicherung nicht glauben, für
die Söhne des Germanicus, Tiberius und Drusus, von denen ihm
eine Münze vorlag, hat er die berühmteren Adoptivsöhne des
Augiistus Liciioninien,*) auch den Triunnir Crassus durfte er mit
dessen Sohne verwechselt haben. ^> Dahingestellt aiuTs auch
bleiben, ob er die »Julia «münze richtig auf Livia, die Gattin
des Augustus, bezogen hat. Dagegen ist ihm anderes merkwürdig
gut gelungen, so die Identificierung des Consuls Cn. Lentulus und
die des Kaisers Severus — diese letztere ist um so be-
merkenswerter, als der volle Name dieses Kaisers bei keinem
Schriftsteller überliefert ist,^ Auch seine Bemerkungen über
die Mttnse des Kaisers Augustus sind zwar nicht ganz richtig,
zeugen aber doch von gutem Verstände, und bei der Münze
Traians ist die Umsciiritt völlig richtig wiedergegeben und
erklärt.
Seine historischen Kenntnisse hat dann Fridolin in der
eigentlichen Erzählung breiter entwickelt. Er betont wohl einmal,
es sei nicht seine Absicht, von dem Leben der Kaiser zu
schreiben, > sunder allain die fchwäcz oder gebrech, welcher
kaifer fie fein, anzaigen vnd zu erkennen geben c, aber der
Stoff reifst ihn fort. Bald erzählt er ein Stück HeUigengeschichte,
bald gibt er eine gelehrte Genealogie, oder er IMfst sich über
die Bedeutung; der Reichskleinodien für Nürnberu oder endh* h
besonders gern über die strittige (iründitngsgeschiehte der Stadt
aus. Vor das Ganze aber stellt er einen Abrifs der (irsciiii htc
der römischen Kdniqszeit, der mit den Münzen gar nichts zu
thun hat, aber sehr zu Gunsten seiner historischen Auf-
fassung spricht.
Seine Quellen fUr diese Darstellungen sind mannigfach.
Das meiste glaube ich aus den von ihm nicht genannten, aber
damals allgemein gcl>raucliten Chroniken des Ekkehard und des
M Vgl. darttber Eckbel, Doctrina auininorain veteram P. II
Vol. VI, 217.
^) Wenigstens nennt Mommseo, Gesch. d. röm. MUnzwesens p. 640
nur Mim en des Sohnes
^/ S. Fo reell iui, Lexicon totius lalinilalis IX, 121.
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— 16 —
Jacobus Bergomas herleiten 2U können.*) Daneben ist Martinus
Polonus benutzt, doch mit Kritik, da sich auf ihn unzweifelhaft
die Bemerkung bei Erwähnung der Ermordung der Mammaea
durch ihren Sohn Alexander Severus bezieht, »derselb velt ofit
m feiner cronick«.*) Aufserdem aber kennt Fridolin, wie schon
der Schatzbehalter zeigte, auch die eigentlichen Quellenschrift-
steiler. Er nennt den Livius, Sueton, Morus, josephus und Oro-
sius.^) Aus Livius hat er seine Einleitung über die Königs-
zeit geschöpft*) und hiebei mit feinem Takte das weniger
Wesentliche gekürzt oder fortgelassen, besonders bemerkenswert
ist das bei der Darstellung der Servianischen Ver&ssung. Er sucht
auch von der Zeit der Autoren eine Vorstellung zu gewinnen,
bemerkt von Orosius, dass er ein Zeitgenosse des heiligen
Augustin gewesen sei, citiert Florus als »einen alten, der be*
fchleulTt noch einen eitern« und setzt ihn in die Zeit des
l'iberius. Es verschlägt nichts, dass er dabei die Periochen des
Livius im Auge hat, die nicht von Florus sind. Sie standen zu-
meist in Elorushandschriften, und zudem hat Fridolin das echte
Werk unzweifelhaft auch gekannt.^) über das Verhältnis des
Josephus und des »Hegesippus« ist er sich allerdings offen-
bar nicht in gleicher Weise klar geworden. Auch die Chronik
des Hieronymus hat ihm wahrscheinlich vorgelegen, die Genea-
logie der römischen Könige konnte er ihr bequemer als dem
Ekkehard entnehmen. Weitere Hülfe dabei haben ihm die
Etymologien des Isidor von Sevilla geboten. — Für die s|ia-
teren Kaiser zieht er gern das Cor]ius juris heran/*) so dafs die
Nachrichten über ihre gesetzgeberische Thätigkeit oft etwas un-
vermittelt neben den sehr bevorzugten Heiligengeschichten stehen,
*) Die Nachweisungen unter dem Texle. Ekkehard ist nacl» der
Monumenienausgabe [SS. T. VI.], Jacobos Bergomas (ersebicn suent 1483)
nach dem Drucke von 1496 ciüert.
*t Die Qu, llennach weise aus Nfariinus Polonus sind nach der Aus-
gabe des Suüruiya l'etrus, Antwerpen 1574 ^^eiyeben.
^) Uroäius, Ekkehard (»Chronica Eubcbti Ce^aiiensis cum addiciioni-
bus«), Josei>htts, die Livtusepitome und Isidors Etymologien sind auch unter
den aus Schedels Naclilass von Tucher erworbenen Bttcheni s. Pets 1. c. 157 f,
*) Die Citate nach Weissenborns Teubnerausgabe.
•') Citalf nach Halm«; Tcul 'iier.iuscj.ibf .
*) Sehr zahlreiche Citate <laraus auch im Schatzbehalter.
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für die ihm jedenfalls ein Passionale gedient hat,^) Die Vita
Remigii und die Albanslegende nennt er besonders. Endlich
begegnet uns auch eine humanistische Quelle, der Liber de claris
mulieribtts des Johannes Boccaccio, den Steinhoevel verdeutschte.
Fridolin hat ihm wahrscheinlich nicht nur die Geschichte der
Faustina, sondern auch die Anekdote von des Pompeius Gattin
Julia entnommen.*)
Diesen seinen Quellen steht Fridolin im allgemeinen ziem-
lich frei gegenüber. Wendungen, wie »behallt ich es rechte
und andere, sowie auch die meistenteils abgerundeten Re-
gierungszahlen deuten darauf hin, dafs ihm die Bttcher beim
Schreiben nicht unmer vorgelegen haben. Daraus wird sich auch
erklären, dafs er in einseinen Punkten, wie bei der Erzählung
vom Tode des Crassus, etwas von der Vorlage abweicht.*) Auch
für den Causalzusammenli uil,% tlen er z. B. bei Nero, Hadrian
oder bei Alexander Severus zwischen ihrem Verhäitnis zum
Christentum und ihren sonstigen Geschicken herstellt, bieten die
Quellen keinen Anhalt. Um so deutlicher zeigen solche Stellen
Fridolins geistliche Anschauung, die er auch schon in der Vor-
rede ausspricht. Sie ist unzweifelhaft von Orosius, wenn nicht
von Otto von Freising beeinflufst: das römische Weltreich ist
die Vorbereitung des christlichen, in der »zu redet an Diodetian,
die, soweit ich sehe, Fridolins Eigentum ist, hat er dieser An-
tithese bemerkenswerten Ausdruck gegeben.
Seine historischen Studien hat Kridoh'n nicht erst zum
Zwecke der MUnzerklärung begonnen, er erzählt von Nachrichten,
die er >von Rom gezeichnet gebracht« habe, es wird ein Stamm-
baum der JuUer gewesen sein, und seine Bemerkung Uber den
' Aber kaum ein deut<?ches, da z. B. die 1488 bei Koberger er-
schienene Ausgabe nichts von der Kindheit dei hl. Pontius sagt, die Fridolin
offenbar direkt nach der elten Vita enfihlt.
*) Der WortUtit der Stelle stimmt besser sn Boceaccio als sn Vale-
rius Maximns.
') Ebenfalls btnfig im Scbattbebalter.
*) S. den Text. Keine Quelle finde ich für die Nachricbten Aber die
Gattin und Tochter Diocletians und die Bezeichiiunj^ des Donat als Lehrer
des CrisfHi- vielleicht Verwechslung? S. Martinus Folonus 205; „Donatus,
artis grainmaiicae scriptor ac praeceptor HieronymÜj.
a
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Obelisken vor St. Peter zeigen ims,^) dafs er, obgleich Geist-
licher, doch mit andern Augen, als Nikolaus Muflfel im Jahre 1452,
vor den Denkzeichen des Altertums stand.
Ein besonderes Interesse beanspruchen Fridolins Äusse-
rungen über die (iründungsgeschichte NürnberLTs. Schon in der
Einleitung erwähnt er als einen Twän«, den er vernüninien habe,
dafs Nürnberg von i luerius gegründet worden sei, und er
kommt dann noch mehrfach ausführlich auf diese Meinung zurück.
Diese Bemerkungen nun sind nicht zunniig, sie stehen viel-
mehr im engsten Zusammenhang mit der Entstehungsgeschichte
eines Werkes, das gerade damals diese Ansicht fttr lange Zeit
begründete, mit der Stadtchronik des Sigismund Meisterli n.*)
Da ich in anderm Zusammenhang ausführlicher auf diese eingehe,
so soll hier nur das för Fridolins Arbeit Notwendige gesagt werden.
Meisterhn begann seine Chronik wahrscheinlich 1484, nachdem
er schon im Chronicon ecclesiasticum Augustanum und in einer
Bearbeitung der Sebaldlegende Zeugnisse seiner Beschäftigung
mit der Frage der Stadtgründung gegeben hatte. Die erste Be-
arbeitung der Chronik war 1485 vollendet. Doch gelangte sie
nicht zur Ausgabe.'^) Auf Wunsch des Rats, besonders der
Losunger Ruprecht Haller und Niclas Grofs, unternahm Meister-
lin eine Studienreise durch fränkische und bairische Klöster, als
deren Ergebnis die zweite 1488 vollendete Bearbeitung der
Chronik zu betrachten ist. Gerade zwischen diesen beiden Be-
arbeitungen liegt also das Münzbuch, und es gewährt uns ein
höchst interessantes Zeugnis einer lebhaften wissenschaftlichen
Diskussion, von der bisher nur Meisterlins Klagen über die
» Neider < seines Werks Runde gaben. Ks ist kein Zweifel, dafs
Fridolin Meisterlins Ansicht und höchst wahrscheinlich doch auch
ihn selbst gekannt hat, ja wir können vielleicht von der ganzen
Seine Kenntnis Roms beweist FridoGn aach tm Schatsbelnlter
sehr häufig, s. Blatt A 3 seine ErÖrtenint; über die Kirchtm Rtnn>, dazu T 3'
die bildliche Darstellung des hl. Matthaus zu St. Maria maior, und besonders
Blatt Aa3' bei Erwähnung der Besieg im ^ der Juden durch Vespasian: »[ift]
tr fchentlich vntterlig« n in die ftein gebawenn, als n>an es noch heut bejT
tag clerlich ftht in einem fchwibogen bey der newen Maria au Rom.c
*) Chroniken der deutschen StXdte Bd. III.
•) Liegt vor in ein». 23877, Autograph Meisierlins
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Art der Diskussion eine Vorstellung gewinnen, wenn wir an
Meisterlins Äusserung denken, dafs ihm etliche ihre Eiiiwurle
t>über die Kanzel gehustet hetten(<.*) Fridolin nimmt die eben-
falls von Meisterlin aufgestellte Ableitung von Nördlingen an
und äufsert über die Gründungsgeschichte Augsburgs Ansichten,
die sich durchaus mit Meisterlins Jugendarbeit, der Chrono-
graphia Augustensiunii decken.*) Auch seine Ableitungen von
Capua, JuHna u. s. w. zeigen, dafs er nicht minder wie Meisterlin
und die Zeit überhaupt nach Etymologien begierig war. Aber
in der Hauptfrage, der Ableitung des Namens Nttmberg, ist er
auffaltend kühl und besonnen, weit kritischer als Meisterlin. Seine
an den verschiedenen Stellen der Arbeit ausgesprochenen An-
sichten stimmen nicht ganz mit einander überein. Darf man die
in der Vorrede als endgültige ansehen, so zog Fridolin als *das
gewissest aufs gefchrifften oder brieuenc die Ableitung >Nori-
cus mons '^ oder »Norigbergc den andern vor. Damit kam man
dann freilich zu keinem Stifter, und auch Fridolin hat der Ver-
suchung nicht widerstanden, nun doch bei der Erwähnung des
Tiberius auszumalen, mit welchen Städten denn Nttmberg >roag-
schaiftf oder tpruderfchaiit« habe, gesetzt, dafs der »wänt vom
Kaiser Tiberius wahr sei. Das ist um so merkwürdiger, als
er schon vorher bei E^rwähnung der Livia in sehr verständiger
Weise die Orosiusstellen über die deutschen Kriege des Tiberius
und Drusns angeführt hat, die den Norischen l-eld/ug des 'I'iberius
recht bedenklich erscheinen lassen. Aber er folgert daraus schliefs-
lich nur, dafs Tiberius und Drusus in Deutschland zu thun ge-
habt haben, und fttgt das andere sichere Ergebnis hinzu, dafs
es nicht der Kaiser Nero sei, von dem »Neronberg« den Namen
führe, »Aber wider die opinion mit Nurembergs namen mochten
vil argument fein, die ich wol foluiren wollt, dafs He nit krefitig
M St. Chr. III, 39,6.
*) Vielleicht i^cht es auch auf die Chronoi^^^raphia zurück, dafs Frido-
lin im Schatzbehaher Blatt Bbi bei Erwähnung des gallischen lirandeü
Rom von den »Schwaben vnd Gallen, die yets Pranzofen oder Franeken«
reicher heiffen- gewonnen werden l.'ifst. Kr bemerkt dann aber, dafs die
»Frantzolen den kömern in der torheyt der .ip^ötterey gleich waren . . . aber
die Schwaben waren weit witziger, die der götter nicht achteten, ob fie
darynn geirreih haben, dz fie den waren Got ntt erkenneten.i Meisterlin liftt
die Schwaben die Cifaria anbeten.
2»
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— 30 —
weien zu zerftoren diCe opinion. Aber aufs verdrolTenfaait der
Verfechtung oder anfechtung der ding, da kein nucz oder not
anleyt, lafs ich das Ugen, als es ligt. Ich will weder dar für
noch dar wider ftreiten.« —
Die Sprache Fridolins ist klar, und seine Darstellung
liest sich stellenweise vortrefflich. Der Schatzbehalter, der ja
freilich ein bei weitem reicheres sprachliches Material bietet,
mag einer besondern Untersuchung vorbehalten bleiben. Die
Charakteristika der Sprache Fridolins läfst auch das MUnzbuch
gut erkennen. Das ständige »Item« oder »und« am Anfang der
Sätze — ein Erbfehler mittelalterlicher Schilderung und Er-
zählung — ist wenigstens in den breiter erzählenden Stellen,
wie z. B. bei Tiberius oder Philippus fast ganz verschwunden.
Kurze» unverbundene Sätzchen mit manchmal wohl berechneter
Abwechselung der Wortstellung reihen sich aneinander, denen
nach Bedarf wieder längere gut gegliederte Perioden gegen-
überstehen. Doch gibt sich Fridolin bei diesen keine Mühe,
die Sprache zu andeutschen Wendungen oder den Satzbau zu
kunstvollen Einschachtelungen zu zwingen wie manche Zeit-
genossen nach dem Vorbild des Lateins thaten. Nur den Re-
lativsatz bevorzugt er aufTallend und wendet ihn auch im zweiten
und dritten Al)hangii;kcitsgrad .m. Wcils er sii h nie ht mehr zu
helfen, so nimmt er gerne das Subjekt oder einen andern Rede-
teil wieder auf, besonders wo es ihm der Deutlichkeit wegen
nötig scheint. Auf diese legt er überhaupt grofsen Wert und
wiederholt nicht nur einzelne Worte, sondern ganze Satzteile,
manchmal im Übermafs. Das ».ichc wendet er auch aufser-
halb der kritischen Erörterungen häufig an, er spricht zum Leser:
»fuch davon da binden,« »da merck ayns« u. a., unterbricht sich
mit einem Ausruf, wie bei Vespasian: Ȇ der trewen herczeni
oder bei der Fuustina: ^Sih was der liniden gots dinft fey ge-
wefcn,« oder init einer förmlirhen Apostroplie, wie bei DiocletiaD.
In dieser Lebendigkeit ähnelt er Meisterlin auffallend.
In der Wortwahl bietet Fridolin keine grofse Abwechselung,
darauf hat der Prcdiytstil j^ewirkt, licr durch VViederliulung Kin-
druck ui rnaelien suchte, al>er einiges gelingt ihm vurtrefflich.
wie die schon oben angeführte Charakteristik des Vitelüus
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veln rafsler oder fpieler, ein frafs vnd ein trunckenpoltc oder
bei Titus die Übersetzung des >amor et deliciae geneiis hu*
manit. Sein Hauptstreben geht auch hier auf die Deutlichlteit.
Ein idas istc oder »nemlich« findet sich immer wieder. Er er-
klärt dabei nicht nur technische Ausdrücke und Fremdwörter,
wie Consul, Senat. Triumph, Orient, Suilaner, Fiscus, sondern
auch deutsche, wie Kirche, sw.k / |d. i. Münze] oder »ab-
gottcrcier<Ä, das zwar weniger gebräuchlich aber doch sicher
allgemein verständlich war.^) Sehr oft fügt er mit »oderc der
einen möglichen Konstruktion eine zweite an,^) ebenso sagt er
>feczt oder fagt,« »fprechen oder fchreibenc, wo der Sinn nur
ein Wort gefordert hätte. Daneben braucht er aber doch »im-
periert«, »concordiertc und setzt Überhaupt Kenntnis des Lateins
beim Leser voraus. Am merkwürdigsten sind Zusammenstel-
lungen wie »leyt oder Iigt< »wirt bewifen oder be weifet«,
l'chweher vnd fchwagerc u. a. Sie zeigen doch wohl, dafs
Fridolin der Sprache nicht mehr naiv gegenüberstand.')
FOr die Würdigung der eigentlichen Übersetzeithätigkeit
Fridolins kommt vor allem der erste aus Livius geschöpfte Ab-
schnitt über die römische Königsseit in Betracht.^) Livius be-
gann damals erst gerade, nachdem er 1469 zum ersten Male
gedruckt worden war, in den Gesichtskreis der deutschen Huma-
nisten zu treten, man wird ihn bei den gleichzeitigen Historikern
selten erwähnt und noch seltener benützt finden, und so fehlt
es filr Fridolins Leistung an einem geeigneten Vergleichsobjekt,
zumal da auch die erste vollständige Verdeutschung des Livius
durch Bernhard Schöferlin, die 1505 in Mainz herauskam, ihrer
Ankündigung entsprechend viel mehr eine Inhaltsangabe als eine
wirkliche Übersetzung ist. Mit ihr verglichen scheint mir Frido-
lins Arbeit jdie interessantere. Zwar kürzt auch er nach Gut-
*) S. die Belegt evt Seb. Praak bei Gfimn, Devtteli. Wfiftcrboch.
* S> s. B.: »init fchaden oder aU mau meynt su fchaden«; «in ineil
vnd durch sie«; »▼on welchem nnd nach dem« n. a.
•) Ebenso im Schatebehidter ülatl N3 : trunck oder iranck.
^ I) T b?n aas dem Schatsbehelter die AbichnUte am Josephus-Am-
brostus, Blau Bb5' ff.
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— 22 ^
dünken — ttbrigens fast stets mit Geschick, — auch sein Be-
streben geht dahin, die lictores, centuriae, patres, den tribunus
celerum u. s. w. dem deutschen Leser möglichst an heimischen
Begriffen zu verdeutlichen, das >aesc macht er keck zum Gulden,
die Stadtmauer des Servius TuUius hat Basteien und Zwinger,
wie die zu Nürnberg. Fridolin scheut sich auch nicht, einmal
die ganze Motivierung des alten Schriftstellers um/.uwcrfen,
weil sie ihm allzuviel Antiquarisches enthält, aber im wesent-
lichen hält er sich doch an den Wortlaut und bietet gerade
in der Übertragung einzelner Wendungen viel Bemerkenswertes.
Ich habe unter dem Text solche Ausdrücke des Originals notiert,
welche die verschiedenen Eigentümlichkeiten der Übersetzung
einigermafsen erkennen lassen. Wie gut ist gleich am Anfang
das >sublatis rebus« gegeben: »er hub ßch auff mit feinem
guto:, und ebenso passend von den Mördern des Ancus Martins:
»hüben sich paide der von« »ambo se foras eiciuntt, oder
gleich darauf aus der Rede der Tanaquil: »wir haben auch frembd
geregnirt« ; et nos peres^rini regnavimus«, ^nlcr die Schilderung
der Jungfrauen der Lucretia: »Tie gingen mit wollen vmb fpat
in die nachte, :»lanae deditae« hat der Text. Weniger günstig
wegen zu engen Anschlusses an das Latein sind Übersetzungen,
wie fwas dings ift dasi fUr »quid hoc rei estc, oder die Beibehal»
tung des Fremdworts: »darumb füllen wir es als ein materien
vnfer . . . eer . . . neren; unbeholfen ist die Übersetzung von
»nec rupit fati necessitatero« : »Doch hindert er durch das nit,
das im das nit begegnete, das im begegnen folt«, wie denn über-
haupt die Anwendung der farl)losen Pronomina bei Fridolin hiiufig
schleppend wirkt. Andererseits weifs er da und dort auch über
das Latein hinaus zum bezeichnenden Ausdruck vorzudringen,
so wenn er TuUia die )»bubinc nennt, wo Livius einfach s mulier«
hat, und wenn er von Brutus sagt, er verstand das Orakel »nach
einem tieffem finn« [>alio ratus spectare Pythicam vocem«].
Von eigentlich lateinischen Konstruktionen nimmt er nur
— auch dies selten — die Trennung des Artikels vom Hauptwort
durch eine nähere Besthnmung an. Dagegen giebt er Passiv*
konstruktionen fast stets durch das deutsche >man« wieder. Die
Perioden dos Livius lost er aul' und zwar fast iniincr richtig.^)
S. aber unten p. i&,2jy wo, „ultima" falsch bezogen sein dürfte.
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— 23 —
Er bevorzugt die Einleitung des Nebensatzes mit »da«* die der
indirekten Rede, welche er mit nicht gewöhnlichem Geschick
handhabt, mit »wie«. Gerne nimmt er das Subjekt des Nebensatzes
vorweg und stellt es an die Spitze, wodurch dann manchmal
etwas verwickelte Perioden entstehen, die im Schatzbehalter
selten sind. Doch weifs er auch durch Kürze zu wirken, so
bei der Schilderung des Flammenwundcrs am Haupte des jungen
Servius l ullius, oder durch Anwendung des Praesens historicum
bei der Erzählung von seiner Ermordung, durch geschickte Weg-
lassung des Verbums: »Sie alle, als fie denn wol getruncken
hetten, auf die pferd vnd behend gen Rom zu«. Dafs das Orakel
zu Delphi auch bei ihm lateinisch spricht, ist ebenfalls kein
schlechter rhetorischer Kunstgriff. —
Für Hans Tucher bleibt unter diesen Umständen nicht
viel übrig, denn auch die Randbemerkungen des Müiubuchs, die
man ilini noch am ehesten zuschreiben möchte, zeigen in ihrer
ganzen Art so grofse Verwandtschaft mit dem Texte, dafs wir
sie wohl auch als Fridolins Eigentum ansehen müssen. Dieser
hat offenbar die Arbeit später noch einmal Übersehen und neben
den Randbemerkungen auch am Schlüsse die kurzen Zusätze
hineingeschrieben, die noch jetzt durch Verschiedenheit der Tmte
auffallen. Tucher hat also offenbar wirklich nur »die MUnzen
in die Tafel gebrachte, wobei er wohl den Abgufs des Silber-
lings am Schlüsse hinzufügte, und hat dann für eine würdige
Aufzeichnung der »schriftlichen Erklärung« Sorge getragen.
Dafs er das Buch wie sein eigenes Werk betrachtete, zeigt
die Ausstattung, so mag es denn mit seinem Namen ver-
bunden bleiben.
Hans Tucher verschied am 34. Februar 1491.^) Hartmann
Schedel hat in das ihm gehörige Exemplar der Reisebeschreibung *)
eine Bemerkung darüber eingetragen: »Iste Johannes Tucher,
consul Nurembergensis accuratissimus, post longam colicam et
tandem ydropisim relinquens hunc mundum in die Matthie anno
domini MCCCCLXXXXi Nuremberge supreniam ciuitatem Hie-
«) VgL St. Chr. XI, 505.
') Inc. c. a. 265 4° s. o. S. 7.
— 24 —
rusaiem in celo pecijt, sumptia singulis more christiano. Cuius
vestigia in terra quesioit, in celestibtts visionem eins meruit.
Sepaltiu in ecclesia sancti Sebald! prope altare sancti Nicolai.
Cuius anima in etema requie quiescat«.
Stephan Fridolin starb am 17.' August 1498, tist ganz
unser getreuver freunt vnd vater gewest* schrieben die Nonnen
von St. Clara in ihr Seehnefsüuch.*}
Wttrfel, Iiistor., genealog. a. ^plomat. Nachrichten inrNlInib.
Stadt- a. Adelsgeichichte II, 930.
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Das Buch von den Kaiserangesichten
Aus beuelh eins erbern rats vnd durch anzeigen des
wirdigen vnd andechtigen hem Steffan Fridolini von Wynnen*
den, die zeit lefmeifters zu den parfiifTen vnd predigers zu sand
Cluicii, limi diele gegeiiwertige geprech alter keyfer, k.onig vnd
regircr der werk durch Hannfen Tucher den eitern etc. in 5
dife tafeln ordenlich geprarht, welicher geprech der mererteil
von dem genanten hem Stephan FridoHni zu eren einem erbern
rate herkomen (Ind. Gefchehen nach Chrifts gepurt tawfent
vierhundert vnnd in dem flehen vnd achtzigsten jare.
EIN VORREDE IN DIE NACHUOLGENDE MATERIEN. 10
In dem anfang des buchs der vbernaturlichen kunft, die
man krichesch metaphisicam nennt, (pricht der naturlich niaifter
Ariftotiles, das alle meni'chen von natur begeren zewilten oder
künden. Zu ainem warzaichen deffelben fo haben wir die fynn
fo lieb nit allein vmb der notturfit willen, funder vmb wiftens 15
willen vnd darvmb haben wir (under lieb zu dem geiicht, wann
das gefleht zaigt vns mancherlay. Aber denn wiflen wir ein
dinck am haften, wen wir fein fachen erkennen, als der eegenant
maifter fpricht in dem erften buch der natürlichen kunft pcy
dem anfang. Nu die fach aller fachen iü die erft fach, die gut 20
felbs ift, der alle ding vmb fein felbs willen beU hallen hat, als
der weifs kunig herr Salomen in dem lechzehenden capitel der
fpruch fpricht, das ilt vml) feiner eer willen, das er, den man
in difem totUchen leben nit fehen oder erkennen mag in ym
felbSp in feinen wercken erkennt wurd*, als fant Paulus fpricht 25
in dem ersten capitel zu den Römern, das die vnflchtparlichen
ding gottes, als fein ewige craflft vnd gotheit, werden von der
Asnerkaiig;. Die Orthographie der Handschrift ist beibehalten. Grofse
Buchstaben und Interpunktion sind nach dem Sinne gesetzt. In () Klammera
Steht ein faUches ZuTtel des Textes, in [ j meine Ergänsungen*
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— 26 —
creatur der werlt gefehen durch die ding, die gemacht feint,
wenn man He ynnen anfleht oder vemymt. Vntter allen wercken
Gottes ift die regirung difer werlt gar fiimem, in der vnseliche
wunder begriffen feint, der man fich wol verwundern mag. Man
5 mag fie aber nit ergrunden vnd darvmb weren de defter luft-
lieber zu fehen vnd zu wiffen, der fie vinden vnd durchfehen
mocht mit ircn fachen, als der obgeinelt naturlich inaiiter in
dem ersten piirh nicthaphisice fpricht, das bayd, ettwan vnd
nun, vnib wundcrs willen die menlchen haben angefangen, die
lOweifshait ze lieben vnd fle zu lernen vnd ir nach zu fpuren.
In der regirung difer werlt ift das ein grofs wunder, das
got der herr denen, die in nit erlcennt haben, den vnglaubigen
iü grolTen gewalt vcrlihen hat vber fein glawbigen, als denen
von Egiptcü vber das ifrahelifch volck in irem Egiptcn lai iid.
15 darnach denen von AtYirien vnd den caldeifchen oder babilon-
ifchen, darnach den kungen von dem krichclchen reych, zum
leczften den Romern vber die Criften, aber als die hailige ge-
fchriflt ynnhelt vnd die balligen criftenlichen lerer aufsiegen, fo
hat Got der herr das zu vbung vnd zu bewerung feiner aufs-
20 erweiten getan vnd zu erzaigung feiner weifshait, feins gewalts
vnd feiner guthayt. Sein weifshait wirt dar inn erzaigt, das er
fo cluglichen vrfach der vbung, der bewerung, der demutigung,
der Itraffung in den geprechen der auiserwelten auls dem gewalt
vnd milsprauchung des gewalts der bofen lefen vnd erkiefen
25 kan. Sein gewalt wirt dar inn bewert, das er die guten vntter
dem gewalt vnd wider den gewalt der pofen fo mechtigiichena
vnuerfert vnd vnbefchedigt beichutzen, behüten vnd behaltten,
ia meren, ftercken vnd ir bail furdem vnd die bofen in irem
gewalt gefchenden, verftricken vnd zum leczften vmb der mifs-
SOpraucluing willen mit recht fo gewelttglichen verdammen mag.
Seyn gutheit wirt dar inn bewifen oder beweifet, das er alles,
das die guten von den bofen vnd von irem gewalt leyden, zu
ircni iiiitcn, /u ir eei, irem rrumiiien, zu merung ir krön vnd
falickait ordnet.
II Vl.1 SchaUbehaltcr Blatt B5: Warumb Gott der herre den
j^'roffrn irrül der uhl^öltercy verhenf;t h,ih, ullerm.iifl vber die, die die
DiechiigUtcn waren ya der werh zu der ^eit der goadcti.
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— . 27 —
Nu ift xtt wilTen, das vntter allefn] reichen difer werlt das
romifch reich das mechtigtft, das weyteft, das fuineniit vnd
namhafftigirt gewefen ift, dar vmb feint auch die, die es geftifft,
gcrcgirt oder geraert haben, vntter allen wemtHchen furften die
namhafftigisten vnd durchleuchtigiften worden zu iren vnd nach 5
iren weiten, dann lo man fich groffer mechtiy:er ding meer ver-
wundert vnd diefelben meer begert zu ieiien vnd zekennen, Ib
ift es nit ain wunder, das man die romirchen kailer, die vntter
oder für all mechtigen die mechtigiften gewefen feint, gern ge-
fehen hat» aller meerft, wa es mit ir gnade vnd gunft hat mugen 10
fein, vnd man hat begert ynen wol zegeuaUen, dar vmb man
die ftete, die man zu iren zeiten gebawt hat« ynen zn lieb vnd
zu eren nach ynen oder iren namen genennt hat, als es auch
in difen deutfchen landen fcheynt. Denn nach dem erften kaifer
Julio ilt in Pomern W'aleyn Julina g< nent, als man in der Vene- l5
diger lannt forum Julij nennt, das wir Friaul heilTen. Nach dem
kaifer, vnter di:m Criftus geporn ift worden, der der erft Auguftus
genennt ift worden, ift Auguita, das wir Augfpurg heifien, ge-
nennt worden, das vor Vindelica hiefs. Nach deffelben fun
Tiberio Nerone, vntter dem Chriftus gelitten hat, ift Reginopolis, 20
das ift Regenspurg, Tyberina genennt worden, vnd ift ein wän,
als ich vemomen hab, das von deffelben namen Nero Neronperg
— das wir Nurenberg heiffen — genennt follt fein. Ettlich
meinen, es hab den namen von dem, das nur ein berg, auf dem
das fchlois ftet, da fey. Aber das gcwüTeft icheint aufs ge- 25
fchrirttcn oder brieuen, fo heiffet es Nurenberg als Norigbcrck
oder Norigenberg, in latein Noricus mons, aber es moclit lein,
man hett im einen folichen namen in latein üngirt, das ift er-
t(r)acht nach dem dewtfchen, als man zu zeiten tut, als man
nach der ethymologei, das ift nach der piumung der rede, mocht 30
fprechen, es hiefs Nerenberg, das ßch vil da oder von dannen
15 WoUin in rummem Die AbleiluDg von Julius Caesar boten
tt. a. dtfl von dem Pri«ster Ebo nnd einem Prieflinger Mönch verfaftten Vttae
Ottonis episcopi R ibenbergensis, die sich auch in Nürnberger Handtchriften
des XV. saec. finden. M. G. SS. XU, 858» 25; 891, 21.
18 Vefgl Schatsbehalter Blatt H 4: Octavianas . . ward .... Auguftus
zum erftcn genennt, dns als vü tft, fj» fin mer^, darftr man in tettf^li
merer des reicbs fchreibt.
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38 —
neren.*) Aber was daran fey, waifs ich nit. Wer ettwas facht,
der facht es offt an vU steten, da es nit ift.
Nach dem Agrippa, der des kaifers Octaalani — vntter dem
CriHos geborn i(t worden — ayden tft gewefen, denn er hett
5 fein tochter Juliam zu einer haulTraweTi, — oder nach feinem
namen ift Colen Agrippina genennt, luich dem Octauian oder
Octauium, feinem fch weher, ift Tiingern, das nit ferr von Ma-
ftriecht leyt oder iigt, da fannt Seruacius bifchof ift gewefen,
Üctauia genennt gewefen. Alfo feint vil ftete in anndern lannden,
10 die nach den keifem genennt feint worden, aller meerft der
yhenen, die vmb vnnfers herren seit, das ift vmb die seit feiner
leipUchen gegenwerttickait auf difer erden oder bald dar-
nach oder dar vor gewefen (int, wie wol ettlich von andern
keifem auch genennt fint, als Phitippopolis von dem erften chrift-
15 liehen kaifer Philippe vnd AdrianopoHs von dem kaifer Adriano,
das man nun, als ich wen, Andronojjel heifst, Conftantinopel, von
dem groffen criftenlichen kaifer Conftantinu. Doch dife letft-
genennten itette feint auch von denen geftitTt oder erhöht worden,
nach denen denn fie geoennt find worden. Vnd wie vil ftete
20 nach den erften romifchen kaifem genennt feint worden, alfo
feint aach ettlich zeit nach inen genennt worden vnd werden
noch hewt difs tags genennt, als der hewmonet, der etwan
Quintilis hiefs, der heifst na nach dem erften kaifer Julio —
der zum erften die Tewtfchen zu dem romfchen reich gepracht
25 hat — Julius, vnd der ern monat, der vor SextiHs hiefs, der
heiilet nach dem Aut^uiiu vatter dem Chriitus geboren ift —
Auguftus, der Augltmonat, als nach im Augusta Augfpurck haiffet.
Dits romifch reich, als es das allermechtigift ift gewefen — als
*) »Als ob man maynt, man nennt es in lateyn nutrimontem gleich
air^ mitrimenttim» steht am seitlichen Rande. Femer am unteren: »Es ift
zu wilTeii, <la& /.u gleycher weyfä als a.yn ilal otTl aui'f vil oder mengerley
fachen me«r denn ayn namen hat, alfs Augfpnrg bayfiTet Angafta^ Vindelie«,
Cifar.i ("if.ira hat fy };ehayfffn, als man fagt, nach der apgöttin di? fy
vor ahen zeyten in der haydenfcbafft angebettet haben, Vindeiica der leger-
rtatl halben, das sy an dem Lech, der Licas hayffet vnd an dem wafTer
Vtndex in latin oder dar bey lejpt, Augnfta von dem kayfer, zum erften An-
[^i;fin genennt — alfo mag eyn ftat aynn namen auff mccr denn aynr fachen
haben, die all war möchte feyn, das möcbt ich durch gefchhfft beweren.
Svch da von da binden von dem Nero.«
22 Martinuä I'olonus 91 vgl. Sueton, Julius 76.
2^ bueton, Augustus 31.
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— 29 —
es denn in der haüjgen gefchrifft befchriben, geweiffagt vnd vor-
bedewt \{t worden, als in dem andern capitel herr Daniels (tet
alfo von dem romifchen reich: »Das vierd reich das wirt gleich
als eyfenyn. Wie das eyfen dempt vnd zerfchlecht alle ding,
alfo wirt dits reich zerprcchen vnd zertrümmern alle reich. In 5
dem fechlten capitel, da die vier groffen reich bey den tyren
bedewt werden, ftet alfo von dem Vierden tyer — das das
romifch reich bedewt—: »Secht an das vierd tyer, das ich fah
in dem geficht der nacht, das was fere erfchrockenUch vnd
wunderlich vnd was ftarck; es hett grofse eyferen zene vnd 10
clawen, vnd frafs vnd zerzerrt vnd trat das vbrich vntter die
fufs, vnd was vngleich den anndem, die ich vor gefehen hett.c
Vnd darnach in der aufslegung desfelben fteet alfo gefchriben.
»Das vierd tyer, das wirt das vierd reich auf der erden, das
das grofst wirt fein aller reich vnd es wirt verzeren oder frelTen, i5
das ift vntter fich pringen oder im einleyben das ganntz ertreich
vnd wirt es vntter die fuffe treten vnd zertrümmern etc.«. Dar-
nach faget er in fundem von zehen knngen, das ift kaifem, be-
deutet pey den zehen hörnern des tyers, das die kaifser gewefen
feynt, die in funderhait die heiligen criftenbait durchecht vnd 20
veruolgt haben, der funder zehen gewefen fint, von dem allem
hie nit ze fagen ifi. Aber alfo wolt ich fp rechen: als das romifch
reich vntter allen reichen difer werlt das grofft vnd mechtigft
gewefen ift — *) alfo hat es Ciot der herr fuiuierlichen erweit
vnd [^epravrht zu erzaigung feines gewaltes, wann er hat es fchir'iS
pey dreyen hundert jaren wider fich vnd fein haiiige kircheii
oder criftenhait laden ftreyten vmb der fachen willen, die oben
gemelt feint worden, vnd hat es darnach genntzlich feiner kirchen
vntterworffen vnd vntertenig gemacht, dar inn man Heb wol der
macht Crifti verwundem vnd diefelben erkennen vnd loben fol. 30
Vnd feyt das es ein luft ift; grofsmechtig perfon zu fehen —
vnd die perfon der menfchen feint totlich — fo hat man ir ge«
ftalt vnd bild, die fo grofsmechtig in difer werlt vber annder
gewefen find, in guld, in filber vnd in annder nietall oder materi
*) Am Rande vom Gedankenstrich [S. 38,S8] bis hier eine grOMe
Klammer: Parenthefi«, ayn vnterfacz biff hyher.
3 Daniel II, 40 flf.
6 Vielmehr VII, 7 ff.
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90
gepreget, gefchlagen, gedruckt oder gegimben» vnd hat ir pUd
vnd gepreg in die mnncz 2U iren geczeiten gerchlagcn. Alfo
hat ein prüder fannt Franciscen orden von der obferoantz, des
nam zu giivaden in dem buch des lebens mit anndern aufser-
5 weiten ge/aichnet fey, ettlich difer l'chwetz oder geprech, die
ym ettwan von dem wirdigen vater, zu den zeiten prior zu den
Carthewleru, die vor der ftat zu Menntz ligen, dem Got gnedig
fey, gefchenckt wurden, vmb des willen, daf er fie kant vnd
leCen kunt vnd vmb gefchrifftlicher kuntfchafit willen der kayferen»
10 der fie flnt, ain wolluft in ynen het, derfelb hat angefehen die.
namhafitickait vnd furnemickait difer weytberumten kaiferlichen
ftal Nnremberg, vnd hat He einem erbem weifen rate mit ver-
willigung feiner obern mit andern, die man ze wegen pringen
mocht, /.e famen geordent, mit am wenig fchriftlicher erclerung,
15 durch die man fye erkennen mocht, das clie, die zu Zeiten von
weiten herkümen, möchten der namhalTtigen kaileren geftalt
zum myniten nach glidmafs des antiicz mercken, dar durch auch
prüfen, wie alle weltliche eer zergeet vnd pleibt allein gedecht-
nufs der perfonen. Aber die eer guter werck, als auch die
20rchand der pofen, pleibt lanng, aber die peyn der pofen vnd
Ion der guten, vntter weihe g&ten vns Got der herr barmherzig-
liehen zelen well, wirt dort ewiglichen weren, in den allen Got
ewiglichen gelobt vnd gebenedeyt werd. Amen.
VON DEM GESCHLECHT DER ERSTEN RATHERREN
25 ZU ROM, DIE DIE ROMER ERLEDIGT HABEN VON DEM
GEWALT DER WUTERICH, DAS IST DER KUNIG, VND
HABEN DIESELBEN VERTRIBEN VND DAS VOLCK FREY
GEMACHT.
Zu den zeitcn des Vierden kunigs der Romer kam gar ein
30reie.hcr, mechtiger vnd vnuerdrolTener man gen Rum, bewegt
aufs bcgird vnd hoftimng, cttwas nit deiner eer da zuerlangen,
mer dann zu Tarqucyn, da er gewonet vnd ein tVawen genomen
hett. Sein vater, mit namen l>emnrathius, was von der groffen
ftat Corintho, zu den darnach Sant Paulus zwu e]>iftel gefchriben
6 S. Michaelis prope Moguntianu
a9 ff. Livius 1, 34
34 tu den — geichriben bat Zusatz.
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— 31 —
hat, gen Tarqueyn gezogen vnd het von einer hauflrawen, die
er da genomen het, 2wen fun, ainen mit namen Lucumo, der
ander hiefs Aruns. Der Lucumo vberlebt den vater vnd dar
vmb erbet er alle fein guter, Aruns ftarb vor feinen vater vnd
liefs fein liauffrawen fchwanger. Bald nach dem tode des Arunten 5
ftarb auch fein vater vnd hctt nit wiiYen, das fein fchnur fchwanger
wa«;; dar \u\\) gedacht er feines enicklens nichts in feinem
teftanient. Hir vmb ward das keint nach feines anherren tot
vmb der armut willen Egerius genannt. Ettlich bucher haben
Egenus, das als vil ift als durfftig. DefTelben Egerij fun ift der 10
Tarquinius Collatinus gewefen, der mit dem Bruto der erft rat-
herr zu Rom gewefen ift» nach dem als er vnd der Brutus die
kung vertriben heten, die feiner hausfrawen Lucrecien halben
vertriben wurden. Der egenant Lucumo het gar ein edle frawen
mit namen Tanaquil, da diefelbig fah, dafs ir haufswirt nit als 15
erheben gehalten ward zu Tarqueyn, als wer er ein alt gcpurener
burger von gefchiccht ^eweien, (hi rvet fie im, das er gen Rom
zuge, da man die frembden als wol eeret vnd erhub — wann
(ie es verdienten — als die haymifchen. Wann der, der da
zemal zu Rom regnieret, mit namen Ancus Marcius, was auch 20
von einem frembden gefchlecht, von den Sabinem der mutter
halben, die des konigs Nume Popilij tochter was gewefen, der
der ander kunig der Romer was gewefen, den Titus Liuius, der
romifchen hiftorien fchreiber^ von grofler gerechtickait vnd weifs-
heit lobt, vnd wonet, ee er kunig zu Rom wart, zu Sabeyn, Alfo 25
liub fich Lucuinu autl" mit feinem gut vnd zoch gen Rom, vnd
als er auff einem wagen dem buhel. den man Jani( uhnn
nennt — von dem kunig Jano, den die haiden für ayn gut der
anfeng hatten vnd eren, von dem auch Janua, das ein tur ift,
vnd der erft monat Januarius, der Jenner, genennt wirt, den 30
man mit zwifeltigem antlutz malt, das auf paiden feyten ficht,
der ettwan dofelblt gewont vnd geregnirt het, ee Rom gepawt
9 ettlich bneher — durffitg Zusfttt.
lo n Zusatz.
i6 exule advena ortum.
33 25 Ltvins 1,18, 32.
a6 sttblatis itaque rebus.
27 32 Zusatz.
31 vgl. Martinus i'olonus 41.
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4
^ 32 ^
ward — da Lucumo mit feiner hauCfrawen zu demfelben perg
kam, da kam ein adler gar hubfchlich oben abher geflogen vnd
zuckt im dem hat vnd flog oben vmb den wagen hyn vnd' her
mit clang feiner ftym, vnd faczt im den hut feyn wider auf vnd
5 flog darnach in die hohe, hinweg. Da umbfieng yn fein haus-
fraw, die 'l anaquil, die ein warfagcrin was vnd het fich am die
kunft des wahrfagens durch das vogelgefchrcy vud bevvcgung
oder fliegen der vogel gegeben, die vmbfieng mit Iren armen
mit frewden den Lucumon vnd hiefs yn — als die lieh auf die
lOhymelifche zaichen verstund hohe vnd grode ding hoffen,
wann He fprach, das der adler» als ein böte Gotes von hymel
her ab gefant, hette ym ein zaichen gegeben, das im die höchst
wirdickait von Got beraitt were. Mit folicher hofinung vnd
frewd kamen He gen Rom vnd kaufften da ein hawfs, vnd wart
15 der Lucumo Lucius Tarquinius genant. Die newi vnd die reich-
tumb machten yn den Römern naiiilialftig. Er macht fich auch
mit wortten vnd in wen ken, mit zu reden, mit laden vntl gutteten
angenem, das er bald in kuntfchattt vnd freuntlchafft des konigs
kam vnd wart fein ynnerfter ratgeb, vnd das ich es vcrkurcz,
20 er wart zum leczften in des knnigs testament ein vormund feiner
kinder gefeczt. Vnd da man einen kunig erwelen wollt, da
eylet er mit der zeit vnd fchicket des konigs fun auf das geiäg
vnd vberrett das romlfch volck mit gelerten wortten, das de
inen zu einem kunig aufnamen, vnd tete auch groiTe ding zu
25 Rom vnd grofs herlich gepewe. Vnter andern pewen ving er
an, die ftat zu weytcrn vnd mit einer Üaynen n iuren zu vmb-
vahen. Es befchah zu feinen zeiten, als er vil lutcinifc her ftete
feinem reich vntterworffen hett, mit denen er aiu Ii die Sabiner
vberwunden vnd ir veld genomen vnd Collaciam befeffen het,
30 da er feins pruders fun, den obgenanten Egerium, zu aym huter
oder in der hut liefs, da kam vnter andern geuangenen die
liausfrawe des furften von Comiculo, der erfchlagen was worden,
4 c«piti apte repottit.
12 levassc humano stiperposito capiti de. iis. tit f1 - "tus eidem redderet.
i8 ut publicis puriter ac privatis consillis . . inleresset.
2t Lirius I, 35, nur summarisch wiedergegeben.
25 Livius I, 36 ebenso.
27 Livius 1, 38.
31 aus Liviu» I, 39, 5 vorweggenommen.
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♦
— 33 —
gen Rom alfo fchwanger, ynd feyt das fie funder edel .was» fo
nam fie die kunigyn in Iren palaft, da gebig He eins knabens
vnd ward in dem palaft aufgezogen. Da derfelb auf ein zeit
fchliir, da ward im das hawbt in angefleht vil gefindes prynnen,
da eriiub fich ain grofs gefcfaray von vil menfchen, die das fahen 5
vnd erfchluchczten von dem wunderzaichen. Der kmiK ward
auch aufgctriben /.u fchen, das gcfind liff /.u. mit waüci vnd
wült Icfchen, Die konigiii ftew riet inen vnd hielt fie, vnd als
fie fie geftillet liett, da gebot Tie, das nieman das kint bewegen
oder wecken foUt, pifs es feibft erwachte vnd als pald es er- 10
waciit, da verging der flamm, da nam die Icunigin den man an
einen ort heymlichen vnd fpraeh zu im: »Sil^ftu das kint, das
, wir fo fchlechtiglichen aufziehen? Du folt wiflen, das es ein
kunfftigs licht wurt fein vnfem zweifellichen lachen. Es wurt
ein zuuerficht fein vnfer tnibtfal» dar vmb fuUen wir es als ein 15
materien vnfer vnd einer gemeinen eer mit allem fleifs neren
vnd ziclicn. Vnd all'o machten Tie das kint frey vnd gaben
es zu der leer der freven kunft, vnd es nam fo bald zu in
kunlten, in fynneii vnd in gunlt der menfchen, das es nit alkin
vor dem kunig, funder auch vor den alten herren vnd dem volck 20
grofs fcvnd erlich gehälten ward, vnd da der kunig ayn man facht
feiner tochter, ward keiner vntter allen romifchen junglingen
funden, der ir wirdig were, dann difer Seruius Tullius, alfo hiefs
fein nam. Da das aber fahen die zwen fun des vorigen kungs
Anci Marcij, das fie nit allein irem Vormünder, dem Tarqüinio, 25
beten muffen weichen, der fie des reichs liftiglich berawbt 'hett,
funder fie fultten nu auch feinem ayden weichen, da verdrpfs
es fie zu mal fere vnd warden die fchmachhtMt vnd vngerechti-
kait höh vnd tiff zu herczen nemen, das fie nit allein eim
frembden — der nit aUein nit ein nachpurger, funder er were 30
auch nit ein walch gewefen — ftat beten muffen geben in irem
veterlichen erb vnd reich . — ja mer folit inen nu auch ein
frembder gebomer knecht vorgefeczt werden, das nit allein ynen
6 excitos reges,
13 scirc licet.
16 proinde materiam ingentis publice piivatimqne decorii omni in-
dtUgentia nostra nutriamus. •
34 Livius I, 40.
30 noo modo vicioae »eU ue iiaiicae c^uidem stirpis.
3
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— 34
oder irem gefchlecht, funder auch dem gantzeD romifcheii namen
ein fchannt wer, ynd gedachten das zu rechen. Sie beftalten
swen frech hirtten, die geübt waren in dnritickait pofer fachen,
die Tiengen in des kanigs hofe einen hader an vnd krigten fo
5grewlichen miteinander, das fle des kontgs diener alle mit der
geftalt des gezengks zu ynen zohen. Da fie nymants verrichten
noch geftillen mocht, da appellirten fie für den kunig, do fie
für den kunig kamen, da fchrien fie al>er vnd kamen veintlich
an einander. Da fie vberfaren wurden von den fchergen vnd
lOgehaiffen, das fie ir fach hubfchUchen füllten furlegen, da lieffen
fie von einander vnd ving der ein an, fein fach ordenlich vnd
emiUich furzewenden, als er fle dann vorhin ertracht vnd ge-
ticht hett. Da fich der kunig gannts zu im keret, das er in
vemem, do was der annder do vnd warff dem kunig ein beyhel
15 yn das hawbt vnd liefs es alfo in der wunden ftecken vnd hüben
fich paide der von. Da der kunig nider fanck, da hielten in
die, die vmb in waren, vnd die fchergen vicngen die fliendcn
morder. Es erhub fich ein grofs gefchrav vnd zu laufTen von
dem volck. Die Tanaquil hiefs die turen an dem palaft zu
20fchUe(fen vnd hiels die gegenwerttigen entweg gen vnd bereyt
ercznei, zu haiien die wunden, gleich als ob noch hoflfnung des
lebens da were. Wer aber kein hoffnung, fo hette fie aber
Zuflucht durch ander weg. Sie beruflt iren ayden, den Seruium,
zu ir in die nehe, vnd zeiget im den man, der fich verplutet
25 het vnd hielt in pey der rechten hannt, vnd bat in, das er feins
fchwehers tod nit vngerochen lieffe, das er in nit liefs zu einem
fputipil feinen veiiiiien werden. >Dein ift, o Somit, fprach fie,
»das reich — \n\'t anders ein mann — nit der,*) die ein folch
vbel durch frembd hennd geftifft haben. Erheb dich auf vnd
30volg nach den Gölten, die dein furer vnd vorgeer werden fein,
die dein hawbt ettwan mit dem gotlichen fewer vmbgeben haben,
damit fie bedewt haben, wie liecht vnd dar es werden foUt.
D«rüber mit kleiner Schrift: illorum deren.
2 Ex pastoribn«; duo fcrocissin'.i lelecü ad facinus, quibus consueti
erftot aterque agre»tibus ferrantentis, in vesiibulo regiae quam poluere tumul-
tnosiicime specie rixae in te onines apparitorei regios conveitunt.
7 cum ambo regem nppelUrent.
9 coerciti ab Jictore.
15 ambo se foras eiciunt.
16 Livint I, 41.
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— 35 —
Lafs dich nun denfelben himelifchen flammen auftreiben, lafs
dich nun erwecken, wenn wir haben auch f^mbd geregnirt.
Bedenck, wer du feyft vnd nit, wennen du feylt. Ift es
das dich dein rete verlarfen, volg den meinen.« Da das ge-
fchrey vnd die vngeftumirkait des volcks fo grofs ward, 5
das man es kawm gedulden mocht, da redt fie von oben herab
durch ein fenster vnd fprach zu dem volck, iie fultten guts
muts fein, der kunig wer in ayn fchlaf von dem ftraich geuallen
gewefen, das eyfen wer nit tief in den leib komen, er wer yecz
wider zu im felbs kamen, man hett das plut abgewifcht vnd die 10
wunden befehen, fie wer nit totUch. Sie fulten ein gut hoffhung
haben, fie wurden den kunig pey eim tag fehen. He folten die
weil dem Seruio Tullio gehorchen vnd feinem gebiet gehorfam
fein. Er wurd recht geben vnd fprechen vnd andere empter
des konigs vcrwefen vnd verrichten. Ahu trat Seruius in einem 15
zierlichen claid vnd mit den wepnern hcrfur vnd fafs auß des
konigs thron vnd fprach recljt vnd vrteil vber ettlich fach; von
ettlichen fprach er, er wollt den kunig fragen. Alfo verpurgen
fie des kunigs tode ettlich tag, pifs er fich fterckt vnd bewart,
vnd als er fich wol verfichert hett, da liefs er den kunig be-20
wainen vnd offenlichen clagen, vnd regnirt on geheifs des volcks,
doch mit gunft der veter, das ift der ratherren. Des kunigs
And fun, da fie horten, das die hiertten, die fie befteUt hetten
zu toten den kunig, geuangen warend vnd das der kunig noch
leben füllt vnd das der Seruius den gewalt in feiner haimt hette, 25
da flohen fie in das elend gen Suefla Pometia.
Nun der Seruius, da er regnirt, da wolt er furkomen, das
die fune des Tarquinij nit wider yn ein grollen trugen, als des
kunigs Ancis fun wider den Tarqninium getragen hetten, vnd
gab fein zwu tochter den zwaien funen des kunigs Tarquinij, 30
vntter denen einer Lucius hiefs, der annder Aruns. Doch hindert
I Nunc te illa caelestis excitet Hamma.
t Et IM» peregrini regnavimnt.
6 ex superiore parte aedium per fenestras in novam viam versut —
habitabat enim rex ad Jovis Statoris — populam Tanac^uil adloquitur.
12 prope dieni.
15 Senrins cum trabe« et lictoribi» prodit.
22 voluntate patnUD«
37 Livias I, 42.
3»
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— 36 —
er durch das nit, das im das nit begegnete, das im begegneo
folt Er tete wol große ding für einen gemeinen nucz. Er
faczt zum erden den zyns auf vnd macht Ordnung votter den .
emptem vnd wirdickeiten vnd ftaigert den zyns nadi der grofH
5 der hab der burger. Vnd von denen, die hnndeit taufent gülden
oder raer hct-ca, macht er achzig ceiiturien, ein centuria hat
hundert rittcr, vierczig von den alten, das lic die stat bewarcten,
virczig von den jungen, die aufs ynn ftreyt zugen, auch virczig,
den er auch harnalch gebot. Der gleichen tete er vil mit grolYer
10 furüchtickait. Achczig taufent purger der romifchen ftat wurden
gerechnet, die harnafch vnd wapen muften tragen, als Fabius,
der elteft fchreiber, fchreibt. Item er meret die ftat vnd nam
oder zoch dor ein zwen perg vnd meret auch den dritten, da
er auch wont, vnd vmbgab die ftat mit graben, bafteyen vnd
ISmawren vnd zwingem. Vnd ayn tempel bawet er der Diane.
Aber Lucius Tarquinius, des vorigen konigs Tun, der mumelt,
das fein Ichweher vnd fchwager on gelieiis des romischen volcks
regnieret, das höret <ler kunig vnd l)erutft das volck vnd fragt .
fie, ob fie in wolten vnd hielYen regniren oder nit. Da wart er
20 mit foicher gunft vnd einhellickeit des voicks ein kunig errlert,
als kawm ye einer vor im erdert was worden. Doch liefs der
Tarquinius nit ab von der begird zu regniren oder von dem
affterkofen vnd vbel reden dem kunig, dar auf yn fein haulTraw,
die doch des konigs tochter was, ftupft vnd ftets raiczt, denxi
35 fie was ain ftolcz, bofs, vngeruwigs, grymmichs weib, dar vmb
man fie die grymmigen TuHiam heiffet. Sie hette ein fwefter,
die hiefs auch TuUia, vnd was zum erften die felbig lenfftmutig
'1 uliia difem ftoltzen Tarquimo vermaiieit vnd fein hausfraw ge-
1 nec rupit tarnen faii necessitatem humanis consiliis.
2 ceDüuui insiituit . . . pro habiiu pecuniarum . . tum classcs cen-
turiasqae «t hunc ordioem es censu descripsit.
5 l.ivius I, 43. centum miUum acris.
6 eio riuer Zusatz.
10 Livitts I, 44.
12 scriptonim antiquissimas.
'4 aggere et fossis et mnro circumdat urbem.
15 Ltvius I, 45.
16 Livins 1, 46
19 vellent iuberentne.
23 criminandi Serviam.
20 terox rullia.
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— 37 —
wefen, vnd die gTymmig ftolcz TuÜia was feinem prader, dem
Arunten, der ein fchlechter, fenfitmutiger jungling was» vermahelt
gewefen, das villeicht als Titus Liuius fpricht, vmb des peften
wiUen nit vergebens befcheen was, das der Seniius defter lenger
lebte vnd regniert vnd das romifch volck defter pafs inn fyten 5
vntcrwifen vnd geordcnt wurde. Wie vngeruwig aber die grym-
niich Tullia \v«^r, das üc nit ayn man hct, der irs fynns wer, vnd
wie veint lie irem mann vnd der ichwefter were vnd wie fie ir
gefprech vnd rede mit dtfem Lucio Tarquinio hett vnd clagt im,
das fie nit im zu tayl was worden, das fie in einen kunig vnd 10
iren man mocht gehetft haben, vnd wie fie iren man vernichtet
vnd verwarff, das er kein hercz hett, vnd deCfelben gleichen
verwarf fie ire fwefter, fein hauffrawen, als die im vnpillichen
zu tail wer worden, dife vnd ander gefpay difs pofen weibs
verdrewfst mich ze fchreiben. Es gefchah doch, das die begird 15
difs vnfaligen bofen weibs zu irem aygen vbcl für fich ging.
Es ftarben die zwey frunien vnd fenfftinutigen f)ald nach einander
vnd die zwey grymmigen namen einander. Gleich vnd gleich
gefeilt fich. Da gewan die bubin ein weg vnd ein eingang zu
irem mutwtUen vnd rayczet iren man wider iren aigenvater vnd 20
liefs im weder tag noch nacht ruw, pifs er irem rate volget vnd
tet (ich vmb vnd flickt fich zu den alten vnd ermant de der
guter feines vaters vnd begert, das man in derfelben genieffen
liefs, vnd fchankt den jungen vnd rayczet fie mit gaben auf fein
fcyten vnd ward ine groffe ding verhaiffen vnd ward aufs der 25
verleymiing des konigs eer eriagen. Vnd da in dawcht, das es
zeit wer, da verlorgt er fich mit mechtiger hannt der wejmer
vnd macht fich vber den marckt in hof vnd fafs auf den kunig-
lichen ftul vnd gebot den puteln, das fie die veter citiren vnd
berutfen fultten für den kunig Tarquinium. VU kamen, mit den 30
2 mitis ingenii iuvenem.
12 nihil materiae in viro neque ad cupiditatem neque ad audaciam esse.
18 Zmftte.
IQ Livius I, 47.
19 mulier.
S3 prensare minorum maxime gentium patres.
25 regis crintiiibiti.
37 stipatas n::^niine nnnatoiTim in fontn innipitt
tg per praeconem citari iassit. *
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— 38 —
er es vor angefchUgen hett, ettiich kamen von vorcht wegen,
ettlich von wunders vnd furwicc wegen vnd gedachten wol, es
wer gefchehen mit dem Seruio. Da vieng der Tarquinius von
der geburt an zu verwerten den knnJg Seruinm, wie er von einer
5 gefangen dym gepom wer, wie er nach dem vnuerfchulten tode
feins vaters nit durch die ei^velung oder willen des volckes, nit
durch gunft oder wilkur der veter, lunder durch \veii)Hch Hft fich
des romifchen reichs vntterwunden hette, wie er ein gunncr vnd
furderer der allermynften des volckes — aufs der geichlecht er
10 dann auch wer — gewefen wer, wie er die crbern gehasset hett,
wie er den obem ihr ecker genummen vnd den fchnodften ge-
geben hette, wie er die reichen befchwert vnd die gemeinen
ettwan burdin all auf die vorderften der (tat gelegt hette, wie
er den synfs, den er zu nejrd der paTshabenden aufgelegt het,
15 den allerturfitigiften, wa vnd wenn es ym wolgefallen het, gegeben
het. Zu foHcher rede kam auch Seniius, dem die potfchafll pald
komen was, vnd fchry auis dem vordem gepewe des hoffs hinein
mit lawter ftym vnd fprach: T'Was dinge ift das, Tarquini, mit
was kunheit getarltu pey meinem leben die veter beruffen oder
20 in meinem ftul ficzen^c £r aottwurt getretzigUchen vnd grymig-
miglichen: er feffe in feines vaters ftul, es wer zymlicher, des
konigs fun, der ein erb des reichs wer, denn ein knecht in
folichem ftul zu ficzen. Man hette im lanng zii gefehen, das er
feiner herren gefpott hett. Da hub fich ein gefchray von payden
25partheien vnd iren gonnem. Das volck bef zu vnd tranng ynn
hofe. Es fchin wol, das der, der da vberwunde, regniren wurd.
Den rarqiunium zw.mng die leczft not, — feyt das es lo verr
komen was ■•- das er ein hercz gewen vnd als er iunger, vnd
ftercker was, fo nymt er den Seruium vnd ftoist yn auls dem
30fal vnd wurfit yn die ftiegen ab vnd hiefs die ratherren wider
I novit ate ac miraciilo attoniti et iam de Serrio actuB nti.
5 serva natum.
7 nnltebri dono.
II sordidissimo caiqae.
14 ad invidiam locapletionun.
16 liriv» I, 48.
17 a vestibnlo cufiae.
t8 quid hoc ■ . rei est?
37 necessitate iam eüam ipsa cogente nltiina andere.
29 deiecii.
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— 39 —
einhyn geen. Da fliihen alle, die mit dem kunig komen waren,
, paide von wepnein, von freunden, von djrenem vnd anndem,
aufsgenomen ein wenig, die yn verblut vnd halb tot haym fürten,
vnd ee er zu bawfs kam, da ward er getott von denen, die im
der Tarquinitts nach gefchickt hett. Man meint, das yn die 5
Tullia dar zu gerayczt hab, das er Seruium, feinen fchweher,
iren vater toten lolt, denn fie kam pald auf einem wagen geuam
vber den marcKt vnd vodert iren man aufs dem rate vnd nennt
in zum erften kunig vnd fchewht dar Inn nyeman. Vnd das
vber alle grymmi( kalt ift vnd auch ein grawen ift zu reden oder 10
zu hören: Da üe haym für vnd kam in die gaffen, da ins vaters
* leib lag vnd der fnnnan wenndet den wagen vnd zaigt der
frawen den toten leib iis vaters, da trib fie den wagen vber
irs vaters leib, das der plutig wag zewgnus gebe, das fie teyl-
hafftig wer des mords vnd fchuldig des plutes ires vaters. Dar 15
. vmb ift es nit ein wunder, das ein folcher mordifcher anfang
irs reichs einen pofen aufsgang genOmen hat. Seruidä het vier
vnd vierczig iar geregnirt vnd het fo wol geregiert, das im kawm
ein peffer mucht nachgeuolgt haben, vnd das gehört auch zu
feiner ere, das mit im auch die rechten vnd eelichen reiche 20
feint vnttergangen, vnd wie fenfft vnd befchaiden fein regiment
was, fo hett er doch in feiner maynung, als etUch gefchriben
haben, das er absteen wolt vnd wolt das romisch volck der
herfchimg frey machen, wer es nit durch dss vbel der, die von
feinem hawfs waren, vntterftanden worden. 35
Nach im regnirt L. Tarquinius, der in hett laflen toten,
der vmb feiner tat willen den ziuiatucu vlioikum, das man in
den ftolczen oder hochferttigen larquinium nennt, wann er
vntterwant fich des reichs mit gewalt, on willen der ftat, on
Willkür der veter, das ift der alten des rats, vnd wie er mit 30
gewalt einprach, alfo regnirt er auch mit gewalt. Er vbergab
I fit fuga regis apparitorum atqae comitam.
8 e cnria.
19 Ctteram id quoque ad gloriam accessit.
24 ni tcdiim intestinnm liberandae patriae coniilia agttaati ia-
tervenisset.
a6 Livio« I, 49.
29 neqae populi iussn neque auctoribus patribui.
31 hic enim recrum primas traditam a privribas morem de omniboa
»enalum consulendi solvu.
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— 40 —
die veter, er fragt (ie nit, als 'CS vor ander kunig gewonheit
was gewefen, das He alle ding an einen rat prachten. Er be-
hielt die verhorung der fachen im felbs vnd verricht (te felber,
vnd alfo tot er oder mocht toten oder in das elend fennden,
5 oder auch das gut nemen nit allein denen, auf die er einen
arckwan het, funder auch denen, zu denen er ainen hafs oder
einen grollen het, oder zu denen er ka\ n ander fach het, denn
das er ir gut sjern gehabt hette. Kr h'efs die 7:al der ratherren
abgeen vnd wolt nit, das man ander an ir Üat erweltc, das er
10 feinen mutwillea defterpafs vben mochte. Die obeiften von den
ratherren, die er verdacht» das He feinem vorfaren oder feinen
fachen guhftig weren gewefen, die tötet er. Seinen vorfahren,
den er hett heiffen toten, der doch fein fwager vnd fchweher
vnd ein weifer wolfurwefender kunig was gewefen, wolt er nit
I5lafijen begraben. Er trawt feinen burgern nichts, er hielt fich
zu den frembden vnd macht gebuntnufs vnd, frid, er bewegt auch
krieg, wie vnd wenn vnd mit wem er wolt vnd fucht treiintfchafft
vnd gefeUfchaftt, wa er wolt, vnd das alles on i^eheifs des volrks.
on rat der vcfter. Er hett vntter anndern funen einen mit namen
^OSextum Tarquinium, der ein vrfach ift gewefen der ding, vmb
des willen dife ding alle gefchriben werden. Der jilngft was er
vntter feinen pnidern. Da fein vater ein ftat mit namen Gabios
mit gewalt, als er es verfucht hett, nit gewynnen . kund, da fugt
er fleh dar, gleich als er fluchtig vor feinem vater wer, vnd clagt
25 vehitlichen vber feinen vater, wie er fein tyrannej von den
frembden in fein aygen kindei gekert liet vnd wie er fich ftellet,
als ub er von der niavnung fie zu kriegen gelaffen het, aul das.
das er He, wenn Tie aliermeift eederhten, vngewarnet vberviel
vnd wer es, das er bej inen kein üat der gnaden mocht vinden,
30 fo wollt er n) Inimg vmbzieheo durch <lie iennder, pifs er funde
die, die die kiader von den grewlichen vngerechten peynen ir
ekem wiffeten zu befchuczen. Er hielt auch für, wie er in be-
»
- girden hette, ainen ftreyt zefuren wider den allerhochferttigiften
i6 Latinorum sibi maxime gentem coacilUbat.
I9~ai Zusatz,
ai Livius I, 53.
SS Um ab alients in suos vertisse superbiam.
10 y>erprratuiiim se omoe Latium, Volscoique se mde et Aequcw et
Hernicos peiiiurum.
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~ 41
vnd grymtnigiften kunig. Mit folchen vnd vil andern liTtcn vnd
geftifiten wortten vl^erging er die Gabeiner, das de im glaubten
vnd namen in auf zu einem haubtman, vnd ward ir ganncz ge-
waltig. Da fchickt er einen boten zu feinem vater, der in fragen
follt, was er mit den Gabeynem tun follt, feyt das im die Gotte 5
verlihen hetten, das er mit ynen mocht tun, was er wollt. Als
der l)Ote gen Rom zu dem. kunig kam, da mocht er kain munt-
lieh oder Ichrilttlich antwurt vod dem kunig bekomen, fundern
der kunig gieng zu fpaciren in den gartten, der pey dem paüaft
was, als ob er fich 1)edencken wollt, vnd der bot feins funfs {Q
volgt im nach vnd lag ym an vmb ein anttwurt. Man meint,
das yn* der kunig verdecht vnd trawt im nit wol. Er ging hin
vnd her fchweygend vnd fchlug die haubter der hohften olmahen
mit einem ftecken ab. Da der bot Tragens vnd baytens mud
ward, da keret er wider, vnd da er zu feinem herren kam, da 15
Tagt er im, was er geworben hett, was er auch gefehen hett vnd
wie der kunig vuu hoclifart uder zornes oder hals wegen im
nye kein wort zu gerett hett. Sextus, da er die maynung des
Vaters bey dem zaichen niarckt, da beciaget er ettlich der mech-
tigiften der burger geftiffter lachen vor dem volck vnd tötet fie. 20
Ettlich tötet er neyds halben, vil wurden oifennlichen getott,
'ettlich, wider die er nichts erdencken mocht, kamen beymlichen
vmb. Ettlich liefs er flien, ettlich wurden in das eelend gefendt,
' vnd derselben guter tailet er auch, wie vnd vntter wen er wollt;
vnd die, vntter die er die guter der vertriben tailet, die liefren25
es auch vmb ires aygenen nuczs willen befchehen, als lang !)ifs
der ( iabeiner rtat rates vnd hilti berau bt ward, vnd alfo on alles
• iturmcn, ftreiten vod bo!c|Lrern dem kunig vbergeben ward. —
Es gefchach darnach, das der kuni^ des juinters tempel auf dem
perg Tarpeio, da nu das Capitolium vnd der barfuffer kirch ara30
celi ift vnd darvnder die gefencknufs vnd das loch Mamurtini,
. da fant Peter vnd fant Pauls newn monet ynn gefallen gelegen
2 r.ivius I, 54*
8 nihil voce responsum est.
13 summa papaverum capita. ,
14 tnterrogando expectandoqiie retponanm nvntiiis fessns.
83 patnit quibusdam volefitibns fnga.
29 Livius I, 55.
30 Zusatz.
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— 42 —
(int, da der kunig den tempel gebawt hett vnd was nu be-
kommen in anndern bewen der ftat, da begegnet ym ein er-
fchrockenlich zaichen. Ain fchlang viel aufs einer httlczene[n]
fewl, vnd die das fahen, die erfchracken vnd flohen in den
5 kuniglichen fal Der kunig erfchrack nit allein, funder fein hercz
ward vol forg vnd anglt, das es nit ettwas vbels bedewt, vnd
feyt das er nit getorft den weifen vnd warfageren, die er doch
fünft in ofTenberlichen wunder zaichen rats fragt, getrawen, da
fchickt er fein zwen eitern fun durch heymlich wege vnd mer
lüin Krichen lant gen Delphos, da der namhatftigft tempel was,
da man pflag anttwurt zu holen von lieymlicben kunfitigen
fachen. Des kunigs fun, mit namen Titos vnd Aruns, sohen
hin vnd namen mit in L. Junium Brutum, der des kunigs fwefter
fun was, die auch Tarquinia biefs. Derfelb jungling, da fein
15ohem die roechtigii^en vnter den bürgern vnd ratherren der ftat
lief» toten, vntter denen auch fein prüder getott was worden,
do er das vernam, da fac/.t er im für, das er nichts behalten
wollt, das dem kunig zu beforgen oder verdechtlich wer, vnd
nam fich einer geltait eins alberen toreten menfchen an vnd
201iefs den kunig mit im vnd feinem gut machen, wie er weit,
aufif das, das er vntter ainer folchen geftalt pey dem leben piib.
Defslialben liefs er fleh für eynen gecken haltten vnd auch alfo
nennen, denn Brutus ift als vil als ein toller oder vnuemewftiger,
aber es fteckt ein anderer in im, dann er fich ftalt. Des kunigs
25 fun namen yn für einen gauffman oder fpilvogel als einen gecken
mit in, vnd er trug ein gülden ftab, der verfchloffen vnd ver-
porgen was in einem holen hurnen ftab mit im vnd fchanckt
yn dem Aj)i*üllini, das ift der abgot, den fie fragen wolten,
dar pey er, als man lagt, haymlich zuuerlteen gab, das er von
30ynnen annders was, denn man in von aufswendig anfah. Nach
I Liviui I, 56.
5 ipsius regU Don tarn subito pavore perculit pectus quam anxiis
inplevit euris.
6 cum ad pablica prodigta Etniaci tantti» vatet adhiberentnr, hoc
velot domestico cxterritus visu.
10 maxime inclitum oraculum.
«3 Brnti quoque haiid abnak cognomeo. •
25 (vi f ind bei Lexer, MHD. WB.) ladlbrium verins quamconcs.
27 ihis üt wollen 7',>-:it?
29 per ainbage» eltigtem lagenti sui.
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— 43 —
dem nun des kimigs fun iies vaters gebot vnd potfchaflt vol-
pracht betten, da kam fie ein furwicz an 2a wiffen, auf welchen
das romifch reich gevallen fultt. Da fie fragten, fagt man, das
von einer tyffe hole ein ftimb gehört wurde : »Imperium summum
rome habebit, (}ui vestrum primus, 0 iuuenes, osculum matri 5
tulerit,«. das als vil ift, das der zu Ruine herfchen fult, der zum
erften fein mutter kuffen wurd. Da geboten tlcs kunigs fun
auff das hochft, das fie künden, das yederman fchweigen lolt,
das der junger fun Sextus, der zu Rom pliben was, der ant-
wurt nit innen wurd, vnd fie entpfolhen es dem gluck, welher 10
vntter inen — wenn fie gen Rom kernen — zum erften die
mutter kufien wurd. Aber der Brutus, der vernam dife antwurt
nach einem tieffem fyn vnd tet gleich^ als ob er on geuerd
itolpert vnd nyder viele, vnd berurt die erd mit dem mund,
dar vmb das fie ein gemeine mutter aller totlichen ift. Alfo 15
kamen fic gen Rom, da man fich wider die Rutilos zu ftreyt
bereyt, der fach halben, das fie reich waren. Dar vmb vieng
der kumg a[ijn krieg wider fie an, das er von irem rawb die
Romer ftillen vnd verfunen mocht, die vnwillig waren, das er
fie mit pewen fo lanng befwert hett. Die Rutiii betten ein ftat 20
mit namen Ardearo; man verfucht, ob man fie mit dem erften
fturm mocht gewynnen. Do das velet, do legert man fich da
für, vnd in der felben zeit mochten die furnehmften ab vnd zu
ziehen. Es gefchah, da des kunigs fun die zeit zu vertreiben
zu Zeiten mit einander äffen vnd truncken, da fie ein mals zu 25
nacht äffen pey des kunigs iunglten Tun, der Sextus Tarquinius
hiefs, vnd was auch bei yncn Coliatinus Tarquinius, Eugerijs lun,
der oben gemelt ift worden, vnd als ein rede die andern gibt,
fo gedachten fie irer hausfrawen vnd ward ein igiicher die feinen
für die andern loben. Alfo kamen fie in ein gezenck mit ftreitigen 30
wortten, da hub der Coliatinus an, fie bedorfiHien der wort nichts
vberal, fie mochten in kurczen ftunden ertaren, wie weyt fein
Lttcrecia die andern weiber vbertreife. »Lafient vns«, fprach er,
»auf vnnfer pferd ficzen vnd laftent vns reyten zu einer iglichen,
10 sorti permittttiit.
f3 alio ratus spectwe Fythicam ^cem.
15 Livius I, 57.
23 satis libcri commeatus erant, primoribof tarnen inagliq[OAiii miiitibus.
incidit uxohbus mentio,
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— 44 —
vnd wie wir fie zum erften on geuerd vnd vngewarnter fache
viDden, das gelte.« Sie alle, als fie denn wol getruncken hetten,
auf die pferd vnd behend gen Rom zu, vnd vbervielend ir
gefynn vngewamet. Es was nu vtnfter worden, da fle gen Rom
5 kamen. Von Rom riten fie gen CoUacz, da He die Lucreciam
vanden nit mit effen vnd trincken vnd ipilen oder gaylen in
leichtfertti< kait mit ires gleichen die zeit zuuertreiben, als fie
denn die anndern tchnuren des knni(;s funden hetten, funder
fic tunden lie zuchtiglichen an der arbeit enmitten vnder den
lOjuncfrawen Hczen, wenn Tie gingen mit wollen vmb fpat in die
nacht. Jr man gewan, Lucrecia behielt den preifs. Als fie
den haufswirt mit den geften fah, He ftund auff vnd empfing He
freuntUchen vnd suchtiglichen. Der man, der obgelegen was
des ftreyts von dem lob der frawen, der lud die anndern kunig-
15 liehe jungling ze hawfs. Da begriff den Sextum Tarquintum ein
bofer luft vnd begird zu notigen die Lucreciam, dar zu yn ir
fchön mit ticr zucht ir kewfcheit rayc/.et. Sie kamen wider von
difeni ichimpf in das her. Vber ein wenig tag kam des kunigs
fun Sextus Tarquinius on wiffen des Coliateins mit einem gefellen
20gcnCoUacz vnd wart freuntlichen empfangen, als von denen, die
feinen anfchlag wenig wiCTenten. Da er nach dem nachtmal in
die gaftkamern gefurt ward vnd nit zu rw vor der bofen lieb
mocht fein, da yn gedaucht, das yederman fchlieff vnd alles (tili
vnd ßcher wer, da nam er eyn meffer in die hannt vnd kam
25 zu der Lucrecia, da fie fchlieff vnd druckt fie mit der Uncken
hanntauf die prüft vnd fprach: t Schweig itill, Lucrecia. Ich bin
Sextus Tarquinius, ich hah das meffer in der hannt. LeiTeltu
einen fchray aufs, fo nnntu ücrben.* Da erwacht fie \ nd er-
fchrack, da fie den tot vor ir fah, das fie nit reden könnt.
30 Tarquinius ving an zu verleben fein groffe Ueb vnd ward iie
biten vnd ward fein gebete vermengen mit trouwen vnd
ward alle lift verfuchen, das er fie bewegen mocht su
2 incftlnerant vino >ftget«iielc omnes cUatis equis «voUnt Romam.
6 in eonvi^io luxuque cum aequaltbus.
lo nnctc s(?ra deditam lanae*
12 flund auff Zusatz.
17 ah noetnroo inTenali ludo.
18 Livius I, 58
22 ho!5pitale cubiculnm.
24 stricto gladio.
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45
feinem willen. Da er fah, das fie fo ftet vnd fo verfaertt
was, das de auch von vorcht wegen des todes nit weichen wolt,
da legt er zu der vorcht des todes die fchant vnd verlewmung
des eeprucbs vnd drowet ir, das er einen nackenden getotten
knecht zu ir, wenn er fie durchstochen vnd getott hett, legen wollt, 5
das man alfo gedcnacken vnd haltten follt, das Tie in dem ee-
prucli gefunden vnd dar vmb getott wer worden. Da er fie
mit demlelbenn erlchreckt vnd vberkomen hette, vnd nun von
ir kam, da fchlug die Lucrecia mit groffen laid in ücb felbs vnd
fchicket pald einen boten gen Rom zn irem Vater vnd des- 10
gleichen einen gen Ardea zu irem mann vnd entpot yn, (ie
foltten mit iren guten getrewen frewnten pald vnd pald komen,
es wer ein foUche bofe groffe fach befcheen, die keinen ver*
zug lid, man muft dar zu tun. Spurius Lucrecius, ir vater, kam
mit dem Publio Valerie, von dem ich z« Rom gefunden hab, 15
das er ir prüder wer. So aber Titus Liuius Ichreibt. «las unn
vater Volefius wer, fo mulst es villeicht der rhutter halb gcwelen
feyn oder das er ynen fünft als nahe zugehört hette. Ir man
Colatinus kam auch mit dem Lucio junio Bruto, mit dem er gen
Rom kam, vnd ward also befchickt von der hauffrawen. Da fie 20
nun zu ir kamen, da funden de fie laydig vnd iamerich in der
fchlalfkammem (iczen. Zu hannd als He fie fach, da vberging
fie mit heiflen bittem zehern; da lie der man fragt, wie den
fachen wer, ob alle ding wol ftunden, da fpradi fie: »Na3m,
dann .wie möcht es ymmer wol fteen vmb ein frawen, die ir eer 25
verloren hat. Es fein eines freinbden inaniifs fufsflaprt'en, o
Collatine, yn deinem bett, d(H h fo ift allein der leib gefchwechl,
das gemut ift vnfchuldig, der tot wird des gezewgnus geben.
Aber %'erheiffs mir vnd gebt mir ewer trew mit dargefchlagener
bannt, das ir es nit vngerochen wollt laffen an dem eeprecher. 30
Sextus Tarquinius ift der, der die vorder nacht, ein veint für
ayn gal%, mit gewapenter vnd gewaltiger hannt mir vnd ym, feint
3 uddit ad mortem dedecas.
12 ilu fiicto maturatoque opus esse.
15 von dem — zugebort bette Zusatx.
ai maestain inveniuiit.
aa adventu saornm lacrimae oboitae.
28 aniiniis insons
31 bostis pro hospile.
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— 46
ir annders menner, totlich frewd hingenomeii hat,« Sie gaben
ir alle nach einander ir trewe, das fie es lechen woltten, vnd
troften He das pelt, das (ie künden, das fie fich des/ das wider
iren willen befchehen wer, nit als fer annem. Die (chuld
5 wer des, der de geweitigt vnd genotzoget hett, die fiind, die
leg an dem willen vnd in dem gemiit vnd nit an dem leibe,
der genotfertct wurt. Sie antwurt \ nd Tprach: »Sehet ir zu,
was man dem tun rullt. der daran Ichuldig ift. Aber ich, x fprach
fie, »ob ich mich entpinde von der fund, fo entledig ich mich
10 doch nit von der pein. Es fol auch kein vnfchamhafftige frawe
durch mein ebenpild pey dem leben pleiben.€ Als (ie das ge-
fprach, da zog fie ein mefl^er, das lie vntter dem klaid ver«
porgen hete, herfur vnd (tach es in ir hertz, das es dor inn
ftecket, vnd viel alfo für fich auf die wunden vnd darb. Der
15 man vieng an zu fchreyen vnd der vater. Als fie mit waynen
vnd clagen bekumert waren, da zog der Brutus das plutig meffer
aufs der wunden der l,ucrecien, vnd hielt es alfo plutruftig vor
im vnd fprach: > Hey difem aller keufchten vor kuniglichem vn-
recht plut fchwer ich vnd ich nym euch, Gött, zu zeugen, das
20 ich den Lucium Tarquinium, den hochferttigen, mit feiner bofs-
wichten hauffrawen vnd dem gannczen gefchlecht feiner kinder,
als weyt mein vermugen reichen mag, mit dem fchwert vnd mit
dem fewer verderben wil vnd wil weder fie noch andere zu
Rom regniren laflien.« Damach gab er das mefier irem mann
25CoHatino, darnach dem Lucrecio, irem vater, darnach dem
V.ileriü, die da vor wunder alle erfchluchczten, wanne der new
vnuürlehen mut in die prust des Brutus kern, vnd hiefs fie alle
fchweren. Sie fchwiiren*) vnd kerten fich von dem clagen inn
zorn, vnd als fie der Brutus vodert zu ftreiten wider den kunig
30 vnd den kuniglichen gewalt hin zunemen, fo volgten fie im nach
als eynem hawbtman. Sie trugen die leich aufs dem hawfs auff
den marckt vnd vorderten vnd bewegten durch dife newe er-
bermliche gefchicht die menig; es ging dem volck zu hertzen,
•) cod. tchuwreou
I pestifernm hinc abstalil gandinm«
15 Livius I, 59.
3t iceleraU.
22 quacumquc ilehinc vi possum.
2& tolique ab luctu versi in iram.
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— 47 —
vnd vieogen all an 2a klagen vber den gewalt vnd mutwillen
der kiinigUchen perfonen. Das volck ward auch bewegt durch
das grofs layd vnd waynen ires vaters. Aber der Brutus hielt
für, es wer nichts mit clagen oder waynen aufsgerichtt (ie fultten
tun, das raennem vnd Romern zugehorte, die da wappen vnd 5
harnafch g[e]torrton wider die veind vnd vngerechten gev.alt
nenien. Er erweckt vnd trib auf die kunen jungling, das Tie
fich williglichen erboten zu vechten vnd zu ftreyten für die frey-
heit Die anndern Voigten denfelben nach vnd lieffen ein hut
zu den porten zu CoUacz vnd beftalten huter, die verwartten, 10
das nyman diCe ding den kunigen offenbarte vnd zohen mit ge^
wapenter hannt dem Bruto nach gen Rom. Wa das gewapenet
here durch soh, da ward ain fchreck vnd ein aufrur vntter dem
volck. Da fie aber die mechtigen der romifchen itat fahen
voran hin ziehen, da gedachten fie wol, es wer nit on groffe 15
fach. Da fie gen Rom kamen, da erhub fich nit ein mvnner
bewegung vnd autTrur zu Rom. Man lieff von allen gaffen auf
den marckt. Der butel vordert das volck für den tribun oder
furwefer der ritterea vnd richter der vbeltat, der der Brutus
was. Da tete er ein rede, die man nit hynder im noch hinnter20
einem narren, als er fleh pifs auf die zeit geftellt het, gefucht
hett. Er hatt ein lange rede von dem gewalt vnd mutwillen
der kunig vnd befunder des Sexti Tarquinij, von der nottfertung
der Lucrecien, von irem iemerlichfn vnd erbärmlichen tode,
von dem groffen layd vnd elend des Tricipiteins — ir vater hiefs25
Spurius Lucrecius Tricipitinus, — wie demfelben die lacli des
tods feiner kewfchen erentreichen tochter groffer layd vnd iamer
mecht, denn der tot. Er er/.elt auch die grol'ie beleftigung des
volcks, wie, die vberwinder aller lennder vmb fich gewefen
weren, nu zu hertter fchnoder arbeit gedrungen werden, als zu SO
graben yn den graben vnd zu fegen die fprach hewfer oder
haymlich gemach vnd der gleichen, vnd die romfchen rewter,
3 Inm Brutus castigator lacrmiarum atque inertiuui t^uerelaruin.
5 anna capiendt aoto«.
14 primores civitatis.
15 haud temere esse rentiir.
17 ex onniibtts lods orbU in forum curritnr.
18 praeco ad tribaaum Celerom . . . populam advocavit. .
25 S Eutropius i,io.
31 labores plebis in fossas cloacasque exhauriendas demenae.
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— 48
die weren zu hanntwerks lewten vnd zu fteinmiczen worden.
Da ward auch gedacht des vnwirdigen todes des kunigs Seruij
TuUij, vnd wie die grymmich vngefchlacht tochter TuUia, die
da zu mal kunigin was, vber yres aigeAen vateis leib gefaren
5 wer. Da wurden die Gött, die recher der eitern fein, «u räch
aiigcrutTt. Mit folchen reden entzunt er das volck, das Tie den
kuuig vbergaben, vnd im das kunigrcit'h abfchlugen vnd geboten
auch, das man in nit mer in die l'tat lalTen foUt, funder man
follt im das lannt verpieten vnd nit allein im, fundern auch
10 feiner hauffrawen vnd feinen kindern. Der Brutus erwelt von
den iungen, die fer willig dar su waren, ein gewopents here,
vnd zoh in das here, das vor der ftat Ardea lag, das er daffelb
auch abfpannte vnd bewegte wider den kunig, vnd der gewait
zu Rom wart die weil dem Lucrecio, dpr Lucrecien vater, em-
15 pholhen," dem es auch vor hyn vpn dem kunig empfolhen was
gewcfen. Vntter der auliiar Hoch die Tullia, die kunigen, aufs
dem havvfs, vnd wo lic iiin zochj fo flucliten ir frawen vnd
rpann vnd baten vnd rufften räch an vber fie. Da nn dile .
mere in das here kamen, da eylct der kunig mit zittern gen
20 Rom, das er die aufrur druckt vnd ftiliet. Der Brutus merckt
die Zukunft des kunigs. vnd zoh neben vmb, das er dem kunig .
nit begegnet. Alfo befchah es, das durch annder wege auff ein
zeit der Brutus gen Ardeam vnd der kunig gen Rom kamen.
Aber de|p kunig wurden die porten oder die tor vorbefchloften
25 vnd verfperrt vnd ward im das lannt verpoten. Aber den er-
lofer \ nd freymachcr der ftat Rom empfing das her mit frewden. .
Die /wen Tun des kunigs wurden verftolTen von dem here vnd
zühen dem vater nach in das eelend gen Cere in Kthruriam.
Sextus Tarquinius zoh gen Gabiös in die (tat, die er fo verreter-
30 liehen vnd vntrewlichen vor zeiten feinem vater vntterworffen
het, vnd wolt da herfchen gleich als in feinem erbreich. Da
wart er doch von denen» die feiner vntrew vnd tyranney,
7 ut iraperium regi abrogarent.
ta ad coaeitaodiim Inde advers us regem exercitttm.
17 invocarttibus parentum furias,' *
. iS Livius I,^.
19 trepidnt.
21 flexit viam Bratos.
26 laeta cnstrti accepere.
• 32 die er — vntter woräfeo het Zusatz.
c kjui^ cd by Google
— 49 ^
die er getnben hett, gedachten, getott. Alfo ward Rom von
der wuterey der kunig erledigt vnd frey, nach dem als vier vnd
virczfg vnd zwajhundert iar von feiner erften ftifftung vergangen
waren, vnd wurden darnach ierlichcn zwen confules, das fein
ratherren, erwclt, die regircn folltten. Alfo ward das kuniglich 5
regimcnt zu einem ratlichen oder ratherrilciien regiment ver-
ändert, vnd das felb regiment was nur ierlich, wann von iar zu
iar fo erweit man annder oder die felben von newen, vnd
wurden gewoniichen zwen gefeczt. Vnter weyl fo erwelt man
ainen dictatorem oder cenforem, vnd ein dictator was gewaltiger, 10
denn ein conful, vnd ob das regiment vntterweU vntterprochen
ward, fo viel man doch zum leczften wider darauf, vnd vntter
denselben ratherren nam Rom fo vaft zu, das fie die geweltigift
vnd mechtigift ward aller Ttete, die ye gewefen leint vnd pej
aller weit mechtig. 15
LVCIV.S JVNXVS BRVrVS. T.VCIVS TARQVINIVS
COLLATINYS.
Die aller erften ratherren, die zu Rom, nach dem als die
kunig vertriben wurden, gemacht wurden, fein gewefen Brutus vnd
Collatinus, die wurden gefchopft von dem prefecto oder furwefer 20
der ftat mit namen Lucrecio. Lucrecius was der Lucreden vater,
die des kunigs fun genotzoget hett, die fich dar vmb getott hett.
Collatinus was ir man gewefen. Brutus was des vertriben kunigs
fchwefter fun vnd, als ich es vun Rom gezeichnet geprarht hab,
des kunigs Seruij Tullij fun, den[u] derfelb Seruius het des kunigs 25
Tarquinij fchwefter, denn ich hab nit mer, denn von aym ayden
funden, den der Tarquinius Priscus gehebt hab, vnd Titus Liuius,
der die romifchen hiftorien vber annder in virczig vnd hundert
bucher befchriben hat, der hellt, das der Tarquinius Superbus
des Tarquinij Prisci fun fey gewefen. Das fey oder fey nit, fo 30
Iii er doch von kuniglichem gefchlecht gewefen, fo es des
fchwefter fun gewefen ift, der des kunfgs Tarquinij fun oder
enicklen gewesen ift, vnd er liiefs Lucius Junius Brutus, vnd lein
gefell, der mit im ratberr ward, hiefs Lucius Tarquinius CoUa-
5 bis Scblufs ZuSAtc.
33 Vgl. Liviat U,s.
4
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50 —
tinus, vnd darvmb das er des namens vnd des gefchiechts der
Tarquinier was, fo verdacht man in, vnd der Brutus mutt im zu,
das er, hyn zenemen den argwan des volcks, das ambt vnd die
wirdickeit des confiilats, das ift der ratherlickait, aufgeb, wann
5 das volck bedaachtet ymmer 2u, die weil die Tarquinier inn
gewalt weren, fo weren He der freihält nit Hcher. Alfo vberrett
in der Brutus vnd fein fchweher Spurius Lucrechis, das er nit
allein das ambt aufgab, Uinder er zoh auch aufs der itat gen
Lauinium, vnd ward geboten, das alle, die der Tarquinier ge-
10 fchlecht werend, hinweg foltten ziehen. Der Brutus der vberrett
auch das romifch volclc, das lie fleh mit dem ayde darzu ver-
punden, das fie keinen mer zu Rom woltten regniren laden.
Doch wer die freihält fchir durch verreterey verloren worden,
wann fein aygen fun mit namen Titus vnd Tiberius, die hetten
15 einen anfchlag mit den Aqufliem vnd Vitelliern, die ir nachften
freund waren, wann ir mutter, des Brut! haufTrawe, was ein
Vitellerin. Die Viteller namen ir fwefter fnn Titum vnd Tiberium
auch in iren haymlichen rate, vnd heten ayn anfchlag mit den
legaten, die von den kungen gefchickt wurden zu begeren von
20 den Romern, das fie doch ynen ir gut vnd habe lielTcn volgen,
das die Romer zugeben hetten, ee lie der verreterey innen
wurden. Der haymlich rat vnd anfchlag was, das man die kunig
pey nacht haymlich in die (tat lafTen follt. Dar vber wurden
briff gegeben vnd genummen. Der anfchlag wart geoffenbart
25 durch einen knecht mit namen Vindidus — von dem vxndicta,
die räch ift, genent fol fein — man vand die briff der verreterey.
Die jungling wurden eingelegt, die guter der kunig wurden dem
volck zunemen zu geurteilt. Die veireter wurden zum tode
gcurteilt. 1 )ie \<jllenduni; des \rtcils ward von einem rate dem
SOvater der jungen emjihcjlen, das er, der das \alerlant in dem-
felben jare von den wuteji< hen eiioiet, trey vnd ledig gemacht
hett, die verreter der freihait itratite. Die edeln jungling wurden
an pfel gebunden vnd nackend mitgerten gefchlagen, dar nach
mit bartten gericht. Der offenbarer wart begabt mit gelt, mit
35freyheit vnd burgerrecht. Der vertriben kunig bewegt vil (tete
lo Vj^l. IJvius II, 3 5.
34 pruemium tndici pecunia ex aerario, iiberUb «l civiia;» data.
35 Vgl Linui U, 6.
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- 51 —
vnd volcker zu Itreyten wider die Romer. In dem itreyt ranten
des kunigs fao Aruns vnd Brutus mit folicher gehe vnd zom
aufeinaTider, das ein iglicher nu gedacht, wie er den anndern
vmhprecht, vnd nit, wie er fich bcwarte, vnd alit; darchrant einer
den andern durch die tartfchen, das fie paide vun den gewlen 5
vielen vnnd i'turben. Die Romer behielten doch zum leczften,
die veindt flohen in der nacht der von. Fublius Valerius Publicola,
der nach demCoUatino ratherr was worden, turt die lekh feines
gefeUen haym gen Rom vnd beging in heriichen» vnd die
romifchen frawen clagten in wol ein iar als einen vater, dar 10
vmb das er die Cchwechung weipUcher eren fo knnUchen ge-
rochen hett. Damach ward Spurtus Lucrecim, der Lucrede
vater, ratherr, aber als er alt vnd zu fchwach war zu einem
foHchen fwcicn ambt, da ftarb er pald. Darnach in dem ainidern
iare ward Pubhus Valerius wider mit Tito Lucrecio ratherr. Nit 15
lang darnach ward Publius Lucrecius vnd aber Publius Valerius
Publicola ratherr. Vntter dem confuiat P. Valerij vnnd T. Lucre-
cij feind wunderliche ding befcheen, da vmb des Tarquinius
willen der kuntg der Ethrurifcben, Porfena, vor Rom gelegen
ift. Wer fie wifTen welle, der lefe lie in dem anndern buch 20
Titi Littij. vnd anderfwa.
Der Brutus vnd Lucrecius fein pey. funffhundert iaren vor
Crifti gepurt gewefen.
GNEVS LENTVLVS. MARCVS CRASSVS. GNEVS POM-
PEIVS, GAIVS JVLIVS. 25
Gneus Lentulus vnd Marcus Crassus vnnd Gneus Pompeius
vnd Gaius Julius Caefar fein alle confules, das ift romifch rat-
Herren gewefen. Dar vber feint Pompeius vnd Julius dtctatores
— die vber die confules vnd geweitiger waren — gewefen, vnd
der Pompeius ward imperator, als man den kaifer heiflet, ge-30
nani., cc dic kailerlich wirdickait, die von demjulio ain vrl'prung
hat, aulfkam. Die vier, das ilt Lentulus vnd Cralfus vnd Pom-
5 per pftnuftm uterqoe transfixui.
II Vgl. Livius II, 7.
26 Über Lentulus [CoMiü 56a. Chr.j 1. Mommten, Gesch. d. röm.
Munzvvesens 605 nr. 232.
4»
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52 —
peius vnd Julius fein alle xu einer seit gewefen, wann der
Pompeius was des kaifers Julij ayden, wan et hett fein tochter
Juliam. Aber da diefelbl^b» da*) wurden fie wider einander.
Sie Itarb aufs fchrecken der lieb. Der grofs Pompeius, ir man,
5. was von dem plut des opfTers befprenngt worden, vnd da man
das klaid haym trug, das man im ein anders prechte, da befchah
es, das man ir, als (ie mit einem kind gieng, begegnet. Da fie
das plutig klaid ires manns fahe vnd kant, do gedacht fie, im
wer ettwas widert'aren, vnd ee fie ye gefragt, was ym befchehcn
10 wer oder war vmb das kleit plutig were, do kam fie ein onmacht
an vnd fanck der nider vnd keret die äugen im kopfi vmb vnnd
fchlofs die hennd in einander vnd verfchied mit fchaden, oder
als man meynt 2u fchaden der ganncsen wertt, dann fie wurden
zum leczften vneins, das viUeicht nit befcheen wer, wer die
15 freuntfchafft pUben. Vnd da fie wider einander wurden, da
bewegten fie pevld] die ganntze werlt, vnd ich wene, das kawm
oder nye, die weil die werlt geftanden fey, zvven grolTer ftreiter
vnd mechtiger vberwinder an einander vnd wider einander ge-
wefen feyen. Dar vmb fpricht man, das es ein iamer was zu
20 fehen, da die romifchen krefft ftunden wider einander, die wenn
fie ains miteinander gewefen weren, wol aller werlt geweitig
weren gewefen. Es ift des gleich grofs nie gewefen mit dem
Laomedonten vnd Herculen, mit dem Hectoren vnd Achillen,
awifchen Troyern vnd Kriechen, zwifchen dem großen Aleiand^m
25 vnd den Perfiem, swtfchen dem Hanibal vnd Scipion oder
zwifchen den Kartaginefem vnd Römern, der herfurer vnd
haubtmenner die erltgenenten furUen oder ir gefclilecht waren.
Item es ilt nit als grofs geweien zwiiciien dem Gaio Mario vnd
*) Cod. die.
4 Vat. Maximas IV, 6, 4 vgl. Boccaccio, De claris mulieribus cap. 79.
19 Ekkeh. 90, 21.
28 Vgl. Schatzbehuller Btall H4: Denn wie wol ru der zeit der
geburt Chlti groUer frid yn der werlt was, fo was doch daruor vor ettlich^n
kvrCseim taten grofle siritreditigkeit gewefen, die ficb angefangenn vnd er-
hebt htft stt den settten der romifchen ratherren Gaij Marij vnd Lucij Sille,
vnd wie zu vnfern reiUen partheyen vor lanj^^en reitten her yn weifchen
landen, darinn etthch WellTen, ettlicii Gibelleiner, ailweg widereinander find,
alfo waren dasumal partbeyen vnter den grofTen mecbtigen Rfimern, da«
elllich Sillaner, ettlich Marianer warenn. Die Sillaner waren von dem Silla
genennt, die Marianer, der parthei die crften 5::;rnflVTi kaH>r hiHus vnd Octani'-
anus waren, von dem iMano, der Joch cim i.ymincimd.n^ lun wa».
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— $3
Lucio Silla, vnd was doch der Pompeias ein Sfllaner, das ift
von der parthey des Silles, vnd der kaifer ain Marianer. Der
Pompeitts het den romifchen fenat oder rat vnd den romifchen
adel vnd die gantz macht der kunig des Orients, das i(l des
halben teils der werlt gen aufgani: der funnen an feiner feyten, 5
fo het der kaifer JuHii«; die Deutfchen, die Si)engelfchen oder
Spaniolfchen vnd die Franckenreicher, die macht des occidents
an (einer fcytcn, vnd lag enntlichen ob, da er den*) Orient vnd
occident vnd den dritten taü der weit gen mittem tag vberwunden
vnd vntterworffen het. Man fchreibt von dem Julio, das er 10
vndecies centum nonaginta duo milia in feinen (treiten erfchlagen
hab, das lawt aylf malen sway vnd nevczig vnd hundert taufet,
aylff malen hundert vnd sway vnd newczig taufet. So uü denn
der kaifer, der die Gallos, die nu Franckenreicher hayffen, vnd
die Spaniol, die Britannier, die nu die Fngelfchen, vnd die 15
Tewtfchcn vntter die Romer geprarht liat, mit namen Julius, er-
fchlagen hat, machen zwelf vnd hundert taufet vnd zwaj taufet-
mal taufet, vnd das plut, das er vergoffen hett in den burger>
liehen ftreiten, als man es heiffet, wenn ayner wider fein
mitpurger (trejrtt, das wollt er nit laffen anzeichen, wann er 20
fchamet fich deffelben, als da er wider den grofTen Pompeium
strit, das mer dann ein bürgerlicher ttreyt was, als man es
in latein heiffet bellum ciuüe, wann Pompeius was fein
aydem gewefen.
*) Cod: dem der.
3 Florus Tl. 13, 5
10 Ekkeh. 91, 37.
ai Vgl. Florus II, 13. 4
24 Vgl SchaUbehalter Bktt A5: Wer dafTelb nit glauben wdUe,
dz die werlt zu der felben zeit [sc. der geburt Christi] in foUicher erfarung
vnd hoher machte gewefen fey, der geb nder zeige mir einen ftreitperem
denn keyfer Julius fey gewefen, der den groffenn Pompeitun, der fehter alle
mechtige köoigretcll gen aaflfgang der funnen den Römern vntterworffenn
beitc, mit dem pantrrn römifchen rat vberwande vnd das blut, das er in
den Itreuten wider lein mitpurger vergoffen hett, als er Heb defs felben
fcheaete, nit aoteiclnieii oderfchreiben Taflen wolt. Aber in andern ftrdtten
wurden an^'cfcli rieben ailff malen zweyundneuntzig vnd hundert taufent —
ob ich recht gedenke - , der felb Julius hat die Tedtfchen, die Franckreicher,
die Britanier vnd kurizlich mer werlt vntter fich bracht, dann vor ye yemantz
geihan hett. Danimb liefs fein zogewttnfter fun die gantsen werlt befelireiben,
in 'V""i hcrbefchreibungCriftot geboren vnd auch vntter derKflmer gewalt
gezelet ward.
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— 54 —
MARCVS CRASSVS,
Marcus CrafTus was eins iars conful mit dem obgenanten
Gneo'Pompeio. Er het in swaien Ttreiten funff vnd ßbentsig
taufet man erfchlagen. Zorn ietzften als man dem keifer Julio
5 Franckenreich vnd dcwtfche laiint vnd dem Ponijieiu Spanier
land enpfalh, da ward ym Syn'a vnci der partiiVh ftrcyt cni)rolhen.
Vnd da er wider die Parthier ftrit. da ward lein tun erfchlagen.
Er ward vberwunden, vnd da er mit eym tail feins heres auf
einen buhel gewichen was, da berufften yn die veind, als ob de
10 mit im von dem frid tedingen wollten. Da er zu in kam« da
griffen ße yn an, das fie yn vahen woltten, aber das ße ym
lebendigen nit fchmacheit vnd fchant oder gefpott anlegten, fo
weret er fleh als lanng, bifs ße yn getotten. Man verdacht yn,
das er gelt genomen oder hett wollen nemen vnd hett das her
15 verfurt. Dar vmb gofs man im zerlalTen golt in den munt nach
feinem tode.
PANSA.
Panfa i(t ein romifcher ratherr gewefen vmb den anfang
des ketferthumbs Octauiani, vntter dem Criftus geporn ift worden
20 in dem zwey vnd vierczigiften iare feins kaiferthumbs. Er hat
mit feinem gefellen Hircio geftriten wider den Marcum Anthonium,
dücli er ftrit ee \ nd ftrit nit vvul. Aber fein gefell Hircius, der
kam im zu hiltf mit feinem her vnd zertr.mt vnd vberkam das
her Marci Anthonij. Die zwen confules Panfa vnd Hircius, die
25 halfen dem Octauiano, dem fie auch zugeben wurden wider den
Anthonium. Der Anthonius, da er vberwunden ward von dem
Hircio vnd dem kaifer Octauiano, da floh er in Franckenreich
zum Marco Lepido vnd gefeilet ßch zu dem felben, das er ym
die legion der ritter, die vntter im waren, zufugt. Doch zum
30 leczften ward der Marcus Anthonius durch den Marcum Lepidum
verfunt mit dem Gaio dem kaifer — alfo ward Octauius genennt
nach feinem ohaym, der )n ayn erben ain lialbcntcil in feinem
teftament geleczt hett vnd hett yn feinen namen heiffen haben
7 Vyl F'onif I, 46.
18 Eickeh. 91, 43 {T.
ao Zur Zählung vgl. MeisterUn [St. Chr. IIIJ 45, 12.
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— 55 —
vnd zu einem fun gönomen. Er was fein nefe der fchwefter
halb. Das hett alles den Marcum Anthonium verdroffen, das
der kaifer Julius ym den Octauium furgefecst het, vnd dar vmb
was er wider in. Aber er ward verfunt mit im durch den Marcum
Lepidum, vnd He drey regirten miteinander, das iSX der Octauius, 5
Anthontus vnd Lepidus, als lanng pifs fie vneins wurden. Doch
der Octauianus vberwant fie alle vnd imperirt zum letzften allein.
Der Panfa hett ein wunden in dem ftreyt wider den Anthonium
empfangen, derhalben er ftarb.
OCTAVIANVS. 10
Difer fwac2 oder geprech ift gefchlagen worden vor der
gepurt Christi vnd ee dann keifer Octauius oder Octauianus,
als wir ine gewonltch nennen, vntter dem Chriftus geporen Ift,
AuguUü^ genennt ift worden. Da pcy mag mau verfteen, das
er vber funffzehenhundcrt iar alt ift, das orfcheint nemlich aufs 15
dem, das an dcnilelben fchwacz allein keyfer, in latein caefar,
vnd pontifex maximus gefchriben ftet.
JVLIA.
Jvlia ift des allermechtigifteii vnd geweltigilten kaifers, der
ye gewefen ift, das ift des, der die ^^nntzc weit hat heiffen 20
befchreiben, in welher befchreibung zeit vnnfer herr geporn ift
worden, der Octauius oder Octauianus hiefs, hauffraw gewelen,
vnd ift des kaifers, vntter dem Criftus gelitten hat, der Glau-
dius Tyberius Nero hiefs, mutter gewefen, welcher Tyberius
Nero von den Vindelicis, das nun die Au[g}ftpurger feint, vnd von 25
den Pannonijs oder Pannoniernf das nu die Österreicher oder
eins groflen talls Vngem feint, vnd von den Armeniern trium-
phirt, das ift pomp vnd fpil vnd hochxeit vnd herlickait von der
20 Vgl. das Cilul aus dem Schatrbehalter oben zn ?. 51 24.
28 V|^'L Schaizbehalter Blatt Li': £inen triumpf heiffen die walhen
ein gemalt Ipil, dai etwas bedettt, vsd die fohwihögen, an den die fig der
römifchcn keyfer gehawen find, als man fy noch zu Rom fiht, heiffen arcui
triumphales, dz als vil ift, ah die fchwiljögen der iriumpf oder anfi^ng.
Darvmb triumpf hiefs man die hohzeit vnd herligkeit, die man den zu gab,
die dy feiad vberwunden hetm» wtnn fie tu Rom eiBiitt^n oder lureoi md
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— 56 —
vberwindung derl'elben lennder gehebt vnd eer empfangen hat.
Sein prüder CUttdiiis Drufus, der zu Mencz oder vor Fingen
vmb kumen ift, von dem der .Aichelftain zu Mencz auf fant
Jacobs pefg in dem weingartten des clofters Druniacium vnd
5 das veld darvmb im Dnifeloch haiffet, hat vil gefchlecht inn
deutfchen lannden geftillt. Die Merckmanner hat er fchir pifs
auf das leczft erfchlagen. Vntter anndem gefchlechten, die er
vberwunden hat, werden die Schweben vnd die Sicambri, das
feint die Franckcn, genent, als ich hewovlcn mag aufs der
lOhiftoricii des vriprungs der Franckcu \ nd aufs der groffen legend
fannt Reraigij, der mer dann iibenczig iar bifchof zu Remis ift
gewefen vnd als ein apoftel der Franckenreicber, wann er hat
den erften kunig, der von ynen criften ift worden, getaufft \ nd
hyfs yn, als er yn yecz tawffen wolt, Sicambram darvmb das
15 er ayn Franck was. Vnd merck, was Paulus OrofLus da von
feczt: »Drufus Tybery irater in Germania Sudpetes etc., poftea
Cberufcos, Sueuos et Sicambros, fortissimas naciones et quibus
natura, vires et confuetudo experienciam virium dabat, vno bello,
fet eciam suis afpero, fupcrauit. Quorum virtus et fcritas ex
20 hoc conüderari potcst. (puxl mulieres qiKxjue corum, fi quando
preuentu Romanorum inter clauftraiia concludebantur, deficien-
tibus telis et quacumque re, qua velut telo vti turor poffet, par-
uulos fuos collifos humi in hoftium ora iaccbant, in fingulis fili-
orum necibus bis parhcide.c Et infra: »Tiberius eciam Ger-
maa begegnet ynen rad vor yncn fürt man die mechtigiften vnd edelften,
die Iv {gefangen hetten, es weren künii,^ oder künigs fOn oder könijjin
oder nauüimenner, vnd darzu trug man öH'cnlich die kofiiichen ding, die
dy ▼berwinder gewnnnett hetten. Wie grofs vnd köftitcli fölUeh fpil ge-
halten wurde, dauon wer fouil zu fchreiben, das es mich verdreüffet zefetzen.
Wen es geluft zewiffen, der lüch es m dem VII. buch Jofephi von dem
iudifchen flreit von dem triumpf der keyfer Vefpafiani vnd Titi, da findt er
wol, was ein triampf ifl. Da ift anch fölliche köftlicheit bewifen worden,
d;!-; irh "veifel, ob in allen teütfclien landen von Muni,'ern an den Reyn-
Aram gen Kölen mit allem irem gut» das fy nun vermügen, möchten ver-
legt haben. Wer mir nit glaubt, der tefe et fetbs oder lafs es lefen, der es
verfteeti vnd vrteil darnach von difen dingen oder meinen worien.
2 Vgl. Otto Frising. Chron. 111,3. (Abbildang bei Joannis, Kerum
Moguntiac. SS. 111,339).
7 Marcomannos pene ad intemieiem delevit. Bkkeb. 92,65.
IG Ekkeh. II 5 De origine Francorum
II H incmars Vita Remigü« AA. SS. Oct* I»I47«
15 Orosius Vl,2i.
. ijui. u i.y Google
— 57
manos bello arnpuit, e quibus quadraginta milia captiuorum
Victor abduxit. Quod bellum maximum et formidolofum per
triennium geftum e(t nec fere vUum malus poft Punicam fuit.
Pifo rurfus aduerfus Vindelicos miflas victor extitit« Dife wort
fein gezogen aufs Orofio, vntter denen er feczt, das der Ti- 5
berius den allergroften vnd grawfamften krieg mit den oder wider
die Dewtfchen drey jar gefort hat, vnd das fchir kein grörfer '
krie<j,, als Sttetonius zewgnus giUi, nach dem krieg, den fie wider
die Kartaginenfer gehebt liabcn, geweft ift. Wie verr ift die
maynung von dem, das ettlich gemeint halben. Nurcinl)eri; fcy 10
von dem Neron gepawt vnd genennt als Neronbcrg; l'o wir aufs
difen gefchrifften haben, das der Drufus die allerfterckften ge-
fchieclit, die Schwaben vnd Francken, vberkommen hab. Sag
einer, wo Schwaben vnd Francken zemen ftoITen? Ob de an
dem Lech, an dem die Augfpurger ligen, oder meer vmb den 15
Men einander neher fein, fo He doch in difen wortten zemen
gefugt werden.*) Seyt aber das ettlich fprechen, das Nerofe y
•) Am Rande: Verum quod Orosius Sicanibros et Sueuos coniungit
a Drufo fuperatos quomodo intelligi debeat, fpeciali queftioue indigere videtur,
cmn feeiiDdiiiii Francorum hyftoriam SieaiDfari ooDdnin tllu partes Saettif
▼ucinas incoluisse videontur Quapropter aut per anticipacionem ifta dicuntur,
aut de prioribus eorum fedibus, ant Sicam^^ri non fimul fed fucceffiue ad
iftas partes venerunt, aut quedam in ipiorum hyltoria minus funt l'olida, aut
«liqoo alio modo tntelligenda funt ifta. — Das vor den FVancken owch
fiele gefchlecht von den Troiern in leutfche land kuinmen feyen, das mag
man bey den funen deff kunigs der Briitanicr mit namen Ebraucas merken"f ),
deff valer Meinprilius Maddaus» tun was. Maddan was Locrimus fun, fein
muter hyeiT Gnendolena, Corineios tochter, der owch der Troier herccog was.
Locrinus het ayn vater, der hyff Brutus, von dem Britanta ^/enr-n- 1 i'": deff
Bruti vater was Siluius, deff Siluius vater was Afchanius, deff Enee^ lun
vnd Priamis eniclin, der kunig zu Troie was gewefen etc. — In der Brittanier
hiflorien — die nun En<,'elleoder hayffen — ftet gefchriben, wie defl* kungs
Ebrauci fun mit fchitTcn in theuifcbe bind füren vnd namen das reych der
teutfchen land eyn mit hilH deü kungs Siluij Albe vnd feynt ir naroen da
genenntt Margadud, Siflllus, Regin, Blandad, Lagon, Bodloan, Kincar, SpadeOi
Gaul, Darden, Eidan, Yuor, Cangu, Hector, Kevin, Kud, Affarach, Buel.
Affarach der was ir howbtman. Dife nrüder he'.en bey achtvndzwaync^ig
fchwefiem, der namen owch gefeczt feynt Die wurden zu dem Siiuium Albam
gefchiekt vnd wurden den edelen Troiern oder Trolanera, von denen darnach
die Römer geftilTt vnd kumen feynt, vermahelt. Alfo het man ayn fach,
worvmb die Teutfchen bilHchen Germani, das alf^ vil ift alfs prüder, nach
dem laiin zu rechnen, genennl weren, das man darauff mercke, das die edelen
Teutfchen gleych alfs prüder der edden Römern weren. Wie wol ich ayn
8 ut Suclonius testatur hatte er im Latein fortgelassen
f) Vgl. Jacob. Bergom. 67 ^, der aber nicht alle hier genannten
Kmimi bringt*
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— 58 —
nye in dife lannt konimen, als ich felbs zum erften gedacht
oder auch fprach, da ich höret, wie man maynt, Nuremberg
wer von dem Nero genant als Neronberg, wenn er wer zu
Nieremberg gewefen. Ich gedacht auch, der Nero hat nichts
5 hie zetun gehabti wann ich verftund das von dem kaifer, der
fannt Peter vnd fant Pauls hat heiflen toten vnd zum erften
' vntter den kaifem die Crilten veruolgt, der allein fchlecht der
Nero gehailTen hat vnd wollt auch, das Rom Neronburg foUt
haiffen. Das fprich ich, nach der wetfs als wir Teutfchen polis
10 bürg heiffen, als HcrbipoHs VVurtzpurg. MarffpoUs Merfspurg.
alfo wollt er, das das grofsmechtig alt Rom follt Neropolis
heilTen, das ymers ais vil wer als Neronibiirg nach der eegemelten
weifs. Der leib Nero wurt aber nit gemaint in dem won, da
man das Ichreibt oder Teczt, funder der Tiberius* Das aber
15derfelb Tiberius in diCen dewtfchen lannden gewefen fey vnd
lanng in 3men gewefen fey vnd das er auch grölte ding dar
inn gethan hab, das ift gnug durch die wort Orofij — der zu
fant Auguftins zeit mer dann vor taufend jaren gewefen ift, vnd
hat die hiftorien der Romer aufs geheifls Sant Auguftines durch-
20fucht vnd vberlauffen — bewert. Das aber derfelb Tiberius
Nero geheilTen hab, das ift mir als gewifs aufs den gefcliriliteii,
als das der Tullius Cicero vnd der Ouidius Nafo vnd der Vir-
gilius Maro geheiffen hat. Doch zu einer bewerung deffelben
wil ich aufs vilen einen nenien vnd einen alten, der befchleuffet
25 noch einen eitern, der auch zu deffelben kaifers Tyberij zeiten
gelebt hat, Lucius Florus in epithomate decadum Titi Liuij. Item
ex Ubro CXXXVI: Grtcia a Tiberio Nerone et Drufo Caefaris
priuigno domita, Agrippa, Caefaris gener, mortuus et a Druso
cenfus actus tlt. — £x libro CXXXVII: Ciuitates Germanie eis
30Renum et trans Renum pofite oppugnantur a Drufo et tumultus,
won hab, du fy«Genmini alfs gannann von d«r fter«ki genennt fa^en, dar
zu ich owch aniaygung durch gefchrifft geben möcht. wenn es yemant gelult
2U hören. — Ett'ich fchrevhen, Ha«; der Teutfchen land in laiin Germania
a fecunditate gignendonim populorum qaafi a germinando, das ilt von der
fruchtbcrkayl, das e« fo vil volks pringt vnd teoclit, genennt f«y, alfs das
felli Vfi 'orus feczt in «lern IV. oap. dcs vierzehenden buchs ethimologiarum,
vnd er fchreybt doch nwch in dem andern cnpitel delT neundeo bucbs, das
die Teutfchen von der fierkt vnd geredi German) hayffen.
17 S Oroutts Prolog.
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— 59 —
qui ob cenfam exorttis erat in Gallia, compofitus etc. — Ex
libro CXXXVIII: Traces domiti a Scipione. Item Cerufci,
Cenchrej, Cauci alieque Germaoorum trans Rennm gentes stibacte
a Drufo referuntur. Octauia foror Augufti defuncta ante aTniffo
filio Marcello. cuius tnuinsnenta funt thcatrum et porticiis eins 5
Momini dicata. — Ex libro CXXXIX: Bellum contra trans-
renanas gentes a Dniso gel tum refertur, in quo inter primores
pugnauerunt T. Senectius et Anectius. tribuni ciuitatis Neruiorum.
Dalmatas et Pannonios Nero frater Drufi fubegit. Fax cuni
Paithis facta eft, (ignis a rege eorum, que fub Craffo et poftea 10
fttb Anthonio capta erant, redditis. — Ex libro CXL: Bellum
aduerfus Gennanorum trans Renum cinitates geftum a Drufo
refertur, ipse ex fractura, equo fuper crus eius coUapfo, XXX die,
qua id acciderat, roortuus eft. Corpus a Nerone fratre, qui
nuncio valiludinis euocatus raptim accurrerat, Romam reuectunilS
et in G. Julij tuniulo conditum. Laudatus a Caefare Augufto
vitrico et iuprcmis illius fiinerilnis plurcs honores dedit. — Aufs
difen wortten merckt man, ob der 1 iberius Nero gehaiiTen hat
oder nit, vnd ob er vnd fein prüder Drufus in deutfchen lannden
payd hie difentz Reyns vnd ihenfents Reyns ze tun habent ge>20
hebt oder nit. Aber wider die opiiuon mit Nurembergs namen
mochten vil argument fein, die ich wol foluiren wollt, das He
nit krefftig weren su zerftoren dife opinion. Aber aufs ver-
droflenhait der Verfechtung oder anfechtung der ding, da kein
nucz oder not anleyt, lafs ich das ligen, als es ligt. Ich wil35
weder dar für ncx^h dar wider ftreiten. Aber wer es, das
Nurmberg von dem Kern gepawt vnd genennt wer. fo wer die
Julia, die auch gemeinlicher vnd gewonlicher Lima heillet, als
ir*) mutter, fo fie des ftiffters, des Nerons, mutter gewefen ift.
Aber He vnd aii Criften haben on zu gleichung ain edeler vnnd 30
faliger mutter an der, aufs der plut vnd flaifch wir kinder Gotes
zu der ewigen falickeit vnd zu dem hymelifchen reich geboren
feint, das ift an der mutter Gottes, der plut vnd iaifch Criftus
ift, aufs des plut, das aufs feinem herczen gefloffen ift mit dem
waffer, alle die geporen werden, die getaufft werden. So aber 33
*) Am Rande: das ift der Netenbefger.
28 Vgl. Saeton, Caligula 16.
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— 60 —
die, die zu folcher gepurt helffen, als die das kind heben oder
tragen zu dem tawff oder empfahen aufs dem tauif, werden
mutter oder veter folcher ktnd vnd mitveter oder mit mutter ir
eitern - die man geuattem heifst — genennt vnd gehalten,
5 vnd folche kinder foUen diefelben eren als vater vnd mutter,
was foll man dann halten von dem fper, das die feyten ChriftI
geofTnct hat, das aufs ir das |)hit muI walTer flufs, aufs dem
alle kinder des ewigen lebcns vnd die ganncz Criftenhait ge-
poren wurden. ! N-s felben frew man fich 7:11 Nurmbcrg vnd
lOfrew fich alfo, das man Got defter mer vörcht vnd im der-
felben vnaufsfprerhenlichen gaben danck, das ift des fperes»
das als der fchluffel des himels ift, wenn es hat vns die tur
des ewigen lebens ~ als fannt Auguftin vber Johannem fchreibt —
geöffnet. Es hat vns die feyten Crifti — vns zu geberen zu
15 dem reich vnd erb Gotes — geöffnet, welche feyt der Criften-
heit mutter ift, als man denn fingt in der hiftorien von dem
heiligtum in dem antiphonen vber das magnificat: »Latus Chrifti
morientis genitrix ecclesie.« die feyt des fterbendca Crifti ift
die gepererin der hailigen kirchen, ift die feit Crifti ain mutter
20 der criltenhait worden durch das, das Tie geoHnet ift worden,
das aufs ir flufs das, aufs dem die criftenhait geporn wui;d, das
ift das plut Crifti vnd wafTer. Mag man denn nit fprechen,
das Longinus durch mittel feins fperes gleich in ettlicher weife
als ein vater der Criftenhait fey nach gleichnufs^ Dar zu hat
25 man den nagel, durch den das plut aufs der hannt, die alle
ding gibt vnd auf enthellt, gefloffen iit, ift er anders derfelben
einer, die zu den hennden gehören. Man hat die dorn, durch
die das kofpar plut auls dem hochwirdigen haubt Chrifti ge-
drungen oder gezogen ift. Man hat da des hcilii^en creiiczs
30 amen grollen tail, durch das wir alle erloü fein. Man hat ein
tail vnd einen merckUchen tail von dem leibe deren, die vnnffer
aller vnd der mutter Gotes mutter ift, fant Annen. Dife ftuck
feyn vber lennder vnd kunigreich ze halten. Mit dem fpeer
haben oft die criitenlichen kaifer oder kunig die hayden vber-
16 Vgl. SchalrbehaUei illaU C5': Dils alles fpricht babfl lonocentius
in der bull gegeben vber den ablas vnd dz hohseii des keyferlichen heil-
tums, das nun in der !<<•> ' oilichen Hat Ntircml^erg behalten vnnd ierücl;
gezaigl wirt, in welHches heiltums hyCtorien offt vnd dick der bruft vnd Uci»
hcrtsen Crifti gedacht wirt ....
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— . 61 —
komen, mit dem haiUgen cieucx hat Criftus den tewfel vnd den
tot vberwunden. Das ift der grofst schacz, den das romifch
reich mocht haben in leipUchen dingen, wann man in grofs hellt,
als er zehaltten ift. Ich wil der kaiferlichen kron, apfel, zepter
vnd aiuidcr gezicrden gefchweigen. 5
Die Julia ift des kaiTers Tyberij, der Claudius Tyberius
Nero hiefs, vnd des Driifi mutter, des kaifers Claudij vnd Ger-
manici anfraw, des kaiiers Gaij Caligule vranfraw, des kaifers
Nerons vrvranfraw gewefen.
GERMANICVS. DRVSVS. 10
Dife zwen, Germanicus vnd Drufus, fein die, von der ge-
fchlecht die Dewtfchen veft vntter die Romer komen vnd zu
inen gefchlagen feint, dar vmb Och die romifchen kaifer su den
Zeiten, fo He auff das hochft komen vnd am gewaltigiften waren,
das ift zu den zeiten der menCchlichen gegenwerttikait Jhefu 15
Crifti, vnnfers herren, als ße die Deutfchen an (ich gezogen
vnd zu inen gepracht hetten, nach den Deutfchen, die German!
hcilTen, Germanicos nannten, als tlann das erlcheynt aufs dem,
das aulT difem fchwacz auf einem ort Cacfar Auguftus Ger-
manicus vnd auflf dem andern ort Nero et Drufus Caefarcs ge 20
fchriben fteet, von welciiem yeczgenanten Nero nach fage vnd
anzeigung ettücher fchrifften Neronberg fol genennt fein, das
man auch abnemen mag aufs dem, das der nam concordirt
gleicher weifs, als mit dem andern namen Drufo Drufenloch zu
Menncz concordirt vnd Germanica, als Regenfpurgk liaift, mit 25
dem namen Germanico, vnd Tyberina, als Regenfpurg auch heifst,
mit dem namen Tyberio. Difen Neron halt ich für den, von
dem das nechft nachvolgend capitel fetzt oder fagt, wann er ift
des Drufen prüder gewefen.
TIBERIVS NERO. 30
Der ift der kaifer, vntter tleni Criftus, vnnfcr bchaker, die
murtcr vnd den tot für vns g^elitten hat. Er ift lang vor def-
felben vnnfers herren zeitlichen gepurt geporn gewefen vnd hat
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— 62
pey funff iaren nach vonfers herren leyden geregniert Er ift
der, der in dewtfchen lanndeo fouil geltriten vnd gefcbafit bat.
Er was eins geraden (Urcken leibs, einer praiten prüft. Er was
symlicher gelider von oben an biCs auf die fuefs. Er was auch
5 mit der lincicen hant behender dann mit der gerechten. Er
was fo ftarck in den fingern, das er einen frifchen gannczen
apiel mit einem finger durchporet. Er hett groffe äugen vnd
gefah auch in der vinftern nacht in die nche. Er hett einen
ftarcken hals vnd redet wenig. Er höret die fchmeichler vnd
lOlibkofer nit gem. Eyns mals do im ein ratherr zu fueffen viel,
auf das er im gnug thun vnd (ich verfp rechen mochte, da floh
er, das er für fich auf die erden viel. So man im auch ye zu
Zeiten ettwas zn lob oder zu lieb reden wolt, fo vntteiprach
er foHche wort, vnd (trafiet Oe, vnd wen man im fagt, das vbels
15 von im gerett were, fo anttwurt er dar vber, das man in einer
freyen ftat freye gemute vnd freye zungen haben folte ze reden,
was man wollte. Mit den lewten ze reden vnd fie ze eren,
vbertralT er fchyr die mafs der fenfftmutigkait oder deniutigkaii.
Ob man wider feinen rate oder vrteil ettwas tete, das mocht er
20wol dulden. Er Ctund gegen den romifchen ratherren auf vnd
wich ine aufs dem wege. Do im zu einer zeit ettliche von den
lannds pflegem rieten, er folt (tewer oder tacze oder mer zyn(e
auf die lannd fchlahen oder legen, do ichraib er ine in ant-
wort weifs wider, einem guten hirtten gehörte zu, das er fein
25fchafr fcheren vnd nit freflen .oder verfchlicken foUt. Den, die
fich peffera wollten, verziehe vnd vergab er leichtiglichen. Er
verändert die ambtlewt nit on grolle vrrach, wann er vorcht,
das vülck wurd da durch bclwert, vnd gab des ein gleichnius von
* einem, vber dem die premen, do er fo plod was, das er fich ir nit
30erweren kont, faffen, ine ze fawgen vnd ze peiffen. Do fie ayner
aufs barniliertzikait von im traib, do claget er vber denfelben^ das er
in mer vbels dann guts bewife, das er die gefettigten vnd volge-
3 Suelon, Tib. 68.
9 Siieton, Tib. 27.
13 Sucton, Tib. 2Ü.
17 Sneton, Tib. 39.
20 Siieton, Tib. 31.
21 Siieton, Tib. 32.
28 Martiuus i'olonus 114.
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— 63 —
fogen premen von im tribe, dann es wurden andeie, lere komen,
die do girig vnd hungrig weren vnd in mer dann die fatten
peynigen wurden etc. £s !(t nit ein wunder, das ein folcher
man die Deutfchen mer durch tugent vnd freuntfchaflft an fleh
gezogen hat, dann mit dem fchwertt bezwungen. — Difer kaifer 5
Tiix riuh Nero dem Pilatus, den er gein Jlici ulalcui zu einem
pfleger des gannczen judifchen lannds gcfchickt vnd gcfaczt hett,
fchraib von Crifto vnd den dingen, die mit Chrilto durch die
Juden befchehen waren — nam Criitum auf für Got, vnd bracht
das an den romifchen fenat vnd wollt, das fie ine an- h als für 10
Got halten fultten. Es verdroCs den fenat, das man foUchs nit
sum erften an He gepracht hette, vnd wollten deshalb Criftum
nit aufnemen für Got, vnd dem nach wurden He auch veruolgen
vnd durchachten die, die CriTtum für Got hielten. Das verdrofa
den kaifer Tiberium vnd plaib auflf feinem fynn vnd droet den, 15
die Criftum rügten, verlickeit vnd verderbung ires lebens. Alfo
befchah den Romern, do fie difen milten herren, das ift Criftum,
nit >vüllten aufnemen, do inuften fie tyrannen vnd wutrich dulden,
wann derfeib Tyberius ward inen zu einem wuttrich vnd iiefs
inen als einen groffen wuttrich, als in die werlt ye gehabt hat, vnd 20
gab inen in zu einem herren, nemlich Gaium Caligulam etc. —
Zu einer kurczweil yhener, die gern von alten dingen hören
oder lefen, wil ich — wie wol ich vil notigers zu tun hett —
hie ein kurcx ftucklen oder drey melden von difer loblichen
Itat Neronberg in denen fie gleich als ein magfchafft oder ein 35
5 Ekkeh. 97, 29.
16 Bis hierher aus Ekkehard.
21 Vgl. Schatz behaller Blatt H6. Darumu wolt der roiuifch feoat
oder rat Criftum zum erften nit »uffhemen, dcim fie bedftaehte, Crifti» wer
villeicht fo hohferlig, daz er keinen gefellen leiden oder haben würde.
Darumb beforgten He, wo fie Criftum als einen Gott auffoemen, fo müüen
fie die ROderik eile — als es denn wer was — Tbergeben vnd laffen. Dz
was in fefawer. Wann fy wollen aller i^ouer Huld vnd gnad haben. Sy
gedachten — als ich meine nemen wir den für' Ioi auff, fo er/.ürnen wir
die andern all, durcli der gunü vnd gnad wir aller reich gewcltig vnd herren
find wordenn. Ein yeglicher gott hat nu fein volk vntterworfTea, dammb
füllen wir ynen allen danckper fein. Vtl find ftercker denn einer, darumb
ift belfer oder minder hofe, dz wir einen vbergeben vnd erzürnen, denn die
andern all, der fouii ilt, ailermeift fo wir yelz ir guntt vnd guttwiliigkeit
gugtn vn» gefehen ynd empfunden haben. Wer weift, wie der new gott
geraten würd. Man fagt, er lere vnd heifs, wann man einen an einen
backenn fchlahe, fo föll er den andern dar halten vnd föll ein . mit dem
wtderfacber fein vnd mit nyniant kriegen» funder wer mit einem kriegen vnd
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— 64 —
zu gehorung mit dem alten Rom hat. Das erft des namens
halb, dann ich fecz, das es war fey, das fie den namen von
dem Nero hab, fo hat (ie ein gefellfchaft vnd gemeinfchafit mit
Rom, die der Nero nach feinem namen Neropolim nennet, das
5 als Uli irt als -Neronburg, vnd wollt, das Rom zu ewigen zeiten
alfo genennt foUt werden, vnd alfo hat Neronberg den namen
von dem, nach dem Rom geneiit lullt fein worden. Das anncler,
das Neronberg \on dem gelchlecht gcrtifft vnd gepawen ift
worden, von dem Rom erhöht vnd vber alle werk gewirdigt ift
10 worden, das ift von dem gefchlecht der erften kaifern Julij vnd
Octauiani, vntter denen Octauianus, als er fterben follt, fprach,
er hett Rom von ziegelitainen gepawt funden, er liefs fie aber von
mermeUtain gepawt. Das dritt ift, das der ftiefter [von] Neronperg
zu Rom neben fannt Peters kirch auf einem roten hohen marmel*
15ftain, der einayniger fUin als höh ift als die kirch pifs an das
tach, vnd die Dewtfchen haiffen in die nadel, als begraben vnd
behalten ift, dann fein afciic ift dafelbend erhöht \nd zu eren
Ijehalten gcwefen, vnd ftet alfo daran gehawen: ^ Diuo Caefari
diui Juiij f. Augufto, Ti. Caefari diui Aiigiifti f. Augufto facriim«.
20 Alfo i(t diefelb wunderberlich faul dem kaifer Tibeho Neroni
vnd feinem vater Oetaniano Augufto von den alten Römern
geweiht gewefen nach haydeniffer weife. Das vierd, das Neron-
berg feines ftififters halb hat, das ift, das es magfchaffl: vnd gleich
als ein pruderfchaflt hat mit vil iteten in weyten vnd in nahen
35lannden, wann es hat ein pruderfchafft mit AugCpurg, das der
Tiberius Nero an das romifch reich gep rächt vnd nach feinem
vater Augufto Augultam genennt luu. Es hat pruderlchaiii uuL
Regenspurg, das nach feinem namen Tiberius Tiberina geaennt
im den rock netnen wotl, dem föl! er den mantel dar zu laffen. Bey ApoUinis
tempel vnd Ilerculis altar, bey dem ewigen fcür der Veste, bey dem aller-
gröften vnd heften guldinen capilolifchen Jupiter, dz wer gantr nit für vns
Wir würden in drt'ven iaren alles verlierenn, das wir mit groffen flreitten viui
arbeitten mer denn in fybenhundert iaren kaum haben mQgen erknegen.
AU« vnfer götter föUen vns vor dem Gott behtttten. Dt oder des gleichen
ift der weyfe rat der Römer gewefen. — Vgl. auch SchaUbehalter Blatt Bs'
und [über Caligula] ß I .
1 V<;1. SchatxbehaUer Blatt Fi' Über die »Bruderschaft« xwischcn
den PfArrkirchen.
5 Saeton, Nero 55.
II Ekkeb. 93, 28.
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— 65 —
ift. Es hat pruderfchaffi: mit Mencz, da nach ettüchen hiftorien,
befunder fant Albans, des Tiberius prüder, mit namen DrufuSi
begraben i(t, oder zum mynften fteet noch hewt bey tag .auf
fannt Jacobs perg, der ettwan der fchonperg gehaiffen hat, fein
grab fteyn als ein groffer turn, den man nit Vellen mag, vnd 5
heifst man in den Aichelftain. Swetonius fchreibt, das man
feinen leip gen Rom gefurt hat. — Neronperg hat pruderfchafft
mit den Iteten, die in dem gelobten land Ugen oder gelegen
Cint, als mit Tyberiade, die von dem Tiberio genennt ift worden,
zum mynnften des namens halb. Defshalben mit allen fieten» 10
die Cefaree haiffen, als die groffe ftat ettwan Cefarea Paleftine,
Cefarea Philipp!, von der wir in dem ewangelio lefen, vnd weihe
ftet Sebafte haiflen, als ettwan die grofs kuniglich (tat Samaria,
da die kunig vber Ifrabel regnierten, vnd die ward darnach dem
kaifer zu lieb Sebafte genennt, da fannt Johanns der tauffer vnd 15
Helizeus der pro})het etc. ettwan gelegen fein. Item es fint
groffe ftet hin vnd her nach difem Tiberio oder feinem vater
/AI lieb genennt worden, als Mazacha, die kuniglich haubtftat in
Capadocia, die Cefarea genenat ift worden, wann der Tiberius
vordert den kunig Archelaum gen Rom vnd behielt in mit guten 20
wortten da vnd macht aufs feinem reiche ein romifche provincz,
Cefarea oder Sebafte in Armenia, Cefaraugufta in Hifpania,
Auguftudun in Franckenreich, Nerling im Riefs etc.
NERO DÜAUCIVS AENOBARDVS.
Difer Nero was von der mutter von dem hochften vnd 25
edelften gefchlecht vnd hat vmb das fechczigft iar nach Grifts
gepurt vor vnd nach geregnirt vnd imperirt vber dreyzehen jare.
8 Vita *. Alban! martyrts bei Caaisius, Lect. antiqttae V, a, 648.
6 Siicton, Tib, 7.
9 Ekkeh. 96, 34.
10 Vgl. Atnbrosius-Josephus [Migne, Pairol. lat. XV], I, 35.
12 Ekkeh. 96, 3I.
17 Ekkeh. 96. 25.
23 Meisterlin [St. Chr. Illj 39.
S7 Ekk. 101, 5. Vgl. Schatzbehaher Blatt B3: . . . keyfer Nero,
der auch der böften menfchen einer gewefen ifi, der au(T Gottes erden mocht
fein, wie wo] er 7um erfien vaft gut W9» gewefen in den erften fttnff iaren,
als der keyfer Traianus von im fagt.
5
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— 66 —
In den elften funff jaren was er fo gut, das felns gleichen vntter
den kaifem kawm gewefen was. Aber dar nach verkert er fich
von tag zu tag vnd wart auch in aller bofsheit vnd in allem
mutwillen alfo verkert, das es ayn wunder ift, das menfchlich
5 natur alfo mag verkert werden. Es ift nit wol dauon ze reden
oder zu gedencken, was er vnd vor im fein .ohaym, das ift
feiner rautter prüder, mit namen Gaius Caligula — der auch
kaifer was bej vier jar — geftiflft vnd getan haben. Ich wü
davon hie nit fchreiben, dann mein fumemen ift nit, von dem
10 leben der kaifer ze fchreiben» funder allein die fchwäcs oder
gebrech, welcher kaifer de fein, anzaigen vnd zu erkennen geben,
das man in ettlicher mafs ein erkantnuss haben muge, zum
mynften der glidmafs halben, der antliczen der allergroften herren,
die in der weit ye gewefen fint, die Got der herre darvmb er-
15 hebt hat oder erhebt laüen werden zu fühcher grolTen macht,
das er fein macht in inen vnd durch fie erzaigte, die dann wol
dar inn erzaigt ift worden, das er fie wider fich vnd fein kirchen,
das ift die famlung der criftghiubiuen menfciien, fo lang hat
ftreyten vnd wüten laHen, vnd doch damit nichts haben fchatTen
20miigen, funder ye mer vnd mer ile die Criltenhait ze drucken
vnd ze tilgen vntterftanden haben, ye meer vnd meer fie ge»
wachfen, zugenomen, gefterckt vnd beueftigt vnd die tyrannen
zu fchanden fein worden. Vnder allen romifchen kaifem, die
fich wider Criftnm gefeczt haben, ift difer Nero der erft, das
25haubt vnd der anfang gewefen, der fein haut an cÜe furften
des criftenglaubens fant Peter vnd fant Pauls gelegt hat,
darvmb ift er eyns lelterliciieii fchentiichen tods Iclmell darnach
in demfelben jare, als er fie getott het, geftorben, wann er hat
fein hennde in fich felber kert, vnd alfo ift fein feele den teufein
30 vnd, als ettlich fprechen oder fchreiben, fein leib den woifen zu
tail worden. Doch vindt man gefchriben, das er von feiner
ammen Egloga vnd feiner concubin Actia fey in ein alts grab
der Domicien, von der gefchlecht er von dem vater Lucio Do-
micio Enobardo was, begraben worden. Aber die teufel haben
as Eick. loi, 52.
30 Ekk. 101, 58.
31 Suclon, Nero 50.
34 Jacob. Bergomas 108.
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— 67 -
vil gefpenfts vmb feinen leib getriben. Darnach i(t die lürch,
die man heifst Sanct Maria de populo dafelbft, da die pofen
geift ir gefpenft getriben haben, gebawt worden.*)
*) Am Rande: Vmb Jeff willen, das» uyu vvon ift, das N Urenberg von
dem Tiberio, der Nero hijiT, genennt fey alfs Neronberg, das mer mit dem
teutfchen concerdiert denn Nnriscus mons. fn wil ich hie etwas von >]rin
gefcblecht diff Nerons melden, wie wol er nit gemaynt wurt, funder der
Tiberitts Nero, fo ift er doch von deff felben TIberien Nerons gefcMecht
gewefen, wann fejm anherr mit namen Gertnanicus, der gar eyn tu^'enthaflf-
tiger kayfer was, der was deff kayfers Tibery prüder fiin, der Drufus hicff,
von dem vil aben in dem laiin gemeldt ift. V nd der Germanicus, der kayfer,
das ift Caefar, was «od «it Auguftus, der hei tu ayner bavffrawen delT kay^
fers Octaaians tiecbter (I) mit namen Agrippmam, der muter Julia, def Oc>
tauitn, tochlcr, was. So w <lffr Germanicis muter vnd Drufi hauffraw
Aiuhonia, des kayfers Octauunus khwefter tochter, die Octauia byff, vnd ir
valer was Marcos Anthonivs, der oweb deff erften kaTfers Jnlij nef was.
Alfo hani;t ir gefchlecht an eynander. Owch was deff Nerons mutcr dem
kayfer Claudio, der deff obgenennten Germanici, deff Nerons anherren,
prüder was vnd deff Drufi^ des Tiberij Nerouis pruderiun, vermahek, welcher
Clanditts ovch difen Neron sn aym fun nam vnd gab ym feyn tochter mit
namen Octauiam zu aynr haurfrowen. Also haben wir, wie der Nero
von dem ;,'efchlecbt ift gewefen der erften kayfer Gaij Julij vnd Octaiii-
anj Augiifii. Julius ist von dem gcfcbleebt gewefen Julij Procnlt, der
mit dem Rmnulo, der Rom gebawt hat, gen Rom zoh vnd ftifft der Jalier
gefcblecht Vnd der felb Proculus was deff Jiihj Proculi eniclin, der von
dem geichlecbt der lateynifchen kung was, die Siluij hijlfen vnd zu Alba
regnijrten, welches Alb der Römer matcr ^^ewefen ift. Deff eitern Juli}
Proculj vater oder anherr was Agrippa der kung zu Alb, vnd daf ich fpricli
vater oder anherr, das tu ich larvmb, denn es ift mir auff der gedechlnuff
entgangen, ob er deff Agrippes fun were oder feyns funs, der Aremulus hijff
vnd was awch kvng tu Alb nach feinem vater Agrippa. Deff Agrippes vater
was Tiherinus der kung, von dem die Tiber, die vor Albiila hijff, genennt
ift, wann er ertrauck dar inn Deff felben vater was Carpentus — vnd das
ich die gefchrifft kurci: wa (urbaff dUe buchfiaben: d. L v. w. ftend, fo lif:
deff felben vater was — des Carpentif vater was Capis, der die groff
howbtftat inn Campania geftifft oder gebawt hat mit namen Ca[)iiam.
Hie ift ze mercken, das ayn ftatt mag vil fach ires names haben oder man mag
mengerlay fach ires names fecsen oder achtel oder maynen, vnd die möchten all
oder das meerer tayl war feyn. Alfs Yfidorus in dem fllnfctenden buch ethi-
3 Vgl. Schattbehalter Blatt B6: Der keyfcr Nero griff fant Peter
vnd fant Pauls an, die auch von dem gefcblecht der Juden waren, vnd er
verlor als pald darnach in dem felben iar die ganlzenn werlt, aller werk
ere, gewalt, gunft, feinen leib, fein fei, fein leben, alfo das er im lelbs von
forcht wegen aufs verzweifliing fchentlichen fein leben name. Vnd ward fein
leyb - als etllich gefprochen haben — den wolfen vnd fein fei dem
teüfcl, wiewoU etllich fchreibenn, das fif auch mit feinem vnfeligcn
leyb lang zeit vil gefpennlts getnbenn vnd foliichen fchrecken den menlchen
gemacht haben, an der ftate, da yetto vnfer frawen kirch fteet mit namen
fanta Maria de populo. das nyemand dafelbs getorft ein oder avis geen tu
der pfort, die da bey fteet, wann die leClfel zerriffcn die leiit.
5*
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— 68 —
VESPASIANVS.
VespasianuSp der wol viitter die ftreitparften, kuenlten,
tapfertften vnd getrewften, ia auch tugenthafftigiften furften oder
kaifer, aufsgenomen den glauben — vnd das in Suetonius be-
fchuldigt, er (olle das gelt zu lieb luiLl iKtijcn — zu zelen
5 ilt, hat geimperirt nach dem fibcTK zigilten jare nach Grift gepurt,
vnd ift vun feiner ritterfchafft in dem gelobten lannt, da er von
kaiTer Nero gefantt wider die Juden ftiayt, gezwungen worden,
das er das kaiferthumb rauft annemen, dann wie pofs vnd ver>
kert fein herre, der Nero, was, fo was er Im doch trewe, wie
10 wol er auch feins lebens vor im nit fleher was, vnd als keiner
vnwirdiger was der kaiferlicher wirdickait dann Nero vnd keiner
wirdiger dann Vefpaflanus, fo (treyt doch keiner trewlicher für
den Nero, dann Vafpananus(l) vnd weeret fich auch keiner fo
trewlichen vnd fo warhaflüglichen der wirdickait als Vefjial'ianus.
15 O des trewen herczcn! Wer ine kannte, als ine dann bcfclireiben
der hiftorien fchreiber Jofei)hus vnd der haÜigft Egefippus, er
mocht ein groffe frewd haben, das er newr fein (igur fehen foüt.
luoiogiarum indem erften capitel von der gemeldten ftatt Capua ichreybt, das
ff von einem ftiffler Capi Capua geneniit tik, vnd fecst awcb, das etdid»
niaynen, fy hayff Capua a ca|)acitate, das ift von der begriffiliohayt, das fy
weyt bei^reyfft, wann alfs er Ichreybt, fo ift tye vnier die trey groften ftet
ge^elet gewefen, das feynt Rom vnd Kartago vnd Capua. Ettlicb haben
genaeyiit, es hayff Capua a Campis,^ ) dar vmb das es in aym freyen weytca
veld leyt, dar vmb das land darvmb Campania haylT, vnd wenn man fchön
darsu legt, das fy Capua hyff vom capat, das howbt hayffet, darvmb das
fy defT raben lands howbt ift gewefen* Dat mag alls war feyn, wann fy
liat die cygenfchafft alle gebebt, alfs man fchreybt. Alfo mag es nach mit
andern fielen levn Darvmb volgt es nit hernach: die ftai hat Iren namen
da her, dar vmb ift ander lach nit war etcet. — AufT da^ gefchlecht zu
kuroen: deff küngs Capu vater was Epitus, denn ettlich Egiptum fchreyben,
oder Atu^, deff felben vater was Alba, deff felben vater Latinus, d. f. v. was
Eneas, d. f, v, w. Siluius, deff felben vater was Eneas der groff Troicr et-
cetera Der junger Eneas, der zum erften genennt wurt, hyeff Eneas Siluius.
So hyelTfeyn vater SUnias Pofthunras, darvmb dat er nach dem tod feynes vatera
geborn was vnd was deff Afchanij oder Juli von demdie julij den naroen
haben alf«» man (chreybt vnd Virgilius fpricht: Julius a nui;;no demissum
nomen Julo — prüder etc. Eneas der eher wa» der nauthaffiig Troier, den
der Virgilius den Römern vnd befunder dem Octauian, der kayfer was, da
vnfer herr geborn ward, zu lieb — der der Julier halb von feyni gefchlecht
was — fo vefi lobt, von welbeni tnea leyn buch Eneidorum den namen hat,
vnd man hayffet auch Rom nach ym Eneaden. Eneas was delT küngs von
3 Suelon, Vespasian i6.
6 Ekk 102,27. .Ambrosius-Jofcphus lV,a6.
f) Servius ad Aeneida X, 145.
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— 69 —
Er hat fchiei pey zelien jaren imperirt. Sein rittedchafft be-
dacht, das es nach Neronis tode in dem romifchen reich fo
vbel vnd forglichen ftund, wann es wurden in annderthalbem
jare drey oder fchir vier kaifer Galba Seruius, Pifo, Otto, Aulus
Vitellius. Der Ott hett Galbam vnd feinen sugenomen fim 5
Pifonem getott, vnd da fein beere von den Vitellianem vber>
wunden was, da tötet er fleh felbs, vnd Vitellius was ein rarster
oder fpieler, ein frafs vnd ein trunckenpolt. So hett der Nero
vil reich vnd lennder erzürnet vnd bewegt mit feinem fchent-
lichen wefen vnd wuterej. Alfo ftund es gar verlieh vmb das 10
romifch reich. Dar vmb ftunden die alten ritter vmb den
VefpaHan auch mit gewappenter hant vnd mit fchwertten, vnd
droeten ine zu toten, er wolte dann leben, als er wirdig were,
das itt als ein kaifer. Alfo wart er genottet zu kaiferlichem
Troien, der Priamvs hyilT, ayden, wann er het feyn tochter mit namen Treu ' im,
vnd feyn vater was Anchifes. Deff felben Anchifcs vater hyff auch C,l[ ; ,
d. f V. w. Affaracus, d.- f v. was Tros, von dem Troia vnd die Troier ge-
nennt ftfut. DefT Troii vater ift Erietottint gewefen, deflTdbcn vater was
Dardann*, von dem die Troier Dardaoide geaennt werden. Deff Dardanj vater
ift Jnpiter — alfsman (Vhrevbt fjewefen. So wns feyn mutcr Electra, deff Ath-
lanten tochtcr, der owclt Jupiters tun wa&. Jupiters vater was Satumus, vber
den die hayderchea hiftorien in den geTcUeclileik an rechnen ntt leycht knmen,
«larvmb das fy den adel von fcynen funen, dem Neptuno und aller meerft
von dem Jupiter rechnen, den die h;u'fi«>fchen poeten aller gott vnd mcnfchcn
valter nennen Elthch fchreyben, leyu vater hab Celius gehayffen, Nemroths
enielin. Ich IsfT hy beleyben. * Nach der hayligen gefchriflt hat Nemroth
angeuangen ze herrfchenn. deff vater Cliu. war, Chams fun. Cham was Noet
fun Noes Vater was I^amech, der lang mit dem Adam gelebt halt La-
roechs vater was Matufalem, deff feiben vater Enoch, der noch leben foU
in dem pnradeyf, von dem alle nenfchen knmen feynt, die nach der fmitlütt
ye geboren feynt. £nochs vater was Jareth, deff 'rl'x'n vater Malalehel,
d. f v. w. Cainan, d. f. v. w. Enos, d. f. v. w. Seth, Adams, deff erften
menfchtn fnn.
I Vgl. .Schattbehalter A6: Aber fo ine die hanbtlettt feiner rittet^
fchalTt n;uh des keyrers Nerons tnd -wanden, fich des keyfcrthnm!! ^cunttcr-
winden wider den Aulum UitelUum, der ein bub, fpiler, firafs vnd ein grolfer
faufler vnd trunckenbolt wa» — den das heer yn Pranckreich tn einem
keyfer auffgeworffen het, darab emp6eng die nit ritterfehafft - die bey
Vefpanano vnd mit ym vor lang her komen was vnd vil arhait für das
romifch reich gehabt betten - einen verdrufs, daz ein föllicher vnnützer
bub folt auflgeworfen werden, fo (le doch einen nfltxen, ftrettbera, tngcnthaflT-
tigen haubtman vntter ine hellen, vnd zwangen yn mit fchweitem, das
keyfertuiiib anrenem(?n.
7 Kkk. to2, 15 multu sevitia ceterisque vitiis notabilis, manime
ingluvie et voracitate. quippe qui de die quarto vel quinto sepe fertur epulatua.
la Ambrosins-Joäeplms IV, 36: rdnclMtem armnti circvmnstnntgladüi«
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— 70 —
ftant, vnd als dermitiglichen er fich fein geweret hett, aUo tugent-
liehen vnd freuntlichen regirt er.
TITVS.
Difer kaifer Titus hat vmb das achczigift iare nach Grift
5gepurt bey swaien jaren geregnirt. Difer Titus ift auch vntter
allen haidenifchen kaifern der allerpeften einer gewefen vnd fo
gut, das er genennt ward die lieb vnd wollult menfchlichs gc-
rrhleclits Er was inilt vnd verfagt nvfmants irhts. F> was
kun, Itreitpar vnd manlich. Er ift der, der Jherulalern gewannen
10 vnd die Juden, der, als Jofephus meint, bey fibenhundert taufent
vnd zwainczig mal hundert taufet 2U Jherufalem in den o(ter>
liehen zeiten gefcheczt wurden, vberwunden bat, vnd hett den
tempel aufs der maflen gern behalten, aber fein rittere zuntten
in an wider feinen willen. Er fchray vnd dewtet, man follt
15 retten vnd lefchen. Es erhub Hch aber ein folich grewlich vnd
jemerlich gefchray vnd hewien in der ftat, das man' ine nit
boren inocht. Wer von icincni vnd feines vaters Vefpaliani
grolTeni lol)e wiiTen wolle, der lefe Suetonium von dem leben
der kailer vnd Julephum de bello Judaico von dem dritten puch
20 an vnd Kgefippum von dem andern buch an durch die vier
pucber aufs. Da vindt man fo groffc ding von wortten vnd von
wercken, auch von leiden, als in allen hiftorien, die in der weit
befchehen feint.
DOMICIANVS.
Difer Domicianus hat geregniert nach leinem prüder Tilum
XV jare, hat augefangen vmb das zwaj vnd achczigift jare nach
7 amor ac delictae geseris humam. Sueton, Titos i. Vgl. Schatz-
behaUer Bl. B 6': . . . das man ine di« liebe vnd die woUttft des menfchlicheD
gefchlechtes nennet.
14 Ambrotins^Josephus V, 42: Clamor quoque antversoram ^ortoa,
. . . . [Caesar] te proripiens, quanta poterat voce, restingoi ignei iubebat.
Nuui tarnen et manii Titns revocabat, quos poterat, mandabat aliqnibu», nt
inhiberent impetus militum.
20 Er hatte wohl antser der im vorstehenden citierten Ambrosius«
bearbeileng des Jose|)hus, die als Hegesippus ging, auch die wörtitehe
Übersetzung des Kufinus vor ?ich. Breite Üljer- t t: im;_'en aus Ambrosius-
Joscphus V, 17. 18. 41. 46 im hchatzbehalter Blatt 805' tT.; vergl. auch
As' und V6'.
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— 71 —
vnfers Herren gepurt vnd regniert pifs auf das fechs vnd newn-
czigift iare. Er hat fannt Juhannfen, den evangelifteni in das
elend in die infei Pathmos heiffen fchicken, wenn er ift der
annder vnder den kaifem gewefen, der die Criften veniolgt hat,
wann er gepot, das man in herre vnd Got nennen vnd fchrdben 5
foUt. Er durchechtet in fiinderhait vnfers herren nachgepome
freund vnd die von herre Davids gefchlecht waren, als lang bifs
er von den enicklen fannt Jude Thatei, der vnuierni licncn
nach der menfcheit zu gehört vnd fant Jacobs des mynnem, der
vnnfers herren bruder genennt ift, bruder was, vntterwifen 10
ward, das He ainfeltig pawers lewt waren. £r ift gar ein iup«
tiler fchucz gewefen, vnd hat die I eutfchen in der iugent ge-
demütigt, Vnd nach dem als fant Johanns» der zwelfpot vnd
ewangelift, nach gehails vnd gebot Domidani in das (idend ol
geworffen ward, darauf s er doch vnuerfert ging, do vorcht (ich 15
Domicianus vnd verwundert fich deffelben zaichens halb vnd
hielt fant Johannfen in eren. Aber feyt das ine die hoffart alfo
befelTen hett, das er felbs für Got wolt gehalten werden vnd
hiefs fant Johannfen in das elend fennden, do kam in nach
demfelben ein foliche forg feins lebens an, das er ftets in argwon, 20
a Eick. t03, 3«
6 Jac Bergom. 112: Eos qvoqae, qm de genere Daind faerant,
ubique exquiri et inicrfici precepit.
II Saeton, Domitian 19: Armorum nuUo, sagittarum vel praecipuo
itttdio tcnebmtnr.
13 Vgl. Seh«tsbelialterB]attB6't Vnd das du dx noch mer mercken
mU(;e(l, Domicianus der keyfer, der auch VefpaHanus fun vnd Titus bruder
was vnd vmb feins vatters vnd bruders willen fo werde vnd lieb gehalten,
das er keyfer ward, da er fant Johannfen, den geliebten iunger, angriffe vnd
yne in das fiedend Öl werffen vnd in das dlend verfehickea liels, da fiel ar
alfspald in vnn;tinft der menfchen vnd zuuoran Gottes des herm, vn^ 1<am
in ein folliche graufame vorcht vnd forg feins lebens, dz er ficli nyendert
fieher wefte. Darumb er auch die wend in den gepewen, in den er fpazyeret,
mit den fteinen, die man frigites oder fingites, als ettlich fchreiben, nennt,
vntterfetzen Hefs, das er in inen fehern mncht, was hiuder im befcheh.
Vnd yn follichen forgen vnd angftenn belyb er, bis er in dem felben iar, in
dem er fant Johannfen den ewangeliftan in dax eilend gefendt hett, er-
fchlai,fen ward, vnd alles, das er geordnet, gebotten vnd gewölt hat, dz ward
durch ein gemein vrteil des r'iinifchen rals hinder ftch getriben vnd feine
biid vod Wappen ernyder geworffen, lein titel vnd nam abgetilgt vnd au(s
gehawen, das er nit altein die herfcbafil vnd da« leben, fnnder auch den
namen verlüre, als der der nit wirdig were. dz man fein fölt gedencken,
wann er I\ett ein weil in funderheit die durchechtet, die von vnnfers herren
gefchlecht warenn.
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— 72 — .
in vorcht vnd veraweifelung ftuod. Defshalben hieis er die
wennde, da er pflag zu fpaciren, mit dem ftain, den man Phri-
giten oder Fingiten nennt, befeczen, das er in demfoiben als in
fpiegeln fehe, was binder im befchehe. In foiichen angften
Sftund er, bifs er durch gunft des romifchen fenats vmb kam.
Welcher fenat ine auch nach feinem tode alfo fmehet, das de
fein pild vnd fchilt, die er allein von gold oder von filber vnd
in tiiercklicliein «^roilVti gewicht mkI fwere wollt haben, Heffen
vnd hiclYen wider die erden wcrffen feinen tittel ahtilgcn,
10 vnd was er geboten vnd geleczt hett, hiiittcr lich treiben etc.
Alfo ging es dem anndem veruolger vnd durchechter Crifti etc.
TRAIANVS.
Ulpius Crinitus Traianus, der vntter allen liaidenifrhcn
romifrhen kaifern der u^erediteft viul tugentliaütigift geweft ift,
15 hat geregniert pey newnczchen jaren vnd hat vmb das hunderft
jar nach Crifti gepurt angefangen. Er hat fich auch nach den
Teutfchen oder von den Tewtfchen, die er hie diilet des Reins
vberwunden hat, genennt, als man auf difem fwacz oder geprech
— wer es lefen kan — ficht. Er tft feines vorfarens, mit namen
20Nertte, gar eines frumen kaifers, zu genomener fun gewefen,
von welchem vnd nach dem er Och auch Neruam genennt hat.
Darvmb fteet hie auf difem fwacz oder geprech: »Nerua Traia-
nus Germanicus'c, oder wu man e«; nacii unlenung willen ze-
lefen, fo fteet es alfo: ^Impeiatur Caefar Nerua Traianus
.25Auguftus Germanicusc. An dem andern ort: »tribunicie pote>
statis consul bis pater patrie.;; Aber dife wort fteen nit ganz
da, fander vntterweilen ein fllb, vnderweilen ein ayniger buch*
ftab für ein gancz wort etc., vnd aufs difer vnderweifung mag
man die andern geprech auch lernen lefen. Difer kaifer Trai-
SOanus ift zu Coln erweit worden vnd ift von Hifpanlen purtig
gewefen vnd ift nach dem Octauiano, vnder dem Cridtus geborn
ift worden, keiner dem romifchen reich fo erlich vnd nucz ge-
wefen als er. Er ift fo milt vnd mitfam gewefen, das er mit
2 Sueton, Domitan 14.
6 Sueton, Domiliau 23.
19 Ekkelu 103, 44.
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— 73 —
yedermann freuntlichen redeti vnd da er darvtnb — das er (ich
den lewten fo gemain machet — geftraift ward, do anttwurt er
vnd fprach er alfo: »Ein kaifer fol Hch gegen feinen vnttertanen
halten, als er wolte, ob er ein vnttertan wer, das fleh ein keifer
gegen im hielt« etc. Difen Traianum hat fant Gregorius mit 5
feinem gebcte auis der pein der helle erbeten vnd erledigt.
ADRIAN VS.
Difer kaifer Adiianus, ein neue oder nifteln Tun des kaifers
Traiani, hat geregnirt vmb das hunderft vnd zwenczigift jar nach
Grift gepurt vnd hat mer dann zwenczig jar geregniert. Er hat 10
die Juden zum leczften vberwunden vnd zertrennt durch die
werlt. Er hat Jherufalem zerilaiflft vnd wider gcpawt vnd nach
feinem namen Helyam genennt, wann er hiefs Helius Adrian us,
vnd hat fic den Juden verboten vnd den CruLcii ciiaubt vnd
gegundi, wann er was zum erfteri den Criften gunftig. Aber 15
er ward darnach von den pfaiieji der abtgotter verkert vnd er-
fchreckt, das er die Crilten durchechten vnd vervolgen muft.
Darvmb Cind vil vntter im gemarttert worden. Er was zu mal
fynnreich vnd wohlgelert vnd behennd ze tichten vnd den tichtern
mit getichten vnbedacht ze anttwurten, als ob er darauf gelemet 20
vnd getichtet hett.
TITVS ANTONIN VS PIVS.
l>ifer kaiter Titus Anthoninus der millt hat geregniert vmb
das hunderft vnd virc/ii;jrt jare nach Crift gepurt vber zwev vnd
zwenczig jare mit feinen funen Marco Anthonino vnd Lucio 25
Comodo. Er hat den zu namen der miltickeit mit den wercken
gehabt, wann er i(t ganncz tugenthafft gewefen» nach bürgerlichen
5 Ekkeh. 152,22
10 Ekkeh. 104,34 Martin. Polon 153. J«c Beryom. 114b.
14 Vgl. Schatcbelialter Blatt A6: Melius Adriauus, [der] die Juden
zum letften fjantz demmet vnd die ftat Jherusalem zerfchlaift vnd anderwertt
bawet vnd nach feinem namen Heliam nennt vnd den Juden xu ewigen
a«iten verbott vnd den Criftca erlaubt
15 Martintit Polonns 156.
18 Ekkehard 104,25
Martinus Folonus 156
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— 74 —
tugenden, die man kriechifch politicas nennet, zu rechnen. £r
tailct die fchecze vntter die gemainde vnd gab die für fie aufs.
£r Uefs den fchuldnero ir fchuld varen vnd die fchultbrief ver-
prennen. Er fprach, er wolt nach dem ebenpild Scipionis lieber
Seinen burger behalten, dann taufent veinde erflagen. Er zoh
vü werlt an (ich durch fein demutigkeit, tugent vnd gerechttckait.
Er was auch den Criften gnedig vnd gutig. Er was def kaifers
Adriani tocliter man oder aidem vnd zugenomencr Ion. Er
was ein grofier philolophus etc.
10 MARCVS AVRELIVS ANTONINVS.
Difer Marcus Aurelius Anthoninus, ein zugenomcner Tun
des vorgenanlen milten Anthonini, hat geregniert vinb das hun-
dertft vnd fechzigift jar nach der gepnrt Crifti mit feinem prüder
vnd darnach mit feinem fon, die baide Lucij Comodi genant
15 waren, bey flbemcehen jaren. Er i£t gar ein tapferer, ernft-
hafftiger, gütiger vnd milter kaifer gewefen, vnd ee dann er die
lender vnd die gemain hat wollen befchwaren, ee hat er feine
vnd feiner geniaheln gezird vnd cleinot, ja auch feinen haufs-
rat angegritfen vnd verkautTt. Kr hat den lendern die gult oder
20zinfe laffen varen, er hat die gefclirifTt des gelts, das man im
oder dem kailerlichen feckel — den man fiscum nennet, von
dem der nam fiscal kernt — verfallen was, offennlich auf dem
marckt verprennen laffen. Er hat auch die Deutfchen vnd vil
andere gefchlecht gluckfaliglichen vberwunden etc.
25 ANTHONINVS.
Der Antboninen fein vil gewefen, nemlich Titus Anthoninus
Pius, Marcus Anthoninus Verus, Lucius Anthoninus, Anthoninus
Caracalla, Marcus Aurdius Anthoninus f'liogabalus. In den
kaiferlichcn rechten wart Anthoninus offt gefeczt. \cc/. mit dem
30 kaifer Scucro Pertinacc, yecz allein, vnd derfell) Anthoninus.
der mit dem Seuero gefeczt wurt, ift der Anthoninus Caracalla,
i8 Jac Bergom* 117
20 fi&cali im quoque titnloram montimenta in foro congesta concre»
m«ri iussit Jac. Berg. 1. c.
a4 svoiiBa com felicitate. Jac. Berg. I. c
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— 75 —
wann er ift Seueri Tun gewefen. Dcrfelb Anthoninus Caracnlla
hat geregnirt vmb das zweifaunderft vnd zebendft jar nach Grifts
gepuit vnd hat geregiert (Iben jare. So hat Marcus Aurelius
Anthoninus Eliogabalus regniert drey jare vnd nach Grift gepurt
vmb das zveyhunderft vnd achczehendft jar. 5
FAVSTINA AVGVSTA.
Faultina Augufta, Anthnnini Pij ex Fauftina Adriani filia
filia, Marci Anthoninj Pij vxor, qui adoptiuus filius fuit Tili An-
thonini Pij. Lege de ea LXXXXVI. capitulo Johannis Bocacij
de iUuftribtts mulieribus. Von der kaiferin Fauftina fchreibt man, 10
das ir grofler eer erboten ward, denn vor ir kainer kaiferin ye
erboten was worden, wann ob man andere kaiferin, die von
kaiferlichem gefchlecht waren oder kaifer betten, Auguftas, das
heifst man ze deutfch merer(e)in des romifchen reichs nannt, fo
fpricht doch Johannes Boccacij, das er nit funden hat, das aufs 15
gehail's oder ordcnung des romifchen tenats ayner anndern \or
ir der nani gegeben fey worden, das fie als dife ditia augufta
— das als vil ift als die himelifch oder gotlich meererin des
romifchen reichs — genennt fey worden. Da merck ayns, was
gewalt vnd gluck vermag, das ein bubin, ein eeprecherin folich 20
eer empfahen fol. Vil haiHger juncfrawen feint zu denfelben
Zeiten dar vmb, das (le der warheit anhiengen vnd den waren
Got erkennten vnd fein veriahen, bubyn vnd vnendlich gefcheczt
vnd geachtet worden, vnd dife hayden3m, die ein folche fcham-
pere bubin was, das fie vber annder vil eeprecher auch iren 25
aydcn /u lietT vnd ward dennocht nit gelettigt, funder fie wart
gleich wütend viui fych von licbj, die fie von einem fcbirnier
empfangen liet. Das hindert fie alles nichts an der weit eer
Wer kund gnug wegen, wie vngleirli vnd vngerecht dife torate
wcrlt in yren vrtailen fey, vnd das du dich meer verwunderft, 30
dife bubin ift nach irem tode zu gebete vnd zu lieb ires mannes,
dem fie doch die eelich trewe nit gehalten hett, durch ordenung
des romifchen fenats zu einer gottin geweiht vnd erhöht worden,
vnd der kaifer hat ir einen fchonen tempel gepawt vnd pild
2ö atuDt eam ^ladiatorem (juendam adeo amüMe, ut ob desiderium
ein» Incurreret ftegritudinen fere letalem.
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— 76 —
aufgericht vnd juncfrawen, die ir priol'teriii follten fein vnd Fau-
ftiniane Ibiiten iiaiiTen, zu gewidemet. Sih, was der Haiden gots
dinft fey gewel'en. Dife kaiferin Fauftina ift fo aufs der maffen
fchon gewefen, das man ir gebrege in gold vnd in filber vnd
5 in er, als Boccacius fchreibt» gedruckt bat, vnd wie wol man in
denfelben die Ueplicbait ires angeHchts vnd die liechten frifchen
varb vnd ir geberde nit mercken mag, fo merckt man doch ein
wenig die gelidmafs. Aber als fchon (ie gewefen ift, als vnlawtter
ift fie worden. Sie hat mit vilen zugehalten, vnd ilt ir man fo
10 gutig gewefen, da luan im riet, er follt fie toten oder, das
nienfchlicher wer, von yni ichaiden, da.anttwurt er, man muft
den haulYrawen, wann * man fie Ichied, die morgengab wider
geben. Vnd wollt da pey zuuerften geben, das er durch fie zu
dem reich oder kaiferthumb komen were, vnd duldet ir vntugend
15 vnd eepruch, wie wee es im tet. Man lifet ein abentewer von
ir, die vindt man in dem Boccacio.
LVCIVS AVRELIVS COMODVS.
Difer Lucius Aurelius Comodus hat mit feinem vater Marco
Anthonino Vero, der des milten vnd gutigen Anthonini aydem
20 vnd zu gewunfchter fun was, geregiert vnd nach deffelben feines
vaters tode hat er dannoch pey dreyczehen iaren geregniert, vnd
das ift geweft nach Grifts gepurt vmb das hunderfl vnd fieben-
czigft oder vmb das hunderft vnd achczigift iare. Man haifst in
incomodum Comodum vmb feins bofcn lebens willen, das er go-
25 furt hat, vnd er ift durch ftifflun^ feiner concubin oder zu weibs
erwürgt vnd vom leben zum tode pracht worden.
AVREl-lVS SEVERVS ALEXANDER.
Difer kaifer Alexander hat geregniert vmb die zeit, als
man gezelt hat nurh Criiti gepurt zwc) iiundert vnd viervnd
5 in quibtttj etsi oris habitutf oculorum molus, color vividns
et liil iritas faciei desint, itlud [sc. decusj Urnen liniamenta testantur per-
maximum.
34 Ekk. 105,68.
25 Ekk. 105,54.
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— 77 —
zwenczig iare vnd i(t ein weiter ftreitparer junger tnan gewefen,
wann die mechtigen Periler, von denen ettwan der grofs Ale-
xander vierczehen taufent mal taufent mann erftagen tiette, ee
er fie vberwant, die hat difer Alexander auch herlichen vber-
wundcn. Kr hat die Criften durchechtet, aber als es geacht 5
wirdet, nit von hcrczen, funder mer aufs \ orcht der Romer vnd
abgotereier, das ift derer, die als einen grollen ernnft zu der ab-
goterej hetten, wann fein mutter mit namen Mamea, die was
gar ein geflilTene andechtige Criftnyn. Vnd er wirt in funder-
bait in den hiüorien gelobt, das er (ich gar miltiglich vnd f rennt- 10
lieh gegen ir gehalten hab. Einer fchreibt, He fey von im ge-
tott worden, aber derfelb velt oflt in feiner cronick etc. Der
felb Alexander hat den kunigen von India entboten, das fie
denen von Ediffa fant Thomas leib fchickten. Er hat vil kaifer.
lichcr gclccz geniarlit Difer romifch kailer Alexander hatnieerl5
lannds vnder im gehabt, als dann andere kailer ^ »n dein erften
kaifer Gayo Julio bils auff die zeit Juftiniani, denii der giofs
Alexander Er hat Vlpianum, den gelerten in kaiierlichen rechten,
zu einem beylitzer vnd feczer gehabt vnd hat vil biilicher
rechter gefecz gefeczt« als man vindet in codice Juftiniano, vnd 20
ift zum leczften zu Mencz durch die aufrur der ritterfchaflt umb-
komen, do er dreyczehen jare geregniert hett etc.
GORDIANVS.
Difer kaifer Gordianus hat imperirt vmb das zweyhanderft
vnd vierczigift jare nach Grift gepurt fechs jare. Er hat vil ge- 25
fecz gemacht, als man in kaiferlichen rechten feinen namen offt
vindet in codice Juftiniano. Von im hat kaifer Claudius, des
kaifers Conftantini vranlierre, einen vrlprung.
I Jac. Berg. 119.
8 Jac. Berg. 119b: es Mammea matre chrisiiana Rome generalus;
ISO: Matntnea Alexandri imperatorb mater christiaikissima.
II Martinas Polonus 169.
13 Martinus I'olrnus I. c.
18 a»$essorein Ulpianum iuris coudUoreu babuit. Martinus Polonus 16&.
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— 78 —
PFILIPPVS.
Der kaifer Philippus hat geimperirt vmb das üben vnd
virczigift vnd swaihunderlt jare nach Grift gepurt» vnd hat feinen
fun Philippuiti za einem mitgenofTen gi nomen zu imperiren, vnd
5 fein paide CrilLcn gewefen vnd vntter allen romifchen kaifern
die erften vnd feint zum glawben bekert worden durch fant
Poncium, der ayns fenators fun was, mit namen Marcus. Sein
mutler hie Ts Julia. Da in die felb in irem leib trug vnd auf
ein zeit die tempel der abgoter befucht mit dem mann vnd
10 opfert inen, da fie kam in des Jupiters tempel, da ftund der
priefter vor dem altar mit einem tuch gepunden vmb das haubt
vnd mit einer hawben als ein bifchof hut auf dem hawbt, vnd
ward mit einem warfagenden geift begriffen vnd rayfs die haubt-
pinden mit dem bifchofshut mit vngeftumickait von dem köpf
15 vnd ving an grewlichen zu fchreyen, das man es durc.li den
tempel boret: »Difs weib trej^^t den in irem leib, der difen
groffen tempel des Jupiters der nider werflfen vnd zerftorcn
wirt*,<i: vnd vor zorn ze rilfe er den bifchof hut zu deinen drumern.
Vnd da er nit auff höret ze toben vnd der gleichen zu fchreyen,
20 da erplichen vnd forchten fleh Marcus vnd Julia vnd fluhen zum
tempel aufs In ein hawfs, das in der nehi was, vnd die Julia
nam einen (tain vnd fchlug Hch mit auf den pauch vnd in die
feyten vnd fprach: »Wellte Got, das ich in nye empfangen hette,
durch den der grofs tempel vnd fein Gott vmbkert follen werden.
25 Es ilt pelTer, das ich mit im Verderb. ■: Da l'ie aber i,clag vnd
niaynet, das kint l'ollt in irem leib tot lein, da gej)ar fie ein
fchones kint on alle geprechen. Da wollt fie es noch getott
haben, aber der vater weret ir vnd fprach: »Laffe es leben.
Wil der Jupiter fich rechen von feinem veind, fo tu ers. Es
30befchehe von uns nit, das wir die hennd an in legen.« Sie be>
hielten das kint vnd nennten es nach irem gefchlecht Poncium
vnd fürten yn nye in e[i]ncherlay tempel. Wie es im aber gieng,
da s] lefen wir da wol in feiner legend, die fchon ift. Es fey
2 Ekk. 108,5.
7 Vita s. Ponlü AA. SS. Mai 111,274
la v«1ato capite infulatus.
13 appreiidens velamen simul et infulain.
20 Marcus et Julia exsangucs fu^iunt.
25 vnd maynet - tot fein Zulau.
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- 79 —
hie gnug gemeldt, das das betchah, das von dem priefter war-
gefagt was worden. Er bekeret die zwen kaifer vnd pracht fle
darzu, das de die hailligen tauff von fant Fabian dem pabft
empfingen, vnd derfelb Fabian vnd Pondus zerprachen vnd zer-
warffen oder zerfchlugcn die abtgoter alle des groffen tenipels vnd 5
warffen den tempel deniyder vnd zerftorten in zu gnind, vnd
vil volcks kam /.um glauben vnd wart getaufft. Zu den Zeiten
difer zwaier kaifer begegnet das taulenft jare, das Rom'gepavvcn
was worden* Das felb jar ward herlicben vnd mit groffen
frewden vnd opfern vnd fpilen vnd hochzeiten begangen. Der 10
junger Philipps was fo ein emnfUich menfch, das jn nach dem
als er fechs jar, behallt ich es recht, alt was worden, kain
menfch, auch fpilleut oder gauffmenner, mochten lachen machen,
funder er ward auch gemerckt, das er feinen vater, da er yn
einem offen fpil ynnicklichen lachet, vber zwerch vnd fawer an 15
fach, gleich als er bedewten wollte, es [gehöret kaiferlicher
maieltat nit zu, fo kintlichen oder leichtferttii^lit heri lachen. Er
hat die kailerlichen fchecz dem babft für die Criften gegeben.
Der kaifer Philippus hat auch vil gefacz gemacht, dar vmb er
auch oflft in den kaiferlichen rechten genennt wirt. Er imperirt20
üben jare.
GALIENVS.
Difer Galienus hat mit feinem vater Valeriano pey funf-
zehen jaren geregniert nach Crilts gepurt zweihundert vnd fechs 25
vnd funffczig jare. Sein vater Valerianus was im anfang gar
gunitig den Cri(ten, aber er ward durch einen sauberer verkert
vnd zu durchechtung bewegt, vnd do er die Criften veruolget,
do gewan im der kunig von Perfien Mefopotamiam vnd vil
andere lender an. Er was von den herren, die in deutfchen
lannden im Riefs vnd auff dem Norkaw waren, erwelet, vnd
4 Vita p 276.
7 Ekk. 108,10.
10 Bkk. 108,13: Hie adeo severi fuit animi, at Um a quinquenii
etate nullo ctiiusquain commento a i ri iendiim solvi potiierit patrem'jtie
ludis secularibiu petulanüus cachinnantcm, licel adhuc puer, viütu aversato
notavtfit-
17 Marttnus Polontts 173.
24 Jac. Bergotn. 122.
sS Ekk 109,1 Jac. Bergom 1. c.
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fein fun ward zu Rom von dem fenat kaifer genennt. Do er
nach der durchechtung der Criften wider den kunig von PerHe
zoh, do lag lag fein heer nider vnd er ward lebendig gefangen,
vnd ward uon dem kunig der Perfier alfo verdambt, das er ine
Sauf feinem rugken auf das pferd muft heben zu fchanden der
romifchen kaiferlichen maieftat. Davon erfchrack difer fein fun
Galienus, dasr*die abgoter feinen vater, der für fie gefochten
vnd Criftum veruolgt hett, fo vbel belont hettcn. vnd keret fich
\on der vcruolguug vnd gebot, das man nit meer die Criften
10 martern oder toten folte, funder man foUe einen iglichen lalTen
glauben, als er wolte etc.
PROBVS.
Keyfer Probus hat geregniert bej fechs jaren nach Grifts
ISgepurt vmb das zweihundertfth vnd acht vnd übenczigift iare.
Er hat vH nahent geporner freunde in dem Criften glauben ge-
habt, das man dann mag mercken aufs dem, das fein prüder,
mit namen Dometius, ein bilchüt" /u Uiiancz geweft ift, welchs
Rifamv, dann darnacli pald von dem kaifcr Conftantino gepawet
20 vnd erhöhet \ nd von feinem namen ("onftantino Conltantinopel
genennt ift worden. Nach dem Dometio, der dann vier vnd
zwenczig jare bifchof was, ward lein fun mit namen Probus
bilchof, zwelf jare nach demfelben Probo ward fein prüder
Metrophanes, auch des Domecij fun, bifchof vnd belaib bifs auff
25 die zeit des kaifers Conftantini.
CARVS.
Difer kaifer Karus hat vmb (ias zweyhunderft vnd viervnd-
achrzigift jar nach Crifti gepurt regniert bey zwaien jaren mit
leinen funen Carino vnd Numeriano. Er hett die Crabaten vnd
i8 Vgl. AA. SS. jum 1,384.
27 Martmus Polnmts' 1^0.
29 Crabaten- Jac. Bergum. 125: in Mesopotainiam accessit et Chrara
vrben ceplt indeque in Perfas progrediens.
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— 81 —
die Pcrlicr vberwunden, vnd fchlug in der ])licz zu tod. Nume-
rianus was ein groffer durchechter der Crilten vnd ward von
feinem fwreher getott. Carinus ward in einem ftreit vberwunden
vnd ertott.
DIOCLECIANVS. 5
Difer kaifer Dyoclecianus hat geregniert zwennczig jare
vmb das zweyhunderft vnd fil>en vnd achczigift iar nach Grift
gepurt. Ein zu rede zum Dyocleciano: O kaifer Dyocieciane,
wie lautprecht ift dein nam, nach dem als vom Dioclete oder
Diocles Dyoclecianus ift worden 1 Wie clar vnd wie weitlautend 10
ift dein nam durch die weiten werlt worden, Wider wie eynen
mechtigen kaifer halt du dich gefeczt, dem du fouil vnzeUicher
taufent ritter, do du fie im abfpannen wolteft, zu gefchickt 'haft!
Wie offt piftu von den kindem vberwunden worden, wie dick
piftu von den jtincfrewlin dess, den du für nichte gehalten haft, 15
befchcmt worden I Vnd der du die ganczcn werlt vberwunden
vnd bezwungen haft, der du vil mechtiger tyrannen durch dich
vnd dem ^cieilen, die fich wider das romifch reich erhebt hetten,
beftritten, vberwunden vnd vntter deiner gewalt gepracht hetteft,
mochteft dich oit eins armen gecreuczigten geftorben erweren, 20
des kirchen du vmb vnd vmb hieffeft emider werffen, des bucher
du hielTeit verprennen, des diener du luefreft vmb vnd vmb er-
fttchen, vnd verhieffeft ir habe vnd guter denen, die He ver-
rieten, vnd hieffelt ine manigveltig vnd vngehorte pem an xethun
vnd hieffeft inen das waffser, auch die merckte vnd alles das, 25
des der nienfch zu aui^nthalt leins leibs bedartf, verbieten vnd
alle (jual vnd pein, die man erdencken niocht, anlegen vnd nach
grewlichen peinen zum pittern tode vcrvrtailen, es wer dann,
das fie deinen gottem, den teufein, opferten, vnd hieffeft zu
8 Ekk. Tto,3t.' Fnit aaten o«tos de civilate et metre Dioclea, ottde
et ipse, quousque imj>erium suineret, Diocles appellalus est : at ubi sumpsit
imperium, nomen (Jraium co&vertit in LatiDum, ut a Diocle diceretar
Diodetianus.
21 Martinas Polonus 182: Variis edictis iubebantur divioae' legi«
libri exuri, ecclesiae ubique dirui et eccelesianim praelati traddari.
6
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— 82 —
fchrecken der Criften pfannen, in den man de röften, oder
pregeln, krewel, hacken vnd der gleiclien cyrcren kcmb, mit
denen man Tie ze riffen, eyferin klupfcl vnd feufte, mit den man
fie flahen, vnd kurc/lichen vnczellichcn geczeug, da mit man
5 die Criftea martern folt, offenlichen aufhencken, vnd bewegteft
die ganczen werlt vnd alle gewalte wider fie vnd nameft die zu
gefellen mit dir zu regniren, die am allermei(n}ften wider (ie
waren, als den Maximianum Herculium vnd Maximinum Galerinm,
die grymmiger vnd pofer waren, dann du, vnd zwangelt vnd
lOverdampteft die babfte zum tode vnd zu ftalknechten zum mift,
vnd die cardlnel zu mortteltragem etc. Vnd dannoch mit folchem
vnd allem deinem grolTen Gewalt niochtert du dich uiL erueren
des gekreuczigten, fonnder er drang ein in deinen pallaü vnd
entzoh dir dein ritter, dein gel'inde, dein kamerknechte, deine
l^Curften, deine rete, dein plut, dein flaifch, dein toditer Arthe-
miam, dein bcttgenorCen vnd hauffrawen Serenam. Vnd feyt das
du vber deine vorfaren wider ine gewütet vnd gefochten hetteft,
fo beftrait vnd vberwant er dich vnd alles dein reich durch dein
ay[ge]n gefinde. — Vnd der genant kaifer Dyoclecianus hat vil
20gefecz gemacht, dorvmb er offt in den kaiferlichen rechten
genant wirt.
MAXIMIANVS.
Difer kaifer Maximianus ih des kaifers Diocleciani roit-
genofs oder gefeil gewefen vnd hat mit im geregniert vmb das
35 zweihundeitft vnd newczigift iar nach Grift gepurt. Er ift, als
man fchaczt, bofer gewefen, dann Dyoclecianus felbft geweft
ift. Er hat den Criflen glauben grewlich veruolgt vnd den
hailigen fanctum Mauricien vnd fein gcfellfchaft vnd luft vil
taufent \mh criftenlichs glaul)ens willen gemartert vnd getott.
30 Kr wirt ofTt vnd dick genant in den legenden der iiaiiigen
mertrer vnd hat vil gefecz gemacht, Darvnib wirt er offt ge-
nennt in den kaiferlichen rechten. iJoch irrent die hiftorien
2 prcgelD - brftten; krewel gabel*
aS Jac. Bergom. isyb.
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— 83 —
vnd die legenden ofit in den namen vnd nennen Maximinum
Maxtmianum.
MAXiMINVS.
Difer Maximinus Galerius ift znm erften des kaifers Dio-
cleciani vad Maximiant mitgenofs in dem regieren gewefen vnd 5
auch darnach, do Dioclecianus nit mer regniren wollt, vnd er
vberredet auch den Maximianum» das er wider feinen danck auch
abftund. Do ftund difer Maximinus aufs ordnunf^ Dyocleciani
an vnd mit im Conftaiuius, def grollen kailers ConUantini vater,
vnd i\faxiniinus folt in aufgang der funnen regnieren vnd Con- 10
ftancius im nydergang, das ift einer in Alia, der ander, das ift
Conftancius, in Europa vnd Affrica. Do was Conftancius fo
fchlecht, das er feinen driltail, das ift Affricam vnd dar zu
Ytaliam, dem Maximino zu feinem halbteil liefs. Derfelb Maxi-
minus ift ein herczlich groiTer veind des Criften glauben gewefen 1 5
vnd hat gefecz wider die Criften in eerin tafeln laffen graben»
als ob (ie ewiglichen weeren vnd pleiben foltten. Aber kawm
ein jar verging, da er es wider feinen danck widerruffen moft.
i'^r i'uvvlct innwctulii; ;uifs vnd ward von den wurmen, die im
aufs feinem ftiackcnden mund vnd oren vnd nafen vielen, ver- 20
zert. Vnd nach dry hundert jaren nach Criit gepurt regniert er etc.
CONSTANTXVS.
Der kaifer Conftantius ift des groffen kaifers ConCtantmi
vater gewefen. Er hat ge regniert mit dem Maximino vmb das
dreyhunderfl jar nach Grift gepurt, vnd hat die Criften in eren 25
gehabt. Doch ift m wiffen, das vil kaifer des namens oder
7 Ekk. 110,63 : quod licet ille non «x voluntate faceret, turnen con-
sensit. — Martinus Polooas 186: Denique Diociettantts ab invUo exegit Maxi-
miniano, ut simal purparam impcrtumque deponerent.
S nie. 111,18.
tü iMartinus Tolonu» 189.
19 Ekk. 111,46.
6»
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— 84 —
ieins geleichen gewefen Und, Zum erften difer Conftancius,
darnach fein fun Conftantinus vnd Conftancia, die Conftancij
tochter vnd Conftantini fwefter vnd Licini] hauffraw was. Die*
felb Conftancia auch den grofsten fchaden, den die criftenhait
5 gehabt, gefudeit hat, wann de ift ein mittlerin vnd die grofst
fach gewefen der verfluchten keczerey der Arrianer. Der grofs
Conftantinos hett drey fune, einer hiefs Conftans» einer Con-
ftantinus vnd einer Conftancius, Dcrfclb ConTtancius wart der
mechtigift vnd überwant feine widerlaclien, vnd wart ein
lügroffer gunner vnd Verfechter der kerzerej, die durch fein ver-
fluchte bafen obgenennt erhebt vnd in die kaifer gepelczt was
worden.
Kaifer Conftantinus der grofs hett auch ein tochter mit
namen Conftanciam, die von fant Agnes, die ir erfchin, als fie
ISbej irem grab betet, gefunt vnd zu dem hailigen criftenlichen
glauben bekert ward. Vnd was diefelb Conftancia ein groffe
fach, das vil groffer furtten vnd herren vnd auch kaifer bekert
oder in dem Criften glauben beftetigt wurden. Auch vil edler
vnd durchleuchtigcr juncfrawen gaben fich zu ewiger keufchait
20 vnd gaiftlickait zu halten.
CONSTANTINVS.
Der kaifer Conftantinus, des kaifers Conltancij vnd fant
Helenen fun, der hat nach Grift gepurt vnib das drewhundertft
vnd zehendi^ iar geregniert vnd hat pey dreiifig jaren imperirt.
25 Difer kaifer ift der, der das romifch reich Crifto, dem waren
herren, wider den er fo lang geftritten hett, vnderworffen hat.
£r ift auch der, der die criftenhait erhöht hat.
4 Ekk. 112,65.
8 Ekk. 113,1 ff.
14 Vgl' Jäc. Bergom t5ob, Deutsches Passionale Bl. LU: Von fant
Johanet vnd Taut Pauls.
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— 85 —
SEVERVS.
Seuerus, des diefs geprech ift, mufs der fein, der von dem
kaifer Maximino Galerio kaifer ift worden, vnd hat mit im vnd
vntter im geregniert, w.m es ftet vor feinem namen bie Flauius
Valerius vnd ftet nit Auguftus darpej. £r ift gewefen zu den 5
Zeiten Conftantini, vnd ift von dem kaifer Maximino wider
Maxencium, den die ritter zu Rom für einen kaifer aufgeworffen
betten, gefant worden. Er ward aber von feiner ritterfcbafit
verlaOen vnd floh gein Rauenn. Do kam er vmb.
LICINVS. 10
Difer kaifer Licinius der elter ift des groflen kaifers Con-
(lantini fwager oder fweiterman gewefen vnd hat zum erften
mit im den Criften glauben gerettet wider den Maximinum» vnd
hat denfelben wuttrich durchechtet auch nach dem tode, der ein
fo herczlicher veind Cri(\i gewefen was. Vnd zu dem leczften, 15
da ine daucht, das es feinem fchwager gehinklicher gieng, dann
im, da ziehe er die Crillten, fie betten nit als faft für ine als
fiir feinen fwager, vnd feyt, das er wiffet, das fein fwaj^^er die
Criiten fo in groffen eren hielt, fo viel er umb aufs neid vnd
aufs liafs vnd ward die Criiten fo grymlichen durchechten, als 20
ob fie fein tödlich veind waren. Alfo ward er vneyns mit feinem
fwager, vnd ftryten wider ein ander. Aber Conftantinus lag
ob, vnd Licinius ward zum lezften zu Nicomedia getott. Dar-
nach kam fein fun, der auch Licinius hiefs, der des kaifers
Conltantini fwefter, mit namen Conitande, fun was, vnd auch 25
kaifer was worden auch vmb . . .*)
*) Fehlt die Jahreszahl, »auch vmb« ift mit anderer Tinte zugesetzt.
5 Ekk. 111,3s.
15 Ekk. 113,1.
S3 BkL 1 12,54; «uNicomedtA ift falfeb, Verwecbf^luig nitEkk. 1 12,67 '
24 liciiiiftnvit Ekk. 11146.
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— , 86 —
CRISPVS.
Diler Crispus ift des ^rolTcn kailcrs Conltantiiii i'un ge-
wefen, des mailtu» Düd Uus, der den Donat gemacht hat, oder
Lactaatius gedunckt mich.*)
5 Ein mufter oder abgus von einem der dreyifig Pfenningen»
darumb Criftus der herre verkauft ift worden, aU ich Hanns
Tucher der elter derfelben pfenning zwen gleich gefehen hab,
nemlich einen zu Rodis vnnd den andern zu Bethiähem bey
dem gardian, als mir die bede warlichen angezeigt fein
10 worden. Vnd der pfenning drey fein eins hungerifchen guldeins
oder eins ducaten wert am (über.**)
•) o. L. g. m. mit anderer Tinte, wie oben. Vgl. Iliercnymiu,
Chronicon ad a. 319.
**j Dies letxte mit anderer Tiate, wie oben.
1 £kk. 111,45.
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Auszüge aus den päpstliehen
Reehnungsbüehern des 15. Jahrhunderts
für Nürnberger Geschichte
von
F. Miltenberger.
Unter den Abgaben, die im 1 5. Jahrhundert an die päpst*
liehe Kammer geleistet werden mtifsten, nehmen naturgemäfs
die sogenannten Annaten die erste Stelle ein. Selbstredend
können für Nürnberg nur die eigentlichen Annaten in Frage
kommen d. h. die Abgaben, die vor Überreichung der Provisions-
buUe von allen kirchlichen Pfründen, die nicht im Taxbuch
verzeichnet waren, erlegt werden mursteii, wenn das Einkommen
mehr als 24 KammerguUlen jährlich betrug. Die von Kirsch
im Hist. Jahrbuch der Gorresgesellschatt 1888 ') angegebene
Bestimmung, dafs die sogenannten Servitiengelder von den
Pfründen hät'en bezahlt werden müssen, die über 100 Kammer-
gulden jährlich abwarfen, ist gerade durch das Beispiel von
St. Sebald und St. Lorens in Nürnberg hinCftllig, deren Erträg-
nisse weit höher waren. Dafs diese Abgaben nicht die einzigen
waren, welche geleistet werden mufsten, beweist ein Schreiben
Papst Eugens IV. vom 18. Okt. 1443 an den Bischof von Bam-
berg/) worin er es ablelint, auf die Bitte des Bischofs ein-
zugehen und der Diözese Bamberg die Bicnnancn zu erlassen,
wenigstens s( »hinge, l)is der Reichstag von Nürnberg gut ver-
laufen und der Gehorsam wieder hergestellt sei.
V) S. 300. Die Annaten und ihre Verwaltung in der zweiten Hilfte
deä 15. Jahrh.
Päpstl. Geheimarchiv: Reg. Kuyenii IV. N. 367 f. 159. Den Wort-
laut des Schreibens werde ich in neiDem demaicbtt «nchtiaenden Werk
Uber Franken und die Camera apostoUca bis zax Reformation mttteUc#.
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— 88 —
Der erste, dem die Zahlung von Annaten für das Ein-
kommen aus der Pfründe von St. Sebald oblag» ist der sattsam
bekannte Heinrich Leubing,^) der schon in einer Urkunde von
1441 ^) als Dr. im kanonischen Recht, Propst an St. Martin in
Heiligcnstadt, an St. Maiia ad gradus in Mainü, St. Maria und
St. Severus in Erfurt, sowie zu Hildesheini und Naumburg, des-
gleichen als Pfründebesitzer in Burgnau und an St. Lorenz in Co-
burg genannt wird. Derselbe erhielt am 4, Aprü 1444 die Pfarrei
St. Sebald in Nürnberg.
Eugenius . . . ven. fr. episcopo Adriensi et dilectis filiis
b. Mariae ad gradus et s. Stephani Mogunt. ecclesiarum prae-
positis salutem.
T.iterarum scientia . . . Henrico Lcubing pracposito ercl.
s. Martini Heilij^'cnstadiensis providetur de praopositurn s. Mauritii
et de canonicatibus et praehendis eccl. s. .Stephani Mogun
tinensis et s. V'ictoris ( xira imiros Mogunt. necnon de per-
petua vicaria regali nuncupata in eccl. Spirensi et quodam alian
in s. Egidii Erfordensi eccl. ac de plebania nuncupata s. Sebaldi
Nu rem bergen St. Romae apud s. Petrum a. 1444 pridie nonas
Apriles a. 14« Eugenü IV.
Fipili. GclieiiiMidäv: Ktg. Ei«. IV. Kr. jSo. f. 7t.
Derselbe kümmerte sich jedoch m'cht sonderlich um seine
neue Würde, auch in Nürnberg selbst kam er kaum je in den
wirklichen Besitz, und der Prozess darüber zieht sich bis zum
Jahre 1470 hin. Am 15. Juli 1446 wird er von der Residenz-
ptlicht, die den Pröpsten von St. Sebald und St. Lorenz speciell
auferlegt war, befreit. Das interessante Aktenstück lautet:
Eugenius . . . dilerto filio Henrico Leubing, rectori parorhia-
Iis eccl. s. .Sebaldi in Xun nhcrt: et s. Pctri in Poppi nn-ut inviccm
canonicc unitarum, P.amherg. dioc. leguin Uoctori saluiem.
Literarum scicniia . . .
Dudum siquidem fei. recordationis Urbanus VI. papa, prae-
decessor noster, ex certis causis tunc expressis inter caetera, auctori-
tate apostolica, perpetua et irrefiragabili constitutione statuit et etiam
ordinavit, quod rectores parochialium ecclesiarum s. Sebaldi et
s. Laurentii opidi Nurembeigensis Bamberg, dioc., qui pro tem-
Ucber Lcubing: Vgl. Mitteilungen des Vereins für Geschichte der
Stadt Meisten 1S83 I. n. f. Pastor, Geschichte der Pftpste. U. (1) 118.
'"t PKpstl. Geheimarchiv. Reg. Eng. IV. N. 3S0 f. $f. Florentiaea, 1441,
deömo kal. Jan. a. U. £agenii IV.
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— 8Q —
pore forent» nisi in Romana curia. Bambexgensis vel propriarum
ecclesianim aut boni publici dicti opidi obsequiis vel honesta
perejjrinationc occupati existcrent, in eisdcm ccdesiis sub poena
privationis tenerentur ex tunc personaliter residere, et qiiod fructus
et proventus dictarum ecclesiarum in toto vel in parte ad alios
quam rectorum et niinistrorum et ecclesiarum earundcm usus,
dobitis impositionibus et apostolicis et episcopalibus iuribus scinper
s.iKis, nefpiirent applicari, ar derrevit ex tunc irritum et inane,
c|uiUquid in coiUruiium a quoquiuu quavis auetoritate scicnter vci
ignoranter contingerci attemptari, prout in dictorio dicti praede-
cessoris melius continetur. Cum autem, sicut exhibita nobis nuper
pro parte una petitio ccmtinebat, tu, qui postmodum dictam eccL
s. Sebaldi canonice tibi collatam assecutns fuisti ^ de praesenti
ex parte ven. fr. n. Theoderici archiepiscopi Maguntiiii, in cuius
obsequiis ad nostram praesentiam accessisti, dubitcs in futurum
diversis quandoque pracpeditus negotiis etiam' interdum Romani
regis seu imperatoris aut archiepiscopi Maguntini pro tempore
existentium servitiis insistendo aut ex Icpitima, iusta vrl honesta
< ausa te a dicta ecck sia absentando, iu cadcm. jjiout vcllrs , re-
sidere non posse, pro i)arte lua nobis fuit huMiilit<'r supplicatum,
ui tibi super hoc providere de benignitate aposlolica dignaremur:
nos igitur . . . conccdimus, quod in servitio imperatoris pro tem-
pore existentis vel archiepiscopi Maguntini vel alia ex iusta causa
ab ecdesia abesse eamque per idoneum sacerdotcin ministrari
sinere posses, non obstantibus quibuscumque, etiam contra
voluntatem opidi. Gratis de mandato d. papae.
Romae apud s. Petrum a. 1446, id. Julii a. 16.
Päpatl. Gdidraaichiv ; R«g. Bof . IV. 379. (Unter dieaer NuiniBerdiid 2 Binäm vocbaaden 1)
a. td. r. 183.
Wie die Schlufsworte des vorstellenden Aktenstückes schon
andeuten, war der Mainstrat von Nürnl)eri; nicht geneigt, die
Propstei zu einer sogenannten Commcnde lierabsinken zu lassen,
daher kam Leubing 1461 mit einer erneuten Bitte an den
Papst Pius II., derselbe möge ihm doch zu seinem Rechte ver-
helfen. Pius II. gab seinem Ansuchen nach und richtete an
den Magistrat das nachfolgende Schreiben:
Consolatui Nurembergensi.
Quamvis non dubitemus, unumquemque in iustida sua boni-
tati vestrae esse satis per se commendatum, tarnen, cum dilecto
filto Henrico Leubing notario nostro pateme simus aifecti, ipsiunqus
audiamus in nostris et Romanae sedis n^[odi$ diligenter se gerere,
hortamur devotionem vestnun in domino et instanter requirimus^
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ui in facto rcclesiac sn.ic s. Scbaldi iiistitiam eins placcat m onv
niissain halicre et ila i flircrc, iit in ecrlfsiao illius imihiis a null')
iinpcclimuntum aut uppic^hioacia intitbUc aicipial, lacicl Ucxutit»
vcslra ea in re iustitiani nobis g^ratani atque acceptam gratianique
et caritatem in vos nostram propterea augebitis. Dat Romae
21. April. 1468.
Rpctf. Goliciiiiaichiv: Ann. XXXIX T. 9 f. too.
Am 29. März 1464 findet sich in den Aiuiatenrcgistern
des Staitsrirchivs ') zu Rmn ein Eintrag, wonacli Heinrich Leiil>ing
seine i'trunde an der K.urie zu Gunsten Joh» Lochners,-; der
als päpstlicher Kämmerer bezeichnet wird» resigniert habe. Von
einer Annatenzahlung Leubings verlautet nichts. Dagegen gibt
Lochner das Einkommen von St. Sebald auf 50 M. an» und
bezahlt dafür 125 Kammergulden, also die Hälfte des Ertrages,
als Annale. Die Urkunde lautet:
Joh. Lochner, cubicularius papae, ut principalis et pnvata
persona, obligavit se pro annata parochialis ccdesiae plebanatus
nuncupatae s. Sebaldi Nurembergen^s, cuius fructus 50 March,
arg. communi cxistiinatione (seil, non excedunt \ vacantis per
resignationcm Henrici Leubing apostolicae sedi factam; coUatae
dicto Joh. Senis 10 kal. April, a. 6 23 März 14A4).
Libri attnat. sub 29. Alära 1464.
29. März 1464: solvit flor. 125 auri de camera pro annata
ccci. s. Sebaldi tempore dehito per manus socictatis de Franciotis
et Viti de Cdsa mercatorum Lurani et Senensium.
Libri (juidtlaiitiaruni : I4ti2' |. jo. Miiiit 14O4.
Trotzdem findet sich am 28. Mai 1470 in den Annaten-
Registern neuerdings eine Bulle für Leubing eingetragnen.
Una bulla: perinde valere pro Henrico Leubing, proto-
nolario a[)<)st<)lir(i , sii[)er parochiali ecciesia picbania nun upata
s. Sebaldi Nurcnibergensis fuit restituta sine obligationc sub data:
Romae 4 kal. Febr. a. 6 ('29. lannar 1470^
Arch. dl Suto: Libii luiaat. (B; sab 38. Mai 1470.
Am 20. März 1477 ist die Verpflichtung des Nürnberger
Magistrates eingetragen, die Namen der Präsentierten für St.
Vi V\)CT die Annaienrejjistcr vgl. (Joitloh: ,\ns der Camera aposto-
licci les 15. hihrh. Innsbruck und Meister in der Zeitschrift fttr Ge*
schichte tics Olnrrheins 1892.
') Von Lochncr findet iich im Bruderschaflsbuch der .\nima (Vgl.
Jaenig: Confratemitas hnspitit s Manae) in Rom folgender Eintrag : utrinsque
iuris Dr. [»ruepnsitus Brunnensis, Olomoc. dioc. et aü« tuanuj Ratisponeosis
et Brixiuen&ib eccl. canoiucus.
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— Ol —
Sebald und St. Lorenz, ftlr die demselben das Präsentationsrecht
verJiehen wurde, sowie die Erträgnisse der Pfründen der apo-
stolischen Kammer mitzuteilen:
Adam Rotart, canonicus ecd. s. Andreae Wormaciensis, Ro-
manam curiam seqaens obligavit se nomine modemi abbatis mo*
nasterii s, EgidU opidi Nuremberg. o. s. B. et pro tempore extsten-
tis et instituendonim, in par. ecdesits s. Sebaldi et s. Laurentü, in
quibus conceditur itts patronatus et pmesentandi personas idoneas
burgimagistro, proconsulibtts et consuiibus p. t existentibus« quo-
rum institutio in erclcsiis conceditur moderno abbati in omnibus
mensibus, cum varnbrint Komac III. id. Martii a 6(i^. ^Tiir7 1477^
doccre camcratii (U nomine et cognominc institutorum et solvcrc
annatam dirtnnim c. rlcsiai um.
Promibil solvcre intra 6 menses a die insüLutionis. in niarg :
Obligatio pcrpctuaü
Arcb. di Slato: Ubri annat. «nb d. ao. lUlSix 1477.
Doch waren damit die Pfründestreitigkeiten nicht gehoben.
Schon im folgenden Jahr begannen sie um St. Lorenz. Von
Nürnberg her machte Lorenz Tucher Anspruch auf die Pfarrei
und zaliltc auch seine Aiiii.itc, sein römisciicr Mitbewerber Mel-
chior (Copis» von Mekaw, mufste sich schliefslich mit der immer
noch hohen Summe von 100 rhein. Guidcn jährlich zufrieden
geben.
Andreas arrhiepiscopus Craynen«^is. orator imperatoris ad
pa|>atn. nninnu' l,;iun:ntii Tücher. pn ^!)\ tcn 15anib( l u: dif^'" f'bli
l,'a\ it se |>io ainiatu par. cccl. s. Lauiciuii opitli Niircmht r^, <. ums
fructus 80 M. my,. vacantis per obitum Tctri tlr Knorr, scdis
apostolicae castellani, cullatae dicto Laurentto sub d. Romae 5 id.
Oct. a 8. Okt. 1478.)
Aldi, di Staio : Libri annat. mb d. 15. Okt. njü.
15. Okt. 1478 solvit flor. 180 per manus dicti archtcpiscopi.
Aich, dl Stato: Libri quidd. 1476/9 f. 1K7.
Unter dem 20. April 1480:
Melchior de Mekaw M rector praepositus nuncupatus obli-
gavit se pro annata ecci. s. Laurentii, cuius fructus 90 M. arg.,
vacantis diversis modis, collatae sibi pridie kat. Julü anno pont. 8.
130. Juni 1479) et promisit hic in curia sf>lvcre infra 6 n^cnses.
Libri aon. sub 20, April i^8a.
') Über diesen Meksw heifst es im oben citterten Bruderschaftsbuch:
Melchior Mechaw, Sixti papae cubicularius, üteranim apostolicar" m criptor,
decauuä Mtsniensisi, eiusdem ac Brixinensiä necnon s. Tbomac Argeniinensis
canonicus ac parochtatis in Ursen Salzeburgensia rector ecdesiantm a. 1472,
(in maig.i e|>iscopu!> Hrixinentis, pc^stea cardinalis tit. s. Nicolai tnter ima«
gines. Cf Claconii Vitae pont. lU. p. 203.
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Am 22. Febr. 1481 findet sich die Zustimmung Tuchers
zu einer jährlichen Zahlung für Mekaw eingetragen:
13 Febr. 1471 pontificatus Sixti papae anno 10. praesente
me notario publico et testibus infrascriptis Laurentius Tücher,
rector par. eccl. s. Laurentii opidt Nuremberg, principalis nomine
suo proprio consensit pensioni annuae 100 flor. Rhn. apostolica
auctoritate assignatae super fructibus dictae ecclesiae Melchiori
de Mekaw, clerico Nuremberg. dtoc, cubiculario paqpae et familiari,
Romae idibus Febr. a. 10 (13. Febr. 1481) et consensit assignatiom
pensionis et expeditioni literarum apostolicarum . . . praesentibus
A. de Campania et Laurentio de Viterix) camerae apostoücae notariis
pro testibus et me Job. Gerione eiusdem camerae notario !o<r \to.
Aldi, dl Suto: Libri parHnilariiun» II.
Die Kosten für die Bulle Mekaws finden sich an^^cgeben
im 3. Band der sogenannten Coinj^ositiones im Archivio di Stato,
der den Titel fiihrt: Liber cedularum uniniuai expensarum fac-
tarum in expeditionibus omnium bullarum expeditarum tarn per
rameram quam per cancellariam et tarn gratis quam taxatarum
de mandato d. n. papae f. 83.
Expotsae factae pro bulla Melchioris Mekaw Nuranburgen-
sis (1) Bamberg, dioc tax. ad grosses 20, videlicet:
Pro mtnuta carl. $.
Pro S taxis taxas soHtas duc. 9.
Pro coQsensu pensionis Joh. Gerioni carl. 3.
Pro registratuiaet auscultatura, quia in librosecreto carl 7.
Ita est, ut supra continetur, Conradus Bantz, notarius pa-
latii apost. et sollidtator dictae buUae.
21. Juni 1481 dictus Conradus praesentavit et iuravit
Dagegen erhielt Tucher seine Bulle ohne weitere Verpflich*
tung, weil die Annate gezahlt war und er den Streit auf
friedlichem Wege beendigte.
Unter demselben Datum steht nämh'rh in der aweiten Hälfte
des Annatenbandes v. 1481 die folgende Urkunde:
Una bulla pro Laurentio Tucher, rectore par. eccU s. Lau-
rentii, super advocatione causae et extinctione litis pendentis inter
eundem et nonnullos alios super dicta ecdesia in rota Romana
fuit reddita sine obligatione, Romae id. Febr. anno pontif. to.
(13. Febr. 148 1). RestituU de mandato, quia soluU est annata
dictae ecclesiae.
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Mekaw dagegen bezahlte 22^/, Kammergulden als Annale
fUr seine Pension:
i8 April. 1481. Melchior Mekaw solvit pro annata pen-
sionis sibi asslgnaUe super fructibus, par. cccl* s> Laurentii flor.
auri de camera 22 ■ « (in marg. 25 ilor.) per manus societatis de Cuddis.
Arcb. di Stall»: Libri quidd. 1479/83 i, it6.
Das Jahr 1484 bringt neue Veränderungen für S. Sebald:
I\mlus Coler, canonicus Frisingensi"? , obÜgavit se nomine
M.ir( i Hirsfogel rortori'^ p;ir. cccl. s, Scbaldi super aiinata cliciae
ecciesiae, {-uius friK lus (>o M. arg., vacantis [)er oljiiuin Juli. Lochner
extra ruriani clL-f'uncii, fuii }>ri.>visuni dii to Marco ^uh dato: Romae
4 kal. Oct. a. i poiitif. Innoc.VIIi. y^ab. Sept. 1484).
Atdi. di Stato. Idbiri wraat. 1484/s f. 47. mb dato: iS. Dec. 14S4.
Marcus Hirsfogel solvit pro annata tlor. auri de camera 163
cum dimidio per manus societatis de Strozzis ^in marg flor. 163
bol. 2a)
libri Qoidd. 1484/^ L n. Mib 10. Dec. 1484.
Um St. Lorenz aber entbrannte 1488 der Streit auf das
neue. Der Bamberger Kanoniker Wynhard von Rabenstein,
Melchior Truchsess von Pommersfelden,^) der gleichzeitig Dom-
herr zu Wttrzburg und Mainz, Domkantor zu Speyer, Propst in
Lindau und an St, Gangolph in Bamberg, sowie Kanoniker von
Mainz war, und der Kardinal Johannes Antonius*) de s. Georgio,
der Alexandriner genannt, waren die Konkurrenten, während
Sixtus Tucher, der am 1. Juni 1496 154 Kammergulden als An-
nate zahlt, im wirklichen Besitz der Pfründe war.
Jnh. Lan^^er, literarum apost. abbreviator et Wynhardi de
Rabt nslein, canunici iianibergensis , cui alias de parochiaJi cccl.
s. Laurentii Nuremberg. auctoritate ordinaria provisum fuit, pro-
otrator pnnit de mandato constat subscripto et signato per Judo-
cum Trebesmulner de StafTelstein, elend Bambergensis dioc. no-
tarii, recognito in camera, omni iuri sibi in dicta ecclesia, super
qua litigarunt in palatio apostolico, vel ad illam quolibet com-
petenti cessit, de quo iure concessum est provideri Melchiori
Truchsess, canonico Moguntinn sub dato: Romae apud s. Petrum
7 kai. Apr. a. 4. (26 März 1488^
Ardb. di Stato: Libri Cons. et Kcsign. 1484/8 f. 37t sub 18. Aprii 1488.
n Vl:1. Archiv dt-s Hisl Vereins ftir Unterfranken. 33. Bd. S, »78.
') Cf Cristofori: Cronotuii dei cardioaU dt tantt Romans ohieta,
Roma 1888. p. 76.
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Jobannes Antonius, s. Rom. ecci. lituli s. Nerei et Achillei
pa >h\ii r ( ardinalis, Alcx.iüilnnus nuncupalus, h.ibuit unam hullam
surn i,t;ali(>ius in iure MrlchiMris Truchscss, canonici Ma^ununi,
colliti^anüs adversus \\ yuluadum de KabensLein super par. eccl.
s. Laurentii et nunnallos alios coram divcrsis iudicibus apostolica
auctoiitate deputatis, liic pendente iam diu indedsa: cixius quidem
ecd. fructus 90 M. arg. puri non excedunt, et mandatur surrogari
dictus cardinalis in iure ipsius Melchioris apud sedem apo$t. de-
functi (28. Okt. 1493) et cum extinctione litis huiusmodi sub data
5 kal. Oct. a. 3. pont. (27. Sept. 1494^ Et obligant se praesens
solvere sicut in simililms obligari solent d. cardinalcs
Arck. di Stato: Lil>ri «uin. AloKaadri VI. 1494/5 sub d. 8. De«. 1494.
Zur SicherstelluDg Hess der Kardinal aber auch die Bulle
ausfertigen, die früher dem genannten Truchsess zugesagt ge-
wesen war:
Rev. d. cardinalis, ut supra, habuit unam buUam expei^tain
pro dicto Truchsess, qui fuit surrogatus in iure dicti Wynbardi
collitigantis vel aliorum collitigantium, in forma*) gratiosa: Si
neiitri, vel alio quovis modo cum cxpressione Iructuum dictae eccl.
ad. 80 M. ar^. puri, sub d. 7. kal April, pont. Innoc. VIII. a. 4.
^^26. März 1492I: et in forma: Congniit ulteriori sub d. 7. kal. Sept.
a. 1 pont. Alex. \ I. (26 Aug. 1492 r. et expedivit dictam buUam
praefatus cardinalis in favorem sui iuris.
' Arcb. di Sutu L c.
Sixtus Tucber solvit pro annata prae[iositurac nuncupatae
par. eccl. s. Laurentii imperialis opidi Nurimberg flor. auri de
Camera 154 bol. 30 [ia marg. flor. 192 bol. 66) per manus Ludo-
viel Tucher.
Arch. di Stato. Libri «juidd. 1493/6. f. 2^^ Mib i. Juni 1 1<.<0.
Unter dem Datum des 26. April 1499 finden wir die
Zahlungsverpflichtung eines Beneflciaten an St. Klara in Nürn-
berg. Das Erträgnis ist auf 7 M. angegeben, es findet sich
aber keine Angahe über eine wirkHcli geleistete Zahlung.
(ia.spar Wirt, riericus Constancicnsis dioc obligavii sc no
mine Erasmi /iplt r, ix rpetui beneficiati ad altare b. Mariac silum
in ccclesia s. Clarae opidi imperialis Nuremberg. super annata
dicti beneficü, cuius fructus y M. arg. non exccdunt, vacantis per
resignationcm Leonardi Mayer in K<»mana curia, coli, dicto Erasmo
sub d. 6. id. Mart. a. 7. Alcxandri VI pomif uo. März 1499)
Axtii. Ji Stato : Libri annsit. i .(99. f. jj. aub 26. April 1 400.
') V^l <.>tteDthal: ReguUe cancellariae apost Innsbruck 1888: Heg.
Ljl»ani VI., 18.
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Am 7. Februar 1504 zahlt Anton Kres*) die Annaten
für St. Lorenz. Der Datum seiner Provision ist nicht an«
gegeben.
Antonius Kres solvit pro annata parochialis ecci. praeposi-
turae nuncu})atae s. Laurentii flor. auri de camera 154 bol. 40 (in
marg. flor, 209 bol. 71 per manus proprias.
Arch. (Ii Statu: Libri quidd. iS^J^o i. 54 sub d. 7. Febr. 1504.
Die letzte Verpflichtung für Annatenzahlung aus Nürnberg
stammt aus dem Jahre 1509. Job. Rockenbach, sonst auch als
paraphrcnaiius j apae bezeichnet, verpflichtet sich zur Zahlung
der Annate aus dem Einkuminon einer Vikarie an St. Sebald,
das mit 6 Mark reinen Silbers angegeben ist. Aber er erhielt
seine Bulle vor der Zahlung, da es auch dem päpstlichen Käm-
merer srhon halb feststand, dass R. nicht in den Besitz der ihm
zugedachten Pfründe kommen werde. Wirklich ist auch keine
Zahlung verzeichnet.
Joh. Rockenbach obligavit se pro annata perpetuae >'icariae
in parochiali ecciesia s. Sebaldi in opido Nuremberg, vacantis
per obitum Theodorici Moring, cuius fr. 6 M. arg* puri non ex-
ccdunt, oillatae dictojoh sub d. 3 kal. Dec. a. 6> ^29. Nov. 1508}.
Promisit inii i 4 nu nses solvere aut melius probare de intruso —
Rcstituta seil, buiia ante Solutionen! annataej quia probavit semi-
plene de intruso per testes.
Arch. di StaU>: Libri annal. 1509/10 i. j sub 0. Nuv. 1509.
Aufser diesen Leistungen der Pfründebesitzer finden wir
in den AnnatenbUchem noch eine merkwürdige Urkunde, die
offenbar aus der Pönitentiarie stammt. Sie enthält die päj^st-
Hche Erlaubnis zum Handel der Nurnl)erger mit den Böhmen,
gleichzeitig au< h die Absolution von der verwirkten K \ki urmmni-
katiun. Bezahlt wurden hiefur ausnainnsweise keinerlei Taxen.
Una buUa pro dominis nia^istris civitatis, proronsulibus,
consulibus, incolis, nicrcatoribus et hal)itatoni)US opidi Nurcm
bcr^ensis absoliitionis ;ib t xromjrnuiicalione, c\ co, (|uia partici
l>av<'i Ulli ( um Hot Ulis, ruin iniluito, (pn> possiint praticare per
üuos annt)i». Dal. Romae id. Ftbr. a. S ^13. I cbr. 157^ .
Arth. iK Stitto: LibH annat. (B) miU d. 7Al\tx 1470.
1) Vgl. dessen Lebensdaten bei: Briefe des Dr. Sixt Tücher an Anton
Krefs im An/eij^er für Kuiule der deutsclien Vorzeit. Neue Foli;e XXIV.
Juhr<;ai)ir 1^77 45 ff. Femer Milteiluogen d Ver. f. Uesch. *\. St. Nbg. 1
S. 07 ff.
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Ich füge hier noch die Bestätigung einer Al)lasss et leih-
ung unter Pius II. an, für die ich bis jetzt die eigentlichen
Verleihungen unter Martin V. und Nicolaus V. nicht auffinden
konnte. Die Bulle wird auch hier ohne Zahlungsverpflichtung
gegeben.
Una bttlla pro burgima^istro et civitate opidi Nurembeig
super confirmatione indulgentiae 7 annorum et totidem quadrag.
de iniunctis poenitentiis per fei. record. MartinumV. etNicolaum V.
pontificcs concessae occasione ostensionis dictarum (? reliquiarum
in dicto opido praedictis capeliis 1 1 IVsiivitatibus faciendis, conc.
Mantuae, pridie non. üct a. 2. ^^6. Okt. 1459).
Atcb. di Siftto: lilni avn. (B) sub <B. De«. 1460.
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Briefe eines Nürnberger Studenten
aus Leipzig und Bologna.
(1556—1560.)
Mitgeleitt tos
Georg Frhr. v. Krefs.
Über die jungen Deutschen, welche im t5. und 16. Jahr-
hundert, von Wissensdurst und Wanderlust getrieben, über die
Alpen zogen, um in Wälschland fremde Sprachen zu lernen
und an seinen berühmten Hochschulen römisches und kanonisches
Recht 7.11 huron, über ihr Thun und Treiben im fremden Lande, ihre
persünlirhen und wirtschaftlichen Verhältnisse, ihre Beziehungen
zur Heimat und ihre Hoffnungen auf spätere Unterkunft ^\ht uns
keine andere Quelle so zuverlässige und umfassende Aufschlüsse,
als die Briefe, welche sie selbst von der Universität aus an ihre
Verwandten und Angehörigen in der Heimat geschrieben haben.
Wir erinnern an die Briefe des jungen Nürnberger Patriziers
Paul Behaim aus Leipzig und Padua, welche Direktor
Dr. Loose vor einigen Jahren veröfifentlicht hat^); sie erregen
nach verschiedenen Richtungen hin unser kulturhistorisches Inter-
esse und bilden unstreitig einen recht wertvollen Beitrag zur
Geschiclite des akadcmisclicn I^ebens jener Zeit. Paul Behaim
studierte in den Jahren 1572 bis 1575 in Leipzig und ging von
da n.irli Padua, wo er bis zum Jahre 157Ö verweilte; dreifsig
Briefe, die er als Leipziger Student an seine Mutter und an
seine Geschwister schrieb, und fttnfunddreifsig, die er von Padua
') Beiträge zur Schul- und Universilätsgeschichle. Von Dr. W. Loose,
Direktor, im Gratulations-Pro-ramm i^i*r Realschule und des Progyninasiums
in Meilsen, lÜJQ. — Briefe eine^ Leipziger Studenten aus den Jahren 1572
bis 1574; herausgegeben von Dr. W. l^oose, Direktor. Beigabe zum Jtthres»
bericht der Reabehule su Meifsen, 1880. ProgrAnun Nr. 480.
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— 98 —
aus in die Heimat sandte, sind im Behaimschen Familienarchiv
aufbewahrt worden und die Fülle von Einzelheiten über das
akademische Leben jener Zeit» weiche sich aus ihnen entnehmen
iäfsti hat unsere Kenntnis von demselben ganz wesentlich be-
reichert.
Aus etwas früherer Zeit, aus den Jahren 1556 bis 1560,
sind Briefe eines Landsmanns des Paul Behaim auf uns ge-
kommen, gleichfalls eines jungen Nürnbergers aus altem Patrizier*
geschlcchte, der einen ganz ähnHchen Bildungsgang, wie Behaim,
durchgemacht und nach dreijährigem Aufenthalt an der Univer-
sität Le ijjzig sich nacli Boloijna gewendet hat. Sie sind noch
nicht veröffentlicht, unseres Eraclitens aber der Veröffentlichung
wert, wiewohl sie an Mannichfaltigkeit des Inhalts den Briefen
Behaims nachstehen. Schon der Umstand, dafs der Briefschreiber
in Leipzig bei Joachim Camerarius untergebracht war und
über dessen häusliche Verhältnisse hie und da Mitteilungen
machte, würde den Abdruck der Leipziger Briefe rechtfertigen;
aber auch aus Bologna berichtet er des Interessanten so viel,
dafs die Briefe von dort bekannt zu werden verdienen.
Der Schreiber der Briefe war Christof Krefs, geboren
als der älteste Sohn eines i^deichnamipen Vaters im Jahre 1541.
Christof Krefs der Altere war im Jahre iü33 von Rothen-
burg o. d. T,, wo sein Vater als Vogteiherr gelebt hatte, nach
Nürnberg übergesiedelt, hatte sich 1537 mit Dorothea, des
Ratsherrn Jobst Haller und seiner Gattin Barbara Tetzel
Tochter, vermählt und war 1542 in den Rat gewählt worden.
Aufser unserem Christof schenkte ihm seine Gattin sechs Kinder,
sie starb aber schon 1554. Im folgenden Jahre heiratete Christof
der Ältere Katharina, die Tochter des ersten Losungers und
nac hmaligen Reichsschultheiisen End res Imhof, mit der er
drei Kinder erzeugte*). Den Klementarunterricht genois unser
über die FamilieuverhäUniue gibt den vollständigsten und zuver«
ISssigsten Aufscblufs das Geschlechtsbuch, das der obengenannte Hr. Eodres
Imhoff im Jahre 156g angelegt hat und in welchem er nicht nur über seine
Vorfahren genaue Notizen .L;i'>t, sondern auch über sich <=cine Kiniier, En!;cl,
Schwiegersöhne und Scliwiegertochler und deren Vcrwandis.cha{t sorgsam
berichtet. Dieser treffliche Mann, der »ich nicht nur um seine Familie, son*
dem auch um seine Valersladl grofse Verdienste erwnrlcn hat, war am
29. November 1491 geboren, wurde schon als I3jährigcr Knabe nach Venedig
geschickt, brachte fast 20 Jahre im Dienste des Imhoftiscben Handlungs-
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— 99 —
Christof bei dem bekannten Rechen- und Schreibmeister Johann
Neudörfer in Nürnberg, im Spätherbst 1549 wurde er zu ihm
in die Kost gethan und seine Briefe legen rühmliches Zeugnis von
dem guten Scbreibunterricht ab, der ihm tXL Teil geworden war;
denn sie sind recht sauber und deutlich und fast ohne Korrek-
turen geschrieben. Nachher besuchte er die lateinische Schule
am Spital zu Nürnberg, in der er nach dem Zeugnisse seiner
Lehrer gute Fortschritte machte; nebenbei trieb er bei dem
Organisten Paul Lautensack*) Musik. Als er das vierzehnte
Jahr erreichte, bemühte sich der Vater, ihn aa einer Hoch-
schule unterzubringen. Die Nürnberger hingen noch mit grofser
Verehrung von den Zeiten her, da er an ihrem Melanchthon"
Gymnasium als Lehrer gewirkt hatte, an Herrn Joachim Came*
rarius, dem nunmehrigen Professor an der Hochschule zu Leipzig.
Mit ihm war der in seiner Vaterstadt hochangesehene, im Jahre
1530 verstorbene Ratsherr und obriste Hauptmann Christof Krefs
befreundet gewesen und dessen Witwe, Frau Helene Krefsin,
eine geiK)rene Tucherin, eine in der Familie Krefs, wie die
Briefe zeigen, hochverehrte Matrone, setzte auch damals noch
die freundschaftiiclien Beziehungen zur Familie des Camerarius
eifrig fort. Sie wandte sich jetzt an eine in Nürnberg auf Be-
such weilende Tochter desselben mit der Bitte, die Aufnahme
ihres jungen Vetters bei dem Vater zu befürworten, und erst als
letzterer die Geneigtheit hiezu durch seine Tochter erklären liefs,
schrieb der Vater Christof Krefs selbst dem »erwirdigen und em-
vesten Herrn Joachim Cammermaistem, ordinario und professorn
der loblichen churfürstlichen hohen schul zu Leibzige, einen im
Concept noch erhaltenen Brief, den wir im W ortlaute folgen lassen:
> Erw ii (iii;t r und ernvt l'tcr Hen ! E. E. fein mein freundt-
lich wiUigc dinfi zuvor. Lrwirdiger Hcit! Uf anfuchen, pith vnd
bauses «uswiitf und auf Reisen in Italien und Frankreich zv und kam l $23
in den Rat seiner Vaterstadt, welchem er 55 Jahre lang angehörte. Im
Jährt' 1544 erreichte er die Würde eines I osup-'f^- , die er bis an sein
i.ebensende bei<leidete. Er starb, 88 Jaiire all, am 11. Oktober 1579.
Nach Will, Gelehrtenlexikon, IL S. 412 war Paul f.aotensack ein
Siihn des berüchtigten Malers Vau] I,auter> ack, welcher im Jahre 1 542
wegen seiner religiösen .Schwärmerei aus der Stadl verwiesen wurde, und
ein Bruder des Malers und Kupferstechers Hans (Sebald) Lautensack. Der
Musiker Paul Lautensack war Organist bei St. Sebald ( Will l. c.) Vgl. auch
Mitteilungen des Vereins für Gesch. der Stadt Nttmberg, II. S 164 IT.,
VU. S. 59.
7*
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— 100 —
bfger der erbaren fraiien, weilandt Herrn ChriftofTen Krefk n, nuines
Heben vettern feli^en nacHgelaffenen wittwen. meiner fieuufilichen
Heben gefchweicn, bei E. E. lieben locUier, io diler hie bei
frau Tucheiln ') ift, dals diefelbige £. £. von wegen meines fons
mit namen Chriftoff, ob der felbig mit vorhabendem studio bei
E. E. undtergebracht werden möchte, gefchrid>en mid wie ich
bericht wurde, £. £. fie widerumb beantwortet hat: obwol die-
felbig fich difer zeit mit jungen nit gern mer beladoi, auch wenig
bei inen Haben, wollen doch E. E. meinen fon, der frauen Krcffin
zu gefaHen, annemen, defs ftcundtlichen guten willens \ nd erpic-
tcns ich mich zum höchftcn liedanckh. Diewciln aber E. E. in
demfclben fchreibcn auch \ermeldcn, diefelbig zu berichten, was
alters mein fon und was lerne Icctioncs von feinen fcHulmcistern
alhie fein, fuye E. E. ich erftlich. fovil fein aller anlangt, zu ver-
nemen, dafs er jetzt iu da*» vierzehendt jar geet, fo hat man inen
im fpital alhie, do er vißtirt ^?) hat, bis ufT dato gelefen Gram-
maticam graccam, Testamentum graecum, Phocilidem graecum,
Ciceronem in epistolisi Virgüium, Terentium, Psalteriumi darin er,
wie ich von andern berichtet bin, zu feinem alter ziemlich profi-
tirt Haben feilt. Und kann dameben £. E. nit pergen, nachdem
icli in (ihn) gelegener zeit zu unferm organiften Paulufen Lauten-
fack geen vnd uf dem inftrument lernen laffen, damit er, do ime
die zeit vnd gelcgenheit zugelaffen wurde, nit in leichtfertigkeit
oder müffiggeen vcrzen-n mochte, were nn V.. F. mein p]i. ime
ein virginaP) oder dergleichen inltrumciii zuhaben zuver^unliii^cn,
uf dafs er fich wie gemellt (doch ohne vcrhmderung feines ftudio)
0 Die Frau Tucherin wird Frau Margaretha Tücher, geb. Topler,
Witwe des Septemvirn und Kriegshaupt mannt Endres Tucher, gewesen sein*
Christfip^ Krefs schreibt am 13 Oktober 1557, dafs Camerarius nach Nürn-
berg kommen werde, nachdem Frau Tucherin mit Tod abgegangen sei
(s. S. 125.) Mar<;aretha Tttcherin aber starb tun 30. September 1557. (Vgl.
Biedermann, üeschlechtsregister, Tafel DVIII A.) Ob zwischen ihr imd
Hrn. Joachim Camerarius oder seiner Guttin verwandtschaftliche BezichttDgen
bestanden haben, habe ich bis jetzt nicht feststeilen können.
*) Das Virgina) war eine in England aufgekommene Abart des Klavi-
chords oder Kliivicymbels (cf. Dr. E. Götzinger, Keallexikon der deutschen
Altertümer, 1885, S. 703). Es bestand aus einem trac;bttren Kasten, der wie
beim Hackbrett die Form eines Rechtecks hatte und in welchem sich der
Stiftsstock und der Wirbelstock, jener mit feststehenden Stiften, an welche
die Saiten ans Mcl.ilMraht an^eh'iii^t waren, dieser mit Wirbeln, vermittelet
welcher die Saiten gestimmt wurden, befanden. An Stelle der Klöppel, mit
denen die Saiten beim Hackbrett erklingen gemacht wurden , traten beim
Klavichord Metallzungen, die am Ende eines Hebelarms, in welchen jede
niederdrückende Taste (^Claves) attsr^eht, aufrechtst chcnd angebracht waren,
so dafs sie die betreffende Saite anschlugen und ertönen machten. (Götzinger,
1. c. S. 699.) In dem trefiTltch illustrierten Werk »Perlen ans der Instramenten«
Sammlung von Paul de Wii in Leipzig 18021 ist ein im Jahre 1631 erbautes
\'iri;in.i1 auf Blatt 1 abgebildet, das nur 38 cm L&nge, 13 cm Höhe and
20 cm Breite hat.
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— ioi —
üben Idinte und deflelben ufgewendten unkoften nit gar ohne fnicht
abgieng. Und do efs auch £. £. nit befchwerlich, meinem fonn
auflerbalb des coftgelds in fUrfallender nottuiA, efs fei an daidero,
püchem und andern, doch one überflus fUrftreckung zuthun, will
ich icdcr zeit, do efs mir zugefchrieben wurdet und wem ichs hie
gut thun füll, alfsbaldt widererlegen, do efs aber E. E. gelegen
fein, will ich durch andere mitlperfon. damit eine folche flirlchen
^cfcharh, weg fuchen und fonften, wie es E. E. mit andern feins-
t^li i< In n mit der coft und andern gehalten und mich dcffolbcn bc-
ricliLen vvcrUen, danrkbaiiich laffen und umb E. E jederzeit zu-
verdienen gcfliffcn und willig fein.«
Die vom 14. Februar 1556 datierte Antwort des Herrn
Joachim Camerarius ist leider nicht unversehrt erhalten. Der
Eingang des Briefes ist weggerissen und auch an der Seite
des Blattes ist ein StUck zerstört. Camerarius bestätigt,
dafs ihm der Brief des Krefs durch den Boten geantwortet
worden sei,
»daraufs ich E. E. gemiieth ires suns Christoph halben wol ver-
merkt, und bin mit allem vieifs E. £. muegliche dienit zueixaigen
beraictet. Dieweil ich aber dannoch mich auch fchuldig erkenne,
einige treue erinderung E. E. nitt suverhalten, alfo hab ich un*
vermeldet nitt kunnen lafTen, das ich in erfarung kume, wie etliche
erbare knaben aus Nornbergk gehn Strafburgk verfchickt find
oder in kurtz verfchickt mochten werden, villeicht ander gelegen
hr\t \ve-^cn iinf! auch darumb, das desfclhen orts anfang der
frauiüofifchen Iprach begriffen werden mochte, dits habe i« Ii f^uther
udlmeinunKf K. K. wollen iiiu ci halten wiffen, nit das ich in einij^cn
wcge andeis gtfunnet. denn E. E. vorher angezaigt ift oder daü
in demjhenigen, fo durch E. E. ahn mich gelangt, ich einigen
befchwerd oder bedencken habe, funder allein darumb, das £ £. der-
felben gefallen nach femer möchte (ich verhalten und was hierauf £.
£. für das pefte und nützlichst achten werdet, in deme foll an meinem
vleifse kein mangel gefpür(tl werden.
E E. die Vorfehung thun möchte, dafs derfelbe
, . dahin verfertigt, do E. E. ine am licbften wiffen,
darzu E. E. mich müglichs vieifs mit aller
• ung vnd dicnft willir^ finden und haben folic,
E. \i. .i^i.lellig. ircn Ainr lurher zufchicken, kimde
der zugclit «rillen verklang wegen wolgefunden.
E. E. liicuiitt in gottes gencdigen fchutz
allen den iren bevelhend. Aus Leipzigk
24. tag februar.
£. E. gantewilliger
Joachim Camer»«
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— 102
Ein dem Brief beiliegender Zettel enthielt den Nachtrag:
tDes Inftniments nnd mufika halber meidung, ift mir gantz
gefellig, und Tollte E. E. fune in feiner bei mir wonung auch
darzu angehalten werden, dann ich folche Uebung tur guth,
nütze und ehrlich halte«.
Der Vorschlag, den jungen Studenten mit anderen Patrizier-
söhnen nach Strafsburg zu schicken, fand die Billigung des
Vaters nicht. Vielmehr blieb er bei dem Entschlüsse, den Sohn
nach Leipzig zu senden und Herrn Joachim Camerarius in Obhut
2U geben. Mit einem am 17. April an letzteren gerichteten
Brief ausgerüstet^)» trat Christof Krefs in Begleitung des
Reitknechts Wolf Hertz die Reise an. Die Reisenden schlössen
sich Herrn Martin Pfinzing an, der wahrscheinlich zur Messe
nach Leipzig ritt; er legte die Reisekosten aus, die nach dem
Zettel, wel' hen Christof ;ini 28. A]>ril nach Hause sandte, für
ihn und seinen Begleiter Wolt Hertz 10 fi. — gr. 2 \) betrugen.
Die Reise ging über Bamberg, Coburg, Gräfenthal, Saalfeld,
Kahla, Jena, Naumburg, Weifsenfeis und Lützen. Der erste
Brief vom obengenannten Tag meldet die glückliche Ankunft
in Leipzig. Der jugendliche Student scheint sich im Hause des
Herrn Camerarius bald heimisch gefühlt zu haben. Er war mit
allem Nötigen wohl versehen; nur ein Deckbett ging ihm ab
und er bat, ihm ein solches zu schicken, da ihm die Frau Ca-
niernieistcrin keines leihen könne. Seine erste Sorge war die
Wiederaufnahme des M u-^ikinUerrichts ; al>L*r trutz der Versiche-
rung des Herrn Camerarius, dais er sehr damit einverstanden
Der Brief, den ihm der Vater mitgab, lastete : »Meine freundticli
willig dicnft zuvor, erwirdiyer und ernveftcr, gdnftiL^er, liclier Herr. V. K.
fchrciben den 24. lag fcbrtiarii ausgangen, vf mein bitlich anluchen und
fchreiben von wegen mcins fons ChriftotTen, denfelben zu euch in E. E. Bc-
haQfung anzunemen und, fo viel mnglich und got gnadt verleicht, mit leraung,
cnft und klaidung und anderer notdurft zu verfchcn, indem ir euch )^:ir.\7
gutwillig und willfarig erzeigt, hab ich empfangen, des ich mich gantz dinst-
Itch und freimtlich bcdanck, wil auch folchs, wo ich kban, umb E. E. und
die Eum in anderem widenimb verdienen, auch was E* E. von feintwegen
bezalt und er zu feiner notturfl bedarf, 7U guten bentiegen und danck jeder-
zeit erbarlich bezalen mit freunilicher bit, E. E. und eure liebe haufsfrau
wolt unbeschwert fein. Wie dann mein vertrauen zu E. E. und enrer lieben
haufsfran i^aht, des verfehens, er werdt fich alles gehorfams erzaigen und
thun, wa.s euch !ie'^ fei, wie er denn bi.shero fich gegen mir erzaigl und nil
tweitl noch thun werdt. Mit erbictung, was eur E. E. lieb und dtcDfl ift,
bin ich jeder zeit willig und berait. Damit gotl bevolhen.
Datum den 17. April 56. ChriftofT Krefs«.
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— 103 —
sei, wenn der junge Mann Musik treibe, verging geraume Zeit,
bis der Wunsch des letzteren erfüllt wurde. Aus Leipzig stam-
men vieruiiddreifsig der abgedruckten Briefe. Unser Christof
zeigt sich darin, wie ihn der Vater dem Herrn Camerarius
angekündigt hatte, als ein gutartiger Mensch und braver, gehor-
samer Sohn, der emsig bemüht ist, den Wünschen des Vaters
in jeder Hinsicht gerecht xu werden. Zwar erfahren wir Uber
die Art und den Fortgang seiner Studien nur Spärliches aus
den Briefen; wohl aber läfst sich aus den treuherzigen Zu-
sicherungen des Briefschreibers ersehen, wie emstlich er sich
angelegen sein läfst, den Vater zufrieden zu stellen. Er will
sich gegen jedermann so verhalten, dafs sie ohne Klage seien,
will sich auch der getreuen, väterlichen Vermahnung nach recht-
schaffen verhalten und keinen Fleifs in seinem Studium sparen,
sondern soviel ihm möglich ist, damit fortfahren, er hofft, (»Ott
der Allmächtige werde ihm helfen, dafs er mit den Zeiten den
Leuten auch nützlich und anderen ehrlichen Leuten gleich werde
u. s. f. Aus einer Korrespondenz, welche im April 1558 zwi-
sehen Christof Krefs, dem Vater, und Joachim Camerarius
gewechselt wurde, ergibt sich, dass auch letzterer mit dem Ver-
halten des jugendlichen Studenten in jeder Hinsicht zufrieden
war, er erteilte den Rat, ihn noch ein Jahr lang in Leipzig
weiter studieren zu lassen, einen Rat, den sich der \'ater gerne
gefallen licfs Direkte Nachrichten vom Solm Christof fehlen
') Es ist nur die Antwort des Vaters Krefs auf dnen Brief des Caaie>
rarius vom 2. April erhalten. Sie lauiet wie folgt:
«Mein freuntlich willig dienit zuvor, erwirdiger und ernvefter. gttn-
ftiger, lieber herr. E. B. fcbrelbeo, den andern tag april von wegen meini
funs ChriftoflT ausgangen, ift mir wohl lakinnen, und do er fleh gegen euch
und den eurn alles gehorfams gefolgig und dienftbarlich, wie (Ich geburt,
verhielt und erzaigdt, war ich zum hochften erfreudt, und bedanck mich
gegen E. E. fanbt earer lieben hanfTrauen ganz freuntltch und dienftlicb
aller mueh, vleiff und guts bewifner wolthat meins funs halber und lafs mir
E E. getreuen, wolmeinenden rath und fjiitbeduncken gefallen, ine noch
ain jar zu i.eijizik zu verharren und leins liuilt auiszuwarlen, aber nochmals
mein dienfttich vnd freuntHch bitt, E. E. und die euren nnbefchwert sa fein,
ine diefs jar noch weiter bei euch mit cuft, lernun^ und andern zu erhalten,
das will ich umb euch und die eurn ider zeit, wo ich kann, in andern
widcrumb ganz freuntlich befchulden und verdienen, und thu hiemit E. E.
famb den irigen in gottes genedigcn fchutc und scbim bereUeodt. datnm
den 14 tag aprll 58.
Chriftoff KreCi.
Dem erwirdigen und emTeften bern Joachim Camermeiller su Leipzig, meinem
gttnftigen boa an banden.«
— 104 —
aus dieser Zeit; vom 25. Februar bis 17. September 1558 ist
keiner der Briefe erhalten, die er nach Hause schrieb. Um so
ausführlicher ist der Brief vom letztgenannten Tage, in welchem
der Briefschreiber unter dankbarer Anerkennung der ihm bisher
erwiesenen Wohlthaten zuerst dem Vater die Bitte vorträgt, ihm,
da es an Ostern drei Jahre würden, seit er nach Leipzig gekom-
men, und da Cameran.»s wegen des leidenden Zustandes seiner
Frau die Kostgänger aufzugeben beabsichtige, mitzuteilen, ob
er ihn weiter studieren lassen wolle und wohin er ihn zu schicken
gedenke.
Der Vater gibt ihm einstweilen die Zusieherung, dafs er
ihn an Ostern von Leipzig abrufen werde, ist aber noch unent-
schlossen, wohin er ihn alsdann schicken will. Der Wunsch
des Sohnes, mit einem Altersgenossen und Landsmann, der auch
eine Zeit lang in Leipzig studiert hat, nach Frankreich geschickt
zu werden, findet keine Beachtung. Die Entscheidung scheint
erst getroffen worden zu sein, als Christof Krefs naeh Nürnberg
zurückgekehrt war und einen Brief des Henn Camerarius mit-
gebracht hatte, worin dieser den Rat gegeben hatte, den Chri-
stof, da er von schwächlicher Gesundheit sei, nicht ohne jeman-
den Bekannten, dessen er sich etwa zu getrösten hätte, in die
Fremde zu schicken. Vielleicht hei die Wahl auf Bologna, weil
dort ein Onkel Christofs, Herr Albrecht Scheurl^), ein Haus
und eine Handelsniederlassung hat^e und er dessen Obsorge
empfohlen werden konnte. In Leipzig hatte Christof noch trübe
Zeiten durchzumachen, da die Frnu Camermeislerin an schwerer
und lang\vierii;er Krankheit darnieiicrlai;. im April IjjQ nahm
er Abschie<! von seinen «gütigen Hanswirten, Camerarius rulnnte
in einem Briete^), den er ihm wahrscheinlich mitgab, dafs er
') Herr Albrecht Schcurl, r,'eb. 1525, gest. 1580, war mit Magdalena,
der älteren Sctiwebter der Stiefmutter unseres Christof, verheiratet. Herr
Etidres Imhoff berichtet darttber in seinem Geschlecbtsbach: »Item mein
liebe tochter madalena fo geboren ift aulT 16 iKMiembris 1526 . . die hab
ich im nomen gottes verheirat dem erViarn Albrecht Schf?urol vml ifi ihr
lautmerung geweft den 27. May anno 1546 vnd die hochzeit darnach auü'
3. augaflo, also fie nit gar ao jar alt geweA . . .< Albrecbt Scheurl war
vor seiner Verheiratung in Bologna und kommi im Jahr 1544 als Albertus
Scheurlin Noricus in den Jahrbüchern der deutschen Nalion vor. S. Acta
nationis gcrm vniv. Hologn. S. 329.
') Wir bringen auch diesen Brief im Wortlaut zum Abdruck:
>Ernvhcrt( r, fiirfichtii^cr, crhar weifer, günfliger herr. Auff eur Weis-
heit beger und Verordnung hat derfelben iunt Chriftoph diefcr seit felnea
. ijui. u i.y Google
— 105 —
sich allezeit und in alle Wege ehrlich und frömmiglich verhalten
habe, und gab der Hoflfnung Ausdruck, dafs die Zeit in Leipzig,
was das Studieren anlange, nicht vergeblich zugebracht sein solle.
Aufserdem brachte Christof ein höchst ehrenvolles Abgangs-
zeugnis von der Umversität mit nach hause
abfchied genumen und fich allzeit und in alle wege ehrlich und fnimbklich
verhalten, fo hofTe ich, was das ftudiereo belangt, die zeit auch nit ver-
gebens zugebracht fein folle. Was auch derhalben ich mit ime geredet,
haben E. W. von ioie zu vernemen, die ?.eit er hie gewefen, habe ich ver-
nierokt, das er nit not fpft vntl feine gefuntheit zweifTelich, das alfo dannnch
mit feiner ferneren verfchickung befcheidenbeit und vleids zu haben und die
vorfehttog xtt thueo, das er umb jemant« bdcants feien möcbt, des er (ich
etwa tn getroften hette. Ohe ime nun Welschland oder Franckrt-ich zu-
träglicher feins Iffibs halben, werdet E. W. fich wiffen zu befraijen, fünft
hett ich in der erft nit für unratfam geachtet, das er gen Padua gefchickt
würde, doch in allwege mit einem Bekanten, nnd wormit ich B. W. fane
noch hinfurt retlich und ferderlich feien kan, in demfelben folle mein vleifse
und treue ijefpUret werden, E W. fambt den iren hiemit in Gottes gene*
Uigen fchutze und Ichinne bevelhend. Aus Leipzigk am 21. tag Aprii.
E. W. dtenftwElliger
Dem ernveften, nirfichtigen und weifen Joachim Camer.
herrn Chrifiophen Kreffen, des kleinem
Raths, meinem gUnftigen herrn zu
Nombergk«.
Auf einem Zettel: »Auch, ernvhefter, weifer, günftiger Herr, zeicjt mir
mein fune Joachim ahn, C. W. fune Chriftoph habe auf derfelben bevelh
ime ein Italliehe verehmng, nemlich 10 taler, zugestellt. Nun ift es mit dem
andern soviel und da ich nit befurget, E. W. mochte e« andergestalts ver-
ftehen. foUe er e% nit gentimen haben, wurdet aber von mir erindert, fich
nachmals solichs zu verdienen gegen E. W. und derfelben verwanthen zu
bevleiffigen«.
') Im Nachstehenden der Wortlaut der wohlerhaltenen Pergament-'
Urkunde :
Anfscbrift: Testimonium datum in Academia Lypsica Christophoro Krefsen
Anno 1559.
Rector Academiae Lipficae. Praeelara testimonia litteramm publi*
eamm duo habent commoda, ttoum quod certiores de aliquibus reddunt
eos, quibus ostenduntur, alternm quod hortantur et quasi obligant eo> ipfos,
quibus tribuuntur, ad diligentiam et curam reliquae vitae, ne a pnonbus
sequentia discrepent. Rectnm etiam haec petentium est iudicium, dorn illi
statuunt publicae signiücationb autoritatem stbi et omamentam adinngere
et fructnni ferre pofse. Et sunt haec meritis atquc dignis non grauatim
imperttenda. Itaque nunc fecimus, cum significasset nobis honesto et bono
loco celebris familiae natus CHRISTOPHORVS CRESS Norimbergensis.
se post confectuni triennü in nostra Academia cursum auocari hinc ad alias
exercilationes studiorum suorum, nosque reuerenler orafset, ut testimonii
publici litteras de se perscribendas sibique tradendas curaremus, fecimus
igitur hoc libenter, ut copiditati illius honeste morem gereremus. Compe-
rimtts antem cum non modo placide et quietc et sine querela ullius tote
hoc tempore triennü hic vixifse et pro saa parte afsiduo ac diligenter
operam dedilse bonis literis et artibns Uberalibas, sed obseruando aeneran-
doque, quos aeqnnm efset, et erga eaeteroe moderate et comiter se gerendo
beneuolentiam amorem<|«e sibi omnium conciliaviise et discendo laatnm
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— 106 —
Im September desselben Jahres finden wir ihn auf der
Reise nach Italien. Die uns erhaltenen Briefe, die er aus
Italien in die Heimat geschrieben hat, umfassen einschliefslich
der beiden unterwegs geschriebenen den Zeitraum vom 4. Sep-
tember 1559 bis 24. August 1560. Sie ünd zumeist inhaits-
reicher als die \nn Leipzig aus heimgesandten und verraten
sclion ein gereimteres Urteil. Man wird die Schilderung der
Teuerung in Italien, die Urteile Ubör die gelehrten Leute in
Italien und die welschen Hausherren und ihre Habgier, den
Bericht tlber den Ankauf der Majoliken, die Schilderung des
Studentenaufstands und des Auszugs nach Ferrara nicht ohne
Interesse lesen. Dagegen vermissen wir auch in diesen Briefen
aus Italien nähere Nachrichten über die Kollegien, die Christof
K.refs in Bologna belegt, und die Docenten, die er gehört hat;
er berichtet in einem der ersten Briefe, d^is ihm der Scheurl
zu einem Meister verholfen hnhe, Her ihm alle l äge eine Stunde
italienisch lehre, dafs er lerner taulif h /.u einem welschen Doktor
gehe, der ihm neben anderen Studenten lateinisch lese, und
dafs er, was sonst sein Studium im Hause anlange, von dem
Präceptor des Piintzing^) und Nützel profitiere. Später schreibt
piofecifse, ut tempus Utud bene collocatum efse uideatur; fuit in faiitilia
Semper Joachimi Camerarii, qu«e illi pietatii et integritatis Uudero Iribuit
Ol tanrjuum unum cognationis suae carum h.ibuit, id quo'l expliinituni nobi«;
u.i efsf tp'4 .tmiir, et atl quoscunque se conlulerit hic CHRiS TÜFHORVS, ab
eis cupirnu» precamurquc bac de caufa, illum defendi, adiuvarique et
diligi, quo nomine et nostrae Aeademiae honorem habert intelligetnr. Cum
antcm ot ]->ro1nt;\s et m<)^!estia et mediocris eruditio in hoc a nobis prae-
dicetur. facile unumquenquam existimaturutu eise credimus, si hone CHRI>
STOPHORVM dementia, benignitate, »tudio, humaniute sua complecSatur.
Ab ipso et grati animi fidelem memoriam et operae obsequüqae debitam
düi'^eniiam suhniifse officioseque et sedulo colendam expectari posse; secun-
dum Theognidem enim Toio a'^uti-äo e^istat •^vu}^^tl oi xal oitfnO, Et si quid
bonts boni fit, eise idem et graae et graturo solet, quemadnodum ait
Flautus. Nos Ut gattdemus in huc peraeraitate plttriinorum ofTerri oceasionem
landandi aliqiios, sie apn<l fxcellentes sapientia, virtvile diL;nitatequi' nmnes
teattmonium no*iirum ponderis aliquid habimrum, et ob hoc ipsun* <^iiKl-
STOFIIOKI accessnm compellationemqne gratiorem et clementiam, bentg-
nitatem, Studium, humanitateni cuiusque prolixius et inapensius e!>se eum
expertutum confidimus. Perser. XIII Cl. ^f;lii, Anno Christi lestt MDLIX.
Perg -L'rl-. Mit dem Univer&itäts&iegel in rotem Wachs an rotem
Band in Blechk i<>>fl
*) Carulus i'hntzing, Norimbergensis, und Joannes Nüzel, Noricus,
wurden im Jahre 1558 in die Jahrbftcher der deatschen Nation in Bologna
eingetragen, wahrend sich znm folgenden Jahre 1560 folgende Eimrige finden :
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— t07 —
er, dafs er seine lectiones piiblicas habe, wie in I.ei])zig auch,
und versichert da.nii ab und /u, dafs sein Studium in /icnilidicm
W esen stehe. Fr beri<'htet terner, dafs er die Fundainenta der
Sprache allgeiuacb begreife, sich in die Sitten und Ciebräiirhe
der Itahener finde und des Studiums der Musik und anderer
adeliger Exercitien auCs eifrigste befleifsige. Trotz seiner scliwäch-
liehen Gesundheit verträgt er das Klima in Bologna vortrefflich.
Bittere Klage führt er fort und fort darttber, dafs er keine Nach-
richten aus der Heimat erhalte. Dies hatte im Sommer 1560
ofTenbar seinen Grund darin» dafs der Vater krank war; daraus
wird sich auch erklären, dafs die späteren Briefe aus Italien nicht
aul'i^ehuben wurden und nicht auf uns gekommen sind. Am
23. November irx» ) st.irl) der Vater Christof Krefs, erst 45
Jahre alt. Hnser Christof aber war noch im Ncnember
in Italien und hielt sich damals in Lucca auf, wie aus einem
am Q. November 1561 von einem Kommilitonen Wilhelm von
Freiberg zu Aschau und Wildenwart von Pisa aus an ihn gerich-
teten Brief hervorgeht. Dagegen befand er sich im Februar
1562 wieder in Nürnberg; dorthin schrieb ihm von Lucca aus
am 19. Februar ein anderer Freund Carl Re) hinter.
Der frühzeitige Tod des Gatten und Vaters war für die
erst neuiuiridzwanzig Jahre alte Frau Katharina Kressin und die
neun Kinder, welche den Vater ul'erlebten, ein iiberaus schwerer
Verlust. Zwar nahmen sieh der Cirofsvater und eui Bruder der
Frau, Hr. Fndres imhof der jüngere, welche mit zwei Verwandten
der verstorbenen ersten Frau den Kindern als Vormünder bestellt
wurden, treulich der Veriassenen an; aber es war gewifs keine
kleine Aufgabe für die Witwe» die neun Kinder, von welchen
der älteste Sohn, unser Christof, beim Ableben des Vaters
neunzehn Jahre, der jüngste aber erst wenige Monate alt war,
zu erziehen. Von dem zweiten Sohn, Friedrich Joachim, erfahren
wir aus den Brieten seines Bruders, dafs er in Brüssel an des
Herzogs von Savoyen Hof einem Herrn diente. Aber nucii die
anderen Sohne erster Ehe wurden bald in die Fremde geschickt,
Domintt» Christopboms Cress Noricus,
Dominas Georgius Tetzel Noricti<
Dominus Georgiuä Hoffman Norimbergensi.s
cf. Acta nationis Gerinanicae Vntversitatis Bononiensis archetypis tabq-
larii Malvecxiaat. Berolinii 1887, S. 336, 337.
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— 108 —
Hieronymus und Karl, unit ersterer in den Niederlanden, letzterer
in Wien bei einem Herren Dienst zu nehmen, und Hans, um
in Lyon die Kaufmannschaft zu erlernen. Auch unser Christof
blieb nicht lange in der Vaterstadt. Am 22. Juni 1563 machte
er sich in Begleitung eines Einspännigen auf den Weg nach
Speier, um düit in den Dienst des Duktor Al)raham Löscher zu
treten und sich in der Praxis für den juristischen Beruf vorzu-
bereiten. Im Oktober begab er sich von Speier aus mit Erlaubnis
seiner Vormtinder nach Frankfurt a./M., wohin ihn die bevor-
stehende Krönung Maximilians zum römischen König zog. Der
Aufenthalt dortselbst erstreckte sich bis in den Monat Dezember.
Inzwischen war in Nürnberg am 6. September 1562 die alte
Frau Helene Kressin, Christof I. Krefs Witwe, die den Kindern
ihres Vetters Christof eine getreue mütterliche Freundin gewesen
war, kinderlos uud ohne Hinterlassung eines Testaments ver-
storben. Die Auseinandersetzung ihres Nachlasses ^) machte den
Vormundern viel zu schaffen und iiefs ihnen die Ruckkehr ihres
Mündeis nach Nürnberg erwünscht ersclieinen. Mit Brief vom
4. März 1563 erging deshalb die Weisung an Christof Krefs,
sich zur Ordnung seiner Angelegenheiten in die Heimat zu-
rückzubegeben. ^
') Das Haus am (Jbbiniurkl, das sie hewohnl halte, kaufte >i).itrr, im
jähre 1564, Frau KalhartDa Kreffin von den Erben. ^Imhogucbei» C^e-
schlechtsbuchJ
'1 Der Brief der Vorrnttoder lautet, wie folgt:
Unfern freuniltlichen L;rufs zuvor, lieber fon und vcltfr. dits iinfL'r
fchreyben ift allein von wegen, nachdem wir dir gleichwol vor der zcU zu-
gefcbrieben und dich verstendigt haben, welchermafen weylundt die erbar
frau Helena, defs Ernveften F. L. W. Herrn Chriftoff Kreffen fei igen wittib,
nnfcr, auch dein liehe mum feligc, verrückter zeit in Gott todes verfcliieden
und alfo ab iolesUtto abgangen ift, dieweil fich daunnoch bifs anhero kain
ieftament oder letzter will, den fie aofg^cht, oder hinder tr Terlanen hette,
nit gefunden hat, alfo haben wir vonnandere von dein und der andern deiner
gefchwiftriget als unfcr Pflegkinder wegen mit den auch Ernveflen F. E. und
W. herren gedachter frauen feligeu bioderlaffcn negften erben, was wir von
wegen dein und der andern deiner gefchwiftriget nur nothwendig geachtet,
lücrlcy handluni; zu pflegen und derowegen mit inen noch in uncrorterter
li.i'KÜun.; ftrc", dieweil due dann fo tirihe !iei der iKinndt ■.md ane das
nichts zu verfuumen haft, hat un^ lur ratlam umi guel angefehen. das duc
dich felbft hieher verfuegeft und neben ans der handlang beywoneft. Dero-
we<;cn fo ift unfer freundtlich fynnen vr 1 l)t ;; :r .111 dlcli , das dne deine
fachen d.miden d;ihin richten und was due zubezallen Ichiiiuig daffelbig
ab/.alen und dich alshaldt mit briefszaigern, dicfcm ainfpenigcn. in dem
oamen Gottes erheben und hieher verfuegen wollest« Und nachdem wir dann
erachten khennen, das due zur abrtchtung deffen, was diie daniden fcbuldig
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— lOQ -
Über den weiteren Lebenslauf desselben fügen wir nur
kurz das Folgende bei. Am 18. September 1564 vermählte er
sich mit Ursula, Herrn Jobst Tetzeis, des älteren geheimen Rats,
und Frauen Anna Vockammerm Tochter. Bei Gelegenheit seiner
Verheiratung wurde festgestellt, dafs er von den VormOndem
währenci seines Aufenthaltes in luilien 3üÜ Ii. uiui /:uf voll-
/.ichung seiner Lautincrung und Hochzeit 500 tl., somit im
Ganzen aus dem gemeinschaftlichen Vermögen der Geschwister
800 fl. vorgestreckt erhalten hatte. Er versprach diese Summe
zu verzinsen und in Raten zurückzuzahlen und verpfändete dafür
seinen ^Jo Anteil an den Eigengütem zu Rätzelsdorf, Letten und
an anderen Orten. Im Jahre 1565 wurde er Genannter des
gröfseren Rats und Schöffe am Stadtgericht, an Ostern des
folgenden Jahres kam er in den engeren Rat, 1574 wurde er
Waldherr und Landpfleger und 1570 alter Bärgermeister. Seine
erste Gattin, die ihm nur einen Sohn, Jobst Krefs, geschenkt
hatte, starb 1574. Seine zweite Frau war Frau Maria, Herrn
Gabriel Muffels hinterlassene Witwe, Christot Floden und Katha-
rina Tucherin Tochter, mit der er am 13. Februar 1579 Hoch-
zeit hielt. Sie gebar ihm keine Kinder. Wie sein Vater, starb
auch er im besten Mannesalter. Erst 42 Jahre alt, segnete er
am 23. Jurti 1583 das Zeitliche. Im Chor der Kirche zu Krafts-
hof, dem alten Stammsitz der Kressen, liegt er begraben. Er
und zur uhrong geldt bedOrffen wflrft, alfo überfenden vrlr dir hiemit ein
briefflein von dem Cunradt BifchofT alhie an feine leulh gehn Speyer, das
wolleft an das m-lmri" orth ültcrantwortten und was dir dann an geldt
mangeln wirdt, uiagii due von dcnlclbeD, aber doch auch nit mer, dann
fovU dne za deiner gebflrlichen nottnrft bedttrffen wirft, aafiiemen, das fol
inen alhie zu danck widerum abgericht und !)e;<ah werden.
So dir dann Golt der Herr hieher hilifi, fo mni^ftu liei deitior lifT-
mutter, fo ir wobnung jetziger zeit in Albrechien Scbeuerleins licii^uiiung
«m marlct bat, oder aber bei deinem vettern Jacoben Haller (der jcui^^er
zeit auch fieitigs hie wohnel i, ciacihen, welches dir am gefelligften fein wirdl,
das wir dir alfo rn deinem wolgefallen auch h.iimt;eftel!t haben und
thuen dich hieinit (ioit dem alhuecbtigen in lernen Ichuu bevelheo. Actum
Nürnberg, Pfinztag den 4ten Martso Ao. 63.
Endres ImhofT der Cllter
Joachimb und Jacob die Haller
und Endref« Imhoff der Junger.
Dem Erbern und Ehrenveflen
unferm lieben Son und Vettern
Chriftoflen Krcffen jetziger
zeit tu Speyer subanden.
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— 110 ^
hatte zuerst in einem Kckhause am Markt und der Waaggassc
und später in der Zisselgasse gewohnt.
1.
Kindliche forcht vnd alles uuts ziiudran. hert/lieber vattcr.
Wenn ir alle frisch vnd gesunth wert, wers mir ein grolle freudt
zuhörn. Desfelbcn gleichen las ich dich wiHen, das ich auch
frisch vnd gefunth alhieher gen Leipzig zu meinem herrn an-
kommen bin. Gott dem Almechtigen fei Lob vnd geb lenger.
So find auch alle meine Kleider vnd Puecher on allen fchaden
herkommen. Der zehrung halber, wie du mir befolhen haft dir
zu verrechnen, was mir ein jeden t:v^ \ nterwegen verzeren, fueg
ich dir zu wissen, das un^ der Pfintzing ') bifs gen Leipzig ver-
zert hat \ iid hat alliie dem Wolf Hertzen ein Zetl zugestelt,
') Martin PfiiiaiaK, geb. 15*1, ww mÜ ai. OIctober 1544 mit einer
Leipzigerin, Katharitia, der Tochter des Heinrich Scherl, rerheiratet. (Pfin-
zingisches Geschlecbtsbuch).
^) Der Zettel ttber die Reisekosten ift erhalten und lautet :
Volgtt heromch was Chriltofl* Kreis und Wolff Hertt
von Nttrmberg
j^elin Leypsigk verzert haben.
Erfilich zu Hamhergk vber nacht verzert
fl.
I
1 Pf.
In den Frei'iscckel geben ....
• • .
fl.
J
gr.
3 i'f.
Mer gluydgeltt geben
• « .
fl.
gr«
a Pf.
8
Zw Kobburg verzertt vbcr nacht .
* « «
H.
g«"-
18 Pf.
6
Zw Grcffcntal zu mittag verzert
fl.
10 Pf.
Zw Salwelit vber imchi vertbun
• • •
fl.
I
gr.
I Pf.
Zw Kala verzert zu mittag . . .
• » .
fl.
gr-
9 Pf.
Zw Genn vber nacht vcr/ert .
» • »
fl.
17 Pf.
7\v der Nauburg verzert zu mittag
fl.
10 Pf.
Zw VVeyffenfcls vber nacht verzert
• • •
fl.
gr-
18 Pf.
gr-
9 Pf.
Tbnt die
zerung
fl.
7 gr-
18 Pf.
2
Mer Furlohn zalt von 2\ ctr. den
ctr, zw
Ii,
2
gr-
^ IT.
Thun Iii Suiunia
in ailes
11.
10
gr-
Pf.
2
Auffchrifl; Wolff Hertzen zerung belangenct.
Auf einem zweiten Zettel find die .\u hi|^eii des Wolf Hertz verzeichnet:
Mer hat Wolf IKrtz von feinem geh dargelihen zu macherlon was
vnler wegen /ubrochen ist.
Nernhch 12 Pf fttr i huffeyfren,
13 Pf zu befchlagen,
12 Pf f;;r t fchwammen,
Pf. dem bul wirer,
3 Pf. zu hefften,
IT. vi>ii hiiln zufuren,
4» i'i. v(jn Wolf Hertzen gaul zabefchlagen,
24 l'f. vom fatl zufuelerii.
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— III -~
was er für vns bezalt hat, den fchick ich dir hiemit vnnd hat auch
der Wolf Hertz dem Pfintzing, wafs er für vns bezalt hat, nach laut
des Zetel widerumb zu danckh albie bezalt. Weiter hat er vom gelt
\ taller zu der Wunderburg in die kuchen geben vnd } tailer in ftall.
So laf ich dich wiffen, das ich fünft mit aller rüftung nach not-
turft verfehen bin, dan allein ir folt mir aufs erst ein deckbett
fchicken, den die Camermaifterin kan mir keins leien, fo ifts
mir zu kalt. Des iiiltruinents lialt)cn lal ich dich wiffen, dafs
fihe hie tewr findt, doch hoff ivh in kurtzen ftunden eins zu
bekommen, dan man hat ir jetzund auf dem man kt tll fail.
Auch fo hab ich mich erkundigt, das ein oiganüt nicht minder
dan im monat ein taUer oder villeicht rner nimbt. Dcrhalhen
wan du vrider fchreibft, wolft michs wiffen laffen, ob ich weiter
zu einem gen fol oder nicht. Damit was dir lieb i(t, vnd Got
befolhen. Gnies mir die mntter vnd mein gefchwifterigt. Datum
Leipzig den 28. April! im 56 Jar.
ChriftolT Krefs der Junger
D. W. 15. A. Z.
2.
Kindliche forcht vnd alles guts zuuoran, hertzlieber vatter.
Wen ir alle frifch vnd gefunth wert, wers mir eine grofle freud
zuhörn. Deffelben gleichen wift mich auch in zimlicher ^ei'iiiU-
heit. üott dem Almechtigen fei lob vnd geb lang. Lieber
Ein dritter Zettel endlich enthält die Zehrungskoften des Wolf Hertz
auf tier Rückreife.
Kinreutten zu Lejrpzig am famitag zu nacht hab ich Tercert zu nacht
I fl. i8 gr. 5 Pf.
Zum andern am aufsreatten am eritag zu nacht hab ich verzert zu
WeifTetifels 8 gr. 9 Pf.
Am Mitwoch zu frie zu Genn (Jena) mitag vertertt 4 gr. «nd zu
nacht zu Kala verzert 8 gl. 8 IT.
Am pfmftag zu frie zu Salfeldt verzertt 4 gr. 6 Pf. vnd zu nacht ^eue
Greflendall 10 gr. 5 Pf.
Am freit ag /u frie ^um newen ftedl verzertt 5 gr. vnd zu nacht zu
Cochberg i Coburg?) v<»r7ertt n ;^r. 0 Pf
Am fam&tag zu tne zu Radeiioril ^^kaltelsdnrf 1 6 gr. 6 i'l. vnd zu
nacht zu Bamberck verzert 5 gr. 6 Pf.
Am funtag za frie zu &Iang 5 a Pf.
') Die Gattin seines Hausherrn Camerarius, Frau Anna, geborene
Truchsefs von GrUnsberg, verheiratet .seit 1527. cf. Will, Gelehrtenlexikon I,
S. 162.
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— 112 —
vatter, ich fueg dir zuwiffen, das ich ein zimlich gttts inftnimeot
bekommen hab, aber nicht neher dan umb acht taller, das hat
mir der Pfinbcing bezalt, damit das ich nur eins bekdmme, vnd
das ichs nicht vergefs, dan meines herrn halben het ich lanckfam
eines bekommen, dan ich vermerck wol, das er mir nit gern fo
vil gelts auf cinin.Li geb, viid ich hab auch das instrument alhie
bei eini organiften gehabt, der hat mirs recht bezogen, der fagt,
es fei feins gelts wol werth vnd fei nicht zu deur vnd ift vn-
gcuerlich ein wenig groffer weder das daheim. Du werft der-
haiben dem Pfiiuing das gelt wol widenmib zuftein. Weiter
weif ich dir nichts zu fchreiben, dan fchickt mir das deckbet
aufs erft, fo ir kunt, dan ich des notturftig bin. Damit was dir
lieb ift vnd Gott befolhen, die Camenneifterin le(t dich fleiHg
gruefen, gruef mir auch die mutter vnd meine gefchwifteret.
Datumb zu Leipzig den 6. Mai im 56 jar.
ChrifluiV Krefs der
Junger d. W. S. A. Z.
3.
Kindliche forcht u. s. w. (Eingang wie im vorigen Brief.)
Lieber vater, dein (chreiben, den 5. tag Mai aufgangen, hab ich
den 21. tag Mai empfangen, darinnen du mir fchreibft, des in«
ftniments halber, ob ich eins hab oder nicht. So laf ich dich
vsilTcn, das ich dem h. Tlinuing sidcr noch ein fchrciben, wie
er alhie ift hinweg gezogen, an dich gegeben hab, das wirt dir
an zweiffl tider worden fein, darum ich dir h.d» /uuernemen
geben, wie es mit dem inftrument stehe vnd das ich eins be-
kommen hab, welches mir der Püntzing bezahlt hat, neinlicli
vmb 8 taller. Was ich aber hinfüro zu meiner notturft bedarf,
das rieht die fraw Cammermeifterin für mich auf, wie lies dan
aucli mit den andern alfo gehalten hat. So hab ich meinen
herrn von wegen der lernung auf dem inltrument gefragt« wie
das du mich gern noch 1 jar wolft darauf lernen laffen, fo fer
es mich an meiner Icrnung ulchl verhindert. Darauf hat mir
mein herr zu antwurt geben, er wol dir defhalben felbst schreiben,
was mir nutz vnd gut lei. So laf ich dich wiffen, das ich kein
mangl weder im effen oder trinken noch auch an der lernung
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— 113 —
hab, fonder eben als wol gehalten wer, als wer ich bei dir da-
heim. So wil ich mich auch jeder zeit, wie eim frommen er-
liehen fon zufthet, halten vnd meinem hcrrn vnd frawen tliun,
was in lieb ift. Das Got der Almechtig die mutter mit einem
fonV) erfreut hat vnd mit der madl^) ift bcfler geworden, hör
ich von hertzen gem. Weiter weif ich dir nichts zu fchreiben,
dann gruefs mir die mutter vnd wünfch ir vil glücks, gruefs mir
auch die mum Kreffin^) vnd meine gefchwiftergit vnd fonder"
lieh die Maria Imhoff^} vnd alle, die mir guts gunen. Damit
Got dem Almechtigen befolhen. Von neuem gefchrei weif ich
dir nichts funders zufchreiben, dan das teglich alhie das gefchrei
ift, das vil mufterbletz vnd ein grof gewerb von reuttem in der
Meydenburgifclien art fei, aber nimands weif, wem ;ic gdiuicn
oder wu üe hinauf woln. Datum 22. Mai in Leipzig im 56. jar.
Chriftoflf Krefs
der Junger D.
G. S. At
4.
Kindliche forcht vnd alles guts zuuoran etc. Dein fchreiben,
den 20. Mai aufgnngen, hab ich mit fampt dem deckbet empfangen.
Lieber vatter, wie ich dir am nechften gefchriben, hab von wegen
der lemung auf dem inftrument. Verfihe mich, es fei dir zu-
kumen, darin ich dir hab zuuememen geben» das dir mein herr
felber fchreiben wer, was mir nutz vnd gut fei. Ift derhalben
mein freuntUch bit an dich, du wolft mich wiflen laüen, waf dir
mein herr derhalben gefchriben hat, ob ich lernen fol oder nicht,
vnd dieweil du begeril zuwiffen, waf ich für gefellen hab, fo laf
ich dich wiffen, das ich jetzund auf difmal nicht mer weder
einen hab, der ift eins kaufmans fun von Memniingen. So fthet
fünft alle lach alhie recht vnd hab jetzund auf difmal kein
mangel vnd wil mich auch gegen jederman halten, das Tie an
') Der erste Soho zweiter Ehe, nach dem Grofsvater Imhoff Endres
(ADdreas) genannt, war 1556 geboren.
*} Magdalena, Chrbtofs jttngsieSehwester, heiratetetplter Gabrid Ntttxd.
') Siehe vnme S. 99,
*) .Maria Imhoflf, eine Schwester der Stiefmutter, die 1543 geboren,
also mit Christof Krefs stemlich gleichalterig war und nachmals Hm. Anton
Geuder heiratete,
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— 114 —
klag findt. Weiter waif ich dir auf difmal nichts zufchreiben,
dan gruf mir die mutter, meine, gefchwifteret vnd die miun
K reff in mitfampt der Maria Imhoff vnd alle meine freondt vnd
die mir guts gunen. Auch la(t dich mein fraw fleiftig gruefen.
Damit Gott befolhen. Datum Leipzig den 1. tag Juni im 56 jar.
Chriftoff Krefs der Junger
D. G. S. A.
5.
Kindliche forcht u. 8. w. Lieber vater, dein fchreiben,
den 15. tag Juni aufgangen, hab ich empfangen mit anzeigung»
das du meinem herm fchreibft, mich weitter auf dem inftrument
lernen ziilalTen. So fueg i( h dir zuwiffen, das mich mein herr
aufs erst widerumb bei einem wirdt lernen lalTen, fo wil ichs
auch fonft zu guter \ Innig beluilten, damit irhs nicht vergib.
So waif ich auch fünft auf (h'final keinen inangel. Hab auch
vernummen, das die Maria Imhoff vnd der KarP) vnd Hens-
lein*) die flecken gehabt haben, das aber widerumb mit in i(l
beCTer worden, das hör ich gem. Waif dir jetzund vfT dismal
fonft nichts zufchreiben, dan gruefs mir die mutter, mein ge-
fchwiftert, die mum Kreffin vnd Maria Imhoff vnd alle meine
freund vnd die, fo mir guts gunen. Damit Gott befolhen. Meines
Herrn fraw left dich fleifsig gruclfen. Lieber valter, ich wolt
dir gerne elir \ f f dein fclireihcu gefehriben haben, fo hab ich
kein boten bekommen kunnen. Datum 10. Juli im 56. jar.
Chriaort Krefs.
D. G. S. A.
6.
Kintliche forcht u. s, w. Dein fchreibca, den 16. tag Juli
aufgangen, hab ich den 24. tau empfangen, darinen du mir
fchreiblt, das ich noch nichts auf ilcm initrument gelernt hab
vnd die zeit vergangen fei, fueg ich dir zuwiffen, wie ich dir
am nechften hab woln fchreibeui das ich meinen herrn wiederumb
gefragt liab, wie es mit ftehe vnd wan ich wer anfangen zu
') Karl Krofs, <]fr vorjiin i;sle Sohn erster Ehe, geboren 1550,
') Hans Krefs, der jüngste Sohn erster Ehe, geboren 1553.
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— 115 —
leraeUi fo hat er mir zu antwort geben, es fei noch nichts da-
rinen verfaumt, aber nichtsdeftminder fo fchweigt er alfo dami
ftill vnd gct die zeit hinwcckh, fo darf ich in auch nicht wol
widerumb fragen, dan er ift ein wenig ernftlich. Ift derhalben
mein freuntHch l)it an dich , das du im etwa widerumb fchribft
vnd in vermaneft, auf das ich doch aufs erft mocht anfangen
zn lernen, dieweü es an verhindernufs meines ftudierns wol ge-
scheen kan. So wil ich auch fünft an meinem ftudireni fo vil
mir muglich ift, nichts verfaumen, vnd waif jetzund auf dismal
keinen mangel. Damit Got dem Almechtigen befolhen. Gruf
mir die muter vnd meine gefchwifteret vnd die mum Kreffin
vnd alle meine frenndt, auch die mir guts gunen. Gruf mir
auch den Paulus I^autenfack vnd bit in von meintwegen, das
er ein, zwei ftücklein auf das inftrument fchick, die ich ein weil
lern, bis ich hie anfang, vnd das er mirs deutlich auffet/., damit
ichs alsdebeller lernen kan. Sonderlich aber wolt ich gern das
Le contant haben. Datum Leipfsig den Q. Auguft im 56. jar,
Chriftoff Krefs
D. G. S. A.
7.
Kindliche forcht u. s. w. Lieber vater, dein fchreiben
hab ich empfangen vnd vernumen, das du gern wollt, das ich
doch auf das erft weiter auf dem inftrument mocht lernen, foeg
ich dir zu wifTen, das ich dir widerumb gefchriben, wie die fach
darmit fthet, aber dieweil ich kein antwort empfang, weifs ich
nicht, ob es dir ist zukömmen oder nicht. Lafs dich derhalben
nochmals wifTen, das ich auf dein fchreiben meinen herm ge-
fragt hab, wan er mich wol lernen lassen, darauf er mir zu ant-
wort geben, es fei derhalben no( h nichts verfaumpt, aber nichts
deftmiuiler frhweigt er alfo darzu ftill vnd geth die zeit hinwcckh.
Ift derhalben mein bitt an dich, dieweil jetzund mein fraw drawfsen^)
ift, du woleft fie darumb anfprechen oder meinen herrn mit eim
fchreiben widerumb vermanen, damit ich doch möcht fortfarn,
dieweü es wol an verhmdernufs meines ftudirens geschehen kan.
^) Fr«n Cammermeifteriii befand sich also damals in NfiroberK
Hesttclie.
8«
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116 —
Was ich aber zuuor auf dem inftrument gelernt hab, das wil kb
in guter vbung behalten vnd suferderft zu meinem ftudiren keinen
fleifs fparen. Sonft weif ich dir auf difmals nichts zu fchreiben.
Gruef mir die raiittci vnd meine gefchwifteret, die mum Kreffin
vnd alle meine freundt vnd die mir guts guaen. Damit Gott dem
Almechtigen befolhen. Datum in Leibzig den 5. tag Septembris
im 56. Jar.
Chriftoflf Kjefs
der Junger
D. G. S. A. Z.
8.
Kindliche forcht u. s. w. Wie es mit der lernung auf
dem inftrument Ithet, verfich ich mich, da«? werftu auf meinem
vorigen fchreiben bei meiner frawen vernumen haben. Vnd ift
nochmals mein bitt , du wollest bei meiner frawen jetzund an-
halten, damit es doch noch fortgehe, dan wan es jetzund auf
difmal nicht gefchicht, fo hab ich forg, es mocht darnach als-
bald nichts daraus werden. Das liedt vom Paulus Lauten«
sack hab ich empfangen vnd kan mich alfo wol daraufs ver-
richten, vnd ift mein bit an dich, du woleft in weiter anfprechen,
das er mir etwaf guts fchickh vnd alfo wie da.s soiig auffetz.
Auch hab ich vernumen, das mein bruder Joachim*) mit dem
Wilwolth Imhuff-) nach Frankreich verritten sei. Got der
Almechtig geb fein gcnad. Difer zeit weif ich dir nichts zu-
fchreiben. Gruef mir die mutter, meine gefchwifteret, die mum
Kreffin vnd alle meine freundt vnd die mir guts gunen. Da-
mit Gott befolhen. Datum in Leibzig den 14. tag Septembris
im 56.
Chriftoflf Kreff der jung
D. G. S. A.
Kindliche forcht u. s. w. Dein fchreiben, den 18. Sep.
tembris aufgangen, hab ich bei meiner frawen empfangen
Vi Friedrich Joachim, der zw«itXltefite Sohb, geb. 1543.
') Wilibald Imhoff, ein Grofsnelfe des ahen Hrn. Endr«» ImholL
. y 1. ^ . y Google
— 117 —
und vernumen, das du mit meiner frawen von wegen der
lemung auf dem inftrument gehandelt haft» mich aofs erft mit
einem organiften suuerfehen vnd lernen laflen. Fueg ich dir zu
wifTen, das mein herr difer zeit venitten ift, aber in wenig tagen
wider anheims kumen werdt. So wert er mich aufs erft mit
einem organiften vcrfchcn. Auch hab ich vcrnumen von meiner
frawen, das die mum Kreffin wunder neni, das ich ir nicht
fchreib. Ift dcrhalhcii mein frcuntlich l.iit an dich, du woht mir
ein copi vnd titl zufchicken, auf was form vnd weif ich ir
fchreiben fol, damit mein fchreiben mocht ein art haben. Auch
ift mein bit, du woleft den Lauteniack von meinetwegen an-
fprechen, das er mir ein ftuck oder 2 zufchick. Das wil ich
vmb in oder vmb die feinen, fo mir gott zu meinen tagen hilft,
widerumb verdienen. Sunllt waif ich dir auf difmal nichts zu-
fchreiben. Gmf mir die mutter, meine gefchwilteret, die mum
Krcffiii vnd meine freundt vnd alle, die mir guts thun. Da-
mit (iott dem Almechtigen in feinen fchutz vnd fchirm befolhen.
Datum 2. Octobris in Leipzig im 56. jar.
Chriftoff Krefs
D. W. S. A. Z.
10.
Kindliche forcht u. s. w. Lieber vater, ich fueg dir zu-
wifTen, das ich auf dein fchreiben vnd beveUi bei meiner frawen
jetzund wir (werde) anheben auif dem inftrument zu lernen. Waf
er aber das monat von mir nemen wil, das kan ich dir nicht
zuwiffen thun. Aber ich neben meines herrn fon auf bevelh
meines herrn woln aufs nechft mit im handeln, waf er nemen
wöU, vnd dir daffclbig auff das erft zufchreibcn. Auch ift mein
bit an dich, wie ich dan vormals auch gefchriben hab, du woleft
Paulus Laute nfackh anfprechen, das er mir waf guts fchickh.
Sunit weif ich auff difmal keinen mangl, weif dir auch weiter
nichts zufchreiben. Gruf mir die mutter, meine gefchwifteret,
die mum Krefs in, alle meine freundt vnd die mir guts gunen.
Damit Gott dem Allmechtigen befolhen. Datumb in Leibzig in
eil den 13. Octobris im 56. Jar.
Chriftoff Krefs der
Junger D. G. S. A,
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^ 118 —
IL
Kindliche forcht vnd alles guts isauoran, hertzUeber vater.
Dein fchreiben, den 10. Octobris aufgangen, hab ich empfangen
vnd gern gehört, das ihr alle noch frisch und gefunth feit. Def-
felben gleichen wift mich auch noch in zimlicher gefiintheit. Gott
dem Almechtigen fei lob vnd geb hing. So hab ich aufs deinem
fchreiben vernumen vnd gern gehört, wie da«; mein briider
Jochim mit meinem pferdt zu Lion frifch vnd gefunth ankörnen
fei. Gott der Almechtig verleih fein genadt, das ich vnd er
mochten etwaf sehen, lernen vnd erfam, das wir auch mit der
zeit den leuten kunten nutz fein. So wil ich mich auch deiner
getrewen väterlichen vermanung nach rechtgefchaffen halten
vnd kein fleif in meinem ftudiem fpam, fonder fovil mir mug-
llch Ift, vortfam. Weitter fueg ich dir auch zuwlfTen, das ich
hab angefangen zalomcii bei cim or^aiuucn, der hat fich er-
poten, waf im ein anderer geh, das fol mir auch widerfarn.
Sunft weif ich dir auf difmals nichts zu fchreiben. Ich wolt
gern dem vetter Jacob Haller ^) gefchriben haben, fo ift mir
die zeit auf difmals zu kurtz gewefen, aber in meinem nechften
fchreiben hernach foU er auch von mir brief empfangen. Gruf
mir die mutter, meine gefchwifteret, die mum Kreifin vnd alle
meine freundt vnd die mir guts gunen. Damit Gott dem Al-
mechtigen befolhen. Datumb 20. Octobris in Leibzig in eil
im 56. Jar.
Chriftoff Krefs
D. G, S. A.
12.
Kindtliche forcht vnd alles guts zuuoran, hertzlieber vater.
£ur aller gefuntheit wer mir eine grofse freudt zuhören. Def-
felbengleichen wift mich auch in zimlicher gefuntheit. Gott dem
Almechtigen fei lob vnd geb lang. Lieber vater, wiewohl ich
bishehr etlich mal gefchriben vnd fonderlich bei meinem herm»
hab ich aber in langer zeit kein fchreiben von dir empfangen,
ob dir raeine brietif nicht alle zukamen vnd vberantwort findt
Jakob Haller war der Bruder der ventorbenen Matter anierei
Christoph, t;eb. 1522, damals Pflcf^er in Reicheneck. S. Biedennann, Ge-
schlecbtsregister des Nbgr. raliiziau, Taf. 126.
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— 119 —
worden, weifs ich nicht. Wtewol ich g^n eher gefchriben hett,
hab ichs aber dtfer zeit an potfchafit nicht gehabt, fueg dir aber
hiemitt zuwiTTen, das ich alhie bei einem organiften lern, an dem
ich noch kein mangel hab, fonder mich fleifsig vnd treulich des
tags ein halbe ftundt vnterweift. VVaf aber den lohn bedriflft,
weis ich nicht, was man im geben foU, hat gleichwol meines
herren Tun k*^''"''^»^, wol mich eim andern gleichhalten vnd von
mir, waf bilUch vnd recht fei, nemen, Fueg dir auch zuwiflen,
das ich gar nichts von meinem herren vernumen hab, ob er bei
dir gewefen fei oder nicht, welchs mich nicht wenig wunder
nimt. Ich fchreib auch hiemit dem vetter Jacob Haller vnd
ift mein bit, du woleft im daffelbig aufs erft 2uftellen, wiewol
ich daCfelbig gern eh gethan het, hab ichs aber zu differ zeit
an potfchaft nicht gehabt. Difer zeit weif ich fünft nichts zu>
fchreiben, weif auch auf difmal kein mangl. Gruf mir die mutter
üimpt incincn gefchwifterten, die mum Kreffiii vnd alle meine
freuiidt vnd die mir guts gunen. Damit Got dem Almechtigen
beuolheu. DaLumb 14. December im 56. Jar.
Chriftoff Krefs
D. G. S. A.
13.
KintiLlichc forcht vnd alles guts zuuoran, hertzlieber vater.
Dein fchreiben, den 4. Jenner nufsgangen, ift mir wol zukummen,
vnd gern gehört, das ir alle frifch vnd gcfunth feit. Deffelben-
gleichen wift mich aufs den genaden Gottes auch in zimlicher
gefuntheit. Got dem Almechtigen fei lob vnd geb lang. So
hab ich aus deinem fchreiben vernumen, das mein herr mit dir
bei der frauen Kreffin geeffen vnd meinthalben mit im gerett
haft, Weichs ich gern gehört. Hab auch vernumen, das dir
Jacob Haller die behaufung an alle vrfach aufgefagt, daf mich
frembdt bcdunckt vnd niclit wenig wunder nimbt, welchs ich
mich trleicliwül nicht 7,u ihm veriehen. Verfich mich aber, vnfer
herrgüt wer dir etwan ein haufung befchern.*) So lial) ich auch
das fchreiben von meinem bruder Jochim empfangen vnd gern
^) Der Vater Christof Krefs besog eine Wohnniig im Hanse des
Kaufmanns Straub tttid spSttr wohnte er im Ilausn seines Schwiegervaters
Eodres Imhof am nenen Thor neben dem Bamberger Hof.
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— 120 —
gehört, das er frifch vnd gefunth ankommen vnd ein frwmen
herm vnd frauen hab, vnd hoff, Gott der Almeclitic; werdt vns
zu baiden theiln helffen, damit wir mit der zeit den leuten auch
nutz vnd andern erlichen leuten gleich werden. Die Liedlem
vom Paulus Lautenfack iindt mir zukummen vnd kan mich
alfo wol darauf verrichten. Sunft waif ich vf ditz mal kein mangl,
wdf dir auch zu difer zeit nichts zufchreiben. Damit Gott dem
Almechti^cn in seinen fchutz vnd fchirm befolhcn. Wunreh auch
hiemit allen vil glückfeliger neuer Jar vnd was euch nutz vnd
gut ift, Gruefs mir die mutter, meine gefchwirteret , die mum
Kreffin vnd meine freundt vnd alle die mir guts guuen, Datumb
Leibzig 15. Jenner im 57. Jar.
Chriftoff Krefs der
Junger D. G. S. A.
14.
Kindtliche forcht vnd alles guts znuoran, hertzlieber vater.
Kur aller gefuntheit wer mir ein groffe freudt zuhören, ües-
felben [gleichen wil't mich auch aus den genaden Gottes noch in
zimlicher gefuntheit. Gott dem Almechtigen fei lob vnd geb
lang. Lieber vater, fo hab ich alhie von difem boten ver-
numen, das dir em zeit her von mir kein fchreiben zukumen,
fueg ich dir zuwiflen, das ich bisher, fo offt ich botfchafilt
gehabt, gefchriben hab. Ob dir aber dieCelbigen vberantwort
findt worden oder nicht, kan ich nicht wifTen. Ich aber hab
(Ider Michaeli nicht mer dan das nechftig fchreiben von dir
empfangen, darauf ich alfbaldt dir widerumb geantwort vnd
auch meinem bruder Jochim daneben geldiriben. Das ver-
fihe ich mich, fei dir zukummen. So ift auch mein freuntlich
bith an dich, wan du fchreiben vom Jochim halt, wolelt michs
wiffen laffen, wie es im gehe, vnd bisweiln von meinetwegen
gruffen, dan ich nicht alzeit weil hab, ime felber zu fchreiben,
Difer zeit, dieweil ich neulich gefchriben, zu dem fo ift der bot
zu baldt aufgeweft vnd mir die zeit zu kurtz worden, hab ich
dir nichts sonderlichs wiffen zufchreiben. Steht allhie Gott
lob noch im alten wefen. Woleft mir die mutter mttfampt der
frawn Kreffin vnd meine gefchwifteret freuntlich vnd fleiffig
gruffen, vnd l'o lerr euch das nechftig fchreiben nicht zukonmien
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121 —
wer, fo wuDfcb ich euch hiemit allen viel glückseliger neuer jar
vnd waf euch nutz vnd gut ilt. Damit Got dem Almechtigen
in feinen fchutz vnd fchirm bevolhen. Datum in Leibzig in eil
im 58. Jar den 7. February.
Chrifloff Krefs der Junger
D, G. S. A.
15.
Kindtliche forcht vnd als guts zuuoran, hertzlieber vater.
Eur aller gefunthcit wer mir eine grolTe Ireudt zuliürcn. Des-
felbengleichen wift mich auf den genaden Gottes auch noch in
zimlicher gefuntheit. Gott dem Almechtigen Tei lob vnd geh
lang. Lieber vater, ich fueg dir zu widen, das mich mein traw
angefprochen, ob ich dir von wegen der bezalung auff oftem
gefchriben hab, alfo das ich wol abnemen kan, dieweil fie allent-
halben mir und meinen gefeilen dargeliehen hat^.das fie das>
felbige auch teglich bedurf vnd gern bezalt wer. Wll derhalben,
dieweil mir der pott zu baldt ift aufgewefen, mitler zeit mit
meiner frawen abrechnen, vnd fo es dir gefellig ift, die rech-
nung mit nieincni nachkunienden fchreil)en 7ufchicken, il't tler-
halben mein bit, du wolft auch deUelbig, wie ich mich damit
halten lol, auis erft zuichreiben. Sunft, dieweil ich neulich
gefchriben hab, weif ich miff ditzmal nichts zufchreiben, weif
auch keinen mangl, ftet hie fünft noch im alten wefen. Nicht
mer, dan waf euch lieb nutz vnd gut ift. Damit Gott dem
Almechtigen in feinen fchutz vnd fchirm beuolhen. Gruf mir
die mutter mitfampt meinen gefchwifterten, die mum K reff in,
vnd alle meine freundt vnd die mir guts gunen. Datum Leibzig
in eil den 3. tag Martzi im 57. Jar.
Chriftoff Krefs der Junger
D. G. S. A.
16.
Kindtliche vörcht vnd alles guts zuuoran, freundtlicher
hertzlieber vater. Kur aller eefuntheit etc. etc. (wie in den
früheren lirietca). Lieber Vater. Es hat mich der orirnnift,
da bei ich krn, angefprochen und gebeten, dafs ich ihm von
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— 122 —
Nürnberg gute faiten wollt bringen laffen, das wöl er mir alhie
widerumb zu dank bezaln. Ift derhalben mein freuntlich bin
an dich, du wolleft Paulus Lauten fack von meintwegen bitten,
das er darinen nicht wöl befchwert fein, mir eine gattung vnd
dem organiften eine, jeder feiten vnd gattung 2 roln, wie ite
dan zum inftrument gehöm vnd er wol weif vnd Heb gepurt,
kanffen vnd woleft mir dasfelbig aufs erft zufchickcn. Das wil
ich, fo mir dott /u meinen tagcu hilft, vmb in oder die feini^en
einmal wideriiml) verdienen. Difer zch liab ich mer nicht kuncn
fciirciben. Ciruls mir die mum Kreflin, die mutter, meine
gefchwiftert vnd freundt. Datumb in eil den 3. tag Juli im 57. Jar.
D. G. S. AZ.
Chriftoff Krefs.
17.
Kindtiiche forcht, lieb vnd treu vnd alles guts zuuoran,
hertztieber vater. £ur aller gefuntheit vnd wolfart wer mir ein
groffe freudt zuuernemen. Deffelbengleichen wift mich auf den
genaden Gottis des Almechtigen noch in zimlicher gefuntheit.
Lieber vater, dein mit fampt des Lauttenfacks fchreiben, den
21. tag Juli aufgangen, findt mir erft den 6. Augufti, aber doch
mit lampt den faiten wol zukummen, habe dielelben mit dem
organiiten meinem lermeifter p^etheilt vnd Tauen dir dafür fijrolTen
danckh. Die hochzeit, mit der frau mutter Ichwefter') und h.
doktor Fabi?.n Gugel befchehen, hab ich aus deinem fchreiben
vernumen vnd gern gehört. Wunfeh in (ihnen) derhalben zu
beden theiln vil gluck vnd heil. Amen. Hab auch aus deinem
fchreiben vernumen, wie das mein. Bruder Jochim Hch an den
fruchten krank geelTen vnd fehr fchwach fol gewefen fein. Och
aber gebeffert hab, welches mir fürwar hertzHch leidt gewefen
vnd noch ift. Vcrfich mich aber, Gott der Almerhtig, den ich
treulich wil anrufen, lul im widerumb zu feiner gefuntheit helf-
fcu. Amen. Mer hab ich dife zeit nicht kunen fchreiben, dan
mir die zeit zu kurtz gewefen ift, darumb ich auch sehr geeilt.
Ift aber mein freundtlich bit, du woleft die brief aufs erft ant-
■ M^irtha Imhof, eine jUngere Schwester von Christofs Stiefmatter,
heiratete am 36. Juli 1557 Dr. Christot J^abian Gugel.
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— 123 —
Worten vnd woleft mir die fraw Kreffin vnd andere gute herm
vnd freundt freundtlich grufen. Mein frav left dich mit sampt
der f. mutter freundtlich grufen. Wolet euch auch von meint*
wegen untereinander des gruf nicht vergelTen. Damit Gott dem
Almechtigen in feinen fchutas vnd fchirm befolhen. Datum in
eil den 12. tag Augufti anno 57.
L). G. S.
Chriitüff Krefs der
Junger.
18.
Kindtliche lieb vnd trew vnd alles guts suuoran, hertzlieber
vater. Eur aller gefuntheit vnd wolfart hört ich von hertzen
gern. Deflelben gleichen wift mich auf den genaden Gottis
noch in zimlicher gefuntheit. Gott dem Almechtigen fei lob
und geb lang. Lieber vater. Nachdem ich bei dem hieigen
Organiften ein iar zulernen angefangen vnd daffelbig bis an
6 woehen verlaufen ift, fo fueg ich dir zuwilTen, das er das
monat 1 taler haben will. Wiewol es vil gelts itt, aber jedoch
muf ich bekennen, das er mich fleiffig vnd treulich dar für ge-
lernet vnd vnterwifen hat» verfich mich auch gentzUch, es fol
nicht vbel angelegt fein. Dieweil ich alfo weiter keines ler>
meifters auf dem inftrument (doch den Paulus Lautenfack
aufgenomen) bedarf vnd mich alfo nun felbs darein fchicken
kan vnd wil, fo fft mein gantz freuntHch bit an dich, dieweil
jet/iund fünft bei meiner frawen auf den markt vil aufgebens ift,
fo mocht es meiner frauen allo vil gelts auf einmal beü hvver-
lich fein, bit derlialben, du wolleft fo \\o\ thun vnd das gelt
einem kaufman, nemlich dem Strauben, deinem haufhern,
welcher auf den markt auch herein zeucht, oder fünft einem,
mit dem du bekant bift, zufteln, das ich dasfelbig alhie empfange.
Ich bin auch von einem ftudenten oder 2, die organiften Ondt,
die mich haben hören fchtagen, vnd gefagt» das mir nichts fei
weder das ich nicht fingen kun, vermant worden, dafs ich daf-
felbig lernen wöll, welchs mir zu groffem nutz geraichen werdt,
hab dcrhalben mit einem wolgclerten Itudenten, der auch wol
fingen kan, welchen mein lierr Camerarius hcur an eines knochts
ftat angenonien, ^eret, weicher mir folchs 2ulerneu zugelagt vnd
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— 124 —
verhütV auch dasleibig mit Gottes hilf, an meiner ftudien ver-
liindernufs, in 6 oder ö wochen zulernen (dan es nichts fonder-
Hchs fchwer ift). Vnd wii alfdao, fo ich Angen kan, den Paulus
Lautenfack suhilff nemen, iine darum fcbreiben vnd selber
lernen ausfetzen vnd fchlagen, waf mir gefeit. Das hab ich dir
hiemit mch(t) woln verhalten. Waif dir fonft difer zeit nichts
zufchreiben, dan es l^het alhie alle fach noch im alten ftandt
vnd wefen. Datum den 18 Septembris im 57. Gruef mir fraw
K reffin, den h. End res Im hoff, den Bern er'), Scheu rl,
Arnftein^) vnd Holtfch ucher'') vnd andre gutte herrn vnd
freundt. Wolt auch eur felbs im häuf mit dem grul nicht ver-
geffen.
D. G. S. A.
. Chriftoflf Krefs
der Jünger.
19.
Kindtli< hc lieb, forcht vnd trew vnd alles guts zuuoran,
hertzlieber vater! Eur aller gefuntheit vnd wolfart war mir eine
groffe freud zuluHcn. Dclfelben gleichen wift mich aus den
gcnaden Gottis noch in zimlicher gefuntheit vnd altem wesen.
Gott dem Almechtigen fei lob vnd geb zu beden theiln lang.
Lieber vater, dein fchreiben, den 26. tag Septembris auf«
gangen, ift mir wol zukommen vnd darauf vernommen, das du
dem Moritz Bucher 12 taller zugeftellt, mir diefelben folgen
zulaffen, fueg ich dir zuwiffen, das ich diefelben von im empfangen
vnd den organiften damit zufriden geftelt hab. Wil hinfUran das
gelernete fleiifig vben, damit ef nicht vergcilcn, fonder von tag
zu tag mer golernet vnd gebeffcrt werdt. Des fals, fo fich mit
Wolf Hertzen zugetrairen, bin ich von Hcrt/.en ersclirocken
vnd dauert mich recht vbel/^) Wolt Gott, ich kunt iu wider-
^] Hr. Barnabas Pömer, Gemahl der Magdalena Krcffm, einer Scbwe&icr
von Christofs Grofsvater.
^) Anna Haller, eine Schwester von Christofs verstorbener Mutter,
hatte Herrn IT ins v, Arnstein in 2 Ehe zum (>atten.
Heinrich HoUschuber, ^gleichfalls ein Onkel Christofs, Gälte der
ältesten Schwester der Mutter, Katharina.
*» Wolf Hertz, cler Reitknecht, welcher Christoph Krefs nach Letpsig
begleitet hatte. Ueber Icn Unfall, der denselben betroffen haben mufs,
habe ich nichts linden können.
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— 125 —
bringen, fo foU es an mir mit nichten feien. Dan er (ich ehe
vnd alweg, wie eim ehrlichen » aufrichtigen gefein zugeftanden,
gehalten. Aber wir muefens Gott dem Abnechtigen befelhen,
der wöl im vnd vm genedig vnd barmhertzig fein vnd eine frö-
liche auferftehung befchern. Amen. Wifs, lieber vatcr, das
mein herr heut dato auf Leipzig nach Worms verritten, dalclljcn
er zuthun^), del willens, nachdem die traw Tucherin mit thodt
abgangen, feiner gefcheft halben von Worms aufs erft gen Nürn-
berg suuer rücken, mit dem auch fein fon Jochim^), der mich
bisher infiituiert hat, geritten, I(t mein freundtltch bit, fo fie
gen Nürnberg ankummen, woleft im alle ehr erzeigen, dan ers
gantz trewlich mit mir gemeint. Ich bin aber in feinem ab-
wefsen genugfam mit einem praeceptor verfehen, damit ich nicht
mulTiu zugehen hab. Das hab ich dir guter meinung nicht woln
verhalten. Weif dir auf ditzmal fonft nichts zulchreiben , dan
gnicf mir die mutter, meine gefchwifteret, die frau Kreffin,
herrn Endres Imhoff vnd andere gute herrn vnd freundt. Da-
mit Gott dem Almechtigen in feinen fchutz vnd fchirm befolhen.
Datum den 13. tag Octobris im 57.
D. G. S.
Chriftoph Krefs der Junger.
20.
Kindtli« he forcht, lieb vnd trew etc. (wie im vorigen Brief),
Dicweil icli auf mein fchrciben, an dich getlian, noch kein ant-
wort empfangen vnd noch nicht weifs, wie es vmb euch ftliehe,
bin ich bisher fürwar von eurer gefuatheit vnd wolfart wegen,
nicht ein wenig forgfeltig gewefen, beger derhalben dasfelbig
mit fonderlicher begir aufs erft zu erfam vnd zuwiCfen. Vmb
mich (wie oben gemelt) fthet es Gott Lob im alten wefen, fo
es* defglcichen auch alfo mit meinem bnider Jochim ftuendt,
hört ich« von hertzen gern. Mein vori^ fchreiben, darinen meiU
dung gcfehicht, wie das mein her zu euch k.ummen werdt, ver-
') Joachim Camerarius ritt mit Ph^ipp Melmchthon zum Kolloquium
nach Wormü, vgl. Will, Munzbelustigungen il. S. 236. Cber das Kolloquium
vgl. DroTsen, Geschichte der Gegcnreformatioii S. 56.
Der nachmals hochangesehene AnU
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— 126 ^
*
fich ich mich, das habftu empfangen vnd halt darfur, er werdt
nun nicht weit ^on euch fein. Dif hab ich dir kürtzlich nicht
woln verhalten, weif dir auf ditzmals nicht fonders zufchreiben,
dieweil dasfelbig neulich befchehen, hab aber doch, dieweil ich
einen gewifen botten gehabt, dasfelbig nicht woln vnterlalTen.
l(t mein freundtlich bit hieniit, woleft die mutter, meine ge>
fchwifLeret, die trau Kreffin, den hcrrn F.ndrcs Imhoff mit
feiner hausfrauen Tampt andern herrn vnd guten freunden von
meintwcgen g^ntz freundtlich gruefsen. VVil auch hicinit Gott
dem Almechtigen in feinen fchutz vnd fchirm befolhen haben.
Es ift auch meine freundtliche bit, du wolleft dem Jacob Haller
dife 2 brief mit gelegener botfchaft zufchicken. Datum den
freitag nach Simonis vnd Juda im 57.
D. G. S.
Chriftof Krefs der
Junger.
21.
Kindüiche Heb vnd trew etc. etc. (wie in den früheren
Briefen). Lieher vater, ich hab alhie vernummen, wie das du
einem botten brief an mich gegeben habft, deren ich noch keinen
empfangen, dan ich fider Michaelis kein fchreiben von dir ge-
habt, das ich alfo nicht wiflen kan, ob dir meine fchreibeut
bisher an dich gelangt, zukommen findt. Vnd wiewol ich neu-
lich gefchriben (damit ir aber wifset, wie es vmb mich ftehe),
hab ich dasfelbig, dieweil ich einen gewifen potten gehabt» nicht
woln vnterlafsen. Ich verdhe mich, mein herr, der daraufsen
gewcfcn. iiab dich meinc'halbeu angcrprochen, ift aber alhie noch
nicht widerumb ankumnien, Diler zeit weif ich dir fünft nichts
zu fchroittcn. dan es fthot (iottl.ob alhie norli im alten wefcn.
Damit Gott dem Almechtigen iu feinen fchutz vnd fchirm be-
folhen. Woleft mir von meinetwegen gruefsen die mutter vnd
gefchwifteret, fraw Krefsin vnd andere mehr herrn vnd freundt.
*) Die Hauafinia des Hr. Endres Imliof war Frao Magdalena, Hra.
Thomas Reich Tochter, seine zweite Gattin, die er 15S6 geheiratet hatte.
Sie starb am 13. November 1558.
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— 127 —
Mein fraw left dich auch gantz freuntlich gniefTen. Datum in
eil den 16. tag Nouembrifs im 57.
D. G. S. AZ.
Chriftoff Krefs.
22.
Kindtliche lieb vnd trew etc. etc. (wie in den früheren
Briefen). Wils lieber vatcr, dafs mir deine 2 fch reiben, danDen
auch eins meinefs bruders Jochim gewefen, wol zukommen
findt, diefelben verlefen vnd von hertzen gern gehört, dafs ir
alle frifch vnd gefuntb feit. Gott dem Almechtigen fei lob. In
welchem fchreiben du mich gehaiTsen, der /rawen Krefs in ein
freundtlich brieflein zufchreiben vnd im waf ernftlich, welchs
beds nach deinem beuelch befchehen, vnd ift hieneben mein bitt,
wollet den zugcthanen briefmeinesfreundtsPeterRiethers^) aufs
erst antworten, dan im daran gelegen. Damit Gott beuolhen vnd
uunfch euch a.lk'n iiiemit vil glückfcliger neuer jar vnd waf euch
an feel vnd leib nut/ ift. Datum den 5. tag jaiuiarii im 58 jar.
Es ift mein freundtlich bit, du woleft mir nichts für vbel
haben, daf ich fo fehr geeilt vnd fo l uf vnd wenig gcfchriben
hab, dan gleich der bott hat woln auf fein, fo ift auch die zeit
gewefTen, das gleich mein herr hat lefen woln, welchs ich nicht
gern hab woln verfaumen, will aber in den nechiten 3 tagen
mehr vnd wider fchreiben. Gruefs mir alle, die mir guts gunnen.
Ich hab vemumen, das
der Enderlein das klein
pöttlein^) l aldt zu Nürn- D. G. S. alzcit
bcrg ward auf fein, fo ir
mir was wolt zulchicken
oder fchreiben, mocht ir Chriftoff Krefs
frag nach im haben, dan der Junger,
es mir gewif vnd trew-
lieh bei im geantwort
wirdt.
*") Peter Rieter von Komburg, aus dem aasgeitorbetien Nürnberger
Patriziergcscblecht, geb. 1536 den 4. April, Sohn des Seb.iM Rieter und der
Dorothe.i (Jrrifscnn, studierte nachmals in Frankreich v.n>\ llalion und wurde
mit Philipp Camerarius in Rom der Inquisition denunziert und geraume Zeit
gefangen gehalten. Will, Mttnzbelustigungen, Bd. II, S. 238, Bd. III. S. 359.
vgl. Mitteilnngen des Verein« fOr Geichtcbte der Stadt Nttmberg.
lieft X. S. 264, d. —
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126 —
33.
Kindtliche forcht etc etc. Lieber vater. Nachdem ich
kurtzlich an dich gefchriben, hab ich dir, dieweil ich lenger zeit
kein fchreiben von dir gehabt, nichts fonders wiffen zuzufchreiben.
Dieweil aber meins Herrn fon Jochim, fo kürt/Jich alhie auf-
gewefen vnd in gefchetften, die mir vnbewufst find, verritten,
ha1> ich ?in brietlein kürtzlich an dich zumachen nicht woln
vnterialTen vnd ift mein freundtlich bitth, dieweil er bilher mein
preceptor gewcfcn vnd mich gantz fleifsig vnd treulich vnter-
wiefen hat, vnd wie mein zuverdcht i(t, noch thun werdt, woleft
im alle ehr erzaigen, wie ich dan nicht Zweifel. Dan er kan
einmal mit fampt den feinen auch mir, als ein verftendiger vnd
gelerter gefell, .vnd den meinen nutz ferderlich vnd dienftlich
fein, folchs hab ich dir nicht woln verhalten. Waif dir auch
dilcr zeit, dieweil er fo geling (jählings) vnd vnverfchener weil
aufgewelen, nichts zufcbrcibcn. HiemiL Gott dem Almechtigen
in leinen fchutz vnd Idiirm 1>efo!hen. W ollet von mcintwegen
grueCsen die fr. mutter, meine gelchwilteret, die fraw K. reff in,
herm End res Imhoff mitfampt feiner hausfrawen vnd andern
hem vnd'guten freundten. Datum in eil den 7. Februarü im 58.
D. G. S. AZ.
Chriftoff Krefs.
24.
Hertz lieber vater, nachdem mir meines herm fün Joachim
angezaigt, das er willens vnd bereit fei, von dannen gen Nürm-
berg zuuerreitten, habe ich, wlewol ich neulich gefchriben,
dannoch bei ihm ein kleines briefleln, wie ich dan gethan, an
dich zufchreiben nicht wollen vnterlaffen. Als aber dalfelbig
fchon zugelchlofl'en vvardt, hat mir licrnach mein herr der
, Canierarius angezrtigt, das fein func Joachim dreilTig taler
bedürfen wurdt, darauf er mir bevullicu, dir zufchreiben vnd
vleiffig zu pittcn, das du vnbefchwcrt wolft fein, folchs gelt,
nemiich 30 taler, feiner dochter Magdalena ^) auf ein rechnung
zuerlegen» bltth ich höhlich, du wolteft solche erlegung verfchaffen
' Ma^ulalena Caminermeifterin war mit dem Mathenuitiker Johann
Hommel verheiratet. Will, Gelehrtenlexikon I, S. 163.
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— 120 —
vnd an difem anlangen kein mifiallen tragen. Will mich hin*
gegen, als einem frummen vnd gehorfamen fun geburt, in meinem
lludiro vndthun gehorfamlich halten. Htemit Gott dem Almech-
tigen in feinen fchutz vnd fchirm beuolhen. Datum den 8. tag
fcbruarii im 58. jar.
D. G. S. AZ.
Chriitopli Krefs,
25.
Kindtliche lieb vnd trew etc. etc. Meines Herrn fon
Jochim, der alhie von Leibzig auf Nürnberg aulsgezogen,
verfich mich, fol frilch vnd gefunth bei euch anicummen vnd
dich meinet, auch des geltshalben haben angefprochen, welchs
ich mich verfich ihm erlegt zu fein. Lieber vater. Ich kan
dir hiemit nicht bergen, das den 15. februarii meines herrn
dochter Jungkfraw Martha, fo vierzehen wochen am fiber ge<
legen vnd letzlich ein fchwere hiiften dazu gefchlagen, alhie mit
doth abgangen, aber doch ein vernunftig vnd feiig endt ge-
nommen, Weichs meinen herrn vnd frauen nicht ein wenig
betrucbt hat, der Almechtig Gott woll ir vnd vnfs alu ein
fröhliche auferfteliung verleihen. Weif dir auf difsmals nichts
zufchreibcn, dan der both geling (jählings) aufgewelen ilt, sthet
alhie noch in zimiicher gefuntheit. Gott der Almechtig verlei
weiter genadt. Damit Gott dem Almechtigen in feinen fchutz
vnd fchirm befolheo. Wolet eur vntereinander mit einem gruf
nicht vergeffen. Datum in eil den 25. tag februarii im 58.
D. G. S. AZ.
Chriftoph Rrefs.
26.
Kindtliche Heb u. f. w. Wifs, lieber vater, das ich die
30 taller, fo mir von dir zuuberantworten beuolhen vnd erlegt,
im aufsgang des markts alhie von der Strauben Faktor em-
pfangen, dauon ich meiner frawen 20 fl. an der coft gelaffen
vn<l \on dem vberigen gelt meine iiantwercksleuth bezalt.
P.cdanck mich derwegen zum liöchften der veterliclu-n trew
gegen mir, das du mich auf ditzmal nicht gelalTen. Hergegeu
9
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— 130 —
will ich mich als ein gehorfamer fon gegen feinen 1. vater wifsen
zuuerhalten vnd alfo in meioem ftudiem fortfaren, das dich
folcher vocoil, fo bisher auf mich gegangen vnd noch gehet,
nicht gereuhe.
Mich hat alhie herr Merten Pfintzing^) angefprochen,
auch zu gaft gebetten vnd allen guten willen erzeigt vnd dieweil
er mich vmb ein fchreiben angelprochcn, hal) ich in mit difem
brieflcin befchwern miiefen. Mein fraw ligt nocli imerdar dar-
nider, ift noch wenig belTerung vorbanden. Gott der Almechtig
weis nach feinem göttlichen willen fchafifen. Solchs hab ich
dir hiemit guter meinung nicht wollen verhalten, hab dir auf
ditzmal nicht mehr wollen zufchreiben, dan ich wol weis, das
du difer zeit mit dem fifchen vnd andern fachen zuthun haft*),
(verhoff, es follten heuer gute fifch gewachfen fein, dieweil ein
warmer Somer gewefen). So hab ich dir fünft nichts newes
wifsen zufchrciben. Hiemit Gütt dem Almechtigen in feinen
fchutz vnd fchirm beuülhen, Grufs mir die f. Krcfrin, miitter.
vnd meine gefchwifteret. Datum den 13. Octob. in Leibzig
im Jar 58.
D. G. S. AZ.
Chriftoph Krefs.
27.
Kindtliche lieb u. f. w, L. vatter, mich (hat) alhie ein Nürn-
berger both angefprochen vnd vmb fchreiben erfucht, daneben
angezaigt, wie das er dich vmb brief an mich angeret, habft du
im geantwort, wift auf ditzmal nichts zufchreiben. Damit du
aber wiflen mochft, wie es vmb mich famt meinen herm ftunde,
hab ich ein brieflein an dich zu machen (wiewol ich nichts
fonders hab wiffen zufchreiben) nicht vnterlafl'en wollen. Stundl
(icrlialbcn noch alles recht vnd im altca wefen, wo es fich allein
mit meiner frawen befferte, dan fie ilir fiber noi Ii Itettig vnd
lieftig hat, vnd bei dem nicht bliben, fondern zwei daraus worden,
daran Tie groffen wehetag erleidet, welchs auch meinen herrn
') Hr. Müftin Pfiazing S. iio, Anm. i.
^^ Hr. Chrlftof Krefs seo. war LaodpMeger und wird als solch«> tn
den Fischereien deputieri gewesen s«in. Vgl. Dr. Reick«, Oescbichte der
Reichsstadt Nürnberg. i>. 529.
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131 —
nicht wenig bekümmert vnd anleidt, dan wie es In einer
haufhaltang zugeth, da die haufmutter emider Ugt oder abgeht«
haben wir an zweifl an vnfer matter feiigen wol gefpurt vnd
gemangelt. Gott der Almechtig geh, das fie baldt widerum zu
irer gefuntheit kumme. Mer hab Ich dir difer zeit nicht können
zufchreiben, dan der both nicht zuharren geiiabt. Wil in wcaig
tagen mit Gottes hilf dir mehr von meinem ftudiern vnd weiterm
vornemen zufchreiben. Hiemit Gott dem Ahiiechtigeii in feinen
fchutz vnd Ichirra beuolhen. Grufs mir von meintwegen die
f. matter vnd Kreffin vnd meine gefchwifteret fampt andern
herm vnd freunden. Datum zu Leibzig 14. tag Nouemb. im 58.
D. G. S. AZ.
Chriftoph Krefs.
28.
Kindtliche lieb vnd trew vnd alles liebs vnd guts zuuor,
hertzlieber vatter, dein fchreiben, den 26. tag Nouembris auf-
gangen, hab ich empfangen vnd mit traurigem gemuet verlefen,
darin du anzeiget, wie das du ein zeit her groiTen fchmertzen
an einem fchenckl erlitten, aber (ich Gott lob widerum gebeflert,
Weichs ich widerum von hertzen erfreuet bin. So fchreibftu
aiu h, das Ciot der Almechtig, aes herrn Kndres Imhoff ehliche
hauffrawen ^) vor etlich tagen auf difem jamcrtiial abgefedert
vnd hinweck genommen, welchs dan die f. mutter nicht wenig
bekümmert, welchs ich auch nicht weniger, dan mit eridirocknen
vnd traurigen hertzen vernummen. Vnd dieweil wirs nun anders
nicht machen kunen vnd foichs fein gottlicher will gewefen, io
bitt ich Gott den Almechtigen, das er ihr fampt vns vnd allen
chriftglaubigen ein frohche auferftehung gnedigklich woll ver-
leihen vnd vns alle hinfortan, wie ehr bisher gethan, genediglich
vor allem vbel behueten vnd bewaren vnd zu allen theilen
lea^cr leben mittheilen. Amen. Wils, lieber vatter, das mein
fraw noch immerdar am fiber kranckh leit vnd gar kein belferung
vorlianden, Gott der Almechtig wols nach feim göttlichen willen
wenden vnd ihr widerum aufhelfen. Sunft ftuende es noch in
zimlichen wefen, gott geb lang. Ich will in meinem ftudiern
') vgl. S. ia6, Anm. t.
9*
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- 132 -
vnd forhaben (wie ich mich verflch, das ich bisher gethan hab)
allezi muglichen vieis anwenden» damit die zeit Tod vncoft nicht
vergeblich angelegt vnd hingebracht werdt Solchs folt ihr euch
gentzlich zn mir verfehen. Vnd het dir von folchem noch mehr
znfchreiben, fo ich nar ein potten bekdmme, der ein tag oder
zwen hie verharte, fo ich einen bekomme, fo foH folchs in kurtz
befrhehcn. Weis auf ditzmal fonft nichts zufchreiben, dan mich
der both fchr geeilet, wil ein ander mal vil vnd mancherlei an
dich fchreiben. Grus mir hiemit die f. K reff in vnd fraw matter
vnd bitt, wolft ir daneben anzeigen, das mir ihrer vnd auch
meiner Heben frawen vnd mutler abgang ein treulich vnd hettz-
lieh leidt fei. Grufs mir auch meine gefchwiftert vnd andere
herm vnd gute freundt. Hiemit Gott dem Almechtigen in feinen
fchutz vnd fchirm beuolhen. Dir le(t auch mein herr vnd fraw
vil grus vnd guten willen anzeigen. Datum den 12. tag De-
cemb. in 58.
D. G. S. AZ.
Chrii'tüph Kreis.
29.
KindtUche lieb vnd trew newen wunf chung alles liebs vnd
guts zttuor, hertzlieber vater. Eur aller gefuntheit vnd wolfart
hört ich jeder zeit von hertzen gem. Wi(t mich Gott lob in
zimlicher gefuntheit, Gott der Almechtig verld lang zu allen
theilen. Amen. Lieber vater, dieweil ich mit Gottes vnd deiner
getreuen veterh'chen liilf bisher ein zeit lang alhie zu Leib/. ig
meinem Itudierea obzuligen raein leben gefuert, welehem ich
mit göttlicher hilf, lo vil mir muglich gewelen, obgelegen, welchs
auch hinfurtan, fo vil Gott genad verieiclit, gefcheben foll, für
welche veterliche wolthat, die du bisher an mir erzeigt, dieweil
ich nicht genug dancken noch vergelten kan, fo bith ich doch
Gott den Almechtigen, das er dich fampt der f. mutter vnd
meinen gefchwifterten bei langem vnd glttckfeligem leben wol
erhalten, damit du vns lenger vorrtehen vnd in zucht vnd er«
barkeit auferziehen megeft, vnd bith vleifsig wollest hinfttran
dein veterliche hand von mir nichi abziehen, fonder mich vernei
bei meinem l'tudiern vnd vurlKiluMi t rh.iltcn, Ehrgegen wil ich
mich, was ich zuthun fchuldig vnd \eri)tlicht bin, als ein ge-
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- 133 —
horfamer fon aller gebar nach wiiTen suuerhalten. Gott der
Almechtig verlei mir genad vnd feinen heiligen geift, das ich
folchs zu feinem lob vnd ehr, mir vnd den meinen zu nutz,
glücklich mocht Volbringen. Vnd dieweil auf fchierftkunftige oftern
ich 3 jar alihitj veriiarrct vnd auf gemelte zeit das 3. jar fich endet,
werde ich \ eiurfacht ditz fchreiben guter meinung vnd kindtlicher
zuuerficht an dich zuthun, bith vleilTig, wollt folchs nicht in argem
aufnemen, fondern mit veterlichem gemuet betrachten vnd mir
in folchem fall dein gut bedunckhen vnd gentelich willen anzeigen.
Nachdem ich hin vnd wider zum oftem mal auf allerlei
weg betrachtet» wo vnd auf was weis ich femer zu meinem
ftudiern gefchickt werden vnd demfep>en obligen mocht, (dan
fo viel ich vermerckt vnd verftanden, fo wirt fich mein herr
aller forgen frei machen vnd feine koftgenger auf oftem alle
farn lallen, der er bisher ein difch vol gefpeifet, zuuorderft
dieweil ime das haufhalten von wegen der fchwacheit feiner
frawen emider ligt, zu dem fo macht er fich auch teglich alt
vnd fchwach, fo hab ich vernummen, es mocht fich zutragen,
das er auf den frueling bede fohne verfchickt, wiewol folches
noch im zweifei fthet, vnd ob folchs fchon befchehe, wirt er
fie doch aus Deutfchlandt kaum verfchicken» daraus ich wol
erachten, das er mir auch vrlaub geben wurde.) Derhalben die-
weil es nun auch zeit wehre, fo ich eine fprach neben dem
latein folt begrcitTen, an folchem anzufangen, damit ich auch
fremder leut fitten vnd geberdt erkennen vnd lernen mocht,
bith vnd beger derwegen gantz vleiffig, woleft mir dein gut
beduncken vnd gentzlichen willen vnd meinung, wo du bedacht
feieft, mich hinzufchicken, vnd ob du mich femer bei meinem
ftudiem zulaffen willens feieft, vnbefchwert zu entdecken. Da-
rauf ich dan mein fach auch dahin richten vnd was hinfort mein
thun vnd furhaben fein folt, gewis wiffen mocht, fo wil ich mich
alsdan in meinem beruf vnd furhaben alfo halten vnd erzaigen,
das man ane klag fein foll, folchs folftu dich gentzlich zu mir
verfehen. Dis hab ich dir aus kindlichem vertrauen als meinem
lieben vater guter meinung nicht wollen verhalten, bith nochmals,
wollefts nicht anders, dan ichs gemeint, in allem guten auf-
nemen vnd tolchs fchreiben bei dir, wie du am heften weift,
bleiben iaffen vnd mich veterlich bedencken. Wif, lieber vater,
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— 134 -
das mein fraw noch immerdar fchwach ift» welchs meinen herrn
nicht wenig bekümmert, haben mir beuolhen, dich von irent-
wegen zu gruefen. So bith ich auch, wo man was von meinem
bruder Joachim höret, wolft mir folchs zufchreiben. Hiemit
Gott dem Almechtigen in feinen fchtttz vnd fchirm beuolhen.
Ich wunfch euch allen zunuil neben meinem grus vil glückfeliger
newer jar, langes leben vnd geiuntlieit, vnd was mich an leib
vnd feel nutz vnd gut ift. Wolt der frawen Kreffin auch fouil
anzeigen neben andern herrn vnd freundten, Datum in Leipzig
den 17. tag Decembris^) im 58.
D. G. S. AZ.
Cfatiltoph Klefs.
30.
Kiiuitlkche lieb vnd trew vnd alles liebs vnd guts zuuor,
hertzliebcr vatter, dein fchreiben, den 27. tag Decembris an mich
gethan, ift mir wol zukamen vnd von hertzen gern gehört, das
ir noch frifch vnd gefunth feit, wift mich Gott lob auch noch
in zimlicher gefuntheit. Gott fei lob vnd verlei gnedigklich zu
allen theilen. Amen. So hab ich, 1. vater, aus folchem fchreiben,
auf mein beger an dich, vemummen, dieweil du zu folchem
fchweren leuften noch nicht gewis bedacht bi(t, wo du mit mir
vemer hingedenckei%, vnd (teilt in folchem fall, dich mit andern
herrn vnd guten freunden weiter zuberathfchlagen , fcieft aber
doch willens, mich auf künftig oftern mit vvillen vnd wilTcn
meines herrn von hinnen ab/Aifordern, welchs, wiewol irh's gern
gewufst hätte, wo icli hinaus folt, damit ich mein fach beffer
darnach het kunnen richten, bin ichs doch auf folch dein fchreiben,
nemiich auf künftig oftern mich zufordern, wol zufriden, will
mittler zeit in meinem ftudiem (wie ich mich verfeh auch vor-
gethan hab) allen fleis anwenden, vnd wil nach deiner ver-
manung mich auf dem inftrument, wie zuuor auch befchehen,
fovil die zeit neben meinem ftitdiern erleiden will, femer mit
vleis vben. Solchs foltu dich zu mir gentzlicii verlehen. lict
Im Original steht deatlich SeptonbriB. AUetn der Brief gehört,
nach dem Neujahrswunsch und nach dem Inhalt d«t folgenden zu whliefsen,
oifenbar in den Monat December.
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— 135 —
dir fünft noch mehr zufchreiben» hab aber folchs aus eil des
bottens nicht kunen Volbringen, fol hinfortan befchehen, wie das
mein fraw irer fchweren kranckheit noch nicht entledigt» welchs
das gantze haufgelmde nicht wenig bekümmert ift. Gott der
Almeclitig wol ir gencdiglich helfen. Hiemit Gott dem Almech-
tigen beuolhen. Ich foU dich von wegen meiner frawen fampt
irem fone vleifsig gruefen. Gruls mir auch von mcmtwcgen die
f. muttcr vnd K reffin fampt meinen gefchwifterigt. Datum in
eil in Leibzig den 10. tag Januarii in 5Q.
D. G. S.
Chriftoph Krefs.
31.
Kindtliche lieb vnd trew vnd alles liebs vnd guts zuuor,
hertzliehe I vatter. Dein fampt der f. nmtter vnd gefchwifterten
gefuntheit hör ich von hertzen gern, wift mich aufs genaden
Gottis noch in zimlichen wefen. Gott der Almechtig verlei zu
allen theilen lenger. Lieber vater, ich hab nicht vnterlaffen
kunnen, ein brieflein an dich zufchreiben, wiewol ich nichts fon-
ders difer zeit hab kunnen fchreiben, fonder damit ir wifset, wie
mein fach ftche, fü hab ich meinem guten freundt Petcrn
Ricter'} auf fein erbieten, weither ein zeit lang alhie ftudiert
vnd mein guter freundt gewefsen, auch fich als ein freundt vnd
lantfman gegen mir erzeigt, in foichem wollen wilfarn, vnd ime
folchs fchreiben zugeftelt, vnd wie ich von ime vernomen, fo
Wirt er, nachdem er ein Zeitlang alhie zu Leibzig jura ftudiert,
fein weg förter mit hilf vnd rath feiner freundt vnd zuferderft
des h. Hänfen Rieters in Galliam voraemen. Wolt Gott,
es folt mir einmal, fo ich hinein verfchickt werden folt, ein
folcher freundt zu einem geferten aufftoffen. Bith hiemit, wolft
in folclier erzeigten freundtfchaft gegen mir, wo es fich einmal
zutrüg, wiederum laffen geniefen. Hiergegen will ich mich, als
eini gehorfanien fon geburt, gegen dir als meinem l, vatter wiflen
zuuerhalten. Wifs ferner, 1. vatter, das mein fraw noch fehr
*> Peter Rteter, Sebald Kielers und Dorothea Gröfsenn Sohn, geb.
■ 53^ 4- April, hat in Frankreich und Italien ^.tudiert, ging acht Jahre
zu Rat und wurde hernach Pfleger la Hersbnick, war dn vortrefflich
verstSndiger und wohlgelehrter Mann. Will, Mttnsbeluttigungen, III. S. 359.
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136 —
fchwach UDd kranck ift, vnd wo es folcbs noch lang antreiben
folt, wer m beforgen, das fie folchs iegers Tchwerlich mocht auf-
koroineRi jedoch Gott alle Ding muglich, der wend es siim beften
allenthalben. Amen. Dieweil fich nun die zeit meiner jarsfrift
endet, verhof ich nach Inhalt deines fchreibens, auch fchier zu
euch zukommen. Gott verlei genedigklich. Hiemit Gott in
feinen fchutz vnd fchirm beuolhen. Grufs mir die f. mutter,
f. K reffin vnd meine gefchwifteret lampt andern herrn vnd
guten freunden. Datum in eil den 16. tag Januarii im 59.
D. G. S. AZ.
Chriftof Krefs.
Kindtliche lieb u. s. w. L. vater, mich nimbt nicht wenig
wunder, das mir auf etlich gethane fchreiben kein fchreiben vnd
beantwortung worden, kan nicht erachten, was die urfach fein
mus, wiewol ich nicht wenig deiner fampt der vnfern gefuntheit
bekümmert l)in. (iott der Almechtig verhiiet folchs genedigklich.
Mein fraw ift noch mit ircr fchweren vnd langwierigen kranck-
heit beladen, derwegen wenig freudt erfunden vnd alles haus-
gelindt traurig ift, mocht meiner perfon halben wol befTerung
erfarn oder fchier erledigt werden. Gott verlei baldt. (So ift
auch fünft, dieweil der lantsfürftin, hertzog Augufti gemal, vatter,
der kunig in Dennemarck, mit doht abgangen ^) alle freude, fo
fünft difer zeit gehalten wirdt, abgelegt, ift derhalben allent>
halben ein traurig wefen.) Mich hat aucii /.ciucr dits briefs,
Bangratz Forchheimer, angefprochen vnd gehettcn, ein fnr-
fchrift an dich znthnn. damit er das burgerrccht mocht erlangen,
fo weis ich fo vil, das, fo vil an dir gelegen, an ^ohnej mein
forfchreiben wol gehandelt wirdt, was zuhandeln ift, idoch, die-
weil ehr mir darum fo of!t nachgelauffen vnd gebetten, hab ich
folchs nicht wollen vngemeldet laffen, vnd ift folchs die meinfte
vrfach gewefen, das ich auf ditzmal gefchriben hab. Dan ich
difer zeit fünft nichts fonders gewufst vnd auch neulich gefchriben.
') Henog Attgwt von Sachsen, der Bruder und Nachfolger des Kor-
für<ti n ^T(Jritz von Sachsen, w ir mit Anna, der Tochter Königs CbrutiftS III.
von Dänemark, vermählt. König Chrutitin lU. st»rb 1559.
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— 137 —
Ift hiemit mein freundtlich bitt, wollest mir aufs erst eurer aller
gefuntheit neben andern zufchreiben. Hiemit Gott dem Almech.
tigen in feinen fchutz vnd fchirm beuolben. Mein herr vnd fraw
fampt den im haben mir beuolhen, dich zugrueffen. So wolt ir
auch felbs vnter einander von meintwegen gcgruft fein. Datum
zu Lcibzig in eil den 7. tag r"ebiiinrii im 59.
D. G. S. A.
Chriltoph iCrefs.
33.
Kindtliche lieb vnd trew vnd alles llebs vnd guts zuuor,
hertzUeber vatter. Dein fchreiben, den 8. tag februarii aufs-
gangen, hab ich den 16. difes monats empfangen vnd verlefen
vnd nicht gern gehört, das es noch nicht alzu recht mit dir thun
wil, die andern aber in zimlicher gefuntheit vernummen. Wift
mich in zimlichon weroii. liott der Almechtig wol zu bcden
theiln hilf mittciln, vnd dir wideruin zu deiner gefuntheit helfen.
Amen. L. vatter, fo hab ich meinem herrn dein fchreiljcn, mir
zu guth gethan, vberantwort vnd felbft auch angefprochen, ver-
fich mich, werdt dir hiemit antworten vnd feinen rath mitteilen,
fchreibft darneben, mich auf künftige oftern hinauszuuerfügen
vnd mein gereth aufs fleifsigft einzumachen, fol mit vleis be«
fchehen« Was aber das koftgelt fampt anderem aufgewandtem
gelt vnd vnkoften belangt, wil ich dir folchs mittler vnd zur
rechten zeit ein klare rechnung zufchickeii, dan fo ichs auf ditz-
mal lült gcfchickt haben, wolt licii nicht fchickcn, dan mir (he
zeit zu kurlz, folchs zanienzurechneii, zudem kan ich eben nicht
wiffen, was noch mittler zeit autgehen mocht, dieweil ich verl'lhe,
mit dem gelaidt hinaus zukummen, fo kan ich vor fontags Can*
täte alhie nicht auffein, dan das gelaidt nicht ehr geth, wer dar-
nach eben in der grofsen hitz an fremdt orth muefen verreifen,
dan ich daheim nicht vil nutz fchafTen noch lang an verbinde«
rung meiner ftudien zuuerharren hab. Wil die rechnung bald
hinach fchicken. Bitt derwegen zum hochften, du werft folchs
gelt hieher verfchafTen, damit ich hie felbs meine handwercksleut
mocht abzalen, vnd verficli mich, werdft mir noch was (hirul)er
von geldt, vber das angewurden, zufchicken, dnmit ich mi( Ii auf
die weis ein wenig bereiten vnd zufchicken kan, dan ich gar
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— 138 —
nichts geruft bin. Was eim, der wandern wil, von einzigen
pfenigen aufgeth, wirftu felbs wol wiflen. Mer hab ich dir auf
ditzmal nicht kunen fchreiben, bith, wolft folcbs im heften auf-
nemen vnd mich meiner bithe geweren. Hiemit Gott dem AI-
mechtigen in feinen fchutz vnd fchirm beuvolhen. Grufs von
meintwegen die f. K reff in, motter fampt meinen gefchwifter*
ten. Mein l'raw lanipt ircm Ton Joachim haben mir bcuolhen
dich auch tleilsig zu grucflen. Datum in Leibzig den 18. tag
iebruarii im 59.
D. G. S. AZ.
Chhfloph Krefs.
34.
Kindtliche lieb u. s, w. Lieber vatter, ich vberfende dir
iiiemit meine rechnung'), vber welche, wiewol ich gecilet, ver-
fehe ich mich doch, fol Qch recht vnd fchlichtltch erfinden. Bith,
wolleft mir den vbrigen reft vnbefchwert volgen laffen noch
vnwillen tragen, das ich nicht auf ditzmal des fchneiders zetel
mitgefcbtckt hab, dan ich vf ditzmal folche aus eil des pottens
nicht hab kunnen abfchreiben, verfehe mich, werdet fonft eine
klare rcchrmn- crnncicn. Was das gescheiik betritt, a!s meine
frawen, fampt dem fon Joachim, der mich die zeit her insti-
tuiert vnd vnterwifen hat, auch der dochter, fo mir das meinig
bisher gebeffert vnd das beft in der hauflialtung die zeit, weil
die fraw vnd mutter krank gelegen, gegen mir vnd meinen
gefelien gethan, auch den ehhalten, wil ich dir heimgefetzt
haben. Mocht leiden, werdt fchon befchehen. So i(l auch mein
faochfte bith, wolleft mir ein wenig geldt neben dem andern
fchicken oder fo vil beuel bei den Pfintzingifchen thun» das
mir dasfelbig alhie ein weil vorgeftreckt vnd darauflcn bezalt
werde, damit ich ein par Üitel vnd ein pr.chien mir zeugen (:
iiUK Iii. Morht mich auch mit meinen dilVh^crellen. unter wel< hen
3 vom adel, ein Truchfefs, Stibcr vnd ein Fuchs, des
jetzund regierendeu Bifchoffs zu Bambergk ftiefbruder, ^die
auch iren abfchied haben vnd hinweck ziehen, von wegen der
fchwacheit vnferer frawen, dan mein herr fleh aller forg freien
Die RecbDoog liegt dem Brief leider nicht mehr bei.
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— 13Q -
vnd keinen mehr zu (ich nemen wtl) auch fampt den andern
meinen difchgefellen vnd dem haufgeCindt, (dieweil ich ein ebene
zeit bei dem herm Camerario gewefen, zudem, damit ich ein
gunft vnd die gemachte freundtfchaft, dieweil niemandts weis,
wo man der leut nottürl'tig ift, bei inen mocht erhalten,) jedoch
ift fülclis deinem vetterlichen willen heinigeftellt, dan das gcldt,
fo ich mit mir gebracht, wil nicht reichen, folchs zu uolbringen,
dan ich etlichs mal mich nicht wol empfunden, was eingepuft
hab. So hab ich auch fonft, ehe ich beim organiCten gelernet,
vnd auch darnach, Co ehr meinem inftniment geholffen, ime
fampt anderen gefellen vnd landsleuthen, fo mich beAicht haben,
ehrenthalben muefen einen trunk biethen, dan mir folchs widenim,
fo ich an einem feirtag einen befucht (dan bei meinem herm
wenig freid gewefen, wiewol ich auch darum niciit da gewefen)
befrhehen ilt, fo hab ich auch anders von geringem, nemlich
was teglich zubeffern notturftig trewefen, darum ich mein frawen
nicht hab wollen noch mögen anlautfen, dargeftreckt vnd bis-
weilen bezalt. Bith hiemit ganz vleifsig, wolleft in folchem fall
kein befchwerdt tragen, verßehe mich, (kan mir auch anders mit
der warheit nicht nachfagen,) es fei folche gefelfchaft anc
hinderung meiner ftudien befohehen, vnd wo dem alfo, het das
meine obrikeit, der ichs allzeit angezeigt, nicht geftattet. Was
auch einem ton(t aufgehet, der wandern will, kan ein jeder wol
erachten, ha!) auf ditzmal mehr nicht fchreibcn künnen, verhof
111 kurtz mich felbs von nieinera ftudiern vnd andern mich /ai-
unterreden, wil kürtzlich vnd fo ehe mir muglich, mehr fchreibcn,
verfehe raich vorerft, folchs bei dir bleiben vnd in vetterlichen
gemuet (dieweils ehrlich befchicht) von mir aufnemen. Mein herr
vnd fraw fampt den iren laffen auch alle freundtlich grueffen.
Wolt auch hiemit von meintwegen euch vntereinander felbs
grueffen. Hiemit Gott dem AI. in feinen fchutz vnd fchirm
beuolhen. Datum in Leibzig in eil am 18. tag Martii im 59.
D. G. S.
Chriftoph Krefs,
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— 140 —
35.
Mein freundtlich gruis vnd alles liebs vnd guts zuuor,
hertzHeber vatter. Eur aller gefuntheit vnd wolfart wer mir
ein hertzliche freudt zuhörn, wift mich aus den genaden Gottis
noch in zicüilichcr gcluntlieit, Gott fei lob vnd geh lang zu
allen theilen. Vnd dieweil ich ein tag zu Augfpurg ftil gelegen,
hab ich nicht vnterlaficn wollen, euch zu verftändigen, wie es
mir gehe vnd wie ich beritten fei. Wift derhalben, das ich mit
Gottes hilf wol vnd mit gefunthem leib allhie ankammen, fo
gehet auch der klepper ximlicher mafTen, alfo das ich mit Gottes
hilf hoff wol vortznkummen , welches ich euch guter meinung
nicht wollen verhalten. Weitter kan ich euch vf ditz nichts
fchreiben, dan Gott dem Almechtigen in feinen fchutas vnd fchirm
bevolhen, Grufs von meintwegen den alten herrn Kndrcs Im
Hoff, die fraw Kreffin, die inuttt-r \ nd das gantz haurgcrindt
fampt andern herrn vnd guten freundten. Datum Augfpurg den
4. September im 59.
D. G. S.
Chriftoph Krefs.
36.
Mein freundtlich i;rufs vnd alles liebs vnd guts zuuoran,
hertzlieber vattcr. Euer aller geluntheit vnd woltart wer ich
ieder zeit von hert/en erfreut, wift mich aus den gena<len (iottis
noch in zimlicher gefuntheit. Gott verleih lang zu allen theilen.
Wift, lieber vater, das ich noch gotlob zimlich wol beritten
gewefen, wil aber fchier der klepper muedt werden, verhof aber,
die weil das merer teil des gebirges gereift fei, es (oll nun nicht
mer not haben. Zu dem, fo findt wir allhie zu Infpruck ain
dag ftilgelegen, damit die rofs aufsgeruet haben, das fie hinfurtan
defto befler fortkommen mugen. (Dan der weg noch weit ift
vnd mir von Nürnberg aufs vf hundert nicil angefchlagen
wurden.) Gott der Almcc-htig verleihe, das wir denfelben weg
mit fridt vnd freuden erreichen. \\ eifs eucii diefer zeit lonft
nichts zufchreiben. Dan ift hiemit mein bith, wolt mich vfs ertt
wiiTen laifen, wie es mit euch allen geftalt fei. Der f. ScheurP)
') S. S. 104, Anm. i.
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— Ui —
left euch alle zumal vleifsig groefsen. Grufs mir auch von meinte
wegen die mutter, h. Endres Imhoff, die fraw Kreffin fampt
dem ganzen haufgefindt vpd andere herm vnd gute freundt« auch
den Paulus Lautenfack vnd Hanfs Schmidt. Damit Gott
dem Almechligen beuolhen. Datum Infpnick 8. Septembris im 59.
Verlieh mich doch, ir werdet mein junger fchrcibeo, zu Augfpurg
gethan, empfangen haben.
D. G. S. AZ.
Chriftoph Krefs.
37.
Mein freundtlichen v^rn^s vnd alles liebs vnd guts zuuor,
liertzlieber vatter. Eur aller gefuntheit vnd wolfart wer ich
zuhörn von hertzen erfreuet. Dergleichen wiit, das ich aus den
genaden Gottis frifch vnd gcfunt, auch wol beritten den 17. tag
Septembris aliiie zu Bononia ankommen. Gott dem Almechtigen
fei lob vnd verlei verner gluck vnd wolfart nach feinem gott-
lichen willen. Amen. Lieber vatter, wafs ferner mein anwefen
betrift, kan ich euch noch keinen gruntlichen bericht thun, dan
wir allererst ankommen, was aber mittler zeit vom fchwager*)
Scheu rl von meintwegen gehandelt wirdt, wil ich euch mit
nechftem fchreiben vnd, fobaldt das muglich ist, eröffnen vnd
zuuerfthen geben, wol kan ich euch nicht bergen, das Gott der
Almechtig Italiam an etlichen orten geltraft, vnter welchen er
auch Bononia m getroffen, nemlich mit dem weinwachfs, deffen
vU vor groffer hitz vn dttrren verdorret, das die inwoner fagen,
das folchs bei menfchen gedenken nie erhört worden fei, fo ift
das brot zimlich deur, ich wolt vaft vmb ein heller bei euch
als vil brots kauffen» als h£e vmb ein pfening. So hab ich
gefehen, das fle zu Verona, 3 tag reis von Bolonia, dem armen
bauer vmbs gelt das brot nicht aufs der ftat wollen volgen laffen.
Alfü meias era( htens, wo nicht aufs andern orten zugefurt wurde,
vnd ein ander jar wider fol! vnibfchlagen, würde ein fchwere
theurung, hunger vnd kunimer in diefen landen einfallen, das
Gott genediglich wol bei euch vnd hierinnen verhucten, alfo
das mich gleich ein fchwere jarszeit getroffen. Von gefelifchaft
*) fcbwager oheim.
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— 142 —
im haufs hab ich den Pfintsing vnd Nutzl.^) So kan ich auch
vf ditsmal noch nichts weder von der ko(t noch von dem pre>
ceptor fchreiben, nachdem wir erft ankommen, wie oben gemeldt«
fol aber vts erft befchehen. Weifs euch fonft vf ditomal nichts
zufchreiben, vnd ob ich fchon gewolt, hab ich nicht gekunt, den
der bott, alsbaldt wir ankommen, vorhanden gewefen. Die
. gelegenheit des orts, auch die fprach, mores vnd fitten gefallen
mir fonit wol, wiewol groffer bracht gefurt wirdt, das fich wol
zuhueten ift, des ich mich wol in alle weg bevleiffen will vnd,
fo vil mir muglich ift, erfparn. Hiemit Gott dem Almechtigen
in feinen fchutz vnd fchirm beuolhen. Grufs mir von meint-
wegen den herm End res Im ho ff, die fraw Kreffin, die mutter,
gefchwiftrigt fampt dem gantzen hanfgelindt vnd andern herm
vnd guten freundten. Datum in eil in Bononia den 18* Septem-
bris im 59.
E. W. G. S.
Chriftoff Krefs.
38.
Kindtliche lieb vnd trew u. f« w. Lieber vater, mein nechfi
fchreiben, nachdem ich aufs gottlicher hilf albie frifch vnd gefunth
ankummen, an euch gethan, verhoff ich, fei euch geantwortt, dar-
aufs ihr dan vemummen, wie ef mir ergangen vnd wo ich vemer
mein anwclcn haben werdt. So fueg ich euch hiemit zuwiiicü,
dafs mir der fchwager Sclicurl hinter einem wellchea mciiter
geholten liat, der mir alle tag 1 Ituiult wchch lift, damit ich die
fprach defto ehr neben meinen andern ftudiis mocht begreitTen.
So hab ich fünft noch einen weifchen doctor, zu welchem ich
auch teglich in fein beiiaufung gehe, welcher mir neben andern
ftudenten lateinifch litt, wie fich dan geburt vnd gezimt. Wafs
fonft mein ftudieren im haufs belangt, hab ich des Pfintzings
vnd Nutzls preceptor zu allen heften, der mir nichts verhelt
(welchen ich vor auch zu Nurmberg von jugent vf gekennet), fo
wil ich daneben meinem zufafj,en nach, damit nicht vergeben-
liciier vncoft vfgewent werdt, allen muglichen Heils anwenden,
') S. io6, Anm i. - Es fehlte a1$o Cbriftoph Krefs nicht an Umgun^^
mit Landsleuten, du aufser den beiden liaasgenossen Karl Penzing und Johannes
Nütsel noch Georg Telzel und Georg Hofinnun damnls in Bologna studierten.
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- 143 -
zu welchem allem ich zuforderft Gott zu einem gebilffea nemen
will. Oerfeibig verlei mir fein .genadt vnd hilf. Amen. Wafs
das inftniment betrift, fol auch nichts vergeffen werden, wiewol
ich noch kein eigens bekommen, hab dieweil eins entlehnen
muefen, dieweil ich vertröftung hab vf eins, welchs vngeferdt
noch in acht tagen ledig wirdt, alfdan kan ich mich weitter
vben. So wift aurh, das ich den 3. tag, nachdem ich alhie an-
kommen, mein pferdt anworden vnd eim jungen ediman verkaufit
vmb 18 cronen, welche der fchwager Scheurl zu fich genommen
vnd mich der landtsarth nach darum gekleidet, bedunckt mich,
es fei, nachdem es fo ein weiten weg geritten, darzu alfo muedt,
wol verkauft, zu welchem mir Burgifs, meiner herm diener,
mit wafchen vnd anderer wart, treulich geholffen, damit ich hab
kunnen vortkummen. Ift derwegen mein freundtlich bfth, ime.
wie 11 iuir dan in meinem abzug zuuerfthcn geben, ein vereiun!^
zuthun, die er an mir vnd meinem rofs wol verdienet. Hat fich
auch fünft fehr wol vf dem weg gehalten vnd ift gewifs ein lierr,
der zu reifen hat, wol mit ime verlehen, dan er ein menfch ift,
der fich den wein nicht vbergehen left vnd dafs fein in acht hat,
Weichs ich euch hiemit nicht wollen verhalten. Kan euch vf
ditzmal nicht mehr fchreiben, wo es muglich gewefen wer,^wolt
ich vf ditzmal auch an die f. K reff in gefchriben haben, hat
aber ir nicht fein kunen, dan ine der Scheurl mit geher (jäher)
vfgeftofTener gefellfchaft, vielleicht von mehrers vncoften wegen,
fo ime vber die rofs alhie gehet, abgefertigt. Wil aber mit
nechüer botb haft, fufer es möglich ift, verrichten. Hiemit was
euch allen lieb vnd gut ift, vnd Gott dem Aimechtigen beuolhen.
Der fchwager Scheurl left euch alle zumal freundtlich gruefsen,
wolt euch auch von meintwegen feibs vntereinandcr im haufse
grufsen, auch der frawen Kreffin vnd h. Endres Imhoff
neben andern herm vnd guten freunden von meintwegen ein
grufs anaeigen. Datum Bolonia den 26. tag Septembris im 59.
£. G. S.
Chriftoflf Krefs.
30,
Kintitlirhe lirb u. f. w. Lieber vatter, mein etliche an
euch gethane fchreiben, fonderlich bei dem reifigen knecht dem
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— 144 —
BurgiSy verfleh ich mich, fein euch wol zukummen, daraufs ir
dan mein anwefen zum theil werdt vemammen (haben). So
fueg ich euch jetzund zu wiHeo, dafs mich der fchwager Schearl
in feinem haufs alhie behalten» da ich dan ein kamer beftanden
vnd mich dafelbft eingericht, dan zu difer zeit kein gelegnere
noch wölflerc zerung mir furgeftanden. So wollen die VVilkn /u
diefer fchweren teuren zeit das jar lang (vnangefehen dafs fie
fchmal leben) keinen vmb die 100 fl. annemen oder behaufen,
derhalben ich ein Zeitlang ins Scheurls haufs gedenk zuuer-
harren. So hab ich der teum halber, fo alhie ift, in Thusca-
niam gen Senis') ziehen wollen, darzu mir dan der fchwager
auch het helfen kunnen, da ich dan mit eim geringem het können
aufskummen, aber es hat üch befunden, das flder den krieg-
leuflflen her die fchul dafelbft noch nicht wider vfgericht, wie
den auch ein Detzel^), fo auch dafelbft willens hinzuziehen,
alhie durch rath defs Scheurls vnd anderer mufs verharren.
Item wo ich etlicher herrn vnd freundt rath gefolget vnd gen
l^adua gezogen, wer es mir noch erger ergangen, dan es kummen
theglich ftudenten hieher gezogen, die dafelbft zu gleicher weifs
noch fchwererer theurung fliehen, vnd zeigen an, dafs fie dafelbft
vmb ir geldt fehler weder zu effen noch zu trincken, wie es wol
billig fein folt, kunnen bekummen. (Man hat mich, weil ich noch
bei euch gewefen bin, treulich vnd oft gewarnt, wan ich herein
kum, ich fol die dicken, (tarcken, grobe wein wol mit wafTer
mufchen, aber es ilt inen zu «lifer zeit die dicken vnd Iterck
wol vergangen, dafs fie nicht lundcrs mufchens bedürfen, thet
manchem guten gefelleii oft not. er kauft wein, ein andern damit
2Utuufchen, aber wir findt zimlichermafren verfehen.) Derhalben,
dieweil ichs ni( lit zuuerbeffem weifs, mufs ich, wie man pflegt zu-
fagen, aufs 2 oder dreien argen dafs befte klauben vnd mich vfs
genaueft vnd eingezogenft, alfs mir muglich i(t, alhie enthalten.
Sunft gefeit mir Italia fehr woll, fo ift Bon<Miia ein
fchone, alte, herrliche Stat, darinen fleh groffer, gewaltiger adl
enthaltet vnd teglich gewaltig vnd hoflich ding zufehen ift, vnd
') Siena.
Oeorg Tetzel &. S. lo6 Anm. i. — Er blieb mehrere jähre in Bologna
und schrieb von dort aus an unseren Christoph, als dieser sieh inh seiner
Schwester Ursula Tetzel verlobte, einen lateinischen, vom lo. September 1564
datierten Gratalationsbrief.
. ijui. u i.y Google
— 145 —
befttnders, wie mir gefagt wirdtp dafs folchs erft recht zufeheiii
wen widenim ein pabft geweit wird, vf welchen man theglich
wartet.^} Wafs aber mein (tudium betrift, wifs, dafs ich alle tag
zu eim doctor gehe, wie dan der brauch ift, welcher mir neben
andern Uft, welchem man nichts geben darf. Dan es hat mit
den gelerten ieuten in Italia ein folch gcftalt, dals fie zu herlich
llndt ctwafs zunemen, vnd findt mit hechfter dankfaguug vnd
aller erbietung wol zufrieden, wan inen die theutfche ftudenten
in die lection gehen, welchs fie dan, welcher am meinften thcutfcli
zu difcipeln hat, für die hochfte vnd grofse ehr halten. Sonft
hab ich meine publicas lectiones, wie ich dan 2U Leibzig auch
gehabt Wafs mir fonit in meinem (tudiem feit oder mangelt,
hab ich ieder zeit den doctorem, da ich zu gehe, auch defs
Pfintzings praceptorem im haufs zum heften. Wil mit Gotts
hilf neben der fprach meinem ftudiem mit vleis aufs warten.
Üiler zeit hab ich zukauffen kein inftrument kunnen bekummen,
ift mir aber ein zimlich guts gelihen worden, darum ich alle
monat 2 oder 3 patzen geben füll, wil dalfelbig ein zeit lang
brauchen, dan folt ich mirs kaufen, fo lindt fie theur vnd kunts
einmal um folchs geldt nicht wieder anwerden. Sunft weifs ich
euch difer zeit nichts zufchreiben, dan gruis mir die matter vnd
gefchwifteret fampt dem haufgefindt, auch die f. Rreffin vnd
herrn Endrifs Im ho ff fampt andern herrn vnd guten freundten.
Der fchwager Scheu rl left euch auch freundtlich grueCfen.
Hiemit Gott dem Almechtigen befolhen. Datum in eil den
3U. uetübris im 59 in J^ononia.
£s ift vor etlich tagen ein welfcher mit gefchmelzten fchalen,
fo de maiolica nennen, hieher kummen vnd diefelben fer wolfail
geben, von welchem der fchwager vü fchons dings gekauft, hab
ich nicht vnterlaflen kunnen, dieweil ich gewiCt, dafs euch mit
folchem gedint ift vnd in eim haufs ein zierdt ift, dafs geldt
anzulegen, hab auch vmb 1 cronen 16 oder 17 ftuck einkaufft,
*) Papst Panl IV., der vormalige Cardinal Caraffa, war am iS. Aagast
1559 gestorben. Das KardinalskoUegium konnte sich lange nicht über die
Wahl des neuen Papstes einigen. Erst nach vier Monaten erkor es den
Kardinal Johann Angelus Mcdici, einen Mailänder, zum Papste Er wurde
am 26. Deaember 1559 gewählt and nahm als Papst den Namen Pins IV. an.
S. Droysen, Geschichte der Gegenreformation S. 56. Philippsohn, Westeuropa
im Zeilalter von Philipp II., £Usabeth und Heinrich IV. S. 117.
10
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— 146 —
welche ich verbetfchiert zu den feinigen hab laffen einmachen,
werden miteinander etwan alhie einem hinauf zufueren vfgediogt
werden. Ift mein bith, wolt folche im heften von mir aufnemen
vnd wo fie euch gefallen werden, kan ich alwegen, wan ich die
fprach em wenig begriffen hab» euch mehr laiTen machen» ift
allein mit folchem ding zu beforgen, dafs es vf dem weg baldt
zuprcchen wirdt.
£. G. S.
Chriftoff Krefs.
40.
Kindtliche Heb u. f. w. Hertzlieber vatter» meine bisher
an euch gethane fchreiben, verfich ich mich, findt euch wol zu«
komen, daraus ir dau anc zweifl inein anwefen aller notturft
nach werdet vernummen haben, Dcrwegen mich nicht wenig
fremdt bedunckt, dafs ich die zeit her, weil ich in Italia verharre,
nicht mer dan ein einzig fchreiben von euch empfangen, da ich
doch, fo oft ich fueg gehabt, euch mit briefen crfucht. Ob ir
nun mit gefchefiien beladen gewefen vnd defto weniger gefchriben
oder ob folche fchreiben von den potten verloft*) vnd nicht
geantwort worden fein, kan ich nicht wilTen, derhalben ich
von hertzen begert, zu erfaren, wie es mit euch allen ein geftalt
hat. Dan ich nicht minder vom fch wager Sc he url vernommen,
dafs etliche aus dem haufgofindt folten kranrk ligen (welchs ich
nicht gern geliort), welchen Gott der Ahnechtig zu irer gefuntheit
widerum genediglich hellTen woll. Amen. VVafs mein wefen
belangt, fthet, Gott dem Almechtigen lob, wol vmb mich, hab
mich ins fchwager Scheurls behaufung (wie ich euch vor auch
in andern meinen fchreiben zuuerfthen geben) eingericht vnd
mich mit ein wenig buechem, was zu meinem ftudiern zur not-
turft gehört, verfehen, alda wil ich meinem ftudiem, neben
befleiffung der fjjrach, vfs fleifdgft aufwartten. fo vil Gott der
Almechtige genadt verleihen wil. Waf fünft der brauch ift. hab
ich zum theil vom Ichwager Scheurl verftanden, .uu h /um theil
erfehcn vnd (»rfarn, mus mich allo teglich ilcu> brauch nach, fu
vil mir gebart, richten vnd mich felbs in die fach fchickcn.
') verloft verwahrloii.
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— 147 —
Wer in fumma als zuerleiden, wo allein die groCTe teurung wurdt
aufgehebti welche mir am fchwerften zufeUt. Dafs ich euch vf
ditzmal guter meinung nicht wollen verhalten. Wafs fich funft
mitler zeit wurdet hegeben oder fünft wafs für fallen, folt ir in
meinem nachfolgenden fchreiben vernemen, auch zum theil vom
ichwager, der fich in einer kürtz alhie wurdt vfmaclien, münt-
lichen bericht neben andern mererem fchreil)en empfangen.
Uiemit was euch allen Heb v nd gut ift, vnd Gott dem Almech-
tigen in feinen fchutz \nd hirm beuolhen. Wollet von meint-
wegen die f. mutter, f. K reff in fampt dem h. Endrifs Imhoff
vnd dem gantzen haafgefindt fampt andern herrn vnd guten
freunden vil grufs vnd alles guts anzeigen. Datum in eil in
Bononia den 27. Nouembris 59. Sei euch auch von wegen
fchwager Scheurls vil guts anzeigen.
K. G. S, AZ.
^ Chriftoph Krefs.
41.
Kindtliche lieb u. f. w. Lieber vater, nachdem ich oft-
mals, dieweU ich in Welfchlandt verharret, an euch gefchriben»
der aber, wie ich nun zum andern mal vom fchwager Scheurl
veritanden, wenig euch geantwort, darob ir dau, wie ich vemim,
etwan ein vnwillen gefaft, welchs mich nicht wenig frembdt
bedunckt, daft vnter fo vil von mir gethanen fchreiben deren
keins oder ja wenig euch geantwortet, derwegen ich vf ditzmal
nicht vnterlaffen künen, micli mit difem gegenwertigen fchreiben
gegen euch zu entfc huldigen, dafs folchs niclu aufs meinem
vnfleis oder vergeffenheit fei befchehen, fondern viimehr aufs
nachlefsigkeit der botten verwarloft, ift derhalben hiemit mein
deifllg bith, in folchem fall mein entfchuldigung im heften auf-
zunemen vnd bedencken, dafs folchs aufs meinem vnfleifs nicht
verfaumt worden, vnd wo die zeit was vergeffen oder mit fchreiben
nicht genug gethan worden, wil ichs mit vberflufs in andern vnd
oftern fchreiben hereinbringen. So verhoff ich auch, der fchwager
Scheurl werde, nachdem er fich verfertii;t, in 3 oder ja vfs
lengft in 4 woclicn mit gots hilf widerumb bei euch fein, der
euch dan auch müntlicli alle gelegeniieit vnd guten bcriciit wirdl
anzeigen, vnd auch mehrern, dan ich mit fchhfften euch kan
lO*
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— 148 —
zuuerfthen geben. Sunft wais ich euch ditzmal nichts zufch reiben,
dan ich euch zuuor alle gelegenheit angezeigt vnd befunder in
einem an euch gethan fchreiben, dafs ich mich genUlich verfich»
fei euch Oder geantwort, daraufs ir allen bericht werdet ver-
nommen haben. Hiemit wttnfch ich euch allen, waCs euch lieb
vnd gut ift, vnd Gott dem Almechtigen in feinen fchutz vnd
fchinn beuolhen. Wollet von meintwegen dem ganzen haufgefindt
fambt andern herrn vnd freunden ein grui's anzeigen. Datum
in eil in Bononia den 4. Decembris im 59.
E. G. S. AZ.
Chriftoff Krefs.
42.
Kindtliche lieb u. f. w. Lieber vattcr, nachdem der Ichvvager
Scheu rl fich alhie widerum zu euch zuuerreifen aufgemacht,
hab ich niclit vnterlaflen wollen, euch mit diiem fchreiben zu-
erfuchen, gib euch derwegen zuuernemen, das, nachdem ich
mich die zeither ins fchwager Scheu rls behaufung verhalten,
dieweil kein andere herberig zu der zeit zubekommen gewefen,
auch kein wähle mich vmb das gelt« fo ich vf die koft hab
zuwenden, wollen erhalten, wie ich euch dan vor auch folcbs
angezaigt, nun aber vor wenig tagen, ehe fich der fchwager hat
wollen vfmachen, ifl: mir durch nachfragung ein welfcher herr
turgelchlagcn, der eines eingezogenen reutlUcheu begert, wo
nun folclier eines vf richtigen wandels wehr vnd ein billichs von
mir nemen wolt, welclis man ferner durch nachfragung erfarn
miis, wie dan der fchwager Scheurl allen beuelch hinter inie
Verlalfen, fo wolt ichs der fprach halber, damit ichs deito ehr
mocht begreifen, mit ime verfuchen, welchs ich euch vf ditzmal
nicht wollen verhalten. So vberfchick ich euch hiemit den reifs-
zetteP), wie wir von tag zu tag geritten, welchen mir der fchwager
*) Der mit dem Brief übersandte Reisf'i ettt^l lautete, wie folgt!
Voigt hernach was der Schwager Aiurechi Scheurl mir Chriftoff
KrefTen dem Jungem von Nflraiberg aafs bifs gen Bononia cur
- eruniL^ fürgeftreckt hat. kreutcer
Adj 2. September von NUrmberg aufs bib gen (tut Hilpoltftein
geritten vnd verzert dafelbft vbemacht 37« -
Item SU Kipfenbefi; zu mittag l6. —
Adj 3 dito zu Ingolftat vber naclit verzert 36. —
vnd zu Schrobenhaufen zu mittag 30. —
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— 140 —
Scheu rl alhie zugeftelt, macht in als 15 fl. 46 kreutzer, ift hiemit
mein gantz vnterthenig bith, wolt ime folch forgeftreckt gelt
vnbefchwert erlegen, dafs \vi! ich jederzeit mit fchuldigem gehoriaiu
widerum gegen euch verdienen, auch in allem meinem thun vnd
fürhaben, meinem Zulagen nach, allen muglichen vieis anwenden,
damit groffer vnkoft nicht vergeblich vfgewendt werde, welchs
ir euch gentzUch zu mir folt verfeben. Waf fünft (ich die zeit
her hat zugetragen, virt euch der fchwager allen muntlich befcheidt
anzeigen, auch belTer, als ichs fchreiben kan. Wafs die maiolica
belangt, wert ihr bei (einen warn finden vnd empfangen. Wo ir
fonft wafs bedurft, wolt mich folchs verfthendigen, es foU euch
Adj 4 dito SV Aich« (Aichach) ttberascht 35. —
Vnd zu Augsfpurg 7M mittag, uuch adi 5 dilto dafelbft vber nacht
vnd den nachfolgenden mittag verzert 77-^
Adj 5 ditto za Stadeln ein dranckh getban 4. —
Adj 6 dilto so Landtf|>eigk vber nacht renert 34>~*'
vnd zn Schongau zu mittag 16. —
Adj 7 ditto zu Soia (Bayerfoyen) vbernacbt 30. —
▼nd sn Amberga (^Amergau) ein frttcftllck, mehr Sit PartU
kirchen (^Partenkirchen) zu mittag in allem vertert .... 23. —
Adj 8 dilto zu Mittewalden vLernacht . 3*. —
vnd zu Infpruck m mittag fampt vf 9 ditto vber nacht auch
den andOTi mittag da ftilgelegen vertert ....... 70.«
Item dafelbft meinem Satel zu helfien, auch von den gegoffnen keifer-
lich bilden vnd den newen paw defs Jefuiter Klolters zu
hefehen zu drinckgelt geben 17« —
Adj 10 ditto tu Stainach vbernaeM 3a« —
xnd zu Stürtzinj^en (Stcrzinp^ zu mittag • . 18.—
Adj II ditto zu Prixen iHrixenl vhernacht 39- —
vnd zu Colmann (Kollmau) zu mittag .
Adj ta ditto zu Polten (Betzen) vbemacht 40- —
vnd a .Salurno zü mittrij; .......».•<•» 19- —
Adj 13 ditto zu Trient vbernacht vertert 3S- ~
vnd zn Ronreit iRovoredo) tu mittag t8. —
Adj 14 dito all Burgetto (Borghettol vbernacht verzert 34- —
vnd all Ponto ij) zu mitta^^ fampt dafelbft vber die Ftfch zufarn 25.—
Adj 15 ditto zu V'erona vbernacht fampt für ein boletta dafelbft . 49. —
▼nd a laola de la Scala sn mittag iS.«'
Adj 16 in Ostia l OstigVa) vbernacht vnd von eim fchüT bila gen
Ferrara zufarn 9*«""
Item fUr effen vnd dnncken alia ftellada vf& ichiri' gekauift . . . 7'~'
Vnd tn Ferrara den roflen ein futter vnd wir ein drnnck gethan ao.—
Adj 17 ditto alla Srala vb?-rnaclit 40. —
denfelben mittag Hndt wir (Gott lob) in Bononiam kummen.
Snmma 946.—'
die than 15 fl. 46 kreut^er.
AI brecht Scheurl adj
19. Septemb. 1559
in Bononia.
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150 -
zu jeder zeit, wo es muglich ift zubekommen, vfs genauefL ein-
gekauft werden. Weif euch vf ditsmal fonft nichts zufchreiben,
dan ift hiemit mein btth, wolt der gantzen freundtfchaft, dan
ich zu difer zeit nicht mehr fchreiben kunnen, auch dem gantzen
haufgefindt vil gruls viid alles liebs vnd guts anzeigen. Wolt
auch der trawen Kreffin den brief vberantwortten. Hiemit was
enrb lieb ift, vnd ('"tt dem Almechtigen in feinen fchutz vnd
fchirm beuolhen. Datum io Bononia, den 10. Deccnibrisim 59.Jar.
E. G. S. AZ.
Cbriftoph KreCs.
43.
Kindtliche lieb u. f. w. L. vatter, mein nechft an euch
gethane fchreiben verfich ich mich, fein euch vom fch wager
Alb recht Scheu rl wo! vbcrantwort, von welchem ihr dan
neben meinen bisher an euch gethanen fchreiben, all mein thun
vnd wcri'n (meiner 7.imerricht nach) genugfam wcrdt haben ver-
nummeu. So hab ich euch in gedachtem nehern fchreiben zu-
uerfthen geben, dafs mir ein welfcher herr alhie der practicen
vnd fprach halber^) fei furgefchlagen worden, wie ir dan auch
von fchwager Albrecht Scheurl werdt haben vernummen.
Darauf fueg ich euch hie zuwiften, dafs gedachter welfcher ein
Zeitlang jetzundt nicht anheims geweft, zu dem fo ift eben die
jubilation vnd frolockung alhie, dieweil widerum ein Pabft erweit
worden, eingefallen, derwegen bis hieher nichts mit mic kunen
gehandelt werden, nachfragung in feinen ftaadt vnd welen hab
ich mittler zeit gehabt. Wan nun die freudt vnd jubilation fur-
uber ift, wirdt nach beuelch des f. Alb rechts Scbeurls mit
ime gehandelt werden, fo folt ir alsdan allen grünt zum erfthen
erfarn. Auch kan ich euch weitter, 1. vatter» nicht bergen, das mir
die zeit, weil ich in Italia verhar, nicht mehr als ein einzig
brieflein von euch zukummen, da ich doch euch mit vilen fchreiben
erfucht. Ob mir folche vfgehalten werden oder wafs fonft die
vrfach fei, kan ich nicht erachten, wie es auch vmb euch ein
geftalt hat, welchs ich zu wiflen von hertzen beger, kan ich
Man suchte also die jungen Leute bei Italienern unterzubringen,
damit «ie rascher italtenisch lernen und sieb mit den Sitten in Italien ver*
traut machen sollten.
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— 151 -
nicht erfaren. Herwegen mein hochfte bith, mich mit gelegener
botfchafft deilfen zu verdthendigen. Auch ift mein vleiflig bith,
wo die leiten zum inftrumcnt, fo ich mir herein zumaclien ins
Scheu rls haus gelaffen, noch nicht eingeniaclit worden, wollet
dieCelbcn nur wideruin zu enrh nemen \m\ i)ei dem andern
meinem behalten, dan fo vil ich ir bedarf, Ondt alhie bei dem,
der mir ein inftrument geUhen, wol zubeiLOmmen, 2U dem weis
ich nicht, wan fie mir mochten vberantwort werden, dan folch
ding ZU Venedig oft lang verloft (verwahrloft) wirdt. Wolts der-
wegen bei euch behalten. Neues weis ich euch fonft nichts zu
Cchreiben, dan das der Cardinal Medices znm Pabft erkom*),
vnd die lag, das mit der zeit die Venediger, dieweil er inen
lampt andern ['urühen zum tlicil zuwider, mochten iu;t kriegs-
rüftung vberzogen werden, welchs widcrum in 1 1 a 1 i a neue emporung
wurdt erbehen. Sunft fthet es noch Gott lob im alten wefen,
weis auch derhalben vf ditzmal nichts zufchreiben, dan wunfch
euch hiemit allen zumal vil glückfeliger newer jar vnd wafs euch
an leib vnd-feel gut ift. Hiemit Gott dem Almechtigen in feinen
fchutz vnd fchirm beuolhen. Wollet euch, defsgleichen der
f. K reff in fampt andern herm vnd guten freundten mein grufs
vnd alles liebs anzeigen. Datum in eil in Bononia den 2. tag
Januarü im 1560.
D. G. S. AZ.
Chriftott Krefs.
44.
Kindtliche lieb vnd trew mit erbietung alles liebs vnd guts,
auch wunfchung vil glückfeliger newer jar zuuor u. f. w. L. vatter,
mein nechü gethan an euch Ichrelljen, den 2. Januarü aufsgangen,
verfich ich mich, fei euch wol zulcummen, darin ich euch noch
nichts gewis von dem welfrhen herrn, zu dem ich zuühen willens
gewefen, hab kunnen anzeigen. Jetzund aber gib ich euch zuuer-
nemen, dafs er nach verlafTenem beuelch des A Ib recht Scheu rls
meinthalben angerett, ob er noch gedenck, mich zu fich vfzu>
') ^'^gl '4S Anm. i Papst Pius IV,, ^'cboren 1499, war nicht aus
dem berühmten Florenzer Geschlechte der Medizi, sondern aus einer Familie
niederen Standes in MMIand. Vgl. Dr. II. PbUtppsobn, Westenropa im Zeit-
alter Philipp IL, Elisabeth and Heinrich IV. S. 117.
I
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— 152 —
nemen. Darauf er (Ich hören laiten, dieweü die theurung von
tag zu tag zttoem vnd alle ding zum hochften fteigen, kunn er
mir difer zeit nichts zufagen, fonder wols in weiter bedencken
ftheln, daraus ich wol kan vememen» dafs folchs wort find gewefen
vnd fich mit der that wenig befindet. Zudem ift er an folchem,
fo ich bisher ins fchwagcr Scheurls haufs gegeben, nicht benugct.
wurdt mir ah'o allein, wafs die koft belangt, bei 7 croncn dafs
nionat lein vfgangen, ohne dafs, dafs man fonft teglich zur notturft
bedarf, welchs mir gar zu fchwer werde, äo find de darzu
geneigt, das, wo fie ein Teutfchen bekommen, zumal einen allein,
dafs dafs gantze haufgefindt von ihme nagt vnd allein von ihme
wü benugt vnd gefült fein, liian gibt ja vnter inen wol fueffe
wort aufs, fieckt aber gall im hertzen, welchs ein jeder, der das
fein in acht hat, kan vergehen vnd mercken. Derhalben, die-
weil ich bei difer theuren zeit vmb die 5^/^ cronen ins fchwager
Scheurls behaufung bclthen kan, gedenck ich nocli ein zeit
darinnen zuiierharren, bifs etwan der fiimnier daher geht, kan
man miticr zeit anderitwo nachfrag haben, wie dan die Scheur-
lifchen allen muglichen vleis angewandt vnd noch anzuwenden
mir zugefagt, dieweil kan ich der fpeis^ dan die Weifchen wult
vnd heüos genug kochen, neben der fprach, der ich midi in all
weg neben meinem ftudiem, fo vil mir muglich ift, befleis, von
tag zu tag delto beCTer gewonen, auch ihre weis vnd fitten all*
gemach erkennen. Weichs ich euch vf ditzmal nicht kunnen
verhalten. Wils hicimt als in eum wilica ^eicUL haben, wolt
ihr nun, dafs ich ferner ins rchwagcr Albrecht Scheurl behau-
fung verharrn, dieweil ich mich alsda am beiteti cmgericht
meines ftudii halber, fo foll an der iprach auch nichts verlaft
werden, fo bin ich wol zufriden, wolt ir dau, dafs ich anderft-
wohin fthe, bin ich aber zufriden, aber wolflere zerung weis ich
zu der zeit in gantz Bononia nicht zu bekommen, ich komme
vnter, zu wem ich wol, dan die Weifchen dahin geneigt, das fle,
ob es fchon doppelt bezalt wirdt, dennoch nicht vil vberichs
hinausgehen. Hab dem fchwager Scheurl auch ein brieflein
gefchribt-n, wiewoi in i^rofser eil, verficli ruich, werdt es euch
auch felbs lel'en laffen. L. vatter, wafs ich euch zum oftern mal
eurer getrcwen vetterlichen vermanung nach hab zugefagt, tragt^i
nicht zweifl, ich wU folchem mit allem muglichen vleis neben
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— 153 -
begrciffung der fprach nachkommen vnd mich, wie ich zugefagt,
bei der (chweren seit, fo in Italia ift, vfs eingezogenft halten,
auch mich jeder zeit, wie ihr mich oft gewarnt, for befer gefel-
fchaft hueten vnd Gott den Almechtigeii in allen dingen zufor-
derü anruffen, welcher mich nicht vcrlalTen wirdt. Hat lonft
nicht noth, Gott lob, ich hab Italia noch bisiier mit gelunthem
leib zum theil erkent vnd gewont, fo fthet fonft all ding vrob
mich in zimlichen wefen. Gott verlei veraer vnd lang zu allen
theüen. Amen. Weif euch vf difsmal nichts znfchreiben, dan
iit hiemit nochmals mein gantz freundtlich bith, dieweil ich vf
alle meine fchreiben nur ein einzig brieflein empfangen, welchs
mir fluchs im anfang, als ich in Itaita bin kummen, itt beant-
wort worden, wolt mi( Ii doch \ eruheiuligen, wie es vmb euch
ein geltalt lial>, oder biswciln wo euch die puft zu baldt vf ift,
mit ein wort oder zweien durch der Scheurls brief verithendigcn,
damit ich bisweiln weifs, ob ir noch frifch vnd gefunth lebt,
Hiemit wnfs euch allen lieb vnd gut ift, vnd Gott dem Almechttgen
in feinen fchutz vnd fchirm benolhen. Wolt der frawen K reff in,
auch hm. Endris Imhoff, der f. mutter, auch andern freundten,
auch dem gantzen haufgefindt mein grufs vnd vil guts anzeigen.
Datum in eil in Bononia den 8. Januarii im 1560.
E. G. S. AZ.
ChriUuÜ Kreis.
45.
Kindtliche lieb vnd trew neben wunfchung alles liebs vnd
guts zuuor, hertzlieber vatter. Eur fchreiben,- den 3. Januarii
aufgangen, ift mir vf den 27. deffelben monats wol zükummen,
daraus ich vemummen, das Ihr fampt etlichen gefchwiftngten
ein zeit läng wafs fchwach ernidergelegen, aber Gott dem Almech-
tigen lob fich wider gebcffert, welchs ich von hertzen erfreuet.
Will mich nus uenacien Gottes noch in zimlicher gefunthcit, dem
fei lob vnd verleihe lang zu allen theilen. Amen. So hab ich
daneben verftanden, das euch dannach von mir etlich fchreiben
zukummen, welchs ich erfreuet vnd gern gehört, daraus ihr mein
ftand vnd wefen werdt haben vernumroen, auch wie ihr dem
fchwager Scheu rl nach meinem begern den conto der zerung
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halber habt gut gethan vnd erlegt» welchs ich mich zum hochften
bedanck, mit hochfter vnd vntertheniger bith, hinfortan mit
anderm, wafs zur notturft gehört, vnbefchwert zu fein, ferner
aufzuwenden, darna<-li ich mich allem gehorlain nach weis ziiuer-
halten. Wolt auch nicht zweifeln, ich wol micii jederzeit befleilTen,
eurn vetterlichen wolmeinciKlen \ermaniingcn in alle weg nach-
ziiktimmen, welchs ihr euch gentzlich 2U mir habt zuuerfehen.
Auch fchreibt vnd begert ihr, dameben euch zuuerftendigen,
wafs mir weitter die zeit her hierinnen fei furgeftreckt worden,
damit ihr folchs auch wift zuerlegen, fueg ich euch hiemit zuuer-
nemen, das ich mitler zeit folchs in ein zetl oder regifter zufamen
ziehen will vnd euch vngeferdt vf oitem (fo mir Gott fo lang
dafs leben vergunt), da es dan ein Halbs jar fein wirdt, dafs ich
in (iifen landen bin, lauter vnd dar zurdiicken, der zuuerficht,
es werdteuch mit der zalung auch am fueglichften \ nd gelegenften
fein. Was ferner eur vermanung der frucht halben mich zuuer-
hueten, auch in andern dingen mein gut acht zuhaben, belanget,
nim ich zum hochften zu danck, wii mich auch darnach meiner
vorigen zufag nach vfs fleifügft richten vnd verhalten. Das euch
die maiolica oder gefchmelzten fchaln noch nicht zukummen
fmdt, kan ich mich nicht genug verwundem, da fie doch lengft
von hinnen weggangen, kan wol erachten, das folche wahr zu
Venedig verwarloft vnd nicht baldt vfgedingt worden, verfich
mich doch, ihr folt fie baldt bekommen, .^unit weis ich zu
difer zeit weiter nichts zufchreiben, weis auch vf ditzmal keinen
mang) ((iott lob) anzuzeigen. .So fthet es funit alhie in zimlichen
wefen. Allein kan ich our]\ nochmals nicht verhalten, das die
teumng alhie dermaffen vberhant nimbt, dafs teglich erhört wirt,
dafs die armen leut, fo ir brot teglich nicht kunnen gewinnen,
for hunger erfterben vnd ferderben, daran die voraehmiten
regenten der ftatt, die vom adel, fchuldig findt, welche das
gedreidt dem armen man (in hoffnung, in groflerm werdt anzu-
werden) verhalten, welchs inen dan gegen Gott (wie fie ein
regiment furn) fthet zuueiantworten. Weichs ich euch iiiemit
nicht wüln verhalten. Mer weis ich vf ditzmal nichts zufchreiben,
dan ift hiemit mein l)ith, wolt dem h. Endris Imhoff, der frawen
K reffin, der mutter, auch den gefeliwirtrigten fampt dem gantzen
haufgefindt, auch andern herm vnd freunden vil gmfs vnd alles
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155 -
liebs vnd guts anzeigen. Hiemit wafs euch lieb ift vnd Gott dem
Almechtigen in feinen fchutz vnd fchirm beuolhen. Datum in
Bunoai.i den 12. Icbruarii im 60.
£. S. A>
Chriftoif Krefs.
46.
KindtHche lieb u. f. w. Lieber vatter, eur neher an mich
gethan fchreiben, den 5. februarii aufgangen, ift mir vf 2 1. deflelben
wol zukummen, darin ihr vermeldet, dafs ir aus meinem fchreiben
die klag der groffen teurung, fo (leb in diefen landen erhaben,
verftanden, auch wie mich derfelben halben der gedachte herr,
von welchem Ich euch etlich mal zugefchrtben, nicht zu fich hab
wollen nemcn. (I:irauff dan enr mcinung \ nd i;utbeduncken, mich
noch weitter, diewcil ich nach notturft verfehen, in defs fchwager
Scheurls behaufung zuerhalten, welchem ich alfo nachkommen
wil. So ift darneben eur vermanung vnd befelch in meinem
ftudiem, auch in begreifTung der fprach vnd fernere vbung vf
dem inftrument allen vieis anzuwenden, damit nicht vergebener
vncoft mit fampt der zeit auf vnd hinweck gehe, welchem allem
ich mit hochftem vleis meinen vorigen zufagen nach fo vil, als
Gott der Almechtig genadt verleicht, zum treulirhften vnd vleiffigften
will nachkummen vnd aulwarten, welch«; ihr euch, wie ich euch
oftmals ziigefrhriben hab, gentzlich zu mir habt iuuerfehen. Dafs
die geü hmeltzten fchahi alfo gar zubrochen findt ankummen,
ift mir laidt vnd taurt mich die fchone arbeit, auch die fchone
groffe ftuck, fo der fchwager Scheurl für fich hat eingekaufft.
In der warheit weft ich nicht, wie fle heten beffer foln ein-
gemacht werden, wie dan der fchwager, fo mit vnd bei gewefen,
felbs gefehen. Vf ditzmal weis ich euch fünft nichts zufchreiben,
dan das die fag alhie ift, das Ro. kaiferliche Maieftet von jetz-
regierendem Pabft vf den künftigen fummer alhie zu Bononia
wol gekrönt vnd conhrmirt werden, wo dem alfo, fo wirdt es
ein herlich vnd gewaltig ding zulehen lein Hiemit wunfch ich
euch allen, wafs euch lieb ift vnd Gott dem Almechtigen in
feinen fchutz vnd fchirm beoulhen. Wolt von meintwegen der
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— 156 ~
f. muUer, f. Kreffin, h. Endris Im ho ff, den gefchwiftrigten
fampt dem gantzen haufgefindt vü grufs anzeigen. Datum in eil
in Bononia den 3. tag Martü im 60.
E. G. S. AZ.
Chriltopli Krefs.
47.
Schuldig gehorfame lieb u. f. w. Lieber vatter, wiewol mir
difer zeit an euch zufchreiben nichts fonders furgefallen» dtewetl
ich Gott lob bei difer fchweren, theurn zeit alfo zimlichermaffen
verfehen bin, fo gefchicht doch ditz mein fchreiben an euch,
damit irmein gefuntheit vnd wolfart vememetp auch meins ftudierens
vnd fürnemens ein wiften tragt, damit ihr nicht mociit vermeinen,
dals ich der eurn \L-ttorlirhen vcnn.iniing vergclYcn vnd an euch
nicht gedacht, wclchs ihr keinswcgs erachten fulet. Dafs aber
ein 14 tag her an euch zufchreiben von mir vnteriaffeD, ift darumb
befchehen, dafs mir ein zeit her kein fchreiben von euch zu
kummen, derwegen mir vnbewuft, wie es vmb euch ein geftalt
hat» Weichs mir auch wenigere materia zufchreiben erreget. Der-
halben ift hiemit mein freundth'ch vnd fleiilig bith, mich eurer
aller gefuntheit vnd wolfart (welcher ich bifsher nicht wenig forg
getragen, auch ob ir dem Joachim, meinem bmder, widemm
ein herrn gefunden, von welchem ich, dieweil ich in Italia fein,
noch j^ar nichts vernummen,') mit einem kurtzen brieflein zuuer-
ftendigen, welchs mir iederzeit anzuiiurn vnd zunernemcn ein
hertzliche freudt iit. VVafs mein ftudiern vnd türhaben belangt,
fthet in eim zimlichen wefen, fo verhoif ich der fprach, welcher
fundamenta ich die zeit her erfam, mit der zeit allgemach zube-
greiffen, auch in die mores vnd gebrauch der Weifchen mich
zuuerrichten, fo will ich mich mit befterung der lernung vf dem
inftrument, neben meinem Itudiem vnd furhaben, zu feiner zeit,
auch anderer adelicher exercitia, fo in difen landen gebräuchlich
findt, zum hochften befleiücn, damit ihr, wo mir Gott das leben
gunt, einmal folt erfarn. dafs ich mein zeit in Italia ni» ht vnnut/.
zugebracht hab, welchs ihr euch, meiner vorigen vnd oüern Zulagen
nach, gentzlich zu mir habt zuuerfehen. Gott der Almcchtig wol
mir fein genad vnd hilf, folchs zuuolbringen« genediglich verleihen.
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— 157 —
Neuer seitung weis ich euch vf ditzmal nichts zufchreiben,
dan dafs die thearang in difen landen noch fo grofT, dermafTen
nie erhört. Man kaufft alhie zu Bononia 1 brodt vmb 3 oder
4 pfennig. Ich wolt vmb einen heller bei euch fovil erhalten,
«kraus ihr eraclit, dieweü fiirnenilich difs Co theur, danon der
menfch fich erhalten vnd teglich leben lol, in wafs werdt ander
ding, fo man tegUch turftig ift, difer zeit vfgeftigen fein. Es
fchreit for hunger der;arm man vf der gafTen, deren auch vit
vor hunger fterben. Aber da ift niemandt, der hilf zu thun
begert oder ja wenig. Der adel, fo im regiment ift, welchem
folchs zuuerhueten zufthendt, fragt weiter nicht, wan er (ich vnd
die feinigen verfehen hat. Solche noth vnd jamer macht Gott
im himl erbarmen, weichers genediglich nach feinem gottlichen
willen wideruin vÜR-ben wolle. Hifer zeit weis ich euch fünft
nichts zur<-I)ieil)en, d.tn wil euch hiemit Gott dem A!mcclitii;en
in feinen Ichutz vnd ichirm beuolhen haben mit wunfchung, wafs
euch allen lieb vnd gut ift. Wolt mir der f. matter, f. K reff in,
h. Endris Imhoff, den gefchwiftrigten, entlich dem haufgefindt,
auch der gantzen freundtfchafil vil grufs mit erbietung alles Itebs
vnd dinfts anzeigen vnd wil mich euch hiemit als ein gehorfamer
fon ganz vnterthenig beuolhen haben. Datum in eil den 24. tag
Martii im 60.
E. G. S. AZ.
Chriftoph Krefs.
48.
Schuldige, gehorfame lieb u. f. w. So hab icli nchermals,
1. vatter, euch zugefchriben, wie alle ding mit mir geftalt findt,
auch wie mir Italia noch Gott lob zimlicher maffen bekomme,
wie ich defgleichen bei difer fchweren theurn zeit alfo nach
noturft verfehen, auch dameben meidung gethan, dieweil nun vf
künfHcr oftern ein halbs jarsfrift verloffen, ein lautter vnd clare
rct hiiun^ meines anrichtens vnd aufsgebens eiu h /.uzufchicken,
folche bifshcro an euch gcthanc fchreiben, verfich ich mich
gcntzlich, findt euch beantwurtet. Dafs aber vf tlilzinal, wie ich
euch zugefchriben, difs nicht ervolgt, gefchicht aufs difer vrfach,
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— 158 —
daCs Clement Vo Ickheimer in dicfer zeit nicht anheims
gewefen, Conder fich der handelsgefchefft halben, an andern
orthen ein seit lang gehalten, derwegen ich vf ditzmal nicht
kunnen mit ime abrechnen, da nun folcher, wie ich tegUch feiner
wart, widerum ankummet. Toll folchs volbracht vnd alsdan euch
vfs erft vnd furderlichft, fo es fein kan, zagefchickt werden, mit
hochfter bith, in folchem ein kleine gedult zutragen. So kan ich
fünft vf dit/.mal nicht Nnterlaiicii, curli /uiiermanen, dieweil ich
in folanger zeit kein f* hrciben von eucli empfangen, auch deren
mir nur 3, dieweil ich in Itaiia nun verharre, zukunmien, da
ich euch doch zum offlern mal mit briefen erfucht, wafs die
vrfach fein mus, kan ich nicht erachten, wiewol ich nicht wenig
eurer aller gefuntheit forgfeltig gewefen. Gott der Almechtig
verleihe, dafs fichs glücklich vnd anders erfinde, dan mir die
zeit zugefallen ift. Amen. Wafs mein thun und wefen noch zu
difer zeit betrift, fthet aufs den genaden Gottis auch in zimlicher
wefen, wafs meine in meinen bifsher an euch gethane fchreiben
Zulagen euren vetterlichen vermanungen uach belangt, folt ihr
alzeit der zuuerl'icht fein, mich denlell^en nach wiffen zuuerhalten,
darzu mir Gott der Almechtig fein genad vnd hilf genediglich
wol verleihen. Hiemit kan ich euch vf ditzmal weitter nichts
zufchreiben, dan mir die zeit zu kurtz gewefen. So wirt die
teurung teglich grofTer, fo findet man alle tag leut, die hungers
geworben. Dan es i(t dafs brot in einen folchen werdt, dafs
man vmb 1 pfenig nicht mehr kauffen kan. Derwegen ihr er-
achten, in wafs werdt andere ding fein muefen, fo man auch
teglich zur nuUurft liaben mufs. Gott der Almechtig wol folche
zeit, die ihr frhwer ift, genediglich abwenden vnd ein beffere
difen landen zukchicken. Hiemit wafs euch allen lieb vnd gut
ift vnd Gott dem Aimechtigen in feinen fchutz vnd fchirm be-
uolhen. VVolt von meint wegen der f. Kreffin, f mutter fampt
den gefchwiftrigten, auch dem gantzen haufgefindt vnd andern
herm vnd freunden vil grufs vnd meinen dienft anzeigen vnd
' CU mens Volckamer, wahrscheinlich der Sohn dcf, Ceor^' Volckamcr
und der Katharina Nütrel. der 1563 Kosine üeuder iieiralele und 1572 in
den Rai kam, [Biedermann 1 afcl DXXXIVBj wird später der oberste im
Handel genannt. Ob er Gesellschafter des Albrecfat Scheurl war oder welches
Ver]iäUi>; sonst zwischen den beiden bestand, habe ich nicht fest-
fttelleo könneu.
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— 150 ^
wil niicli euch hiemit als ein gehorfanier fon gantz vnterthenig
haben beuolhen. Datum in eil in Bononia den Q. tag Aprilis im 60.
£* G. S. AZ.
Chriftoph Krefs.
49.
Schuldig gehorfame Heb «. f. w. Lieber h. vatter, nach-
dem ich bifsher etlich vil rchreibeii a:i cuch gcthan, darneben
meinen ftandt vad wefen eiicli, wie mir dan gclnirt, aller notturft
nach angezeigt, dieweil mir aber in 3 monaten her kein fchreiben
oder antwort von euch zukuramen, fthe ich in zweifl, ob euch
folche beantwortet oder ob ihr mit gefchefften beladen oder mit
fchwacheithen neben andern vnglttck vberfallen, dafs ihr foichs
vnterlafen, welchs Gott der Almechtig verhüten wö\, Derwegen
ich vf ditzmal verurfacbt, euch vfs vnterthenigft vnd vleiHgft
zu bitten, mich eurer gefuntheit vnd wolfart halber zuverilhen-
digen, welchs ich vfs erft zuerfaren zum hochften beger. So kan
ich euch, lieber h. vatter, leider \\ (iitzrnal niclit bergen, dafs
fich vj 2A-. tag Aprili«? alhie zu Bononia zugetragen, das die
fchergen oder Ichutzen, wie ihrs bei euch nenhet, fo alhie dem
regiment zu Bononia vnterthenig, aus mutwillen anc allen befelch
der Obrigkeit (Ich vnterfthanden vnd einen Teutfchen vom adel,
einem von Heim vs dem gewaltigften adel aufs Meifsen^), bei
nechtlicher weil in fein haus oder habitation, da er fampt
3 welfchen fcolam gewonet, eingefallen vnd ime dafs fein, da
He inen felbs perfonlich vf denfelben abent nicht gefunden, mit
gewalt, wafs ihnen gefallen, geblundert. Vnd wo er felbs anheims
gevvefen, da er doch bei andern, zu all fcim gluck, den abent
fich gehalten, inen, den Tciitf» hen, zum hon vnd tratz. felbs-
perlonlich weggefurt, welchs inen vf ditzmal gefeit, vi welche
that fich der rector fn'iv t der ganzen vniverfithet in beifein aller
ftudenten gegen der hohen obrigkeit beklagt vnd der jufticia
*) Olho all Heym lirunsviceusis, cf. Acta nationis Liermanicae, 336.
Die Heim, Htym heiften eigentlich Hoym, Hoymb, stAmmen ans dem Anhalt«
ischen und teilten sich in eiiu- 'iclisisch-thUrinL;i>clie unrl in eine poinine-
risch-braunschweigische Linie. Ütio von Heim, den also Krefs dem Namen
nach sehr gut für einen >vs dem gewaltigften adel aufs Meifsen« halten
konnte« &tudierte 1555 zu Padua und siedelte 1557 nach Bologna Uber.
'Gütii^c Mitteilung des Hrn. UniversiUtiprofessors Dr« A. Laschin von Eben*
greuth in Graz.>
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— 160 —
nach folciien mutwillen zuftraften begert, vnter welchem für den
fchein gehandelt, aber entlich durch die finger gefehen vnd der
jufticia nach nicht woln procediren, darob die welfchen, fo von
natur hitzig vnd doUe köpf ßndt, zugefam» alf inen die jufticia
mit honifchen worten abgefchlagen vnd der fchergen palaft aufs
zorn mit gewerter handt angeloffen, daraufs ein folcher tumult
(ich erhebt, dafs aus beiden theiln 2 vf der walflat bllben, der 3.,
fo ein Scolar, ein Niderlender, mit eim Itciii geworfen vf den
tliodt veiwundet, ift doch entlich als man den ernft erkant,
geftillet vnd den fcolarn, als fie j^efehen, dafs wcitter nichts
guts daraus werde, fridt zugelagt, dan fie von dem adel zufor-
derft, aut'h der gantzen burgerfchafft wolgewolt, aufs heforgung,
dafs nicht die gantze (tat, fonderlich bei difer groffen theorung,
auch andern zufallen ein zwidracht vnd auflauf erregt werde,
damit die fcolarn zufriden vnd fich widerum zur ruehe begeben,
der zuverdcht, der zufagung nach mit difen, fo folchs ein anfang
findt, der jufticia nach ku procediren. Vf den 2. tag, als fie
promiirioii halber widerum angefucht, ift inen die vorige zufagung
gar abgef< hlagen wurden, auch zugefarn, inen irc priuilegia, fu
fie vor 6 bis in die 8U0 jar gehabt, begern einzuziehen, welchs
inen in keinem weg zufthaten geburt, darauf fie widerum vf ein
newes zubauf geloffen vnd alle nationes zufam gefordert vnd
nach langer beratfchlagung vnd Vereinigung haben fie entbe*
fchloffen vnd erkennet mit gemeinem rath, aufs der fthat zu-
2iehen, welchs auch befchehen, find alfo mit bewerter handt vnd
vfgerigtem fannen iren freiheiten nach mit iren priuilegiis vnd
freiheiten nach Ferrara, dafelbft fich niderzuthun, dieweil
es nicht weit vnd eine fchone ftat ift, gezogen, liiiuortaii
dafs fiudium dafelbft ferner zuerhalten, darzu inen der hertzog
von Ferrar threulich geholffen. Alf fie nun vf 2 wellciie
meil gewefen vnd dafs fogar, dafs bei menfchengedenken nie
erhört, von Bononia hinweck vnd eim andern herm willens gewefen,
zu überantworten, fo hat fie es entlich gereut vnd mit Cchweren
2ufagungen vnd verhaifungen, als fie erkant, das viler ihrer
bttrger, auch des gemeinen mans bei difer fchwem, theurn zeit
verderben fein werd, haben fie es entlich mit verneuerung vnd
beftattigung ihrer vorigen priuilegia, derfelben fich, wie for,
widerum zugebrauchen, widerum /.uru* kberedet vnd widerum in
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— 161 —
iren alten (tandt vnd wefeo in die (tat eingefurt vnd gebracht
neben vilen zufagungen» fte hinfortan als fcolam bei ihren ade^
liehen freiheiten zuerhalten, ift auch alsbaldt difer aus den
fchergen, fo des tumults ein anfenger gcwefen, entleibt vnd
geri* ht worden, auch diu andern der jufticia nach geftrafft. Ift
alfo loh lics, daf ein fchwerer bandcl tiewefen. \ errichtet vnd
zufriden gcttclt wurden'). Gutt der Ahnechtig verleihe genediglicli,
dafs es hinfortan ruiger vnd fridlichcr zugehe. Amen. Ich bin
gentzUch willens gewefen, 'euch vf ditznial meines aufgebens ein
rechnung zuzufchicken, wie ich euch vormals zugefchriben. Dafs
') Die aubführhche Uenchterütaltung den Christoph Kref» Uber diese
Vorkommnisse ist um so wertvoller, als «ödere Qudlen entweder ganz im
Stiche lassen oder die Sache in ganz .inderem Lichte darstellen In den
Aitnalen der dcut clu n X.ition t^fschicht des Kroiijrtis* es fjar keine Lrw.ahnung;
auch in den vom Mitherausgeber Dr. C. Malagola der Praeütio beigcfügleu
Memorabtlia ist deiselben niclit gedacht. Anderen italienischen Schrlttstellem
cheint die eigentliche Veranlassurg der Erregung unter der Studentenschaft
unbekannt geblieben zu sein. .Salvatore Muzzi in seinen Annali della cita
di Bologna, Tomo VI, Bologna 1844, .S. 537, auf dessen Darstellung mich
Herr Trofessor Luschin von Ebengreuth in Graz aufmerksam zu macht n
die f*>iite luiUc, i^ilu an, dafs der Streit zwischen tU-n Studenten nnJ den
Sbirren Uber eine vom Jfolizeihauptmanu angeordnete Verhaftung eines
Studenten entbrannt sei, wahrend Krefs ausdrücklich hervorhebt , dafs die
Schergen aus Mutvrillen ohne Befehl der Obrigkeit dem deutschen Studenten
V. Heim des Nachts ins H:iTts gefallen seien und ihn ausgeplündert halten,
und den AngrilT der btudcnien auf die Wache als Folge der Weigerung,
jene Obelthäter zu bestrafen, hinstellt. Das Verhalten der Studenten wird
sehr verschieden zu beurteilen sein , jenachdem man die eine oder die
andere Darstellung für richti;^ h.Hlt. Es Ififst sich aber nicht verkennen,
dafs die Schilderung <ies Zeitgenossen Krefä, der die Sache mit erlebt
hat, auch mehr Wahrschttinlichkeit (llr sich hat Ferner weifs Salvaiore
Mu/zi nichts davon, daf^ len Stu l. nten, als sie zum zweiten Male die Be-
strafung der schuldigen Schergen mit Ungestüm forderten, mit Entziehung
ihrer Privilegien gedroht worden war, und doch scheint gerade diese Drohung
die Erregung aufs Äufserste gesteigert und den Ent«chlufs bei der Studenten*
Schaft zur Reife gebr.iclit zu haben, Bologna zu verlassen und die Universität
nach Ferrara zu verlegen. .Auch wird man die Verwunderung des Salvaiore
Muzzi darüber, dafs nicht derjenige Scherge, der den Studenten getödtet hatte,
hingerichtet wurde, sondern em anderer, der einen Scolaren mit einem Stein-
wurf verwundet hatte, und seine Klage über die Willkür jener Zeit nicht
teilen, wenn man ans dem Bericht des Krefs erfährt, daf-» auch derjenige,
der mit dem Stein geworfen worden war, ein Niederländer, auf den Tod ver«
wiHu!f t worden war und dafs derjenige, der gericluei worden ist, do:> Tumults
e;n Anlän^er war. Da« <';>iue Vorkommnis über erieijt unser Interesse um
itejwillen, weil dieser gepl.ir.le Auaiug nach Ferrara der Vurläufer jenes
thatsächlich zur Ausführung geltrachten Auszugs der deutschen Nation in
Bologna nach Taihia war, der 1562 infolge eines älinlichtn Komi kts mit
den .Schergen ins Werk gesetzt wunlc und die Deutschen 'ahrclang von Bologna
ferne hielt; erst im Jahre 157,5 kehrte die Nation nach Bologna zurück, nach-
dem ihre Privilegien neu bestätigt und auf das Ausgiebigste bekräftigt waren.
Vgl, Acta nat. S. XXXIV.
11
— 162 —
aber folchs nicht befchehen, ift die vrfach, das Clement Volck>
heim er, fo der obrigft im handel, etlich tag verreift gewefen,
derwegen ich mit ime nicht kunnen abrechnen, fo ift auch eben
das obgemelte vngluck furgefallen, derwegen ich folchs nicht
hab kunnen ververtigcn, folts aber mit furderlichften vnd erften
empfangen. Solchs hab ich euch vf ditzmal nicht kunnen ver-
halten, liiemit wunfi h ich euch allen, wafs euch lieb vnd aiit
ift, vnd Gott dem Almechtigen in feinen fchutz vnd fchirm
beuolhen. Vnd wil mich euch als ein gehorfamer fone gantz
vnterthenig gehorfamlich haben beuolhen. Wolt von meintwegn
der f. K reff in, h. Endres Im hoff, der f. mutter, den ge-
fchwiftrigten fampt dem gantzen haufgefindt fampt andern herrn
vnd guten freunden vil grufs vnd alles Hebs vnd guts anzeigen.
Datum in dl in Bononia den 28. tag Aprilis im 60.
E. G. S. AZ.
Chriftoflf Krefs. <
50.
Schuldig gehorfame Ueb vnd trew neben wunfchung alles
liebs vnd guts zuuor. Lieber h. vatter, eur nechftvergangen
fchreiben, an mich gethan, ift mir vf den 1. tag May wol zu-
kummen, daraus ich, Gott lob, eur aller gefunthcil vnd wolfart
verftanden, welchs ich zum hochften erfreut, defgleichen wift
mich aus den genaden des Almechtigen Gottis auch noch in
zimlichem wefen, der zuuerficht, er werde vns nach vnferm gebet
nach feinem vetterlichen göttlichen willen zu beden theiln ferner
vnd langwirig erhalten. Amen. So hab ich, lieber h. vatter,
aus eurem fchreiben vemummen, das ihr nach langer vnter-
handlung des Jochims halber mit dem herrn von Schwendi')
ime entlich ein herrn gefunden (dieweil ihne der gedachte herr
von Schwendi nicht wollen noch kunnen annemen, dieweil ein
*) Lazarus Freiherr von Schwendi, der nachmalige oberste Feld-
hauptmann und Rat Kaiser Maximilians II., stund damnb in Pit-nsten <1es
Königs rhilipp von Spanien in den Niederlanden und halte in dem Kriege
gegen Frankreich unter dem Oberbefehl des Herzogt Emanuel PhtUbert von
Savoycn mit dem Rff^itiitiitL- deutscher Krtl^^ltc, das er !)ffehriyle, rühm-
lichen Anteil an den Kämpien bei St. Quinctin und ürävelmgen genommen.
Der Krieg war 1559 mit dem Frieden von Chateau Cambresis tu Ende
j:c{,'angen und Herr von Schwendi konnte somit seine Truppe entlassen.
Vgl. V. Janko, Lazarus Freiherr von Schwendi etc. Wien, 1871. S. 85 ff.
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— 163 —
(ein kriegsvolck, To ime lang gedienet, felbft hab gevrlaubt) inen
derwegen dem herrn Chriftoff Kaller^) gen B ruf fei zuge-
(chickt, dafs ehr dafelbft an des hert sogen von Saphoi hoff
dienft vnd ein herrn mocht bekummen, damit ehr verner was
fehen vnd lernen mocht, welchs ich von herlzen gern gehört,
der zuuerficlit, or werde fich liinfürtan vvol halten vnd eurn
vetterlichen ermanungen vnd erinderiingen mit allem vlcis na( h-
kummen, darzu iiiic Ciott der Almechtig fein genad genediglich
wol verleihen. Waf ihr nun jetzund mit dem Jeronimo^) wolt
furnemen, dieweil ich alzeit verftanden, als ich jungft bei euch
gewefen, ihr wolt inen vf diCen gegenwertigen frueling auch mit
etm herrn verfehen, beger ich gantz vleifsig, folchs von euch
zuerfarn. Waf mein thun vnd wefen belanget, fteht Gott lob in
zimlichen wefen, fo gefeit mir Italia noch fehr woU, wo allein
die groffe teuruftg ein abfchlag mocht gewinnen, daran noch
gar nichts zufpurn, fo ift mir auch die fj^cis, auch die luft,
dauon man fo \il aiL;es gefagt, Gott lob alzeit wol liekuninien,
fo hab ich der Italiener brauch zum theil Ichir gewonet, der
hoffnung, mich teglich iebaf in mein fach zufchicken. Waf mein
('hristoph Haller, der Sohn des Bartholomäus Haller, war, wie sein
Onke), ilcr bekannte Wolf Haller, Kaiser Karls V. Rat und wurde vielfach
als kaiserlicher Gesandter an königliche und fürstliche Höfe geschickt. Er
war aber aocli des Henogs von Savoyen Rat und Hofmeister und hatte eine
Imhoftin, die Tochter des Simon Imhoflf in Augsburg, also eine Verwandte
der Stiefmutter unseres Qirisloph, sor Frau. S. Biedermann» Geschlechta-
registcr Taf. CXII.
*) Hieronymnc Kreis, der dritte der Brttder, wurde In die Niederlande
und später nach Lyon geschickt. Hr. Endres ImhofT schreibt dazu, es habe
weni" ('lütk i'..i!>ci sein wollen, und fahrt fort : »Vnd wie er das letzt mol
her kam auff 21. September anno 1567 vnd hie plieben bis uufT 2b. Nouember
anno 1 568, da hot er mit andern tu gast gessen rnd als er mit eim, WoIflT
Werner genannt, der tucher diner, ob dem spil in vnfrieden worden vnd alls
es zwischen 6 vnd 7 Vr in der nacht gewest, das sie heim sollen gin, sind
sie bey der siigen, so man aulY Sani Seboils kirchoff (hat), iauIT einander
gestofsen vnd der Rres ein grofse wunden in kopff vnd der Wol (T auch ein
wunden in kopIT vnd ein flieh in den arm vherknmen, vnd do es fich vVier
etlich tag mit demWolffen gd^erlich erzaigi, wie dan derlelbc ift geflorben,
do hat fich der Kres vnangefehen, das er noch niring geheih ift gcweft,
in das Kleilt gen Roth begeben, dofelbft ift er plieben, pis er) gar geheilt
gewefl. hot er fich von dnnnen weckt;emacht, dan des verftorben prüder,
welcher ein ambtnian des kurlürften von Sachfen, hot fich der fach hefifiig
angenomen vnd firfchrifft von Knrfirften procht vnd des ftrengen rechten
begeit, darauff Hch Jeronimus Kres gen Jenua gelhon vnd befoldung ange*
numen, alls er fich aber dofclbfl auch hot müfen befc^r;;cn, hat er fich von
Jenua zu merr in Spanigna begeben in ano 1570.' Siehe im Uebrigcn Uber
Hieronymus Krefs die Abhandlung von W.Loose in Mitteilungen des Vereins
fOr Geschichte der Htadt Nttniberg, Heft III, S. 37 ff.
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— 164
ftudiern neben bevleifsung der fprach» auch andere adeliche (itien
vnd exercitia, fo eim jungen menfchen zubegreifen geburt (an-
langt), traget nicht zweiffl, mich zu jeder zeit eurn vetterlichen
vermanungen nach, auch meinen offtem zufagen nach, mich in
folchen zuuben vnd zulernen allen muglichen vlefs vfzu wenden,
darzu mir Gott der Almechtig fein genad neben gefiiiUlicii lcii<,
folchs zuuolbringen, genediglich woi verleihen. Ich hah euch
vorlengft ein rechiiung meines vnterhaltens wollen zufc liicken,
fo findt nun ein zeit lang die handelsleut alhie dermaffen mit
wandern vnd andern gefchanUn beladen gewefen, auch noch
nicht anheims, derwegen ich nicht zur rechnung vf ditzraal mögen
kumen, haben mich gebeten, ein kleinen verzug zu haben, bis
fie das ihrig verrichtet, wolln He mich zum erften furdem, nius
alfo ein weil laffen beruhen. Alle fach Ithet fünft noch im alten
wefen, die hitz wil in difen landen allgemach' anfangen, dauor
rieh mit mclTi^keit uHer fpeis vnd trenck wol fiirzufehcn. Sunft
weis ich euch vf ditzinal weiter nichts zulchrciben, dan wil ich
mich curli als ein uehotTanier fone vntertheniglich beuolhen
haben mit wunfchung vil liehs vnd guts vnd euch hieniit Gott
dem Almechtigen in feinen fchutz vnd fdiirm iKuollun. Wolt
von meintwegen dem h. Endris Im hoff, der f. Kreffin, der
mutter, den gefchwifterigten fampt dem gantzen haufgeflndt vnd
andern herm vnd guten freunden vil grufs vnd dinfts anzeigen.
Datum in eil in Bononia den IQ. tag Mali im 60.
E. G. S. AZ.
Chriftoph Krefs.
51.
Schuldig gefioifamo lieb vnd trew u. f. w. Lieber h. vatter,
fo vil n^ein neher fchreiben, an euch gethan, belanget, verfehe
ich mich, fei euch geantwortet, daraus ihr meinen vortgang der
ftudien fampt der fprach vnd andern exercitien werdt haben
vcrnomen, der zuuerftcht zu Gott dem Almechtigen, ehr werdt
mir fein genadt neben gefunthem ieib weiter fortzufarn genedig-
lich verleihen. So ift verfchiener ta^^ vnfer fchwager, herr
hauptmann Hans Rictiier*), fo von Rom heraus poftiert,
Ilaiis RielcT von Kornhiirj^, Sohn des Eustachius Kieler und der
Katharina Koburgerin, geb. 1522, hieli &ich in seiner. Jugend stets an
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— 165 —
widerum albie ankummen, welchem wir, wie dan der fchwager
Albrecht Scheurl den feinen hierinnen bevolhen, allen guten
willen bewifen vnd erzaigt, ift gewis ein perfon, der, als eim
verftendigcn kricgsman gcburt, fich was gelitten vnd erfam» vnd
da man folcher leut bedurft, einmal dem vatterlandt wefte vnd
küiitt' \orfthen. Hat fich dcrrn.iruii fo lioch gegen mir fanipt
(K.-n \ nfcrn oibottcn, iedcr zeit, wo es mu^Iich fei, uns zu dienen
viid zu wilfarn, welchs ich in kein weg gegen ime weis zu ver-
fchulden, verfich mich gemelter h, hauptman werde in 3 oder
4 woclien bei euch ankommen. Difer seit fthet hierinnen alle
ding im alten wefen, wirdt der teurung noch kein abfchlag
gefunden. So werdt ihr leider lengft vemummen haben, wie die
Criften vor Tripolis durch verretei zu waffer hart gefchlagen,
wiewol man. die tag widerum wollen fagen, es foll fo heftig
nicht erfunden werden, als man erstlich fürgeben, iedoch ift es
leider an difem zuuiP). (iott der Almechtiu wolls /um belTern
wenden. Sunft kan ich euch aus kurtz der zeit, weis euch auch
vf ditzmal fonderlich nichts zufchreiben, dan dafs eine grolTe
hitz in difen landen fchon vorhanden, welcher ich mit meffigkeit,
ob Gott will, hoff vorzufthen. Hiemit wunfch ich euch vil
gluckfeliiger zeit vnd alle wolfart vnd wil euch alle Gott dem
Almechtigen haben beuolhen, thu mich auch als ein gehorlamer
fon ganz vntertheniglich beuelhen. Wolt von meintwegen dem
h. Endris Imhoff, auch der frawenK reffin vnd fraw mutter
Fürsten- usd Herrenhöfen auf und diente dann Kaiser Karl V. und König
Philipp von Spanien fast 24 Jahre al« Kriegsmann in angesehenen Stellungen.
Im Jaiire 1560 kam er mit dem Grafen Hannibal zu Hohenems als dessen
Ilofincis', er nach Rom and wiirde von Papst Pius IV. ?um Ritter geschlagen.
Er safs dann, nachdem er Katharina Goi'swein geheiratet, mehr als 20 Jahre
lang im Rat su Nttmberg, warde Kriegsrat des Fränkischen Kreises and starb
1584. Sein Bruder Anton Kieler w ir in zweiter Ehe seit 1542 mit Marga-
retha Kressin, der Tunte Christophs, verheiratet. S. Will. Münzbelustigungen
lU, S. 362 und S. 359.
') Die Seeschlacht bei Dscherbe am 14. Mai 1560, in welcher die
christliche Flotte, welche Philip;» II. von Spanien in Gemeinschaft mit
Genua und Malta, dem Jfapste und dem Herzog von Toskana ausgerüstet
hatte, um die Raiibnester der türkischen Seerinber cn erobern, ron der anter
dem Befehl des Kapudan-Pascha Fiale von Konstantinopel herbeigeeilten
türkischen Flotte total geschlagen und vernichtet wurde. Vgl. v Hammer,
Geschichte des osmanischen Reiches. II. Bd. Pesth. 1834. S. 299 ff.
F. C. Schlossers Weltgeschichte l&r das deutsche Volk. XII. Bd. Frankfurt
1851. S. 430 ff. Zinkeisen, Geschichte des osmantschen Reiches in Bttropa*
II. ThL Gotha, i8S4* ^5-
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— 166 —
fsmpt dem gantzcn haufgerindt vnd freundtfchaflt vil licbs vnd
grus anzeigen. Datum in Bononia in eil den 3. Juni im 60.
E. G. S. AZ.
Chriftoph Krefs.
52.
Schuldige gchorlaine lieh vnd trew neben wunfcliung alles
Hebs vnd guts zuuor, lieber herr vattcr. £ur fchreiben, den
24. tagMaü aufgegangen, ift mir vf 17. Junii sukummen, daraus
ich eurer aller wolfart vemummen, wtewol ihr daneben anzeigt,
dafs ir zuuor etlich wochen wafs fchwach gewefen, aber Gott
lob lieh widerum gebeffert, welchs ich zum hochften erfreuet.
Mich wiffet aus den genaden des Almechtigen Gottes noch in
/.imliclicr i^oruiithcit, Ijutt lob vnd verleihe lenger zu allen thcilcn.
Amen. Su thut ihr, 1. h. vatter, in eurem c^edarhten fchreiben
widerum mcldung, wie ihr mir dan zuuor auch zugelchribcn,
dafs ihr den Joachim mit einem lierrn ein weil verfehen, bifs
er weitter vnter vnd fort Icummen mocht, welchs ich von hertzen
gern vernummen, wie ihr dan aufs meiner antwort, vf folchs
eur fchreiben gethan, werdet verftanden haben. Schreibet auch
daneben, wie euch folcher vnrath, fo Hch mit der vniverfltet
vnd dem regiment verlofTcn, miffallen neben wunfchung, dafs
folchs nicht mehr zufchulden konmie, damit aller vnraih vnd
vviderwill vermiüen werde, fueg ich euch zuwiffcn, dafs folchs
durch einen regenten, fo von newen der ftatt vorzufthcn fur-
gcfctzt*), der nicht durch die finger ficht, als der vorig gethan,
fonder jederman recht vnd billigkeit verfchatTt, gar geftülct vnd
den handel zur ruhe vnd friden gebracht. So hat er auch ein
zeit lang demnaffen zu kaulfen vnd vorkauffen (dermaffen) ein
einfehen gehabt vnd noch teglich je lenger je mer fort vnd fort,
dafs er das gedreide in ein wolfeilern kauflf gebracht, dan es
'i Unter dem neuen Rcf^enten wird der Kardinal Carlo Borrotneo
zu verstehen sein, dem der i'apsl Pius IV. am i6. April 1560 die Stelle
eitles Legaten zu Bologna Ubertragen hatte. Salvatore Mufii, annali della
rita Hnloj^na, Tomo VI. Bologna, 1S44 S. t;37 Kardinal Borromeo war
der Schwcstersolin des l'apsts und dessen Ciiinstlinj^ und Staatssekretär. »Er
war ein Mann von edler Gesinnunt;. literarisch und kirchlich gebildet, ohne
jede Selbst>v\icht, einfach und arm inmitten von Reichtum und Macht, voll
>;lülioniier LM)er:*riu;;jM;^' der nur für die Kirche, fi'r r-eino Ptlicbten ab Bischof
und Kardinal lebte.« Vgl. Fhilippsohn, a. a. O. S. llS.
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— 167 —
zuuor geftandcn, ift jederinan der hoffnung, eine wolfeilere zeit
zuerwarten, das Gott genediglich verleihen wol. Es ift ir gar
aufs dermaflen zu hoch gewefea, man hat ein gedreidmafs, fo
fie alhinen ein corb nennen, aUs ich gerechnet, ift nicht mehr,
wo es anderft fovil itit, als vngeferdt ein halbs fnmra korns bei
euch fein mag, folche mafs des korns hat 4 goldtkronen
gegolten, kunt ihr felbs erachten, in wafs wert andere ding
niufen fein gcwefen, dieweil man ein jeden biffen brots vmb
1 pfenig nmlcii zain, aber gott lob zu dilcr zeit ein wenig belYcr
worden, Gott verleihe verner feine genade. Wals dan mein
rechnung betrifft, will ich dem alfo, wie ihr nur /.ugefchriben,
nachkummen vnd vf Kgydi zufchicken. Euer vetterlich vermanung
vnd erinnening fag ich euch zum hochften danck, folt auch
anderft nicht gedencken noch erfarn, demfelben meinem zufagen
nach in alle weg nachzukummen mich jederzeit zu befleiffen.
Darzu mir Gott der Almechtig fein genad vnd hilf wol verleihen.
Sunft fteht hierinnen alleding noch im alten wefen, i(t die fag
ein zeit lang alhic gewcfcn, dafs kaiferliche Maiftet mit thodt
folt abfangen fein, ob dem alfo, bin ich nicht gewifs'), wo dem
alfo welire, werde viüeicht zubeforgen, dafs fich niclit widerumb
newe krieg erhoben, welchs Gott genediglich wol verhueten.
Hiemit weifs ich euch vf ditzmal fünft nichts zufchreiben, dan
will euch alle zumal in fchutz vnd fchirm Gott des Almechtigen
haben beuolhen vnd thu mich hiemit gegen euch als ein gehor>
famer fon gantz vnterthenig gehorfamlich beuelhen. Wolt hiemit
der frau mutter vnd Kreffin, h. Endrefs Imhoff vnd dem
gantzen haufgefindt fampt andern herm vnd freunden vil grufs
vnd dieiiüs von mcintwcgcn anzeigen. Datum in eil in Bononia
den 24. tag Junii im 60.
£. G. S.
ChriitotY Krefs.
53.
Schuldige, gehor£ame lieb u. f. w. Lieber h. vatter, ditz
mein fchreiben gefchicht, wiewol fich difer zeit nichts verlofTen,
allein darum, damit ihr verftendigt werdet, wie es vmb mich ein
geftalt habe, damit ihr bei difer fchweren vnd hitzigen zeit
Kaiser FerdinaDd 1. starb erst im Juli 1564
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— 168 —
meiner gefuntheit halber nicht forg traget, aber Gott lob, die-
weil ich in Italia bin, hab ich mich noch zimlichennaffen be*
funden, Gott verleihe lenger. Es ift hierinnen die hiu fo grofs,
. dafs ich euch nicht genugram dauon fchrSiben kan, fo baldt der
mittag kummet. kan ich nichts mehr aufrichten, defgleichen ift
auch die nacht fo hitzig, dafs der menfch fein natürliche ruhe
auch nicht haben kan, machet die leuth felir niath, ift auch den
krancken eine fchvvere zeit, wan nur der auguftmonat furuber
werde, wcre fich für krnnrkheiten fo gar nicht mehr m heforsicn.
Wafs die frucht belangt, ift eine kostUche zeit, dafs getreide
ift for ein monat eingefchnitlen worden, wafs den wein belangt,
. fthet auch fehr wol, ift an vilen orthen fchon zeitig, wie ich
dan alhie felbs gefehen. Verhoff zu Gott, es foU einmal wol-
feiler werden, wan die regenten defs landts aoderft felbs wollen,
aber teuthtfch dauon zureden, die fchelmerei vnd vntrew ift vil
zugrofs, der reich vnd wie reicher er ift, je mehr er, nach dem
fpricluvort, begert. ift niclu i>enugt, dafs er den armen, den ihr
narung bitterlicii iavvr wirdt, \ nibs geh vnd tegliche notturft be-
treugt, londern wo es niuglich, zöge er inie die haut gar ab.
darum ift nicht wunder, warum Gott Italien ein zeit lier geftratTt.
Wafs die Rechnung belangt, wie ihr mir zugefchribcn, folt ihr
vf Egidi empfangen, dan ich Clements,' mit dem ich abrechnen
mufs, ankunfit teglich warte. Wafs fun(t mein thun belangt, folt
ihr alzeit erachten, in allen meinem thun vnd wefen eurn vetter-
lichen vermanungen jeder zeit trachten nachzukummen, wie ihr
einmal, wiüs (iott, mit der that erfarn werdet, dafs ich danoch
vfgewendten vncoften mit der guten zeit nicht vnutz hab laffen
verlaulTen, dazu mir Gott fein genad verner woll verleihen.
Hicnut weis ich euch vf dit/.mal fünft nichts zufchreiben, dan
ift mein bith, wolt der f. mutter, f. K reffin, h. Kudriis
Imhotf fampt dem gantzen haufgeHndt vnd freundtfchaft vil
grufs mit erbietung vil liebs vnd dienfts anzeigen, thu mich hie-
mit gegen euch als ein gehorfamer fon gantz vnterthenig be-
uelhen. Hiemit (wflnfch) ich euch allen, wafs euch lieb vnd
gut ift, vnd thu euch Gott dem Almechtigen in feinen fchutz
vnd fchirm beuelhen. Datum Bononia in eil den 8. Julii im 60.
E. G. S Alzeit
Chriftoff Krefs.
— 169 —
54.
Schuldige, gehorratne lieb vnd trew neben wunfchung alles
liebs vnd guts zuuor. Lieber h. vatter, nachdem ich Oder
vltimo Mai kein fchreiben von euch empfangen, noch vi! weniger,
wie es mit euch allen ein geftalt hab, vcrnumnien, welchs mir
nicht wenig gcdanckcn vnd mich eurer gerunthoit halber forg-
feltig gemacht, werde ich vernrfncht, wiewol mir gur nichts zu-
fchreiben furgefallen, euch dennocht zuuerftendigen, wie es mit
mir geftalt. Wift mich derhalben aufs den genaden des Ahuech-
tigen Gottts in zimlicher gefunthait, vnd wo es mit euch defs-
gleichen alfo zugieng, werde es mir ein hertzliche freud zu ver-
nemen. Gott der Almechttg wol zu allen thetlen fein genadt
vnd hilf genediglich verleihen. So fchrieb ich euch, ). h. vatter,
■ nehermals in meinem fchreiben alle gelegenhelt meines furhabens,
auch wie ii Ii mich, Gutt lob, in Italia bifshichcr noch /.imHrher-
nuirsen befunden, wie ich auch der fprach vnd fitten defs larules
von tag zu tag mehr gewonet, folchs vnd anders, wie ich mich
dan verfich, werdet ihr verftanden haben. Jetzundt zu difer
zeit weifs ich euch gar nichts fonders zufchreiben, dan in Italia
aliefs ftill, wan nur der Turck zufrtden fein wolt, welcher faft
alle Wochen vmb Liuorno vnd Pifa bei nechtlicher weil einfelt«
wafs er erwufchen, mit ßch hinwegfuert. Es ligen vngeferlich
vor Tripolis zu landt noch bei 10000 knechten allerlei nation,
• fttmcmlich aber Spanier vnd Italiener, dieweil fie fehen , dafs
fie verlaffen vnd inen fobaldt hilf nicht mag zukummen, haben
noch vngeferlich bei ') nionatcn jirofiant, wehren Cwh doniiarfen
fo ritterlich, als kaum erhört worden, dieweil fie fehen, dafs
fie mitten vnter den vngleubigen, vnd anders nicht, wo man fie
mit der zeit nicht rettet, dan. den thodt zugewarten haben, fagen
wunder, als wenig ihr findt, dafs He teglich den Turcken groften
fchaden thon, der hoffnung, wie fle dan ihre kriegsherm zuent-
potten dazuhalten, bifs fie mochten erloit werden. Vf folchs
fchreibt mir ein edlman zu, den ich lang gekennet, fo jetzundt
zu Pifa ftudiert*), wie dafs der hertzog von Florentz allen
mugÜchen vlcis anwende, leine fchitf zu rüftcn vnd fiaffiem,
*) Virahrscheinlich Herr Wilhelm von Freiberg su Asch«u und W ilden-
wart, mit dem er auch im folgenden Jahre in Briefwechsel steht. (S, Bin-
ieitung S. 107.)
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— 170 —
gedachten knerliten zu hilfT zuerfchemen. Ddsgleü^licn tliun
auch die andern, lo zuvor gelclilagen worden. Gott der Almechtig
wol inen, dafs fie wafs nützlichs aufsrichten, beifthen. Alhie
fthet es in zimlichen vnd alten wefen, bat die teurung ein wenig
abgefchlagen. Ich bin der hoflhung, es foll dafs jar fleh befTer,
als dafs andre gewefen» erzeigen vnd wo es an andern fo gar
nicht erfcheinen wirdt, verhofT ich doch, welchs vor das gro(t
gewefen ift, es foll doch zum minften wein vnd brot wolfeü
wcren, dan es gar wol fthct. Gott der Ahiicchiig wol fein
genadt erzeigen. Hieniit weis ich euch neues fiinft nichts zu-
fchreibcn, ift hicmit mein bith, wolt dem h. Eiuirifs Im ho ff,
der f. KreCfiu vnd f. mutter lanipt dem gantzen haufgefindt
vnd andern herm vnd freunden vnd allen guten gcfellen, fo
mir guts gunen, meinen gnifs mit erbietung vü liebs vnd dienfts
anzeigen vnd wil mich euch hiemit als ein gehorfamer fon gantz
vnterthenig haben beuolhen. Hiemit was euch lieb ift vnd Gott
dem Almechtigen in feinen fchutz vnd fchirm beuolhen. Datum
Bononia, den 27. tag Julii im 60.
E. G. S. Alzeit
Chriftoph Krefs.
Lieber h. vatter, es ift mein vleifsig bith, habs
nchrmal vergeffen, wollt bifsweiln /.u meiner ruUung
vnd buechern laffen fehen , vnd etvvan wafs von
kreuttern in die truhen lallen legen, damit fie mir
von wurmen nicht fchadhafft werden, dan fie mir lieb
findt, auch zimlich gelt kosten. Meine rechnung bab
ich jetzt nicht kunen mitfchicken, folt fie mit nehern
meinem fchreiben empfangen.
55,
Schuldig gehorfaroe lieb vnd trew neben wunfchung alles
licbs vnd guts zuuor. Lieber herr vatter, vor 14 tagen fchrib
ich euch ein brieflein mit vleiffiger bith, mich zuuerfkendigen,
wie es mit euch allen cm i^ellali hatte, dan mir jetzundt in dafs
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— 171 —
4. monat t^ar kein ichreiben von euch zukommen» welchs mir
eurer gefuntheit halber vil fchwerer vnd mancherlei gedancken
gemacht, dan ich in der vergangenen hitz eurer nicht wenig forg
getragen. Gott der Almechttg gebe vnd verleihe, dafs mich
meine gedancken betriegen vnd fleh anderft mit euch allen be-
finde, als mir meine gedancken furfchlagen, welchs mir m erfarn
die hochftc vnd angcncnirtc freu'le ift. Mich wiü aus den
genaden (iefs Altnechtigen Gottif; in zimlicher gefuntheit, wicwn!
mir die grolle hilz etwals zugcictzt, aber Gott lob furüber, hatte
felbs nicht geraaint, zumal dafs erfte jar, dß.fs mir Italia Co wol
fglt bekummen, Gott der Almechtig verleihe ferner fein genade
nach feinem göttlichen willen zu allen theilen. Amen. So hab
ich mein rechnung alhie befchloffen vnd verfertigt, der zuuerficht
werdet de mit fttrderlichiten empfangen, het mögen leiden, dafs
fle euch werde langlt zukummen, aber die handelsleuth, fo den
ganzen fummer nicht anheims gewefen, haben mich bifs hicher
verhindert vnd vfgezogen, dai's fie euch nicht eher hat mögen -
zugelchickt werden. Sunft fthnt mein fach in ziniliehen wefen,
hat mich die hitz ein zeit lang wals verhindert, dals ich fchier
gar nichts aufsricbten kunnen, foll ietzundt hinfortan widerum
hereingebracht werden. Hab die zeit die muüca fampt andern
exercitiis gctriben. So danck ich Gott, dafs die groffe teurung
ein abfchlag genummen, der hoffnung, ein wolfeilers jar zuhaben,
dan dafs vorig gewefen. Von newem weis ich euch difer zeit
nichts zufchreiben, dan gentzlich die Tag ift, dafs der pehitlich
heiligkeit vf künftig October oder Nouember alhie ankommen
werde, ein Zeitlang zu Bononia zuucrharren, bin immer der
hoffnung gewefen, e<; folt keiferliclie Maieftet auch herein kommen
vnd a!hie gekronet worden fein, ift aber die fag vnd vrfach
difs, dafs keiferlich Maieftet dem Turck widerum fol abgefagt
haben, wo dem alfo, wurde vf ditzmal die cronung vfgehoben
werden, dauor ihr villeicht felbs mehr wift, als ich euch fchreiben
kan. Sonft weifs ich vf ditzmal fonders nicht zufchreiben, wolt
hiemit anderft nicht gedencken, dan dafs ich der, der den euren
getrewen vnd vetterlichen veitnanungen jeder zeit, weil ich leb.
gedenck vnd iiiicii befleiffe, nachzukununen, welchs ihr mit der
warheit anderft nicht erfarn noch fpurn werdet. Hiemit wil ich
mich als ein gehorfamer fon gegen euch gantz vnterthenig
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— 172 —
gehorfamlich haben beuolhen, nicht mehr, dan wafs euch allen
liebs vnd dienft ift, vnd hiemit Gott dem Almechtigen in feinen
fchuts vnd fchirm beuolhen. Wolt von meintwegen der fraw
Kreffin, herrn Endris Imhoff, der fraw mutter fampt dem
gantzen haufsgeHndt, auch der gantzen freundtfchafft vil gnifs
vnd allefs liebs vnd dienfts anzeigen. Datum in Bononia am
tag Bartolomei des heiligen Apoftels (24. Auguft;) im 60.
E. G. S, Alzeit
Chriftophorus Krefs.
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4
Lienhard Nunnenbeck.
Nach dem «ni 8o. Dei«mber 1894 Im Verein fttr Geschichte der Stadt Nttrnberg
gehaltenen Vortrage von
Dr. Theodor Hampe.
Das Interesse, welches das im vergangenen Jahre so glänzend
begangene Hans Sachs -Jubiläum in allen Kreisen fUr den alten
Meister und die Erscheinung des Meistergesanges geweckt oder
aufs Neue belebt hat, berechtigt uns wohl, fttr eine kurze Spanne
Zeit einem Manne unsere Aufmerksamkeit zuzuwenden, der, ob-
gleich keineswegs ein hervorragender Geist, doch in Hans
Sachsens Leben eine wichtige Rulle gespielt, auf seine Entwick-
lung entscheidend eingewirkt hat: auch auf Lienhard Nunnen-
beck einen schwachen Abglanz der Glorie, die heute Hans
Sachsens Haupt umstrahlt, fallen zu lassen.
Was wir über das Leben des bescheidenen Mannes wissen,
ist bald gesagt. Er war ein Leineweber in Nttrnberg, wahr-
scheinlich noch in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts
geboren und nach 1513 gestorben. Das letztere Datum er-
schliefsen wir aus einem seiner Gedichte, das in Hans Sachsens
Silberweise gedichtet ist. Hans Sachs erfand diesen seinen ersten
Ton 1513 in Braunau. Fugen wir nuch die bekannte Thatsache
hinzu, dals er Hans Sachsens Lehrer in der Kunst des Meister-
gesanges gewesen ist, so ist damit erschöpft, was wir über den
Lebensgang Nunnenbecks beibringen können; und es würde sich
auch schwerlich lohnen, eingehende archivalische Nachforschungen
seinetwegen anzustellen, denn abgesehen davon, dafs man bei
allem Aufwand von Zeit und Mtthe doch kaum etwas Wesent-
liches ttber ihn finden wttrde, so hätte auch, wenn selbst ein
wichtiger archivalischer Fund einiges Licht über sein Leben ver-
breiten wurde, das doch nur ein ziemlich «j^cring^'s Interesse. Für
regeren Anteil ist die geistige Potenz des Mannes zu unbedeutend.
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— 174 —
Immerhin verlohnt es sich dagegen wohl — einerseits aus
rein kulturgeschichtlichen Gründeni andererseits mit Rücksicht
auf Hans Sachs — die Gedichte Nunnenbecks einmal etwas
näher zu betrachteuj zu untersuchen, was das Gemüt des ehr«
liehen Handwerkers vor Allem bewegt und zum Dichten angeregt
hat» und was ihm sein Schüler Hans Sachs wohl etwa verdankt.
Dies wird im Folgenden meine Hauptaufgabe sein. Khe
ich jedoch an sie herantrete, sei es mir gestattet, einige Worte
über diejenige Meisterliederliandschrift vorauszuschicken, welche
die Lieder Nunnenbecks, soweit sie uns erhalten sind, abgesehen
von einem einzigen, das in ein paar seltenen Drucken vorliegt,
enthält. Es ist der sogenannte Naglersche Meistersingercodex
(von Goedeke ab N 2 bezeichnet; ich nenne ihn in den An-
merkungen einfach N), der» ehemals der Ebner*schen Bibliothek
angehörend, dann aus von Naglers Jiesitz in den der Berliner
Königlichen Hibliotliek übergegangen ist und seitdem als cod.
germ. 4^ 414 einen der vielen hnndschriftlirhen Scliätze dieser
Bibliothek ausmacht, um so hoher gewertet, als es gleich auf
dem ersten Blatte in der Einleitung zu dem Bande heifst:
„welches puch Ich Hans Sachs mit grosser mü vnd Emsigen
Fleifs zwsam gesamlet hab aufs mengem gutten puch". Das
Datum ist IS 17. Also ein Autograph Hans Sachsens aus der
Frühzeit seines Lebens und Dichtens! Und als Hans Sachs'
eigenhändig geschriebenes Liederbuch hat das Manuskript stets
bisher gegolten.
Diese Authenticität mufs aber bei genauerer Betrachtung
und Vergleichung der Handschrift in hohem Grade /.weifelhaft
erscheinen. Allerdings ist das handschriftliche Verhältnis in dem
Codex ein äufserst schwieriges. Der Band zählt 479 Blätter.
Davon sind die letzten elf, welche vor Allem sechs fUr die
Geschichte des Meistergesangs wichtige Gedichte von Hans Folz
enthalten, augenscheinlich von einer Schreiberhand geschrieben.
Ob aber die vorausgehenden 468 Blätter von einer, von zwei
oder gar von drei Händen geschrieben sind, das wird sich mit
Sicherheit wohl schwer feststellen lassen. Denn so gänzlich
vers< Iiieden die Schrift einzelner Blätter bei oberflächUcher Be-
iraehtunL; auch erscheint, ein und dieselbe Schule scheinen doch
alle diese 408 Blätter zu verraten und die Möglichkeit, dafs sie
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— 175 —
von einem ungeübten Schreiber herrühren, der bald klein bald
grofs, bald sich der Druckschrift nähernd bald mehr kursiv
schrieb, ist nicht ausgeschlossen. Aber selbst wenn dies der
Fall wäre, dürften wir doch meiner Überzeugung nach den
jungen Hans Sachs ni( ht als den Schreiber der Handschrift
betrachten, denn seine Han«i, die uns ja aus einer ganzen Reihe
eigenhändig geschriebener Codices bekannt und vertraut ist,
verrät überhaupt eine ganz andere Schule. Die grofsen F, G,
J, S werden in dem Berliner Codex durchgängig anders gebildet,
^s sie Hans Sachs zu schreiben gewohnt ist; dasselbe ist der
Fall bei einigen kleinen Buchstaben z. B. dem g. Dazu zeigt
sich bei dem Schreiber, bzw. den Schreibern des Berliner
Codex eine auffallende Vorliebe für die Majuskel, während
bei Hans Sachs viel eher eine Vorliebe für die Minuskel herrscht,
die sich auch in der äufserlich wenig oder gar nicht unter-
schiedenen Schreibung der Überschriften bemerkbar macht.
Einige Einzelheiten, die gleicht'alls gegen die Authenticität der
Handschrift sprechen, übergehe ich hier*).
Wenn nun demnach auch Hans Sachs schwerlich als der
Schreiber des Naglerschen Codex gelten kann, so bleibt der
Wert dieser Handschrift fUr die frühe Geschichte des Nürn-
berger Meistergesangs doch der gleiche, denn dafs wir es mit
einer im Ganzen sorgfältig geschriebenen Liedersammlung zu
tliun haben, kann nicht in Zweifel gezogen werden.
Die Handschrift enthält aufser zahlreichen anderen Liedern
auch 46 Meistergesänge oder Pare von Nunnenbeck in seinen
sämtlichen Tönen: dem langen Ton, dem kurzen Ton, der
^) N. 43Sa in einem Gedicht des Hans Sachs: >Wan mein otlcn
der Hat vnholcz [anstatt on an) holcz] kein note / vnd Mein Disch
on weissem kes vnd prote« deutet auf einen mit Hans Sachs schwerlich
identischen Abschreiber, u. a. m. Dafs den c^cj^en die Antlientlciiät der
Handschrift geltend gemachten ArgumenteD vor Allem die oben zitierte Stelle
des Vorworts schwerwiegend gegenflbefsteht, verkeDoe ich nicht, wie es mir
auch wahrscheinlich ist, dafs mit dem von Hnni Sachs nnter den H<änden
seiner Bibliothek aufgeführten t. Mei-,ler£;esangpuch von frenil^don gedieh' on
39K par« in der That unser Codex geraeint ist, obgleich der^ielbe auch
sablreielie eigene Gedichte von Hans Sachs and Alles in Allem nur 397
Meisterges.ange oder Pare enillilt — einschliefslich jener 7 Gedichte am
Schlufs, mit (ienen, wie oben näher ausgeführt, wieder eine neue Ilar.d pin-
s^lzt, die man alier, wenn man der Schrifivergleichung überhaupt keinen
Wert betxulegeo geneigt ist, mit demselben Redtt, bzw. Unrecht, wie das
Vorhergehende dem Hans Sachs als Schreiber vindisieren könnte.
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- 176 —
güldenen Schlagweis, der neuen Chorweis, der Zährenweis, der
Hammerweis, der Strafsweis und der Klagweis. Nunnenbeck
yrird von Hans Sachs (doch nicht bei Wagenseil S. 515) zu
den zwölf alten Meistern der Nürnberger Singschule gerechnet,
steht also jedenfalls noch so ziemlich am Anfange der meister'
singerischen Übung. ^ Infolgedessen ist der Strophenbau seiner
Lieder noch nicht von der übertriebenen Rünstiichkcit, in
der die späteren Meistersinuer mit einander wetteifern und
die unter Nunnenbecks Zeitgenossen und Mitstrebenden bereits
bei Sixt Beckmesser hervortritt. Über die musikalisclie Kompo-^
sition dieser seiner Lieder mich zu unterricliten, habe ich bisher
leider keine Zeit gefunden, obwohl die hiesige Stadtbibliothek'
in den daselbst bewahrten handschriftlichen Notenbttchern und
ebenso die gerade auch für die musikalische Seite wichtigen
Handschriften Benedicts von Watt, hier und in Berlin, sicherlich
einiges Material dazu liietcn würden. Kin musikalisches Cienie
wird aber auch Nunnenbeck schwerlich gewesen und besondere
Schätze hier aller Voraussicht nach nicht zu heben sein.
Die Lieder Nunnenbecks in der Naglerschen Handschrift,
so kann man bei Goedeke^ und in sämtlirhen Literatur-
geschichten, die es der Mühe wert halten, sich mit Nunnenbeck
zu beschäftigen, lesen*), sind sämtlich geistlichen Inhalts. Das
ist nicht ganz richtig. Unter den 46 Gedichten findet sich auf
Blatt 86 ein Gedicht zum Lobe der edlen Kunst des -Meister-
gesanges, welches in eine Aufzählung alles Dessen ausläuft, was
der Singer als schwere Verstol'se bei seinem Gesänge zu ver-
meiden habe. Derartige T.ieder, sogenannte ■ Schulkimste finden
sich bekanntlich in älteren wie jüngeren Meistersingerhandschriften
überaus häufig. Ferner aber enthält unser Codex noch ein
zweites Gedicht Nunnenbecks nicht geistlichen Inhalts, in Beck-
messers Chorwetse gedichtet, das in ziemlich trockener und
langweiliger Aufzählung berichtet, was Alles zu einem trefflichen
Hause nötig sei, in der Art der im späteren Mittelalter häufig
vorkommenden Gedichte vom Hausrat:
Was soll ein Haus lustig geziert,
schon autgefiihrt
^) unJrifs I, 318.
^) Dergleichen bei Bartsch in der Allg. Deutschen Uio^aphie.
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— U7 —
aus manchem schönen Quader:
innen defekt; mit Flader,
Stuben und Kammern seien auch mit
dem Dach versorget auf das best,
doch nit
verschen wohl mit der Grundfest'/)
was nützt andererseits ein trefflich fundiertes Haus, das aber
ein defektes Dach hat, durch welclies der Hegen eindringt?!
Hätte das Haus aber bei treftlichem Fundament ein gutes Dach,
was taugte es, wenn keine Gemächer im Innern und es somit
unbewohnbar wäre? Hätte ein gutes Haus aber auch alle
nötigen Räume, so wäre es doch wieder vom Übel, wenn es
keine Fenster besäfse — und so geht es fort« in der Anlage
etwa dem bekannten Liede: »Wenn de Pott äwer nu en Loch
het, laebe Heinrich, laebe Heinrich« entsprechend, von dem
wir hier also unter Nunnenbecks Gedichten einen frühen Vor-
läuici aus der Wende des 15. Jainhunderts kennen lernen.
Ein drittes Gedicht weltliciien Inhalts ist das, welciies uns
nicht in der Naglerschen Meisteriicdcrhandschrift, sondern nur
in ein paar ilton, sehr Seltenen Drucken: Nürnberg bei Jobst
Gutkneclit und ohne Ort und Drucker erhalten ist. £s führt
den Titel: »Ein schön me3rster gesang: Wie die grofs vnd
mechtig stat Troya zerstört wardt, durch die schönen kttniginn
Helena' aus Kriechenlandt. In des Regenbogen langen tonc^}.
Am Schlufs nennt sich der Dichter; »als es gesungen hat also
Der TJenhart Nunnen Peck«.
Dieses Gedicht, von dem icii nicht zu sagen weifs, ob es
sich aulser in einem Weimarer Sammelbande sonst üherliaupt
noch irgendwo findet, war mir nicht zur Hand, und ich mul's
mich daher mit diesem kurzen Hinweis begnügen und mich
auch bei der Frage nacli dem epischen Talent unseres Poeten
vor Allem an die in der Naglerschen Handschrift aufbewahrten
Passionsgedichte Nunnenbecks halten, mit denen ich gleichzeitig
zur Betrachtung seiner Meisterlieder geistlichen Inhalts übergehe.
*) X. 97 u. Sprache, Orthographie und Interpunktion sind der besseren
Lesbarkeit wegen hier wie in den folgenden Proben aas Nunnenbecks
Gedichten nmdernUiert
*) Vgl. Goedeke a a. 0.
IS
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— 178 —
Wir haben im Ganzen drei Gedichte über die Passion
Jesu Christi von Nunnenbeck. Die Meistersinger liebten es, die
Stoffe» welche ihaen die Bibel oder die Kirchenväter boten,
in zahlreichen Variationen zu behandeln» und Nunnenbeck war
in dieser Beziehung einer der unermüdlichsten. In späterer.
Zeit zeichneten sich namentlich die Augsburger Meister durch
diese nur unter einer gewissen Einschränkung löbliciie Eigen-
S( liaft aus, und noch erinnere ich mich des Grauens, das mich
überkam, als ich mich eben durch eine lange Reihe von Meister
gesängen, in denen der ganze Jesus Sirach verarbeitet war,
hindurchgequält Iiatte, und nun auf der folgenden Seite der
ganze Jesus Sirach noch einmal begann, von demselben Autor —
ich glaube es war Onofrius Schwarzenbach — in andere Töne
gebracht.
Auf dem Gebiete der bildenden Kunst begegnen wir ja
bis ins 15. Jahrhundert hinein und darüber hinaus der gleichen
Erscheinung, nur dafs Iwcr die Banden der Tradition, beim
Meistergesang aber in der Rei^el Unvermögen, Krlnulungsarnnit
hemmten. Gerade Nimnenbecks l^issionsgedichte l)ieten inhalt-
lich viele Vergleichungspunkte insbesondere mit der Malerei des
15. Jahrhunderts, sodafs man wohl hie und da - selbst bei
der grofsen Bedeutung» welche die Mysterienspiele des Mittel-
alters für alle darstellende Kunst hatten — auf die Vermutung
kommen kann, Nunnenbeck habe den Kunstwerken, die sich
seiner Betrachtung darboten — vor Allem hat man hier an die
Erzeugnisse der neuaufgekomraenen Künste des Holzschnitts
und Kupferstichs zu denken — manchen Zug abgesehen und
von ihnen gelernt. Hier wie dort, trotz des engen Ansehkisses
an die Berichte der Bil>el, die Tendenz, die Schrecknisse des
Leidens Christi zu häufen:
O Jesu Christ dein Leiden grofs
anfing zur Mettenzett,
da Judas dich verriet der Jttdischheit,
die dich griffen gar grimmig an,
mit Schlag und Stöfs dich zogen hin und her.
In solcher Not flohen davon
deine Jünger, iiefsen dich allein in Schwer'.
Mit Stricken stark band man dich hart,
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— 179 —
auch ward eine Kett* dir an den Hals geleit;
manch harter Schlag und Stöfs
ward dir gethan mit UngestUmigkeit'^).
So wird er von Pilatus zu Herodes, von diesem wieder
SU Pilatus geschleppt; auf diesen Wegen erneuem sich die
Qualen. Etliche werfen ihn mit Kot» andere werfen ihn auf
dem rauhen, steinigen Wege nieder, reifsen ihn an Haar und
Bart wieder empor. Dann folgt die Geifselung; in die Geifseln
haben sie eiserne Skorpione eingeflochten, »daran sein heiliges
Fleisch behing«: (hängen blieb),
legten ihm an ein Purpurkieid
ein' Krön' von Domen man da flacht,
setzten ihm die auf zur Schmachheit,
drückten sie ihm aufs Haupt mit Macht
bis auf die Hirenschal'.^
So wird er an ein Fenster gestellt, gezeigt den Juden
allensamt,
Pilatus schrie mit lauter Stimm':
»Nehmet des Menschen wahrt«
Als ob er sagen wollt': »Seht an,
ob er noch menschenähnlich sei^}*
seht, wie ich ihn hab strafen lanl
Erbarmt euch seiner, lalst ihn frei!
Ihr seid wohl gerochen an ilunU^j
Aber vergebens. Man richtet ihm ein schweres Kreuz zu,
zieht ihm das Purpurkleid wieder aus, »bei welcher Abreifsung
hart« all' seine Wunden sich emeuem; der Gang nach
Golgatha beginnt.
Diese ganze Art einer derben, die Roheit der Wider-
sacher des Heilands in den Vordergrund ruckenden Darstellung
finden wir wohl auch in der übrigen gleichzeitigen Litteratur,
mehr aber noch in den Werken der bildenden Kunst, wie bei-
spielsweise den Lyversbergschen Passionsbüdem oder — um
') N. 49 b.
^ »ob er eiii menschen geleieh sey.«
•) N. 49 b.
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— 180 —
bei Sttddeutschland zu bleiben — in den Kupferstichen des
Meisters E. S. und Anderer. Das letzte Gesätz in diesen
Passionsgedicbten handelt jedesmal von dem Schmerze Mariens
beim Anblick von ihres Sohnes Sterben. Auch hier entspricht
die Schilderung in der Regel genau derjenigen, die wir ans
glcnchzeitigen Gemälden oder von den Triumphkreuzen her
kennen. Ja, l)ei einer Stelle wie der folgenden ist man sogar
versucht, an ein ganz hestnnnites Vorbild auf dem Gebiet der
bildenden Kunst zu denken, nämlich an die sogenannte Nürn-
berger Madonna im Germanischen Museum. Schmerzlich er-
seufzte die Maid, so heifst es da,
als sie tet stan
betrübt, elend.
zam schlofs ihr Hiind
und sah gar herzlich an
ihr liebes Kind am Kreuz verwundt,
das sie beweinte bitterlich
Auch das VesperhiUl fehlt nicht unter den Darstellungen,
welche uns die Fassionsgedichte Nunnenbccks bieten:
O Jesu Christ zur Vesperstund
dein Leib genommen ward
wohl von dem Kreuz und deiner Mutter zart
geleget in den Schoofs —
*
eine Stelle, die in dieser Ausprägung ebenfalls auf Denkmäler
der Kunst als Quelle zurückzugehen scheint.
Anders verhält es sich mit denjenigen Meistergesängen
Nunnenbecks, die sich schon mehr dem lyrischen Gebiet nähern,
nämlich mit ein paar Liedern von der Geburt des Heilands,
Weihnachtsliedern, die in ein Lob der Jungfrau und ihres gött-
lichen Kindes auslaufen. Einem dieser Pare, deren der Band
im Ganzen drei enthält, ist sogar in neuerer Zeit die Ehre
eines Abdruckes zu Teil geworden: das Weihnachtslied > Frolocket,
jubilieret, seid froh.: nämlich hat Philipp Wackernagel im Ii. Bande
N. 50 1).
N. 47 b.
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— 181 —
seines »Kirchenliedes« veröffentlicht^*). Ansprechender ist viel-
leicht ein anderes WeihnachtsUed, in dem sich eine httbsche —
d. h. verhältnismäfsig httbsche — Stelle findet, wo die Jungfrau
lim ihr Ivnul beschäl tigL ist, indem sie besorgt, es möge
frieren, denn
die Zeit war kalt
und ungestalt;
Maria Maget here
die sah ihn also lieblich an
den Fürsten also reine,
den sie gebar in kalter Zeit
der Cliristenheit
zu Trost und Freud.
Gänzlich ungeniefsbar ist dagegen das dritte dieser Weih-
nachtslieder, und zwar hauptsächlich wegen der abstrusen Form,
Beckmessers goldenen Ton, den der Verfasser gewählt hat, und
in dem die sechs ersten Verszeilen lauten:
O
wer wollt' nicht von Herzen do
fro-
lo-
cken, jubilieren,
der reinen Maid hofieren.**)
Für diese (Gedichte nun fand Nunncnbeck seine Vorbilder
in grofser Zahl in der Litteratur der damaligen und der vorauf-,
gegangenen Zeiten; ich erinnere nur an die Unmenge von
Gedichten zum Lobe der heiligen Jungfrau, die namentlich das
14. und 15. Jahrhundert hervorgebracht hat, an die »Klopfans«,
jcMie besondere Art von Neujahrswttnschen, mit denen diese
Gedichte im Tone nicht selten Ubereinstimmen, — nicht zu ver-
gessen die zahlreichen älteren Meistergesänge, die schon vor
Nunnenbeck die Geburt Christi zum Gegenstande haben und
WKL II, 1402. Das Lied steht auch in der Ilandschrifl cod.
bibl. Will 782 der Nürnberger Stadtbibliothek, S. 871. Im Allgemeinen
.situl Lieüor Nunttenbeckä in autiereit der Nüglerschen Handschrift selten«
'») N. 68 b.
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— 182 —
uns namenütch in der sogenannten Kolmarer Handschrift in
München aufbewahrt sind.
Ebenso gehen auf diese älteren litterarischen Vorbilder
natürlich zurück diejenigen Lieder, welche ausschliefsUch dem
Lobe Mariens gewidmet sind, das in der seit Walther von der
Vogelweidc üblichen Vorm der allegorisicrenden Verglciclmng
Mariens mit allen möglichen Gegenstanden, die in dem Alten
Testament eine Rolle gespielt haben und als Symbole der Jung-
frau aufgefafst werden, uns vorgetragen wird.
Magt unde muoter schouwe
der christenheite nöt,
dA blüende gert Ardnes,
üf gdnder morgenröt,
Ezech!#les porte,
diu nie wart lü getdn,
dur die der künec h<>rHche
wart uz und in gelau.
aisd diu sunne schiuet
durch ganz geworhtcz glas,
als6 gebar diu reine Krist, diu
magt und muoter was..
Ein bosch der bran,
d& nie niht an
besenget noch verbrennet wart:
breit unde ganz
beleip sin glänz
vor fiures tlamme unverschart.
Daz was diu reine -
magt alleine,
diu mit megetlicher art
Kindes muoter worden ist
An aller manne mitewist,
und wider meneschlichen list
den wiren Krist
gebar, der uns beddhte.^^)
'•^) cgm. 4997; teilweise herausgegeben von Bartsch, Mciiterlieder
der Kolmarer Handschrift, im 68. Bande der Bibliothek des Stuiigarier
LitUrarischen Vereins.
ed. Wilmaaiu, S. 104 &
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— 183
So hatte Walther in seinein herrlichen Leicb gesungen;
bereits ein Interpolator des 13. Jahrhunderts hatte dann sein
(iedicht mit ZusaUcn und Kinschiebscln verseilen, in ciencn aiu h
der Vergleich Märiens mit den) Fell Gideons schon seinen Ein-
zug in die l\)esie hält. Die Dicliter der folgenden Jahrhunderte
und ganz besonders die Meistersinger haben dann diese Yer-
gleiche — meist im Anschlufs an die theologische Litteratur —
in einer Weise gehäuft, wie solches nur bei absolutem Mangel
alles künstlerischen Geschmackes mOglich war. Auch unser
Codex ist reich an solchen Gedichten, von denen sechs Lien-
hard Nunnenbeck angehören.
Maria, Kaiserinne,
Herz, Mut, Vernunft und Sinne
sind allezeit bereit,
dich zu loben und ehren
darum zu mir thu kehren
dein' Httlf, wie ich dir traul^^
so beginnt er wohl» um dann bald zu den bekannten Ver-
gleichen überzugehen: Du bist Judith, die den Holofernes er-
schlug und die schöne Ksther, die durch ihre Demut den König
Ahasverum zur Milde stimmte (senftmütig machte). Rebecka
bist du, die ihrem Sohne jakob zum väterlichen Segen verhalt ;
Lichtträgerin und Balsamschrein, süfses Mandelreis und Lilien-
biüthe et rosa sine Spina es tu. Du bist Moses Gerte und
Aarons Rute, Gideons Fell, Ezechiels Pforte, Salomons Tempel,
Davids Schleuder und seine Harfe; du Zweig von Jesse Stamm,
hochbluhender Zederbaum und so fort.
Nahe verwandt mit diesen Gedichten ist ein weiteres, das
die Verkündigung zum Inhalte hat, sowie eines von den sieben
Schmerzen Mariae, ein anderes, das von der Himmelfahrt Mariae
handelt und eine ganze Reihe von Liedern, in denen die unbe-
ileckte Empfängnis der heiligen Jungfrau zum Gegenstande der
Betrachtung und der eifrigsten Verteidigung gemacht ist. Mit
diesen Gedichten Über die unbefleckte Empfängnis, deren im
Ganzen zehn sind, betreten wir das eigenste Gebiet Nunnen-
becks, das der dogmatischen Streitgedichte. Von sonstigen
N, 77«.
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— 184 —
Thematen dieser Art findet sich noch in einem Liede das
Salcrament des Abendmahls und in 13 weiteren das Wesen der
göttlichen Trinität, ihre Einheit und Unteilbarkeit, behandelt'^.
Allen diesen Gedichten ist zunächst eine noch weit gröfsere
Vernachlässigung der Form eigen, als wir sie bisher bereits bei
Nunnenbcck kennen gelernt haben. Schuld daran ist vor Allem
das häufige Einmischen lateinischer Sätze und Satzteile, die
teils aus der Vulgata, teils aus den Kirchenvätern entlehnt
sind. Infolgedessen lesen sich diese Gedichte meist gänzlich
wie Prosa, und zwar wie eine sehr schlechte Prosa.
Woher 'der Dichter seine dogmatische Weisheit schöpfte,
ob aus den Werken der Kirchenlehrer selbst oder aus einem
Kompendium, das will ich hier nicht untersuchen — wahrschein-
licher ist wohl das Iciztere. Aber wäre dies auch der Fall, so
würden diese Lieder doch immerliin von einer Belesenheit, einer
Kenntnis der dogniatisclien Streitfragen und einem Interesse,
ja einem Feuereifer für diese Dinge zeugen, die sie uns vom
kulturgeschichtlichen Standpunkt aus in hohem (}rade bedeutsam
erscheinen lassen müssen. Das also waren die Gegenstände,
die den deutschen Handwerker des ausgehenden 15. Jahrhunderts
vor allem Andern im Geiste beschäftigten: den deutschen Hand«
werker, sage Ich, denn Nunnenbeck , steht mit seiner Vorliebe
für diese Stoffe keineswegs allein, die ältesten Meisterliederhand-
schriften sind vielmehr voll solcher Lieder. Freilich mit solcher
Inbrunst, mit solchem tiefen F.rnst hat sich wohl keiner seiner
Standesgenossen in die dogmatischen Fragen versenkt. Oafs
ihm, dem einfachen Leineweber, dabei trotzdem das Verständnis
für das eigentliche Wesen des betrelTenden Dogmas häufig
mangelte, kann kaum Wunder nehmen. So versteht er denn
auch unter der unbefleckten Empfängnis nichts weiter als die
Unversehrtheit der Jungfrauschaft, wie das klar und für unseren
Geschmack derb genug beispielsweise in einigen Versen auf Blatt
447 a (dem Abgesang des ersten Gesätzes in dem Liede iGrofs
Heil und Trust .) ausgedruckt ist. Auch der Beweis daiur fort
'**) Fin weiteres Gedichi, das ich hier der VoHstfindigkeit wegen
erwähne, haiuieii von den Glaubensartikclu , die kurz aufgezählt werden:
N. 179 b bis 180b. Es schliefst mit «tnem Hinweis auf du jOngste Geriebt
(>0 ToUttnder von Sünden Ufs< etc.;.
. ijui. u i.y Google
185 —
will ich das beweren«) wird — freilich unter Anführung einer
grofsen Menge von Stellen aus der Bibel und den Kirchen'
Vätern — doch der Hauptsache nach in der volkstümlichen
Art und Weise erbracht, die uns aus Haiidsclirirtcii und frühen
Drucken mit dem Titel: IJot'cnsorium invi<jlatae viruimtafis
bealae Muriae virginis zur ('.enili^e hi^kannt sind, in denen die
Geschichten des Physiologus, der im früheren Mittelalter so viel
gelesen worden war, nachlclingen: das Einhorn läfst sich durch
eine Iceusche Jungfrau fangen — und bei Gott sollte es unmög*
lieh sein, dafs eine reine Jungfrau ein Kind gebäre? oder:
gab er dem Löwen doch die Art,
dafs c: uanz unbeschwert
aufwecket mit seinem Geschrei
seine jungen Weife von dem Tod,
sie lebendig macht durch seine Stimm' —
und der ewige Gott hätte die Maid nicht von allem Makel
sollen rein erhalten können? — Schützte er doch den Jonas im
Bauche des Walfisches — Nunnenbeck sagt Waldfisch — vor
Todespein, und jenes hätte ihm unmöglich sein sollen? — Ambro-
sius, Hieronymus, Augustinus, der Lehrer süfs, Bernhardus,
AnscUnus, Origciics, Cyi^rianus, Scotus und andere werden ais
Zeugcu der unbefleckten Empfängnis namhaft gemacht:
O wer wollt' widersprechen das
und nicht vergönnen, Jungfrau, dir,
dafs Gott von Erbsünd* dich befreit
und gab auch dir die reiche Zier,
dafs du sein' Mutter ohne Leid
bist stets, du reines Fafs! (Gefafs).^'*)
Mit theologischeren Waffen geht er dagegen zu Werke,
wenn er sich vorgesetzt hat, für die göttliche Dreieinigkeit eine
Lanze zu brechen. Zunächst wird dabei regelmäfsig erklärt,
dafs das Wesen der Gottheit unergründlich sei, und dafs
menschürher Sinn ist viel zu schwach,
dafs er Liutt möge gänzlich kommen bei."')
» N 52 a
N. 51 a.
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— 186 —
Kein Priester und kein Doktor könne die reine, hoch*
würdige Gottheit begreifen, sie werde einzig und allein durch
den christlichen Glauben bewiesen, und
das Evangelium ist der (jriind,
auf dem der Glaube stat,-^)
dagegen an einer andern Stelle:
Allein was die christliche Kirche glauben thut,
soll glauben, wer ein Christ will sein.**)
Es ist ja der Grund/.ug der ganzen niittcl.ilterlicheii Philo-
sophie, dafs sie die Lehren der cliristlichen Religion als gött-
liche Offenbarungen und somit als notwendig wahr, als von vorn-
herein gegebene Wahrheiten setzt und ihre ganze Spekulation nur
darauf richtet, das menschliche Denken mit diesen Fundamental-
Wahrheiten in Einklang zu bringen, diese Wahrheiten auch durch
Verstandesgrttnde zu stützen und plausibel zu machen. Dieser
mittelalterlichen Gedankenrichtung, die durch den mehr und
mehr aufkommenden Humanismus, insbesondere durch die jüngere
Uunianistenschule ihre erste bedeutsame Einbufse erlitt, gehört
auch Nunnenbeck mit seinem Denken noch ganz und gar an.
Auch er hält fest an den geortenbarten Wahrheiten und hie und
da sei es mündlich oder schriftlich gethane ketzerische Äufse-
rungen mögen für ihn mit ein Grund gewesen sein, mit solchem *
Eifer für die heilige Sache einzutreten. Ob aber alle Lehren
der christlichen Kirche oder nur das Wort Gottes als das
Fundament des Glaubens anzusehen sei — darüber scheint auch
er, wie wir gesehen haben, bereits im Zweifel zu sein, und
wer weifs, wofür er si( Ii entschieden hätte, wenn er, wie wenige
Jahrzehnte später sein Schüler, Hans Sachs, plötzlich allen
Ernstes v(.)r diese Frage gestellt worden wäre.
Aber trotz solcher Verwahrungen, die wohl in dem Aus-
rufe: O kluger Lay, thu nur recht glaul)en! gipfeln, ^reht er
dann doch alsbald an der Hand seines LieblingsschriftsteüerSi
des heil. Augustin, dazu über, das Wesen der Gottheit, so gut es
geht, zu ergründen, nachdem er sich zuvor noch bittend an die
heilige Trinität gewandt:
N. 74 a.
N. 41 b.
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187 —
Ich bitt' dich, ewige Dreiheit,
begab mich mit der Sinne Kranz»
dafs ich der Meinung recht nachfahr*
nach Art der christenlichen Zunft.**)
Als weitere Krläutening dessen, was der christliche Glaube
bereits beweist, dienen z;\var aucli in der Kegel nur — wie so
häufig gewisse Vergleichungen, diesmal in der Art, wie sie
von Augustinus belieht und auch von den übrigen Kirchenlehrern
als Erklärung des Wesens der göttlichen Dreieinigkeit beige-
bracht werden. Die Wesenseinhett der drei Personen« des Vaters»
des Sohnes und des heih'gen Geistes, so wird ausgeführt, habe
man sich etwa so zu denken, wie Existenz, Glanz und Hitze
sich in der einen ungeteilten Substanz der Sonne zu deren
Wesen verbänden, oder wie Hitze, Schein und Glanz dem Feuer
eigentümlich sei. In einem anderen (iedichte, das wieder von
schlecht in Verse gebrachter scholastischer Theologie und Philo-
sophie (im Mittelalter nahezu identisch) strotzt, wird das Wesen
der Gottheit aus der Form des A und O erklärt.
£ine wichtige Frage ist auch, welchen Rang die Himmels-
jungfrau Maria neben den drei höchsten Personen bean-
spruchen dürfe:
Nun möcht hie einer fragen thon,
ob Maria die fron' (die Hehre)
bei Jesu Christ, ihrem Sohn,
hab' ihren Stuhl oder ihren Thron.
Aul" die Frag geh ich Antwort durcii die Lehrer.-'')
Es werden nun eine ganze Menge Lehrmeinungen auf-
gezählt, unter denen Nunnenbeck sich am meisten für diejenige
zu erwärmen scheint^ welche Maria unmittelbar nach der Gottheit
kommen, den seligen Engeln und Fürbittern aber vorangehen läfst,
in gleicher Weis' als
Kehr oder Hals
am Menschen stat
zwischen dem Leib und dem iiaubet.^')
• N. 55 a.
" N. 43 a bi« 45 h Vyl. Th. Ilampc deutsche Kunst utid tsche
Lilleralur um Jie Wcncic des 15. Jahrhuntierts (Nürnberg 1893' b. 12.
*•) N. 59 b.
ebenda.
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— 188 —
Das verkünde Gott canticum septimo, wo es heifse: collum
tuum sit ut turris eburnea.
Doch genug der scholastischen Weisheit 1 Auch das Gedicht
Nunnenbecks ttber das Sakrament des Abendmahls bewegt sich
noch ganz in dem herkömmlichen V'orstcllungskieisc, in den
erst durch den grolsen WiLtcnbergcr Mönch ein neuer Licht-
strahl geworten werden sollte.
Als eine Merkwürdigkeit mag hier schliefsUch ni( ht uner-
wähnt bleiben, dafs sich gerade in diesen nahezu unlesbaren
dogmatischen Gedichten zuweilen ziemlich unmotivierte Anklänge
an die alte ritterliche Lyrik des Minnesangs finden, Ausrufe wie
>£ia eiU, die wohl von der Freude des Dichters an diesen
Stoffen Zeugnis ablegen.
Werfen wir nun zum Schlufs die Frage auf, was der Mann,
von dessen dichterischem \\ irken ich hier ein Bild zu entwerfen
versucht habe, wolil unserem Hans Sachs hat geben können,
so wird sich olme Zweifel zunächst die Kehrseite der Medaille
unseren Blicken darbieten, wir werden versucht sein, Nunnen-
beck alles Verdienst an der Entwicklung seines grofsen Schülers
abzusprechen, ihm, wenn überhaupt, nur einen schüdlichen Ein-
flufs auf Hans Sachs zuzuschreiben. Und vom rein poetischen
oder liticraturgeschichtlicben Standpunkte aus wird man diesem
Urteil, so hart es klingt, auch im Grunde beipflichten müssen.
Denn wenn auch ein gewisses Verdienst darin beruhen mag,
dem angehenden Meistersin^^er Him's Sachs, der sich vertrauens-
voll nn den erfahrenen Nunnenbeck wandte, tlie Tforten der
Dichtkunst aufgetlum, ihm die meisterlichen Regeln, ohne die
es nun einmal nicht abging, gelelirt zu haben, so ist doch kaum
zu bezweifeln, dafs ein Geis( wie Hans Sachs auch ohne Nunnen*
beck, jedenfalls mit Hülfe jedes Andern ebensogut, die ihm
bestimmte Bahn gefunden haben würde. Zudem waren die
Wege, welche Nunnenbeck ihm wies, so öde und unfruchtbar
wie möglich.
Der gleiche Codex, in dem uns die Lieder Nunnenbecks
aufhewaliit sind, enthalt auch die frühesten Meistergesänge Hans
Sachsens, und mit Schrecken nehmen wir wahr, ein wie pelcii-
riger Schüler Hans Sachs auch was Form und Stoffwahl betrifft,
gewesen ist. Gedichte dogmatischen Inhalts, auf die Dreieinigkeit,
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— 189 —
zum Lobe der Jungfrau Maria etc.» sehr ähnlich denen, die wir
unter Nunnenbecks Liedern kennen lernten, überwiegen hier
noch völlig. Dazu sind einige Gedichte fast ganz in einem
schwunglosen, schulmäfsigen Latein abgefafst, andere stark mit
lateinischen Brocken durchsetzt, und auch der Rhythmus, der
freilich dem in Niinnonl)C( ks Gedichten herrschenden doch schon
weit überlegen ist, lal'st noch sehr zu wünschen übrig. Wenn
Nunnenbeck .vom Evangelisten Johannes sagt:
Darzu in seinem Evange-
lium er also spricht*^
— zwei Verse, die uns lebhaft :in die Ijekannten Sj)(»tt\erse auf
Hans Sachsens Dichtweise erinnern — so gehören solche Verse bei
Nunnenbeck noch mit zu seinen besten, da sie doch wenigstens
einen regelmäfsigen Wechsel von betonter und unbetonter Silbe
aufweisen, während er sich, den Grundsätzen der Meistersinger
gemäfs, in der Regel damit begnügte, dem Verse ohne Rücksicht
auf irgend welchen Rhythmus eine vorgeschriebene Zahl von
Silben zu geben.
Die uns vorliegende Handschrift der von Hans Sachs
gesammelten Lieder, bzw. die Urschrift derselben,' stammte,
wie ich bereits bemerkte, aus dem Jahre 1517,^^) also aus
eben demselben Jahre, in welchem Luthers erstes mächtiges
Hervortreten, sein Thesenanschlag, alle Herzen in Feuer setzen
sollte. Dieses Schmiedefeuers hat es bedurft, um Hans Sachs
zum wirklichen, zum grofsen Dichter zu machen. Von allen
anhaftenden Schlacken geläutert ist er daraus hervorgegangen.
Dafs aber die gewaltige Anregung, die von Luther aus*
ging, bei dem einfachen Handwerker nicht fruchtlos blieb,
dafs Hans Sachs Feuer fing wie kaum ein Zweiter für Luthers
gottgewollte Missiun — das verdanken wir sicherlich nicht zum
geringsten Teile der T,ehre Lienhard Nunnenbecks uml zwar
weniger dem Kinflufs seiner W orte als seines Wesens. Der tief-
religiöse Ernst des Lehrers, seine brünstige, ja leidenschaftliche
Hingabe an eine Idee kann nicht ohne tiefgehende Wirkung auf
^ N. 53 h.
**j Einige Gedichte gegen den Schlufs lU (bevor mit Bl. 469 die
oben erwthnle Schretberhand einietst) ünd von 1518 datiert.
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— 190 —
den empfänglichen jungen Schüler geblieben sein» und die Ver-
dienste, die ihm in Bezug auf die poetische Entwicklung Hans
Sachsens bestritten werden mufsten, hier liegen sie, auf dem
Gebiete der Charakterbildung — wahrlich keiner kleinen Sarlie,
der zu l>iel)e der Cienius der Dichtkunst bei der vorstehenden
BctrarhtuiiL: der Werke Nunnenbecks wohl einmal ein Auge
zudrücken durfte; konnte doch allein aus ihnen Wesen und Wert
des biederen Meistersingers klar erkannt werden. .
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Kleinere Milleilungen.
Dr. Adolf Frhr. von Scheurl f.
Am 24. Januar 1893 starb zu Nürnberg im dreiund-
achtzigsten Lebensjahre Dr. Adolf Freiherr von Scheurl, weiland
Professor der Rechte an der Universität Erlangen, ein hervor-
ragender Romanist und Kirchenrechtstehrer, ein Gelehrter von so
seltener Vielseitigkeit des Wissens, so bewundernswerter Arbeits-
kraft und rührender Bescheidenheit, dafs er die unbegrenzte
Verehrung Aller genofs, die ihm im Leben nahe traten. Ftinf-
undvicrzig Jahre lang hatte er der Krlangcr Hüchscliulc angc'lu)rt;
im Jahre 1836 habilitierte er sich an ihr als Privatdozent, 1840
wurde er aufserordentlicher, im Jahre 1 845 ordentlicher Professor
des römischen und Kirrhon rechts dortselbst und als er nach
vollendetem 70. Lebensjahre im Jahre 1881 sein Amt niederlegte,
geschah es, um in seiner Vaterstadt in stiller Zurückgezogenheit,
aber in unverminderter geistiger Thätigkeit den Rest seiner Tage
zu verbringen. Dort, im alten Scheurlshause unter der Veste
zu Nürnberg, beschäftigte er sich aufser mit den brennenden
Fragen seiner Wissenschaft auf juridischem und kirchlichem
Gebiete mit Vorliebe mit der Geschichte seines Geschlechts und
seiner Vaterstadt und von den Fruchten seines auch auf diesem
Arbeitsfelde unermüdlichen Fleifses liefs er gerne den Verein
für Geschichte der Stadt Nürnberg, dem er seit seiner Gründung
als Mitglied angehörte, Nutzen ziehen; obschon hochbetagt trat
er in den Ausschufs des Vereins ein und beteiligte sich mit
lebhaftem Interesse und überraschender Frische an dessen Be-
ratungen. Selten fehlte der alte Herr in den Vereinsversamm-
lungen ; selbst bei winterlicher Kälte und ungünstigster Witterung
stellte er sich pünktlich in denselben ein und noch in den Jalirci)
188Q und 1890 hielt der damals fast .k lit;':igjahrige Gelehrte
Vorträge im Verein, die bei aller Schmucklosigkeit und £in-
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— 1Q2
facbheit durch ihre Klarheit und Überzeugende Wärme die dank-
bare Teilnahme aller Zuhörer fanden. Das Leben des hoch^
verehrten Mannes, sein Charakterbildi seine umfassende wissen-
schaftliche und literarische Thätigkeit auf den beiden Haupt-
gebieten seines Wirkens wie seine Bedeutung für die evangelische
lutherische Kirche sind bald nach seinem Hinscheiden von
berufenen Männern treffend und eingehend geschildert worden.
Professor Wilhelm Kahl in Pjonn hat in der Beilage der Alige-
meinen Zeitung^) vom Standpunkte des Juristen aus die Ver-
dienste des Verstorbenen in warmen Worten gewürdigt und
noch eingehender hat Scheurls Bedeutung, insbesondere auf
kirchlichem und theologischem Gebiete, Oberkonsistorialpräsident
Dr. von Stähltn in München in der Allgemeinen evang. luther.
Kirchenzeitung untersucht und hervorgehoben*). Wir wttfsten
diesen trefflichen Nekrologen nichts Neues hinsuzu fügen, halten
es aber für unsere Pflicht, auch in diesen Blättern das Andenken
an unseren treuen Mitarbeiter festzuhalten und die wichtigsten
Däten aus seinem Leben wiederzugeben.
Christopli GottUeb Adolf von Scheurl entstammte dem
bekannten Nürnberger Patriziergeschlecht der Scheurl von Defers-
dorf, dem dereinst auch der hochangesehene, in der neueren
Zeit so verschieden beurteilte, aber zweifellos um die Sache
der Reformation und um seine Vaterstadt hochverdiente Rechts-
gelehrte und Ratskonsulent Dr. Christoph Scheurl angehört hatte.
Geboren am 7. Januar 1811 zu Nürnberg als der Sohn des
Überpostamtsoffizials Christoph von Scheurl und der Wilhelmine
Freiin von Löffelholz, blieb Adolf von Scheurl nicht nur das
einzige Kind seiner Eltern, sondern war auch der einzige männ-
liche Nachkomme des ganzen (Geschlechts, auf welchem dessen
ganze Hoffnung beruhte. Der Knabe, der unter dem haupt-
sächlichen Einflufs einer sehr willensstarken, aber auch auf-
richtig frommen Mutter heranwuchs, verriet bald Zeichen einer
M ChristophGotlKeb Adolf ▼.Scheurl von WUh. Kahl tn derBeiUg«
Nr. 42 zur Allgememen Zeitang vom 18. Februar 1893.
-1 Zur Krinnentnj^ nn Christoph Gotllieb Adolf Frhr. v. Scheurl,
Dr. utriusque juris et theo!., weiland Professor der Rechte in Erlangen.
Von Adolf von St&hKn, Dr. theot, Oberkonst>torialprSsident in Manchen.
Separaiabdruck aus der AUgem. evangd. lutber. Kircheiuehung. Leipfig,
Dörtling n. Franke» iS93*
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— 193 —
besonderen Begabung, die sich unter der Leitung ausgezeichneter
Lehrer, eines Baibach, Nägelsbach und Roth, vorzüglich ent*
wickelte. Schon im Jahre 1827 absolvierte er das Lyceum in
Nürnberg als Erster, was ihm die von König Ludwig I. gestiftete
silberne Medaille eintrug. Eigentlich ungern, da ihn seine Ncii^ung
zur 1 ueuiogie trieb, widiiicto er sich auf Wunsch des Vaters dem
Studium der Rechte und studierte in den jalircn 182 7 — 28 in
Erlangen, 1828 — 1831 in München, vor allem angezogen und
befriedigt durch die Vorträge des geistvollen Pandektisten Puchta.
Nach einem kurzen Aufenthalt in Berlin, wo er Savigny kennen
lernte, und nach zurückgelegter Praxis erwarb er sich im Jahre
1834 den Doktorgrad beider Rech^ und entschied sich nun,
' wie Eingangs erwähnt, für die akademische Laufbahn, die ihm
die Aussicht bot, auch seinen Lieblingsstudien nachzugehen.
Scheurls Wirksamkeit als akademischer Lehrer schildert einer
seiner Schüler aus der Zeit seiner vollsten Mannes- und Schaffens-
kraft, wie uns dünkt, zutreffend in folgenden Worten'): >Er war
auf dem Lehrstuhl der Typus eines besonnen abwagenden Ver-
standesmenschen, für den nur Berechtigung besitzt, was sich
durch scharfe Linien umgrenzen und zu exakten Schlufsfolgerungen
verwerten läfst. Sein Vortrag war nüchtern im höchsten Mafse
mit peinlicher Abmessung des Wertes eines jeden Ausdrucks;
rednerisches Pathos, bilderreiche Sprechweise waren ihm voIU
ständig fremd. So kam es, dafs um sein Katheder stets nur
ein verhaitnismäfstg kleiner Kreis von Studierenden sich zu ver-
sammeln ptlegte und dafs selbst aus diesem im Laufe des
Semesters manche wieder wegblieben. Die Zurückbleibenden
freilich, welciie in seine eigenartige Vortragsweise sich hinein
zufinden wulsten und die Macht seines Geistes auf sich wirken
liefsen, hatten davon grofsen Gewinn, Denn wer an juristisches
Denken sich gewöhnen wollte, mufste in Scheurls Schule gehen;
seine Sache war absolute Zuverlässigkeit und Klarheit um jeden
Preis, dazu strengste Quellenmäfsigkeit; seinem Alles gleichmäfsig
durchdringenden Scharfsinn blieb auch nicht die kleinste Faser
einer Rechtsmaterie verborgen; die schwierigsten Rechtsfälle
beherrschte und zerlegte er mit anatomischer Meisterschaft. <
Siehe den Xclvfoloi^ im Re^^ensburger Tagblatt Nr. 35 vom
4. Februar 1893: Freiherr Adolf voa Scheurl.
»3
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— 194
Die gleichen vortrefflichen Eigenschaften hafteten auch seinen
schriftstelleriscben Leistungen an, sie fanden allgemeinen An-
klang; seine Arbeiten auf römisch-rechtlichem Gebiete, sein
Lehrbuch der Institutionen, seine Beiträge zur Bearbeitung des
rö9iischen Rechts, zahlreiche Abhandlungen Uber einzelne Lehren
desselben trugen ihm nicht geringere Anerkennung ein, wie seine
zalilreichcn und vorzüglichen Untersuchungen aus dem Kirclien-
rechte, die ihn, wie seine Stellung als langjähriger Mitarbeiter
und Mitredakteur der kirchlichen Zeitschrift »Protestantismus
und Kirche«, in innigsten persönlichen und wissenschaftliclien
Verkehr mit den bedeutendsten Theologen seiner Zeit brachte.
Nach sorgsamer Würdigung seiner Schriften aus dem Kirchen-
recht kommt V. Stählin zu dem Urteil »alle das kirchliche Gebiet *
beschreitenden Werke Scheurls sind durchzogen von warmer
Liebe zur lutherischen Kirche und hoher Wertschätzung des
lutherischen Bekenntnissesc und an anderer Stelle sagt er »Scheurls
warme tief innerlich begründete Liebe zur lutherischen Kirche,
sein sicherer kirchliclier Standpunkt, der geschichtliches Recht
und besonderes Ze!tl)edürfnis treffend [gegeneinander abzuwägen
wufste, machten ihn recht eigentlich zu einem wohlwollenden,
allzeit zu Rat und Hülfe bereiten Patron der lutherischen Kirche
in ganz Deutschland) niemand bat dies mehr erfahren als seine
eigne Landeskirche, der er mit aller Hingebung zugethan war,
deren Wohl er auf dem Herzen trug. Scheurl war beruflich
und kraft eigener Neigung in die wichtigsten Fragen, welche
diese Kirche bewegten, verflochten; er nahm an ihrer reichen,
höchst charakteristischen äufseren und inneren Entwicklung den
lebendigsten Anteil. c Zur praktischen Betliätigung seiner viel-
seitigen Kenntnisse auf juristischem und kirchlichem (iebiete
hatte Prof. v. Scheurl aucli reiciiliche Gelegenheit in den Jahren
1845 bis 1849, in welchen er dem bayerischen Landtage als
Abgeordneter angehörte und eifrigst an der Beratung wichtiger
Gesetzesvorlagen teilnahm, fttr die bayerische Landeskirche
aber wirkte er mit ausgezeichnetem Erfolge als Mitglied der
bayerischen vereinigten Generalsynode, welcher er in den Jahren
1865 — 1884 angehörte; seine Universität vertrat er von 1664
bis 1873 im Landrat von Mittelfranken. Reiche Ehrungen
wurden ihm zu Teil, als er im Jaiirc 1884 sein iunizigjaiirii^cs
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— 195 —
Doktorjubiläum beging. Im gleichen Jahre wurde er von Sr, Maj.
dem Könige mit seinen Nachkommen in den Freihermstand
erhoben. So lebte er ein langes Leben voll Freud und Leid,
voll Mühe und Arbeit, aber auch voll Segen und £rfolg. Uns
aber, die wir noch in seinen späten Lebensjahren das Glück
hatten, ihn als wannen Freund der Geschichte seiner Vaterstadt
näher kennen zu lernen, bleibt er lebendig in Erinnerung als
ein Mann von echter deutscher Art, einfach und offen in seinem
Reden und Thun, voll Milde und Liebenswürdigkeit gegen
Jedermann, allzeit bereit, Andere aus dem unerschöptlichen
Schatz seines Wissens zu belehren und zu fördern, stets klar
und bestimmt und gründlich in seinen Forschungen und Dar*
Stellungen, ^as Muster eines deutschen Gelehrten. Nur wenige
von seinen lokalhistorischen Arbeiten enthält unsere Zeitschrift,
die treffliche biographische Studie über »Christoph Scheurl,
Dr. Christoph Scheurls Vatert im V. Heft und die kleine Mit-
teilung über «des Meisters Veit Stöfs Urkundenfälschung«. Auch
darin offenbarte sich seine eminente Bescheidenheit, dafs er die
S|)alten der Zeitschrift jüngeren Kräften zur VerötTentlichung
ihrer Arbeiten überhels. Wou. grofseren \'orträ<;en, die er im
Vereine hielt, nennen wir den Vortrag über »den wechselvollen
Lebensgang eines Nürnberger Bürgers am Ende des 15. und
Anfang des 16. Jahrhunderts«, über »Geschichte und Bedeutung
der Brandenburg'Nttmberger Kirchenordnung«, über »Dr. Chri«
stoph Scheurls Selbstbiographie, Tagebuch und Briefe«, über »die
altnümbergischen Verlobungs- und Hochzeitsgebräuche«, über
»Andreas Oslander« und »Mitteilungen aus einem Tagebuch des
16. Jahrhunderts«. Sein Name wird allzeit auch in den Annalen
unseres Vereins mit Ehren und Dankbarkeit <,^enannt werden.
Georg Frhr. v. Krefs.
Hofbuchhändler Sigmund Soldan f.
Von den trefflichen Männern, welche, bei Gründung des
Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg zu Ausschufsmit-
gliedern erwählt, mit dem Schreiber dieser Zeilen an seine Spitze
traten, hat uns der unerbittliche Tod schon unverhältnismäfsig
viele entrissen. Direktor Gnauth, Direktor Dr. Frommann,
13*
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— 196 —
Bürgermeister Frhr. v. Stromer, Geheimrat Dr. von Essenweia
weilen nicht melir unter den Lebenden. Am il. März ist ihnen
ein fünfter nachgefolgt, der unverdrossen und eifrig als Aus-
schufsmitglied dem Verein seit dessen Gründung wertvolle Dienste
gewidmet hatte, der getreue Schatzmeister des Vereins , Herr
Hofbuchhändler Sigmund Soldan, Ein Herzschlag machte dem
Leben des erst im 61. Lebensjahre stehenden Mannes plötzlich,
olme vorausgegangene Erkrauk.mg ein Ende. Mit ihm schied
ein trefiiicher Kenner deutscher, vor Allem Dürerischer Kunst,
ein warmer Freund imd Ftirderer der Musik und des musika-
lischen Lebens in unserer Stadt, ein literarisch und wissen»
schaftlich vielseitig gebildeter, unternehmender Verleger, ein
auf den verschiedensten Gebieten öffentlicher Wirksamkeit uner-
müdlich thätiger Mitbürger und begeisterter Verehrer seiner
zweiten Vaterstadt Nfirnberg aus unserer Mitte. Geboren war
Sigmund Soldan am 21. Mai 1833 zu Hanau als Sohn eines
tüchtigen Gelehrten, der ihm eine sorgfältige Erziehung ange-
deihen liefs. Er absolvierte das Gymnasium und widmete sich
dann dem Buchliandel; seine Lehrjahre verbrachte er bei
l'i Mi^ann in Jena und das Beispiel und der Einiiufs seines
trcttiu Iien Principals mag viel dazu beigetragen haben, den Sinn
für das Ideale und das feine Verständnis für die Schätze unserer
Kunst und Literatur, die ihn nachher auszeichneten, in ihm zu
wecken. In verschiedenen gröfseren Buchhandlungen Deutsch-
lands vervollständigte er seine buchhändlerische Ausbfldung, bis
er sich im Jahre 1861 in Nürnberg selbständig und ansässig
machte. Unter seiner geschickten Führung wurde seine Buch-,
Kunst- und Musikalienhandlung bald zu einem der bedeutendsten
Geschäfte dieser Art in Nürnberg. Seine Verlagsthätigkeit
wandte sich vor Allem der Herausgabe von Reproduktionen
Dürerisrher Werke zu; es gelang ihm, für die Bearbeitung der
Texte 2U diesen Publikationen die tüchtigsten Kunstschriftsteller
zu gewinnen. So erschienen in seinem Verlage Dürers Hand-
zeichnungen in Dresden mit Text von Eye, Dürers Handzeich-
nungen in Berlin mit Text vom Grafen von Stillfried, Dürers
Kupferstiche mit Text von Professor Lübke. Ferner hat er
Holbetns Silberstiftzeichnungen in Berlin mit Text von Woltmann,
die Schatzkammer des bayerischen Königshauses mitEriäuterungen
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— 197 —
von Dr. v. Schaufs, die Werke Peter Vischers mit Text von
Professor Lttbke herausgegeben. Den Kunst* und Künstler-
Vereinen in Nürnberg, namentlich dem Atbrecht^DUrer-Verein
und der im Jahre 1871 gegründeten Albrecht-Dürer-Haus-Stiftung,
widmete er allezeit mit Eifer und Hingebung seine gescliai/ie
Kraft. Mit Geschi( k und Erfolg förderte er auch die Fliege
der Musik in Nürnberg; lange Jahre hindurch war er fast aus-
schliefslich der Veranstalter von Künstlerkonzcrten und gröfseren
musikalischen AufiUhrungen. Eine Anzahl hoher musikalischer
Genttsse, deren wir uns lebhaft erinnern, wie der Konzerte von
Hans V. Bülow zu Gunsten des Hans>SaGhs-Denkmals, der Auf-
führungen des Riedeischen Gesangvereines gelegentlich der
Jubelfeier des germamschen Museums und andere, waren auf
seine Initiative zurückzuführen. Seine Verdienste fanden auch'
die wuhlveidiciitc Audkciuiung; von Sr. Maj. dem Kaiser wurde
er zum Hofbuclihändler ernannt, von Sr. Maj. dem Könige mit
der goldenen Medaille für Kunst und Wissenschaft ausgezeichnet.
Unter seinen Mitbürgern aber und den Freunden der Geschichte
der Stadt Nürnberg wird das Andenken an den liebenswürdigen,
stets opferbereiten, mit hervorragenden Eigenschaften des Herzens
und Gemüts gezierten Mann nicht erlöschen.
Georg Prhr. v. Krefs.
Instruction an Sixt Oelhafen, was er im Namen des
Kaiser Maximilian I. dem Churfürsten zu Maintz
wegen des Kais. Siegels in antwort anzeigen soll.
Samstag post misericordiam anno domini 1503.
(16. April.)
Urkunde aus dem Nürnberger Stadtarchiv.
Sixt Oelhafen, geboren in Nördlingen 1466, gestorben 1539
in Nürnberg, kam in jungen Jahren in die Dienste des Chur-
fürsten Erzbischoff Berthold von Mainz und durch diesen an
den kaiserlichen Hof, wo wir ihn unter Kaiser Friedrich III.,
Maximilian I. und Karl V. als einen der vordersten und ersten
Secretarii finden. Mit mancherlei wichtigen und geheimen
Botschaften wurde er betraut, vielfache Auszeichnungen und
Ehren wurden ihm zu Teil. Besonderer Gunst erfreute er sich
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seitens Bertbolds von MainSp von diesem wurde er auch zum
Secretar des auf dem Reichstag su Augsburg 1500 ins Leben
gerufenen Nürnberger Reichsregiments ernannt und um diese Zeit
fallt auch, 1501, seine glänzende Vermälilungsfeierlichkcil mit
des Nürnberger Patrizier Seiz Pfin/ings I'uchter, an welcher sich
die damals in Nürnberg anwesenden Mitglieder des Reichsregi-
ments, Churfürst Erzbischoff von Mainz an der Spitze, beteiligten*)«
Am 16. April 1502 war das Nürnberger Reichsregiment
bereits seiner Auflösung sugeeüt.
Es war eine Schöpfung des Erskanzlers Bischoffs Berthold
von Mainz, hervorgegangen, wie Victor von Kraus in seinem
Werlce hierüber sagt, aus dem ehrlich gemeinten Streben, es
noch einmal mit der Heranziehung aller in der ständischen
Reichsglieciet ung vertretenen Kiemente zur Bildung einer starken
Centraigewalt zu versuchen, es war ein, wenn es nicht verstärkt
war, aus zwanzig Teilnehmern zusammengesetzter Ausschufs der
Reichsstande, welchem, wie ihn Ullmann in seinem Werke über
Kaiser Maximilian kennzeichnet, alle und jede des Königs und
Reiches Sachen, Handhabung des Rechts und Widerstand gegen
die Retchsfeinde übertragen war, neben welchem für eine be-
sondere wenn auch noch so bescheiden abgegrenzte Icönigliche
Waltung kein Raum blieb.
Das Regiment hatte Gewalt in allen des römischen Königs
und des heiligen Reiches Angelegenheiten, daher steht ihm
allein das Recht zu, die Ausfertigung aller hierauf bezüglichen
lieschiüsse in die Form königlicher mit königlichem Namen, Titel
und Siegel ausgestellter Erlässe zu besorgen.
Die gegensätzliche Stellung zwischen Kaiser und Regiment
ist durch diese Charakterisierung der Körperschaft genugsam
angedeutet.
Maximilian liefs keine Gelegenheit vorübergehen, wie auch
in der vorliegenden Instruktion, seinen Unwillen Uber das Regiment
unzweideutig und offen zu erkennen zu geben und bot Alles
auf, um es baldigst wieder zu l<\ill zu bringen.
Zu Beginn des Jahres 1502 unterliefs es der Kaiser ab-
sichtlich, einen Statthalter als seinen Vertreter zum Regiment zu
') Beschrieben ist diese Festlichkeit in Bd. ii der dentschen Stidte-
chronik S. 607.
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bestimmen, und erliefs am 21. Män 1502 an die Räte, soviel
deren jetzt zu Nürnberg waren, ein Schreiben, in welchem er
bedauert, dafs es ihm trotz aller Bemühungen nicht gelungen
war, Jemanden zur Uebernahme des Statthalteramtes zu ernennen.
Deshalb habe er dem Erzbischoff von Mainz das Regimentssiegel
abgefordert. Dauui war das kurzlebige Reichsregiment zu (irabe
getragen. Sixt Oelhafen hatte darauf das Siegel in die Hände
des Kaisers zurückgebracht und die Instruction enthielt die nun
an den Erzkanzler gerichtete Antwort Maximilians. Der Kaiser
beeilte sich, einer neuen Constituirung der Stände in ihrem
Sinne zuvorzukommen, ein anderes Regiment in seinem Sinne
d. h. mit sehr beschränkter Machtbefugnis und mit seinem Gelde
zu organisieren.
Kraus a. a. O. erwähnt weiter: Im September 1502 spricht
Maximilian von dieser RegieruTig wie von einer vollendeten That»
Sache, obwohl es nicht einmal zur Cunstituirung gekommen war.
Die Instruktion an Sixt Oelhafen hat bereits dieses neue
Regiment zum Gegenstand. Das Siegel, welches der Kaiser
zurückgelordert hatte, hatte eine Aenderung erfahren.
Der gewaltige Unterschied zwischen dem alten und neuen
Regiment wurde im Siegel durch einen kleinen »vnderscheid oder
stampf« zum Ausdruck gebracht, der Erzkanzter erhält es nun
in der neuen Form zum Gebrauch durch Sixt Oelhafen mit der
im Wortlaut folgenden Instruktion zugesandt:
Maximilian von gotts gnaden romifcher kunig u. s. w.
Inftruktion was du Sixt Ölhafen vnnser Secretarj auf die Werbung,
fo du von vnnfer Neven vnd Churfürüen des Erzbifthumen
zu Muintz wegen yezo bey vnn^ getan haft, Im in vnnfcrn
narnen widerumb fagen follft. Zum Ersten: das wir des Erzkannzier
Ambts oder einich hanndlung, fo Er mit vnnser römischer Cannzley
bifher getan hab, gegen feiner lieb einich vngnad nit tragen,
dann fein lieb fich in demfelben ambt vnd mit nirfehung der
ytzberUrten Cannzley erberlich, aufrecht vnd wolgehalten. Vnnd
fey vnnser erfordern vnnfers kuniglichen innfigels aus dheiner
vngnad, fo wir deshalben zu in\ ftellen, fonder aus nachvolgenden
gründen vnd vrfachen befchehen. Wollen auch daffelb figel,
wie er aus felLcn \erncmen werde, mit leinem rat vnd vviiTen
beveihen vnd gebrauchen laffen. Darnach follft du leiner lieb
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200 —
zu erkennen geben, wie wir ferrer dheiner vngnad gegen Jn
tragen, denn wir Jm der franzofifchen fachen halben nechft zu
Nünnberg felbs mttntlich zu erkennen geben,
Vnd £r hab vns auf den gehalten reichstagen zu Wurmbs
vnd Augspurg in den fachen, den kunlg von Frannkreich vnd
Mailand auch des Reichs Regiment betreffend, keinen vertrawen
noch glauben geben wollen, fonnder für vnd für darauf gelegen,
VHS rifiiatus Cuiilu.lLim auf/urichtcn vnd vnnfer regieriini^ nit zu
getrawen. Nu wcrd vnns von denirdben kunig, wie wir dazumal
auch angeregt, Weng glauben gehalten vnd müflen alfo, wo vns
aus dem Reich nit annder gehorfam vnd lieb beweift würd, zu
feinem willen wachfen, alfo wir dann ytzo ainfteils (ein müffen
auch leiden, das vnns der türgk vberziehe oder aber mit Jm
ein fatzung machen. Des mag meniglich aus den hendeln, die
ytzo vor äugen fein, klar vermerken, wiewol wir ye zu zeiten
wol gut vertrag mit demfelben kunig von Frankreich gehabt
haben mochten. Wo vns von dem heiligen Reich mit trewen
Rugken wird gelialten werden. Aus dem allen crfchein nu klar,
ob in dem ohbeftimmten vnnfern anzeigen wir uder Er geirrt liaben
vnd Weichs das ])eüer wer gewefen, Vnd wiewol wir nocli zur
zeit mit dem kunig von brannkreich etlichermaffen irrig lein,
ncmlich der Regalien halben, die £r ye haben will in in&nitum,
diefelben für fich vnd die cron zu Frannkreich zu incorporiren,
meinen wir doch der in kurz vertragen zu werden. Ferrer:
Nachdem wir fehen vnd vermerken die zerteilung in dem heiligen
Reich, alfo das fich ainer an den, der annder an ainen anndem
halten vnd dardurch vnnfer regierung veracht vnd vns nit
gehorfam beweift werdet, das wir furgenommen haben ein
reginient in dem heiligen Reich nut>.u richten vnd dalYelbc ain
jar lang das ncchlt auf vnnfere cuften zu vnnderhaken, darzu
wir dann das gelt verordnen, das beyeinander vorhanden fey,
daffelb regiment foU allein an vnnfer ftat handeln, damit vnser
namen widerumb ausgebreit vnd wir als der romifch kunig vnd
das wir Regierung haben, angefehen vnd erkennt vnd vnnser
regierung nit ausgelefcht werd vnd vnns dann weiter des
romischen reichs ferrer nit bekümmern, dann gleich als vngern
fy vns für einen regierenden kunig haben, als vngern wollen wir
fy regiren, dann wir von derfelben regierung weder befunders
. ijui. u i.y Google
— 201 —
ere oder nutz gewartend fein. Vnd nachdem dann der genannt
vnser Neve von Maintz bei äemfelben Regiment die feinen auch
haben werde, wo im dann geliehen wolle, das obbeftimt vnnfer
innOgl, fo wir yetze von dir Sixten Ölhafen empfangen haben,
vnd du auf vnnfer fonndern bevell aus vrfachen vnns darzu
bewegend in vnnfer perfondliche anfclieii vnd beiwefen mit
deiner petfchaft verfecretiert haft. Vnd wir mit einer kiainer
vnnderfcheid oder Itampf vermerkt bei dem berürten Regiment
gebrauchen laffen wollen, damit die hanndlungen, die dufeibft
in vnnfer namen befchchen, gegen den vorgettbten vnderfcheidlich
erkennt werden, denfelben den feinen zu bevelhen, fein wir
wol geneigt, alles mit füglichen wortten, wie wir vns zu deinem
verftanndt verfehen. Daran thuft du vnser emftlich meynung.
Geben zu Kaufbewren am fambftagnach dem fonntag miseri-
cordias anno domini 1500 vnd im anndern vnfers Reichs des römi>
sehen im fibenzehenden vnd des hungerischen im dreizehenden jar.
Ad mandatum domini regis proprium '
/.iegler.
Jtem der genannt Sixt Ölhafen foU vnns dies gezeichnet
vnd besiegelt Xnftruction widerumb in vnfer banden bringen
vnd antworten.
Datum ut supra.
Sigmund von Oelhafen.
Die Stiftung^ der Nürnberger Kaufleute für den
Skt. Sebaldsaltar in der Skt. Bartholomäuskirche
zu Venedig.
>;Die Nürnbergischen Kautieute, so gen Venedig gehandelt,
haben diefs Jahr (1434) 20 fl. ewiger Zinfs zu einer Mefs auf
Slct. Sebalds Altar in Ski. Barthoimcfs Kirche zu Venedig ge-
stiftet Heinrich Rummel, Kunz Imhoff, £rckenbrecht Kolcr
und Fritz Krefs sein die ersten Verwalter gewesen und haben
die Hauptsumme in die Losungstube zu Nürnberg gelegt. A. 1436
feyn noch 4 fl. und A. 1437 abermals noch 2 fl., desgleichen
A. 1476 18 fl. dazu gestiftet worden, ist also fn Allem 44 fl.c
So berichtet der Nürnberger Ratsschreiber Mulhier in
seinen Annaien^ ^twas Weiteres war über diese Stittung der
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Nttrnbergischen Kaufleute bisher nicht bekannt. J. F. Roth hat
die Notiz MttUners in seiner GeaSchichte des NUmbergischen
Handels I. S. 13 ohne erläuternden Beisatz wörtlich wieder-
gegeben und nach ihm hat Dr. Simonsfeld in seinem Buche
über den Fondaco dei Tedeschi in Venedig Bd. II S. 80 ihrer
bei der VViderlc^unj^ der Meinung, dai's es in Venedig oder im
Fondaco eine förmliche Nürnberger Gemeinde gegeben habe,
welche Vorrechte vor den andern deutschen Kaufleuten hatte,
Erwähnung gethan. £r hält für möglich, dafs im Anschlüsse
an die gestiftete Messe die Nürnberger Kaufleute eine Bruder-
schaft unter sich errichtet hatten, deren später 1517 Anton
Tucher zu gedenken scheine, bestreitet aber, dafs die Nürn-
berger in Venedig und im Fondaco — insbesondere in diesem
Zeiträume — eine Sonderstellung eingenommen hätten. Der
Gute des Herrn .Major W. I'rhrn. v. Inihoff verdanke ii Ii die
Kenntnis von einigen im Frhrl. v. Imhoffischen Faniilienarchive
zu Nürnberg erhaltenen Archivalien, welelie sich auf die Stiftung
der Nürnberger Kaufleute für den Skt. Sebaldsaltar in der
Bartholomäuskirche zu Venedig beziehen und einiges Licht in
die Sache zu bringen geeignet sind, da sie Aufschlufs darüber
geben, für welche Zwecke die Renten der gestifteten Ewiggelder
verwendet wurden. Sie bestehen in einem Papierheft in Quart
mit der Aufschrift »des heylligen peychtigers Sant Seboltz von
Venedig püchleinx und in zwei Pergamenturkunden von 1478
und I4öl, BestiiUungsbriefen für zwei Kapiäne, welche die nach
Venedig Handel treibenden Nürnberger Kautieute für iliesen
Altar anstellten. Das Büchlein des Beichtigers ist nicht etwa,
wie man nach dem Titel annehmen könnte, eine Aufzeichnung
dieses Geistlichen, sondern ein im Geschäfte der Imhofl* in
Nürnberg entstandenes und geführtes Aufschreibbuch, in welches
die Einnahmen und Ausgaben für den Skt. Sebaldsaltar in den
}ahren 146S bis 1514 verzeichnet sind; es scheint im Jahre 1491
im Geschäfte der Imhoflf durch Zusammenstellung dessen, was
dieselben an Einnahmen für die Stiftung aus der Losungstube
in Numberf4 in iiiren IUu:liein verzeiciinet fanden, und dessen,
was über die in Venedig gei»11ogenen Abrechnungen in ein
in Venedig geführtes --Skt. Sebaldsbüclilein> eingetragen war,
entstanden zu sein und wurde dann bis zum Jahre 1514 fort*
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- 203 —
geführt. Im Tordam Teil, wo der .Papierumschlag den oben-
erwähnten Titel trägt, finden sich unter der Überschrift
+ Jesus Maria M a CCCC fl LXXXXI +
Nota was vnser Eltern, auch wir vnd ob got wil lang
hinfür geschehen soll eingenumen haben von SaiiJt
Seljolt wegen <5ider antoni paumgartner entrunnen ist,
als hernoch geschrieben stet
die jährlichen Einnahmen an Ewigzinsen aus der Losungstube
vom Jahre 1465 an fortlaufend eingetragen, während hinten,
von der letzten Seite anfangend, unter besonderer Überschrift
die alljährlich in Venedig vorgenommenen Abrechntmgen gleich-
falls von 1455 an verzeichnet stehen. Die letzterwähnte Auf-
schrift lautet:
+ Jesus Maria M o CCCC ^ LXXXXI +
Nüta in diessem Jar liabcn wir Sandt Sel»ollt von Venedig
rechnung gemacht was man von seinetwegen hot nnfs-
gebcn als hernoch geschrieben stet vnd an der aiuiern
seyten was man hot eingenumen, vnd ist alle ding sider
es vnsser Elttem eingenumen haben, noch dem vnd
Antoni paumgartner falliert, vnd soll das ausgeben
gleychlauten Sandt SeboUt puchlein das zu Venedig ist,
vnd grundtliche rechnung davon ballten dem heylligen
peychtiger zu lob vnd zu ehren auch ob es eins nott
thut das man es west.
Bis 14()5 hatte also Antun Paumgartner die Vereinnahmung
und Verrechnung der Kwiggclder für die Stiftung besorgt und
als dieser taliiert hatte, war diese Autgabe den JmhoHs zuge-
fallen. Diese hatten im Jahre 1491 mit den Verwaltern der
Stiftung abgerechnet und es für gut befunden, neben dem in
Venedig geführten Skt. Sebaldsbächlein auch selbst ein solches
in Nürnberg zu führen und in dasfelbe die Einnahmen und
Ausgaben von der Zeit an, da ihre Väter die Besorgung dieses
Geschäfts Übernommen hatten, nachtragen zu lassen. Die Gesell-
schaft Konrad Imhoff efioli, die ja ständig mit Venedig in Ver-
bindung stand untl immer durch einen ihrer Lieselischafter oder
einen Bevollmächtigten dort vertreten war, war also gewi scr-
matsen der Bankier der Stittung, Sie leistete die notigen Vor-
schüsse zur Bestreitung der Ausgaben und sorgte für die Ein-
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Ziehung der Ewigzinsen in Nürnberg, aus denen $ie die Stadt-
steuer, die Losung, bezahlte und sich (Ür ihre Auslagen wieder
deckte. Verwendet aber wurden die Stiftungsrenten nach Aus-
weis der Abrechnungen teils zur Besoldung eines eignen Kaplans,
welchen die Nürnljerger Kaufleute in Venedig unterhielten, teils
zur l^et'kung der Kosten einer feierlichen Begehung des Festes
des heiligen Sebald als Patrons der Nürnberger in der Kirche
San IJartholomäo zu Venedig. Der Kaplan, in der Regel ein
Deutscher, wurde von den Nümbergem für den Skt. Sebalds-
altar in der genannten Kirche angestellt. Er sollte wöchentlich
fünf Messen lesen, sich eines züchtigen, priesterlichen Wandels
befleifsigen, würdig gekleidet sein und den Altar und die Kaplanei
ehrbarlich verwesen. Ohne Wissen und Erlaubnis der in Venedig
anwesenden Nürnberger Kaufieute durfte er keinen Tag aufser-
halb der Stadt zubringen, sondern mufste immer bereit sein,
Heichte zu hören, zu kommunicieren und andere Sakraiiieiite
zu reichen. Als Gehalt bezog der Kaplan anfariL^s viertel-
jährlich zehn Dukaten, später 30 Dukaten im Jahre. Bücher,
Kelche, Mefsgewänder, Ornate und andere Dinge, die zum
Altar gehörten, Wurden ihm anvertraut, er mufste sie getreulich
versorgen und bei seinem Abzug unversehrt wieder ausliefern.
Beide Teile behielten sich das Recht vor, nach vorausgegangener
vierteljähriger Kündigung das Vertragsverbältnis wieder zu lösen.
Unter diesen Bedingungen wurde am 16. Dezember 1478 von
Hans Tucher, Konrad Imhoff, Lienhard Hirschvogel sen., Jakob
Ci artner, Stefan Kolb und Konrad Marstaller zu Nürnberg in
ihrem und anderer Nürnberg ischcr Kaufieute, die nach Venedig
Handel trieben, Namen der ]^rie?;ter Johann Kolb, Bamberger
Bistums, als Kaplan für den Skt,, Sebaldsaltar der Kirche San
Bartolomäo zu Venedig angestellt und so wurde zweieinviertel
Jahr später, am 22. Mai 1481, von Hans Tucher, Kunz Imhof,
Lienhard Hirschvogel dem älteren und Konrad Marstaller der
Priester Wolfgang Stahel, Regensburger Bistums, an die Kaplanei
berufen'). In beiden Fällen wurde der Dienstvertrag in Nürnberg
') Im Aufschreib büchlein werden als die früheren Kapläne genannt:
Konrad Mebenhamner, dem 1467 gekündigt worde, Katpar Hasser bis 1470,
Jorg Postler bis 1476. Auf Wolfgang Stahel folgte im Jahre 1483 Pre
Lucho (iit der noch 15 14 im Amte war.
— 205 —
von dem kaiserlichen Notar Johannes Polraus, und zwar der
erste in lateinischer, der andere in deutscher Sprache, beurkundet.
Das Skt Sebaldsfest aber, welches die Nürnberger in
Venedig alljährlich am 10. August in der Kirche San Bartho»
lomäo feierlich begingen, gab Anlafs 2U mancherlei Auslagen,
welche aus dem IniialL der Skt. Sebaldstruhe in Venedig, der
wahrscheinlich aus Mitgliedsbeiträgen und Opferstockgahcn
bestand, hestritten, wenn dieser aber, wie es die Kegel
war, niclit reichte, gleichfalls aus den Renten der Stiitung
gedeckt wurden. Die Kapelle wurde bei diesem Anlafs mit
Teppichen und Grün geschmückt, fQr den Altar wurden
Wachskerzen in gröfserer Zahl angeschafft, dem Pfarrer und
dem Kaplan waren Gebühren 2U entrichten, Geschenke wurden
an sie gemacht, an die beiden Tafeln im deutschen Hause, an
die Schwaben- und die Kölner Kammer wurde Konfekt und
Wein verschenkt, auch kommen Ausgaben für deri Organisten
und die Sänger vor und für ein Essen im Pfarrhote und sonstige
Kollationen. Einige Wochen nach dem Feste a!)er kamen die
»Vormünder der ewigen Mels zu Venedig«, d. h. vier oder fünf
von den in Venedig weilenden Nürnbergischen Kaufleuten zu-
sammen, um Skt. Sebalds Truhe zu öffnen, Kassasturz vorzu-
nehmen und Abrechnung zu pflegen.
Als Probe einer solchen Abrechnung lasse ich die aus
dem Jahre 1491 folgen:
+ Jesus Maria 14Q1. -|-
Jtem adi 21 agofto haben wir nachge-
fchriben" I.orentz Meminger, Alb recht
Heugell, Franz Hirfsfbgel vnd ich
Hans Im Hoff junior Sant Sebolt
truchen auffgethun vnd darin gefunden 6 duc. — —
Jtem kauft kerzen zu dem fed koften . . 2 duc. 1 f.^) 18p.^
Jtem den prieftern nach ir gewonheit nach
alter gereclitigkeit 1 duc. — —
Jtem fo hot man zalt den fingern, pfcufern
vnd Prediger 2 duc. 3 f. 17 p.
') f. = soldi. -
*J p. = piccoit. —
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— 206 —
Jtem fo haben wir auch geben den prieftem
vnd pfeufern zum elTen vnd trincken
koften 2 duc. 2C. 2 p.
Jtem fo koft, das man die kirchen het
geziit mit tebich vnd gemalten brieffen,
vnd andern vnkoften fazit alles . . 1 duc. 1 f. 2 p.
Summa koft Sant Sebolt feft fazit ... 9 duc. 2 f. 1 p.
Jtem alfo pleibt man Juane in Charia effioUi
fchuldig, das fie dargeliehen haben, des
mangel geweft ift, fasit duc. 3 gr.^) 8
Jtem fo hat man dieffes vergangen jar gezalt
pre Lucho die mes zu leffen 30 duc.
hot Juane In churia Effioli dargeliehen . duc. 30 —
Über die Art der Verrechnung dieser Vorschüsse und
der vereinnahmten Ewigzinsen geben einige Einträge in einem
noch erhaltenen Geheimbuch des Hans Imhoff Aufschlufs. —
Aus den aufgefundenen Urkunden ergibt sich meines Er-
achtens, dafs die Nürnberger Kaulleute, welche nach Venedig
Handel trieben, schon frühzeitig sich zu einer Art von Bruder-
si liaü urganisieit iuittcn, welche ihren eigenen Seelsorger halte
iiiul den heih'gen Sebald als Schutzpatron verehrte. Die Für-
sorge für die geistlichen Bedürfnisse der Landsleute, Gottesdienst
und Seelsorge, waren die einzigen Zwecke dieser Vereinigung,
nicht aber die (Geltendmachung besonderer Vorrechte der Nürn-
berger im Fondaco. Dafs Anton Tucher diese Bruderschaft
meinte, als er am 26. November 1517 in sein Haushaltungsbuch
notierte, er habe den Jorg Spengler dafür bezahlt, dafs er ihn
2U Venedig in der Bruderschaft, darinnen er sei und der er für
41 Jahre die Jahresbeiträge mit einem Marzell jedes Jahr schuldig
gewesen sei, >geledigt und gelosts; liabe, scheint mir nicht
unwahrscheinlich, wiewohl aus dem P.iK hlei'n des Bciciuigers
kein Anhalts[)unkt dafür sich findet, dafs Jahres! »eitra^e gezahlt
wurden. Diese Beiträge mügen den Hauptinhalt der iJUchse
oder Truhe ausgemaclit haben, die alljährlich bei der Al)rech-
nung geleert wurde. Nicht belanglos scheint mir der Umstand,
dafs Anton Tucher 1474 im Büchlein des Beichtigers zum ersten
*) gr. — grossi. —
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— 207 —
Male als einer der Vormünder der ewigen Messe aufgeführt ist,
und wenn er bis zum Jahre 1517 der Bruderschaft angehörte,
sich allerdings die Zahl von 41 Jahren ergiebt Dagegen habe
ich fttr eine Bruderschaft der deutschen Kaufleute in Venedig,
wenigstens in jener Zeit, keine Anhaltspunkte finden können.
Aus der Bemerkung Thausings in seinen ilJarers Briefe u. s. w.
S. 185 zu S. 4, dafs mit den Deutschen in Dürers Briel" die
Genossenschatt der deutsclien Kaufleute gemeint sei, die ihren
Sitz im Fondaco de' Tedeschi am Ponte Rialto hatte, fchliefsen
zu wollen, dafs es eine Bruderschatt der deutschen Kaui-
leute in Venedig gegeben habe, wie Loose in seinem »Anton
Tuchers Haushaltsbuchc S. 134 Note 3 gethan hat, geht doch
wohl nicht an.
Das Büchlein des heiligen Beichtigers von Skt. Sebald
wäre wohl wert, einmal von kundiger Hand bearbeitet und
veröffentlicht zu werden. Es gibt vor Allem auch schätzenswerte
Aufschlüsse über die Nürnberger Kaufleute, welche in den Jahren
1465— 1514 in Venedig si( h aufliielten und die Stiftung ver-
walteten. Vorläufig seien hier die Bestaliungsbriefe für die
beiden Kapläne mitgeteilt:
I.
Instrumcntum condicionis domini
Johannis Kolb in Cappellanum altaris
S. Sebaldi Venetiis.
Anno 1478.
In nomine domini amen. Anno natiuitatis eiusdeni mille-
simo quadringentosimo septuagesimo octauo indieiunc undecima
Pontificatus sanc tissinii in Christo jiatris et domini nostri domini
Sixti diuina prouidencia pape quarti anno octauo die mercurii
decima sexta decembris hora meridiei vel quasi in mei notarii
publici testtumque fidedignorum infrascriptorum ad hoc specialiter
vocatorum et rogatorum presencia personaliter constituti circum-
specti et prouidi viri Johannes Tucher consul, Conradus Imhoff,
Leonhardus Hirfsfogl senior, Jacobus Gärtner, Steifanus Kolb et
Conradus Marstaller ciues et mercatores ciuitatis imperialis
Nurembergcnsis Bambergcnsis diocesis siio et aliorum mcrra-
torum Nurembergensiuni Venctias frequentantum noniuic ordin-
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_ 208 —
auerunt, deputauerunt et assumpserunt vnanimi consensu in
eorundem Cappellanum ad altare Sancti Sebald! in ecclesia
Scti. Bartholomei Venetüs honorabilem videlicet viram dominum
Johannem Kolb presbylenim Bambergensis diocesis presentem
id sponte et gratanter petentem et acceptantem ac annuentem
sie, quod idem dominus Johannes de angaria lüde predicti
incipicndo cappellanus dicti altaris cxistat ac sini^ulis septimaius
(luinfine mis3as in codem altari legat so(juc in vestibus et habitu
clericalibus pro decencia ornet ac aliter i)ro hoiu'statc clcricali
honeste gerat et regat, pro quibus dicti mercatores nomine quo
supra eidem domino Jobanni qualibet angaria anni decem duca*
torum dare connenenint et promiserunt. Quodsi idem dominus
Johannes honeste se non gesserit, aut mercatores ipsnm pro
capellano ut premittitur de cetero habere noUent, ipsi Uberam
potestatem quam ipsis protunc reseruauerunt haberent eundem
dominum Johannem a cappellanatu huiusmodi inviciandi (:) et amo-
uendi, sie tamen quod ipsum ad quartale vnius anni antea de
hoc certificarent aut auisarent. Similiter quod ctiain idem dominus
Johannes, cum amplius in cappellanatu peiseucrare nollet, aucto-
ritatem, quam protunc sibi etiam reseruauit, haberet, licenciam
recipiendi ac petendi et huiusmodi cappellanatum lesignandi,
sie tamen quod mercatores ipsos, quorum interest seu quod
concemit, similiter ad quartale vnius anni de hoc prius certi'
ficaret. Promiserunt insuper partes ipse prefate altera alten
michique notarto publico Infrascripto vice et nomine omnium
et singulorum, quorum interest stipulandum et recipiendum se
et quamHbet eamm premissa contingunt quamlibet respectiue
concci ii.aii exj)lcrc, adimplcre et fideliter obseruare suj)er
(|uibus ümnii)us et sini,'ulis preniissis sibi vnum uel ^»hira publi-
cum uel publica lieri atquc confici peticrunt instrumentuni et
iostrunicnta. Acta sunt hec in dicta ciuitate Nuremberg in aula
seu pallacio pretorii ibidem sub anno indicione pontißcatu mense
die et hora quibus supra presentibus ex tunc et ibidem honestis
viris Jeorio Funck et Johanne Tratzhauser clericis Eistetensis
diocesis testibtts ad premissa vocatis atque rogatis.
Quod ego Johannes Polraus clericus Bam>
bergensis diocesis publicus Imperiali auctoritate
Notarius quia premissis omnibus et singulis iiua-
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— 209 —
•
cum supranominatis testibus presens interfui eaque
sie fieri vidi et audiui ideo presens publicum
instrumentum manu mea scriptum exinde confeci
et publicaui signucjue et nomine meis sbütis et
consuetis in fidem i^remissomm ad hoc rogatus
et requisitus consignaui et subscripsi.
n.
Beftallung hern VVolfgangen Stalicls zum
capelan Sant Sebaldaltars zu Venedig.
1481.
In gottes namen amen, nach chrifti unfers lieben herren
geburt als man zällt vicTzehnhundert vnd im- ainvndachtzigften,
des kaiferthumbs des allerdurchleuchtigiften und grofsmechtigiften
furrtcQ und hcrrn herrn Friderichen römifchen keifers, zu allent^
zeitten mercr des reichs, im drcifigftcn jarn, in der vir-
/.chcndcn Indicioii, vff eritag den zwoniindzwant/.iirften tag Maii
vnib inittagzeitt find in mein offen Notari vnd zeugen hieundten
bcfchriben gegenwertigkait perfonlich erfchynnen die erfamen,
fttrfichtigen Hans Tucher des Rats, Contz Imhoff» Linhard
Hirffogel der eitere vnd Conrad Marftaller, bürgere zu Nürm-
berg, vnd haben in irem vnd anderer kauffheren von Nürm*
betg nameup die difer nachnolgenden fachn verwand Cindt, den
wirdigen herren Wolfgang Stahel briftem Regcnlpurgcr biftumbs
alsdan perfonlich entgegen vnd auff fein vleifsig erfuchen, bete
vnd Ijegerung zu ircin caj.plan vnd verwcfcr des altar fant
.Scl)alts in Sant Bartolineskirchen zu Venedig auff vnd ange-
noraen vnd gedingt inmalTcn, wie hernarh volijt, nlfo, das der
gemellt Herr Wolfgang mit folchcm geding vnd beftallung in
der goltuafften zu pfingften fchirftkiinftig antreten vnd anheben,
folchen altar vnd cappellaney erwarlich verweren, alle wochen
filnfr mefte darauff haUtenn vnd vollbringen, auff den tagen, die
ime am fugiichften fein ongeuerlich, vnd (ich aines züchtigen,
brifterliches wefens, ftands vnd lebens nach gaiftlicher Ordnung'
hallten, vnd nach eren geclaydet fein foll, damit gemaine fta.it
Nüremberg vnd gemaine kauflfherren ere dauon haben mögen,
auch fo foll er kaynen tag aulser Venedig fein on fonder wiffen
»4
(S. L.)
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— 210 —
vnd erlaubnus der gedachten kautflierrn v on Nürmberg zu Venedig
wonend vnd foU auch den vorgedachten kauffherren, wo fie des
nottUrftig würden oder begerten, mit peichthören, communiciren
vnd andere facrament seraichen willig vnd beraitt feini dagegen
feilen ime die gemellten kaufherren an ydes virteils jare folang
er den bemellten altar verweilt zehen ducaten geben vnd auf-
richten, vnd ob es sich begebe, das der gemellte Herre Wolf-
gang sich nach gefallen vnd willen der gemellten kaufherren
von Nürmberg, fo ye zu zeitten zu Venedig weren, nit liallten
wurde*), follten fie macht haben, ime vrlauh zu geben vnd er
sA(o vrlaub haben, doch das man im das ain virtail jars vor«
hin zuwiffen thu, fo foU auch derfelb Herre Wolfgang macht
haben, wa er nit lenger pleiben wollt, vrlaub zunemen, doch
das er folchs den gemellten kanfherren von Nürmberg ain vir-
tail jars vorhin zu wilTen thu, vnd was auch alfo dem gemellten
herm Wolfgang von puchem, kelchen, mefsgewand, omaten vnd
von andern dingen zu dem gemellten altar gehörend befolhen,
vberantwort oder eingeben wurd, das er folchs ordenlich, ge-
treulich vnd wefenlich verlorgen vnd hallten vn<l wa er abzihen
oder nymer caplan fein würde, folch ftuck widerumb vl)erant-
worten vnd anzaigen füll, folchs alles, wie oben lautt, haben
fich bede parthey einmütiglich verainig(t) vnd vertragen vnd
ettweder parthey der andern das fo de berürt alfo zu hallten
zugefagt vnd mir hierundten befchriben Notar! mit wefenlicher
ftipulacion verhaiffen vnd verfprochen mit beger inen vnd ir
yedem ains oder mehr offen inltrument vnd vrkund darüber
zumachen vnd zugeben* Actum zu Nürmberg auff dem Ratt-
hawfe in beywefen vnd gegenwirdikait der erfamen Conraden
Rainhart Nutarien vnd Johann Zeill cleriken Bamberger vnd
Wirtzbumer biftumbcn als zeugen dartzu fonderlich eniordert
vnd gebeten.
Vnd wan ich Johannes Polraus clericker
Bamberger biftumbs von päbftlicher vnd kaifer-
S ) lic^c>^ machte ain offenwarer Notari mitfambt den
^ ' obenannten getzeugen bey vnd mit folchen obe-
fchribner handlung entgegen gewefen bin alfo
gefchen vnd gehört han, hirumb hab ich dits offen
*) oder iue nit lenger haben wollten. Jo. Polraus spst.
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— 2n -
inftnimetil vnd vrkund darüber gemacht, gefchriben
(G S \ meinem gewonlichen zeichen vnd namen
betzaichnet vnd vnterfchriben dartzu fonderlich
erfordert vnd gebeten.
G. Frhr. v. Krefs.
Ein Nürnberger Stammbuch aus dem
i6. Jahrhundert.
Der Generalversammlung des Gesamtvereins der deutschen
Gescbichts- und Altertumsvereine lag im Jahre 1890 die Frage
vor: »Bis zu welcher Zeit läfst sich das erstmalige Vorkommen
der Stammbücher zurttckfühien und ist etwas Näheres über den
Verbleib der angeblich in Helmstadt befindlich gewesenen
Stammbücher Luthers, Mclanchthons u. s. w. bekannt?« Geheimrat
VVarnccke in Berlin, der bckaiintc Suiuinlor von Stammbüchern,
machte dazu im Korrespondenzlilatt des Gesamtvereins vum
Oktober 1890 Nr. 10 die Mitteilung, dafs >die Ruriositäten der
physisch-literarisch-artistisch-literarischcn Vor- und Mitwelt 1. Band
II. Stück, Weimar 1811« einen Aufsatz über Stammbücher
und Nachrichten von der Sammlung von Stammbüchern, welche
sich auf der Herzoglichen Bibliothek zu Weimar befindet, ent-
halten, worin auf S. 178 gesagt wird: >Um die Zeit der
Reformation sowohl als schon lange vorher führten die berübm*
testen und gelehrtesten Männer des grofsen noch unübertroffenen
16. Jahrhunderts Stammbücher. Die von i.utlicr, Mclanchthon,
Buggenhagen u. s. w. befanden sich sonst in der llohiistädter
Universitäts-BibHothek.« Er hob icrner hervor, dafs Stamm-
bücher aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts jedenfalls
zu den gröfsten Seltenheiten zählen und dafs ihm, der selbst
sich im Besitz von etwa 400 Stammbüchern meist aus dem
16. und 17/ Jahrhundert befinde, ein solches aus der 1. Hälfte
des 16. Jahrhunderts überhaupt noch nicht zu Gesicht gekommen
sei. Inzwischen ist im Jahre 1893 das Buch von Robert und
Richard Keil »die deutschen Stammbücher des sechzehnten bis
neun/elintcn Jahrhunderts* erschienen. I';iriii wird S. 8 gleich-
falls behauptet, dafs zur Zeit der Refoiniation die Sitte der
Stammbücher schon selir verbreitet gewesen sei und dafs die
berühmtesten Gelehrten es nicht abgelehnt hätten, in das ihnen
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212 —
von einem Studenten vorgelegte Stammbuch mit Namen und
Denkspruch sich einzuzeichnen. Es wird dort ein Eintrag Luthers
in das Stammbuch des Haas von Ebeleben von 1342 mitgeteilt
und von Melanchthon erwähnt, dafs er die Stammbücher als
Preundschafts- und Erinnerangsbtlcher schätzte. Ein Ausspruch
McLinchthons, der so bcruluitt {4cwüidcii sei, dafs er als Indiciiim
Pliilippi Melanrhthonis de albis amicorum in den Stammbüchern
des 16. Jahrhunderts auf dem Titelbhatte wiederkehre, wird dort
S. 9 wurtlich mitgeteilt und ebenso ist die Antwort wortlich
abgedruckt, weiche Melanchthon an Cordatus erteilte, als dieser
die Anfrage an ihn richtete» ob er denn auch wirklich die Sitte
der Stammbücher billige. Unter diesen Umständen darf .wohl
auf ein Stammbuch aufmerksam gemacht werden, welches sich
im Besitz der Nürnberger Patrizieriamilie von Oelhafen befindet.
Es ist ein Büchlein in Duodez, in Schweinsleder gebunden und
ehemals mit j^rünseidenen Bandern zum Zubinden versehen,
11,8 ctm. hoch und H,4 ctra. breit, das oben auf dem Rücken
die Aufschrift »Liber et pignus Amicorum i und deutlich die Jahres-
zahl 1541 trägt. Wer sich aber nun der Erwartung hingibt, in
dem Büchlein Einträge aus der ersten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts zu finden, wird enttäuscht. Auf der Innenseite des
vordem Deckels findet sich oben das Symbolum . »Minantibus
intrepidus: Blandientibus incorruptusc und am unteren Rande
die Inschrift »Joannes Christopherus Oelhafen, Jo. F(i]ius), Sixti
Nepos, J. D. et Reip. Nor. utpote patriae cons. m. p.< Der
Besitzer des Stammbuches war demnach Herr Johann Christoph
Oelhafen von Schöllenbach, ein vielgereister und hochgelehrter
Nuruberger Patrizier, (Jer aber erst am 23. (Oktober 1574 ge-
boren worden war und in den Jahren 1596 bis 1601 auf aus-
wärtigen Universitäten studierte und einen Teil seiner grofsen
Reisen in Italien und rankreich machte. Aus den^ Jahren 1596
bis 1601 aber stammen die Einträge in das Stammbuch, etwas
mehr als neunzig an der Zahl. Wie aber kommt die Jahreszahl
1541 auf den Rücken des Einbands des Stammbuches? Es ist
beachtenswert, dafs der Vater des Hans Christoph Oelhafen,
Herr Hans Oelhafen, gleichfalls studierte. Will in seinem
( ielehrtenlcxikuu Iki. 11 S. 5Qfi', berichtet von ihm, dafs ci den
t6. Mä,Ti 1j20 zu Nürnberg geboren war, 1534 sich auf die
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— 313 —
Universität Wittenberg begab, wo er bei Dr. Martin Lüther im
Hause wohnte und bei Melanchthon zu Tisch ging» bei welchen
beiden er in beso'nderer Gunst gestanden sei, dafs er 1540 die
Universität Tübingen bezogen habe und nachher schone Reisen
durch Frankreich, Italien, Deutschland, Holland und die Nieder-
lande gemacht halie, von (lenen er erst 1546 nach Hause zurück-
gekehrt sei. Sollte nun etwa die Jahreszahl 1541 auf dem
Rücken des Stammbuches darauf hindeuten, dafs dasselbe
ursprünglich in seinem Besitz war, ohne von ihm bentttzt zu
werden und dafs es seine Entstehung einer Anregung der Refor-
matoren verdankte? Es hat den Anschein, als ob etliche Blätter
vorne aus dem Stammbuche herausgerissen wären, und es wäre
denkbar, dafs der Sohn die wenigen während der Studienzeit
seines Vaters in das Stammbuch gemachten Einträge beseitigte
und es dann für sich in Gebrauch nahm. Gewifsheit wird sich
zwar darüber nicht erlangen lassen, das Stamml>uch ist aber
auch ohnedies als eines der ältesten bekannten Nürnberger
Stammbücher interes^^ant. Es enthält Einträge aus Vicenza,
Verona, Peschiera, Mantua, Venedig, Ferrara, Bologna, Rom,
Padua, Genua und Mailand, aus Orleans, Nicolausport in
Lothringen, Basel, Speier und Nürnberg. Von Nümbergem
rühren nur einige wenige Einträge her. Philipp Harsdörfer
schrieb sich am 7. Januar 1 596 zu Vicenza ein, Carolus Pfinzing
von Henfenfeld am 8. März 1 596 zu Verona und Gabriel Hars-
dörfer am 12. Mai 150ö zu Peschiera am (»ardasee. Johann
('iiristuph üclhafcn war im August 15Qi^ N'ationis (Tcrmanicae
ßononiensis consiliarius, wie aus Einträgen des Petrus Clotten
von Trier und des Jakob Frankeil von St. Wendel vom 30. August
1596 hervorgeht. Möchte diese Mitteilung zu weiteren Nach«
forschungen nach älteren Stammbüchern in den Nürnberger
Famtlienarcbiven und zu Nachrichten über solche Funde An*
Stöfs gebenl
Georg Prhr. v. Krefs«
Krypten und Geschlechtergrüfte bei St. Sebald.
In einem hiesigen Blatte ist vor Kur/em von anscheinend
wohl berufener Seite der Krage über die l'.xistenr, einer Krvpta
unter dem früheren romanischen Ostchor der Sebalder Kirche
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214 —
näher getreten worden. Im Zusammenhang damit wurde das
Vorhandensein von Grüften patriciatischer Geschlechter in dem
gegenwärtigen gothischen Ostchore erwähnt ünd unter Bezug-
nahme auf die Autorität von Moriz Maximilian Mayer angegeben,
dafs der Platz, wo an der nördlichen Chorwand das Ewige
Licht hängt, >in der Krypta gcheifsen habe, sowie dafs dort
eine l'uclierische (irult liege, in welche man habe hinabsteigen
können, weil Seehiiessen darinnen gelesen worden seien. .Ahn-
liche Grüfte anderer Familien Helsen sich an anderen Stellen
des Ostchors entsprechend den vorhandenen Monumenten ver-
muten. Bei dem Interesse, welches die Angelegenheit in lokal-
kirchengeschichtlicher Hinsicht bietet, ist es vielleicht nicht
unwillkommen, wenn das vorliegende Material durch einige
bisher vermutlich weniger bekannte Tfaatsachen ergänzt und
berichtigt wird.
Wie lange die noch vorhandene Krypta des westlichen
Chors gottesdienstlichen Zwecken gedient hat, wissen wir ni» liL,
bekannt ist, dafs sie als Beinliaus des umliegenden Sebalder
Kir( hhofes benützt und als solches noch in den ersten Jahr-
zehnten unseres Jahrhunderts erhalten war. (M. M. Mayer,
Beschreibung der Kirche des heil. Sebaldus 1831 S. 21. v. Murr,
Merkwürdigkeiten S. 59. Würifel Dypt £ccl. Sebald, cap. II g 3.)
Dafs diese Benützung auf ziemlich frühe Zeit zurückgeht, zeigt
eine - Nachricht von Dr. Christoph Scheurl im Entwurf eines
Tucherischen Geschlechtsbuches vom Jahre 1542 Fol. 9 verso.
Danach wurde im Jahre 1356 Berthold V. Penzing »in seiner
Begräbnis vor dem (ilockenturm beim Kernter gegen ^uber)
seinem Haus am V\ emniarkt zu seinem Sohn AI brecht zu der
Erden erstattet.«: Kernter oder K.cnitner, lat. rarnariuni ist der
vielfach vorkommende Ausdruck für Beinhaus. An der nörd-
lichen Wand dieses früheren Kernters, zugleich des Westchors,
ist das Wappen des Berthold Pünzing und seiner zweiten Frau
Katharina von Lauffenholz neben anderen noch heute ersichtlich.
Welcher von beiden Kirchtürmen unter dem als Glockenturm
bezeichneten zu verstehen sei, ist fraglich, aber fUr den vor-
liegenden Gegenstand, wie wir sehen werden, nicht ohne Interesse.
Zu Scheurl's Zeit bestanden bekanntlich schon die beiden Türme
und befanden sich Glocken auch schon auf dem nördhchen,
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— 215 —
1345 erbauten; an der neben diesem gelegenen Chorwand be-
findet sich auch das vorhin erwähnte Pfinzing'sche Wappen.
Andrerseits wttrde fttr die specifische Bezeichnung des sUdh'chen
Turmes als Glockenturm der Umstand sprechen, dafs dieser
der erste und lange Zeit hindurch einzige, also docli der Haupt-
glot kenturni war wie er auch bis vor kurzem noch die Woh-
nung des Turniers enthielt und wie auch heute noch die durch
diesen Turm führende Thüre unter dem alten Namen iLäut-
thüre« bekannt ist.
An einer anderen Stelle erwähnt Dr. Christoph Scheurl
a. a. O. eüie Ebnersche Erbgruft zu S. Sebald beim Glocken-
turm mit dem Beifügen: 9 wie dann die alten Geschlecht hin
und wider gewöhnlich zu unterst in der Kirchen bei dem Glocken*
türm vor Alters gepHe^^t ihr Begrebnus zu haben.« An den dem
südlichen Turme benachbarten Pfeilern finden wir mehrfach
das EbneriscliL- Wap^icn eiugemeiselt; dort befinden sich auch
nocli heute (•edaclitnistafcln der Familie Holzschuher und in
der Glasmalerei des Fensters ein Monument der Funier, Umstände,
welche geeignet scheinen, die Angabe des in der Vergangenheit
seiner Vaterstadt und in der Geschlechtergeschichte gründlich
unterrichteten Gewährsmannes und die Voraussetzung» dafs unter
dem von ihm bezeichneten Turm der ältere, südliche, gemeint
sei, zu bestätigen. ,
So dürfen wir die ältesten Begräbnisstätten der patri*
zischen Geschlechter bei S. Sebald im westlichen Teil der
Kirche suchen, wobei es allerdings zur Bezeichnung bestimmter
Namen aufser den i;cnaniUon dreien an Anhahspuiikten fehlt.
Au einen räumlichen Zusammenhang dieser Grüfte mit der west-
lichen Krypta ist nicht zu denken. Die Vermutung indessen,
dafs aufser diesen von Scheurl als älteste erwähnten GrUften im
Innern der Kirche solche auch in dem neuerbauten gothischen
Ostchor in gröfserer Zahl vorhanden waren, ist ohne Zweifel
begründet. Einmal ist wohl anzunehmen, dafs seit der Erbauung
dieses Chores die Benützung der patrizischen Begräbnisstätten
auf dem Kirchhofe ganz abhanden gekommen ist. Dann aber
ist auf die Thatsache hinzuweisen, dafs man die Vergebung von
(irüften im neuen C'.lior als eine willkununene Quelle für die
Aufbringung der Baukosten betrachtete. Bei Erwälmung des
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Todes der Elisabeth von Mayenthal, des aus dem Geisbart'scheo
Aufstand bekannten Berthold Tücher erster Ehwirtin, sagt
Dr. Chr. Scheuria. a. O.: >Dteselbe starb anno 1364 vnd ward
zu Sant Sebolt im neuen Chor, die erst in der Tucher Begrebnis,
begraben, denn man hat denselben Chor allererst anno 1361
zu pauen angefangen und kostet bey vier und zwainzlgtausent
Gulden, derliaib mufst menigklic:h für das Leger i sie.) im Chor
zu Steuer des Paueiis zaln tünf/.ehen Pfund Haller.t Anna
Pfinzing, Berthold Tucher s zweite Gcmalilin, bestimmt in ihrem
Testament von Galli (16. Oktbr.) 1379 »15 Pfd. Haller an den
newen khor für das Leger in der KLirchen.« Nach dem Testa-
ment Sebald Tucber's f 1435 scheint zur damaligen Zeit die
Gebühr 15 Gulden betragen zu haben. Von den in Nürnberg
gestorbenen Gliedern der Familie Tücher sind von 1364 bis
zur Eröffnung des Kirchhofes bei S. Johannis andere Bestattungen
als im Chor bei S. Sebald nicht bekannt; dagegen hatten viele
l'amilien, von welchen einzelne Linien oder Mitglieder bei
S. Sebald begraben sind, noch andere Grüfte oder selbst ihre
hauptsächlichste Begräbnisstätte bei S. Lorenz, in einer der
zahlreichen Klosterkirchen oder im alten oder neuen Spital.
So z. B. aufser den l>creits angeführten die Imhof, fürer,
Pfinzing, Behaün, Haller, Volkamer. Wieder andere hatten bei
S.^ Sebald überhaupt keine nachweislichen Familiengrflfte.
Nun besteht anscheinend die Neigung» solche Grüfte des
Ostchors mit der präsumptiven früheren Krypte des dem neuen
Chorbau zum Opfer gefallenen romanischen Ostchors in Zusammen-
hang zu bringen. Linen solchen nachzuweisen, dürfte kaum
gelingen, viel sicherer dürfte behauptet werden, dafs es sicli hier
um ganz getrennte lHni;e handelt. Zum mindesten lafst sich
dies von denjenigen Grüften erhärten, bezüglich deren mit
einem Anschein von quellenmäfsiger Begründung bisher eine
solche Combination aufrecht erhalten werden konnte. Was zu*
nächst die romanische Ost'Krypta selbst anlangt, so scheint
sich auf ihre Existenz jene Bemerkung bei Würffel, a. a. O.
S. 15 No. VII zu beziehen, nach welcher unterirdische Grüfte
in der Nähe des Frauen-, Johannis- und Zwölfbotenaltars von
Andäclitigen viel besucht gewesen, jedoch alsdann zugeschüttet
worden, seyen, weil die Leute doch unbekehrt oder vielmehr
— 217 —
verkehrt daraus gekoimnen. Ein Zeitpunkt fflr die EinfüUung
ist nicht angegeben. Über die Lage der bezeichneten Altäre
haben wir lediglich fUr den Frauenaltar einen Anhaltspunkt in
der Gestalt des das Reliefbildnis der Maria enthaltenden früher
mit Flügeln versehenen Schreines an dem ersten nördlichen
Churpfeilcr. Hienach aber sollte die Identität dieser »unter-
irdischen Grüfte^x mit der Krypta des Ustchores kaum bezweifelt
werden können; denn nur unter dieser Voraussetzung hndet
die vorangegangene Erzählung ihre natürliche Erklärung. Immer-
hin besteht Grund genug, alle dergleichen Angaben der späteren
Literatur, da sie offenbar auf vielfach unklaren Vorstellungen
beruhen, mit grofser Vorsicht aufzunehmen.
Dies gilt namentlich von der weiteren Nachricht Warffefs
über »S. Nicolai Altar in der Crypta«^ (vgl. S. 16 a. a. O.).
Würftel Lusl in seiner Hesclircibung des Innern ilci Kirche diesen
Altar unmittelbar folgen auf »S. Catharina Altar ub der Crypta.<
Letzterer Altar steht nun in der Löffelh(tlzkapelle des West-
chores über der dortigen Krypta, während S. Nikolas Altar
nahezu am entgegengesetzten Ende der Kirche an der Stelle
des jetzt den Merianischen Eccehomo aufweisenden Altares in
der nördlichen Seitenhalle des neuen gothischen Ostchores stand.
Die WttrfTersche Aneinanderreihung der Altäre »obc und »inc
der Kr3rpta ist dagegen geeignet, die Confusion zu erwecken,
als handle es sich hier um ein tmd dieselbe Krypta. Im weiteren
beruht olTeiibar die Bezeichnung des Nikolausaltarcs, bezw. des
Raumes vor demselben, »wo das ewige Licht hängt, mit dem
Beisatz y-in der Kryptafi, an und für sich auf der Vcrniengung
einer dunklen Reminiscenz an die Krypta des romanischen
Ostchores mit der noch frischeren Kenntnis von den dort
befindlichen Tucherschen Grüften.
Dafs an dem fraglichen Ort eine Krypta schon kirchen-
architektonisch unmotiviert wäre, kam nicht mehr zum Bewufstsein,
ebensowenig der Unterschied zwischen einer solchen Krypta als
einem bestimmungsgemäfs zu rituellen Zwecken, nicht aber zur
Beerdigung von Laien dienenden kircli liehen Bauteil und einer
einfa< hen Familiengruft. In der si>ra( hHcdien Identificierung beider
I?egriüe ist dieser Unterscliicd \erU)rcn gegangen. l>ics erhellt
am Deutlichsten aus der Art, wie sich v. Murr a. a. O. S. 60
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— 218 —
über die Sache ausspricht, wo er bemerkt: >yWO die Lampe
hängt, hiefs man es: in der Crypta. Diese Gruft vrurde nach«
her, sowie mehrere, zugeschüttet.« Wenn nun M. M. Mayer
seinen auf die obenangeführten Quellen gestützten Nachrichten
eine Erläuterung und Erweiterung angedeihen läfst, nach welcher
wir vor S. Niclas Altar unter dem Tucherischen ewigen Licht
eine förmliche unterirdische Grabkapelle zu suchen hatten, i weil«
in den dort befindlichen Grüften Seelmesseii gelesen worden
seien, su niufs an der Hand des exakten Materials leider auch
diese Entdeckung zugeschüttet werden.
Von dem Grabe, in welchem Bertliold Tucher und seine
zwei Frauen ruhen, war schon oben die Rede. Ein zweites
finden wir erwähnt, als sich 1438 Sebald Tucher neben seinen
Eltern »unter einem eignen Stein« begraben Ufst und ein drittes,
den beiden genannten gegen S, Niclas Altar zu vorliegend,
kommt gleichfalls noch in der Mitte des 15. Jahrhunderts vor.
Die Grüfte waren mit Steinplatten gedeckt, die sich in das
Kirchcnpllaster einfügten und mit dem messingenen Wappen-
si hiKl he/eich net waren. In den Testamenten erfolgt die Be-
stimmung über die Beerdigung häufig mit den Ausdrücken wie:
»unter einem der Tucher Stein der am längsten nit geöffnet
ist.« So z. B. im Testament des Losungers Anton I. Tucher
von 1477, seiner Frau und Anderer. Berthold IV. Tucher be-
stimmt in seinem letzten Willen von S. Apollonia (9. Febr.) 14Q4,
dafs man ihn zu S. Sebald in der Erden bestatten soll unter der
dreyer Stein einem vor S. Niclas Altar, welcher am längsten
nit offen gewest ist. Abbildungen dieser Steine sind aus dem
I 7. Jahrliundert noch vorhanden. IJirc Mafsverh dtnisse w eichen
nicht von denen gewöhnlicher Grabplatten ab. Ks sc heint schon
hicnach ausgeschlossen, dafs es sich hier um Grufträume ge-
handelt hätte, die zur .Abhaltung von Scelme<sscn zugänglich
gewesen wären. Die Beschreibung des bei der Ausrichtung
der letzteren bezw. der gestifteten Jahrtage entwickelten äufseren
Apparates aber bekräftigt dies noch weiter. Es liegt dartibcr
die früheste Nachricht in einem Register Antons I. Tücher vom
Jahre 1455 vor. Der Gottesdienst bestand aus einer Vigil am
Vorabend und einer gesungenen Scelmesse an S, Niclas Altar.
Daneben wurden an anderen Altären stille Messen gelesen^
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— 219 —
während dessen safsen vier Seelnonnen um das mit einem kost-
baren Teppich bedeckte mit 4 brennenden Leuchterkerzen um-
stellte Grab; mitunter war das offizielle Trauerpersonal durch
18 Pfründner verstärkt. Von den sonst verwendeten Kerzen
entfallen auch zwei *auf die Lampen ob der Grebnufse.4 Die
ganze Beschreibung, der noch weitere Einzclluitcii angelugt
werden konnten, zeigt uns, dafs die Trauer^ottt sdiensle vor
S. Niclas Altar oberirdisch abgehalten wurden. Aufserdein nuifs
nach den Gebräuchen der Zeit, in welcher der Besuch gottes-
dienstlicher Veranstaltungen aller Art einen so breiten Raum im
sozialen Leben einnahm^ mit einer zahlreichen Beteiligung der
Familienangehörigen, Verwandten und Freunde gerechnet werden*).
Es würde sich daher schon aus der rein äufserlichen Erwägung
der Raumfrage die Unhaltbarkeit der Annahme, dafs die Gottes-
dienste in den Grüften abgehalten wurden, ergeben. Das Gleiche
müssen wir selbstverständlich für die Gottesdienste bei der
Beerdigung, die liäufig mit grofsem Prunk uingel»en waren, sn-
wie am i^Siebenteni und >' Dreilsigsteuf. festhalten, obgleich EiuzeU
heiten hierüber nicht berichtet sind.
M. M, Mayer hat ohne Zweifel die Urkunde vom Jahre
1481 gekannt» in welcher die damals lebenden Tucher das
bereits seit 1400 durch Sebald Tucher gestiftete, ursprünglich
nur bei Nacht brennende Ewige Licht in ein Tag und Nacht
*) Die Verkündiing der 1'ucheraclien Jahrtage erfolgte in den beiden
rfarrkirchen, bei den rredigern, Augustinern, Barfürscrn. Fr.iuenbrUdern, hei
S. Diling, S. Katharina und im allen Spilal. Hinsichtlich der Zeit und Art
der Verkfinduii^^ bestanden fast in }eder Kirche andere GebrXnche, auch
vennied man regelmäfsig das Zusammentreffen dieser Trauerfeiem mit ge-
legentlich coincidierenden Festen und anderen bedeuten»leren Gottesdiensten.
Die Obsorge für die Abhaltung der Jahrtage wurde dadurch für den mit
der Ausrichtung betranten Aeltesten der Familie zu einer ziemlieh ver-
wickelten Aufgabe, bei welcher ihm indessen wohl die praktische Erfahrung
der Seelnonnen zu HfJlfe knm, denen es oblag, die Verkündung in den Kirchen
durch rechtzeitige Zustellung der sog. Deokbrieflein oder Denkzettel herbei«
zufahren. Die Fassung der Denkzettel und also wohl »ach der kirchlichen
Vcrl>ündung lautete: »,Gedenkt durch flott des Erbam Manfs f<>lqt der
Name des Jahrtagsstifters und der Familienangehörigen, für welche er siunst
noch bestimmt war), l^er Aller Jartag will man begeen bifs iTfingstag) zu
nacht mit der vigili und bifs (Freitag) mit der felmefs zu Sani Sehall mit
einem ave Maria." Für diese Verkündigung und Furliiile erhoben die
Kirchen einige Pfennige; deren je nach stattfindenden W iederholungen und
sachlichen UmstSnden verschiedener Betr;^ wurde» zur Vermeidung von
Verwechslungen durch die Seelnonne, auf dem Denkzettel mit einer ent«
sprechenden Anzahl kleiner Einschnitte („Kerben*') angemerkt«
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— 220 —
brennend zu erhalteiulcs »Inimerlicht umgewandelt haben. In
dieser Urkunde wiederholt sich der Ausdruck, dafs dieses Imnier-
licht Tag und Nacht ob (über) genannter Tucher Begrebnufs
brynnen und dieselben beleuchtent soll. Die letztere Rede«
Wendung scheint dann zur Ergänzung der Fiktion einer Krypta
bei S. Niclas Altar durch eine Treppenbeleuchtung erwünschte
Dienste geleistet zu haben, wobei man nicht bedacht hat, dafs,
wenn sich die Gräber in einer Krypta befunden hätten, die
Lampe eben in dieser hätte hängen müssen, wie dies ja noch
heute anderwärts .ui \iclen Beispielen zu sehen ist.
Ub schliefslich der Ausdruck jS. Nie ohius in der Kryptac
etwa als ein unverstandenes Überbleibsel davon zu betrachten
wäre, dafs dieser Altar vor der Erbauung des jetzigen Ostchores
seinen Platz in der Krypta des abgebrochenen romanischen
gehabt hätte, wer wollte sich heute noch getrauen, das zu
behaupten oder zu verneinen? —
Christoph Prhn v, Tücher.
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Literatur.
K. Lange und F. Fuhse, Dürers schriftlicher Nach-
lafs auf Grund der Originalhandschriften und teilweise
neu entdeckter alter Abschriften. Mit einer Lichtdrucktafel
und 8 Textülustrationen. Halle a. S., Max Niemeyer 1893.
80 420 S.
Je mehr in unseren Tagen geschehen ist, um die in alle
Lande zerstreuten Gemälde, Handzeichnungen, Kupferstiche und
Holzschnitte Dürers mit Hülfe unserer iiochcntwickeltcii Verviel-
fältigungstechnik in stattlichen Werken zu vereinigen, um so
voller und reiner trat das Bild dieses deutschesten unter den
deutschen Malern in seiner Bedeutung und Kraftlülle hervor.
Die Gröfse seines Geistes und die Tiefe seines Gemütes zu
offenbaren, hatten swar einzelne Werke genügt, nun aber, wo
sich seine Kunstwelt in ihrer ganzen Mannigfaltigkeit ausbreitete,
lernte man ihn in seiner erstaunlichen Universalität kennen.
Sein Ringen und Streben, sein Suchen und Wagen, sein Bemtthen,
immer tiefer in den Grund der Dinge einzudringen, sein unab-
lässiges Sinnen und Denken über die schwierigsten Probleme
und die tiefsten Geheimnisse seiner Kunst und sein nie ermat-
tender Eifer, zu immer höherer Vollkommenheit zu gelangen,
spiegeln sich hier auf das Deutlichste. — Der Einblick in den
künstlerischen Werdegang des Meisters, der bisher nur Einzelnen
vergönnt war, ward nun allen möglich, die das Verlangen in
sich tragen, sich in die wunderbare Kunstwelt Dürers zu ver«
senken und mit der Bewunderung für den Künstler wuchsen
das Interesse an dem Menschen und der Wunsch, auch diesem
näher zu treten.
So konnte es nicht fehlen, dafs das Verlangen rege wurde,
die den künstlerischen Naciiials ergänzenden vielen schriftlichen
Aufzeichnungen Dürers, die man bis dahin nur aus s[M)radi-( iien
Mitteilungen in den biographischen Werken oder abgesehen
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— 232 —
von dem vortrefflich publizierten Niederländischen Tagebucbe
aus mehr oder minder unzulänglichen SonderveröfTentlichungen
kannte, in einer den Publikationen seiner Kunstwerke eben-
bürtigen Weise herauszugeben.
Das ist in der vorliegenden Lange -Fuhse'schen Ausgabe
geschehen, denn nicht nur hat sie alles bis dahin Zerstreute
gesammelt und den schon vcrotrcntlichten Aufzcicliniingen viele
bisher vcrb(jrgcne Schrittstücke hinzugefügt, sondern zugleich
auch bei strengster Wahrung der sprachlichen P^igentunilich-
keiten der Schreibweise eine Form gegeben, welche die Inkon-
sequenzen und Zufälligkeiten der Originaltexte vermeidet und
dadurch das Lesen wesentlich erleichtert. Wir teilen voll und
ganz den im Vorworte ausgesprochenen Wunsch, diese Schreib-
weise bei künftigen Publikationen kunsthistorischer Scfariftquellen
in Anwendung zu bringen. — Ungewohnte Ausdrücke und Wort^
Verbindungen sind in zahlreichen Anmerkungen und z. T. im
Wörterverzeichnis am Schlüsse erklärt. Aber nicht nur sprach-
lich, sondern auch sachlich sind die einzelnen Schriftstücke durch
Anmerkungen erläutert und so dem Verständnis aucli dessen
erschlossen, der den Dürerforschungen ferner steiit. Sie bilden
gleichsam eine Brücke zu diesen und regen an, sich auf diesem
Gebiete weiter umzusehen. £s ist eine Arbeit echten Gelehrten-
fleifses voll Gründlichkeit und Gewissenhaftigkeit. Das zeigt
sich vor allem in der sorgfältigen Vergleichung der verschiedenen
vorhandenen Texte, die ja leider, abgesehen von den theo-
retischen Traktaten, nur in einzelnen Fällen Originalhandschriften,
sondern vielmehr Abschriften aus dem 17. Jahrhundert sind,
dann aber auch in der kritischen Beurteilung derselben, sowie
in der genauen Mitteilung ihrer Geschichte und bisherigen Ver-
öifentUchungen.
Die nach Aufzeichnungen des Vaters i. J. 1524 zusammen-
gestellte und bis 1523 fortgeführte Familienchronik, die uns
den grofsen Künstler als liebevollen Sohn vor Augen führt,
bildet mit wertvollen Anmerkungen versehen, den Anfang, es
folgen die Bruchstücke seines Gedenkbuches mit den ergreifenden
Schilderungen des Todes seiner Eltern, der Erzählung des Kreuz-
segcnwundcrs und einigen Mitteilungen über seinen Hausstand,
sowie das auch in taksimiiiertcr Abbildung mitgeteilte i raum-
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«
— 223 —
gesiebt vom Jahre 1525. Daran reihen sich die wertvollen
Briefe« von denen sich die aus Venedig an Firkheimer gerichteten
glttcklicherweise erhalten haben, während die an Jakob Malier
gerichtete Folge, die so wichtige Mitteilungen über des Meisters
künstlerischen Schaffen enthält, leider nur in Abschriften vor-
handi-n ist. Während die Briefsammlung nur um einige bedeii-
tiingslusc Fragmente vermehrt werden konnte, ist die Saminliini^
der Reime gegen die Thausing'sche Ausgabe um 225 vermehrt
worden. Sie fanden sich im Verein mit den übrigen Reimen
in einer Handschrift des 17. Jahrhunderts, die aus dem Nach-
lasse Carl Frommanns in den Besitz des Germanischen National-
museums übergegangen ist, und sind, wie die bisher bekannten
teils moralisierend (»Das hab ich gemacht von der bösen Welt«),
teils rein religiösen Inhalts (Anrufungen der Maria, Christi, der
helligen Barbara, Katharina, des heil. Martin etc.) Wie die
übrigen weiden sie tler Zeit um 1510 an^^elK)ren und sind des-
halb belanglos tur die Kennzeichnung der Stellungnahme Dürers
zur Reformation, Hierfür ist entscheidend die Prachtstelle des
nun folgenden Tagebuches der niederländischen Reise, dessen
Ausgabe schon Leitschuh (i. J. 1884) vortrefBich besorgt hatte.
Auch Thausing hatte es mit vielen wertvollen kunstgeschicht-
liehen Anmerkungen versehen in seiner schon 1872 erschienenen
Ausgabe von Dürers Briefen, Tagebüchern und Reimen veröffent-
licht, aber wie auch die übrigen Schriften Dürers nicht im Urtext
bekannt gegeben, sondern in das moderne Deutsch übertragen
und ihm dadurch sein eigenartiges Gepräge genommen. Um
viele sprachliche, kunst- und kulturgeschichtliche Anmerkungen
berei' hert, Hegt hier das für r)urers Kunst und Leben wiciitii^c
Dokument im Urtext vor uns, soweit dieser in den späteren
Abschriften, auf die man leider auch hier angewiesen war,
gewahrt ist.
Von den 2. T. in alten Drucken vorliegenden, z. T. nur
handschriftlich vorhandenen theoretischen Schriften wurden nur
diejenigen Partien mitgeteilt, die ein allgemeineres Interesse für
sich beanspruchen und nicht zu ihrem Verständnis auch der
Wiedergabe der .Abbildung bedurften. Mancher interessante
Absrluiitt aus der 1525 erschienenen l'nterweisung der Messung ;
mufste aus diesem Grunde fortfallen. Erfreulicherweise aber
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— 224 —
wurde in einzelnen Fällen das Prinzip durchbrochen und der
Text mit der Abbildung gebracht, so bei den humoristischen
Denkmalentwürfen, bei der Theorie des Turmbaus und der
Abhandlung über das perspektivische Zeichnen, Gerne hätten
wir auch Teile aus dem Kapitel über die Buchstabenformen,
das mit den Worten anhebt: »So dann die Bauleut auch Maler
und ander ctwan Schrift an die hohen Gcmeur pflegen zu machen
so thut not, das sie recht Buchstaben leren niaclien /, mit Ab-
bildung einzelner Buchstabenformen und Konstruktionen in der
Ausgabe gesehen. Von der Befestigungslehre (1527), die vor-
wiegend technischen Inhalts ist, wurde nur der Widmungsbrief
mitgeteilt und in der figurenreichen Proportionslehre (1528)
aufser diesem und einigen kleineren Abschnitten der grofse
ästhetische Exkurs, in dem der Meister seine tiefsten Gedanken
über das Wesen der Kunst und ihr Verhältnis zur Natur mit-
teilt. Wie sehr er sich mit diesen Gedanken abgegeben hat
und l)emüht war, sie immer klarer und deutlicher zu fassen,
zeigen die in Nürnberg, Dresden und London l)e\vahrten, liand-
schriftlichen Aufiseichnungen, die teils Vorarbeiten zu den ge-
druckten Traktaten sind, teils besondere Abhandlungen dar-
stellen, die Dürer mit jenen zusammen zu einem grofsen Werke:
»Ein Unterricht in der Malereit oder »Ein Speis der Maier-
knaben« betitelt, zu vereinigen gedachte. Diese Studien sind
hier zum ersten Male gesammelt, zum grofsen Teil überhaupt
zum ersten Male veröffentlicht und bieten daher dem Kunst-
theoretiker eine Fülle neuen Materials. Auch hier mufste auf
die Mitteilung der nur in Verbindung mit der Abbildung ver-
ständlichen Abschnitte verzichtet werden, doch wurde so viel
als irgend möglich aufgenommen, so dafs sich dieser Teil des
Buciies über 140 Seiten erstreckt, in dem wichtigen Absciinitt
»Verschiedenes«, der unter anderem die Aufschriften auf Bildern,
Holzschnitten und Handzeichnungen enthält, mufste inbezug auf
die letzteren eine Beschränkung auf einige wichtige Beischriften
stattfinden und im Übrigen auf das im Erscheinen begriflfene
Lippmann*8che Werk verwiesen werden. Unter den gleichfalls
hier mitgeteilten Notizen religiösen Inhalts sind von besonderem
Interesse das um 1520 entstandene Verzeichnis der Schriften
Luthers und die Dürers Verhältnisse zur Reformation so klar
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— 225 —
kentueichnende Aufschrift vom Jahre 1523 auf einem in der
Veste Coburg bewahrten Holzschnitt Ostendorfers v. }. 1522
mit der Verehrung der »Schönen Maria« in Regensburg.
Die mit allen Hilfsmitteln der sprach- und gcschichtswissen-
schattlichen Kritik besorgte vortreffli( he Ausgabe der Dürer-
schen Schritten und Schriftstucke bildet ein solides Fundament
zu einer den inneren Entwicklungsgang betonenden Biographie
des Meisters, die nötig ist, da Thausings feinfühlige Arbeit dem
heutigen Stande der Wissenschaft in vielen Punkten nicht mehr
entspricht und der Altmeister Springer, der wie kaum einer
berufen war, die neue ' Dttrer- Biographie zu schreiben, durch
den Tod verhindert worden ist, sein DQrerbuch in der um-
fassenden Weise durchzuführen, wie es geplant war. Aber nicht
nur die kunstgeschichtliche Spezialforschung, sondern überhaupt
die allgemeine Kulturgeschichte wird von dem Buche den
grufslen Gewinn haben, denn mit seinem reichen und mannig-
faltigen Inhalt ist es eine wahre Fundgrube kulturgeschicht-
lichen Wissens.
Dr. Paul Johannes R^e.
Die Brandenburgisch-Nümbergische Kirchenvisitation
und Kirchenordnung. 1518 — 1533, Auf Grund der Akten
dargestellt von H. Westermayer, Pfarrer. Erlangen,
Fr. Junge. 18Q4. 8^ 152 S.
Die genannte Kirchenvisitation und die im Anschlufs an
dieselbe erlassene Kirchenordnung bezeiclineten eine Mafsnahme
von tiefgreifendster politischer und kirchenrechtlicher Bedeutung.
Nicht blofe deshalb, weil dadurch die kirchlichen Verhältnisse
innerhalb der beiden Nachbargebiete der Reichsstadt und des
Maikgrafentums ihre erste reformationsgeschichtliche Ordnung
und Regelung erhielten, sondern auch weil bestimmte Theorien
über kirchenpolitische, dogmatische, liturgische, disciplinäre
Fragen sich herausarbeiteten und klärten, und weil dies in einer
Weise geschah, welche den Anschlufs eines grofsen Teils der
anderen evangelischen Gebiete in Deutsehland zur Folge gehabt
hat. Man darf getrost sagen, dals die Wirkungen der Kirchen-
Ordnuhg bis heute fortdauern.
•5
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— 226 —
Ihre Bedeutung wird uns klar, wenn wir, abgesehen von
den uo2ähligen Ausgaben und Auflagen, die sie selbst erlebt
hat, den Gebrauch ins Auge fassen, der für die Ordnung der
kirchlichen Verhältnisse auswärts von ihr gemacht worden ist.
Ein Jahr nach ihrem Erscheinen wurde sie niederdeutsch nach-
gedruckt, sie wurde der Wttrttembergischen und Nassauischen
K.-O. zu Grunde gelegt 1536, im Jahre 1538 der K.-O. der
Neumark, 1540 wurde sie unverändert in Mecklenburg ein-
geführt, 1542 von der K.-O. für die Fürstentümer Calmberg
und (ii)ttingen benützt, 1543 für Schwäbisch -Hall und Pfnlz-
aeuburg. Die Schweinfurter K.-O. verweist auf sie in der Lehre,
die Kölner entnimmt ihr Stücke aus der Lehranweisung, ihr
Einflufs erscheint 1560 in der Ordnung für die Grafschaft Erbach
und 1563 für die Pfalz; der gottesdienstUche Teil wurde als
Grundlage für die Oesterreichische Agende von 1572 und die
Hoya'sche K.-O. vom Jahre 1581 gebraucht. Ihre Bedeutung
wird dadurch nicht verringert, dafs sie einesteils unter der aus-
drücklichen Billigung Luthers und der Wittenberger Theologen
an das Licht treten konnte, andernteil^ aber doch in ihren
kirchen- und staatsrechtlichen Anschauunr^en der Sächsisc hen
K.-O., die sich eines so hohen Ansehens erfreute, prinzipiell
gegenüberstand mit Auffassungen, die später im Gesamtgebiet
der evangelischen Kirchen herrschend geworden sind.
Die Art ihrer Entstehung vollends, das mühsame Sich-
herausringen aus den alten festgewurzelten Anschauungen zu
einer neuen Ideenwelt, die Schwierigkeiten der äufseren Fest-
stellung und die Gefahren, welche das Zustandekommen der
Kirchenvisitation und der K.-O. fortgehend begleiteten, lassen
einen tiefen Blick in das ganze Getriebe jener Sturm- und Draiig-
jahre der evan^elisclien Kirchenreformation in SiiddeutS( bland
werfen, und ihre Darstellung mufs für Beurteilung der Verhält-
nisse der Reichsstadt und ihres mächtigen fürstlichen Nachbarn
von gröfstem Interesse sein.
Der Verfasser hat dasselbe auf das Beste zu steigern und
zu befriedigen verstanden. Seine Darstellung ist ebenso an-
schaulich, als lebendig, gründlich und sorgfältig, dabei knapp
gehalten trotz der Benützung eines sehr reichen Geschichts*
materials. Der besondere Vorzug der Arbeit liegt in d^r erst-
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— 227 —
maligen genauesten Verwertung der Original • Urkunden und
Akten, die seiner Zeit über die K.-Vis. und K,-0. erwachsen
sind, soweit dieselben nicht am Ende des vorigen Jahrhunderts
der Zerstörung unterlagen. Mit hohem Fleifs hat VV. insbesondere
die mafsgcbenclen Akten des K. Kreisarchivs in NürnberL; (die
' Ans]>acher Rcligionsaktcn ) zu Grunde gelegt und die bisher
erwachsene Literatur sorgfältig beigezogen.
Nach einer Hinweisung auf das Reiigionsgespräch auf dem
Rathause in Nürnberg 1525 führt uns der Verf. im 1. Kapitel
seiner Abhandlung zum Schwabacher Konvent, dann zur
Kirchenvisitation, weiter zu den Mafsnahmen des schwäbischen
Bundes der Neuerung gegenüber; Kapitel 2 führt die Kloster
reformation der -fraglichen Gebiete vor und von Kapitel 6 — 8
wird der Leser Über die Entstehung der eitiontlichen K.-O.,
über das ihr cijjentümliche Kirchenrecht und ilucu LI. l'cil in
den sog. Katechisuiuspiedigten unterrichtet. Als Beilagen Nvcrtlcn
der Bericht der markgräflichen Statthalter über den Schwabacher
Konvent, die 30 Ansbacher Frageartikel zur Visitation und die
Br. Nürnb. K.-O. von 1528 selbst angefügt.
Wohlthuend berührt die unbefangene, objektive Stellung
W/s zu den in Rücksicht kommenden Grundfragen des staat-
lichen und kirchlichen Lebens, die gerechte Würdigung dessen,
was der alten Kirche zukam, die billige BeurteUung gegnerischer
Überzeugung, das Fembleiben von einer herkömmlichen, ein-
seitiges Lub spendenden Behandlung und der sittliche Mut, der
sich nicht scheut, weniger schöne Seiten der Entwicklung und
nicht all/.eit edle Beweggründe beim rechten Kamen m nennen.
Wir haben hier zum Beispiel das 5. Kapitel im Auge, welches
»die ünanzielle Seite der Visitation -i beleuchtet, deren Kenntnis-
nahme freilich weniger der Stadt Nürnberg, als dem Markgrafen
unvorteilhaft ist, wenn dieser bereits im Jahre 1529, also noch
ehe man auf dem Augsburger Reichstage über die Ordnung
der Religionsangelegenheiten ernstlich weiter zu handeln unter«
nahm, die sämtlichen Kirchenkleinodien inventarisieren und noch
in dem gleichen Jahre wegnehmen Hefs, so dafs allein an Silber-
wert 24o62 Gulden aus den Kirchen des Markgrafentums
Bayreutiv man kann nicht anders sagen als geraubte wurden.
Die Ciironik für die Stadt Schwabach von H. von i^alkenstcin
15'
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1756, 2. Auflage, S. 109, schreibt ganz fröhlich, dafs »Herr
Markgraf Georg alle in denen Kirchen und Klöstern sich be-
findliche goldenen und silbernen Gefäfse, Kelche, Monstranzen,
Bilder und andere Kostbarkeiten herausnehmen, solche nach
Schwabach bringen und sie allda verptigen liefs, um mit diesem
Oelde die gemachte Schulden seines Herrn Bruders Casimir
bezahlen zu lassen«. Mencken nennt als Einschmelzungsorte
Kulmbach, Ansbach und Schwabacii. Diese Nachricht muistc
sich irgendwie mit der S. 67 bezeichneten Übertuhrung der
Kirchenschätze an den Mainzer Kurfürsten ausgleichen lassen.
Man beliefs nach sonstigen Nachrichten den Stadtkirchen zwei,
den Landkirchen je einen Kelch und zwar, wie Westermayer
bemerkt, »von den schlechtesten«. Aus Nürnberg Ist dergleichen
nicht bekannt geworden und wurde dort keinesfalls in so hohem
Mafse bewerkstelligt, bis das Ende des 18. Jahrhunderts mit
seiner Kriegsnot und der daraus erwachsenen grofsen Schulden«
last zu ähnlichen Schritten führte: worüber m. Schrift »Alt-
Nurnbcrg in seinen Gottesdiensten'.; ((Gütersloh, C. liertclsmann)
189ü, S. 321, verglichen werden mag. l^ort befindet sich ein
»Verzeichnis der aus der Sebalder und Lorenzer Kirche in das
Losungamt gelieferten und zum Verkauf« gebrachten. Mefs-
gewänder d. d. 10. Februar 1797.
Nach den verschiedensten Seiten bringt W. neue 'Aufschlüsse,
Ergänzungen und Berichtigungen. S. 11 stellt er die Autor-
schaft der Schwab acher Artikel fest, der 23, welche so
lange Zeit mit den 17 aus dem Jahre 1529 verwechselt worden
sind; dieselben sind nämlich Nürnberger und nicht Ansbacher
Ursprungs, wie man bisher irrig angenommen. Die Autorschaft
ist durch die Aufschrift auf dem Kxemi)lar, welclies dem Bericht
der Statthalter an den Markgrafen beigelegt war (s. die Rel.-
Akten Tora. VIII, fol. lOitf), »AbschritTt der predicanten zu
Nurmberg begriff zur Visitation auff etlich lere Artikel gestellt
und auch aufserdem gesichert. Die »offenbar merkwürdige Vor>
geschichte der Entstehung« derselben ist uns unbekannt, da die .
betr. Nürnberger Akten verloren sind, wie fast alles auf die
Nürnbergtsche Visitation Bezügliche. Osiander aber ist als
Redaktor der Visitationsartikel noch nicht durchaus .erwiesen.
Die auf dem Konvent zu Schwabach entstandene Br.-N.
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Kirchen- Ordnung von 1528 war bis heute unbekannt und
ist als schätzenswerte Beilage III abgedruckt
Sehr langwierig waren die Verhandlungen flber die
vorzunehmende K irchen-Visitatiou, der gegenüber sich
natürlich viele Bedenken, Furcht und Zaudern geltend machten
und auf Nürnbergs Seite die bekannte vorsichtige Politik des
Rates jmraer wieder zum Vorschein kam. Ohne die energisciie,
immer neu antreibende, stets auf der Hut stehende Kraft des
thätigen Stadtschreibers L. Spengler wäre die Visitation gewifs
nicht zum Vollzug gekommen, so wenig als das Bündnis mit
Brandenburg. Es galt ja, die Zaudernden zu einem sehr ent-
scheidenden Schritt fortzureifsen, wenn man die Visitation be-
schlofs; denn die Loslösung von der bischöflichen Jurisdiktion
war mit einer solchen obrigkeitHchen Visitation von selbst ge-
geben, und dies hinwiederum konnte ohne eine mit dem mächtigen
Markgrafen und Nachbarn gemeinsame Aktion nicht gelingen.
Aber wer den ersten Schritt thun sollte und wann und wie,
das kostete viel Überlegung und ist öfters fast ergötzlich zu
lesen. Beim Markgrafen machten sich die verschiedensten Ein-
flüsse geltend; insonderheit soweit die Visitation auch die Klöster
in Mitleidenschaft ziehen sollte, war der Adel nicht günstig
gestimmt, denn er wollte die Versorgungsstätten seiner Töchter
nicht verlieren. Idan war weiter über die geltend zu machende
Begründung, über die Ausdehnung der Visitation, die dabei zu
behandelnden Lehrpunkte, die ürganisationsfragen nicht klar
und einstimmii;. Persönliche Kränkungen der Redaktoren unter-
einander (war doch Osiander dal>ei} kamen hinzu; die Begriffe
über die Grenzen des kirchlichen und staatlichen Rechtes waren
äufserst fliefsend.
War Nürnberg geneigt, in gottesdienstUcher Beziehung
und in den Fragen des äufseren Kirchentums den bisherigen
Bestand festzuhalten, so besann man sich innerhalb seiner Mauern
wenig, wenn es galt» die Kirchenhoheit und Kirchenaufsicht in
einem sehr ausgedehnten Mafse zu üben, wie es denn bekanntlich
in Nürnberg zur Einsetzung cmcs eigenen kirchliciien Konsi-
storiums niemals gekommen ist.
Am 14. (nicht am 11.) Juni fanden sicli in Schwabach
ein: der Kanzler G, Vogler von Ansbach, der Schwabacher
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Amtmann Wolfgang von Wiesenthau, die Prediger A. Althammer
von Ansbach und Adam Weifs von Crailsheim (der Pdor Schopper
von Heüsbronn hatte abgelehnt), Johann Rnrer, Pfarrer und
Prediger am Stift zu Ansbach. Von Nürnberg: Martin Tucher,
Lazarus Spengler, A. Oslander und Dominicus Sleupner. Über
der Frage des Bannes wäre fast das Ganze hier und wiederholt
später gescheitert. Auch cigcntlicli politische Verständigungen
kamen weiter nicht zustande, weil sie der Markgraf beharrlich
ablehnte. Dagegen hatte der Konvent eine dreit'ache Instruktion
für die Visitatoren zum Ergebnis, nämlich 1) die 23 Nürnberger
l,ehrartikel (»SchwabacherVisitationsartikelc)für die Unterweisung
der Geistlichen» 2) die 30 Ansbacher Frageartikel fUr das eigent«
liehe Examen und 3) die Kirchenordnung, welche durch die
Visitatoren eingeführt werden sollte. Man beschlofs, dafs unbe-
schadet der Lehensrechte und sonstigen Zuständigkeiten Nürnberg
alle Pfarreien diesseits der Schwabach,* Schwarzach und Regnitz
und ebenso der Markgraf jenseits visitieren solle. Die dabei
etwa zu erwartende Widersetzlielikeit und (iewalt fafste man
bestimmt ins Auge. Man betrat deslialb nicht die einzelnen
Orte, sondern berief die betreffenden Geistlichen und dazu
einen oder mehrere vom Pfarrvolk nach bestimmten Stationen.
Im Druck der K.-O. wollte der Markgraf seinen Namen ver-
mieden wissen, auch deshalb, weil er dieselbe zur normalen
K.-0. für andere Evangelische zu erheben wünschte.
Nürnberg beschleunigte die Visitation und begann
damit am 3. September. Ort der Verhandlungen war das Kloster
S, Egidien. Einige interessante Proben führt W. an. Der
Pfarrer von Regelsbach, der sich nicht hatte visitieren lassen,
wurde abgesetzt.
Viel mehr Material, wenn auch noch immer mangelhaft,
ist bezüglich der Brandenburgischen Visitation vorhanden,
für welche die Arbeit durch die bereits eingeforderten Berichte
der Amtleute wesentlich erleichtert war. Ein genaues Verzeichnis
der visitierten Pfarreien, teilweise mit Noten (bene, male, pessime)
und mit Bemerkungen, wird auf S. 29 — 3Q gegeben. In den
Ortsnamen finden sich einige Irrungen, auch hätten wohl* die
jetzigen Namen genau beigeschrieben werden sollen.
»Münster« (S. 30) ist Altenmunstcrj »Traunsbachj Triens-
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bach (S. 43), »Steinbach« (S. 30) mufs heifsen Scheiiibacbi
»Sotteldoif« Satteldorf. Maria Casteln ist jedenfalls M. Capein
und Taubenheim doch wahrscheinlich das jetzige Kaubenheim.
S. 19 ist Samstag nach Kiliant (Bemerkung unter dem Text)
richtiger der 11. Juli, nicht der 18.; Montag nach Vocem jucun-
ditatis 1528 ist nicht der 24. Februar, sondern (1er 18. Mai.
Bei nicht wenigen Personen- Namen ist bemerkt: -"hat
nicht respondirt, liat nicht wollen respondiren«, oder: nicht
erschienen; bei Mehreren: »haben nicht respondiren wollen,
feyn arge Papiften« u. s. w. Von 300 Pfarrern im Ansbacher
Unterland zeigten sich 74 nicht willfährig.
Die Anordnungen der Kommissäre gestalteten sich ver-
schieden; die Ansbacfaer verboten sofort die tägliche Messe
ohne Kommunikanten und verlangten tägliche Predigten, auch
gingen sie ge^en die Sakramentshäuschen vor. Nürnberg unter-
liefs beides. In Günzenhausen war der Amtmann selbst der
eifrigste (iegncr der Visitation. Die eidliche Veri)tlichtung der
Geistlichen auf den Markgrafen billigte Nürnberg nicht, als
offenkundigen Eingriff in die Jurisdiktion der Bischöfe. Bei den
schwäbischen Bundestagen brachte der Bischof von Bamberg
seine Beschwerden nachdrücklich an und wurde langehin dila-
torisch behandelt, wobei sich der Markgraf auf ein künftiges
Konzil berief. Endlich im Juli 1531 zu Nördlingen, wo der
Bischof in eigener Person erschien, wurde der Markgraf Georg
verurteilt und ihm Bundeseinschreitung angedroht*, doch blieb
die Uiühung in Folge der nächsten pulitischen Ereignisse auf
dem Papier.
Wie langsam und verzüglich die Kirchen-Ordnung
selbst zu Stande kam, wird von S. 68 an gezeigt. Eben
hatte es die Stadt dem Kurfürsten von Sachsen abgeschlagen,
Luther während des Reichtags von Augsburg in ihre Mauern
aufzunehmen. Zwei Entwürfe lagen schliefslich dem Rate vor,
der eine von Oslander, welcher lediglich eine Ordnung der
Ceremonien gab, der andere von den drei Predigern Sleupner,
Link und Koberer. Nürnberg zögerte immer und immer wieder,
(lurrh Ausgabe einer KirrhenoKinung den Kaiser zu rci/ca:
so dafs Osiatulcr \on der Kan/el ^egeii den Rat donnerte.
Von Ausbachischer Seite wurde mehrfach an den Vorschlägen
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— 233 —
gebessert oder geändert. ^ Ein Streitpunkt war der Bann, femer
die sogenannte trockene Messe (Mifsa sicca) ahne Kommunikanten.
Der Rat liefs sich durch alle Bemühungen Spenglers nicht
bewegen, durch die Einftthrung der täglichen Predigt den Schwer-
punkt des Gottesdienstes Tom Sakrament auf die Predigt zu ver-
legen, und erwies sich somit sehr liturgisch. Auch liefs er die
Klevation nicht fallen (die erst durch Veit Dietrich 1543 al)ge-
scIiatTt wurde) und die Mefsgewänder bei dem täglicher ( Gottes-
dienst. Dem Drängen des Markgrafen auf Herausgabe der K.-O.
konnte aber endlich nicht länger widerstanden werden. Brenz
wurde nach Ansbach berufen und an Luther, Jonas und Melanch«
thon wurde Alles zur Prüfung gesandt; endlich kam Brenz auch
nach Nürnberg selbst, um gemeinsam mit Oslander die letzte
Feile anzulegen. Das tägliche (nicht das sonn- und feiertägliche)
Mefsgewand wurde fallen gelassen, doch von einem, Konsistorium
wollte der Rat wie früher nichts wissen. Die Noten zu den
Ccsäiigen bezog tnan aus Wittenberg, wieder und wieder änderte
man und unter viel innerem Widerstreben des Rats kam endlich
die letzte Feststellung zum Abschlufs. Am 1. Dezember 1533
geschah die Einführung, die Drucklegung war in Nürnberg erfolgt,
800 Kirchenordnungen und 500 Gesangbögen gingen nach
Ansbach ab. Nochmals verlangte der Markgraf drei Abänderungen
auf einem besondem Zettel, mit welchem die K.-0. Anfangs März
in seinem Gebiete zur definitiven Einführung kam.
Eine interessante Darlegung gibt die Schlufsabhandlung
über den landesherrlichen Episcopat und dessen grundverschiedene
Auffassung von Seiten Lutlieis und seitens der K.-O, Luther
hiilt an der Selbständigkeit der Kirche entschieden fest und
betrachtet die Obrigkeiten nur als Notbischufe. Die K.-O.
rechnet den Erlafs einer K.-0. prinzipiell zur Kompetenz der
weltlichen Obrigkeit, die verpflichtet ist, den Frieden zu erhalten,
die nun aber auch in die eigentlich geistlichen Dinge und Be-
fugnisse direkt eingreift. Am meisten geschah dies in der Reichs-
stadt. Nach Spenglers Ansicht ist die Obrigkeit verpflichtet,
die Einhelligkeit der Predigt zu erzwingen, um des Landfriedens
willen. Das Kirchenreghnent fällt in die Kompetenz der
Staatsgewalt
Dieser Theorie »verdankt noch heute der Landesherr seine
. ijui. u i.y Google
— 233 —
jura in Sacra, aber genuin lutherisch ist sie nicht.« S. 135.
Die Darlegung hierfkber ist klar und instruktiv.
Von den angehängten Katechismus- oder Kinderpredigten
will W. annehmen, dafs ihre Entstehung gleichfalls in Nürnberg
zu suchen sei.
Wir schliefsen unsere Besprechung mit dem Wunsche, dafs
die reichen archivalischen Quellen, welche das Ansbach- NUrn<^
berger Land besitzt, seine Registraturen, insbesondere die
wichtigen Nürnberg« Ansbacher Urkunden des K. Kreis -Archivs
in Nürnberg, immer umfassender erforscht und erschlossen und
in Westermayer^s Art zur Darstellung gebracht werden mögen.
Dies ist bisher noch viel zu wenig geschehen.
Schwabach. M. Herold.
Festschrift zur 250jährigen Jubelfeier des Pegnesischen
Blumenordens, gegründet in Nürnberg am 16. Oktober 1644.
Herausgegeben im Auftrage des Ordens von Th. Bischoff und
Aug. Schmidt. Mit vielen Abbildungen. Nürnberg, Johann
Leonhard Schräg. 1894. XVI, 532. 8^
>Je länger ich vor den grünenden Seitenlogen des Irr-
hains, dessen Front- und Mutterloge ein belaubtes Labyrinth
war, auf> und abstrich und mich bald in jene, bald in diese
Hütte setzte und daran dachte, hier safs 1644 Harsdorf, Klat
und ihre Chorsänger — iiiul je länger ich m den bedeckten
Gängen yleic-hsaui in den Kataki »nil en der vorigen Pegiiitzschäfer
ging und wieder heraus zu den wachsenden Blumen kam, die
öfter aufgelegt wurden als die gedrucicten des Blumenordens,
desto mehr fing vor mir der Blumengarten an zu phosphoreszieren
und endlich lag er als ein himmlischer Hesperiden-Garten da und
das lichte Gewölk, durch das er oben aus der ätherischen Ver-
gangenheit in die dicke Gegenwart hereingesunken war, hing
noch merklich in leuchtenden. Flocken an seinen Gipfeln.« So
schrieb Jean Paul im Jahre 1798 und machte sich damit eines
kleinen Irrtums schuldig. Von A. Schmidt erfahren wir, dafs
der Irrhain erst in den Jahren 1676 — 78 angelegt und von den
Mitgliedern des Ordens besucht wurde. Noch heute steht das
Benutzungsrecht des Wäldchens den Pegnitzschäfern zu. Die
Sommerfeste im Irrhain sind weithin bekannt und üben auf Jung
. y 1. ^ . y Google
— 234 —
und Alt, auf Philister und Studenten, auf Backfisch und Matrone
die gleiche Anziehungskraft aus, wenn auch der Irrhain kein
Irrhain mehr ist. Denn er hat, wie der Orden selbst, sein
Gewand geändert. Die Irrgänge sind verschwunden, der Hirten-
orden an der Pegnitz aber hat Schäferstab und Blumen zu den
Akten gethan, er ist schon gegen Ende des vorigen Jahrhunderts
>cin Frucht- und Blätterorden, nämlich eine historisclie und
literarische Gesellsrhaft geworden , wie Jean Paul sagt. — Ks
gibt keine literarische Vereinigung in Deutschland, die auch
nur annährend in Bezug auf das Alter mit dem Pegnesischen
Blumenorden in Vergleich treten könnte, und es war demgemäfs
nur gerechtfertigt, dafs die Mitglieder mit freudigem Stolze die
Feier des 250jährigen Bestehens der Gesellschaft begingen.
Denn wenn eine freie Vereinigung sich durch Jahrhunderte als
existenzfähig erweist, dann mag denn doch — trotz der zahl*
losen Angriffe, mit denen der Orden zu verschiedenen Zeiten
beehrt ward — etwas Gutes, etwas Hohes in ihr walten, das
sie vor schnellem Verfalle schützt Glänzende Erscheinungen,
die ähnliche (lesellst-haften bisweilen vorübergehend in helles
Licht setzten, hat der Blumenorden allerdings nie aufzuweisen
gehabt, aber durch die langen Jahre seines Bestehens geht ein
gleichmäfsiges Streben und Ringen, dessen Ausgang und dessen
Ziel die Pflege der deutschen Sprache und Literatur, die Liebe
zum unverfälschten Deutschtum ist. Und wer in solchen Gütern
seine Ideale sieht, ist wert, dafs er besteht
Zu der 250 jährigen Jubelfeier hat der Orden eine prächtig
ausgestattete Festsclirift ersclieinen lassen, die in zwei Teile /.er-
fällt: in die l>ioi,ra|'hie Gcort; Philipp Harsdörfers von
Theodor Bischofi und die Biugrapliic Sigmund von Birkens
von August Schmidt. Es soll mit diesen Schriften, wie das
Vorwort hervorhebt, der Anfang gemacht werden zu einer um-
fassenden Geschichte des Blumenordens.
Bischoif gibt im ersten Kapitel seiner umfangreichen Arbeit
die Lebensskizze Harsdörfers. Der Begründer des Pegnesischen
Blumenordens hat seine wissenschaftliche Ausbildung erhalten
auf den Universitäten Altdorf und Strafsburg und sie vervoll-
konnnnet viul' aus^cilehiiten RcLseii nacli Geui, i'aris, den Nieder-
landen, England und Italien. Sehr bemerkenswert ist der nach-
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— 235
halti'ge Einfluss, den der Strafsburger Professor Matthias Bern-
egger auf den jungen Patrizier atisübte. B. hat in anschaulicher
Weise zum ersteimuile diese Tliatsaclic, die für den ganzen Ent-
wicklungsgang Ilarsdorfers bestimmend werden sollte, gebührend
hervorgehüben. Des weiteren erhalten wir eine knappe und
geschickte Übersicht über Harsdörfers l eben als Bürger und
Familienvater, Über seine reiche Thätigkeit in seiner V:iterstadt
als Staatsmann und Gerichtsherr, an der Hand der Nürnberger
Geschichte, sowie über seine wissenschaftlichen und literarischen
Bestrebungen und Beziehungen im allgemeinen. Die einzelnen
Daten aus der Geschichte Nürnbergs auf ihre Zuverlässigkeit
nachzuprüfen, Ist mir unmöglich. Ich möchte hier nur an-
merken, dafs S. 27 der Ausdruck Zunftmeister« nicht berechtigt
ist, da es in Nürnberg eigentliche Zünfte im 17. Jahrhundert
nicht gab. Nach MummenhofT kommt das Wort ^ Zunft« zum
erstenmale 1 700 in einem amtlichen Schriftstück vor. Dem Ge-
samturteile, das B. über Harsdörfer fällt, kann man in jeder
Beziehung zustimmen: 9 Vaterlandsliebe, aufopfernde Thätigkeit,
Wohlwollen, Freigebigkeit und Mitleid sind seine vornehmsten
Tugenden, Neigung zur Vielgeschäftigkeiti Oberflächlichkeit und
Eitelkeit sind seine Schwachen . . . Mustergiltige Leistungen . .
werden von ihm nur wenige aufzuweisen sein; dagegen hat er
mancherlei geschaffen, das billigen Anforderungen entspricht,
das namentlich für seine Zeit sehr wertvoll war. Dieses Gute
findet sich aber häufig verborgen unter viel wertloser S[)reu . .
Harsdörfer war kein grofser Gelehrter, noch weniger ein grofser
Dichter, aber er ist und bleibt einer der gröfsten deutschen
Publizisten seiner Zeit,c
B. ist bemüht, sein Thema stets im Zusammenhange mit
der allgemeinen Kultur- und Literaturgeschichte 'zu geben. Ein
solches Streben ist durchaus lobenswert und bei der Betrachtung
der sprachlichen Leistungen H.'s geradezu notwendig. Der Leser
mufs orientiert sein über den Zustand der deutschen Sprache
vor und zu H.'s Zeit, wenn er die Thätigkeit des letzteren auf
diesem (rebiete verstehen und würdigen soll, l.cider ist der
Verfasser nicht immer vorsichtig genug in der Benutzung seiner
Quellen gewesen, er tritt seinen Gewährsmännern mit zu viel Opti-
mismus entgegen. Öfter auch sind die Quellen nicht völlig ver-
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— 236 —
arbeitet. Gleich die Einleitung des 2. Kapitels (»die frucht-
bringende GeseUschaftt)^ in dem die Entwicklung der deutschen
Sprache behandelt wird, fordert energischen Widerspruch heraus,
B. nimmt mit MttllenhoffoScherer fflr die ahd. Sprachperiode
eine besondere Hofsprache an, während er für die mhd. Zeit
Behaghel folgt, der — mit den neueren Forschern — die sogen.
Hotsprachc lou[,Miet. Jedenfalls ist daran festzuhalten, dafs die
Hofsprachc , wollen wir eine solche annehmen, die Mundarten
keineswegs uberragte, Stendern höchstens als eine sorgfältiger
gepflegte Mundart, deren sich die höfischen Kreise bedienten,
anzusprechen ist. Von einer Gemeinsprache kann gar keine
Rede sein. B. sclireibt S. 47: »Daneben finden sich frühzeitig
Spuren einer Gemeinsprache. Mit dem 1 2 . Jahrhundert macht
sich sogar schon ein Streben nach sprachlicher Einheit
bemerkbar.« Welcher Unterschied bestehen soll zwischen
»Spuren einer Gemeinsprachec und »Streben nach sprachlicher
Einheit« ist mir unerfindlich. Übcrliaupt braucht der Verfasser
Gemeinsprachec in verscliiedcncm Sinne. Auch während der
mhd. Zeit existiert keine »Gemeinsprache«, sondern nur eine
»Dichter- oder Literatursprache«. Und wenn Behaghel sagt:
»Im 15. Jahrhundert verlieren sich jene Anfänge einer Ein-
heit in der Literatursprache«» so darf doch B. daraus nicht
machen (S. 48): »Der Rttckgang . . . lassen im 15. Jahr-
hundert die Gemeinsprache allmählich wieder verloren
gehen.« Die* hemmende Einwirkung des Lateinischen und
Französischen auf die Entwickelung der deutschen Sprache scheint
Ii. Stark zu überschätzen. Unverstimdlich bleibt mir der Satz:
»Aus einer Mischung \t)n Hof- und Gemeinsprache war die so-
genannte Kanzleispraehe entstanden.« Es ist bisher nur von
der Karolingischen Hofsprache die Rede gewesen und unter
»Gemeinsprache« war zuletzt die rahd. Literatursprache ver-
standen. Hoffentlich hat der Verfasser an eine Vermischung
dieser beiden Spracherscheinungen nicht gedacht) Über die
vermeintliche Bedeutung der Kanzlei Maximilians verweise ich
auf die Kritik Schröders in den Gott. gel. Anz. 1888. S. 258 ff.
Irrtümlich wird S. 50 bemerkt: »Selbst den Ansatz zu
einem deutschen Wörteri)uch kannte das 15. Jahrhundert schon
in Theuthonistes (Gebiiard v. Schueren) lateinisch-deutschem
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Wörterbuche 1477c. Lateiii.-deutsche Wörterbücher gab es bereits
seit dem 8. Jahrh. G. v. Sch. ist der erste, der das deutsche
voranstellte, also ein deutsch-lateinisches Wörterbuch schrieb.
Seite 114 sind die Wörter angefiilirt, die auf Harsdörfer
zurückzuführen sind. Als Quelle hat gedient: H. WolfF, der
Purismus in tler deutschen Literatur des siebzehnten Jahrhunderts.
Strafsburg, 1888.C Woiff ist mit einem unverzeihlichen Leicht»
sinn bei der Zusammenstellung der Wörter su Wege gegangen.
Ich stelle die Wölfischen Beispiele in jedem einzelnen Falle voran:
Beispiel für Exempel (Harsdörfer) = Beyspil, Exempel.
(das) Exemplum. J. Maaler, Die TeÜtsch spraach. Zttrich 1561. —
Beredsamkeit (Harsdörfer) =ä beredenheit, beredsamkeit,
wolberedenhciL. ilenisch, Thesaurus linguae et sapientiae
germauicae. Augsburg 1616. (Heyne DWB I. 361). — Be-
trachtung für meditatio (Harsdörfer) = Betrachtunt; preme-
ditatio. Vocabularien des 15. Jahrhunderts (Heyne DWB I. 402).
Maaler gibt die Übersetzungen: aesttmatio, animadversio, cogitatum,
cogitatio, contempbitiOi notatiOi reputatio, consyderatio, delibe-
ratio, mens. — Grundlinie für basis (Harsdörfer) = Grund-
linien. Henisch (Heyne DWB I. 12Ö6). — Hochschule
(Harsdörfer) = höch-schuole (Lezer mhd. WB. 1317). — <
Zu Felde liegen fUr campiren (Harsdörfer) ^ wenn jr zu
felde ligt. Ps. 68, 14 (Heyne DWB. II. 657). - Mittel
punkt für Centrurn (Harsdörfer) = Gentrum oder niittelpunckt.
Dürer, Unterweisung der Messung (Ausg. 1538) H 5'', 1. aus dem
mittelpunckten. ebenda A 3 9. — Schauspieler für
Komödiant (Harsdörfer) = schau wspUer, die spil machend
und haltend, scenici artifices, histriones. Maaler (Heyne
DWB III. 283). — Sehnerven für musculi optici Harsdörfer)
ob dem Sehenerven. Jacobus Schalling, Von Natur mensch-
licher Augen. 1615. 9, 10. — Umschreibung fttr drcum*
scriptio (Harsdörfer) = Umschreybung (Die) circumscriptio.
Maaler. — Unterweisung für disciplina (Harsdörfer) = Dürer,
Vndcrwcysung der Messung mit dem Zirckel vnd richtscheyt.
— Wiede rliall (Harsdorfer) = Wide rhall. Maaler. —
Bei ul)crf!äch!i( heni Naciisiirhi;n lielsen sich also von den
24 auf Harsdörfer zurückgeführten Wörtern 12 als fehlerhaft
ausscheiden. Doch es wäre ungerecht, von diesem Kapitel zu
— 238 —
scheiden.ohnc auch die vorzüglichen Seiten desselben hervorzuheben.
Die Bestrebungen der fruchtbringenden Gesellschaft, der Verkehr
der einzelnen Mitglieder untereinander, die Stellung Uarsdörfers zu
Ludwig V. Anhalt, zu Schottel, suGureinz, Zesen etc. sind mit dankens>
werter Ausführlichkeit und Klarheit behandelt Geradezu er-
staunlich ist die Sorgfalt, die B. den Schriften H/s widmet, in
den folgenden Kapiteln sowohl, wie hier. Das »Specimen
Phiiologiae«,den »Poetischen Trichter«, den »Teutschen Sekretär«,
zu überwinden, dazu fehlt es wühl den meisten Menschen heut-
zutage an Energie und Geduld. B. führt uns in fesselnder
Übersicht nicht nur den Inhalt so prägnant und ausführlich vor,
dafs man dadurch der Mühe, zum Original zu greifen, meist
tiberhoben wird, sondern er versieht seine Darlegungen mit
einem trefflichen Kommentar, der uns Uber Ursache, Entstehung
und begleitende Nebenumstände erfreulich aufklärt. Die gewal*
tige und gründliche Arbeit, die in diesen Ausführungen steckt,
wird nur derjenige völlig würdigen können, der sich selbst ein-
mal durch ein Werk H.'s hindurchgewunden hat.
Das dritte Kapitel: »Die Fra.uen'/immer^esprächspiele«
zeiut uns den Polyhistor Harsdörfer in seiner ganzen Mannig-
faltigkeit. Ein erleichterndes Aufatmen, ein > Gott Loh i scheint
den Satz B.'s begleitet zu haben: »Wir sind am Ende angelangt
unseres Ganges durch den Irrhain der Gesprächspieie, ein
wahres Labyrinth des Zeitwissens. c £s ist unmöglich, in kurzem
Referate eine Skizze des überreichen Inhaltes zu geben. Knapper»
und andererseits in den Hauptideen wieder erschöpfender, als
B. die Gesprächspiele behandelt, lassen sie sich überhaupt nicht
darlegen. Er hat eine Sandwttste mit menschlicher Ausdauer
durchgesiebt, und eine Keiiic echter Goldkorner sind zurück-
geblieben.
In der Kinkitung zu Kapitel IV sDer Hirtenorden an der
Pegnitz <<; otTenbart sich der formgewandte Schriftsteller. Sprachiicli
und stilistisch bietet dieser Abschnitt das beste der ganzen
Arbeit. Wie die Überschrift angibt, erfahren wir die Gründung
des Blumenordens und seine Entwickelung unter Harsdörfers
Leitung. Manche Irrtümer werden aufgeklärt, die Stellung von
Harsdörfer und Klaj beleuchtet. Für die Geschichte des
Ordens ist dcmgemäfs dieses Kapitel das wichtigste. Hervor-
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gehoben sei auch die prägnante Charakteristik Klajs und
•seiner Werke.
Kapitel V »Harsdörfer als didaktisch -religiöser Schrift-
steilere bietet eine Fülle kulturhistorisch interessanten Materials.
Gleichzeitig ist das Glaubensbekenntnif; H.'s darin hieilergelcgt.
Eine gröfsere An/.ahl geschickt ausgewählter Proben crniDi^lic ht
uns, im Verlaufe der Darstellung uns selbst unser Urteil ui)er
H als religiösen Dichter zu bilden. Die aufserordentliche Hc-
iesenheit H.'s tritt auch in diesem Kapitel wieder grell zu Tage.
Kapitel VI »Harsdörfers mathematisch-naturphilosophischc
Schriften!, das von Herrn Professor Rudel behandelt ist, ent-
zieht sich meiner Beurteilung.
Als Anhang ist beigegeben ein ansfttbrltches Verzeichnis der
Schriften Harsdörfers und dichterische Proben aus seinen Werken.
B. legt in der Vorrede die Grundsätze dar, nach denen
er seine Abhandlung aufgebaut hat. Und wenn wir das gaiue
Werk nun zum Schluts überschauen, dann müssen wir sagen,
dafs diese Grundsätze die richtigen waren. Vor uns entrollt
liegt klar und bis in die kleinsten Züge hinein erkenntlich Hars-
dörfers Bild, und dieses Bild ist unter der Hand des Fertigers
ein anmutendes und erfreuliches geworden. Anordnung und Be-
handlung des Ganzen sind mit aufserordentlichem Geschick
durchgeführt und gestalten es zu einem wertvollen Beitrage der
Literatur des 17. Jahrhunderts. Das gewissenhaft angefahrte
reiche Quellenmaterial zeugt von der peinlichen Sorgfalt, mit
der der Verfasser an die Losung seiner Aufgabe herangetreten
ist. Kürze der Zeit und die Ptbchten des Jicrufs mögen bis-
weilen hinderlich gewesen sein — ich vermute, sie sind auch
Schuld daran, dafs wir ein Namen- und Sachregister, das die
Benützung des Werkes erleichtern würde, entbehren müssen.
Weit kürzer gefafst, als die Arbeit von B., ist der II. Teil
der Festschrift: »Sigmund von Birken, genannt Betulhts. 1626 bis
1681. Von Aug. Schmidt.« Die Erklärung ist darin zu suchen,
dafs die notwendige literaturgescbichtliche £ntwickelung bereits,
wie wir sahen, von B. erledigt war, hier aber nicht wiederholt
zu werden brauchte.
Birken ist der ?>halter, der zweite Vater des pegnesischen
Blumenordens, »ohne Birken hätte er das Schicksal aller jener
— 240 —
literarischen Gesellschaften geteilt» die vor und zugleich mit
ihm in anspruchsvoller Weise sich ihres Daseins gertthmt hatten
und längst von der fiildfläche verschwunden sind.« Birken ist
nicht Nürnberger. Er stammte aus Wildenstein in Böhmen, wo
sein Vater Pfarrer war. Letzteren zwangen die Verhältnisse
während des SOjährigen Krieges mit seiner Familie auszuwandern
und sein Weg führte ihn über Hohenberg und Bayreuth im
Jahre 1632 nach Nürnberg. Hier wurde er zum Diakonus in
der Kirche zum heiligen Geist gewählt und verblieb in Nürnberg
bis zu seinem Tode« Sein Sohn Sigmund studierte in Jena,
mufste aber aus Vermögensrficksichten die Universität wieder
verlassen und kehrte in seine Vaterstadt zurück. Hier trat er
Harsdörfer näher, der den begabten Jttngling schätzen und
lieben lernte und ihn im Jahre 1645 in den pegnesischen
Blumenorden aufnahm. Charakteristisch ist die Thätigkeit, welche
Birken im Orden nach Haisdorfers Tode entfaltete, noch bevor
er zum Vorsteher erwählt war. Sein Verhalten zeigt eine kluge,
diplomatische Berechnung, der er nach Sch s. Darstellung zum
Glücke des Ordens die Präsidenwttrde zu danken hatte.
Bedeutungsvoll für Birken wurde die Stellung als Infor-
mator und Instruktor der Söhne des Herzogs August von Braun>
schweig, welche ihm durch die Empfehlung HarsdOrfers zu Teil
wurde. Wenn auch seine Thätigkelt in Wolfenbüttel nicht von
langer Dauer war» so blieb ihm doch die Gunst des Herzogs
und seiner Söhne erhalten, die sich bisweilen als »goldener
Regen« kund that. Birken selbst hat zwei seiner Schriften den
Her/.ugen gewidmet. In der Dannehergischen Heldenheut*
von 1648 konnte er sogar 2 Kupferstiche verwenden, die Herzog
Anton Ulrich gefertigt hatte. —
Die hervorragenden Verdienste Birkens um den Blumen-
orden, sowie seine Thätigkeit als Dichter und Schrifisteller sind
von Sch. gebührend gewttrdigt worden, ohne dafs er sich zu
einer Überschätzung seines Helden hätte verleiten hissen. Er
stellt ihn im Beginne seiner Behandlung in Gegensatz zu Hans
Sachs: »Sachs ist der ehrenfeste, bescheidene Mann und Bürger
im stark und dauerhaft gewebten Gewände und dem festen
seilest gefertigten derben Schuhwerke, wahrend Hirken im seidenen,
spit^enüberladeucn Gewände und in Sclmabelschuhen einher«
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stolziert und seine Blumenstrftufse unter tiefen Bücklingen, aber
selbstbewufst überreicht.!*
Die durch ihre gewandte und schöne Darstellung ausge-
zeichnete Arbeit gibt ein, wenn nicht völlig erschöpfendes, so
(lucli der Bedeutung Birkens durchaus genügendes Hild, so dals
auch sie als ein wesentlicher Beitrag nicht nur zur (icschichte
des Ordens, sondern auch der Deutschen Literatur zu begrülsen ist.
F. Fuhse.
Nürnberg. Festschrift, dargeboten den Mitgliedern
und Teilnehmern der 6$. Versammlung der Gesellschaft
deutscher Naturforscher und Ärzte vom Stadtmagistrate
Nürnberg, herausgegeben im Auftrage desselben von
Oberarzt Dr.W. Beckh, Dr. med. F. G o Idschmidt, Architekt
E. Hecht. Mit vielen Abbildungen und Plänen. Nürnberg, 1892.
Johann Leonhard Sclirag (in KomraissionV 8**. VIII und 558 S.
Im September lb02 sollte in Nürnberg die 65. Versammlung
der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte stattfinden.
Wegen Ausbruchs einer schweren Choleraepidemie» von der die
Stadt Hamburg heimgesucht wurde» mufste sie auf das folgende
Jahr verschoben werden. Die Festschrift, welche die Stadt
Nürnberg dem im Jahre 1893 in ihren Mauern tagenden Kongresse
widmete, ist also schon im Jahre 18Q2 entstanden und trägt
deshalb auch diese Jahrzahl auf dem Titel; ausgegeben aber
wurde sie erst im Jahre 1893. Trotz ihres zum Teil bedeut-
samen Inhalts und ihres Wissenschaft! iclien Wertes wird ihr
schwerlich das Schicksal erspart geblieben sein, welches soldien
Gelegenheitsschriften in der Regel zu Teil wird: sie wird von
Vielen durchgeblättert und gelobt, aber nur von Wenigen gelesen
und studiert worden sein. Sie verdient aber ein besseres Schicksal»
wenn sie auch die Spuren ihrer raschen Entstehung an sich trägt
und bei der Menge der Mitarbeiter nicht in allen Teilen gleich-
wertig ist, und namentlich sollte ihr die volle Beachtung aller
derjenigen zu Teil werden, welche Sinn und Interesse ffttr die
Geschichte Xürnliergs haben. Denn ihr reichhaltiger Inhalt be-
schränkt sieii nicht etwa auf die Schilderung der modernen
Einrichtungen des so hoch entwickelten Gemeinwesens auf den
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Gebieten der Hygieine und des SanitStswesens, der Kranken- und
Wohlthätigkeitsanstalten, der Wissenschaften und des Unterrichts,
der Verkelirsanstalten, des Handels und der Gewerbe, der Kunst
und der Musik, welche insgesamt in den Bereich der Besprechung
gesogen sind, sie enthält vielmehr anch eine Reihe von Bei-
trägen historischen Inhalts, welche atis der Feder berufener
Verfasser stammen tmd auf bisher wenig oder lange nicht mehr
von der Geschichtsforschung bebauten Wissensgebfeten neue und
wertvolle Aufschlüsse geben. Die VerschiedeiKii ti-keit des be-
handelten Stuffes verbietet es von selbst, an ilieser Stelle auf
die sämtlichen Abschnitte des umfangreichen Werkes näher ein-
zugehen. Nicht unterlassen aber wollen wir, unsere Leser auf
einzelne in dem Buche enthaltene Abhandlungen hinzuweisen
und zum Studium derselben ansur^en. Professor Dr. Sigmund
Günther in München hat der Geschichte der exakten Wissen»
Schäften und ihrer Pflege in der alten Reichsstadt selbst, wie
an der von ihr gegründeten Universität Altdotf eine Studie
gewidmet, welche nicht nur von dem umfassenden Wissen des
Verfassers auf diesem Gebiete und von seiner hervorragenden
Darstellungsgahe aufs Neue rühmliches Zeugnis gibt, sondern
wüiil auch als die n ollstäncligste Übersicht über die Leistungen
unserer Vorfahren in dieser Richtung gerühmt zu werden ver-
dient. Was bei dem Mangel entsprechender Vorarbeiten und
der Kürze der 2^it über die Bestrebungen der Alchemisten im
alten Nürnberg und Uber die Geschichte der Chemie berichtet
werden konnte, hat Prof. Dr. Hermann Kämmerer In übersicht-
licher und ansprechender Weise susammengestellt, während der
leider inzwischen verstorbene Professor Emst Spiels in semem
Essai über die Pflege der beschreibenden Naturwissenschaften
ein recht anschauliches una anziehendes Bild der wissenschaü-
lichen Bestrebungen unserer Vorfahren auf diesem Gebiete ent-
worfen hat. Mancherlei noch unbenutztes archivalisches Material
hat Stadtarchivar Mummenhoff in seinem Beitrage »Geschicht-
liches zur Heilkunde in Nürnberg« verwertet und die aus seiner
Feder herrührenden, unter diesem Titel zusammengefafsten
Abhandlungen Uber die v Ärzte und das Kollegium medicum«,
»Wundärzte«, »Hebammen i und die »Universität Altdorf«, welche
in kurzen Strichen» aber mit der dem Verfasser eigentümlichen
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Sorgfalt und Gründlichkeit die bexeichneten Themata behandeln,
erwecken ebenso wie seine an späterer Stelle abgedruckten
trefBichen Untersuchungen »Zur Geschichte der Seuchenhäuserc
den lebhaften ' Wunsch, dafs einmal auch die Geschichte des
Mcdizinalwesens im alten Nürnberg einer gründlichen und zu-
sammenfassenden, wissenschaftlichen Bearbeitung unterzogen
werden mochte. Apotheker Hermann Peters, der in seinem
vortrefflichen Werke >Aus pharmazeutischer Vorzeit < schon so
manchen wertvollen Beitrag gerade zur Geschichte Nürnbergs
geliefert hat, bebandelte in gleich übersichtlicher und anziehender
Weise die Geschichte des Apothekenwesens in Nürnberg. Vor-
geschichtliches und Anthropologisches aus der Gegend von
Nürnberg hat der auf diesem Wissensfelde gans vorzüglich
heimische, leider inzwischen auch verstorbene Bezirksarzt Dr. Hagen
geboten. Endlich verdient die umfassende Studie des städt.
Schulrats Prof. Dr. (ihiuning über die Volksschulen und Schul-
hausbauten unter den historischen Beiträgen des Buches um
ihrer gründlichen und übersichtlichen Darstellung des Stoffes
willen t^anz besonders hervorgehoben zu werden. Erscliöpft
ist damit die Aufzählung des in der Festschrift verarbeiteten
kulturhistorisch wertvollen Materials noch lange nichts aber wir
müssen uns mit dieser kurzen Übersicht aus Rücksicht auf den
uns zur Verfügung stehenden Raum begnügen. Wir empfehlen
die Festschrift, die mit zahlreichen, kulturhistorisch interessanten
und sonstigen Abbildungen und Plänen ausgestattet und mit
einem trefflichen Bilde des verstorbenen I. Bürgermeisters Frei-
herrn V. Stromer geziert ist, allen irreunden der Geschichte
Nürnbergs zum eiirigen Studium. -ss.-
Soziale Kämpfe vor dreihundert Jahren. Alt nürn-
bergische Studien von Bruno Schönlank. Leipzig, Verlag
von Dunker & Humblot, 1894. 8. XII und 212 S.
Die Geschichte hat, wo sie als Hüifswissenschaft anderer
Diszipimen erscheint, entsprechend ihrem Hauptberufe die Auf-
gabe, das Werdende darzustellen und damit unter Vergleichung
der Entwicklungsstufen das Gewordene zu erklären. Der mitten
in den sozialen Kämpfen der Gegenwart stehende Verfasser
i6*
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des hier zu besprechenden, auf früheren Spezialarbeiten auf-
gebauten Buches zeigt schon durch dessen Titel, dafs es ihm
daxom zu thun ist, die Zustände der jetzigen und der von ihm
bearbeiteten Zeit neben einander zu stellen. Wenn dabei auch
hie und da moderne Verhältnisse in nicht völlig zutreffender
Weise auf historische Thatsachen übertragen und letztere vom
Kampfstandpunkte und nicht vom ruhigen Platze des unbe-
teiligten Zuschauers aus beurteilt werden , so gewinnen wir doch
andrerseits ein höchst anschauliches und im (ianzen zutreffendes
Bild der vom Verfasser geschilderten Kilmpfe der Gc^scllen-
organisationen im alten Nürnberg. Darin dürfte ein Haupt-
verdienst des für einen weiteren Leserkreis bestimmten Buches
liegen, welches aber auch in einer Reihe von Punkten unsere
Kenntntsse von den GeseUschaften der > Gesellen c erweitert.
Dabei tritt ftlr Nürnberg vor Allem die beherrschende Stellung
des Rats hervor, der schon das Aufkommen der Zünfte hintan-
gehalten hatte, die Befugnisse ausübte, welche anderswo letzteren
zustanden, und den Gesellenverbänden schon in ihrer frühesten
Form als religiöser Bruderschaft entgegentrat, in welcher sie im
1 5. Jahrhundert sonst sicli neben die religiösen Genossenschaften
der Meister unbeiieUigt stellen konnten. Vgl. Gierke, Genossen«
schaftsrecht I S. 404. Und wenn der Rat schon diese harm.
loseren Bildungen einer Zeit, die den scharfen Gegensatz zwischen
Gesell und Meister noch nicht kannte, bekämpfte, so wird seine
Stellung eine noch energischere im 16. Jahrhundert gegenüber
den nun beginnenden sozialen Organisationen des Gesellentums:
wenn da der Rat 1520 den Kannengiefsergesellen den schrift-
lichen Verkehr mit auswärtigen Genossen verbietet und auf den
Auszug der Gesellen hin ihnen, für den i"\dl sie binnen kurzer
Frist nicht zurückkehren, auf ewig die Stadt Ncrbietet und gleiche
Drohung l 'jjQ den Kefslergesellen gegenüber aufstellt, die wegen
Versagung einer Lehrjungen- Ordnung durch den Rat von ihren
Meistern »Urlaub genommene haben, so ist das derselbe wirtschaft-
liche Kampf, der heute den Unternehmer veranlafst, auf die
Arbeitseinstellung mit der Aussperrung der Arbeiter zu antworten.
Sieger blieb aber zunächst das Gesellentum, das in der Mitte
des 16. Jahrhunderts zu Gesellenordnungen gelangte — die
Beutlergesellenordnung ist S. 58 und 181 abgedruckt ~, in
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— 245 —
einem Teile der Gewerbe das Recht der Schenke errang und
damit einen Krystallisationspunkt für die ortsanwesenden und
für die zureisenden Gesellen, den Arbeitsnachweis und eine
gewisse niedere Standesgerichtsbarkeit über seine Angehörigen
erhielt, womit dann wieder die dem Schuldigen auf weite Ent-
fcrrum^^en folgende Verrufserklärung im Zusammenhang stand.
Gegenüber diesem Maclitzuwarlis der Gesellenverbände begann
nun das Reich, besonders auf Andrängen von Augsburg, Ulm
imd den hansischen Städten, einen 36jährigen Kampf, der uns,
soweit Nürnberg in Betracht kommt, in interessanter Weise ge>
schildert wird. Die erlassenen Verbote konnten einer so aus-
gebreiteten und bei der Abschliefsung der Meisterverbftnde so natür-
lichen Bewegung gegenüber höchstens dann auf Durchführbarkeit
rechnen, wenn gleichzeitig und im ganzen Reiche vorgegangen
wurde. Aber, wie in anderen Dingen auch, gerade in den
kaiserlichen Krblanden hatte man hiezu keine Lust. Der Nürn-
berger Rat, der dies wohl einsah, licfs sich deshalb lauge drängen,
den seit 1530 beginnenden Reichsgeset/en nachzukommen. Als
er 1551 die Schenken aufliob, begann ein so heftiger Kampf
der auswärtigen Gesellen, die keinen Nürnberger mehr »förderten,
zur Arbeit zuliefsen oder für redlich halten wollten«, dafs der
Rat nach dem Vorgange von Augsburg, Ulm, Strafsbuiig, Worms,
Frankfurt a. M. und Mainz zur Wiederherstelluug der Schenken
gezwungen war. Auf einen Reichsabschied von 1 566 hin gingen
dann zwar der fränkische, schwäbische und bayerische Kreis
und mit ihnen auch Nürnberg geschlossen vor, aber auch die
Gi. i;en\vchr der Gesellen wird noch heftiger, und trotz des Wider-
spruchs einzelner Städte kommt es in Nürnberg 1573 zu einem
Katsverlafs, der die Schenken, die Umfragen, das Zuschickwesen
nur in etwas beschränkter Weise anfs Neue einführt; auch die
Handwerke, welche bis dahin diese Rechte nicht besafsen, er-
halten sie nach und nach in den zahlreichen Gesellenordnungen,
welche der Rat erlassen mufste. Schönlank schildert uns noch
die Funktionen, welche die Organisationen bis zum 17. Jahr-
hundert ausübten und schliefst mit einem kurzen Blick auf die
Zeit nach dem 30jährigen Kriege, wo die > Machtstellung der
Reich*?stadt vernichtet war und ihr /allgemeiner wirtschaftlicher
Niedergang auch den raschen Verfall des Handwerks bedeutete.«
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— 246 —
Möge diese Zeit uns zur Lehre dienen, dafs die sozialen Interessen-
kämpfe nur so lange eine Berechtigung haben, als sie nicht
den Bestand des Ganzen, das Wohl des alle Klassen umfassenden
Vaterlands gefährden 1
Dr. Süberscfamidt«
Alt-Nürnberg. Geschichte einer deutschen Stadt
im Zusammenhang der deutschen Reichs- und Volks-
geschichte von -Ludwig Rösel. Mit einem Titelbild und
einem histor. Plan der Stadt. Nürnberg, 189j. Friedr. Korn'sclie
Buchhandlung. 8^. X und 686 Seiten.
Der Versuch, die Geschichte der Reichsstadt Nürnberg
in ihrer ganzen Entwicklung im Zusammenhang darzustellen, ist
noch nicht oft gemacht worden. So um&ngreich die historische
Literatur über Nürnberg ist. so dafs eine vollständige Norika-
sammlung eine Bibliothek für sich bildet, so klein ist die Zahl
der zusammen fassenden Darstellungen, die Anspruch auf den
Namen »Geschichte Nürn!)er<is crhel>en können. Es ist schwer
zu f^airen, worin diese Erscheinung ihren Grund hat; aber That-
sache ist, dals wir über die historische Entwicklung eines der
bedeutendsten Gemeinwesens des heiligen römischen Reichs
deutscher Nation, seine Blüte und seinen Verfall kein Werk be-
safsen, welches die Ansprüche modemer Leser vollständig zu
befriedigen vermocht hätte. Von zwei Seiten ist nun in neuester
Zeit der Versuch gemacht worden, diese Lücke auszufüllen.
Joh. Paul Priems, des vormaligen Custos der Stadtbibliothek,
vor zwanzig Jahren ers( hiencne Geschi( lite der Stadt Xurn!)erg
wird vom jetzigen Inhalier seines Amtes, Herrn Dr. Emil Keieke,
neu bearbeitet und vollständig umgestaltet; das Werk erscheint,
reich illustriert, in Lieferungen und ist noch nicht vollendet,
seine Besprechung wird am besten bis zu seinem völligen Ab-
schlufs verschoben. Mit einem abgeschlossenen Werke unter
dem oben aufgeführten Titel bat zu £nde des vorigen Jahres
Herr Ludwig Rösel die Freunde der Geschichte Nürnbergs
überrascht. Der Verfasser ist nicht Historiker von Beruf; in
vorgerückten Jahren vertiefte er sich in die Geschichte seiner
zweiten Vaterstadt und fand sich unbefriedigt durch die vor-
— 247 —
liegenden Gesamtschilderungen ihrer Vergangenheit. Er ent-
schlofs sich, selbst eine volkstümliche Darstellung der Geschichte
Nürnbergs zu schreiben» und bietet uns heute das Ergebnis
zehnjährigen eifrigen Studiums und sorgsamer Verwertung der
gcwonaciicn Resultate, Das Buch unterscheidet sich vor Allem
in zwei wesenthchen Dingen von seinen Vorläufern. Dem Ver-
fasser war es darum zu thun, die Geschicke der Reichsstadt
Nürnberg im engen Zusammenhang mit den grofsen Zeitereignissen
im Reiche zu schildern; er bemühte sich, in kurzen Strichen
den Hintergrund zu zeichnen, auf dem sich die Geschichte
Nürnbergs abspielt, und versucht namentlich die handelnden
Hauptpersonen klar und scharf zu charakterisieren. Man kann
gewifs darüber streiten, ob das Alles in die Geschichte einer
einzelnen Stadt hineingebort und ob dadurch nicht das Bild
der Stadtgeschichte verdunkelt wird oder an Deutlichkeit ver-
liert; man kann auch darüber verschiedener Meinung sein, ob
der Verfasser, wenn er sich einmal diese Aufgabe stellen wollte,
das richtige Mais getroffen und das Prinzip konsequent durch-
geführt hat. Dagegen glauben wir uns nicht zu täuschen, wenn
wir behaupten, dafs der Verfasser gerade damit sich einem grofsen
Teile der Leser, auf welche das Buch berechnet ist, zu grofsem
Dank verpflichtet hat. Die historische Bildung weiter Volks-
kreise ist nicht weit her und sie empfinden es keineswegs als
eine Ueberhebung des Erzählers, wenn er nicht allzu viel als
ihnen bekannt voraussetzt. Andererseits verläfst der Verfasser
die bisher iii>}iche Methode der chronikenartigen, streng chrono-
logischen Aufzählung der Thatsarhen. Er grui>piert seinen Stoff
so, dafs abgerundete Einzelbilder entstehen, von denen jedes
für sich Interesse erregt. Das Buch hat dadurch an Volks-
tümlichkeit gewonnen; der Leser ist nicht genötigt, es stets
von Anfang bis zu Ende durchzuarbeiten, er kann das eine
oder andere Kapitel herausgreifen uud erhält durch seme Lektüre
ein selbständiges, anschauliches Bild einer gewissen Zeitperiode
oder charakteristischen Erscheinung. Dabei ist die Sprache
und Darstellung eine äufserst frische und lebendige, mitunter
sogar — wir mochten fast sagen — derbe; die Charakteristiken
sind scharf und prägnant, bisweilen ein wenig subjektiv gefärbt,
in der Hauptsache aber doch zutreüend. Die Ergebnisse der
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— 248 —
neuen Forschungen hat der Verfasser gewissenhaft benützt; dafs
da und dort kleine Unrichtigkeiten unterlaufen sind, kann dem
Werte der ganzen Arbeit keinen Eintrag thun. Ein näheres
Eingeben auf das verdienstliche Buch verbietet uns der uns
zugemessene Raum. Mit bestem Gewissen aber können wir
Röscls Altnürnbcrg der Autmcrksainkeit unserer Leser empfehlen;
das Burh wird nach unserer Überzeugung ein l)clicl)tes, gerne
gelesenes Nürnberger Hausbuch werden, ilas kein guter Nürn-
berger in seinem Bücherschrank wird missen wollen. -ss.-
Die Hans Sachs-Literatur zur 400jährigen Jubelfeier.
Die Tage der Jubelfeier unseres Hans Sachs sind vorbei,
die Festesweisen längst verklungen. Es ist nun die Aufgabe
der literarischen Kritik zu sammeln und zu sichten, was in jenen
Tagen der Begeisterung Bleibendes zu Ehren des Hans Sachs
gesclmfTen worden ist. Ks war voraus/uselicn, dafs die meisten
derjenigen, die sich schon seit längerer Zeit den Nürnberger
Meister zum Gegenstande liebevoller Betraciitung oder eifriger
Forschung gewählt hatten, den seltenen Gedenktag nicht vor-
übergehen lassen würden, ohne dem Gefeierten ein literarisches
Denkmal zu setzen; aber auch Manche, die nicht zu den zünf-
tigen Hans Sachs -Kennern gehörten, fühlten sich, fortgerissen
durch die liebenswürdige Persönlichkeit des Dichters, gedrungen,
ihm eine Festgabe darzubringen. Wie es bei derartigen Festes*
gelegcnheiten zu gehen pflegt, sind die dargebotenen Gaben
ebensu verschieden an Unitang, wie an Wert. In dem I5erichte,
den ich an dieser Stelle von ihnen zu geben habe, müssen
unbedeutende i'.rscheinungen ganz ausgeschlossen bleiben, insbe-
sondere mufs ich — mit wenigen Ausnahmen — darauf ver-
zichten von den vielen kleineren oder gröfseren Artikeln Notiz
zu nehmen, die in der Tagespresse» in Zeitschriften oder als
Festreden gelegentlich der Feier ans Licht kamen. Wer fühlte
oder gerierte sich in jenen festlichen Tagen nicht als Hans
Sachs -Kenner! Und oft war die Absicht löblicher als die
Ausflihrung.
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— 249 —
•Als eine der ersten Gaben erschien auf dem Plane, etwa
ein Jahr vor der Feier, das Buch »Hans Sachs und seine
Zeit. Ein Lebens- und Kulturbild aus der Zeit der
Reformation*)c von Rudolph Genee. Schon im Jahre
1882 hatte der Verfasser in seinen »Lehr- und Wander-
jahren dos de ut seilen Sc Ii au Spiels ; (Herlin 1882) dem
Nürnberger Meister einen gröfseren Abschnitt (S. 85 — 116)
gewidmet und dann spater, ab^'esehen von einzelnen Vorträgen
und Artikeln in Zeitungen und Zeitschriften, ein Büchlein :jHans
Sachs, Leben und ausgewählte Dichtungen« (ßerl. 1888) ge-
schrieben, worin die biographisch-kritische Abhandlung 44 Seiten
umfafste. In letzterer erklärte G., dafs er »nicht im mindesten
den Anspruch macheu kann, damit eine literarhistorische Studie
zu bieten.« Anders tritt der Verfasser hier auf, wo er, »das
Kulturbild einer .... ereignisvollen Zeitepoch'e, in der das
Leben und Wirken des . . merkwürdigsten deutschen Volks-
dichters aller Zeiten den durcligehenden Faden bildet« zeichnen
-Avill. Fürwahr, eine schöne und keine leichte Aufgabe! Das
Leben des Dichters umspannt drei Generationen, die Kegierungs-
zeit von vier deutschen Kaisern, die gewaltige Zeit des Ringens
des in seinen Grundfesten wankenden Mittelalters mit der mächtig
heranfiutenden Neuzeit, die wunderbare Bltttenperiode der Renais-
sance, die ewig denkwürdige Zeit der Erschliefsung eines neuen
Weltteils, der Reformation und ihrer Wandlungen und grofser
politischer Ereigmsse. Nicht leicht dürfte im 16. Jahrhundert
eine zweite Persönlichkeit zu finden sein, die in ihren Schriften
alle diese Strömungen einer grofsen Zeit vollständiger und ge-
treulicher wiederspiegelt als Hans Sachs. Aus diesem Grunde
war (lenee's Thema als ein durchaus gluckliches zu begrüfsen.
In der Ausführung mufste das Augenmerk des Darstellers darauf
gerichtet sein, den Dichter überall in den Mittelpunkt zu stellen.
Er hatte zu zeigen, wie Hans Sachs aus den Verhältnissen seiner
Zelt heraus erwuchs, wie er auf diese Verhältnisse einwirkte oder
wie er ihren Entwicklungsgang begleitete und selbst von ihnen
fortgesetzt beeinflufst wurde. Bei der ungeheuren Fülle des
*\ Mit i66 in den Text gedruckten Abbildungen, vielen Facsimilet
nach den Handschriften und NoienbeiUgea von Meuterliedern. Leiptig,
J. J. Weber, 1894.
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Stoffes war weise Einschränkung dringend geboten, es war nötig,
in grofsen Zügen zu malen, ausführlicher das Bedeutende, kurs
das Nebensächliche zu behandeln und bei aller Vollständigkeit
galt es, den Dichter nicht durch das Kulturbild erdrücken zu
lassen. Handelte es sich doch in erster Linie um Hans Sachs
selber. Eine derartige Arbeit stellte aber die höchsten An-
forderungen an den Mann: Er mufste ein ebenso grtindlii'her
Kenner der mittelalterlichen Literatur und Kultur, wie der der
Reformationszeit sein, er mufste mit der Entwicklung der Renais-
sance, mit den Bestrebungen des Humanismus, mit der Geschichte
der zu schildernden Zeit in allen ihren Erscheinungen, sowohl
politischer Art, als in Wissenschaft, Kunst und Dichtung innig
vejtraut sein und aufserdem ein wahrer Künstler sein, um das
Ganze zu einem plastischen Bilde zu gestalten. Treten wir mit
dieser Erwartung an das Gentfesche Buch heran, so erleben wir
eine gevsaltige Enttäuschung. Wir sehen, wie der Verfasser mit
dem riesigen Stoffe ringt, und ohne sicli aurh nur über seinen
ganzen gewaltigen Umfang klar zu werden, anstatt ihn zu meistern,'
von ihm bemeistert wird. Die Anlage des Buches ist durchaus
verfehlt, das Verhältais der einzelnen Teile zu einander nicht
entsprechend, unharmonisch. Die Schilderung der Kulturzuständc,
welche ganz äufserltch neben der Biographie und Thätigkeit
des Dichters einherläuft, weist einerseits klaffende Lücken auf
und ist anderseits oft derart durch einseitige Betonung neben-
sächlicher Dinge in die Breite geschwollen, dafs Wichtigeres
darunter zu leiden hatte. Besonders ist der Dichter zu kurz
gekommen. Wir erfahren blutwenig von seinem dichterischen
Entwicklungsgange. Sein Leben und Waken ist in nicht zu
rechtfertigender Weise aus einander gerissen, so dafs man ihn
oft lange völlig aus dem Auge verliert und unmöglich einen
klaren Gesamteindruck von setner Thätigkeit gewinnen kann.
£r wird, besonders in den ersten zwei Dritteln des Buches,
geradezu von dem Kulturbild erdrückt. Gleichwohl könnte das
Buch bei allen diesen Mängeln noch recht viel Gutes stiften,
wenn der Verfasser nicht auf jeder Seite die betrübendsten
Beweise gröfster Oberfla'cWichkeit und tmgenügender Sachkenntnis
fabt auf allen einst lilaj^i^en Gebieten an cien Tag legen wurde.
Ich will sogleich meine Behauptungen im einzelnen zu belegen suchen«
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Zunächst ein Wort ttbei den Titel des Buches. Da G.
uns eigentlich nur die Stadt Nttrabeig in jener Zeit schildert
und fast nie darüber hinausstrebt, so hätte er den Titel iH. Sachs
und Nürnberg zu seiner Zeit« wählen müssen. Jetzt decken
sich Inhalt und Titel in keiner Weise. — Ilms Sachsens Poesie
haftet mit 1000 Fäden im Mittelalter, l'ei seinem Auftreten
fufst der Dichter der Form, dem Stoffe und dem Geiste nach
ganz auf der mittelalterlichen Dichtung und wir sehen ihn während
seines langen Lebens zu dieser Quelle immer wieder zurück-
kehren. Welchen breiten Raum nehmen bei ihm die Allegorie,
das Kampfgespräch» die Vision, diese Lieblingskinder des Mittel-
alters einl Er knüpft ferner an das Mysterium direkt an» frischt
die poetischen Schwänke des Mittelalters (Fabliaux) auf und
bentttzt in ausgiebiger Weise die den Ritterepen entsprofsten
Prosaroniane , sowie andere Volksbücher. Aber er gestaltet
dieses Material mehr und mehr im Sinne der eigenen Zeit um.
Er rettet aus Trümmern und Schutt des verfallenen Mittelalters
manch köstlich Gut, um es, geprägt mit dem Stempel des eigenen
Geistes der Mit- und Nachwelt zu überliefern. Es war also
nötig, von der mittelalterlichen Dichtung den Ausgangspunkt zu
nehmen, den Gegensatz zwischen mittelalterlicher Anschauung
und Dichtung und derjenigen der Renaissancezeit zu erläutern,
es war femer nötig, alle die Momente klar zusammenzufassen,
welche die Ideen jener Zeit und damit die des Dichters umge-
stalteten. Indes sucht man nach diesen Dingen bei G. vergebens.
Welche Rolle in jenen Tagen das wiedererw achte Altertum ge-
spielt, insbesondere welchen Eiiiiluls cer Humanismus auf H. Sachs
selbst ausgeübt, das sollte doch in einem Kulturbilde, in dessen
Mittelpunkte der fruchtbarste, vielseitigste Dichter der Renais-
sancezeit steht, deutlich zur Sprache kommen, jedoch G. schweigt
sich gründlich dartlber aus. Aufser Pirkheimer — dessen
Kinflufs auf H. S, mit keinem Worte berührt wird — und Celtis,
werden nur gelegentlich, so zu sagen, zufällig noch ein paar
Humanisten erwähnt, ohne dafs sich G. die Frage vorlegte, ob
der wifsbegierige Meister nicht in irgend einer engeren Beziehung,
wenn auch nicht persönlich zu den hochmütigen llunianisicn,
so doch zu dem Humnnisnius stand. Und das war sicher der
Fall. So ist z, B. seine poetische Tliätigkeit von 1526 — 1538,
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— 252 —
besonders .nif dramatisrhem Gebiete, vorwiegend von huma-
nistischen Vorbildern beeinfinfst. Man darf daraus schliefsen,
dafs die 1526 erfolgte Gründung des Ägidtengymnasiums auch
für H. S. von Bedeutung war und dafs das aufserordentlich rege
humanistische Treiben» welches sich von diesem Augenblicke an
in Nürnberg entwickelte, in direktem Zusammenhang mit dieser
Schaffensperiode des Meisters stand. Näheres hierüber an anderer
Stelle. Ks ist dies nur ein aus der Menge herausgegritTeiies
Beispiel, um zu zeigen, wie wenig der X erfasscr bcilaclit war,
den ursächlichen Zusammenhang der Dinge zu ertorschen und
den Entwicklungsgang des Dichters klar zu legen. Bedauerlicher-
weise geht seine Unkenntnis so weit, dafs er selbst diejenigen
Humanisten nicht nennt» die, wie B. Chelidonius (lebte eine Zeit
lang in Nürnberg), Beroaldus (Franck-Wimpfeltng), Carolus
Aretinus, Bebel» Job. Agricola, A. v. £yb» J. Gjast u. a. direkte Vor-
bilder und Führer des Meisters gewesen^ und die G. offenbar
nicht kannte, obwohl ihr Verhältnis zu H. S. längst Gegenstand
der wissenschaftlichen lorschung war.*) Ich hcruhrc lüeinit einen
anderoM cnipfindlichen Mangel des Buches: G. beherrscht bei
weitem nicht die einschlagige Literatur.
Über die Naturanschauung der Zeit, über die Fort-
schritte der exakten Wissenschaften in jenen Tagen
und ihre Wirkung auf den Dichter erfahren wir kein Wort.
Kopemicus, Paracelsus, Agrippa von Nettesheim u. a. werden
nicht einmal erwähnt, nur Regiomontanus wird mit ^Z, Dutsend
Zeilen abgefertigt. Man vermifst auch einen kurzen Bericht
über die Reiselileratur, welche, teils noch aus dem Mittel-
alter herrührend, teils an den neuen Weltteil anknüpfend, da-
mals eine einllufsreiche Rolle spielte und unter den Quellen des
H. S. einen hervorragenden Platz einninnnt. — Obwohl die
künstlerische Seite des Kulturbildes in unserem Buche einen
unverhältnisinäfsig breiten Raum einnimmt, so kann man doch
nicht sagen, dafs sie irgendwie befriedigend ausgefallen wäre.
G. glaubte sein Ziel durch reichen Bilderschmuck und durch
*\ G. erwähnt zwar ein paar Mal den Erasmus von Rotterdam, dafs
dieser ;iber c nen nicht unerheblichen Eintlufs nuf H. S. und 7.war ebenfalls
in (1 r ^ hafTenspehode unmittelbar nach 1537 ausgeübt hat, blieb ihm
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— 253 —
zerstreute biographische Angaben über Nürnbergs gröfste
Kttnstler zu erreichen; 'höchstens verstieg er sich hin und wieder
zu kurzen Bemerkungen Über einzelne' Kunstwerke. Meines Er-
achtens durfte man mehr und doch wieder weniger in einem
Kulturbilde erwarten. Ich will mich nicht darüber auflialten,
dafs G. nur Nürnberger Künsllcr heranzog, während doch auch
auswärtige Kunstwerke ihren W eg nach der kunstliobenden Xoris
fanden; aber was sollten z. ß. die 5 Seiten über Öchedel's
Cbroniki die dazu noch zersprengten biogr. Angaben über Dürer
und andere Künstler? Das bedenklichste aber ist, dafs G. es
nicht verstand, sich von dem Einzelnen zum Allgemeinen auf-
zuschwingen und uns in grofsen Zügen ein Bild von der gewaltigen
Kunstentfaltung in jenen Tagen zu geben. Man vergleiche mit
G. beispielsweise, was M. Carri^re in seinem geistvollen Buche
»die Kunst in Zusammenhang der Kulturentwicklungc auf circa
25 Seiten (IV. S. 190 — 21 jj über die deutsche Kunst der Rcfor-
niatiunszcit vorljringt, und man wird sagen müssen, dafs das
was G. auf mehr als dreifachem Räume aus einander gezerrt
darüber mitteilte, einen kläglichen Eindruck daneben macht.
Ganz unbegreiflich ist es, dafs G. uns nicht darüber belehrt,
dafs H. S. durch Holzschnitte und Gemälde sehr oft direkte
Anregungen zu Dichtungen erhielt, und dafs er seinerseits häufig
genug auf die darstellenden Künste zurückwirkte. — Das Lebens-
bifd des H. S. enthält im Grunde nichts, was man, vielleicht
kürzer, aber darum nicht schlechter, in jeder landläufigen Bio-
graphie des Dichters, z. B. in Gence's eigener anspnichslosen
von 1888 lesen kaini. Ja, G. hat aus dieser ganze Stellen
wörtlich in sein sj>ateres Werk aufgenomi.ien. Die UnmöiiHchkeit
neue biographische Momente beizubringen, scheint nun den Ver-
fasser auf den unglücklichen Gedanken gebracht zu haben, den
Roman an Stelle der historischen Wahrheit treten zu lassen, um
sein Buch für die grofse Menge pikanter zu machen. Mit Er-
staunen liest man in dem »KulturbUd einer . . ereignisvollen
Zeitepoche« (S. 47—50} die der Phantasie unseres Kulturhisto-
rikers entsprungene Unterredung zwischen Sachsens Vater und
dem Messerschmied Andreas Sponn, Letzterer, den Roman
fortspinnend, mufs nocli ein paar Male, (S. 60 u. 248) auftreten,
aber — o Wunder über Wunderl — kurz vor seinem Ende
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war er, seines früheren Berufes satt, »Spenglermeisterc geworden
(S. 248). Wohldurch Inspiration weifsG., dafs die Jugendliebe unseres
Dichters zu. München »die vollwangige Tochter eines MOnchener
Spenglermeisters« war (S. 61), auf gleichem Wege erfuhr er wahr*
scheinlich auch, was er uns sonst über diese Lfebesepisode be-
richtet, und was er S. 73 — 75 über die Heimkehr des H. S.
von der W anderschaft, .S. 135 über den jungen Ehemann und
S. 36Q über die zweite Khe des alten Meisters erzähh. Das
Stärkste ist aber, was G. Seite 165 — 167 über das Verhältnis
zwischen Sachs und Osiander mitteilt. Unser Kiilturhistoriker
hat das ganze Gespräch zwischen den Beiden belauscht und
weifs genaUi dafs S. bei »Osiandeis Eintritt sein Buch eilig hin-
legtet, erwartend, »dafs der bertihmte Osiander sich ein paar
neue Schuhe bei ihm wolle machen lassenc, dafs sich »der gute
H. S.c »mit der Hand bedenklich nach seinem Kopfe fuhrt
u. dgl. mehr. Kurtum man glaubt eine Kindererzähhtng von
Franz HotTmann vor sich zu hvtL>ca.
Wende ich mich nach diesen mehr allgemeinen Aus-
stelkingen — die übrigens noch lange nicht erschöpfend sind —
zu Einzelheiten, so muls ich darauf verzichten, alle, oder auch
nur einen gröfseren Teil der sahllosen Verstöfse gegen die
Geschichte, Literatur und Kulturgeschichte zu verbessern» die
sich in dem Buche finden, meine Besprechung müfste sonst zu
einem Buche anwachsen. Manche Seiten strotzen förmlich von
Fehlem und verkehrten Behauptungen, und man wird wenig
Seiten finden, wo nicht mindestens irgend etwas schief oder
ungenau dargestellt wird. Der Verfasser ist, wie schon oben
erwähnt, ungenügend mit der einschlägigen Literatur vertraut
und zeigt sich durchaus unkritisch in der Wahl seiner Quellen.
OberÜächhchkeit und Hast trugen dazu bei, die Zahl der Unrichtig-
keiten zu vermehren. Ich lasse hier eine kleine Auswahl
folgen, lediglich um mein Gesamturteil zu belegen. Natürlich
greife ich nur solche Beispiele heraus, bei denen ich mich ganz
kurz fassen kann.*) S. 4 sagt G.: »Dem Burggrafen aber
hatte die Stadt eine jährl. Abgabe von 20 Pf. Heller
*) Meine Quellen sind für die histor. Facten: E. MummenhofTs »Alt-
Niirriher^« «nd 'das Rathaus in Niirnbergf, Hegels »Städte-Chrooikeni
J. ßauüers >Beitr. tut Kun&tgescb. Nürnbergs« u. a. Werke.
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— 255 —
zu zahlen.! Das ist uarichtig, von der Stadt als solcher be-
kamen die Burggrafen keine Abgabe; der Burggraf oder viel-
mehr dessen Offizial, der dem Landgerichte (Judicium provinciale)
in Nürnberg praesidierte erhielt '/g der Gerichtsgefitlle, aufser-
dem bezog der Burggraf bis z. J. 1386 die s. g. Schnitter- und
ilüt'stattprennige auf der Lorcn/.er Seite. — S. 5 und 7 spricht
G. von Zünften in N., daj,a\e;en ist zu erinnern, dafs es,
wenn man von der kurzen Zeit nach der Empörung v. 1348
absieht, in N. keine Zünfte mit freier Bewegung und Selbst-
bestimmung gab, sondern nur Handwerke, die in all ihrem Thun
vom Rat und dem Rugsamt abhängig waren. — Zu S. 5: Dafs
das Schmiedegewerk an der Spitze der Empörer stand, ist
nicht erwiesen und gar nicht wahrscheinlich. — S. 6 erwähnt G.
» Wo llenschl ä g e r« in N. ; diese kommen unter dieser Bezeichnung
nicht vor. — S. 7 sagt O.: »Das um 1 340 erbaute Rathaus.«
Er h;ittc genau 1332 — 1340 angeben sollen. — Jbid. liest man:
^K^uch die schönsten Kirchen N.'s St. Sebald und St. Lorenz
standen zwar schon . . . aber zu ihrer jetzigen Herrlichk eit
waren beide erst im folgenden (15. Jahrh.) gedieh cn.i Es ist
zu berichtigen, dafs St. Sebaldskirche ihren jetzigen Umfang und
Ausbau bereits 1361—1377 erhielt. — S. 8 setzt G. die Ent-
stehungszeit des schönen Brunnens »Um diese Zeit«, er hätte
1385 — 1396 angeben sollen. — S. 10 läfst G« die ersten
23 Artikel der goldenen Bulle 1355 in Nürnberg feststellen, es
mufs 1356 heifsen. — S. 11 meint der Verfasser: »Schon um
13 7 5 war ein heftiger Zwist zwischen dem Burggrafen und der
Stadt entstanden. < Der Strca brach 1362 aus. — Jbid, liest man:
»Schon Ende des 1 1. Jahrhunderts werden in allen Docu-
menten die Burggrafen von N. erwähnt.* l>as ist unrichtig,
nicht einmal Kastellane findet man um diese Zeit erwähnt. —
Zu S. 12: Es ist falsch, dafs die Kaiserburg unter burggräilicher
Aufsicht stand, die Kaiser hatten besondere Beamte. — Ibid:
Die Angabe G.'s ist dahin zu berichtigen, dafs die Margarethen--
und die Kaiserkapelle aus der gleichen Zeit stammen; auch
grenzt nicht, wie G. meinte, der Heidenturm daran, sondern der
Chor der Doppelkapelle steckt im Heidenturm, bildet also
einen Teil desselben. — Zu S. 13: Die Zerstörung der
Burggrafen bürg war nicht 1419, sondern 1420^ Heinricii IV.
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war nicht 7 mal auf der Burg, es sind nur 4 Besuche urkundlich
nachzuweisen; die Schlichtung des Streites zwischen Burggrafen
und Stadt fand nicht 137S, sondern 1376 statt. -—Zu S. 14:
Burggraf Friedrich gelangte nicht 1389, sondern erst 1398 zur
Herrschaft. — Zu S. 1 6 : Der herzogliche Pfleger hlefs nicht Christoph
von Leiningen, sondern Christoph v. Leimingen oder Ch. Lei-
niinger. — S. 17 spricht G, von einem Kaiserl, Rat S. Stromer.
Hiegegen ist zu bemerken, dafs man im 15. Jahrh. noch nicht
diesen Titel als P'Ji rentitel hatte. Die Reichsklcinodien wurden
nicht 1425 — wie G. dort will — sondern 1424 nach Nürn-
berg gebracht. — S. 24 sagt G.: »Um die Mitte des (15.) Jahrh.
hatte die Stadt etwa 1 8,000 Einwohner.« Nach der sorgfältigen
Berechnung Hegels hatte die Stadt damals eine ständige Bevöl-
kerung von aber 20000 Seelen. — S. 27 Anmk.: Es ist unrichtig,
dafs der Behaim'sche Globus »schon frühzeitig in den Besitz
derKbg.Behaim'schen Familie gekommen.« Es geschah dies
wahrscheinlich erst am Anfang unseres Jahrhunderts. Früher
stand er in der oberen Regimentsstube und dann in der Stadt-
Bibliothek. — S. 31 sagt G.: >Srhon aus dem Jahre 1423 kennt
man einen Holzschnitt, der aus Ulm oder aus Nürnberg stammt.«
Es ist zu bemerken, dafs wir Holzschnitte bereits aus dem 1 4. Jahrh.
kennen (vgl. Essenwein die Holzschnitte des 14. u. 15, Jahr-
hunderts und C. V. Lützow Gesch. des deutschen Kupferst und
Holzschnittes [woselbst S. 58 A. weitere Literatur sich findet}).
Der Holzschnitt von 1423 ist nur der älteste datierte; dafs er
gerade aus Ulm oder Nürnberg stammt, wie G. meint, dürfte
sich nicht erweisen lassen. — S. 34 behauptet G. : Schedels
Chronik »erschien Kmle 1493 gleichzeitig in lateinischer
und deutscher Sprache.« Nachdem die deutsche Ausg. das
Datum 23. Dezember 1493 am Knde tragt, dürfte sie in Wirk-
lichkeit frühestens Januar 1494 erschienen sein, die lateinische Ausg.
dagegen hat die Schlufsbemcrkung »Consumatum duodecima
roensis JuUi« und ist also sicher noch 1493 herausgekommen —
S. 36 sagt G.: In N. wird der Stand der Formenschneider . .
schonl438 erwähnt.« Nach J. Baaders :»Beiträgen« S. 5 ist schon
1438 ein Meister H. Pämer urkundlich genannt. — S. 62 fabelt G.
zusammen, dafs Sachs in Salzburg in eine Buchdruckerei
geführt worden und dort grofse Neigung empfunden habe,
. ijui. u i.y Google
— 257
die Kunst zvl erlernen« Das will er aus des Meisters »Lob-
spruch der Stadt Salzburg! schliefsen. Nun sieht aber jeder Unbe-
fangene, dafs S. in diesem Gedichte nicht sich, sondern einen
Drucker sprechend eingeführt hat und dafs somit die Verse nicht auf
ihn bezogen werden können. Haueis hat zum Überflufs in seinem
weiter unten noch zu erwähnenden Abdruck des Gedichteb uber-
zeugend nachgewiesen, dafs S. das Gedicht in der That lür
einen Salzburger Drucker gefertigt hat. — S, 65 liest man:
»Hatte er (S.) in seinen Knabenjahren zu Nürnberg sich
noch auf die Lektüre von Schedels Chronik beschränkt. . .
so lernte er jetzt (== c. 1513) Ovtd in den Verdeutschungen
einzelner Geschichten kennenund schaffte sich den Aug tb. D ruck
von der Steinhövelschen Übersetz, des Boccaccio an.c
Dieser Satz ist ein für G. so recht charakteristisches Gemisch von
nicht zu erweisenden mit vollkommen falschen Angaben. Dafs S.
überhaupt in seiner Knabenzeit Schedel las und dafs dieser seine
einzige Lektüre war, das weifs G., wie so vieles Andere, il^iicli
Inspiration. Dafs S. schon um 1513 einzelne Geschichten des
Ovid (d. h. aus dessen Metamorph.) verdeutscht las, ist ganz
undenkbar, weil einzelne Geschichten erst 1541, die ganze
Überselz, der Metamorph, erst 1545 aus dem Druck kamen
(vgl. Drescher H. Sachs Studien N. F. S. 28 ff.). Statt Stein-
hövel — also schreibt G. nicht nur hier, sondern auch ander-
wärts*) — hat man Stemhöwel zu lesen. Was für ein Werk
des Bocc. G. meint, ist nicht ersichtOch, es kann aber nur
das Decamerone gemeint sein; dieses wurde zwar bis vor
einigen Jahren dem Steinhöwel zugeschrieben, ist aber sicher nicht
von ihm. Dafs endlich S. gerade einen Augsb. Druck benützte,
das weifs G. wiederum nur durch Inspiration. — S, 99 will
G. mit einem Gedicht des H. S., betitelt »Ein Rat zwischen
einem alten Mann und jungen Gesellen dreier Heirat halbere
darthun» »dafs er (S.) mit seiner Wahl ein glückliches Loos
gefundenhatte.c Der ganze Beweis zeri^t in Nichts durch den
von mir an anderer- Stelle geführten Nachweifs, dafs Sachs in
diesem Gedicht nur getreuer Nachahmer eines fremden viel
älteren Gedichtes ist — Durchaus ungenügend und falsch sind
*) Im Anhang und im Register ist der Name flbrigens richtig
geschrieben.
»7
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— 258 —
die Angaben G.'s (S. 109/110 und S. -263/64) über die Sing-
statten der Meistersä&ger. Ich brauche mich jedoch mit deren
Berichtigung nicht su beschäftigen, da ich auf die grandliche
Untersuchung £. Mummenhoffs in den H. Sachs-Forsch. (S. 282
bis 290) verweisen kann. — S. 255 liest man: »Unter allen
bestehenden Handwerken waren es in erster Reihe die
Schuhmacherund die Weber, bei denen der Meistergesang
besonders beliebt war.i Das stimmt nicht. In dem Verzeichnis
von Meistersingern, das F. Kcinz für meine Festschrift (S. 320
bis 331) lieferte, sind c. 18 Schuhmacher und Schuhgesellen ange-
führtj sie werden von c. SOKürschnern übertrofTen und die Schneider,
Messerschmiede und Schlosser kommen den Schuhmachern an
Zahl gleich. Weber bietet das Verzeichnis allerdings am meisten»
ungeßihr 80, aber bis auf 2 sind sie alle aus Augsburg,
wo die Weberei, wie es scheint damals im Vordergrunde der
Industrie stand. — S. 200 sucht man vergebens bei der Comedia
»dafs Christus der wahre Messias seit den Hinweis, dafs S.
hier Nachahmereines älteren Spiels ist, unti bei der Com. von Pallas
und Venus die Bemerk uni>; , dafs schein 1889 F. W. Thon in
einer interessanten Dissertation über H. S. als Quelle dieses
Lustspiels ein lateinisches Stück des Nürnberger Humanisten
Chelidonius (1515) nachwies. — Ungerecht ist G.'s Kritik von
Hans Sachsens »Pluto« (S. 200 und wiederholt 332): »aus der
beifsenden Satire ist eine recht dürftige Moralität geworden.!
Beifsend hat die Satire in »Plutus« noch Niemand gefunden
und da über die Absicht des Dichters seit langem Philologen
und Kunstrichter im Streite liegen, so konnte man füglich von
dem schlit:htca 1 landwerksniann Sachs nicht erwarten, dafs er
die richtige Deutung fand. — Seite 194 sagt G. von H. Sachsens
»SchlauratTcnlamle xlesse n sinnreiche Ausarbeitung aber
ganz sein Eigentum ist.« H. S. kann nur wenige Verse des
Gedichtes als sein Eigentum beanspruchen, er hat nur das Verdienst,
aus mehreren Schlauratfengedichten die besten Verse ausgewählt
und zu einem packenden Ganzen vereinigt zu haben, (cf. meine
Arbeit in den H. Sachs-Forsch. S. 37 fTj — S. 201 ist zu lesen:
»Maistre P. Pathelin (aufgeführt 1470 in Paris von den Ciercs
de la Bazochc) . . . Reuchlin hat dasselbe durch seine
freie Behandlung dos Stoffes wesentlich verbesscrt.i Die erste
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— 259 —
Behauptung ist ganz ans der Luft L^egriffen: Wir wissen weder
wann, noch wo, noch von wem Pathelin gespielt worden ist.
Unser Wissen beschränkt sich darauf, dafs er vor 1471 ent-
standen sein mufs (vgl. Petit de Julleville »La Comddie et les
Moeurs en France etc. S. 237). Dafs Reuchün den Stoff ver-
besserte, wird Niemand behaupten, der beide StUcke kennt. —
S. 202 steht: >Culman aus Chratlshcwi . . gebürtig.« — Eben-
daselbst: »Homulus von Dicsthemius, welcher lateinisch eben in
diesem Jahre(l 539) erschienen, c Der Homuhis erschien bereits] 536.
— Ebendaselbst spricht G. »von einem gewissen Wenzeslaus
Link.« Dieser »gewisse« Link war — was ein Kenner der Nürnberger
Reformationsgeschichte wissen sollte — ein Prediger gleichzeitig
mit Oslander und Culman, der Jugendfreund Luthers, und ein
intimer Freund des berühmten Humanisten Eobanus Hesse.
S. 313 heifst es: >So hat ihn (Sachs) der Henkersteg ... an-
geregt . . einen aus anderer Quelle genommenen Eulen-
spiegelstreich nach dem Henkersteg zu verlegen.« Das
von G. gemeinte Mcisterlied ist nicht aus anderer Quelle, sondern
ziemlich getreu aus der 32. Historie des Volksbuches gezon n. —
S. 330: »Ihm (Sachs) war . . . alles Unzüchtige zuwider.«
Das ist leider nicht wahr. H. S. hat gar manches Lied, gar manchen
Spruch gedichtet^ der den verrufenen Zoten eines Poggio oder
Bebel nicht nachsteht (vergl. Nr. 118, 134 und 256 in Goetzes
Ausgabe der Fabeln und Schw. und unten Kochs Festschrift.) —
S. 332 »Spiel ,Wie G. d. H. Adam und Eva ihre Kinder segnet.'
Für H. S. war die direkte Quelle ein lateinischer
Dialog von E. Alberus.« So oft es G. unternimmt, Über die
Quellen des II. S. zu sprechen, so zeigt er, dafs er sich nicht in die
Schaücnsweisc des H. S. vertieft hat, dai's er nur sehr dürftig
von der altern deutschen Literatur, sowie von derjenigen des
16. Jahrhunderts unterrichtet ist und endhch, dafs er die modernen
Forschungen über seinen Gegenstand nicht vollständig kennt.
An seinem vorstehenden Satz ist einmal falsch, dafs der Dialog
des Alberus lateinisch ist; femer ist das Quellverhältnis kein
so einfaches, unser Meister hatte dazu mindestens vier Quellen,
wie er es ja überhaupt liebte, selbst bei seinen kleinsten Dich-
tungen verschiedene Versionen über das gleiche Thema zu ver-
schmelzen. Ich verweise über alle diese Punkte auf meine
»7'
. y 1. ^ . y Google
— 260 —
Abhandlung über die Quellen der Fastnachtsp. des H. Sachs (Ztschr.
»Gennaniat Bd« 36 S. 32), die unserem Hans-Sacbsforscher
anbekannt geblieben, obwohl sie bereits 1891 erschien. — Ibid:
»Er bearbeitete den Stoff (ungleiche Kinder Evae) zuerst als
Meisterlied 1546.C Das Datum ist falsch, mufs heifsen am
23. August 1547. — S. 334: »Paul Rebhun (aus Berlin stam-
mend). < Tittmann hatte (deutsche Schauspiele des 16. Jahrh. I,
22) V. Rebhun gesagt: »wahrscheinlich war er ein Berliner.«
Es gehört zur Charakteristik obertlächiicher Nachschreiber, die
blofsen Vermutungen ihrer Quellen in gesicherte Ergebnisse zu
verwandeln. In Goedeke's ^^Grundrifs zur Geschichte der deutschen
Dichtungc, ein Buch das G. wohl einmal erwähnt, aber so gut
wie gar nicht zu kennen scheint, hätte er II,* S. 358 lesen
können: »P. Rebhun, geb. zu Weydhofen an der Ybfs in Öster-
i'eich u. s. w.c — S. 336: »Das Narrenschneiden ist . . im
Druck wie auch in seiner Handschrift mit der Jahreszahl
1557 bezeichnet.« Im Drucke ja, abendeso in seiner Handschrift?
Die ist ja verloren! Entstanden ist das Spiel ohne Zweifel 1 536, —
S. 337 behauptete G., Pauli sei die Quelle für das Spiel »Der
fahrende Schüler im Paradeis.« Eine der Quellen wohl, vgl.
über die andere Germania (36, 14, 37, 208) u. Zsch. f. vergl.
Literaturg. (N. F. 4, 44ü). — S. 340 sagt G. von »der fahrend
Schüler mit dem Teufeisbannenc : »Die eigentliche Quelle ist
mir noch nicht bekannt, doch scheint sie aus der itaL
o. Span. Novellenliteratur geflossen zu sein.« Die Quelle,
ein bei Keller Fastnachtsp. III S. 1172 abgedr. Gedicht des
Rosenblüt, habe ich bereits in metner mehrfach erwähnten Abhlg.
(Germ. 36, 22) nachgewiesen. — Ebendaselbst: »Für ,das heifs
Eisen' hatte der Dichter wieder die Anregung aus l'auli's
Schimpf und Ernst. Al)er die Vergleichung mit seiner Quelle
zeigt auch hier, mit welchem richtigem Gefühl er eine an sich unbedeu-
tende Anekdote zu einer ganz anderen Bedeutung auszuarbeiten
wufste.« Auf diesen wichtigen Fund und die daran geknüpfte Be-
merkung scheint G. ganz besonders stolz zu sein. Leider ist ihm
unbekannt geblieben, dafs es ein mittelhochdeutsches Gedicht gibt,
das sowohl dem Titel, wie dem Inhalte nach mit dem Spiel des
S. fast ganz übereinstimmt, und dafs ich bereits 1891 dieses
Gedicht als QueUe bezeichnet habe« Die Anekdote des Pauli
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— 261 —
hat absolut nichts mit S. zu thun. — Seite 344 bemerkt G. von
P. Probsts Spiel %Von einem Müllner und seinem Weib u. s. w.c
^scheint aus einer Quelle, die wohl auch H. S. benutzt
hatte, geschöpft zu sein.« Lier in den »Mittcil. des Vereins
für Geschichte der Stadt Nürnberg : 1889 (S. 156) — einer Ztsch.,
die ein Spezialforscher auf dem Gebiete der Nürnberger Geschichte
doch wohl kennen sollte — hat B. Waldis' »Esopus« IV, 66 als
Quelle für Probst nachgewiesen ; die Quelle des H. Sachs ist,
wie oben erwähnt, ein Gedicht des Rosenblttt. — ^ Noch sei
bemerkt, dafs man neben P. Probst auch ein Wort über den
Nürnberger Schauspieldichter Martui Glaser erwartet hätte;
aber G. scheint von seiner Existenz keine Ahnung zu haben.
Was kümmert auch einen H. Sachsforscher und Kenner der
Nürnberger Geschirlite die M. Heiiiiuaiu ^che Ausgabe der
Schrit'ten des Humanisten A, v. Eyb, woselbst in der Vorrede
M. Glaser ausgegraben und zugleich auf die Nachahmungen des
A. V. Eyb durch H. S. hingewiesen wird. Merkwürdig ist es,
wie G. überhaupt die Leistungen der modernen Forschung
Uber H. S. übersieht und selbst dann unbeachtet läfst, wenn
er sie in seinem Literaturverzeichnis registriert. So druckte er
z. B. in seinem Anhang »die Himmelfahrt Markgraf Albrechtsf
und den Inhalt der Bibliothek des H. S. ab, ohne zu erwähnen,
dafs letztere schon von Goedeke (Schnorrs Archiv B. 7), erstere
bereits von E. Weller und C. Frommann veröffentlicht worden; so
erwähnt er Dreschers Studien, die Arbeiten Goetzes, das Buch
v. C. Schweitzer u. a,, ohne dafs man merkt, dafs er sich ihren
Inhalt wirklich zu nutzen gemacht habe. Da überrascht es uns
auch nicht mehr, wenn ich erwähne, dafs so ziemlich alle Fehler,
die man 1882 in dem Kapitel Hans Sachs der »Lehr- und
Wanderjahre des deutschen Schauspiels < und 1888 in der
anspruchslosen biographisch-historischen Abhandlung Uber
H. S. zu ragen hatte, getreulich hier in dem anspruchsvollen
Buche wiederkehren, mit anderen Worten, dafs G. seit
12 Jahren seine H. Sachsstudien weder erweitert, noch ver-
tieft hat.
Neben den vielen Mangeln, die ich leider an dem Buch
dar/.ulegen hatte, darf ich auch das wirklich (iute nicht unerwähnt
lassen, das sich darin hndet: An einzelnen treffenden Bemer«
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— 262 —
kungen fehlt es nicht; der unifaDgreiche Anhang bietet manches
brauchbare Material, z, B. über die Gesangweisen der Meister-
lieder; der Abschnitt Über den Meistergesang ist — zwar nicht
fehlerfrei — doch etwas besser geraten als andere Teile des
Werkes. Wohlthuend wirkt die aufrichtige Ikgcisterung, die
G. für seinen Helden fühlt. Das höchste Lob verdienen aber
die prachtvollen Holzschnitte, von denen mehrere von (ienec selbst
ausgeführt sind. Man sieht, was der iMann auf seinem ursprüng-
lichen Berufsfelde zu leisten vermöchte.
Fasse ich mein Urteil kurz zusammen, so mufs ich Genees
Buch zwar als töblich in seinen Zielen, aber als durchaus mifsglückt
in der Ausführung bezeichnen. Der Verfasser war seiner schwie-
rigen Aufgabe nicht gewachsen. Er verstand es, Aber sein Thema
feuiiletonistisch interessant zu plaudern, aber zur wahrhaft
historischen Darstellung vermuchtc er sich nicht empor-
zusrlnvingen. Dazu fehlte es ihm ebenso sehr an Wissen,
wie an Können.
Ich habe bei diesem Buche länger verweilt, als seinem
inneren Werte zukommen mochte, weil ich es für nötig erachtete,
• gründlich darüber zu Gerichte zu sitzen. Der verHihrerische
Bilderschmuck, der grofse Ruf der Verlagsfirma und eine ge-
schickte Reklame haben ihm eine ziemlich grofse Verbreitung
verschafft. Viele, die es als wissenschaftliche Leistung für ver-
unglückt hielten, glaubten doch, dafs es trotz seiner Mängel
als populäres Werk grofsen Nut/en stiften könne. Gegen
diese Ansicht mufs ich mich mit aller Entschiedenlieit wenden.
Wenn gelehrte Fachwerke Mängel aufwcisiMi, so kann man allen-
falls Milde walten lassen, die wissenschaftliche Kritik dient daim
als Korrektiv. Anders populäre Schriften: Das Publikum, an
das sie sich wenden, liest keine Rezensionen und ist nicht im
Stande, selbst Kritik zu üben. Gläubig nimmt es alle Irrthttmer
hin, die ihm vorgetragen werden. Wer daher als populär-wissen-
schaftlicher Schriftsteller auftritt, der mufs' sein Gebiet vollkommen
beherrschen. Er braucht dem grofsen Publikum nicht alles
zu bieten, aber was er ihm bietet, mufs vollkommen gefeit gegen
die kritik, wahr und richtig sein.
Eine solche \'olks^( hritt im besten Sinne des Wortes ist die
von Ernst Mummen ho ff im Auftrag der Stadt Nürnberg
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— 363 —
herausgegebene Festschrift »Hans Sachse.*) Der Verfasser,
heimisch in Nürnbergs Vergangenheit, wie wenige, hat sich
h'ebevoU in die Schriften des ehrwürdigen Meisters vertieft und
zugleich mit dessen Lebensbild eine feinsinnige Studie über seine
Werke in grofsen Zügen ausgeführt. In 6 Kapiteln betrachtet
er 1. Hans Sachsens Jugend, Wantlcrzeit und dichterische An-
fänge, 2. sein Verhältnis zur Reformatiun, 3. seine Lieder und
erzählenden Gedichte, 4. seine Beziehungen zu Vaterstadt, Vater-
land und Religion, 5. seine dramatischen Dichtungen und
schliefst 6. mit einem Rückblick auf seine Dichtung und sein
Leben, woran sich eine kurze Darstellung der Rolle, die H. S.
bei Mit> und Nachwelt spieltej anschliefst. Auch Mummenhoff
war bemüht, H. S. im Rahmen seiner Zeit za zeigen, nicht breit
und aufdringlich, sondern immer nur mit einigen inhaltreichen
Sätzen. Kr suchte und fand, so viel als es für seinen Zweck
nötig war, stets die entsprechende historische Anknüpfung und die
Anordnung des Stoffes mufs als eine sehr geschickte bezeichnet
werden. Mit richtigem Verständnis läfst er z, B. den eigent»
liehen Dramen die Betrachtung der Kampfgesprächc vorangehen,
die sich durch den Dialog jenen nähern und in der That im
Mittelalter häufig den Übergang zum eigentlichen Drama ver-
mittelten. Durch die Opferwiltigkeit der Druckerei von Bieling»
Dietz und namentlich der rühmlichst bekannten Kunstanstalt
von E. Nister in Nürnberg war es möglich, das Büchlein hübsch
ausgestattet und insi)esundere niii reizendem Bilderschmuck —
meist den Origiualdrucken nachgebildet — und mit Autographen
des Dichters geziert, zu einem aufserordentlich billigen Preise
abzugeben. Und so hat sich das fesselnd geschriebene Werkchen
in wenigen Wochen überall eingebürgert.
Lob verdient auch eine zweite populäre Schrift mit dem
Titel »Hans Sachs. Nach seinem Leben und nach
seinen Dichtungen für das deutsche Volk dargestellt«^*),
welche O. Schumann %um Verfasser hat. Tttcluig in den Werken
des Nürnberger Meisters bewandert, gibt Schumann hn Ganzen
H. S. zum 400jährigen Geburtsjubiläum des Dichters. Im Auftrag
dtr Stadt Nürnberg. Von Krnst MummenbofT» Stadtarehiir»r. Erstes bti
tehntes Tausend. Nürnberg, F. Korn. 1894.
**) Neuwied and Letpsig. Hetiters Verlag 1894.
. y 1. ^ . y Google
— 264 .—
eine befriedigende Schilderung von seinem Leben und Wirlien,
woran nur hin und wieder Kleinigkeiten zu beanstanden wären.
Minder zu empfehlen ist ein drittes populäres Schriftchen
»Hans Sachs. Sein Leben und Wirken zu dessen
400jährigcm Geburtstage dem deutschen Volke ge-
schildert« von Victor Kiy.*) In 8 Kapiteln sucht der Ver-
fasser im steten Ans( hlufs an des Dichters Werke sein T.ebcn
und Wirken zu schildern. Jedoch vermochte er sich nicht von
Unrichtigkeiten fernzuhalten.
Einen Platz darf hier wohl auch £. Goetzes Festrede
zur Jubelfeier in Nürnberg beanspruchen» da sie ja gedruckt ist.
Sie bietet, gediegen in Form und Inhalt**), auf engem Raum
eine reizende Darstellung von der Wirksamkeit des liebens-
würdigen Dichters. Goetze schildert Hans Sachsens Mithilfe »am
Werke der Reformation«, seine Stellung zu poHtischen Vorgängen,
seine )>poetische Sendung« und zwar in Meistcrliedern, Spruch-
gedichten und Dramen; er streift sein Verhältnis zu seinen
Quellen, zum Volksliede, zur Kunst, rühmt seine Sprachgewandheit
und gönnt selbst einige Worte der alten Foliausgabe meiner
Werke. Wichtig und neu ist die, anderwärts (s. w. u.) aus-
führlicher behandelte, Mitteilung, dafs die Meistersinger zu
einer gewissen Zeit in den Singschulen und Zechen nicht sowohl
eigene dichterische Produkte, als vielmehr vorwiegend Meister-
lieder des H. S. vortrugen.
Wenn ich Zeitschriften« und Zeitungsartikel im Allgemeinen
hier unl)eachtet lasse, so nnifs ich doch eine Ausnahme mit dem
Aufsatze machen, den Erich Schmidt in der »Deutschen Rund-
schau (21. Jahrg. S. 297— 304) unter dem Titel xHans Sachs,
Ein Gedenkbiatt< veroßenthchte. Ohne neues Material bei-
zubringen, wufste der geistreiche Verfasser in interessanter Weise
das Alte und Bekannte in neuer Beleuchtung zu zeigen.
Der Direktor des Goethe- und Schiller- Archivs zu Weimar,
Bernhard. Suphan, vereinigte zu einem zierlichen Büchlein
•) Leipzig, K. Scholtze 1893.
**) Bei einigen Sätzen hätte ich inclefs grössere Genauigkeit gewUn-^cht.
Ganz falsch sind z. B fol^ciuie: (S. 14) «Früher hörte Iiöchstens Uer
Ntirnberger auf di« Enlhlnniren vom Schttttensam u. t. w.t — (S. 17) *W«s
gab es denn vor II. S. in allen damalirjen K rl'nrl-indern für Dramen, da
(las Drama der Alten noch nicht wieder entdeckt war? u. •. w.c
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— 265 —
unter dem Titel »Hans Sachs in Weimar»*) Goethes bekanntes
Gedicht Uber H. Sachs, Wielands Zugabe einiger Lebensumstände
Hans Sachsens, Bertuchs Frage an das deutsche Publikum
über die Krhaltuiii^ der poetischen Werke des altca tcutsclien
Meister -Sangers Hans Sachsens, je einen Briet" vun Lessing und
Herder, H. Sachs und den Meistersang betreffend, und eniiiioh
Goethes Schlufsverse zu »Hans Sachsens poetischer Sendung«
bei Anlafs der Berliner Auffiihrung von Deinhardsteins tHans
Sachs« nebst dem verkürzten Prolog, Die Ausführung hat der
Herausgeber zum Teil J. Wahle, Albert Leitzmann und F. Heit-
mUller Überlassen. Die Wiederabdrücke der »gedruckten Urkunden«
sind mit erklärenden Anmerkungen versehen. Einleitung und
Schlufs ist vom Herausgeber. Goethes Gedicht ist hier nach
der Fassung, wie es im Merkur von 1776 erschien, wieder-
gegeben und diese Ijietet eine Anzahl mehr oder weniger er-
heblicher textl. Abweichungen von der in den gewöhnlichen
Ausgaben gebotenen Form. Man wird das Büchlein mit seinem
altneuen Inhalt gewifs willkommen heifsen.
Ein zweites Schriftchen des gle ichenVer fassers, betitelt
»H. Sachs, Humanitätszeit und Gegenwart«**) enthält, nach
einem Vorberichte über die zu Weimar in Anwesenheit des
Hofes veranstaltete H. Sachsfeier, zunächst den Abdruck eines
Artikels der Weimarer Zeitung vom 27. Oktober 18Q4 mit der
Aufschrift i^Hans Sachs von C. M. W.« Damit hatte der Heraus-
geber das Weimarer Publikum geneckt, indem dieses hinter dem
mysteriösen C. M. W. irgend einen modernen H. Sachsforscher
vermutete, bis ein zweiter Artikel tags darauf verriet, C. M. W.
sei kein anderer als Christ. Martin Wieland und der Aufsatz —
dessen Schlufs Suphan folgen liefs - schon 118^/, Jahre alt.
Nun folgt die am 11. November gehaltene, dem Titel des
Büchleins entsprechende Festrede, worin Suphan, ausgehend von
dem Märchen Hänsel und Gretel, wobei Hänsel Job. Wolfg.
Goethe und Hans Sadhs, Gretel das deutsche Märchen und
Volkslied und die Hexe »je nach den Zeiten Meistersängerei,
Pegnitz -Schäferei, Anakrcuutik, Roccoco- oder gelehrte Poesie
*) Gedruckte Urkonden sum 400. Geburtstage des Dichten «ufs neue
herausgegeben. Weimar, II Böhlaa 1894«
*>) Weimar, iL BqUm 1895.
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— 266 —
bedeute, einen Vergleich zwischen Goethe und H. Sachs —
natürlich nicht eine regelrechte Vergleichung — und zwischen seiner
Zeit und dem Humanitätszeitaiter bietet, daran die Frage an*
schltefsend, in welcher Gestalt unserer Zeit ein Hans Sachs nötig
wäre. Der Vortrag trägt mehr den Charakter einer geistsprüh-
cüUcn Plauderei als einer streng logisch gegliederten Rede.
Den Srhlufs des Buchleins biUiet — wiederum ein Aluiruck
aus der Weimarer Zeitung (25, Nov. 1894) — eine Beschreibung
der Hans Sachs- Ausstellung zu Weimar aus der Feder von
Carl Ruland. Wir erfahren daraus — was Übrigens schon be-
kannt genug ist — . wie reich Weimar an Schätzen (handschrift*
liehen und gedruckten) über H. Sachs und den Meister-
gesang bt.
Bei dieser Gelegenheit soll auch der Katalog Erwähnung
finden, den der Direktor der Kgl. Hof- und Staatsbibliothek,
Dr. V. Laubmann, als Wegweiser durch die von ihm veran-
staltete vortretriiche Hans Sachs-AusstelUiiig in München hcrau*?-
gegeben hat.*) Der wichtige Katalog enthält^ abgeghedert
nach den Rubriken I. Hans Sachsens Leben (Unterabteilungen:
Nürnberg im 15. und 16. Jahrhundert — Geburlsjahr, Schule,
Lehrzeit ■• Wanderschaft, H. S. in München — Rückkehr nach
Nürnberg, häusliches Leben — Widersacher, wachsender Ruhm ^
Alter und Tod Porträts des H. S.) II. die Dichtungen des
H. S. (Unterabteilung: H. S. als Meistersänger — der Volks-
dichter [H. S. und die Reformation] — Gesamtausgaben und
Sammkiiigen seiner Werke), III. die Bibhothck des H. S,, IV. Hans
Sachs im Andenken der Nachwelt, wohl die leichlialtigste Hans
Sai hs-iiibliothck, die je vereinigt war. Der hohe W ert dieses
übersichtlich geordneten Verzeichnisses leuchtet ein. Alle die-
jenigen, die sich mit dem Nürnberger Meister näher beschäftigen,
werden dem sachkundigen Leiter der gröfsten deutschen Biblio«
thek für die Mühe, der er sich unterzogen hat. Dank wissen.
Wohl nicht in Hinblick auf die Jubelfeier des Dichters
gearbeitet, ist der Aufsatz Albert Richters »H. Sachsens
Fortleben im 17. Jahrhundert« (Ztschr. f. d. Kulturgesch.
•) Hans Sacbi. Ausstellung der Kgl. Hof- und Staattbibliothek. Zum
400. Geburtstag des NUmbergischen Dickten. Hfineliett, Druck der Brack*
mann'schen BucUdruckerei 1^94. 16 S. 8".
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— 267 —
1893, III S. 544 — 574), doch mag er wegen seines interessanten
Themas hier einen Plats finden. Der Verfasser beschäftigt sich
zuerst mit dem Fortleben einzelner Diditungen des H. S. bis
tief ins 17. Jahrhundert und dann mit den Urteilen, welche
nit htcr («der (lelehrte im 17., teilweise auch im 1 8. Jahrimndert
Über den Nürnljerger fällen. Der Aufsatz ist in keiner Weise
erschöpfend. Es lassen sich die Angaben nach beiden Seiten
wesentlich vermehren. So hndet sich z. B. das Gedicht »Nach-
red das grewlich Lästert in »Hondorifs Promptuarium Exem-
plorum«, in der mir vorliegenden Ausgabe Frankfurt am Mayn
1625 auf fol 31 5a ff. Erwähnt wird H. Sachs z, B. noch im
18. Jahrhundert lange vor Ranisch von einem Ausländer, von
dem Schauspieler Luigi Riccoboni in seinen »Reflexions H istori>
(juesetCritiquessurles diff. ThedtrcsderEurope« (1 740),
J )a (lies Factum ganz unbekannt zu sein scheint, so will ich
einen Teil seiner Angaben über H. S. hier anführen: >Au
milieu du XVI.Sidcle ils (les Spectacles) furcnt fre'quens, sur-tout
h. Nuremberg oü un Cordonnier nomm^ Hannssachs, qui ne
laissoit pas d'avoir du genie, a compos^ beauooup de Pi6ces
Dramatiques AUemandes, dont il y a plusieurs volumes en folio
& in quarto, sans compter les manuscrits qui restent encore en
grand nombre etc.c Also liest man auf S. 15Q des Buches;
S. 240 gibt Riccoboni ein Verzeichnis von 37 »Tragedies et
Comedies d'Hannssachs depuis 1516 jusqu* k 1558.«: Ich be-
ginige mich, des Raummangels wegen mit diesen beiden Nach-
träi^en. Schärfste Verurteilung verdient es, dafs Richter sich
nicht gescheut hat, sich in seinem Aufsatze ohne weiteres
die Arbeit Anderer anzueignen. So ist z. B. was er S. 363/Ö4
vorbringt, ohne Quellenangabe den trefflichen Aufsätzen Karl
Trantmanns m Schnorr von Carolsfelds Archiv Bd. XIII (1885)
S. 429ff. und XIV S. 226fr. entnommen.
Als eine schöne Gabe zur Jubelfeier haben wir die Aus-
gabe der Fabeln'und Schwänke des H. Sachs zu betrachten,
die E. Goctze in den Haller Neudrucken deutscher Literatur-
werke des 16. und 17. Jahrhunderts verotrentlicht hat.*)
Es sind zwei ansehnliche Bände geworden, der erste l)ereits
*^ S.'imthche Fabeln und Schwanke von H. Sachs u. s. w. Halle,
Max Niemeyer I. Bd. 1893 ^Uilch. 110— 1 17 der Neudr.J Ii. Bd. 1894
[fid«h. 136—134].
. y 1. ^ . y Google
— 268 —
1893 erschienen umfafst XV und 594 Seiten und enthält 200
Gedichte, der zweite kam kurz vor der Jubelfeier heraus, hat
XXXI und 640 Seiten und bringt 187 Gedichte; das wären
zusammen 387 Nummern. Da indes von Nr. 12, 33, 38, 44, 141,
274, 289 nur der Titel erhalten ist, so reduziert sich die Zahl
auf 380. Ich werde mich kurz über die Behandlung des Textes
fassen können. Goet/.es Verdienste als Herfiiif^geber der Hans
Sachsischen Werke sind so bekannt, dais es Eulen nach Athen
, tragen hiefse, wollte man darüber noch etwas sagen. Die von
Goetze abgedruckten Gedichte sind Spruchgedichte bis auf
10 Nummern (28, 49, 131, 1 34-- 140), wo in Ermangelung der
Spruchform die wenig davon abweichenden Meisterlieder gesetzt
sind. In der Aufnahme der Gedichte hat der Herausgeber mit
Recht nicht ängstlich an den von Sachs selbst als Schwänke
bezeichneten festgehalten, sondern davon weggelassen und solche
die S. mit anderen Namen bezeichncLe, eingefügt, falls sie den,
bei S. freilich etwas schwankenden, Charakter eines Schwankes
trugen. In der Wiederi^abe des Textes befolgt G. dieselben
Grundsätze, wie bei den ebenfalls in den Haller Neudrucken
erschienenen Fastnachtsspielen: Er legte, wo er deren habhaft
werden konnte, die Handschriften des Dichters zu gründe und
berücksichtigte in den Anmerkungen wichtige Änderungen der
Drucke. Von der Orthographie seiner Vorlage wich er nur in
wenigen Punkten (Majuskeln bei Versanfängen und Eigennamen,
Setzen der Unterscheidungszeichen, Auflösung der Abktirzungen
u. s. w.) ab, und so bietet sein Text, wiclitig besonders üir
sprachliche Untersuchungen, ein recht getreues Bild der Hans
Sachsischen Schreiljwcise. Bei \ iclen Scliwänken hat G. die Quelle,
manchmal auch andere Parallelen unter dem Texte kurz angegeben,
wozu ihm, wie er selbst mitteilt, >von vielen Seiten Vergleichs*
stellenc zugingen. Das war nicht unbedingt nötig, aber wenn
es einmal geschah, mufste es sorgßlltiger durchgeführt werden.
Nicht selten hat U. ein Buch fillschfich als -Quelte bezeichnet,
ohne S. damit verglichen, oder chronologische Schwierigkeiten
erwogen zu haben. Ich verweise hierttber, sowie über Anderes
auf meine Arbeit >Über die Quellen der Fabeln, Märchen und
Schwanke des H. Sachsr. (Hans Sachs-Forsch. S. 33 — 192) wo
üoctzes Angaben zum I. Bd. in vielen Fällen richtiggestellt sind.
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269 —
Nur zttm zweiten Band, der erst nach meiner Abhandlung ans
Licht kam, möchte ich einige Bemerkungen vorbringen: Bei
den Parallelen zu Nr. 202 fehlt die Quelle des S. selber, und
die ist Steinhöwels Esopus (Österl S.319), ebenso bei Nr. 204,
Quelle: StehihöwelEsop. (Ost. S. 130). — Die unrichtige Quellen-
angabc bei Nr. 209 hat G. in den Nachträgen (S. XIX, durch
Bolte aufmerksam gemacht, verbessert. — Die Quelle von 239
ist nicht — wie man nach II praef, S. XX meinen konnte —
von Bolte (1. c.) angegeben, aber von mir (H, Sachs.- Forsch.
S, 155ff.) — Die Quelle von 244 (Der karg wolff) fehlt bei
Goetse, obwohl'Sachsselbstdarauf hinwies mit den Worten: »Uns
- ist das puech der weiffen alten Ein artliche fabel furhalten^c
Damit ist »das Buch der Beispiele der weifen Altenc (Bidpai)
gemeint und die Fabel findet sich in Holland*s Ausg. S. 91. —
Zu Nr. 245 ist nicht, wie G. glaubte, Steinhöwels Esopus II, 10,
sondern wiederum das Buch der Beispiele etc. (Hollands Ausg.
S. 86) Vorlage gewesen. — Bei Nr. 259 steht es aufser Zweifel,
dafs VVickrams Rollwagen 62 Quelle gewesen. — Zu Nr. 313
vgl. meine Arbeit S. 173, ebenso zu 317. — Zu 320 (»Viererlei
thier etc.) bemerkt G. : »Hängt zusammen mit dem Schwanke
von den 4 Eigenschaften des Weines.« Der Umstand, dafs
hier und dort zufällig 4 Thiere zum Vergleich herangezogen
sind, läfst noch nicht den Schlufs auf einen Zusammenhang zu.
Solche Vergleiche sind vornehmlich den Orientalen geläufig
und kommen auch im Altertum imd Mittelalter oft genug vor.
Über die wahre Quelle vgl. meine Abhandl. in den H. Sachs-
Forsch. S. 79 ff. — Zu Nr. 327 vgl. H. S. F. Seite 175, zu
320 daselbst S. 176. — Zu 334 sei bemerkt, dafs hier nicht
Rollwagenbüchlein 1 10 die Quelle sein kann, vgl. hierüber und über
die wahre Quelle meine H. S. F. Seite 80. — Zu Nr. 342 vgl. das.
S. 176. — Bei 354 bezeichnet G. als Quelle Pauli Anhang 7.
Sachs selbst gibt als solche Plutarch an und es ist auch wirk-
lich Plutarch'Eppendorflr S. 570. — II. Bd. praef. XXV gibt
G. Hugo von Trimbergs »Renner« als Quelle von Schwank 99
(Der pawer mit dem Dot) an. Das ist aus zwei Gründen
undenkbar: 1. Ist die Erzähl, im »Renner« grundverschieden
von dem Gedichte des H. Sachs und 2. erschien der von
H. Sachs benutzte Remier erst 1549, wahrend das Gedicht des
— 270 —
Sachs 1547 geschrieben ist. — Zu II. Bd. praef.XXIV: Die Quelle
von 101 steht nicht in Kellers Erzähl, aus altd, Handschr.,
sondern in Keller Fastnachtsp. IH S. 1178, dort ist auch nicht
die Quelle von 113, diese ist vielmehr in v. d. Hagens »Gesamt-
abenteuemc Nr. 46 su suchen. — Diese noch zu vermehrenden
Ausstellungen auf einem Gebiete, dem G. nur nebenher seine
Aufmerksamkeit schenkt, können den Wert des vortrefflichen
Neudriu ks nicht beeinträchtigen. Die Schwanke des H. Sachs
sind neben den Fastnachtsspielen die Perlen unter den Tausenden
seiner Gedichte. Wir müssen also dem Herausgeber dankbar
sein, dafs er uns diese köstlichen Erzeugnisse in einer hübschen
Ausgabe handlich gemacht hat. Sie wird nicht nur den
Forschem und Verehrern des H. Sachs, sondern allen Freunden
des guten Humors willkommen sein.
In den Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landes-
kunde 1894, S. 227-261 veröffentlichte Emil Haueis s^Ein
Lobspruch der Stadl Salzburg von Hans Sadis;:. iJcr
Herausgeber aufsert sich in einer Einleitung über das 6. Spruch-
buch, welchem das Gedicht entnommen ist, über ähnliche Lob-
sprüche im 16. Jahrh., über die Hauptqueiie des H. S. (Scheders
Chronik) u. dgl. mehr. Besonders von Interesse ist der scharf-
sinnig geführte Nachweis, dafs S. den Spruch nicht im eigenen
Namen, sondern für einen in Sahsburg ansässigen, aber von
Rothenburg an d. T. gebürtigen Buchdrucker, Namens Hans
6 au mann anfertigte, der damit sich seinem Gttnner, dem £nc-
bischof von Salzb., Herzog Ernst v. Bayern, empfehlen wollte.
Zwischen S. und Baumann haben, wie H. zeigt, jedeutalls Be-
ziehungen bestanden. Der Nürnberger benützte einerseits Bau-
manns Bericht über die Mühlberger Schlacht zu einem Spnich-
gedicht, andererseits läuft ein Lied des ersteren Uber Joh. Friedrichs
Gefangennahme unter Baumanns Namen. Haueis sagt mit Keclit:
»So würden sich nicht blofs die Einleitung und der Schlufs des
Gedichtes, in dem H. S. die Erlebnisse und Verhältnisse seines
Auftraggebers kurzweg als seine eigenen darstellte, auf unge*
zwungene Weise erklären, sondern auch manche andere An-
gaben über den damaligen Zustand der Stadt u. s. w. . .,
worüber sich H. S. doch nur aus Mitteilungen eines Orts- und
Landeskundigen, wie es H. Baumann damals uhne Zweifel bereits
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— 271 —
war, unterrichten konntet Haiieis gibt noch Nachrichten über
den Erzb. Emst, über Aventin u. s. w., dann läfst er den Ab-
druck des Gedichtes folgen, modernisiert in der Orthographie,
mit Wort- und Sacherklärungen und Citaten aus Schedel. Drei
Bilder zieren die Publikation, die zwar durch einige Lese-
fehler entstellt ist, aber doch den Dank der H. Sachsfreunde
verdient.
Das germanische Seminar der Wiener Universität
veröffentlichte zu der von ilun veranstalteten H. Sachsfeier ein
grofses Doppelblatt, worauf Hau eis einen bisher wenig bekannten
Spruch des H. S. (aus. dem 16. Spruchbucbe) »Ein lob des
redlichen Kriegvolck in der dttrkischen pelegrung der Stat
Wien« mit einer kurzen Einleitung veröffentlichte, und Franz
Streinz ein zu Iglau im Rathaussaale befindliches H, Sachs-
gemälde von 1615 ebenfalls mit Bemerk, über den mutmafs-
liehen Künstler der es anfertigte, reproduzierte.
Unterdem Titel »DeutscheMefsterliederhandschriften
inUngarn«*) bietet uns Aumist Hartiuaim, allbekannt als trefflicher
Kenner der deutschen Volksdichtung, eine interessante i*estL;abe.
Er beschäftigt sich darin mit dem Inhalt von 7 Nürnberger
Meisterliederhandschriften aus dem 16„ X7. und 18. Jahrh. der
auch sonst an Noric. reichen ungarischen Landesbibliothek zu
Budapest. In einer Einleitung erstattete er uns Bericht über
das Schicksal der Handschriften, die aus der Bibliothek des
Alterthumforschers Nicolaus Jancovfch von Jeszenicze (1773 bis
1846) 1836 an ihren jetzigen Standort gelangten. Ob dieselben
wirklich wie H. 'vermutet, aus der v. Ebner*schen Bibliothek zu
Nürnberg stammen, mag dahingestellt bleiben, jedenfalls sind
sie so gut wie unbekannt und es ist Hartmanns Verdienst auf
ihren für die Geschichte des Meistergesangs wertvollen Inhalt
zuerst aufmerksam gemacht zu haben. Nach der Einleitung gibt
H. die nötigen Aufschlüsse über die in den Handschriften vor-
kommenden »Singer, Lieder und Töne< in alphab. Ordnung.
Meist kurz, wachsen seine Angaben bei einigen, wie z. B. bei
Ambrosius Metzger, Hans Steinlein, Bened. von Watt, Hans
Winter und H. Sachs zu mehr oder weniger umfangreichen
*) Ein lieilriL; zur Geschichte des Meistergesangs . , . Festgab« zum
Hans Sachs- Jubiläum . . . München, Ch. Kaiser 1894.
— 272 —
Artikeln mit biogr. Notizen an. Uns interessiert vornehmlich
das über H. S. Gesagte. H. zählt 16 Lieder aus jenen Hand«
Schriften auf, die nachweislich von H. S. sind, eines davon ist —
was H. unerwähnt läfst — schon bei Goedeke (H. Sachs I, 232}
gedruckt. Dem H. S. dürften memes Erachtens noch ein Teil der
Meisterlieder ohne genannten Verfasser angehören, die Hartmann
S. 63 ff aus Cod. germ. 4* 327 anfilhrte. Dafs der ehrsame
friedliclie Sänger ein Fechter udcr Fechuucister gewesen, wie
in einigen von diesen Handschriften behauptet wird, bezweifelt
selbst H. und icli halte es für gRnz unglaublich. Von beson-
derer Wichtigkeit ist, was H. in Ergänzung eigener und fremder
Forschungen Über das Fortleben der Werke unseres alten Meisters
im Volksschauspiel mitteilt. Ais Beilage fügte der Verfasser
eine recht lesenswerte Auswahl von Liedertexten und Akten-
stücken aus den Handschriften zusammen 24 Stück bei, darunter
3 Meisterlieder von H. Sachs.
Einer unserer begeistertsten Verehrer und Kenner des Hans
Sachs, Max Koch, in Breslau wollte den Ehrentag des Meisters
nicht vorübergehen lassen, ohne ihm ein literarisches Denkmal
zu setzen. Ein Heft der von ihm herausgegebenen vortrefflichen
»Ztschr. für vergleichende Literaturgeschichte« brachte
melirere Aufsätze über H. S, und erschien zugleich unter dem
Titel: »Festschrift zur H. Sachs-Feier«*) in Sonderausgabe.
Auf 77 Seiten finden sich 5 Beiträge, nämlich:
1. H. Sachs und Boccaccio (I.), von Karl Drescher;
2. H. Sachs-Literatur im letzten Lustrum, von Reinhold
Bechstetn;
3. H. Sachsens Gemerk- Büchlein von Edmund Goetze;
4. Märchen und Schwankstolle im deutschen Meistcrhcd
von J. !5olte:
5. Zu Joh. Paulis > Schimpf u, Ernst« von K, von Reinhard-
stödtner.
Der erste Beitrag, von Drescher, ist ein Bruchstück. Bisher
hatte man sich begnügt, die Quellen des H. S. im Einzelnen
nachzuweisen. Auf diese Art war es gelungen, in die SchaiTenS'
weise des Dichters einzudringen. Damit gibt sich aber D. nicht
•) Gewidmet vom Herausgeber und Verleger der Zeit'ichrift für ver-
gleichende Literaturgeschichte. Weimar, 1S94. Veriag von Emil t'elber.
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— 273 —
zufrieden. Er will den Ge<%amtcinfiufs eines mafsgebenden Geistes,
den des Boccaccio, auf H. S. zusammenfassend darstellen.
Obwohl eine derartige Untersuchung nicht gerade notwendig
ist, so wird man sie doch als interessant gelten lassen.
Aber die Studie dürfte nicht in eine blofse, trockene Zusammen-
stellung des Materials mit allen Titeln, Daten und Blatt-
seiten der Gedichte, die H. S. dem Bocc. entnommen hat,
ausarten. Eine solche Arbeit rialtc vsciiig Wert. Es müfste
vii'hnehr in grofscn Zügen gei^cigt werden, wie ciie Werke des
Elorentiners auf Henken und Fühlen des deutsehen Dichters
einwirkten, wie sie seinen Gesichtskreis erweiterten, seine An-
schauungen becinflufsten, wie er die entlehnten Stoffe im Allge-
meinen aniTafste und verarbeitete. Werfen wir einen Blick in
D.*s Arbeit, so finden wir, dafs er seine Aufgabe mehr In der
ersteren Weise auszuAihren begonnen hat. Er zeigt zwar auch
hier, wie sehr er sich in das Studium des H. S. versenkt hat,
aber da wimmelt es seitenlang von nichts als Gedichtetiteln.
Blattzahlcn, Daten, Namen u. s. w., da gibt es noch allerlei
Abschweifungen, so dafs man sich kaum zurecht findet. S. hat
drei Werke des Bocc, nfCmlich »Decnnieronc« , y,De claris
niulieribus« und >De casibus vir. illust. << in ungewöhnlichem
Mafse für seine Spruchbücher ausgebeutet; D. will aber auch
noch die Meisterlieder »methodische heranziehen. Da er fn
dem vorliegenden Fragment auf 14 Seiten sich nuT mit dem
Einflufs des Buches »De claris nral.c beschäftigt und chrono-
logisch verfahrend, nicht. Uber das Jahr 1543 hinausgekommen
ist, so eröffnet sich uns die Aussicht, auf einen statt'
liehen Band, den aber kaum Jemand zu lesen im Stande sein
wird. Noch mehr: Der mafsgebenden oder führenden (ieister
gibt es noch viele bei H. S., so z. R. Pauli, Steinhüwel, l'lu-
tarch, Livius, Cyrillus, Plinius, Bidpai, Seb. Brant, All). Kraut/,,
B. Waldis u, a. Haben wir über alle diese und Sachs ähnliche
Studien zu erwarten? Möchte doch D. seine wirklich gründ-
liche Kenntnis des H. S. zu fruchtbareren Arbeiten verwenden!
Bechsteins Arbeit ist durch seinen Tod jäh unterbrochen
worden, sie schliefst mitten im Satze. Von dem breit ange-
legten Referat sind I. Bibliographie (Verzeichnisse, Berichte,
Übersichten), II. Ausgaben, Sammlungen, Erneuerungen
i8
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274 -~
erledigt, dagegen III. Darstellungen (Populäre Betrachtungen)
kaum begonnen. Es ist natürli< h schwer über dieses Frag-
ment etwas zu sagen. Ks fehlt darin nicht an treffenden Be-
merkttngen, die Urteile sind oft richtig; doch hätte der Verfasser
etwas schärfer Yorgehen sollen.
Wichtig ist der Artikel aus Goetses Feder. Der
Verfasser hat in der grofshersoglichen Bibliothek su Weimar
eine kleine Handschrift entdeckt, welche die Aufzeichnungen
des H. S. als Merker der Nürnberger Singschule in der Zeit
vom 1 . Sept. 1555 bis Knde 1561 cniluilt. i&Die Kinträge geben
an, wann die Singsrhule abgehalten wurde, was für Meister-
gesänge vorgetragen wurden wer in der Singschule, wer
in der sich daran schliefsenden Abendzeche gesungen und was
er gesungen hat; wer den Preis in der Singschule, wer ihn in
der Zeche gewonnen hatc u. s*. w. Als Probe teilt G. zwei aufs
geradewohl herausgegriffene Tage wörtlich mit. Durch dieses
Gemerkbüchlein sind wir in Verbindung mit dem, was wir aus
des Dichters Handschriften und durch die archival. Mitteilungen
V. Michels über Theateraufitthrungen in Nürnberg zwischen
1549 — 1576 wissen, ziemlich genau ul er die gesamte Thatigkeit
des H. S. in der Zeit von 1555 — ol unterrichtet. Ich kann
hiernicht alle Ausführungen Goet/.es, die sich an diesen interes-
santen Fund anknüpfen, wiedergeben, nur eines sei betont,
dafs gerade aus diesem Gemerkbtichlein G. die schon in seiner
Festrede (s, oben S. 264) hervorgehobene Thatsache entnahm,
dafs die Meistersänger zu Nürnberg in Ihren Zusammenkünften
nicht eigene Erzeugnisse, sondern gröfstenteils Meisterlieder des
H. S. zum Vortrag brachten.
Einen anziehenden Stoff behandelt der auf dem Gebiete
der vergleichenden Märchen- und Novellenkunde hervorragende
Joh. Bolte in Berlin. Kr druckte aus verschiedenen Meister-
liederhandscliriften zu Berlin, Weimar und P'rlaneen 18 Mcisti-r-
Ueder ab, welche Märchen- und Schwankstofte entliaiten — hie/.u
noch 2 poetische Erzählungen älteren Datums — und versah
sie mit zahlreichen Nachweisungen. Von den Meiste rliedem
haben 11 Hans Sachs, 2 den Meistersinger Hans Deisinger
zum Verfasser, je eines ist von Benedict von Watt, Georg Hager
und Ambrosius Metzger; zwei Meisterlieder und ebenso die
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— 275 —
beiden älteren Erzählungen sind anonym. Um eine Vorstellung
von dem Inhalt der Abhandl. zu geben, führe ich einige Titel
an: 1. Sanct Fetter erlaubt eim JBawren drei wttnfch, 2. von
vrfpruog fanct Petters glatzen» 3. das käcklein vnder 12 wolffeo
(= Grimms Bremer Stadtmusikanten), 5. der arm kremer mit
dem teuflfel, 8. der teuffei wirfft nach D. Luthern ein dtntenfafs
u. s. w. Eines dieser Meisterlieder, das 17. — Die 3 Ehe-
männer vor dem Himmelsthor von A. Metzger — hat auch
Hartmann in seiner obenciwaanten Festsclirift abgedruckt, aber
der V. Bolte nach einer Weimarer Handschrift gegebene Text
scheint korrekter zu sein. Der Aufsatz ist wichtig, weil er uns
ein Bild von dem in den Meisterliedern oft herrschenden Humor
gibt und dadurch geeignet erscheint, die falsche Vorstellung,
die ttber diese Gedichte noch verbreitet genug ist, zu zerstreuen.
Leider zersfireut er auch einigermafsen die Vorstellung von der
Sittenreinheit des H. S.; denn hier hat er seine Feder so tief
in den Schmutz getaucht, dafs, mag er auch innerlich unberührt
davon geblieben sein, doch der Vorwurf auf ihn lastet, dafs er
zu Zeiten nicht dem Kitzel widerstehen konnte, mit ge-
meinen Zoten die Lachmuskeln seiner Hörer in Bewegung zu
setzen. Bolte's Angaben und Nachweisungen bezeugen aufs
neue seine erstaunliche Belesenheit und sein vielseitiges Wissen.
Einzelne Ergänzungen lassen sich gleichwohl anbringen, doch
verspare ich mir diese für eine andere Gelegenheit.
Der letzte Beitrag von Reinhardstoedtner hat mit H. S.
nichts zu tbun und darf daher hier wohl wegbleiben. Dem
Herausgeber schulden wir aber grofsen Dank, dafs er mit der
Veröffentlichung der anderen Gaben unser Wissen von dem
alten Meister wesentlich erweitert hat.
Ich komme jetzt zu der von mir herausgegebenen Fest-
schrift » H a n s S a c h s - F o r s c Ii u n g e n . s • ) Es stünde mir schlecht
an, judex in propria causa zu sein. Da nun bisher keine Rezen-
sion erschienen ist, die sich näher mit dem Inhalt des Buches
beschäftigte, ausgenommen die im »Fränk. Kurier«**} erschienene,
*) Hans SAchs-Forschnngea. Festscbriit zw vieThnndertsteii
Geburtsfeier des Dichters. Im Auftrage der Stadt Nürnberg herausgegeben
von A. L. Stiefel. Nttrnberg Kommtssionsverl. d* J. Ph. Raw'schen
Buchhandluog.
•*) a. Nov. 1894, Nr. sös.
18»
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— 276 —
so gebe ich letztere im Auwug wieder, wobei ieh nur einzelne
kleine Änderungen anbringe. Zuvor gestatte man mir jedoch eine
Bemerkung: Als ich im Jänner 1894 beim H. Sachs - Koniite in Nürn-
berg erfolgreich die Herausgabe einer wissenschaftl. S.immelschrift
zu Ehren des H. S. anregte, ging ich von dem Gedanken aus,
alle Stätten germanistischer Forschung in Deutschland und
einige des Auslands durch wiss. Bettrftge Uber H. S., bezw. den
Meistergesang» zu einer Huldigung fttr den ehrwUrdigen Dichter
SU vereinigen. Mein Aufruf fand so freudigen Widerhall « dafs
ich — nachdem mir ein Maximalumfang von 25 Bogen vor-
geschrieben war — unmöglich alle angemeldeten Beiträge auf-
nehmen konnte. Ich strich also sofort alle diejenigen, welche
nur eine Zusammcafassung bisheriger Forschungsergebnisse oder
populäre Darstellungen boten, und dies umsomehr als liiefür ja
MummenhofTs Festschrift da war. Andere Beiträge hckn leider
weg, weil sie nicht reclitzeitig fertig wurden. Was mir verblieb,
waren durchweg Forschungen, die neues Material zur Kenntnis
des H. Sachs und des Meistergesangs brachten; fllr Sonstiges
hatte die Festschrift keinen Raum. Ich bemerke dies für gewisse
Kritiker, die sich in Ermanglung anderer Dinge, viel darauf zu
gute thun, wenn sie an Sammelschriften das Fehlen von dem und
jenem bekritteln können. Nun zu meinem Referat.
iKarl Wein hold in Berlin, der Altmeister gcrm. Forschung,
erolTnet, eine Ubersicht der einzelnen Arbeiten gebend und zugleich
in warmempfundenen Worten den Dichter preisend, die Festschrift.
Victor Michels in Göttingen bringt auf Grund einer
Handschrift In der k. Bibliothek zu Berlin interessante Mit-
teilungen Uber ein bisher unbekanntes Freundschaftsverhältnis
zwischen H. S. und Niclas Praun, einem Mann aus einer
höheren Gesellschaftsklasse, einem wohlhabenden Kaufmann,
der seinen Sitz auf dem Malmanshofe hatte. Bei dem wenigen,
das wir über des Dichters persönliche Verhältnisse wissen, ist
diese Entdeckung von grofser Wichtigkeit. Wir erhahen da-
durch einen kleinen Einblick in die gesellschaftliche Sphäre, in
der sich Fl. S. bewegte. N, Praun schriftstellerte selbst und
Stand sichtlich unter dem Einflufs des liebenswürdigen Dichters.
Er verfafste 3 Prosadialoge, zu denen H. S. eine Vorrede —
offenbar für den Druck — schrieb. Diese Vorrede, sowie ein
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— 277 —
allegor.-satir. (Icspracli Prauns zwischen Ko])f und Rarett druckte
M. ganz ab uad Diachte über ein anderes »der podagrische
Traum«, in welchem U. S. unter dem Namen Xasius eingeführt
ist, mehrere interessante Bemerkungen.
Auf seinem ureigensten Gebiet bewegt sich E. Goetze in
Dresden, indem er zusammenfassend Uber »die Handschriften
des H. S.c berichtet. Im ersten Teil seines Aufsatses belelirt
er uns Über die Schicicsale der Handschriften, die durch einen
Urenkel des Dichters nach Zwickau verbracht, lange verschollen
blieben, bis in unserem Jahrhunderte allmählich einzelne Biü.dc
in Leipzig, Berlin, Dresden, der ^röfste Teil aber in Zwickau
auttauchten. Viele Bände (das l., 2., 3., 7., 8., 15. und 17. Spruch-
buch und 1., 6., 7., 9. bis 11. und 14. Meistergesangbuch) sind
bisher leider noch nicht aufgefunden worden. Im 2, Teil seines
Aufsatzes spricht G. Uber das Verhältnis der Handschriften zu
den Drucken des H. S., wobei er viele Irrtümer der letzteren
durch die etgentttmlicheir SchziftzOge des Meisters erklärt.
Vielfach ergänzend reiht sich an diesen Aufsatz derjenige
Karl Dreschers zu Münster in W. »Die Spruchbücher
des H. S. und die erste Foliuausgabu I* an. D. beschäftigt
sich zunächst eingehend mit dem reichen Inhalt der ersten
5 Spruchljücher, weist überzeugend nach, dafs das erste Spruch-
buch des H, S. und das erste Buch der Meistergesänge eines "
und dasselbe sei, indem der Dichter anfänglich die für die Sing-
schule bestimmten Meistergesänge und die an das Publikum sich
wendenden Spruchgedichte zusammenschrieb und erst vom 2. Buche
ab eine Scheidung der beiden vornahm, so dafs uns also statt 14
nur 13 Bücher von Handschr. des Meisters fehlen. Dann be-
leuchtete D. das Verhältnis des uns erhaltenen ersten Spruchb,
zum I. von Saclis besorgten Bande der Folioausgabe in saci: lieher,
sprai^lilicher und metrischer Hinsirlit, zeit2,t, dafs die Abweichungen
in der letzteren beabsichtigte und innerhalb der Grenzen seines
Talentes und seiner Entwicklung nach Verbesserung strebende
Änderungen des Dichters sind und dals somit der Folioausg. ein
selbständiger und weit höherer Wert gegenüber den Handschriften
zukommt, als man bisher annahm.
Einer bisher wenig gepflegten Seite des H. Sachs'schen
Schaffens, der Reimtechnik ist eine Abhandl. von Max Herrmann
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— 278 —
gewidmet, betitelt , Stichreim und Dreireim bei H. S. und
anderen Dramatikern des 15, und 16. Jahrimndorts.' Der
Verfasser tritt hier zum ersten Male als H. Saehsforscher auf. Zu-
nächst schliefst er sich. den vorhin erwähnten Arbeiten insofern an,
als er nachweisti dafs U. S. aufser den Spruchbüchern noch
eine verlorene besondere handscbr, Sammlung seiner Dramen
besessen haben mufs, eine Vermutung, die durch den Fund eines
Referenten im »Liter. Centralblattc Jahrg. 1895 Sp. 500 bestätigt
wird. Ob nun wirklich — wie H. wiU — das Generalregister
der Trag., Comöd., und Fastnachtsp. des H. S. auf diese ver-
lorene Sammlung zurückgeht, das ist eine Frage, die ich ohne
Einsicht in die Handschriften weder bejahen noch verneinen
kann. Aber die Richtigkeit seiner Annahme vorausgesetzt, hätten
wir in seiner Arbeit eine auf sorgfältiger Prüfung ailer derjenigen
Dramen, bei denen sich die ursprüngl. Gestalt mutmafslich er-
halten hat| basierte historisch- kritische Untersuchung über die
Anwendung des Stichreims und Dreireims bei H. S. und älteren
und jüngeren Kunstgenossen. Leider habe ich, da die Arbeit —
die letzte des Buches — erst kurz vor Abschlufs des Druckes
einging und in fliegender Hast gedruckt wurde» einige Auswüchse,
worin sich der Verfasser in wenig bescheidener Weise über die
Furschuagca Anderer aufserte, m streichen ubersehen. Und
doch bedarf auch H. der Nachsicht, die er Mitüjrsi heru zu
versagen geneigt ist. So hat er z. B. übersehen, dals neben
den von ihm erwähnten Rachel und Sommer, auch F. W. 'l'hon
in seiner Dissertation über H. S., jene zum Teil berichtigend,
' S. 47 — 50 ttber den Dreireim gehandelt hat.
Zu den wichtigsten und anziehendsten Fragen in der
H. Sachsforschung gehören unstreitig die nach seinen Quellen
und Vorbildern. Da seine Gedichte buchstäblich eine Legion
übersteigen, so liegt es auf der Hand, dafs der Forschung hier
ein weites, aber nicht immer leicht in l)cstelleudes J'cKl Dticn
steht; denn H. S. deutete zwar in vielen 1- allen die su>it liehe
Herkunft seiner DichtuuL cn an, aber gerade bei seinem ]i;irkendsten
und gelungensten« den Fastnachtspielen und Schwanken, läfst
er uns meist gan^ im Dunklen. Und doch gewährt uns erst
der Vergleich des Dichters mit seinen Vorlagen einen Einblick
in seine dichterische Werkstätte. So erfahren wir z, B. auf
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I
— 279 —
diesem Wege, dafs H. S. sich nicht begnügte, seine Dichtungen
nach der ersten besten Quelle auszuarbeiten, sondern dars er
in der Regel mehrere Versionen Über einen Gegenstand kennt,
aus denen er sich die brauchbarsten Züge auswählt. Nun sind
zwei Beiträge den Quellen des Dichters gewidmet, der gröfsere
und überhaupt der umfangreichste der ganzen Festschrift (S. 33
bis 192) rührtvomHerausgeberher. Wie Stiefel vor mehreren
Jahren die Quellen der sämtlichen Fastnachtsp. untersuchte,
so hat er hier diejenigen der Fabeln, Märchen und Schwanke
ins Bereich seiner Betrachtung gezogen. Die Belesenheit des
H. S. ist geradezu verblttflfend. Es genügt um dies zu zeigen,
dafs hier als Quellen nachgewiesen werden: i. für die Fabeln:
Steinhöwels Esopus, Seb. Brant, Luther, Cyrillus, B. Waldis, Camera-
rius, Bidpai, der Dialog, Creaturanim (?)u.s.w., 2. für die Schwänke :
Bebel. Pauli, Wickram, >Schertz mit der Warlieyti, joh. Gast,
die Volksbücher »Die sieben weisen Mei<>terf:, Eulenspiegel, Peter
Leu (?) und Ritter v. Thum, die ital. Schwank- und Novellensarani-
longen von Bocc, Piovano Arlotto und Poggio (letztere Beide
mittelbar), die scherzhaften Erzählungen in den Sprichwörtersamml,
V. Joh. Agricola und Seb. Franck, 3. für seine Märchen und
andere (schwer zu klassifiz.) Gedichte: Verschiedene Chroniken,
Keisebeschreibungen, die Gesta Roroanorum, Walther Burley, zahl-
reiche ältere deutsche Dichtungen, abgesehen von anonymen,
z. B. die von Hugo von Trimberg, Hans Vintler (?), Hans RosenblOt,
H. Folz, Jörg Schiller u. andere unmittelbare Vorlaufer des H. Saclis,
ferner Visioneiulichter und Allegoristen, und endlich Schriftsteller
des Altertums, besonders Plutarrh, (Erasmus v. Rotterdam's
Apophthegmata übersetzt v. Eppendorflf) Lucian, Stobäus u. s. w.
Besonder': wichtig erscheint uns noch der Nachweis, dafs für
eine Anzahl von Dichtungen dem H. S. Nachahmungen älterer
franz. Erzählungen (fabliaux) vorgelegen haben müssen, und dafs
in mehreren Fällen Holzschnitte» m anderen mündliche Erzäh-
lungen als seine Quellen anzusehen sind*}.«
*) Inzwischen fttiid von mir Erginnmgen zu meiner Arbeit in der
»Zsch. für vergl. Iäleraturgesch.< teils erschienen, teils im Erscheinen. Ich
möctite hier nur noch nachtragen, dais »ich mit dem Stoffe deb 109. Schwankes
(3 Franen mit dem porten) bereits F. Liebrecht (»Germ.t 21,385 und »Zur
Volkskunde« S. 124 ff) G. Rua (Nov. dcl Mambriano S. 104 ff) und Bedier
(Les Fabliaux S. 238 ffj beschäftigt haben. Za Schwank 169 cf. Bedier 133^.
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Der 2. Beitrag zur Quellenkunde ist von \V. Golther da-
mals in München (jetzt in Rostock) und bezeichnet die »Denn«
märkische Chronik« des Hamburg. Theologen Alb. Krantzin
der Übersetzung von Eppendorff als Quelle mehrerer Spnicbgedicbte,
Meisterlieder und zweier Dramen (Rosimunda u.Hagwartustt,Signe).
H. Wunderlich in Heidelberg studierte in fesselnder
Weise in einem Aufsatz yK. S. und das Nibelungendramac
die Arbeitsweise (ies Dicliters in dem nach den alten Bänkel-
sängerliede entworfenen Drama ^der Hürnen Seufrid« und ver-
gleicht ihn in der l^ehandiungsweise des alten Sauenstofles mit
späteren Dichtern wie Fouqu^, Hebbel und R, Wagner.
Einem anderen Gebiete, den >Sprich Wörtern und
sprichwartUchen Redensarten bei H. S.« gilt die letzte
Arbeit, die noch den Dichter selbst zum Gegenstand hat. Der
Verfasser, Charles Schweitzer in Paris, wagt sich hier auf eine
fttr einen Ausländer besonders schwieriges Gebiet. Indes ist
es ihm geglückt, durch eine nach gewissen Gesichtspunkten
gegliederte Auswahl uns eine Vorstellung von dem erstaunliclien,
aber doch wenig gekannten Reichtum des Dichters auf dem
Gebiete der Spru( hwcisheit zu geben.
Aus der bewährten Feder E. Mumnienhofrs stammt eine
Abhandlung, betitelt »Die Singschulordnung vom Jahre
1616/35 und die Singstätten der Nürnberger Meister-
s i n ge r. f Der Verfasser gibt uns hier einen Tollständigen Abdruck
der bisher nur in einem knappen Auszug bekannten Nttmb. Sing-
Schulordnung und Tabulatur, welche zuerst 1616 von H. Glöckler
und G. Hager zusammengetragen, späterhin von anderen Meistern
verbessert und endlich 1635 von . . . Mathias Wolff nieder-
geschrieben worden war. Dem Abdrucke ist eine kurze Dar-
stellung ül)cr <lie Entstehungsgeschichte dieser Singordnunj,^ und
eii^ aut archival. Forschungen beruhende gründliche Unter-
suchung vorangestellt über die Örtlichkeiten, wo die Meister-
' Singer ihre Zusammenkünfte abgehalten haben. Wir sind dem
Verfasser für seine Mitteilungen umsomehr zum Dank verpflichtet,
als bisher ungemein viel Ungenaues und Unrichtiges Aber den
Gegenstand verbreitet worden war.
F. Keinz in München lieferte durch seine gelehrte Arbelt
»H. Sachsens Zeitgenossen und Nachfolger im Meister*
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gesang« ein wichtiges, künftigen Forschungen snr Grundlage
dienendes, Verzeichnis der bis jetzt bekannten Meistersinger des
16. Jahrhunderts.
Ernst Martin in Strafsburg, der ausgezeichnete Germanist,
teilte-2 Meistergesänge des einrtulsreichsten Scliülers des H. S.,
des Adam Puschmann, über das Strafsburger Münster
miti wovon das eine sich nicht nur sachlich, sondern auch inso*
fem als Nachahmung von H. S. erweistt als der Dichter darin
die 13 Töne seines Lehrers anwendet.
' Von Ambrosius Oester reicher, den man im gewissen
Sinne als einen Schüler des H. S. betrachten kann, entwirft
Th. Hampc in Nürnberg aus seinen Dichtungen und nach
archivalischeni Material ein Chaiakterbild , bedeutsam für das
'l'reiben der Dichter und SchauspieUinternehmer in der alten
Reichsstadt. Oesterreicher, nicht ohne lyrisches Talent, zeigt
in seinem Gebahren bereits den beginnenden Verfall des einst
so blühenden und nun durch das Überwuchern der Spielauf-
CÜhrungen immer mehr zurücktretenden Meistergesanges. <
Anerkennung verdient die Buchdruckerei von W. Tümmel,
welche keine Opfer gescheut hat, um das Buch wirklich pracht-
voll auszustatten. A. L. St.
\ on neueren, auf die Geschichte Nürnbergs bezüglichen
oder mit ihr in Zusammenliang stehenden literarischen Erschei-
nungen, deren Besprechung wir uns für eines der nächsten
Hefte der » Mitteilungen i vorbehalten, führen wir noch an:
Die Entstehung des deutschen Handelsgerichts. Nach
archivalischen Quellen dargestellt von Dr. jur. et rer. pol.
W. Silberschmidt, k. Amtsrichter. Leipzig, Verlag von Dunker
& Humblot, 1894.
Alt-Nfirnherg. Kulturhistorische Bilder aus Nürnbergs Ver-
gangenheit. 1. Rathaus, Regiment und Rat. Nürnberg, Verlag
von Hcidcgcii i>arbeck, 1894.
Die Papiermühlen im Gebiete der weiland freien Reichs-
stadt Nürnberg. Von Edmund Marabini. Mit 1 Gebiets-
karte, 6 Vollbildern und 100 Abbildungen im Texte. Nürnberg.
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Die Narnberger Bleistiftindostrie in Vergangenheit und
Gegenwart. Von Dr. Eduard Schwanhäufser. Nttmberg,
Jos. Leonh. Schräg, 1895.
Hana Sachs. Bin Nürnberger Fest- Schauspiel zur Feier
seines 400. Geburtstages. Aufgeführt am 4. November im
Stadtthoater zu Nürnberg: 1. Prolog und i a^inr .^htspiel von
Haus Sachs: Frau Walirlicit will niemand beherbergen. 2. Der
junge Meister. Lebensbild in zwei Akten von Rudolf Genee.
Nürnberg, 1894.
Hans Sachs. Ein Lebensbild zu seinem 4OO jährigen
Qeburtstag^juhiföum von Fr. Amerlan. Mit 15 lUustra-
tionen. Nürnberg, 1894.
Festschrift aur Erinnerung an die Einweihung der
Christusidrche in Steinbühi- Nürnberg, am Sonntag, den
23. September 1894. Nürnberg, 1894.
Die Intestaterbfolge nach Nürnberger Recht. Für die Praxis
bearbeitet von Justizrat D. Be rulzlieimer, k. Advokat in
Nürnberg. Münclien.C.H.ßeck sehe Verlagsbuchhandlung 1895.
Featachrift, gewidmet den Teilnehmern an der 32. Wander-
versammlung bayerischer Landwirte in Nürnberg vom
12. bis 14. Mai 1895. Redigiert von Dr. Friedrich Wagner
in Lichtenhof- Nürnberg. Mit 20 Abbildungen und 8 Tafeln.
Nürnberg, Verlag von Heerdegen -Barbeck, 1895.
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