Briefwechsel
zwischen
Wilhelm von
Humboldt und
August ...
Wilhelm Humboldt
(Freiherr von)
BRIEFWECHSEL
ZWISCHEN
WILHELM VON HUMBOLDT
UND
AUGUST WILHELM SCHLEGEL
HERAUSGEGEBEN
VON
ALBERT LEITZMANN
MIT EINER EINLEITUNG VON B. DELBRÜCK
_
HALLE a. S.
VERLAG VON MAX NIEMEYER
1908
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INHALT.
Seite
Vorwort, ¥
Einleitung von B. Delbrück ix
Briefwechsel zwischen "Wilhelm von Humboldt und August "Wilhelm
Schlegel 1
1. Humboldt an Schlegel, 10. Mai 1818 3
2. Humboldt an Schlegel, 5. Mai 1821 6
3. Schlegel an Humboldt, 23.— ."0. Juli 1821 12
4. Humboldt an .Schlegel, 1. November 1821 28
5. Schlegel an Humboldt, 25. November 1821 46
Ii. Humboldt an Schlegel, 19. Januar 1822 47
7. Humboldt an Schlegel, 19. Mai 1822 49
8. Schlegel an Humboldt, 29. Mai— 4. Juni 1822 Cl
9. Humboldt an Schlegel, 18. Oktober 1822 81
10. Schlegel an Humboldt, 1. Dezember 1822 8G
11. Humboldt an Schlegel, 13. Dezember 1822 94
12. Schlegel an Humboldt, 21.— 23. Dezember 1822 101
13. Humboldt an Schlegel, 30. Dezember 1822 110
14. Humboldt an Schlegel, 3. Januar 1823 120
15. Schlegel an Humboldt, 17.— 21. März 182:; 12!)
IG. Humboldt an Schlegel, 8. April 182:; KU
17. Schlegel an Humboldt, 14. April 1828 141
18. Humboldt an Schlegel, 6. Mai 1823 147
19. Schlegel an Humboldt. 19. Mai 182:} 152
20. Hnmboldt an Schlegel, 21. Juni 1823 157
21. Humboldt an Schlegel, 15. April 1824 1G3
22. Humboldt an Schlegel, 24. Mai 1S24 107
23. Schlegel an Humboldt, 20.— 26. Juni 1824 170
24. Humboldt an Schlegel, 17. Juni 1825 17G
25. Schlegel an Humboldt, 21. Februar 1S26 18:}
26. Humboldt an Schlegel, 5. März 1826 192
27. Humboldt an Schlegel, 4. September 1826 202
IV
Inhalt.
Seite
28. Humboldt an Schlegel, 18. September 1826 204
29. Humboldt an Schlegel, 10. Oktober 1826 211
30. Schlegel an Humboldt, 29. Oktober — 12. November 1826 . 212
31. Humboldt an Schlegel, 4. Mai 1827 218
32. Humboldt an Schlegel, 6. Mai 1827 218
33. Humboldt an Schlegel, 27. November 1827 219
34. Humboldt an Schlegel, 16. Juni 1829 221
35. Schlegel an Humboldt, 23. Juni 1829 242
36. Humboldt an Schlegel, 3. Juli 1829 247
37. Humboldt an Schlegel, 11. Juni 1830 249
38. Humboldt an Schlegel, 24. Oktober 1830 253
39. Humboldt an Schlegel, 12. August 1831 254
40. Humboldt an Schlegel, 24. Oktober 1832 257
Anmerkungen 259
Index 297
)ogle
VORWORT.
Die Originale des im folgenden abgedruckten sprach-
wissenschaftlichen Briefwechsels zwischen Humboldt und
Schlegel befinden sich an drei Orten. Die Briefe Humboldts
bewahrt bis auf zwei Nummern (1 und 39) die Königliche
Universitätsbibliothek in Bonn; die beiden erwähnten,
dort fehlenden Nummern befinden sich in Schlegels Nachlaß
in der Königlichen öffentlichen Bibliothek in Dresden.
Schlegels Briefe fanden sich in Humboldts Nachlaß in
Tegel; eigenhändige Abschriften, die der Schreiber sich
von den Nummern 10, 12, 15 und 17 gemacht und zurück-
behalten hatte, traten aus den Dresdener Schätzen er-
gänzend und hie und da berichtigend hinzu. Von den
Briefen Humboldts sind Nr. 4 und 34 bis auf den Schluß-
absatz, die Nummern 37—40 bis auf die Unterschrift Diktate;
bei Nr. 27 ist Schlußformel und Unterschrift abgeschnitten.
Der Schloßherrin von Tegel und den Vorständen der beiden
genannten Institute spreche ich für die Gestattung der
Benutzung der Handschriften meinen herzlichsten Dank aus.
Leider gelang es mir nicht, den Briefwechsel zu einer
lückenlosen Reihe zu vereinigen. Zwar wird von Humboldts
Briefen, wenn überhaupt etwas, nur wenig fehlen: mit
Sicherheit läßt sich hier gar kein Verlust feststellen. Da-
gegen fehlen sicher mindestens sieben Briefe Schlegels:
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VI
Vorwort.
sechs davon (vor Nr. 1, nach Nr. 20, 26, 33, 36 und 37)
werden in den sie beantwortenden Briefen Humboldts im
Eingang erwähnt, eines siebenten aus dem Jahre 1835
gedenkt Alexander von Humboldt nach dem Tode des
Bruders (Klette. Verzeichnis der von A. TV. v. Schlegel nach-
gelassenen Briefsammlung S. VI). Unglücklicherweise ent-
geht uns damit der Beginn der interessanten Erörterungen
über Bopp.
Die Sanskritworte, die in den Briefen vorkommen, sind
nach dem Usus, den Humboldt und Schlegel selbst bei
eventuellen Umschreibungen in lateinische Buchstaben be-
folgt haben, transskribiert worden. Humboldt spricht sich
über seine Prinzipien vor seinem großen Kawiwerk aus.
Eine moderne Transskription einzuführen schien mir un-
historisch.
Die Anmerkungen sind naturgemäß wesentlich biblio-
graphischer und historisch-faktischer Natur. Die allgemeinen
sprachlichen Anschauungen der beiden Korrespondenten im
einzelnen einer Kritik vom modernen Standpunkte aus zu
unterziehen, ihre Etymologien mit den heute etwa für
richtig gehaltenen zu vergleichen, konnte mir natürlich
nicht beikommen. Gern wäre ich der Geschichte dieser
oder jener einzelnen Behauptung genauer nachgegangen,
wenn nicht der Wert derartiger Untersuchungen zu dem
Zeitaufwand, den sie kosten, in gar keinem Verhältnis
stünde. Eine eingehende Geschichte der Sprachwissenschaft
im 19. Jahrhundert, die wir noch immer vermissen, ist für
derartiges ein passenderer Ort Vielleicht gibt mir auch
eine Schrift über Jakob Grimms sprachphilosophische An-
schauungen, die ich vorbereite, Gelegenheit, einzelnes aus
meinen Sammlungen auf diesem Gebiete mitzuteilen.
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Vorwort.
VII
Herr Professor B. Delbrück hat mich hei der Abfassung
des Buches, besonders in allen speziell altindischen Dingen,
mit Rat und Beihilfe freundlichst unterstützt. Noch mehr
als für diese Unterstützung bin ich ihm dafür herzlichst
dankbar, daß er, dem Buche das versprochene Geleitwort
zu schenken, trotz der mühevollen und zerstreuenden
Geschäfte des Prorektorats während unsres Jubiläums-
semesters Zeit und Stimmung gefunden hat.
Jena, 27. Juni 1908.
Albert Leitzmann.
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EINLEITUNG.
Wilhelm von Humboldt und August Wilhelm Schlegel
stammten beide aus dem Jahre 1767, waren also, als der
im folgenden mitgeteilte Briefwechsel in Fluß kam, über
fünfzig Jahre alt Wilhelm von Humboldt hatte auf der
Universität Jura und daneben Philosophie und Altertums-
wissenschaft getrieben, war als ganz junger Mann kurze
Zeit im Justizfach tätig, trat dann aber aus dem Staats-
dienst aus, um bis zu seinem fünfunddreißigsten Jahre ganz
seiner Ausbildung zu leben. Seine Hauptbeschäftigung war
damals neben Philosophie, Literatur und Staatswissenschaft
das Griechische, dem er ein fachmännisch -philologisches
Studium zuwandte. Durch Reisen in Frankreich und
Spanien erweiterte er seine Weltkenntnis und seinen
sprachlichen Horizont, indem er namentlich auch das
Interesse für das Baskische in sich aufnahm. Im Jahre
1802 trat er dann doch, halb wider seinen Willen, in den
Staatsdienst und wurde Ministerresident der preußischen
Regierung in Rom, wo er bis 1808 blieb. Nach seiner
Rückkehr in die Heimat übernahm er das Kultusministerium,
wobei er sich um die Gründung der Universität Berlin die
größten Verdienste erwarb. Dann ward er in den Strudel
der großen Weltvorgänge der napoleonischen Zeit gezogen,
begleitete 1813 und 1814 das königliche Hauptquartier und
X
Einleitung.
vertrat in Gemeinschaft mit Hardenberg die preußisch -
deutschen Interessen auf dem Wiener Kongreß. In der
nun einbrechenden Zeit der Stille war für ihn kein rechter
Platz mehr im preußischen Staatsleben : er bekleidete noch
verschiedene hohe Ämter, war z. B. 1817/18 außerordent-
licher Gesandter in London (von wo sein erster Brief an
Schlegel datiert ist), trat dann aber am 31. Dezember 1819
in das Privatleben zurück. Während all dieses Geschäfts-
treibens behielt Humboldt seine sprachwissenschaftlichen
Ziele unverrückt im Auge. Überall suchte er sich das,
was Ort und Gelegenheit bot, anzueignen; eine besondere
Förderung waren ihm die Materialien, die sein Bruder
Alexander mitbrachte. Eine Reihe von Jahren standen
die amerikanischen Sprachen im Vordergrund seines Inter-
esses. In der Zeit des Briefwechsels mit Schlegel nahm
das Sanskrit bei ihm eine herrschende Stellung ein.
A. W. Schlegel studierte in Göttingen klassische
Philologie und machte sich das Verfahren dieser Wissen-
schaft früh völlig zu eigen. In Jena, wo er sich von
1796 an aufhielt und die aus der Göttinger Studien-
zeit herrührende Bekanntschaft W. v. Humboldts er-
neuerte, begann er jene Übersetzungen aus der englischen
und romanischen Poesie, die seinen Namen in weitesten
Kreisen berühmt gemacht haben. Um die Zeit, als Humboldt
nach Rom ging, hielt Schlegel Vorlesungen über Kunst
und Literatur in Berlin, lebte dann längere Zeit im
Auslande, namentlich bei Frau von Stael am Genfer See;
1808 hielt er die berühmt gewordenen Vorlesungen über
dramatische Kunst und Literatur in Wien. Schließlich
wurde auch er wie Humboldt in die Welthändel verwickelt,
wenn auch in viel bescheidenerem Grade, insofern er 1813
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Einleitung.
XI
und 1814 in den Diensten des Kronprinzen von Schweden
tätig war. Im Jahre 1814 begann er, und zwar teilweise
in Gemeinschaft mit Franz Bopp, in Paris ein höchst
ernsthaftes Studium des Sanskrit, in dem er es mit der
Zeit zu einer solchen Höhe brachte, daß er mit Eecht als
der Begründer der Sanskritphilologie in Deutschland be-
trachtet wird. Zwar erschien im Jahre 1818 noch eine
bedeutsame Arbeit auf anderem Gebiet, nämlich Observations
sur la langue et la literature provengales , dann aber
gehörte seine Produktion für eine Reihe von Jahren fast
ausschließlich dem Sanskrit. Im Jahre 1818 wurde über
seine Berufung nach Berlin verhandelt, vom gleichen Jahre
an aber finden wir ihn als Professor in Bonn, wo er außer
über Sanskrit auch über Gegenstände aus dem Gebiete der
europäischen Literatur, z. B. über die Nibelungen Vor-
lesungen hielt. Denn auch mit dem älteren Deutschen
hatte er sich gründlich beschäftigt, wie denn von einer
Schlegelschen Rezension über Grimm der wahre Beginn der
germanistischen Wissenschaft in Deutschland datiert wird.
Die Interessen der beiden vielseitigen Männer be-
gegneten sich also damals besonders im Sanskrit, welches
denn auch den Hauptgegenstand ihres Briefwechsels
bildet.
Das Studium dieser Sprache hatte gerade damals mit
großen Hoffnungen begonnen, mit Hoffnungen, welche nicht
etwa nur auf Aufhellung der Sprache, sondern namentlich auf
Ergründung der Urgeschichte und Urreligion der Menschheit
gerichtet waren. Der erste Deutsche, der sich einige Kenntnis
der zu jener Zeit sehr schwer zugänglichen Sprache erwarb,
war Friedrich Schlegel, dessen 1808 erschienenes Buch
über die Sprache und Weisheit der Indier in der Tat die
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XII
Einleitung.
Tore einer neuen Welt öffnete. Dann folgten, wie schon
erwähnt, Bopp und Schlegel. Ihnen schloß sich Humboldt
an. An Büchern stand ihm nur wenig zur Verfügung,
nämlich als 'brauchbarste der englischen Grammatiken die
von Wilkins, als Wörterbuch das von Wilson (über dessen
Schwächen Schlegel in der Indischen Bibliothek 1, 295 ff. in
einer heute noch lesenswerten Weise gehandelt hat), an
Texten als bei weitem wichtigstes Hilfsmittel der Nalus
von Bopp (Text mit lateinischer Übersetzung), außerdem
ziemlich mangelhafte englisch -indische Ausgaben der Fabel-
sammlung Hitopadeca und des Epos Rämäyana, dieses nur
zum Teil. Da Humboldt mit seinen Studien so viel später
begonnen hat, spielt er naturgemäß in dem vorliegenden
Briefwechsel anfangs mehr die Rolle des Schülers, freilich
eines Schülers, der seine Fragen mit der Erfahrung eines
gereiften Meisters stellt. Aber bald erstarkt seine Kenntnis
und schon 1823 erscheint von ihm in der Indischen Bibliothek
eine wertvolle, auf eigenen Sammlungen beruhende Ab-
handlung aus dem Gebiete der Sanskritsyntax.
Außer der Grammatik kommt natürlich auch die
indische Literatur und ihr ästhetischer Wert zur Sprache
und es werden, wie sich bei dem Interessenkreis der beiden
Männer von selbst versteht, auch allerhand andere Fragen
der Philologie und Altertumswissenschaft berührt An
dieser Stelle sei namentlich auf ihre Behandlung eines
damals brennenden Themas hingewiesen, der Frage nach
der Entstehung der Flexion.
In der grammatischen Entwicklung bis auf Bopp hatte
sich die Ansicht herausgebildet, daß die vorhandenen
Flexionsformen durch Zusammensetzung (Agglutination)
ursprünglich bedeutungsvoller Elemente entstanden seien,
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Einleitung.
XTTT
z. B. blinder aus blind -er larl aus h -rl (sein er). Dieser
, mechanischen* Ansicht stellte Friedrich Schlegel in der
eben erwähnten Schrift eine , organische ' gegenüber, wo-
nach die Flexion nicht durch Zusammensetzung, sondern
durch innere Entfaltung des Wurzellautes entstanden sein
soll. Bopp, der einflußreiche Begründer der vergleichenden
Grammatik, schien sich dieser Schlegelschen Theorie an-
fangs zuzuneigen, trat dann aber mit Entschiedenheit auf
die Seite der Agglutinationshypothese, die er bis ins
einzelne hinein ausbildete. Nach ihm stammen die Per-
sonalendungen des Verbums aus Pronomina, der Aorist
und das Futurum enthalten in ihrem s das Verbum ,sein',
der Optativ in seinem t das Verbum , gehen* usw. In
diesen Streit greift nun Humboldt ein. Er erklärt sich
entschieden gegen Fr. Schlegel, insofern dieser die Begriffe
Flexion und Agglutination zur Klassifikation der Sprachen
benutzt Flexion und Agglutination seien vielmehr Er-
scheinungen, die sieh ganz wohl in einer Sprache ver-
einigt finden könnten. So sei es auch im Indogermanischen.
Dort findet sich nach Humboldt gelegentlich Flexion im
Schlegelschen Sinne, so bei dem Konjunktiv und Optativ
im Griechischen und Deutschen, wo dieser Modus, der stets
etwas Ungewisses andeute, dementsprechend meist dunkle
und schwebende Diphthonge zeige. Aber im wesentlichen
stellt sich Humboldt in diesem Briefwechsel auf Bopps
Seite, während A. W. Schlegel die Partei seines Bruders
nimmt Es ist höchst lehrreich zu beobachten, wie es bei
der Diskussion im einzelnen zugeht Was Schlegel gegen
') Die Analyse ist unrichtig und wird hier nur als bezeichnend
für die damalige Ansicht angeführt.
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XIV
Einleitung.
Bopp vorbringt, ist hauptsächlich das folgende. Was die
Ableitung der Personalendungen mi, si, ti aus Pronominal-
formen betrifft, so lasse sich die Herleitung von mi aus
dem Pronomen der ersten Person allenfalls hören; si
(griechisch gl) könne auf ov nicht zurückgeführt werden,
da das s erst im Griechischen verhältnismäßig spät aus t
(dorisch rv) entstanden sei ; im Plural vollends verschwinde
jeder Schein von Wahrscheinlichkeit. Solle überhaupt ein
Zusammenhang zwischen den Personalendungen und den Pro-
nomina angenommen werden, so sei es viel natürlicher zu
glauben, die letzteren seien durch Ablösung aus den Personal-
endungen entstanden. Die Erklärung von amavt aus ama
•fui, welche Bopp aufgestellt hatte, sei ohne Nutzen, denn
schließlich bleibe doch das % von fui als unerklärt übrig.
Endlich sei es ein Grundirrtum von Bopp, das Verbum
substantivum in dieser seiner Bedeutung für so uralt zu
halten, daß man ihm zutrauen könne, es habe bei der Ent-
stehung des Aorists und Futurums mitgewirkt. Es sei
vielmehr das jüngste Verbum und aus Demonetisation ent-
standen. Das sind Einwürfe, die innerhalb der Boppschen
Richtung eine Zeitlang nicht recht zum Bewußtsein ge-
kommen oder beiseite gelegt worden sind, die wir aber
jetzt wieder als völlig zutreffend anerkennen. Humboldt weiß
denn auch im einzelnen nicht viel dagegen zu sagen, begnügt
sich vielmehr damit, sich auf die unleugbare allgemeine
Wahrscheinlichkeit des Agglutinationsprinzips zu berufen, das
sich so vielfach, z. B. auch bei den amerikanischen Sprachen
bewähre. Schwach ist naturgemäß Schlegels Position,
wo es sich um die positive Begründung der organischen
Theorie handelt Nach seiner Ansicht besteht, wie schon
angedeutet, die Flexion in der Verwendung eines an sich
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Einleitung.
xv
bedeutungslosen Vokals zur Bedeutsamkeit, also z. B. die
Verwendung des i von öiöcofii in aktivem, des ai von
öiöofiai in passivem Sinne. Nattirlich ist es schwer zu
sagen, woher diese Vokale kommen mögen. Einmal (S. 74)
bezeichnet sie Schlegel als schwebende Wörter, geeignet
sich überall anzuhängen, aber damit ist zur Erklärung
nichts beigebracht und man merkt, wie der sonst so
geistesklare Mann bei dieser Gelegenheit in romantischen
Mystizismus verfällt, indem er von einer angeborenen
Genialität des ursprünglichen Menschen redet, eine Vor-
stellung, gegen die dann wieder Humboldt sich sehr
treffend ausspricht. Wenn nun die Diskussion über die
Entstehung der Flexion ohne recht greifbares Ergebnis
verläuft, so darf das nicht Wunder nehmen. Wir sind auch
heute nicht weiter. Der wesentliche Unterschied zwischen
damals und jetzt besteht darin, daß man damals in der
ersten Frische glaubte, des Problems durch eindringendes
Studium und Nachdenken Herr werden zu können, während
jetzt unsere Stimmung resigniert ist.
Sehr interessant ist in dem vorliegenden Briefwechsel
auch die verschiedenartige Beurteilung, welche der Be-
gründer der vergleichenden Sprachforschung, Franz Bopp,
erfährt. Humboldt trat, seit er in Tegel seinen Ruhesitz
genommen hatte, zu Bopp in ein enges wissenschaftliches
Verhältnis, das sich immer mehr zu einem freundschaftlichen
gestaltete. Schlegel, der schon auf der Höhe seines Ruhraes
stand, als Bopp noch ein Anfänger war, führte den viel-
versprechenden jungen Gelehrten freundlich in die litera-
rische Welt ein und konnte wohl als dessen Gönner
betrachtet werden. Bald aber zeigten sich die Keime der
Entfremdung. Wir haben schon gesehen, daß Bopp immer
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XVI
Einleitung.
entschiedener von Friedrich Schlegel abrückte, was den
Bruder verdroß, der sich dann gelegentlich in seiner Weise
gemüßigt fühlte, gegen den literarischen Gegner ein spitzes
Xenion zu schleudern: Der Boppard ist ein Schloß am
Rhein, die Bopp-Art sind Pedantereien. Dieser Widerstreit
der Meinungen wurde von Bopp um so empfindlicher ver-
merkt, als er gerade in der Erklärung der Flexionsformen
sein Hauptverdienst erblickte. Dazu kommt der tiefe, auch
sonst so oft zu beobachtende Gegensatz, den man in einen
kurzen Ausdruck zu fassen sucht, indem man den einen
als Sprachforscher, den andern als Philologen bezeichnet,
womit man sagen will, daß dem einen die Naturseite, dem
andern die Kultur- und Kunstseite der Sprache näher liegt.
Bopp, der in diesem Sinne Sprachforscher war, hatte zu
wenig Sinn für gewisse Tatsachen des Sprachgebrauchs,
welche dem Betrachtenden als Willkür erscheinen, während
Schlegel als fein urteilender Aesthetiker gerade auf das
Persönliche sein Auge gerichtet hielt. Auch in der philo-
logischen Technik ließ Bopp einiges zu wünschen übrig, so
daß Schlegel an den Boppschen Ausgaben mancherlei aus-
zusetzen fand. Namentlich tadelte er Bopps Verhältnis zu
den indischen Grammatikern, deren System uns lehrreich
gewesen ist und deren Material für immer unschätzbar
bleiben wird. Bopp hatte sie wenig studiert, konnte auch
in dein damaligen Stadium der wissenschaftlichen Ent-
wicklung wenig Nutzen aus ihnen ziehen, hätte dann aber
freilich auch seine gelegentliche Polemik unterlassen sollen.
Auch die hiermit angedeuteten philologischen Meinungs-
verschiedenheiten fanden ihren Ausdruck in einigen Vers-
lein, und zwar diesmal in sanskritischen. Die beiden
Herren stritten sich über die Bedeutung gewisser indischer
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Einleitung.
xvn
Pronomina und in bezug darauf sprach Schlegel (Hito-
padesa II, 22) von einem Toren, der so von Finsternis der
Unwissenheit umgeben sei, daß er den Unterschied zwischen
tävat und etävat nicht kenne, wobei es ihm zustieß, daß er
von dem einen der beiden Wörter einen falschen Dualis bildete
(etavatyoh statt etävatoh), worauf nun wieder Bopp (Nalas,
2. Aufl. S. 209) von einem vir iracundior quam doctior redet,
der verbis sanscritis, nisi pracrita sunt, contumeliam dicere
conatur. Es ist hübsch zu sehen, wie Humboldt sich zu
diesem Streit stellt. Natürlich wahrt er sich sachlich seine
Freiheit, aber in moralischer Beziehung tritt er entschieden
auf Bopps Seite. Schlegel muß in einem Brief, den wir
nicht haben, sich bitter und ungerecht über Bopp geäußert
haben, und so, daß Eifersucht hervortrat. Darauf antwortet
Humboldt S. 231 ff. mit einer an dem Diplomaten unge-
wohnten Schärfe und Bestimmtheit; man kann beinahe
sagen: er wäscht Schlegel den Kopf. Zugleich erfreut sich
der Leser an der feinen Art, wie Humboldt die Herbheit
ausgleicht. In einer eigenhändigen Nachschrift spricht er
sich über den Tod seiner Frau aus, in einer Weise, wie
man nur zu einem Freunde redet.
Hiermit sind wir zu dem persönlichen Erträgnis des
Briefwechsels gekommen, hinsichtlich dessen ich dem Leser
nicht vorgreifen möchte. Nur ein paar Hinweise seien
gestattet. Die beiden Männer waren, wie oben bemerkt
wurde, gleich alt, aber ihre Lebensstimmung ist höchst
verschieden. Schlegel hat soeben ein neues Amt ange-
treten, freut sich seiner Erfolge als Professor und blickt
voll Ehrgeiz in die Zukunft. Über Humboldt aber liegt
schon das Alter: er hat sich von den Geschäften zurück-
gezogen, ordnet seine Papiere und zieht die Summe seines
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XVIII
Einleitung.
Lebens. Neben dieser Verschiedenheit der Stimmung, die
zum Teil auf körperlichen Zuständen beruhen mag, tritt
zugleich auch ein Unterschied in der Behandlung wissen-
schaftlicher Dinge deutlich hervor, der auf die tiefsten
Naturanlagen der beiden Männer zurückgeht Schlegel
ist durchaus auf das Einzelne gerichtet; er schreitet von
einem Problem zum andern, ohne daß seinem Geiste ein
systematischer Zusammenhang vorschwebte; seine Meister-
schaft zeigt sich in der glänzenden Überwindung der vor-
liegenden Schwierigkeiten. Humboldt dagegen ist immer
auf das Allgemeine gerichtet, das Einzelne nimmt stets nur
eine dienende Stellung ein. Es ist unbestritten, daß die
Faßlichkeit seiner Darstellung und auch sein literarischer
Erfolg unter dieser Tendenz gelitten hat; aber es ist mit
Nachdruck zu betonen, daß er genau so wie Schlegel stets
bestrebt ist, das Einzelne mit aller skrupulösen Genauig-
keit eines Philologen zu erfassen. Was endlich das per-
sönlich-menschliche Verhältnis der beiden betrifft, so nennt
Humboldt es Freundschaft Doch herrscht nicht völlige
Gleichheit: Humboldt ist offenbar der Vornehmere und
Schlegels Komplimente sind tiefer.
Jena, Juni 1908.
B. Delbrück.
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BRIEFWECHSEL
ZWISCHEN WILHELM VON HUMBOLDT
UND AUGUST WILHELM SCHLEGEL.
1
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1. Humboldt an Schlegel.
London, den 10. Mai, 1818.
Ich bin mehr, als ich es Ihnen ausdrücken kann, be-
schämt, Ihr gütiges Schreiben, das mir, nach so langen
Jahren der Trennung, ein überaus schmeichelhaftes Zeichen
des Andenkens war, erst so unendlich spät zu beantworten.
Ich wünschte, verehrungswürdigster Freund, mir einen An-
theil an Ihrer Berufung zuschreiben zu können. Ich möchte
aber nicht mir ein Verdienst anmaßen, was meine damalige
Abwesenheit von dem Aufenthalt des Staatskanzlers mich
zu haben verhinderte, und was, soviel ich weiß, HErrn
Koreff und Stegemann, oder dem ersteren allein gebührt.
Auf jeden Fall wünsche ich von Herzen, daß der Plan in
Erfüllung gehen möge. Außer dem Nutzen, den seine Aus-
führung der Berliner Universität bringen würde, erhielte
ich auch dadurch die angenehme Aussicht, wieder einmal
in Ihrer Nähe zu leben.
Die Uebersicht, die Sie mir von Ihren Arbeiten und
den Werken, die Sie zu liefern gedenken, geben, hat mich
in hohem Grade interessirt. Nur bei Ihrem Umfang von
gelehrten Kenntnissen, und der Mannigfaltigkeit Ihrer
Talente ist es möglich, den Entschluß zu so vielen, und
so wichtigen Arbeiten zu fassen. In Absicht Berlins ist
mein erster, einigermaßen niederschlagender Gedanke dabei
1*
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4
Humboldt an Schlegel
gewesen, daß es Ihnen dort sehr leicht zu sehr an litera-
rischen Hülfsmitteln fehlen kann. Die Bibliothek ist noch
sehr unvollständig, und man muß sich meistenteils auf
die Bücher verlassen, die man selbst besitzt.
Gegen das Französisch Schreiben mag es wohl viele
Schreier jetzt in Deutschland geben, allein Sie würden
Sich ebenso darüber wegsetzen, als, und mit großem Rechte,
mein Bruder es thut Ich kann zwar nicht läugnen, daß
auch ich der Meynung bin, daß der Geist eines Schrift-
stellers nur bei dem Gebrauch Einer Sprache, und zwar
derjenigen, die von Kindheit an die seinige gewesen ist,
seine ganze Fülle, Gediegenheit und Freiheit hat, und daß
derjenige doppelt zu verlieren Gefahr läuft, welcher die
Deutsche mit der Französischen vertauscht. Bei den guten
Schriftstellern dieser Art merkt man allerdings den Werken
selbst keinen positiven Mangel darin an, allein es entsteht
das billige Bedenken, ob das Werk nicht noch und viel
anders, ohne dies Aufopfern des natürlicheren und voll-
kommneren Mittheilungsmittels geworden seyn würde.
Allein hierbei ist die Besorgniß vielleicht zu weit ge-
trieben, und es kann auch äußere Rücksichten geben, die
noch wichtiger sind, und daher den allenf aisigen Verlust
übersehen lassen.
Ich wünsche ungemein, recht bald zu erfahren, daß
Ihre Anstellung in Berlin gänzlich zu Stande gekommen
ist; lassen Sie es mich, ich bitte Sie recht sehr, sogleich
wissen, und erhalten Sie mir Ihre gütigen und freundschaft-
lichen Gesinnungen. Mit der hochachtungsvollsten Anhäng-
lichkeit
Ihr ergebenster,
Humboldt.
London, 10. Mai 1818.
5
NS. Ich bekomme soeben einen Brief meines Bruders,
aus dem ich sehe, daß Sie noch immer ohne bestimmte
Antwort aus Berlin sind. Ich bin überzeugt, daß es bloß
daran liegt, daß die Universität, bei vielen Bedürfnissen
neuer Lehrer (die ich wenigstens ihr kenne), jetzt nicht
Fonds genug hat, Ihnen ein solches Gehalt zu bieten, als
der Curator fühlt, daß Sie erwarten können, und daß die
Angelegenheit an den Staatskanzler gebracht worden ist,
dessen überhäufte Geschäfte die Erledigung verzögern.
Alles Schreiben hilft in solchen Dingen wenig. Sind Sie,
wie es mir scheint, und wie icli es ausnehmend wünsche,
entschlossen, nach Berlin zu gehen, insofern nur der Punkt
des Gehaltes gehörig berichtigt werden kann, so rathe ich
Ihnen, eins von beiden zu thun, entweder nach Berlin,
oder zum Staatskanzler zu reisen, sobald dieser wieder
nach den Rheinprovinzen kommt. Wählen Sie das Erstere,
so müssen Sie im Junius dort seyn. Denn es ist wesent-
lich, daß Sie den Staatskanzler auch (außer dem Departe-
mentsminister) finden, und der Staatskanzler will Anfangs
Julius (obgleich sich dies freilich wahrscheinlich verspätet)
in Aachen seyn. Ziehen Sie das Letzte vor, so haben Sie
bis zum Anfang der Zusammenkunft der Souveraine (Ende
September) Zeit. Ich würde, wenn Ihre Zeit es erlaubt,
die Berliner Reise vorziehen. Sie sehen zugleich den Ort
wieder, den Sie bewohnen wollen, und machen besser Ihre
Plane. Sie bedürfen nirgend einer Empfehlung; sonst er-
halten Sie jede, die Sie wünschen, mit großem Vergnügen
mit umgehender Post von mir. Leben Sie recht wohl!
H.
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6
Humboldt an Schlegel
2. Humboldt an Schlegel.
Ich bin Ew. Hochwohlgebohrnen noch meinen Dank
für die Uebersendung der Indischen Bibliothek schuldig,
die mich ungemein interessirt hat. Ich wünsche nichts
mehr, als daß Sie dieselbe recht bald und schnell fortzu-
setzen Gelegenheit finden mögen. Ich habe seit dem An-
fang dieses Jahres meinen längst gehegten Wunsch aus-
führen können, selbst Sanskrit zu lernen. Ich habe alle
mündliche und lebendige Hülfe entbehren müssen, und bin
daher freilich erst so weit, daß ich in Büchern mit wört-
licher Uebersetzung (wie der Nalus von Bopp ist) die
einzelnen Wörter herausfinden und meist mit Hülfe der
Grammatik und des Lexicons analysiren kann. Ich denke
indeß durch eifrige Arbeit nun schneller weiter zu kommen.
Mein Zweck bei diesem Studium ist mehr die Sprache, als
die Literatur, gerade aber in dieser Hinsicht bietet das
Sanskrit ein sehr großes Interesse dar. Einige Dinge
besonders werde ich vermuthlich noch lange nicht recht
begreifen. So z. B. wie es eigentlich mit dem zusammen-
hängt, was man Wurzeln nennt. Diese Wurzeln und der
status absolutus (crude state) der Wörter liegen, wie außer-
halb der Sprache, wenn auch manchmal besonders das
Neutrum den Wurzeln gleich ist. Sind sie nun Bildungen
der Grammatiker, oder gehören sie einem frühem Zustand
der Sprache an? Merkwürdig ist auch, daß die modi, außer
dem Indicativus, nur Ein tempus haben, so daß Wilkins
z. B. tempora und modi zusammenwirft und Alles tenses
nennt Aus seiner Grammatik bringt man auch nicht
heraus, daß die Sprache wirklich, wie die Griechische,
vollständig alle tempora, welche die allgemeine Sprachlehre
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Berlin, 5. Mai 1821. 7
fordert, sey es nun mit wahren flexiomn, oder mit Hülfs-
verben, wie peZloj, zu machen im Stande ist. Am aller
wunderbarsten kommt es mir aber vor, daß die heutigen
Sprachlehren wenigstens das Sanskrit ganz als eine bloß
zu lesende, und nicht auszusprechende Sprache behandeln,
da sie gar keine Accentlehre aufstellen. Wilkins sagt,
daß die Vedas Accente bezeichnen, und nennt diese den
Griechischen ähnlich. Aber auf diese dürftige Nachricht
beschränkt sich auch Alles, was bei ihm darüber vor-
kommt. Dennoch lassen sich hier die interessantesten
Fragen aufstellen, und die Sache ist im Sanskrit um so
wichtiger, als, genau genommen, nur der Accent bestimmen
kann, welche Silben zu Einem Worte gehören, und was
ein Wort ausmacht, und als das Sanskrit, auch die bloßen
orthographischen Launen abgerechnet, so häufig durch Zu-
sammenziehen ihrer End- und Anfangslaute, oder Ver-
änderung derselben, Wörter verbindet, die in andern
Sprachen geschieden sind. Hatten nun diese Wörter ver-
schiedene Accente, oder wurden sie wirklich zu Einem
unter demselben? Interessant wäre es auch zu wissen, ob
der acutus auch, wie im Griechischen im Zusammenhang
der Rede zum gravis wird?
Ihre Uebersetzung habe ich mit dem größesten Ver-
gnügen gelesen. Die Hexameter sind überaus schön. Nur
zwei Fragen möchte ich mir erlauben. Ich bin ganz Ihrer
Meinung, daß ein Trochaens in einem Hexameter ein Un-
ding ist, und daß man auch recht gut, und nicht einmal
mit so außerordentlicher Schwierigkeit die Trochaeen ver-
meiden kann. Allein sollten dann nicht auch die Pro-
nomina, die nicht orthotonirt sind, als Kürzen gelten und
aus einem Fuß, der kein Dactylus ist, verbannt werden
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Humboldt an Schlegel
müssen? Auf mir lastet z. B. scheint mir doch noch immer
ein trochaeischer Anfang. Eben dies halte ich von den
Praepositionen, selbst vor und aus nicht ausgenommen. Es
ist zwar wahr, daß diese hier genannten Wörter in der
Aussprache eine gewisse Länge haben, aber diese Länge,
die bloß aus der Natur ihrer Laute fließt, und sich ganz
von derjenigen unterscheidet, welche der Sinn giebt, wie
in auf mir lastet, scheint mir nicht hinlänglich, einen Fuß
im Hexameter als Spondaeus zu bezeichnen. Auch die
Endsilben von Erfüllung reichen, meinem Gefühl nach,
nicht dazu hin. Die zweite Frage betrift die Caesur nach
den ersten beiden Silben im 4. Fuß, wenn dieser ein
Dactylus ist. Ganz rein, so daß die beiden ersten Silben
die Endsilben des einen, und die letzte des Dactylus An-
fangssilbe eines mehrsilbigen Wortes sind, findet er sich
bei den Griechen selten, im ganzen Homer kaum 8— 9 mal,
bei den Lateinern häufiger. Auch Sie haben diese Stellung
durchaus vermieden. Nur in einigen Fällen haben Sie
dieselbe beibehalten, in welchen es auch wirklich zweifel-
haft ist, ob es nicht zulässig seyn dürfte, und über diese
wollte ich reden. Ein Beispiel ist | beiden Ge | mahlinnen,
auch, obgleich da der Fall etwas anders ist, Stamm | halter
zu | seyn des Geschlechtes. Wolf, mit dem ich oft über
solche Dinge rede, hält beide Stellungen für vollkommen
richtig, weil beiden ganz eng, und als wäre es ein Wort
zu Gemahlinnen gehört, und dies ebenso mit zu sey. Ich
kann aber darin nicht einstimmen. Der Grund der ganzen
Regel, die diesen 4. Trochaeus als Caesur verwirft, scheint
mir darin zu liegen, daß es nicht angenehm ist, wenn im
Lesen, nachdem man beim 4. Trochaeus einen Augenblick
verweilt hat, der Rest des Verses mit einem - - und nicht
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Berlin, 5. Mai 1821.
9
mit einem — oder aufs neue anhebt. Dieses An-
heben mit dem ~_ ist nun aber bei diesen beiden Stellungen
doch unvermeidlich, was man auch thun mag, so wie man
natürlich liest. Denn Ge- und zu müssen nothwendig immer
enger mit mah und seyn verbunden werden, als es den,
und ter seyn können, die gewissermaßen nur Austönungen
ihrer Vorsilben sind. Gewiß müssen Hexameter unendlich
correct seyn, wenn man darauf kommen soll, bei ihnen
über solche kleine Unterschiede zu rechten. Auch thue ich
es nur, um Ihr Urtheil über die Grundsätze zu wissen.
Worin aber diese Hexameter auch so wahrhaft meisterhaft
sind, das ist das, was keine Regel beurteilen kann, sondern
worin sich bloß das poetische Gefühl und Talent frei be-
weist, die Mischung und Folge der Füße und Abschnitte,
ohne welche auch die höchste Correctheit doch keinen
Wohlklang gewährt. Es ist sehr zu wünschen, daß Sie
mehr Stücke auf gleiche Weise behandeln. Doch möchte
ich, Sie verschmähten das einheimische Sylbenmaß nach-
zubilden nicht ganz. Der Hexameter hat doch immer in
dieser Anwendung das gegen sich, daß er, wenn dies auch
Schuld der Leser ist, zuviel Griechischen Anklang mit
sich fühlt, und dadurch der Eigentümlichkeit schadet.
Unter Ihrer Behandlung würde auch das einheimische
Sylbenmaß ganz anders erscheinen, da Sie ihm in den
freien Stellen Mannigfaltigkeit und W T ohllaut zu geben
wissen würden.
Sie werden in Kurzem durch meinen Bruder eine
Schrift von mir bekommen, die ich Sie bitte, zu meinem
Andenken zu behalten. Es ist eine vermittelst der Vas-
kischen Sprache angestellte Prüfung der Untersuchungen
über die Urbewohner Hispaniens. Ich habe Gelegenheit
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10 Humboldt an Schlegel
gehabt, da ich auch der Urbevölkerung Italiens erwähnen
muß, auch Ihrer Meynungen zu erwähnen, und bin, wie
Sie sehen werden, mehreren derselben völlig beigetreten.
Obgleich diese Schrift sich nur auf die Vergleichung der
Ortnamen und auf ihre Etymologie, nicht aber auf die
Vergleichung der Sprachen selbst einläßt , so glaube ich,
werden Sie mir beistimmen, daß man doch schon aus dem
in dieser Rücksicht Entwickelten deutlich erkennt, daß
die Vaskische Sprache vollkommen zu den ältesten Euro-
päischen gehört, daß sie besonders mit dem Lateinischen
viele Stammwörter gemeinsam besitzt, und daß gar nicht
daran zu denken ist, daß sie, wie Leibnitz einmal ver-
muthete, aus Africa, oder wie Neuere gewollt haben, aus
America zu uns herübergekommen sey. Ich würde schon
längst eine eigentliche Vergleichung der Sprache selbst
mit andern Europäischen angestellt haben, wenn ich nicht
gern immer damit von Jahr zu Jahr wartete. Solche
Vergleichungen sind wirklich immer in dem Grade mehr
gut, in dem man selbst mehr Sprachen weiß, und so bringt
ihnen, wenn man indeß nur nicht müßig bleibt, die Zeit
von selbst Gewinn. Allein auch die Arbeiten Andrer warte
ich noch gern dabei ab, und so wünschte ich vorzüglich,
daß wir erst das Werk besäßen, was Sie vorbereiten, und
worauf Sie auch in der Indischen Bibliothek einigemale
hinweisen. Ich schmeichle mir mit der Hofnung, daß Sie
mit den Resultaten meiner Schrift vollkommen einver-
standen seyn werden. Auch verrücken dieselben nur
weniges von dem, was man schon jetzt in den Schriften
der Vorzüglicheren über diese Gegenstände fand, sondern
ordnen es nur besser, bestimmen es näher, und stützen es
auf bessere und sichrere Gründe. Allein das Einzelne mag
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Berlin, 5. Mai 1821. 11
sehr der Nachsicht der Leser bedürfen, und ich empfehle
es der Ihrigen. Wenn man viele Jahre so gut als aus-
schließend in Geschäften gelebt hat, so fehlt einem Manches,
was doch einer Schrift nicht fehlen sollte, und so geräth
man wohl auch in manchen Irrthum. Vielleicht hätte ich
besser gethan, mit der Schrift zu warten, bis einige Jahre
Muße länger mich tiefer in die Studien, die ich treibe,
eingeführt, und mich mehr darin befestigt hätten. Aber
da ich über das Vaskische noch, in ganz eigentlicher
Rücksicht auf die Sprache zu schreiben gedenke, so
wünschte ich vorläufig zu wissen, was man zu den Re-
sultaten meiner jetzigen Untersuchungen sagen würde, und
hätte ich auch dies noch hinausgeschoben, so vergeht doch
ein zu großer Theil des Lebens.
Ich werde den Sommer in Schlesien zubringen, bitte
Sie aber doch, wenn Sie mir die Freude machen wollen,
die eine recht große für mich seyn wird, mir zu schreiben,
Ihren Brief nur hierher zu adressiren. Ich bekomme ihn
auf diesem Wege gleich schnell und mit mehr Sicherheit,
Erhalten Sie mir und der Zeit, die wir vor langen
.Jahren zusammen zubrachten, und die mir immer sehr
theuer bleibt, Ihr gütiges Andenken, und nehmen Sie die
Versicherung meiner ausgezeichnetesten und freundschaft-
lichsten Hochachtung an.
Berlin, den 5. Mai, 1821.
Humboldt.
12 Schieß an Humboldt
3. Schlegel an Humboldt.
Bonn den 23sten Julius 21.
Ew. Excellenz haben mich durch Ihren so reichhaltigen
und aufmunternden Brief vom 5* u Mai auf die erfreulichste
Weise überrascht. Ich empfing ihn in Paris, eben unter
der Verwirrung der letzten Besorgungen: diese, dann meine
Rückreise und die hier vorgefundenen Geschäfte, sind Schuld
an der Verzögerung meiner Antwort, die ich Sie gütigst
zu entschuldigen bitte. Einen solchen Brief glaubte ich
nicht flüchtig und obenhin beantworten zu dürfen. Ew.
Excellenz sind mir eigentlich zuvorgekommen: schon längst
hatte ich mir vorgesetzt. Ihnen zu schreiben, und für
meine jetzigen Bestrebungen Ihre wohlwollende Aufmerk-
samkeit in Anspruch zu nehmen. Ich betrachte es als eine
glückliche Vorbedeutung für das Gedeihen der Indischen
Philologie in Deutschland, dafs Sie dem Sanskrit Ihre
Neigung zugewendet haben. Hätte ich nur in Ihrer Nähe
seyn können, um Urnen die Mühseligkeit der ersten Schritte
zu erleichtern! Denn bey Ihrer Stärke in der vergleichenden
Sprachkunde und in der allgemeinen Grammatik werden
Sie bald oder vielleicht schon jetzt keiner Hülfe mehr be-
dürfen. Zu der künftigen Annehmlichkeit des Studiums
hoffe ich durch die verbesserte Typographie etwas bey-
zutragen. Vielleicht ist Ihnen mein Specimeti zu Gesichte
gekommen. Seitdem ist aber fast nichts unverändert ge-
blieben, und ich schmeichle mir, daß das Ganze noch be-
trächtlich gewonnen haben soll. Alle zur Anlage einer
Indischen Druckerey erforderlichen Arbeiten sind unter
raeinen Augen in Paris vollendet worden, bis auf den
Guß. dessen zweckmäßige Ausführung ich durch die früher
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Bonn, 23 —30. Juli 1821. 13
gegebenen Anleitungen und durch zurückgelassene Modelle
gegoßner Lettern hinlänglich gesichert zu haben denke.
In kurzem erwarte ich nun den vollständigen Vorrath, und
werde dann auf Befehl des Herrn Ministers von Altenstein
die Matrizen und Gußformen nach Berlin senden, wo ein
zweyter Guß angefertigt werden soll. Wer wird aber dort
Herausgeber seyn?
Ich werde nicht säumen, Hand ans Werk zu legen,
und gedenke zuerst den Bhagavad-Gita zu drucken. Die
Ausgabe von Calcutta ist äußerst selten und schwer zu
haben, dazu wie alles dort gedruckte unbequem zum Ge-
brauch. Die Conjectural-Kritik hat an diesem Werke nichts
zu thun: der Text ist in jeder Sylbe rein erhalten. Die
Fehler der gedruckten Ausgabe bin ich im Stande durch
Vergleichung der Parisischen Handschriften zu verbessern.
Die grammatische Auslegung ist leicht; einen philosophischen
Commentar muß ich auf die Zukunft versparen, ich habe
die einheimischen Ausleger noch zu wenig benutzen können.
Demnächst denke ich an den Hitopadesa zu gehen.
Mit diesem Buche verhält es sich nun freylich ganz anders:
die Handschriften weichen sehr ab, und. wiewohl schou
zweymal gedruckt, liegt der Text noch sehr im Argen.
Die Vergleichung der einzigen Parisischen Handschrift hat
mir schon einen beträchtlichen Vorrath besserer Lesearten
geschafft. Das Buch ist wichtig, weil es eine ganze Litte-
ratur voraussetzt In der Folge wird man, nach Cole-
brooke's Rath, auf den Panchatantra zurückgehen müssen:
denn da dieser die ältere Redaction jenes Fabelbuches ist,
welche unter dem Nuschirvan ins Pehlvi übersetzt worden,
und da alle die Schriften, woraus die Sprüche geborgt sind,
schon früher vorhanden seyn mußten, so ist keines mehr
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14 Schlegel an Humboldt
geeignet, uns zu einer wenigstens negativen Chronologie
der Indischen Litteratur zu verhelfen.
In der Folge, wenn mir der Himmel noch einige Jahre
Leben und Gesundheit gewährt, möchte ich wohl eine Aus-
gabe des ganzen Rämäyana veranstalten. An sich ist diese
Unternehmung nicht unübersehlich: der bloße Text wird
sich in 5 Octavbände bringen lassen. Alle Varianten bey-
zuftigen, das wäre freylich endlos: man muß sich damit
begnügen, die von Seiten des Inhalts merkwürdigen anzu-
zeichnen. Überhaupt darf man sich nicht schmeicheln, einen
einzig authentischen Text auszumitteln, was wohl nur bey
solchen Werken möglich ist, wovon es fortlaufende alle
einzelnen Sätze wiederholende Commentare giebt. Die
Handschriften weichen, nach den wenigen Abschnitten zu
urtheilen, die ich habe vergleichen können, zum Ver-
zweifeln weit von einander ab. Wir wollen zufrieden seyn,
wenn wir einen sprachrichtigen, zusammenhängenden, nicht
lückenhaften und nicht auffallend interpolirten Text haben.
Es besser zu machen, wie die Herausgeber der beyden
ersten Bücher in Serampore, ist allerdings leicht.
So viel von meinen Planen. Jetzt zu Ihren Fragen,
die ich versuchen will, so gut ich weiß und kann, zu be-
antworten. Der Status absolutus der Substantive und
Adjective ist meines Bedünkens keinesweges eine Fiction
der grammatischen Theorie, sondern eine Thatsache: denn
er ist, mit wenigen Ausnahmen, die Gestalt, worin das
Wort in den composüis erscheint. Ich finde vielmehr hier
ein großes Misverständniß in der Lehre der Griechischen und
Lateinischen Grammatiker, welche den Nominativ für das
nackte Wort selbst nehmen, und keine notam nominativi an-
erkennen, welche doch offenbar vorhanden ist. Und zwar
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Bonn, 23.— 30. Juli 182t.
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ist die nota nominalivi im mascul. bey den Griechen in der
ersten zweyten und dritten Declination. in dieser auch im
femin. ein 2; eben so im Lateinischen mit Ausnahme der
ersten Declination, in welcher es wohl keine andre mascu-
lina giebt als Etruskische Namen und Wörter. Dieß ist
sehr wichtig für die Verwandtschaft der Sprachen: im
Indischen, Griechischen, Lateinischen, Gothischen, und nach
Herodot auch im Altpersischen ist das S allgemeines Kenn-
zeichen des Nom. im mascul., zuweilen auch im femin. —
Das visarga ist nur eine fluchtigere Aussprache, wie ja
auch die Römer poplu gesagt haben. Im Ktruskischen ist
dieses Wegwerfen des ohne Zweifel ursprünglichen s all-
gemein (Herde, Viiye), und ich glaube im Homer noch Spuren
zu finden (pffffXfj'/t{nra Ztvc — ixxma AVötw(>) daß es
vor Alters im Griechischen in gewissen Fällen gleichfalls
gebräuchlich war. — Mich dünkt, dieß ist auch schon von
den Etymologen durch die That anerkannt worden: man
weiß daß man nicht ai's, nions, u. s. w. abzuleiten hat,
sondern Air-oc, MONT-i$. Im Neutrum ist die nota
nominalivi ein n oder w. wie im Indischen ebenfalls.
Mit der Wurzel der Zeitwörter verhält es sich etwas
anders: sie gehört zwar der Theorie an, ist aber doch keine
Fiction. Es ist eine Darlegung der Grundbestandteile,
woraus alle Verwandlungen und Entwicklungen des Wortes
wie aus ihrem Princip begriffen werden können. Irgendwo
pflegt doch auch die Wurzel als Bestandtheil unverändert
zum Vorschein zu kommen. Wenn wir im Griechischen
und Lateinischen auf einen grünen Zweig kommen sollen,
ich will nicht sagen mit der Etymologie, sondern selbst
mit der grammatischen Analyse, so werden wir es auch
versuchen müssen, Wurzeln der Zeitwörter aufzustellen,
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16 Schlegel an Humboldt
wiewohl den alten Grammatikern dieser Begriff ganz fremd
ist Das praes. indicat. hat sie noch schlimmer irregeführt
als der nom. sing., indem sie beydes für das Wort selbst
nahmen
Die Sautradhätu's, die Unadi-Affixe, sind allerdings der
Theorie zu Liebe ersonnen. Sonst aber haben, wie mich
dünkt, die Indischen Grammatiker, bey Aufzählung der
Wurzeln, die Thatsache des Sprachgebrauchs mit größter
Gewissenhaftigkeit aufgefaßt, Sie unterscheiden das nahe
Verwandte, und nehmen verschiedene Wurzeln an, wo nur
eine Modifikation der Bedeutung, der Flexion, oder der
Aussprache Statt findet. Manches möchte ich nicht für
wahre Wurzeln gelten lassen, zB. alle Zeitwörter, die bloß
nach der lOten Conjugation gehen, denn diese ist meines
Erachtens nichts andres als das caussativum.
In Absicht auf die tempora und modos muß man wohl
eingestehen, daß die Griechische Sprache sich reicher und
mannigfaltiger als die Indische entwickelt hat. Sie ver-
dankt dieß wohl zum Theil den Revolutionen, welche sie
erlitten, und denen im Indischen durch frühe Feststellung
vorgebeugt ward. So scheinen mir zB. der Griechische
Optativ und Conjunctiv ursprünglich nur zwey verschiedene
FiXemplare derselben Sache zu seyn: der Optativ ist von
der älteren Form in pi abgeleitet, auf eben die Weise wie
der Conjunctiv von der jüngeren Form co, tig, ti. Nachher
ist dieß freylich zu feineren Unterscheidungen benutzt
worden. Übrigens haben die Indier bey ihrem eigenthüm-
lichen Gedankengange doch noch Überfluß, denn verschiedne
Biegungsarten kommen äußerst selten vor. Die tempora
des Indicativs sind allerdings vollständig bis auf das
plusquamperfectum, Wilkins hat sie nur falsch benannt.
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Bonn, 23.-80. Juli 1821.
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wie er überhaupt in seiner Terminologie meistens unglück-
lich ist Diese Zeiten sind: praesens, imperfectum, prae-
teritum perfectum, aoristus und zwey futura, ein remotum
und ein proximum. — Das Sanskrit, das Lateinische, die
meisten Sprachen haben nur Einen Imperativ: der Natur
der Sache nach scheint es nicht mehrere geben zu können.
Die Griechen haben drey oder vier Imperative. Was
machen sie damit? Ich finde keine Sylbe hierüber in
Matthiae's weitläuftiger Grammatik. Man muß es wohl
eingestehen, der grammatische Bildungstrieb kann auch
apokryphische Zeugungen ans Licht fördern, und dieß scheint
wirklich in der Griechischen Sprache zuweilen geschehen
zu seyn. — Die Form, welche "Wilkins den poientialis
nennt, gebrauchen die Indier auf die umfassendste Weise,
als dubifativttSj concessivus, optativus, exhortativus etc. Statt
des eigentlichen coniunctivus, d. h. um die Abhängigkeit
von einer Bedingung auszudrücken, setzen sie häufig den
indicativus mit einer Partikel; z.B. statt cura ut fiat: cura
quomodo fiel. Den precativus sollte man lieber optativus
nennen. Auch der Aoristus wird mit der particula aver-
runcandi als ein verneinender Optativ gebraucht, freylich
mit Weglassung des Augments. Übrigens können die
fehlenden tempora, das plusquamperfectum des Indicativs, und
beym Conjunctiv alle näheren Zeitbestimmungen allerdings
durch paraphrastische Conjugation, nämlich durch ein
Participium mit einem Hülfsworte, ersetzt werden, cf.
Wilkins p. 656.
Über die Tonstellung leann ich Ihnen für jetzt noch
keine Auskunft geben. Die Kunstwörter acutus, gravis,
ciroumflexus stehen gleich zu Anfange des Siddhänta Kau-
mudi; welche Sylben aber diese verschiedenen Bestimmungen
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Schlegel an Humboldt
erhalten, darüber habe ich die Regeln noch nirgends ge-
funden. Das mit den Veda's ist meines Erachtens anders
zu verstehen, nämlich als eine Art von canto fermo,
Hebungen und Senkungen der Stimme nach ganz musika-
lischen Intervallen, womit der Überlieferung gemäß die
heiligen Bücher vorgetragen werden sollen. Auf ähnliche
Art hat unser Otfrid seine Lieder accentuirt: die Accente
treffen immer mit den grammatischen zusammen, stehen
aber nur da, wo die Stimme die Höhe erreicht, und sich
wieder zu senken anfängt. Wenn die Indischen Gramma-
tiker über die Tonlegung schweigen (was ich jedoch nicht
weiß), so behandeln sie das Sanskrit nur allzu sehr als
eine lebende Sprache, worin das Gefühl hiefür nicht durch
Regeln geleitet zu werden bedurfte. Haben die Griechen
sich doch auch erst mit den Accenten bemüht, als ihr
öidXtxrog xoivi] eine gelehrte Büchersprache zu werden
anfing. Die Römer schrieben aus Nachahmung der Alexan-
driner zur Zeit des Quinctilians das Lateinische mit Ac-
centen, haben es aber nachher wieder vernachlässigt.
Raffles hat bey den Wörtern der Javaner Dichtersprache,
welche meistens reines Sanskrit sind, nicht die Quantität
der Vocale, sondern den Wortaccent bezeichnet, der dann
oft auf die Kürze fällt. Ob es im Sanskrit eben so war
und ist, kann ich nicht sagen. Den majestätischen Wohl-
laut der Sprache im Munde der Brahmanen haben mir
Engländer oft gerühmt.
Aus Calcutta wird uns eine abgekürzte und verein-
fachte Grammatik des Sanskrit von einem Englischen
Geistlichen, Namens Yates, angekündigt. Mir misdünkt
daran die Schreibung Sunskrit, aber die Engländer sind
hierin fast unheilbar. Ich weiß nicht, wo es Nyerup her-
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Bonn, 23.-30. Juli 1821. 19
genommen hat, daß ich die Indischen Grammatiker als
Subtilitäten Krämer geringschätze. Ich hege für sie eine
gränzenlose Bewunderung, und wollte nur, ich verstände
sie erst vollkommen. Ich zweifle nicht, es wird Ihnen
einen großen Genuß gewähren, in der Folge an die Original-
werke dieser wissenschaftlichen Köpfe seihst zu gehen, da
Sie gewohnt sind, schwere Räthsel aufzulösen.
Bey der Indischen Litteratur hat man eine breite
Wahl. Wem die Puräna's nicht zusagen, der findet
vielleicht mehr Geschmack an der kunstreichen Poesie
aus dem Zeitalter des Kalidasa, welcher auch Colebrooke
den Vorzug giebt. Ich habe Chezy ganz in Entzücken
verlassen über den Amarusataka, eine Sammlung erotischer
Epigramme oder Idyllien.
Meine Herabkunft der Göttin Ganga habe ich nicht
eigentlich für eine Übersetzung ausgegeben. Ich wollte
die alte Dichtung dem Inhalte und Charakter nach treu
nacherzählen, sonst aber auf meine Weise und in schon
einheimisch gewordnen und ansprechenden Formen. Zu
wörtlichen Übersetzungen der alten epischen Poesie kann
ich überhaupt nicht rathen, theils wegen der Variationen
des Textes, theils wegen der unendlichen Wortfülle, die
im Original immer mannigfaltig, tönend und geflügelt ist,
bey unsrer Armuth aber unvermeidlich in leidige Wieder-
holungen ausartet. Die Versuche von Bopp und Kosegarten
sind abschreckende Beyspiele.
Erlauben mir Ew. Excellenz noch eine Bitte. Ich
wünsche zu erfahren, wie viel und was für Handschriften
in der Propaganda zu Rom befindlich sind? Vorzüglich
auch in was für Schriftarten? Ich befürchte, meistens
Talinga, Tamul pp, da ich nur Devanagari und Bengali
2*
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Schlegel an Humboldt
brauchen kann. Sie könnten mir vielleicht zu einer Nach-
richt hierüber verhelfen. Ich mag mich nicht an Niebuhr
wenden, weil ich höre, daß er wegen meiner Recension
nicht freundlich für mich gesinnt ist.
Ihre Schrift, die ich doppelt erfreut bin, als ein
Ehrengeschenk aus Ihrer Hand zu besitzen, führt uns um
einen sichern Schritt vorwärts in der alten Völkerkunde.
Einer s o angestellten Untersuchung zu folgen, ist für mich
ein wahrer Genuß, auch unabhängig von dem Ertrage.
Noch habe ich die Schrift erst Einmal gelesen, und wage
es kaum, Ihnen eine und die andre Bemerkung und Frage
vorzulegen. Davon haben Sie mich nun wohl überzeugt,
daß das Vaskische eine alte und ächte Sprache ist: daß
Sie es dafür halten, ist mir am Ende Beweises genug.
Aber sobald sich Ähnlichkeiten mit benachbarten Sprachen
kund geben, kann ich dem Verdachte nicht widerstehen,
sie möchten nicht ursprünglich sondern durch fremde Ein-
mischungen entstanden seyn. Denn diese ließen sich wohl
schwerlich vermeiden bey einem unlitterarischen Völkchen,
das lange Jahrhunderte ohne schriftliche Denkmale seiner
Sprache von überlegenen Nationen in einen Winkel zurück-
gedrängt lebte. Dieß ist auch meine allgemeine Ansicht
vom Wallisischen und Niederbretagnischen. Z.B. campoan
ist mir verdächtig als romanischen Ursprungs. Wir haben
ja auch ecltapperj scampare von ex-campare. Also campoan,
mit einem einheimischen Suffixe, in campo, auf dem Felde,
draußen. In dem Fragment eines alten Gedichtes im
Mithridates bemerkte ich mehrere dieser Art. Eine Unter-
suchung über die Zustände und Verhältnisse, worin die
Vasken zwischen Gothen, Arabern, Franken und Römischen
Provinzialen das Mittelalter hindurch gelebt haben, wäre
Digitized by LiOOQlc
Bonn, 23.— 30. Juli 1821.
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eine willkommene Zugabe. Im Norden der Pyrenäen er-
scheinen sie erst in der letzten Hälfte des Merowingischen
Zeitraums, und sind wohl eingezogen als die Westgothen
diese Wohnsitze zum Theil geräumt hatten. Wo ich nicht
irre, führen ihre Heerführer beym Fredegarius zuweilen
Deutsche Namen. Da ganz Gascogne von ihnen den Namen
führt, wo doch großenteils romanisch gesprochen wird, so
muß hier wohl eine Vermischung der Stämme vorgegangen
seyn. Und sollte dieß gar nicht auf die Sprache der
Spanischen Vasken zurückgewirkt haben? Schreibt sich
nicht auch aus diesen Gegenden der Name der cagots her,
welcher nach der Etymologie nichts anders bedeuten kann,
als Gothische Hunde, d. h. vermuthlich Arrianisch gebliebene
Gothen? — Es wäre nun eine schöne Arbeit zu machen,
die sich an die Ihrige anschließen würde, nämlich im
ganzen Vorrath der Spanischen Sprache die Wörter aus-
zusondern, die nicht Lateinisch, nicht Gothisch, nicht
arabisch, sondern Vaskischen Ursprungs sind. Ohne Zweifel
sprach man zwar, als die Sueven, Vandalen und Gothen
eindrangen, in ganz Spanien, die nordwestlichen Küsten-
länder ausgenommen, Lateinisch; aber in das Komanische
der Bauern konnten sich Wörter aus der Ursprache ein-
gemengt haben.
Mit den Lateinischen Wörtern, welche Sie aus dem
Vaskischen herzuleiten geneigt sind, möchte ich wohl noch
einen Versuch wagen, eine einheimische Wurzel auszu-
mitteln. Cttria a coeundo*) Dem Sinne nach wie comitium.
Coetus und ccttus eben daher. Wohl zu merken, daß die
*) Nicht etwa von dem Infinitiv ire\ das r gehört zur Derivations-
form, wie in centu-ria.
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22
Schlegel an Humboldt
Römer vor Alters kein o hatten, das letzte Wort also zu-
verläßig einmal cuitus geschrieben wnrde. — Möns a
movendo, wie pons a ponendo, fons a fundendo. — Wir
haben auch momentum statt movimentum. Moveo ist eine
abgeleitete Form, movi zeugt von der ursprünglichen.
Mdwy vor Alters MAfO. Möns wäre also das Empor-
strebende.
Murus, eine Einfassung, Begränzung, Scheidung, aio
tov pelQstv. In pomoerium erkennen wir die alte Forin
moerus (wie poTQa) oder vielmehr nach dem Etruskischen
Alphabet MVIRVS oder MVERVS. Das ursprüngliche
Zeitwort ist verloren, aber in der abgeleiteten Form mereri,
seinen Antheil bekommen, ist noch die Bedeutung des
Griechischen nachzuweisen.
Für Vertere weiß ich kein Griechisches Analogon,
wohl aber ein Indisches ganz genau entsprechendes: vrit,
3 p. praes. vartati, vertit Dann das Gothische: vair-
than, woher vairths, versus. Das Wort ist also genug-
sam als einheimisch beurkundet, da es sich in dreyen der
zu dieser bekannten Familie gehörigen Sprachen findet —
Wahrscheinlich war es auch in der Etruskischen Sprache,
wenn der Gott Vertumnus nicht bey der Verpflanzung nach
Latium seinen Namen verändert hat, was nicht wahr-
scheinlich ist, da die Endung (das part. praes. medii oder
passivi) auch an andern Etruskischen Götternamen vor-
kommt
Über vrbs weiß ich für jetzt nichts, als was Varro
und Festus sagen. — Sollte das Vaskische cülarra nicht
eher von dem Gothischen silubr herkommen, als umgekehrt?
Fremd klingt das letzte freylich, und dieß ist bey Metall-
namen häufig der Fall, begreiflicher Weise; aber sehr früh-
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Bonn, 23 —30. Juli 1S21.
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zeitig muß das Wort doch den Stammvätern der deutschen
Sprachen zugebracht seyn, da es sich, soviel ich weiß, in
allen Mundarten findet. — Das Spanische izqtiierdo scheint
ausgemacht von dem Vaskischen Ezquerra herzukommen.
Aber ich möchte von beyden eine Deutsche Ableitung ver-
suchen: twerch, obliquus; im Gothischen hieß es vermut-
lich: thvairh. Die Benennungen der linken Hand pflegen
immer von solchen Bildern hergenommen zu seyn. — Das
in Ihrem Glossar daneben stehende ezquilla ist unläugbar
Germanisch - Romanisch. Im Italiänischen sqttilla; unser
Schelle von schallen. Landa, das Feld, ist auch Deutsch
— beym Ammianus caucalandia, Gothisch haultaland,
das hohe Land (Siebenbürgen); ganz in der Nachbarschaft
der Vasken ist der Name les landes, wie zum Andenken
der Gothischen Bewohner stehen geblieben.
Sie sehen, welche Gefahr dabey ist, wenn man einem
Etymologen die Schleusen seiner Liebhaberey aufzieht
Ich verschone Sie mit dem übrigen. Nur, da Sie bemerken,
daß der Vaskischen Sprache, wie den Americanischen das
F fehlt, will ich hinzufügen, daß mir eben dieß schon an
der Sprache der Gallier aufgefallen ist Ich erinnere mich,
bey allen Orts- und Personennamen und andern Wörtern
nur eine einzige Ausnahme gefunden zu haben, die eben
deswegen verdächtig ist Auch die andern adspiratae
S und x fehlen. Dieß macht einen schneidenden Gegensatz
mit dem Deutschen Sprachstamme.
Italien berühren Sie nur im Vorbeygehn: ich möchte
Sie wohl um nähere Erörterungen Ihrer Ansicht bitten.
Aus Hellenischen Colonien läßt sich die Verwandtschaft
der Alt -Italischen Mundarten mit dem Griechischen nicht
erklären; diese Colonien sind alle sehr jung; die Troja-
Digitized by Google
24 Schlegel an Humboldt
nischen und Vortrojanischen sind mera Graeculorum somnia;
unter den historischen sind auch die Annalen von Cumä
apokryphisch. Dieß geht in eine weit höhere Vorzeit
zurück, vor der Trennung der Italischen und Pelasgischen
Stämme. Wie hätte sich sonst in Italien so viel rein-
Indisches erhalten, was in Griechenland erloschen ist?
Sind Sie nicht auch der Meynung, daß es in Italien, die
späteren Ansiedelungen abgerechnet, nur zwey Haupt-
sprachen gab, die Etruskische, und die andre, nur in ver-
schiedenen Mundarten, Umbrisch, Lateinisch, Sabinisch,
Oscisch, Siculisch durch die ganze Halbinsel hindurch bis
tief in Sicilien hinein? Mich dünkt, dieß geht aus allen
Ort- und Personennamen, einzelnen Wörtern, Inschriften
u. s. w. hervor. Das Etruskische rechne ich freylich auch
zu derselben Familie, aber es steht viel weiter abwärts.
In keinem Stücke habe ich Niebuhrs Werk unbefriedigender
gefunden als in Beziehung auf die Sprachen. Ich habe
ehemals viel über diese Sache gesammelt, aber ich weiß
nicht, ob ich jemals dazu kommen werde, meine Origines
Italiennes zu schreiben. Lanzi's Buch ist doch am Ende
die einzige Vorarbeit, die wir bis jetzt haben. Wer schreibt
uns ein Italisches Onomasticon? und ein Buch über die
Geographischen Namen Italiens wie das Ihrige über Spanien?
Wenn ich nur Zeit hätte, so dächte ich wohl den Iguvi-
nischen Tafeln völlig auf den Grund zu kommen. Es
bleibt doch eins der merkwürdigsten Denkmäler des
Alterthums.
Es ist mir unendlich erfreulich, daß Sie den Bau meiner
Hexameter im Ganzen billigen. In der Theorie möchte ich
schlecht bestehen: ich glaube wohl den Grund von diesem
und jenem zu errathen; aber ich begnüge mich damit, die
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Bonn, 23.-30. Juli 1821.
25
Praxis der Alten genau zu bemerken und dann mein Gehör
zu Rathe zu ziehen. — Von den Gesetzen der Quantität
in unsrer Sprache glaube ich hingegen ziemlich genaue
Rechenschaft ablegen zu können. Die Abstufung unsrer
Längen und Kürzen, und ihre Wechselbestimmung wird an-
erkannt; die Einwirkung des vorwaltenden Rhythmus, und
gewisser Stellen im Verse ist vielleicht noch nicht gehörig
entwickelt worden. Bey der Worttheilung müssen die an-
hängenden Redetheilchen in Betracht kommen: denn wir
haben deren, sowohl vorangehende als nachfolgende, wie-
wohl weder bey Kippstock noch bey Voß davon die Rede
ist. Dieß ist um so weniger zu verwundem, da auch unsre
meisten Hellenisten keine anschauliche Vorstellung von der
Sache haben. Ich wenigstens habe erst durch die Aus-
sprache der Neugriechen erfahren, was eine particula encli-
tica ist — Beyden Gemahlinnen, das ist gerade wie
mollis amaracus; Stammhalter zu seyn | des Ge-
schlechtes; hier wird, wie mich dünkt, eben durch die
Inversion, das zu seyn mit großer Gewalt zu dem vorher-
gehenden gezogen. Was die unerlaubte Tmesis im vierten
Daktylus betrifft, so können wir es schwerlich dem Homer
gleich thun: wenn wir nur einen durch den Sinn gebildeten
Abschnitt vermeiden, so können wir uns auf das Beyspiel
der Lateinischen Dichter berufen. Auf mir lastet. Mir
ist entschieden lang durch die Emphase, es wäre also
natürlicher Weise ein Antispast; aber auf wird lang durch
die erste Arsis des Hexameters, wo jedes einsylbige Wort,
das nicht eine particula ettclüica ist, lang werden kann.
In aufwallendem Zorn ist meines Erachtens ein richtiger
Hexametrischer Anfang. Bey der Mittelzeit, wo die gram-
matische Bedeutsamkeit nicht so herrschend entscheidet, tritt
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Schlegel an ITumboldt
als untergeordnetes Princip das materielle Gewicht der
Sylben, die Dehnung der Vocale, und in gewissen Fällen die
Position hervor. Dieß möchte ich noch mehr geltend machen
als bisher geschehen ist. Alle Präpositionen, selbst i n und
an können lang werden: auf, aus, vor möchte ich durch-
aus nicht als Kürzen gebrauchen; nun vollends durch,
welches eigentlich aus zwey Sylben, Ihuruh, zusammen-
gezogen ist Irgendwo müssen wir diese verwünschten
mittelzeitigen Wörtchen doch hinschieben, und ich will mir
lieber unvollkommne Längen gefallen lassen, als erzwungene
Kürzen. In der letzten Hinsicht sind mir Vossens Hexa-
meter noch viel zu hart. Er hat die Sache allerdings vor-
wärts gebracht, aber nun möchte er sie gern auf dem
Punkte festhalten, über welchen er nicht hinaus gekonnt
hat. In seinem Buche über die Zeitmessung zeigt sich
praktische Fertigkeit, zugleich aber eine völlige Abwesen-
heit der Gedanken. So weiß er zB. nicht zu erklären,
warum un zuweilen kurz und unbetont ist, andremale die
Länge und den Ton bekommt. Und doch war der Unter-
schied ganz logisch zu fassen: sind die Begriffe contradk-
toric entgegengesetzt, so bleibt un kurz; sind es hingegen
contrarie opposita, wird die Verneinung positiv, so wird
es lang.
Diren Bruder habe ich recht wohl und heiter verlassen:
noch kurz vor meiner Abreise speisten wir sehr vergnügt
zusammen im Palais royal Er hat mir versprochen, mir
etwas für die Indische Bibliothek zu geben: wenn er nur
Wort hält ! Die gleiche Bitte möchte ich an Ew. Excellenz
wagen. Es liegt so manches in dem Umfange Ihrer Unter-
suchungen, was in den Kreis meiner Zeitschrift gehört, und
wenige Seiten von Ihrer Hand würden für mich ein Ge-
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Bonn, 23.— 30. Juli 1821.
27
schenk vom größten Werthe seyn. Ich werde die Muße
der nächsten Ferien sogleich für das dritte Heft benutzen.
Es wird bald einmal ein großer Artikel Berichtigungen
nöthig seyn, denn es wird in Deutschland Mode, daß die
Crethi und Plethi nicht nur von den Indischen Alter-
thümern sondern auch vom Sanskrit schwatzen, ohne ein
Wort davon zu wissen. — Ich werde nicht umhin können,
gegen die Vorhalle des wackern Ritter vieles einzuwenden;
unmöglich kann ich seinen vorbrahmanischen Buddhaismus
durchgehen lassen. Daß Wolf günstig für mich gesinnt
ist, habe ich mit großer Freude erfahren: ich fürchte nur,
ich werde bald einmal alles durch das Digamma verderben,
wiewohl ich es damit nicht so wie Knight zu machen
hoffe.
Dießmal habe ich in Paris Bekanntschaft mit Abel
Remusat gestiftet, der ohne Zweifel einer der tüchtigsten
Sprach- und Geschichtforscher in Europa ist, und dessen
Untersuchungen die meinigen ganz nahe berühren.
Die Zahl der vollgeschriebenen Blätter erinnert mich
daran, Ihre Geduld nicht auf eine zu starke Probe zu
stellen. Der Empfang Ihres Briefes vergegenwärtigte mir
lebhaft, welche Mittheilungen und Anregungen ich dadurch
einbüße, daß ich nicht in Berlin lebe. Mich fesselt hier
der schöne Rhein, die mildere Luft, die fast ländliche Ruhe
und Beschränktheit, und dann die günstige Lage für
mancherley Reisen; nun auch schon die Gewohnheit und
die Scheu vor einer neuen Einrichtung. Doch ist meine
schließliche Ansiedelung hier noch nicht höheren Orts ent-
schieden, und ich habe meinerseits Berlin nicht ganz aus
den Augen verloren. Auf jeden Fall hoffe ich bald einmal
wieder mit Ihnen zusammenzutreffen, wie ich ja schon in
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28
Humboldt an Schlegel
so manchen Städten und Ländern das Glück hatte. Ich
bitte Sie mich Frau von Humboldt [zu empfehlen], und bin
mit der ausgezeichnetsten Verehrung
Ew. Excellenz
gehorsamster
den 30 sten Julius 21. AWvSchlegel.
4. Humboldt an Schlegel.
Berlin, den 1. November 1821.
Ew. Hochwohlgebohrnen haben mir durch Ihren aus-
führlichen und lehrreichen Brief vom 23. Julius eine Freude
gemacht, für die ich Urnen nicht genug danken kann. Ich
bin dadurch an die Zeit erinnert worden, in der wir uns
so oft über wissenschaftliche Gegenstände zu unterhalten
pflegten, und in die ich mich immer so gern zurückver-
setze. Damals geschah es freilich mündlich. Allein bis
ich vielleicht wieder einmal das Vergnügen habe, in Ihrer
Nähe zu seyn, erlauben Sie wohl, daß ich mir schriftlichen
Ersatz verschaffe. Ich bitte Sie, an die Beantwortung
meiner Briefe immer nur dann zu denken, wenn es Sie von
gar nichts andrem wichtigern zurückhält
Ich danke Ihnen vor Allem für Ihre Beantwortung
meiner Fragen über das Sanskrit Ich habe den ganzen
Sommer nichts andres getrieben, und daher wenigstens mehr
Fortschritte gemacht, als im vergangenen Winter. Es
schien mir nöthig, einmal eine große Zeit dem Studium zu
widmen, um mich wenigstens in den Anfangsgründen fester
zu setzen. Ihr Specimcn sah ich im Frühjahr nur einige
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Berlin, 1. November 1821.
29
Augenblicke, und konnte es mithin mit keinem andern Druck
vergleichen. Der Totaleindruck der Schrift schien mir aber
sehr gefällig. Ich kann zwar nicht sagen, daß ich in den
Typen, die Wilkins gebraucht, etwas vermisse. Wer sich
aber so genau, wie Ew. Hochwohlgebohrnen, mit diesem
Gegenstand zu beschäftigen Veranlassung hat, dem mag
doch vielleicht manches der Umänderung bedürftig scheinen,
Der Calcutter Druck im Wilson ist freilich schwieriger, und
man hat anfangs Mühe, einige Zusammenziehungen zu er-
kennen. Doch überwindet man diese Schwierigkeit bald, und
die Schönheit und Deutlichkeit des Devanagari Alphabets
ist wirklich ein rechter Trost bei den mancherlei Mühselig-
keiten des Sanskritstudiums. Einige orthographische Punkte
scheinen mir erheblicher. So z. B. denke ich, werden Sie,
so wie Wilkins thut, die Nasalbuchstaben, da wo sie durch
anusvdrah ausgedrückt werden können, mit einem solchen
schreiben. In Wilson steht das _l. nur vor der Classe der
Consonanten, die keine eigene Nasalbuchstaben haben. Vor
den übrigen aber braucht er den ihnen eigentümlichen
Nasalbuchstaben. Dies giebt aber höchst unangenehme
Figuren und Consonantengruppen, und ist auch insofern
nicht gut, daß, da doch nicht jeder Nasalbuchstabe in dieser
Stellung in anusvärah verwandelt werden kann, man hierin
ungewiß bleibt Manchmal ist er sich selbst hierin ungleich.
So schreibt er saflgraha und sangrahanö, obgleich das eine
und andre Wort mit der gleichen Praeposition zusammen-
gesetzt ist
In solchen Dingen, wo verschiedene Herausgeber ver-
schiedene Methoden befolgen, ist eigne vernünftige Wahl
nothwendig. Wo aber die angenommene Methode constant
ist, da halte ich es auch für besser, ihr zu folgen, wie
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30
Humboldt an Schlegel
sonderbar, und für den Anfänger verwirrend sie auch seyn
mag. So in der wunderbaren Stellung des Mittel -r, z. B.
grundlosen Vorsetzung des kurzen i, in der Unterbrechung
der oberen Linie in der Mitte des Worts, wenn ein visarga
(durch Verwandlung eines End-r) in dasselbe tritt, z. B.
duhkha (doch wohl zusammengesetzt aus dur und kha), und
andrer offenbarer Composita aus dur und nir, endlich in
denjenigen Wortzusammenziehungen, die, ohne alle Laut-
veränderung, nur orthographisch sind, wie wenn auf ein
Wort, das in einem Consonanten endigt^ der gar nicht ver-
ändert wird, ein mit einem Vocal anfangendes folgt Ob
man Wortabtheilungspunkte in gedruckten Büchern, aus-
genommen in Elementarwerken, machen sollte? darüber
bin ich auch sehr zweifelhaft. Bopp hat die Güte gehabt,
mir einen Theil meines Exemplars des Nalus so zu be-
zeichnen, und es hat mir allerdings zu einer ungemeinen
Erleichterung gedient. Allein in einigen Fällen wird das
Anbringen der Punkte sehr schwer, und beim Lesen ver-
wirren sie manchmal doch. Der Sprung im Uebergang zu
den Manuscripten wäre auch davon zu groß. Wirklich
gehört die Schwierigkeit, die richtige Abtheilung der
Wörter zu treffen, auch nicht zu den größesten im Sanskrit.
Ich lese jetzt, und ohne Hülfe einer Uebersetzung, den
Hitopadesa, und verstehe natürlich für mich allein, bis ich
Bopp fragen kann, vieles nicht. Aber in der Wortabtheilung
irre ich sehr selten.
Ich stimme ganz mit Ihnen darin überein, daß sowohl
der Nominativus sing, als die 1. p. s. pr. in mehreren Sprachen
Beugungsbuchstaben haben, und vielleicht in allen haben
:• .;
• * . *.♦••.
nirghöshah (oder wie man auch findet
naturliche Art zu schreiben 1
t .) wo die
wäre, in der ganz
Berlin, 1. November 182t.
31
sollten, und daß dalier die Sanskritsprache mit ihren Wurzeln
von dieser Seite so abweichend nicht ist. Eigentümlich
aber ist ihr immer, daß diese Erscheinung in ihr so con-
stant ist, wie, meines Wissens, keine andre Sprache sie
zeigt, und daß auch die reinen Wurzeln doch die voll-
ständige Form von Wörtern haben. Wo die grammatische
Ausbildung nicht nothwendig durch den Sinn gefordert wird,
wie dies z. B. beim Nominat. sing, der Fall ist, für den es
hinlängliches Unterscheidungszeichen wäre, daß er keinen
Flexionsbuchstaben hätte, und der, wenn man die Flexion
meistentheils aus Agglutination erklär^ nicht wie die andern
Casus, eine Praeposition zur Tteugungssilbe haben könnte,
sondern nichts als den Nom. des pronomen demonstrativum
oder den Artikel (wie denn das Sanskrit auf den Nomi-
nativus sehr oft noch sah folgen läßt), da muß man wohl
annehmen, daß diese grammatische Ausbildung einer späteren
Zeit angehört So hat es mir daher schon längst geschienen,
daß jede Sprache aus einem ungeformt gebliebenen, und
einem durchaus geformten Theile zusammengesetzt ist Im
Griechischen z. B. gehören die l ato und 2 t0 Declination
ganz dem geformten, die 3 t0 nur zum Theil an. Im Sans-
krit ist der ungeformte, wie es mir scheint, ganz neben
dem geformten in den Wurzelwörtern aufbewahrt worden,
der ungeformte ist aber in vielen Fällen in die Neutra
übergegangen. Im Sanskrit steht der sogenannte cnule
State im genauesten Zusammenhange mit dem gramma-
tischen System der Zusammensetzung, und dies mag auch
ein Grund seyn, daß jener crude State sich so vollständig
erhalten hat Im Griechischen ist es allerdings auch der
Fall, daß die composita nur die Wurzel des Worts auf-
nehmen, wie oixo-rofiog, im Deutschen ist darin eine wunder-
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32
Humboldt an Schlegel
liehe Inconsequenz. Aber im Griechischen ist, und ich glaube
zu gutem Glück, nur ein kleiner Theil der Sanskrit Zu-
sammensetzungen geblieben. Diese sind oft nur am crude
staie der Wörter kenntlich.
Ich erwähnte erst der Flexion und Agglutination. Ich
gestehe, daß ich niemals habe Ihres Bruders Meynung
theilen können, der durch dieselben zwei Gattungen von
Sprachen feststellen wollte. Mir ist bis jetzt wenigstens
■' noch keine Sprache ohne Agglutination vorgekommen. Ich
glaube jedoch, daß es in einigen Sprachen auch (wenn
gleich in wenigen Fällen) wahre Flexion geben mag, unter
der ich eine durch den Sprachinstinct getroffene Wahl eines
Buchstaben verstehe, der durch seine materielle Natur dem
durch das zu bezeichnende grammatische Verhältniß aus-
gedrückten Begriff entspricht. So hat der Dativ in mehreren
Sprachen einen sich bestimmt auszeichnenden, die Auf-
merksamkeit an sich reißenden Ton (i im Griechischen und
Lateinischen, m im Deutschen, e in der allgemeinen Decli-
nationsform des Sanskrit), ferner der Conjunctiv und Optativ,
die etwas noch Ungewisses andeuten, im Griechischen und
Deutschen meist dunkle, schwebende Diphthongen. An
Flexion dagegen in dem Sinne, daß man grammatischen
Verhältnissen willkührlich unterscheidende Zeichen gegeben
habe, glaube ich nicht. In Lumsdens Persischer Grammatik,
der sonst über die allgemeine Grammatik einiges bisher
wenig Erkannte hat, kann ich den dahin einschlagenden
Behauptungen nicht beistimmen. Etwas so Absichtliches
könnte nur von Grammatikern herrühren, die ihre Commenta
hernach allgemein zu machen gewußt hätten. Solche Fälle
können aber nur selten gewesen seyn, da die Sprache,
ihrer Natur nach, vom Volke ausgeht.
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Berlin, 1. November 1821.
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Die sichtbare Ableitung so vieler Wörter aus ganz
einfachen Wurzeln, worin die meisten Substantiva als An-
wendungen von Adjectiven auf bestimmte Fälle erscheinen,
macht das Studium des Sanskrit unendlich interessant und
wichtig. Was in andern Sprachen schon größtenteils ver-
dunkelt ist, ist hier noch sichtbar. Wenn man aber an-
nehmen muß, daß die Nation, solange das Sanskrit noch
eine lebende Sprache war, diesen Zusammenhang fühlte,
und die Substantiva sehr häufig nur als Epitheta perpetua
behandelte, so ist die Frage, ob dies dem Gebrauch der
Sprache zur Ideenentwicklung heilsam war. Es bereichert
und belebt zwar von der einen Seite, aber kann auch ver-
wirren. Denn das Denken ist bestimmter, wenn das Wort,
ohne Nebenbegriff, nur als Zeichen der Sache erscheint
Ueber die tempora bin ich sehr begierig auf Ew. Hoch-
wohlgebornen Entwicklung und Bestimmung. Wilkins klagt
p. 649., daß die 3 Praeterita und 2 Futura ohne Unter-
schied gebraucht werden, und Bopp sagte mir dasselbe.
Sie scheinen aber in ihnen ein fest bestimmtes Imper-
fectum, Perfectum und Aorist zu finden. Ich vermuthe,
daß Ihnen das 1^? Praeteritum der Aorist ist So
wenigstens steht es im Anfang des Nalus im ersten Vers.
Dann aber bin ich in Verlegenheit, ob das 2. das Imper-
f ectum und das 3. das Perfectum, oder umgekehrt ist. Allein
selbst ob das 1. Praeteritum gerade immer Aoristbedeutung
hat, ist mir sehr zweifelhaft, wenn ich auf die Stellen Acht
gebe, wo bald dies, bald das zweite gebraucht wird. So
kommen beide hinter einander im Nalus p. 166. sl. 6. 7. und
zwar von demselben Verbum vor, wo der Sinn nur Aoristen
fordert, und wo es sehr gekünstelt seyn würde, etwa das
2. Praeteritum, dem Sinn nach, für ein Imperfectum, oder das
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34
Humboldt an Schlegel
erste für ein Perfectum auszugeben. Zwischen den ewig vor-
kommenden uwäcJta und abratvit kann ich keinen Unterschied
des Sinns einsehen, der in fast allen Fällen, wo beide ge-
braucht werden, der des Aorists ist. Von brü giebt es
freilich kein 2. Praeteritum, allein doch ein erstes von wach.
Es hat mir schon geschienen, obgleich ich zu wenig gelesen
habe, dies beurtheilen zu können, daß es Verba giebt, bei
denen mehr das erste, und andre, bei denen mehr das
2. Praeteritum im Gebrauch ist. Wenn ich ganze Stellen,
wo die Praeterita wechseln, vergleiche, finde ich mich auch
nicht heraus. Zum Beispiel mag die Rede der Damayantia
im 21. Buch des Nalus dienen. Hier scheinen wohl die
Verba sl 16. Imperfecta seyn zu können, weil die Hand-
lungen des Wehklagens, des Besteigens des Wagens und
des Sehens einander begleiten, und noch fortwährende, un-
vollendete scheinen. Liest man aber weiter, wird man
wieder irre. Denn pratijagräka sl 20. steht nicht in solcher
Verbindung, sondern ist, dem Sinne nach, ein Aorist. In
sl. 21 hat jedoch das 2. Praeteritum den Sinn des Imper-
fectum, er wußte es noch fortwährend nicht, dagegen steht
sl. 26. dasselbe tempus wieder als Aorist. Hierin gestehe
ich, sehe ich noch wenig klar. Bei den Futura unterscheiden
Sie, wie ich sehe, ein reniotum und proximum, wie auch
Wilkins thut. Diese gehören dann wohl dem Aorist und
der währenden Handlung an, und die Futura der vollendeten,
und künftigen werden vermuthlich nur durch Zusammen-
setzungen angedeutet. Ich habe bemerkt, daß die so-
genannten wilden Sprachen sehr genaue Unterschiede der
iempora haben. In der Mexicanischen Sprache findet man
sehr bestimmt bald einfache, bald zusammengesetzte Formen
für alle 12 tenipara des Indicativus.
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Berlin, 1. November 1821. 35
■ — ■ — ■ — — — ■ - — - - . ...
Die mehreren Imperative des Griechischen scheinen
Ihnen ein Luxus zu seyn. Dies möchte ich nicht zugeben.
Zwar stimme ich Ew. Hochwohlgebohrnen ganz darin bei,
daß es vom Imperativus nicht alle tempora geben kann,
allein mehr, wie Einen, müßte eigentlich jede vollständig
organisirte Sprache haben. In den Grammatiken, auch
den so genannten allgemeinen, finde ich allerdings darüber
nichts. Allein der Natur der Sache nach, ist ein Impera-
tivus weder von der vergangenen Zeit (für die das Be-
fehlen nicht mehr Nutzen haben kann) noch von der
künftigen (denn der ganze Imperativ ist schon auf die
Zukunft berechnet) nothwendig. Er beschränkt sich also
auf die gegenwärtige, kann aber auch in dieser soviel
tempora haben, als es tempora der gegenwärtigen Zeit
giebt Dies nun sind vier, und es giebt mithin Imperative
der gegenwärtigen Zeit 1., der währenden Handlung, die
man gewöhnlich Imperative Praes. nennt, Ti'xrt, 2., der
vollendeten Handlung, rtrvqx, habe das Schlagen vollendet,
habe deine Lection heute Abend fertig gelernt, 3., der noch
anzufangenden Handlung, pt'lZe tvxtuv, facturus es, ob-
gleich im Lateinischen diese Zusammenstellung nicht üblich
ist, 4., einer Handlung überhaupt, ohne daß darauf gesehen
wird, ob man ihren Anfangs- Mittel- oder Endpunkt meint,
(Aorist der Gegenwart) ntyor. nr. 2. und 3. unterscheiden
sich so bestimmt durch ihre Bedeutung von nr. 1., daß über
sie kein Zweifel seyn kann. Allein auch zwischen nr. 1.
und 4. ist der Unterschied nicht chimärisch. Bei nr. 1.
wird bestimmt auf den Zeitraum der Handlung, und die
Zeit gesehen, in nr. 4. waltet der Begriff der Handlung
(unabhängig von dem Punkt, in dem sie steht) und die
Idee des Müssens vor. Sie sagen, die Lateiner hätten nur
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36
Humboldt an Schlegel
Einen Imperativ. Zwei Formen aber haben sie offenbar,
atna und amato. Sie nehmen vermuthlich diese beiden für
Imperative Praes. Allein in den gewöhnlichen Grammatiken
heißt amato Imperativus Fut. Hiergegen spricht schon die
Etymologie. Indeß können doch schwerlich atna und amato
gleichgültig gebraucht werden. Lassen Sie uns die Stelle
des Terenz Eun. IIL5,48 nehmen: ubi nos laoerimus, «
voles, lavato. Im Deutschen könnten wir nur sagen: so
bade dich. Allein ob an dieser Stelle lata gleich lateinisch
wäre, zweifle ich, obgleich allerdings im Vers vorher facito
auf derselben Linie mit cape steht Einen Unterschied
zwischen beiden Imperativen nehmen alle Grammatiker an,
ob er gleich nicht an jeder Stelle beobachtet seyn mag,
und beide auch mögen verwechselt werden. Die eigen-
thümliche Bedeutung des sogenannten Imper. Fut. scheint
mir die zu seyn, daß er mehr Gewicht auf das Müssen,
oder Mögen, als auf die unmittelbar zu vollstreckende
Handlung legt, und daher auch von allem gebraucht wird,
was eine ganze Dauer hindurch beobachtet werden soll.
Daher ist er die gewöhnliche Gesetzessprache im Latei-
nischen (wo die Griechen aber den Imper. Praes. brauchen)
und drückt auch das Mögen aus, wie bei Cicero: sexcentas
mihi scribito dicas, nihil do. Damit setze ich in Verbindung,
daß nur er, nicht aber der eigentliche Imper. Praes. eine
dritte Person hat. Denn im wahren Imperativ ist, wie
auch Bernhardi in seiner allgemeinen Sprachlehre aus-
einandersetzt, die 3. Person nur durch einen Umweg zu
erklären. Der Umstand, daß dieser Imperativ eine, sich in
die Zukunft erstreckende, währende Handlung andeutet,
und Stellen, wie die des Terenz, mögen die Veranlassung
zu der Benennung des Imper. Fut. gegeben haben. Er folgt
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Berlin, 1. November 1821.
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dort auf ein Futurum und es geht ihm sogar ein Perfectum
vorher. Ich würde ihn aber einen Imper. Praes. nennen,
der aber meistenteils in Bedeutung eines Aorists, nemlich
eines Aorists der Gegenwart, gebraucht wird. Daß die
Nüance dem lateinischen Ausdruck eine Schönheit mehr
giebt, die wir, ohne schleppend zu werden, nicht nach-
ahmen können, ist gewiß. Im Griechischen sind bestimmt
drei einfache Imperative, des Praesens, des Perfect, des
Aorists. Ob es von einigen Verben noch einen des Futurum
giebt, discutirt Buttmann in seiner ausführlichen Sprachlehre
p. 418— 420. Der Bedeutung nach, können nun, meiner
Meynung nach, diese alle vorkommen. Allein die Schwierig-
keit ist, daß der Aorist, welcher einen Imperativ hat, im
Griechischen eine vergangene Zeit anzeigt, die beim Impe-
rativ viel weniger denkbar ist, als die zukünftige. Ist
ein künftiger Imperativ auch nicht nothwendig, so ist er
doch möglich, und die wirklichen Sprachen können vieles
haben, was, allgemeinen Begriffen nach, nicht gerade er-
fordert wird. So könnte eine Sprache einen Imperat Praes.
haben für die gleich auszuführenden Befehle, und einen Fut.
für die Fälle, wo, wie in jener Stelle des Terenz, die Phrase
selbst angiebt, daß der Befehl nur für die Zukunft gilt,
und von Bedingungen abhängig ist. Lavato, als Imper. Fut.
(wenn es einen solchen gäbe) würde doch in jener Stelle
nicht durch lavaturus es zu ersetzen seyn. Auch Futurum
proximum und remotum kennt die allgemeine Grammatik
nicht in der aus reinen und nothwendigen Begriffen fließen-
den Eintheilung der tempora. Dennoch giebt es beide in
mehreren Sprachen. Aber für die Vergangenheit ist ein
Imperativ mir nicht denkbar. Soviel ich aus den Beispielen
sehen kann, und der Imperat. Aoristi im Griechischen sehr
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Humboldt an Schiegel
oft wirklich mit dem Imperat. Praes. als ganz gleich-
bedeutend gebraucht So die epischen Imperative oQOtn,
olot. Allein oft auch ist gewiß ein bestimmter Unterschied
zwischen dem Imperat. Aoristi und dem des Praesens.
Jener hat nemlich wirklich die Bedeutung des Aorists, daß
bei ihm auf keinen Punkt des Zeitraums gesehen wird,
welchen die Handlung einnimmt, sondern nur darauf, daß
sie geschehen muß, und vorzüglich dann, daß sie dauernd,
fortwährend geschehen soll. Am offenbarsten ist dieser Sinn
in der eigenen Art, den Imperativ auf abhängige Weise
zu stellen, wie o!o& y a>g nohjOov. Da hier der Befehl nicht
auf absolute Weise, wie im Indicativus, sondern auf rela-
tive, wie im Conjunctivus, steht, so könnte wohl hier der
wahre Imperat Praes. nicht stattfinden, der immer das
wirkliche Thun zum Augenmerk hat, wogegen in dieser
Redensart nur auf das Massen überhaupt, nicht auf den
Zeitpunkt der Vollstreckung gesehen wird. Den Imperat.
Perf. will Buttmann nur in der 2. Person und nur in dem
einzigen ytymvs bei Euripides gefunden haben, wo er den
Sinn eines Praesens hat, und offenbar auch Praesens einer
eignen Form ytyojrco ist Auch von der 3. Person kennt
er keine Beispiele im wahrhaft praegnanten Sinn des Per-
fectum. Doch kann dies bloß daher kommen, daß sich in
den uns gebliebenen Schriftstellern nicht der an sich
seltnere Fall findet, der diesen Sinn mit sich bringt.
Ich habe dies mehr ausgeführt, um die Sprachen zu
rechtfertigen, die mehrere Imperative haben, als um das
Sanskrit wegen seines einfachen zu tadeln. Denn wenn es
gleich hier einige tempora zu wenig hat, so sind dieselben
auch in der That entbehrlich. Auf der andern Seite aber
hat es gerade im Imperativ einen Luxus, wie Sie es nennen,
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Berlin, 1. November 1821.
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der mir minder verzeihlich schein^ nemlich eine 1. Person
des Singularis. Diese gehört wirklich zu den Unmöglich-
keiten, und ist auch wohl nur ein Werk der Grammatiker.
Auch die Imperativform der 1. Person des Pluraüs läßt
sich nur darum eher vertheidigen, weil man sie, wenn auch
nicht der Form, doch dem Sinn nach, wenigstens für die
mit dem Ich verbundenen Personen, als eine zweite an-
sehen kann. Unser: gehen wir, liebe ich auch nicht; doch
kann man dies auch für einen Conjunctiv, wie eamus,
nehmen.
Die Nachricht über die Sanskrit Manuscripte der Pro-
paganda hoffe ich Ihnen gewiß durch Niebuhr zu erhalten.
Wir schreiben uns zwar selten, er ist aber in regel-
mäßigerem Briefwechsel mit meiner Frau, und ich werde
die Gelegenheit des ersten Briefes an ihn benutzen.
Ich danke Ew. Hochwohlgebohrnen ausnehmend für
Ihre Bemerkungen über das Vaskische, die sehr vielen
Werth für mich gehabt haben. Es war in dieser Schrift
nicht meine Absicht, den Ursprung der Sprache selbst zu
entwickeln, oder nur etwas eigentlich Haltbares darüber
zu sagen. Ich habe bloß angedeutet, inwiefern dies mit
meinem Gegenstand zusammenhängt, habe es aber künftiger
Untersuchung vorbehalten. Nur zwei Punkte erlauben Sie
mir hier zu berühren.
1., Das Vaskische ist wirklich eine eigne Sprache, und
zwar eine ältere als die Griechische und Lateinische in
der uns bekannten Form. Sollte dies bloß aus den Wörtern
bewiesen werden, so würde ich es nicht so entschieden be-
haupten. So eigentümlich auch die Masse der Wörter im
Ganzen klingt, und ist, so muß man immer in solchen
Aeußerungen behutsam seyn. Da man nicht alle Sprachen
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Humboldt an Schlegel
kennt, nur wenige gleich genau, und da ja viele Wörter
der bekannten, und ganze Sprachen untergegangen seyn
können, so ist es unendlich schwierig, alle andre Möglich-
keiten abzuschneiden, und zu sagen: so ist es. Allein der
grammatische Bau kann nicht trügen. Er ist über allen
Zweifel hinaus original, und so alterthümlich, so sehr den
Sprachen, die noch wenig Veränderungen erlitten haben,
ähnlich, daß dies allein entscheidet. Da nun die Wort-
formation diesem Bau entspricht, so beweist dies schon
indirect auch für die Wörter, und man hat nunmehr
doppelten Grund, die wahrhaft eigentümlichen dieser für
ursprünglich Vaskisch zu nehmen.
2., Es ist keinem Zweifel unterworfen, daß es im Vas-
kischen Griechische, Lateinische, Deutsche und vermuthlich
noch Wörter andrer Sprachen giebt Ist man aber einmal
überzeugt, daß die Sprache keine bloße Mengsprache, wie
etwa das Romanische und Wallachische ist, sondern eine
eigenthümliche, so kann die Frage nur die seyn, ob alle
Wörter solcher Art nur in die Sprache als fremde auf-
genommen worden sind, oder ob einige, und mehrere wirklich
ursprünglich beiden Sprachen angehört haben, und daher
eine Verwandtschaft beider beweisen.
Der erste Fall findet offenbar bei mehreren dieser
Wörter Statt. Zamaria, Pferd, ist nichts, als das Saumarius
des Mittelalters. Dahin möchte ich auch tala in einigen
Ortnamen Talori, Talamina, Talabriga (meine Schrift 53.)
von talare, schneiden, verwüsten, rechnen, und es thut mir
leid, dies nicht, als ich die Schrift drucken ließ, bedacht
zu haben. Allein alle mehreren Sprachen gemeinschaft-
liche Wörter sind nicht von dieser Art. Das Urtheil über
ein einzelnes kann sehr zweifelhaft seyn. Ein sichres
Digitized by LiOOQlc
Berlin, 1. November 1821.
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Kennzeichen scheint es mir aber, wenn das Wort im Vas-
kischen eine ausgebreitete Familie ausmacht. Denn dies
ist der Fall niemals bei bloß aus einer andren Sprache
adoptirten Wörtern. Dies nun ist der Fall bei der Wurzel
men- mon-j die ich mit mons verglichen habe. Daß das
Vaskische mendia und mons eine innere (d. h. dem Neben-
einanderwohnen von Vasken und Römischen Provincialen
längst vorhergegangene) Verwandtschaft beweist, halte ich
für gewiß. Mons von movere abzuleiten, gestehe ich, würde
mir nie einleuchten. Ein Berg ist, wie das Sanskritische
ttaga bezeugt, sehr wenig beweglich, und wenn Sie an
Emporstreben erinnern, so legen Sie das Charakterisirende
erst in movere hinein, welches es an sich nicht hat Ueber-
hanpt würde ich solchen Etymologieen nie Raum geben. Es
mögen allerdings einige und viele Wörter wirklich so ent-
standen seyn, wenn man aber ihnen auf diesem Wege nach-
gehen will, so erhält die Phantasie ungeheuren Spielraum, und
den ihr abzuschneiden, muß gerade der Zweck des etymo-
logischen Studiums seyn. Wollte man dennoch eine solche
Ableitung annehmen, so würde mir mons eher a manendo
herzukommen scheinen. Das o ist darin kein bedeutendes
Hinderniß, da von frirm pt/tora gebildet wird. Ob nun
aber die Vaskische Sprache diese Berg bedeutende Wurzel
der Lateinischen oder umgekehrt dankt, ist noch immer eine
zweite Frage. Nur weil die grammatische Structur des
Vaskischen altertümlicher, als die des Lateinischen ist,
und weil die Iberer, meiner Meynung nach, einmal Ur-
bewohner Italiens waren, glaube ich freilich das Letztere.
Ueber campoan und campiis möchte ich nicht so entschieden
sprechen. Nur fiel mir auf, daß gerade die Bedeutung Feld
im Vaskischen wenig, oder nicht vorkommt, aber viel mehr
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42
Humboldt an Schlegel
die weitere von draußen, und daß fremde Wörter weniger
einheimische Suffixa erhalten. Die von Ihnen angeführten
Beispiele sind aus Töchtersprachen hergenommen, in diesen
sind sie natürlich häufig. Allein da verändert sich auch
der Begriff des Fremden gänzlich, und eine Lateinische
Tochtersprache kann man doch die Vaskische auf keinen
Fall nennen. Bei murus hat man die Wahl zwischen dem
Grundbegriff von ftÜQtiv (schneiden, trennen, den aber das
Verbum nur noch in der Ableitung theilen hat) und dem
vom Vaskischen murua, Haufe, pile. Mir scheint der letztere
natürlicher auf Mauer zu leiten, allein bestehen möchte ich
nicht darauf. Ist ein Wort nicht bloß in einer, sondern in
mehreren Sprachen vorhanden, so kann auch dies ein Moment
zur Beurtheilung an die Hand geben. So würde ich nicht
bestreiten, daß landa (vermuthlich die Französischen Latides),
vom deutschen Land, im Vaskischen wohl Gothischen Ur-
sprungs seyn könne. Aber von erria, Erde, würde ich dies
nicht leicht zugeben, da die Wurzel sich auch im Griechischen
findet. Die Aehnlichkeit von Silber und cillarra ist auch
mir oft aufgefallen. Aber was für den Vaskischen Ursprung
zeugt, ist die Vaskische Etymologie selbst Ciloa, auch
zuloa (wovon viel abgeleitete Wörter kommen) heißt Loch,
Grube, arra ist die gewöhnliche Adjectivendung, also das,
was aus der Grube kommt, der allgemeine Begriff der Metalle
auf ein einzelnes angewandt Ciloa und zuloa erinnern
wieder an Siehl, Canal, andre Ableitungen und Umänderungen
von Sahl und das lateinische Sulcus, wenn dies nicht von
tZxm kommt. Kurz man stößt so oft auf gemeinschaftliche
Urwörter, daß man auf eine sehr tief im Alterthum ver-
borgen liegende Verwandtschaft dieser Sprachen geführt
wird. Ob urrea ein einheimisches Wort, oder das lateinische
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Berlin, 1. November 1821.
13
aus dem Griechischen (wie es scheint) herkommende aumm
ist, läßt mich zweifelhafter. Oritu heißt blaß werden, oria
gelb, gorra roth. Eisen, um dies hier mit zu erwähnen,
hat einen ganz Vaskischen Namen, burnia, burdina, ebenso
Blei, beruna, Kupfer nur einen abgeleiteten, urraida, gold-
ähnlich. Metall heißt menasta von den engen Gängen der
Gruben.
Nach Anführung dieser einzelnen Beispiele gestehe ich
Ew. Hochwohlgebohrnen, daß ich über diese ganze Materie
der Verwandtschaft der WestEuropäischen Sprachen noch
keine bestimmte Meynung definitiv gefaßt habe. Meine
Ueberzeugung ist vielmehr, daß man noch gar nicht einmal
die Data, darüber urtheilen zu können, besitzt. Wer aber
etwas wahrhaft Erschöpfendes darüber unternehmen will,
muß, nachdem er sich sichre Grundsätze gebildet hat, außer
dem Deutschen, Griechischen und Lateinischen Sprachstamm
die Celtischen Sprachen und das Vaskische, und beide
letztere bis auf einen gewissen Grad gründlich kennen,
und dann nach einander jede dieser Sprachen durcharbeiten.
Bis jetzt giebt es noch keine einzige wahrhaft genügende
etymologische Bearbeitung nur Einer Sprache. Alles geht
auf einzelne Beispiele hinaus, und ist auch da höchst un-
bestimmt, weil selten einer nur alle diejenigen Sprachen
hinlänglich kennt, die wirklich zusammengehören. Wenn ich
etymologischer Bearbeitungen erwähne, so meine ich solche,
wie Sie in Ihrem Briefe vom Spanischen anführen, daß man
prüfte, wieviel Vaskische, Lateinische, Arabische, Gothische,
endlich zweifelhafte Wörter die Sprache besitzt. Auf diese
Weise hat man das Griechische und Lateinische noch nicht be-
• arbeitet, und dies ist docli das erste und wichtigste Erforderniß.
Die große Menge von Sanskrit Wurzeln und Wörtern im
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Humboldt an Schlegel
Griechischen, Lateinischen (vorzüglich, wie Sie sehr richtig
sagen, anch von unmittelbar empfangenen) und Deutschen
leidet keinen Zweifel. Jetzt wäre vor Allem zu untersuchen,
ob die Celtischen Sprachen und das Vaskische auch gleich viele
Sanskritwurzeln enthalten, oder nicht, und ob also vielleicht
z. B. das Lateinische zwei verschiedene Stämme, den Sans-
kritischen und den WestEuropäischen, in sich vereinigt Ich
kenne bis jetzt kaum zwei bis drei Sankritwörter im Vas-
kischen. Aber ich tauge zu solcher Arbeit nicht sonderlich,
auch wenn ich mehr Sanskrit wissen werde. Selbst nicht
abzuläugnende Aehnlichkeiten entgehen mir zu leicht
Die origines Italiennes sollten Ew. Hochwohlgebohrnen
nicht aus den Augen lassen. Es ist das wichtigste, und
auch am schwierigsten zu behandelnde Land. Aber ich
stimme Ihnen ganz bei, daß die Theilung des Griechischen
vom Lateinischen eine alte, vermuthlich in Asien geschehene
ist Nichts ist so unrichtig, als die gewöhnliche Vorstellung
mehrerer Philologen, die ich lange getheilt habe, daß das Latei-
nische gleichsam ein Dialect des Griechischen sey. Es hat
ursprünglich und unmittelbar aus dem Sankrit geschöpft^ und
im Abendlande auch neue Zusätze erhalten. Ob es nun,
ehe es aus dem Sanskrit schöpfte, oder vielmehr in dem
Zustande seiner Einerleiheit oder Verwandtschaft mit ihm,
auch schon noch frühere ältere Wurzeln besaß, die sich
sonst nirgend finden, und nur ihm angehören, ist eine zu
erörternde Frage. Vom Griechischen ist dies offenbar, so
wie das Sanskrit wieder eine ganze Masse von Wörtern
besitzt, die nicht in das Griechische, Lateinische oder
Deutsche übergegangen sind.
Ihre Einladung, Ihnen etwas für Ihre Zeitschrift zu
schicken, ist mir sehr schmeichelhaft gewesen, und ich
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Berlin, 1. November 1821.
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werde mich gewiß bemühen, Ihren Wunsch, der viel mehr
noch der meinige ist, zu erfüllen. Ich bin nur nicht sehr
fruchtbar in eignen Arbeiten, und habe noch weniger das
Talent, von allgemeinen Untersuchungen einen Punkt ge-
hörig abzusondern und einzeln zu behandeln. Doch werde
ich gewiß diese Schwierigkeiten zu überwinden suchen. Bis
dahin bin ich so frei, Ihnen eine schon gedruckte Abhandlung
zu übersenden, da Ihnen die dicken Bände der Academie
vielleicht nicht so bald zu Gesicht kommen. Ich erbitte
mir für die Arbeit Ihre nachsichtsvolle Beurtheilung.
Daß Ew. Hochwohlgebohrnen der Rhein fesselt, begreife
ich sehr wohl. Darum schmerzt es mich indeß nicht weniger,
daß wir Sie hier entbehren: Ein, doch kleiner Trost dabei
für mich ist nur der, daß ich selbst sehr wenig hier bin.
Denn sogar im Winter gehe ich oft auf ganze Wochen
aufs Land.
Ew. Hochwohlgebohrnen werden eine Scheu vor meinen
Briefen bekommen, und es gefährlich finden jemanden zu
schreiben, der eine so freie Muße hat, als ich. Ich verspreche
Ihnen aber, nie wieder so weitläuftig zu werden. Ihr Brief
war aber so reichhaltig, und berührte so viele meinen
jetzigen Beschäftigungen so nahe liegende Materien, daß
mich dies gegen meine Absicht verführt hat. Leben Sie
herzlich wohl, und erhalten Sie mir Ihr gütiges Andenken.
Mit der hochachtungsvollsten Ergebenheit
der Ihrige,
Humboldt.
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4<>
Schlegel an Humboldt
5. Schlegel an Humboldt.
Bonn den 25sten November 1821.
Ew. Excellenz bitte ich um Erlaubniß heute nur vor-
laufig meinen lebhaftesten Dank für die gehaltvolle Sendung
auszudrücken, wodurch Sie das Archiv meiner Indischen
Correspondenz so glänzend bereichert haben. Ich bin eben
im größten Gedränge meiner Amtsgeschäfte, indem ich
täglich drey Vorlesungen halte. Ich sehe daher voraus,
daß ich es nicht sogleich werde möglich machen können,
einen solchen Brief einigermaßen nach Würden zu beant-
worten. Unterdessen lese und studire ich den Brief und
die Abhandlung, und finde darin die mannigfaltigsten An-
regungen zum Nachdenken, und muß es immer von neuem
beklagen, daß ich nicht wenigstens zuweilen Gelegenheit
habe Ew. Excellenz um so manche Aufschlüsse über die
Lieblingsgegenstände meiner Forschung zu bitten.
Damit aber dieses unbedeutende Blatt doch nicht so
ganz leer erscheine, so sende ich eine kleine Brahmanische
Neuigkeit mit, eine nach Vollendung des Gusses meiner
Lettern in Paris angestellte Druckprobe. Es sind einige
Verse aus dem Gesetzbuch des Manns, aber ich bitte, sie
nicht in Rücksicht auf die Correctheit zu betrachten, denn
da mein gelehrter Freund, Herr Fauriel, das Amt des Setzers
hat übernehmen müssen, so haben sich natürlich Druck-
fehler eingeschlichen. Ich wünsche zu erfahren wie es
Ew. Excellenz in typographischer Hinsicht gefällt. In den
Typen von AVilkins offenbart sich allerdings die Vortrefflich-
keit Englischer Kunstarbeit, aber im Ganzen sind sie zu
mager, und weichen dadurch vom Charakter der Originale
ab. Auch hat er für einige Buchstaben Formen gewählt,
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Bonn, 25. November 1821.
47
die nach meiner Erfahrung nicht in den schönsten Deva-
nagari-Manuscripten vorkommen. Für diese ist die Lesung
der ersten Indischen Drucke eine bessere Vorbereitung.
Meine Druckerey ist nun auch weit reicher mit Buchstaben-
gruppen versehen als die seinige, in welcher man oft zu
Nothbehelfen seine Zuflucht nehmen muß. Was aber das
Wichtigste ist, so schmeichle ich mir, durch Vereinfachung
des Satzes vermöge einer ganz neuen Erfindung einen
dauernden Nutzen gestiftet zu haben. Die Sache ist zu
verwickelt, um durch bloße Beschreibung ganz deutlich
gemacht werden zu können. Bey dem Anblick dieser Probe
werden Ew. Excellenz schwerlich errathen, wie sie ge-
setzt ist.
Ich empfehle mich angelegentlich zu ferneren Mit-
theilungen, und bin mit der ausgezeichnetsten Verehrung
Ew. Excellenz
gehorsamster
AWvSchlegel.
0. Humboldt an Schlegel.
Schon längst wollte ich Ew. Hochwohlgebohrnen für
Ihren gütigen Brief vom 25. November meinen herzlichen
Dank abstatten, so wie für die gütige Aufnahme, welche
mein Brief, der wirklich der Entschuldigung bedurfte, bei
Ihnen gefunden hat; aber ich hoffte Ihnen etwas mittheilen
zu können, das ich Ihnen mitzutheilen wünschte, und dies
hat sich noch immer nicht thun lassen.
Die neue Schriftprobe hat mir ungemein gut gefallen.
In einigen Buchstaben finde ich sie der früheren vorzu-
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48
Humboldt an Schlegel Berlin, 19. Januar 1822.
ziehen, namentlich in dem N. Ich hätte sie indeß ein klein
wenig größer gewünscht. Die Striche, mit welchen das i
über die Linie hervorgeht, scheinen mir, da wo sie die
Linie berühren, ein wenig zu fein. Da sie die Fortsetzung
des Körpers des Buchstabens sind, so würde ihr Zusammen-
hang mit diesem besser ins Auge fallen, wenn sie gleiche
Dicke mit ihm hätten. Die Manuscripte mögen wohl so
seyn. Allein die von der Hand geführte Feder, die oft
einen Buchstaben durch zweimaliges Ansetzen macht, hat
andre Gesetze, als der Druck. Die Verbindung des d und r
scheint mir auch nicht recht deutlich. Besonders fällt dies
auf, wo sich ein u daran anschließt. Der Strich des r
scheint mir zu sehr herunter zu gehen, und das d nicht
genug seinen natürlichen Endstrich zu behalten. Außer
diesen wahren Kleinigkeiten aber, über die man auch noch
sehr leicht verschiedene Ansicht haben könnte, wüßte ich
nichts zu erinnern. Werden denn nun die Buchstaben bald
hier ankommen? Es wäre sehr zu wünschen, daß Ew. Hoch-
wohlgebohrnen bald in Bonn davon Gebrauch machen
könnten, und daß auch Bopp hier dazu in Stand gesetzt
würde.
Indem ich Ew. Hochwohlgebohrnen meinen Dank für
die gütige Mittheilung wiederhole, verbleibe ich mit den
hochachtungsvollsten und freundschaftlichsten Gesinnungen
Ew. Hochwohlgebohrnen
ergebenster,
Berlin, den 19. Januar 1822. Humboldt
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Burgörner, 19. Mai 1822.
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7. Humboldt an Schlegel.
[Burgörner, 19. Mai 1822.]
Niebuhr hat mir auf die Anfrage, die ich bei ihm, auf
Ew. Hochwohlgebohrnen Veranlassung, that, geantwortet,
daß es auf der Vaticana zwar tamulische, allein keine Sans-
krit Manuscripte giebt, daß er auf der Propaganda aber
noch nachsuchen will.
Eben als ich dies Ew. Hochwohlgebohrnen mittheilen
wollte, erhalte ich das dritte Heft Ihrer Indischen Biblio-
thek, das mir so vorzüglich lehrreich gewesen ist, daß ich
mir die Freude nicht versagen kann, Ihnen selbst dafür
sogleich zu danken, und Sie zugleich um Erlaubniß zu
bitten, Ihnen einige Fragen dabei vorzulegen.
Die, meinem Urtheile nach, sehr schön geschriebene
lateinische Abhandlung hat mich ungemein angezogen, und
ich habe sie mehr als einmal gelesen, da sie mehrere
Punkte enthält, die sich auch auf dem Wege meiner Unter-
suchungen befinden.
Ew. Hochwohlgebohrnen verwerfen p. 283. die Meynung,
daß das Bas Breton Celtischen Ursprungs seyn sollte. Allein
dürfte das nicht, ungeachtet der von Ihnen an dieser Stelle
angeführten Gründe, wirklich der Fall seyn? Möge auch
dieser Dialect in seiner heutigen Gestalt erst im 5. saeculum
von Britannien herübergekommen seyn, so ist die Vorfrage
die, ob nicht eben die einheimische Sprache Britanniens
Celtisch war? Dies nun ist mir, obgleich ich die Sprachen
selbst zu wenig kenne, höchst wahrscheinlich. Denn ich
nenne Celtisch nur die Sprache der alten Gallier, und die
Gallischen Ortnamen und mehrere Gallische Worte der
Alten finden in diesen alteinheimischen Sprachen Englands
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50
Humboldt an Schlegel
ihre Erklärung und Ableitung. Ich möchte daher immer
dabei bleiben, daß dieser Punkt erst durch fernere Unter-
suchung dieser Sprachen so weit gebracht werden könne,
daß sich ein entscheidendes Urtheil darüber fällen ließe.
Sehr anziehend ist mir S. 285—287. gewesen, was über
die Wichtigkeit des grammatischen Baues bei Beurtheilung
der Sprachabstammung gesagt ist Es ist mir, wie aus der
Seele geschrieben, und ich habe in einigen in der Akademie
vorgelesenen Abhandlungen gerade auch geäußert, daß die ,
, I grammatischen Eigentümlichkeiten, als inniger mit der )
Denkweise verwandt, nicht, gleich den Wörtern, wandern
können. Sehr gewünscht aber hätte ich, Ew. Hochwohl-
gebohrnen hätten diesen Punkt weiter verfolgt und mehr
ausgeführt. Denn im Einzelnen erheischt er freilich viele,
und zum Theil schwierige und feine Bestimmungen, zu
denen ich vorzüglich oft jetzt geleitet werde, da ich mich
mit der Untersuchung von Sprachen beschäftige, welche
bei anscheinend sehr ähnlichem grammatischem Bau große
lexikalische Verschiedenheit haben. Zuvörderst muß man
wohl verstehen, was man ähnliche, oder verschiedene
Grammatik nennt. Auch bei völliger Gleichheit im Ganzen
kann es große Verschiedenheiten im Einzelnen geben, wie
man am Mangel der Geschlechtsbezeichnung im Englischen
(der aber wohl nur aus der flachen, verwischenden Aus-
sprache herkommt) und dem Dänischen Passivum sieht
Ferner gehen wohl auch einzelne grammatische Eigen-
tümlichkeiten von einem Volke auf das andre über. So
dürfte die Englische Gerundiv Construction, die man ge-
wöhnlich partictpium indeclinabile nennt, it having been cet.
nur aus dem Lateinischen, oder Französischen angenommen
worden sevn. Nach vielem Nachdenken hierüber scheint
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Burgörner, 19. Mai 1822.
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es mir, daß man weit sicherer aus der grammatischen Be-
schaffenheit auf die Verschiedenheit, als auf die Verwandt-
schaft der Sprachen schließen kann. So ist die Grammatik
immer das sichere Fundament, worauf ich mein Urtheil
stütze, daß das Baskische eine eigentümliche und Mutter- K
spräche ist, und wenn auch s /4 *h rer Wörter mit Recht
könnten der Verderbung aus bekannten Sprachen zuge-
schrieben werden, würde jenes Urtheil dadurch nicht bei
mir wankend werden. Ebenso gewiß ist es, daß, wenn auch
das Lateinische wirklich Baskische Wörter und sogar in
großer Anzahl haben sollte, es darum doch immer in keine
nähere Verwandtschaft mit dieser Sprache träte, als die
dadurch begründet wird. Denn es giebt natürlich mehrere
Grade und Arten der Verwandtschaft. Allein für weit
schwieriger halte ich den Schluß auf die Verwandtschaft
aus dem grammatischen Bau, und wenigstens muß man
dabei, dünkt mich, nothwendig genau die verschiedenen
Theile unterscheiden, aus welchem der grammatische
Bau besteht. Man kann darin, meiner Erfahrung nach,
unterscheiden: 1. dasjenige, was bloß auf Ideen und An-
sichten beruht, und wovon man eine Schilderung machen
kann, ohne nur Einen Laut der Sprache zu erwähnen;
z. B. ob die Sprache eigne Verba hat, oder jedes Wort als
ein Verbum behandeln kann, ob das Pronomen bloß den
Begriff der Person enthält, oder auch den des Seyns und
dadurch zum Verbum substantivum wird, ob es ein passivum
giebt, oder man das passivum nur wie ein impersonales
Activum behandelt u. s. f. 2. die technischen Mittel, die
grammatischen Verschiedenheiten zu bezeichnen, ob durch
Affixa, Umlaut, Silbenwiederholung u. s. f. 3. die wirklichen
Laute, die grammatischen Büdungssilben, wie das a priw-
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Humboldt an Schlegel
tivum, die Substantivendungen u. s. f. Wo die Aehnlichkeit
durch alle drei Punkte durchläuft, ist kein Zweifel über die
Verwandtschaft vorhanden. Allein schwierig wird die Frage
da, wo sie sich nur in dem einen, oder anderen findet?
Der letzte hat eine sehr genaue Aehnlichkeit mit der Mit-
theilung wirklicher Wörter. Er gehört zum Theil zum
lexikalischen Theil der Sprache, um so mehr, da in allen
Sprachen viele Affixa ehemalige Wörter sind. An sich
nicht verwandte Sprachen können daher auch darin gegen-
seitig von einander aufnehmen. Das Englische, dessen
Grammatik durchaus Deutschen Ursprungs ist, so viele
Lateinische Wörter es auch hat, besitzt solcher Silben aus
beiden Sprachen, wie das privative un und dis, und viele
andre Beispiele beweisen. Es zeigt aber, daß nur un ihm
eigentümlich ist, da es dies auch mit lateinischen Wörtern
verbindet Dieser Theil der Grammatik scheint mir am
meisten für die Verwandtschaft, oder dagegen zu beweisen,
weil er der speciellste ist, und die Aehnlichkeit, oder Ver-
schiedenheit daher am wenigsten allgemeine Gründe haben
kann, sondern auf zufälligeren historischen beruhen muß.
Denn darauf kommt doch am Ende Alles zurück, wieviel
in dem Sprachbau in Ansichten gegründet ist, die einen
Grad der Allgemeinheit bei dem Menschengeschlecht über-
haupt, oder bei gewissen unter gleichen Verhältnissen
lebenden Nationen haben. Ew. Hochwohlgebohrnen scheinen
dies zwar gewissermaßen zu verwerfen, indem Sie sagen
a lege quadam naturae ejusmodi inventa pendere non
facile dixeris, und ich bin in der auf diese Stelle folgenden
Behauptung ganz Ihrer Meynung, daß nicht alle Sprachen
denselben grammatischen Gang genommen zu haben brauchen.
So überzeugt ich bin, daß es keine Sprache giebt, in welcher
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Burgörner, 19. Mai 1822.
53
nicht wahre Agglutination eine sehr große Rolle spiele, so
wenig theile ich die Meynung einiger, die alle Flexion ver-
werfen, und billige noch weniger alle neuerlich gemachten
Versuche der Analyse von Agglutinationen. Es ist daher
gar nicht mein System, daß alle Grammatik ursprünglich
ein an einander Reihen wirklicher Wörter gewesen sey,
und daß dies gedauert habe, bis der Gebrauch die Spuren
verwischt habe. Einiges ist auch ursprünglich nicht ein
solches Agglutiniren gewesen, und nicht bloß in den ge-
bildeten, sondern in ganz rohen Sprachen, wo z. B. eine
Amerikanische Sprache den Optativ immer durch Ver-
doppelung des Vocals bildet, waadehan statt wadehan, um
die Sehnsucht anzuzeigen, eine andre bei Bildung des Parti-
cips den Vocal in einen Diphthongen verwandelt u. s. f.
Es ist hernach nicht bloß die Zeit gewesen die verändert
hat, und nicht jede Nation ist alle Stufen durchlaufen,
sondern einige haben viele übersprungen und sind sogar
auf einem ganz andern Wege, als der mechanische ist, zum
Ziele gelangt. Denn, meiner Art nach, die Geschichte der '
Sprachen zu erklären, nehme ich immer die beiden Funda-
mente an: diejenige Sprachentwicklung, die sich aus all-
gemeinen Begriffen nachweisen läßt, und die daher, wie
Alles, was wir logisch verfolgen können^ mechanisch ist,
nur in der Art mechanisch, als eine Verrichtung der In-
tellectualität es seyn kann; und hernach diejenige Ab-
weichung von diesem Gange, und diejenige Abkürzung
desselben, welche die Individualität der Nation bewirkt,
die, wenn sie zur Vortreflichkeit führt, genialisch ist, und
nicht mehr logisch vorausgesehen, oder schrittweise nach-
gewiesen werden kann. Indem ich daher wirklich von j
etwas Allgemeinem in der Grammatik aller Sprachen aus- /
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54
Humboldt an Schlegel
gehe, was wirklich a lege naturae pendet, bin ich gegen
mehrere grammatische Aehnlichkeiten, die vorzüglich von
den oben nr. 1. und 2. benannten Punkten abhängen, in
Absicht des Urtheils über die Abstammung mistrauisch.
Indem ich aber im höchsten Grade anerkenne, daß jene
Naturgesetze in den individuellen Geistesanlagen der
Nationen die mannigfaltigsten Bestimmungen finden können,
so bin ich weit entfernt zu behaupten, daß aus den Ameri-
kanischen Sprachen im Verlaufe der Zeit Sanskrit werden
müsse, oder daß dieses ehedem müsse einen solchen Ursprung
gehabt haben. Sollte ich daher die Frage, ob bei Be-
stimmung der Verwandtschaft der Sprachen mehr auf die
Grammatik, oder den Wortvorrath zu geben sey? beant-
worten, so würde ich sagen, daß auf der einen Seite das
Urtheil aus der Grammatik sicherer sey, weil sie inniger
mit der Individualität der Nation verbunden ist, und nicht
leicht von einer Nation zur andern überwandert, auf der
andern aber unsichrer, weil der grammatische Bau mehr
von allgemeinen Bedingungen des menschlichen Denkens
abhängig, und das Feld möglicher Verschiedenheit minder
groß ist. Jedes Urtheil, das nicht auf diese doppelte Be-
schaffenheit der Grammatik sorgfältige Rücksicht nimmt,
scheint mir allemal bedenklich. Daß alle Sprachen in Ab-
sicht der Grammatik sich sehr ähnlich sehen, wenn man
. r r"- ' sie nicht oberflächlich, sondern tief in ihrem Innern unter-
sucht, ist unläugbar. So ist im Mexikanischen das Augment
des perfectum o (also ähnlich dem a und dem e), so ist in
mehreren Amerikanischen Sprachen die Silbenwiederholung,
so giebt es viele Fälle, wo in ihnen das praesens vermöge
einer Partikel zur vergangenen Zeit wird, wie im Sanskrit
durch sma, oder der Indicativ zum Conjunctiv, wie im
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Bargörner, 19. Hai 1822.
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Griechischen durch &v und xt, u. s. f. Die Zeit halte ich
übrigens nicht für gleichgültig, und mehrere grammatische
Verschiedenheiten halte ich wirklich mehr für Folgen der
Zeit, als der Nationalität Ich beziehe dies vorzüglich auf
die Sprachentwicklung, vermöge welcher aus wirklichen
Phrasen wahre Formen werden. Es scheint mir auch ganz
natürlich, daß der menschliche Geist, solange bis durch
irgend einen Funken ein individueller intellektueller Trieb
in ihm entsteht, einen instinctmäßigen Gang verfolgt, der
natürlich bei allen Nationen sich sehr ähnlich seyn muß.
Richtet sich der individuell intellektuelle Trieb auf die
Sprache mit Macht und zur Zeit, wo sie noch biegsam ist,
so entsteht nun eine eigenthümliche grammatische Form,
und die Sprache erleidet nicht mehr große Veränderungen.
Erwacht er zu spät, wenn die instmctmäßige Form schon
zu unbiegsam geworden ist, so dringt er nicht mehr durch
sie durch. Dieser ganze Punkt ist in der Sprachuntersuchung
so wichtig, daß Sie mir darum verzeihen müssen, wenn ich
in dem Wunsche, einmal gelegentlich Ihre Meynung darüber
zu vernehmen, weitläufiger darüber war.
Sehr gefreut hat es mich übrigens, daß Sie S. 276. die
flüchtige Anhäufung von Nachrichten über viele Sprachen
auf ihren wahren Unwerth zurückgeführt haben. Wenn man
die Arbeit über eine Sprache wie ein experimentum in anima
vüi ansieht, so lernt man geradezu nichts daraus. Verfolgt
man aber mit philologischer Genauigkeit jede, so habe ich noch
immer auch die scheinbar barbarischste lehrreich gefunden.
Die Abhandlung über Wilson, den ich seit einem Jahr
täglich in Händen habe, hat mich aufs höchste interessirt.
Möchten Sie nicht (S. 321.) zu den Wörtern, die Wilson
irrig mit einem b schreibt, auch wahtt rechnen? Die Wurzel wah
s
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Humboldt an Schlegel
ist doch unser wachsen, und das Lateinische vastus spricht
auch dafür. Ueberhaupt gestehe ich, daß das Lob, welches Sie
Wilson hierin beilegen, mir Wilkins mehr zu verdienen scheint
So hat es mir wenigstens bei Vergleichung seiner radicals
und seines Hitopadesa mit Wilsons Lexicon geschienen.
Ew. Hochwohlgebohrnen sprechen S. 332. dem Sanskrit
die selbständigen Praepositionen ab, und sagen, daß es der-
selben nicht bedarf, weil die Declination zureiche. Sicher
ist es, daß die Sprache sich meistentheils der Casus bedient
und wenig der Indeclinabilien, die man Praepositionen
nennen könnte. Ob dies aber zu ihren Vorzügen gehört,
möchte ich bezweifeln. Denn die Casus, namentlich Locativus
und Instrumentalis, werden bisweilen in wunderbarer Art
gebraucht, und die doch mir der Deutlichkeit Schaden zu
thun scheint Was aber den ersten Punkt betritt, so habe
ich schon öfter darüber nachgedacht, und wünschte wohl
genauer darüber von Ihnen belehrt zu werden. Mir hat
es immer geschienen, daß zwar dieser Theil der Sanskrit
Grammatik nicht dieselbe Ausbildung erhalten hat, als
andre, aber daß doch in der Sprache Wörter vorhanden
sind, aus denen in andern Sprachen wahre Praepositionen
geworden sind, und daß in einigen Fällen dieser wahre
Uebergang in Praepositionen auch im Sanskrit sichtbar ist
Es kommt freilich hier ganz auf den Begriff und die An-
sicht an, die man von diesem Redetheil im Allgemeinen
hat Bei der hier vorliegenden Frage kommt es, dünkt
mich, nur darauf an, ob die Sprache gewisse Wörter hat,
die man nicht füglich anders, denn wie Praepositionen er-
klären kann, d. h. wie Wörter, die (wenn sie auch an sich
declinabel wären) dennoch als indeclindbUia gebraucht
werden, die bloß bestimmt sind, ein Verhältniß zu bezeichnen,
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Burgörner, 19. Mai 1822.
57
und dadurch ein von ihnen regiertes Wort in eine bestimmte
Abhängigkeit von sich stellen. Nach dem Wenigen, was
ich bisher im Sanskrit gelesen, finde ich einen dreifachen
Fall, wo man an Praepositionen denken kann. 1. wo ein
Indeclinabile zwar als Praeposition übersetzt werden kann,
aber ebenso gut auch ein zum Verbum gehörendes Adverbium
seyn kann. Dies ist der Fall mit dem häufigen saha, auch
mit sdrddham Ramayana l. 1. S. 1. sl. 31. wo man dies
Wort als zum Verbum gehörig durch zugleich übersetzen,
und den Begriff von mit in dem Instrumentalis suchen
kann. So ist wohl auch prabhfiti Hitopadesa editio Londi-
nensis p. 84. I. 24. wo der unmittelbar vorhergehende Ablativ
den Begriff von dem Augenblick an ausdrücken, und
das Indeclinabile (was wenigstens hier im absoluten Zu-
stande so steht) als Adverbium fernerhin übersetzen kann.
2. wo ein declinirtes Substantivum, oder absolut genommenes
Adjectivum oder Participium das ausdrückt, wozu andre
Sprachen Praepositionen gebrauchen. Auch da aber sind die
Fälle verschieden, und nähern sich mehr, oder weniger den
Praepositionen. Ganz substantivisch ist z. B. Ramayana l. 1.
S. 1. sl. 101 bharatasyantikam in die Nähe des Bharata
zu ihm Denn das Substantivum, das man auch als Prae-
position ansehen könnte, regiert den Genitiv und seine
Bedeutung braucht gar nicht verändert zu werden. Allein
viel anders ist Nalus IV. 3. twathrite, man kann freilich
auch hier Alles ohne Praeposition erklären, und sagen: in
dem von Dir Geschehenen, aber man muß, um zu einem
deutlichen Sinn zu gelangen, das doch wieder übersetzen.
Dabei fällt mir eine andre Frage ein. Wird das hrite
immer mit dem Ablativ oder auch mit dem Genitiv con-
struirt und muß man Hitopadesa jo. 34 t /. 19, tasyah hfite
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58
Humboldt an Schlegel
für einen Ablativ oder Genitiv nehmen, da die Endung
beides seyn kann? Noch praepositionsartiger, wenn ich so
sagen darf, ist Nalus IV. 26. fitä tarn. Hier ist allerdings
auch ein Locativus eines Participiums, es ließe sich auch
allenfalls der Accusativ erklären, wenn man sagte, daß dies
Participium, so wie die sogenannten participia indeclinabilia
und der Infinitiv, denselben Casus als das Verbum regierten.
Allein Alles das ist sehr gezwungen, da hingegen die Be-
deutung von außer viel natürlicher ist 3. endlich aber giebt
es Fälle, die ich nun schlechterdings nicht anders zu erklären
weiß, und wö sonst sich in Zusammensetzung befindende
Praepositionen allein stehen. Bei meiner armseligen Lecture
ist mir aber freilich davon nur prati vorgekommen. Zwei
Stellen im Ramayana scheinen mir keine andre Erklärung
zuzulassen. /. 1. S. 1. sl. 72. Da badah ein masculinum ist>
so muß das Wort hier im Accusativ stehen; dieser Accusativ
kann das Verbum (hier nur das Participium mit aus-
gelassnem Verbum Seyn) nicht regieren. Er kann also
nur von prati regiert seyn und man muß übersetzen: es
wurde versprochen, gelobt, sich entschlossen von
R. zur Erweckung des V. Wäre indess auch diese Con-
structionsschwierigkeit nicht, so wüßte ich hier der Partikel
keine schickliche Adverbialbedeutung zu geben. Die zweite
Stelle macht mich noch mehr irre. S. 3. $1 39. Soll hier
prati auf den Accusativ gehen? Ich kann es nicht anders
nehmen, und der Grund liegt wohl darin, daß, wenn auch
das Verbum gehen den Accusativ regiert, doch das
Substantivum dies nicht gleich natürlich thun kann. Die Eng-
lische üebersetzung hat in diesem Satz eine Negation. In
dem Text scheint mir aber nur zu liegen, der Selbstvor-
satz, die Entschließung R. über das Gehen (Locativ)
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Burgörner, 19. Mai 1822.
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nach K. Endlich die Stelle im Kalos 1. 17. Hier würde
ich allerdings die Partikel lieber durch gegenseitig (als
Adverbium) übersetzen. Das erste Wort des Verses ist von
der Art, daß es in sich vollständig ist: einer den andren
i. e. wechselseitig. In Bopps Uebersetzung muß man
alterius auf desiderium beziehen. Im Text ist aber, nach
Ihrer gewiß sehr richtigen Bemerkung (S. 353.), der erste
Theil des Worts ein Nominativ. Das 6 kann nur von dem
Visarga vor dem elidirten Vocal des folgenden Worts her-
kommen. Der letzte Accusativ wird also vom ersten
Nominativ regiert, und das Ganze bildet meines Erachtens
eine Art Adverbium. 1 ) In den beiden Beispielen aus dem
Raroayana ist noch merkwürdig, daß die frei stehende
Partikel dieselbe ist, als die mit dem Verbum zusammen-
gesetzte, was sich auch im Griechischen häufig findet —
Nehme ich nun Alles zusammen, das frei stehende prati,
was in einer Stelle (wenn ich sie recht fasse) einen Casus
regiert, den das Verbum nicht regieren kann, ferner daß
bei krite, rite der Sinn viel natürlicher und leichter wird,
wenn man sie wie Praepositionen auffaßt, endlich daß wohl die
meisten Praepositionen, wenn nicht alle, aus declinirten Sub-
stantiven, die dann indeclinable Partikeln geworden sind,
entstanden sind, so möchte ich doch nicht die frei stehenden
Praepositionen im Sanskrit ganz wegwerfen, sondern sagen,
daß es deren wirklich giebt, aber nicht so ausgebildet, wie
im Griechischen und Lateinischen, daß aber die Sprache
auf dem Wege war, und die Elemente enthielt, aus denen
*) Ein sehr deutliches Beispiel des allein stehenden prati ist
Nalus X. 11. Man könnte hier freilich sagen, die Praeposition sey Tom
Verbum getrennt, wie bisweilen im Griechischen. Aber dann wird es
mehr ein Wortstreit.
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Humboldt an Schlegel
auch diese Gattung der Redetheile vollkommen hervor-
wachsen konnte.
S. 340. sprechen Sie ja ein ordentliches Abschreckungs-
anathem über unberufene Sanskritschüler aus. Indeß ist
es, glaube ich, wirklich so, daß gewisse Schwierigkeiten,
auch bei aller Ausbildung der Hülfsmittel, immer dieser
Sprache eigenthümlich bleiben werden. Wenigstens fühle
ich an mir, daß man, auch bei eifrigem Studium, lange ein
sehr armseliger Schüler bleibt
Der Irrthum mit nir und ni ist um so auffallender in
Wilson, als Wilkins geradezu und deutlich, gerade wie
Ew. Hochwohlgebornen, beide Partikeln', als Gegensätze
angiebt.
Sie tadeln gewiß mit Recht die Schreibung Sunscrit
S. 367. Sollte man aber nicht immer, wie auch Wilkins
thut, Sanskrita Sprache sagen? Die Abkürzung ist nicht
einmal dem Ohre gefällig. Ich gestehe, daß ich, ohne Ihre
und Bopps Autoritaet, es unfehlbar thun würde.
Ein neues allgemeines Wörterbuch wird freilich nicht
so bald zu Stande kommen, und ist, nach Wilson, auch,
wie es mir scheint, kein so dringendes Bedürfniß. Allein
ein nicht so weitschichtiges, und äußerst nützliches Unter-
nehmen wäre ein Wörterbuch, oder wenn man will Voca-
bularium, das nur die gelesensten Hauptwerke umfaßte,
aber da in die verschiednen Bedeutungen, vorzüglich der
Verba eingienge und die Hauptstellen citirte. Umfaßte ein
solches Wörterbuch den Hitopadesa, Ramayana, Mahabharat
und Manu's Gesetze, so wäre im Grunde das Bedürfniß
erfüllt Denn wo dies Wörterbuch für andre Schriften
nicht ausreichte, gienge man auf Wilson zurück, und hülfe
sich selbst.
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Burgörner, 19. Mai 1822.
61
Mit großer Freude habe ich aus S. 367. gesehen, daß
Sie eine eigne Grammatik hoffen lassen. Bleiben Sie ja
bei diesem Gedanken. Wenige Dinge werden dem Studium
so förderlich seyn.
Und nun bitte ich Ew. Hochwohlgebohrnen herzlich
wegen der Länge dieses Schreibens um Verzeihung und
empfehle mich Ihrem gütigen Andenken. Mit der hoch-
achtungsvollsten Ergebenheit
der Ihrige,
Humboldt.
8. Schlegel an Humboldt.
Bonn den 29sten Mai 1822.
Ew. Excellenz haben mich durch Ihren Brief vom
19ten Mai auf die angenehmste Weise von der Welt
überrascht. Mich drückte das Gefühl einer lange rück-
ständigen Schuld: ich wußte in der That kaum, wie ich
nach einer solchen, freilich unwillkürlichen, Versaumniß vor
Ihnen erscheinen sollte. Ich sendete mein drittes Heft als
den Vorläufer meiner Entschuldigungen, mit dem festen
Vorsatz ihn bald durch einen Brief einzuholen. Nun ist
mir die Güte Ew. Excellenz dennoch zuvorgekommen, und
es freut mich unendlich, zu sehen, daß mein Bote seinen
Auftrag so gut ausgerichtet hat
Ihr Urtheil ist das erste auswärtige, welches mir zu-
kömmt: das erste und das gültigste. Wenn ich hoffen
könnte, in Europa und Asien zehn solche Leser zusammen
zu bringen, so wäre meine Mühe reichlich belohnt. Meine
Warnung, das Sanskrit nicht als eine flüchtige Liebhaberey
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62
Schlegel an Humboldt
zu treiben, gilt nur [für] die Neugierigen, welche es lernen
wollen, wie man etwa Indianische Vogelnester auch einmal
zu schmecken begierig ist Ew. Excellenz haben die Proben,
welche ich verlangte, hundertfältig abgelegt; und wenn Sie
auch eine Sache eben erst anfangen, so sind Sie dennoch
kein Anfänger, sondern ein Meister, weil Sie ein gebohrner
Meister sind.
Der Lateinische Aufsatz ist schon vor ein paar Jahren
geschrieben. Ich sähe wohl, daß vieles darin der Ent-
wicklung und näheren Bestimmung bedürfte, allein dieß
hätte mich zu weit geführt: ich habe nichts hinzugefügt,
als die Bemerkungen über das Digamma. Bey der Ab-
handlung über Wilson fiel mir immer das Versprechen ein,
das ich den Lesern zu Anfange gegeben, sie sollten in jedem
Hefte nur wenige Blätter zu überschlagen finden. Sonst hätte
ich weit mehr ins einzelne gehen können, Beyspiele genug
hatte ich dazu im Vorrath: doch fiel es mir freylich sehr
beschwerlich, weil mein Setzkasten noch nicht in Ordnung
war, und ich jeden Devanagari-Buchstaben aus der ganzen
Masse einzeln heraussuchen mußte.
Von meiner Grammatik sind zwey Capitel, über die
Buchstaben und die Buchstaben - Verbindung völlig ins
reine gebracht, die ich auch von meinen Zuhörern ab-
schreiben lasse. In dem letzten schmeichle ich mir ein
paar wesentliche Irrthümer von Wilkins berichtigt zu haben.
Ich hoffe doch auf alle Weise, daß die Erlernung noch
beträchtlich erleichtert werden kann.
Für die mir zugesendete Vorlesung über die Aufgabe
des Geschichtschreibers sage ich Ew. Excellenz meinen
herzlichsten Dank. Durch die Güte Ihres Herrn Bruders
hatte sie mir schon in Paris einen großen Genuß gewährt.
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Bonn, 29. Mai — 4. Juni 1822.
63
Ich habe schon einmal die Bitte gewagt, mir etwas
für meine Indische Bibliothek zu schenken, welche durch
einen Beytrag auch nur von wenigen Blättern die schönste
Zierde gewinnen würde. Die Bitte wäre sogleich erfüllt,
wenn Ew. Excellenz mir gestatten wollten, den wissen-
schaftlichen Theil Ihres Briefes nur geradezu abzudrucken.
Wiewohl ein Brief von solchem Gehalt zu vielfältiger
Erwägung und langem Nachdenken einladet, so will ich
doch dießmal sogleich aus dem Stegereif antworten, so gut
es gehen mag, um nicht von neuem in das Vertagen hinein-
zugerathen.
Zuvörderst wünsche ich mir Glück dazu, daß die An-
sichten Ew. Excellenz über einige Punkte, namentlich über
die Frage von der Ursprünglichkeit der Flexionen, oder
ihre Entstehung aus Agglutination, nicht so weit von den
meinigen abweichen, als ich besorgt hatte. Ich wurde
bedenklich wegen der Durchführung einiger in den Obser-
vations aufgestellten Sätze. Mit Bopp gedachte ich zwar schon
fertig zu werden, aber wenn Gegner wie Ew. Excellenz
oder Abel Remusat ins Feld rücken, so gewinnt die Sache
ein andres Ansehen. Remusat neigt sich ebenfalls zu der
Lehre von der Agglutination, und mag für seine Tartarischen
Sprachen wohl Recht haben. AberBopps Versuch, im Griechi-
schen und Sanskrit die Conjugation des Praesens (weiter geht
es ja doch nicht) aus den persönlichen Fürwörtern herzuleiten,
scheint mir ganz mislungen. Mit der ersten Person auf
fit hat es einigen Schein; aber dieser verschwindet schon
bey der zweiten auf <w, denn hier würde ri erfodert, weil
die Verwandlung von rr> in ov erst sehr spät erfolgt ist,
im Jonischen Dialect zu Homers Zeit noch nicht ganz
durchgedrungen war, und im Aeolischen und Dorischen
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Schlegel an Humboldt
niemals ganz durchgedrungen ist. Und nun vollends der
Pluralis! Wie lauten die ältesten Formen von wir, ihr?
dfifis, vfifjie, oder dpeg, vfieg. Wenn es nun statt rvjtrofieg,
Tvjtrsre hieße: rvjtrafjeg, wir schlagen, rvjcrvfisg, ihr schlagt,
so möchte sich die Hypothese hören lassen. Endlich bharati
und bharanti, tvxtsts und xvütxovxi; hier ist die Mehrheit
bey gleichbleibender Endung durch ein eingeschobenes n
angedeutet: wo findet sich aber in diesen Sprachen irgend
ein Beyspiel, daß der Plural der nomina oder pronomina
durch ein n praeßxum ausgedrückt wäre?
Daß eine Sprache, welche die Conjugation besäße, sich
ohne pronomina behelfen könnte, läßt sich begreifen; wenn
hingegen eine Sprache schon pronomina hätte, aber keine
Conjugation, so glaube ich, sie würde immer auf der Stufe
des Negerfranzösischen verharren: moi aller, toi allsr, lui
aller. Psychologisch betrachtet gehören die pronomina
überhaupt nicht zu den frühesten Wörtern, wie jeder an den
Kindern wahrnehmen kann; sie sind ja Substitutionen.
Wenn einmal durchaus das eine aus dem andern erklärt
werden soll, so möchte ich noch lieber annehmen, die
Pronomina seyen durch Ablösung der Personal -Endungen
entstanden, als umgekehrt. Aber nach der Beschaffenheit der
Sylben und Buchstaben sehe ich in diesem Kreise von
Sprachen keine Möglichkeit hiezu; wiewohl ich nicht ab-
läugnen will, daß das w statt fii in einer gewissen Be-
ziehung mit i/o? statt aham stehe.
Daß es auch in alten und ungemischten Sprachen schein-
bare Flexionen giebt, welche in der That mit Auxiliaren ge-
bildet sind, gebe ich zu, und behaupte es sogar. Ich meyne
aber, diese Formationen wären sämtlich sehr jung im Ver-
gleich mit den ächten Flexionen, sie gehörten einer andern
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Bonn, 29. Mai — 4. Juni 1822.
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Epoche des menschlichen Geistes an, und ließen sich er-
kennen, wie die neuen Thon- oder Gips-Schichten, die man
über einem Urgebirge gelagert findet. Auch setzt der
Gebrauch solcher Auxiliare immer schon das Daseyn der
Flexionen voraus. Das erste Futurum im Sanskrit gehört
ausgemacht zu dieser Classe, und Bopp hätte darüber gar
nicht zweifelhaft reden dürfen. Auch amaveram, amavissem,
statt amavi-eram, amavi-essem, (zwar nicht nach der besten
Logik) lasse ich mir gefallen; aber amavi aus ama-fui, das
ist ganz etwas anders. Denn fürs erste ist hiemit nichts
ausgerichtet für die Erklärung von lego, legi, iäcio, ieci,
curro, cucurri; und hievon hätte doch alles ausgehen müssen,
weil die dritte Conjugation im Lateinischen die Grundform
ist, während man die übrigen nur wie die verba contraäa
im Griechischen zu betrachten hat Ich erkläre amavi
ganz anders: amä-i, amafi; das Digamma ist bloß ein-
geschoben, um den Hiatus zu vermeiden, oder vielmehr um
den charakteristischen Vocal ohne Verschmelzung in einen
Diphthongen rein zu bewahren. Aber ich will einmal
ama-fui zugeben, so ist damit noch nichts gewonnen, denn
nun muß ich die Entstehung eines Praeteritums fui aus
dem Praesens fuo erklären, und hätte ich dieß an einem
einzigen Verbum begriffen, so gölte es mir auch für alle
übrigen, und ich brauchte das Hypothesen -Gerüste nicht.
Es hieß ohne Zweifel vor Alters fufui, wie xtyva und
babhüva. Da haben wir also das augmentum reduplicationis,
welches nun doch einmal für allemal nicht durch fremde
Zuthaten erklärt werden kann.
Überhaupt scheint es mir ein Grundirrthum von Bopp zu
seyn, daß er das verbum substantivum als das erste betrachtet,
da es vielmehr als solches, wenigstens in dieser ganzen
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66
Schlegel an Humboldt
Familie von Sprachen gewiß, das letzte aller verba war.
Denn es ist ja aus der Demonetisation entstanden, aus der
Reduction eines concreten Daseyns auf die Existenz über-
haupt, und endlich auf die logische Copula. Daß fuo ur-
sprunglich im Lateinischen dasselbe bedeutete wie <pvto,
daß es erst sehr spät zur Ergänzung des defectiven esse
gebraucht ward, erhellet aus einer Menge abgeleiteten
Wörtern: foetus, foemen, foemina (gleichsam yvo/teva im
Sinn des Mediums), endlich aus jenem unanständigen Wort,
welches dem Griechischen pvrevm buchstäblich entspricht,
und ohne Zweifel ursprünglich wie dieses ehrbar war, als
ein catissaiivum von fuo: ich säe, pflanze, mache wachsen.
Die concrete Bedeutung von lapi ist in den übrigen Sprachen
verwittert, im Sanskrit glaube ich sie noch zu erkennen.
äs heißt sitzen, und geht nach derselben Conjugation wie
äs seyn: was ist nun natürlicher, als daß durch die Ver-
kürzung des Vocals die Abstraction ausgedrückt wurde?
Das Gewicht des Wortes wurde gleichsam erleichtert, wie
der Begriff unbestimmter geworden war. Haben doch noch
in neueren Zeiten die Romanischen Völker auf gleiche
Welse das Stehen zum Seyn umgestempelt.
Den Untergang so mancher Flexionen, die in allen
Sprachen dieser Familie gewiß vorhanden waren, erkläre
ich mir aus der verwahrlosten Aussprache in unlitterarischen
Zeiträumen. Wenn der Unterschied des Activums und
Passivums im Sanskrit und im Griechischen auf einem
kurzen Vocal oder einem Diphthongen beruhte, so mußten
die Lateiner, sobald sie die schließenden Vocale abkniffen
und statt arnati, amanti sagten amat, amant, ihr Passivum
einbüßen. In solchen Fällen half man sich nun nach der-
selben Methode, welcher die neueren analytischen Sprachen
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I
Bonn, 29. Mai — 4. Juni 1822.
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Europa's ihr Daseyn verdanken, wie ich in der Schrift über
das Provenzalische gezeigt habe. Da die Lateiner doch
ein passivum brauchten, so bildeten sie es durch Agglu-
tination der Partikel re, welche die Rückwirkung aus-
drückte, mit dem Activum. Das einzige legimini steht
seltsam fremdartig dazwischen. Ich möchte es für den
Plural des passiven Participiums halten: legimini, Xsyofievoi.
Daß in Vertumnus, auctumnus, alumnus, columna, u. s. w.
die alte Conjugation des Passivums noch hervorblickt, hat
schon Lanzi bemerkt. Die Lateiner haben sich noch leid-
lich aus dem Handel gezogen, wiewohl die vielen r ein
übles Schnarren verursachen. Ist nicht das Schwedische
passivum auf s auf ähnliche Weise entstanden wie man
im Italiänischen sagt si dice für diätur? Den Untergang
des organischen Passivums im Deutschen haben wir ja so
zu sagen erlebt. Denn im Ulfilas findet es sich noch, und
zwar, was selbst Grimm übersehen hat, nach einer doppelten
Hauptform Die zu der zweiten gehörigen verba stehen
in Grimms D. Gr. p. 441 beysammen. Er hat merkwürdige
Beyspiele gegeben, wie man in der Fränkischen Zeit,
da das passivum verloren war, das activum geradezu
dafür gesetzt, weil man sich noch nicht zu den Auxiliaren
entschlossen hatte. Mit dem Agglutiniren hat es in der
Deutschen Sprache wegen der Sprödigkeit des Stoffes, seit-
dem wir die schöne Vielsylbigkeit der Gothen verloren
hatten, niemals recht gelingen wollen.
Im Angelsächsischen ist allerdings durch die Aussprache
eines Küsten- und Nebellandes manches abgestumpft worden,
aber den Geschlechts - Unterschied an dem Artikel oder
demonstrativen Pronomen the hat erst die Normannische
Eroberung ausgelöscht: der Angelsächsische nom. sing, in
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68 Schlegel an Humboldt
den drey Geschlechtern ist noch ganz dem Gothischen
ähnlich.
Zu einer grammatischen Übereinstimmung, woraus Ver-
wandtschaft der Völker erwiesen werden soll, halte ich alle
die drey Stücke für erf oderlich, welche von Ew. Excellenz
so lichtvoll unterschieden werden: die psychologische Rich-
tung, die technische Methode, und endlich das hörbare
Material. Aber meines Erachtens braucht die Überein-
stimmung nicht allgemein und durchgängig zu seyn, sondern
eine theilweise Statt findende Einerleyheit reicht völlig
hin. Ja je specieller der Fall, desto stärker der Beweis,
weswegen die Anomalien am besten zu brauchen sind.
ZB. das Vernum vid (Classe 2), wissen, hat die Eigen-
heit, daß das praet. perl statt des praesens gebraucht wird.
Eben dasselbe gilt von dem entsprechenden Griechischen
tWc», und von unserm wissen bis auf den heutigen Tag.
Ich weiß ist ausgemacht das praet. perf. der starken Con-
jugation: die Einsylbigkeit, die Einerleyheit der ersten und
dritten pers. sing., das Anwachsen im Plural beweisen dieß
unwiderleglich. Allein die meisten Deutschen wissen dieß
nicht, weswegen die Schwaben niemals ermangeln zu sagen
er weißt. Grimm hat ganz richtig gezeigt, daß die Ano-
malie einiger Deutscher verba bloß darin besteht, daß das
praet. perf. der starken Form als praesens gebraucht wird,
und nachher ein neues praeteritum der schwachen Form
gebildet worden. (D. Gramm, p. 435, 36.)
Nun lauten die paradigmata folgendergestalt
Sanskrit. Griechisch. Gothisch.
Sing. 1. veda fOIAA vait
2. vettha WIAA2 vaist
3. veda fOIAE vait
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Bonn, 29. Mai — 4. Juni 1822.
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Sanskrit,
Orierhi.sch.
WIAAMES
OotMsch.
vitum
vitidh
vitun
Plur. 1. vidma
2. vida
3. viduh
WIAATE
fOIAASl
Ich habe im Griechischen die alte und ächte Form
hergestellt. Vgl. Matthiae Gramm, p. 315. Was in den
gewöhnlichen Grammatiken als der dual und plur. von
oiöa aufgeführt wird, gehört gar nicht hieher. Was ist
nun gegen eine solche zugleich materielle und formale
Übereinstimmung einzuwenden? Ich gestehe, für mich hat
sie die Stärke eines geometrischen Beweises, daß die Vor-
fahren der Indier, der Griechen und der Germanier irgend
einmal ein einziges Volk ausmachten, und daß die letzten
beiden die Anomalie schon aus ihren Asiatischen Ursitzen
mitgebracht. Ich sehe wohl einen psychologischen Grund
ein, warum gerade bey diesem verlmm das praeteritum für
das praesens gilt: wissen ist nämlich gesehn oder er-
fahren haben; aber dieß schwächt die Beweiskraft nur
wenig.
Aristoteles wirft die Frage auf, ob die Sprache der
Natur oder der Übereinkunft ihren Ursprung verdanke?
und entscheidet sich nach der Erfahrung von der unüber-
sehlichen Verschiedenheit der Sprachen für das letzte. Das
Dilemma des großen Denkers war, dünkt mich, nicht recht
gestellt. Wenn man die beiden Begriffe Natur und Über-
einkunft übersetzt durch Notwendigkeit und Willkühr,
so sieht man gleich, daß noch ein drittes in der Mitte liegt,
nämlich die menschliche Freyheit, die sich nach naturgemäßen
Gründen selbst bestimmt Es war eine Einladung, nicht
eine Nöthigung der Natur. Hier liegt das große Gebiet
der edleren Sprachbildung, das Symbolische. Es konnten
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Schlegel an Humboldt
für denselben Begriff verschiedene Zeichen gewählt werden,
die doch alle treffend nnd ähnlich waren. Ich glaube daher,
daß anch solche Übereinstimmungen in den grammatischen
Formen, welche psychologisch erklärbar sind, zum Beweise
der genealogischen Verwandtschaft, in Verbindung mit
andern, gebraucht werden können.
Wenn wir nun sehen, daß verwandte Sprachen solche
kleine Anomalien, und andre Eigentümlichkeiten, mit
unglaublicher Tenacität Jahrtausende hindurch behauptet
haben, und daß sie auf der andern Seite so unendlich weit
auseinandergegangen sind, ohne daß man plötzliche Zer-
rüttungen und Mischungen vermuthen dürfte, so führt dieß
auf das geschichtlich unendlich wichtige Resultat von der
langen Trennung der Völker und dem hohen Alter des
Menschengeschlechtes.
Die Verschiedenheit muß auf zweierley Art erklärt
werden: durch das Vergessen des Alten und das Erfinden
von etwas neuem. Das erste spielt aber dabey bey weitem
die größte Rolle. Haben wir nicht an unsrer eignen
Sprache das vierzehnhundertjährige Schauspiel des allmäh-
lichen Unterganges der tönendsten Mannigfaltigkeit der
Formen bis zum beinahe gänzlichen Verstummen, ohne
andern Ersatz als den der Surrogate für den logischen
Bedarf?
Die Deutsche Sprache hat von jeher, so lange wir sie
kennen, kein Futurum gehabt, und ermangelt dessen bis
auf den heutigen Tag. Haben nun die Germanier ihr altes
Futurum vergessen, oder haben die Stammväter der Griechen
und Indier das ihrige erst seit der Trennung von jenen
erfunden? Das erste ist mir wahrscheinlicher, weil die
Bildungsweise durch Einschiebung des Zischlautes zwischen
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Bonn, 29. Mai — 4. Juni 1822.
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die Wurzel und die Personen -Endungen des praesens im
Griechischen und im Sanskrit dieselbe ist. Dazu kommen
noch die Spuren im Lateinischen: facso u. s. w.; vermuthlich
hieß atnabo ehemals amaso. Legam, leges ist ein Surrogat
für ItyGm, entlehnt von dem conj. praes. Bopp will auch
hier wieder ein Auxiliar-Verbum wittern, aber vergeblich.
— Wie dem auch sey, die alten Deutschen fragten wohl
nicht viel nach der Zukunft, oder sie betrachteten sie rüstig,
als wäre sie wirklich schon gegenwärtig. Wiewohl der
Gebrauch des praesens für das Futurum, wie wir ihn noch
im Notker sehen, unaufhörliche Misverständnisse verursachen
mußte, haben sie sich über sechs Jahrhunderte so beholfen,
ehe sie sich entschieden zu den Auxiliaren bequemten; so
eingefleischt war ihre Abneigung vor jenem Zusammen-
backen der Begriffe zum Ausdruck einer einfachen That-
sache, welches Bopp zum Grundprincip unsrer und der
sämtlichen verwandten Sprachen erheben will.
Ew. Excellenz unterscheiden vortrefflich bey dem intellec-
tuellen Geschäft der Sprachbildung das logisch-mechanische
und das genialische. Man könnte jenes auch das Discursive,
dieses das Intuitive nennen. Ich raeyne nur, wo sich das
Genialische spüren läßt, sey es da« ältere, und gehe in eine
Vorzeit zurück, welche von unserer Geschichte nicht erreicht
wird, während die mechanische Sprachbildung durch alle
Zeitalter fortgehen kann. Ew. Excellenz reden in einem
unendlich interessanten Briefe über die Erfindung der Buch-
stabenschrift, woraus mir mein Freund Welcker eine Stelle
mitgetheilt hat, von geistigen Trieben, welche erwachen
mußten, wenn es dazu kommen sollte. Ich meyne, bey
einem Theile des ältesten Menschengeschlechts wären jene
geistigen Triebe ursprünglich wach gewesen, und erst nach-
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Schlegel an Humboldt
her durch den Druck des irdischen Lebens eingeschlafen,
als schon alle Grundlagen des gesitteten Lebens gesichert
waren. Bey manchen Völkern durften jene Triebe nur
durch fremde Mittheilung erwecklich seyn. Ich kann die
ganze Menschengeschichte nicht begreifen, ohne die An-
nahme jener Platonischen Gesetzgeber, eines Menschen-
geschlechts, das ursprünglich erleuchtet war, dem eine
divinatorische Erkenntnis einwohnte, welche nicht aus der
Erfahrung geschöpft war, sondern ihr vorauseilte. Die
Erziehung der Völker war auch eine von den genialischen
Künsten der Vorwelt, welche sich durch Überlieferung noch
bis in den Zeitraum unsrer Geschichte hinein fortgepflanzt
hat, der neueren Welt aber ganz ausgegangen ist Freylich
ließen sich nicht alle Unterschiede aufheben, weil sie physio-
logisch bedingt und erblich sind. In Absicht auf die Cultur-
f ähigkeit kann ich nicht weniger als drey Stufen annehmen :
die ursprünglich selbstthätigen, die für fremde Anregung
empfänglichen, und endlich die ganz tellurischen Menschen,
bey denen der himmlische Funken niemals zünden konnte.
Kemusat mag zum Lobe seiner Chinesen sagen was er will :
ihre Sprache, ihre Sitten, ihre Schrift, ihre Kunst, ihre
Wissenschaft, ihre Moral, wie fein und spitzfindig das alles
seyn mag, liefert doch nur den traurigen Beweis, daß auch
die höchste Cultur, deren eine apokryphische Menschenart
fähig war, ewig einen mühseligen, geist- und gemüthlosen
Charakter behalten muß.
In den edleren Sprachen nun scheint mir der genia-
lische Bildungstrieb gleich vom Anfange an rege gewesen
zu seyn, und alle wahrhaft fruchtbaren Principien der Ent-
wicklung schreibe ich der entferntesten Urzeit zu. Hin-
gegen das Zusammenflicken mit dem Verstände, wo die
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ursprüngliche Einheit der Anschauung verloren war, die
Surrogate, die Misbildungen und Fehlgeburten des gramma-
tischen Instinkts sind das Machwerk späterer Zeiten; und
dieß wird sich oft historisch nachweisen lassen. Ich kann
die Einflüsse der Zeit nicht unbedingt als günstig für die
Entwickelung der Sprachen betrachten, am wenigsten nach
einem chronologischen Maaßstabe. Die schöpferische Sprach-
bildung erscheint wie ein Moment; dann folgten oft lange
Zeiträume der Vergessenheit und Verwahrlosung, und endlich
die späte Nachhülfe, um sich ein brauchbares Werkzeug
zur Handhabung der Erfahrungswelt zu verschaffen. Ich
kann daher nicht umhin zu glauben, daß die gemeinschaft-
liche Muttersprache des Indischen, Persischen, Griechischen,
Lateinischen und Germanischen eine unendliche Fülle von
intuitiven und imaginativen Reichthümern in Wörtern und
Formen besessen haben muß, wenn sie auch dialectisch noch
ganz unangebaut war. Die großen Vorzüge des Sanskrit
scheinen mir zu seyn, daß die Verwilderung nur in geringem
Grade Statt gefunden, und daher aus der Urzeit am meisten
gerettet worden; dann daß es Jahrtausende lang das Organ
einer begeisterten Philosophie und Poesie gewesen, welche
sich an jene ältere Phase des Menschengeschlechts an-
schlössen. Die Mängel rühren daher, daß die Sprache durch
geheiligte Auctoritäten fixirt worden ist, ehe man darauf
bedacht gewesen war, für alle Bedürfnisse des analytischen
Verstandes Einrichtungen zu treffen.
Wenn jene Platonischen Gesetzgeber ihre höhere Ein-
gebung besonders dadurch bewährten, daß ihre Bezeichnungs-
weise dem Wesen der Dinge entsprach, so mußten sie auch
dasjenige, was in der Natur kein selbständiges Daseyn hat,
sondern nur an den Substanzen und wirkenden Kräften in
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Schlegel an Humboldt
stetem Wechsel zum Vorschein kommt, mit einem Worte
die Verhältnisse, bildlich eben so wandelbar und wiederum
anhängend bezeichnen, durch schwebende Wörter, geeignet
sich überall anzufügen, die aber, um bedeutsam hörbar zu
werden, immer eine Unterlage bedurften. Solche Wörter
waren die ursprünglichen Flexionen. Die Entstehung aus
der Agglutination setzt einen gewissen Grad von Analyse
und Abstraction voraus, und das Intuitive geht doch immer
dem Discursiven voran.
Ich habe mich so weit verstiegen, daß Ew. Excellenz
es schon längst überdrüssig geworden seyn werden, mir zu
folgen. Es ist Zeit einzulenken, um noch einige einzelne
grammatische Punkte zu erörtern.
Ich redete p. 332 von den Präpositionen im allgemeinen,
nach der angenommenen Lehre; ich wollte die Ausnahmen,
die mir allerdings gegenwärtig waren, nicht erwähnen, weil
mich dieß zu einer Beweisführung genöthigt haben würde,
und sie doch nur von geringem Umfange sind. Mit der
Bemerkung Ew. Excellenz über prati hat es seine voll-
kommne Richtigkeit: es regiert, für sich allein stehend, den
Accusativ, und wird diesem immer nachgesetzt. Bey besserer
Muße werden sich leicht Beispiele sammeln lassen: aber
die von Ihnen angeführten sind vollkommen gültig. Im
Ramayana L. I. Sect. HL sl. 39. hat die Ausgabe von Seram-
pore, wie so oft, eine falsche Leseart, die ich dießmal aus
einer Parisischen Handschrift verbessern kann:
apratijna cha rämasya gamane kösalän prati.
Nun ist alles deutlich: „Und die Weigerung des Ramas
wegen des Hingehens pp." Die zweite Verschiedenheit der
Leseart der acc. plur. masc. statt des acc. sing. fem. könnte
eine kleine Modifikation in der Bedeutung herbeiführen:
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Die Weigerung gegen die Kosaler p statt: die Weigerung
nach Kosalä hinzugehen. Die Erzählung muß dieß aus-
weisen. Die Wirkung der Präposition bleibt aber dieselbe.
— Es giebt noch eine Ausnahme mit der Präposition a,
sie wird dem Substantiv vorgesetzt, damit zusammen-
geschrieben, und regiert den Ablativ oder Genitiv, dieß
habe ich noch nicht ausmitteln können. Ramayana L. I,
Sect V, sl 2:
ämanöh punyaMrtinätfi räjnämamitatejasayi.
liegum virtute celebratorum a Manne inde, der nämlich
ihr Stammvater war. Ein andres Beispiel steht in den
Versen, die Wilson in seiner Vorrede p. XVIII. anführt:
ässtüratusarädreh, a ponte inde,
nämlich, von der Brücke des Ramas an bis zu dem Schnee-
gebirge. Wilson hat irrig das visarga ganz weggelassen
statt es in r verwandelt über das nächste Wort zu setzen.
Der terminus ad quem steht also auch in demselben Casus.
Doch ich glaube, man muß es lieber so fassen: von der
Brücke an, auf der einen Seite, von dem Schneegebirge
an auf der andern.
Dieß ist also ein wirklicher Anfang des Griechischen
und Lateinischen Sprachgebrauchs, jedoch ein sehr geringer.
Daß in diesen und den verwandten Sprachen aus Adverbien
nicht nur, sondern aus Adjectiven, Substantiven, Participien,
wahre Präpositionen geworden, ist nicht zu läugnen ; von den
Beispielen im Sanskrit aber, wo ein Adverbium einen Casus zu
regieren scheint, kann ich kein einziges gelten lassen, tarn
rite fasse ich wie: diese ausgenommen, hanc excipiendo.
In tvatlcrite ist der erste Bestandteil nicht der Ablativ,
sondern der status absolutus. Ich kann mich nicht erinnern,
denjenigen status absolutus, der über den Paradigmen steht,
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Schlegel an Humboldt
jemals in der Composition gefunden zu haben: die Gram-
matiker haben ihn wohl nur von dem Casus 5 plur. entlehnt,
um die anomale Declination einigermaßen zu construiren.
Häufig ist hingegen mat und trat; Wilson's Artikel über das
letzte ist durchaus irrig; in dem Artikel über mat aber ist
die Sache richtig gefaßt und das dort gesagte darf nur auf
die zweite Person übertragen werden, tvatkrüe ist ein
Compositum, gerade wie deinetwegen. Hingegen in
iasyäfi hpU ist das erste nichts anders als der gewöhnliche
Genitiv der Abhängigkeit von einem andern Sustantiv:
huitis puellae gratid. Wenn Adverbia der Gemeinschaft
mit dem Casus 3 stehen, so ist dieß gerade wie der Eng-
länder sagt: togetlwr with him; sdha tcna; was dort die
Präposition, drückt hier der Casus aus. Drücken wir doch
auch im Deutschen sowohl das Werkzeug als die Gemein-
schaft durch mit aus. Wenn Ew. Excellenz es dem
Sanskrit zum Vorwurf machen, daß die casus zuweilen auf
seltsame Art gebraucht werden, so will ich dieß nicht ganz
abläugnen: doch bitte ich zu bemerken, daß die Benennung
der casus nur von Einer Hauptbestimmung hergenommen
werden konnte. Wie würde es ablaufen, wenn man im
Griechischen und Lateinischen den Gebrauch der Casus, auch
ohne Präposition, nach ihren Namen zergliedern wollte?
Es wäre wohl überhaupt an der Zeit, statt der üblichen
Benennungen mehr philosophische, jedoch gleichfalls
Lateinische einzuführen. Ich schlage vor:
Subiectivus statt Nominativus,
Obiectivus — Accusativus,
Inclinativus — Dativus,
Egressivus — Ablativus,
Kelativus — Genitivus.
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Bonn, 29. Mai — 4. Juni 1H22.
77
Dieß letzte hat schon Colebrooke in seiner Grammatik. Die
Namen, welche Wilkins den beiden eigentümlichen Casus des
Sanskrit ertheilt, Instrumentalis und Locativus, gefallen mir
auch nicht; der erste nicht, weil er aus der Analogie heraus-
geht, der zweite nicht, wegen der speciellen Bedeutung des
Wortes. Den ersten könnte man effectivus nennen (Colebrooke
hat: cau$sativus)\(ien zweiten commorativus oder Immanentivus.
Ich hatte bey p. 283 das Unwesen im Sinne, welches
Pezron, Court de Gebelin, Le Brigant pp mit dem Nieder-
bretonischen getrieben. Daß in dem Bau und den Wörtern
noch irgend eine, wiewohl sehr entstellte, Celtische Grund-
lage aufgesucht werden könne, bin ich nicht gesonnen zu
läugnen. Aber was ist zu machen? Den Celtomanen ist ja
in keiner Sylbe zu trauen. Ew. Excellenz würden mich
sehr verbinden, wenn Sie mir nachweisen wollten, wo ich
einen vernünftigen Unterricht über die Grammtik dieser
Sprache finden kann. Uns wäre geholfen, wenn wir darüber
eine kritische Arbeit hätten, wie die Ihrige über das
Baskische. Wann hat man angefangen, in dieser Sprache
zu schreiben, und was ist an zusammenhängenden, ächten,
nicht zum Behuf einer Hypothese ersonnenen Texten gedruckt
vorhanden? Ein Französischer Antiquar, de la Rue wo ich
nicht irre, glaubte eine Spur Niederbretonischer Poesie aus
dem 12 ten Jahrhundert in der Provenzalischen Erwähnung
eines lai Breton zu finden. Aber dieß ist ein Misverständniß:
lai Breton heißt ein Lied in Nordfranzösischer Sprache. Wie
hätte ein Troubadour wohl an dem unverständlichen Kauder-
welsch Gefallen finden sollen! Der Gesang der Nachkommen
Ossians in Hochschottland ist auch ein Gejauze, wodurch alle
Katzen in die Flucht gejagt werden; ein junger Genfer, der die
Hebriden bereist hat> konnte es zum Todtlachen nachahmen.
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78
Schlegel an Humboldt
Um das Historische des Nieder-Bretonischen habe ich
mich sehr genau bekümmert : ich wollte in einem Essai sur
la formation de la langue franfoise ausführlich davon
handeln. Daß das südliche Britannien von Gallien aus
bevölkert worden, sehe ich als gewiß an; es fragt sich nur,
ob dieß vor oder nach der Einwanderung der Deutschen
Völkerschaften in Belgien geschehen? Das Belgische war
doch vermuthlich eine Mischsprache, nicht bloß eine ver-
schiedene Mundart des mittleren Cel tischen: Julius Caesar
hätte sich schwerlich so ausgedrückt, wie er thut, wenn er
nicht dort einen andern Dollmetscher nöthig gehabt hätte.
Aber gesetzt auch, die in Britannien eingewanderten wären
reine Celten gewesen, so konnte dennoch auf andre Weise eine
Mischung erfolgen: denn Tacitus hält die westlichen Britten
für Iberier, und sein Zeugniß hierüber ist von besonderm
Gewicht Die nahe Verwandtschaft des Alt- Brittischen
mit dem Celtischen geht indessen aus manchen Städtenamen
und andern unwidersprechlich hervor. Nun aber haben die
Britten mehr als dreihundert Jahre unter Römischer Herr-
schaft gestanden. Es ist ein Wunder, daß die Lateinische
Sprache nicht ganz herrschend geworden, was in Gallien
durch die garnisonirenden Truppen, durch die überall ver-
breiteten Latinisirten Sklaven, durch die Colonien, die
negotiatores, durch alle Militär- Civil- und Polizey- Anstalten
der Römer unglaublich schnell erfolgte. Daß sich der Brit-
tischen Sprache schon damals viel Lateinisch eingemischt, davon
werden sich die Spuren vielleicht im Angelsächsischen nach-
weisen lassen. Nun ging ein Theil der Britten, vor den Sachsen
flüchtend, nach der Mitte des 5 te ? Jahrhunderts auf die
Gallische Westspitze hinüber. Hier lebten sie, außer der
beständigen Nähe der Franken und Romanischen Einwohner,
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Bonn, 29. Mai — 4. Juni 1822.
79
eingeklemmt zwischen zwey Sächsischen Colonien, wovon
in der Merovingischen Zeit die eine bey Bayern die andre
bey Nantes saß; nachher hatten sie die Nonnannen zu
Nachbarn. Was ist ans allem diesem zn folgern? Daß,
wenn man im Nieder -Bretonischen Wörter findet, die
Lateinischen und Deutschen ähnlich sind, diese als späte
Einmischungen betrachtet werden müssen, daß man nicht
umgekehrt das Lateinische und Deutsche aus dem Bas-
Breton ableiten darf, wie es die Celtomanen wollen, und
wie sichs leider auch Wächter und zum Theil Leibniz
haben weiß machen lassen. Den grammatischen Typus mag
man mit dem Wälschen, Hochschottischen und Irischen
vergleichen, wenn sie einen haben. Ich kann die Stelle
jetzt nicht auffinden, aber ich bin gewiß beym Nennius,
einem Brittischen Geschichtschreiber des 9ten Jahrhunderts
gelesen zu haben, daß die zurückgebliebenen Britten ihren
Brüdern jenseit des Meeres einen Namen gaben, welcher
bedeutete confuse loquentes. Welche Fortschritte in der
Confusion mögen sie nun erst in den seitdem verflossenen
tausend Jahren gemacht haben!
Ich hatte noch ein artiges Capitel über den Imperativ,
wozu ich auf Veranlassung eines frühern Briefes gesammelt
hatte. Aber dieser Brief muß endlich ein Ende nehmen,
sonst möchte es meinen Gönner gereuen, sich so anregend
und belehrend mit mir unterhalten zu haben.
Ew. Excellenz haben die Angabe des Ortes ver-
gessen; auf dem Umschlage stand der Stempel von Eis-
leben, ich vermuthe also, daß Sie sich auf einem Land-
gute in der Nähe befinden. In der Ungewißheit muß
ich jedoch diese Blätter den Umweg über Berlin nehmen
lassen.
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80
Schlegel an Humboldt Bonn, 29. Mai — 4. Juni 1822.
Ich bitte Ew. Excellenz, mein anf alle Weise nach-
lässiges Geschreibe zu entschuldigen; ich empfehle mich
und meine Arbeiten Ihrer ferneren geneigten Theilnahme,
und habe die Ehre mit den ehrerbietigsten und dankbarsten
Gesinnungen zu seyn
Ew. Excellenz
gehorsamster
AWvSchlegeL
Ich vergaß Ew. Excellenz für die Anfrage bey Herrn
Niebuhr meinen Dank zu sagen. Ich vermuthe, in der
Propaganda wird sich mehr finden, denn schwerlich hätte
man doch wohl unternommen, auch nur eine Probe von
Devanagari- Schrift im Druck zu liefern, wenn man nicht
Muster vor Augen gehabt hätte. Freilich ist sie sehr
schlecht ausgefallen.
Remusats chinesische Grammatik ist mir mit größtem
Lobe angekündigt worden. Er hat sie mir zugesendet,
aber sie ist noch unterwegs.
Von der Asiatischen Gesellschaft in Paris, einer Privat-
Association, werden Ew. Excellenz wohl in den Zeitungen
gelesen [haben]. Sie giebt eine Zeitschrift heraus, wovon ich
die erste Nummer erwarte. Firmin Didot hat unternommen
Devanagari -Schrift zu verfertigen. Der Graf Lasteyrie
hatte immer die Lithographie im Kopfe, und mein Freund
Fauriel hatte Muster zu einigen Proben geliefert: ich
suchte es diesem aber auszureden, und wie es scheint, hat
man den Gedanken gänzlich fahren lassen. Die Litho-
graphischen Blätter von Othmar Frank sind ein warnendes
Beyspiel.
Bonn den Junius 1822.
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Humboldt an Schlegel Berlin, 18. Oktober 1822.
81
9. Humboldt an Schlegel.
Berlin, den 18. October, 1822.
Von Woche zn Woche wollte ich Ew. Hochwohl-
gebohrnen inhaltreichen Brief vom 29. Mai, durch den Sie
mir eine so große Freude gewährt haben, beantworten,
aber da ich mich mit den Gegenständen, welche er betritt,
ununterbrochen beschäftige, so kommen mir auch immer
theils neue, theils veränderte Ansichten, und so schob ich
es Ton einer Zeit zur andern auf. Jetzt drängt mich nun
die Zeit, der leider fast ungeheuren Inlage nichts mehr hin-
zufügen zu können, als was ich nothwendig über sie selbst
sagen muß. Denn Geschäfte nöthigen mich aufs neue aufs
Laad zu gehen, und da das Paket Ihnen durch einen
Courier zukommen soll, muß es von hier abgehen.
Ich nehme mir nemlich die Freyheit, Ew. Hochwohl-
gebohrnen einen Aufsatz über einen Punkt der Indischen
Grammatik zu übersenden, und meine Hauptabsicht dabei ist,
daß Sie die Güte haben mögen, ihn zu lesen, und mir, wenn
es Lire Zeit erlaubt, Ihr Urtheil darüber zu sagen.
Zugleich aber wage ich auch, Ihnen den Aufsatz für
die Indische Bibliothek anzubieten. Ich fühle aber, daß
das ein Wagstück ist, und erwarte also beinahe, daß Sie
ihn dazu unpassend finden. Sie können nemlich und werden
vermuthlich es für unthunlich halten, Ihren Lesern eine
so weitläuftige,und trockne Arbeit über eine einzelne gramma-
tische Frage aufzubürden. Schiene es Ihnen indeß doch
passend, auch solche Gegenstände in Ihrer Zeitschrift abzu-
handeln, und hielten Sie die Arbeit würdig, darin zu er-
scheinen, so könnte der Aufsatz, wie Sie schon hier und
da gethan haben, mit kleiner Schrift gedruckt werden, und
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Humboldt an Schlegel
ließe sich in zwei, selbst in drei Hefte vertheilen. Denn
§. 1 — 6. dann 7. nnd endlich der Ueberrest bilden drei sich
sehr füglich scheidende Theile. Ich ließe mir dies sehr gern
gefallen, da mir, immer vorausgesetzt daß Sie die Arbeit
dessen werth finden, viel daran liegen würde, mit dem
Ersten, was über die Sanskrit Sprache von mir erscheint,
gerade unter Ew. Hochwohlgebohrnen Schutz und Auspicien
aufzutreten. Vielleicht hätten Sie auch sogar Lust, und
fänden, vorzüglich bei der Theüung, Muße, Anmerkungen
hinzuzufügen um das von mir Gesagte zu widerlegen, be-
stätigen, oder besser auszuführen. Das Einzige, worum ich
Ihre Freundschaft in Anspruch nehmen würde, wäre, daß,
wo Sie wahre Unwissenheitsfehler finden sollten (ob-
gleich ich möglichst gesucht habe, mich davon frei zu
halten), Sie die schonende Güte hätten, diese stillschweigend
zu berichtigen.
Könnten Sie von meiner Abhandlung keinen Gebrauch
für die Bibliothek machen, dann bitte ich Sie, mir dieselbe
und zwar wieder durch den Geheimen Legations Eath
Himly in Frankfurt am Main, durch den Sie solche erhalten
werden, zurückzusenden. Ich werde ihr dann eine andre
Bestimmung geben.
Ließen Sie sie aber abdrucken, so könnten wohl
auf meine Kosten, ohne alle Verändrung der Seitenzahl
oder sonst, 12 Exemplare für mich besonders abgezogen
werden.
Der 7. Paragraph, die Auseinandersetzung der Begriffe
des Infinitivs, Gerundiums und Supinums wird Ihnen viel-
leicht eine Episode scheinen, die füglich hätte nur im Be-
sultate aufgenommen werden können. Allein ich möchte
sie nicht gern vom Ueberreste trennen; ich habe mich, seit-
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Berlin, 18. Oktober 1822. 83
dem ich mich mit diesen Gegenständen wieder ernstlicher
beschäftige, überzeugt, wieviel Misverstand in diesen Be-
griffen herrscht, wie wenig auch die, denen sonst selbst
Gelehrsamkeit nicht abzusprechen ist, in den allgemeinen
grammatischen Begriffen fest sind, wie wenig Ueberein-
stimmung darin herrscht, wie leicht (z. B. von Herrmann)
neue Theorien, fast Einfälle hingestellt werden, ohne daß
man es sich zur Pflicht macht das längst Vorhandene zu
prüfen, und anzunehmen oder zu widerlegen. Nicht ein-
mal die Theorie der tetnpora, die doch Reiz schon richtig
aufstellte, ist irgend allgemein geworden, und noch immer
hört man von kurz und lang vergangenen Zeiten, relativen
und absoluten reden, ohne daß doch jene wahre nur gründlich
zu widerlegen versucht wird. In Frankreich verfährt man
wenigstens mit mehr Consequenz. Man findet überall de
Sacy's Grammatik befolgt, und so wenig ich wünschte,
daß diese bei uns Eingang erhielte, da mir dies wirklich
höchst oberflächliche Buch immer des sehr gelehrten Mannes
recht herzlich unwerth geschienen hat, so entgeht man da-
durch doch der Unannehmlichkeit, alle Augenblicke auf
andre Begriffe zu stoßen. Insofern war mir also an der
Episode gelegen, in der ich gesucht habe die Begriffe aus
ihren allgemeinen Gründen zu entwickeln, und mit den
alten Grammatikern zu vergleichen. Für den Zweck von
Ew. Hochwohlgebohrnen Zeitschrift paßt vielleicht auch
ein Gegenstand, der doch auch die interessiren kann, die
nicht selbst Sanskrit treiben.
Sehr leicht aber kann eine so ausführliche Behandlung
einer einzelnen grammatischen Frage, selbst wenn sie die
Sache völlig ausmachte, kleinlich scheinen. Dies befürchte
ich oft selbst, und tröste mich nur, wenn ich auf das Ganze
6*
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84
Humboldt an Schlegel
meines Strebens sehe, das aber freilich vor dem Publikum
nicht klar da liegen kann. Einzeln erscheint so etwas
freilich kleinlich. Aber längere Erfahrung hat mir nun
die Ueberzeugung gegeben, daß jede grammatische Discussion
nur dann wahrhaften wissenschaftlichen Gewinn bringt,
wenn sie so durchgeführt wird, als läge in ihr allein der
ganze Zweck, und wenn man jede, noch so rohe Sprache
selbst, gerade mit derselben Sorgfalt behandelt als Griechisch
und Lateinisch. Nur auf diesem Wege kann man mit der
Zeit zu einem System vergleichender Sprachkunde kommen,
und nur so kann man dem jetzt herrschenden Elende ent-
gehen, wo jeder, der darüber schreibt, statt einen kleinen
und einzelnen Punkt ganz zu ergründen, Urtheile über das
Ganze wagt, denen ganz andre und umfassendere factische
Untersuchungen zum Grunde liegen müßten, und daß man
ebenso Urtheile über Sprachen ausspricht, deren Gramma-
tiken und Wörterbücher man einmal flüchtig durchlaufen
hat In meinen Untersuchungen über die Amerikanischen
Sprachen hoffe ich es dahin zu bringen, daß sich aus den
einzelnen, allerdings kleinlichen Untersuchungen Resultate
zusammenstellen sollen, die wenigstens historisch sicher ge-
nannt werden können, und sich dann auch über Reihen von
Sprachen erstrecken können. Bei Remusats treflichem Werk
über die Tatarischen Sprachen vermißt man gerade zu sehr
den eigentlich grammatischen Sinn. Die noch fehlenden
Theile werden freilich davon mehr ergeben, als der bis
jetzt erschienene, wenn er aber das Studium recht eigentlich
auf die Kenntniß des Organismus dieser Sprachen gerichtet
hätte, und darin glücklich gewesen wäre, würden schon
seine Grundsätze über die Verwandtschaft und Abstammung
der Sprachen reichhaltiger ausgefallen seyn, und er würde
Berlin, 18. October 1822.
85
sich auch gehütet haben, die wenigen, die er vorbringt,
für so neu zu halten.
Ew. Hochwohlgebohrnen haben die Güte gehabt, mich
anfzufodern, Stellen aus meinen frühern Briefen an Sie in
Ihre Zeitschrift einrücken zu lassen. Ich danke Ihnen
herzlich dafür, muß Sie aber bitten mir zu erlauben, gerade
diese ungedruckt zu lassen. Aeußerungen in Briefen sind,
meiner Empfindung nach, immer nur für das eigne Studium
und Denken gut. Man oder vielmehr ich wage auch das,
was ich nur erst ahnde, was ich vollständig nicht gleich
zu beweisen wissen würde, was ich vielleicht selbst später
zurücknehmen und beschränken müßte. Ich wünsche das
Urtheil des Andern hervorzulocken, und dies kann man nur
durch entschiedene Behauptungen, scharf hingestellte Sätze.
Für den Druck eignet sich das daher nicht. Auch scheue
ich mich sehr vor den Urtheilen über Sprachbau, Sprach-
entstehung überhaupt, und es ist mir nicht einmal lieb, daß
die Vorlesungen in der Akademie mir mehrere entlockt
haben. Ich bin noch zu sehr im Studium des Factischen
begriffen, die Ansicht kann noch zu viel neue Modificationen
erleiden, und da ist eine einmal hingewagte Behauptung
immer im Wege.
Leben Sie herzlich wohl, und nehmen Sie diese Zeilen
und meine Abhandlung mit Güte und Nachsicht auf. Ich
freue mich im Voraus der Belehrungen, die mir bei Ge-
legenheit der Arbeit von Ihnen zukommen werden, und
wiederhole Ihnen die Versichrung der Gesinnungen der
hochachtungsvollsten Freundschaft, mit welcher ich verharre
Ew. Hochwohlgebohrnen
ergebenster,
Humboldt.
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86
Schlegel an Humboldt
10. Schlegel an Humboldt.
Bonn den lsten December 1822.
•
Ew. Excellenz haben mir durch Ihre reichhaltige
Sendung vom 18ten October eine große und seltne Freude
gewährt Ich hätte früher meine lebhafteste Dankbarkeit
bezeugt, aber ich wollte nicht gern schreiben, bis ich Ihre
vortreffliche Abhandlung mit Ruhe gelesen hätte, und die
Ankunft fiel gerade in den Zeitpunkt der Eröffnung meiner
Vorlesungen, wo mir keine Stunde freyer Muße übrig blieb.
Ich habe die Abhandlung nun gelesen, aber erst Einmal,
und das ist wenig für eine so gründliche und meisterhafte
Arbeit. Ew. Excellenz legen zuerst Hand an eine schwere
wissenschaftliche Aufgabe: die Syntaxis des Sanskrit;
denn die paar Blätter bei Carey und Wilkins, welche diese
Überschrift führen, sind ja kaum der Rede werth. Sind
die Indischen Grammatiker eben so karglaut? Haben sie
ihren Scharfsinn so ganz an der Wortbildung erschöpft* daß
ihnen für die Wortfügung gar nichts übrig blieb? Ich
weiß es nicht, aber auf jeden Fall wird es viel Kopfbrechen
kosten, was sie enthalten, gehörig ans Licht zu ziehen;
und ich glaube, wir thun wohl unterdessen auf dem prak-
tischen Wege durch Beobachtung des Sprachgebrauchs fort-
zugehen. Allein dazu gehören zuverlässige Texte, womit
wir leider noch sehr schlecht bestellt sind. Doch hierüber
nachher. Zuerst wünsche ich Ew. Excellenz Befehle über
einige Bestimmungen bey dem Druck des Aufsatzes zu er-
fahren, welcher der Indischen Bibliothek zur erwünschten
Auszeichnung gereichen wird. Der Gebrauch der kleineren
Schrift würde einen Übelstand verursachen, indem meine
Devanagari-Lettern weit größer sind, und daher jede Zeile,
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Bonn, 1. Dezember 1822.
87
worin dergleichen vorkommen, einen doppelten Durchschuß
erf odert. Kaum läßt es sich mit der gewöhnlichen Schrift
leidlich einrichten, wie Ew. Excellenz an dem Aufsatz über
Wilsons Wörterbuch gesehen haben werden. Ich habe noch
nicht genau berechnet, wie eine Seite Manuscript sich zu
einer gedruckten verhält Jedoch wünsche ich die Ab-
handlung in zwey Hefte bringen zu können, es wäre Schade,
sie allzu sehr zu zerstückeln. Ein Unterhaltungsblatt kann
die Indische Bibliothek nun einmal nicht seyn, und das
etwas leichtsinnig gegebene Versprechen, die nicht eigent-
lich gelehrten, sondern bloß gebildeten Leser sollten in
jedem Heft nur wenige Blätter zu überschlagen finden,
habe ich doch schon brechen müssen. Übrigens ist der
Absatz für eine wissenschaftliche Zeitschrift nicht ganz
übel: es sind ungefähr 400 Exemplare abgesetzt, und es
finden sich fortwährend neue Käufer, für welche, sobald
das 4* Heft fertig seyn wird, das Ganze als Ein Band aus-
gegeben werden solL Ich arbeite eben an diesem vierten
Heft^ und es kann um so früher erscheinen, wenn ein Theil
Ihrer Abhandlung darin abgedruckt wird. Allein es würde
daraus der Nachtheil entstehen, daß sie in zwey Bände
auseinander gerissen wäre. Im ersten und zweyten Heft
des 2* u Bandes hingegen könnte sogar die Seitenzahl un-
unterbrochen fortlaufen. Ich bitte um ein Wort der Ent-
scheidung hierüber. Je früher es in Deutschland und im
Auslande bekannt wird, daß ein Denker und Sprachkenner
wie Sie dem Studium des Sanskrit seine Neigung zuge-
wendet hat, desto willkommner ist es mir.
Von der Vollmacht, welche Ew. Excellenz mir ertheilen,
kleine Versehen nach eigner Einsicht zu berichtigen, möchte
ich nicht wagen Gebrauch zu machen, weil ich sehr gut
88
Schlegel an Humboldt
weiß, wie viel mir in der Auslegung und Kritik dieser
Sprache zu lernen übrig bleibt. Die Bemerkungen, welche
ich so frey bin, auf einem) beyliegenden Blatte dem Urtheil
Ew. Excellenz zu unterwerfen, betreffen auch gar nicht die
Behandlung, sondern den Stoff, den Sie verarbeitet haben.
Es sind Zweifel über die Richtigkeit einiger Lesearten.
Nach meiner freylich noch beschränkten Erfahrung,
urtheilen Ew. Excellenz zu günstig von den Indischen Ab-
schreibern, wenn Sie annehmen, sie würden nicht leicht
den ungewöhnlichen Sprachgebrauch aus ihrem eignen Kopf
an die Stelle des üblicheren gesetzt haben. Sie haben nur
allzu oft an gar keinen Sprachgebrauch gedacht, sondern
das unzusammenhängende und verwirrte mit gedankenloser
Nachlässigkeit hingeschrieben. Allerdings kann das Ge-
werbe eines Abschreibers nicht ohne grammatische Kennt-
niß des Sanskrit ausgeübt werden, aber diese Kenntniß mag
oft sehr oberflächlich gewesen seyn; und ich glaube, wir
dürfen im ganzen genommen den heutigen Indischen Ab-
schreibern nicht so viel Einsicht in ihre classische Sprache
und Litteratur zutrauen, als den Griechischen des fünf-
zehnten Jahrhunderts. Vor allen Dingen fehlt es ihnen
aber an Gewissenhaftigkeit. Colebrooke, der darin eine
große Erfahrung besitzt, ist noch weit mistrauischer als
ich, und gab mir den Rath, bey dem Ankauf von Hand-
schriften ja nicht auf Kalligraphie und Eleganz zu achten;
die abgenutzten, wo gelehrte Leser ihre Verbesserungen an
den Rand geschrieben, seyen die eigentlich schätzbaren.
Ew. Excellenz haben die Beyspiele aus dem Hitopadesa,
dem Ramayana und dem Nalas gewählt. ,
Die am meisten authentischen Texte sind die, für
welche ein commentarkis perpetmts mit Wiederholung aller
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Bonn, 1. Dezember 1822.
89
Worte Gewähr leistet Solche Commentare giebt es theils
von heilig geachteten Büchern der patriarchalischen Vor-
zeit, theils von bewunderten des gelehrten Zeitalters. Der
Styl der letzten dürfte meistens zu künstlich und ver-
wickelt seyn, um zu grammatischen Beyspielen bequem ge-
braucht werden zu können. Zu der ersten Classe gehört der
Bhagavad-Gitä; ich habe gefunden, daß es darin gar keine
Varianten giebt. Wenn ein solches Buch auch ohne den Com-
mentar abgeschrieben wird, so darf sich der Abschreiber
doch keine Willkühr mit Auslassungen, Versetzungen u. s. w.
erlauben, weil jedermann es so zu sagen auswendig weiß.
Die Gesetze des Manns sind, als Privat-Unternehmung eines
Indischen Gelehrten mit dem Commentar gedruckt; ich
habe mir die möglichste Mühe gegeben, aber keines Exem-
plars habhaft werden können. Sonst würde icli glauben,
durch den Abdruck des Textes allein dem Studium einen
wesentlichen Dienst zu leisten, und sogleich dazu schreiten.
Der Hitopadesa gehört nicht zu dieser Classe: als ein
populäres und vielgelesenes Buch ist er einer sehr will-
kürlichen Behandlung ausgesetzt gewesen. Vermuthlich
hat eine Abschrift ungefähr ihren laufenden Preis: um ge-
schwinder mit ihrem Tagewerk fertig zu werden, haben
die Abschreiber viele Sprüche ausgelassen, und die prosaische
Erzählung abgekürzt. Ich glaube, daß die gedruckten Aus-
gaben in Absicht auf die Vollständigkeit des versifizirten
Theils wenig zu wünschen übrig lassen, ja ich würde hier
und da eine überlästige und unpassende Sentenz ohne Be-
denken herauswerfen. Die Sprüche stehn durch ihre Form
und die symmetrischen Wendungen ziemlich fest: doch habe
ich auch hier in einer einzigen Handschrift bedeutende
Varianten gefunden, zuweilen durchaus verschiedene
Schlegel an Humboldt
Hemistichien und ganze Verse. In der Prosa schwankt
nun aber alles wegen der unbestimmten Form: ich glaube,
von dieser Seite kann das Buch durch fortgesetzte Ver-
gleichung der Handschriften noch sehr gewinnen.
Die Herausgeber in Serampore waren damals noch
ganz unfähig über den Werth der Lesearten zu entscheiden:
allein sie hatten Handschriften und Indische Gelehrten zur
Seite. Wilkins hat manche Fehler der Seramporer Aus-
gabe verbessert, andre hineingebracht. Glauben Ew. Excellenz
doch ja nicht, daß alles was in der Londner Ausgabe steht,
in irgend einer Handschrift gelesen worden sey. Es sind
eben Druckfehler. Ich wäre ein gemachter Mann, wenn
ich für jeden nachgewiesenen Druckfehler im Hitopadesa,
in Wilkins Grammatik, in Wilsons Wörterbuch, im Rama-
yana u. s. w. nur eine Guinee bekäme.
Man sollte vermuthen, man wäre besser daran mit den
inländischen Herausgebern; aber diese scheinen nun vollends
das Correctur- Geschäft beym Druck gar nicht zu ver-
stehen. Denken Ew. Excellenz, daß ich im Bhagavad-Gitä,
einem Gedicht von ungefähr 1G00 Versen, in der Ausgabe
von Calcutta 69 Druckfehler entdeckt habe. Ich fand rath-
sam, diese am Schluß meines jetzt beendigten Abdrucks auf-
zuführen, damit jedermann sehe, wie es mit den bisherigen
Ausgaben bewandt ist. In meiner ersten Schülerzeit habe
ich mir oft um diese verwünschten Druckfehler Stunden-
lang den Kopf zerbrochen; jetzt glaube ich so weit zu seyn,
daß ich bestimmt weiß, wenn ich etwas nicht verstehe, ob
die Schuld an mir liegt, oder an dem fehlerhaften Text.
Wie sehr der Ramayana von Serampore im Argen liegt,
ist gar nicht zu sagen. Es ist aber mit den epischen Ge-
dichten überhaupt eine eigne Sache. Die Laxität und
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Bonn, 1. Desember 1822.
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Überfülle des Styls öffnete den Abänderungen Thür und
Thor; und die starken Abweichungen der Handschriften
rühren wohl nicht bloß von den Abschreibern her sondern
von den Rhapsoden, wie bey den Homerischen Gesängen
vor der Alexandrinischen Periode. Daß es Rhapsoden in
Indien gab, sieht man bestimmt aus dem Eingange des
Mahabharata. — Am wenigsten möchte ich die Inhalts-
anzeige des Ramayana als eine Auctorität bey grammatischen
Fragen anführen. Sie ist ja offenbar später hinzugefügt,
und wahrlich ein schlechtes Meisterstück mit ihren holpe-
richten Versen, athemlosen Wortfügungen und ewiger
Wiederholung derselben Wörter.
Unmöglich kann ich mir denken, daß es im Nalas
nicht mehr Varianten geben sollte, als Bopp angeführt hat
Indessen kann es seyn, daß der Text dieser Episode als
eines Lieblingsstückes frühzeitig durch die Bemühungen
Indischer Kritiker gereinigt, und nachher besser bewahrt
worden. Vielleicht verhält es sich eben so mit dem Durgä-
mahätmyam. So viel Bopp auch im Vergleich mit seinen
Vorgängern geleistet hat, so finde ich bey oft wieder-
holtem Lesen doch noch manche verdächtige Lesearten
im Nalas.
So drehen wir uns für jetzt noch in einem fehlerhaften
Kreise herum: nur durch Kritik können die Texte gereinigt
werden; und wie kann die Kritik mit Sicherheit zu Werke
gehn, bevor nicht durch eine Masse gereinigter Texte der
Sprachgebrauch ausgemittelt ist?
Der Lesearten, welche ich entschieden verwerfe, sind
nur wenige. Wenn Ew. Excellenz meiner Meynung oder
vielmehr der Auctorität einer Handschrift bey treten, so
wird die Classification der Fälle dadurch vereinfacht
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92
Schlegel an Humboldt
werden, und es wird nichts weiter nöthig seyn, als die
darauf sich beziehenden Zeilen wegzulassen.
Zugleich nehme ich mir die Freyheit, eine in etwas
abweichende Auslegung einiger Stellen Ihrer Prüfung
anheimzugeben.
Die Zuthaten zum Bhagavad-Gita, Vorrede, kritische
Anmerkungen und Lateinische Übersetzung, sind noch nicht
fertig. Wenn es Ew. Excellenz aber angenehm seyn kann,
den bloßen Text bequemer als in der Calcuttaschen Aus-
gabe, mit möglichster Sonderung der Wörter und verein-
fachter Schreibung gedruckt, zu haben, so werde ich Ihnen
selbigen mit dem größten Vergnügen zusenden.
Ich bin immer so mit dem Praktischen beschäftigt
gewesen, daß ich mit vielen Punkten der allgemeinen
grammatischen Theorie noch gar nicht im Klaren bin.
Ew. Excellenz so tief eingehende Erörterungen werden mich
veranlassen, an die Griechischen Grammatiker zu gehen,
wovor ich immer eine gewisse Furcht gehabt Ich bin noch
nicht weit über den Priscian hinaus gekommen, wo mir
denn der Mangel an Grundsätzen und das empirische Herum-
tappen sehr widrig aufgefallen ist Bey dem Grundirrthum,
die 1. pers. praes. und der Nominativ sey das Wort selbst,
konnten sie ohnehin in der Lehre von den Flexionen auf keinen
grünen Zweig kommen. Bey allem dem müssen wir dennoch
die Lateinische Kunstsprache beybehalten, nur denke ich
mit dem Vorbehalt passendere Benennungen, nach derselben
Analogie gebildet, an die Stelle der alten zu setzen, und wo eine
Sprache etwas eigenthümliches hat, ganz neue zu erfinden.
Könnte man nicht das iwa und ya den Absolutivus nennen?
Doch ich muß erst, reiflich durchdacht und wiederholt ge-
lesen haben, ehe ich mir irgend eine Bemerkung erlauben darf.
Bonn, 1. Dezember 1822.
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Was Ew. Excellenz in Ihrem Briefe über die Not-
wendigkeit sagen, das Einzelne zuvörderst genau zu er-
gründen, möchte ich bey jedem Worte unterschreiben, und
bin überzeugt, daß wir nur auf diesem Wege, den Sie ein-
geschlagen haben, sichre Schritte sowohl in der ver-
gleichenden Sprachkunde als in der allgemeinen Theorie
vorwärts thun können. Man kann sich, denke ich, die
Mühe sparen, die etymologische Willkühr, die fast eine
unheilbare Krankheit des menschlichen Geistes zu seyn
scheint, ausdrücklich zu widerlegen. Sobald die wissen-
schaftliche Forschung eintritt, muß dieß alles von selbst in
sein Nichts versinken. So hat z. B. der sonst schätzbare
Dr. Schwenck in seinen mythologischen Andeutungen jetzt
eben wieder Etymologien vorgebracht, wobey mir ordent-
lich die Haare zu Berge stehen.
Haben Ew. Excellenz schon die neue chinesische Gram-
matik von Remusat gesehen? und wie urtheilen Sie über
Grimms Deutsche Grammatik?
Ich wünsche von ganzem Herzen, daß Ew. Excellenz
der vollkommensten Gesundheit und Heiterkeit bey diesen
mühseligen Arbeiten genießen mögen, welche der Wissen-
schaft so große Resultate versprechen, und verbleibe mit
unbegränzter Verehrung
Ew. Excellenz
unterthänig gehorsamster
AWvSchlegel.
Bey der Abschrift der Abhandlung ist der Name des
Verfassers weggelassen. Ich bin doch bevollmächtigt, ihn
hinzuzufügen, und mit welchen Bestimmungen?
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Humboldt an Schlegel
11. Humboldt an Schlegel.
Berlin, den 13. December, 1822.
Ew. Hochwohlgebohrnen mir gestern zugekommenes
Schreiben vom 1. dieses hat mir eine wirklich unerwartete
Freude gemacht. Ihr so über alle meine Hofnungen günstiges
Urtheil über meinen Aufsatz ist mir mehr, als ich es Ihnen
sagen kann, schmeichelhaft gewesen, und wenn ich mir auch
nicht verhehle, wieviel ich darin Ihrer freundschaftlichen
Nachsicht zuschreiben muß, so überlasse ich mich doch gern
der angenehmen Täuschung. Ich eile daher, den morgen
nach Frankfurt abgehenden Courier nicht zu versäumen,
um Ihnen sogleich meinen Dank abzustatten, und Ihre
gütigen Anfragen zu beantworten.
Es würde mir angenehmer seyn, wenn meine Arbeit
im 4. jetzt erscheinenden Hefte gedruckt werden könnte,
als wenn sie bis zum nächsten Bande liegen bliebe. Das
frühere Erscheinen hat mehr Reiz für mich, und die Zer-
stückelung in zwei Bände bringt gar keinen Nachtheil
hervor, der irgend wesentlich wäre. Ich bitte Ew. Hoch-
wohlgebohrnen um so mehr, es so einzuleiten, als dies auch
Ihnen bequem scheint, und besonders als so auch Ihre
dem 4. Heft bestimmten Aufsätze früher in den Händen des
Publikums seyn können.
Meinen Namen bitte ich Sie hinzuzufügen, entweder
mit meinem Vornamen Wilhelm, oder meinem Titel. Es
dient dies bloß zur Unterscheidung von meinem Bruder,
und es ist mir daher durchaus gleichgültig, was Sie wählen.
Ich habe den Namen nicht hinzugefügt* weil es mir in der
That gar nicht wahrscheinlich vorkam, daß Sie den Aufsatz
aufnehmen würden.
Berlin, 13. Dezember 1822.
95
Ihre Bemerkungen sind mir überaus belehrend gewesen,
und ich habe genau geprüft, was nach denselben in meinem
Text zu ändern seyn wird.
Zuerst bitte ich Ew. Hochwohlgebohrnen bei der Stelle
Hitopadesa p. 17. /. 4. 5. beschlossen statt meines gedacht
und bei Hitopadesa p. 8. I 27. festgehalten statt meines
emporgehalten zu setzen. Beide Aenderungen sind offen-
bar besser.
Was die Stellen betrift, die Sie geradezu für falsche
Lesarten erklären, und auf die ich unrichtiger Weise zu
viel Gewicht gelegt habe, so trete ich darin ganz Ihrer
Ansicht bei Es fragt sich nur, ob wir diese Stellen stehen
lassen, und Ew. Hochwohlgebohrnen nur die Güte haben,
mich bei den einzelnen in Anmerkungen zu berichtigen?
oder ob wir die Stellen meines Textes ganz ausmärzen?
Ich bin für das erstere. Ich finde es so natürlich, von
einem, der ungleich mehr weiß, als ich, berichtigt zu werden,
daß mir das, auch vor dem Publikum, in diesen Fällen nur
angenehm seyn kann. Wollen Sie noch mehr thun, so haben
Sie vielleicht die Güte zu sagen, daß, weil ich mich erst
seit meiner Rückkehr in Deutschland mit der Sprache be-
schäftigt habe, es mir nicht möglich gewesen ist, mich mit
Handschriften bekannt zu machen. Dies vorausgesetzt,
scheint es mir allgemein belehrend, wenn Sie den wichtigen
Unterschied, den Sie in Ihrem Briefe zwischen den Hand-
schriften der verschiednen Sanskritischen Werke machen,
öffentlich auseinandersetzen. Sie ersparen Sich auch Mühe,
da, wenn Sie die Stellen wegließen, Sie auch die Güte haben
müßten, die Stellen zu ändern, wo ich mich auf jene beziehe.
Außerdem würden wir durch das Ausmärzen jener Stellen
an Kürze wenig gewinnen, und an Einfachheit der Classi-
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Humboldt an Schlegel
fication nichts. Denn der §. 2. bezeichnete dritte Fall, wo
die Verbalform ihr eignes Subject ausdrücklich mit sich
führt, müßte doch, schon wegen der Stelle des Nalas.
S. 34. 35. bestehen bleiben. Daher ändert sich auch, wenn
auch alle angefochtene Stellen unangezogen übergangen
würden, mein Raisonnement in der Hauptsache nicht ab.
Auf jeden Fall bitte ich Ew. Hochwohlgebohrnen recht
dringend, die folgenden Stellen: Hitopadesa p. 13. 1. 10. 11.
p. 25. I 9. 10. p. 54. 1 18. 19. Ramayana I, 9, 7. I, 3, 141.
Nalas XIV. 10. XI. 4. 5. ja stehen zu lassen, aber dasjenige
hinzuzufügen, was Sie mir darüber geschrieben haben. Durch
diese berichtigenden Zusätze von Ihrer Hand bekommt der
Leser Varianten aus Handschriften, und trefliche Erklärungen
und Verbesserungen von Ihnen, und um diesen Gewinn
möchte ich ihn nicht bringen. Vorzügliche Freude hat mir
die Erklärung bei Hitopadesa p. 25. I. 9. 10., die Versetzung
der Zeilen in Ramayana I, 3, 141. und die neue Lesart
Nalas XIV, 10. gemacht.
Hielten indeß Ew. Hochwohlgebohrnen es für besser,
wenigstens die Anführung der Stellen Hitopadesa p. 35. 1 12.
und p. 54. 1. 16., die Ihnen bloße Druckfehler scheinen, zu
streichen, so habe ich nichts dagegen. Es müssen aber als-
dann wegen der erstem §. 6. und 11. (ich kann die Seiten-
zahl der Abschrift nicht bestimmen) die Anführungen weg-
bleiben, und auch §. 10. die Worte: In diesen beiden Bei-
spielen u. s. w. geändert werden. Wegen der zweiten Stelle
müssen §. 10. die Worte: Ganz unmöglich aber — ein
Gerundium gelten gänzlich wegbleiben, und die gleich dar-
auf folgenden geändert werden. Ebenso die am Ende dieses
Paragraphen, und im Anfange des folgenden müssen die
Worte sowie wir — Participium erklären läßt gestrichen
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Berlin, 13. Dezember 1822.
97
werden, und es dann weiter heißen es gleichfalls Stellen
giebt u. s. f.
Lassen Ew. Hochwohlgebohrnen diese beiden Citate aus
dem Hitopadesa weg, so würde ich wünschen, daß Sie ihrer
doch mit zwei Worten in einer Anmerkung gedächten, da-
mit sie uns nicht von Andern als übergangen irgendwo
wieder vorgebracht werden.
Sollten Sie hingegen dieselben im Text stehen lassen,
und nur mit Anmerkungen begleiten, so seyn Sie so gütig
§. 12. am Ende des Aufsatzes statt der Stelle Dem Sinn
und der Bedeutung nach — dem Genius der Sprache folgende
Worte zu setzen:
Dem Sinn und der Bedeutung nach, sind alle diese
Formen wirkliche Gerundien, und es ist weniger an-
gemessen, sie als Participien betrachten zu wollen. Ich
stütze jedoch diese Behauptung nicht gerade auf die
wenigen, noch dazu zweifelhaften Stellen, welche der
Participial-Erklärung ganz oder zum Theil widerstreben.
Allein ich finde dieselbe bei allen, ohne Ausnahme, weniger
natürlich, und dem Genius der Sprache entgegenlaufend.
In der Stelle p. 17. 1 4. 5. Hitopadesa stimme ich zwar
Ew. Hochwohlgebohrnen darin vollkommen bei, daß alle
freilich der Construction nach sowohl auf die Verbalform, als
das Verbum geht, und daß dies auch im Ganzen dem Sinn
anpassend ist Indeß bezieht es sich doch, diesem letzteren
nach, offenbar nothwendiger auf die erstere, und da nun
auch der Instrumentalis im Text zunächst mit dieser ver-
bunden ist, so weiß ich doch nicht, ob es gut gethan wäre,
in der Uebersetzung die Sache umzukehren, und sie decreto,
a volucribus cunetis vultur necatus zu setzen.
7
98
Humboldt an Schlegel
Hitopadesa jp. 7. I 2. dagegen scheint mir die Ueber-
setzung quotiescunque sxirrexeris überaus passend, und ich
bitte Sie ja, dieselbe entweder dem Text einzuverleiben,
oder in einer Note beizubringen.
Auch vergaß ich oben zu bemerken, daß ich Beispiel 29.
§. 2. gar sehr den Ausdruck Gegenstände der Sinne statt
Sinnlichkeit billige.
Es thut mir herzlich leid, Ew. Hochwohlgebohrnen noch
soviele Mühe zu machen. Ich darf aber auf Ihre gütige
Freundschaft hierbei zählen.
Meine Beispiele hätte ich gern auch aus andern Schriften
gewählt. Allein es fehlt mir noch sehr an Belesenheit, und
ich habe überdies diese Arbeit* den §. 7. ausgenommen, auf
dem Lande gemacht, wo ich keine andern Bücher zur Hand
hatte. Was Sie mir aber über die Correctheit des Bhagavad-
Gita und der Gesetze des Manns sagen, wird mich bei
künftigen Beschäftigungen ähnlicher Art leiten. Den erstem
werde ich sehr gern auch schon im bloßen Abdruck sehen,
ob ich gleich erst, wenn ich Ew. Hochwohlgebohrnen Zu-
gaben empfange, ihn ganz zu verstehen hoffen darf.
Daß Ew. Hochwohlgebohrnen finden, daß der Seram-
porer Ramayana so sehr im Argen liegt, ist mir gewisser-
maßen eine Beruhigung gewesen, weil, ungeachtet der
Leichtigkeit ganzer und großer Stellen, auf einmal wieder
einzelne Verse mir bedeutende Schwierigkeiten entgegen-
setzen. Ich habe mit großer Befriedigung das von Ihnen
Uebersetzte verglichen, und in den Stellen, wo Sie über-
setzen wollten, die große Treue bewundert. Eine fort-
laufende und ausführliche Angabe des Inhaltes des ganzen
Gedichtes mit erläuternden Betrachtungen, und Nachbildung
der schönen Stellen wäre doch ein sehr wünschens würdiges
Berlin, 13. Dezember 1822.
99
Geschenk. Nur keine Uebersetzung im Versmaß des Originals.
Dabei entschädigt nichts für den immer übrig bleibenden
Zwang, und da würde ich viel lieber eine prosaische vor-
ziehen. Solange überhaupt noch so wenig Leute das Original
lesen, kann eine Uebersetzung gar nicht zu wörtlich seyn,
wenn sie dabei nur verständlich bleibt Auch Ihre Latei-
nische Uebersetzung des Bhagavad-Gita richten Sie doch
wohl recht wörtlich ein? Man muß wirklich fürs erste
sehr an die Schwachen denken.
Von unserm gemeinschaftlichen Freunde Welcker habe
ich auch gerade gestern einen Brief und Schwencks An-
deutungen bekommen, aber noch nicht angesehen. Danken
Sie ihm vorläufig dafür. Ich werde gewiß bald antworten.
Allein ich gestehe, daß ich mit allen mythologischen Er-
klärungen noch so im Irren bin, daß ich noch nie habe mit ,
mir selbst feststellen können, was ich z. B. von Creuzers
"Werk halten soll. Daß Griechen und Indier zusammen-
gehören, beweist die Sprache unwiderleglich. Es muß daher
auch wohl in Götterlehre und Philosopheme viel über-
gegangen seyn. Allein noch kenne ich kein Mittel, die
Kluft, welche in der Geschichte die beiden Völker scheidet*
auszufüllen. Es ist der Punkt, in dem das Geheimniß
sogar unsrer ganzen heutigen Bildung liegt, der aber auch
alle geschichtliche Forschung zur Verzweiflung bringt Was
die Verlegenheit noch vermehrt, ist — da weiß ich aber
nicht, ob Sie mit mir übereinstimmen werden — nicht bloß
die Verschiedenheit, sondern der totale Gegensatz nicht bloß
Indischen und Griechischen Charakters und Geistes, sondern
auch der beiden Sprachen, die mir nur diese auffallende
Aehnlichkeit in Grammatik und Wurzeln zu haben scheinen,
um uns mit der Erklärung ihres übrigen total abweichenden
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100
Humboldt an Schlegel
Geistes desto ärger zu necken. Ich kenne wenig sich so
unähnliche Dinge, als Homer und Ramayana oder Maha-
bharat. Will man aber Griechisch etymologisiren und nicht
bloß im Kreis der eignen Sprache bleiben, so läßt sich ohne
tiefe Kenntniß des Sanskrit nichts machen. Ueberhaupt
komme ich immer mehr zu der Einsicht, daß ohne möglichst
gründliches Sanskritstudium weder in der Sprachkunde, noch
in der Art Geschichte, die damit zusammenhängt, das
Mindeste zu thun ist.
Dabei fällt mir ein, daß ich Ew. Hochwohlgebohrnen
sehr bitte, Ihre Bemerkung über äsddya nicht zu unter-
drücken. Die Etymologie von sidera ist mir auch dabei
eingefallen. Ich sehe, Sie schreiben die Wurzel shad, und
bitte Sie, mich zu verbessern, wenn Sie es für richtiger
halten. Ich bin Forsters Grammatik gefolgt.
Remusats Chinesische Grammatik habe ich leider noch
nicht gesehen, da mein Bruder jetzt nicht in Paris ist.
Mir ist das «Chinesische wichtig, weil eine aller Flexionen
entbehrende Sprache die beste Stufe zum Uebergang zu
den Amerikanischen ist Ich habe mich bisher an Marshman
gehalten. Er ist unausstehlich weitschweifig, allein doch
sehr belehrend, und wirklich von tiefem Blicke. Ich bin
begierig, ob Remusat ihm in der Lehre der Primitiva, die
er außer den Schlüsseln annimmt, folgt
Wäre ich nicht schon in meinem Aufsatz so weitläuftig
gewesen, daß ich wenig Recht habe, mich über Marshman
zu beschweren, so hätte ich der Aehnlichkeit der Verbal-
form in twä mit der Arabischen Form mesdor (bei Sacy
noms d'action) erwähnt Sie kommen in sehr Vielem mit
einander überein.
Berlin, 13. Dezember 1822.
101
Grimms Grammatik habe ich leider viel zu wenig
studirt. Es hängt damit zusammen, daß, wie ich zu meiner
Schande gestehn muß, der Deutsche Sprachstamm mir gerade
der unbekannteste ist Die Einleitung aber habe ich mit
großer Befriedigung gelesen.
Ich schließe hier und verharre mit der ausgezeichnetesten
Hochachtung und herzlichsten Ergebenheit
der Ihrige,
Humboldt.
Ich vergaß, Ew. Hochwohlgebohrnen zu bitten, die
37. Anmerkung §. 12. meines Aufsatzes über die fernere
Bearbeitung des Sanskrits ganz wegzulassen. Sie gehört da
nicht hin, und man hat überdies ein Bengalisches Lexicon,
was dem Bedürfhiß, von dem ich darin spreche, sehr abhilft.
12. Schlegel an Humboldt.
Bonn den 21sten December 1822.
Ew. Excellenz Schreiben vom 13ten des Monats ist mir
gestern durch die Güte des Herrn Geheimen Rath Himly zuge-
kommen, und ich versäume keinen Augenblick, um den
richtigen Empfang zu melden. Alles soll genau nach Ew.
Excellenz Aufträgen besorgt werden. Nur muß ich dabey noch
mit einer Bitte beschwerlich fallen. Von meinem Briefe habe
ich eine Abschrift zurückbehalten, von den Anmerkungen findet
sich aber keine: ich habe es in der Eile versäumt, da ich die
Sendung nicht gern länger zurückhalten wollte. Der Anblick
der Stellen erinnert mich zwar wohl an meine Auslegungen
und Vermuthungen, aber da Ew. Excellenz meine Bemerkungen
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Schlegel an HumhoMt
in der Form billigen, wie ich sie aufgeschrieben, so wird
es sichrer seyn sie vor Augen zu haben. Ich wünsche
daher das Blatt von meiner Hand, oder eine Abschrift^
worin die Sanskrit- Wörter nur mit lateinischen Buchstaben
eingefügt seyn dürften, zurückzuerhalten. Ich bitte tausendmal
wegen der Mühe, die ich Ihnen verursache, um Verzeihung.
Sobald ich es möglich machen kann, soll das vierte
Heft erscheinen. Zu allen den Arbeiten, welche die Aus-
führung meines Entwurfes erfodert, sollte ich wohl meine
ganze Muße frey haben. Auch hat unser Ministerium bey
Ertheilung des Auftrages mit dem Sanskrit die Zahl der
zu haltenden Vorlesungen meinem Gutbefinden überlassen,
aber ich habe bisher von dieser Vergünstigung noch gar
keinen Gebrauch gemacht, theils weil ich Neigung zu
mündlichen Vortragen habe, theils auch weil ich mich der
hiesigen Universität gern einigermaßen nützlich machen
möchte. Und jede zum erstenmal gehaltne Vorlesung
nimmt mir denn doch beträchtlich viel Zeit weg. Indessen
sehe ich bald einer Erleichterung entgegen. Es ist mir
gelungen, einen talentvollen Schüler zu finden, den ich mit
völliger Zuversicht zum Vergleichen und Abschreiben von
Handschriften werde brauchen können, und für den unser
Ministerium mich ein Reise-Stipendium hoffen läßt Diesen
habe ich doch in 8 Monaten so weit gebracht, daß er
nun den Bamayana mit Leichtigkeit liest und die Fehler
des Textes recht gut unterscheidet. Ich hoffe zur Er-
leichterung des Studiums manches beyzutragen. Dieß muß
geschehen theils durch eine kurzgefaßte Grammatik, dann
durch auslegende Anmerkungen über schwierige Stellen.
Ein verbessertes Lexicon wäre freylich eine Hauptsache:
aber das ist eine ungeheure Arbeit, und es läßt sich erst
Bonn, 21.— 23. Dezember 1822.
103
in Jahren daran denken. Ein ausführlicheres Wurzelwörter-
buch könnte aber vor der Hand schon viel leisten.
Ich bin überzeugt, wenn der Zeitpunkt» wo Ew. Excellenz
das Sanskrit angefangen, um ein paar Jahre später gefallen,
und ich dabey gegenwärtig gewesen wäre, so hätte ich
Ihnen die Hälfte der Mühseligkeiten ersparen können.
Meine Belesenheit ist auch noch sehr gering; meine Methode
war, dieselben Stücke immer wieder zu lesen, und nicht
abzulassen bis ich entweder mit dem Verständniß, oder mit
der Ursache des Nichtverstehens ganz im klaren war. Da
darf kein Tüttelchen ohne die strengste Musterung vorbey-
gelassen werden. Wenn wir erst alle Schwierigkeiten des
Leichten einsehen, dann werden wir für das Schwere gehörig
gerüstet seyn. Wie sehr sich die ersten Herausgeber und
Übersetzer mit dem Verstehen oft getäuscht haben, ist
kaum zu glauben. Hier ist ein Beyspiel. Die Herausgeber
des Hitöpadesa zu Serampore finden in ihrem Manuscript
einen Vers, der an die Stelle eines andern in einem Distichon
gesetzt zu werden bestimmt war, nebst der Randglosse:
„Irgendwo in einer Handschrift findet sich diese
Leseart"; sie rücken dieses alles in den Text, und drucken
es wie Prosa, als ob es wahrlich der Kranich sagte.
Ew. Excellenz können sich hievon mit eignen Augen über-
zeugen, die Stelle ist pag, 99, lin. 1. Wilkins läßt zwar die
Randglosse weg, behält aber den Vers bey, der doch nur
gelten sollte, im Fall der erste ausgemerzt würde. Noch
lustiger ist folgendes in der Übersetzung des Hitöpadesa
von Wilkins, Octav- Ausgabe von 1787, pag. 19:
Wisdom is of more consequence than strength. The want of
U is a staie of misery. The DZendeemü proclaimeth this,
sounding: The miserable are defeated.
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104
Schlegel an Humboldt
Wer eine solche Sentenz, weder gehauen noch gestochen,
an's Licht brachte, war gewiß keiner von den sieben Eischis.
Aber nun vollends die Anmerkung:
Deendeema. A small drum, which it is supposed Seeva
tlie destroying angel will sound on the last day, when all
Ikings are to be dissolved.
Welch ein erhabenes Bild, das jüngste Gericht angekündigt
durch eine Handtrommel! Ich gebe zu rathen, was im
Original steht. Wörtlich folgendes:
Besser als Stärke ist Klugheit, durch deren Mangel selbst
Elephanten in solche Knechtschaft gerathen. Dieß ver-
kündigt uns gleichsam mit ihrem Getöse die von dem
Elephantenführer geschlagene Handtrommel.
nach welcher nämlich der Elephant im Takte gehen, oder
gewissermaßen tanzen muß. cf. Hitop. ed. of Land, p. 53,
l. 11, 12. Doch ich theile Ew. Excellenz dieß nur im
Vertrauen mit, denn man muß solche Dinge, besonders bey
Wilkins, der nun ein Veteran ist, und sich doch um die
Sache hoch verdient gemacht hat, mit dem Mantel der
Liebe zudecken.
Ich habe zu Anfange ein für allemal ein strenges Ur-
theil über das bisher geleistete ausgesprochen, was auch
in Calcutta nach dem Asiatic Journal (1822 July) herbe
genug empfunden worden ist. Man muß nun die formes
acerbes bey Seite thun, und die bisherigen Versehen auf das
glimpflichste berichtigen. Vor allen Dingen mag ich nur
zusehen, wie ich durch meine eignen Arbeiten meine Be-
fugniß zum ürtheilen rechtfertige. Denn ich kann gewiß
seyn, sie werden mir dort auf den Dienst passen und mir
nichts schenken.
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Bonn, 21.-23. Dezember 1822.
105
Wie einem über eine oft gelesene Stelle doch endlich
ein Licht aufgehen kann, davon ist mir noch heute ein
Beyspiel vorgekommen. Ich las wegen der von Ihnen an-
geführten Stellen das 14 te Capitel des Nalas im Zusammen-
hange. Immer hatte ich mich sl 11, 1. an den Füßen der
Schlange geärgert, Füßen in solcher Zahl als wäre von
einem Kellerwurme die Rede, da doch die Schlange in ihrer
eigentlichen Gestalt nur verkleinert sich als ein Ring um
den Finger des Nalas gewunden hat Aber ich mußte mich
dazu bequemen, weil Bopps auf Glauben angenommene Er-
klärung mich verhindert hatte, die Stelle scharf ins Auge
zu fassen. Nun sehe ich, daß swäni gar nicht auf die
redende Schlange bezogen werden kann, und alles wird mir
klar. Die Schlange sagt zum Nalas: „Gehe umher, und
zähle die eignen Schritte, so viele dir beliebt!" — Der
Gebrauch des swa ist hier zwar von dem des Lateinischen
stms verschieden, aber das ist er oft. Wenn er nach Ihrer
Methode an Beyspielen entwickelt würde, so bliebe, glaube
ich, kein Zweifel mehr übrig. Ich wünsche die Meynung
Ew. Excellenz über diese Auslegung zu erfahren.
Was Sie über die Mythologien der alten Völker und
den unerforschten Zusammenhang ihrer Geschichte sagen,
unterschreibe ich mit vollester Überzeugung. Ich bin gar
nicht damit zufrieden, daß mein Bruder im 3ten Band seiner
Werke Creuzers Buch eine Grundlage der Alterthums-
Wissenschaft nennt. Indessen halte ich es doch nicht für
ganz unmöglich, etwas zuverlässiges über die vorhomerische
Bildung der Griechen auszumitteln. Nur ist dabey die eigne
Schwierigkeit^ daß Homer, wiewohl er jene Vorzeit eigentlich
in den Schatten gestellt hat, dennoch dabey unsre Haupt-
quelle seyn muß. Wir müssen gleichsam durch ihn hindurch-
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106
Schlegel an Humboldt
schauen. Vossens Hanpt -Argument gegen Grenzen „was
im Homer nicht ausdrucklich erwähnt wird, war auch gar
nicht vorhanden", dankt mir ein offenbarer Fehlschluß zu
seyn. Ein Engländer Prichard hat versucht, die Brücke
von Indien nach Aegypten zu bauen; Ritters Brücke von
Indien nach Griechenland macht mir nur Schwindel, und mit
einer Xebenbrücke von Aegypten nach Griechenland kann
ich mich nicht behelfen, wenn sie auch wirklich dauerhaft
gebaut werden könnte. Aber damit ist es noch nicht genug:
die Brücke muß auch nach Italien und besonders nach
Etrurien fortgeführt werden; und bloß den letzten Schwib-
bogen von Griechenland dort hinüberzuwölben, dazu kann
ich mich keinesweges verstehen. Die Räthsel der alten
Welt werden sobald noch nicht ausgehen, dafür ist gesorgt
Der Ausspruch, daß ohne möglichst gründliches Studium
des Sanskrit weder in der Sprachkunde, noch in der Art
Geschichte, welche damit zusammenhängt, etwas auszurichten
sey, ist für mich von hohem Werth, und ich wünschte ihn
mit Berufung auf Ihr Ansehen öffentlich wiederholen zu dürfen.
Bey der Schreibung der Wurzel shad habe ich bloß die
Sitte der Indischen Grammatiker befolgt, in einigen Wurzeln,
statt der dentalen Anfangsbuchstaben s und «, welche in der
Conjugation vorkommen, die entsprechenden Cerebralen zu
setzen. In der Einleitung zu Wilkins Badicals steht bloß
die nackte Regel, noch dazu unvollkommen; in meinem
Exemplare ist sie schriftlich ergänzt. Der Grund ist, wie
ich glaube, folgender: Wenn der cerebrale Buchstabe ge-
schrieben wird, so kommt er auch wieder zum Vorschein,
sobald ein praefixum vorangeht, das etwas die Verwandlung
begründendes enthält; der dentale Anfangsbuchstabe hin-
gegen behauptet sich dessen ungeachtet So heißt es zum
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Bona, 21.— 23. Dezember 1822.
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Beyspiel sthatutfc aber tishthati und adhishthänani von shthä;
dagegen wistara von stfi, u. s. w..
Den Text des Bhagavad-Gitä werde ich mit nächster
Gelegenheit an Herrn Geheimen Rath Himly senden, damit er
Ew. Excellenz durch den Courier zukomme. Nur bitte ich,
ihn nicht aus der Hand zu geben, da er noch nicht publici
iuris. Dieses Buch ist in grammatischer Hinsicht ziemlich
leicht, die Schwierigkeit liegt bloß in der philosophischen
Bedeutung. Zudem ist die Übersetzung von Wilkins vor-
handen, welche zwar keinesweges von Misverständnissen frey,
aber doch weit besser als sein Hitöpadesa ist, weil er sie
in Benares unter der Leitung brahmanischer Gelehrten
verfertigt hat Ich suche allerdings so treu als möglich zu
übersetzen, aber die strenge Wörtlichkeit gebe ich auf,
wenn es mit der Darstellung des ächten Sinnes und Nach-
drucks der Sätze unvereinbar ist. Auch möchte ich gern
ein menschliches Latein schreiben, und das ist schon schwer
genug. Das Latein der Kirchenväter und Scholastiker zu
Hülfe zu nehmen, mache ich mir kein Bedenken. Zuweilen
ist das Paraphrasiren unvermeidlich. Wilkins hat die
meisten technischen Ausdrücke der Indischen Philosophie
beybehalten; aber das heißt nicht übersetzen. Wenn ich
es möglich machen kann, sende ich Ew. Excellenz eine
Probe, um Ihr Urtheil zu erfahren.
Daß der Genius der Indischen Sprache in ihrer ent-
wickelten Gestalt ganz von dem der Griechischen verschieden
ist, gebe ich gerne zu, allein ich finde es auch ganz
natürlich. Die Griechische Bildung in Religion, Politik,
Poesie, Kunst und Wissenschaft ist aus lauter successiven
Emancipationen hervorgegangen, während in Indien das
alte Gesetz mit strenger Consequenz durchgeführt ist. Dort
108
Schlegel an Humboldt
zeigt sich das stationäre, hier das progressive Prinzip in
seiner höchsten Energie.
Was mir Ew. Excellenz über die Nachbildung aus dem
Kamayana sagen, gereicht mir zur größten Freude. Die
Arbeit an dem Ganzen, wie Sie selbige vorzeichnen, hat
Chezy seit Jahren unternommen, freylich nach dem Maaß-
stabe seines Nationalgeschmacks. Ich habe ihn oft genug
im Scherz und Ernst zur Herausgabe getrieben, aber seine
Hypochondrie und wirkliche oder eingebildete Kränklichkeit
läßt ihn zu keinem Entschluß kommen. Dadurch ist der
wackre und talentvolle Mann nun in eine peinliche Lage
gerathen: das fortschreitende Studium wächst ihm über den
Kopf, und jede neue Bekanntmachung ängstigt ihn, als
hätte man ihm etwas vorweg genommen. Er genießt doch
vor uns andern den Vortheil, tagtäglich über den Manu-
scripten sitzen zu können.
Das Übersetzen im Sylbenmaaß des Originals könnte
meines Erachtens bey Sentenzen angebracht werden, um
ihre wahre Gliederung und Concinnität fühlbar zu machen.
Ew. Excellenz scheinen nur die erste Ausgabe von
Grimms Grammatik zur Hand gehabt zu haben, denn bey
der zweyten völlig umgearbeiteten ist keine Einleitung.
Ich schätze diese Arbeiten so hoch, wegen der rein historischen
Behandlung und des unendlichen Fleißes im Einzelnen, bey
einer durchgeführten Idee im Ganzen. Er hat gezeigt, wie
viel durch beharrliche Prüfung mit Fragmenten auszurichten
ist. — Ich werde es mir um so mehr zum angelegnen Ge-
schäft machen, dieß öffentlich anzuerkennen, weil ich früher
wegen seiner Etymologien ä la Kanne sehr hart mit ihm
umgegangen bin. Die Familiengeschichte des Deutschen
Sprachstammes scheint mir besonders deswegen so wichtig,
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Bonn, 21.-23. Dezember 1822.
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weil sie durch 14 Jahrhunderte hindurch den Beweis liefert,
daß Flexionssprachen, wofern sie nicht durch künstliche
Mittel fixirt werden, sich mit dem Fortgange der Zeit,
grammatisch betrachtet, nicht bilden sondern entbilden,
indem das verlohrne Organische immerfort nur durch
Mechanisches ersetzt wird; daß also das in jener Art ur-
sprünglich vorhandene einer ganz andern Epoche und Ge-
staltung des menschlichen Geistes angehört.
Dieß sollte nicht für einen Brief gelten, sondern nur
ein dankbar ausgestellter Empfangschein seyn. Indessen da
die Stunde der am nächsten Tage nach Ankunft Ihres
Briefes abgehenden Post einmal versäumt war, so konnte
ich mir das Vergnügen nicht versagen, Ew. Excellenz
wissenschaftlich etwas vorzuschwatzen. Was würde es erst
seyn, wenn ich das Glück hätte, mündliche Mittheilungen
über Ihre weit umfassenden Forschungen vornehmen zu
können! — Den Druck meines 4^ Heftes darf ich erst
dann anfangen, wann ich gewiß bin, bis zum Schlüsse un-
unterbrochen fortfahren zu können; das Blatt mit den Be-
merkungen kann in etwa 3 Wochen wieder hier seyn, wird
also zeitig genug eintreffen. Auf allen Fall könnte ich es
aus dem Gedächtnisse ergänzen.
Ich bitte Ew. Excellenz die Versicherung der un-
begränzten Ergebenheit und Verehrung zu genehmigen,
womit ich die Ehre habe zu seyn
Ew. Excellenz
unterthänig gehorsamster
Bonn den 23sten December 1822. AWvSchlegel.
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Humboldt an Schlegel
13. Humboldt an Schlegel.
Berlin, den 30. December, 1822.
Ich schicke Ew. Hochwohlgebohmen anliegend die Be-
merkungen, welche eine Beilage Ihres vorletzten Schreibens
ausmachten. Ich habe mir den Inhalt derselben für mich
excerpirt. Es wird mich sehr freuen, wenn Sie den Anfang
meines Aufsatzes im 4. Heft Ihrer Bibliothek wollen ab-
drucken lassen. Ihren letzten gütigen Brief vom 21 ,ten
erlauben Sie mir wohl auch, wenn gleich nur kurz, auf der
Stelle zu beantworten.
Daß Sie der Universität regelmäßig Ihre Vorlesungen
widmen, ist gewiß sehr schön, und wieviel Antheil ich auch
an Ihren Indischen Studien nehme, so kann ich nicht
wünschen, daß es anders seyn möchte. Ein Mann von
Ihrem Geiste, von solchem Umfange vielseitiger Gelehrsam-
keit, und einer so bestimmt auf das Philosophische und
Dichterische hingewandten Richtung darf sich nicht zu
sehr in das bloß philologische Studium Einer Sprache, und
noch dazu einer solchen einschließen, die noch gar manches
mechanisches Treiben fordert Es war mir schon oft er-
freulich von jungen Leuten, die aus Bonn zurückkehrten,
zu hören, welcher lebhafte Antheil an Ihren Vorlesungen
dort allgemein herrscht, und wie wohlthätig Sie dadurch
auf den Geist und die Richtung der Studirenden einwirken.
Sehr schön ist es, daß Sie schon einen zum Abschreiben
von Handschriften tüchtigen Schüler gebildet haben. Soviel,
als möglich, Handschriften abschreiben, ist jetzt eine
Hauptsache, und bei der Vortreflichkeit und Lesbarkeit
des Devanagari müßte es selbst einem, der wenig wüßte,
aber nur genau wäre, nicht schwer fallen. Nur hörte ich
Berlin, 30. Dezember 1822.
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freilich in London manchmal sagen, daß man, um neue und
wichtige Lesarten zu finden, vorzüglich die Handschriften
in Bengalischer Schrift aufsuchen muß.
Die Handtrommelstelle im Hitopadesa (Londner Edition
53, 11, 12.) hat mich sehr lachen gemacht. Sie übersetzen
das Ende des ersten Verses: durch deren Mangel selbst
Elephanten in solche Knechtschaft gerathen. Allein, nicht
wahr, Sie meynen damit auch, daß eine ganz wörtliche
Uebersetzung nur seyn würde: (in) welcher (d. h. der Klug-
heit) Mangel jener der Zustand der Elephanten (ist) Der
locativus kann, dünkt mich, hier ganz eigentlich genommen
werden, obgleich man auch das Participium des verbum
substantivum ergänzen und ihn so zum locativus absolutus
machen könnte.
Ueber die Stelle im Nalas weiß ich doch nicht, ob ich
Ihrer Meynung beipflichten möchte. Was swdni betritt,
so glaube ich zwar, daß es ebensowohl „Deine" heißen
könnte, obgleich mir auch dies nicht ganz ausgemacht ist
Es ist in sich „selbst, eigen", und insofern, wie auch ätman
auf alle drei Personen verwendbar. Dies hat auch Bopp
(Nalus Anmerkung 1 15.) bemerkt Wenn nun einer zum andern
spricht, so wird es die 1. oder 2. Person, je nachdem man
es strenge auf die eine, oder andre bezieht Nalas XU. 56. a.
ist es in einem ganz ähnlichen Fall die 2. Person. Allein
da ist kein Misverstand möglich. Es fragt sich also nur,
ob, wo Misverstand denkbar ist, der Sprachgebrauch dies
Pronomen beständig auf die redende, oder auf die an-
geredete Person bezieht, oder ob er wechselt Hierauf
müßte man Acht geben. Natürlicher und nach allgemeiner
Logik richtiger bleibt immer das Erste, und darum würde
ich es auch im zweifelhaften Fall annehmen. Doch kann
112
Humboldt an Schlegel
sich auch der Redende in die Stelle der angeredeten Person
versetzen. In der besondern Stelle nun scheinen mir für
Bopps Erklärung folgende Gründe zu sprechen: 1., die Be-
ziehung von siväni auf die Schlange, als redende Person,
ist immer die natürlichere. 2., es scheint mir auch kein
triftiger Grund da, von ihr abzugehen. Die Schlangen
haben zwar keine Füße. Allein dies ist eine Schlange be-
sondrer Art. Dies sagt sie selbst sl. 8. a. In sl 4. a. ist
sogar von ihren Händen die Rede, und wenn man auch
dies metaphorisch nehmen kann, so möchte dies doch sl. 7. a.
nicht füglich angehen, wo sie ausdrücklich sagt, daß sie
keinen Fuß vor den andern setzen kann. Hier hilft es
auch nicht, an Schritte zu denken; denn Schlangen schreiten
auch nicht. Sl 13. nimmt die Schlange gar Nalus Gestalt
an. Denn Sie meynen doch auch, daß swa dort sich mit
atmanam in der Zeile vorher nur auf die nemliche Person
beziehen kann? 3., scheint mir das Zählen der Füße sogar
hier passender, als der Schritte. Sie gehen in der Luft
und erheben sich sogar, da ist eigentlich nicht von Schritten
die Rede, heißt aber pada auch wirklich Schritt? Wilson
sagt nur footstep, wovon in der Luft noch weniger die
Rede ist Auf gacliha sl 11. a. kann man kein besondres
Gewicht legen, als zeigte es bestimmt: gehen, schreiten an.
Es steht auch sl. 8. wo doch unfehlbar vom Erheben die
Rede ist. 4., Die ganze Stelle vom Carcotacus hat mir
immer sehr sonderbar geschienen. Sie bezieht sich auf die
Erzählung der Verzauberung des Carcotacus durch Narada;
ich weiß nun nicht, ob diese in schon herausgegebnen
Gedichten befindlich ist Allein solange sie unbekannt ist,
scheint es mir noch bedenklicher, von der ganz wörtlichen
Erklärung der Stelle abzugehen. Wüßten wir, welche
Berlin, 30. Dezember 1822.
113
Bewandniß es mit jener Verzauberung gehabt hätte, so
würden vielleicht die Füße, trotz der Schlangennatur, ganz
natürlich, ja vielleicht nothwendig erscheinen.
Daß Sie recht bald etwas über die Unentbehrlichkeit
des Sanskrits bei Untersuchungen, die über Homer hinaus-
gehen sollen, und über die gänzliche Unzuläßlichkeit alles
Etymologisirens im Griechischen und Lateinischen, ohne die
Kenntniß des AHIndischen, sagten, wünsche ich ungemein,
und wollen Sie mich dabei citiren, so soll es mich sehr
freuen. Es ist wirklich Zeit diesem etymologisirenden,
rathenden und im Blinden tappenden Unfug ein Ende zu
machen. Ich habe noch neulich, in einem Briefe an Welcker,
dem guten Schwenck, und seiner Behauptung, daß die Götter-
namen alle nur aus der Griechischen Sprache zu etymologi-
siren sind, Ihre Ableitung des Vulcan, wie ein Medusen-
haupt, entgegengehalten. Sie ist schlagend, und wirklich
vortreflich. Ist Ihnen denn wohl das Unternehmen des
HErrn Kuithan bekannt, dem o% aQiaroq der hocherste ganz
geradezu ist? Er wollte mir die Ehre erzeigen, mich sogar
an die Spitze zu stellen. Ich habe ihm aber meinen ordent-
lichen Abscheu vor solchen Ableitungen zu erkennen gegeben.
Dem Text des Bhagavad Gita werde ich mit Vergnügen
entgegensehen, und [ihn] nicht aus der Hand geben. Ich dächte
aber gehört zu haben, daß er schon hier auf der öffent-
lichen Bibliothek sey. Er mag also wohl auch schon aus-
gegeben worden seyn. Die Uebersetzung richten Sie doch
ja so wörtlich, als möglich, ein, und seyn Sie nicht zu be-
sorgt wegen des Lateinischen. Das Indische ist hier die
Hauptsache. Ich weiß, was ich dem Nalas, gegen dessen
Latein sich allerdings viel sagen läßt, verdanke. Ich habe
schlechterdings aus ihm Sanskrit gelernt. Denn ich habe,
8
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114
Humboldt an Schlegel
bis ich ihn ganz durchgelesen hatte, gar keinen mündlichen
Unterricht gehabt Wollten Sie nicht auch ein kleines
Wortregister und eins der grammatikalischen Merkwürdig-
keiten damit verbinden? In das erstere wurde ich nur die
Wörter aufnehmen, die, dem großen Wörterbuch nach, so
vielfacher Bedeutung sind, vorzüglich aber die mit Praepo-
sitionen verbundenen Verba, wo sie die Wurzelbedeutung
ändern. Dies ist eine sehr ernsthafte Schwierigkeit beim
Lesen. Sie können sagen, daß die Uebersetzung das Register
unnütz macht Allein dies ist doch nicht der Fall. Man
vergleicht gern die verschiednen Stellen, wo ein Wort vor-
kommt Ohne solche Register bei einzelnen Ausgaben ist
das künftige Zusammentragen eines ordentlichen Wörter-
buchs kaum möglich. Die Mühe aber würde für Sie sehr
klein seyn, da das Ordnen ins Alphabet füglich ein andrer
machen kann. In dem grammatischen Register würde ich
die seltnen Formen: 3. praet precat infin. pass. u. s. f., dann
die Abweichungen von der gewöhnlichen Bedeutung der
casus oder den gewöhnlichen grammatischen Regeln, den
Gebrauch des swa und solche Einzelheiten erwarten. Es
kostet gar keine Mühe, bei der Bearbeitung so etwas zu-
gleich anzumerken, und gewährt, wenn man die einzelnen
Fälle zusammen übersehen kann, großen Nutzen, ja manch-
mal ganz neue Ansichten.
Die Einleitung, von der ich sprach, ist wirklich nur
vor der 1. Auflage der Grimmischen Grammatik, allein ich
empfehle sie Ew. Hochwohlgebohrnen. Ich kenne vielleicht
nichts so Geistvolles, was allgemein über Sprache geschrieben
ist Die Flexionen des Deutschen Sprachstammes so viele
Jahrhunderte hindurch zu verfolgen, ist allerdings ungemein
wichtig. Allein die Folgerung, die Sie aus dieser Erscheinung
Berlin, 80. Dezember 1822. 115
zu ziehn scheinen, möchte ich nicht ganz zugeben. Es
scheint mir daraus noch gar nicht zu folgen, daß derFlexions-
zustand der ursprüngliche war. Darin bin ich noch voller
Zweifel. Sie reden von „Flexionssprachen", für mich aber
bedarf es noch einer ganz neuen, und viel tiefern Unter-
suchung, als man bisher angestellt hat, ehe ich wagen
würde, einen solchen Ausdruck zu brauchen. Mein jetziges
Glaubensbekenntnis darüber ist dies. In den Sprachen, wie
wir sie jetzt kennen, liegt kein solcher Unterschied, daß in
einer gar keine Agglutination, in einer gar keine Flexion
wäre. In der rohesten Amerikanischen Sprache finden sich,
und gar nicht einzeln, sondern in bedeutender Zahl, Fälle,
die man mit eben dem Recht für Flexion halten muß, als
z. B. die Verbal Endungen des Indischen. Wo nun jetzt
Agglutination ist, hätte sie in Flexion übergehen können,
wo diese jetzt ist, kann sie Agglutination gewesen seyn.
Ich bin aber ganz überzeugt, daß sich dies nicht historisch
ausmachen läßt, d. h. daß sich nicht überzeugend nach-
weisen läßt, daß die Flexionen, auch nur zum größten Theil,
anfangs agglutinirt waren. Indeß erhebt man dagegen auch
bisweilen Argumente, die mich nicht überzeugen. So schrieben
mir Ew. Hochwohlgebohrnen einmal, die Verbal Endungen
könnten nicht Pronomina seyn, da sich das Pronomen am
spätesten ausbilde. In unsrer Theorie, selbst bei Benihardi,
erinnere ich mich auch solche Dinge über die successive Ent-
stehung der Redetheile gelesen zu haben. Ich glaube aber
daran nicht Die Grammatik entsteht allerdings successiv,
eine vollkommnere, nach einer unvollkommneren, allein sie ist
immer ganz, es folgt nicht ein Redetheil nach dem andern.
Das widerspricht aller Ansicht, die ich von der Sprache über-
haupt habe. Man hat, als Beispiele, schwerlich mehr ur-
8*
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116 Hnmboldt an Schlegel
sprüngliche Sprachen, als die Amerikanischen, nnd in allen
spielt das Pronomen die Hauptrolle, und die Entstehung
des Verbum durch dasselbe ist darin klar und unbestreitbar.
^ Dennoch kann, dünkt mich, jene Frage, ob irgend eine
Sprache, mit Flexion, angefangen hat? nur nach allgemeinem
Raisonnement entschieden werden. Da kann ich nun zuerst
in die Idee Ihres Herrn Bruders von Völkern, die gleichsam
mit über- oder wenigstens mit hochmenschlichen, nicht bloß
Fähigkeiten, sondern Erzeugnissen derselben, wie Sprachen
sind, aufgetreten sind, nicht eingehen. Sie schneidet, wie
jede andre Verkündigung von einem Wunder, alle wissen-
schaftliche Untersuchung ab, ist aber selbst nur ein Postulat
der Vernunft Es scheint mir damit zu seyn, wie mit
Creuzers Ausgehen von dem Glauben an Einen Gott Mir
scheint es vielmehr natürlich, daß es zuerst in der Sprache
(nicht in dem Kopf der Redenden, wo sie immer auf irgend
eine Weise seyn muß) keine Grammatik gab, d. h. keine,
in sich bedeutungslosen Zeichen für das grammatisch For-
melle. Lauter Wörter mit materieller Bedeutung standen
neben einander, wie in der Schriftsprache der Chinesen.
/ Daraus wurden, der Regel nach, die meisten nachherigen
Flexionen. In dem Uebergange zu diesen liegen alle mir
bekannte Amerikanische Sprachen mit verschiednen Fort-
schritten zu diesem Ziele. Indeß gebe ich zwei Ausnahmen
zu, und darin möchte meine Meynung sich von der bisher
darüber gehegten unterscheiden. 1. Ich glaube allerdings,
daß es einzelne auch ganz ursprüngliche Flexionen geben
kann, d. h. in Fällen, wo ein einzelner Buchstabe, ein Accent,
der natürlichen Vorstellung nach, einer grammatischen Form
so entspricht* daß auch die roheste Phantasie die Analogie
leicht auffindet. Als Beispiel lassen Sie mich anführen, daß
Berlin, 30. Dezember 1822. 117
in einigen Amerikanischen Sprachen die länger vergangene
Zeit mit einer Pause gegen die kürzer verflossene aus-
gesprochen wird, daß noch heute im Englischen, wo Verbum
und Substantiv gleichlautend sind, das immer seinem Regime
zueilende Verbum den Accent auf die letzte, das Substantiv
auf die vorletzte Silbe setzt, present present Denn die
Schwierigkeit, mit der Phantasiepassende Analogieen zwischen
den grammatischen Begriffen und ihren Lautzeichen zu
finden, ist es vorzüglich, die mich gegen das System ursprüng-
licher Flexionen einnimmt. Wenn z. B. der Begriff des
Locativus auszudrücken ist, so giebt es dazu zwei Wege:
man erfindet einen Laut zum Ausdruck dieses Begriffes
(ursprüngliche Flexion) oder man symbolisirt den Begriff,
der formell ist, in einen Gegenstand, und braucht das Zeichen
dieses Gegenstandes z. B. Feld Ort für campo (Ursprung
durch Agglutination). Solange man nun, was ich immer
wiederholen muß, nicht durch Wunder, sondern menschlich
und geschichtlich erklären will, ist im Allgemeinen für mich
die letztere beider Erklärungen allein annehmbar. Zwischen
Gegenstandswörtern und den Lautzeichen ist immer eine
Phantasiebeziehung zu finden, auch sind die Gegenstände
(d. h. die ursprünglich zu bezeichnenden) unmittelbar und
mittelbar unter den Sinnen und zeigbar, wie aber steht
es da mit den grammatischen Begriffen? 2. Nun aber
glaube ich gar nicht, daß der Uebergang zu Flexionen
überall auf gleiche Weise, und noch weniger, daß er überall
nur durch die Zeit geschehen ist, daß die vollkommene
Sprache nur eine jüngere ist Das wäre eine schreckliche Idee.
Die Güte einer Sprache in ihrer Bildung hängt von der
Güte der Nation ab, die sie spricht, und da kommt es bloß
auf zwei Dinge an, auf die Lust am vielen und wohltönenden
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118
Humboldt an Schlegel
Sprechen (woher ich vorzüglich die Treflichkeit der Grie-
chischen ableite) und auf die Fähigkeit und Neigung zum
formellen Denken. Dazu braucht eine Nation gar nicht
philosophisch gestimmt zu seyn, sie braucht nur Lust an
Tönen, und an witzigen, lieblichen, oder spielenden Gedanken
zu finden, was sich beides in der Poesie vereinigt. Ist nun
eine Nation so gestimmt, so verliert das Grammatische bald
seine Materie, oder vielmehr es hört das Aneinanderreihen
von Wörtern, die man sich alle, als Gegenstände denkt,
auf, und die Grammatik, die bisher nur in den Köpfen war,
steigt in die Sprache hinab. Eine solche Nation macht also
den Uebergang zu Flexionen schneller. Aber das ist bei
Weitem nicht Alles. Sind einmal auf diesem Wege Flexionen
entstanden, und als solche gebraucht worden, so ist eine
Analogie da, an der man weiter fortgehn kann, und so
können nun aus den vorhandnen Flexionen neue und mehr,
als wirklich ursprüngliche Flexionen, da ja ohne materielle
Bedeutung, entstehen. Ob man hiervon wird Beispiele an-
geben können, ist mir sehr zweifelhaft Aber die Sache
scheint mir evident, und schon die bloße Möglichkeit muß
das Bestreben, alle Flexionen einer Sprache auflösen zu
wollen, bedenklich machen. Ueber dies Bestreben ist meine
Meynung, daß es zwar sehr heilsam ist, und daß man überall
versuchen muß, wo man analysiren und einen Agglutinations-
ursprung auffinden kann, daß man aber nur dasjenige für
wirklich analysirt halten muß, was wahre Evidenz mit
sich führt. In allen Sprachen nehme ich einen Punkt an,
wo die Organisation vollendet ist, und das Grammatische
nun nicht mehr wesentliche Aenderungen erfährt Bis zu
diesem Punkt giebt es meiner Meynung nach ein Aufsteigen
von der Agglutination zur Flexion. In diese Periode setze
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Berlin, 30. Dezember 1822.
119
ich die Amerikanischen Sprachen. Erleiden aber diese
Sprachen weiter Veränderungen, Uebergänge in Abarten,
so entsteht nun ein Herabsteigen von der Flexion, jedoch
nicht zur Agglutination, sondern zur scheinbaren Entbehrung
der grammatischen Form. In diese Periode fällt nun die
Geschichte des Deutschen Sprachstamms. Daß die sichtbar
agglutinirenden Sprachen zu den frühen gehören, ist, dünkt
mich, klar. Ob aber das Verschmähen der Grammatik der
Chinesischen nicht vielleicht einem alternden über alle
Casus und Verbal Endungen blazirtseyn zuzuschreiben ist,
möchte ich nicht entscheiden. ,
Was Ihr Herr Bruder sich in seinem sonst sehr geist- . t ,
reichen Werk über Indien unter dem Entfalten der Wort- ! *
formen aus ihren Wurzeln gedacht hat, das er der Agglu- t f
tination entgegenstellt, habe ich mir nie vollkommen deutlich
machen können. Die meisten Wortformen bestehen im
Sanskrit gegen ihre Wurzeln durch Zusätze, was schon die
Kürze der Wurzeln, gegen sie genommen, beweist. Hat er
die Vocalveränderungen gemeynt, so bestimmen sie selten
einzelne Wortformen, sondern begleiten immer ganze Classen
von Flexionen. Dies ist, was ich jetzt über diesen Punkt
meyne. Ich will aber meine Untersuchungen fortsetzen, und
denke meine Ansicht erst in meiner Darstellung der Ameri-
kanischen Sprachen vollständig zu entwickeln. — Ich bin so
ausführlich geworden, daß ich nun auch schlechterdings
keinen neuen Bogen anfangen will, und bitte Sie, die Ver-
sichrung meiner herzlichsten und hochachtungsvollsten
Freundschaft anzunehmen.
H.
J
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120
Humboldt an Schlegel
14. Humboldt an Schlegel.
Berlin, den 3. Januar, 1823.
Ew. Hochwohlgebohrnen bedürfen gewiß keiner Ent-
schuldigung, wenn Sie mir recht oft schreiben. Nichts
könnte mir angenehmer seyn, als diese belehrenden Mit-
theilungen über Gegenstände, die für uns beide ein gleich
großes Interesse haben. Ich muß nur von meiner Seite
wünschen, daß Sie nicht ermüden mögen, Sich mit meinen,
noch mancher berichtigender Bestimmung erfordernden Be-
hauptungen zu beschäftigen.
Ich beantworte Punkt für Punkt Ew. Hochwohlgebohrnen
neuliche Bemerkungen, die ich zugleich diesem Briefe wieder
beifüge.
1.
Ich bin es vollkommen zufrieden, wenn Ew. Hochwohl-
gebohrnen die gefalteten Hände an die Stelle der ge-
hölten setzen wollen. Ich habe bei dieser und ähnlichen
wörtlichen Uebersetzungen immer nur die Absicht, den Leser
auf die fremde Sitte aufmerksam zu machen. Aber gehölt
ist doch nicht genau. Denn in anjali liegt die Hölung durch
Zusammenlegung, oder Faltung.
o
Um
yudhyate mag an der Stelle, welche ich citire, wohl durch
„er kämpft" übersetzt werden müssen Ich habe das Citat
aus Forsters Grammatik p. 463. (wo keine Uebersetzung
hinzugefügt ist) genommen. In meiner dürftigen Belesenheit
ist mir noch nie ein repetitives indeclinables Participium
vorgekommen. Es fehlen zwischen den beiden Wörtern
vermuthlich andre, wie Forster sogar durch einen Strich
Berlin, 3. Januar 1823.
121
andeutet, and in diesen kann das Snbject enthalten seyn.
Der Mangel eines Subjects hat mich zur passiven Ueber-
setzung bewogen. Diese aber halte ich auch nicht für
falsch. Wenn ein Verbum der 4. Conjugation bloß in der
parasmaipadi Form üblich ist, so erkennt man sein Passi-
vum sogleich an der entgegengesetzten Form. Wo aber
beide Formen üblich sind, oder gar, wie bei yuäh nur die
atmanepadi, da, glaube ich, läßt sich das Passivum vom
Activum nicht an der Wortform, sondern nur an der Con-
struction unterscheiden. Dies scheint auch Wilkins anzu-
nehmen. Denn p. 394. der Grammatik ist ihm budhyate
3. pass. und in den Radieals p. 92. 3. act. In den 6 letzten
tempora (ob ich gleich gestehe, daß ich in diesen das Passi-
vum nur aus den Grammatiken, nicht aus Büchern kenne)
unterscheidet sich ja das Passivum nur in höchst wenigen
Fällen vom Activum. Meines Erachtens ist daher das Passi-
vum vom Activum und Medium (da die parasmaipadi Form
beide umfaßt) bei weitem nicht immer im Sanskrit an der
Wortform erkennbar. Dasselbe ist häufig auch im Grie-
chischen und im Lateinischen, wenn man die Deponentia
beachtet, der Fall. Ich würde daher auch in einer Sanskrit
Grammatik diese ganze Lehre anders behandeln. Ich halte
es für ganz unstatthaft, das ya als Charakteristik des Passi-
vum s anzugeben. Denn es begleitet das Passivum nur in
den ersten 4 tempora, ist auch in diesen nicht sein einziges
Merkmal, und ist, wenn man das y der 4. Conjugation mit
dem Vorschlags-a der ersten, deren Endungen die 41? an-
nimmt, zusammenfaßt, auch Characteristik der 4 ten Con-
jugation activi und medii. Ich würde sagen: das Verbum
hat zwei Formen, für die man am besten die Indischen
Namen beibehält. Das Activum kann beide annehmen, wo
122
Humboldt an Schlegel
dann die Fälle anzugeben sind. Das Medium und Passivum
können nur in der andern erscheinen, und diese Form
also, als nothwendig und ohne Ausnahme geboten, ist des
Passivums wahre Charakteristik gegen das Activum. Vom
Medium unterscheidet es sich dadurch, daß das Medium in
den Wurzelveränderungen dem Actiyum folgt, das Passivum
dagegen diese und diese Eigenheiten in diesen und diesen
Fällen hat Zu diesen letztern gehört dann das ya.
In meinem Aufsatz habe ich gar nichts dagegen, wenn
Ew. Hochwohlgebohrnen „er kämpft" substituiren. Noch
lieber aber wäre es mir, wenn Sie nicht änderten, aber
eine Anmerkung über das Passivum der 4. Conjugation und
überhaupt hinzufügten, die alsdann auch meine eben aus-
gesprochene Meynung berichtigen, oder mich in derselben
bestätigen würde. Ich schreibe meinem Aufsatz wirklich
kein andres Verdienst zu, als solche Fragen unter denen,
die sich jetzt mit Sanskrit beschäftigen, zur Sprache zu
bringen.
Zugleich wünschte ich wohl, daß, wenn Ew. Hochwohl-
gebohrnen andre Beispiele vom repetitiven indeclinablen
Participium vorgekommen wären, Sie sie hinzufügten.
3.
Ich danke Ew. Hochwohlgebohrnen ungemein, daß Sie
mich auf die zu große Unbestimmtheit der Stelle:
Denn das Adverbium wird auch sonst durch den Accu-
sativ eines Nomens dargestellt. Nalas. XHL 50. XV. 19.
aufmerksam gemacht haben. Ich bitte Sie, dieselbe aus-
zustreichen, und folgende Abänderung aufzunehmen:
Im Griechischen, auf dessen Analogie man sich wohl
mit Recht im Sanskrit berufen kann, werden Accusative
Berlin, 3. Januar 1823.
123
von Substantiven und Adjectiven unverkennbar als
Adverbia gebraucht. Ich erinnere deshalb nur an räxog,
reZoq, xt)v xQckijv, tt/v raxldr^p. Im Sanskrit kommen
sehr häufig nimittam und arthatn also vor. Ramayana.
Buch I. Abschnitt 53. sl 29. 40. a. und 22. a. Ob auch
andre Substantiva? wage ich nur darum nicht zu ent-
scheiden, weil ich die Behauptung in diesem Augenblick
nicht mit Stellen zu belegen wüßte. Daß das Neutrum
der Adjectiva adverbialisch genommen wird, ist nichts
weniger, als ungewöhnlich. Nalas. XV. 19. Ramayana
a. a. 0. 2. a. 3. a. Dies Neutrum kann nun zwar eben-
sowohl Nominativus, als Accusativus seyn; die adver-
bialische Geltung kann aber, nach allgemeinen gram-
matischen Gründen, wohl nur einem Casus obliquus
zugeschrieben werden. Endlich haben viele Indische
Adverbia die Accusativendung am und von mehreren
unter diesen findet sich zugleich die von allem Casus-
zeichen entblößte Form. So sind anisam, abMkshnam,
awasyam und andre mehr. Gleichfalls adverbialisch muß,
glaube ich, der Gebrauch u. s. f.
Da die Ansicht des Accusativus als Adverbium meiner
ganzen Erklärung der indeclinabeln Formen sehr wesent-
lich ist, so kann ich mich, da ich sie wirklich für richtig
halte, nicht entschließen, sie aufzugeben, sondern habe sie
nur näher bestimmt Ich möchte wetten, daß ich andre
Substantiva, auf gleiche Weise gebraucht, gefunden hätte,
namentlich sukham, da ich aber die Stellen leider nicht
angemerkt, so ist es mir unmöglich, sie anzugeben. Ew.
Hochwohlgebohrnen scheinen zu meynen, daß das adver-
bialisch gesetzte Neutrum des Adjectivums bald Nominativus
bald Accusativus seyn könne, je nachdem es sich auf ein
124
Humboldt an Schlegel
Subject> oder Object beziehen solle. Allein dieser Meynung
könnte ich nicht beistimmen. Sollte ich auch wirklich
Unrecht haben, es immer für einen Accusativ zu halten,
und sollte es vielmehr der Nominativ seyn, so könnte jener
Umstand, meines Erachtens, gar keinen Einfluß darauf
haben. Denn der wesentliche Charakter des Adverbium
ist seine Indeclinabilitaet. Vermöge dieser kann es sich un-
mittelbar immer nur an ein Verbum oder Adjectivum, an
ein Substantivum aber immer nur vermittelst eines aus-
gelassenen Verbum oder Adjectivum anschließen. Es nimmt
daher nie die Form des Nomen an, zu dem es gehört, und
kann darin, daß das Nomen als Subject im Nominativ oder
als Object im Accusativ steht, keine Veranlassung finden,
die seinige zu verändern. Will man das Adverbium, un-
mittelbar und ohne Ellipse, an ein Substantivum anschließen,
so bleibt nichts übrig, als es in ein Adjectivum zu ver-
wandeln, so wie die Griechen es thun, tvöov xawvxioi,
ÖBvtBQaloq d<pixero u. s. f. Mir scheinen die adverbialiter
gebrauchten Neutra der Adjectiva in allen Sprachen wirk-
lich nur Accusative seyn zu können. Der Nominativus
geht nicht füglich in eine solche Verbindung ein. Der
Accusativ kann, obgleich ich dies nicht für nothwendig
halte, sogar durch eine ausgelassene Praeposition erklärt
werden. Ich habe aber jetzt nichts darüber finden können,
und weiß nicht ob Grammatiker die Frage erhoben, und
wie entschieden haben. Sehr für mich sprechen die Bei-
spiele von Ttjv jtQOJtrjv, xaxloxip> u. s. f.
Die Stelle Nalas XTTT. 50. b. habe ich, da sie wohl
zweifelhaft scheinen kann, ausgelassen. Ew. Hochwohl-
gebohrnen Auslegung und Lesung ist sehr scharfsinnig.
Nur bleibt doch auch eine bedeutende Härte in der Con-
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Berlin, 3. Januar 1823.
125
struction zurück, Uebrigens aber haben Sie Bopp in zwei
Punkten unstreitig misverstanden. Er hat bei tädrigrupam
auf keine Weise an ein awyayibhäwa gedacht. Dies setzt
immer eine wirkliche indeclinable Partikel voraus, der-
gleichen ja gar nicht im Worte vorhanden ist Er nimmt
dasselbe vielmehr für das Neutrum eines bahmvrihi. Dann
construirt er es auch gar nicht mit paiyämi zusammen,
und hat deshalb hinter tali-formaque ein Komma gesetzt.
Er bezieht das adverbialisch genommene Wort vielmehr
auf widyotayati und folglich auf das Subject dieses Verbum.
paiyämi steht, nach ihm, allein in einem Zwischensatz.
Allein auch diese Construction ist sehr hart, so daß ich
nicht wagen möchte, über die Sache etwas zu entscheiden.
Ungeachtet meiner Abänderung der obigen Stelle weiß
ich dennoch nicht, ob Ew. Hochwohlgebohrnen damit über-
einstimmen werden. Ich wünschte daher sehr, Sie widmeten,
bei dem Abdruck, Ihrer Meynung eine eigne Anmerkung.
Nur das muß ich wiederholen, daß weder Bopp, als er die
Behauptung im Nalas aufstellte, noch ich, als ich sie von
da, wie das Citat zeigt, entlehnte, dabei an die Composita
dachten, von denen Wilkins p. 556. spricht. Diese gehören
zu einer ganz andern Gattung von Wörtern, da sie ihre
Adverbialnatur von einem wirklichen, in ihnen enthaltenen
Indeclinabile hernehmen. Die indeclinablen Composita mit
akshi leitet Wilkins allerdings von diesem letzten Sub-
stantiv ab. Allein sie könnten auch, ohne in diese Classe
der Composita zu gehören, bloß Neutra der Adjectiva dreier
Endungen seyn, welche es von allen diesen Compositis giebt,
und die Wilson ausdrücklich anführt. Wunderbar ist es,
daß Wilson in diesen Artikeln die Ableitung von aksha
macht, und diesem bei pratyaksha die Bedeutung an organ
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126
Humboldt an Schlegel
of sense giebt, da er doch bei dem Artikel aksha selbst
diese nicht, sondern nur the soul hat aksha nnd dkshi
sind vermuthlich ursprünglich nicht unterschieden gewesen,
und ich glaube daher, man könnte die ganze Regel Wilkins
nr. 1068. füglich entbehren.
4.
In Anmerkung 36. habe ich nicht sagen wollen, daß
Nalas XXV. 3. das Verbum arhati stehe, sondern mich nur
auf den Grundbegriff bezogen. Es ist aber auf jeden Fall
schief ausgedrückt. Ich bitte Sie, statt der Worte:
Der Grundbegriff ist — an sich trägt
die Worte zu setzen:
Der Grundbegriff des Wortes, wo es in andren gram-
matischen Formen vorkommt, ist: geschickt, passend,
würdig zu etwas seyn. So steht es Nalas XXV. 3. und
in vielen andren Stellen. Daß das Verbum selbst in
diesem Sinne gebraucht werde, bezweifle ich. Allein die
durch dasselbe ausgedrückte Idee des Müssens schließt
sich an diesen Grundbegriff an, und trägt gewöhnlich
auch die Spur dieses Ursprungs an sich.
Dem Ende der Anmerkung bitte ich Sie (wenn Sie nemlich
eine Berichtigung der Englischen Uebersetzer für der Mühe
werth halten) hinzuzufügen:
In Ramayana. Buch I. Abschnitt 12. sl. 52. übersetzen
zwar die Englischen Uebersetzer das Verbum durch:
the Jcing is worthy. Allein die Brahmaneu wollten nicht
sagen, daß sie unwürdig wären, Land zu beherrschen.
Ihre Meinung ist nur, daß dem König allein die Be-
herrschung der Erde zukommt Wir, fügen sie hinzu,
sind nicht im Stande, Länder zu schützen.
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Berlin, 3. Januar 1823.
127
Ich hatte die Stelle erst falsch angesehen. Die Ueber-
setzung hatte mir imponirt, ich sehe aber, daß ich mir
nach und nach den Respect für sie abgewöhnen muß.
Die Stelle:
Er regiert zwar in der Regel — Er nimmt keine
bitte ich Ew. Hochwohlgebohmen folgendergestalt ab-
zuändern:
Er regiert den Casus des Verbum, nimmt keine u. s. f.
Sie haben vollkommen Recht, daß diese einzige, höchst
zweifelhafte Stelle nicht genügen kann, eine so wichtige
und auffallende Sache zu beweisen. Bei Ihrer Erklärung
bleibt mir nur der Zweifel ob in dem von Ihnen ange-
nommenen Sinn nicht statt ti, nach dem gewöhnlichen
Sanskritischen Sprachgebrauch, twayä stehen müßte. In
meinem Aufsatz ist die Behauptung nicht richtig, und es
hat mir daher besser geschienen, sie ganz wegzulassen.
Auch glaube ich, mit Ihnen, da auch Bopp, den ich be-
fragt, mir keine andern Stellen anzugeben weiß, nicht an
diese Construction. gwApte ^to^ai ist allerdings ganz
Indisch. Aber es beweist mir nur um so mehr, daß der
Indische Infinitiv ein eigentlicher ist. Denn auch [tdxto&ai
steht hier nur, weil die Griechen sich, wie ich auch in
meinem Aufsatz einmal bemerkt habe, statt des Supinums,
häufig des Infinitivs bedienen. Die Lateiner würden hier
nicht einmal das Supinum, sondern das Gerundium ge-
braucht haben, wie bei Cicero irgendwo steht natura
incitari ad servandum genus humanuni. Daß die Form in
tum keine tempora und kein Passivum annimmt, trennt sie
für mich, als grammatische Form, gänzlich vom eigent-
lichen Infinitiv. Verbindungsfähiger nennen Sie dieselbe
128
Humboldt an Schlegel Berlin, 3. Januar 1823.
doch wohl nur darum, weil sie sich an mehr Verba, als
die Infinitive andrer Sprachen, ohne Praeposition anschließen
kann. Aber dies scheint mir gerade ihre Substantivnatur
zu beweisen. Denn auch die Substantiva schließen sich, ohne
Praeposition, an die Verba der Bewegung im Accusativus an.
Mit den wenigen Worten, die ich über Ihre Recension
des Nalas gesagt habe, muß ich Ew. Hochwohlgebohrnen
freilich überlassen zu thun, was Ihnen gut dünkt Ich
hatte aber geglaubt, darin gerade das Maß von dem ge-
halten zu haben, was Sie in Ihrer eignen Zeitschrift von
Sich sagen lassen könnten. Ohne diese Rücksicht, die mich
zurückhalten mußte, würde ich in einer Arbeit über diesen
Gegenstand Ihrer Verdienste um das Sanskrit auf ganz
andre Weise erwähnt haben.
Daß Ew. Hochwohlgebohrnen meiner Anmerkung 35.
Ihren Beifall schenken, freut mich ungemein. Da aber der
von mir gebrauchte Ausdruck: die beiden Verba iak und
shah sehr ungenau ist, so haben Sie die Güte statt dessen
die beiden Wurzelwörter u. s. f. drucken zu lassen, oder die
Verbalformen an die Stelle der Wurzeln zu setzen.
Tausend Entschuldigungen für diesen überlangen Brief.
Ich schließe mit der Bitte, daß Ew. Hochwohlgebohrnen
auch in diesem Jahre mir und meinen wissenschaftlichen
Beschäftigungen Ihren freundschaftlichen Antheil schenken
mögen, und verbleibe mit den hochachtungsvollsten Ge-
sinnungen und den besten Wünschen
Ew. Hochwohlgebohrnen
ergebenster,
Humboldt.
Meinen Bruder erwarte ich heute Abend. Er wird
kaum 3 Wochen hier bleiben.
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Schlegel an Humboldt Bonn, 17.— 21. März 1823.
129
15. Schlegel an Humboldt.
Bonn den 17ten März 23.
Ew. Excellenz habe ich wiederum sehr um Nachsicht
zu bitten. Indessen bin ich dießmal ganz gegen meinen
Willen in Rückstand gekommen. Ich wünschte melden zu
können, daß die Abhandlung wirklich im Druck sey, und
ich bin nicht Schuld an der Verzögerung. Das ganze
Manuscript des 4 ten Heftes war schon vor den Fasten fertig;
aber es haben sich, wie es zu gehen pflegt, allerley ver-
drießliche Hindernisse eingestellt: bald fehlte es an Papier,
bald an Setzern und Druckern. Endlich wird doch daran
gesetzt: ich werde meinen besten Fleiß auf die Correctur
wenden, die Indischen Wörter setze ich selbst. Die An-
merkungen, wozu Ew. Excellenz mich bevollmächtigt hatten,
habe ich so kurz wie möglich gefaßt, um den Gang der
Untersuchung nicht zu unterbrechen. Da die Beyspiele mit
fortlaufenden Nummern bezeichnet sind, und nach diesen
citirt werden, so fürchtete ich, durch die Auslassung einiger
möchte sich leicht eine Verwirrung einschleichen; ich habe
dalier die beiden bewußten Stellen aus dem Hitopadesa
stehen lassen, mit Beyfügung des Grundes in einer Anmerkung.
Ich werde mich bemühen, das erste Heft des zweiten
Bandes, und somit die andre Hälfte der Abhandlung so bald
wie möglich nachfolgen zu lassen.
Ein Dutzend Exemplare der Abhandlung wird befohlner
Maßen auf gutem Papier abgezogen, und ich werde sie an
die Königliche Gesandtschaft in Frankfurt fördern.
Die Ursache, warum Ew. Excellenz den Bhagavad-Gitä -
noch nicht erhalten haben, ist, daß ich den ersten Bogen
Umdrucken lasse, wegen einiger typographischen Mängel
9
130
Schlegel an Humboldt
und entdeckten Druckfehler. Ich möchte gern vor Ihren
Augen sogleich mit einer beyspiellosen Correctheit er-
scheinen, es ist aber unendlich schwer. Das auf der
Bibliothek zu Berlin befindliche Exemplar ist vermuthlich
dasselbe, welches ich dem Ministerium des öffentlichen
Unterrichts als typographische Probe vorgelegt habe; dieß
war aber nicht vollständig.
Die in Ihren Briefen enthaltenen Belehrungen und
Berichtigungen beherzige ich bestens, und lese sie fleißig
wieder. Gern nehme ich zurück, was ich zu voreilig be-
hauptet habe. Ich habe mir ein Exemplar von Wilsons
Wörterbuch durchschießen lassen, um Ergänzungen und
Berichtigungen hineinzuschreiben. Man muß sogleich die
Stellen festhalten, woraus der Sprachgebrauch deutlich
hervorgeht. Wegen swa sammle ich Beyspiele. Daß
pada auch Schritt bedeutet, scheint mir schon aus der
Redensart pade pade, in jedem Augenblicke, gleichsam
bey jedem Schritte, hervorzugehen. Auch habe ich es schon
für Spuren der Fußtritte gefunden. Ew. Excellenz be-
merkten, daß ich Hitöpad. ed. Lond. p. 53, l. 11. den Locativ
nicht genau genug übersetzt. Allein er wird wirklich in
der Bedeutung der Ursache gebraucht. Folgendes Beyspiel
fand ich bey einem Original-Grammatiker:
charmani dmpinayi hanti dantayörhanti kunjaratfi,
keseshu chamanrii hanti simni puslikaldkö hatdh.
Ich finde, daß das Sylbenmaaß des Slokas recht gut zu
der Concinnität der Sentenzen paßt, und habe versucht dieses
zierliche Distichon folgendermaßen zu übersetzen:
Man erlegt nm das Fell Panther, Elephanten der Zähne halb;
Um den Schweif muß der Jak sterben, um die Geilen der Moschus-
Bock.
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Bonn, 17.— 21. März 1823.
131
Ew. Excellenz sende ich anliegend einige nachträgliche
Bemerkungen. Eine betrifft die Note 31 zum achten Para-
graphen. Ich hoffe, der siebente soll noch in dem Hefte,
welches jetzt gedruckt wird, Raum finden; das übrige im
nächsten Hefte. Wenn also Ew. Excellenz in dieser Note
irgend eine Veränderung anordnen wollten, so wäre noch
vollkommen Zeit dazu.
Ich erhalte erst jetzt den Catalog der Buchhandlung
der Ostindischen Compagnie für 1822, und sehe, daß an
Sanskrit-Texten in Indien eben nichts neues erschienen ist.
Dagegen eine Ausgabe der Gesetze des Manus von Haughton,
Professor des Sanskrit zu Hayleybury. Dieß ist ein wackrer
und fleißiger Mann, nach seiner Analyse der eilf ersten
Seiten des Hitopadesa zu urtheilen, wäre er wohl nicht ganz
unerschütterlich sattelfest. Aber diese bloß für die Schüler
bestimmten Blätter tragen keine Jahrszahl, er kann 'seit-
dem zugelernt haben. Die Ausgabe von Calcutta ist in
Europa so selten, daß es beinahe für ungedruckt gelten
kann. Es kommt nun darauf an, was Haughton geleistet
haben wird. Ich würde den Text allein drucken, aber die
Quintessenz der Commentare in Anmerkungen zu geben
versuchen. Mich dünkt, in diesem Gesetzbuche ist die
reichste und ächteste Quelle von Real-Erklärungen der
einheimischen Begriffe, der philosophischen, sittlichen und
politischen. Mit Einem Worte, ich bin nicht übel ge-
sonnen, es auswendig zu lernen. Auch grammatische Bey-
spiele würde ich am liebsten daher nehmen. Ich halte nicht
viel auf die von Grammatikern ersonnenen Beyspiele, und
die meisten bey Carey und Wilkins sehen mir danach aus.
Von Abel Remusat habe ich kürzlich einen Brief gehabt.
Die Asiatische Gesellschaft in Paris scheint auf seinen
9*
132
Schlegel an Humboldt
Betrieb ziemlich thätig zu seyn, jedoch wie ich vermuthe
(die sieben Hefte der Zeitschrift habe ich noch nicht gesehen)
mehr für die vorder -Asiatischen Litteraturen und für die
Chinesische, als für die Indische. Denn dieß müßte Chezy
liefern, und der wird es nicht thun Mein Freund Fauriel
hat fleißig über den Manuscripten gearbeitet, und hätte
wohl manches mitzutheilen. Aber seit vorigen Herbst ist
er durch den Tod seiner Freundin, der Frau von Condorcet,
in solche Betrübniß versetzt, daß er, sonst mein fleißigster
Correspondent in Paris, nichts von sich vernehmen laßt,
und an nichts Theil nimmt
Ew. Excellenz scheinen nur den ersten Theil des
Ramayana zu besitzen. Der zweite ist von ganz besonderer
Schönheit^ wegen der anziehenden Situationen und Schilderung
der Leidenschaften, in derselben Art wie die schönsten
Stellen im Nalas. Dieser Theil ist so selten, daß er nicht
einmal in dem Catalog der Kingsbury und Co. aufgeführt
wird. Ich besitze alle drey, die beiden ersten Bücher des
Gedichts. Eben lese ich darin, und habe oft Gelegenheit,
die Unfähigkeit der Herausgeber zu bewundern, welche
nicht einmal zur Erkenntniß ihrer eignen Ignoranz hindurch-
gedrungen sind. Ich bitte Ew. Excellenz doch ja nicht sich
die Schuld beyzumessen, wenn Ihnen irgend eine Stelle un-
auflösliche Schwierigkeiten darbietet
Der Ramayana ist immer mein Hauptaugenmerk.
Ich denke, es soll ein wahrer Genuß seyn, dieses Ge-
dicht mit einem gereinigten Text und in einer bequemen
Ausgabe zu lesen. Die Unternehmung ist freylich weit-
läufig, aber wenn ich die Vollendung nicht erlebe, wird
mein Schüler sie nach meinen Grundsätzen fortführen
können.
Bonn, 17.— 21. März 1823.
133
Meine Gesundheit kann ich nicht sonderlich rühmen,
indessen finde ich, daß wissenschaftliche Arbeiten die beste
Zerstreuung und Aufheiterung sind.
Wann darf man sich denn Hoffnung machen, das große
Werk über die Americanischen Sprachen erscheinen zu
sehen? Ich bin doppelt begierig darauf, weil meine Sprach-
kenntnisse sich durchaus auf eine einzige Familie von
Sprachen beschränken, da doch bey allem allgemeinen
Untersuchen eine philosophische Zergliederung des Baues
der übrigen ein wahres Bedürfniß ist
Mit großem Vergnügen habe ich aus den öffentlichen
Blättern erfahren, daß Ihr Herr Bruder länger in Berlin
verweilt hat, als er anfangs zu thun gedachte. Ein solches
Beysammenseyn kann nicht anders als fruchtbar und von
beiden Seiten mannigfaltig anregend seyn.
Ich hoffe, Ew. Excellenz werden diesen harten Winter
in vollkommner Gesundheit zurückgelegt haben. Auch an
unserm schönen Rhein läßt sich der Frühling ungewöhnlich
lange erwarten. Indessen, so oft nur der Himmel heiter ist,
bleibt uns immer der Genuß der herrlichen Gegend.
Ich bitte, die Dürftigkeit dieses Briefes bestens zu ent-
schuldigen, und verbleibe mit unbegränzter Verehrung und
Ergebenheit
Ew. Excellenz
gehorsamster
AWvSchlegel.
Da die Absendung dieses Briefes zufällig verzögert
worden ist, so kann ich doch noch beyfügen, daß der erste
Bogen der Abhandlung bereits gesetzt, und der zweite in
der Arbeit ist
den 21sten März,
131
Humboldt an Schlegel
16. Humboldt an Schlegel.
Berlin, den 8. April, 1823.
Ew. Hochwohlgebohrnen sage ich meinen freundschaft-
lichsten Dank für Ihren gütigen und belehrenden Brief vom
21. vorigen Monats. Ich habe ihn mit dem größesten Ver-
gnügen gelesen, und die darin angeführten Sanskritstellen
genau verglichen. Für die gütige Sorgfalt, die Sie meiner
Abhandlung widmen, bin ich Ihnen ungemein verbunden,
es thut mir aber sehr leid, daß ich sehe, daß sie Ihnen so
viele Mühe mit dem Setzen der Indischen Stellen macht.
Sie verdient wirklich nicht die Auszeichnung, daß Sie selbst
dabei Hand an das Werk legen. Indeß kann ich mir freilich
denken, daß es sehr schwer seyn muß, schon jetzt diesen
Druck Setzern anzuvertrauen. Haben Sie wohl den Bern-
steinschen Anfang des Hitopadesa gesehen? für Steindruck
nimmt es sich ganz artig aus. Doch kann man immer nur
von beweglichen Lettern wahre Fortschritte im Drucken
von Sanskrit Werken erwarten. Vom Seinigen scheint in
diesem Abdruck, die Wortabtheilung ausgenommen, wenig
hinzugethan, und eine wörtliche Uebersetzung wäre in der
That wünschenswerth gewesen, da die Englischen gar nicht
zu brauchen sind. Auf der ersten Seite gleich hat er zwar
Wilkins hitöpadesäyan verworfen, aber sein minus recte
ließe sich vielleicht besser auf das von ihm, ohne Elisions-
zeichen gesetzte -desotjan anwenden. Denn Wilkins Les-
art scheint mir ganz falsch, da ah mit einem andern a
nicht in ein langes übergehen kann. Ew. Hochwohlgebohrnen
aber, nicht wahr, billigen auch nicht die Weglassung der
Elisionszeichen, besonders wenn man sie, wie Bernstein
thut, manchmal setzt, manchmal ausläßt? In der Calcutter
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Berlin, 8. April 1823.
135
Ausgabe des Ramayana ist dies zwar auch der Fall, allein
diese dürfte auch nicht nachzuahmen seyn.
Auf den Bhagavad-Gita bin ich überaus begierig, und
denke mich, vorzüglich wenn ich ihn von hier in einigen
Wochen zu erhalten das Glück haben kann, diesen Sommer
damit zu beschäftigen. Ein mit solcher Kenntniß und
Sorgfalt bearbeitetes Werk recht wiederholt und gründlich
zu studiren, ist unstreitig die beste Manier eine Sprache
zu erlernen, und dies habe ich mir vorgesetzt damit zu
thun. Da ich doch durch andre Dinge verhindert werde,
mich fast ausschließlich mit dem Sanskrit zu beschäftigen,
muß ich doch auf eine ausgebreitete Leetüre Verzicht leisten,
und möchte lieber die Sprache und grammatische Form in
wenigen, aber oft wiedergelesenen Büchern studiren.
Es hat mich sehr gefreut, daß etwas, das ich über den
Locativus im Hitopadesa gesagt hatte, mir eine so schöne
Uebersetzung eines Distichon verschafft hat. Ich bin über-
zeugt, daß, wenn Ew. Hochwohlgebohrnen es der Mühe werth
hielten, Stücke in dem Originalsilbenmasse zu übersetzen,
es Ihnen vortreflich gelingen würde, und dann ist dies
Silbenmaß für eigentliche Uebersetzungen doch passender,
als der Hexameter. Dieser scheint mir immer zu sehr an
das Griechische Epos zu erinnern, und der Unterschied
zwischen diesem und dem Indischen ist gerade im höchsten
Grade interessant. Das letzte kommt mir, wenige Stellen
ausgenommen, immer mehr didaktisch und lyrisch, als wahr-
haft episch vor, und wenn man einzelne Stellen beachtet
und analysirt, so findet man ganze Verse, wo die Wörter
aus lauter fast metaphysischen Ideen zusammengesetzt sind.
Ueberhaupt ist, wenn ich mich nicht irre, eine viel größere
Masse abstrakter, oder rein logischer Begriffe und Wort-
136
Humboldt an Schlegel
demente, als anschaulicher und sinnlicher. In Homer und
den Griechen ist es gerade umgekehrt Es ist dies freilich
auch natürlich. Denn das Indische Epos ist doch immer
zugleich, oft ganz heiliger Natur, Krieg und Heldensinn
spielen eine untergeordnete Rolle darin, und das um welches
sich Alles dreht, ist Brahmanen Heiligkeit, und abgezognes
Nachdenken. Diese objective Beschaffenheit wirkt auf die
subjective Stimmung des Dichters, der nun auch mehr
raisonnirt und Empfindungen darstellt, als schildert und
erzählt. Es wäre sehr interessant, nur aus dem jetzt ge-
druckten Theil des Ramayana eine Sammlung wirklich
schön zusammengesetzter metaphysischer Ausdrücke zu
machen.
Ew. Hochwohlgebohrnen legen die Analyse der 12 ersten
Seiten des Hitopadesa, die ich auch besitze, dem Professor
Haughton bei Bopp sagte mir immer, sie sey von Ha-
milton, er sehe aber nicht gern, daß man es sage, weil er
selbst fühle, daß die Arbeit schwach sey. Auf Manus Gesetze
machen mich Ew. Hochwohlgebohrnen sehr begierig. Ich
habe noch gar nichts davon gelesen.
Das Asiatische Journal enthält recht viel sehr inter-
essante Dinge, allein, wie Sie richtig vermuthen, gar nichts
für die Indische Literatur. Sehr merkwürdig sind die Ver-
suche der Entzifferung der Persepolitanischen und Aegyptisch
hieratischen Schrift. Man scheint da doch dem Geheimniß
viel näher zu kommen.
Der Druck des ganzen Ramayana ist freilich ein langes
Unternehmen. Es wäre aber auch ein sehr schönes. Ich
besitze auch vom jetzt Gedruckten leider nur den 1. und
3. Theil, und als ich die Abhandlung schrieb, wo ich
größtenteils auf dem Lande war, hatte ich nur den ersten.
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"Berlin, 8. April 1823.
137
Ew. Hochwohlgebohrnen sind sehr gütig, nach meinen
Amerikanischen Untersuchungen zu fragen. Wenn man,
wie ich doch für nöthig halte, Alles im Detail verfolgen
will, ist es eine mühsame und langsame Arbeit. Doch bin
ich mit den einzelnen Grammatiken, deren ich einige
zwanzig gemacht, bis auf wenige fertig. Zu den Wörter-
büchern hat man leider noch weniger Materialien, ausführ-
liche eigentlich nur von vier Sprachen. Mit diesem Theil
wird man also eher fertig. Bis zu Ende des Jahres hoffe
ich alle Vorarbeiten vollendet zu haben, und dann an das
Werk selbst gehen zu können. Ich werde es aber nicht
übereilen, in Sprachuntersuchungen kann man nie zu viel
zusammenfassen, und da man doch immer zulernt, so bringt
ein Verstreichen von einigen Jahren immer Gewinn. Ich
glaube aber gewiß, daß eine vollständige und aus dem
richtigen Gesichtspunkt gemachte Darstellung der Amerika-
nischen Sprachen viele Aufklärungen über den Bau und
die Entstehung der Sprachen geben muß. Es sind soviel
Naturspecimina von Sprachen, anders gebildet, als die
unsrigen, mehr.
Die Versversetzungen, welche Sie für einige Stellen
des Nalas vorschlagen, haben meine völligste Zustimmung,
und ebenso auch die von Bopp, dem ich Ihren Brief mit-
theilte. Es steht nur an, ob man in Stellen, wo, wie hier,
die Handschriften mit Bengalischer und Devanagari Schrift
übereinstimmen, sich solche Aenderungen erlauben dürfe.
sakyase hat er in der Stelle XI. 4 — 6. nicht für das Passivum
genommen, sondern geglaubt, daß sich die Bedeutung des
Verbum 4. Conjugation mit dem Infinitiv vereinigen lasse.
Mich über die Nischadas zu belehren, haben Ew. Hoch-
wohlgebohrnen mir einen wahren Dienst erwiesen. Auch
138
Humboldt an Schlegel
mir war nie deutlich, wie man auf einige Stellen den Casten-
begriff anwenden konnte.
Was Sie von den Verben des Wollens sagen, bestätigt
meine Bemerkung, wie es mir scheint Denn in wasa liegt
doch auch der Nebenbegriff der Macht, des Ansehens. Was
ich aber sagen wollte, ist gerade, daß es kein Yerbum im
Indischen giebt, welches bloß und einfach wollen anzeigte,
ohne nicht auch (nicht gerade an jeder einzelnen Stelle,
aber überhaupt) einen Nebenbegriff zu haben. Ich wünschte
aber sehr, Sie fügten das von Ihnen Angeführte in Ihrem
Namen bei, indem es die Sache offenbar vervollständigt
Daß Wilkins auch bei was wish, desire hat, muß man wohl
nicht so genau nehmen, wie Vieles bei ihm.
In Note 35. §. 12. über das Können bitte ich Sie das
Ende von Der reine Begriff u. s. f. an wegzulassen. Zwar
glaube ich, daß man in dem Infinitivus passivi doch dem
sah seine passive Form anrechnen muß. Denn ich halte
nicht dafür, daß man sie gewissermaßen auf den Infinitiv
übertragen kann. Der Infinitiv wird, meines Erachtens, nicht
activ, noch passiv, aber das ihn regierende Verbum wird in
einer Bedeutung genommen, in welcher nun, nach Art unsrer
Sprachen, ein passiver Infinitiv hervorkommt. Allein die Paar
in der Note gesagten Worte klären die Sache nicht genug auf,
und sie ist überhaupt schwer aufzuklären, da es ein sehr eigner
Gebrauch ist. Wie ich es mir denke, ist es folgendermaßen.
Der Indische Infinitiv ist kein eigentlicher, der, als solcher,
nothwendig ein Activum und Passivum haben müßte, sondern
ein Gerundium, das, seiner Natur nach, weder activ noch
passiv, sondern gegen diese Kategorie der grammatischen
Form gleichgültig ist. Nun verbindet man im Sanskrit
mit diesem gleichgültigen Gerundium das Können im Activum
Berlin, 8. April 1823.
139
und Passivum. Können kann aber auch kein Passivum
haben, das Können im Activum heißt also im Sanskrit an-
genommener Maßen ausschließlich eine Fähigkeit zu thun,
im Passivum eine Fähigkeit zu leiden. Wird nun das
Gerundium mit der Fähigkeit zu leiden verbunden, so ist
in einer Sprache, die einen Infinitivus passivi hat, eine
solche Redensart am besten durch diesen zu übersetzen.
In der Stelle Nalas XX. 5. heißt es, wörtlich übersetzt, nicht :
das Kleid kann nicht wiedergebracht werden, sondern das
Kleid ist nicht fähig das Wiederbringen zu erleiden. Dies
zu erleiden drückt die passive Form des Könnens aus. Sehr
deutlich wird dies in dem Gegensatz der Stellen im Nalas
XTV. 7. a. und XXVL 21. a. In der ersten steht sakto" smi,
fähig zu thun, in der andern iakyä, fähig zu erfahren. Das
Sehen in der letzten Stelle bleibt immer dasselbe, man mag
salcyä oder iaktä setzen, allein im ersten Fall erleidet Dama-
yanti es, im andern thut sie es, oder ist vielmehr fähig es
zu leiden, oder zu thun. Man könnte aus diesen passiven
Redensarten eine Einwendung gegen die Behauptung, daß
der Sanskrit Infinitiv ein Accusativus sey, hernehmen, indem
man sagte, daß sich ein solcher von einem Passivum nicht
regieren lasse, aber dies wäre gewiß unrichtig. Der Accti-
sativ kann bei dieser Fähigkeit zu leiden sehr gut stehen,
und würde in andern Sprachen durch eine Praeposition er-
läutert werden, iaktah und sakyah kommen dem lateinischen
potis gleich, das den Unterschied jener durch den Infinitivus
activi und passivi ausdrückt Nun regiert potis in der Regel
freilich den Infinitiv, allein bisweilen auch den Accusativus.
So bei Varro: ut vidcamus quid pastores potis sunt. Dies
kommt der Sanskrit Redensart sehr nahe. Von äakyah mag
dann derselbe Gebrauch auf das Verbum übergetragen seyn.
uo
ünmboldt an Schlegel
Immer aber bleibt dies actiye und passive können logisch
unrichtig. Denn das Können ist immer eine Kraft und also
eher der Natur eines Activums, selbst wenn dies Können
auf ein Leiden gerichtet ist.
Ew. Hochwohlgebornen sind sehr gütig in Note 31. §. 8.
von einem kleinen Misverständniß zu sprechen, wo ein großes
Versehen ist. Von einem sichtbaren Participium activi wie
von einem Participium passivi zu sprechen, ist eine der
unbegreiflichen Verblendungen, die Gottlob nur wenigen
Menschen, mir aber leider nur zu oft begegnen. Ich sehe
mit vorgefaßter Meinung eine Stelle an, und werde dann
bisweilen den offenbarsten Irrthum nicht gewahr. Denn
sonst war es unmöglich pärayatah nicht für den Genitiv
anzusehen, und daß er es nicht nach der 1. Declination seyn
konnte, fiel auch in die Augen. Sie werden wenigstens
finden, daß meine Bitte an Sie, ja zu prüfen, ob nicht
irgendwo ein arger Verstoß gemacht sey, nicht überflüssig
war, und aus richtiger Selbstkenntniß floß. Ich danke Ihnen
ausnehmend mir erspart zu haben, damit vor dem Publicum
zu erscheinen, und bitte Sie in der Note 31. die ganze Stelle:
Auf gleiche Weise erkläre ich — in der intransitiven der
ursprünglichen, wegzulassen. Ich würde diese Bitte auf
die ganze Note ausdehnen, wenn ich das nicht für wichtig
hielte, andre auf genauere Erörterung dieses wirklich
schwierigen Punkts aufmerksam zu machen. Dies scheint
mir überhaupt der Nutzen, den meine Abhandlung haben
kann, mehrere Fragen anzuregen, auf die man in der bis-
herigen Art, das Sanskrit zu treiben, weniger gekommen war.
Ew. Hochwohlgebornen werden von dem Unglück des
armen Wilken gehört haben. Leider dauert seine Geistes-
verrtickung noch fort, und da in 3 Tagen alle sogenannten
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Berlin, 8. April 1823.
141
kritischen Tage vorüber seyn werden, und er kein Fieber
mehr hat, so tritt nun die Besorgniß ein, daß das Uebel
chronisch werden kann. Wenn man sieht, daß ein ruhiger,
besonnener, gelehrter Mann so plötzlich durch zurückgetretene
Gicht, oder was es sonst sey, um seinen Verstand kommen
kann, so sollte man glauben, daß der Natur vielmehr an
ihren chemischen Operationen im Körper und der Welt,
als an dem Verstände der Menschen gelegen sey.
Leben Sie herzlich wohl, und lassen Sie mich bald
hören, daß der Frühling jede der Klagen verscheucht hat,
die Ihr Brief über Ihre Gesundheit enthält. Ich bin sehr
wohl, und habe auch von dem Winter wenig gelitten, allein
mich ihm auch fast nicht ausgesetzt Mit der hochachtungs-
vollsten Freundschaft
der Ihrige,
Humboldt.
17. Schlegel an Humboldt.
Bonn den Uten April 1823.
Ew. Excellenz habe ich die Ehre zu melden, daß nach
langen Prüfungen meiner Geduld das 4 te Heft der Indischen
Bibliothek endlich ans Licht getreten ist. Ein für Ew. Ex-
cellenz bestimmtes Exemplar ist vorgestern durch den Post-
wagen in einem Packet an den Buchhändler Reimer
abgesendet Die 12 besonders abgedruckten Exemplare der
Abhandlung sind etwas später fertig geworden, ich werde
sie baldigst nach Berlin fördern. Ihr Herr Bruder wird
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142
Schlegel au Humboldt
sie morgen oder übermorgen schon in Händen haben, da
gedruckte Sachen sous bandes so schnell wie Briefe, in vier
bis fünf Tagen von hier nach Paris gelangen.
Zu meinem Leidwesen hat nur die erste Abtheilung,
nämlich § 1 — 6 inclusive diesem Hefte eingerückt werden
können. Ich hatte mich in der Schätzung des Manuscriptes
verrechnet. Der Paragraph 7 durfte nicht zerschnitten
werden, mit demselben würde das Heft weit über das ge-
wöhnliche Maaß angewachsen seyn, während der Verleger
den Preis doch nicht erhöhen durfte. Zudem war dann
noch eine neue Verzögerung zu besorgen, da der Vorrath
an Papier so weit nicht ausreichte.
Ich habe eine kurze Vorerinnerung beygefügt, von
welcher ich von Herzen wünsche, daß sie Ew. Excellenz nicht
misfällig seyn möge. Das erste Heft des zweiten Bandes
und in diesem die zweite Abtheilung der Abhandlung denke
ich recht bald nachfolgen zu lassen.
In diesem Augenblicke empfange ich Ew. Excellenz
gütiges Schreiben vom 8 ten April, und bin unendlich erfreut
von Ihrem Wohlbefinden und Ihren unermüdlich fortgesetzten
Studien so willkommne Nachrichten zu erfahren.
So bald der umgedruckte Bogen und die Cartons zum
Bhagavad-Gitä fertig sind, werde ich den bloßen Text an
Ew. Excellenz fördern. Da Sie gesonnen sind, sich mit
diesem Buche besonders zu beschäftigen, so wäre es gut,
sich die Übersetzung von Wilkins zu verschaffen. Es ist
damit ganz anders bewandt wie mit der des Hitöpadesa. —
Jene, zwar seine erste Arbeit, hat er in Benares verfertigt,
unter der Leitung eines vortrefflichen einheimischen Gelehrten.
Es fehlt zwar auch nicht am Nichtverstehen und an positiven
Misverständnissen, doch ist sie im ganzen brauchbar. Im
Bonn, 14. April 1823.
143
Hitopadesa gehen die Misverständnisse wirklich über die
Gränzen des Erlaubten hinaus, und wenn viele Sentenzen
im Originale so beschaffen wären, wie sie im Englischen
lauten, so möchte man sich billig über den Ruf der Weis-
heit wundern, wozu das Buch gelangt ist. Bey allem dem
suche ich diese Übersetzung dennoch als eine Handschrift zu
benutzen, indem ich oft durch das trübe Medium hindurch
errathen kann, wie er gelesen haben muß, und zuweilen meine
Pariser Lesearten bestätigt finde.
Herrn Bernsteins lithogrraplrischen Versuch habe ich noch
nicht gesehen, nnd wäre nengierig daranf : er hatte ihn mir
wohl zusenden können. Ich habe schon die Absicht gehabt,
etwas auf Übertragungs-Papier zu schreiben, um zu zeigen,
daß man es leicht besser machen könne als Othmar Frank.
Aber wozu soll man sich mit der Lithographie plagen, da
man es mit dem Drucken so bequem hat? Was kann man
mehr verlangen, als daß eine große Octavseite von 20 Zeilen,
bey der von mir getroffnen Einrichtung der Typen, in
anderthalb Stunden gesetzt wird? Dieß kann man im
Arabischen nur ohne Vocalzeichen, sobald es punctirt wird,
erfodert es viel mehr Zeit. Jeder Bogen des Bhagavad-
Gita auf starkem geglätteten Velin, eine Auflage von
300 Exemplaren, kostet mir alles in allem, Satz, Druck und
Papier, 25 Thaler. Ein starker Band von 30—32 Bogen
wird demnach 800 Thaler kosten. Für einen solchen wäre
10 Thaler gewiß ein mäßiger Preis, und so würde ein
Absatz von 100 Exemplaren die Kosten decken. Freylich
bey dem jetzt noch so beschränkten Bedarf wird es Zeit
erf odern, ehe so viele Exemplare abgehn, wenn ich nicht
etwa in England eine Subscription zu Stande bringen kann.
Ich hoffe dem Fonds des öffentlichen Unterrichts nicht
144
Schlegel an Humboldt
beschwerlich zu fallen, sondern alles möglichst aus eignen
Mitteln zu bestreiten.
Die bisher von Ew. Excellenz befolgte Methode, immer
dieselben Stücke wieder zu lesen, ist gewiß die rechte.
Ich mache es eben so. Man dringt auf diese Weise in die
Sinnesart ein, welche der Bildung der Sprache und des
Styls zum Grunde gelegen hat, und spürt mit Freuden,
wenn man nach einer Zwischenzeit zu dem oft betrachteten
zurückkehrt, daß einem ein neues Licht aufgegangen ist
Indessen denke ich, in der Folge, wenn erst eine gewisse
Anzahl bequemer und correcter Ausgaben vorhanden sind,
werden Ew. Excellenz den Rämäyana und andre epische
Stücke während der Nachmittagsruhe wie die Zeitungen
weglesen können.
Ich stelle mir vor, die Jugendgeschichten des Krischnas
und seine Liebschaften mit den Hirtinnen in dem Bhagavata-
Puräna müssen sehr anmuthig seyn.
Über den Gegensatz, welchen das Indische Epos mit
dem Griechischen bildet, bin ich vollkommen einverstanden;
indessen finde ich auch große Züge der Ähnlichkeit. Wenn
wir jenes erst besser kennen, wird dieß Anlaß zu den an-
ziehendsten Vergleichungen geben. Ungeachtet der völligen
Emancipation der Homeriden von der priesterlichen Zucht
glaube ich doch im Homer noch Spuren der älteren
sacerdotalen Poesie durchschimmern zu sehen. Auf der
andern Seite kann ich nicht umhin anzunehmen, daß manche
Theile der Indischen Mythologie von den Kschatriya's und
ihren Sängern ausgegangen sind und daß die Brahmanen
sie nur nach ihrem Sinne umgestaltet und sich zugeeignet
haben. Ein gelehrter Freund machte mir die Bemerkung,
man dürfe aus dem Rämäyana nur die Capitel von der
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Bonn, 14. April 1823.
145
Incarnation wegnehmen, so erscheine nachher das Übrige
als eine bloß menschliche Heldengeschichte. Soll doch selbst
Valmikis der Sage nach nicht einmal ein Brahmane gewesen
seyn. Vyasas freylich war es, aber Vyäsas ist, wie * Oft^Qoq
von 6fiTj nnd «(w, der Zusammenfüger, und daß bey den
Sagengedichten Brahmanen dieses Amt übernommen, kann
man gern glauben.
Es freut mich außerordentlich, daß meine Versuche mit
Übertragung der Sentenzen Ew. Excellenz nicht misfallen.
Hier ist eine artige von Bhartri-Hari ; ein verliebtes Epigramm:
Bey der Lampe, des Heerds Flamme, bey Mond- Sternen und
Sonnenschein,
Fern von des Madchens Rehaugen liegt die Welt mir in Fin-
sternis.
Es kommt, wie mich dünkt, hauptsächlich darauf an, daß
man am Schluße des ersten Hemistichs den Fuß:
w
recht fühlbar mache, und in dem zweiten den jambischen
Gang vermeide. Die Gefahr des Holperichten liegt freylich
sehr nahe, das haben uns leider die Beyspiele bewiesen. Und
wie ist es zu machen, wenn das Sylbenmaaß ein künst-
licheres, und wie die lyrischen der Alten von einem Ende
zum andern ganz festgesetzt ist? Damit gleichen Schritt
zu halten, wird sehr schwierig seyn. Übrigens muß ich
mir doch die Freyheit vorbehalten, für die freye Nach-
bildung epischer Stücke so gelind fließende Hexameter zu
machen, als ich nur irgend weiß und kann.
Die beiden von Ew. Excellenz angeordneten Aus-
lassungen in dem letzten Theile der Abhandlung besorge
ich sogleich.
In diesem Augenblicke erhalte ich durch eine ver-
bindliche Sendung von Herrn Bernstein seine lithographischen
10
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146
Schlegel an Humboldt
Blätter. Sie gefallen mir ganz ungemein wohl, ja ich freue
mich, sie den Frankschen Ungeheuern entgegenstellen zu
können, welche uns im Auslande lächerlich machen, und ich
werde ihm darüber schreiben.
Freylich sollte man den Apostroph wohl immer setzen,
wie alles was zur Deutlichkeit dient, ohne sich von dem
ursprünglichen Gebrauche zu entfernen. In demhitöpadesö'yam
könnte ja der unerfahrne Schüler das letzte Wort für den
Acc. pronom. relat nehmen. Noch viel unerläßlicher ist das
Zeichen aber, wenn das a privatiwm wegfällt vor einem
sonoren Buchstaben, welcher das visarga auf gleiche Weise
verwandelt haben würde. Hier könnte man der Sprache
selbst Zweideutigkeit vorwerfen, wenn das a, obschon
elidirt, nicht hörbar bliebe, weswegen das Zeichen ' ein
halbes ä heißt Dieß bestätigt auch Colebrooke in seiner
Abhandlung von der Indischen Poesie von den sämtlichen
Synaloephen, so wie Brunck behauptet, dasselbe habe in den
dramatischen Versen der Griechen Statt gefunden.
Desto besser, wenn Haughton die Analyse des Hitöpadesa
nicht gemacht hat. Als er in Paris war, befand ich mich
wegen der Krankheit meiner verewigten Freundin in so
schweren Bekümmernissen, daß ich seinen Besuch gar nicht
benutzen konnte. Chezy hatte aber wegen des verwünschten
Verses Hitop. ed. Lond. pag. 2. lin. 21. guni p ein Orakel von
ihm begehrt, und seine Antwort nicht ganz befriedigend
gefunden. Ich glaube einzusehn, daß die Dunkelheit von
einem Wortspiele herrührt, bedarf aber dennoch, außer der
Seramporer Leseart, einer Conjectur, um einigermaßen
herauszukommen.
Die Umstellung eines Verses oder Distichons scheint mir
zu den gelinderen Emendationen zu gehören. Der Indische
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Bonn, 14. April 1823.
147
Abschreiber entstellt seine Arbeit nicht gern durch Aus-
streichen; wenn er nun die wahre Ordnung verfehlt hat,
so macht er vielleicht ein kleines Zeichen dabey, welches
übersehen wird, und so kann der Irrthum sich leicht in
einer Menge Handschriften verbreiten.
Man schildert mir den Zustand der Sanskritstudien in
Paris als nicht sonderlich blühend. Dagegen weiß Remusat
den Eifer für das Chinesische zu beleben. Die Asiatische
Gesellschaft hat noch keine Anstalt zu Devanagari-Lettern
gemacht, und es ist fürs erste noch keine Aussicht dazu da.
Ein Privatversuch, meldet man mir, werde angestellt,
scheine aber nicht sonderlich auszufallen.
Ich empfehle mich dem wohlwollenden Andenken
Ew. Excellenz mit unbegränzter Verehrung.
gehorsamst
AWvSchlegel.
Von dem Unglücke des wackern Wilken wußte ich
noch nicht, und beklage es von ganzem Herzen, um so
mehr da ich ihn persönlich kennen gelernt habe, und auch
an seiner Frau und ihrer Familie freundschaftlich Antheil
nehme.
18. Humboldt an Schlegel.
Berlin, den 6. Mai, 1823.
Ich würde Ew. Hochwohlgebornen schon viel früher
für Ihren gütigen Brief vom 14. vorigen Monats gedankt
haben, wenn mir nicht das Heft der Indischen Bibliothek
viel später, und erst vor wenigen Tagen zugekommen wäre.
10*
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148
Humboldt an Schlegel
Mein Dank ist aber freilich jetzt doppelt und dreifach.
Sie beschämen mich wirklich durch die Güte und Auf-
merksamkeit^ mit der Sie meinen Aufsatz, der nur zu sehr
die Spuren meiner noch schwachen Kenntniß des Sanskrit
an sich trägt, behandelt haben. So sehr ich fühle, daß ich
die schmeichelhafte Vorerinnerung nur Ihrer nachsichts-
vollen Freundschaft verdanke, so wird sie mich doch mehr
anreizen, auf dem einmal betretenen Wege, für den Sie
eine so aufmunternde Theilnahme anregen, und immer mit
festeren Schritten fortzugehen. Ich würde es schneller
können, wenn ich nicht einen großen Theil meiner Zeit
dem bloßen Studiren, d. L wirklichem Lernen widmete, der
alsdann natürlich dem Ausarbeiten entzogen bleibt Aber
wenn man sich einmal, wie mein Zweck es unerläßlich
erfordert* auf mehrere Sprachen ausbreiten muß, so ist es mir
ein wahrer Gräuel, dies nur so obenhin und mit Durchlesen
einer Grammatik und Blättern in einem Wörterbuch zu
thun. Wie man aber gründlicher eingehen will, wächst
auch der Zeitaufwand ins Unendliche. So angenehm die
schön gedruckten Sanskritstellen in meiner Abhandlung
schon beim ersten Anblick mich überrascht haben, so hat
mir die Häufigkeit derselben ordentlich Gewissensbisse bei
dem Gedanken erregt, daß Ew. Hochwohlgebornen Selbst
sie gesetzt haben. Freilich aber wäre auch sonst nicht die
ungemeine Correctheit zu erwarten gewesen. Ich habe
durchaus keinen einzigen, noch so kleinen Druckfehler ent-
decken können. Denn ein anscheinendes anuswära, wo es
nicht hingehört* in der Stelle Beispiel 5. kann sehr füglich
nur ein Fleck im Papier in meinem Exemplar seyn. Auch
für diese Sorgfalt bin ich Ew. Hochwohlgebornen überaus
verpflichtet, und sehe mit einiger Beruhigung auf den
Berlin, 6. Mai 1R23.
140
Ueberrest der Abhandlung hin, da dieser glücklicherweise
weniger Sanskritstellen enthält
Ew. Hochwohlgebornen eigne Abhandlung hat mir das
größeste Vergnügen gewährt. Es ist wirklich Ihnen aus-
schließlich eigen, tiefe Untersuchungen in ein so leichtes
und gefälliges Gewand zu hüllen; man kann nichts An-
ziehenderes lesen, als die Nachrichten, die Sie, nach Eng-
lischen Quellen, über den Ursprung der bedeutendsten
Indischen Flüsse mittheilen, und die Untersuchungen über
Java sind ebenso wichtig und scharfsinnig geführt in sich,
als reich an fruchtbaren Winken über die Behandlung
ähnlicher Punkte in der Völkergeschichte. Auf die noch
ausführlichere Prüfung der bisherigen Meinungen über
Buddha bin ich ungemein begierig. Ritter ist in der Vor-
halle wohl überhaupt nicht vorsichtig genug gewesen, und
mag es jetzt bereuen. Da ihm auch die Kenntniß des Alt-
Indischen ganz abgeht, so ist eigentlich von ihm keine neue
Entdeckung über diesen Punkt zu erwarten, so sehr er
sonst die Wissenschaft wahrhaft erweitert hat Auch mir
ist der Gegensatz der Brahmanen und Buddhisten nie voll-
kommen klar geworden, und das Lesen der Ritterschen
Schriften, da, wo sie diesen Gegensatz berühren, ist mir
dadurch immer ordentlich peinlich gewesen. Ihr Geständniß
S. 414. hat mir daher wahre Erleichterung gewährt Wie
ich mir aber den Buddha vorstellen mag, so kann ich die
Idee, die ich noch von ihm habe, immer nur mit der eines
Reformators vereinigen, und mithin ihn nicht als Vor-
Brahmanisch setzen. Niemand ist aber über diesen Gegen-
stand in dem Grade Belehrung zu gewähren fähig, als
Ew. Hochwohlgebornen. Denn gewiß verbindet niemand
jetzt soviel wahrhaft kritisch -philosophischen Geist mit so
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150
Humboldt au Schlegel
großer alter und neuer Belesenheit und so gründlicher
Sprachkenntniß. Es wäre daher doppelt zu wünschen, daß
Sie, sobald Sie mit dem Bhagavad-Gita fertig seyn werden,
an diese Arbeiten kommen möchten.
Ihre Anmerkungen zu meinem Aufsatz habe ich aufs
neue, da mir die meisten aus Ihren Briefen bekannt waren,
genau geprüft, die vielfältigste Belehrung daraus geschöpft,
und sie als wahre Berichtigungen des Textes anerkannt.
Diese Bemerkungen und die, zu welchen Sie noch Hoffnung
machen, hervorgelockt, und so viele einzelne wichtige Punkte
über Indische Grammatik und Kritik zur Sprache gebracht
zu haben, wird das größte Verdienst meiner Arbeit bleiben.
Sie erlauben mir über einige dieser Anmerkungen wohl
aber noch ein Paar "Worte.
Sollte in der Stelle, von der Ew. Hochwohlgebornen
S. 447. reden, der Genitiv gerade ein Genitivus commodi
seyn müssen? Um so, wie Sie thun, zu erklären, braucht
man nur das Substantiv im Activum zu nehmen. Das
Sehen meiner oder mein Sehen kann ebensowohl heißen,
daß ich sehe, als gesehen werde. In der von Ew. Hoch-
wohlgebornen S. 447. b berichtigten Stelle ist ein ganz
ähnlicher Fall, rdkshd me ist dort meine Rettung
d. h. die von mir bewirkte. Eine Parallelstelle, und in
welcher die Pronominalform keine Zweideutigkeit zuläßt, ist
Nalas IX. 8. In der Stelle Anmerkung S. 447. möchte ich
Sie aber doch noch darauf aufmerksam machen, daß im
Hitopadesa im frühern Theil der Erzählung wirklich der
Stein den Löwen zu sehen wünscht. Dies spricht dafür
anzunehmen, daß der Löwe gleichsam gezeigt wird. Warum
ich aber auch die Pariser Lesart für die richtigste halte,
ist daß sie das Participium geradezu auf das Substantivum
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Berlin, 6. Mai 1823.
151
bezieht. In der Serampora ist, wenn anch dniya gar nicht
da stünde, sanjhcdka darianan Mritah eine höchst wunder-
bare (Instruction. Die von Ihnen S. 448. 449. 457. vor-
geschlagenen Veränderungen der Lesart sind in die Augen
fallend richtige Verbesserungen. Die Anmerkung S. 445. b -
läßt mich noch einigermaßen zweifelhaft Ew. Hochwohl-
gebornen Erklärung giebt offenbar einen sehr passenden
Sinn. Allein ich weiß nicht, ob sie nothwendig ist, und
meiner, freilich sehr beschränkten Erfahrung nach, folgt,
wo Worte, oder Gedanken angeführt werden, immer iti
nach. In der Stelle (Beispiel 21.) läßt sich Wilkins Ueber-
setzung, die mir nicht erinnerlich war, mit der von mir
gegebnen sehr wohl vereinigen. Sie haben in die Ihrige
eine Nuance gelegt, die mir sehr treffend geschienen hat.
Sie erklären nemlich parijndya nicht, wie ich that, so, daß
die Kupplerin den Buhlen erkannt, erfahren habe, daß
einer da sey und wer, sondern daß sie erkannt habe, daß
er Schuld an jener plötzlichen Umarmung des Ehemannes
war. Nur setzt das voraus, daß die Kupplerin bei der
Scene zugegen war, worauf sonst nichts in der Erzählung
führt. Auf alle Fälle aber ist diese lückenhaft Vergleicht
man Alles, was Ew. Hochwohlgebornen so sehr richtig über
die von mir angeführten Stellen bemerken, so sieht man,
daß es eigentlich noch ein voreiliges Unternehmen ist,
feinere Punkte der Syntaxis des Sanskrit aus den Schrift-
stellern entwickeln zu wollen. Dies setzt erst berichtigte
Texte voraus, an denen es jetzt noch so gut, als gänzlich
mangelt.
Bernstein hat in seiner Ausgabe des Hitopadesa eine
Stelle ohne Anmerkung gelassen, in der ich, bei der
jetzigen Lesart, durchaus keinen Ausweg weiß. Es ist
152
Schlegel an Humboldt
S. 7. Z. 4. (Editio Lond. S. 5. Z. 2.) panclitäh Srüyantän
matna wachanam. Hamilton erklärt das Verbum als die
3. pluralis imperativi mediL Aber da s'ru nach der 5. Conju-
gation geht, so kann es kein ya im Medium haben. Es
kann, soviel ich begreife, nur die angegebne Person im
Passivum seyn, und dann paßt die Construction nicht Man
muß also wohl, trotz der Uebereinstimmung der Londner
und Seramporer Ausgabe, pan$itäh für den Vocativ nehmen,
iruyatän lesen und wachanam, das bei Hamilton der 2. Casus
seyn soll, als den ersten ansehen.
Ich will aber Ew. Hochwohlgebornen heute in der That
nicht mit einem zweiten Bogen ermüden, sondern hier mit
dem herzlichen Wunsche schließen, daß Sie mögen in voll-
kommner Gesundheit und Heiterkeit Ihre so treflichen
Arbeiten und Studien fortsetzen können, und nur die Bitte
um die Fortdauer Ihres gütigen und freundschaftlichen
Wohlwollens hinzufügen. Mit der hochachtungsvollsten
Ergebenheit
der Ihrige,
Humboldt.
19. Schlegel an Humboldt.
Bonn den lO^Mai 1823.
Ich bin sehr glücklich, durch Ew. Excellenz gütiges
Schreiben vom 6ten Mai die Versicherung zu haben, daß Sie
mit der Besorgung Ihrer Aufträge zufrieden gewesen sind.
Es ist gewiß nicht meine Schuld, wenn irgend wer in Berlin
das Heft der Indischen Bibliothek zeitiger erhalten hat als
Ew. Excellenz: die sämtlichen Exemplare sind in Einem
Bonn, 19. Mai 1823.
153
Packet abgegangen und Herrn Keimer zur Besorgung
empfohlen worden.
Vor vier Tagen habe ich die besondern Abdrücke der
Abhandlung nebst dem Text des Bhagayad Gita abgesendet.
Den letzten bitte ich nur nicht aus der Hand zu geben,
damit er nicht vor der Erscheinung seine Neuheit verliere.
Jetzt werden die kritischen Anmerkungen gedruckt
Ich werde sie nachsenden, da sie vielleicht hier und da
zum leichteren Verständniß beytragen können. Ich denke,
Ew. Excellenz werden wenig Schwierigkeit finden, wenn
Sie mit der Übersetzung von Wilkins versehen sind. Zwar
ist sie nicht frey von Misverständnissen, ja an vielen Stellen
gar keine Übersetzung, weil er viele Indische Namen für
abstracte Begriffe geradezu herübergenommen hat. Auf jeden
Fall wird meine lateinische Übersetzung nachfolgen, von
der ich zwar eigentlich nur grammatische Auslegung ver-
heißen kann. Die philosophische bleibt der Zukunft vor-
behalten.
Ich wünsche recht sehr, vor der Reise nach England noch
ein neues Heft der Indischen Bibliothek ans Licht zu fördern,
welches dann den für die Hellenisten so interessanten zweiten
Theil Ihrer Abhandlung enthalten wird. Ich werde mein
möglichstes thun: aber ich bin ein langsamer Schreiber,
und jetzt habe ich noch vollauf mit dem Druck der Zu-
thaten zum Bhagavad Gita zu schaffen.
So eben empfange ich mit einem verspäteten Brief von
Colebrooke den Uten Band der Asiatic Researches, der fast
ganz mit mathematischer Geographie angefüllt ist Nur eine
Abhandlung über die geographischen Nachrichten der Alten
von Indien steht darin, von Wilf ord, der aus Beschämung
über die bekannte Mystification seit vielen Jahren geschwiegen
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154
hatte. Ich habe noch nicht gelesen, aber nach dem ersten
flüchtigen Anblick fürchte ich, er ist noch immer von seinen
alten Täuschungen nicht ganz geheilt.
Colebrooke meldet mir, man habe, oder vielmehr wohl,
er habe in London nun auch eine Asiatische Gesellschaft
gestiftet. Dieß kann sehr nützlich werden, wenn sie es mit
Eifer und Geschick angreifen. Die Pariser Gesellschaft ist
mit ihren Geldmitteln gar zu beschränkt. Dieß wird doch
in London anders seyn. Wenn ich nur hinkomme, ich hätte
ihnen zehnerley Vorschläge zu thun. So, denke ich, könnte
es gut gerathen, wenn die Engländer das Geld und die
Materialien, und wir Deutschen den Fleiß und die kritische
Genauigkeit dazu hergäben.
Ich wünsche Glück zu der ersten versuchten und wohl-
gerathenen Emendation. Allerdings muß es Hitop. Lond.
p. 5, 1.2 heißen srüyatäm, und so steht es auch in der
Pariser Handschrift. "Ihr Herrn Gelehrten! meine Rede
werde angehört." Herr Bernstein ist wohl zu entschuldigen,
daß er sich, ohne die Hülfe einer Handschrift* gegen die
dreifache Auctorität der beiden Ausgaben und Hamiltons
nicht aufgelehnt hat. Ich bin nun schon so verstockt, daß
ich für diese dreifache Auctorität nicht einen Pfifferling
gebe. — An einer andern Stelle Q>. 10 seiner lithographischen
Blätter) hat Herr Bernstein den Fehler richtig bemerkt,
aber nicht richtig verbessert. Es muß marusthalyärri heißen,
cos. 7 von marusthali, ein solches Wort, wie er annimmt:
marusthdlya giebt es nicht.
Ich füge nach der Gewohnheit einige grammatische
Kleinigkeiten auf einem besondern Blatte bey.
Ich möchte Ew. Excellenz wohl mein Leiden klagen,
daß im Fache der Etymologie und vergleichenden Sprach-
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Bonn, 19. Mai 1823.
155
künde so entsetzlich gepfuschert wird. Ich verehre an dem
wackern Ritter seinen redlichen Eifer nnd unermüdeten
Fleiß, aber in der Vorhalle hat er sich von dem begeisterten
Tone, der so übel zur Geschichtforschung paßt, anstecken
lassen. Ich möchte sagen, wie Leibnitz vom Abb6 Pezron:
bonus Ritterus noster paullo plus, quam par est, xavvl&i
vel yoföeol&i. Er weiß kein Sanskrit, das ist noch nicht
das schlimmste, er weiß auch nicht recht Griechisch. Er
hat ävÖQidvtaq avaxufiivovq für liegende Statuen ge-
nommen, und sich daraus ich weiß nicht was gefabelt,
von Göttern die liegend (warum nicht gar auf den Kopf
gestellt!) angebetet worden seyn sollen. Ein ähnliches
Unglück ist dem Engländer Prichard begegnet, der ein
paradoxales aber geistreiches Buch über die Menschenracen
geschrieben, und dessen Vergleichung der Indischen und
Aegyptischen Religion wirklich manches gute enthält Er
übersetzt aus dem Herodot: tvjtrovrai xbv xqwv, they whip
the rem; woraus denn weiter folgen würde, daß die Aegyptier
gelegentlich, wie die Kamtschadalen, ihre Götter gepeitscht
hätten. So etwas kann in der Zerstreuung begegnen, aber
das Üble ist, daß es nun alle nicht wörtlich angeführten
Griechischen Stellen verdächtig macht, und man sie selbst
nachschlagen muß. Es ist wahr, viele Untersuchungen
nehmen in unserm Zeitalter eine solche Wendung, daß
Universalität dazu gefodert wird; diese besitzt aber niemand
vollkommen: warum zieht man also nicht zuvor die Kundigen
zu Rath?
Mit dem Sanskrit ist es vollends bey unsern Lands-
leuten eine wahre Wuth davon zu sprechen, ohne es zu
wissen. Herr Rhode in Breslau, dem wir auch eine artige
Vergleichung des Koptischen mit dem Plattdeutschen ver-
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156
Schlegel an Humboldt
danken, will den Colebrooke über das Wort siddhänta zu-
recht weisen, es könne unmöglich demonstratio heißen.
Haben Ew. Excellenz die Sprachbemerkungen in Links Ur-
welt gesehen? Und das Opus tripartitum? Wer kann es
nur in Wien geschrieben haben? Doch wohl ein vor-
nehmer Pole? Es hat einen Geschmack vom Polnischen
Reichstage.
Was soll man nun bey dem allen thun? Es still-
schweigend hingehen lassen, oder mit Spott darein
fahren, oder ernsthaft widerlegen? Das letzte könnte be-
schwerlich fallen.
Ich freue mich zu sehen, daß Ew. Excellenz über den
Buddhismus vorläufig mit mir einverstanden sind. Ich hoffe
von Remusat, der ja in China, in Tibet, in der Tartarey,
überall wo der Buddhismus zu Hause ist, die besten Auf-
klärungen hervorzurufen. Ich selbst sehe wohl die histo-
rische Wichtigkeit ein, habe aber eigentlich keine Neigung
zu dieser Untersuchung.
Ew. Excellenz dürfte man wohl gegen allzu große
Gewissenhaftigkeit bei den Studien warnen, damit die Aus-
arbeitung nicht allzu weit hinausgeschoben, und ihr nicht
allzu viel Zeit entzogen werden möge. Man muß sich endlich
einmal ein Ziel setzen; es wäre mir sehr nützlich das
Arabische zu wissen, aber es würde dem Sanskrit Abbruch
thun. Das Persische gedenke ich schon einmal so nebenher
mitzunehmen.
Das Setzen der Indischen Stellen in der Abhandlung
war eine Kleinigkeit. Ich besorgte, der Setzer möchte sich
ans Ew. Excellenz Handschrift nicht gut finden können,
denn sonst ist sowohl mein Setzer als mein Schüler schon
vollkommen eingeübt
Bonn, 19. Mai 1823.
157
Mit meiner Gesundheit, wonach Sie die Güte haben,
sich zu erkundigen, geht es seit einiger Zeit ziemlich gut.
Ich habe mich einmal wieder auf das Reiten gelegt, und
zwar, um methodisch mit der Grammatik anzufangen, auf
der Reitbahn. Ich komme mir dabey wie der dipifia&tjq des
Theophrast [vorj, mit dem ich überhaupt viel Ähnlichkeit habe.
Wir haben diesen Sommer ungefähr hundert Studirende
weniger. Doch habe ich in einer Vorlesung über das Lied
der Nibelungen gegen 150 Zuhörer. Ein herrlicher Hörsaal
mit fünf großen Fenstern, die Aussicht auf den Rhein, die
sieben Berge und den Drachenfels: man kann sich kein
schöneres Local dazu wünschen.
Ich wünsche Ew. Excellenz einen recht heitern Sommer-
aufenthalt in vollkommnem Wohlseyn mit den Ihrigen. Mit
der aufrichtigsten Verehrung und Ergebenheit
Ew. Excellenz
gehorsamster
AWvSchlegel.
Um den Brief nicht länger liegen zu lassen, muß ich
die grammatica auf das nächstemal verschieben.
20. Humboldt an Schlegel.
Ottmachau, den 21. Junius, 1823.
Ich erhielt Ew. Hochwohlgebornen gütige Zeilen vom
19. vorigen Monats (die aber wohl später abgegangen seyn
müssen) so kurz vor meiner Abreise hierher, daß es mir
unmöglich war, sie noch von Berlin aus zu beantworten.
Jetzt ist es mir um so lieber, die Antwort verschoben zu
158
Humboldt an Schlegel
haben, da ich Ihnen sagen kann, daß ich die ersten
10. Gesänge des Gita gelesen habe. Bemerkungen, die Sie
interessiren könnten, werden Sie von mir, und am wenigsten
nach der Lesung des bloßen Abdrucks schon selbst nicht
erwarten. Aber danken thue ich Ihnen recht herzlich für
die große Freude, die mir das Lesen schon dieses Theils
des Gedichts gewährt hat Es ist mir in solchen Dingen
eine gewisse Kindlichkeit geblieben, und ich kann nicht
abläugnen, daß mich während dieses Lesens ein paarmal
das Gefühl einer wahren Dankbarkeit gegen das Schicksal
überrascht hat, das mir vergönnt hat, diese Dichtung so
gut, wie es mir nun jetzt eben damit geht, in der Ursprache
zu vernehmen. Es ist mir, als wurde mir etwas recht
Wesentliches gefehlt haben, wenn ich, ohne das, hätte die
Erde verlassen müssen. Man kann nicht sagen, daß man
gerade dadurch neue Wahrheiten entdeckt Der unbe-
schreiblich fesselnde Eeiz liegt nicht einmal in der Be-
stätigung längst erkannter. Aber man wird von einem so
wundervollen Gefühle alterthümlicher, großartiger und tief-
sinniger Menschheit ergriffen, daß man wie in Einem Punkt
die geistige Entwickelung aller Menschengeschlechter und
ihre Verwandtschaft mit dem Reiche alles Unsichtbaren zu
empfinden glaubt Die Sprache erscheint ganz anders in
diesen Ueberbleibseln der ältesten Zeit Der Gedanke
scheint inniger mit den Worten verschmolzen, und in dem
Laute, der Bewegung dieser, ihren Anklängen an verwandte
Begriffe und Bilder fühlt man immer mehr, als den einzelnen
Gedanken, ja selbst als ein Individuum, wirklich das geistige
Walten eines ganzen Zeitalters. Nichts was ich bisher im
Sanskrit gelesen, hat mir einen solchen Eindruck hinter-
lassen, ich begreife indeß, daß, wer das Stück nur in der
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Ottinachau, 21. Juni 1823.
159
Uebersetzung, und sey es auch die beste, liest, das gar nicht
empfinden kann. Die Uebersetzung eines solchen Werks
gleicht wirklich der Beschreibung eines Gemäldes. Farben
und Licht fehlen. Ich werde gewiß, wenn ich mit dem
Ueberrest des Gedichts fertig bin, es oft wiederlesen, wie
ich mich nicht habe enthalten können, schon mit den ersten
Gesängen zu thun. Die ersten drei Gesänge las ich ohne
Wilkins Uebersetzung, die ich erst später erhielt, aber nun
hier habe. Grammatische Schwierigkeiten bietet dies Gedicht
vielleicht weniger dar, als Alles, was ich bisher versucht
habe. Die Construction ist von der höchsten Einfachheit.
Indeß bin ich überzeugt, daß Ihre Bearbeitung schon sehr
viele Schwierigkeiten weggenommen, und habe die Leichtig-
keit, mit der man, ohne durch Fehler aufgehalten zu werden,
fortliest, dankbar empfunden. Ich habe auch die geringe
Anzahl der Druckfehler bewundert Es ist mir keiner,
außer den angeführten, aufgestoßen. Zwar ist mir lectA.
sl. 1. v. 2. ilcshwaJcawc mit der kurzen zweiten Silbe auf-
gefallen, da ich immer sonst ilcshwäku finde. Allein es giebt
doch wohl zwei Formen, oder hier einen mir unbekannten,
den Vocal verlängernden Grund. Die Lettern haben mir
erst jetzt, wo ich sie zusammen sehe, ganz so gefallen, wie
sie es verdienen. Ich räume ihnen nun durchaus den Vor-
zug vor denen von Wilkins ein. Nur ein Paar wünschte
ich anders. So das dra, das man zu leicht mit dga (dg) ver-
wechslen kann, nicht zwar wenn sie bei einander stehen,
aber wenn man jenes allein sieht So auch scheint mir
Wilkins xrv deutlicher. In Ihrem Zuge kann man einen
Augenblick anstehen, ob das x oder x der erste Buchstabe
seyn sollen. Dagegen sind alle andern Züge so deutlich
und bestimmt unterschieden, und so zierlich gewandt, auch
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100 Humboldt an Schlegel
in so richtige Entfernung gebracht, daß die Leichtigkeit des
Lesens dadurch ungemein gewinnt. Wenn die Asiatische
Gesellschaft in Paris einmal Lettern gießen läßt, thäte sie
sehr gut, ganz die Ihrigen zu nehmen. — Für die Abdrücke
meiner Abhandlung sage ich Ihnen meinen herzlichsten
Dank. Ich bitte Sie aber sehr, meinetwegen ja nicht mit
dem Druck des folgenden Heftes zu eilen. Mein Aufsatz
ist so wichtig nicht, daß nicht recht füglich die Fortsetzung
noch ausbleiben könnte, und ich bin gar nicht sehr überhaupt
auf das Drucken gerichtet. Es thut mir vielmehr immer
leid, daß etwas nun so fest und starr da steht, daß sich
nichts mehr daran ändern läßt. — Ew. Hochwohlgebornen
Reise nach London halte ich für das Sanskritstudium von
großer Wichtigkeit. Sie werden dort den Eifer anzuregen,
und guten Rath zu ertheilen wissen. Aeußerst wichtig wäre
ein raisonnirendes Verzeichniß der Sanskrit Handschriften
in der Sammlung des Ostindischen Hauses, wo möglich so
ausführlich gemacht, als Casiris Beschreibung der Arabischen
des Escurials. So Vieles auch einzeln darüber in den
Asiatischen Untersuchungen und sonst vorkommt, so über-
sieht man doch bei weitem noch nicht genug den ganzen
Umfang der Indischen Literatur, und trostlos ist es gar,
wenn man nichts als Namen und Titel hört. So möchte
ich so gern wissen, ob es wirklich eine höhere, wissen-
schaftliche oder wenn Sie wollen, richtiger beredte Prosa,
der Griechischen ähnlich, in der Sprache giebt, und wenn eine
solche vorhanden ist, eine Probe davon sehen. Gesetzbücher,
Grammatiken, Commentare, streng wissenschaftliche Werke
rechne ich natürlich nicht dahin. Die Philosophen scheinen
großentheils zugleich metrisch zu seyn. Ob es aber
prosaisch philosophische Werke giebt? ob historische, die
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Ottmachan, 21. Juni 1823.
161
man gemeinhin abläugnet, von denen ich aber doch Einiges
erwähnt gefunden habe? ob sonst prosaische Werke, in
denen die Form, der Stil, wenigstens zugleich für sich eine
Rolle spielt? möchte ich wissen. Es gab doch auch in
Indien Republiken. Sollte die Beredsamkeit in einer solchen
Sprache gar keinen Platz gefunden haben? Es ist wunder-
bar, daß man, soviel auch über gewisse Gegenstände ge-
schrieben ist, doch nicht Aufschlüsse über manche höchst
wichtige und ganz einfache Fragen erhält. So habe ich
aus Remusats ganzer Schrift über die Chinesische Literatur
nicht herausbringen können, ob es in derselben große
Epische Gedichte giebt, oder nicht? Unendlich gern hätte
ich aus London den Amara Cosha, den zweiten Theil des
Ramayana (beide sehr schwer zu finden) und das Gesetz-
buch des Manus. Sie erzeigten mir eine große Gefälligkeit,
wenn Sie mir sie verschaffen könnten. Die Auslagen
erstatte ich sogleich. — Ritters liegende Bildsäulen sind
freilich schrecklich. Ich habe die Vorhalle nur zum Theil
und nur flüchtig gelesen, bin aber selbst ein wenig an dem
Buche Schuld. Er fing es 1816. in Frankfurt zu schreiben
an, und theilte mir den Anfang mit. Ich war damals noch
weniger bewandert, als jetzt, in diesen Dingen, einige
Ideen frappirten mich, und da man ihn hätte anhalten
sollen, ermunterte ich ihn. Er war wirklich selbst augen-
blicklich in seinem begeisterten Tone, wie Sie es mit Recht
nennen, zweifelhaft und merkte selbst Unrath. Jetzt, glaube
ich, sieht er es noch mehr ein. Da er so viel wahres
Verdienst hat, glaube ich, thut man am besten, die Schrift
ganz ungedruckt anzusehen, und sich nur an das zu halten,
was er davon wieder einmal vorbringen könnte. Sprach-
kunde schien er mir immer nicht viel zu besitzen. Allein
U
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162
Humboldt an Schlegel
man sollte sich dann an bewährte Uebersetzungen halten,
da man allerdings nicht Alles wissen kann. — Prichard
hat seine Widder-Geisselung wohl nicht einmal aus dem
Original genommen, sondern aus Vallas lateinischer Ueber-
setzung, wo, wie ich mich, da mich ehemals die Stelle auch
in Verlegenheit setzte, erinnere, derselbe Irrthum ist
Riemer — das einzige Griechische Wörterbuch, das ich
hier habe, weil es zufällig hier liegen geblieben ist> — sieht
xojixtö&ai mit dem Accusativ für die gewöhnliche Con-
struction an. Aber ich müßte mich sehr irren, wenn der
spätere mehr logisch gebildete Graecismus dies erlaubt hätte.
Man sagte, wenn ich mich recht erinnere, das Wort mit
dem Dativ, was auch natürlich ist: sich für einen an die
Brust schlagen. Der Accusativ bei Herodot ist eine Ano-
malie. Da ich leider wenig von dem lese, was seit den
letzten Jahren erschienen ist, so ist mir der Unfug, von dem
Sie reden, weniger bekannt. Es ist aber kaum der Mühe
werth, ihn großer Aufmerksamkeit zu würdigen, und man
thut wohl am besten, nur, wo es die Gelegenheit giebt,
solche Verstoße zu rügen. — Wegen des Arabischen haben
Ew. Hochwohlgebornen eigentlich wohl recht, daß es nicht
gut ist, sich zu sehr zu verbreiten. Aber mein Weg führt
mich einmal dahin, mich mit der Sprache überhaupt zu
beschäftigen, und da darf man eigentlich keinen der Haupt-
stämme vernachlässigen. Eine natürliche Folge davon aber
ist freilich, daß man in jeder einzelnen Sprache gegen
andre zurücksteht Nur mache ich doch sorgfältige Unter-
schiede. Es ist gar nicht meine Absicht, eigentlich in die
Arabische Literatur einzugehen, ich suche nur insofern zu
verstehen, als man ohne das doch keinen anschaulichen
Begriff von der Grammatik haben kann. Diese ist aber im
Ottmaehau, 21. Juni 1823.
163
Arabischen sehr merkwürdig, wenn man auch nur die fast
gänzliche Gleichgültigkeit der Vocale, wenigstens bei den
Wurzeln, den bestimmten Unterschied zwischen den Wurzel-
buchstaben und einigen wenigen, ausschließend zu den
Beugungen gebrauchten, und das Einschieben von Beugungs-
lauten zwischen die Wurzelbuchstaben nimmt. In ihrem
Wesentlichen ist die Arabische Grammatik überaus leicht,
viele der kleinlichen Mühseligkeiten, mit denen man zu
kämpfen hat, gehören nur den Grammatikern an. Für das
Persische muß es aber doch anziehend seyn, beides Arabisch
und Sanskrit zu kennen. Es ist gewissermaßen für die
Orientalischen Sprachen, was das Englische in den Abend-
ländischen. — Nun leben Sie herzlich wohl, und vollenden
Sie Ihre Reise glücklich. Erhalten Sie mir Ihr gütiges und
wohlwollendes Andenken, und wenn Sie mich in den nächsten
beiden Monaten mit einem Briefe erfreuen wollen, so lassen
Sie ihn doch, ungeachtet meiner Abwesenheit, nach Berlin
gehen. Ich bekomme ihn auf diese Weise sichrer. Mit
der lebhaftesten und hochachtungsvollsten Ergebenheit
der Ihrige H.
21. Humboldt an Schlegel.
Berlin, den 15. April, 1824.
Ich statte Ew. Hochwohlgebornen meinen herzlichsten
Dank für Ihren gütigen Brief, und die beiden Hefte der
Indischen Bibliothek ab. Ich würde diese Sendung nicht
abgewartet haben, um Ihnen zu schreiben, und Ihnen meine
Freude über Ihre Rückkunft nach Deutschland zu bezeugen,
11*
164
Humboldt an Schlegel
wenn ich nicht in diesem Winter, meiner Augen wegen,
alles Schreiben hätte sehr vermindern müssen. Ich habe
eine ganze Zeit hindurch bloß dictirt Mein Augenübel
war zwar wohl nur äußerlich, ein Entzündungszustand in
der Conjunctiva und den Augenliedern, allein dies greift
doch immer zugleich das innere Auge an. Jetzt ist es
größtenteils besser damit. Doch muß ich mich noch sehr
in Acht nehmen, und immer vermeiden, wenigstens bei
Licht zu arbeiten. Unter allen Uebeln, denen man freilich
bei zunehmenden Jahren nicht entgehen kann, sind Augen-
übel, meiner Empfindung nach, die störendsten und unan-
genehmsten.
Für die Sorgfalt, welche Ew. Hochwohlgebornen dem
Druck meines Aufsatzes gewidmet haben, bin ich Ihnen aus-
nehmend verbunden. Ich habe kaum einen Druckfehler darin
bemerkt Das Uebersehen meiner Bitte um besonders ab-
gezogene Exemplare hat durchaus nichts auf sich, und ich
bitte Sie, Sich nicht zu bemühen, mir Exemplare des ganzen
Heftes zu schicken. Die Hefte der Indischen Bibliothek
werden, wie ich höre, auch einzeln ausgegeben, und so kann
ich sehr leicht hier die wenigen finden, deren ich bedürfen
werde. Daß Sie mir auch ferner erlauben wollen, wenn
sich die Gelegenheit dazu fände, Theil an der Indischen
Bibliothek zu nehmen, ist mir überaus schätzbar.
Ihre Abhandlung in diesem Heft habe ich mit sehr
großem Vergnügen gelesen. Sie gewährt eine belehrende
und unterhaltende Uebersicht über Alles, was in dem von
Ihnen durchgegangenen Zeitraum für das Sanskrit gethan
ist, und erfreut, außer den einzelnen gehaltvollen und ge-
lehrten Bemerkungen, die sie enthält, durch die Zierlichkeit
und Lebendigkeit der Darstellung, die Alles auszeichnet,
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Berlin, 15. April 1824.
165
was Sie dem Publicum mittheilen. Ich habe, auch in diesem
Winter, noch oft einzelne Stücke der Bhagavad-Gita wieder
gelesen, und es ist mir der lebhafte Wunsch entstanden,
daß Sie doch sollten versuchen, eine Deutsche Bearbeitung
des ganzen Werkes für Deutsche Leser zu machen. Ich
meine damit nicht eigentlich eine Uebersetzung des Ganzen,
sondern ein Zusammenweben der einzelnen Stellen, die,
unabhängig von jeder besondern Ansicht Indischer Mytho-
logie, den Geist, das Dichtergefühl und die Empfindung
überhaupt allgemein ansprechen müssen. Ich halte das
für sehr möglich, und man würde durch eine solche Arbeit
dem Einwurf begegnen, der von Allen, die nicht selbst
Sanskrit treiben, doch immer, bald öffentlich, bald still-
schweigend gemacht wird, daß man zwar in Allem, was
man von dieser Sprache mitgetheilt erhält, wohl einzelne
schöne Stellen findet, daß aber der Genuß des Ganzen doch
immer auf eine unangenehme, oder gleichgültig lassende
Weise durch andre und häufigere und längere gestört wird.
Das Gedicht, von dem ich rede, trift dieser Vorwurf
namentlich, und ich habe vielfältig erlebt, daß, wenn ich
mit solchen, die Ihre lateinische Uebersetzung ganz wollten
gelesen haben, auch nur halb so durchdrungen von dem
Gedichte sprach, als ich Ihnen schrieb, ihr Schweigen mir
verrieth, daß sie mein Urtheil nur der Selbsttäuschung zu-
schrieben, die für einen gewissen Grad der Anstrengung
sich nun auch einen hinreichenden Lohn gefunden zu haben,
überreden möchte. Ich glaube auch nicht, daß eine solche
Bearbeitung nothwendig ein tiefes Studium der Indischen
Philosophie voraussetzte, wie ein Commentar allerdings er-
fodern würde. Die Hauptaufgabe wäre nur den Gehalt
des Textes recht kräftig und zugleich klar, recht einfach,
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166
Humboldt an Schlegel Berlin, 15. April 1824.
und zugleich dichterisch, wiederzugeben, und wem würde
das so sehr, als Ihnen gelingen? Stücke solcher Bearbeitung
paßten auch sehr gut für die Indische Bibliothek.
Ich war vor einigen Tagen im Schauspiel, als man den
standhaften Prinzen, nach Ihrer Uebersetzung, gab. Wolf
spielt ihn meisterhaft, alle übrigen Schauspieler stehen zum
Theil unter dem Mittelmäßigen. Ich habe gleich nachher
das Stück von neuem durchgelesen, und es drängt mich
ordentlich, Ihnen zu sagen, wie mich Ihre musterhafte und
unübertreflicheüebertragung aufs neue ergriffen hat. Meiner
Frau ist es damit ebenso ergangen. So sehr ich die In-
dischen Studien liebe, so wäre es doch sehr zu bedauern, wenn
Sie es von jetzt an völlig verschmähten, dichterischen
Arbeiten solcher und andrer Art Ihre Muße zu widmen.
Ich hörte einmal in diesem Winter, daß etwas neues Poe-
tisches von Ihnen erscheinen würde. Wie sehr würde ich
mich freuen, wenn es sich bestätigen sollte.
Das Unternehmen Ihres Ramayana erfüllt mich mit
den freudigsten Hoffnungen. Eine solche Ausgabe des
wichtigsten Indischen Gedichts muß das Studium recht
eigentlich sichernd begründen. Ich bitte Sie, meinen Namen
den Subscribenten beizuzählen. Wo ich kann, werde ich die
Unternehmung mit Vergnügen befördern. Leider aber habe
ich auswärts kaum einige Verbindungen, am wenigsten in
Wien.
In wenigen Tagen hoff ich Ew. Hochwohlgebornen eine
schon längst in der Akademie gelesene, aber nun erst ge-
druckte Abhandlung zu schicken, die ich Sie gütig und
nachsichtsvoll aufzunehmen bitte. Leben Sie recht wohl,
und arbeiten Sie mit der Ruhe und Heiterkeit, die ein
Tegel, 24. Mai 1824.
Gelingen der Arbeit, wie dasjenige ist, dessen Sie Sich
immer erfreuen können, einflößen muß. Mit hochachtungs-
vollster Freundschaft
der Ihrige,
Humboldt
22. Humboldt an Schlegel.
Ich glaube Ew. Hochwohlgebornen schon in meinem
letzten, oder früheren Schreiben von einer Abhandlung ge-
sprochen zu haben, die ich vor längerer Zeit in der Aka-
demie gelesen habe, die aber erst jetzt gedruckt worden
ist. Ich bin so frei, Ihnen jetzt ein Exemplar derselben zu
übersenden, gestehe aber, daß ich es nicht ohne einige
Scheu thue. Ich muß besorgen, und einige Winke im letzten
Stück der Indischen Bibliothek haben mich in dieser Be-
sorgniß bestätigt, daß Sie mit der Grundidee des Aufsatzes
nicht einverstanden sind, und so sehr auch meine Ueber-
zeugung für mich durch erhebliche Gründe gesichert ist,
so gestehe ich doch sehr gern, daß Ihre Autorität für mich
ein ungemein großes Gewicht hat.
Es scheint mir nemlich, daß Ew. Hochwohlgebornen
den Uebergang von Agglutination zu Flexion, wenn Sie
denselben auch nicht ganz abläugnen, doch von keiner zur
Erklärung der wesentlichen Natur der Sprachen erheblichen
Bedeutung halten; daß Sie den von Ihrem Bruder zuerst
aufgestellten Unterschied zwischen sich aus sich selbst ent-
faltenden, und bloß anfügenden Sprachen, so wie er, an-
nehmen; endlich daß Sie, so hat es mir wenigstens ge-
schienen, bei dem Raisonnement über die Anfänge der
Nationen und Sprachen, wenigstens bei einigen der erstem
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168
Humboldt an Schlegel
eine Höhe der Intelligenz voraussetzen, gewissermaßen noch
einen Abglanz des Götterursprungs, aus der sich, was ge-
wöhnlichen Menschenkräften unerreichbar ist, wenn auch
nicht erklären, doch aber als nicht unmöglicher Weise
hervorgehend denken läßt
Ich bin in allen diesen Punkten abweichender Meinung,
und alle liegen der gegenwärtigen Abhandlung zum Grunde,
oder berühren sie doch unmittelbar. Meine Ueberzeugung
aber ist aus wiederholtem Nachdenken über diese Gegen-
stände, und aus sorgfältigem Vergleichen der Annahmen,
zu welchen es mich führte, mit mehreren und sehr ver-
schiedenartigen Sprachen entstanden, und ich bin in jedem
Augenblick bereit, wo die entgegengesetzte Meinung mit
neuen Gründen unterstützt wird, die Prüfung aufs Neue
vorzunehmen. In Einem Punkt begegnen sich die an sich
verschiedenen Meinungen ohnehin, nemlich darin, daß es
zwischen zwei Gattungen von Sprachen, den wahrhaft ge-
formten und den beinahe formlosen, einen wesentlichen
Unterschied giebt Die Abweichung der Meinungen betritt
nur die nähere Bestimmung und die Entstehung dieses
Unterschiedes.
Ihrer Ausgabe der Gita verdanke ich noch unablässig
einen ungemein großen Genuß. Erlauben Sie mir, Ihnen
zum Schluß dieses Briefs noch eine Frage vorlegen zu
dürfen, die ich mir nicht recht selbst beantworten kann.
Sie betrift gerade eine sehr schöne Stelle. Es ist die 70. sl.
des 2. Gesanges, und mein Zweifel betrift das Wort äpuryor
mdnan. Sie übersetzen es inexpleto. Hier hat wohl aber der
Uebersetzung eine andre Lesart zum Grunde gelegen, als
dem Text, da ich sonst mit der ersten nicht das lange a
reimen kann. Dies vorausgesetzt fragt es sich nur, welche
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Tegel, 24. Mai 1824. 169
die richtigere und dem Sinn der Stelle angemessenere sey?
Ich würde für die des Textes stimmen. Ich nehme das
erwähnte Wort alsdann, so wie den Sinn des Ganzen
folgendergestalt: wie die Wasser eingehen in das sich an-
füllende (durch sie anschwellende) unbeweglich stehnde
Meer, so u. s. f. Dies scheint mir einen schönern Sinn zu
geben, als wenn man das a privativ erklärt. Im letztern
Fall fügen die Leidenschaften, wie die Wasser dem uner-
schöpflichen Ocean nichts hinzu, beide stehen in ihrer einmal
geschlossenen Natur. Bei der andern Lesart schwellen die
Wasser den Ocean an, wie die Leidenschaften die Seele
bereichern. Aber beides geschieht ohne Sturm, die Seele
bleibt ruhig. Indeß möchte dieser Sinn vielleicht der Ein-
fachheit des Alterthums nicht entsprechen. Die Worte
intra terminos suos residenti in Ew. Hochwohlgebornen
üebersetzung fügen, genau genommen, dem Text etwas ihm
fremdes hinzu. In diesem steht doch nur unbeweglich, was
mit langsamem und allmählichem Anschwellen verträglich ist.
Ew. Hochwohlgebornen würden mich sehr verbinden,
wenn Sie die Inlage unserm Freunde Welcker übergeben
wollten. Ich bitte Sie zugleich die Freiheit des Einschlusses
gütigst zu entschuldigen.
Mit der hochachtungsvollsten Freundschaft
Ew. Hochwohlgebornen
ergebenster,
Tegel, den 24. Mai, 1824. Humboldt.
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170
Schlegel an Humboldt
23. Schlegel an Humboldt.
Bonn den 20sten Junins 1824.
Ew. Excellenz bitte ich, die verspätete Beantwortung
Ihres so belehrenden und aufmunternden Schreibens vom
15ten April gütigst zu entschuldigen. Ich gebe diesen
Sommer Vorlesungen, die mir viel Zeit kosten, und mich
auch in meinen Brahmanischen Studien nicht so viel thun
lassen, als ich wohl wünschte.
Die Nachricht von einem Augenübel, das Ew. Excellenz
erlitten, hat meine lebhafteste Theilnahme erregt. Ich
hoffe und wünsche von ganzem Herzen, daß Sie vollkommen
und dauerhaft hergestellt seyn mögen. Zu meiner Freude
bestätigt ein Zeitungsartikel diese Hoffnung. Es wird aus
Berlin gemeldet, daß Ew. Excellenz sich viel mit den neu-
erworbenen Papyrus-Rollen beschäftigen, und dazu gehören
doch gewiß ganz gesunde Augen.
Die meinigen leisten mir immer gute Dienste, wiewohl
sie nun schon Veteranen der Manuscripte sind. Nur bei
meinem letzten Aufenthalt in Paris litt ich an einem
Augenübel. Mein Zustand wurde ängstlich, ich wandte
mich an einen berühmten Oculisten, kam aber, wie es zu
gehen pflegt, aus dem Regen in die Traufe. Er schrieb
mir Einspritzungen durch den Thränenpunkt vor, eine
äußerst peinliche Operation, die ich länger als einen Monat
ertragen habe. Als ich zurückkam misbilligte mein vor-
trefflicher Freund von Walther diese Behandlung höchlich,
und wünschte mir Glück, daß mir kein unheilbarer Schaden
daraus erwachsen sei. Er versprach mir ein Augenwasser,
vergaß es aber, und ich mahnte ihn darum in einigen
Lateinischen Versen, die ich beilege. Völlig genesen kann
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Bonn, 20.— 26. Jnni 1824.
171
Ew. Excellenz dieser Scherz, die Klage eines Leidens-
genossen, vielleicht einige Augenblicke unterhalten.
Ich bitte recht sehr, die Exemplare von dem letzten Hefte
der Indischen Bibliothek doch ja nicht zu schonen. Wir haben
deren in Vorrath, und ich weiß keinen besseren Gebrauch
dafür. Gerade dieser Theil der mir geschenkten Ab-
handlung muß für die Hellenisten besonders interessant
seyn. Herr Welcker war erstaunt über die vertraute Be-
kanntschaft mit den Griechischen Grammatikern, welche
sich darin kund giebt. Den Berliner Philologen habe ich
Exemplare geschickt, auch einigen andern. Aber es stehen
immer noch mehrere zu Befehl.
Leider ist noch kein neues Heft unter der Presse, wie
es nach meinem guten Willen längst schon seyn sollte.
Wenn ich einmal beim Schreiben bin, so macht es mir
großes Vergnügen, aber es geht langsam, und das Anfangen
fodert immer einen großen Entschluß. Ich habe allerlei
kleine Aufsätze im Sinn.
Ew. Excellenz Vorschlag wegen des Bhagavad Gita
erf odert reifliche Erwägung. Wenn ich nur das Glück haben
könnte, mich mit Ihnen darüber zu besprechen, so würde
ich es vielleicht besser anzugreifen wissen.
Ich bin sehr erfreut, Ihren Namen auf meiner Sub-
scribentenliste für den Rämäyana zu haben. Es geht mit
der Subscription doch einigermaßen vorwärts, und meine
Wünsche und Foderungen sind mäßig. Doch brauche ich
wenigstens 120 Subscribenten, um die Kosten zu decken.
Es haben sich noch neue Hülfsmittel gefunden. Ein so
eben aus Indien zurückgekommener Englischer Militär, der
mir auch ein paar Handschriften zum Geschenke gesendet,
wiewohl ich ihn nicht persönlich kenne, vertraut meinem
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172
Schlegel an Humboldt
Schüler ein sehr seltnes Manuscript des Ramäyana zur Be-
nutzung an. Dieses, zum Theil beträchtlich alt, mit Bildern
verziert, hat dem Fürsten von Odeypore (Udayapura) ge-
hört. Es schreibt sich demnach aus der Raj-putana her,
einem Lande, woher wir überhaupt noch wenig Hand-
schriften haben. Ich besitze nun schon eine große Anzahl
von Varianten des ersten Buches, und glaube in der Ge-
schichte des Textes schon einigermaßen Licht zu sehen.
Freilich wird es nöthig seyn, zuweilen das Geschäft des
Diaskeuasten mit dem des Kritikers zu verbinden, aber ich
hoffe dabei möglichst alle Willkühr zu vermeiden.
den 26sten Junius. So geht es mir: diesen vor sechs
Tagen angefangenen unbedeutenden Brief habe ich unter
mancherlei Störungen immer noch nicht beendigen können.
Gestern empfing ich nun Ew. Excellenz Sendung vom
24 sten Mai. Ich bemerke ausdrücklich, daß sie einen vollen
Monat unterwegs gewesen: denn wäre sie mir so schnell
zugekommen, als wir das meiste aus Berlin zu erhalten
pflegen, so wäre die lange Versäumniß meiner besten Dank-
sagungen unverzeihlich. Ich habe die Abhandlung sogleich
gelesen, aber eine erste Lesung ist wenig für eine so
durchdachte Schrift Der wesentliche Unterschied der
Sprachen scheint mir vortrefflich auseinandergesetzt zu
seyn. Die Ursprünglichkeit der Flexionen ist freilich der
Punkt, über den wir nicht ganz einverstanden sind. Ich
möchte beinahe sagen: um so besser! Dieß f Odert zu
neuer Prüfung auf. Bei so disputabeln Gegenständen muß
man auf Widerspruch gefaßt seyn, und wie könnte ich mir
einen bessern Gegner wünschen? Ich hatte schon früher
den Gedanken, Ew. Excellenz um Erlaubniß zu bitten,
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Bonn, 20.— 26. Juni 1824.
173
einen Brief oder eine Keine von Briefen über diese Gegen-
stände an Sie richten nnd in die Indische Bibliothek ein-
rücken zu dürfen. Vielleicht gäbe dieß dann Ew. Excellenz
Veranlassung, mir eine Antwort als neuen Beitrag zu
schenken. Nicht alle Sätze meines Bruders möchte ich
behaupten, wiewohl seine Forschungen mir die erste An-
regung gegeben haben. Meine Ansichten entwickelten sich
zuerst bei dem Studium der Geschichte unsrer Sprache vom
Gothischen an, und der Entstehungsweise der Romanischen
Sprachen; dann kam das Sanskrit hinzu. Ich habe sie
bisher immer nur beiläufig zu berühren Gelegenheit gehabt:
in der Schrift über das Provenzalische, und neuerdings
wieder in der Indischen Bibliothek. Freilich stehe ich da-
durch sehr im Nachtheil, daß meine Kenntniß auf eine
einzige Familie von Sprachen beschränkt ist; und so gern
ich auch das Solonische:
yrjQaaxoj <$' alel jtoXXu didaoxofievog,
zu meinem Wahlspruch mache, so fand ich doch immer
noch keine Muße, um das Hebräische wieder anzufrischen,
und wenigstens die Anfangsgründe des Arabischen zu erlernen.
Ew. Excellenz Bemerkung über meine Übersetzung des
Bh. G. II, 70 ist vollkommen gegründet. Ich weiß nicht,
wo ich die Augen gehabt haben muß, da ich ein langes a
für ein kurzes nahm, wiewohl ich es richtig abgedruckt,
und auch in meiner Abschrift von diesem Capitel des
Commentars kein Versehen gemacht hatte. Die Übersetzung
des achalapratistham muß ich aber in Schutz nehmen, ver-
möge einer besseren Auctorität als die meinige ist Sie
drückt wörtlich die Erklärung des Sridharaswämin aus:
anatikräntamaryadam. Ich lege die ganze Stelle des Com-
mentars zu sl 70 auf einem besondern Blatte bei. Die
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174
Schlegel an Humboldt
Übersetzung wäre nun etwa so zu berichtigen: Continuo
sese explenti, nee tarnen ultra terminos suos redundanti
Oceano etc. Ich bitte Ew. Excellenz, mir doch ja alle
Fehler, die Sie bemerken, anzuzeigen. Mit Herrn Bopp's
Beurtheilung in den Göttingischen Anzeigen habe ich
Ursache sehr zufrieden zu seyn; nur kann ich ihm
schwerlich zugeben, daß in dem Hemistichium sukhaniduh
swambhawö bhäwö vor dem letzten Worte ein a privativum
ausgefallen, und daß die beiden letzten Wörter als für
sich bestehende Begriffe einander entgegengesetzt seyen.
Dieß scheint mir die verschiedene Quantität nicht zu
erlauben.
So eben empfange ich zu meiner großen Freude Herrn
Bopps Episoden aus dem Maha Bharata. Der Berliner Guß
ist ja recht schön ausgefallen. Dieß ist nun also der zweite
Sanskrit-Text, den wir Deutsche binnen Jahresfrist ans
Licht fördern. In England sind zwischen dem Hitöpadesa
und dem jetzt zur Erscheinung bald fertigen Gesetzbuch
des Manus 14 Jahre verflossen.
Nächst dem Rämäyana ist mein Absehen immer noch auf
den Hitöpadesa gerichtet. Nur fehlt es in Europa leider
gar sehr an Manuscripten. Der Baron Schilling von Can-
stadt aus St. Petersburg besitzt eins aus der Verlassen-
schaft eines Russen, der schon einmal eine Sanskrit-Grammatik
geschrieben. Er brachte im vorigen Herbst einige Tage
bei mir zu, versprach mir den Gebrauch des Manuscripts
für die Folge, nahm es aber nach Paris mit Nun ist er,
wie ich höre, nach Rom gereist, ohne Zweifel wegen der
tibetanischen Handschriften in der Propaganda.
Sehr hübsch wäre es, wenn man die artigen Mährchen-
bücher vom Papagei, von den dreißig Statuen am Thron
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Bonn, 20 — 26. Juni 1824.
175
des Vikramädityas u. s. w. ans Licht stellen könnte. Aber
die Handschriften, bei solchen Unterhaltungsbüchern un-
wissenden Abschreibern anheim gefallen, scheinen in einem
heillosen Zustande zu seyn. Ich gedenke nächstens den
Satz auszuführen, daß alle eigentlichen Feenmährchen aus
Indien herkommen, und daß die Perser (vielleicht schon
von der Zeit der Sassaniden her) nichts erfunden, sondern
nur manirirte Übertragungen geliefert haben.
Ich bitte Ew. Excellenz, mich meine Langsamkeit im
Briefschreiben nicht entgelten zu lassen, und bin mit der
aufrichtigsten Verehrung und unveränderlich ergebenen
Gesinnungen
Ew. Excellenz
gehorsamster
AWvSchlegel.
Ew. Excellenz haben mich sehr angenehm überrascht
durch die günstige Erwähnung meines Calderon, eines ehe-
maligen Lieblingsdichters, den ich seit langer Zeit so ganz
aus den Augen verlor, daß ich nicht einmal die Über-
setzungen meiner Nachfolger, der Herren Gries und von
Malsburg gelesen. Das Publicum scheint der Meynung zu
seyn, daß sie es wenigstens eben so gut machen wie ich,
wogegen ich auch nicht viel einzuwenden habe. Nur hat
mir bei einem flüchtigen Anblick [geschienen], es fehle dann
und wann an Klarheit. Ein gewisser Culteranismo im Stil
des Calderon ist nicht abzuläugnen; dieß muß freilich aus-
gedrückt werden, wenn das Bild ähnlich seyn soll. Will
man es aber zu ängstlich nachbilden, so entsteht leicht ein
völliger Galimathias daraus.
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176
Humboldt an Schlegel.
Ad. V. Cl Philipp um a Walther.
Te vates medicum poscit collyria lippus.
Phoebus amat vates; is paier est medicis.
Te genitor flectat, flectant communia sacra:
Si vis, e lippo Lyncea me efficies.
Demodocus, Thamyris, caecus fuit ipse et Homerus;
Non tanti est laurus: carmina tarn valeant.
Sed veterum ad seras evolvere scripta lucemas,
Et dictis sapientum invigilare iuvat.
Tunc mihi tut dolcant lacrimantia lumina, cura:
Pro vate haud renitent muntra Pierides.
24. Humboldt au Sehlegel.
Ich kann es mir selbst nicht erklären, wie es zugegangen
ist, daß ich Ihnen noch bis heute nicht meinen Dank für
einen sehr gütigen und freundschaftlichen Brief abgestattet
habe, den mir Ew. Hochwohlgebornen vor nunmehr beinahe
einem Jahre geschrieben hatten. Ich versuche daher noch
viel weniger mich deshalb bei Ihnen zu entschuldigen. Ich
kann nur mein Unrecht erkennen, und Sie bitten, es mir
zu verzeihen. Ich bedarf dieser Verzeihung um so mehr,
als ich in dieser Zwischenzeit auch Ihre lateinische Rede
empfangen habe, die ich mit wahrer Freude wegen der
reinen und schönen Latinität gelesen habe. Es war mir
angenehm zu sehen, daß auch Niebuhr dies in vollem Maße
anerkannte, so wie er mir überhaupt mehreremale sehr
gerecht über Sie gesprochen hat. Ich erwähne dies, weil
Ew. Hochwohlgebornen einmal glaubten, daß er eine gewisse
Bitterkeit gegen Sie von der Recension her behalten hätte.
Der junge Bach hat mir gesagt, daß Sie seit seiner letzten
Rückkehr nach Bonn mit [ihm] wieder umgehen. Es freut
mich sehr und ich bitte Sie, ihn sehr von mir zu grüßen.
Tegel, 17. Juni 1825.
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Er ist ein wirklich edler, und ungemein gutmüthiger Mann,
ob er gleich bisweilen, da er die Dinge leicht leiden-
schaftlich nimmt, auch ungerecht seyn kann. In seinen
Kenntnissen bewundre ich am meisten ihren Umfang und
ihre Mannigfaltigkeit.
Was Ew. Hochwohlgebornen noch über meine gramma-
tische Abhandlung sagen, habe ich mit großem Interesse ,
gelesen und beherzigt. Ich halte noch heute die in der-
selben entwickelten Ideen für die richtigen, aber jene
Abhandlung hat zweierlei gegen sich. Sie führt das in ihr
Enthaltene nicht genug aus, und ich war auch der darin
enthaltenen Ideen, als ich sie schrieb, noch nicht vollkommen
Meister. Sie wurden mir erst klar, indem ich schrieb, was
immer nicht gut ist. Ich habe daher angefangen, die
philosophischen Grundsätze, auf welchen das Sprachstudium
ruhen muß, ganz von neuem und in möglichster Vollständig-
keit zu entwickeln, und habe mich damit anhaltend in den
ersten Wintermonaten beschäftigt. Zu Ende bin ich aller-
dings nicht gekommen, allein die Arbeit wird nicht liegen
bleiben; ob ich gleich veranlaßt worden bin, sie zu unter-
brechen, nehme ich sie gewiß wieder auf.
Schon früher hatte ich eine Abhandlung in der Aka-
demie über den Zusammenhang der Schrift mit der Sprache
gelesen, von der Sie vielleicht einen Auszug im Journal
Äsiaiique gelesen haben. Es ist närrisch genug, daß dieser
erschienen ist, ehe das Original gedruckt ist. Allein Pro-
fessor Schultz, der ihn gemacht, wünschte den schleunigen
Abdruck, und ich habe Gründe die Abhandlung noch zurück-
zuhalten. Ich möchte in einer Fortsetzung über die
Aegyptische Schrift reden, und dazu ist es doch nothwendig
die Herausgabe der Spohnischen Arbeiten erst bis zu Ende
12
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Humboldt an Schlegel
abzuwarten. Ich bin dieser Sache sehr genau gefolgt, sie
liegt jetzt höchst sonderbar. Die Spohnischen Entzifferungen
werden, meiner Meynung nach, viel größere Aufschlüsse
über die Sprache und Schrift geben, als die Champollionschen,
aus denen mehr für die Geschichte zu erwarten scheint.
Ich halte beide im Ganzen für richtig, obgleich sich bei
dem Herausgeber Spohns etwas, und nicht Unwichtiges
gegen Champollion vorzubereiten scheint.
Alle diese Arbeiten aber habe ich, seit dem Anfang
Aprils etwa, der Gita zu Liebe unterbrochen. Sie hat mich
plötzlich wieder so angezogen, daß ich seitdem wenig Andres,
als was enge damit zusammenhängt, getrieben habe. Die
erste Veranlassung war der Wunsch, die philosophische
Terminologie der Indier genauer kennen zu lernen, dies
hat mich allmählich weiter geführt, ich habe gesucht mich
des ganzen in dem Gedicht enthaltnen philosophischen
Stoffes zu bemächtigen, und habe eine jedoch noch nicht
vollendete Abhandlung darüber geschrieben, in der ich,
ohne aber im Geringsten der Ordnung der Gesänge zu
folgen, was eine bequeme, aber gar nicht zum eigentlichen
Zwecke führende Methode ist, eine sehr gedrängte, aber,
wie ich hoffe, vollständige Darstellung des philosophischen
Systems gebe, welches das Gedicht entwickelt Hiezu haben
mich vor Allem Colebrookes Abhandlungen veranlaßt Er
erwähnt der Gita gar nicht, und ich kann mir kaum denken,
*
daß es seine Absicht ist, ihr eine eigne Abhandlung zu
widmen. Da die Gita im Grunde die Yoga Lehre ist, und
er diese in seiner ersten Abhandlung nach Patandschali
auseinandersetzt, so scheint es nicht, als wollte er ihr noch
eine eigne Arbeit widmen. Ich habe aber gesucht weniger
trocken, als Colebrooke, zu seyn, und mehr einen anschau-
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Tegel, 17. Juni 1825.
179
liehen Begriff des Originals zn geben. Die Arbeit zieht
mich noch unendlich an. Sie wissen, wie sehr ich von der
ersten Lesung des Gedichts ergriffen war, und dieser Ein-
druck bleibt mir, je länger und mehr ich es zergliedre.
Was mich aber sehr zweifelhaft läßt, ist das eigentliche
Zeitalter. Merkwürdig ist, daß Krischnas sich unter den
Buchstaben a nennt. Dies deutet auf Schreibekunst Ist
nun, wenn der Vers nicht eingeschoben ist, das Gedicht
jung, oder die Schrift in Indien so alt? Das Letztere ist
meine geheime Meynung. Aber die Beweise sind nicht
leicht Hier bin ich noch sehr im Dunkel. Sehr sonderbar
ist auch die Anordnung des Gedichts, und läßt wohl auf
allmähliche Anbildungen, ob vom ersten Verfasser oder
spätere ? schließen. Bis zum Ende des 11. Gesanges geht
es ziemlich nach Einem Plane fort, und schließt auch damit
einen Kreis ab. Nachher enthält fast jeder Gesang eine
eigne Erörterung, die sich füglich vom Andern trennen
ließe. Einzelne Einschiebungen erleichtert die Natur der
Slokas. Daß es schon viel philosophische Gedichte vor der
Gitä gab, wird ausdrücklich darin gesagt* und ist aus Allem
klar, vorzüglich aus der so bestimmten Terminologie. Aus
vielen wiederkehrenden Ausdrücken und Halbversen sieht
man auch, daß schon eine große Menge von Materialien da
war, die man nur geschickt zu verbinden brauchte.
Während dieser Arbeit stieß ich auf Langlois Recension,
jedoch nur die der 6. ersten Gesänge. Ich gestehe, daß sie
mich indignirt hat So offenbare kleinliche Scheelsucht,
eine solche hämische Partheilichkeit, und das alles gegen
Ihre Uebersetzung, die ich für meisterhaft halte, wenn sich
auch an einzelnen Dingen kritteln läßt und ließe. Dabei
schien mir seine Kenntniß und noch mehr seine Art, die
12*
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180
Humboldt an Schlegel
Sache zu behandeln, gar nicht so, daß sie große Achtung
einflößen könnte. Vorzüglich ist er in philosophischen Ideen
zurück, und man kann wohl mit Wahrheit sagen, daß er
das Gedicht, als philosophisches Ganzes, auch schlechterdings
nicht verstanden hat Man kann nichts Entstellenderes
und Magreres lesen, als seine sogenannten Auszüge. Ich
möchte vom jungen Burnouf, der bisweilen ähnliche Arbeiten
im Journal Äsiatique macht, mehr halten.
In dem Verdruß über diese angeblichen Kritiken sind
die Bemerkungen über Langlois Aufsätze entstanden, die
ich so frei bin, Ew. Hochwohlgebornen anliegend zu über-
machen. Ich hatte schon angefangen, Ihnen zu schreiben,
und wollte in dem Briefe die Langloisschen Bemerkungen
durchgehn. Ich sähe aber, daß es zu weitläuftig wurde,
und so erhalten Sie den Aufsatz als Beilage. Ich habe ihm
aber die Briefform gelassen, und habe alle Titel vermieden,
wie ich Sie in einem ähnlichen Fall auch zu thun bitte.
Ich überlasse nun diese Arbeit gänzlich Ihnen, und
bitte Sie zu überlegen, ob Sie dieselbe für die Indische
Bibliothek brauchen wollen, ob ganz, ob Einzelnes daraus
nach Ihrer Wahl. Das Einzige, was ich Sie bitte, ist, daß
Sie, wenn Sie, bei genauem Durchgehen, etwas wirklich
Unrichtiges finden, für mich, wie Sie schon sonst gethan,
die Freundschaft haben, es zu streichen. Daß ich auch in
einigen Stellen Ihre Uebersetzung angegriffen habe, darüber
entschuldige ich mich nicht. Ich kenne Ihre Denkungsart
darüber. Ich habe zum Theil diese Einwendungen mit
Fleiß eingestreut, um nicht partheiisch für Sie und gegen
Langlois zu erscheinen. Da ich an einigen Stellen, nach
meiner wahren und innigen Ueberzeugung, Ihrer Ueber-
setzung habe die volleste Gerechtigkeit widerfahren lassen,
Tegel, 17. Juni 1825
J81
so dachte ich mir, daß es Ihnen selbst, wenn Sie die Arbeit
werth finden, in der Indischen Bibliothek abgedruckt zn
werden, lieber seyn würde, auch Tadel beigemischt zu sehen.
Verbinden würden mich Ew. Hochwohlgebornen, wenn Sie
mir bald sagten, ob Sie von dem Aufsatz, den ich Ihnen
rathen würde, als einen Auszug aus einem Briefe von mir,
versteht sich mit meinem Namen, zu geben, Gebrauch zu
machen denken. Thäten Sie es nicht, so würde ich daraus
das, was nicht polemisch, und weder gegen Ihre Ueber-
setzung, noch gegen Langlois gerichtet ist, in Anmerkungen
zu meiner im Vorigen erwähnten Abhandlung brauchen,
das Polemische aber ganz unterdrücken. Die Orthographie
der Indischen Namen und Wörter bitte ich Sie nach Ihrer
Gewohnheit, wo es nöthig ist, umzuändern. Ob Sie die
wirklichen Sanskrit Wörter mit Sanskrit oder lateinischen
Lettern drucken lassen, da das Erstere mehr Mühe macht,
ist mir gleich viel. Ich habe angestanden, ob ich bei den-
selben immer den Nominativ, wie Sie und ich nach Ihnen
bei Namen thue, oder die absolute Form brauchen sollte.
Ich habe aber zuletzt gefunden, daß das Eine und das
Andre, allgemein durchgeführt, unbequem ist. Ich habe also
zwar als Kegel die absolute Form gebraucht, die das Wort
immer im ganzen Umfange seiner Umwandlungen giebt,
allein den Nominativ da, wo irgend ein specieller Grund
dazu vorhanden war.
Wenn ich aber hierbei schon thue, als würden Sie den
Aufsatz abdrucken lassen, so bitte ich Ew. Hochwohl-
gebornen inständigst hierin ganz nach Ihrem Urtheil und
Ihrem Gutfinden zu handeln. Ich habe ihn, was Langlois
Kritiken und die Stellen Ihrer Uebersetzung betrift, ganz
eigen für Sie geschrieben, und wünschte dämm, daß Sie
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182
Humboldt an Schlegel
ganz frei damit handelten. Zurückznschicken brauchen
Sie mir den Aufsatz auf keinen Fall, da ich mein Concept
noch besitze.
Jetzt erlaube ich mir noch einige Worte über zwei
Stellen meines Aufsatzes.
Die 4. Bemerkung (S. 2.) bitte ich Sie zu streichen.
Bopp hat mich belehrt, daß der Scholiast der Gita die
Stelle, wie Sie erklärt. Ich gestehe, daß es mir neu war,
daß die Indier auch omina durch Vogelflug und ähnliche
Vorbedeutungen hatten.
In nr. 34. (S. 32.) bitte ich Sie zwischen die Worte
Bedeutung genommen wird und Bopp, den ich Folgendes'
einzuschieben:
Als eine solche könnte die in Manus Gesetzbuch
angesehen werden, wo es (XII. 119.) heißt:
ätmäiwa dewatäh sarwäh sarwamätmanyaivasthitan,
ätmd hi janayatyeshdn karmayögan saririnän.
Hier erklärt der Scholiast atma richtig durch paramdimd.
Denn wenn der Brahmane Alles in sich selbst, in seiner
Seele sehen soll, wie sl 118. gesagt wird, so kann
dies nur dadurch geschehen, daß der höchste Geist
Alles beseelt, und daher alles Beseelte in sich faßt, was
der Scholiast durch sarwäimativan paramätmanah aus-
drückt. Es ist aber hier offenbar der allgemeine Ausdruck
für den besondern gebraucht, damit der 119. Slokas zum
118. passen soll, und weil auch wirklich der philosophische
Grund der Behauptung in der Einerleiheit alles Geistigen
liegt Es läßt sich daher, nach meinem Ermessen, aus
der Verwechslung beider Ausdrücke an dieser Stelle nichts
auf andre schließen, wo solche besondre Gründe nicht
vorhanden sind.
Tegel, 17. Joni 1825.
183
Ich schließe jetzt diesen langen Brief. Leben Sie
herzlich wohl, verzeihen Sie die Länge erst meines Still-
schweigens und nun meines Schreibens und erhalten Sie
mir Ihre gütigen und wohlwollenden Gesinnungen, auf die
ich so hohen Werth lege. Mit der hochachtungsvollsten
Freundschaft der Ihrige, Humboldt.
Tegel bei Berlin, den 17. Junius, 1825.
25. Schlegel an Humboldt.
Bonn den 21sten Februar 1826.
Ew. Excellenz haben die gerechteste Ursache von der
Welt, ungehalten zu seyn. Daß Sie den Briefwechsel eine
Zeitlang hatten ruhen lassen, war ganz in der Ordnung,
und Ew. Excellenz durften darüber keine Sylbe verlieren.
Ich besitze eine reichhaltige Sammlung Ihrer Briefe, woraus
ich oft neue Anregung und Belehrung schöpfe. Jede Be-
reicherung ist unendlich willkommen. Wenn aber Ew. Ex-
cellenz unter so tiefen und weitumfassenden Forschungen,
die Sie mit unermüdlicher Thätigkeit verfolgen, keine Muße
finden, mir zu schreiben, so bescheide ich mich gern, daß
mein persönliches Interesse gegen das allgemeine zurück-
stehen muß, und bin zufrieden, wenn ich nur auf andern
Wegen die Gewißheit von Ihrer ununterbrochenen Heiter-
keit und Gesundheit erhalte; und dieß war in jenem Zeit-
räume der Fall. Daß ich hingegen eine solche Sendung,
wie Ihre letzte ist, so lange unbeantwortet lassen konnte,
ist unerhört und unverantwortlich. Ich will nicht versuchen,
es zu entschuldigen; erklären könnte ich es wohl aus der
Beschaffenheit der Störungen, die ununterbrochen auf ein-
ander folgten, und mit solchen Studien ganz unverträglich
184
Schlegel an Humboldt
sind. Unter andern mußte ich, gleich nach Empfang Ihres
Schreibens, außer dem Rectorat über zwei Monate die Stelle
des Regierungs-Bevollmächtigten vertreten. Doch ich müßte
meinen ganzen zeitherigen Lebenslauf erzählen, und dieß
wäre ein unnützer Zeitverlust. Ich komme lieber gleich
zur Hauptsache.
Ew. Excellenz können nicht bezweifeln, daß ich mich sehr
glücklich schätze, mit Ihren Bemerkungen über die Bhagavad
Gita meine Indische Bibliothek auszuzieren. Das meiner
Übersetzung ertheilte Lob ist freilich wohl etwas zu stark,
um es selbst abdrucken zu lassen: aber wer mag sich ent-
schließen, so etwas auszuschlagen? Nur des Sanskrit
kundige Leser können das einzelne verstehen; aber alle
denkenden Leser werden bei den vortrefflichen allgemeinen Be-
merkungen ihre Rechnung finden. Leider kann ich noch nicht
melden, daß an der Indischen Bibliothek wirklich gedruckt
wird. Im Kopfe habe ich den Stoff zu mehreren Heften
fertig, aber auf dem Papiere sehr weniges. Wie sehr ich
gestört gewesen, können Ew. Excellenz eben daraus er-
messen, daß ich, ungeachtet des neuen Antriebes, den
Ihr Aufsatz mir gab, dennoch kein Heft zu Stande
gebracht
Ich war schon lange gesonnen, Nachträge zur Kritik
und Auslegung der Bhagavad Gita zu geben: da werden
sich nun die Ihrigen vortrefflich anschließen. Wäre es aber
nicht gut, die betreffenden Stellen von Langlois französisch
mit abzudrucken? Meine etwanigen Nebenbemerkungen,
beistimmend, bestätigend oder bezweifelnd, möchten, wenn
Ew. Excellenz es genehmigen, in kleinerer Schrift unter
die einzelnen Abschnitte, oder als Noten unter den Text
gesetzt werden.
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Bonn, 21. Februar 1826.
185
Die Erlaubnis, etwas als unrichtig wegzustreichen, ist
mir zu bedenklich, um Gebrauch davon zu machen. Wo
ich für jetzt nicht beistimmen kann, wird es meistens dis-
putable Punkte betreffen. Indessen lege ich auf einem be-
sondern Blatte einiges vor, was vielleicht Ew. Excellenz
zur Zurücknahme oder Modification weniger Zeilen ver-
anlassen könnte, und erwarte darüber Ihre Entscheidung.
Kaum wage ich eine schüchterne Bitte um die Aus-
lassung eines einzigen Wortes, welches nur zweimal vorkommt.
Es ist das Wort pantheistisch. Da hier die Lehre der
Bhagavad Gita nicht im. Ganzen erörtert wird, so kann
es ja entbehrt werden, es dürfte bloß heißen: "in diesem
System". Überdieß steht es bei einem Satze, worin die
christlichen Mystiker wohl so ziemlich mit dem Verfasser der
Bhagavad Gita übereinstimmen. Hier bildet es ein Präjudiz
als ob die Sache schon ausgemacht wäre. Wenn die Be-
hauptung im allgemeinen ausgeführt wird, dann ist es etwas
andres. Mein Bruder hat schon früher die Lehre der Bhagavad
Gita für Pantheismus erklärt. Ich habe ihm widersprochen,
und behauptet, was ihn hiezu vermocht, seyen starke Aus-
drücke von der dynamischen Allgegenwart Ist zum reinen
Theismus durchaus die Lehre von der Extramundanität der
Gottheit erf oderlich? Die Immanenz des Weltalls lehrt die
Bhagavad Gita freilich, unbeschadet der Emanation. Ist es im
strengen Pantheismus möglich, die Gottheit von der Natur zu
unterscheiden? Hört nicht alle Religion, alles ich und du,
zwischen dem Gemüthe und der Gottheit auf? Ist damit die
Lehre von der Vermittlung, von einer Herablassung der Gott-
heit um die Creatur zu sich heraufzuziehen, verträglich, welche
doch so klar in der Bhagavad Gita vorgetragen wird? Ich
habe ehemals die Schriften der Mystiker viel gelesen: mich
186
Schlegel an Humboldt
dünkt sie theilen sich in zwei Hauptdassen, die Theosophen
und die Mystiker des Gefühls. Meines Erachtens stimmt
mein Indischer Weiser so ziemlich mit den theosophischen
Mystikern überein; weniger mit den letzteren, weil bei
diesen der Sinn für die Natur ganz erloschen ist, welcher
bei ihm in ursprünglicher mythologischer Fülle lebt
Bei den scharfsinnigen Bemerkungen über die Bildung
des philosophischen Sprachgebrauchs wage ich es, folgendes
Ihrer Beurtheilung vorzulegen. In der Regel sind freilich
die metaphysischen Ausdrücke von sinnlichen Vorstellungen
übertragen; sollte es nicht aber auch in einigen Sprachen,
und namentlich im Sanskrit, ursprünglich metaphysische
Wörter geben? Z. B. deha von dih, wie dcia von dii,
ganz etymologisch richtig. Nun heißt aber dih beschmieren,
beflecken, besudeln. Wilson giebt zwar eine zweite Be-
deutung, von der er es ableiten will. Aber ich kann mich
nicht erinnern, das Verbum und insbesondre das häufige
Participium digdha jemals anders als in der obigen Be-
deutung gefunden zu haben. Auch steht in dem Wurzel-
Wörterbuch bei Carey bloß Upi, in der Englischen
Übersetzung bei Wilkins ebenfalls. Wunderlich genug steht
aber dabei bloß Eine mit seiner Auslegung gar nicht über-
einstimmende Definition upachaye, welches die zweite Be-
deutung von Wilson ist Wieder einmal ein Beispiel, wie
unsere Elementar-Bücher noch beschaffen sind, und wie man
sich überall selbst helfen, und die Augen offen haben muß!
Wenn die zweite Bedeutung sich nicht praktisch bewährt*
so bin ich sehr geneigt zu glauben, sie sei bloß von In-
dischen Grammatikern zum Behuf der Ableitung von deha
ersonnen. Ist es aber von dih in der Bedeutung von
Upi, so liegt ja in dem einfachen Worte, wie im Keim,
Bonn, 21. Februar 1826.
187
die ganze Platonische Lehre. Auch die andre Ableitung
hat schon etwas wissenschaftliches. — Wie dem aber auch
sei, das ist gewiß, daß bei den Indiem die Speculation so
uralt und ihr Einfluß so überwiegend war, daß der meta-
physische Sprachgebrauch in das Leben, wenigstens in die
epische Poesie zurückgekehrt ist, und diese Erscheinung ist
einzig in ihrer Art.
Meine Ansicht hängt freilich mit andern vielleicht
paradoxen und deswegen besser esoterisch bleibenden
Meynungen zusammen. Ich glaube nämlich, daß es ursprüng-
lich tellurische, siderische und spirituale Sprachen giebt
Dieß würde auf die Eintheilung nach den drei güna's hinaus-
laufen. Keine Exemplare von den drei Gattungen lassen
sich freilich nicht nachweisen, man dürfte aber wohl ver-
suchen, die Sprachen nach dem vorwaltenden Prinzip zu
classiflziren.
Während ich dieses schrieb, empfing ich Ihre Abhandlung
über die Buchstabenschrift, die ich sogleich verschlungen
habe. In der Hauptsache bin ich ganz einverstanden.
Mein einziger Zweifel ist nur der, ob nicht jene urweltliche
Genialität^ die bei der Erfindung der Buchstabenschrift
gewaltet, jenes klare Bewußtseyn von den mit den Sprach-
organen vorgenommenen und möglicher Weise vorzu-
nehmenden Handlungen, von der symbolischen Bedeutung
der Laute, ihrer Beziehung zu einander u. s. w.; ob, sage
ich, jenes der Sprache bei ihrer Ausbildung nicht dieselben
Dienste habe leisten können, als das materielle Vorhanden-
seyn der Buchstabenschrift?
Die Abweichung unsrer Ansichten — ich sage es mit
Mistrauen gegen meine eigne Meynung — bezieht sich auf |
den Ursprung, und den frühesten Gang der menschlichen
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188
Schlegel an Humboldt
Cultur. Ich kann unmöglich die ersten großen Grundlagen
als den späten und allmähligen Erfolg eines experimen-
tirenden Herumtappens betrachten; sie scheinen mir ein
genialischer Wurf zu seyn, wo alles mit Einemmale da ist,
' wie beim Anfange des organischen Lebens. Die Urväter
des Menschengeschlechtes — einige, nicht alle; denn ich
fürchte, ich bin in der dreifachen Ketzerei begriffen, ein
Präadamit, ein Coadamit und ein Postadamit zu seyn —
vergleiche ich mit Menschen, welche die Fähigkeit besessen
hätten, in einem dunkeln Schacht durch die Kraft ihrer
eignen Augen zu sehen, während unsre Bergleute sich der
Lampen und Laternen bedienen müssen. Julius Caesar sagte,
die Schrift habe das Gedächtniß zu Grunde gerichtet Ist
es nicht mit allen Dingen so? Je vollkommner die Hülfs-
mittel, desto mehr erlischt der inwohnende Sinn, das an-
gebohrne Talent. Divinatorische Durchschauung der Natur,
und von außen her erworbene Erfahrung scheinen mir die
beiden Pole der menschlichen Cultur zu seyn; jenes der
positive, dieses der negative. Wenn einmal in einem Zeit-
alter, wo das letzte Princip herrschend ist, jenes durchblitzt,
so nimmt selbst das Experiment einen neuen Schwung, und
die mechanischen Physiker, welche die Ideen läugnen,
werden mehr von ihnen geleitet, als sie selbst wissen.
Um auf die Buchstabenschrift zurückzukommen, sie
wäre also — da ihr Wesen in der Analyse der articulirten
Laute besteht — virtualüer schon in der ältesten Zeit vor-
handen gewesen, wenn es auch an zubereiteten Stoffen
fehlte, um sie in Ausübung zu bringen.
Auch darin bin ich ganz einverstanden, daß eine gewisse
todte und einförmige Regelmäßigkeit gar keine Vollkommen-
heit der Sprachen ist Adelung hatte ganz richtig bemerkt,
Bonn, 21. Februar 1826.
189
daß in der Deutschen Sprache die starke Conjugation (nach
ihm die anomale) der schwachen mehr und mehr Platz ein-
räume. Aber der geistlose Grammatiker hielt dieß für eine
Vervollkommung, während es doch nur eine Abstumpfung
ist Die Mannigfaltigkeit der Formen, zB. der Declinationen
und Conjugationen scheint mir, wenigstens imaginativ, be-
deutsam gewesen zu seyn, was nachher verloren ging. Grimm
betrachtet alle Anomalien als später und zufällig entstanden.
Dieses gilt von den meisten, aber ich muß auch ursprung-
liche, symbolische Anomalien annehmen, z. B. die der Per-
sonal-Pronomina in unsrer Sprachfamilie, und diesen Gesichts-
punkt vermißte ich in Bopps sonst vortrefflicher Abhandlung.
Eben so ist es mit der grammatischen Homonymie,
wenn nämlich ganz verschiedene Biegungen gleich lauten.
Dieses Gebrechen entsteht meistens aus der Abstumpfung,
und nimmt daher bei nicht fixirten Sprachen, wie bisher bei
der unsrigen, immer zu. Sollte es nicht aber auch ursprüng-
liche grammatische Homonymien geben, die symbolisch sind?
ZB. logisch betrachtet ist es gleichgültig ob Subject und
Object belebte Wesen oder unbelebte Dinge sind; imaginativ
aber keinesweges, denn das Unbelebte handelt und leidet
nicht eigentlich: es wirkt und erfährt Wirkungen. Diese
neutrale Stellung wird nun durch die Gleichheit des Accu-
sativus und Nominativus der Neutra [angedeutet], welche
deswegen im Sanskrit, im Griechischen und Lateinischen
eine wahre Schönheit ist. Im Deutschen ist es keine
Schönheit mehr, weil so viele masculina und sämtliche
feminina diese Eigenschaft mit den neutris gemein haben.
Ich kehre von meinen endlosen Abschweifungen zurück,
um zu Ihrer Abhandlung eine kleine historische Bemerkung
nachzutragen. Sie bemerken p. 1, daß die Chinesen die
190
Schlegel an Humboldt
Europäische Buchstabenschrift verschmäht haben. Aber
die Unmöglichkeit, sie ihrer Sprache anzueignen, erhellet
doch noch weit stärker aus der unläugbaren Thatsache, daß
die Indische Buchstabenschrift von den ersten Buddhistischen
Missionaren überbracht worden war. Remusat hat in einem
eignen Aufsatze, ich weiß nicht mehr in welcher Zeitschrift^
die Weise geschildert, wie ein chinesischer Autor von dieser
fremden Theorie der Laute Rechenschaft giebt. Der Baron
Schilling von Canstadt hat mir ein chinesisches Buch gezeigt,
wo in einer Columne indische Sylben standen, in der nächsten
die Lautbezeichnung, in chinesischer Schrift, in einer dritten
die Bedeutung. Ohne Zweifel waren es mantra% ich hatte
nicht Muße es näher zu untersuchen.
Nun noch einiges über meine französischen Kritiker
und meine zu machenden Antikritiken. Wird es Ew. Ex-
cellenz unangenehm seyn, wenn ich in der Nachbarschaft
Ihres so milden und ruhigen Aufsatzes mir einigen Spott
über Chezy und Langlois erlaube? Nach Ihrer gütigen Ge-
sinnung für mich hatten die Artikel des letzteren Sie in-
dignirt, und Sie hatten die magistrale Recension noch nicht
gelesen. Auf Colebrooke haben sie denselben Eindruck
gemacht. Er schrieb mir: The articles, to which you allude
in the Journal Asiat ique, liad not escaped me. I regretted
to observe the tone of them. Such is not the spirit, whidi
fellow-labourers in the great cause of Oriental litterature
should evince towards each other. Nun stellen Sie sich meine
Ataraxie vor: bis jetzt eben, wo ich Ihre Bemerkungen
genau von neuem durchging, hatte ich jene kaum flüchtig
gelesen. Freilich wußte ich im voraus, daß Chezys Eifer-
sucht zu einer wahren Wuth gesteigert war. Dieses
dauert noch immer fort, und ist eine wahre Tragi-Komödie.
Bonn, 21. Februar 1826. 191
Seine Absicht war im Journal Asiatique mich noch weit
gröber anzugreifen, aber Remusat protestirte nachdrücklich
dagegen, und so wurden dem Langlois die Höflichkeiten
in seinem ersten Artikel abgedrungen.
In London bat ich Colebrooke, für meine Rechnung
Commentare des Bhagavad Gita aus Calcutta zu verschreiben.
Ich gedachte erst jede Beantwortung der Kritiken bis auf
deren Ankunft zu verschieben, weil es sonst gewissermaßen
ein Kampf mit ungleichen Waffen ist, da meine Gegner sich
immer auf die Autorität des Scholiasten berufen. Indessen,
da die Commentare leider nicht ankommen, so werden die
Delinquenten doch nun wohl bei den nächsten Assisen vor-
genommen werden müssen. Ich besitze nur das 2* Capitel
der Subödhine, in meiner eignen Abschrift; und dieses leistet
mir schon gute Dienste. Zuverläßig hat Langlois — folglich
auch Chezy — den Commentator häufig misverstanden. Er
hat Cahier 34, p. 248 ad Bh.G. XI, 22, nicht gemerkt, daß
das voll ihm abgeschriebene Scholion eine Citation aus den
V6da's enthält.
Folgendes hätte mir gleich beim Empfange Ihres
Schreibens einfallen sollen, und ich hole es mit Beschämung
nach. Mein Schüler hat einen vollständigen und sauber
geschriebenen Index Verborum zur Bhagavad Gita verfertigt:
könnte dieser Ew. Excellenz bei der Beschäftigung mit dem
Inhalte bequem seyn, so bin ich bereit ihn auf eine Zeitlang
zu übersenden. Freilich müßte ich ihn bei der Antikritik
zur Hand haben, aber diese kann ich wohl vorher abthun.
Ich bin fast entschlossen, sie französisch zu schreiben,
damit sie doch an die rechte Adresse gelangt.
Wenn die Tugend in einer Mitte zwischen zwei Ex-
tremen besteht, so übe ich sie beim Briefwechsel gewiß
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192
Humboldt an Schlegel
nicht aas, indem ich entweder gar nicht oder endlos lange
Briefe schreibe. Ich schließe mit dem Versprechen, mich
wo möglich in beiden Punkten zu bessern. Mit unwandel-
barer Verehrung und Ergebenheit
Ew. Excellenz
gehorsamster
AWvSchlegel.
Eine Sendung von einigen gedruckten Sachen, latei-
nischen und deutschen, wird hoffentlich richtig angekommen
seyn.
26. Hnmboldt an Schlegel.
Ew. Hochwohlgebornen gütiger und freundschaftlicher
Brief hat mir eine ungemein große Freude gemacht, und
ich statte Ihnen meinen herzlichsten Dank dafür ab. Ich
bitte Sie aber sehr auf keine Weise zu glauben, daß ich
nur einen Augenblick hätte über Ihr Stillschweigen können
empfindlich seyn. Es würde mich ängstigen und vom eigenen
Schreiben abhalten, wenn ich mir dächte, daß Sie Sich in
einer Art moralischer Verbindlichkeit hielten, um einer
Antwort willen von andern Beschäftigungen abzugehen, und
ich bitte Sie recht herzlich auch künftig vollkommene
Freiheit darin zu beobachten.
Ich hatte überdies in der Zwischenzeit Ihre lateinischen
Schriften empfangen, und wirklich bewundert. Es ist eine
beneidenswürdige Gabe, in jeder Sprache eines reinen,
würdigen, reichen und zierlichen Ausdrucks mächtig zu
seyn, und eine um so edlere Gabe, als sie nicht durch
Studium und Uebung erworben wird. Sie setzt etwas in
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Berlin, 5. M&rz 1826.
193
dem Geiste voraus, das der verschiedenartigen Natur des
nationalen Gedankenausdrucks in der Auffassung einer darin
liegenden Allgemeinheit entspricht, eine Kraft die innere
Eigenthümlichkeit mitten in dem gewandten Anschmiegen
an fremde Formen festzuhalten. Am meisten, muß ich ge-
stehen, hat mich das Gedicht in beiden Sprachen gefreut.
Es ist in jeder Rücksicht vortreflich, und es lebt gewiß
niemand, dem es auf diese Weise gelungen wäre. In dem
Briefe an Blumenbach hätte ich gewünscht, daß Ew. [Hoch-
wohlgebornen] noch mehr versucht hätten, naturhistorisch
philosophische Ideen wenn nicht auszuführen, doch anzu-
spielen. Niemand ist so sehr, als Sie, im Stande, eine alte
Sprache mit dem Ausdruck neuer Ideen glücklich ringen
zu lassen, und ein solcher Kampf der Sprache mit dem
Begriff ist immer ein höchst anziehendes Schauspiel.
Es ist mir sehr schmeichelhaft, daß Ew. Hochwohl-
gebornen meinen Bemerkungen einen Platz in Ihrer Biblio-
thek gönnen wollen. Ich bin auch ganz der Meinung, daß
Langlois Stellen mit abgedruckt werden müssen, und habe
nichts dagegen, wenn Ew. Hochwohlgebornen neben meinen
ruhigen und milden Bemerkungen (wie Sie dieselben nennen)
ein schärferes Gericht halten. Mir kam kein anderer Ton
zu, da Langlois doch am Ende leicht noch mehr Sanskrit
weiß, als ich. Mit Ew. Hochwohlgebornen ist es anders.
Wenn Sie mir aber erlauben, Ihnen offen meine Meinung
zu sagen, so würde ich auch in Ihrer Stelle diesmal auf
den Spott und selbst das Spötteln verzichten, und einen
ernsten Ton annehmen, in dem Sie aber deutlich äußerten,
daß das Chezysche Betragen, sowie Colebrooke es sehr gut
in seinem Briefe sagt, dem wahren Geist ächter Wissen-
schaft und Wahrheitsliebe durchaus widerspricht. Ich
13
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194
Humboldt an Schlegel
glaube, das wird in Frankreich viel mehr Eindruck machen,
und den Gegner ganz in sein Unrecht stellen, da bei einer
ironischen Behandlung doch immer eher der Bespöttelte in
Schutz genommen wird, und doch vielleicht in der Ironie
die Verletzung einer gewissen Pietät gefunden werden
könnte. Denn weil nun einmal Chezy früher Sanskrit ge-
wußt hat, als Sie Sich damit beschäftigten, so fehlen doch
die Anwendungen der Begriffe von Lehrern und Schülern
nicht, so thöricht ich sie auch halte, da z. B. weder Bopp
noch Sie, soviel mehr Sie beide doch hier ein Recht dazu
hätten, mich haben dies Lehrerverhältniß fühlen lassen.
Chezy arbeitet selbst nichts für das Publikum, aber ärgert
sich, wenn andre es thun. Das ist die ganze kleinliche
Erbärmlichkeit. Das fühlt man aber gewiß auch in Paris,
wie bei uns. Ich finde es sehr natürlich, daß Sie Ihre
Antikritik französisch schreiben. Ich habe aber noch keinen
rechten Begriff, wie Ew. Hochwohlgebornen nun das Ganze
einrichten, und auch meinen Bemerkungen einen Platz ver-
gönnen wollen. Vermuthlich und das schiene auch mir,
wenn ich mir ein Urtheil erlauben darf, das Angemessenste,
trennen Sie Ihre französische Schrift von der Bibliothek,
geben aber den wesentlichen Inhalt, vorzüglich das, was
die Interpretation der einzelnen Stellen betrift, in der
Bibliothek in andrer Form. Den Wunsch, daß, wenn
Ew. Hochwohlgebornen noch Gebrauch von meinen Be-
merkungen zu machen die Güte hätten, diese doch spätestens
zu Michaelis dieses Jahres erschienen, werden Sie verzeihlich
finden. Auf Ihre berichtigenden Anmerkungen freue ich
mich sehr, und danke Ihnen herzlich dafür, daß Sie mir
durch einiges früher Mitgetheilte Gelegenheit geben, schon
jetzt einiges auszumärzen, und unnütze vermuthende Er-
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Berlin, 5. März 1826.
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klärungen abzuschneiden. Ich antworte anf diese Stellen
auf einem eignen Blatt.
Daß es ursprünglich metaphysische Ausdrücke geben
kann, möchte ich auf keine Weise bestreiten. Was
Ew. Hochwohlgebornen über deha in dieser Beziehung
sagen ist nicht nur höchst scharfsinnig, sondern auch so
ansprechend, daß man auf den ersten Anblick gleich es
für wahr zu halten geneigt ist Andre Begriffe sind aber
wohl offenbar erst nach und nach übergetragen, und dahin
möchte yöga gehören. Das aber dürfte doch wohl immer
wahr bleiben, was ich in meinen Bemerkungen sage, daß
auch den ursprünglichst metaphysischen Begriffen eine sinn-
liche Anschauung zum Grunde liegt. Auch in dem von
Ihnen angeführten Beispiel ist es nicht anders. Allein in
Sprachen, wo die Spekulation schon seit sehr frühen Zeiten
gewaltet hat, ist dies bei weitem nicht immer nachzuweisen.
Die Idee der drei Sprachgattungen sollten Sie doch einmal
ausführen. Ich bin bis auf einen gewissen Grad über das
Wirken der ürvölker auf die Sprachen ganz Ihrer Meinung,
ich unterscheide ebenso Natur und Erfahrung, glaube an
das Dilatorische der noch kräftigen Natur, halte dafür,
daß Vieles in den Sprachen kann durch einen glücklichen
Wurf entstanden seyn, nehme auch ursprüngliche Flexion
an; indeß halte ich mich immer innerhalb dessen, was wir
gewissermaßen noch an Menschen sehen, oder wenigstens
menschlich schließen können, und lasse diese Dinge, als
durch nichts Factisches geradezu beweisbar (oder besser
insofern sie das nicht sind) als Möglichkeiten stehen, brauche
sie nicht sowohl direct, als nur um nicht, indem ich sie
abläugnete, Schranken zu ziehen, von denen die Wirklich-
keit frei ist, und welche die Untersuchung einengen. Nichts
13*
196
Humboldt an Schlegel
ist mir so widrig, als bloß mechanische Erklärung. Da-
gegen gehen Sie, soviel ich sehen kann, viel weiter, setzen
Uebermenschliches, oder wenigstens Menschliches, wovon
wir nirgends ein Analogon ahnden können, voraus, scheinen
das Mechanische, auch wo es seyn kann und ist, ganz ver-
drängen zu wollen, und sehen in einigen Sprachen nur
jenen kühnen freien Gang einer schöpferisch bildenden
Kraft, indeß Sie andre dem gebundnen und mühseligen, der
irdisch an einander knüpft, hingeben. Der Hauptunterschied
zwischen uns aber möchte wohl darin liegen, daß ich furcht-
samer historisch zu Werke gehe. Sie reden von den Ur-
vätern des Menschengeschlechts. Bis dahin scheint mir
keine Sprache zu führen. Ich befinde mich immer nur in
einer Mitte der Bildung, wo von den Fortschritten mehr
oder weniger sichtbar, aber der Anfang ganz dunkel ist.
Daher ist mir auch keine Sprache rein, alle, die wir kennen,
sind schon gemischt. Das Glück des Organismus der sehr
gelungenen scheint mir nun darin zu liegen, daß da, wo
ihre Eigenthümlichkeit aus schon vorhandnen Elementen
entstand (denn einen Concretions- oder Congelations- oder
Krystallisationspunkt muß es für jede Sprachindividualität
geben), diese Sprachen glücklich und rein organisirten
Stämmen unter günstigen Umständen angehörten. Neben
diesen glücklichen Ausnahmen, denn so kann man sie doch
nennen, giebt es aber eine Anzahl weniger gerathener
Bildungen, und da Vieles doch allen Menschen gemeinsam
ist, Vieles auch allen Völkern in den Lagen, wo die ge-
sellschaftliche Verfassung noch auf niedrigen Stufen steht,
so bieten auch die glücklichst organisirten Sprachen Un-
vollkommenheiten, und die unvollkommenen einzelne Er-
staunen erregende Vorzüge dar. Man muß nur viele einzelne
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Berlin, 5. März 1826.
197
Sprachen untersuchen, die Zergliederung recht anstellen,
überall das Gemeinsame sorgfältig vom Abweichenden und
Eigenthümlichen abscheiden, und eine jede Sprache aus
dem Gesichtspunkt betrachten, aus dem sie der Nation
erscheinen mußte, die sie sprach. Diesen Weg suche ich
zu gehen, und habe diese Methode noch neulich am Chine-
sischen versucht, das wohl in grammatischer Hinsicht eine
der aller merkwürdigsten Sprachen ist Sie ist der wahre
entgegengesetzte Pol des Sanskrits, diese beiden Sprachen
sind gleichsam die vollkommne Grammatik und die Gram-
matiklosigkeit. Zwischen beiden liegen dann die zahllosen
Mundarten mit unvollkommneren Grammatiken.
Es ist wohl sehr schwer zu sagen, ob die Anomalieen
die spätem oder frühern Bildungen sind. Ich glaube beides,
allgemein läßt sich darin nichts entscheiden. Ich weiß
nicht ob Ew. Hochwohlgebornen Beckers Deutsche Wort-
bildung kennen. Es ist gewiß kein zu verschmähendes
Buch. Er hält die Deutsche Abwandlung: binde, band,
gebunden für die ältere, und darin möchte ich ihm wohl
beistimmen. Diese Yocalumlautung kann nur eine sehr
frühe, gewissermaßen ursprüngliche seyn. Nachher können
freilich einzelne Verba, die sie nicht hatten, so angeformt
seyn. Daß die Gleichheit des Nominativ und Accusativ
der Neutra eine Schönheit sey, möchte ich doch bezweifeln.
Sie verschwindet, wenn ich auch alles übrige annehme,
schon dadurch wenigstens im spätem Griechischen und
Lateinischen, weil ja viele unbelebte Dinge Masculina und
Feminina und einige Neutra belebte sind. Sollte auch der
Unterschied zwischen handeln und wirken so scharf auf-
gefaßt worden seyn? Was ich am meisten entgegensetzen
möchte, ist> daß die ganze Sprache in ihrem tiefsten Wesen
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Humboldt an Schlegel
Eine große Prosopopöe ist, wo das logische Urtheil a = 6
verwandelt wird in ein Vorstellen, daß a handelt oder leidet
und in der einen oder andern Beziehung mit b steht
Gerade der frischere Mensch mit noch einzeln mehr verständ-
licher Sprache mußte das viel lebendiger fühlen, als wir,
die wir schon soviel allgemeine Verben haben, die den
Begriff dem = der Mathematik so nahe, als möglich, bringen.
Ohne Rücksicht auf die Bedeutung mußte also Subject und
Object scharf geschieden da stellen. Die Homonymie der
Neutra in diesem Fall scheint mir nur daher zu kommen,
daß die Declination der Neutra überhaupt eine unvoll-
kommnere ist. Dies zeigt das Sanskrit deutlich, wo Neutrum
und Wurzelwort so oft durch nichts verschieden sind. Das
Neutrum ist also noch halb Wurzelwort. Daß dies aber so
ist, wird durch Ew. Hochwohlgebornen Bemerkung sehr
schön erklärt. Nur das so lebendig hervortretende, daß
man Geschlecht daran unterscheiden zu müssen glaubte,
wurde sorgfältiger organisirt. Daß Dual und Plural mehr
homonyme Casus haben, als der Singular, läßt sich wohl
daher ableiten, daß man diese Formen ursprünglich weniger
brauchte, und daher auch sorgloser behandelte.
Daß Ew. Hochwohlgebornen meine Abhandlung über
die Buchstabenschrift einer so verweilenden Aufmerksamkeit
gewürdigt haben, ist mir unendlich schmeichelhaft gewesen,
und noch mehr hat es mich gefreut zu sehen, daß meine
Ideen mit den Ihrigen übereinstimmen. Denn die Ver-
schiedenheit unsrer Ansicht scheint mir, wenn sie noch
eine ist, eine höchst geringe. Sie sagen: die Buchstaben-
schrift wäre schon in den frühesten Zeiten virtualiter vor-
handen gewesen, wenn sie auch nicht in Ausübung gebracht
wurde. Wenn Sie damit die Stelle meiner Abhandlung
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vergleichen, wo ich S. 14. vom geistigen Theile des Alphabets,
noch ohne Zeichen fürs Auge, spreche, so werden Sie sehen,
daß es im Grunde dasselbe ist Ich glaube nur nicht, daß
die Zeichen dann lange fehlen konnten. Daurende Stoffe
waren dazu nicht nothwendig. Die Hauptsache war nur,
daß man den Ton im Bild schul Denn es scheint mir im
Menschen zu liegen, daß, was sein Geist sehr lebendig
ergreift, ihn auch reizt, es sich durch alle Sinne an-
schaulich zu machen. Ein großer Zeitraum konnte also,
meines Erachtens, nicht zwischen dem Aussprechen und
dem Bezeichnen eines abgesonderten Buchstabens, den man
als Sylbenelement, nicht als ein eignes Wort, erkannte,
Remusats Aufsatz, wie ein Chinesischer Autor die Buch-
stabenschrift schildert, ist mir leider nicht bekannt Der
Chinesischen Sprache die Buchstabenschrift, unsre oder die
Indische, anzueignen, scheint mir auf keine Weise un-
möglich, nicht einmal schwierig. Aber daß die Chinesen
es schwerlich je thun werden, liegt, dünkt mich, darin, daß
in ihrer Ansicht ihre Schrift wirklich ein Theil der Sprache
ist Sie muß also mit jedem irgend denkenden Chinesen
wahrhaft verwachsen seyn. Dies liegt zum Theil in der
Armuth der Sprache an Wörtern und überhaupt an Lauten,
und zum Theil in andern Umständen. So drückt sich die
Verwandtschaft der Begriffe im Chinesischen sehr stark in
den Schriftzeichen und, soviel ich habe bemerken können,
gar nicht in den Lautzeichen aus.
Des index verborum zur Bhagavad-Gita will ich Ew.
Hochwohlgebornen auf keine Weise berauben. Ich habe
freilich keinen über alle darin vorkommende Wörter, aber
über die mich interessirenden habe ich mir einen genügenden
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Humboldt an Schlegel
gemacht, und auch ans allen philosophischen Stellen des
Manns die Wörter hinzugefügt, so daß ich ziemlich leicht
in beiden Schriften die Stellen auffinden kann. Diesen
ganzen Theil des Manus habe ich in diesem Sommer mir
abgeschrieben und wörtlich übersetzt, und aus dieser Arbeit
viel Nutzen gezogen. Auch habe ich immer den Scholiasten
gelesen, und auch viel aus ihm abgeschrieben — was ich
nemlich verstand. Denn ihn ganz und leicht zu verstehen,
behaupte ich keinesweges.
Das pant heistisch streichen Ew. Hochwohlgebornen
ja aus, wo es sich betreten läßt. Es thut hier gar nichts
zur Sache. In meiner Abhandlung über das Lehrsystem
der Gita habe ich schon ausdrücklich gewarnt, nicht auf
Krischnas Lehren anzuwenden, was man gemeinhin vom
Pantheismus praedicirt Auch freut es mich zu sehen, daß
Ew. Hochwohlgebornen auch nicht mit den Ideen Ihres
Bruders über die Gita übereinstimmen, die ich gar nicht
theilen kann. Indeß Pantheismus muß man doch das System,
meiner Meinung nach, nennen. Die Sache scheint mir
darauf zu beruhen, daß das Kriterium des Theismus die
Schöpfung aus Nichts ist. Gerade diese verwirft das
Indische System gänzlich. Wo nun die Welt nicht ge-
schaffen, sondern gleich ewig mit Gott ist, da ist Dualismus,
wo eine selbständige und unabhängige Welt Gott entgegen-
steht, oder Pantheismus, den ich aber bloß darein setze,
daß die Welt immanent in Gott ist. Nicht einmal um-
kehren läßt sich der Satz schlechthin, wie deutliche Stellen
der Gita beweisen. Dies schließt nun den Spiritualismus
nicht aus, der vielmehr so stark ist, daß Welt und Materie
ja fast zu durch Zauber hervorgebrachtem Schein werden, es
schließt ebenso wenig eine Absonderung des Menschen von
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Berlin, 5. März 1826.
201
der Gottheit aus. Diese letztere scheint mir aber auch in
allem Pantheismus statt finden zu können, da auch im
strengsten der Mensch sich zu Gott doch immer wie Theil
zum Ganzen verhielte. Ich könnte übrigens auch in meiner,
Ihnen noch unbekannten Abhandlung ohne Anstand das
panth eis tisch wegstreichen. Denn ich habe mich gar
nicht darauf eingelassen über das System zu sprechen, es
in die Reihe der andern bekannten zu classificiren, oder
sonst etwas darüber zu bestimmen. Ich habe bloß gesucht,
die in der ganzen Gita zerstreuten Lehrsätze zu sammeln,
und mit den Beweisstellen zu ordnen. Meine ganze Ab-
handlung ist eigentlich nur ein ausführliches Argumentum.
Darauf allein habe ich mich beschränkt und aus vielen
Gründen. Auf diese "Weise aber kann meine Arbeit dem,
der nur das Gedicht selbst studiren will, nützlich seyn. Ich
kann nicht läugnen, daß es mir viel Mühe gemacht hat,
ehe ich mir das Ganze habe recht vor Augen stellen
können, und ich will mich glücklich schätzen, wenn Sie
finden sollten, daß es mir gelungen ist.
Mein Brief ist aber von einer übermäßigen Länge ge-
worden. Der Inhalt des Ihrigen hatte mich aber so an-
gezogen, daß es mir unmöglich gewesen wäre, nicht auf
jede einzelne Stelle desselben wieder einzugehen. Erhalten
Sie mir Ihr wohlwollendes Andenken und Ihre Freund-
schaft^ und nehmen Sie die Versichrung meiner ausgezeich-
netesten Hochachtung und Ergebenheit an.
Berlin, den o. März, 1826. Humboldt
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202
Humboldt an Schlegel
27. Humboldt an Schlegel.
Ich sage Ew. Hochwohlgebornen meinen lebhaftesten
Dank für Ihren gütigen Brief vom 30. vorigen Monats und
für die Sorgfalt, die Sie meinem Aufsatz geschenkt haben.
Ich werde mich sehr freuen, ihn in Ihrer Bibliothek ab-
gedruckt zu wissen, und sehe den Heften mit wahrer
Ungeduld entgegen, da zwei neue ja sehr Vieles von Ihnen
enthalten müssen. Die Verzögerung des Abdrucks meiner
Bemerkungen schadet durchaus nicht Es konnte nie meine
Absicht seyn, mit diesem Deutschen Machwerk in Paris zu
wirken, und man mag es dort immerhin ignoriren. Mir
war mehr um diejenigen zu thun, die in Deutschland sich
mit Sanskrit beschäftigen, und um Entwicklung einiger
Ideen, die mich damals gerade, wo ich ein sehr genaues
Studium der Bhagavad Gita vorgenommen hatte, erfüllten.
Vorzüglich angenehm ist es mir, daß Sie meinen Aufsatz
mit Anmerkungen begleitet haben. Meine Abhandlung
über die Gita wird jetzt gedruckt, vier Bogen, etwa die
Hälfte, sind fertig und ich freue mich, sie Ihnen nun bald
schicken zu können. Sie ist aus reiner Liebe zu dem Ge-
dicht entstanden, und mir daher wirklich werth. Auch
macht sie auf kein andres Verdienst Anspruch, als den
Inhalt vollständig und treu darzustellen. Ich habe bei
dieser Gelegenheit Guigniaut's religwns nachgelesen. Der
Artikel über Indien, der im Oeuzer sehr mangelhaft war,
hat allerdings an Stoff und Umfang gewonnen, ich möchte
aber sagen, auch nur daran. Denn sonst kann man keine
buntere Zusammenstellung ganz verschiedenartiger Ansichten
Deutscher Schriftsteller über Indische Religion und Mythe
sehen. Was aber das Schlimmste ist, so gehören diese
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Tegel, 4. September 1826.
203
Ansichten lauter Leuten an, die selbst kein Sanskrit wissen,
sondern nur ans Uebersetzungen geschöpft haben. Allein
brauchbar bleibt diese Zusammentragung doch, und dem
Creuzerschen Werke scheint mir diese Uebersetzung doch
zu schaden. Man wird sehr leicht künftig mehr sie, als
das Original citiren.
Was Ew. Hochwohlgebornen mir von dem Schicksal
Ihres Aufsatzes in Paris schreiben, hat mich sehr erlustigt
Chezy's Benehmen ist aber wirklich unbegreiflich. Die
Hofnung, die erste Lieferung des Ramayana schon zu Ostern
zu erhalten, belebt mich ordentlich im Studium des Sans-
krits. Ich kann mir die Schwierigkeiten der Arbeit sehr gut
denken, allein soviel sie zu lösen sind, wird es Ihnen
sicherlich gelungen seyn, und Sie werden Sich dadurch aufs
neue ein dauerndes Denkmal des Ruhmes stiften. Von dem
Haughtonschen Manus habe ich mehr erwartet Auf der
Stufe, auf der jetzt das Studium des Sanskrits steht, hätte
sich doch viel mehr thun lassen. Und warum nicht gleich
den Scholiasten mit abdrucken? Ob ich gleich nicht in
die Lobsprüche der Engländer über diesen Commentar ein-
stimmen kann, und es noch mehr misbillige, daß Jones
eigentlich mehr ihn, als den Dichter übersetzt hat, so gewährt
es doch großen Nutzen, ihn nachzulesen.
Zu Ihrem Bau wünsche ich Ihnen von Herzen Glück.
Es ist auch meine Liebhaberei, angenehm zu wohnen, und
ich hätte sehr gewünscht, Ihnen mein hiesiges Haus zeigen
zu können. Man hatte uns Hofnung gemacht, Sie diesen
Herbst hier zu besitzen, es thut mir aber sehr leid zu
sehen, daß eine Reise nach Berlin noch zu Ihren ganz
unbestimmten Planen gehört. Die Familienverluste, von
denen Sie mir schreiben, erwecken meine lebhafte Theil-
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204
Humboldt an Schlegel
nähme. Auch ich bin in diesem Sommer zwar nicht durch so
traurige Ereignisse, aber durch sehr bange Besorgnisse gestört
gewesen. Meine Frau war außerordentlich leidend. Sie
hat das Bad in Gastein besuchen müssen, und die Kur
scheint, nach ihren Briefen, doch Erfolg zu haben. Meinen
Bruder erwarte ich am Ende des Monats, und wenn er
Bonn berühren kann, versäumt er gewiss nicht, Sie dort
aufzusuchen.
Ich empfehle mich Ew. Hochwohlgebohrnen gütigem
Andenken und verbleibe mit der ausgezeichnetesten Hoch-
achtung ....
[Tegel, 4. September 1826.J
28. Humboldt an Schlegel.
Ich habe Ew. Hochwohlgebornen beide Hefte der In-
dischen Bibliothek erhalten, und säume keinen Augenblick,
Ihnen meinen wärmsten Dank für das große Vergnügen,
und die mannigfaltige Belehrung abzustatten, welche mir
diese reichhaltigen Hefte gewährt haben. Zu gleicher Zeit
ist mir die französische Kritik im Journal Asiat ique zu-
gekommen, die mich durch die guten Einfälle, die Remusat
glücklicherweise nicht vertilgt hat, sehr belustigt hat. Ich
habe auch lachen müssen, daß Sie mir vorwerfen, mit
Langlois zu glimpflich umzugehen. Ich war, wie Sie, über-
zeugt, daß er in der Stelle grobe Unwissenheit über die
Declinationen sogar verrieth, aber es ist meine Art so, der-
gleichen Blößen lieber mit dem Mantel der Liebe zuzu-
decken. Bei andern aber tadle ich das entgegengesetzte
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Tegel, 18. September 1826. 205
Verfahren im geringsten nicht Für den sehr genauen Ab-
druck meiner Bemerkungen bin ich Ihnen ausnehmend ver-
bunden. Aber für Ihre Zugaben kann ich Ihnen nicht
genug danken. Sie geben erst dem Ganzen Interesse und
Werth, und so leicht und hübsch sie nur hingeworfen
scheinen, so liegt in ihnen, außer den originellen und scharf-
sinnigen Ansichten, Fülle der Gelehrsamkeit und Belesenheit.
Gleich die erste über den Vyäsas stellt die Sache in den
richtigen Gesichtspunkt Ich bin ganz Ihrer Meinung, daß
dies kein Name eines Individuums, sondern ein wirklicher
Collectivname ist Die von Ihnen S. 339. angegriffene ety-
mologische Behauptung gebe ich Ew. Hochwohlgebornen
vollkommen Preis. Es erschien mir nichts Zweifelhaftes
dabei, und so schrieb ich sie zu flüchtig hin. Sie haben sehr
richtig gezeigt, daß sie allerdings Bedenken, und wichtige
hat Nur will mich die Ableitung von f/fric von paoficu
auch nicht überzeugen, und daß das r hier nicht radical
sey, möchte ich auch noch nicht zugeben, so wenig ich be-
streite, daß es eine Griechische Endung -tu giebt. In einem
andern Punkt aber kann ich meine Meinung nicht der
Ew. Hochwohlgebornen unterordnen, nemlich in dem was
wir beide über die Bedeutung der psychologischen Aus-
drücke und der Uebersetzung derselben sagen. Es ist aller-
dings richtig, daß der gewöhnliche lebendige Gebrauch diese
Wörter wohl vermischt und nicht immer in bestimmten
Gränzen festhalt, aber der philosophische thut das Letztere,
und die Gitä scheint mir ebenso wohl, wie ein Platonisches
Gespräch oder ein Buch des Aristoteles, ein metaphysischer
Aufsatz, wenn man ein Gedicht so nennen könnte. In der
Zeit und unter dem Volke, wo diese Episode entstand, war
dies die Form des philosophischen Vortrags. Ich glaube
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206
Hnmboldt an Schlegel
auch nicht, daß man im Manus und der Gfta Eine Stelle
finden wird, wo diese Ausdrücke von ihrer philosophisch
einmal gestempelten Bedeutung abgiengen. Gewiß fodre
ich nun nicht von einem Uebersetzer, und habe es deutlich
gesagt, daß er für jeden dieser Ausdrücke einen bestimmten
präge, und nie einen andern dafür gebrauche. Ich halte
es besonders im Lateinischen sogar für unmöglich, das
durchzuführen. Aber zu wünschen wäre bei Uebersetzung
eines metaphysischen Gedichts eine solche Gleichförmigkeit
allerdings, und die Abweichung davon darf, dünkt mich,
nur Ausnahme seyn. Gerade in den Zugaben, in welchen
Ew. Hochwohlgebornen hierüber sprechen, kommen aber
zugleich sehr schöne und schlagende Bemerkungen und
einige herrliche Etymologieen vor. — Auf meine hingewagte
Meinung über wijnäm lege ich durchaus kein Gewicht.
Allein gegen Ihre Erklärung hätte ich noch Vieles einzu-
wenden. Die Stelle des Amara Kosha ist allerdings sehr
wichtig; könnte aber nicht wijnäna eine doppelte Bedeutung
gehabt haben, eine esoterische und exoterische und spricht
nicht das Wörterbuch nur von dieser, so wie Ew. Hochwohl-
gebornen auch anführen, daß die psychologischen Ausdrücke
darin nicht tief philosophisch geschieden werden? Mir will
gerade in die fünf Stellen des Gedichts die Annahme, daß
da von menschlichen Wissenschaften die Rede sey, gar nicht
passen. Ihnen scheint wijnäna untergeordnet, weil es in
den fünf Stellen einmal mit sa, und einmal mit sahita ver-
bunden ist; dreimal folgt es bloß auf jndna. Ich gestehe
aber, daß mir dies gar nicht zu beweisen scheint, daß wijnäna
etwas mehr Untergeordnetes bedeute. Daß wijnäna nicht
vorausgeht liegt darin, daß es mit einer Praeposition ver-
bunden ist, wo man dann natürlich mit dem allgemeinen
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Tegel, 18. September 1826.
207
Begriff anhebt. Unter den fünf Stellen scheint mir Ihre
Bedeutung nur auf Eine allenfalls zu passen, nemlich auf
XVm. 42. Auf III. 41., wo Sie auch wijnänan durch Judi-
cium übersetzen, schon weniger gut. VI. 8. übersetzen Sie
es, und ich glaube sehr mit Recht, durch cognitio. Es wird
da dem Yogi zugeschrieben. Die Brahmanen waren aller-
dings die Aufbewahrer aller Wissenschaft Sollte das aber
auch für die Vertieften gelten, und gerade im Augenblick
ihrer Vertiefung, von dem da die Rede ist? Am deut-
lichsten aber scheinen mir die beiden noch übrigen Stellen
zu beweisen, daß wijnänan auch metaphysisch religiöse Er-
kenntniß der Gottheit ist. In beiden heißt es, daß Krischnas
nun dem Arjunas jnänan und wijnänan offenbaren will.
Dies Futurum geht sichtbar nicht auf eine künftige Zeit,
sondern auf den Augenblick des Gesprächs selbst, und wie
der Gott nun kund macht, was er verheißen hat, spricht
er nur von sich und der Gottheit überhaupt, durchaus von
nichts Menschlichem. VH 2. heißt es: dieses jnänan und
wijnänan und was vorausgegangen ist, worauf sich aber
diese Erkenntniß bezieht, ist der Begriff der Gottheit. IX. 1.
erhalten beide diese Erkenntnisse das Beiwort der ge-
heimsten. In beiden Stellen folgt eine mit besondrer Weihe
vorgetragene heilige Lehre. Würden VII. 2. unter wijnänan
alle Wissenschaften verstanden, so wäre der Zusatz, daß
nun nichts Wissenswürdiges übrigbleibe, wirklich sehr
müßig. Denn wie will etwas übrigbleiben, wenn alles schon
zusammengefaßt ist? Dieser Zusatz aber hat eine hohe
Kraft, wenn jene Worte nur die heilige Lehre umfassen;
neben ihr, heißt es dann, bleibt nichts mehr, das wissens-
würdig, übrig. In ähnlichen Stellen der Bibel heißt diese
Lehre, die Summe aller Erkenntniß. Nur so, und dies
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208
Humboldt an Schlegel
wäre vielleicht ein passender Ausweg, könnte ich Amara
Sinhas Erklärung hier passend finden, daß Krischnas sagte,
ich will dir erklären was alle heilige und profane Wissen-
schaft in sich faßt, damit aber doch nur die heilige Lehre
meinte, und gleichsam die profane gegen sie fallen ließe.
Allein daß er meinen sollte, der Yogi sollte jene profanen
Wissenschaften treiben, und so alles Wissen in sich ver-
einigen, kommt mir sowohl den einzelnen Stellen, als dem
Geist des ganzen Gedichts unangemessen vor. — Unter eine
der bekannten Schulen die Bhagavad Gita zu bringen, ist
gewiß nicht meine Absicht. Indeß ist nicht zu läugnen,
daß das Daseyn solcher Schulen schon aus dem Gedicht
selbst hervorgeht, und daß die Lehre desselben im Ganzen
mit dem übereinkommt, was nachher Patanjalis Yoga
System hieß. — Auf die Titel der Abschnitte gebe ich
gleichfalls nichts und habe sie nur angeführt um Langlois
mit seinen eignen Argumenten zu widerlegen. — Daß in
der Bhagavad Gita das sinnliche Princip der Erkenntniß,
wie Sie sagen, oder das irdische des Daseyns, wie ich es
ausgedrückt habe, gänzlich aufgehoben werden, scheint mir
nicht. Allerdings giebt es Stellen in ihr, welche die sinn-
liche Welt fast nur als einen Schein der Maya darstellen.
Allein ein so entschiedner Idealismus, wie man ihn sonst
wohl der Indischen Philosophie beilegt, ist in dem Gedicht
nicht ausgesprochen, wie es mir wenigstens vorkommt. —
Daß Sie einzelne Stellen des Commentars haben abdrucken
lassen, hat mich außerordentlich gefreut Wie herrlich
wäre es, wenn man einen ganzen Commentar mit so gött-
licher Correctheit und Deutlichkeit gedruckt besäße! —
Der übrige Inhalt Ihrer beiden Hefte ist durchaus inter-
essant, und einige Aufsätze müssen von jedem als vollendet
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Tegel, 18. September 1826.
209
und meisterhaft auch in der Form erkannt werden. Am
meisten angezogen haben mich die grammatischen und ety-
mologischen Untersuchungen im 3*5 Heft. Man kann damit
nur die besten Aufsätze des verstorbnen Wolf vergleichen,
aber die Ihrigen haben den unbestreitbaren Vorzug, daß
sie mit wichtigen Resultaten schließen, da sich die seinigen
meist in ungelöst bleibende Zweifel verliefen. — Ich räume
vollkommen ein, daß, wie Ew. Hochwohlgebornen sagen, s im
Sanskrit der Charakter des männlichen Nominativs ist.
Allein ich freue mich zu sehen, daß Sie, wo Sie verbundne
Worte drucken lassen, den Nominativ mit h (:) endigen.
Ich bin schon lange darüber mit Bopp in Streit, daß er
auch im Devanagari Druck in seiner Grammatik in den
Paradigmen den Singularis und Pluralis immer mit s endigen
läßt. Es scheint mir dies durchaus unstatthaft, da, wo das
Wort allein steht, : schließen muß. Wie die Sprache heute
liegt, müßte auf das s ein surder Buchstabe folgen. Für
den Anfänger entsteht auch die Undeutlichkeit, daß er die
wirklich mit radicalem s endenden Worte nicht zu unter-
scheiden weiß. Sie reden bei dem Nominativ s mit Eecht
von einer vorgeschichtlichen Zeit. In der heutigen Sprache
läßt sich nicht einmal sagen, daß die Charakteristik des
Nominativs s ist. Diese Charakteristik ist, wenn das Wort
allein steht, :, wenn es verbunden ist, einer der Laute, die
dann eintreten können, also allgemein: ein Hauch- Zisch-
oder r-Laut. Denn Sie nehmen doch auch wohl an, daß,
wenn das Visarga vor einem Vocal wegfällt, doch ein Hauch
(eine Art Digamma) die beiden Vocale, die sonst zusammen-
laufen würden, aus einander hält. Der Hauch wird nur
bis zur bloßen Pause gemildert. — Ueber das anuswära
kann ich auch Bopp nicht beistimmen, daß es bloß ein
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210
Humboldt an Schlegel
Zeichen, und also orthographisch ist. Ich halte es für eine
eigne Modifikation des Nasenlautes, und hierin ist Bopp
geneigt, mir nachzugeben. — Bei diesen Untersuchungen
fällt mir ein, daß ich mich oft gefragt habe, ob die Lehre
des Sandhi wohl als eine Frucht des sich verfeinernden
Wohlklangs anzusehen ist, oder schon der ursprünglichen
Sprache angehört haben mag. Ich glaube das Letztere.
Rohe Völker sind viel eigner in Behandlung der Laute, als
cultivirte. In allen Indischen Sprachen, obgleich man die
Nationen jetzt wohl roh nennen muß, auch in den von dem
Sanskrit weit abweichenden, wie in der Telinga, herrscht
eine solche Lehre, und das Volk versteht den nicht, der
sie nicht anwendet. Auch in Amerikanischen Sprachen
sind Spuren davon. Diese Völker trennen auch noch viel
weniger die Wörter in Gedanken ab, und behandeln eine
ganze Redensart wie Ein Wort. Der Gebrauch der Schrift
nimmt davon hinweg, wie man im Griechischen deutlich
sieht. — Die Sprachen ohne Declination haben den guten
Mannert zu einem großen Verstoß verführt, vor dem ihn
die Lehre der Accente, wenn er sie wüßte, bewahrt haben
würde. Im Diodor kommt ein Iberischer König Orissön
indeclinabel vor, und den hat er für den Genitiv eines
Volksnamens gehalten. So paradiren auf vielen Karten
Orisser, die es nie gegeben hat. Ich habe es in der Schrift
über die Urbewohner Hispaniens gerügt. — HErrn Schilling
von Cannstadt verdanke ich es, daß ich wenigstens etwas
von ta hio gelesen habe. Ich besitze seine beiden litho-
graphischen Chinesischen Schriften durch meinen Bruder.
Zu den Sloken wünsche ich von Herzen Glück. Es sind
wohl die ersten, diesseits des Meeres gemachten. — Daß
Ew. Hochwohlgebornen den anonymen französischen Brief
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Tegel, 18. September 1826.
211
p. 186. so viel ausführlicher und grundlicher beantwortet
haben, als er es verdiente, werden Ihnen die Leser Dank
wissen. Ihre Antwort enthält triftige und neue Wahrheiten.
Ich besonders bin Ihnen für die freundliche Erwähnung
meines Namens darin sehr verbunden. Erhalten Sie mir
ferner diese wohlwollenden und freundschaftlichen Ge-
sinnungen und nehmen Sie die aufrichtigste und herzlichste
Versicherung der meinigen und meiner ausgezeichneten
Hochachtung an.
Tegel, den 18. September, 1826. Humboldt
29. Humboldt an Schlegel.
Ich eile im Augenblick, wo ich eine kleine Reise an-
treten muß, Ew. Hochwohlgebornen zu sagen, daß ich meine
Abhandlung über die Bhagavad Gita sous bände für Sie zur
Post gegeben habe. Ich empfehle sie mehr Ihrer freund-
schaftlichen Nachsicht, als Ihrer Kritik. So sehr ich
vielleicht zu furchten hätte, vor einer solchen nicht zu be-
stehen, so beruhigt es mich, daß Sie durch meine ganze
Arbeit werden meine Liebe zu dem Gedichte durchscheinen
sehen. Einem Kommentar, wie das Publicum berechtigt
ist, ihn von Ew. Hochwohlgebornen zu erwarten, greift
meine Arbeit nicht vor. Sie soll nichts als eine Uebersicht
des systematischer geordneten Inhalts gewähren. Die Verse
in meiner Abhandlung übergebe ich Ihnen mit doppelter
Schüchternheit Sie würden Ihnen ganz anders gelungen seyn.
Ich habe, da ich ihnen nicht das eigentlich zu Fordernde
geben konnte, wenigstens gesucht, der Treue und Einfach-
heit keinen Eintrag zu thun. Ew. Hochwohlgebornen werden
14*
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212
Schlegel an Humboldt
zwei Exemplare meiner Abhandlung erhalten und ich bitte
Sie, das eine an Herrn Lassen in meinem Namen zu geben.
Mit der freundschaftlichsten Hochachtung und Er-
gebenheit
der Ihrige,
Tegel, den 10. October, 1826. Humboldt.
30. Schlegel an Humboldt.
Bonn den 29sten October 26.
Ich war sehr erfreut, in einem früheren Briefe von
Ew. Excellenz einigermaßen günstige Nachrichten von dem
Befinden Ihrer Frau Gemahlin zu finden, und diese vor
kurzem durch einen späteren Brief an meinen Freund
Welcker bestätigt zu hören. Ich bitte Sie, mich ihr an-
gelegentlich zu empfehlen, und ihr meine lebhaften Wünsche
für ihre vollkommne Herstellung zu bezeugen.
Ihr Herr Bruder muß jetzt bei Ihnen seyn. Herr Kunth
hatte uns einige Hoffnung gemacht, wir würden ihn auf
der Durchreise sehen: aber er hat auch dießmal Bonn nicht
berühr^ worüber ich recht betrübt gewesen bin. Ich hoffe,
er wird noch vor seiner Abreise von Paris meine Sendung
der Indischen Bibliothek empfangen haben, welche Herr von
Olfers mitzunehmen die Güte hatte. Das ganze Packet an
die französischen Gelehrten war unter seiner Adresse.
Daß Ew. Excellenz mit meiner Sorgfalt für den Ab-
druck Ihres Aufsatzes zufrieden waren, ist mir eine große
Beruhigung. Nichts kann aber aufmunternder und an-
regender für mich seyn, als Ihre Urtheile und Bemerkungen
über ineine Aufsätze. Wenn ich viel solche Leser hoffen
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Bonn, 29. Oktober — 12. November 1826.
213
dürfte, so würde ich Lost haben, die Feder gar nicht ans
der Hand zn legen, und immerfort für den Druck zu
schreiben. An Stoff sollte es wohl nicht fehlen. In nicht
gar langer Zeit denke ich ein neues Heft ans Licht fördern
zu können. Es ist mir sehr lieb, daß Ew. Excellenz meine
etwas schärfere Polemik nicht misbilligen. Sie scheint mir
wirklich nothwendig, um die gründliche Forschung in ihren
Rechten zu behaupten, und es werden noch einige strenge
Gerichte gehalten werden müssen. Ich bekomme die
Nummern des Journal Asiatique so unordentlich, daß ich
meinen Anti-Langlois noch nicht gesehen habe, eben so
wenig den neuen Anti-Schlegel; der dem Vernehmen nach
grob und geistlos seyn soll.
längulakhyö mahamürJcah panditäisshchawahäsitah,
udwamati urisham ghörarp satphruddhah Släghalam prati.
Die Namen haben mit einiger Willkühr behandelt werden
müssen, um ihnen einen classischen Anklang zu geben.
den lOten November. Ich lasse das obige nur stehen,
um zu zeigen, daß ich schon früher den guten Willen hatte,
von meiner dreifachen und vierfachen Schuld etwas abzu-
tragen. Zwischen jenen Zeilen und diesen liegt die Eröffnung
dreier Vorlesungen, und ich weiß nicht, was alles sonst. So
geht es mir immer. Ich kann sowohl zu den notwendigsten,
als zu den einladendsten Briefen keine Zeit finden.
Seitdem habe ich nun Ew. Excellenz Abhandlung
empfangen. Ich habe sie erst Einmal gelesen, und schon
viel daraus gelernt; ich werde sie oft lesen und immer
daraus lernen. Eigentlich sollte ich wohl nicht urtheilen,
ich bin durch die gütige Erwähnung meiner Arbeit allzu
sehr bestochen. Die Darlegung des Inhalts scheint mir
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214 Schlegel au Humboldt \
,
ganz vollkommen. Eine metrische Übersetzung schien mir
äußerst schwer, ja fast unmöglich. Auch hierin ist außer-
ordentlich viel geleistet. Wie wäre es, wenn Ew. Excellenz
sich mit mir zur Übertragung des Ganzen vereinigten?
Die metaphysischen Stellen blieben Ihnen vorbehalten, die
mehr epischen könnte ich übernehmen.
„In Kuru-Land, des Eechts Wohnsitz, Kampfbegierig hinabgerückt,
„Unsre, samt dem Geschlecht Pftndu's, was nun thaten sie, Sanjayas?" —
Als des P&ndu-Geschlechts Heerschaar aufgestellt sah Duryodhanas,
Zu seinem Meister hintretend, redet' er ihn, der König, an. u.s.w.
Ich könnte vielleicht einige fast mechanische Handgriffe
der Versification angeben. Z. B. in den freigelassnen Stellen
des Slokas sind doch manche Rhythmen zu vermeiden,
namentlich der jambische, weil sonst das zweite Hemistichium,
dessen letzte Hälfte ein zweiter Päon oder Dijambus seyn
muß, völlig in einen vierfüßigen Jamben ausartet.
Dieß kann nun auch dem ersten Hemistichium begegnen,
wenn man es mit dem ersten Epitrit schließt, aber in die
vorletzte Sylbe eine tieftonige Länge, hingegen in die dritt-
letzte und letzte eine hochtonige setzt: Dann wird
der Fuß schon einem Dijambus ähnlich. Vermieden wird
dieß durch den Antispast oder folgenden Epitrit: ^-11.
Ich glaube meinen Gedanken am deutlichsten zu machen,
wenn ich den Slokas p. 48 als einen ganz vollkommen
versificirten anführe. Manchmal ließe sich der Rhythmus
durch eine ganz leichte Umstellung verändern. ZB. p. 38
würde ich versuchen:
Wann zu jeglichem Thor einzieht, hell durchleuchtend, in diesen Leib
Die Erkenntnis, sodann, wisse, kommt zur Reife die Wesenheit.
Nur um zu beweisen, daß ich mit Aufmerksamkeit
gelesen habe, erlaube ich mir folgende kleine Bemerkungen.
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Bonn, 29. Oktober - 12. November 1826.
215
P. 4 und 55. Cap. n, 29 würde ich anders fassen. Ich nehme
enam nicht als ein unbestimmtes Pronomen, sondern beziehe
es auf ütmänam. So auch der Scholiast, in dessen An-
merkung nur Ein Wort nicht klar ist. Der Geist kann nur
in seinen Wirkungen wahrgenommen werden, diese sind
aber von allen Erfahrungen, die man in der Körperwelt
machen kann, so verschieden, daß sie dem sinnlichen
Menschen als ein Wunder erscheinen müssen. Der Scholiast
vergleicht den Geist mit einem Gaukler, dem man auch
nicht auf die Spur kommt, wie er seine Kunststücke zu
Stande bringt,
VJLLl, 16. Die Stelle ist grammatisch zweideutig, wenn
dieser Zweideutigkeit nicht schon durch eine anderweitig
festgestellte Lehre abgeholfen ist Dieses kommt von dem
Gebrauch der Praeposition ä mit dem Ablativ her. Sie
bedeutet sowohl den terminus a quo als den terminus ad quem,
entweder mit Einschluß oder mit Ausschließung derGränze.
Alles dieß liegt in den beiden Definitionen des Amara Kosha
abhiwyüptäu sUmürthe. Colebrooke erklärt: until-including the
limit, or exclusive of the bound or limit. Im Amara Kosha selbst
finden sich Beispiele, wo das als Gränze mit begriffen ist. Von
den Zahlen heißt es: täsu (samkhyasu) chänawateh striyah.
Unter ihnen sind die bis 90, von 20 an, Feminina. Nun ist aber
nawaii ein Femininum, darauf folgt das erste Neutrum iatam. —
Für obigen Slokas scheint mir die adversative Partikel tu
entscheidend. Es ist ein Gegensatz da. Aus der Welt des
Brahma kehrt man noch zurück, nicht aber, wenn man
zumKrishnas gelangt ist. Mit dem Begriffe des abstracten
Brahma scheint es mir nicht verträglich, ihm eine eigne
Welt als Wohnsitz zuzuschreiben. Was sagt der Scholiast?
— Noch nicht ganz klar ist mir XIV, 27. Colebrooke über-
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216
Schlegel an Humboldt
setzt, wie mir Herr Lassen versichert , pratishthä in philo-
sophischen Schriften immer durch basis.
Herr Lassen weiß die Ehre zu schätzen, die Ew.
Excellenz ihm durch die Zusendung Ihrer Abhandlung er-
wiesen haben, und trägt mir auf, Ihnen seine Dankbarkeit
ehrerbietigst zu bezeugen. Ich hoffe Ew. Excellenz haben
seine erste Arbeit über das Pali mit dem zweiten Exemplar
der Indischen Bibliothek richtig empfangen. Ich habe das
ganze Packet unter der Adresse der Königlichen Akademie
abgesendet. — Ew. Excellenz wollen mir erlauben, den aus-
gezeichneten jungen Mann Ihrer Gewogenheit zu empfehlen.
Seine Förderung in der auf meinen Antrieb betretnen Lauf-
bahn ist mir eine wichtige Angelegenheit. Ich habe an
ihm einen vortrefflichen Mitarbeiter, und sehe in ihm den
Fortsetzer der von mir begonnenen Unternehmungen, über-
haupt eine Stütze der Indischen Philologie in Deutschland.
Er wird nun nächstens promoviren: wir haben es um
etwas hinausgeschoben, weil er sich auf meinen Rath zu-
vor des Arabischen in gewissem Grade zu bemeistern sucht.
Seine Abhandlung ist aber lange fertig, und wird, hoffe ich,
Ew. Excellenz Beifall erwerben. Sie handelt von der alten
Geographie des Panjab, nach den Griechischen Zeugnissen,
verglichen mit einheimischen Quellen.
Das erste Buch des Rämäyana, der Text nämlich, ist
beinahe fertig gedruckt. Schon im Frühling hatte ich eine
artige Arbeit über Tausend und Eine Nacht in franzö-
sischer Sprache angefangen. Es ist ein kritischer Versuch
das ursprünglich Indische darin von dem Persischen und
von dem Arabischen zu sondern, und überhaupt, das beste
in jener Mährchensammlung nicht nur, sondern ich möchte
beinahe sagen, alle sinnreichen Mährchen in der Welt der
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Bonn, 29. Oktober — 12. November 182r>.
217
Indischen Litteratur zu vindiciren. Freilich, um ganz auf
den Grund zu kommen, mußte man die Vrihatkathä kennen.
Ich bin dabei unterbrochen worden, eigentlich war der
Aufsatz für ein Englisches Journal bestimmt und es ängstigt
mich, daß ich mein Versprechen noch nicht habe halten
können. — Eine Epistola critica exposttdatoria an Herrn
Heeren, für das nächste Heft der Indischen Bibliothek, ist auch
halb fertig. Seine Göttingisch-professoralische morgue bei einer
solchen compilatorischen Faselei verdient eine ernste Rüge. —
Eine freundschaftliche epistola critica an Herrn Bopp über
den Nalus ist nur noch in meinem Kopfe vorhanden: ich weiß
nicht wie oft ich den Nalus darauf durchstudirt habe. —
Längst habe ich eine epistola critica an Jakob Grimm vor:
ich werde darin meine Bewunderung auf das nachdrücklichste
aussprechen, dann auf theoretische Punkte, insbesondre
aber auf die Vergleichung zwischen dem Sanskrit und dem
Gothischen eingehn. Leider will die Feder mit den Ge-
danken nicht gleichen Schritt halten. — Asiatische Neuig-
keiten sind nun auch angekommen: das zweite Londoner
Heft und der 15 te Band von Calcutta. Das giebt wieder
neuen Stoff. Herr Othmar Frank hat mich angegriffen: er
sieht nicht ein, daß ich ihn bisher geschont habe.
Mich wundert, daß Dr. Rosen nicht auf einige Zeit
nach Bonn gekommen ist. Er hätte bei mir manche Hülfs-
mittel gefunden, die ihm vermuthlich in Berlin fehlen, und
wäre der bereitwilligsten Mittheilungen von mir versichert
gewesen. Ich habe ihm gerathen, sein Wurzelwörterbuch
nicht zu übereilen, aber die Ungeduld eines talentvollen jungen
Mannes, in der gelehrten Welt aufzutreten, ist ganz natürlich.
Ich wünsche Ew. Excellenz von ganzem Herzen fort-
dauernde Gesundheit und heitre Stimmung zur Fortsetzung
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Humboldt an Schlegel Berlin, 4. 6. Mai 1827.
Ihrer unermeßlichen Forschungen und besonders zur Mit-
theilung aus dem reichen Vorrathe. Ich bitte Sie, die
Versicherung meiner innigsten Verehrung und Bewunderung
zu genehmigen.
Ew. Excellenz
den 12 ten November 26. gehorsamster
AWvSchlegeL
*
31. Humboldt an Schlegel.
Ich schicke Ew. Hochwohlgebornen anliegend , Ihrer
gütigen Erlaubniß gemäß, meinen Aufsatz über den Dualis.
Ich muß ihn aber in jeder Rücksicht sehr Ihrer freund-
schaftlichen Nachsicht empfehlen. Es ist fast unvermeidlich,
daß die besondere Ausführung des Gegenstandes, durch die
besondern Sprachen hindurch, noch manches in dem all-
gemeinen Theil abändern muß, welchen dieser erste Ab-
schnitt enthält.
Mit der hochachtungsvollsten Freundschaft
der Ihrige,
4. Mai, 1827. Humboldt
32. Humboldt an Schlegel.
Es hat mir unendlich leid gethan, Ew. Hochwohl-
gebornen heute verfehlt zu haben. Ich hoffe ein andresmal
glücklicher zu seyn. Ich schicke Ihnen die Bemerkungen
über den Nalus zu, die ich mit vieler Belehrung gelesen
und genau erwogen habe. Ich habe mir die Stellen notirt
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Berlin, 27. November 1827.
219
und ich hoffe, wir sprechen noch über einiges Einzelne.
Das grammatische Heft habe ich noch nicht ganz durch-
gelesen und behalte es noch mit Ihrer Erlaubniß.
Mit hochachtungsvoller Freundschaft
der Ihrige,
6. Mai, 1827. Humboldt.
33. Humboldt an Schlegel.
Ew. Hochwohlgebornen haben vielleicht gehört, daß
man die Inschrift, die sich jetzt am neuen Museum befindet,
abnehmen will, und daß die historisch philologische Classe
der Akademie Auftrag bekommen hat, eine neue in Vor-
schlag zu bringen. Die jetzige lautet ungefähr (genau
erinnere ich mich der Stellung der Worte nicht) so:
Studio antiquitatis et ariium liberalium Museum constituit
Fridericus Guilehnus anno —
In unsrer Classe, in der wir ja den Vorzug haben, Ew. Hoch-
wohlgebornen auch zu besitzen, sind mehrere Vorschläge
gemacht worden, von denen aber bisher keiner irgend all-
gemeinen Beifall gefunden hat.
Mir ist im ersten Augenblick eingefallen, daß nie-
manden leicht eher ein glücklicher Gedanke zu einer In-
schrift kommen würde, als Ihnen, und ich wende mich an
Sie, Sie recht dringend zu bitten, diesem Gegenstand einige
Augenblicke zu schenken, und uns mit einer Inschrift zu
erfreuen. Wollen Ew. Hochwohlgebornen sie mir schicken,
so werde ich mich sehr glücklich schätzen, sie der Classe,
der ich bisher nicht gesagt habe, daß ich mich an Sie
wenden würde, indem ich mich vielmehr bloß aus eignem
220
Humboldt an Schlegel Berlin. 27. XoYember 1827.
Antrieb dazn entschlossen habe, mittheilen, und bin sicher,
daß alle übrige Mitglieder meine Frende theilen werden.
Wünschen Ew. Hochwohlgebornen auch, daß Ihr Name der
Ciasse nur und erst dann genannt werde, wenn Ihre In-
schrift die Stimmenmehrheit auf sich vereinigt, so werde
ich auch das pünktlich halten. Bestimmte Bedingungen
über Art und Inhalt sind nicht gemacht worden. Daß der
Name des Königs darauf seyn muß, versteht sich von selbst
Die Länge muß ungefähr der der jetzigen gleich seyn. Ich
bitte Ew. Hochwohlgebornen recht dringend, meinen Wunsch
nicht unerfüllt zurückzuweisen. Es ist doch auch schön,
seinen Gedanken in glücklichem Ausdruck eine wahrhaft
eherne Ewigkeit zu geben.
Für Ihren Ramayana bin ich Ihnen noch den herz-
lichsten Dank schuldig. Er hat mich den Sommer hin-
durch oft unterhalten und belehrt. Er scheint mir ein
Muster von Ausgabe, und ich möchte Ihnen wohl rathen,
nicht durch die Uebersetzung das Erscheinen des Textes
zu verzögern, so schätzbar freilich auch eine Uebersetzung
von Ihrer Hand ist, und obgleich freilich das Werk erst
mit der Uebersetzung recht viele Abnehmer finden wird.
Herrn Lassens Pentapotamia habe ich mit lebhaftem
Interesse gelesen. Ich hoffe ihm selbst bald zu schreiben.
Indeß bitte ich Ew. Hochwohlgebornen ihm meinen herz-
lichen Dank zu sagen. Es läßt sich ungemein viel von
diesem Manne erwarten.
Mit der hochachtungsvollsten Freundschaft
der Ihrige,
Berlin, den 27. November, 1827. Humboldt
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Tegel, 16. Juni 1829.
221
U. Humboldt an Schlegel.
Ew. Hochwohlgeboren haben mich durch Ihren aus-
führlichen, inhaltreichen und vertraulichen Brief vom 20m
vorigen Monats aufs höchste erfreut Wenn ich lange schwieg,
so geschah es nur, weil ich Ihre Zeit und Ihre Arbeiten
ehrte, und weil es mir oft an Muße gebricht, was dem, der
nicht weiß, daß ich sehr langsam arbeite, unbegreiflich
scheinen muß.
Ihren Ramayana habe ich noch ebensowenig als Ihren
Hitopadesa. Ich statte Ihnen aber im Voraus meinen herz-
lichsten Dank dafür ab. Auch wissen Sie schon, wie ich
über den ersteren urtheile, und ich bin überzeugt, daß ich
den letzteren mit gleich dankbarer Bewunderung studiren
werde. Nach Ihrer Schilderung in den Prolegomenen ist
freilich der Zustand der Handschriften des Ramayana so,
daß er es dem Herausgeber unmöglich macht, nicht eine
gewisse Willkühr auszuüben. Bei den Griechischen und
Römischen Handschriften ist man in diesem Punkte besser
daran. Eine solche Willkühr werden manche in der Auf-
nahme der schlüpfrigen Scenen finden. Ich vertraue aber
dem kritischen Alterthumsgefühl Ew. Hochwohlgeboren.
Sie erwerben Sich ein unsterbliches Verdienst durch diese
Ausgabe, und gewiß werden wir Ihnen noch andere künftig
verdanken. Dabei fällt mir die Staatszeitung ein. Ich
kannte den Artikel nicht, von dem Ew. Hochwohlgeboren
reden. Ich muß mich doch nach dem Verfasser erkundigen.
Auch neulich hatte sie einen wunderbareu Artikel, den mir
der Herausgeber eigen zuschickte, von Klaproth gegen
Champollion. Es ist wunderbar genug, ein solches Cartel
in einer deutschen politischen Zeitung seinem französischen
Gegner übers Meer nach Aegypten nachzuschicken.
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222
Humboldt an Schlegel
Daß Ew. Hochwohlgeboren mit meinem Englischen
Aufsatz (der aber übrigens nicht mein Englischer, sondern
eine von Babington gemachte Uebersetzung meines Fran-
zösischen ist) nicht unzufrieden sind, ist mir sehr angenehm
gewesen. Besonders aber freut es mich, daß ich, nach Ihrem
Zeugniß, nun annehmen kann, daß sich nur Ein Angel-
sächsisches Wort unter die von mir als Romanisch auf-
geführten eingeschlichen hat Ich hatte, als ich diese Wörter
in diesem sehr eilig und ohne alle Bücher gemachten
Aufsatz niederschrieb, die Angst, daß ich in mehreren Un-
recht haben könnte, timme war mir wirklich unbekannt.
Mir fiel nur auf, daß time und Zeit nicht zusammenhängen,
aber ich hätte bedenken sollen, daß eine Ableitung von
tempus fast noch unmöglicher ist. Sollten Sie aber glauben,
daß der ehrwürdige Colebrooke aus Güte für mich die
Correctur übernommen, und Rosen davon zurückgehalten,
und nun geduldet hat, daß die einzigen zwei Sanskrit-
Wörter so gräßlich verdruckt worden sind. Ich begriff
nicht, daß mich alle schützenden Sanskritgeister auch bei
dem flüchtigsten Schreiben sollten bis auf diesen Grad
haben verlassen können. Die Unschuld meiner Urschrift
ist aber ganz diplomatisch constatirt worden.
Eine so wichtige Autorität, als Sie sind, für meine
Behauptung über die Worttrennung im Sanskrit zu ent-
behren, thut mir ungemein leid, allein ich sah es voraus,
und nenne Sie darum gewiß nicht eigensinnig. Eine Be-
ruhigung gewährt es mir indeß, daß unter den Einwen-
dungen, die Ihr Brief aufstellt, keine ist, die ich nicht mir
selbst gemacht, und mit in meine Berechnung auf-
genommen hätte. Da ich niemals die Schranken meiner
Kenntnisse aus den Augen verliere, so schreckt mich immer
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Tegel, 16. Juni 1829.
223
am meisten der Gedanke, daß ein gar nicht von mir ge-
ahndetes Moment mir entgegentreten könnte. Bedauert
aber habe ich, daß Sie in Ihrem Briefe gar nicht auf die-
jenigen Gründe eingehen, auf die ich sichtbar mich am
meisten stütze, und über einiges Factische, worüber mir Ihr
Urtheil so höchst wichtig wäre, Ihre Meinung gar nicht
äußern, namentlich nicht über den Unterschied der Be-
handlung der dumpfen Consonanten vor Vocalen in der
Mitte und am Ende der Wörter, und über die syllabische
Natur des Devanagari Alphabets und die Bestimmung der
sogenannten Mittelvocale. Erlauben mir jetzt Ew. Hoch-
wohlgeboren einige Bemerkungen zu den in Ihrem Briefe
enthaltenen Einwendungen.
Sie werfen mir vor, daß mein Vorschlag das uralte,
zum Theil vorhistorische Herkommen ummodelt, und tadeln
dies. Dagegen möchte ich zweierlei erinnern.
1., Das uralte Herkommen der Sanskrit -Schreibung,
wenigstens das älteste uns bekannte, ist die durchgängige
Theilung aller Sylben ohne alle Zusammenziehung inniger
Art. So druckt man, soviel ich weiß, jetzt nirgends. Alle
jetzigen Schreibungen trifft also derselbe Vorwurf, den Sie
mir machen. Die Schreibung, der Sie noch in der Bhagavad
Gita folgten, ist ja gar nicht Indisch, sondern Englisch,
und erreicht höchstens ein Alter von 50 Jahren. Die,
welche Sie jetzt annehmen, ist sogar neuer, als meine
Neuerung, und entfernt sich eben so weit vom uralten
Herkommen. Denn nichts kann diesem mehr entgegen
seyn, als, wie in tan api z. B., den Vocal von dem vor ihm
unmittelbar vorhergehenden Consonanten zu trennen. Der
Unterschied liegt freilich nur, wie Ew. Hochwohlgeboren
scherzhaft sagen, in etwas weißem Papier. Aber dieselbe
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224
Humboldt an Schlegel
Rechtfertigung kann auch ich brauchen, wenn Sie mir nur
etwas mehr dieses Materials zugestehen. Da wir uns mithin
alle von jenem Herkommen entfernen, so ist die Discussion
immer nur, was man thun muß, um nicht diesseits des
Nothwendigen stehen zu bleiben, oder über das Erlaubt«
hinauszugehen? und diese Discussion habe ich versuchen
wollen.
2., Es ist eine ausgemachte Thatsache, daß die Griechen
noch sehr spät hin im Schreiben die Wörter nicht getrennt
haben: interessant, aber schwierig zu bestimmen möchte es
dagegen seyn, die wahren Epochen genau zu fixiren, und
aufzufinden, warum es bisweilen geschehen und nicht ge-
schehen ist? Denn auf Großgriechischen Vasen ist 6 xaig
xaXog bald fortlaufend geschrieben, bald nicht. Ich habe
in meinem Aufsatz im Journal Asiatique die ersten Heraus-
geber der Griechen darum gelobt, daß sie von dieser Sitte
der Handschriften abgegangen sind. Wollten Sie im Ernst
Ihnen dies Lob entziehen? Wollten Sie zum alten Her-
kommen zurückkehren, ja nur wünschen, man hätte es
dabei gelassen?
Volney's Methode kann hier gar nicht in Vergleichung
kommen. Sie greift ins Innerste der Sprache ein, was das
Zusammenschreiben oder Trennen der Wörter gar nicht
thut. Jene Methode ist für praktische Zwecke, wo man
nur mit einer Sprache zu thun hat, und es auf keine wissen-
schaftliche dxQlßtia ankommt, gewiß sehr brauchbar. Als
philologisches Mittel hat sie, außer einer Schaar andrer
Gründe, das gegen sich, daß jeder Buchstabe zwar zu einer
Gasse gehört, aber selbst ein Individuum ist, und wieder
nur durch ein Individuum bezeichnet werden kann, es auch
so viele Individuen dieser Art giebt, daß ein irgend all-
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Tegel, 16. Juni 1829.
225
gemeines Alphabet, womit ich mich oft beschäftigt, Hunderte
von Buchstaben brauchen würde. Ein eingeborner Cherokee
hat daher mit vollem Recht vor einiger Zeit, mit Weg-
werfung unsrer Buchstaben, ein eigenes Alphabet erfunden,
und seine ganze Nation ist ihm so einstimmig beigefallen,
daß die Missionarien selbst genöthigt worden sind, dies
(übrigens zum Theil syllabische) Alphabet anzunehmen.
Man hat jetzt eine mit demselben gedruckte Zeitung.
Von allem diesem findet, wie Ew. Hochwohlgeboren
mir gewiß Recht geben werden, gar nichts auf die Wort-
trennung Anwendung.
Ew. Hochwohlgeboren sagen ferner: Ist es wirklich
eine allgemeine historische Thatsache, daß in allen ge-
bildeten Sprachen eine große Sorgfalt auf die Wort-
trennung gewendet worden sey? und da Sie nun von der
Worttrennung im Schreiben reden, so scheint es, als habe
ich irgendwo behauptet, alle gebildeten Nationen hätten im
Schreiben die Wörter getrennt.
Dies aber habe ich nie gethan, da mir sehr wohl, wie
namentlich die vorhin berührte Stelle meines Aufsatzes im
Journal Asiatique beweist, die Unrichtigkeit einer solchen
Behauptung in solcher Allgemeinheit bekannt war.
Vermuthlich haben Ew. Hochwohlgeboren S. 582. meines
Aufsatzes von den Worten Obgleich die Rede bis um
so nothwendiger vor Augen gehabt. Ich bedaure, daß
Sie gerade diese Stelle nicht mehr beachtet haben, da sie,
meiner Ansicht nach, etwas Wichtiges und vielleicht Neues
enthält.
Ich rede in dieser Stelle gar nicht vom Schreiben, auf
das ich erst später übergehe, sondern von dem ersten
Requisit aller regelmäßigen Grammatik, der Worttrennung
15
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226
Humboldt an Schlegel
durch grammatische Mittel. Ich sage darum: „das Wort
auch im Laute sorgfältig zu umgränzen und mit Zeichen
seiner Individualität zu versehen." Ich meinte damit im
Sanskrit namentlich den Umstand, daß nur gewisse Conso-
nanten ein Wort beschließen können, dann den Unterschied
der Sandhi- Regeln für getrennte Wörter und für Ver-
bindungen von Affixen mit dem Grundwort, endlich die Be-
tonung, aber auch da nicht das geschriebene Accentzeichen.
Ich sprach ferner nicht von allen gebildeten Nationen,
sondern von denjenigen, „von welchen vollkommen organi-
sirte Sprachen ausgegangen sind," so daß ich an dieser
Stelle nicht mit den Aegyptiern zu thun zu haben glaubte.
Das uralte Herkommen im Schreiben war, wie ich
glaube, allgemein gegen die Worttrennung. Aber ich halte
es in unsrer Zeit und für uns, und besonders in einer
Sprache, deren Studium man Grund hat, eng an das unsrer
bisherigen classischen Sprachen anzuschließen, für vernünftig
und heilsam, von diesem uralten Herkommen abzugehen.
Ew. Hochwohlgebohren erklären Sich zwar gegen alle
unsre kleinen philologischen Hülfsmittel, als nur der ana-
lytischen Periode der Sprachen, nicht der schöpferischen
angehörend. Gewiß setze auch ich sie nur in die erstere,
halte sie aber darum nicht für weniger heilsam und nütz-
lich, und da wir, wenn wir sie plötzlich wegwerfen, darum
doch nicht schöpferischer werden würden, für ganz un-
schädlich. Wenn es mir erlaubt ist zu sagen, so scheinen
mir diese Einwendungen zu allgemein zu seyn, und zu viel
zu beweisen. Die Alten, sagen Sie, haben, ohne jene Hülfs-
mittel, vortrefflich recitirt u. s. f. Sie haben aber auch
ohne Glasscheiben studirt und gemalt. Wollen wir darum
unsere Glasscheiben entzwei schlagen?
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Tegel, 16. Juni 1829.
227
Ich sage dies Alles nur vorzüglich, weil ich wünschte
Ew. Hochwohlgeboren Aufmerksamkeit auf das wahre
Fundament meiner Theorie und meine eigentlichen Argu-
mente zu richten. Sie stehen S. 582—584., dann in un-
mittelbarer Anwendung auf das Sanskrit S. 586 — 589.
Die Wolfischen Worttrennungen sind Ew. Hochwohl-
geboren widerwärtig. Aber Wolf und der ihm hierin voran-
gegangene, so vorsichtige Reiz sind große Autoritäten. Ueber
die Einwendung, daß nur Consonanten, die nicht Final-
buchstaben sind, Wörter beschließen, werde ich mich gleich
erklären.
Wahre particulas encliticas hört man auch im Abend-
lande auf den Londoner Straßen, wenn das Volk ein Pro-
nomen nach dem Verbum ausspricht. Leute, die nicht an
wissenschaftliche Orthographie gewöhnt sind, schreiben auch
bei uns: bistu.
Die Erleichterung für die Schüler (so sehr ich auch
selbst Erleichterung bedarf) habe ich wahrlich nicht im
Auge gehabt. Ich habe es im Journal Asiatique aus-
drücklich gesagt. Aber auch Ew. Hochwohlgeboren glauben
meiner Versicherung nicht, und bekämpfen dies Argument
noch. Was ich wirklich im Auge habe, steht deutlich
S. 583. Einem Schüler Bopps, selbst wenn er, wie doch
schwerlich der Fall seyn wird, bloß Boppische Ausgaben und
nur nach der Neuerung läse, wird es, kommt er an Hand-
schriften, nicht anders ergehen, als einem Griechischen
Philologen im gleichen Fall. Seine gut erlernten Sandhi-
regeln werden ihn durchbringen.
Das Bedürfniß einer Interpunction (denn jetzt giebt es
in Gedichten nur mittelbar und einigermaßen eine durch
die Versabtheilung) möchte ich doch nicht ganz wegläugnen.
15*
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Humboldt an Schlegel
Es giebt doch auch längere Sätze, das Ende des Slokas
ist nicht immer das Ende des Satzes. Fragen irren auch
oft. Alles das sind bei einer zweiten Lesung keine Hinder-
nisse, aber man wünscht doch auch bei einer ersten nicht
aufgehalten zu werden. Wären indeß die Vortheile der
Trennung auch nicht so groß, so scheint mir das, was man
dabei aufgiebt, immer noch weniger bedeutend.
Ich bin Ew. Hochwohlgeboren sehr dankbar, mir Ihr
jetziges neues System auseinandergesetzt zu haben. Wenn
ich von Mangel an Conseqnenz sprach, so war es nur, weil
ich nicht wußte, daß Sie jetzt einem ganz andern Grund-
satz, nämlich dem der Endbuchstaben, folgen.
Allein ich gestehe, daß es mir nicht einleuchten will,
daß dies ein angemessener leitender Grundsatz für das
Zusammenschreiben oder Trennen der Wörter ist. Die in
der Sprache liegende Regel, daß nur gewisse Buchstaben
ein Wort beschließen können, gilt doch nur vom isolirt
betrachteten Worte, und enthält die noth wendige, still-
schweigende Einschränkung, wenn der Endbuchstabe des
Wortes nicht durch einen folgenden Anfangsbuchstaben
eines andern afficirt wird. Man verletzt diese Regel daher
gar nicht, wenn man den geschriebenen Wörtern End-
buchstaben im Zusammenhange der Rede giebt, die sie
außer demselben nicht haben können. Aus diesem Grunde
haben vermuthlich auch Reiz und Wolf an einem schließen-
den 6 und fi keinen Anstoß genommen, da ihnen doch die
Unfähigkeit dieser Buchstaben, Wörter zu beschließen, nicht
unbekannt seyn konnte.
Sie sagen ferner, Ihr System vertheidigend: denn mit
solchen Buchstaben kann ein Wort ohne Hülfe des folgen-
den ausgesprochen werden. Sollte es aber bei der Schrift
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Tegel, 16. Juni 1829.
229
nicht darauf ankommen, wie es, unabhängig vom Können,
in der That ausgesprochen werde? und dies, so wie, ob es,
mit andern Endbuchstaben, gleich mit dem folgenden Worte
zu Einem zusammenschmelze? übergehen Sie.
Ich kann mir beim Schreiben einer Sprache in Absicht
der Worttrennuug nur einen von folgenden zwei Zwecken
denken: entweder den der Darstellung der Lautauffassung
für den Verstand, oder den der Darstellung der Laut-
auffassung für das Ohr (die Nachahmung des mündlichen
Vortrags).
Ew. Hochwohlgeboren bisheriges System genügte dem
letzteren. Ihr jetziges begünstigt in verschiedenen Punkten
den einen und den andern, ohne Einen ganz zu erreichen.
So werden beide zugleich verletzt; wo Sie zusammenziehen,
die intellectuelle Darstellung, wo Sie trennen, wie beim
schließenden n und nachfolgendem Vocal, die phonetische.
Denn die ganze hier sichtbar werdende Analogie zeigt,
daß man den Vocal hier in der Aussprache ebensowenig
von », als von einem vorhergehenden d trennte. Aus
diesem beständigen Zusammennehmen des Anfangsvocals
mit dem vorhergehenden Endconsonanten kann ja über-
haupt nur die Verwandlung der dumpfen Endconsonanten
in tönende vor Vocalen erklärt werden. Ich läugne daher
nicht, daß ich gewünscht hätte, Sie wären lieber bei Ihrer
Schreibung in der Bhagavad Gita geblieben, die ich für
richtiger halte. Ich nahm mir die Freiheit, Ihnen das
schon in Absicht des End-n, als Sie in Berlin waren, zu sagen.
Ihrem Grundsatz, daß die legitimen Endbuchstaben ge-
trennt bleiben, folgen Sie allerdings mit voller Consequenz.
Aber ich kann weder seine Geltung, noch seine Frucht-
barkeit in dieser Anwendung einsehen.
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230
Humboldt an Schlegel
Wenn man mit der Feinheit unterscheidet, welche diese
Gegenstände, wie klein sie auch sind, nun einmal fordern,
so giebt es, meines Erachtens, einen dreifachen, hier in
Betrachtung kommenden Zustand der Wörter:
1., den, wo sie, mit unafficirten Endbuchstaben, ge-
trennt stehen bleiben,
2., den, wo sie zwar getrennt bleiben, d. h. nicht mit
dem folgenden Wort zu Einem werden, wo aber das folgende
Wort ihre Endbuchstaben afficirt,
3., den, wo sie mit dem folgenden Wort wirklich zu
Einem werden.
Für die Bezeichnung des mittleren Zustandes eignet
sich nun sehr gut das Alleinstehen mit illegitimen End-
buchstaben, wie xaö de.
Sie läugnen vermuthlich jenen mittleren Zustand
gänzlich ab, und nehmen überall Zusammenfließen in Ein
Wort an, wo sich die Grenzbuchstaben afficiren. Sie mögen
darin vollkommen Recht haben, die Sache ist doch aber
einer Erwägung werth, und diese einzuleiten, habe ich
S. 586. versucht
Es thut mir leid, über diesen Gegenstand so weit-
läufig gewesen zu seyn. Es war mir aber wichtig, Ihnen
meine Ideen vollständig darzulegen. Irre ich, so seyn
Ew. Hoch wohlgeboren wenigstens überzeugt, daß es nicht
aus dem Eigensinn herrührt, eine einmal gemachte Be-
hauptung nicht aufgeben zu wollen. Nichts kann weniger
anmaßend seyn, als mein Aufsatz im Journal Asiatique war.
Nur das vornehm thuende Absprechen des Herrn Dursch,
was von gar keiner eigentlichen Untersuchung der Sache
begleitet war, hat mich veranlaßt, den Gegenstand nun
bestimmt auszuführen, und so gründlich zu untersuchen,
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Tegel, 16. Juni 1829.
231
als es meine Kräfte erlaubten. Diese Untersuchung hat
denn freilich meine Ueberzeugung befestigt, neuen über-
wiegenden Gründen aber würde ich ohne Bedenken
nachgeben.
Das zweite Hauptthema des Briefes Ew. Hochwohl-
geboren ist Bopp und seine Arbeiten, und hier bitte ich Sie,
was ich Ihnen darüber sagen werde, recht freundschaftlich
aufzunehmen.
Ew. Hoch wohlgeboren erinnern Sich, daß ich, als ich
Ihnen rieth, Ihre kostbare Zeit lieber kritischen Ausgaben,
als einer neuen Grammatik zu widmen, gleich wünschte,
Sie schrieben Bemerkungen über Bopps Grammatik. Dieser
Meinung bin ich noch heute, und sehe dem Heft der In-
dischen Bibliothek, zu dem Sie Hoffnung machen, mit Ver-
langen entgegen.
Von Ihren Distichen lasse ich mir daher Ihr erstes
gefallen für den Preis der Belehrung, die daraus entstehen
muß. Mit dem von Herrn Lassen kann ich ganz ein-
verstanden seyn. Es soll Ihnen alles Gute und Ehrenvolle
gebühren. Den ersten Vers kann ich mit einem ver-
steckten wenn verstehen. Daß der Strafwürdige, wenn er
es ist, gestraft werde, ist auch meine Meinung, und das
. . . . setzt mich noch mehr ä mon aisc. Ihr zweites
aber muß ich in der Allgemeinheit, in der es sich aus-
spricht) durchaus von mir ablehnen.
Aus diesen, wenn gleich nur scherzhaften Distichen,
dem Ueberdruß an den Episoden, die wenigstens das Ver-
dienstliche haben, wenn man ihnen, wie ich nicht weiß,
auch sonst viel Vorwürfe machen könnte, daß sie Dinge
ans Licht bringen, die bisher unzugänglich waren, und dem
ganzen Ton Ihres Briefes sehe ich, oder glaube ich wenigstens
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232
Humboldt an Schlegel
eine gewisse Bitterkeit zu sehen, die ich recht wahrhaft
bedaure. Ich hin überzeugt, daß Ew. Hochwohlgeboren
keine Eifersucht haben, allein wenn, was Sie über Bopp
schreiben wollen, nur halb die Farbe Ihres Briefes trägt,
so werden Sie auch bei den am billigsten Urtheilenden
diesem Verdacht nicht entgehen. Daß Sie der Sache gar
nichts vergeben, ist meine volle Meinung, aber schon des
Studiums des Sanskrits und seiner Beförderung willen,
sollten Sie Ihren Erinnerungen mehr die Form eines ge-
meinschaftlichen Strebens nach dem gleichen Ziel, als einer
Gegenschrift geben. Sie erreichen auch dadurch eine viel
größere Wirkung.
Ich stehe ganz unpartheiisch zwischen Ihnen beiden.
Ich kann mich, soviel Belehrung ich auch Ihnen beiden
schuldig bin, einen Schüler von keinem von Ihnen nennen,
Sie haben beide selbst meine Irrthümer und Unkenntnisse
mit fast überhöflicher Schonung behandelt, meine lang-
jährige Freundschaft mit Ew. Hochwohlgeboren, meine leb-
hafte Zuneigung und Theilnahme an Bopp stellt mich
Ihnen beiden nahe, mir kann keine Eifersucht beiwohnen,
da ich Sie beide in diesen Studien weit über mir erkenne.
Mein Zeugniß kann mithin von keiner Seite der Parthei-
lichkeit verdächtig seyn.
Mein Urtheil über Bopp ist nun bestimmt folgendes.
Ich gebe vollkommen zu, daß Bopp die Indischen
Grammatiker nicht selbst studirt hat, und ob ich gleich,
wie ich augenblicklich sagen werde, dies in ihm gerecht-
fertigt finde, so billige ich nicht, daß er oft zu sehr dies
Studium überhaupt für nicht nothwendig erklärt. Ich thäte
das schon nicht, weil gerade ein solches Urtheil mit vielem
Studium verbunden seyn müßte, es ist aber auch gegen
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Tegel, 16. Juni 1829.
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meine Ueberzeugung, wiewohl ich, was hier zu lang zu recht-
fertigen wäre, keine so vortheilhafte Meinung von den
eingeborenen Grammatikern und ihrem Formelwesen habe,
als Ew. Hoch wohlgeboren, und die guten Griechischen für
weit vorzüglicher halte.
ßopp hat sich aber über seine Methode in^ der Vorrede
seiner Grammatik ausführlich, und freimüthig ausgesprochen,
ohne daß ich darum diese Vorrede der anmaßenden Ver-
schmähung der Grammatiker bezichtigen kann, welche Sie
darin finden. Die Englischen Grammatiker hatten den Weg
eingeschlagen, das Material der Sanskrit-Grammatik aus den
eingeborenen Grammatiken zu entnehmen, und, mehr oder
minder von der ihm in ihnen anklebenden Form befreit,
in mehr oder minder selbständiger Anordnung wieder-
zugeben. Sie haben dies gewiß im Ganzen in großer VoD-
ständigkeit und Richtigkeit ausgeführt, und wenn Bopp
nicht dieselbe Arbeit noch einmal thun will, so ehrt er
mehr ihr Verdienst, als er die Eingeborenen verschmäht
Die Aufgabe aber, die er nach dem Eingange der Vor-
rede nun sich selbst stellt, ist wirklich die, welche man
sich beim Schreiben einer Grammatik wirklich stellen muß,
und die für das Sanskrit vorzugsweise nöthig war, be-
sonders wenn man den höheren Zweck hatte, indem man
das Sanskrit lehrte, es zugleich so darzustellen, daß die
Vergleichung mit den verwandten Sprachen und dem
Sprachtypus überhaupt dadurch möglich und fruchtbar ge-
macht wurde.
Diese Aufgabe nun hat Bopp, meinem Urtheile nach,
in einem solchen Grade gelöst, daß es meine vollkommen
ernstliche Meinung ist, daß seine Grammatik nicht nur die
beste unter den vorhandnen Sanskrit -Grammatiken ist,
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234
Humboldt an Schlegel
sondern daß ich auch keine einer alten Sprache kenne, die
ich mit ihr vergleichen möchte. Er hat überall die in der
Sprache liegende Analogie, die Bildungsgesetze und Laut-
gewohnheiten aufgesucht, und Fäden angeknüpft, die oft
durch viele, bisweilen durch alle Theile der Sprache fort-
laufen. Sollte er daher auch in Einzelnem aus Panini
berichtigt werden können, sollte er selbst, was aber sehr
selten der Fall seyn wird, einzelne falsche Analogien auf-
gestellt haben, so wird dies immer mein Urtheil über das
Verdienst seiner Grammatik nicht wankend machen, weil
dies in der Anlage liegt, in der dann einzelne Berichtigungen
leicht einzuschalten sind.
Wie Ew. Hochwohlgeboren von Bopp in Absicht seiner
Grammatik sagen können, daß er in Klarheit und Eleganz
lange nicht Wilkins erreicht habe, begreife ich nicht. Ver-
gleichen Sie doch nur das einzige Capitel vom Sandhi Wie
ganz unvollständig ist da Wilkins, wie hat er selbst das,
was er anführt, so auseinandergerissen, daß alle Analogie
unkenntlich wird, wie wirft er um sich mit occasiondlly
und gencrally, wo man ganz anders bestimmen kann.
Ich lasse darum Wilkins nicht minder volle Gerechtigkeit
wiederfahren. Ich habe mein Sanskrit ganz eigentlich
zuerst aus ihm gelernt. Er ist der lichtvollste unter den
Engländern, hat viele und leicht zugängliche Paradigmen,
und enthält großes Detail. Noch kürzlich, da ich versuchte,
die Theorie der reduplicirenden Form des 3. Praeteritums
(die auch bei Bopp weder vollständig noch ganz richtig ist)
dergestalt aus der Sprache selbst zusammenzustellen, daß ich
in Forster dies Praeteritum in allen Wurzeln durchging,
und daraus, mit Bemerkung der Ausnahmen, die Regeln abs-
trahlte, habe ich gesehen, wie wenig übersichtlich z. B.
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Tegel, 16. Jnni 1829.
235
auch dies Capitel, bei aller Ausführlichkeit, ausgearbeitet
ist. Es leuchtet in die Augen, daß Wilkins die einfachen
Gesetze dieser nur verwickelt scheinenden Bildung gar
nicht eingesehen hat.
Darin, die Analogie der Sprachen aufzufassen, ihrem
Bildungsgange nachzugehen, die gleichen Fälle in ver-
schiedenen zu erkennen, die nur gleich scheinenden ab-
zusondern, besitzt Bopp, meiner Ueberzeugung nach, ein
Talent und einen Blick, in denen ich ihm jetzt niemanden,
als höchstens Grimm, an die Seite zu setzen wüßte. Die
Sprachzergliederung und die Vorarbeiten zu einer Geschichte
der edelsten uns bekannten Sprachen sind durch ihn wesent-
lich gefördert worden. Daß dies auch Grimms Urtheil über
ihn ist, beweisen dessen öffentliche Aeußerungen über ihn,
so wie das, was er mir noch im vorigen Jahre mündlich
sagte. Was ich hier ausspreche, beziehe ich auf alle Arbeiten
Bopps, nicht bloß auf seine Grammatik.
Darum bin ich bei weitem nicht in allen Punkten
einerlei Meinung mit Bopp. Ich weiche vielmehr in
manchen bedeutend ab, und finde, daß er in der Erklärung
der Afflxa viel weiter geht, nicht bloß als ich thun würde,
sondern als man überhaupt gehen sollte. Allein auch hier
ist die Bahn, die er einschlägt, auch meiner Ueberzeugung
nach, die richtige, und das Anhalten am rechten Punkt ist
leichter, als das Eröffnen der Bahn.
Bopps Tendenz, Grammatik und Lexicon auf die wirk-
lich vorhandenen Texte zu gründen, da die Englischen
Grammatiker und Wilson nur Grammatiker und Lexico-
graphen zu Quellen haben, muß ich auch billigen. Es wäre
doch die wahre Methode, wie auch Wilson zugesteht^ wenn
man mehr und ganz berichtigte Texte hätte, deren Mangel
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Humboldt an Schlegel
man allein dieser Methode zum Vorwurf machen kann.
Soll man aber darum die ganze Methode aufgeben? oder
ihre Anwendung ins Unbestimmte hin aufschieben? Man
besitzt doch schon viel, und alles ist doch nicht kritisch
ungenau. Auch ergiebt sich ans dem von Bopp ziemlich
zuerst versuchten Verfahren das sehr merkwürdige Factum,
daß die Grammatiker eine große Zahl Wurzeln und Formen
mehr haben, als die uns jetzt am meisten bekannten Texte.
Indeß würde ich niemals dafür seyn, dies zu weit zu
treiben, und den überschießenden Theil nicht gleich gründ-
lich zu studiren. Wie Sie aus meinem Briefe an Herrn
Lassen gesehen haben werden, hat es mir nur geschienen,
daß man daran Epochen in der Sprache erkennen könne.
Wenn ich in jenem Briefe den Veda Dialect als ausge-
schlossen von Paninis Gebiet ansah, so verkannte ich
darum nicht, daß er hier und da seiner Erwähnung thut
Ich meinte nur, daß er doch die Veda-Eigenthümlichkeiten
(wie z. B. das tempus let) nicht vollständig giebt.
Beim Studium Paninis darf man auch wohl nicht ver-
gessen, daß man in ihm nur Eine, wenn gleich die be-
rühmteste Schule hat. Man müßte die andern doch auch
studiren. Nach den Beispielen, die in Carey zerstreut
liegen, scheint zwar der Unterschied zwischen Vopadeva
und Panini hauptsächlich nur in der Terminologie zu
bestehen.
Ew. Hochwohlgeboren reden von Bopps Künsteleien mit
den Personalendungen. Ich weiß nicht, worauf Sie das
beziehen. Regel 299. der Grammatik giebt er die einfache
Tafel. Seine Ableitungen schiebt er wirklich r. 298. in
eine Anmerkung, und wer diese ganze Regel überschlagen
will, kann es ja ohne Umstände thun. Meine Meinung ist
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Tegel, 16. Juni 1829.
237
übrigens, daß allerdings Bopp Recht hat, daß Pronomina
unter den Personalendungen stecken, daß sich aber nur
wenige aufzeigen lassen, und daß in dem Zustand, wie wir
die Sprache überliefert erhalten haben, keine Endung
darum die ist, welche sie ist, weil sie dieses oder jenes
Pronomen enthält, sondern weil sie im Schema aller Personen,
auf eine, mit keiner andern zu verwechselnde Weise, die
ihr angewiesene bestimmte Stelle einnimmt, Dadurch ist
hauptsächlich das Sanskrit (mit den verwandten, wie ich
glaube, einzig unter allen Sprachen) eine durchaus flectirte,
ganz von Form durchdrungene.
Das Schreiben aller Wurzeln mit n billige ich auch
nicht, und hatte eben, ehe ich Ihren Brief erhielt, Bopp
darüber bei Gelegenheit seiner lateinischen Grammatik ge-
schrieben, ohne bis jetzt Antwort zu haben. Wenn, wie
er annimmt, die Grammatiker bei dem Schreiben mit n
7 »
bloß den Grund gehabt hätten, bemerklich zu machen, daß
das n in den bekannten Fällen verwandelt wird, so würde
ich Bopp beipflichten. Das ist aber nicht allein zweifel-
haft, sondern erwiesen unrichtig. Denn man schreibt, nach
Bopp selbst, pramdati und pranedus, und doch steht, nach
den Grammatikern, in Carey's und Wilkins Wurzeln nud
und nad. Es muß also einen andern Grund gehabt haben,
und dann geht durch die allgemeine Schreibung mit n eine,
wenn gleich dunkle Thatsache verloren, was nicht seyn darf.
Liegt aber die Sache vielleicht noch anders? Ew.
Hochwohlgeboren nennen es einen Irrthum, daß das n zu
Anfange der Wurzeln durchgehends verwandelbar sey.
Meinen Sie damit, daß die Regel der Verwandlung des
dentalen Nasalen in den cerebralen nach pra, pari und para
nicht allgemein sey, und ist es falsch, daß bei Bopp im
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238
Humboldt an Schlegel
Nalus nad wie oben geschrieben ist, dann werden die
Folgerungen allerdings verschieden. Dann wäre der Wurzel-
anlaut bei den Grammatikern doch nur zum Zweck, diese
Ausnahmen anzuzeigen, da, und daß man die Wurzeln rein
von allen Anzeige -Buchstaben gebe, daß man nicht einen
Buchstaben, der nur unter gewissen Umständen eintritt,
der Wurzel selbst gebe, und dadurch die Noth wendigkeit
einer neuen Regel herbeiführe, ist vollkommen auch meine
Meinung. Dann aber wäre Bopps r. 94. b wieder sehr zu
tadeln.
In etwas, das bei Bopp hier noch zum Grunde liegt,
bin ich mit ihm verschiedener Meinung. Er betrachtet,
wozu freilich auch Colebrooke Anlaß giebt, die Wurzeln
als grammatische Abstracta. Ich hingegen halte sie für
uralte Grundwörter, die aber in der ganz flectirten Sprache,
als solche, verschwinden. Höchstens möchte ich zugeben,
daß die Grammatiker, welche sie (wenige Fälle ausge-
nommen) allerdings bloß als wissenschaftliche Hülfsmittel
brauchten, sie von gewissen Nebenlauten befreiten oder
sonst Lautveränderungen mit ihnen vornahmen, um sie zu
durchaus lauteren Quellen aller aus ihnen entspringenden
Formen zu machen. Ich suche daher immer nach dem
Erscheinen dieser Wurzeln in nicht -Sanskritischen Asia-
tischen Sprachen, und habe wohl Einiges, aber nicht Vieles
bisher gefunden.
Wie aber Ew. Hoch wohlgeboren sagen können, daß
Wilkins schon über den Punkt des n, was wahr und ver-
nünftig sey, genügend enthalte, begreife ich nicht, ich
müßte denn eine Stelle bei ihm ganz übersehen haben.
p. 130. r. 160. sagt er bloß, was ganz unvermeidlich ist,
wenn man Wurzeln mit n beginnen läßt, und p. 35. r. 60.
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Tegel, 16. Juni 1829.
239
scheint er ganz vergessen zn haben, daß er p. 29. r. 35. b -
viel bestimmter schon dasselbe festgesetzt hatte. Die Kegel
von der Verwandlung des Anfangs » der Wurzeln kann
ich, aller angewandten Mühe ungeachtet, gar nicht bei ihm
finden. Vergleichen Sie damit nur Bopps r. 94.* b - S. 62.
Schwerlich kann man glauben, daß Wilkins die hier
zur Sprache kommenden Regeln klar vor sich hatte, wenn
man sein Motto auf dem Titelblatt liest, wo man doch nicht
gleich mit Druckfehlern anhebt. Oder irre ich mich, daß
man bhramena schreiben müßte? Er erwähnt zwar r. 35. b -
nicht, daß auch ein dazwischen tretender Lippenlaut die
Verwandlung nicht aufhebt, allein Carey sagt es aus-
drücklich, und Wilkins druckt selbst p. 643. r. 1297. rämena.
So bleibt also der auf Wilkins allein reducirte Schüler, wenn
er Eegel und Beispiele seines Führers vergleicht, gleich
ungewiß über das, was eigentlich richtig ist. Solcher Fälle
giebt es viele in Wilkins, ich hebe nur diesen heraus, weil
Ew. Hochwohlgeboren ihn gerade hier loben. Ich ehre
gewiß Wilkins Verdienste. Bopp konnte ja systematischer
seyn, da er ihn vor sich hatte. Aber Bopps Grammatik
gegen die von Wilkins herabzusetzen, kann ich nicht für
frei von Partheilichkeit halten.
Die Umstellung der Personen scheint mir eine höchst
gleichgültige Sache. Bopp hat keinen andern Grund dazu
gehabt, als die Sanskrit-Grammatik der Griechischen gleich
zu machen, was mir, wenn man einmal über diese Kleinig-
keit sprechen will, beifallswerth scheint Die Thatsache,
daß die Indischen Grammatiker es anders machten, läßt
sich durch eine allgemeine Anmerkung erhalten.
Den Gründen, die Ew. Hochwohlgeboren für die Indische
Stellung anführen, kann ich nicht beistimmen. Es ist aller-
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240
Humboldt an Schlegel
dings so, wenn man in der Sprachphilosophie nur Logik
sieht, im Verbum nur eine Copula. Dies ist aber nun lange
genug geschehen. In der Philosophie, welche die Eigen-
thümlichkeit des Unterschiedes zwischen Logik und aus
der lebendigen, schöpferischen und begeisterten Natur der
Sprache geschöpfter Theorie unterscheidet, steht gerade das
colloquiale Verhältniß oben an. Davon liegt auch eine An-
deutung im Pronomen aller Sprachen. Der Takt der
Griechischen Grammatiker scheint mir also hier tiefer ein-
gegangen zu seyn. Doch läßt sich in diesen allgemeinen
Gründen ewig hin und her streiten, weshalb ich in solchen
Dingen nicht viel auf sie gebe.
Ich möchte aber glauben, daß die Indischen Gramma-
tiker einen andern specielleren Grund gehabt hätten. Sie
stellten die Person im Schema zuerst, die sie überhaupt
und oft allein anführen wollten, um die Flexionsart des
Verbum zu zeigen. Dazu taugt aber die 3. sing, im Sans-
krit mehr, als die erste, theils weil diese oft Vocal-
verlängerung hat, die in der Mehrzahl der Beugungen nicht
ist, theils weil die unmittelbare Anschließung des dumpfen
Zahnlauts an den Wurzelconsonanten mehr und schwierigere
Verwandlungen hervorbringt. Darum billige ich Kosens
beständige Anführung der 1. pers. sing, gar nicht. Die
Stellung im Schema hängt damit nicht nothwendig zu-
sammen.
Ew. Hochwohlgeboren anhaltendes Studium des Panini
freut mich ungemein. Wäre es nicht sehr schön, wenn Sie
alle Stellen anmerkten, die vom Sprachgebrauch der Vedas
handeln? Man könnte sie dann in Ein Corpus vereinigen.
Eine höchst merkwürdige Stelle in Ihrem Briefe ist
mir die gewesen, wo Sie sagen, daß aus den Grammatikern
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Tegel, 16. Juni 1829.
241
unwidersprechlich erhelle, daß in ihrem Lande und zu ihrer
Zeit das Sanskrit selbst von den untersten Volksclassen
eorrect gesprochen worden. Hierüber sollten Sie vor Allem
einmal etwas schreiben. Die Engländer nahmen, wie man
aus den Asiatischen Untersuchungen sieht, an, daß das
Sanskrit nur bis zu den drei ersten Kasten hinuntergieng,
und scheinen in den untersten das Pracrit zu finden, was
die Sanskrit-Schriftsteller einmischen. Dies kam mir wahr-
scheinlich vor, weil die mehrsten Sprachen Süd- Asiens einen
höheren, gebildeten Dialect neben einem Volks Dialect
haben. Vielleicht gelten aber diese Annahmen der Eng-
länder nur von einer späteren Zeit, als die von Panini oder
von den Grammatikern war, welche Panini benutzte.
Ich kann diesen langen Brief nicht abgehen lassen,
ohne einige Worte noch selbst hinzuzufügen. Ich bin von
Ew. Hochwohlgebornen Theilnahme an dem unglücklichen
Ereigniß überzeugt, das mich betroffen hat. Es hat mich
nicht allein tief erschüttert, sondern mich in eine Stimmung
versetzt, die mich nur zurückgezogne Einsamkeit suchen
läßt. Es giebt kaum irgend etwas im inneren Leben, das
nicht durch ein so gewaltsames Zerreißen eines langjährigen
beständigen Zusammenlebens auf das schmerzlichste in jedem
Augenblick berührt würde. — Ich freue mich unendlich
Ew. Hochwohlgebornen dauerhafter Gesundheit und rüstiger
Arbeitslust Möge Ihnen beides noch recht viele Jahre un-
geschwächt und ungestört bleiben! Mit der herzlichsten
und ausgezeichnetesten Hochachtung ganz der Ihrige
H.
Tegel, den 16. Junius, 1829.
16
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242
Schlegel an Humboldt
35. Schlegel an Humboldt.
Bonn den 23 sten Junius 1829.
Ew. Excellenz bitte ich um Erlaubniß, auf Ihr gestern
empfangenes gehaltreiches Schreiben vorläufig nur einiges
erwiedern zu dürfen. Ich habe eben eine sehr dringende
Arbeit vor, worüber die Beantwortung, wenn sie ausführlich
seyn sollte, gar zu lange verschoben bleiben könnte.
Ich werde gewiß nicht unterlassen, die Gründe für die
neue Schreibung von neuem sorgfältig zu erwägen. Wäre
ich aber noch so sehr von deren Statthaftigkeit und Zweck-
mäßigkeit überzeugt, so stände es nicht mehr in meiner
Gewalt, sie in Ausübung zu bringen. Mein Hitöpadesa ist
gedruckt; vom Rämäyana ist der erste Band gedruckt, und
wenn ich nun in dem zweiten die Methode plötzlich wechselte,
so könnten die Leser mit Recht klagen, während das Töpfer-
rad herumläuft, sey aus der amphwa ein urcetis geworden.
Ferner möchte ich auch dem Rämäyana gern Eingang ver-
schaffen. Es ist vorauszusehen, daß die Gelehrten in London,
Paris und Calcutta sich gegen die Neuerung erklären werden.
Ich bedarf aber einiges Absatzes, nicht um Gewinn zu
haben, sondern nur um einen Theil der Kosten zu decken.
Wenn dieß nicht erfolgt, so könnten leicht meine geringen
Mittel erschöpft seyn, ehe ich das Werk zu Ende gebracht
hätte. Die Subscription ist noch sehr kümmerlich, und
jeder Band des Rämäyana kostet mir wenigstens 1000 Thaler.
Alles zusammengenommen, Anschaffung kostbarer Bücher
und Kunstsachen, Reisen, Unterstützung und Entschädigung
meines Mitarbeiters, habe ich, mäßig angeschlagen, auf die
Sanskrit-Studien schon über 5000 Thaler verwendet.
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Bonn, 23. Juni 1829.
243
Da die festere Gränzbestimmung der Worttrennung
Ew. Excellenz Beifall nicht gewonnen hat, so thut es mir
nun wirklich leid, daß ich nicht alles ohne Zwischenräume
gedruckt habe. Bei dem schließenden n habe ich Herrn
Lassens Meynung nachgegeben. Solche unmerkliche Schritte
ließen sich wohl wieder zurück thun.
Darüber, daß wir die Sylbentheilung nicht beobachten,
können wir uns, glaube ich, beruhigen. In den alten In-
schriften ist sie stark bezeichnet, in den Devanagari Manu-
scripten meistens weit weniger, und in den Bengalischen
fließt alles in einander.
Ew. Excellenz glauben bei mir eine feindselige Ge-
sinnung gegen Herrn Bopp wahrzunehmen. Folgendes sind
die Thatsachen.
Ich habe ihn in sehr früher Zeit dem jetzt regierenden
Könige von Baiern zur Unterstützung in England an-
gelegentlich empfohlen, und mit Ihrem Herrn Bruder ge-
meinschaftlich etwas für ihn ausgewirkt; ich habe ihn in
den Heidelberger Jahrbüchern dem Deutschen Publicum
angekündigt, da noch niemand von ihm wußte; ich habe
seinen Nalus mit Wärme aufgenommen, mit Nachdruck
gelobt, und die Mängel nur leise berührt; ich habe seine
Geschmacklosigkeit, seine holperichten Deutschen Verse,
seine schülerhafte Latinität mit dem Mantel der Liebe
bedeckt; ich habe ihm die Emendationen zum Nalus mit-
getheilt, und ihm sogar die Handschrift anvertraut; ich
habe ihn in der Vorrede zum Rämäyana ehrenvoll erwähnt,
und ihm das Werk selbst zeitig, ehe es in den Buchhandel
kam, zugeschickt. Ich habe also vom Anfange an bis auf
den heutigen Tag das zuvorkommendste Betragen gegen
ihn beobachtet.
16*
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244
Schlegel an Humboldt
Dafür habe ich nun sehr schlechten Dank erlebt.
Schon vor einer Anzahl Jahren hat er mir einen Übeln
Streich gespielt, den ich ihm, wie aus obigem genugsam
erhellet, nicht nachgetragen.
Eine vertrauliche Mittheilung von Einwürfen, wenn
sie auch ganz ungegründet wären, ist immer ein freund-
schaftliches Verfahren. Denn wäre die Absicht feindlich,
so würde man mit dem Angriffe gleich öffentlich hervor-
treten, damit er den Gegner unvorbereitet träfe.
Herr Bopp ist aber über die Nachweisung einiger Ver-
sehen in eine solche Entrüstung gerathen, er hat mir einen
so ungehörigen Brief geschrieben, daß mir nichts übrig
blieb, als die Fortsetzung des Briefwechsels höflich ab-
zulehnen.
Jetzt da ich den vom Ministerium bewilligten Guß der
kleinen Devanagari-Lettern verlange, bezeigt er sich äußerst
ungefällig und legt mir Zögerungen und Hindernisse in
den Weg.
Mein zweites Distichon besagt nichts weiter, als daß
Herr Bopp einen ungültigen Sprachgebrauch zuweilen durch
falsche Lesearten zu erweisen sucht Davon liegen die
Beispiele vor mir. Z. B. Arjuna p p. 77. Übrigens sind wohl
keine Epigramme unschuldiger als die in einer fremden
Sprache, welche kaum ein Dutzend Menschen in Deutsch-
land verstehen; vollends wenn sie nur vertraulich mit-
getheilt werden.
Herr Bopp hat allerdings grammatischen Sinn: wenn
er nur die Indischen Grammatiker fleißiger studirt hätte,
wenn er nicht immer Originalität anbringen wollte, wo sie
nicht hingehört, so hätte er etwas recht gutes leisten mögen.
Kritischer Sinn für die Unterscheidung des Ächten und
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Bonn, 23. Juni 1829.
245
Unächten oder Verfälschten mangelt ihm gänzlich. Des-
wegen macht er auch keinen Unterschied zwischen be-
glaubigten und unbeglaubigten Texten. In der Auslegungs-
kunst ist er schwach. Z. B. in der Anmerkung über etäwat
(Arjun. p. 109, 110.) thut er fast unglaubliche Fehlgriffe.
Er will mit Unrecht Wilkins zurechtweisen, und entstellt
ganz was dieser gesagt hatte. — Es wäre leicht, die Bei-
spiele zu häufen.
Wenn mir wegen freimüthiger öffentlicher Äußerungen
über das, was mir, in einem wissenschaftlichen Gebiet, irrig
und verkehrt scheint, Eifersucht angeschuldigt wird, so
muß ich es mir gefallen lassen. Mir ist schon manchmal
schlimmeres begegnet In diesem Falle wäre aber doch
die Hypothese sehr unwahrscheinlich, theils wegen des oben
angeführten, theils weil ich zur Ausführung meiner bösen
Absichten fünf Jahre versäumt hätte. Ich hatte in der
That wichtigeres zu thun.
Ich hoffe, Ew. Excellenz werden den unerfreulichen
Inhalt dieses Briefes meinem lebhaften Wunsche, mich vor
Ihnen zu rechtfertigen, zu gute halten. Es wäre freilich
angenehmer, einem so überschauenden und tief eindringen-
den Geiste gegenüber sich mit würdigeren Gegenständen
der Betrachtung zu beschäftigen.
Vielerlei Störungen lassen mich in meinen Arbeiten
nicht so vorwärts kommen, wie ich wohl wünschte. Im
Sommer strömen mir die Reisenden von allen Weltgegenden
zu, und es wäre doch unfreundlich, sie an der Thür abzu-
weisen. Seit vier Jahren führe ich den Vorsitz in einem
Verein für die Vergrößerung und Verschönerung der
Stadt Nun bin ich auch Mitglied des Municipal-Rathes
geworden. Ich wollte es nicht ablehnen, in der Hoffnung,
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246 Schlegel an Humboldt Bonn, 23. Juni 1829.
zuweilen etwas auch für die Universität ersprießliches
zu fördern.
In den öffentlichen Blättern habe ich mich bisher ver-
geblich nach guten Nachrichten von Ihrem Herrn Bruder
umgesehen. Ich schließe mit den herzlichsten Wünschen
für die Fortdauer Ihrer Gesundheit, und bitte Ew. Excellenz
den Ausdruck meiner unveränderlichen Gesinnungen zu
genehmigen.
Gehorsamst
AWvSchlegel.
Die Zeilen am Schlüsse Ihres Briefes las ich mit
inniger Rührung. Jedoch dünkt mich, bei dem Verluste
des theuersten Gegenstandes liegt etwas tröstliches und
linderndes in der Erinnerung der vollkommenen Harmonie,
worin man gelebt hat. Wenn aber auf innige Gemeinschaft
eine Trennung der Geister und Gemüther folgt, eine Spaltung,
welche bis zum empörtesten Unwillen steigt, über die öffent-
liche Rolle, die der Andere spielt, über die Grundsätze, die
er lehrt, über seine verwerflichen wiewohl ohnmächtigen
Bestrebungen, Aberglauben und Geistesknechtschaft zu
fördern; wenn in dieser Lage dann die letzte Trennung
durch den Tod erfolgt: dann ist die Trauer zugleich un-
endlich schmerzlich und peinlich. Dieß war mein Fall mit
meinem Bruder Friedrich. Verloren hatte ich ihn längst,
und diese Wunde hat seit Jahren geblutet. So hat jeder
seine eignen Leiden.
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Humboldt an Schlegel Tegel, 3. Juli 1829. 247
36. Humboldt an Schlegel.
Ich danke Ew. Hochwohlgebornen recht herzlich für
die Güte, mich so schnell mit einer Antwort auf meinen
neulichen Brief erfreut zu haben. Ich kann mir nicht das
Vergnügen versagen, auf diesen sogleich zu erwiedern,
werde mir aber erlauben, nur kurz zu seyn.
Ich bitte Ew. Hochwohlgebornen zu glauben, daß es
mir nie eingefallen ist, zu glauben, daß Sie bei Ausgäben
Sanskritischer Werke die gänzliche Worttrennung befolgen
würden, noch weniger aber so anmaßend zu seyn, darauf
irgend Anspruch zu machen. Es ist ganz etwas Andres,
eine Neuerung theoretisch zu vertheidigen, als sie praktisch,
wo ihr vieles rein Factische entgegentreten kann, auszu-
führen. Alles, was ich mir wünschte, bestand in Ew. Hoch-
wohlgebornen Billigung der Idee und der Gründe, die mich
darauf geleitet haben. Eine solche Uebereinstimmung von
Ihrer Seite würde mich in meiner Ueberzeugung gänzlich
befestigt haben.
Ich setze gewiß keine Eigenliebe in einen so einfachen
Gedanken, und bin frei von der Sucht Proselyten zu machen.
Zwei Jahre vor meinem Aufsatz im Journal Äsiatique hatte
ich mir schon einen Theil der Gesetze des Manus so ab-
geschrieben, und mit Interpunction versehen. Ich hätte
nie darüber öffentlich gesprochen, wenn nicht der gute
Rosen in der Vorrede zu seinen Wurzeln mir darüber Dinge
in den Mund gelegt hätte, die nie meine Meinung waren.
Den Deutschen neuesten Aufsatz habe ich nur geschrieben,
weil die Herausgeber der Jahrbücher mein Stillschweigen
in ihrer Zeitschrift für absichtlich zu halten anfiengen, und
mich Herrn Dursch ungründliche und wenig höfliche Ab-
fertigung meines Vorschlages verdroß.
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248
Humboldt an Schlegel
Die Opfer, welche Ew. Hochwohlgebornen dem Sanskrit-
studium gebracht haben, und fortdauernd bringen, weiß
niemand so sehr zu schätzen, als ich.
Ueber das, was zwischen Ew. Hochwohlgebornen und
Herrn Bopp persönlich ist, so leid es mir auch thut, kann
ich nicht urtheilen, und zwar um so weniger, als, wie ich
sehe, es darin mir unbekannte Thatsachen giebt. AUes
was ich wünsche, ist, daß diese Persönlichkeiten, und der
Eindruck, den sie auf Sie beide machen, keinen Einfluß
haben mögen auf die ruhige und unpartheiische Beleuchtung
wissenschaftlicher Gegenstände, und 4aß, was gemeinschaft-
liche wissenschaftliche Erörterung seyn sollte, nicht als
Streit zwischen zwei Gegnern erscheine. Ew. Hochwohl-
gebornen klagen über einen ungehörigen Brief Bopps. Mir
ist dieser ganze Briefwechsel unbekannt. Allein haben Sie
auch wohl geprüft, ob nicht in Ihrem Schreiben, worauf
derselbe eine Antwort ist, sich ein Gefühl der Superiorität
aussprach, das nun einmal nicht jeder erträgt?
Ihr schöner Ramayana ist nunmehr in meinen Händen,
und den Hitopadesa hat mir Schultze verheißen. Haben
doch Ew. Hochwohlgebornen die Güte mich wissen zu lassen,
an wen ich die Zahlung für den Ramayana zu machen habe.
Ich bitte Ew. Hochwohlgebornen, mir Ihre gütige Theil-
nahme und Ihr freundschaftliches Vertrauen zu erhalten,
und wiederhole Ihnen die Versicherung meiner ausgezeich-
netesten Hochachtung.
Tegel, den 3. Julius, 1829. Humboldt.
Herr Lassen hat mir einen sehr interessanten Brief
geschrieben, aus dem ich viel Belehrung geschöpft habe.
Ich bitte Ew. Hochwohlgebornen ihm vorläufig in meinem
Tegel, 3. Juli 1829.
249
Namen recht herzlich dafür zu danken. Von meinem Bruder
sind die letzten Nachrichten von Casan vom 8. Junius. Er
wollte von dort am 9. nach Catharinenburg abgehen, und
hatte die Ruinen von Bulgara (280 Wersten von Casan)
besucht Er fand auch, daß von Moscau an die Thürme, die
stufenartigen Pyramiden gleichen, und wo achteckige auf
viereckige gesetzt sind, an die Abbildungen ähnlicher Bau-
werke in Indien erinnern.
37. Humboldt an Schlegel.
Ich habe Ew. Hoch wohlgeboren am 3^ des Monats
nur so flüchtig schreiben können, daß ich mir das Ver-
gnügen nicht versagen kann, von hier aus einige Worte
hinzuzusetzen.
Ich kann Ew. Hochwohlgeboren nicht lebhaft genug
ausdrücken, wie sehr es mich freut, daß Sie gerade all-
gemeine Betrachtungen über das Studium der Asiatischen
Sprachen zum Gegenstande einer eigenen Schrift gemacht
haben, und mit welchem Vergnügen ich der Belehrung ent-
gegensehe, welche auch ich daraus schöpfen werde. Denn
wenn auch Ew. Hochwohlgeboren sagen, daß Ihre Arbeit
zunächst für das Englische Publicum bestimmt ist, so wird
sie darum für das Deutsche nicht weniger anziehend und
wichtig seyn.
Seitdem ich mich mehr mit Asiatischen Sprachen be-
schäftigt habe, welche nicht als herstammend von dem
Sanskrit angesehen werden können, gelange ich immer mehr
zu der Ueberzeugung, daß, um die Natur und das Wesen
des Sanskrits und sein wahres Verhältniß zu den Asiatischen
Sprachen überhaupt einzusehen, man es auf der einen Seite
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250
Humboldt an Schlegel
mit den von ihm abstammenden Sprachen, allein auf der
andern auch mit denjenigen vergleichen muß, welche
Wurzeln und selbst grammatische Verhältnisse mit ihm
gemein haben, welche [aber] nicht aus ihm hervorgegangen
sind. Denn in den meisten Sprachen des südlichen Asiens,
namentlich denen des Decan, der Javanischen, Tagalischen,
Madecassischen u. s. w., ist eine doppelte Verwandtschaft
mit dem Indischen sichtbar, einmal eine sehr spät ent-
standene, dann aber eine sich in das Dunkel des Ursprungs
jeder Sprache verhüllende. Auch in den Alphabeten muß
man die gleichförmige, offenbar spätere Sanskritische An-
ordnung von der früheren, oft sehr von der Indischen ab-
weichenden Lautbezeichnung unterscheiden. Im Sanskrit
selbst sind aber Spuren einer früheren, dem Bau jener
Sprachen nicht so unähnlichen Organisation bei weitem
nicht erloschen. Ueber den Zustand der Sprachen, der sich
aus dem Sanskrit ableiten läßt, werden die Aufklärungen
des Zend, und wenn einmal jemand darüber kommt, des
Armenischen ein großes Licht verbreiten. Gewiß finden
auch Ew. Hochwohlgeboren die Arbeiten Burnoufs über das
Zend trefflich und wahrhaft bewundernswürdig. Dagegen
ist über die Sprachen, von welchen ich sagen möchte, daß
sie zum Sanskrit hinführen können, noch überaus wenig,
oder eigentlich so gut als nichts geliefert worden.
Daß die Fortsetzung des Drucks Ihres Ramayana die
Schwierigkeiten findet, von welchen Sie mir schreiben,
schmerzt mich ungemein. Man sollte Ihnen diese Schwierig-
keiten auf alle Weise erleichtern. Ich fühle aber freilich,
daß dies auch Hindernisse findet. Der Fehler davon, wie
von der Schwierigkeit Kunstwerke zu kaufen, liegt in dem
Grunde, daß kein Fonds ausgesetzt ist, von welchem man
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Ottmachau, 11. Juni 1830.
251
ganz regelmäßig wissenschaftliche Unternehmungen unter-
stützen könnte. Jetzt müssen immer einzelne Anträge,
welche das Finanz -Ministerium unterstützen muß, beim
Könige geschehen, und an dieser doppelten Klippe scheitern
dann die wichtigsten Dinge, deren Nützlichkeit aber sich
nicht jedem begreiflich machen läßt. Wäre das Sanskrit-
studium nicht in England ganz und gar vernachlässigt, so
müßte eine innerlich und äußerlich so vortrefflich ausge-
stattete Ausgabe, als Ihr Ramayana ist, in England einen
bedeutenden Absatz finden. Ich habe den ersten Band
ganz durchgelesen, und wirklich nur bei sehr wenigen
Stellen Anstoß gefunden; so vortrefflich hat Ihre Ausgabe
das Verständniß auch dem weniger Kundigen erleichtert.
Auf Ihre Sacherklärungen bin ich äußerst begierig. Werden
Sie aber nicht auch grammatische Bemerkungen hinzu-
fügen? Ich habe bemerkt, daß Sie von einigen Dingen,
die ich für allgemeine Regel gehalten habe, abgewichen
sind, was Sie gewiß nicht ohne Grund gethan haben.
Ew. Hochwohlgeboren haben die Güte mich nach meinen
Arbeiten zu fragen. Sie werden in Kurzem eine Abhandlung
von mir bekommen, in der ich auseinandersetze, daß in
einigen Sprachen die Pronomina Ich, Du, Er aus den Orts-
adverbien hic, istic, Ulk entstanden sind, und daß andre
Sprachen diese Begriffe mit einander vertauschen. Sie
sehen, daß ich immer noch bei dem Druckenlassen meiner
akademischen Abhandlungen bin. Auch möchte ich nicht
sagen, ob ich je zu etwas Größerem kommen werde. Wenn
Sie meinen Briefwechsel mit Schiller bald einmal in die
Hand nehmen, so werden Sie sehen, was Schiller, wie ich
glaube, nur zu sehr mit Recht über meine Schriftstellerei
prophezeit. Dieser Briefwechsel wird jetzt gedruckt, und
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252
Humboldt an Schlegel Ottmachau, 11. Juni 1830.
ich lasse ihm eine Vorerinnerung über Schiller und den
Gang seiner Geistesentwickelung vorangehen. Dies ist die
letzte kleine Arbeit, die ich gemacht habe. Im Brief-
wechsel selbst glaube ich alle Stellen vertilgt zu haben,
die irgend jemanden verletzen könnten, so wie alle, welche
gar kein allgemeines Interesse darbieten. Er ist daher
ungeheuer zusammengeschmolzen und wird kaum einen
mäßigen Octav-Band ausmachen.
Ew. Hochwohlgeboren erwähnen abermals der höchst
unverständigen und ungebührlichen Stelle in der Staats-
zeitung. Ihre Verdienste um das Indische, und nicht bloß
um dieses, sondern auch um jeden Zweig gerade derjenigen
Literatur, welche am meisten auf die Geistescultur ein-
wirkt, sind zu sichtbar, und wirklich zu anerkannt, als daß
Sie von solchen Aeußerungen auch nur Notiz nehmen sollten.
Ich habe wirklich jene Stelle nur erst aus Ihrem Briefe
kennen gelernt. Keine Seele hatte mir davon gesprochen.
Wer giebt auf politische Zeitungen, wenn sie vom Indischen
und Chinesischen reden? — Dem armen Bopp thun Sie
gewiß Unrecht, wenn Sie glauben, daß er um die Stelle
vor dem Drucke gewußt hat. Ob sie von einem seiner
Schüler herrührt? weiß ich nicht Es mag wohl seyn,
allein auch dieser dachte wahrscheinlich nur dabei an die
Grammatik, das Wörterbuch, die wohlfeilen Ausgaben der
Episoden, kurz an die Hülfsmittel, durch welche das Studium
den Anfängern erleichtert ist.
Leben Sie recht wohl und nehmen Sie die erneuerte
Versicherung meiner hochachtungsvollsten und freundschaft-
lichsten Ergebenheit an.
Ottmachau, den ll*i Juni 1830. Humboldt.
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Tegel, 24. Oktober 1830.
253
38. Humboldt an Schlegel.
Ew. Hochwohlgeboren kann ich nicht lebhaft genug
für die Uebersendung des neuesten Stücks der Indischen
Bibliothek danken, welches ich sehr bald nach Ihrem
gütigen Schreiben vom 215^ vorigen Monats empfangen
habe. Ich bitte Sie, auch Herrn Dr. Lassen zu sagen, wie
sehr ich ihm für die vielfache Belehrung verpflichtet bin,
die ich schon jetzt nach zweimaligem Durchlesen der so
gehaltvollen Abhandlung daraus geschöpft habe. Sehr oft
werde ich noch zu einzelnen Stellen zurückkehren und das
Ganze interessirt mich um so mehr, als ich schon seit zwei
Jahren eine ausführliche Abhandlung über den Sans-
kritischen Formenbau liegen habe. Ich habe da natürlich
auf mehrere Punkte stoßen müssen, welche Herr Lassen
berührt. Seine Arbeit ist eine wahre Bereicherung dieses
ganzen Studiums.
Auf Ew. Hochwohlgeboren jetzt in England heraus-
zugebende Schrift bin ich doppelt begierig, da ich sehe,
daß Sie darin so wichtige grammatische Untersuchungen
berühren wollen, als die über die Agglutination ist. Ich
bin darin nie, soviel es das Sanskrit betrifft, mit den ge-
wöhnlichen Ansichten einig gewesen, noch weniger mit
denen Ihres verstorbenen Bruders. Wie die Sache jetzt
gewöhnlich gefaßt wird, ist, meiner Meinung nach, nicht
einmal die Frage richtig gestellt.
Daß Ew. Hochwohlgeboren Ihre Aufsätze aus dem
Berliner Kalender Französisch wollen zusammen drucken
lassen, ist ein höchst glücklicher Gedanke. So in ver-
schiedene Jahrgänge zerstückt, wird eine wichtige Arbeit
weder richtig beurtheilt, noch vollkommen genossen.
254
Humboldt an Schlegel
Ich bin so frei, Ew. Hochwohlgeboren die Vorerinnerung
zu meinem Briefwechsel mit Schiller zuzuschicken. Da ich
kein anderes Exemplar disponibel habe, darf ich Sie wohl
um die Gefälligkeit bitten, dieses auch Herrn Professor
Welcker zum Lesen mitzutheilen. Den Briefwechsel selbst
habe ich noch nicht erhalten. Eine Recension von Göthes
zweitem Römischem Aufenthalte haben Sie wohl in den
Berliner Jahrbüchern gelesen. Es sollte mich sehr freuen,
wenn diese Arbeiten Ihre Zustimmung erhielten. Sie haben
für mich schon den Werth, daß sie mich Wochen und
Monate lang in eine glücklichere und genußvollere Zeit
zurückversetzt haben, als mein Leben jetzt noch seyn kann.
Mit der herzlichsten und ausgezeichnetesten Hochachtung
der Ihrige,
Tegel, den 24. October 1830. Humboldt.
39. Humboldt an Schlegel.
Norderney, den I2 im August 1831.
Ew. Hochwohlgeboren werden Sich wundern, einen Brief
von mir aus dieser äußersten Insel Deutschlands zu empfangen.
Obgleich aber das hiesige Baden nicht mit dem Eintauchen
in die heiligen Fluthen des Ganges verglichen werden kann,
welches der Indische Spruch zu den drei Dingen zählt,
welche der Welt (die nie mehr als jetzt das ihr dort ge-
gebene Beiwort verdient hat) Wesenheit und Mark geben,
so ist es doch auch heilsam und wohlthätig, und scheint
dies auch an mir beweisen zu wollen. Die Schwäche, an
der ich leide, und die vorzüglich wohl aus dem Rücken-
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Norderney, 12. August 1831.
255
mark entspringt, hat sich schon in den vier Wochen, die
ich jetzt hier bin, zu heben angefangen. Ew. Hochwohl-
geboren haben den Slokas, den ich soeben anführte, aus
Ihrem Hitopadesa weggelassen, und wenn man den Zu-
sammenhang betrachtet, sollten Sie auch keinen andern
Grund dazu gehabt haben, gewiß mit Recht. Sie sehen
hieraus, daß ich mich mit Ihrer neuen Ausgabe beschäftige,
sie ist sogar das einzige Buch, welches ich mithergenommen
habe. Ich vergleiche sie genau mit der von Wilkins, und
kann Ihnen nicht genug sagen, wie sehr ich mich freue,
daß man jetzt das zugleich so liebliche und gehaltvolle
Werk ohne allen Anstoß und mit unendlich erhöhtem Genuß
zu lesen im Stande ist. Es liegt in der Natur des Werkes,
in der gediegenen Kürze der Sprüche und in dem Umstände,
daß viele von diesen aus ihrem ursprünglichen Zusammen-
hange gerissen sind, wenn die Auffassung des richtigen
Sinnes angestrengteres Nachdenken erfordert, auch in einigen
Stellen immer noch Dunkelheit zurückbleibt. Die Schwierig-
keiten aber, welche ein verdorbener Text mit sich führt,
sind durch Sie sehr glücklich gehoben, und Sie haben Sich
dadurch ein neues großes Verdienst um die Literatur,
wirklich nicht bloß um die Indische, erworben. Die
Reinigung des Textes von den zahllosen, leicht in die Augen
fallenden Fehlern der Londoner Ausgabe, da diese noch
mehrere zu der von Calcutta hinzugefügt hatte, war schon
ungemein wichtig, wenn es auch nur das geringste Verdienst
Ihrer Arbeit ist. Das wahre liegt natürlich in der höheren
Kritik, durch welche Sie Stellen verbessert, Sprüche weg-
geschnitten und andre aufgenommen haben. Es ist mir
eine sehr angenehme Beschäftigung, den Gründen dieser
Veränderungen nachzuspüren, und ich bin ungeduldig, aus
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256
Humboldt an Schlegel
den Noten der Ausgabe zu erfahren, in wie weit Sie hierbei
durch Handschriften unterstützt worden sind. Aus kleinen
und ganz gleichgültigen Veränderungen schließe ich, daß
Sie Ihrer Ausgabe eine ganz andre Handschrift zum Grunde
gelegt haben, der Sie nun auch, da sie in den wichtigen
Stellen die besseren Lesarten enthält, mit Recht in den
gleichgültigeren folgen. Ein großes Verdienst sollten Sie
Sich noch in Absicht des Hitopadesa erwerben, ich meine
eine Uebersetzung, aber eine Deutsche, um das Werk
wirklich allgemein bekannt zu machen. Niemanden, als
Ihnen, könnte dies allerdings sehr schwierige Unternehmen
gelingen. Ihnen aber würde es, dächte ich, nicht einmal
sehr viel Mühe und nicht übermäßige Zeit kosten. Wenn
man in einer durchaus originellen Literatur, wie die
Indische ist, das ihr allereigenthümlichste herausheben soll,
so muß man den Hitopadesa nennen. Er läßt sich durch-
aus mit nichts, was wenigstens mir sonst bekannt ist, ver-
gleichen, man mag auf Sammlungen von Sittensprüchen
oder von Fabeln in andern Sprachen sehen. Die sinnreiche
und zierliche Kürze der Erzählungen, die naive Schilderung
der Thier- Charaktere, die Verwebung der Fabeln in ein-
ander, und die Schönheit und Gediegenheit der Sprüche
dazwischen macht, daß man in der Bewunderung des kleinen
Werks und in dem Interesse daran nie müde wird. Auch
hat es nicht so, als z. B. die Gita, Stellen, die durch Wieder-
holungen und sonst die Theilnahme herabsinken lassen.
Mit dem Anfange des künftigen Monats werde ich
wieder in Berlin seyn. Mein Bruder dürfte wohl erst
später im Jahre dahin zurückkehren. Er ist aber auch
jetzt in Paris mit wissenschaftlichen Arbeiten sehr an-
haltend beschäftigt.
Norderney, 12. August 1831.
257
Ich bitte Ew. Hochwohlgeboren mich Ihrem Freunde
Herrn Dr. Lassen angelegentlichst zu empfehlen, und die
Versicherung meiner freundschaftlichsten Hochachtung an-
zunehmen.
Humboldt.
Ich habe ja noch nirgends Ihre Schrift, welche in
London gedruckt werden sollte, angezeigt gesehen. Ist sie
wirklich noch nicht erschienen?
40. Humboldt an Schlegel.
Ew. Hochwohlgeboren haben die Güte gehabt, mir durch
meinen Bruder so freundlich anzubieten, mir eines oder das
andre der Ihnen von Crawfurd geschenkten Manuscripte
leihen zu wollen, daß ich nicht länger anstehen kann,
Ihnen meinen herzlichsten und verbindlichsten Dank dafür
abzustatten. Die Bugis Handschrift kann mir nicht dienen.
Ich habe selbst eine sehr schöne von Crawfurd. Bei den
wenigen Hülfsmitteln aber, die man bis jetzt über die
Sprache besitzt, wäre es ein vergebliches Unternehmen,
sich damit zu beschäftigen. Die beiden Javanischen Hand-
schriften würden mich interessiren, wenn sie vielleicht Kawi
Handschriften oder aus dem Kawi übersetzt wären. Auch
wenn sie, was aber schwerlich der Fall ist, mit Hülfs-
mitteln versehen wären, würde ich sie gern durchlaufen.
Ich kenne das Javanische grammatisch genau und habe
Mehreres von aller üebersetzung entblößt gelesen. Wo das
sehr mangelhafte Wörterbuch mich verläßt, bleibt noch die
Analogie des Malayischen und Tagalischen. Wo aber auch
diese nicht ausreicht, da versiegt natürlich auch das Ver-
17
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258
Humboldt an Schlegel Tegel, 24. Oktober 1832.
ständniß. Ich habe durch Crawfurds außerordentliche Güte
endlich den Text des von Raffles so fehlerhaft abge-
druckten Kawi Gedichtes erhalten. Zum Theil ist eine
Javanische Paraphrase der einzelnen Wörter und eine
Javanische Uebersetzung dabei. Dies neue Hülfsmittel
veranlaßt nüch eine schon fertige Schrift über das Kawi
ganz von neuem durchzuarbeiten. Ich bin nun auch darauf
gekommen, tiefer in die Frage des Buddhismus auf Java
einzugehen, und habe die Buddha Bilder und bei Gelegen-
heit der großen Pyramide im District von Kedu die Dagop
(doch wohl eigentlich dehagup oder dftmgopa) vorzüglich
ausführlich abgehandelt. Nur hindert mich sehr die
Schwäche meines Gesichts und daß ich Alles dictiren muß.
Beides macht das Arbeiten langsam und unsicher.
Für die gütige Uebersendung Ihrer neuen Französischen
Schrift sage ich Ew. Hochwohlgeboren meinen herzlichsten
Dank und bitte Sie, denselben auch Herrn Lassen in meinem
Namen auszudrücken. Ich habe leider nur erst die Vor-
reden lesen können, die mich aber ungemein angezogen haben.
Erhalten Sie mir Ihr gütiges Andenken und erlauben
Sie mir, Ihnen die Versicherung meiner ausgezeichneten
Hochachtung zu wiederholen.
Tegel, den 24 t™ October 1832. Humboldt
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ANMERKUNGEN.
Wilhelm von Humboldts und August Wilhelm Schlegels
Lebenswege haben sich zu wiederholten Malen, wenn auch
niemals auf längere Zeit gekreuzt Seit die gleiche Richtung
ihrer geistigen Interessen auf Poesie, Philologie und Ästhetik
sie als Jünglinge zusammengeführt hatte, haben sie durch
die Mannesjahre hindurch einer für des andern Leistungen
und Persönlichkeit stets eine achtungsvolle, hie und da fast
freundschaftliche Teilnahme gehegt Daß diese fest be-
gründet und aufrichtig gemeint war, ersehen wir aus dem
Umstände, daß selbst der heftige Antagonismus der romanti-
schen Kreise, besonders Friedrich Schlegels, der den be-
sonneneren Bruder mitzog, gegen Humboldts intimsten
Freund Schiller ihr nicht ernstlich gefährlich werden konnte.
Wie ihre gelegentlichen persönlichen Berührungen blieb
auch die Korrespondenz beider gleichaltriger Männer zu-
fällig und mannigfach unterbrochen. Erst an der Schwelle
des Alters brachten ihnen gemeinsame Forschungen auf
dem Gebiete der altindischen Sprache und Literatur und
gemeinsames Interesse für sprachphilosophische und sprach-
geschichtliche Probleme einen lebhafteren, durch Jahre hin-
durch fortgesetzten brieflichen Gedankenaustausch. Welchen
Eindruck sie bei den persönlichen Begegnungen bis gegen
Anfang dieses Briefwechsels hin, die ich im folgenden kurz
überblicke, von einander hatten, können wir leider nur auf
Humboldts Seite genauer verfolgen.
Während der gemeinsamen Göttinger Studienzeit in
den Jahren 1788 und 1789 waren sie sich zuerst nahe-
gekommen: beide trieben unter Heynes Leitung klassisch-
philologische Studien, verkehrten mit Bürger, von dem
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262
Anmerkungen.
Schlegel damals als junger Aar mit königlichem Flug in
einem Sonett gefeiert wurde, und disputierten über neuere
literarische Erscheinungen wie Heinses Ardinghello. Als
Humboldt dann nach seiner Heirat im Sommer 1791 von
Burgörner aus die abgerissenen Fäden persönlicher Bekannt-
schaften brieflich wieder anzuknüpfen sich bemühte, gehörte
auch Schlegel zu der Zahl derer, deren Verkehr er gerne
wiedergewonnen hätte; aber sein uns nicht erhaltenes
Schreiben blieb unbeantwortet und er mußte sich von
Schlegel vergessen glauben. Erst das Mißgeschick, das im
Frühjahr 1793 Schlegels Freundin Karoline Böhmer, dann
seine erste Gattin, traf, brachte für kurze Zeit eine Kor-
respondenz in Fluß, da man Humboldt, dessen nahe Be-
ziehungen zum Koadjutor Dalberg bekannt waren, um seine
Vermittelung beim Mainzer Hofe gebeten hatte, das Los
der Gefangenen zu mildern. Zwei Briefe Humboldts an
Schlegel aus dieser Zeit sind bekannt (25. Mai 1793 : Karo-
line 1, 378; 16. November 1793: Klette, Verzeichnis der von
A. W. v. Schlegel nachgelassenen Briefsammlung S. IV),
Schlegels Antworten und die Korrespondenz mit Karoline
selbst dagegen nicht. Dann ruht die Verbindung fast
volle drei Jahre. Aus der Zwischenzeit, aus dem Sommer
1795, wo Humboldt in Berlin den Druck von Schillers
erstem Musenalmanach überwachte, haben wir ein Urteil
von ihm über Gedichte Schlegels, die darin erschienen, in
einem Briefe an Schiller: es ist ihm auffallend, wie alles,
was Schlegel dichte, der sich doch unter Bürger und noch
dazu in dessen schlechtester Periode ausgebildet habe, sich
vor den Werken der übrigen jüngeren Dichter auszeichne,
indem es, obwohl manchmal weder an Gedanken noch an
Gefühl reich, niemals ins Gemeine und Gewöhnliche falle,
sondern immer das Gepräge einer besseren Schule an sich
trage.
Um die Zeit, als diese Worte geschrieben wurden, hatte
Schlegel schon seine Amsterdamer Hauslehrerstellung auf-
gegeben und war nach Deutschland zurückgekehrt In
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Anmerkungen.
263
Braunschweig traf er mit Karoline zusammen, die er im
folgenden Jahre heiratete. In einem Briefe, der zugleich
anerkennende Worte über Schlegels Shakespearearbeiten
in den Hören enthält, beglückwünschte ihn Humboldt zu
seiner Heirat (23. Juli 1796: Klette, Verzeichnis S. V). Bald
konnten dann die genuß- und anregungsreichen Göttinger
Stunden erneuert werden, da Schlegel im Herbst sich als
Dozent in Jena niederließ, wo auch Humboldt den Winter
von 1796 auf 1797 verbrachte, ehe er seine großen Reisen
antrat. Es war die Zeit, in der Schlegel seine gehalt-
reichen und formvollendeten Rezensionen für die Literatur-
zeitung schrieb: die bedeutendste von ihnen, die über
Vossens Homerübersetzung, bildet das Thema eines aus-
führlichen Briefes von Humboldt an Jacobi. Dieser Jenaische
Winter sah beide Männer im engen Verkehr mit Schiller
und Goethe : zu gleicher Zeit arbeitete Goethe an Hermann
und Dorothea, Schiller am Wallenstein, Humboldt am Aga-
memnon, Schlegel am Julius Caesar. Als dann der jähe
Bruch zwischen Schiller und den Romantikern eintrat, war
Humboldt bereits auf Reisen.
Dauerte dies Zusammenleben Humboldts mit Schlegel
in Jena nur wenige Monate, so sind die folgenden Be-
gegnungen noch kürzer und flüchtiger gewesen. Wir wissen
nicht, ob Humboldt, als er im Herbst 1801 aus Paris nach
Berlin zurückgekehrt war, vielleicht Schlegels Vorträge
über die Kunstlehre gehört hat, die dieser im Winter 1801
auf 1802 als ersten Kurs seiner berühmten Berliner Vor-
lesungen hielt; als im Herbst 1802 der zweite Kurs begann,
war Humboldt bereits als preußischer Ministerresident in
Rom. Dort, auf klassischem Boden erschien Schlegel im
Februar 1805 in Begleitung der Frau von Stael für einige
Monate, die durch einen Besuch Neapels unterbrochen
wurden: sie verkehrten viel im Humboldtschen Hause, das
den Mittelpunkt der römischen Geselligkeit bildete; Hum-
boldt fand Schlegel, wie er an Goethe schreibt, viel milder
als sonst, von unläugbarem, wenn auch subalternem Talent,
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264
Anmerkungen zu 1.
durch den Umgang mit seiner großen Freundin zwar viel-
seitiger geworden, aber in seiner Tätigkeit vermindert
Beide haben damals mit gleicher Wärme, aber charakte-
ristischer Verschiedenheit der Farbe und Auffassung, der
eine in Distichen, der andre in freien Stanzen, ihre römi-
sche Elegie gesungen und die Stadt der sieben Hügel ge-
feiert. Dann haben sie sich noch flüchtig in den Jahren
1811 und 1812 in Wien und während des Befreiungskrieges
im Hauptquartier berührt: in Wien wollte Humboldt an
Schlegel einen Mangel an Tiefe und Originalität bemerken,
wie er an Körner schreibt, die gerade sein Bruder Friedrich
trotz der farbigen Brille seiner damaligen religiösen Mei-
nungen besitze.
Nach wiederum jahrelanger Pause in den Beziehungen
setzt unser Briefwechsel ein, der, zuerst sehr lebhaft, dann
immer spärlicher gepflegt, sich durch die letzten siebzehn
Lebensjahre Humboldts hindurchzieht Die leider vor-
handenen Lücken in der im übrigen vollständigen Reihe
sind im Vorwort besprochen.
1.
den 10. Mai 1818 (S. 3)] Vom gleichen Tage ist ein
ungedruckter Brief an Prinzessin Luise Radziwill.
Ihrer Berufung (S. 3)] Seit dem Herbst 1817 (vgl.
Friedrich Schlegels Briefe an seinen Bruder August Wilhelm
S. 571) plante die preußische Regierung eine Berufung
Schlegels an die Berliner Universität Anfang Januar 1818
erging der Ruf an ihn in der Form, er möge wählen, ob
er nach Berlin oder an die Michaelis neu zu eröffnende
rheinische Hochschule Bonn gehen wolle, die er dann später
immer mit Berlin vertauschen könne. Die Entscheidung
verzögerte sich bis in den Hochsommer (vgl. ebenda S. 584.
587. 603. 606); nach mündlicher Besprechung mit dem
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Anmerkungen zu 1.
265
Staatskanzler Hardenberg ging Schlegel zum Herbst nach
Bonn.
Koreff und Stegemann (S. 3)] Der Arzt Koreff, Harden-
bergs Sekretär und vertrauter Freund, war Geheimer
Oberregierungsrat in der Staatskanzlei und Referent für
die Universitätsangelegenheiten; vgl. über ihn Varnhagen,
Biographische Portraits S. 1. Er hatte also sicherlich Ein-
fluß auf Schlegels Berufung, während Staatsrat Stägemann
in den Gang der Verhandlungen nicht eingeweiht gewesen
zu sein scheint, da er noch am 1. August und 5. Oktober
Schlegels Übersiedelung nach Berlin erwartete (vgl. Briefe
von Stägemann, Metternich usw. S. 65. 70).
das französisch Schreiben (S. 4)] Schlegel hatte kurz
vorher folgende französische Schriften erscheinen lassen:
„Lettre aux editeurs de la Bibliotheque italienne sur les
chevaux de bronze ä Venise", Florenz 1816 ((Euvres e'crites
en frangais 2, 30); „Niobe' et ses enfants", Genf 1816 (eben-
da 2, 3); „Le couronnement de la sainte vierge et les miracles
de saint Dominique, tdblcau de Jean de Fiesole", Paris 1817
(ebenda 2, 63). Ihnen folgten die „ Observations sur la langue
et la literature provencales", Paris 1818 (ebenda 2, 149).
mein Bruder es tut (S. 4)] Dieser ließ sein großes
amerikanisches Reisewerk in französischer Sprache er-
scheinen; vgl. Bruhns, Alexander von Humboldt 2, 496.
einen Brief meines Bruders (S. 5)] Er ist nicht er-
halten; die Reihe der auf uns gekommenen Briefe Alexanders
an Wilhelm beginnt erst 1819.
dem Departementsminister (S. 5)] Schuckmann.
der Zusammenkunft der Souveraine (S. 5)] Zum Aachener
Kongreß, der vom 1. Oktober bis 14. November 1818 ab-
gehalten wurde, erschienen die Monarchen von Preußen,
Österreich und Rußland.
die Berliner Reise vorziehen (S. 5)] Schlegel zog es
vielmehr vor, mit Hardenberg am Rhein zusammenzu-
treffen, zumal er sich für Bonn, nicht für Berlin ent-
schied.
266
Anmerkungen zu 2.
2.
der Indischen Bibliothek (S. 6)] Das erste Heft des
ersten Bandes dieser von Schlegel damals neu begründeten
Zeitschrift war im Sommer 1820 erschienen; die Vorrede
ist vom Juni dieses Jahres unterzeichnet.
selbst Sanskrit zu lernen (S. 6)] Zu den Anfängen von
Humboldts Sanskritstudium vgl. auch Briefe an Welcker
S. 47; Lefmann, Franz Bopp Nachtrag S. 14.
der Nalus von Bopp (S. 6)] „Nalus, carmen sanscritum
e Mahabharato; edidit, latine vertit et adnotationtbus illustravit
Franciscus Bopp", London, Paris und Straßburg 1819.
Wilkins (S. 6)J „A grammar of thc sanskrita languagc",
London 1808.
Ihre Übersetzung (S. 7)] „Die Herabkunft der Göttin
Ganga" Indische Bibliothek 1, 50 (Sämtliche Werke 3, 29).
Am 7. Mai 1821 schreibt Humboldt darüber an Welcker
(Briefe S. 48): „In dem neulich durch Schlegel tibersetzten
Stück scheint mir schon ein gewisses Akkommodationssystem
zu sein, das ich nicht billigen kann. Selbst der Hexameter
gibt, ohne daß etwas einzelnes geändert sei, einen griechischen,
der Eigentümlichkeit schädlichen Anklang. Dennoch ist es
sehr gut, daß gerade Schlegel sich bei uns des Indischen
angenommen hat. Er wird ein allgemeineres Interesse da-
für erwecken, als eine bloß sprachgelehrte Behandlung
getan hätte."
Auf mir lastet (S. 8)] Die Herabkunft der Göttin
Ganga 1, 94.
Erfüllung (S. 8)] Ebenda 1, 34. >
beiden Gemahlinnen (S. 8)] Ebenda 1, 20.
Stammhalter zu sein des Geschlechtes (S. 8)] Eben-
da 1, 17.
Sie verschmähten das einheimische Silbenmaß nach-
zubilden nicht ganz (S. 9)] „Nur das eine kann ich nicht
zugeben noch mich darein finden, daß du statt des ehr-
würdigen alten indischen viereckten Schlokas und geviert
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Anmerkungen zu 2. 3.
267
einherschreitenden Elefanten, dieses erhabene Metrum der
antediluyianischen Urzeit, was auch allein für diese ante-
diluvianischen Gedanken paßt, den fluchtigen hellenischen
Sechser genommen hast. Das ist doch eine gänzliche Ver-
wandlung und Verkehrung und völlige fxttüßaöcg th aXXo
ytvoq. Und wie würdest du erst jenen göttlichen Schlokas,
der schon durch die Silbenzahl und Gedankengliederung
unsrer deutschen Art und Sprache so angemessen ist, ge-
macht haben! Daran kann ich nicht ohne Bedauern denken"
Friedrich Schlegels Briefe an seinen Bruder August Wilhelm
S. 636; vgl. auch S. 639.
eine Schrift von mir (S. 9)] „Prüfung der Unter-
suchungen über die Urbewohner Iiispaniens vermittelst der
vaskischen Sprache", Berlin 1821 (Gesammelte Schriften 4,57;
vgl. auch S. 438).
Ihrer Meinungen zu erwähnen (S. 10)] Vgl. Gesammelte
Schriften 4, 157. 201.
wie Leibniz einmal vermutete (S. 10)] In seinen
Collectanea ctymologica {Opera omnia 6, 2, 219 Dutens).
aus Amerika (S. 10)] Vgl. Gesammelte Schriften 4, 205.
das Werk besäßen, was Sie vorbereiten (S. 10)]
Schlegel plante eine vergleichende Grammatik des Sanskrit,
Griechischen, Lateinischen und Altgermanischen; vgl. In-
dische Bibliothek 1, XIV. 123.
in Schlesien (S. 11)] Auf seinem Gute Ottmachau bei
Neisse.
den 5. Mai 1821 (S. 11)] Vom gleichen Tage ist ein
Brief an Bopp (Lefmann, Franz Bopp Nachtrag S. 17).
3.
mein Specimen (S. 12)] „Specimen novae typographiac
indicae, literarum figuras ad elegantissimorum codicum
bibliothecae regiae parisiensis exeniplaria delineavit, caelatidas,
feriundas, flandas curavit Aug, Quil. Schlegel", Paris 1821.
Zur Sache vgl auch Indische Bibliothek 1, 3G8.
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268
Anmerkungen zu 3.
den Bhagavad-Gita zu drucken (S. 13)] Biese Aus-
gabe erschien erst Bonn 1823 unter dem Titel: „Bhagavad-
Gita, id est ßeojtioiov fieXog sive almi Krishnae et Arjunae
colloquiiim de rebus divinis, Bharatae episodium; textum
recensuit, adnotationes criticas et interpretationem latinam
adjecit Aug. Ouil. a Schlegel."
an den Hitopadesa zu gehen (S. 13)] Schlegels Aus-
gabe dieser Fabelsammlung erschien erst 1829 — 31; der
Titel wird in einer späteren Anmerkung gegeben.
Colebrooke (S. 13)] Vgl. über ihn Benfey, Geschichte
der Sprachwissenschaft S. 348.
eine Ausgabe des ganzen Ramayana (S. 14)] Sie
begann erst 1829 zu erscheinen; der Titel wird später ge-
geben werden.
die Herausgeber der beiden ersten Bücher in Serampore
(S. 14)] Careys und Marshmans Ausgabe „The Ramayana
of VaJmeeki in the original sungsJcrit with a prose translation
and explanatory notes" war Serampore 1806 — 10 erschienen.
die Sautradhätus, die Unädi- Affixe (S. 16)] Unter jenen
verstehen die indischen Grammatiker Verbalwurzeln, die
nur in einem grammatischen Lehrbuch (sütra) einer Ety-
mologie wegen erwähnt werden, unter diesen eine Reihe
primärer Suffixe, die mit dem Suffix u beginnt.
in Matthias weitläufiger Grammatik (S. 17)] „Aus-
führliche griechische Grammatik Leipzig 1807.
des Siddhanta-Kaumudi (S. 17)] „The Süidhanta-Kau-
mudi, a grammar conformable to the System of Panini by
Bhattoji IMshita«, Calcutta 1812.
unser Otfried (S. 18)] Schlegel benutzte wohl die Aus-
gabe Schilters im ersten Bande seines Thesaurus antiqui-
tatum teutonicarum.
Raffles (S. 18)] In seiner London 1817 erschienenen
„History of Java", die ausführlich über die Kawisprache
handelt.
eine abgekürzte und vereinfachte Grammatik des Sans-
krit von einem englischen Geistlichen namens Yates (S. 18)]
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Anmerkungen zu 3.
269
„A grammar of the sunscrit language on a new plan",
Calcutta 1820. Vgl. darüber Indische Bibliothek 1, 366.
2, 11.
wo es Nyerup hergenommen hat (S. 18)] Ich habe die
hier gemeinte Stelle bei Nyernp nicht auffinden können.
Chezy (S. 19)] Er war seit 1815 Inhaber der ersten
Sanskritprofessur in Europa, der am College de France in
Paris.
meine Herabkunft der Göttin Ganga (S. 19)] Vgl. oben
zu S. 7.
die Versuche von Bopp und Kosegarten (S. 19)] Schlegel
denkt an Bopps Übersetzung des Nalus (vgl. oben zu S. 6)
und Kosegartens Stralsund 1815 erschienene „Carminum
orientalium triga".
an Niebuhr (S. 20)] Dieser war damals preußischer
Ministerresident beim Papste.
wegen meiner Rezension (S. 20)] Schlegel hatte 1816
die ersten beiden Bände von Niebuhrs Römischer Geschichte
in den Heidelbergischen Jahrbüchern der Literatur be-
sprochen (Sämtliche Werke 12, 444). Über seinen Gegen-
satz zu Niebuhr vgl. Minor in der Zeitschrift für die
österreichischen Gymnasien 38, 609.
Ihre Schrift (S. 20)] Vgl. oben zu S. 9.
campoan (S. 20)] Humboldt hält dies Wort für echt
baskisch (Gesammelte Schriften 4, 158).
in dem Fragment eines alten Gedichtes im Mithridates
(S. 20)] In seinen sprachlichen Bemerkungen über das
Baskische in Vaters Mithridates hatte Humboldt ein von
ihm zuerst aufgezeichnetes „Fragment eines altbaskischen
Liedes" veröffentlicht (Gesammelte Schriften 3, 280; vgl
auch S. 375).
mit den lateinischen Wörtern (S. 21)] Zu den im
folgenden besprochenen Etymologien vgl. Humboldt, Ge-
sammelte Schriften 4, 158 Anm. 102 Anm. 2. 3. 127 Anm.; 3,
234. 237. 240.
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270
Anmerkungen eu 3. 4.
da Sie bemerken, daß der baskischen Sprache wie den
amerikanischen das f fehlt (S. 23)] Vgl. ebenda 4, 77.
Italien berühren Sie nur im Vorbeigehen (S. 23)] Vgl
ebenda 4, 202.
Niebuhrs Werk (S. 24)] Vgl. oben zu S. 20.
meine Origines italiennes zu schreiben (S. 24)] Dieser
Plan ist nie zur Ausführung gekommen.
Lanzis Buch (S. 24)] „Saggio di lingua etrusca", Rom
1789.
mollis amaracus (S. 25)] Vergil, Aeneis 1, 693.
in seinem Buche über die Zeitmessung (S. 26)] „Zeit-
messung der deutschen Sprache", Königsberg 1802. Die
Stelle steht S. 28.
er hat mir versprochen, mir etwas für die Indische
Bibliothek zu geben (S. 26)] In Schlegels Zeitschrift ist
von Alexander von Humboldt nichts erschienen.
die Vorhalle des wackern Ritter (S. 27)] Karl Ritters,
des bekannten Geographen, Werk „Die Vorhalle europäischer
Volkergeschichten vor Herodotus" war Berlin 1820 erschienen.
Zur Sache vgl. auch Indische Bibliothek 1, 416 Anm.
wiewohl ich es damit nicht so wie Knight zu machen
hoffe (S. 27)] In seinem London 1791 erschienenen „Ana-
lytical essay on the greek aiphabet".
Abel Remusat (S. 27)] Er war der erste bedeutende
Sinologe in Europa und seit 1814 Professor der chinesischen
Sprache und Literatur am College de France in Paris.
4.
Ihr Specimen (S. 28)] Vgl. oben zu S. 12.
im Wilson (S. 29)] Gemeint ist Wilsons „A dictionary
sanscrit and english, translated, amended and enlarged
front an original compilation pr epared by learned natives
for the College of Fort William", Calcutta 1819.
(S. 30)] Die Verschiedenheiten der indischen
Orthographie des dreimal wiederholten Wortes nirghöshah
waren durch Transskription nicht darstellbar: im ersten
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Anmerkungen zu 4—7. 271
Falle sind der über die obere Linie ragende 6- Strich und
r-Strich beide mit dem o, im zweiten beide mit dem gh>
im dritten der r- Strich mit dem gh, der ö- Strich mit dem
6 zu je einem Duktus verbunden.
Ihres Bruders Meinung (S. 32)] Über Friedrich Schlegels
Ansichten über diesen Punkt orientiert Delbrück, Ein-
leitung in das Studium der indogermanischen Sprachen 5
S. 39.
in Lumsdens persischer Grammatik (S. 32)] „Grammar
of the persian language", Calcutta 1810.
bei Cicero (S. 36)] Das Zitat stammt vielmehr aus
Terenz, Phormio 668.
wie auch Bernhardi in seiner Allgemeinen Sprachlehre
auseinandersetzt (S. 36)] Vgl. Anfangsgründe der Sprach-
wissenschaft S. 180.
meine Schrift 53 (S. 40)] Vgl. Gesammelte Schriften
4, 106.
eine schon gedruckte Abhandlung (S. 45)] „Über das
vergleichende Sprachstudium in Beziehung auf die ver-
schiedenen Epochen der Sprachentwicklung" Gesammelte
Schriften 4, 1; vgl. auch S. 436.
5.
die Abhandlung (S. 46)] Vgl. oben zu S. 45.
meine Druckerei (S. 47)] Vgl. oben zu S. 12. Über
die hier erwähnte Erfindung eines einfacheren Satzes der
Sanskrittypen, vermöge deren jede Zeile nicht mehr aus
drei verschiedenen, sondern nur aus einer festgeschlossenen
Reihe bestand, vgl. Indische Bibliothek 1, 370.
6.
7.
19. Mai 1822 (S. 49)] Das fehlende Datum ist nach
Schlegels Antwort (S. 61) ergänzt
Digitized by Google
272
Anmerkungen zu 7. 8.
die meinem Urteile nach sehr schön geschriebene
lateinische Abhandlung (S. 49)] „De studio etymologico"
Indische Bibliothek 1, 274 (Opuscula latina S. 289).
in einigen in der Akademie vorgelesenen Abhandlungen
(S. 50)] Vgl. Gesammelte Schriften 4, 7. 291. 421.
indem Sie sagen (S. 52)] Die zitierte Stelle steht In-
dische Bibliothek 1, 287.
die Abhandlung über Wilson (S. 55)] „Wilsons Wörter-
buch" ebenda 1, 295. Der Titel des Wörterbuchs ist oben
zu S. 29 angegeben.
seiner radicaU (S. 56)] „The radiccUs of the sanscrita
1anguage" t Hertford 1815.
ein ordentliches Abschreckungsurteil über unberufene
Sanskritschüler (S. 60)] Schlegel bemerkt an der an-
geführten Stelle, wegen der häufigen Veränderungen der
Verbalwurzeln „würde ein alphabetisches Verzeichnis der
befremdlichsten Umwandlungen, nach Art des ehemals so
beliebten Schrevelius eingerichtet, den Anfängern Er-
leichterung schaffen. Doch weiß ich nicht, ob man auf
die Anfänger sonderlich Rücksicht zu nehmen hat; denn
es ist niemanden zu raten, sich auf das Studium des
Sanskrit einzulassen, der nicht ein entschiedenes Sprach-
talent besitzt und seine Kräfte schon an andern gelehrten
Sprachen geübt hat"
der Irrtum mit nir und ni (S. 60)J Vgl. Indische
Bibliothek 1, 350.
aus S. 367 (S. 61)] Dort heißt es: „Was das Sanskrit
betrifft, so bin ich selbst mit der Bemühung beschäftigt,
dessen Theorie auf die leichteste Weise darzulegen."
8.
der lateinische Aufsatz (S. 62)] Vgl. oben zu S. 49.
die Bemerkungen über das Digamma (S. 62)] Vgl. In-
dische Bibliothek 1, 290.
das Versprechen ein, das ich den Lesern zu Anfange
gegeben (S. 62)] Vgl. ebenda 1, XIII.
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Anmerkungen zn 8.
273
von meiner Grammatik (S. 62)] Vgl. oben zu S. 61.
Auch diese zwei Kapitel sind nicht öffentlich bekannt ge-
worden.
die mir zugesendete Vorlesung über die Aufgabe des
Geschichtschreibers (S. 62)] Sie findet sich in Humboldts
Gesammelten Schriften 4, 35; vgl. auch S. 437.
Ihres Herrn Bruders (S. 62)] „Je Iis et relis ton ad-
mirable memoire sur Vhistoire. Je Vai fait lire ä Ouizot qtd
oi rafolle" schreibt Alexander aus Paris am 24. August 1821
an seinen Bruder (Briefe S. 86).
in den Observatiotis (S. 63)] Der Titel dieser Schrift
ist oben zu S. 4 angegeben. Die Erörterungen, die Schlegel
hier im Auge hat, finden sich in den (Euvres cerites en
franoais 2, 158.
Demonetisation (S. 66)] Den Ausdruck „demonetisieren"
gebraucht Schlegel auch Indische Bibliothek 2, 29.
wie ich in der Schrift über das Provenzalische gezeigt
habe (S. 67)] Vgl. (Euvres eerites en franoais 2, 173.
in einem unendlich interessanten Briefe (S. 71)] Ge-
meint ist Humboldts Brief an Welcker vom 12. März 1822
(Briefe S. 56); vgl. besonders S. 64.
Ich redete (S. 74)] Vgl. zu diesem Absatz Humboldts
Bemerkungen gegen Bopp vom Juni 1822 (Lefmann, Franz
Bopp Nachtrag S. 23).
Colebrooke in seiner Grammatik (S. 77)J „A grammar
of the samerit language", Calcutta 1805.
Wächter und zum Teil Leibniz (S. 79)] Hierzu vgl.
Raumer, Geschichte der germanischen Philologie S. 184. 162.
beim Nennius (S. 79)] Dieser sagt von den Armorikanern
(Historia Britonum 23): „Xos illos vocamus in nostra
lingua letewicion, i.e. semitacentes, quoniam confiise loquuntur,"
Remusats chinesische Grammatik (S. 80)] „Elements de
la grammaire chinoise", Paris 1822.
die lithographischen Blätter von Otmar Frank (S. 80)]
Sie sind seiner München 1820—21 erschienenen „Chresto-
mathia sanscritana" beigegeben. Vgl. Indische Bibliothek 2, 21.
18
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271
Anmerkungen zu 9. 10.
9.
einen Aufsatz (S. 81)] „Über die in der Sanskritsprache
durch die Suffixa twä und ya gebildeten Verbalformen"
Indische Bibliothek 1,433. 2,71 (Gesammelte Schriften 4,360;
vgl. auch S. 440).
eine so weitläuftige und trockene Arbeit (S. 81)]
„Schlegel hat mich oft um einen Beitrag für seine Biblio-
thek gebeten. Allein er wird diese trockene Abhandlung
mit Recht für seine Leser zu hart finden" schreibt Hum-
boldt am 4. Juli 1822 an Bopp (Lefmann, Franz Bopp
Nachtrag S. 27).
die doch Reiz schon richtig aufstellte (S. 83)] In seiner
Leipzig 1766 erschienenen Schrift „De tcmpoiibus et modis
verbi graeci et latini".
de Sacys Grammatik (S. 83)] „Grammaire arube",
Paris 1810.
in meinen Untersuchungen über die amerikanischen
Sprachen (S. 84)] Vgl. darüber Gesammelte Schriften 5,476.
bei Remusats trefflichem Werk über die tatarischen
Sprachen (S. 84)] „Rccherches sur les langues tatares",
Paris 1820.
10.
bei Carey (S. 86)] „A grammar ofthe sungshrit language",
Serampore 1806.
das etwas leichtsinnig gegebene Versprechen (S. 87)]
Vgl. oben zu S. 62.
die Herausgeber in Serampore (S. 90)] Eine Ausgabe
des Hitopadesa war dort 1804 erschienen.
meines jetzt beendigten Abdrucks (S. 90)] Vgl. oben
zu S. 13.
der Ramayana von Serampore (S.90)] Vgl. oben zu S. 14.
der sonst schätzbare Dr. Schwenck in seinen mytho-
logischen Andeutungen (S. 93)] Seine „Etymologisch-mytho-
logischen Andeutungen" erschienen Elberfeld 1823; vgl.
über das Buch auch Humboldts eingehende Kritik in seinem
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Anmerkungen zu 10. 11.
275
Briefe an Welcker vom 15. Dezember 1822 (Briefe S. 67
und besonders S. 75).
die neue chinesische Grammatik von Remusat (S. 93)]
Vgl. oben zu S. 80.
Grimms Deutsche Grammatik (S. 93)] Von ihr war der
zuerst 1819 erschienene erste Band soeben in gänzlich ver-
änderter zweiter Ausgabe erschienen (Göttingen 1822).
11.
über meinen Aufsatz (S. 94)] Vgl. oben zu S. 81.
die folgenden Stellen (S. 96)] Vgl. die Anmerkungen
Schlegels zu Humboldts Text in der Indischen Bibliothek
1, 452. 447. 459. 463. 448. 449.
die Anführung der Stellen (S. 96)] Die beiden Stellen
sind nicht gestrichen worden; vgl. Indische Bibliothek
1, 454. 457. Ich bemerke, daß die kleineren, hier vom
Verfasser gewünschten Besserungen natürlich vor der Druck-
legung eingetragen worden sind, so daß der dann gedruckte
Wortlaut durchaus Humboldts Anordnungen entspricht
in der Stelle (S. 97)] Vgl. Indische Bibliothek 1, 441.
Hitopadesa (S. 98)] Vgl. ebenda 1, 451.
ich werde gewiß bald antworten (S. 99)] Vgl. oben
zu S. 93.
Creuzers Werk (S. 99)] „Symbolik und Mythologie der
alten Völker", Leipzig und Darmstadt 1810—12. Vgl. auch
Humboldts Briefe an Welcker S. 68.
daß ohne möglichst usw. (S. 100)] Diesen Satz zitiert
Schlegel in der Vorerinnerung zu Humboldts Aufsatz in
der Indischen Bibliothek 1, 433.
Ihre Bemerkung über dsddya (S. 100)] Schlegel hat sie
unterdrückt; vgl. Indische Bibliothek 1, 448.
Forsters Grammatik (S. 100)] „An cssay on the prin-
ciples of sansait grammar u y Calcutta 1810.
da mein Bruder jetzt nicht in Paris ist (S. 100)] Ale-
xander war im Gefolge Friedrich Wilhelms III. auf dem
Kongreß von Verona gewesen und von dort nach Rom und
18*
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276
Anmerkungen zu 11. 12.
Neapel gegangen, wo er den Winter verbrachte; vgl Brünns,
Alexander von Humboldt 2, 76.
Marshman (S. 100)] „Clavis sinica, elements of Chinese
grammar", Serampore 1814.
12.
einen talentvollen Schüler (S. 102)] Christian Lassen
aus Bergen in Norwegen, der später Schlegels akademischer
Kollege und Nachfolger wurde.
daß mein Bruder im dritten Band seiner Werke Creuzers
Buch eine Grundlage der Altertumswissenschaft nennt (S. 105)]
„Für das Ganze der Altertumskunde kann eben nur durch
die Wissenschaft der Mythologie ein vollständiges Licht und
eine befriedigende Grundlage gefunden werden, so wie
Creuzer dieselbe seitdem, soll ich sagen, neu bearbeitet
oder, richtiger ausgedrückt, mit umfassendem Geiste in ihre
alte Würde wiederhergestellt hat" Friedrich Schlegel,
Sämtliche Werkes 3, HL
Prichard (S. 106)] In seiner London 1819 erschienenen
Schrift „An analysis of the cgyptian mythology, dcsigned
to illustrate the oiigin of paganism", die Schlegel selbst
1837 ins Deutsche übersetzt hat
Ritters Brücke (S. 106)] Vgl. oben zu S. 27.
öffentlich wiederholen zu dürfen (S. 106)] Vgl. oben zu
S. 100.
die Übersetzung von Wilkins (S. 107)] Seine Übersetzung
der Bhagavad-Gita war London 1785, die des Hitopadesa
ebenda 1787 erschienen.
weil ich früher wegen seiner Etymologien ä la Kanne
sehr hart mit ihm umgegangen bin (S. 108)] In der be-
rühmten Rezension von Grimms Altdeutschen Wäldern in
den Heidelberger Jahrbüchern der Literatur von 1815 (Sämt-
liche Werke 12, 383), die Grimms Wendung zu strengerer
Wissenschaftlichkeit und zur grammatischen Grundlegung
der deutschen Altertumswissenschaft hervorrief. Über
Kanne vgl. Raumer, Geschichte der germanischen Philo-
logie S. 362.
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Anmerkungen zu 13 — 16.
277
13.
in einem Briefe an Welcker (S. 113)] Vgl. Briefe an
Welcker S. 77.
Ihre Ableitung des Vulkan (S. 113)] Sie findet sich
in der Indischen Bibliothek 1, 320.
das Unternehmen des Herrn Kuithan (S. 113)] „Die
Germanen und Griechen, eine Sprache, ein Volk, eine auf-
erweckte Geschichte", Hamm 1822. Humboldts Briefe an
den Verfasser sind erhalten.
die Idee Ihres Herrn Bruders (S. 116)] Vgl. Friedrich
Schlegel, Sämtliche Werke 2 8, 307.
in seinem sonst sehr geistreichen Werk über Indien
(S. 119)] Vgl. ebenda» 8,299.
in meiner Darstellung der amerikanischen Sprachen
(S. 119)] Vgl. oben zu S. 84.
14.
Punkt für Punkt (S. 120)] Im folgenden sind fünf
Stellen aus Humboldts Aufsatz besprochen; sie finden sich
Gesammelte Schriften 4, 373. 417. 418. 414 Anm. 3. 413.
Die vom Verfasser vorgeschlagenen Änderungen sind im
zweiten und merkwürdigerweise auch im dritten Falle nicht
in den abgedruckten Text eingesetzt worden.
wie bei Cicero irgendwo steht (S. 127)] De finibus bo-
nomm et malorum 3, 66.
mit den wenigen Worten, die ich über Ihre Rezension
des Nalas gesagt habe (S. 128)] Vgl. Gesammelte Schriften
4, 416.
15.
der Herausgeber (S. 132)] Vgl. oben zu S. 14.
mein Schüler (S. 132)] Vgl. oben zu S. 102.
16.
den Bernsteinschen Anfang des Hitopadesa (S. 134)]
„Hitopadcsi particula; edidit et glossarium sansciito-latinum
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278
Anmerkungen zu 16. 17.
adjecit", Breslau 1823. Vgl. darüber auch Indische Bibliothek
2, 45.
hitöpadesäyan (S. 134)] Vgl. darüber Lefmann, Franz
Bopp Nachtrag S. 28. 29.
Bopp sagte mir immer, sie sei von Hamilton (S. 136)]
Vgl. ebenda S. 32.
nach meinen amerikanischen Untersuchungen (S. 137)]
Vgl. oben zu S. 84.
die von Bopp (S. 137)] Vgl. Lefmann, Franz Bopp
Nachtrag S. 31.
Note 35 (S. 138)] Vgl. Gesammelte Schriften 4, 414
Anm. 2.
bei Varro (S. 139)] De re rustica 2, 2, 1.
Note 31 (S.140)] Vgl. Gesammelte Schriften 1, 402 Anm.
des armen Wilken (S. 140)] Gemeint ist der bekannte
Historiker der Kreuzzüge, zugleich Oberbibliothekar in
Berlin, der übrigens den hier geschilderten Anfall bald
überwand.
17.
die Übersetzung von Wilkins (S. 142)] Vgl. oben zu
S. 107.
Bei der Lampe usw. (S. 145)] Diese Verse sind ab-
gedruckt in der Indischen Bibliothek 2, 474 (Sämtliche
Werke 3, 75).
sie gefallen mir ganz ungemein wohl (S. 146)] „Das
Äußere könnte nicht angenehmer sein. Es dürfte selbst
Schlegels Neid erwecken" schreibt Humboldt über Bern-
steins Ausgabe am 11. März 1823 an Bopp (Lefmann, Franz
Bopp Nachtrag S. 28).
Colebrooke in seiner Abhandlung von der indischen
Poesie (S. 146)] Vgl. seine Miscellaneous essays 2, 62.
Brunck behauptet (S. 146)] Wo, habe ich nicht auf-
finden können.
wegen der Krankheit meiner verewigten Freundin
(S. 146)] Den Winter von 1816 auf 1817 hatte Schlegel
mit Frau von Stael in Paris verlebt, wo diese am
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Anmerktingen zu 17—19.
279
14. Juli 1817 gestorben war; Schlegel geleitete dann ihre
Leiche nach Coppet.
18.
die schmeichelhafte Vorerinnerung (S. 148)] Sie ist in
den Gesammelten Schriften 4, 360 Anm. mit abgedruckt.
Ew. Hoch wohlgeboren eigene Abhandlung (S. 149)]
„Neueste Mitteilungen der Asiatischen Gesellschaft zu Cal-
cutta" Indische Bibliothek 1, 371. „Ich weiß nicht", schreibt
Humboldt am 25. September 1823 an Welcker (Briefe S. 107),
„ob seine letzten Aufsätze in der Indischen Bibliothek Ihnen
auch so sehr gefallen haben; uns außerordentlich. Sie
scheinen gar keines sehr wichtigen, noch weniger tiefen
Inhalts, aber sie sind doch so geistvoll verfaßt und so hübsch
geschrieben, daß sie, dächte ich, jedem Leser sehr viel Inter-
esse einflößen müssen."
in der Vorhalle (S. 149)] Vgl. oben zu S. 27.
Ihr Geständnis S. 414 (S. 149)] „Ich will es nur bei
dieser Gelegenheit gestehen, es hat mir noch nie gelingen
wollen, mir von der Lehre des Buddhas, von ihrem inneren
Zusammenhange und ihrem Gegensatze mit dem Brahma-
nismus einen deutlichen Begriff zu machen."
über einige dieser Anmerkungen (S. 150)] Hier reflektieren
sich im folgenden teilweise Einwände Bopps gegen Schlegels
Bemerkungen zu Humboldts Aufsatz, die er in einem Briefe
vom 5. Mai 1823 dem letzteren vorlegt; vgl. Lefmann, Franz
Bopp Nachtrag S. 33.
19.
eine Abhandlung ... von Wilford (S. 153)] Sie führt
den Titel : „ On thc ancicnt gcography of India". Über den
Verfasser und die hier erwähnte Mystifikation vgl. Indische
Bibliothek 2, 56.
eine asiatische Gesellschaft (S.154)] Vgl. ebenda 2, 68.
in der Vorhalle (S. 1^5)] Vgl. oben zu S. 27.
wie Leibniz vom Abbe Pezron (S. 155)] „Verew; ne
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280
Anmerkungen zn 19. 20.
Pezronius nonnihil rudbeehizet aut goropizet" Opera omnia
6, 2, 79 Dutens.
xavvi&t vel yo$(>£öt£ei (S. 155)] Über Kanne vgl. oben
zu S. 108 , über Görres und seine etymologische Methode
Raumer, Geschichte der germanischen Philologie S. 365.
er weiß auch nicht recht Griechisch (S. 155)] Vgl. zum
folgenden Ritter, Die Vorhalle europäischer Völkergeschichten
S. 3(59.
ein paradoxales, aber geistreiches Buch über die
Menschenracen (S. 155)] „Besearches into the physical history
of marikind", London 1813. Vgl. auch oben zu S. 106.
aus dem Herodot(S. 155)] Die Stelle findet sich dort 2, 42.
eine artige Vergleichung des Koptischen mit dem Platt-
deutschen (S. 155)] Diese Arbeit Rhodes habe ich nicht er-
mitteln können. Zu dem Angriff auf Colebrooke vgl. seine
Beiträge zur Altertumskunde 2, 80 Anm. 2.
in Links Urwelt (S. 156)] „Die Urwelt und das Alter-
tum, erläutert durch die Naturkunde", Berlin 1821 — 22.
Dieses Buch des berühmten Naturforschers enthält einen
Abschnitt „Die Sprache als Kennzeichen der Verbreitung"
(1, 141).
das Opus tripartitum (S. 156)] „Tripartitum seu de
analogia linguarum libellus", Wien 1820 — 23. Als Ver-
fasser des anonymen Buches gelten Klaproth und Merian
(vgl.Holzmann und Bohatta,DeutschesAnonymenlexikon 4,191).
der oiptiuifrrjg des Theophrast (S. 157)] Dort (Charaktere
9) findet sich der Satz: „Elq dyQÖv l(p i'xxov äXXozQtov
xctTOXOVftevoq äfia fieXeräv lxjrä£E6&ctL xal Jtsöcov xrjv xe-
(paXrjv xaxtaytvai." Die Schilderung des alternden Mannes,
der mit aller Gewalt jung sein will, erinnert tatsächlich
an die tragikomischen Berichte Heines und Kühnes über
den alten Schlegel.
20.
die ersten zehn Gesänge des Gita (S. 158)] Zu dem
enthusiastischen Urteil über dieses Gedicht vgl. Gesammelte
Schriften 5, 479.
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Anmerkungen zu 20. 21.
281
Ew. Hoch wohlgeboren Reise nach London (S. 160)] Vgl.
dazu auch Humboldts Briefe an Welcker S. 107.
Casiris Beschreibung der arabischen desEscurials(S. 160)]
„Bibliotheca arabico-hispana escurialensis", Madrid 1760 — 70.
den Amara-Kosha (S. 161)] „Cosha or dictionary of
the sanscrit language by Amara Sinha tvith an english Inter-
pretation and annotations", Serampore 1808; Herausgeber
war Colebrooke.
er fing es 1816 in Frankfurt zu schreiben an (S. 161)]
Zur Entstehungsgeschichte vonRitters „Vorhalle europäischer
Völkergeschichten" vgl. Kramer, Karl Ritter 1, 389. 401. 413.
aus Vallas lateinischer Übersetzung (S. 162)] Sie er-
schien Venedig 1474.
Riemer (S. 162)] „Griechisch -deutsches Handwörter-
buch", zuerst Jena 1802—4.
21.
meiner Augen wegen (S. 164)] Vgl. darüber Gesammelte
Schriften 5, 477.
Ihre Abhandlung in diesem Heft (S. 164)] „Allgemeine
Übersicht" Indische Bibliothek 2, 1.
als man den Standhaften Prinzen nach Ihrer Über-
setzung gab (S. 166)] Schlegels Übersetzung von Calderons
„El principe cmistante" war 1809 im zweiten Bande seines
Spanischen Theaters erschienen. Über die zweite Auf-
führung im Berliner Schauspielhaus vom 20. Oktober 1816
berichtet ausführlich Zelter in einem Briefe an Goethe
(Briefwechsel 2, 322); auch dort tritt Pius Alexander Wolfis
Leistung in der Titelrolle gebührend in den Vordergrund,
die er schon in Weimar 1811 unter Goethes Augen gespielt
hatte (vgl. Wahle, Das Weimarer Hoftheater unter Goethes
Leitung S. 253).
das Unternehmen Ihres Ramayana (S. 166)J Einen
lateinischen Prospekt der von ihm geplanten Ausgabe dieses
Epos hatte Schlegel im November 1823 erscheinen lassen;
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282
Anmerkungen zu 21—23.
er ist von London datiert und in der Indischen Bibliothek
2, 135 abgedruckt
eine schon längst in der Akademie gelesene, aber nun
erst gedruckte Abhandlung (8. 166)] „Über das Entstehen
der grammatischen Formen und ihren Einfluß auf die
Ideenentwicklung" Gesammelte Schriften 4, 285; vgl. auch
S. 439.
22.
von einer Abhandlung (S. 167)] Vgl. oben zu S. 166.
einige Winke im letzten Stück der Indischen Bibliothek
(S. 167)] Vgl. besonders 2, 29.
von Ihrem Bruder (S. 167)] Vgl. oben zu S. 119.
endlich daß Sie usw. (S. 167)] An Welcker schreibt
Humboldt zwei Tage vorher, am 22. Mai 1824 (Briefe
S. 114): „Bei dieser Abhandlung darf ich mir aber auch
von einer andern Klasse von Lesern nur wenig versprechen,
nämlich von denen, welche das Altertum, das höchste
nämlich, ganz andere als ich ansehen, einen Unterschied
unter den Nationen annehmen, der sich kaum noch dem
Grade nach messsen läßt, eine ursprüngliche Vollkommenheit
auch in der Sprache, gewissermaßen eine Offenbarung an-
nehmen, von der man nur nachher herabgesunken ist usf.
Diese Ansicht hat Friedrich Schlegel fast zuerst auf die
Sprachen angewendet. . . . Noch im letzten Stück der
Indischen Bibliothek ist eine Stelle enthalten, aus der man
sieht, daß auch sein Bruder diese Meinung noch teilt."
die Inlage (S. 169)] Gemeint ist wohl der Brief an
Welcker vom 22. Mai 1824 (Briefe S. 113).
23.
daß Ew. Exzellenz sich viel mit den neuerworbenen
Papyrusrollen beschäftigen (S. 170)] Vgl. darüber Hum-
boldts Briefe an Welcker S. 116.
mein vortrefflicher Freund von Walther (S. 170)] Es
ist derselbe Ophthalmologe, der zwei Jahre später Schillers
Witwe operierte (vgl. Charlotte von Schiller 3, XXI).
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Anmerkungen zu 23. 24.
283
die Abhandlung (S. 172)1 Vgl. oben zu S. 166.
in der Schrift über das Provenzalische (S. 173)] Vgl.
oben zu S. 4 und 63.
in der Indischen Bibliothek (S. 173)] Vgl. oben zu
S. 167.
Herrn Bopps Beurteilung in den Göttingischen Anzeigen
(S. 174)] Sie findet sich dort 1824 S. 361. Diesen ganzen
ihn betreffenden Absatz teilte Humboldt am 15. August
1824 Bopp brieflich mit; vgl. Lefmann, Franz Bopp
Nachtrag S. 40.
Herrn Bopps Episoden aus dem Mahabharata (S. 174)]
„Indralokagamana, Ardschunas Reise zu Indras Himmel
nebst andern Episoden des Mahabharata", Berlin 1824.
Schlegel beurteilt das Buch eingehend in einem Briefe an
Bopp vom 7. August 1824 (Lefmann, Franz Bopp S. 95*).
der Baron Schilling von Canstadt (S. 174)] Vgl. über
ihn Indische Bibliothek 2, 215.
vom Papagei (S. 174)] Der persische Tutinameh.
daß alle eigentlichen Feenmärchen aus Indien her-
kommen (S. 175)] Der Aufsatz „Les millc et une nuits,
r ecueil de contes originairement indiens" findet sich in den
(Euvres ecrites en frangais 3, 3.
die Übersetzungen meiner Nachfolger, der Herren Gries
und von Malsburg (S. 175)] Die Übersetzung der Dramen
Calderons von Gries erschien in acht Bänden Berlin
1815 — 29, die von von der Malsburg in sechs Bänden
Leipzig 1819-25.
Ad v. cl Philippum a Walther (S. 176)] Diese Verse
finden sich mit einigen Abweichungen auch in den Opuscüla
latina S. 436.
24.
Ihre lateinische Rede (S. 176)] „Oratio natalibus
Friderici Guüelmi III. regis augustissimi celebrandis die
III. augusti 1824 in academia borussica rhenana habita"
Opuscula latina S. 360.
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284
Anmerkungen zu 24.
von der Rezension her (S. 176)] Vgl. oben zu S. 20.
der junge Bach (S. 176)] Vgl. Humboldts Briefe an
Welcker S. 119. 127. 137. Ein freundlicher Brief Humboldts
an ihn ist bei Holtei, Dreihundert Briefe 2, 60 gedruckt.
die Arbeit (S. 177)] Gemeint sind die „Grundzüge des
allgemeinen Sprachtypus" Gesammelte Schriften 5, 364;
vgl. auch S. 481.
eine Abhandlung . . . über den Zusammenhang der
Schrift mit der Sprache (S. 177)] Gesammelte Schriften
5, 31; vgl. auch S. 477. Der erwähnte Auszug daraus
findet sich im Journal asiatique 5, 369.
Professor Schultz (S. 177)] Er war in erster Linie
Sinologe; vgl. über ihn Humboldts Briefe an Welcker
S. 125.
in einer Fortsetzung (S. 177)] „Über die Buchstaben-
schrift und ihren Zusammenhang mit dem Sprachbau" Ge-
sammelte Schriften 5, 107; vgl. auch S. 478. Zu diesen
ganzen hieroglyphischen Studien und über Humboldts
Stellung zu Champollion, Spohn und seinem Herausgeber
Seyfferth vgl. auch seine Briefe an Welcker S. 116. 125.
eine jedoch noch nicht vollendete Abhandlung (S. 178)]
„Über die unter dem Namen Bhagavad-Gita bekannte
Episode des Mahabharata" Gesammelte Schriften 5, 190.
325; vgl. auch S. 478.
Colebrookes Abhandlungen (S. 178)] „Chi the philosophy
of the Hindus" Miscellaneous essays 1, 227.
Langlois' Rezension (S. 179)] Diese scharfe und viel-
fach ungerechte Rezension von Schlegels Ausgabe des Ge-
dichts findet sich im Journal asiatique 4, 105. 236. 5, 240.
Daß Langlois Schlegels meisterhafte Übersetzung ohne
genügendes Verständnis der Ideenwelt des Dichters schul-
meisterlich behandle, führt Humboldt ähnlich auch in einem
Briefe an Welcker vom 16. Mai 1825 aus (Briefe S. 126).
die Bemerkungen über Langlois' Aufsätze (S. 180)]
„Über die Bhagavad-Gita mit Bezug auf die Beurteilung
der Schlegelschen Ausgabe im Pariser Asiatischen Journal"
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Anmerkungen zn 24—26. 285
Indische Bibliothek 3,218. 328 (Gesammelte Schriften 5, 158;
vgl. auch S. 478).
in Nr. 34 (S. 182)] Vgl. Gesammelte Schriften 5, 188.
25.
außer dem Rektorat (S. 184)] Vom 18. Oktober 1824
bis 18. Oktober 1825 war Schlegel Rektor der Universität
Bonn gewesen; vgl. Opuscula latina S. 380. 385.
die Auslassung eines einzigen Wortes (S. 185)] Vgl.
Humboldt, Gesammelte Schriften 5, 162 Anm. 177 Anm.
mein Bruder hat schon früher die Lehre der Bhagavad-
Gita für Pantheismus erklärt (S. 185)] Vgl. Friedrich
Schlegel, Sämtliche Werke 2 8, 344. Humboldts Befürchtung,
bei Schlegel anzustoßen, wenn er am 26. Oktober 1825 an
Welcker über Manus und Bhagavad-Gita schreibt (Briefe
S. 129): „Friedrich Schlegel hat von beiden Gedichten
(verraten Sie mich aber dem Bruder nicht) wirklich ziemlich
wie der Blinde von der Farbe gesprochen und mit schneidender
Systemssucht", war also grundlos.
Julius Caesar sagte (S. 188)] „Fere plerisque accidit, ut
praesidio literarum diligentiam in perdiscendo ac memoiiam
remittant" De hello gallico 6, 14.
Sie bemerken p. 1 (S. 189)J Vgl. Humboldt, Gesammelte
Schriften 5, 107.
in einem eigenen Aufsatze (S. 190)] „Sur im vocabulaire
philosophique en cinq lanyues, imprime ä Peking" Melanges
asiatiques 1, 153.
26.
das Gedicht in beiden Sprachen (S. 193)] Zur Feier
der Dampferfahrt Friedrich Wilhelms III. auf dem Rhein
bei Bonn am 14. September 1825 hatte Schlegel ein deutsches
und ein lateinisches Gedicht in Distichen verfaßt und bald
darauf drucken lassen : „Die Huldigung des Rheins" (Sämt-
liche Werke 2,41) und „Fausta navigatio regis Friderici
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286
Anmerkungen zu 26.
Quilelmi III^ cum universo populo acclamante navi vaporibics
acta Bonnam praetcrveheretur" (Opuscula latina S. 434).
in dem Briefe an Blumenbach (S. 193)] Im Namen der
Universität Bonn hatte Schlegel zum silbernen Professor-
jubiläum des berühmten Naturforschers Blumenbach am
19.Septemberl825 eine epistula gratulatoria verfaßt (Opuscula
latina S. 397). Ganz ähnlich urteilt Humboldt in einem
Briefe an Welcker vom Anfang Februar 1826 (Briefe
S. 135): „Sein Gedicht ist in jeder Art gelungen. Aber
der Brief an Blumenbach hat das Schlimme, daß er sich
durch die Sprache hat zu einer gewissen Ideenleere hin-
reißen lassen. Ist es denn nicht anziehender und war es
hier nicht sehr möglich, die Sprache mit Ideen ringen zu
lassen, die ihr nicht immer geboten werden?"
Ihre französische Schrift (S. 194)] „ Observations sur la
critiquc du Bhagavad-Gita, insere'e dans le Journal asiatique"
Journal asiatique 9, 1 ((Euvres ecrites en frangais 3, 288).
was ich in meinen Bemerkungen sage (S. 195)] Vgl.
Gesammelte Schriften 5, 169.
habe diese Methode noch neulich am Chinesischen ver-
sucht (S. 197)] In der 1827 gedruckten „Lettre ä Monsieur
Abel'Remusat sur la nature des formes grammaticales en
gene'ral et sur le genie de la langac chinoise en particulier"
(Gesammelte Schriften 5, 254; vgl. auch S. 480).
Beckers Deutsche Wortbildung (S. 197)] „Die deutsche
Wortbildung oder die organische Entwicklung der deutschen
Sprache in der Ableitung", Frankfurt 1824. Über seine
Anschauungen vgl. Räumer, Geschichte der germanischen
Philologie S. 625.
S. 14 (S. 199)] Vgl. Gesammelte Schriften 5, 119.
Remusats Aufsatz (S. 199)] Vgl. oben zu S. 190.
die ich gar nicht teilen kann (S. 200)] Vgl. oben zu
S. 185.
in meiner Ihnen noch unbekannten Abhandlung (S. 201)]
Vgl. oben zu S. 178.
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Anmerkungen zu 27. 28.
287
27.
Guigniaut's Religions (S. 202)] Die Paris 1825 erschie-
nenen „Religions de Vantiquite, comidcrves principalcment
dans leurs fortnes symboliques et mythologiqiies" sind eine
erweiterte Bearbeitung von Creuzers oben zu S. 99 zitiertem
Werk.
Ihres Aufsatzes (S. 203)] Vgl. oben zu S. 194.
von dem Haughtonschen Manus (S. 203)] Obwohl schon
für 1822 in Aussicht gestellt, erschien diese Ausgabe der
indischen Gesetze erst London 1825; vgl. auch Indische
Bibliothek 2, 32.
Jones (S. 203)] Vgl. über ihn Benfey, Geschichte der
Sprachwissenschaft S. 346.
Farailienverluste (S. 203)] Schlegels Bruder Moritz
und seine Schwester Charlotte Ernst waren im Sommer
1826 gestorben; vgl. Friedrich Schlegels Briefe an seinen
Bruder August Wilhelm S. 645. 646.
4. September 1826 (S. 204)] Vom gleichen Tage ist ein
ungedruckter Brief an Kuithan.
28.
gleich die erste über den Vyasas (S. 205)] Vgl. Indische
Bibliothek 2, 221.
über die Bedeutung der psychologischen Ausdrücke
(S. 205)] Vgl. ebenda 2, 341.
meine hingewagte Meinung über wijnana (S. 206)] Vgl.
Gesammelte Schriften 5, 181 und Indische Bibliothek 2, 349.
die grammatischen und etymologischen Untersuchungen
im dritten Heft (S. 209)] „Indische Sphinx, Fortsetzung"
Indische Bibliothek 2, 284.
wie Ew. Hoch wohlgeboren sagen (S. 209)] Vgl. ebenda
2, 313.
ich bin schon lange darüber mit Bopp in Streit (S. 209)]
Vgl. Lefmann, Franz Bopp Nachtrag S. 46. 48.
die Sprachen ohne Deklination (S. 210)] Vgl. Indische
Bibliothek 2, 314.
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288
Anmerkungen zu 28—30.
den guten Mannert (S. 210)] Zur Sache vgl. Humboldt,
Gesammelte Schriften 4, 119 und ein undatiertes Billet von
ihm an Wolf (Gesammelte Werke 5, 316).
seine beiden lithographischen chinesischen Schriften
(S. 210)] Vgl. darüber Indische Bibliothek 2, 215.
zu den Sloken (S. 210)] Schlegels indische Verse auf
Schilling stehen in der Indischen Bibliothek 2, 215. „In-
dische Verse von einem europäischen Liebhaber können
fast nur für einen scherzhaften Versuch gelten" sagt der
Verfasser (S. 217).
den anonymen französischen Brief p. 186 (S. 210)] „Ano-
nymer Brief aus Paris"; er behandelt allgemeine sprach-
philosophische Fragen. Schlegel nennt in seiner Antwort
(S. 205) Humboldt neben Raynouard, Rask, Bopp und Grimm
unter denen, die seit kurzem erst „une me'thode vraiment
scientifique" in die vergleichende Sprachkunde eingeführt
hätten.
29.
10. Oktober 1826 (S. 212)] Vom gleichen Tage sind
Briefe an Welcker (S. 136) und an Charlotte Diede (Briefe
an eine Freundin 1, 251).
80.
durch einen späteren Brief an meinen Freund Welcker
(S. 212)] Vgl. Humboldts Briefe an Welcker S. 136.
meinen Anti-Langlois (S. 213)] Vgl. oben zu S. 194.
den neuen Anti-Schlegel (S. 213)] „Lettre adresse'e ä
monsieur le president du conseil de la societe asiatique"
Journal asiatique 9, 185.
languläkhyö usw. (S. 213)] „Langlois, der große Tor, der
von den Gelehrten verlacht wird, speit erzürnt fürchter-
liches Gift aus gegen Schlegel."
Ew. Exzellenz Abhandlung (S. 213)] Vgl. oben zu S. 178.
p. 48 . . . p. 38 (S. 214)] Vgl. Humboldt, Gesammelte
Schriften 5, 328. 226. Die folgenden kleinen Bemerkungen
beziehen sich auf ebenda S. 193. 335. 228. 213.
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Anmerkungen zu 30. 31.
289
seine erste Arbeit über das Pali (S. 216)] Burnouf und
Lassen, „Essai sur le pali", Paris 1826.
seine Abhandlung ist aber lange fertig (S. 216)] „Com-
mentatio geographica atque historica de pentapotamia in-
dica", Bonn 1827.
des Ramayana (S. 216)] „Ramayana, id est Carmen
epicum de Eamae rebus gestis, poetae antiquissimi Valmicis
opus; textum codicibus manuscriptis collatis recensuit, inter-
pretationem latinam et adnotationes criticas adjecit Aug.
Quil. a Schlegel", Bonn 1829 — 46.
eine artige Arbeit über Tausend und eine Nacht (S. 216)]
Vgl. oben zu S. 175.
eine epistola critica expostulatoria an Herrn Heeren
(S. 217)] „An Herrn Professor Heeren in Göttingen über die
Abteilung von den Indern in dessen Ideen über die Politik,
den Verkehr und den Handel der vornehmsten Völker der
alten Welt" Indische Bibliothek 2, 373.
eine freundschaftliche epistola critica an Herrn Bopp
(S. 217)] Vgl. auch Schlegels Brief an Bopp vom 7. August
1824 (Lefmann, Franz Bopp S. 97*).
eine epistola critica an Jakob Grimm (S. 217)] Diese
ist niemals geschrieben worden.
sein Wurzel Wörterbuch (S. 217)] „Radices sanscritae",
Berlin 1827.
31.
Dieses und das folgende Billet fallen in die Zeit von
Schlegels Aufenthalt in Berlin im Frühjahr 1827, während
dessen er Vorlesungen über Theorie und Geschichte der
bildenden Künste dort hielt (vgl. Minor in der Zeitschrift
für die österreichischen Gymnasien 38, 739). „Schlegel habe
ich leider sehr wenig hier gesehen, da er selten die Stadt
verläßt" schreibt Humboldt von Tegel aus am 8. Juli 1827
an Welcker (Briefe S. 143; vgl. auch S. 141).
19
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290
Anmerkungen zu 32 — 34.
meinen Aufsatz über den Dualis (S. 218)] Gesammelte
Schriften 6, 4; vgl. auch S. 331.
32.
die Bemerkungen über den Nalus (S. 218)] Vgl. auch
Lefmann, Franz Bopp S. 104*. Es handelt sich um die
Materialien zu der oben zu S. 217 genannten, nicht zur
Ausführung gekommenen Schrift.
33.
in der wir ja den Vorzug haben, Ew. Hochwohlgeboren
auch zu besitzen (S. 219)] Schlegel war seit 1821 aus-
wärtiges Mitglied der Berliner Akademie.
uns mit einer Inschrift zu erfreuen (S. 219)] Ich habe
nicht feststellen können, ob die jetzt am alten Museum in
Berlin befindliche lateinische Inschrift „Fridericus Guilel-
mus III. studio antiquitatis omnigcnae et artium liberalium
museum constituit" von Schlegel stammt.
für Ihren Ramayana (S. 220)] Vgl. oben zu S. 216.
Herrn Lassens Ventapotamia (S. 220)] Vgl. oben zu
S. 21G.
34.
Ihren Hitopadesa (S. 221)] „Hitopadesas, id est i?isti-
tutio salutaris ; textum codicibus manuscriptis collatis recen-
suerunt, interpretationem latinam et adnotationes criticas
adjecerunt Aug. Guil. a Schlegel et Christ Lassen" : , Bonn
1829—31.
in den Prolegomenen (S. 221)] „Was haben Sie denn
aber zur Vorrede des Ramayana gesagt? Schlegelischer
gibt es nichts auf Erden" schreibt Humboldt am 29. Mai
1829 an Bopp (vgl. Lefmann, Franz Bopp Nachtrag S. 64).
mit meinem englischen Aufsatz (S. 222)] „An essay on
the best means of ascertaining the affinities of oriental
languages u Gesammelte Schriften 6, 76; vgl. auch S. 332.
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291
in meinem Aufsatz im Journal asiatique (S. 224)] „ Me-
moire sur la Separation des mots dans les textes sanserits"
Gesammelte Schriften 6,31; vgl. auch S. 331.
Volneys Methode (S. 224)] Gemeint ist seine Paris 1819
erschienene Schrift „L' aiphabet europöen applique' aux
langues asiatiqucs"; vgl. auch Indische Bibliothek 2, 21.
meines Aufsatzes (S. 225)] Gemeint ist der Anhang zu
Rückerts Rezension von Durschs Ghatakarparam (Gesam-
melte Schriften 6, 94; vgl. auch S. 333). Die hier zitierte
Stelle steht S. 97.
S. 586—589 (S. 227)] Vgl. Gesammelte Schriften 6, 102.
im Journal asiatique (S. 227)] Vgl. ebenda 6, 34.
S. 583 (S. 227)] Vgl. ebenda 6, 99.
als Sie in Berlin waren (S. 229)] Vgl. auch Lefmann,
Franz Bopp Nachtrag S. 64.
meine Überzeugung befestigt (S. 231)] „Schlegel hat
mir geschrieben. Er will nichts von unsrer Worttrennung
hören und verteidigt sein System. Er führt aber gar keine
neuen Gründe an und meine Überzeugung befestigt sich
dadurch nur noch mehr" schreibt Humboldt am 8. Juni
1829 an Bopp (vgl. Lefmann, Franz Bopp Nachtrag S. 65).
Bopp und seine Arbeiten (S. 231)] Vgl. zum Antago-
nismus zwischen Schlegel und Bopp auch die Darstellung
bei Lefmann, Franz Bopp S. 144.
Bopps Grammatik (S.231)] „Ausführliches Lehrgebäude
der Sanskritsprache", Berlin 1828. Das Buch ist Humboldt
zugeeignet.
das . . . (S. 231)] Das hier stehende Sanskritwort ist
so undeutlich geschrieben, daß es völlig unlesbar ist. Da
die hier gemeinten indischen Spottverse Schlegels nicht
bekannt sind, so ist keine Möglichkeit der Aufklärung
vorhanden.
an den Episoden (S. 231)] Vgl. oben zu S. 174.
da ich versuchte usw. (S. 234)] Für seinen Aufsatz
„Über die Verwandtschaft des griechischen Plusquamper-
19*
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292
Anmerkungen zu 34. 35.
fektum, der reduplizierenden Aoriste und der attischen
Perfekta mit einer sanskritischen Tempusbildung" (Ge-
sammelte Schriften 6, 58 ; vgl. auch S. 332).
dessen öffentliche Äußerungen über ihn (S. 235)] Vgl.
Grimm, Deutsche Grammatik 1 *, 19 (Kleinere Schriften 8, 40).
was er mir noch im vorigen Jahre mündlich sagte
(S. 235)] Humboldt hatte Grimm im Frühjahr 1828 auf
der Durchreise nach Paris in Kassel aufgesucht.
aus meinem Briefe an Herrn Lassen (S. 236)] Dieser
Brief vom Mai 1829 ist erhalten, aber ungedruckt.
hatte eben, ehe ich Ihren Brief erhielt, Bopp darüber
. . . geschrieben (S. 237)] Am 8. und 13. Juni 1829; vgl.
Lefmann, Franz Bopp Nachtrag S. 65. 66.
bei Gelegenheit seiner lateinischen Grammatik (S. 237)]
„Gi'ammatica aitica linguae sanscritae", Berlin 1829 — 32.
Teilnahme an dem unglücklichen Ereignis (S. 241)] Am
26. März 1829 war Karoline von Humboldt dem Gatten
entrissen worden.
35.
folgendes sind die Tatsachen (S. 243)] Vgl. auch In-
dische Bibliothek 2, 385. Schlegel betont hier, daß er mit
Bopp „immer in freundschaftlichem Wetteifer und Ein-
verständnis für denselben Zweck gewirkt" habe. Das Ein-
zelne findet man in Lefmanns Biographie Bopps und den
dort abgedruckten Briefen.
in den Heidelberger Jahrbüchern (S. 243)] Vgl. Sämt-
liche Werke 12, 437.
einen so ungehörigen Brief (S. 244)] Es ist Bopps
Brief vom 26. Mai 1829 gemeint (Lefmann, Franz Bopp
S. 108*); Schlegels kurze Ablehnung ist vom 14. Juni
datiert (ebenda S. 113*).
dies war mein Fall mit meinem Bruder Friedrich
(S. 246)] Friedrich Schlegel war am 12. Januar 1829 ge-
storben. Die tiefe Differenz zwischen den Brüdern kommt
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Anmerkungen zu 35. 36.
293
erst in den vom Dezember 1827 bis zum März 1828 zwischen
ihnen gewechselten Briefen (Friedrich Schlegels Briefe an
seinen Bruder August Wilhelm S. 652. 654. 656) zu höchst
unerquicklichem Ausdruck. Trotzdem kann ich des über-
lebenden Bruders Handlungsweise durchaus nicht so hart
beurteilen wie Minor (Zeitschrift für die österreichischen
Gymnasien 38, 745), dem Walzel folgt (Friedrich Schlegels
Briefe S. XX): es handelte sich hier doch wahrlich um
die tiefsten Überzeugungen des Menschen, die der ab-
trünnige Bruder verleugnete, und eine bei aller geistigen
Dankbarkeit für ewig unüberbrückbare Kluft, die sich
auf getan hatte; hier konnte der „Brudermord" Gewissens-
pflicht werden.
36.
meinen Aufsatz im Journal asiatique (S. 247)] Vgl.
oben zu S. 224.
wenn nicht der gute Rosen in der Vorrede zu seinen
Wurzeln mir darüber Dinge in den Mund gelegt hätte, die
nie meine Meinung waren (S. 247)] Rosen beruft sich auf
Humboldt mit folgenden Worten (Eadices sanscritae S. XII):
„Unum scio illustrem autorem, qui ex hac parte patrocinium
meum suscepturus sit . . . . Ulius enim sententia, quam
ab ipso mox latius expositum iri sperandum est, coram
mecum communicata insigni fuit incitammto mihi, ut a
recepta hactenus scribendi methodo discederem."
den deutschen neusten Aufsatz (S. 247)] Vgl. oben zu
S. 225.
in Ihrem Schreiben (S. 248)] „Daß Schlegel Ihnen in
anmaßendem Tone schreibt, ist höchst tadelnswürdig. Er
ist aber hierin nicht zu bessern" schreibt Humboldt am
13. Juni 1829 an Bopp (Lefmann, Franz Bopp Nach-
trag S. 66).
Herr Lassen hat mir einen sehr interessanten Brief
geschrieben (S. 248)) Vgl. auch Lefmann, Franz Bopp
Nachtrag S. 67.
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204
Anmerkungen zu 37. 38.
von meinem Bruder (S. 249)] Alexander war seit dem
Frühjahr 1829 auf seiner großen Reise nach dem Ural und
Altai. Zu den hier angegebenen Einzelheiten vgl. Brief-
wechsel zwischen Alexander von Humboldt und Graf
Georg von Cancrin S. 67. 69. 153.
37.
zum Gegenstande einer eigenen Schrift (S. 249)] „22c-
jlexions sur Vahlde des langues asiatiqucs, adresse'es ä Sir
James Mackintosh, suivies d'une lettre ä monsieur Horace
Hayman Wilson", Bonn 1832 ((Euvres eerites en fran^ais
3, 95).
eine Abhandlung (S. 251)] „Über die Verwandtschaft
der Ortsadverbien mit dem Pronomen in einigen Sprachen"
Gesammelte Schriften 6, 304; vgl. auch S. 334.
meinen Briefwechsel mit Schiller (S. 251)] „Brief-
wechsel zwischen Schiller und Wilhelm von Humboldt",
Stuttgart und Tübingen 1830.
was Schiller, wie ich glaube, nur zu sehr mit Recht
über meine Schriftstellerei prophezeit (S. 251)] „Sobald Sie
faßlichere Materien wählen und sich die Sache selbst
leichter machen, so werden Sie auch andre Wirkungen
sehen. Ich möchte doch einmal etwas mehr Historisches
von Ihnen ausgeführt sehen. Hier würde der Gegenstand
Ihre Tendenz zur Schärfe und Intellektualität (ich weiß
jetzt nicht sogleich ein ander Wort) in Schranken halten
und auf der andern Seite würden Sie mehr Verstandes-
gehalt in den Gegenstand legen" schreibt ihm Schiller am
7. Dezember 1795 (Briefwechsel 3 S. 234). Vgl. auch die
feinen Bemerkungen über Humboldts Stil in Schillers
Briefe vom 27. Juni 1798 (ebenda S. 293).
eine Vorerinnerung über Schiller und den Gang seiner
Geistesentwicklung (S. 252)] Gesammelte Schriften 6, 492;
vgl. auch S. 609.
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Anmerkungen zu 38—40.
295
das Wörterbuch (S. 252)] „Glossarium sanscritum",
Berlin 1830.
38.
der so gehaltvollen Abhandlung (S. 253)] „Über Herrn
Professor Bopps grammatisches System der Sanskritsprache"
Indische Bibliothek 3, 1.
eine ausführliche Abhandlung über den sanskritischen
Formenbau (S. 253)] Sie wurde in die Abhandlung „Von
dem grammatischen Baue der Sprachen" eingefügt (Ge-
sammelte Schriften 6, 398).
Ew. Hochwohlgeboren jetzt in England herauszugebende
Schrift (S. 253)] Vgl. oben zu S. 249.
Ihre Aufsätze aus dem Berliner Kalender (S. 253)]
„Indien in seinen Hauptbeziehungen, 1. bis auf Vasco de
Gama, 2. bis auf die neuste Zeit" Berliner Kalender Jahr-
gang 1829 und 1831. Eine französische Bearbeitung dieser
Aufsätze ist nicht zustande gekommen.
eine Rezension von Goethes zweitem römischem Auf-
enthalte (S. 254)] Gesammelte Schriften 6, 528; vgl. auch
S. 611.
39.
der indische Spruch (S. 254)] „Umgang mit Guten,
Liebe zu Wischnu und das Baden im Wasser der Ganga,
diese drei erkenne man in dem fürwahr nichtigen Leben
für das Mark" Hitopadesa 1, 145.
eine Übersetzung (S. 256)] Ein Fragment einer
deutschen Übertragung des Hitopadesa findet sich in
Schlegels Sämtlichen Werken 3, 61.
Ihre Schrift, welche in London gedruckt werden sollte
(S. 257)] Vgl. oben zu S. 249.
40.
die Buddhabilder usw. (S. 258)] Vgl. Über die Kawi-
sprache auf der Insel Java 1, 114. 120. 144.
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296 Anmerkungen zu 40.
Ihrer neuen französischen Schrift (S. 258)] Vgl. oben
zu S. 249. „Haben Sie wohl schon Schlegels neue französische
Schrift gelesen? Ich bin bis Seite 100 gekommen und
habe, ob er gleich alles tadelt, doch eine ungewöhnliche
Milde im Tone gefunden. Er scheint in dieser Schrift den
Lesern alle große Anstrengungen des Geistes und des Gemüts
ersparen zu wollen" schreibt Humboldt am gleichen Tage
an Bopp (Lefmann, Franz Bopp Nachtrag S. 85).
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INDEX.
Aachen 5.
Absolutivus 92.
Abstraktion 66.
Abstumpfung 1ÄL
Adelung 188.
Adverbium 123,
Ägypten lQti 221.
Ägypter 155. 226,
Ägyptische Schrift 136. 132.
Äolisch 63.
Affixe 5L 52. 235,
Afrika KL
Agglutination 31. 32. 53. 63—67.
24. 115—119. 162. 168. 253.
akademische Abhandinngen 85.
Akzente L 12. 112. 210. 226.
Alphabet, allgemeines 225.
Altenstein 13»
Alter des Menschengeschlechts 20.
Amara-Kosha 16L 206. 215.
Amara-Sinha 208.
Amamsataka 1!).
Amerika 10.
Amerikanische Sprachen ">3. r>4. K4.
IOC). 115—117. 119. 133. 137. 210.
Aramianus 23.
Angelsächsisch 62. 28. 222.
Anomalien 68. 20. 182. 197.
Anusvara 29. 148. 209.
Aorist 33. 35. 32. 38.
Apostroph 134. 146.
Arabisch 100. 143, 156. 162. 113,
216.
Aristoteles 69. 205,
Armenisch 250.
Asiatic researches 153. 160. 24_L
Asiatische Sprachen 24!).
Asien 44. 6L 69. 25a
Angenübel 164. 170.
Augment 54.
Aassprache 50. 66* 67.
Auxiliare 64. 71.
Babington 222.
Bach 126.
Baskisch 9, 20—23. 39—44. 5L 22.
Bayeux 7JL
Becker 197.
Belgisch 28.
Benares 102. 142.
Bengalisch 1QL
Berlin 3—5. LL 13. 22. 28. 45. 48.
29. 8L 94. 110. ML im 133.
134. 14L 14L 152. 152, 163. 12L
122. 114. 2ÜL 203. 220. 256.
Bernhardi 36. 115.
Bernstein 134. 143. 145. 151. l->4.
Bhagavad-Gita 13. 89. 90. 92. 98.
99. 102. 113. 129. 135. 142. 143.
150. 153. 158. 165. 168. 12L 123.
178—182. 184—187. 191 199-
202. 205-208. 21L 213-216.
223. 229. 256.
Bhagavata-Purana 144.
Bhartri-Hari 145.
Bibel 2fiL
298
Bildungstrieb, genialischer 72;
grammatischer IL
Blumenbach 193.
Bonn 12. 46. 6L 80: 86. 1ÜL 102.
1£L 14L 152, 120, l&L 212, 242,
Bopp £,12,30,22,4£,52,6iL63.
65, IL OL 105, HL 112, 125,
121 1Ü1L 12L 174, 182. 1KL IM.
202, 210. 212. 22L 231 — 239.
243—245. 248, 252,
Brahmanen Li 120, 144. iilL 2ÜL
Breslau 155.
Britannien 42. 78.
Brunck 146.
Buchstabenschrift 187—190. 128.
Buddha 142. 258..
Buddhismus 22. 142. 156. 120, 258.
Bugis 257.
Bulgare 212,
Burgörner 49.
Burnouf ISO, 250,
Buttmann 32, 38.
Caesar 28. ISA
Calderon 166, 115,
Calcutta 12, 18. 22. 90, 22. 1U L
13L 134, 12L 2LL 242, 255,
Carey 14. 86. 131. 132. 180. 236.
23L 222,
Caniri IfiO.
Champollion 128, 221.
Cherokees 225.
Chezy 12. 108, 132. 146. 120, 10L
123. 124. 2Q3,
Chinesen 22, 182,
Chinesisch 100. 1ÜL 112- 132, UL
16L 120, 121 122, 210, 252,
Cicero 36, 127.
Colebrooke 13, 12. 22. 88. 146, 153.
154. 1ftfi. 178. 190. 191. 193, 215.
222. 238,
Condorcet, Frau von 132,
Court de Geb61in TL
Crawfurd 25L 258,
Crenzer PJL 105. 100 110. 202. 203.
Dänisch 50.
Dativ 32,
Dekan 250,
Deklination 210,
Delarue 77.
Demonetisation G£L
Deutsch (= Germanisch) 2L 22,
43. 4L 52. GL TO. 12. 10L 108,
114, 112, 173. 182, 12L
Di gamma 21 62. 65, 202,
Diodor 21£L
Dorisch 63.
Druckfehler 90, 148.
Dualismus 200.
Durgamahatyam 91.
Durach 230. 24L
Eifersucht 245,
Endbuchstaben 228—230.
Englisch 50, 52. 62. HL 163, 22L
Enklitika 25. 22L
Epigramme 23L 2LL
Escurial 160.
Etrurien 106.
Etruskisch 15, 22. 2L
Etymologie 15, 23, 41—43. 93, 108,
113. 15L 162,
Euripides 38,
Fauriel 46. 80. 132.
Feenmärchen 175.
Festus 22,
Firmin -Didot 80.
Flexion 3L 32, 53, 63 62, 2L 22.
115 — 112, 16L 168, 112, 195j
scheinbare und echte 64.
Flexionssprachen 109. 115.
Formen, wahre 55.
Forster 100, 120. 234,
Fränkisch (= Althochdeutsch) 6L
Index. 299
Frank 80. 143, 146, 217.
Frankfurt 82, 94 129.
Französisch schreiben 4.
Fredegarins 2L
Friedrich Wilhelm III. 219. 22a
251,
Futura 34 3L ßä. 7JL
Gallisch 23. 40. I&
Ganges 254.
Gascogne 2L
Gastein 204
Gerundium 82. 122. 138.
Gerundivum 50.
Geschlechtsbezeichnung 50. 62,
Görres 155.
Goethe 254.
Goten 24
Gotisch 15. 22. 23. 42, 62. 6& 12L
21L
Grammatik 50—55. 84 03. HL
110. HR. 197. 233; allgemeine
12. 32. 35. 32. 53. 83.
Grammatiker 6, 32. 3a. 134 163;
Griechische und Lateinische 14
1& 83. 92. 124 233. 240j Indische
16. 18. 19. 86. 106. 186. 232. 233.
236—240. 244
Griechisch 6, 15—18. 23. 34 32.
35—39. 42—44. 55. 59. 63—66.
68—71. 75. 76. 84. 90. 107. 113.
11& 124 124 12L 155, 162. 189.
197. 205. 2-24. 22S. 230. 239.
Griechische Bildung 105. 107 ;
Handschriften 8a 224j Mytho-
logie 99j Prosa 160.
Gries 125.
Grimm 62. 68. 93. 104 108. 414
189. 217. 235.
Guigniaut 2D2,
Hamilton 134L 152, 154
Hardenberg 2, 5.
Haughton 134 136. 14& 203,
Hayleybury 134
Hebräisch 173.
Hebriden TL
Heeren 212.
Hermann 83.
Herodot 15. 155. 162,
Hexameter 7—9. 24—26. 135, 445.
Hiatus 65.
Himly 82. 104 1QL
Hitopadesa 13. 30. 56. 5L 60. 8Ä
—90. 95—98. 1Ü3. 102. 114 12Ü
—131. 134—136. 442, 443, 446.
150-152. 154 124 224 242.
248. 254-256.
Homer 8. 15. 25. 63. 94 loa 105.
m 113. 136, 444 145.
Homeriden 144.
Homonymie 1ÄL 192. 198.
Humboldt, Alexander von 4 5, 9.
9fi. 69. 94. 100. 12R. 133. 141.204.
210. 212. 243. 246, 249, 25JL 252.
Humboldt, Karoline von 2Ü. 39.
ML 204 212, 24L 246.
Iberer 44 28.
Idealismus 208.
Iguvinische Tafeln 24
Imperative 4L 35—39. 29,
Indische Bibliothek 6. 10. 26. 49—
63, 24 TL 84 85—87. 94 lß±
im lia 12E 129, 134 144 142,
14L 152. 153. im lfi3. 1Ü4 liifi.
1B2. 124 123, 18a 184 184 193.
194 m 204 20a 212. 213. 21fi.
242. 234 253.
Indische Flüsse 149 ; Mythologie 99.
lOfi, 144 165. 202j Philosophie
165. 12a 185—187. 200, 205—
208; Prosa 160j Texte 88—92.
Indisches Epos 10a 135, 144 187.
Indogermanische Sprachfamilie 44
69. 23.
300
Infinitiv 82, 12L 138.
Inschrift 219.
Instinkt 32. 55. 13,
Instrumentalis 5fL TL
Interpunktion 22L
Ionisch CiL
Irisch 29.
ironische Polemik 193.
Italien 10. 23, iL 44, LOH
Italienisch fiL
Italisch 23. 24,
Java 143. 258.
Javanisch 1& 25a 25L
Jones 208.
Journal cmatiqut 132. 136, 177.
ISO. 190, 191, 201. 213.. 224. 22ä,
221 230 24L
Kalidasa 19,
Kamtschadalen 155.
Kanne 108. 155.
Kasan 249.
Kasus 76.
Katharinenburg 240.
Kawi 252.
Keltisch 43. 44. 49, 77-79.
Kingsbury und Co. 132.
Klaproth 156. 22L
Klopstock 25.
Knight 2L
Koadainit 188.
Kongelations-, Konkretions-, Kry-
stallisationspunkt 196.
Konjugation 63—67; starke und
schwache 189.
Konjunktiv 16, IL 32. 30. 54,
Koreff 3,
Kosegarten 19.
Kuithan 113.
Kultur, Pole der 188,
Kulturfähigkeit, Stufen der 72.
Kunth 212.
Lai breton TL
Langlois 179—181. 184. 190. 191.
103. 204. 2DiL 213.
Lanzi 24, 6L
Lassen 102, 132. 156, 122, 19L 212.
216, 220. 23L 236, 242, 243. 248,
253, 252, 258.
Lasteyrie 80.
Lateinisch 10, 15. IL 18. 21—25.
32, 35—37. 30. 41—44. 5L 52,
59. fin— 67. 7_L 25, 26, 28, 29.
84, 10k 10L 113. 12L 12L 139,
126, 189. 122, LiL 206,
! Lateinische Terminologie 92.
I Lebrigant 2L
Lehnwörter 4L 42, 50, 52,
Lehrer und Schüler 104.
Leibniz 10. 29. 155,
Link 156,
Lithographie 80, 134. 143.
Lokativ 56, IL 11L
London 3. 111. 154. 160. 161. 191.
22L 242. 255.
Ludwig L von Baiern 243,
Lumsden 32.
Madekassisch 254L
Märchen 124. 216,
Mahabharata 60. 91. 100. 174.
! Malaiisch 25L
Malsburg, von der 175.
| Mannert 210.
' Manus 46, 60 SO. 98. 13_L 136, lfiL
1LL 182.. ML 203. 206, 24L
I Marsh man 14, 1110, 132.
■ Matthiä IL 65,
mechanische Erklärung 196.
Merian 1ft6.
i
Metallnamen 22. 42,
i metaphysische Ausdrücke Iftfl. 105.
Mexikanisch 34, 54,
mittelzeitige Worte 26,
Modi 6, 16,
Index.
301
Moskau 249.
Mattersprache 4. 51.
Mystiker 185.
Mythologie 99. 105. UM.
Nalus ß. 3Ü 33. 34. 57—59. 8a 9L
9JL 105. 111—113. 122—126. 128,
132. 132. 139. 150. 21L 218. m
243.
Nantes IQ.
Naturgesetze 54.
Negerfranzösisch 04.
Nennius 7i>.
Neugriechisch 25.
Neutra 189. 197. 198.
Nibelungenlied 157.
Niebuhr 20, 24. 31L 49. 80. Ufr
Niederbretagnisch 20. 42. 77—79.
Nischadas 132.
Nominativ 14. 3lL 112. 2Ü1L
Norderney 254.
Notker IL
Nuschirwan 13.
Nyerup 18.
Odeypore 122,
Olfers, von 212,
Optativ 1& IL 32,
Orisson 210.
Ossian 22.
Otfried 18.
Ottmachau 152, 252.
Panini 234. 23& 240. 24L
Pantheismus 185. 200,
Pant8chatantra 13,
Papageienbuch 174.
Papyrusrollen Hü
Paris 12. 13,26,27.40.62,14,80.
im 13L 132. 142, 143, Uli. 14L
150, 154, 160. 120. 124« 1H4, 202.
203, 212. 242. 2ä4L
Passiv 50. 5L ߣL . G2. 12L
Patandscbali 128. 208.
Pelasger 24.
Persepolitanische Schrift 136.
Perser 125.
Persisch 15. laß. Iß3.
Personalendungen 03, 04. lüL 23LL
Petersburg 124.
Pezron TL LkL
Physiker 188.
Piaton 22. 23, 182. 205,
Plusquamperfektum lfi. 12.
Poesie 118.
Postadamit 188,
Potentialis 12.
Präadamit 188.
Präpositionen 56 — 60. 74 —77.
Präsens lfi, 30, 35, 92.
Präterita 33, 54. 65.
Präteritopräsen8 68,
Prakrit 24L
Prekativ 12.
Prichard 106. 155, 162.
Priscian i£L
Pronomina 5L 63. 64. HL 115. Uli.
189. 232. 240. 25L
Propaganda 19. 39. 49. 8Q, 124.
Prosopopöe 198.
Puranas 12»
Quantität 25.
Quintilian 18,
Raffles 18. 258,
Ramayana 14. 57—60. 24. 25, 88,
9iL9X9^98.mi02,mi23.
126. 132. 135, 13& 144, 16L 166,
12L 124. 203, 216, 220, 22L 242.
243, 248. 250. 25L
Redeteile, Entstehuug der 115.
Reduplikation 5L 54. 65.
Regelmäßigkeit, tote 188.
302
Index.
Keimer 14L 153.
Reiten lf>7.
Reiz 82, 222, 22&
Remusat 22, 63. 12, SQ. 84 93, 100.
134 142, 150, 104 190, 124 ISO,
204
Rhapsoden 24
Rhein 27. 45. 133. 157.
Rhode 155,
Riemer 162,
Ritter 22, 106, 142, 155, lfiL
Rom 19. 89. 49. 174.
Romanisch 24 40, ßß, 113, 222,
Rosen 21L 222. 240, 242,
Sacy 83. 100.
Sandln L 2111 220, 22L 234
Sanskrit 6. 12, 15—18. 27—34. 38,
4L 4L 4L 54—66. 6& IL 73-77.
86-92. 95—108. 110-114. 112
—132. 134—140. 142—156. 158
—161. 164-166. 168, 173—175.
181. 182. 186. 189. 195. 197. 198.
202, 203, 206-210. 213. 215. 217.
222, m 226, 22L22Ü, 232=234
237—241. 24L 249—253. 252.
Sanskrithandschriften 88. 9JL 108.
110, 146. 160, 174 175, 241
Sanskritorthographie 20, 223,
Sanskrittypen 12, 22, 46, 42. 134
143. 147. 159. 174. 244.
Sautradhatus 16.
Schiller 254 254.
Schilling von Cannstadt 114 120,
210,
Schlegel, Friedrich 32. 105, HO, 112,
167. 173. 185. 200. 246. 253.
Schlesien IL
Schottisch TL !7JL
Schuckmann 5,
Schnitz 122,
Schultze 24i
Schwäbisch tüL
Schwedisch 67.
Schwenck 93. 99. 118.
Serampore 14. 74. 90. 98. 103. 146.
151. 152,
Seyfferth 128,
Siddhanta-Kaumudi IL
Slokas 2, 130, 135, 144 122, 210,
214
Solon 123,
Spanien 2,
Spanisch 24 23, 4L
Spezialwörterbücher 114
Spiritualismus 200.
Spohn 122. 128.
Spondeus 8.
Sprache 32. 33. 112. 152. 123. 125
— 198. 240; geformter und un-
geformter Teil der 31^ organi-
sierte 35. 84. 118. 196; Ursprung
der 6JL
Sprachen, analytische 60 ; geformte
und ungeformte 168; rohe 53, 84
115; tellurische, siderische und
spirituale 181 195] wüde 34
Sprachbau 40. 50 — 55.
Sprachentwicklung 52—55. 20, 109.
115—119; diskursive und intuitive
71. 74; mechanische und genia-
lische 53. 71—74.
Sprachinstinkt 32.
Sprachlehre, allgemeine 6_.
Sprachmischung 20, 40.
Sprachstudium 55,
Sprachvergleichung 10. 84 154
Sprachverwandtschaft 42. 50—55.
68—70.
Sridharaswamin 173.
Staatszeitung 224 252.
Stägemann 3,
Stael, Frau von 14k
Status dbsolutus 14 31. 75.
1 Subodhine 191.
1 Sueven 24
Index.
303
Supinum 82, 12L
Symbolisches 6iL 111 ML
Syntax 8£L 151.
Tacitus 78.
Tagalisch 250, 257.
Tatarische Sprachen 63.
Tausend und eine Nacht 210..
Tegel 162. 183, 201 211, 212, 24L
24& 254
Telinga 210,
Tempora 0, 1& 33, 35, 32, &L
Terenz 2fL KL
Theismus 185, 200,
Theophrast 157.
Töchtersprachen 42,
Triebe, geistige IL
Trochaeus Z
Übersetzungen 12, 22, 101 10g, U2,
145, 153, 15JL 105. KU;. 2< >(i. 24L
214 25Ü,
Ulfilas 6L
Umlaut 5_L
un- 20,
ünadi -Affixe lfi,
unanständige Wörter GiL.
Universität 155.
Urgeschichte 22, 105. 188, UHL
Urwörter 42,
Valla 102,
Valmikis 145.
Vandalen 2L.
Varro 22,
Vater 20,
Vedas 7. 18. 12L 230, 240,
Verba 5L 1KL 12S, 2itL
Verbalwurzeln 15.
Verbum substantivum 05.
Vergü 25,
Vertiefung 20L
Vikramadityas 17f>.
Visarga 15, 30. 52, 25, 140, 202.
Vokalumlautung (= Ablaut) löL
Volney 224.
Vopadeva 230,
Vorwelt, genialische 12, Hfl 108.
187. 183, 195—197.
Voß 2o. 2G. 10G.
Vrihatkatha 212,
Vyasas 145, 205,
Wächter 22,
Wallachisch ML
Walüsisch 20, 22,
Walther, von 120. 176.
Welcker 24 22, Uä 1Ü2, 12L 212.
254.
Westeuropäische Sprachen 43, 44,
Wien 15Ö, 16a
Wilford 153.
Wilken 140, 142.
Wilkins ß, 2, Iß. 12, 22, 33, 34,
4A5ß,60,ß2,22,8ü,Q(Lim
100, lßL 12L 125. 120, 134 134
13a 142, 151 153, 151L 1HÜ. 234
237—239. 245. 255,
Wilson 22. 55. 50. 60, 02, 25, 20,
82, 20, 112, 125. im m
Wohlklang G_L 210,
Wolf 8- 27. 209. 227. 228.
Wolff lGfi.
Worttrennung 3Q, 222 —231. 242.
243. 247.
Wunder H& 112,
Wurzeln 0, 15, 3L 33. 112, 128. 238,
Yates 18,
Yogalehre 128, 208,
Zäsur 8.
Zeit 55. 73. 117.
Zend 250.
Zusammensetzung 14 3L
Draekfekler.
Lies Seite 37. 1 v. u. winl
- 3t. u t. u. Wi
- 57. 11 y. ^
<ti. lü Substantiv.
«<. 16 r. u. Grammatik
109. 13 t. a. reradunea
- 137. S t. c Er.
- 213, 14 das ktzre Wort
Digitized by Google
rrr - . ■ ■ •
F
Digitized by Google